28.04.2022

Auf dem Weg zur Meinungsdiktatur?

nachdenkseiten.de, 28. April 2022 um 10:00 Ein Artikel von Michael Fitz

Nach der Lektüre von Sheldon S. Wolins umfangreichem Werk zum „Umgekehrten Totalitarismus“ und auch Ulrike Guérots neuem Buch „Wer schweigt, stimmt zu“ müssten eigentlich in intellektuellen Kreisen unserer Gesellschaft die Alarmlichter aufleuchten. Deutlicher kann einem die gegenwärtige Situation nun wirklich nicht vor Augen gehalten werden. Was brauchen wir denn noch, um zu verstehen, wie es derzeit wirklich um Demokratie und vor allem um die Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Land steht? Selbstverständlich können Sie Ihre Meinung öf fentlich äußern, allerdings werden Sie nicht gehört, zumindest nicht auf ganzer Breite. Ganz egal ob Sie nun Ulrike Guérot oder Wolin heißen oder sonst jemand sind, dessen kluge und umfassende Expertise zu anderen Zeiten durchaus gefragt gewesen wäre. Die NachDenkSeiten, diesbezüglich ein recht einsamer Leuchtturm, und einige andere publizistische Plattformen wirken derzeit wie Inseln in einem großen Meer der Gleichschaltung. Das ist ein stiller Ozean, da gibt es kaum Gegenbewegung zur angeblich vorherrschenden Mehrheitsmeinung und ebenso wenig oder selten kritische Betrachtungen konträr oder abweichend zum politischen Kurs der sogenannten Mitte. Von Michael Fitz.


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Zitat: Weglassen, Verschweigen, Ausfiltern von unliebsamen Fakten und Theorien ist auch Zensur. Die findet derzeit auch und vor allem in den öffentlich-rechtlichen Medien statt, die ja bekanntlich ihr Existenzrecht vor allem aus ihrer angeblich vorbildlichen, neutralen und objektiven Berichterstattung ableiten, soweit zumindest das im Brustton der Überzeugung formulierte Selbstbild. Ganz zu schweigen von eigentlich ja selbstverständlichen, journalistischen Qualitäten. Mit Sorgfalt, Neutralität, Ausgewogenheit (außer im Kommentar) scheinen nicht erst im Zuge der Corona-Pandemie beinah alle handwerklichen Grundsätze der einstmals so stolzen, vierten Gewalt vollständig über Bord gegangen zu sein.


Wenn Sie Ihre Meinung ausschließlich auf Basis dessen bilden, was Sie in der Tagesschau, in ZDF-Heute oder auch im Spiegel, in der Süddeutschen oder der FAZ „berichtet“ bekommen, dann müssen Sie derzeit geradezu Putin-Hasser sein, bereits an akuter Russo-Phobie leiden oder auf jeden Fall eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Nato förmlich herbeisehnen.


Eine qualitative Etage darunter (z.B. bei T-Online) wird es gerne regelrechte Russenhetze, vor allem gegen Putin, dem man inzwischen wie selbstverständlich das unschöne Etikett „Kriegsverbrecher“ anheftet. An einen ähnlichen Orkan der moralischen Entrüstung kann ich mich im Zusammenhang mit allen nach 2001 von den USA und der Koalition der Willigen, unter argumentativer Nutzung von inzwischen erwiesenen Lügen, vom Zaun gebrochenen, völkerrechtswidrigen Kriegen nicht erinnern. Diejenigen, die hier zu den Ausnahmen gehören oder gehörten, mögen mir verzeihen, ob dieser Pauschalkritik. Ein anderes Meinungsbild bekommen Sie, bis auf wenige Ausnahmen, derzeit nicht vermittelt.


Fast jede Meldung, jeder Bericht schließt den Kommentar in die vorgegebene politische Sichtweise und Richtung bereits ein. Das ergibt sich durch Behauptungen, die man der Opportunität halber bereits als erwiesen darstellt, durch Weglassen teils wichtiger Informationen und Hintergründe und geschieht meist nicht ohne die sich daraus ergebende Geschichtsverbiegung, um es mal ganz charmant zu bezeichnen.


Man muss kein Fan des Altkanzlers Schröder sein, über den derzeit die Lanze allenthalben gebrochen wird, man muss die von ihm erwirkten Änderungen in unserem Sozialsystem, die Deregulierung des Finanzmarktes als die hervorstechendsten seiner innenpolitischen Leistungen für dieses Land nicht gut finden. Aber nein, daran arbeitet sich derzeit interessanterweise niemand ab.


Allerdings wäre er als politische Figur, die durch seine persönliche Nähe zu Putin und seiner Nomenklatura einen hervorragenden Kontaktweg dorthin darstellen würde, ausgesprochen wertvoll, vor allem für seine Partei und den Kanzler Scholz, den diese im Augenblick stellt. Was derzeit passiert, ist jedoch Schröder-Bashing auf allen Kanälen, ein Shitstorm, der durch sämtliche Leitmedien fegt und versucht, diesen Mann vollständig zu diskreditieren Aber auf jeden Fall einen Ausschluss aus der SPD zu erwirken.


Man arbeitet sich ab an seiner Nähe zu Putin, seiner wirtschaftlichen Verflechtung – so als ob das Schlimmste, was man sich derzeit leisten könnte, ein „Freund oder Versteher Putins“ zu sein. Nebenbei gesagt ist es ein Skandal, dass prominente Künstler, denen eine Nähe zu Putin nachgesagt wird, in Deutschland von ihren Arbeitgebern öffentlich auffordert werden, sich zu distanzieren. Das tönt wie Inquisition im tiefsten Mittelalter, nach dem Motto „Schwöre ab, Sünder!“. Gerade Gerhard Schröder wäre derzeit als einer der wenigen Polit-Prominenten in der Lage, einen inoffiziellen oder diplomatischen Gesprächskontakt zur russischen Seite herzustellen und Verhandlungen zur Beendigung herbeizuführen, gerade wegen seiner wirtschaftlichen Verflechtungen. Offenbar will das niemand. Offenbar will oder darf niemand verhandeln, weil das ganz und gar nicht in die Hegemonial-Interessen der USA zu passen scheint, deren verdrehte Geschichts-Sicht und Doktrin nicht zuletzt durch die deutschen Leitmedien, vor allem die großen Presseagenturen, unhinterfragt übernommen und so verantwortungslos wie propagandistisch auf allen Kanälen Tag für Tag verbreitet werden. Inzwischen werden Kanzler Scholz und die ganze SPD dafür in Sippenhaft genommen, dass man, was die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine angeht, eine eher vorsichtige und ablehnende Haltung an den Tag legt. Aber der Druck wird durch die mit der Bundesregierung nicht abgesprochene Einladung des US–Außenministers an 40 potentielle (Waffen-)Geberländer nach Ramstein – die Air-Base befindet sich übrigens auf deutschem Territorium – doch mal vorbeizuschauen und das Scheckbuch mitzubringen, noch wachsen. Es ist unbegreiflich, wie sich hier eine komplette Bundesregierung, samt grüner Außenministerin, einfach übergehen lässt.


Es ist auch unfassbar, dass der Botschafter der Ukraine in Deutschland medial dermaßen die Strippen zieht und für seine Unverschämtheiten gegen Amtsträger noch nicht einmal ermahnt wird. Offenbar hält hier jemand seine schützende Hand über Herrn Melnik und seine politische Agenda, so dass er weiterhin die Axt im Walde sein darf.


Jeder, der selbst denken kann, muss sich angesichts dessen fragen, ob er einen auf europäischem Boden, möglicherweise mit Atomwaffen ausgetragenen Krieg für wünschenswert hält oder nicht und wessen Interessen ein solcher Krieg letztlich dienen würde. Dass nun die meisten und die willigsten Befürworter für die Lieferung von schweren Waffen in die Ukraine ausgerechnet einer Partei angehören, die einst – das ist lange her – aus der Friedensbewegung erwachsen ist, kann man inzwischen als Treppenwitz der Geschichte bezeichnen, seinerzeit durch Fischers Ja zum völkerrechtswidrigen Serbien-Bombardement der NATO bereits angelegt. Dass nun der Begriff Pazifismus von Medien und allerlei Experten als altmodisch und nicht mehr zeitgemäß interpretiert wird, genauso wie z.B. soziale Gerechtigkeit oder soziale Marktwirtschaft unermüdlich als gestrig und fehlgeleitet bezeichnet wird, passt haargenau in das Phänomen, das Wolin in seinem Buch mit dem Wort „ausgehöhlte Demokratie“ bezeichnet. Konkurrierende Ideen und Weltbilder werden einfach so lange als abseitig dargestellt, bis eine (Wähler-)Mehrheit das als Gegebenheit hinnimmt.


Genauso wird es, und das geschieht bereits, der von Brandt seinerzeit im Überbegriff Entspannungspolitik zusammengefassten Idee der guten Nachbarschaft und friedlichen Co-Existenz mit Russland gehen. Klaus von Dohnanyi, als offenbar letzter Fels dieser Strömung in der SPD, formuliert das ganz klar und ohne Schnörkel, wie es einem „elder statesman“ gebührt: „Wir müssen Putin verstehen, wenn wir zu einer diplomatischen Lösung dieses Konfliktes kommen wollen.“

Das bedeutet, dass wir alle, auch der taz-, SZ-, FAZ-Leser – und wie sie alle heißen – und der Tagesschau- und Heute-Seher erfahren und wissen müssen, wie dieser Konflikt entstanden ist, in wessen Interessen er anno 2014 vom Zaun gebrochen wurde, was das für die russische und europäische Sicherheitsarchitektur bedeutet und warum das noch nie ein regionaler Konflikt war. Wissen ist nunmal die Basis für jedwede Meinungsbildung.


Durch Weglassen, Verschweigen und Vereinfachen entsteht hier, gerade durch die sogenannten Leitmedien ein völlig falsches Bild. Ein Bild, das offenbar gewollt und erwünscht ist, um eigene geopolitische und wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Hinweise darauf finden sich in allen einschlägigen strategischen Planungskonzepten von US-Regierungs- und Nato-Gremien und sogenannten unabhängigen, aber politisch ganz klar ausgerichteten Think-Tanks in den USA und Europa, die teilweise schon weit vor 2014 vorlagen und die Politik der Nato und nun auch Europas maßgeblich beeinflussen. Hier zu forschen und Erkenntnisse zu gewinnen und zu publizieren, insbesondere auch in Schulbüchern und Unterrichtsmaterial für Kinder und Jugendliche, das wäre eine wirklich lohnende und angemessene Aufgabe für den sogenannten Qualitätsjournalismus. Leider beschäftigt sich der aber derzeit ausschließlich mit Propaganda, das heißt mit der Verbreitung von opportunen Halb-Wahrheiten und ebenso Halb-Lügen, die die jüngste Geschichte meist förmlich verbiegen. Ausgestattet mit wirtschaftlicher Macht und dem entsprechenden Geld kann man offenbar alles kaufen und jede noch so absurde und zerstörerische Idee in der öffentlichen Meinung implementieren. Wenn es sein muss, kann man offenbar auch ganze, einstmals auf ihre kritische Berichterstattung so stolze Presse-Konglomerate kaufen und instrumentalisieren.


Ausgetragen wird das alles auf dem Rücken einer dem täglichen Grauen eines Krieges in und um das eigene Land ausgesetzten ukrainischen Bevölkerung, dem diese hilflos ausgeliefert ist. Waffenlieferungen, egal von wem und welcher Art, werden diesen Krieg letztlich nur verlängern und das Leid der Zivilbevölkerung nur noch steigern. Wie in jedem anderen Krieg auch – siehe Syrien, Afghanistan, Libyen oder Irak.


Solidarität mit dem ukrainischen Volk heißt eben nicht mehr Waffen liefern, sondern so schnell wie möglich und über alle möglichen Kanäle Gespräche über eine Beendigung dieses Krieges einzuleiten.


Aber noch ein Wort zu meinem speziellen Künstler-Umfeld. Ich finde es zutiefst beschämend, dass sich in Deutschland aus dieser Ecke bisher noch kein Prominenter zu Wort gemeldet und sein Unbehagen ob der Situation ausgedrückt hat. Bis auf wenige Ausnahmen, z.B. meine streitbare Cousine, der ich dafür großen Respekt zolle. Wo sind denn alle 68er und Baby-Boomer-Linken oder ach so freigeistig gesinnten Künstler, die auch gerne mal alte Arbeiterlieder auf der Bühne anstimmen, abgeblieben? Sind sie untergetaucht? Warten sie auf bessere Zeiten? Die werden, so fürchte ich, nicht kommen. Im Gegenteil.


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=83343


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.04.2022

Militärpartner Japan    Kanzler Scholz reist nach Japan, strebt den Ausbau der Wirtschafts- und Militärkooperation an. Die Luftwaffe nimmt im September an Kriegsübungen in der Asien-Pazifik-Region teil.

german-foreign-policy.com, 28. April 2022

TOKIO/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr wird im September Kampfjets zu Kriegsübungen in die Asien-Pazifik-Region entsenden. Dies bestätigt die Luftwaffe anlässlich eines Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz in Japan. Demnach werden im September sechs deutsche Eurofighter zu einem Manöver nach Australien aufbrechen und von dort einen Abstecher nach Japan unternehmen. Scholz‘ Reise dient dem Ausbau der deutsch-japanischen Kooperation mit Blick auf die Verschärfung des Machtkampfs des Westens gegen China. Die Bundesregierung will zum einen die deutsch-japanischen Wirtschaftsbeziehungen ausbauen, um die Bedeutung der Volksrepublik für die deutsche Industrie zu relativieren; dabei gilt Japan als fester Teil des westlichen Bündnisses und „konfliktsicher“: Westliche Sanktionen gegen Japan kommen – anders als im chinesischen Fall – nicht in Frage. Zum anderen strebt Berlin eine engere außen- und militärpolitische Zusammenarbeit an. Dazu hielt sich zuletzt die Fregatte Bayern im November 2021 in Yokohama am Eingang zur Bucht von Tokio auf. Die deutsche Militärpräsenz in Japan beginnt sich zu verstetigen.


