Machtkampf um Mercosur, Rückschlag im Katargate – und Streit um Check-ups
Die Watchlist EUropa vom 05. Dezember 2023 –
Eigentlich sollte das neue EU-Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten ab Donnerstag „finalisiert“ werden. Doch nun haben Kommissionspräsidentin von der Leyen und ihre Vize Dombrovskis ihre lange geplante Reise nach Brasilien abgeblasen.
Denn nicht nur Argentinien stellt sich unter dem neuen Präsidenten Javier Milei quer. Auch Frankreichs Staatschef Macron hat Vorbehalte gegen den Deal, der den EU-Markt für südamerikanische Rinderzüchter öffnen würde.
Da kann man nichts machen, sollte man meinen. Doch weit gefehlt: Deutschland versucht nun mit einem ungewöhnlichen und nicht ganz regelkonformen Powerplay, das Mercosur-Abkommen doch noch durchzudrücken.
Scholz und der brasilianische Präsident Lula da Silva haben angekündigt, dass sie für den Abschluss kämpfen wollen. „Ich bin überzeugt, dass es eine Mehrheit im EU-Rat und dem EU-Parlament für das Abkommen geben wird“, sagte Scholz nach einem Treffen mit Lula in Berlin.
Noch weiter geht Wirtschaftsminister Habeck: Zur Not könnten Deutschland und Brasilien doch vorangehen. „Guckt mal, Deutschland, die größte Wirtschaftsnation in Europa und Brasilien, das wichtigste Land der Mercosur-Staaten, so könnten wir es uns vorstellen. Und dann mal gucken, was passiert“.
News & Updates
- Im Katargate macht sich Verunsicherung breit. Ein Jahr nach dem größten EU-Korruptionsskandal hat die belgische Justiz keinen Plan, wie sie weitermachen soll. Alle Verdächtigen wurden aus dem Gefängnis entlassen, niemand wurde angeklagt. Doch dem Europaparlament sind die Hände gebunden. Es hat darauf verzichtet, einen eigenen Untersuchungsausschuss einzusetzen. – Mein Bericht für die „taz“
- Orban weiter gegen Ukraine-Gespräche. Ungarns renitenter Regierungschef will sich trotz milliardenschwerer Verlockungen aus Brüssel nicht auf EU-Beitrittsgespräche mit der UKraine einlassen. Beim EU-Gipfel sei dafür kein Platz, schrieb er in einem Brief an Gipfelchef Michel. Offenbar mit Erfolg: Ein EU-Entwurf erwähnt die Gespräche nur noch in Klammern – das ist fast schon ein „kann weg“-Vermerk…
- Konzerne ignorieren neues Internet-Gesetz. Verbraucherschützer haben geprüft, wie gut große Online-Dienste den „Digital Services Act“ (DSA) umsetzen. Offenkundig nicht gut genug: Manipulative Designtricks und mangelnde Werbetransparenz sind 100 Tage nach der Einfürung des DSA immer noch weit verbreitet. – Mehr auf „netzpolitik“
Machtkampf um Mercosur (Fortsetzung)
Damit hebelt Habeck mal eben die EU-Regeln aus. Denn für die Handelspolitik ist allein die EU-Kommission zuständig. Deutschland kann nicht machen, was es will – und auch nicht aus den EU-Verhandlungen ausschren. „Aber wir können natürlich unseren Einfluss nutzen“, entgegnet der Grünen-Politiker.
Doch warum redet er nicht erst einmal mit Macron? Wo bleibt die deutsch-französische Zusammenarbeit, wenn man sie ‚mal braucht? Und müssen deutsche Wirtschaftsinteressen in der EU eigentlich immer obsiegen – sogar gegen die Bedenken von Umweltschützern?
Die sind nämlich überwiegend gegen den Deal, genau wie viele Grüne. Sie fürchten um den Regenwald und um faire Lieferketten. Aber für den Ober-Grünen Habeck scheint das nicht so wichtig zu sein, wenn es ums Geschäft geht. Deutschland will mehr Autos exportieren…
Siehe auch „Anne Will: Zum Abschied noch ein bißchen Jammern über EUropa“ (da ging es auch um die deutsch-französische Misere)
Das Letzte
Sind Sie noch fit fürs Autofahren? Dies könnte künftig alle fünfzehn Jahre abgefragt werden – im Zuge einer neuen medizinischen Selbstauskunft. Für die Erneuerung von Führerscheinen soll untersucht werden, ob die Inhaber noch körperlich und geistig in der Lage sind, Auto oder Motorrad zu fahren. Dabei geht es etwa um Sehschwächen, Herzerkrankungen, Epilepsie oder Alkoholismus, die auch für andere Menschen im Verkehr eine Gefahr darstellen. Der Entwurf, auf den sich die EU-Staaten geeinigt haben, sieht dagegen keine verpflichten Checks für Senioren vor. Ein entsprechender Vorschlag aus dem Europaparlament hatte in Deutschland für Empörung gesorgt…
unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
lostineu.eu, vom 4. Dezember 2023
Die Rechten kommen. Nach Wahlerfolgen in Spanien, Schweden, Italien, Griechenland, Finnland und zuletzt auch in den Niederlanden machen sie für die Europawahl mobil. In Brüssel wächst die Sorge.
