Für große Kriege üben Deutsche Fregatte gliedert sich zu Manövern in einen US-Flugzeugträgerverband ein. Bundeswehr verlegt Führungsstand nach Litauen, bereitet sich auf die NATO-„Speerspitze“ 2023 vor.
german-foreign.policy.com, 7. September 2022
BERLIN/WASHINGTON/RUKLA (Eigener Bericht) – Die Fregatte Hessen gliedert sich in diesen Tagen zu Manövern im Nordatlantik in einen Flugzeugträgerverband (Carrier Strike Group) der U.S. Navy ein. Schauplatz der Übungen, von denen es heißt, sie orientierten sich an den gegenwärtigen weltpolitischen Gegebenheiten, ist unter anderem das Seegebiet vor Island. Dort soll im Kriegsfall ein Ausbruch russischer Kriegsschiffe aus den Gewässern der Arktis in den Atlantik verhindert werden. Gleichzeitig setzt die Luftwaffe ihre Beteiligung am multinationalen Luftkriegsmanöver Pitch Black im Norden Australien fort. Dort nehmen unter anderem auch Soldaten aus Japan und Südkorea teil; damit sind die bedeutendsten Verbündeten der NATO in der Asien-Pazifik-Region präsent. Am Wochenende hat zudem die Verlegung eines vorgeschobenen Gefechtsstands der Bundeswehr nach Rukla begonnen; das Forward Command Element (FCE) soll im Ernstfall eine NATO-Brigade führen. Weit fortgeschritten sind darüber hinaus die Vorbereitungen der Panzergrenadierbrigade 37 auf ihre Beteiligung an der NATO-„Speerspitze“ im nächsten Jahr; die Brigade wird den multinationalen Landanteil der Truppe an der NATO-Ostflanke führen.
Zitat: Carrier Strike Group 12
Die Fregatte Hessen ist am Montag in Wilhelmshaven aufgebrochen, um sich in die Carrier Strike Group 12, einen Flugzeugträgerverband der U.S. Navy, einzugliedern. Bis Mitte November wird das Kriegsschiff mit dem Verband im Nordatlantik operieren; dabei geht es vor allem darum, „die multinationale operative Zusammenarbeit ... anhand verschiedener Bedrohungsszenarien“ zu trainieren, teilt die Bundeswehr mit.[1] Aufgabe der deutschen Fregatte ist dabei vor allem die Luftabwehr, auf die das Schiff spezialisiert ist; es gehe insbesondere darum, in den Übungen „potentielle gegnerische Lenkflugkörper, Jagdbomber oder Bomber“ abzuwehren, heißt es. Die Carrier Strike Group 12 ist um die USS Gerald R. Ford zentriert, den derzeit modernsten Flugzeugträger der US-Marine, der am 22. Juli 2017 von US-Präsident Donald Trump in Dienst gestellt wurde. Geplant sind Besuche in den Häfen von Norfolk (USA), Halifax (Kanada) sowie Reykjavik (Island). Norfolk ist Hauptbasis der U.S. 2nd Fleet, die für den Nordatlantik zuständig ist. Island wiederum liegt inmitten der Passage aus den arktischen Gewässern in den Nordatlantik (GIUK Gap), die russische Kriegsschiffe passieren müssen, wenn sie – aus den Häfen der russischen Nordflotte kommend – den Atlantik erreichen wollen.[2]
Auf Luftabwehr spezialisiert
Die Einbindung in US-Flugzeugträgerverbände ist für die deutsche Marine sowie vor allem für die Fregatte Hessen schon längst Routine. Die Fregatte Hessen führte zum ersten Mal im Jahr 2009 Manöver im Rahmen eines US-Flugzeugträgerverbandes durch; an der Seite der USS Dwight D. Eisenhower trainierte sie damals vor der Ostküste der Vereinigten Staaten.[3] Im Jahr 2010 integrierte sie sich in die Carrier Strike Group 8 um die USS Harry S. Truman. Mit dieser übte sie im Jahr 2018 erneut. Dabei sei es insbesondere darum gegangen, den Flugzeugträger „vor Bedrohung durch gegnerische Über- und Unterwassereinheiten sowie Bedrohungen aus der Luft“ zu schützen, teilte der Kommandant der „Hessen“ anschließend mit.[4] Auch die Fregatte Hamburg hat bereits im Rahmen einer Carrier Strike Group geübt – im Jahr 2013 an der Seite der USS Dwight D. Eisenhower. Die damaligen Kriegsübungen fanden in Gewässern des Nahen und Mittleren Ostens statt – zu einer Zeit, zu der die Spannungen zwischen dem Westen und Iran eskalierten. Es verstehe sich von selbst, dass die Fregatte zurückschlagen werde, wenn iranische Raketen den Verband attackierten, teilte der Kapitän des Schiffes damals mit.[5] Die USS Eisenhower war in den Irak-Krieg von 1991 involviert und nahm später am Krieg gegen den IS teil.
