aus e-mail von Doris Pumphrey, 27. November 2024, 10:57 Uhr
Berliner Zeitung 27.11.2024
<https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/ampel-verzockt-sich-bei-northvolt-intel-und-co-fast-13-milliarden-euro-verschwendet-li.2275755>
*Bundesregierung investiert in Pleite-Firmen:
13 Milliarden Euro für nichts?
*Chiara Maria Leister
Die Bundesregierung hat sich ambitionierte Ziele gesetzt: Technologische
Souveränität, wirtschaftliche Resilienz und Klimaneutralität sollen
durch milliardenschwere Investitionen in strategische
Schlüsselindustrien erreicht werden. Insbesondere das
Bundeswirtschaftsministerium unter Robert Habeck stellte massive
Fördermittel bereit, um zukunftsträchtige Projekte anzuschieben.
Doch viele dieser Vorhaben, die als Leuchttürme der deutschen
Innovationskraft gedacht waren, kommen nur schleppend voran – oder
scheitern komplett. Die Liste der Problemfälle wächst, und immer
häufiger wird die Frage gestellt, ob die Milliardeninvestitionen gut
angelegt sind oder nur gigantische Summen an Steuergeldern verschwinden
oder nicht eingesetzt werden. Hier sind die gravierendsten Fälle.
*Insolvenz bei Northvolt: 700 Millionen Euro von der Bundesregierung
*Ein Paradebeispiel für das Scheitern ist der schwedische
Batteriehersteller Northvolt. Mit einer geplanten Gigafabrik in Heide,
Schleswig-Holstein, wollte Northvolt Batterien für die deutsche
Autoindustrie produzieren und damit die Abhängigkeit von chinesischen
Zulieferern reduzieren. Dafür baut Northvolt eine der größten
Batteriefabriken Deutschlands. Von Bund und Land wurden hierfür
insgesamt 700 Millionen Euro Fördergelder bereitgestellt. Anfang des
Jahres hatte die EU-Kommission Fördermittel und Garantien von über 900
Millionen Euro genehmigt – insgesamt also rund 1,6 Milliarden Euro an
Fördergeldern.
Doch im September kündigte das Unternehmen an, schätzungsweise 1600
Beschäftigte in Schweden zu entlassen sowie gleich mehrere
Expansionspläne auf Eis zu legen. Das am besten finanzierte Start-up
Europas hat große finanzielle Probleme und meldete vergangene Woche in
den USA Gläubigerschutz an – ein Restrukturierungsverfahren gemäß
„Chapter 11“ des US-Insolvenzrechts, wie das Unternehmen mitteilte. Für
Schleswig-Holstein, das auf Tausende Arbeitsplätze und einen
wirtschaftlichen Aufschwung gehofft hatte, ist dies vorerst ein herber
Rückschlag – und für die deutsche Industriepolitik ein alarmierendes
Signal. Doch das war noch nicht alles.
*Deutscher Batteriehersteller Varta: 137 Millionen Euro Fördermittel
*Es gibt weitere Rückschläge im Energiesektor. Der deutsche
Batteriehersteller Varta, der 137 Millionen Euro an Fördergeldern für
die Entwicklung innovativer Energiespeicher erhielt, steht vor
finanziellen Problemen. „Die höchste Fördersumme je Unternehmen hat
bislang Varta ausgezahlt bekommen“, teilte damals eine Sprecherin von
Habeck mit. Trotz massiver Unterstützung konnte das Unternehmen seine
Produktionserweiterung nicht wie geplant umsetzen. Stattdessen droht
Varta nun die Insolvenz.
Nicht besser sieht es bei der geplanten Chipfabrik von Intel in
Magdeburg aus. Der Halbleiterhersteller zieht die Reißleine in
Deutschland und Polen - und konzentriert sich auf den amerikanischen
Markt aufgrund der Subventionen. Dabei hatte die Bundesregierung für das
Projekt Subventionen in Höhe von zehn Milliarden Euro zugesagt, ein
Drittel der geplanten Investitionssumme von rund 30 Milliarden Euro.
Doch der Bau wurde verschoben, da Intel mit internen Krisen und der
angespannten globalen Wirtschaftslage kämpft. Ursprünglich war die
Chipfabrik als Prestigeprojekt gedacht, um Deutschland als
Technologiestandort zu stärken. Jetzt bleibt die Region vorerst ohne die
erhofften Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Impulse.
*Zwei Milliarden Euro für grünen Stahl von Thyssenkrupp auf Eis
*Ein weiteres Beispiel ist der „grüne Stahl“ von Deutschlands größter
Stahlfirma Thyssenkrupp. Mit einer Direktreduktionsanlage, die mit
staatlicher Unterstützung gebaut werden sollte, wollte das Unternehmen
klimaneutralen Stahl produzieren. Die Bundesregierung hatte hier
erhebliche Fördermittel zugesagt: Für den Bau einer Anlage zur grünen
Stahlproduktion soll Thyssenkrupp Steel Europe bis zu zwei Milliarden
Euro erhalten.
