aus e-mail von Clemens Ronnefeld, 5. Juni 2024, 21:21Uhr
Liebe Friedensinteressierte,
beiliegend einige Beiträge zu den Kriegen
in der Ukraine und in Westasien.
1. NYT: "If I shut my eyes, I can see everything from my old life.“
2. Der Spiegel: Ukrainekrieg
Russische Frauen bitten Verteidigungsminister, ihre Männer von der Front zu holen
3. BR: Putins Angebot: Warum verhandelt der Westen nicht?
4. RAND: USA - Eskalation in der Ukraine braucht Plan
5. FR: Trotz China-Blockade bei Friedenskonferenz:
Scholz macht Hoffnung auf Ende im Ukraine-Krieg
6. IPPNW: Stellungnahme des Bündnisses »Stoppt das Töten in der Ukraine«
zur geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz
7. KSTA: Avi Primor zur Lage in Israel
„Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort“
8. IPG: Alon Liel: Mehr als Symbolpolitik
9. Tagesspiegel: Er hat das sehr clever gemacht:
Wie realistisch ist Bidens Plan für Nahost?
10. WiWo: Krieg in Nahost
Hamas fordert von Israel Bekenntnis zu Waffenstillstand
11. Connection: 41 israelische Reservesoldat*innen verweigern ihre Beteiligung an der militärischen Invasion von Rafah
———
1. NYT: "If I shut my eyes, I can see everything from my old life.“
https://www.nytimes.com/interactive/2024/06/03/world/europe/ukraine-destruction.html
New York Times, 3.6.2024
"If I shut my eyes, I can see everything from my old life."
Jeffrey Gettleman, Marco Hernandez, Finbarr O’Reilly, Tim Wallace
(…) Auf der Grundlage einer detaillierten Analyse jahrelanger
Satellitendaten haben wir eine Aufzeichnung jeder Stadt, jeder Straße
und jedes Gebäudes erstellt, das auseinandergesprengt wurde. Das
Ausmaß ist schwer zu begreifen.
In der Ukraine wurden mehr Gebäude zerstört, als wenn jedes Gebäude in
Manhattan viermal dem Erdboden gleichgemacht würde.
Teile der Ukraine, die Hunderte von Kilometern voneinander entfernt
sind, sehen aus wie Dresden oder London nach dem Zweiten Weltkrieg
oder Gaza nach einem halben Jahr Bombardierung.
Um diese Schätzungen zu erstellen, arbeitete die New York Times mit
zwei führenden Fernerkundungswissenschaftlern, Corey Scher vom City
University of New York Graduate Center und Jamon Van Den Hoek von der
Oregon State University, zusammen, um Daten von Radarsatelliten zu
analysieren, die kleine Veränderungen in der gebauten Umwelt erkennen
können. (…)
Mehr als 900 Schulen, Krankenhäuser, Kirchen und andere Einrichtungen
wurden beschädigt oder zerstört, wie die Analyse zeigt, obwohl diese
Stätten ausdrücklich durch die Genfer Konventionen geschützt sind.
——
siehe auch:
https://www.nytimes.com/2024/06/04/world/europe/ukraine-strikes-russia-western-weapons.html?smid=nytcore-ios-share&referringSource=articleShare&sgrp=c-cb
Die Ukraine greift mit westlichen Waffen in Russland ein, sagt ein Beamter
Der Beamte sagte, die Ukraine habe Raketenwerfer in der russischen
Region Belgorod mit einem in Amerika hergestellten Raketensystem zerstört.
(…)
——
2. Der Spiegel: Ukrainekrieg
Russische Frauen bitten Verteidigungsminister, ihre Männer von der Front zu holen
https://www.spiegel.de/ausland/russland-frauen-bitten-verteidigungsminister-ihre-maenner-von-der-front-zu-holen-a-db120230-0cb6-413d-9b6e-e6dac4f21615
3.6.2024
Ukrainekrieg
Russische Frauen bitten Verteidigungsminister, ihre Männer von der Front zu holen
Immer wieder gehen Frauen in Russland für die Heimkehr ihrer Soldatenmänner auf die Straße.
Nun wollen sie den neuen Verteidigungsminister sprechen.
04.06.2024, 08.10 Uhr
Ein Dutzend Frauen haben vor dem russischen Verteidigungsministerium
die Rückkehr ihrer Männer von der Front gefordert. Gemeinsam mit
Kindern versammelten sich die Angehörigen, meist Ehefrauen von
russischen Soldaten, die im Herbst 2022 einberufen worden waren und
seither immer noch an der Front sind, in einer Mahnwache vor dem
Gebäude in Moskau.
Ihre Forderung: ein Treffen mit dem neuen Verteidigungsminister Andrej
Beloussow, um über die Rückkehr ihrer Männer von der Front zu
sprechen.