Unter dem Motto „Europa befreien! Arbeitsplätze, Sicherheit, gesunder Menschenverstand“ haben sich die Rechten und Nationalisten in Florenz auf die Europawahl eingestimmt.
Man wolle die „freimaurerischen Technokraten“ besiegen, die „die Identität unseres Kontinents“ zerstören wollen, sagte der Lega-Chef und italienische Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini.
Allerdings hat Salvini mittlerweile nicht mehr viel zu melden. In Italien gibt die Post-Faschistin Meloni den Ton an, die mittlerweile sogar von Kanzler Scholz hofiert wird.
Meloni nahm an der Wahlkampf-Veranstaltung jedoch ebenso wenig teil wie der niederländische Wahlsieger Wilders oder die französische Nationalistin Le Pen, die in Umfragen haushoch führt.
Die Pro-Europäer schwächeln
Die rechte Bewegung ist – sieht man einmal vom Thema Migration ab – alles andere als geschlossen. Dennoch macht man sich in Brüssel große Sorgen. Denn die pro-europäischen Parteien schwächeln.
Doch statt sich zu fragen, woran das wohl liegen mag, und ggf. die Politik zu ändern, mauern sich Konservative, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale ein. Vor allem bei der Ukraine sind sie zu keinen Konzessionen bereit.
Die Ukraine-Politik soll nicht etwa zur Wahl gestellt werden. Vielmehr wollen die EU-Politiker vor der EU-weiten Abstimmung im Juni unverrückbare Fakten schaffen. Dasselbe gilt für die Migrationspolitik.
Diese „alternativlose“ Basta-Politik führt jedoch zu noch mehr Ablehnung, fürchte ich, zumal die Erfolge auf beiden Politikfeldern ausbleiben…
Info: https://lostineu.eu/die-rechten-machen-mobil
unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
lostineu.eu, vom 4. Dezember 2023
President Zelensky has admitted for the first time that the Ukrainian counter-offensive has failed. The war is now in a „new phase“, he said. It could become dangerous – former Foreign Minister Fischer is calling for nuclear weapons.
„We wanted faster results. From that perspective, unfortunately, we did not achieve the desired results. And this is a fact,“ Selenskyj said in an AP interview. It is the first time that he has openly admitted the failure. Previously, he had rejected similar statements by Chief of the General Staff Salushnyj.
The big question now is what will come of the debacle. The EU and NATO are practising perseverance slogans. War fatigue is now the biggest problem, they say in Brussels. The proxy war should continue – whatever the cost!
But this has little to do with reality. In truth, the biggest problem is the lack of strategy – and the dwindling manpower of the Ukrainian army.
Ukraine is running out of soldiers, which is why Zelenskyi wants to reform and tighten up conscription once again. But even that is unlikely to achieve much – as Kremlin leader Putin has simultaneously announced that he intends to increase the size of the Russian army once again!
The strategic blindness with which the West has been struck is also worrying. This has already been demonstrated several times. Since the start of the Russian invasion, three major opportunities to end the war or at least bring it to a calmer conclusion have already been missed.
The first opportunity was the Ukrainian-Russian negotiations in spring 2022, which could have ended the war quickly, as even Kiev now admits.
The second opportunity came in autumn 2022, after the Ukrainian reconquests. Kiev could have used this opportunity to negotiate, even from a position of strength.
The third chance came with the spring offensive. It was only conducted militarily and the promised diplomatic initiatives were neglected. The Ukrainian „peace formula“, i.e. victory, was relied on unilaterally – an illusion, as we know today.
The fourth – and perhaps last – chance
Now there is a fourth chance – to reconsider the war aims and initiate negotiations to end the war before the US presidential election. That would be in the American interest, but also in the well-understood European interest.
Because left to its own devices, the EU cannot help Ukraine to victory. It cannot even supply enough ammunition – let alone weapons. Moreover, the EU has no military or diplomatic strategy that points the way forward.
But instead of finally assessing the situation realistically and drawing the necessary conclusions, EUrope is putting itself in grave danger. The EU leaders are focussing on massive armament and – like former Foreign Minister Fischer – are not even ruling out nuclear weapons.
Where will this lead? To war between the EU and Russia?
More english posts here (Blog) and here (Substack)
Info: https://lostineu.eu/war-in-ukraine-three-missed-opportunities-and-a-major-threat
unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.