Zitat: „Eine Kurskorrektur“In Berlin wird einiger Wert auf die Feststellung gelegt, dass die aktuelle Reise von Kanzler Olaf Scholz nach Japan seine erste Asienreise im Amt ist; mit dieser Tatsache verbinde sich „eine Kurskorrektur“, heißt es.[1] Scholz‘ Amtsvorgängerin Angela Merkel hatte in ihren 16 Jahren im Amt Japan lediglich fünfmal besucht, China hingegen zwölfmal – dies jeweils mit einer großen Wirtschaftsdelegation, um den chinesischen Markt sowie den Produktionsstandort für deutsche Unternehmen zu erschließen. In der deutschen Hauptstadt heißt es nun, Scholz habe für seine erste Chinareise noch nicht einmal einen Termin festgelegt. Einem Kanzlerbesuch in Beijing stünden zur Zeit freilich auch die Restriktionen entgegen, die die Volksrepublik im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie aufrechterhält. Ausdruck des Berliner Bestrebens, Japan einen höheren Stellenwert in der deutschen Politik einzuräumen, sei es zudem, dass Scholz regelmäßige Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Japan starten wolle, wird berichtet. Derlei Konsultationen gibt es mit asiatischen Staaten zur Zeit nur im Falle Chinas und Indiens; die nächsten deutsch-indischen Regierungskonsultationen finden am kommenden Montag in Berlin statt.[2]


Gehemmte Wirtschaftsbeziehungen

Einen Ausbau der bilateralen Kooperation strebt die Bundesregierung unter anderem auf wirtschaftlichem Feld an. Ähnliche Versuche in den vergangenen Jahren hatten zu keinem echten Fortschritt geführt. Das Volumen des deutsch-japanischen Handels belief sich im vergangenen Jahr auf gut 41,5 Milliarden Euro – kaum mehr als vor zehn Jahren (38,5 Milliarden Euro) und nur ein Sechstel des deutschen Handelsvolumens mit China (245,5 Milliarden Euro). Die deutschen Direktinvestitionen in Japan erreichten im Jahr 2019 nach Angaben der Bundesbank einen Bestand von 15,5 Milliarden Euro; in China inklusive Hongkong belief sich der Wert auf 95,5 Milliarden Euro. Zu den relativ mageren Zahlen kommt hinzu, dass die Stimmung bei den deutschen Unternehmern, die in Japan investiert haben, durch Japans pandemiebedingte Einreiserestriktionen erheblich gelitten hat. Ihretwegen sei Japans „Ruf als ein stabiler und verlässlicher Standort und Partner ... schwer beschädigt worden“, kritisiert ein Vertreter einer deutschen Firma.[3] Einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer zufolge wollen 13 Prozent der deutschen Firmen ihre Zentrale für das Regionalgeschäft aus Japan in ein anderes Land verlegen. Elf Prozent planen, ihre Aktivitäten in Japan zu verringern, oder haben das schon getan.


Öl und Gas aus Russland

Eine zentrale Rolle bei Scholz‘ Gesprächen in Japan spielen die eskalierenden Großkonflikte zwischen dem Westen und seinen asiatisch-pazifischen Verbündeten auf der einen Seite – zu ihnen zählt Japan –, Russland und China auf der anderen Seite. Japan hat sich unter starkem US-Druck dem knappen Viertel aller Staaten weltweit angeschlossen, die Russland nach dessen Überfall auf die Ukraine mit vernichtenden Sanktionen überzogen haben. Allerdings gehört es zugleich zu denjenigen Ländern, die aus Russland Erdöl und Erdgas beziehen; bislang sperrt es sich gegen Forderungen, einen Öl- und Gasboykott zu verhängen. Gewisse Parallelen bestehen dabei zur Position Berlins, das einen solchen Boykott zumindest noch eine Weile hinauszögern will. Tokio hat allerdings darüber hinaus angekündigt, dass es keinesfalls bereit ist, japanische Unternehmen, die in Erdöl- und Erdgasprojekte in Russland investiert haben, zum Rückzug zu nötigen, wie es beispielsweise Großbritannien mit BP getan hat.[4] Scholz will nun die jeweiligen Positionen mit Blick auf den G7-Gipfel abgleichen, der unter deutschem Vorsitz Ende Juni in Elmau stattfinden soll.


Konfliktsichere Lieferketten

Erheblich weiter reichen Pläne, die in Berlin zur Zeit mit Blick auf den Machtkampf gegen China geschmiedet werden. So soll nicht nur das deutsche Japangeschäft allgemein gefördert werden, um die hohe Bedeutung Chinas für die deutsche Wirtschaft etwas zu relativieren. Insbesondere hat Berlin Interesse, mit strategisch wichtigen High-Tech-Branchen zu kooperieren. Ziel ist es, die eigenen Lieferketten so zu gestalten, dass sie die Unabhängigkeit der eigenen Industrie von anderen Machtblöcken vergrößern und vor allem bei einer etwaigen Eskalation des Machtkampfs gegen die Volksrepublik nicht kollabieren. Als Negativbeispiel gilt die Abhängigkeit der Bundesrepublik von Erdgasimporten aus Russland, die sich nun wegen der dramatischen Zuspitzung des Konflikts mit Moskau als Nachteil erweist. Japan, ein fester Teil des westlichen Bündnissystems, gilt gerade auch bei einer Zunahme der globalen Spannungen als konfliktsicherer Kooperationspartner. Darüber hinaus heißt es, man könne die Tatsache nutzen, dass die japanische Wirtschaft in Asien „gut vernetzt“ sei; wer mit ihr kooperiere, erhalte leichter Zugänge auch andernorts.[5]


Mit der Luftwaffe an den Pazifik

Die deutsch-japanische Kooperation enthält zudem eine militärische Komponente, die seit geraumer Zeit systematisch ausgebaut wird: ebenfalls für den Machtkampf gegen China. Im vergangenen Jahr hielten die Außen- und Verteidigungsminister Deutschlands und Japans zum ersten Mal ein Treffen im sogenannten 2+2-Format ab, um sich außen- und militärpolitisch enger abzustimmen.[6] Anfang April nahm mit Außenminister Yoshimasa Hayashi erstmals ein Japaner an einem Außenministertreffen der NATO teil. Im November vergangenen Jahres traf die Fregatte Bayern im Rahmen ihrer großen Asien-Pazifik-Fahrt in Yokosuka am Eingang zur Bucht von Tokio ein, wo deutsche Militärs nicht nur Übungen mit den japanischen Streitkräften durchführten, sondern auch in Japan verstorbener Soldaten der NS-Marine gedachten (german-foreign-policy.com berichtete [7]). In diesem September wird nun die Luftwaffe sechs Eurofighter zu dem multinationalen Manöver „Pitch Black“ nach Australien entsenden; von dort werden drei Kampfjets nach Japan fliegen – zu einem „Kurzbesuch“, wie es heißt.[8] Für das nächste Jahr ist bereits die zweite Asien-Pazifik-Fahrt der deutschen Marine angekündigt.

 

[1] Martin Kölling: Tokio statt Peking: Die erste Asienreise des Kanzlers steht für eine Kurskorrektur. handelsblatt.com 27.04.2022.

[2] S. dazu „Russland isolieren“ (IV).

[3] Patrick Welter: Japans kleiner Öffnungsschritt. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.02.2022.

[4] Japan will maintain Russia oil and gas projects: economy minister. asia.nikkei.com 01.04.2022.

[5] Martin Kölling: Tokio statt Peking: Die erste Asienreise des Kanzlers steht für eine Kurskorrektur. handelsblatt.com 27.04.2022.

[6] S. dazu Manöver in Ostasien.

[7] S. dazu Mit der Luftwaffe an den Pazifik.

[8] Martin Fritz: Kanzlerreise: Deutsche Signale an Japan. dw.com 27.04.2022.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8904

28.04.2022

Mariupol: Vorgetäuschte und wahre Barmherzigkeit

aus e-mail von Doris Pumphrey, vom 27. April 2022, 22:43 Uhr


https://test.rtde.website/meinung/137002-vorgetaeuschte-und-wahrhafte-barmherzigkeit/

26.4.2022


*Mariupol: Vorgetäuschte und wahre Barmherzigkeit

*/Ein Kommentar von Anna Schafran/


Als die russische Armee Mariupol völlig unter ihre Kontrolle brachte,

gerieten die verbliebenen ukrainischen Streitkräfte in der Stadt in die

Katakomben des Azov Stahlwerks. Die russische Armee hätte ihnen niemals

Gnade erweisen müssen, wenn der Westen nicht beschlossen hätte, sie von

vornherein gnadenlos als Kanonenfutter zu benutzen.


Der Präsident Russlands, Wladimir Putin, befahl, die Erstürmung der

Katakomben des metallurgischen Kombinats "Asowstal" abzubrechen und die

umzingelten Kampfgruppen so zu blockieren, dass "keine Fliege

durchkommt". Tatsächlich stellen die ukrainischen Haudegen keine reale

Gefahr mehr für die Bewohner Mariupols dar, und es ergäbe nicht den

geringsten Sinn, das Leben unseres Militärs zu riskieren, nur um ein

formelles Häkchen zu setzen – "Asowstal" ist eingenommen.


Genau dadurch unterscheidet sich die Logik unseres Landes und unserer

Armee von der Logik Kiews und denjenigen, die hinter der Ukraine stehen:

Diese benötigen ein schönes "Bild", sentimentale Geschichten und andere

Spezialeffekte des Films. Und wir betreiben Realpolitik und die harte

Arbeit der Entnazifizierung und Entmilitarisierung. Nicht für

Spezialeffekte. Die Hauptsache ist, Menschenleben zu erhalten, das

unserer Soldaten und der Zivilisten, und wie wir uns sehr gut erinnern,

versuchte man in den ersten Tagen der Spezialoperation sogar, das

ukrainische Militär zu schonen, ohne Anschläge auf Ansammlungen von

Soldaten zu verüben. Leider schätzte der Feind dieses Vorgehen nicht.


Der Austausch von Kriegsgefangenen ist eine wichtige humanitäre Aufgabe.

Als Kiew während des Krieges im Donbass Versuche unternahm, ukrainische

Staatsbürger gegen ukrainische Staatsbürger auszutauschen, sah es

logisch aus – auf beiden Seiten waren die meisten Inhaber von Pässen

dieses Landes. Aber jetzt hat sich die Situation geändert, Russland

führt eine Spezialoperation durch. Deshalb sieht es äußerst seltsam aus,

wenn uns angeboten wird, den ukrainischen Politiker Wiktor Medwedtschuk

durch ukrainische Militärangehörige auszutauschen. Sie sollten uns

unsere Soldaten übergeben.


Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass sich im "Asowstal" eine große

Zahl ausländischer Söldner versteckt hält. Zwei Briten sind bereits

gefangen genommen, und sie seien bereit, gegen denselben Medwedtschuk

ausgetauscht zu werden. Es ist nur so, dass das "Bild" in diesem Fall

nicht tauglich wäre, sowohl aus der Sicht der Londoner als auch der

Kiewer Regisseure. Daher ignorierte der ukrainische Präsident Wladimir

Selenskij diesen Vorschlag völlig. Weshalb auch nicht? Die Söldner sind

keine Bürger der Ukraine, und warum sollte der ukrainische Präsident auf

ihre Worte achten?


Seinerseits hat der britische Premierminister Boris Johnson die

russischen Behörden dazu aufgerufen, den Gefangenen "Gnade zu erweisen".

Eine wichtige Bemerkung hier ist, dass unsererseits kein einziger Fall

von Verstößen gegen UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung der

Gefangenen festzuhalten ist. Was auf der anderen Seite passiert, das ist

bekannt – keine Gnade und nicht einmal die einfache Einhaltung

internationaler Vereinbarungen ist zu erwarten, die die Ukraine

unterzeichnet hat. Doch dies wird von Johnson und seinen Kollegen

ignoriert. Auch der zunehmende Einsatz Kiews von verbotenen Waffen und

die Geiselnahme eigener Bürger wird ignoriert.


In solch einer Situation befinden sich Medwedtschuk und die Bewohner der

noch nicht befreiten Städte des Donbass in der gleichen Lage als

Geiseln. Eine beliebige andere Regierung in irgendeinem anderen Land

wäre dafür längst als Terrorist eingestuft worden, aber hier sei es

"eine andere Sache, man muss es verstehen".


Der Befehl Putins, den Angriff durch Personaleinsatz auf "Asowstal"

abzubrechen, ist natürlich eine gnädige Entscheidung gegenüber allen,

die sich jetzt in [den sehr umfangreichen Bunkeranlagen] dieser Fabrik

verstecken. Und für Kiew wäre es natürlich von Vorteil, wenn alle

Geheimnisse der Söldner in den Kellern blieben. Ein weiteres "heiliges

Opfer", weitere "Helden" und "Cyborgs", denen man ein Denkmal setzen,

einen Film über sie drehen, ein Buch schreiben kann und so weiter – in

bester Hollywood-Tradition.


Eines kann ich einfach nicht verstehen: Haben die Menschen in der

Ukraine diese imaginäre Realität nicht satt, die weder mit einer Reihe

fiktiver "Siege" noch mit einem unerreichbaren europäischen

Lebensstandard endete, die sich ganz bestimmt aber in reale

Kampfhandlungen verwandelt hat?