In den Händen hielten die Frauen Plakate mit Aufschriften wie »Bitte
bringt meinen Vater nach Hause« oder »Eines Tages müssen wir sie nach
Hause bringen«. Das letzte Plakat ist ein direktes Zitat von Putin
über eingezogene Soldaten.
Einige trugen auch T-Shirts mit der Aufschrift »Es ist die Zeit für
Mobilisierte, nach Hause zu kommen«. Bilder der Veranstaltung, die aus
persönlichen Telegram-Kanälen der Frauen stammen, machten am Montag in
unabhängigen russischen Medien die Runde.
Statt mit Beloussow sprechen zu können, wurden die Frauen von der
eintreffenden Polizei zunächst mit Festnahmen für die nicht
angemeldete Demonstration bedroht. »Es ist Krieg, was wollt ihr?«,
fragte sie etwa ein Polizist. »Wir wollen Gerechtigkeit«, antworteten
mehrere Frauen gleichzeitig.
Zu Festnahmen kam es an diesem Tag nicht. Wie eine der Teilnehmerinnen
der Aktion dem unabhängigen russischen Medium Agentstwo berichtete,
kam eine Stunde nach Beginn der Aktion ein Vertreter des
Verteidigungsministeriums aus dem Gebäude und versprach, die Frauen
ins Ministerium zu lassen, und bat sie, die Plakate zu entfernen. Die
Frauen willigten ein.
Eine Teilnehmerin der Aktion teilte in ihrem Telegram-Kana mit, dass
den Ehefrauen versprochen worden sei, dass sie in das Gebäude des
Verteidigungsministeriums eingelassen würden, aber am Ende seien sie
»betrogen« worden. »Wir werden weiter für unsere Männer kämpfen«,
sagte sie.
Am Freitag war die größte Frauenbewegung für die einberufenen
Soldaten, »Der Weg nach Hause«, deren Telegram-Kanal inzwischen über
60.000 Mitglieder hat, als »ausländischer Agent« gebrandmarkt worden.
Es war wohl ein Versuch, die Frauen zum Schweigen zu bringen.
Teilweise gelang das: An der Demonstration am Montag nahmen angeblich
nur Frauen teil, die nicht Mitglieder dieser Gruppe waren.
——
3. BR: Putins Angebot: Warum verhandelt der Westen nicht?
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/putins-angebot-warum-verhandelt-der-westen-nicht,UELgcHF
01.06.2024, 07:38 Uhr
Putins Angebot: Warum verhandelt der Westen nicht?
Der russische Machthaber Wladimir Putin ist bereit, über eine
Waffenruhe in der Ukraine zu verhandeln. Der Westen nimmt das Angebot
jedoch nicht ernst, will die Ukraine sogar noch intensiver militärisch
unterstützen. Warum?
Von Adrian Dittrich Dominic Possoch
Auf dem Weg zum Frieden im Ukraine-Krieg? Wladimir Putin ist laut
Kreml zumindest für die Möglichkeit eines Waffenstillstands offen. Der
Westen ignoriert jedoch das Angebot, will stattdessen der Ukraine
erlauben, mit westlichen Waffen auch russisches Gebiet anzugreifen.
Denn die Ukraine befindet sich im Krieg gegen die russischen
Invasionstruppen aktuell in einer schwierigen Phase und wird bei
Charkiw von russischem Staatsgebiet aus angegriffen.
"Tatsächlich sitzt der Westen in einer Grube, weil er es nicht
hingekriegt hat, die Versorgung, Artillerie, Raketen,
Luftverteidigung, all diese Dinge vernünftig auf die Reihe zu
bekommen", sagt Militärexperte Ralph Thiele im BR24-Interview für
"Possoch klärt" (Video unten).
Es stellt sich also die Frage: Warum erwägt der Westen in einer
schwierigen Kriegsphase, nicht doch Verhandlungen mit Russland über
einen Waffenstillstand?
Verhandlungen über Waffenruhe: "Erst wenn Erschöpfungszustand eintritt"
Die Bereitschaft beider Kriegsparteien zu verhandeln komme erst, "wenn
der Erschöpfungszustand eintritt, wenn der Stellungskrieg anhält und
es kaum mehr Frontverschiebungen gibt", sagt Politikwissenschaftler
Gerhard Mangott. Aktuell ist die Ukraine mit ihren vom Westen zur
Verfügung gestellten militärischen Mittel nur in der Lage, die
Frontlinie zu halten, jedoch nicht das von Russland besetzte Gebiet
zurückzuerobern.
Offiziell heiße es immer, die Voraussetzung für Verhandlungen bestimme
die Ukraine. Doch in Wahrheit entscheide der Westen mit der Art und
Anzahl der Waffen, die er liefert oder nicht liefert, was die Ukraine
am Ende wirklich erreichen kann.