„Es ist ein richtig guter Tag, der zeigt, dass das Industrieland
Deutschland eine grüne Zukunft hat“, sagte
damals Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zur Genehmigung der
Milliarden-Beihilfen. Die Fördersumme dürfte „die größte Fördersumme
sein, die jetzt ausgekehrt wurde“, sagte der Gründenpolitiker. „Es
beweist auch die Standorttreue der energieintensiven Industrien, die
sagen, wir wollen in Deutschland bleiben, wir wollen hier transformieren.“
Doch die Stahlsparte von Thyssenkrupp steckt in der Krise. Der Konzern
präsentierte am Montag sein überarbeitetes Zukunftskonzept, mit dem es
den anhaltenden strukturellen Veränderungen im europäischen Stahlmarkt
begegnen will. Insgesamt stehen rund 11.000 Arbeitsplätze zur
Disposition. Bis 2030 sollen bei der Stahltochter rund 5000 Stellen
abgebaut werden. Weitere 6000 Arbeitsplätze werden durch Outsourcing
oder den Verkauf von Geschäftsbereichen wegfallen.
Wie reagierte Habeck nun darauf? Er erklärte jüngst in Berlin: „Die
Entscheidung des Konzerns ist das Ergebnis des großen Drucks, unter dem
die Stahlindustrie seit vielen Jahren weltweit steht.“ Es gebe große
globale Überkapazitäten, der internationale Wettbewerb sei entsprechend
hart. Die tiefgreifenden Einschnitte bei Thyssenkrupp seien
offensichtlich eine Folge davon. „Unsere Stahlindustrie muss vor nicht
marktlichen Wettbewerbsverzerrungen geschützt werden“, so der
Wirtschaftsminister.
*Batterie-Industrie: Wer bekommt welche Summe?
*Neben großen Konzernen reiht sich auch das deutsche Start-up Lilium
ein, wenn es um Fehlschläge geht. Bundesverkehrsminister Volker Wissing
(FDP) warb im Oktober für eine Kreditbürgschaft des Bundes für den
Flugtaxi-Hersteller in Höhe von 50 Millionen Euro. Das Land Bayern
wollte ebenfalls 50 Millionen für das Pionier-Start-up mit Sitz in
Oberpfaffenhofen bei München bereitstellen. Bund und Bayern haben das
Risiko jetzt aber offenbar erkannt und die 100 Millionen wieder
gestrichen. Lilium will daraufhin Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden,
hat aber allein im Jahr 2023 mehr als eine Million Euro aus dem
EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont“ erhalten. In
diesem Jahr sind es rund 250.000 Euro.
Das Beispiel Lilium zeigt aber noch etwas anders. Experten warnen, dass
Deutschland sich mit der Fokussierung auf einzelne Leuchtturmprojekte zu
abhängig von deren Erfolg mache. Immerhin sind es hohe Summen, die in
einzelne Unternehmen oder gar Projekte fließen. Beispielsweise hat das
junge Berliner Unternehmen Theion in diesem Jahr keine Förderung
erhalten. Dabei hat das Start-up etwas geschafft, was es so noch nicht gab.
Laut dem Fraunhofer-Institut eine Schwefel-Batterie höchstens halb so
schwer wie Lithium-Ionen-Akkus. Theion ist diese Entwicklung gelungen
und damit könnte die Reichweite von Flugtaxen, wie solchen von Lilium,
verdreifacht werden. Durch die Nutzung von Schwefel ist sie zudem
nachhaltiger als herkömmliche Batterien. Doch das Start-up aus Adlershof
erhält keine Förderung von der Ampel. Das Beispiel zeigt: Es fehlt ein
ganzheitliches Denken. Das BMBF (Bundesministerium für Bildung und
Forschung) hatte die Mittel für Batterieforschung und -entwicklung in
diesem Jahr sogar gekappt.
*Auch vor der Ampel-Regierung gab es Chaos
*Apropos Start-up und Technologie: Auch vor Ampel-Zeiten wurde offenbar
auf das falsche Pferd gesetzt. Die Solar Millennium AG war ein deutsches
Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von solarthermischen
Kraftwerken spezialisierte. Das Unternehmen wollte ursprünglich hier mit
insgesamt vier solarthermischen Anlagen mit einer Gesamtleistung von
rund 1000 Megawatt den größten Solarenergiestandort der Welt
realisieren. Trotz staatlicher Förderungen und Subventionen meldete das
Unternehmen im Dezember 2011 Insolvenz an. Fehlgeschlagene Projekte und
finanzielle Misswirtschaft führten zu erheblichen Verlusten.
Ein paar Jahre später, 2017, schlug es aber noch mehr ein: Air Berlin,
als zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft, erhielt staatliche
Unterstützung in Form eines Überbrückungskredits von 150 Millionen Euro.
Trotz dieser Hilfe stellte Air Berlin noch im Oktober 2017 den
Flugbetrieb ein und meldete Insolvenz an.
*Fördergelder vom Bund: Deutschland verfehlt das ganzheitliche Denken
*Ob Batteriefabrik, grüne Stahlproduktion oder letztlich Flugobjekt –
ohne klare Strategie zur nachhaltigen Umsetzung bleibt der Erfolg
solcher Projekte dem Zufall überlassen. Knapp 13 Milliarden Euro hat
Deutschland in Projekte gesteckt, die sich offenbar nicht rentiert haben.
Investition bedeutet immer auch Risiko. Umso wichtiger sind sorgfältige
Prüfung und Überwachung, um sicherzustellen, dass Steuergelder effizient
und zielgerichtet eingesetzt werden. Genauso wichtig ist der Blick für
das – um es in Habecks Sinne zu formulieren – „große Ganze“, weg von
Einzelfällen hin zu einer langfristigen und breit angelegten Förderung,
die sich an einer klaren Gesamtstrategie orientiert und Spielraum für
Ausfälle lässt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.