Verstehen sie wirklich nicht, dass es nicht gut tut, jahrelang in der

virtuellen Welt zu leben? Sind sie blind für die enormen Verluste ihrer

Armee? Oder die einzige Möglichkeit zu sehen, die den Krieg stoppen

kann, also nicht weitere Lieferung veralteter Waffen aus Europa, sondern

ehrliche und verantwortungsbewusste Friedensverhandlungen, denen Kiew

seit fast zwei Monaten ausweicht? Verstehen sie wirklich nicht, dass sie

nicht die obszönen Propaganda-Gesänge ihrer Politikern nachsagen,

sondern stattdessen zum selben "Maidan" hinausgehen und von ihrer

eigenen Führung den sofortigen Beginn echter Friedensverhandlungen

fordern sollten?


Es sieht so aus, als würden sie es immer noch nicht verstehen. Hingegen

versteht Johnson alles perfekt. Einerseits ruft er zur Gnade auf, und

andererseits – sagt er, dass durch friedliche Verhandlungen nichts

gelöst werden kann und Kiew bis zum letzten Ukrainer kämpfen muss.


Was soll's! Mariupol ist eingenommen, "Asowstal" blockiert, die

Spezialoperation läuft nach Plan. Die britischen Gefangenen werden bei

uns barmherzig behandelt, und dasselbe können Hunderte und sogar

Tausende neuer Gefangener erwarten, die sich unweigerlich ergeben

werden. Wären die westlichen Politiker tatsächlich gnädig gewesen, so

hätten sie von Anfang an nicht damit begonnen, die Ukraine mit Waffen

vollzustopfen. Und ich hoffe wirklich sehr, dass die Menschen in der

Ukraine diese Tatsache früher oder später verstehen werden.



Einwohner von Mariupol an Selenskij: "Gib Mariupol endlich auf!"

<https://test.rtde.website/kurzclips/video/137007-einwohner-von-mariupol-an-selenskij/>


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.04.2022

Nur keine Angst vor dem Atomkrieg, oder: Ein Freund, ein guter Freund

aus e-mail von Doris Pumphrey, vom 27. April 2022, 22:43 Uhr

https://test.rtde.live/meinung/137107-nur-keine-angst-vor-atomkrieg-oder-ein-freund-ein-guter-freund/

27.4.2022


*Nur keine Angst vor dem Atomkrieg, oder: Ein Freund, ein guter Freund *


/von Dagmar Henn/


Panzerlieferungen? Abgehakt. Jetzt ist es angesagt, über Befürchtungen

zu spotten, es könnte zu einem Atomkrieg kommen. Wie hasenfüßig, wo es

doch darum geht, treu an der Seite unserer US-Freunde Solidarität mit

der Ukraine zu zeigen …


Es wird zunehmend schwerer, den galoppierenden Irrsinn in der deutschen

Politik zu kommentieren. Schließlich finden sich bei Politikern wie in

den Medien mittlerweile Aussagen, die vor 50 Jahren noch für einen

längeren Urlaub in der geschlossenen Psychiatrie gut gewesen wären. So,

wenn inzwischen auf Warnungen vor einem Atomkrieg mit Bemerkungen

reagiert wird, man dürfe sich von dieser "Angstmacherei" nicht

"abschrecken" lassen.


Besonders herzig wird das, weil das unter dem Etikett "Solidarität mit

der Ukraine" verkauft wird. Schließlich geht es momentan um

Panzerlieferungen. Nicht, dass diese Panzer irgendetwas am militärischen

Ergebnis ändern werden oder daran, dass man eine Einschätzung, die

Ukraine könne den Krieg gewinnen, allerhöchstens als Ergebnis einer

zerebralen Schädigung durch Long COVID verbuchen kann. Aber inzwischen

liegt es auf dem Tisch, dass der zynische Spruch, die USA kämpften gegen

Russland bis zum letzten Ukrainer, der Realität näher ist als alles, was

die deutschen Gazetten servieren, und seitens der wahren Betreiber

dieses Krieges, den USA und der NATO, ein Ende überhaupt nicht gewünscht

ist.


So geht es scheibchenweise dahin, und mit der heutigen deutschen

Realität können nur noch Karl Krauss' "Letzte Tage der Menschheit"

konkurrieren. Denn eines sollte klar sein – um eine vernünftige

Entscheidung zu treffen, muss man die Fakten betrachten. Fakten

allerdings sind nicht erwünscht; weder bei der Bewertung der

militärischen Lage, die zu einem anderen Schluss kommen müsste als der

ständig wiederholten Beschwörung eines möglichen ukrainischen Sieges,

noch bei der Betrachtung der Ereignisse im Detail, wie man an den

hysterischen Schlagzeilen zu vermeintlichen russischen Kriegsverbrechen

sehen kann, die sich über kurz oder lang in Luft auflösen, sei es

Butscha, sei es Kramatorsk.


Wird irgendwo noch erwähnt, dass das russische Kontingent in der Ukraine

relativ klein ist? Auch im Verhältnis zur ukrainischen Armee, die, wenn

man die zugegeben militärisch ziemlich wertlosen Territorialbataillone

mitzählt, immerhin etwa 600.000 Mann umfasst? Nein, das kann man nicht

erwähnen, denn täte man das, müsste jeder Meter Bodengewinn ein Beleg

für technische und strategische Überlegenheit der Russen sein. Wird

irgendwo erwähnt, dass das Vorgehen der russischen Armee tatsächlich

versucht, sogar die ukrainischen Truppen zu schonen? Ebenfalls nicht.

Und kann man in der hiesigen Presse lesen, dass schon mehrere Depots mit

westlichen Lieferungen kurz nach ihrem Eintreffen in Rauch aufgingen?

Mitnichten.


Aber ist es realistisch, zu glauben, der politischen Spitze läge kein

anderes, ehrlicheres Material vor als die wüsten Fantasien, die sich in

den Zeitungen lesen lassen? Kann man wirklich davon ausgehen, sie hätten

alle miteinander nichts von der Ermordung russischer Gefangener durch

georgische Söldner erfahren oder wüssten tatsächlich nicht, dass

ukrainische Truppen ihre eigenen Städte beschießen? Wenn sie es nicht

bereits aus den acht Jahren Krieg im Donbass gewusst hätten, Kramatorsk

zeigte deutlich genug, dass der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij

jeden und alles in der Ukraine für einen kleinen propagandistischen Sieg

zu opfern bereit ist. Kann man davon ausgehen, dass sie alle blind dafür

sind, wenn die Entscheidungen Selenskijs bezüglich der Truppen im

Asowstahlwerk an Hitlers Durchhaltebefehl an Offizier Friedrich Paulus

während der Schlacht um Stalingrad erinnern?


Zugegeben, das Personal dieser Bundesregierung ist begrenzt intelligent.

Aber es gibt darunter noch einen großen Apparat, und Teile dieses

Apparats müssen imstande sein, die Realität zu erkennen. Manchmal ploppt

ein Bröckchen davon nach oben, ins Sichtbare, wenn auch meist mit einer

ganz anderen Absicht. So hat die /Bild/ durchgerechnet

<https://www.bild.de/bild-plus/politik/ausland/politik-ausland/ukraine-krieg-munition-fuer-20-minuten-gepard-panzer-nicht-einsatzfaehig-79886808,view=conversionToLogin.bild.html>,

die Menge der Munition, die mit den Flugabwehrpanzern Gepard geliefert

werden solle, genüge gerade für 20 Minuten. Sie schreibt nicht dazu,

dass das Ding eine Reichweite von sechs Kilometern hat, aber moderne

Kampfflugzeuge gar nicht so nahe an das Ziel herankommen müssen, um

treffen zu können. Aber immerhin, ein Häppchen Wirklichkeit.


Nein, man muss davon ausgehen, dass sie wissen, dass sie am Verlauf

dieser militärischen Operation (die übrigens beide Beteiligte keinen

Krieg nennen, auch die Ukraine nicht, weil das Probleme mit den

IWF-Krediten gäbe) weder mit diesem Zeug noch mit den alten

Sowjetbeständen in Polen, Tschechien und sonst wo etwas ändern können.

Dass sie eigentlich, und zwar im Interesse der Ukraine, auf

Verhandlungen drängen müssten. Dass die Option, die Volksrepubliken

Donezk und die Lugansk zurück in die Ukraine zu zwingen, nicht existiert

und durch die Missachtung der Minsker Vereinbarungen durch den Westen

endgültig ausgelöscht wurde, von der Krim ganz zu schweigen.


Welchen Sinn hat dann das ganze Theater? Nun, für die USA ergibt es

Sinn, auf eine perverse Art und Weise. Indem sie ihre "Verbündeten" (die

ehrliche Bezeichnung für die USA aus deutscher Sicht wäre mittlerweile

"Feind") dazu bringen, immer mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, die

sie zur Geisel genommen haben, um den Anschein ihrer Macht

aufrechtzuerhalten, machen sie sie zu Komplizen bei ihrem Verbrechen.

Das ist eine Taktik, die man in Deutschland ebenfalls kennen sollte.

Einer der Gründe, warum die Wehrmacht tief in die Verbrechen der Nazis

verstrickt wurde, war schlicht, dass die Soldaten, die an ihnen

teilgenommen oder sie auch nur gesehen hatten, durch die Angst vor

Vergeltung unter Kontrolle gehalten wurden. Eine Angst, die mit dazu

beitrug, dass sie nicht an dem Punkt aufgaben, an dem es militärisch

vernünftig gewesen wäre. Ein bösartiger Trick, der im Zusammenhang mit

der Ukraine gleich auf zwei Ebenen angewandt wird. In den ukrainischen

Truppen, nach dem Muster der Naziwehrmacht, und im Binnenverhältnis des

NATO-"Bündnisses".


Und natürlich lenken diese Waffenlieferungen auch das geblendete

westliche Publikum davon ab, dass eigentlich längst ernsthafte

Verhandlungen durch Kiew angesagt wären, folgte dieser Konflikt den

Regeln normalen militärischen Handelns. Die ukrainischen Truppen, die im

Donbass stehen, sind die kampfkräftigsten, die die Ukraine noch hat. Es

wäre also vernünftig von einer ukrainischen Regierung, diese Truppen

über Verhandlungen zu retten, weil dann zumindest das, was als Ukraine

noch übrig bleibt, noch verteidigt werden kann. Selenskij tut auch das

nicht, und er tut es im Auftrag der US-Amerikaner. Er wirft gerade

einige Zehntausende seiner eigenen Bürger in den Fleischwolf. Und vor

den Augen des westlichen Publikums werden Panzer hin- und hergeschoben,

um davon abzulenken, dass dieses Handeln für die Menschen des Landes,

deren Präsident Selenskij zu sein vorgibt, absolut schädlich ist und nur

dem NATO-Interesse an einem möglichst langen Krieg folgt.


Tatsächlich sind es Selenskij und seine US-amerikanischen

Marionettenspieler, die gerade ein ungeheures Verbrechen am Volk der

Ukraine begehen. Die Deutschen lassen sich, wie alle übrigen

NATO-Kumpane, brav in dieses Verbrechen verstricken. "Die Ukraine darf

nicht verlieren"? Die Ukraine verliert auf jeden Fall. Sie hätte selbst

dann verloren, nein, vielleicht sogar am schlimmsten verloren, wenn

Selenskij und die Macht hinter ihm ihre Pläne erfolgreich verwirklichen

könnten, die Ukraine zu nutzen, um Russland auszubluten; denn sie würde

dieses Schicksal teilen. Und gleichzeitig der finstersten,

menschenverachtendsten Herrschaft ausgeliefert bleiben, die Europa zu

bieten hat.


Aber in Deutschland führt es mittlerweile bereits zur öffentlichen

Aburteilung, wenn man leise Kritik an dem größenwahnsinnigen,

nazistischen Tertiär-Ami (wenn man Selenskij als Sekundär-Ami zählt)

Andrei Melnyk übt, wie der Düsseldorfer Ex-OB Thomas Geisel, der seine

Aussagen

<https://web.archive.org/web/20220423155014/https:/www.thomasgeisel-wasmichumtreibt.de/post/es-reicht-herr-melnyk

inzwischen wieder gelöscht hat.


Übrigens, der US-Kriegsminister Lloyd Austin gab in seiner Aussage zum

seiner Meinung nach beeindruckenden Widerstand der Ukrainer ganz

nebenbei zu erkennen, wo er sie einsortiert: "Die Schlacht um Iwo Jima

im Pazifik habe 36 Tage gedauert, die Ardennenoffensive an der Westfront

in Europa 40 Tage. Die Ukrainer indessen kämpften nun schon 62 Tage." So

zitiert

<https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ukraine-treffen-in-ramstein-kann-russlands-offensive-gestoppt-werden-17984082.html

ihn die /FAZ/. Jenseits der Tatsache, dass die wirklich großen

Schlachten des Zweiten Weltkriegs andernorts stattfanden – die

US-Amerikaner waren in diesen Gefechten die Angreifer (wie meist;

selbst, wenn damals ausnahmsweise auf der richtigen Seite). Die

Verteidiger waren in beiden Fällen Faschisten; Japan und

Nazideutschland. Und in beiden Fällen war es eine verlustreiche

Verteidigung jenseits militärischer Vernunft. Er hätte die US-Geschichte

bemühen können, den Bürgerkrieg beispielsweise, aber eingefallen sind

ihm diese beiden Ereignisse.