In dem Punkt "gibt es großen Dissens innerhalb des westlichen Lagers,
was das sein soll", sagt Mangott. Wenn nicht alle russischen
Besatzungstruppen besiegt werden sollen, würde auch ein weniger
ambitioniertes Ziel zum Waffenstillstand führen.
Putin "möchte Ruhe an der Front"
Aktuell erzielen die russischen Invasionstruppen in der Ukraine unter
großem Aufwand und schweren Verlusten Geländegewinne an der Front,
bisher jedoch nicht von kriegsentscheidender Tragweite. Die
Bereitschaft Putins für einen Waffenstillstand könnte laut dem
früheren Oberst Thiele darauf hinweisen, dass der russische Präsident
jetzt erstmal Ruhe an der Front haben möchte.
Mit der Krim, dem Donbass und dem Verbindungsabschnitt zwischen den
beiden Gebieten sei Putin schon dicht am Ziel. "Von daher fragt er
sich eben: […] Teste ich doch mal den Wasserstand, ob die anderen
mitmachen bei einem Waffenstillstand", sagt Thiele.
(…)
"Frieden muss man eben mit Feinden schließen"
Mitte Juni soll es in der Schweiz eine Friedenskonferenz [externer
Link] für die Ukraine geben. Angekündigt sind 70 Staaten, 160
Delegationen, unter ihnen mehrere G7-Staats- und Regierungschefs.
Russland ist jedoch nicht eingeladen.
Sollten beide Parteien ernsthaft an Frieden interessiert sein, müsste
man trotz des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs und vieler
Kriegsverbrechen auch eines Tages mit Russland reden, sagt Mangott.
"Frieden muss man eben auch mit Feinden schließen können, auch mit
absolut widerwärtigen Feinden, wie es eben die russische Führung im
Augenblick ist." Wenn eine Partei den Eindruck erwecke, dass man die
andere Seite nicht als legitimen Gesprächspartner anerkenne, dann sei
jede Verhandlungslösung nicht erreichbar.
Türkei oder China als Sicherheitsgarant für Frieden?
Bei einem möglichen Frieden zwischen Russland und der Ukraine braucht
es laut Ralph Thiele einen Sicherheitsgaranten, der mächtig genug ist,
dass er beiden Parteien Respekt einflößt. Die USA kommen dafür nach
Meinung des Militärexperten nicht infrage, eher Staaten wie China oder
die Türkei, die nach wie vor Beziehungen zu beiden Seiten pflegen. (…)
——
4. RAND: USA - Eskalation in der Ukraine braucht Plan
https://www.rand.org/pubs/commentary/2024/06/us-escalation-in-ukraine-needs-a-plan.html
USA - Eskalation in der Ukraine braucht Plan
Kommentar
3. Juni 2024
Von Samuel Charap und Jeremy Shapiro
Dieser Kommentar erschien ursprünglich am Washington Post 3. Juni 2024.
Die Entscheidung der Biden-Regierung, den Einsatz von US-Waffen durch
die Ukraine zu genehmigen, um Ziele in Russland anzugreifen, ist, wie
Präsident Biden sagen könnte, eine große Sache.
Die Ukrainer argumentieren, dass diese Änderung die Offensive des
Kremls in der Region Charkiw entgleisen und vielleicht sogar das Blatt
des Krieges wendenwird. Russische Beamte und Propagandisten behaupten,
es sei eine große Eskalation und haben gedroht, direkt auf die
Vereinigten Staaten oder ihre Verbündeten zurückzuschlagen.
Beide Behauptungen dürften sich als hohl erweisen. Aber diese
Entscheidung ist dennoch folgend, wenn auch aus einem anderen Grund:
Sie markiert eine weitere Wendung einer Tit-for-tat-Spirale, die
kontinuierlich das Risiko eines breiteren Krieges erhöht hat, ohne
einen Weg zu bieten, diesen zu beenden.
Dies ist nicht das erste Mal, dass die Vereinigten Staaten unter dem
Druck der Ukraine und der westlichen Verbündeten eine Schwelle
überschreiten, die zuvor als zu eskalierend galt. Vergangene
Entscheidungen über HIMARS-Trägerraketen, Streubomben,
Langstreckenmunition und F-16 wurden auch von vermeintlichen
russischen Gewinnen auf dem Schlachtfeld angetrieben.
(…) Vergangene Beweise deuten auch darauf hin, dass Russland nicht
dramatisch eskalieren wird, nur weil die Vereinigten Staaten ein neues
Waffensystem bereitstellen oder die Beschränkungen für ein bestehendes
lockern.
Russland gewinnt relativ gesehen den Krieg im Moment, so dass es
unwahrscheinlich ist, dass Präsident Wladimir Putin das Risiko
eingehen wird, einen direkten Konflikt mit den Vereinigten Staaten und
seinen Verbündeten zu provozieren.