Luftangriffe in größeren Formationen
Während die Fregatte Hessen im Atlantik in der Carrier Strike Group um die USS Gerald R. Ford trainiert, endet am morgigen Donnerstag im Norden Australiens das Manöver Pitch Black, an dem sich 13 Flugzeuge der Luftwaffe beteiligen. Insgesamt sind in das größte internationale Manöver der australischen Luftstreitkräfte rund 2.500 Soldaten mit rund 100 Flugzeugen aus 17 Staaten involviert. Geübt werden dabei nach Angaben der Luftwaffe unter anderem Luftangriffe „in größeren Formationen“. Die sechs teilnehmenden Eurofighter der Luftwaffe werden demnach sowohl für Luftkämpfe („Luft-Luft-Rolle“) als auch für Angriffe auf Ziele am Boden („Luft-Boden-Rolle“) eingesetzt.[6] Als Besonderheit des diesjährigen Pitch Black-Manövers gilt nicht nur, dass erstmals die deutsche Luftwaffe mit einer größeren Schwadron teilnimmt, sondern auch, dass japanische und südkoreanische Kampfjets zugegen sind. Japan ist der engste Verbündeter der Vereinigten Staaten in der Asien-Pazifik-Region und bringt sich seit Jahren gegen China in Stellung. Südkoreas Verhältnis zu Japan ist insbesondere aus historischen Gründen nicht von Spannungen frei. Dass jetzt südkoreanische Soldaten bei Pitch Black gemeinsam mit japanischen Militärs trainieren, gilt für die Asien-Pazifik-Pläne der westlichen Mächte als bedeutsam.
Ein neuer Gefechtsstand
Handelt es sich bei den Operationen der Fregatte Hessen und der Luftwaffen-Flugzeuge um Übungen, so hat die Bundeswehr am Wochenende mit der Verlegung neuer Einheiten in den Einsatz an der NATO-Ostflanke begonnen. Am Sonntag trafen rund hundert Soldaten, die in Kiel eingeschifft worden waren, mit ihrem Gerät in der litauischen Hafenstadt Klaipėda ein, um von dort aus nach Rukla weiterzufahren. Dort ist bereits eine NATO-Battlegroup mit aktuell ungefähr 1.600 Soldaten stationiert, darunter annähernd tausend Deutsche.[7] Davon unabhängig bauen die neu eingetroffenen deutschen Militärs nun einen vorgeschobenen Gefechtsstand (Forward Command Element, FCE) auf, der als Führungselement einer neuen Brigade dienen soll. Bei der NATO und bei der Bundeswehr ist von enhanced Vigilance Activities (eVA) die Rede.[8] Im Rahmen der eVA soll die Bundeswehr nun in Kooperation mit den Streitkräften Litauens Ausbildungs- und Übungsmaßnahmen vorbereiten. Weitere Truppen aus Deutschland, aber auch aus anderen NATO-Staaten werden folgen.
Einsatzbereit
Darüber hinaus bereitet sich die Bundeswehr für das kommende Jahr auf die Beteiligung an der NATO-„Speerspitze“ (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF) vor. Die Truppe soll im Fall einer Konflikteskalation an der NATO-Ostflanke besonders schnell eingesetzt werden. Dabei stellt die Bundeswehr im Rahmen der VJTF 2023 die Panzergrenadierbrigade 37 „Freistaat Sachsen“ als Leitverband für den multinationalen Landanteil zur Verfügung.[9] Nach Angaben der Bundeswehr kann sich die VJTF 2023 dabei auf rund 8.000 deutsche Soldaten stützen; daneben sind etwa 1.500 niederländische sowie beinahe 1.000 norwegische Militärs zuzüglich kleinerer Einheiten aus Belgien, Luxemburg, Tschechien, Slowenien, Lettland und Litauen involviert.[10] Zuletzt führten Einheiten der künftigen NATO-Speerspitze im Rahmen des Manövers „Wettiner Heide“ in Niedersachsen (Bergen/Munster) Übungen durch. Ab Januar sind sie bereit für einen etwaigen Kampfeinsatz.
[1] „Hessen“ schließt sich US-Flugzeugträgerverband an. bundeswehr.de 05.09.2022.
[2] S. dazu Im Hohen Norden gegen Russland.
[3] Fregatte „Hessen“ schliesst sich US-Trägerverband an. marineforum.online 05.09.2022.
[4] Fregatte „Hessen“ kehr nach über sechs Monaten in See aus Carrier Strike Group zurück. presseportal.de 18.07.2018.
[5] S. dazu Begleitschutz für Flugzeugträger.
[6] S. dazu Die zweite Front der Bundeswehr.
[7] S. dazu Im Zentrum der drohenden Eskalation.
[8] Über die Ostsee nach Litauen. bundeswehr.de 05.09.2022.
[9] Panzergrenadierbrigade 37 in Vorbereitung auf VJTF-Land 2023. esut.de 06.04.2022.
[10] Vorbereitung auf die VJTF 2023. bundeswehr.de.
Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9015
unser Kommentar: Die Dummheit ist wie ein Geschwür, das besonders schnell in Kriegszeiten Tochtergeschwüre ausbildet.