Es gibt nur einen Grund, warum die Ukraine nicht verlieren darf. Weil

die Welt außerhalb jener schrumpfenden "Weltgemeinschaft" weiß, dass das

ein Krieg der USA ist, den sie sich ausgedacht und angezettelt haben. Es

sind die USA, die nicht verlieren dürfen, weil sie sich einbilden,

dadurch ihre Macht noch ein wenig zu retten. Für diese USA lässt sich

auch die Bundesregierung instrumentalisieren, zumindest jene Teile,

deren Verstand den eines Hamsters übersteigt. Aber wie weit wollen sie

noch gehen, nachdem sie schon den wirtschaftlichen Ruin Deutschlands

abgenickt haben? Glauben sie wirklich, der Krieg in der Ukraine könne

Russland brechen und den kostenfreien Zugriff auf russische Ressourcen

ermöglichen? Das hatte sich ein Herr Hitler auch einmal eingebildet,

aber auch der schaffte es nur bis Stalingrad und nicht bis Baku. Oder

glauben sie, wenn der Krieg in der Ukraine bis zum Weltkrieg aufgeblasen

würde, wäre die westliche Vorherrschaft zu retten?


Sie ist es nicht. Nicht nur die Ukraine wird sinnlos für Uncle Sam

geopfert. Eigentlich hätte allein die Forderung aus den USA, Nord Stream

2 nicht zu nutzen, genügen müssen, um zu zeigen, dass da kein Freund

etwas fordert, sondern ein Feind. Diese USA, das muss man aus den Folgen

der Sanktionen folgern, die verheerend genug sind, sind bereit, Europa

zu opfern. Nicht nur ökonomisch. Aber es gibt niemanden, der diese

Bundesregierung noch zu warnen vermöchte. Wenn der russische

Außenminister Sergei Lawrow das tut, wird das unter "Angstmachen"

verbucht

<https://www.focus.de/politik/deutschland/ein-kommentar-von-ulrich-reitz-lieferung-von-gepard-panzern-entlarvt-die-angstpolitik-von-kanzler-scholz_id_89855545.html>.

Als gäbe es irgendwo ein Fleißbildchen für besonderen Mut, wenn man so

tut, als wäre ein Atomkrieg

<https://www.welt.de/politik/deutschland/article238383059/Lawrow-Keine-Verhandlungsloesung-fuer-Ukraine-bei-Waffenlieferungen.html

kein Anlass zur Sorge.


Es wird keine Fleißbildchen geben. Auch keine Tapferkeitsmedaillen.

Leider auch keine Denkmäler für besonders ausgeprägte Idiotie, für

Lakaientum und Unterwürfigkeit. Die USA wollen, das zeigen sie deutlich

genug, ihren Abstieg auf keinen Fall hinnehmen. Sie können ihn aber

nicht verhindern. Also signalisieren sie ihre Bereitschaft, große Teile

der Menschheit bei ihrem Untergang mitzunehmen.


Wenn die Vernunft etwas gebieten würde, dann wäre es maximaler Abstand

von diesen USA. Im direkten deutschen Interesse. Nicht nur im Interesse

eines ökonomischen, nein, inzwischen gar im Interesse eines physischen

Überlebens. Jedes Kleinkind kann vorrechnen, dass diese

Waffenlieferungen Show sind und die Ukraine nur auf eine Art gewinnen

kann – indem sie von der Herrschaft der US-Kriegstreiber und ihrer

heimischen Fußtruppen befreit wird. Was, dank der europäischen

Liebedienerei den USA gegenüber, die Aufgabe der russischen Armee zu

sein scheint.


In Deutschland wird jedenfalls die Beschwörung, es sei doch kein

Problem, auf Nord Stream 2 zu verzichten, inzwischen durch die

Beschwörung ersetzt, vor Atomkriegen müsse man keine Angst haben. Wenn

man sieht, dass der erste Fall in der völligen Preisgabe eigener

Interessen endete, kann man sich schon ausmalen, wo der zweite endet.

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.


Obduktionen zu Butscha: Kein Massaker, keine Russen ...

<https://test.rtde.live/meinung/136994-obduktionen-zu-butscha-kein-massaker/>


Millionenvermögen von Wladimir Selenskij – "Woher kommt das Geld?"

<https://test.rtde.live/europa/137040-niederlaendische-partei-hinterfragt-millionenvermoegen-von-selenskij/>


Ukrainischer Gouverneur ruft zu Hinrichtung politisch Andersdenkender

auf

<https://test.rtde.live/international/136981-ukrainischer-gouverneur-ruft-zu-hinrichtung/>


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.04.2022

Treffen Putin und UN-Chef

aus e-mail von Doris Pumphrey, vom 27. April 2022, 22:37 Uhr


*Das Treffen von Präsident Putin und UN-Generalsekretär Guterres im Wortlaut

*/Hier:

/https://www.anti-spiegel.ru/2022/das-treffen-von-praesident-putin-und-un-generalsekretaer-guterres-im-wortlaut/


https://test.rtde.live/international/137136-putin-an-un-chef-kosovo/

27.4.2022

*Putin an UN-Chef: Kosovo war der Präzedenzfall für Donbass *


Russlands Präsident Wladimir Putin traf sich in Moskau mit

UN-Generalsekretär António Guterres, um über die Ukraine-Krise zu

sprechen. Beim Treffen kam auch der Kosovo-Fall zur Sprache. Die

abtrünnige Provinz Serbiens wird von zahlreichen westlichen Ländern als

unabhängig anerkannt.


Der russische Präsident Wladimir Putin empfing am Dienstag

UN-Generalsekretär António Guterres im Kreml zu Gesprächen über die

Ukraine-Krise. Die beiden erörterten die Lage vor Ort. Putin erläuterte

dem UN-Chef die Gründe Russlands für den Beginn seiner Militäroperation

gegen das Nachbarland Ende Februar.


Der Schritt Moskaus, die beiden abtrünnigen Republiken Donezk und

Lugansk anzuerkennen, basiere auf dem Präzedenzfall Kosovo, der von

einem von den Vereinten Nationen unterstützten Gericht geschaffen worden

sei, erklärte Putin gegenüber Guterres. Die zwei Republiken seien

entstanden, nachdem die Menschen im Osten der Ukraine den vom Westen

unterstützten Maidan im Jahr 2014 abgelehnt hätten, erklärte er.


Putin fügte hinzu, dass sich die Regierung in Kiew nach dem Putsch für

eine militärische Lösung entschieden habe, die zu der achtjährigen

Pattsituation im Donbass geführt habe. Der russische Präsident erklärte:

/"Ich erinnere mich sehr gut an die Entscheidung des Internationalen

Gerichtshofs, die besagt, dass ein Gebiet eines Staates bei der Ausübung

seines Selbstbestimmungsrechts nicht verpflichtet ist, bei den zentralen

Behörden des Landes die Erlaubnis zu beantragen, um seine Souveränität

zu erklären."/


Guterres wies sofort darauf hin, dass die UNO selbst das Kosovo noch

immer nicht als unabhängig anerkennt, sondern als Teil Serbiens

betrachte. Doch Putin erwiderte darauf mit dem Verweis, dass das Gericht

dies anerkannt habe. Der rechtliche Präzedenzfall bestehe laut Putin

nach wie vor, und das Kosovo sei im Westen weitgehend anerkannt. Der

russische Präsident sagte:

/"So viele Staaten in der Welt, einschließlich unserer Gegner im Westen,

haben dies in Bezug auf das Kosovo getan. Das Kosovo wird von vielen

Staaten anerkannt, das ist eine Tatsache. Von vielen westlichen Staaten

wird es als unabhängiger Staat anerkannt. Dasselbe haben wir in Bezug

auf die Donbass-Republiken getan."/


Putin fügte hinzu, dass die Republiken anschließend Moskau um

militärische Unterstützung baten, die Russland in voller Übereinstimmung

mit der UN-Charta gewährte.


Neben der Diskussion über das Völkerrecht und die Rechtsgrundlage für

die russische Militäroperation sprachen Putin und Guterres auch über die

humanitäre Lage vor Ort in der Ukraine. Der UN-Chef erklärte, seine

Organisation und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) seien

bereit, Hilfe bei der Evakuierung von Zivilisten zu leisten, die

zusammen mit den ukrainischen Kämpfern im belagerten Stahlwerk Asowstal

in der Stadt Mariupol eingeschlossen sein sollen. Guterres sagte:


/"Dies wird eine Operation zur Evakuierung von Zivilisten aus dem Werk

sein. Russland ist wiederholt dafür verantwortlich gemacht worden, dass

diese Evakuierung nicht durchgeführt wurde. Andererseits hat Russland

die Schaffung von [humanitären] Korridoren angekündigt, die jedoch nicht

genutzt werden."/


Der russische Präsident betonte, dass die Zivilisten, die angeblich in

der Asowstal-Anlage eingeschlossen sind, nur deshalb dort blieben, weil

die ukrainischen Kämpfer, einschließlich der Neonazi-Gruppen, die sich

in der Anlage verschanzt haben, sie nicht gehen ließen. Putin sagte:

/"Wir hören immer wieder von den ukrainischen Behörden, dass sich dort

Zivilisten befinden. Aber dann sind die Soldaten der ukrainischen Armee

verpflichtet, sie freizulassen, sonst agieren sie wie Terroristen in

vielen Ländern der Welt, wie ISIS in Syrien, und verstecken sich hinter

der Zivilbevölkerung. Am einfachsten ist es, diese Menschen freizulassen."/


Putin wies auch darauf hin, dass der UN-Chef offenbar "falsch

informiert" worden wäre, was die von Russland eingerichteten humanitären

Korridore beträfe, und wies darauf hin, dass mehr als 100.000 Zivilisten

Mariupol über diese Korridore verlassen hätten. Putin fügte hinzu:

/"Und sie können überall hingehen: einige wollen nach Russland, andere

in die Ukraine. Egal wohin, wir halten sie nicht auf, wir bieten jede

Art von Hilfe und Unterstützung." /


Russland hatte den Nachbarstaat Ende Februar angegriffen, nachdem die

Ukraine die im Jahr 2014 unterzeichneten Minsker Vereinbarungen nicht

umgesetzt und Moskau die Donbass-Republiken Donezk und Lugansk

schließlich anerkannt hatte. Das von Deutschland und Frankreich

vermittelte Minsker Abkommen sollte den abtrünnigen Regionen einen

Sonderstatus innerhalb des ukrainischen Staates gewährleisten.


Der Kreml fordert seitdem, dass die Ukraine sich offiziell als neutrales

Land deklariert, das niemals der von den USA angeführten

NATO-Militärallianz beitreten wird. Kiew jedoch beharrt darauf, dass die

russische Aggression völlig unprovoziert gewesen sei und hat

Behauptungen zurückgewiesen, es habe geplant, die beiden Republiken mit

Gewalt zurückzuerobern.


UN-Generalsekretär António Guterres war vor dem Treffen mit dem

russischen Präsidenten noch mit dem Außenminister Sergei Lawrow in

Moskau zusammengekommen.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.04.2022

Töne aus Washington...

aus e-mail von Doris Pumphrey, vom 27. April 2022, 22:27 Uhr


/Siehe auch: /"NATO ist mit einem Stellvertreter in den Krieg gegen

Russland gezogen" – Sergei Lawrow

<https://test.rtde.live/kurzclips/video/137114-nato-stellvertreterkrieg-lawrow/



https://test.rtde.live/international/137184-ranghoechster-us-general-russland-muss-bezahlen/

27.4.22

*Ranghöchster US-General: Russland muss für die "Aggression" in der

Ukraine bezahlen *


Wegen des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine steht laut dem

ranghöchsten US-General die "globale internationale Sicherheitsordnung"

auf dem Spiel. In einem Interview mit "CNN" erklärte Mark Milley, dass

Russland nicht ohne Folgen mit seiner Offensive davonkommen dürfe.


Amerikas ranghöchster General hat erklärt, dass Russland mit seiner

Offensive in der Ukraine nicht "zum Nulltarif" davonkommen dürfe. Denn

das Zulassen einer solchen "Aggression" würde das Ende der "globalen

internationalen Sicherheitsordnung" bedeuten, die nach dem Zweiten

Weltkrieg geschaffen wurde.


Mark Milley, der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs der

US-Streitkräfte, sagte

<https://edition.cnn.com/2022/04/26/politics/mark-milley-interview-cnntv/index.html?utm_content=2022-04-26T15%3A29%3A30&utm_source=twcnnbrk&utm_term=link&utm_medium=social

am Dienstag in einem Interview mit dem US-amerikanischen Sender /CNN:

"Wenn man das so durchgehen lässt, wenn es keine Antwort auf diese

Aggression gibt, wenn Russland zum Nulltarif davonkommt, dann ist es aus

mit der so genannten internationalen Ordnung. Und wenn das passiert,

dann treten wir in eine Ära stark erhöhter Instabilität ein."/


Milley tätigte diese Äußerungen nach einem Treffen führender westlicher

Militärs auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein. Bei diesem Treffen

ging es um die Erörterung der Hilfe für die Ukraine zur Abwehr der

russischen Offensive. Anfang dieses Monats bezeichnete der US-General

den Konflikt als "die größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit" in

seiner 42-jährigen Laufbahn. Er sagte, dass China und Russland

versuchten, "die derzeitige regelbasierte Weltordnung grundlegend zu

verändern."


Milley erklärte in diesem Zusammenhang aber nicht, ob in dieser

"regelbasierten internationalen Ordnung" die gleichen Regeln für alle

gleichermaßen gelten – ob sie also "symmetrisch" oder "asymmetrisch"

ist. Wenn nun beispielsweise Russland auf Ersuchen von Damaskus in

Syrien interveniert und die USA und Großbritannien ohne syrische oder

UN-Erlaubnis in Syrien einmarschiert sind, könnte er dennoch der

Auffassung sein, dass Moskau – und nicht Washington – die Regeln

missachtet hat. Eine solche Auslegung würde indes dem Völkerrecht

zuwiderlaufen.