Moskau könnte gut reagieren, aber es ist wahrscheinlich, dass es dies
indirekt oder asymmetrisch tun wird, anstatt nächste Woche eine Rakete
in eine europäische Hauptstadt abzufeuern.
Das wirkliche Problem mit Bidens Entscheidung ist, dass Washington
wieder einmal einen großen Politikwechsel wiederholt gemacht hat - als
Reaktion auf Russlands militärische Schritte und nicht als Teil einer
umfassenderen Strategie zur Beendigung des Krieges.
Die Russen werden weiter vorgehen, und in drei oder sechs Monaten
könnten sich die Vereinigten Staaten wieder hier wiederfinden, unter
einer ähnlichen ukrainischen und verbündeten Druckkampagne, die
versucht ist, ihre nächste Schwelle zu durchbrechen, um zu versuchen,
den negativen Verlauf umzukehren.
Wie Außenminister Antony Blinken es ausdrückte: „Wir werden weiterhin
das tun, was wir getan haben, was sich bei Bedarf anpasst und
anpasst.“
Aber Anpassung und Anpassung stellen keine Strategie dar, und eine
reaktive Eskalation ohne eine Strategie ist keine vernünftige Politik.
Eskalierende US-Beteiligung an diesem Konflikt - oder jeden Konflikt -
sollte sich von einer Idee leiten lassen, wie man den Krieg beenden
kann.
In diesem Fall hätte dies das Demo erforderlich gemacht, dass
ukrainische Angriffe innerhalb Russlands mit US-Systemen Teil einer
integrierten Strategie zur Beendigung des Krieges zu beenden, der für
die Ukraine und die Vereinigten Staaten günstig sind.
Dieses Ende wird, wie die Verwaltung selbst wiederholt erklärt hat, am
Verhandlungstisch kommen. In einem Verhandlungsprozess können
Zwangsmaßnahmen als Hebel verwendet werden. Sie erheben Militärkosten
für Ihren Gegner mit dem Ziel, sie dazu zu bringen, zu tun, was Sie
wollen, nicht nur, um ihrem neuesten Manöver entgegenzuwirken.
Aber die Ukraine und der Westen haben keine Anzeichen dafür gezeigt,
bereit zu sein, mit Russland zu verhandeln. Und die Verhängung von
Kosten ohne einen Verhandlungsprozess macht eine weitere Eskalation
unvermeidlich. Wie Thomas Schelling, der Guru des militärischen
Zwanges, bemerkte:
"Wenn der Schmerz [unserer Feindes] unsere größte Freude und unsere
Zufriedenheit sein größtes Leid wäre, würden wir einfach weitermachen,
um uns gegenseitig zu verletzen und zu frustrieren.“
Diese Spiraldynamik - unerbittlicher russischer Aggression und ständig
wachsender westlicher militärischer Unterstützung für die Ukraine, um
Moskaus Schwung entgegenzuwirken, hat fast zweieinhalb Jahre
zugenommen.
Ohne einen Verhandlungsprozess könnte es noch Jahre anhalten. Und
eines Tages könnte die eine oder andere Seite endlich über eine
tatsächliche rote Linie stolpern, was genau zu der großen Eskalation
führen könnte, die die Biden-Regierung zu vermeiden versucht hat.
In der Zwischenzeit wird die Ukraine weiterhin leiden und die Kosten
des Krieges im Westen werden weiter steigen. Es muss einen besseren
Weg geben, um den folgenreichsten militärischen Konflikt seit einer
Generation zu bewältigen.
Samuel Charap ist angesehener Vorsitzender für
Russland und Eurasienspolitik bei RAND.
Jeremy Shapiro ist Forschungsdirektor des
European Council on Foreign Relations.
——
5. FR: Trotz China-Blockade bei Friedenskonferenz:
Scholz macht Hoffnung auf Ende im Ukraine-Krieg
https://www.fr.de/politik/friedenskonferenz-russland-china-scholz-ukraine-krieg-ende-schweiz-selenskyj-friedensformel-zr-93111902.html
Trotz China-Blockade bei Friedenskonferenz:
Scholz macht Hoffnung auf Ende im Ukraine-Krieg
Stand: 05.06.2024, 16:01 Uhr
Von: Tadhg Nagel
In der Schweiz findet ein Gipfel über ein Ende des Ukraine-Kriegs
statt. Für Olaf Scholz Grund zur Hoffnung - obwohl China und Russland
fehlen werden.
Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zugesichert, dass
Deutschland die Ukraine weiterhin in hohem Maße unterstützen wird.
Gleichzeitig machte er Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des
Ukraine-Kriegs – auch mit Blick auf die Friedenskonferenz in der
Schweiz am 15. und 16. Juni.