Am Dienstag forderte der US-General, dass Russland für den Angriff auf

die Ukraine einen Preis zahlen müsse. "Was auf dem Spiel steht, ist die

globale internationale Sicherheitsordnung, die 1945 eingeführt wurde",

sagte Milley. Er ergänzte: /"Diese internationale Ordnung hat 78 Jahre

überdauert. Sie hat Kriege zwischen Großmächten verhindert, und das

gesamte Konzept beruht auf der Idee, dass große Nationen keine

militärische Aggression gegen kleinere Nationen durchführen, und genau

das ist hier geschehen – eine unprovozierte militärische Aggression

Russlands gegen eine kleinere Nation."/


Milley erwähnte in diesem Zusammenhang jedoch keinerlei Fälle, in denen

die USA entgegen dem von ihm vertretenen Standpunkt gehandelt haben, wie

etwa bei der illegalen Irak-Invasion 2003.


US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und Außenminister Antony Blinken

waren am Montag nach Kiew gereist, um sich mit dem ukrainischen

Präsidenten Wladimir Selenskij zu treffen. Anschließend hatte Austin vor

Reporten erklärt, dass die USA Russland durch den anhaltenden Konflikt

mit der Ukraine unbedingt "geschwächt" sehen wollen. Laut dem

US-Verteidigungsminister habe Russland "bereits viele militärische

Fähigkeiten und Truppen verloren." Washington wolle, "dass es nicht die

Möglichkeit hat, diese Fähigkeiten sehr schnell wieder aufzubauen."


Am Dienstag fand dann ein Zusammentreffen mit Bündnispartnern in

Deutschland statt. Im Anschluss hatte Austin erklärt

<https://www.defense.gov/News/Speeches/Speech/Article/3010300/secretary-austins-opening-remarks-at-the-ukraine-defense-consultative-group-ram/>,

die westlichen Staaten würden "weiterhin Himmel und Erde in Bewegung

setzen", um die Sicherheitsanforderungen der Ukraine zu gewährleisten,

und würden "mit der Geschwindigkeit des Krieges" handeln, um Kiew zu

unterstützen.


An die ukrainischen Streitkräfte gerichtet, sagte Austin: /"Euer

Widerstand hat die freie Welt inspiriert und die Entschlossenheit der

NATO noch verstärkt." /Er fügte hinzu: "Ruhm der Ukraine" – und

wiederholte damit einen Teil des offiziellen Slogans der ukrainischen

Nazi-Kollaborateure, die sich im Zweiten Weltkrieg mit Hitlerdeutschland

gegen die Sowjetunion verbündet hatten.


Ironischerweise könnte die russische Staatsführung einem Teil von

Milleys Einschätzung sogar zustimmen – nämlich dass die globale Ordnung

sich verändern könnte. Der russische Außenminister Sergei Lawrow hatte

selbst Anfang des Monats gesagt, dass Moskaus Militäroffensive in der

Ukraine darauf abziele, die von den USA dominierte Weltordnung zu

beenden. Lawrow sagte: /"Unsere militärische Spezialoperation soll der

unverfrorenen Expansion [der NATO] und dem unverfrorenen Streben nach

vollständiger Vorherrschaft der USA und ihrer westlichen Untertanen auf

der Weltbühne ein Ende setzen."/


Russland hatte seinen Nachbarstaat Ende Februar angegriffen, nachdem die

Ukraine die Bedingungen der 2014 unterzeichneten Minsker Vereinbarungen

nicht umgesetzt und Moskau im Gegenzug die Donbass-Republiken Donezk und

Lugansk anerkannt hatte. Das von Deutschland und Frankreich vermittelte

Minsker Abkommen sollte den abtrünnigen Regionen ursprünglich einen

Sonderstatus innerhalb des ukrainischen Staates garantieren.


https://test.rtde.live/international/137164-washington-usa-wuerden-neutrale-ukraine-akzeptieren/

27.4.2022

*Washington: USA würden eine neutrale Ukraine akzeptieren *


Die USA würden es akzeptieren, falls sich die Ukraine für blockfrei und

neutral erklärt. Das erklärte Außenminister Blinken am Dienstag. Die USA

würden die Ukraine nur aufrüsten, um ihre Position am Verhandlungstisch

zu stärken. Die endgültige Entscheidung liege bei Kiew.


Die Krise in der Ukraine, die der US-Außenminister Antony Blinken am

Wochenende zusammen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin besuchte,

dominierte am Dienstag die Anhörung vor dem Ausschuss für auswärtige

Beziehungen des US-Senats zum Haushalt des Außenministeriums für 2023.


An einer Stelle äußerte Senator Rand Paul seine Besorgnis darüber, dass

die Ukraine "von der Hälfte der Mitglieder des US-Senats, die sie in der

NATO haben wollen, gedrängt und getrieben" werde. Andernfalls hätte sie

vielleicht einer Neutralität zugestimmt, wie Moskau es verlangt, so Paul.


Auf die Frage von Paul, ob die USA akzeptieren würden, dass die Ukraine

ein neutraler Staat und nicht Mitglied der NATO werde, deutete Blinken

an, dass dies durchaus möglich sei. Er fügte hinzu: /"Wir werden nicht

ukrainischer sein als die Ukrainer. Diese Entscheidungen müssen sie

selbst treffen."/


Der Zweck der derzeitigen US-Militärhilfe für die Ukraine bestehe darin,

Kiew in die Lage zu versetzen, "die russische Aggression abzuwehren und

seine Position am Verhandlungstisch zu stärken", fügte Blinken hinzu.


Die USA hätten "bisher keine Anzeichen" dafür gesehen, dass der

russische Präsident Wladimir Putin "ernsthaft verhandeln" wolle,

behauptete Blinken und hob hervor: /"Wenn er es tut und wenn die

Ukrainer sich darauf einlassen, werden wir sie unterstützen."/


Moskau ist der Überzeugung, dass die USA und Großbritannien Kiew mit

Unterstützungsversprechen dazu gedrängt haben, die Verhandlungen mit

Russland abzubrechen. Das teilte der russische Außenminister Sergei

Lawrow am Montag in einem Fernsehinterview mit. Er sagte auch, dass der

Versuch, direkt mit den USA und der NATO zu verhandeln, zu keinem

Ergebnis geführt habe, da sie sich die russischen Bedenken anhörten und

gleich ignorierten und "ziemlich unhöflich" deutlich machten, dass

Moskau nicht über seine eigene Sicherheit zu entscheiden habe.


Falls der Westen die Ukraine weiterhin "mit Waffen vollpumpt", seien die

Chancen für einen Erfolg der Friedensgespräche gering, erklärte Lawrow.


Am Dienstag behauptete Blinken, die USA hätten die Sicherheitsbedenken

Russlands "sehr ernst genommen und versucht, mit Moskau ins Gespräch zu

kommen". Der US-Außenminister bestritt, dass Gespräche über einen

NATO-Beitritt Kiews irgendeine Rolle bei der Eskalation der

Feindseligkeiten in der Ukraine gespielt haben könnten.


Während Blinken mit dem Senat sprach, hielt sich

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Deutschland auf, um die

US-Verbündeten dazu zu bewegen, mehr Waffen an die Ukraine zu liefern.

In einem Gespräch mit Reportern sagte Austin, er könne sich einen

NATO-Beitritt des Landes vorstellen: /"Ich glaube, dass die Ukraine in

der Zukunft, wenn die Möglichkeit besteht, erneut einen Antrag auf

Mitgliedschaft in der NATO stellen wird, aber das ist im Moment

wahrscheinlich nur Spekulation."/


Außerdem erklärte der Pentagon-Chef, die USA wollten, dass der

Ukraine-Konflikt Russland derart schwäche, dass es nicht in einen

Nachbarstaat einmarschieren könne. Seiner Einschätzung zufolge habe

Russland "bereits viele militärische Fähigkeiten und Truppen verloren"

und die USA wollen, "dass es nicht die Möglichkeit hat, diese

Fähigkeiten sehr schnell wieder aufzubauen".


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.04.2022

Linkspartei/Fraktion zum Umgang mit Tag der Befreiung


/Diese Hinweise wurden per E-Mail verteilt von/*:

*


*DIE LINKE. Berlin, Sebastian Koch (Landesgeschäftsführer) DIE LINKE.,

Jörg Schindler (Bundesgeschäftsführer) Linksfraktion im Bundestag, Jan

Korte (Parlamentarischer Geschäftsführer)


*Berlin, 21. April 2022

*

**Hinweise zum Umgang mit dem Tag der Befreiung am 8./9. Mai 2022 *


Die Presse aber auch Genoss*innen und Partner*innen im Ausland werden

vermehrt hinschauen, welche Personen und Organisationen in diesem Jahr

zum Tag der Befreiung gedenken werden, wie das Gedenken gestaltet wird

und mit wem sie das gemeinsam tun.


Klar ist: Ohne den Einsatz der Roten Armee wäre die Befreiung vom

Faschismus nicht möglich gewesen. Die Völker der Sowjetunion haben mit

über 27 Mio. Toten besonders unter dem von Deutschland ausgegangen

Vernichtungskrieg gelitten. Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung und

unsere Losung bleibt: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!


Der Krieg Russlands gegen die Ukraine überschattet selbstverständlich

das diesjährige Gedenken. Es ist außerdem zu erwarten, dass die

russische Föderation und ihre offiziellen Stellen das Gedenken dabei für

ihre Propaganda im Rahmen des Krieges nutzen werden. Russland wird die

Erzählung, dass es sich in der Ukraine um eine Operation gegen den

Faschismus bzw. ein faschistisches Regime handelt, in die Gedenkfeiern

einbetten. Mit dieser Art der Propaganda wollen wir uns allerdings

keinesfalls gemein machen. Gleichzeitig darf der Krieg Russlands gegen

die Ukraine aber auch nicht dazu führen, die Opfer aller Völker der

Sowjetunion für die Befreiung vom Faschismus zu relativieren oder eine

Gleichsetzung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges mit

dem NS-Vernichtungskrieg zu betreiben.


Auch wollen wir nicht als Kulisse für derartiges instrumentalisiert

werden. Um dennoch ein würdiges Gedenken der Opfer des Hitler-Faschismus

aus linker Sicht in diesem Jahr zu gewährleisten, empfehlen wir als

Landesverband in Abstimmung mit Bundestagsfraktion und Parteispitze,

folgende Punkte für das Gedenken am 8. Mai 2022 zu beachten:


*Gedenken der LINKEN-Spitze *


Wir orientieren darauf, dass in Berlin eine Delegation der Spitzen von

Landesverband, Bundespartei und Bundestagsfraktion an einer oder

mehreren Gedenken zum Tag der Befreiung teilnehmen werden. Damit wollen

wir die gemeinsame Haltung der LINKEN an diesem Tag unmissverständlich

zum Ausdruck bringen.


Zudem wird es eine gemeinsame politische Erklärung der Spitzen von

Landesverband, Bundespartei und Bundestagsfraktion zum Tag der Befreiung

geben, die unsere politische Haltung zum Gedenken an die Opfer des

Hitler-Faschismus, zum Dank an die Befreier sowie zum aktuellen

Angriffskriegs Russland ausdrücken wird.


*Von Einladungen offizieller Vertretungen absehen *


Da das würdige und angemessene Gedenken im Vordergrund steht, empfehlen

wir euch, offizielle Botschaftsvertretungen o.ä. nicht einzuladen,

sondern besser kleinere, stille Gedenken zu organisieren. In den letzten

Jahren konnten Botschaften (z.B. die ukrainische oder russische) z.T.

noch gemeinsam gedenken, feiern und für eine friedliche Zukunft mahnen.

In diesem Jahr wird das anders werden. Um die Aufmerksamkeit nicht vom

8. Mai wegzunehmen, raten wir deshalb zu kleineren Veranstaltungen ohne

hochrangige Diplomat*innen.


Wenn Amt- und Mandatsträger*innen offiziell zu Veranstaltungen

eingeladen sind, können sie selbstverständlich selbst entscheiden zu

welcher sie gehen. Wir empfehlen allerdings eindringlich, nicht an den

offiziellen Gedenkveranstaltungen der russischen Föderation

teilzunehmen, da dort alle Teilnehmer*innen potenziell für die aktuelle

Propaganda vereinnahmt werden. Kränze können dennoch an den Denkmälern

abgelegt werden. Dies kann und sollte dann zeitlich vor oder nach den

offiziellen Terminen der diplomatischen Vertretungen geschehen, um nicht

gemeinsam aufzutreten.


Sollte es offizielle Einladungen von ukrainischer Seite geben, spricht

nichts gegen eine Teilnahme. Hier ist aber vor Ort darauf zu achten, ob

nationalistische oder rechte Gruppierungen und Symbole auftauchen.

Sollte dies erkennbar so ein, sollten sich linke Teilnehmer*innen von

der Veranstaltung wieder entfernen. In jedem Fall sind Angehörige,

Überlebendenverbände und Initiativen herzlich willkommen an unseren

Gedenkveranstaltungen teilzunehmen. Die sollte auch so kommuniziert werden.


*Stilles Gedenken (ohne viele Redebeiträge) *


Den Opfern würdig zu gedenken, Friedensbotschaften senden und den

Befreier*innen der Alliierten und der Roten Armee zu danken, sollte am

8. Mai im Vordergrund stehen. Redebeiträge die den aktuellen Krieg gegen

die Ukraine klein reden und relativieren oder erwartbar

nationalistische, unsolidarische Beiträge enthalten, sollten vermieden

werden. Dazu gehört auch, die Opfer nicht nachträglich zu

nationalisieren. Die Sowjetunion zahlte im Krieg gegen den

Hitler-Faschismus mit 27 Mio. Toten den höchsten Blutzoll. All diesen

Menschen und allen anderen Opfern des NS-Terrors zu gedenken ist unser

Anliegen. Das schließt heute selbstverständlich alle Nachfolgestaaten

der Sowjetunion ein und darf nicht auf die russische Föderation

eingegrenzt werden.


*Rechte Gruppen, Querdenker, Nationalist*innen *


Dass das Gedenken am 8. Mai von rechten Gruppen, russischen

Nationalist*innen und Querdenke*innen instrumentalisiert wird, haben wir

bereits in den letzten Jahren erlebt. Aus diesem Grund ist es wichtig

vor Ort zu sein, ein eigenes Gedenken selbst anzumelden und

durchzuführen, bevor es andere tun.


Gebt acht auf euch, dokumentiert und meldet verfassungsfeindliche

Symbole, rechte Übergriffe (auch „Schmierereien“) und rassistische

Hetze. Sollten sich auf euren Veranstaltungen nationalistische oder

ähnliche Gruppen sammeln, könnt ihr in Redebeiträgen darauf verweisen,

dass solche Teilnehmer*innen selbstverständlich nicht erwünscht sind.


*Veranstaltungen neugestalten und ankündigen *


In diesem Jahr ist es auch angebracht anders zu Gedenkveranstaltungen

aufzurufen. Die VVN wird in diesem Jahr auf Kriegsbilder beispielsweise

verzichten – weniger schwarz/weiß arbeiten, keine Soldat*innen und

Panzer abbilden. Diesem Vorschlag möchten wir uns anschließen. Auch ist

„Feiern“ in Zeiten eines Krieges und angesichts Millionen geflüchteter

nicht das richtige Wort. Da die russische Propaganda im Zusammenhang mit

dem Kriege gegen die Ukraine das Wort „Faschismus“ nutzt, sollten wir

diese Erzählung nicht bedienen. Im Zusammenhang mit der Befreiung

Europas sollte daher in diesem Jahr besser auch vom „Hitler-Faschismus“

gesprochen werden.


Zudem bietet es sich an, mit unseren eigenen Gedenkveranstaltungen oder

Anzeigen, Flugblättern und ähnlichen Veröffentlichungen den Fokus auf

unsere eigene Geschichte zu lenken. So kann über das Leid, welches von

Deutschland über Europa gebracht wurde, gesprochen werden und die

Forderung nach Frieden auch als Lehre aus der deutschen Geschichte

formuliert werden. So bleibt als Bezugspunkt für das Gedenken zum Tag

der Befreiung mehr als nur der Dank an die Alliierten und die Rote

Armee. Die Losung „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ gehört für

uns untrennbar zusammen und ist heute aktueller denn je.


Bei mehrsprachigen „Danke“-Formulierungen (bspw. auf Plakaten oder

Flugblättern) sollte in diesem Jahr nicht nur auf russisch, französisch

und englisch gedankt werden, sondern auch auf ukrainisch. Damit zeigen

wir Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung, die unter dem

aktuellen Krieg leidet, und erkennen an, dass es auch ukrainische

Soldaten der Roten Armee waren, die Europa befreit haben.


Дякую= Danke auf ukrainisch Спасибо= Danke auf russisch Thank you =

Danke auf englisch Merci = Danke auf französisch


/DIE LINKE. Berlin, Sebastian Koch (Landesgeschäftsführer) DIE LINKE.,

Jörg Schindler (Bundesgeschäftsführer) Linksfraktion im Bundestag, Jan

Korte (Parlamentarischer Geschäftsführer)/


Info: aus e-mail von Doris Pumphrey, 28. 04. 2022, 22:06 Uhr

27.04.2022

Umstrittener ukrainischer Nationalist Bandera   Als Volksheld verehrt, als Schurke geschmäht

spiegel.de, vom 26.04.2022, 20:35 Uhr, Ein Gastbeitrag von (Historiker) Grzegorz Rossoliński-Liebe

Botschafter Melnyk bezeichnete ihn als »Helden«, Kremlchef Putin als »Nazi«: Um Stepan Bandera tobt ein heftiger Streit. Warum manche Ukrainer bis heute einem radikalen Nationalisten und Faschisten huldigen.


Der Mann ist heute in Deutschland kaum bekannt. Dabei verbrachte er ein Drittel seines Lebens in Berlin und München und prägte die deutsche Politik im und nach dem Zweiten Weltkrieg mit: Stepan Bandera (1909-1959) gehört zu den umstrittensten ukrainischen Figuren und steht wie kaum ein Zweiter für die Zerrissenheit des Landes. Die unzureichende Beschäftigung mit seiner Vita zeigt, dass es Verehrern wie Gegnern nicht um die Person und Geschichte Banderas, sondern um politische Instrumentalisierung geht.


Zum Autor

Grzegorz Rossoliński-Liebe, geboren 1979 in Zabrze (Polen), ist Historiker an der Freien Universität Berlin. Er forscht zur jüdischen, ukrainischen, polnischen und russischen Geschichte sowie zum Holocaust, Faschismus, Antisemitismus und Nationalismus. Seine 2014 erschienene Biografie »Stepan Bandera: The Life and Afterlife of a Ukrainian Nationalist: Fascism, Genocide, and Cult« liegt seit Anfang 2022 in ukrainischer und russischer Übersetzung vor.


Bis vor wenigen Wochen las man in Zeitungen höchstens sporadisch über die Schändungen seines Grabs auf dem Münchner Waldfriedhof durch linke Aktivisten. Doch seit Putin am 24. Februar die Ukraine angegriffen hat, ist der Name Bandera allgegenwärtig, im Geschichtsbild des russischen Präsidenten spielt er eine zentrale Rolle.


Wer war Bandera genau? Warum erwähnt ihn Putin, wenn er behauptet, dass »Nazis« die Ukraine regieren und einen »Genozid« an den Russen im Land verüben? Wieso beziehen sich Gegner deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine auf ihn? Und weshalb legte der ukrainische Botschafter Andrej Melnyk direkt nach seinem Amtsantritt im Jahr 2015 Blumen am Grab Banderas ab – am Grab eines Ultrarechten, der als Führer der faschistisch-terroristischenOrganisation Ukrainischer Nationaliste (OUN) im Zweiten Weltkrieg mit der Wehrmacht kollaboriert hatte und einen ethnisch-homogenen Staat in Hitlers »Neuem Europa« regieren wollte?


Er sei »unser Held«, twitterte Melnyk damals. Als »SZ«-Journalist Heribert Prantl jüngst genau diese Verehrung Banderas durch den ukrainischen Botschafter zum Thema machte, holte Melnyk zum verbalen Gegenschlag aus: »Weder die Russen noch die Deutschen haben das Recht zu bestimmen, wen die Ukrainer als Helden verehren«, schäumte er auf Twitter. »Stepan Bandera & Hunderttausende meiner Landsleute kämpften sowohl gegen Hitler als auch gegen Stalin für den ukrainischen Staat. Lasst uns in Ruhe mit euren Belehrungen.«


Um die ideologisch umkämpfte Figur einzuordnen, braucht es keine Belehrungen – es genügt ein Blick in die Geschichte. Geboren 1909 im Dorf Staryj Uhryniw, das damals in der Habsburgermonarchie lag, sah Bandera als Kind zu, wie ukrainische Soldaten im Ersten Weltkrieg auf beiden Seiten der Front nicht weit von seinem Haus gegeneinander kämpfen. Sein Vater, ein griechisch-katholischer Priester, erklärte ihm, dass seine Landsleute 1917 in Kiew und 1918 in Lemberg einen Staat ausgerufen hatten, der von der russischen und polnischen Armee zerstört worden war.


Terrorakte und nationaler Aufstand


Bandera wuchs in der Zweiten Polnischen Republik auf, die neben Polen und Ukrainern auch Juden, Deutschen, Litauern und Belarussen als Heimat diente. 1929 schloss er sich der OUN an, gegründet von ukrainischen Veteranen des Ersten Weltkriegs in Wien. Schnell stieg der radikale Nationalist auf, 1933 übernahm Bandera die OUN-Führung in Polen, wo etwa 20 Prozent der Ukrainer lebten. Der Mehrheit der Ukrainer war jedoch weder Bandera noch die OUN bekannt, weil sie in der sowjetischen Ukraine lebten.


Oberstes Ziel Banderas und seiner Bewegung war es, die Ukraine von der sowjetischen und polnischen »Besatzung« zu befreien und einen ukrainischen Staat zu errichten. Um das zu erreichen, war die OUN zu allem bereit, verübte Terrorakte und wollte einen nationalen Aufstand provozieren.


Ihre wichtigsten Verbündeten waren Staaten, die mit Polen und Russland verfeindet waren, etwa Deutschland und Litauen. Am besten aber verstand sich die OUN mit der kroatischen Ustascha: einer ultranationalistischen und faschistischen Bewegung, die ebenfalls Terroraktionen durchführte und mit Gewalt einen ethnisch-homogenen Staat gründen wollte.


Rassistisch und antisemitisch


Wie die Ustascha bejahte auch die OUN den Aufstieg des Faschismus in Europa: Die neue Ideologie schien den ukrainischen Nationalisten wie geschaffen, um ihre eigenen Ziele umzusetzen. Die OUN orientierte sich am italienischen Faschismus und deutschen Nationalsozialismus. Gleichzeitig erfand die Organisation ihren eigenen ukrainischen Faschismus, den sie als »Nationalismus« bezeichnete, weil sie nicht als Agentin Mussolinis oder Hitlers wahrgenommen werden wollte.


Zudem war das Denken und Handeln des ukrainischen radikalen Nationalismus rassistisch und antisemitisch geprägt: Judenhasser Adolf Hitler galt als beliebte Figur unter OUN-Mitgliedern; mit ihrem Rassismus hoben ukrainische Nationalisten Unterschiede zwischen Ukrainern, Russen und Polen hervor, weil diese drei ethnischen Gruppen sich kulturell und sprachlich ähnelten.


Der ukrainische Geograf Stepan Rudnyzkyj hatte bereits in den 1910er-Jahren pseudowissenschaftliche Untersuchungen angestellt, um zu beweisen, wie sich die Schädel und andere Körperteile der Ukrainer von denen der Russen und Polen unterscheiden – und wie verschieden diese drei Gruppen angeblich Fett an Bauch, Brust oder Nacken ansetzen.


Die ersten Pläne zur »Säuberung« der Ukraine von Juden und Polen konzipierte der OUN-Kader Mykola Kolodzinskyj 1934 in einem Ausbildungslager in Italien. Kolodzinskyj beabsichtigte, Juden und Polen in der Westukraine teils zu ermorden, teils zu vertreiben. Bandera und andere OUN-Mitglieder verinnerlichten diese Absichten und waren bereit, sie bei nächster Gelegenheit in die Tat umzusetzen.


Im Zusammenhang mit der Ermordung des polnischen Innenministers Bronisław Pieracki wurde
Bandera inhaftiert; im polnischen Gefängnis radikalisierte er andere ukrainische Häftlinge. Als
der Zweite Weltkrieg begann, kam Bandera frei und ging nach Krakau, der Hauptstadt des

»Generalgouvernements«.


Bandera half Wehrmacht und Abwehr (dem deutschen Militärgeheimdienst), das »Unternehmen Barbarossa« vorzubereiten: den Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion. Gleichzeitig plante die OUN die »Ukrainische Nationale Revolution«.


Der OUN-Führer schickte sich an, das Oberhaupt (»Prowidnyk«) eines ukrainischen Staates in Hitlers »Neuem Europa« zu werden. Dieser wurde am 30. Juni 1941 in Lemberg (heute Lwiw) proklamiert – acht Tage nach Beginn des »Unternehmens Barbarossa«. Am selben Tag begann in Lemberg ein blutiger Pogrom.


Doch während Hitler in Kroatien die faschistische Ustascha und den slowakischen Diktator Jozef

Tisos gewähren ließ, duldete er keinen eigenständigen ukrainischen, litauischen oder weißrussischen Staat. Die Nationalsozialisten kollaborierten zwar mit ukrainischen Nationalisten, einen eigenen Staat billigten sie ihnen aber nicht zu.


Im KZ internierter Faschist


Da Bandera sich zunächst weigerte, die Proklamation des ukrainischen Staates zu widerrufen, wurde er mit seinem Vertreter Jaroslaw Stezko, einem leidenschaftlichen Antisemiten, festgenommen und bis Herbst 1944 in Berlin und dem KZ Sachsenhausen als privilegierter »Sonderhäftling« des Reichssicherheitsamts inhaftiert. Dort saß er mit Horia Sima, Führer der rumänisch-faschistischen »Eisernen Garde«, sowie dem Austrofaschisten Kurt Schuschnigg ein.


Während Banderas Internierung veränderte sich die Westukraine. Die OUN trug dazu bei. Bis Frühling 1943 ermordeten die deutschen Besatzer etwa 800.000 Juden in der Westukraine. Mitglieder der OUN unterstützten sie dabei als Polizisten.


Zudem beteiligten sich am Judenmord auch »gewöhnliche« Ukrainer, die (wie etwa Banderas Onkel Josef Bandera) in den Kommunalverwaltungen arbeiteten. Sie errichteten Gettos, denunzierten Juden, jagten und fingen sie, übergaben sie der Polizei. Ohne die Unterstützung ukrainischer Nationalisten und normaler Bürger wäre es den Besatzern sehr wahrscheinlich nicht gelungen, in nur knapp zwei Jahren über 90 Prozent der westukrainischen Juden zu ermorden.


Nach der Auslöschung der westukrainischen Juden desertierten im Frühling 1943 etwa 5000 ukrainische Polizisten in Wolhynien und schlossen sich der von der OUN aufgestellten Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) an. Befehligt wurde die UPA von Roman Schuchewtsch – der ehemalige Offizier des ukrainischen SS-Bataillons »Nachtigall« kämpfte als Mitglied des Schutzmannschaftsbataillons 201 gegen Partisanen in Belarus und nahm an Massakern gegen Juden teil.