(…)
Zu den eingeladenen Gästen gehört auch China. Doch entgegen dem Wunsch
westlicher Unterstützer der Ukraine ist eine Teilnahme der Nation
derzeit nahezu ausgeschlossen. Am 31. Mai hatte Peking erklärt, dass
man nicht zur Konferenz erscheinen werde.
„Die Vorbereitungen für das Treffen bleiben weit hinter den
Forderungen Chinas und den allgemeinen Erwartungen der internationalen
Gemeinschaft zurück, was eine Teilnahme Chinas erschwert“, so der
Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning. Das berichtete
die Nachrichtenagentur Reuters. Zu diesen Erwartungen zählt eine
Teilnahme sowohl Russlands als auch der Ukraine.
Obwohl die Schweiz für den Gipfel eine breite Beteiligung anstrebt,
wurde Moskau nicht eingeladen. „Russland wurde zum jetzigen Zeitpunkt
nicht eingeladen“, hieß es Anfang Mai aus dem Außenministerium der
Schweiz.
Das liege daran, dass eine Teilnahme von Russland mehrfach abgelehnt
worden sei. Trotzdem sei man „überzeugt, dass Russland im Verlauf
dieses Prozesses miteinbezogen werden muss. Ein Friedensprozess ohne
Russland ist undenkbar“, so das Außenministerium weiter.
Als Grund der Ablehnung hat Moskau wiederholt angeführt, dass die
Friedensformel des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die
Grundlage der Verhandlungen sein soll. Sie war im Herbst 2022 bei den
Vereinten Nationen vorgestellt worden.
Zu den Forderungen Kiews gehören das Bestrafen von Aggression, das
Garantieren von Sicherheit sowie die Wiederherstellung der
territorialen Integrität. Russland lehnt dies ab und verweist
stattdessen auf das Zwölf-Punkte-Papier Pekings, das vor mehr als
einem Jahr vorgestellt wurde. Es enthielt allgemeine Grundsätze für
die Beendigung des Krieges, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen.
Laut einem Bericht der britischen Rundfunkanstalt BBC könnte es aber
noch einen weiteren Grund geben, weshalb Moskau angekündigt hat, dem
Treffen fernbleiben zu wollen. Russland, so heißt es dort, sei wütend
auf die Schweiz, weil diese Sanktionen verhängt habe.
Etwa 14 Milliarden Dollar (ca. 12,8 Milliarden Euro) an russischen
Vermögenswerten wurden eingefroren. Auch die Direktflüge nach Russland
wurden eingestellt. Bereits Ende letzten Jahres behauptete der
russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gennadi Gatilow, in
der Folge, die Schweiz habe ihre Neutralität aufgegeben. Sie sei daher
kein geeigneter Ort für Friedensgespräche.
——
6. IPPNW: Stellungnahme des Bündnisses »Stoppt das Töten in der Ukraine«
zur geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz
http://news.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Stellungnahme-Ukraine-Konferenz-mit-logos.pdf
5. Juni 2024
Stellungnahme des Bündnisses »Stoppt das Töten in der Ukraine«
zur geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz
Für den 15. und 16. Juni 2024 hat die Schweiz auf Ersuchen der Ukraine
zu einer internationalen Konferenz in der Nähe von Luzern eingeladen.
Die Konferenz soll ein »gemeinsames Verständnis für einen möglichen
Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine«
entwickeln.
Vertreterinnen und Vertreter von mehr als 80 Staaten werden erwartet,
darunter mit Ländern wie Indien und Brasilien auch solche, die sich
schon seit Längerem für eine Verhandlungslösung des Konflikts
einsetzen.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis »Stoppt das Töten in der Ukraine!«
begrüßt die geplante Konferenz im Juni 2024.
Wir begrüßen alle Schritte, die zu einem Ende des Tötens, des Leides
und der Zerstörung führen können. Die Konferenz kann ein wichtiger
Schritt auf dem Weg zu einem Waffenstillstand, einer
Verhandlungslösung und einem Ende des Tötens im Ukrainekrieg sein.
Die Friedensforschung zeigt (vgl. etwa Inclusive Peace: Verhandlungen
über ein Ende des Krieges in der Ukraine), dass die meisten
zwischenstaatlichen Konflikte auf dem Verhandlungsweg beigelegt
werden. Damit das gelingen kann, sind umfassende Vorbereitungen und
gegenseitiger Vertrauensaufbau nötig.
Russland wurde zu der Ukraine-Konferenz in der Schweiz nicht
eingeladen. Offiziell wird dies damit begründet, dass eine Teilnahme
durch Moskau an diesem Verhandlungsformat bereits vorab
unmissverständlich abgelehnt wurde.
Wir halten eine Einbindung von Russland für zentral. Das haben auch
China und Brasilien am 23. Mai 2024 in einer gemeinsamen Erklärung
betont, in der sie fordern, Prinzipien zur Deeskalation einzuhalten
und einen direkten Dialog zu führen, sowie eine Friedenskonferenz
abzuhalten, an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen. Für die
Konferenz in der Schweiz und für künftige Formate ist auch die
Teilnahme von China sehr wichtig.
Als zivilgesellschaftliche Organisationen mit vielfältiger Erfahrung
in der Friedensarbeit halten wir für den Friedensprozess einige
weitere Faktoren für notwendig:
• Bereits jetzt zeigt sich, dass dank der Initiative der Schweiz eine
Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg nicht länger als »unmöglich«
bezeichnet wird. Das ist eine wichtige und überfällige Veränderung im
politischen Diskurs. Die Bundesregierung sollte öffentlich immer
wieder deutlich machen, dass sie eine diplomatische Lösung für nötig
und möglich hält, und auch unabhängig von der Konferenz in der Schweiz
Verhandlungsinitiativen ergreifen und unterstützen.
• Die Erwartungen an die Konferenz – sowohl von Seiten der Politik als
auch von Medien und Öffentlichkeit – sollten nicht zu hoch gesteckt
werden. Um diplomatische Ergebnisse zu erzielen, wird ein weiterer
intensiver Austausch nötig sein. Zunächst müssen gemeinsame
Sprachregelungen und Verhandlungsthemen gefunden und Vertrauen
aufgebaut werden.
• Um den folgenden Prozess klar zu strukturieren, halten wir es für
nötig, frühzeitig eine Folgekonferenz noch im Jahr 2024 zu vereinbaren
und gleichzeitig – wie von China und Brasilien angeregt – alle
Beteiligten zur Deeskalation aufzufordern und die Ukraine und Russland
von Beginn an gleichermaßen einzubinden.
• Es finden laufend Gespräche zwischen der Ukraine und Russland statt
– etwa zum Gefangenenaustausch. Wir finden es begrüßenswert, dass ein
Ziel der Konferenz offenbar ist, derartige Formen der Kooperation zu
fördern.
• Die ukrainische »Friedensformel«, die offenbar eine Grundlage der
Konferenz sein soll, ist nachvollziehbar und völkerrechtlich
angemessen. Dennoch ist es wichtig, dass ein Friedensprozess eine
Verhandlungslösung zum Ziel hat und nicht die vollständige
Durchsetzung der Interessen der Ukraine. Für eine gelingende
Vermittlung ist es nötig, dass sich die Konferenz und ihre
Teilnehmenden in diese Richtung orientieren.
• Es sollte zudem klargestellt werden, dass die Frage von
Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen nicht allein Sache der
Ukraine ist, da es mehrere Konfliktebenen gibt und die Gefahr einer
Ausweitung des Krieges bis hin zum Atomkrieg droht.
Diese Organisationen aus dem Bündnis »Stoppt das Töten in der Ukraine«
unterstützen die Stellungnahme:
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Bund für Soziale
Verteidigung, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), International Physici- ans for the
Prevention of Nuclear War (IPPNW), Naturfreunde Deutschlands, Netzwerk
Friedenskooperative, Ohne Rüstung Leben, Pax Christi, Sicherheit neu
denken, Werkstatt für Gewaltfreie Aktion.
——
7. KSTA: Avi Primor zur Lage in Israel
„Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort“
https://www.ksta.de/kultur-medien/avi-primor-zur-lage-in-israel-die-mehrheit-glaubt-netanjahu-kein-wort-804899
Avi Primor zur Lage in Israel
„Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort“
Von
Joachim Frank <https://www.ksta.de/autor/joachim-frank-109487>
05.06.2024, 15:55 Uhr
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In der Printausgabe des Kölner Stadtanzeiger, 5.6.2024, Seite 19:
„Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort“
Israels früherer Botschafter Avi Primor über das Machtkalkül des
Premierministers, die Stimmung in seinem Land und den Antisemitismus
Herr Primor, wie schätzen Sie die Aussichten auf einen Erfolg des
jüngsten Friedensplans für den Gazakonflikt ein?
Israels Premier Benjamin Netanjahu wird diesem Plan nicht zustimmen,
obwohl er es mit US- Präsident Joe Biden mehrfach besprochen hat. Aber
das ist typisch für ihn: Er sagt seinen Gesprächspartnern immer das,
wovon er meint, dass sie es hören wollen. Und dann tut er das doch,
was er will. Das wiederum weiß Biden auch.
Was glauben Sie denn, was Benjamin Netanjahu will?
Wenn man die Diskussion in Israel verfolgt, steht der Premierminister
unter massivem Druck seiner rechtsnational-religiösen Koali-
tionspartner, auch in der Frage des Friedensplans. Der Druck ist
vorhanden, das stimmt. Aber er entspricht auch Netanjahus eigener
ablehnender Haltung – übrigens nicht nur inhaltlich, sondern auch
wegen der gegen ihn laufenden Prozesse.
Der Machterhalt ist hier seine Rückversicherung. Was er unter allen
Umständen vermeiden muss, sind Neuwahlen. Die würde er aber nach
gegenwärtigem Stand haushoch verlieren – mit einem Stimmenverlust für
seine Partei von bis zu 50 Prozent. Dann aber wäre auch die Hälfte der
Abgeordneten seiner Partei ihre Sitze in der Knesset los. Das will von
denen keiner.
Was bleibt dann noch an Möglichkeiten zur Durchsetzung des Friedensplans?
Die Amerikaner könnten den Druck so erhöhen, dass unserer Regierung
keine Wahl bleibt. Israel bekommt nicht nur seine Bewaffnung aus den
USA, sondern auch die Munition. Die Munition, verstehen Sie! Wie
sollte man ohne Munition noch kämpfen können?
Wie viele Herzen schlagen gerade in Ihrer Brust – als israelischer
Bürger und Kritiker der amtierenden Regierung?
Oh je! Die Regierung Netanjahu hat vor dem Terrorüberfall vom 7.
Oktober die Lage völlig falsch eingeschätzt. Sie hat die Gefahr, die
von der Hamas ausgeht, sträflich vernachlässigt. Ja, sie hat die Hamas
im Gazastreifen sogar unterstützt, um damit die Fatah zu schwächen,
die im Westjordanland das Sagen hat. Und warum?
Weil das eigentliche Ziel dieser Regierung die Re-Annexion des
Westjordanlands ist: „Ganz Judäa und Samaria dem jüdischen Volk“ – das
ist die Ideologie, die dahintersteckt. Auch moralisch kann man sich
kaum vorstellen, wie tiefgreifend der Schaden ist, den diese Regierung
für unser Land angerichtet hat.
Wie beurteilen Sie es in diesem Zusammenhang, dass Israel die
Aufforderungen des Interna- tionalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag
zur Beendigung der Kampfhandlungen missachtet?
Solange die US-Regierung sich dazu so schmallippig verhält,
beeindruckt das unsere Regierung nicht. Die Unterstützung der
Vereinigten Staaten für das Haager Gericht ist nicht sonderlich stark.
Und das weiß Netanjahu. Den Haag ist ein Problem – wiederum auch und
vor allem ein moralisches.
Deshalb werden unsere Juristen auch alles dafür tun, dass es im
Hauptverfahren um den Vorwurf des Völkermords nicht zu einer
Verurteilung kommt. Was ich im Übrigen auch nicht erwarte. Aber selbst
wenn, wird ein solches Urteil keinen Einfluss auf die israelische
Politik haben, solange der Rückhalt der USA steht.
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat
wegen des Agierens Isra- els im Gazastreifen einen Haftbefehl gegen
den Premierminister und Verteidigungsminister Joav Gallant beantragt.
Hinterlässt auch das keine Spuren bei den Beteiligten?
In Israel laufen unbestätigte, aber glaubwürdige Geschichten um, dass
Netanjahu schon vor Jahren versucht hat, Den Haag einzuschüchtern.
Ähnlich wie er es mit unserem Obersten Gericht seit Jahren tut. Das
allerdings bleibt nicht folgenlos. Das Oberste Gericht in Israel ist
nicht so unabhängig und unbeeindruckt vom Druck der Regierung, wie
immer behauptet wird.
In seinen Entscheidungen zu den von Israel besetzten Gebieten etwa ist
das Gericht sehr zurück- haltend. Daran rührt es nicht, sondern
verweist auf eine Militärgerichtsbarkeit in den besetzten Gebieten,
die den Namen nicht verdient. Noch existiert das Oberste Gericht – und
Netanjahu fürchtet es auch seinerseits. Umso besser kommt ihm der
Krieg zupass. Denn auch das Oberste Gericht steht unter dem Eindruck
des Überfalls auf Israel und der Notwendigkeit, die Hamas zu
bekämpfen.
Noch einmal zu Den Haag…
Auch da hängt die Haltung unserer Regierung letztlich von den
israelisch-amerikanischen Be- ziehungen ab. Die USA haben den IStGH
selbst nicht anerkannt. Von daher gibt es hier eine ge- wisse
Sympathie für die Verweigerungshaltung Israels. Folgt Netanjahu Bidens
Vorschlägen zur Beilegung des Gazakonflikts, kann er sich der weiteren
Unterstützung Washingtons auch an dieser Stelle eher sicher sein.
Wenn er aber auf seiner konfrontativen Linie bleibt – und danach sieht
es gerade aus –, dann wird dies das ohnehin gespannte Verhältnis zu
Washington weiter belasten, und in der Folge könnten die USA ihre
schützende Hand auch in Den Haag weiter zu- rückziehen. Nicht
offiziell, aber faktisch.
Als Kriegsziel hält Netanjahu an der „Vernichtung“ der Hamas fest. Wie
sehen Sie das?
Damit spricht er einen bestimmten kleineren Teil der israelischen
Bevölkerung an. Die Mehrheit glaubt ihm ohnehin kein Wort mehr. Er
macht Propaganda, wie es ihm gefällt. Er gibt inzwi- schen ja auch
keine Pressekonferenzen mehr, weil er keine kritischen Fragen
beantworten will.
Wenn Sie ein Beispiel für den hanebüchenen Unsinn haben wollen, den er
verbreitet: Er hat einmal gesagt, „wenn die Amerikaner uns keine
Waffen mehr geben, dann werden wir mit den Fäusten weiterkämpfen“. Das
Milieu, aus dem ich komme, lacht über so etwas. Aber es gibt auch
Leute bei uns, die daran Gefallen haben.
In Deutschland wächst die Kritik am Agieren Israels im Gazastreifen.
Was raten Sie der Bun- desregierung?
Nach allem, was Deutschland über die Jahrzehnte hinweg für Israel
getan hat, kann sich die Bundesregierung eine unverblümte
Positionierung leisten. Sie sollte selbst keine politischen Schritte
gegen Israel initiieren. Das ginge zu weit und stieße in Israel auf
breites Unverständnis.
Aber gegen ein koordiniertes Vorgehen Deutschlands mit den anderen
europäischen Mächten, vor allem mit Frankreich, und in allererster
Linie natürlich mit den USA ist auch vor dem Hinter- grund des
deutsch-israelischen Verhältnisses nichts einzuwenden.
Verstehen Sie, dass es starke Gefühle der Empathie für die Bevölkerung
im Gazastreifen gibt – auch bei denen, die Israel „unbedingte“
Unterstützung im Abwehrkampf gegen die Hamas zugesichert hatten?
Die Israelis in ihrer Mehrheit verstehen Kritik am Vorgehen unserer
Armee im Gazastreifen nicht. Sie sehen aber auch nicht, was wir dort
tun. Unser Fernsehen zeigt die Gräuel nicht. Natürlich könnten die
Israelis ausländische Fernsehprogramme verfolgen oder sich im Internet
informieren. Aber das geschieht nicht.
Bei uns geht es ausschließlich um das Schicksal der Gei- seln und
ihrer Familien, der bereits befreiten und der nach wie vor
verschleppten. Deren Leid berührt die Menschen in Israel aufs
Intensivste. Weiter denken sie aber nicht.
Und was sagen Sie zur Gefahr des Antisemitismus in Deutschland?
Es gab und gibt Antisemitismus in Deutschland. Die angestammte
deutsche Bevölkerung schät- ze ich heute nicht antisemitischer gesinnt
ein als früher. Das ist beherrschbar. Allerdings sind viele Menschen
mit Migrationshintergrund hinzugekommen, oftmals Muslime. Die bringen
ge- genüber den Juden und gegenüber dem Staat Israel eigene
Vorstellungen mit.
Dass man Israel aktuell scharf kritisiert, ist sehr verständlich, weil
es mit der Politik der israelischen Regierung zu tun hat. Wenn sich
daran nichts ändert, ändern die Menschen ihre Einstellungen. Ich sehe
da einen sehr direkten Zusammenhang und kann dafür auch einschlägige
historische Erfahrungen beisteuern.
Woran denken Sie?
Am Beginn meiner Laufbahn im diplomatischen Dienst gehörte Frankreich
wegen des Algerien- Kriegs zu den weltweit am meisten verachteten
Ländern. Wie hat man damals nicht auf die Franzosen geschimpft! Doch
als der Krieg vorbei war, geriet das alles auch sehr schnell wieder in
Vergessenheit. Ich glaube, ein Stück wäre es auch so, wenn Israel den
Krieg im Gazastreifen beenden würde.
Als „Elefant im Raum“ – also das eigentliche Problem des
Nahost-Konflikts, das geflissentlich ignoriert wird – machen Sie die
Palästinenserfrage namhaft. Haben Sie noch die Hoffnung, dass es zu
einvernehmlichen Lösungen des Konflikts zwischen Israel und den
Palästinensern kommt, insbesondere einer Zwei-Staaten-Lösung?
Das hängt davon ab, welche Regierung wir haben werden. Bleibt
Netanjahu im Amt, gibt es keine Lösung. Der rechts-religiöse
Parteichef Bezalel Smotrich ist in Netanjahus Kabinett ja nicht nur
Finanzminister, sondern als zweiter Verteidigungsminister auch für das
Westjordan- land zuständig. Jetzt können Sie sich ausmalen, was das
bedeutet!
Er lässt die Palästinenser immer weiter unterdrücken – in der
Hoffnung, dass sie das Land verlassen. Wohin sie gehen? Egal! Smotrich
ermutigt die Siedler zu Angriffen auf die palästinensische Bevölkerung
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