1943 ermordete die UPA massenweise und systematisch Polen in Wolhynien und ab Anfang 1944 in Galizien. Sie führte Massaker durch und zwang die Menschen dazu, die Westukraine zu verlassen. UPA- Partisanen wandten dabei Methoden an, die sie als ukrainische Polizisten bei der Ermordung der Juden erlernt hatten. Die deutschen Besatzer griffen in diese »ethnischen Säuberungen« nicht ein, unterstützten die UPA aber auch nicht.


»Nicht nur Hunderte, sondern Tausende Menschenleben müssen geopfert werden.«

Stepan Bandera 1936 vor Gericht


Insgesamt wurden in der Westukraine etwa 100.000 Polen ermordet und mehrere Tausend vertrieben. Bandera trug zumindest indirekt die Verantwortung für die an Juden und Polen verübten Verbrechen. Zwar war er oft nicht vor Ort und konnte daher auch nicht selbst Befehle erteilen. Er war es jedoch, der die Bewegung radikalisiert hatte und die ethnische Gewalt als notwendiges politisches Instrument bejahte.


»Nicht nur Hunderte, sondern Tausende Menschenleben müssen geopfert werden«, sagte Bandera 1936 vor Gericht in Lemberg. Damit meinte er sowohl ukrainische Nationalisten, die im Kampf fallen, als auch Juden, Russen und Polen sowie demokratische und kommunistische Ukrainer, die als »Feinde der Ukraine« ermordet werden müssten.


Nach der Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen im Oktober 1944 hielt sich Bandera einige Monate in Österreich auf und zog dann nach München, um dort mithilfe des amerikanischen, britischen und später des westdeutschen Geheimdienstes ein OUN-Zentrum aufzubauen.


Von westlichen Geheimdiensten unterstützt


Wie andere Mitglieder der Bewegung leugnete Bandera nach dem Krieg die Beteiligung der OUN an den Massenmorden an Juden und Polen. Obwohl diese Verbrechen den Geheimdiensten und westdeutschen Politikern bekannt waren, wurde Bandera im Kalten Krieg als ein wichtiger Verbündeter im Krieg gegen die Sowjetunion unterstützt.


Er schickte seine Agenten in die sowjetische Ukraine und unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu Diktator Francisco Franco, der ihm eine Übersiedlung nach Spanien anbot. Dem kam jedoch ein junger KGB-Agent namens Bohdan Staschinski zuvor: Er ermordete Bandera am 15. Oktober 1959 mit einer Giftpistole im Treppenhaus vor seiner Münchner Wohnung in der Kreittmayrstraße 7.


Der Mord war so perfekt vorbereitet und durchgeführt, dass die Polizei die eigentliche Todesursache und den Tatverlauf erst ermitteln konnte, nachdem KGB-Aussteiger Staschinski sich 1961 der West-Berliner Polizei stellte.


Das Attentat auf Bandera führte zur Wiederbelebung des Kults um den Politiker und erweiterte ihn um eine antisowjetische Komponente: Seither wurde Bandera als Held erinnert, der im Kampf gegen die Sowjetunion für sein Vaterland fiel. Der 15. Oktober wurde zu einem inoffiziellen Feiertag der Ukrainer stilisiert; alljährlich trauerte die ukrainische Diaspora um ihren ermordeten »Prowidnyk«, dazu zählten unter anderem Veteranen der OUN, UPA und der Waffen-SS-Division Galizien.


Die Bandera-Verehrer organisierten religiöse und politische Trauerfeierlichkeiten sowie antisowjetische Aufmärsche, bei denen sie sowjetische Flaggen verbrannten oder sowjetische Botschaften und Konsulate stürmten. In München unternahmen sie gar den Versuch, die Kreittmayrstraße in Stepan-Bandera- Straße umzubenennen.


Nach dem Zerfall der Sowjetunion brachten Veteranen der OUN den Bandera-Kult in die Westukraine zurück. Vor allem in Galizien wurden Straßen nach ihm benannt, westukrainische Historiker verfassten verklärende Schriften. Kommunalpolitiker errichteten für Bandera neben zahlreichen Denkmälern auch vier Museen, eines davon in den Räumlichkeiten der Agrartechnischen Hochschule in Dubljany bei Lemberg. Dort hatte Bandera studiert.


Am 22. Januar 2010 verlieh der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko Bandera für dessen »Kampf für die Freiheit der Ukraine« gar den Ehrentitel »Held der Ukraine« – doch Nachfolger Wiktor Janukowitsch sorgte dafür, dass ein Gericht in Donezk diese Entscheidung 39 Tage später annullierte.


Im Zentrum und Osten bis heute abgelehnt


Der Bandera-Kult konnte sich allerdings nicht uneingeschränkt entfalten: Zwar fand er in Galizien und Wolhynien viele Anhänger, aber in der Zentral- und Ostukraine wird er bis heute trotz der Aktivitäten ukrainischer Geschichtspolitiker und Historiker abgelehnt.


Traurig und erschreckend am Bandera-Kult ist, dass Westukrainer ähnlich wie die ukrainische Diaspora oft gar nicht wissen, wen sie eigentlich verehren. Die Vita Banderas sowie die Geschichte der OUN und UPA sind in der Ukraine vielfach nicht bekannt – eine kritische Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Politiker wie mit der Geschichte der ethnischen Gewalt in der Ukraine hat nie stattgefunden, weil kritische Historiographie in der Ukraine unbeliebt ist und als eine Bedrohung beziehungsweise russische Propaganda verstanden wird.


Beigetragen hatte dazu auch die Sowjetunion: Bei der Auflösung von OUN und UPA ab 1944 begingen sowjetische Soldaten in der Westukraine schwere Verbrechen an den Sympathisanten der Bewegung und der Zivilbevölkerung. Mehr als 150.000 Ukrainer wurden ermordet, gut 200.000 in das Innere der Sowjetunion deportiert – die UPA konnte aber nie mehr als 100.000 Menschen mobilisieren.


Da Bandera in der Sowjetunion als Verräter, Faschist und Kapitalist geschmäht wurde, drehten die Westukrainer im sowjetischen Untergrund sein Bild um und verklärten ihn kurzerhand als Nationalhelden, Dissidenten und Freiheitskämpfer. Ob es ausgerechnet jetzt, im Zuge des blutigen Angriffskriegs, zur Aufarbeitung der Bandera-Problematik in der Ukraine oder Russland kommt, ist ungewiss.


Info: https://www.spiegel.de/geschichte/stepan-bandera-ukrainischer-nationalist-als-volksheld-verehrt-als-schurke-geschmaeht-a-6b340fa6-310a-4c7b-93c0-3560eb725510


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

27.04.2022

Bundenministerium für Justiz, Bundesamt für Justiz

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)
§ 19 Aufgaben des Gesundheitsamtes in besonderen Fällen (1) Das Gesundheitsamt bietet bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten und Tuberkulose Beratung und Untersuchung an oder stellt diese in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen sicher. In Bezug auf andere übertragbare Krankheiten kann das Gesundheitsamt Beratung und Untersuchung anbieten oder diese in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen sicherstellen. Die Beratung und Untersuchung sollen für Personen, deren Lebensumstände eine erhöhte Ansteckungsgefahr für sich oder andere mit sich bringen, auch aufsuchend angeboten werden. Im Einzelfall können die Beratung und Untersuchung nach Satz 1 bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten und Tuberkulose die ambulante Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt umfassen, soweit dies zur Verhinderung der Weiterverbreitung der übertragbaren Krankheit erforderlich ist. Die Angebote können bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten anonym in Anspruch genommen werden, soweit hierdurch die Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen nicht gefährdet wird. Die zuständigen Behörden können mit den Maßnahmen nach den Sätzen 1 bis 4 Dritte beauftragen.

(2) Soweit die von der Maßnahme betroffene Person gegen einen anderen Kostenträger einen Anspruch auf entsprechende Leistungen hat oder einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für entsprechende Leistungen hätte, ist dieser zur Tragung der Sachkosten verpflichtet. Wenn Dritte nach Absatz 1 Satz 6 beauftragt wurden, ist der andere Kostenträger auch zur Tragung dieser Kosten verpflichtet, soweit diese angemessen sind.


Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)
§ 20 Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe

(1) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die obersten Landesgesundheitsbehörden und die von ihnen beauftragten Stellen sowie die Gesundheitsämter informieren die Bevölkerung zielgruppenspezifisch über die Bedeutung von Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten. Bei der Information der Bevölkerung soll die vorhandene Evidenz zu bestehenden Impflücken berücksichtigt werden.

(2) Beim Robert Koch-Institut wird eine Ständige Impfkommission eingerichtet. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf. Die Kommission gibt Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen und zur Durchführung anderer Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten und entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesministerium für Gesundheit im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden berufen. Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, der obersten Landesgesundheitsbehörden, des Robert Koch-Institutes und des Paul-Ehrlich-Institutes nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen teil. Weitere Vertreter von Bundesbehörden können daran teilnehmen. Die Empfehlungen der Kommission werden von dem Robert Koch-Institut den obersten Landesgesundheitsbehörden übermittelt und anschließend veröffentlicht.

(2a) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben sich insbesondere an folgenden Impfzielen auszurichten:

1.

Reduktion schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe,

2.

Unterbindung einer Transmission des Coronavirus SARS-CoV-2,

3.

Schutz von Personen mit besonders hohem Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf,

4.

Schutz von Personen mit besonders hohem behinderungs-, tätigkeits- oder aufenthaltsbedingtem Infektionsrisiko,

5.

Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen, von Kritischen Infrastrukturen, von zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge und des öffentlichen Lebens.

Die auf Grund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe f sowie des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Rechtsverordnungen haben sich an den in Satz 1 genannten Impfzielen im Fall beschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen bei notwendigen Priorisierungen auszurichten.

(3) Die obersten Landesgesundheitsbehörden sollen öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission aussprechen.

(4) Zur Durchführung von Schutzimpfungen ist jeder Arzt berechtigt. Fachärzte dürfen Schutzimpfungen unabhängig von den Grenzen der Ausübung ihrer fachärztlichen Tätigkeit durchführen. Die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften bleibt unberührt.

(5) Die obersten Landesgesundheitsbehörden können bestimmen, dass die Gesundheitsämter unentgeltlich Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte übertragbare Krankheiten durchführen. Die zuständigen Behörden können mit den Maßnahmen nach Satz 1 Dritte beauftragen. Soweit die von der Maßnahme betroffene Person gegen einen anderen Kostenträger einen Anspruch auf entsprechende Leistungen hat oder einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für entsprechende Leistungen hätte, ist dieser zur Tragung der Sachkosten verpflichtet. Wenn Dritte nach Satz 2 beauftragt wurden, ist der andere Kostenträger auch zur Tragung dieser Kosten verpflichtet, soweit diese angemessen sind.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilnehmen können, können durch Rechtsverordnung nach Satz 1 nicht zu einer Teilnahme an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe verpflichtet werden. § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

(7) Solange das Bundesministerium für Gesundheit von der Ermächtigung nach Absatz 6 keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 ermächtigt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die obersten Landesgesundheitsbehörden übertragen.

(8) Folgende Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, müssen entweder einen nach den Maßgaben von Satz 2 ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder ab der Vollendung des ersten Lebensjahres eine Immunität gegen Masern aufweisen:

1.

Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,

2.

Personen, die bereits vier Wochen

a)

in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder

b)

in einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, und

3.

Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.

Ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, wenn ab der Vollendung des ersten Lebensjahres mindestens eine Schutzimpfung und ab der Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens zwei Schutzimpfungen gegen Masern bei der betroffenen Person durchgeführt wurden. Satz 1 gilt auch, wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten. Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

(9) Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn ihrer Betreuung oder ihrer Tätigkeit folgenden Nachweis vorzulegen:

1.

eine Impfdokumentation nach § 22 Absatz 1 und 2 oder ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Absatz 2 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, darüber, dass bei ihnen ein nach den Maßgaben von Absatz 8 Satz 2 ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht,

2.

ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei ihnen eine Immunität gegen Masern vorliegt oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können oder

3.

eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung darüber, dass ein Nachweis nach Nummer 1 oder Nummer 2 bereits vorgelegen hat.

Wenn der Nachweis nach Satz 1 von einer Person, die auf Grund einer nach Satz 8 zugelassenen Ausnahme oder nach Satz 9 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt oder tätig werden darf, nicht vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass
1.

der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,

2.

die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,

3.

die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.

Die Behörde, die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständig ist, kann bestimmen, dass vor dem Beginn der Tätigkeit im Rahmen der Kindertagespflege der Nachweis nach Satz 1 ihr gegenüber zu erbringen ist; in diesen Fällen hat die Benachrichtigung nach Satz 2 durch sie zu erfolgen. Eine Benachrichtigungspflicht nach Satz 2 besteht nicht, wenn der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder der anderen nach Satz 3 Nummer 2 oder Satz 4 bestimmten Stelle bekannt ist, dass das Gesundheitsamt oder die andere nach Satz 3 Nummer 3 bestimmte Stelle über den Fall bereits informiert ist. Eine Person, die ab der Vollendung des ersten Lebensjahres keinen Nachweis nach Satz 1 vorlegt, darf nicht in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt werden. Eine Person, die über keinen Nachweis nach Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 nicht tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 6 und 7 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Masernkomponente, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Masernkomponente bleiben unberücksichtigt. Eine Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, darf in Abweichung von Satz 6 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 3 betreut werden.

(9a) Sofern sich ergibt, dass ein Impfschutz gegen Masern erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist oder vervollständigt werden kann oder ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 innerhalb eines Monats, nachdem es ihnen möglich war, einen Impfschutz gegen Masern zu erlangen oder zu vervollständigen, oder innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 gilt entsprechend.

(10) Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut wurden und noch werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig waren und noch sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

(11) Personen, die bereits vier Wochen in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 wie folgt vorzulegen:

1.

innerhalb von vier weiteren Wochen oder,

2.

wenn sie am 1. März 2020 bereits betreut wurden und noch werden oder untergebracht waren und noch sind, bis zum Ablauf des 31. Juli 2022.

Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 nicht innerhalb von vier weiteren Wochen oder in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.

(12) Folgende Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorzulegen:

1.

Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,

2.

Personen, die bereits acht Wochen

a)

in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder

b)

in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind und

3.

Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.

Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Masern geimpft werden kann. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt die zur Vorlage des Nachweises verpflichtete Person zu einer Beratung laden und hat diese zu einer Vervollständigung des Impfschutzes gegen Masern aufzufordern. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung tätig wird. Einer Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Einrichtung nach § 33 Nummer 3 dienenden Räume zu betreten. Einer Person, die einer Unterbringungspflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 oder einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 dienenden Räume zu betreten. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 4 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung.

(13) Wenn eine nach den Absätzen 9 bis 12 verpflichtete Person minderjährig ist, so hat derjenige für die Einhaltung der diese Person nach den Absätzen 9 bis 12 treffenden Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für diese Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft den Betreuer einer von Verpflichtungen nach den Absätzen 9 bis 12 betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu seinem Aufgabenkreis gehört.

(14) Durch die Absätze 6 bis 12 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.



Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)

§ 20a Immunitätsnachweis gegen COVID-19

(1) Folgende Personen müssen ab dem 15. März 2022 über einen Impf- oder Genesenennachweis nach § 22a Absatz 1 oder Absatz 2 verfügen:

1.

Personen, die in folgenden Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind:

a)

Krankenhäuser,

b)

Einrichtungen für ambulantes Operieren,

c)

Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,

d)

Dialyseeinrichtungen,

e)

Tageskliniken,

f)

Entbindungseinrichtungen,

g)

Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Buchstaben a bis f genannten Einrichtungen vergleichbar sind,

h)

Arztpraxen, Zahnarztpraxen,

i)

Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,

j)

Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,

k)

Rettungsdienste,

l)

sozialpädiatrische Zentren nach § 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,

m)

medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen nach § 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,

n)

Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und Dienste der beruflichen Rehabilitation,

o)

Begutachtungs- und Prüfdienste, die auf Grund der Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder des Elften Buches Sozialgesetzbuch tätig werden,

2.

Personen, die in voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder in vergleichbaren Einrichtungen tätig sind,

3.

Personen, die in ambulanten Pflegediensten und weiteren Unternehmen, die den in Nummer 2 genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten, tätig sind; zu diesen Unternehmen gehören insbesondere:

a)

ambulante Pflegeeinrichtungen gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie Einzelpersonen gemäß § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,

b)

ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen,

c)

Unternehmen, die Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,

d)

Unternehmen, die Leistungen der interdisziplinären Früherkennung und Frühförderung nach § 42 Absatz 2 Nummer 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 46 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Frühförderungsverordnung oder heilpädagogische Leistungen nach § 79 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,

e)

Beförderungsdienste, die für Einrichtungen nach Nummer 2 dort behandelte, betreute, gepflegte oder untergebrachte Personen befördern oder die Leistungen nach § 83 Absatz 1 Nummer 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen, und

f)

Leistungsberechtigte, die im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Personen für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen.

Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

(2) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens bis zum Ablauf des 15. März 2022 folgenden Nachweis vorzulegen:

1.

einen Impfnachweis nach § 22a Absatz 1,

2.

einen Genesenennachweis nach § 22a Absatz 2,

3.

ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie sich im ersten Schwangerschaftsdrittel befinden, oder

4.

ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass
1.

der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,

2.

die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,

3.

die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.

(3) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen ab dem 16. März 2022 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Eine Person nach Satz 1, die keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen beschäftigt werden. Eine Person nach Satz 1, die über keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 4 und 5 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bleiben unberücksichtigt.

(4) Soweit ein Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 ab dem 16. März 2022 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens einen neuen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises vorzulegen. Wenn der neue Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung oder eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Unternehmens dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig wird. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 3 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für die in den Einrichtungen oder von den Unternehmen behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen.

(7) Die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten voll- und teilstationären Einrichtungen, die zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sind, sind verpflichtet, dem Robert Koch-Institut monatlich Angaben zum Anteil der Personen, die gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft sind, jeweils bezogen auf die Personen, die in der Einrichtung beschäftigt sind oder behandelt, betreut oder gepflegt werden oder untergebracht sind, in anonymisierter Form zu übermitteln. Soweit es zur Erfüllung der Pflichten aus Satz 1 erforderlich ist, darf die Leitung der in Satz 1 genannten Einrichtungen zu diesem Zweck personenbezogene Daten einschließlich Daten zum Impfstatus in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) verarbeiten. Die Daten nach Satz 2 dürfen auch zur Beurteilung der Gefährdungslage in der Einrichtung im Hinblick auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) verarbeitet werden, solange und soweit dies erforderlich ist. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend. Bestehen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung bereits landesrechtliche Meldeverfahren, die auf bisherigem Bundesrecht beruhen und die zu den durch das Robert Koch-Institut nach Satz 1 zu erhebenden Daten anschlussfähig sind, bleiben die landesrechtlichen Meldeverfahren von der Änderung unberührt, wenn die Länder nach Kreisen und kreisfreien Städten aufgeschlüsselte Daten direkt an das Robert Koch-Institut übermitteln; insoweit entfällt die Meldepflicht nach Satz 1. Das Robert Koch-Institut führt die ihm übermittelten Daten zusammen und übermittelt sie monatlich in anonymisierter Form dem Bundesministerium für Gesundheit sowie den Ländern bezogen auf Länder- und Kreisebene. Die nach den Sätzen 2 und 3 erhobenen Daten sind spätestens am Ende des sechsten Monats nach ihrer Erhebung zu löschen; die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts bleiben unberührt.

(8) Durch die Absätze 1 bis 5 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.


Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)
§ 20b Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2

(1) Abweichend von § 20 Absatz 4 Satz 1 sind Zahnärzte, Tierärzte sowie Apotheker zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bei Personen, die das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, berechtigt, wenn

1.

sie hierfür ärztlich geschult wurden und ihnen die erfolgreiche Teilnahme an der Schulung bestätigt wurde und

2.

ihnen eine geeignete Räumlichkeit mit der Ausstattung zur Verfügung steht, die für die Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erforderlich ist, oder der Zahnarzt, der Tierarzt oder der Apotheker in andere geeignete Strukturen, insbesondere ein mobiles Impfteam, eingebunden ist.

(2) Die ärztliche Schulung nach Absatz 1 Nummer 1 hat insbesondere die Vermittlung der folgenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu umfassen:

1.

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Durchführung der Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere zur

a)

Aufklärung,

b)

Erhebung der Anamnese einschließlich der Impfanamnese und der Feststellung der aktuellen Befindlichkeit zum Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien,

c)

weiteren Impfberatung und

d)

Einholung der Einwilligung der zu impfenden Person,

2.

Kenntnis von Kontraindikationen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zu deren Beachtung und

3.

Kenntnis von Notfallmaßnahmen bei eventuellen akuten Impfreaktionen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Durchführung dieser Notfallmaßnahmen.

Die ärztlichen Schulungen sind so zu gestalten, dass diese die bereits erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, über die jeder Berufsangehörige, der an der jeweiligen ärztlichen Schulung teilnimmt, verfügt, berücksichtigen und auf diesen aufbauen. Bereits im Rahmen von Modellvorhaben nach § 132j des Fünften Buches Sozialgesetzbuch durchgeführte ärztliche Schulungen berechtigen zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bei Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

(3) Bis zum 31. Dezember 2021 entwickeln in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer:

1.

die Bundesapothekerkammer ein Mustercurriculum für die ärztliche Schulung der Apotheker,

2.

die Bundeszahnärztekammer ein Mustercurriculum für die ärztliche Schulung der Zahnärzte und

3.

die Bundestierärztekammer ein Mustercurriculum für die ärztliche Schulung der Tierärzte.

(4) Die Möglichkeit der ärztlichen Delegation der Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auf nichtärztliches Gesundheitspersonal bleibt unberührt.


Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) § 21 Impfstoffe


Bei einer auf Grund dieses Gesetzes angeordneten oder einer von der obersten Landesgesundheitsbehörde öffentlich empfohlenen Schutzimpfung oder einer Impfung nach § 17a Absatz 2 des Soldatengesetzes dürfen Impfstoffe verwendet werden, die Mikroorganismen enthalten, welche von den Geimpften ausgeschieden und von anderen Personen aufgenommen werden können. Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) wird insoweit eingeschränkt.


Info: https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__21.html

27.04.2022

Krieg in der Ukraine Sieg statt Frieden

jungewelt.de, 27.04.2022, Von Ina Sembdner

Kriegsrat tagt in Ramstein: USA fordern, Berlin folgt und liefert Panzer. Lawrow warnt vor Eskalation. Guterres in Moskau


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Waffengeschäfte in der US-Exklave Ramstein Air Base: Ministerin Christine Lambrecht (SPD, l.) unter anderem mit Lloyd Austin, US-Verteidigungsminister (3. v. r.)




Zitat: Immer deutlicher tritt er zutage: der Wille Washingtons, den Krieg in der Ukraine zu einem Sieg der »freien Welt« gegen Russland zu führen. Dazu berief US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Dienstag Minister aus 40 Staaten auf die Ramstein Air Base – Ausgangspunkt für den US-Drohnenkrieg und Kommandoquartier der NATO in Rheinland-Pfalz. »Wir sind hier, um der Ukraine zu helfen, den Kampf gegen Russlands ungerechte Invasion zu gewinnen und die Verteidigung der Ukraine für die Herausforderungen von morgen aufzubauen«, so Austin. Bei der Pressekonferenz am Montag nach seinem Besuch in Kiew mit US-Außenminister Antony Blinken, war ihm noch ein Freudscher Versprecher unterlaufen: »Wir … sie können gewinnen, wenn sie die richtige Ausrüstung und die richtige Unterstützung haben.« Dafür sollte nun beim gemeinsamen Treffen gesorgt werden – und Berlin lieferte. Die USA hatten bereits am Montag weitere 700 Millionen US-Dollar für die Hochrüstung der Ukraine zugesagt.


Während innenpolitisch noch um den richtigen Antrag für die Lieferung schwerer Waffen gerungen wird, gab Berlin grünes Licht für Panzerlieferungen aus Industriebeständen; Profiteure sind die Konzerne Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Wie Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Dienstag angesichts begrenzter Bundeswehr-Bestände erklärte: »Deshalb unterstützen wir, wenn die Industrie direkt an die Ukraine liefert. Die Ukraine bestellt, und Deutschland bezahlt.« Konkret geht es zunächst um 50 ausgemusterte »Gepard«- Panzer zur Luftabwehr aus KMW-Beständen. Der Rüstungskonzern hatte bereits kurz nach dem russischen Einmarsch um die Genehmigung zur Ausfuhr gebeten. Dem kam die Bundesregierung am Montag nach. Laut Welt will KMW zudem 100 »Panzerhaubitzen 2000« liefern. Rheinmetall hat Kiew nach dpa-Angaben die Lieferung von 88 gebrauchten »Leopard«- Kampfpanzern angeboten, inklusive Werkzeug, Ersatzteilen, einem Servicestützpunkt und Munition sowie einer entsprechenden Ausbildung. Auch Lambrecht kündigte an, ukrainische Truppen an Artilleriesystemen in der BRD zu schulen.


Linksfraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte derweil die Debatte über Waffenlieferungen als unehrlich. »Es gibt nicht einen Panzer der NATO in der Ukraine und auch kaum schwere Waffen«, sagte Bartsch am Dienstag in Berlin. Er hoffe auf einen Waffenstillstand, denn die Gefahr einer Eskalation »bis hin zu einem Weltkrieg, die ist eben nicht von der Hand zu weisen«. Auch UN-Generalsekretär António Guterres, der in Moskau zu Besuch war, forderte zum Auftakt des Treffens mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, »alles Mögliche« zu tun, um den Krieg und das Leiden der Menschen zu beenden: Dialog und eine Waffenruhe seien nötig, um die Bedingungen für eine friedliche Lösung des Konflikts zu finden.


Für Lawrow steht jedoch die fortgesetzte Aufrüstung Kiews einer Entspannung der Lage entgegen. »Wenn das so weitergeht, werden die Verhandlungen wohl kaum ein Ergebnis bringen«, so der Außenminister in Moskau. Zudem seien die westlichen Waffenlieferungen weiterhin legitimes Ziel russischer Angriffe. Mit Blick auf die USA kritisierte er, dass es im Westen nun nur darum gehe, Russland zu besiegen. Schon am Montag hatte er in einem Fernsehinterview vor den Risiken eines Atomkriegs gewarnt und erklärt: »Ich möchte nicht, dass sie künstlich aufgebläht werden.«


Info: https://www.jungewelt.de/artikel/425345.krieg-in-der-ukraine-sieg-statt-frieden.html

27.04.2022

„Russland isolieren” (IV)Berlin und Brüssel suchen weiterhin Russland zu isolieren und üben Druck auf Indien aus. New Delhi hält an seiner Kooperation mit Moskau fest. Premierminister Modi kommt nach Berlin.

german-foreign-policy.com, 27. April 2022

NEW DELHI/BERLIN (Eigener Bericht) – Berlin und die EU starten den nächsten Versuch, Russland auch jenseits des westlichen Blocks zu isolieren. Aktuelles Ziel ist Indien, dessen Premierminister Narendra Modi am Sonntag in Berlin erwartet wird. Indien hält an seiner Zusammenarbeit mit Russland unverändert fest, weitet seine Erdölkäufe dort aus und sucht nach einem alternativen Zahlungssystem, um seine Exporte in das Land zu stärken. Indische Unternehmen haben die attraktiven Marktanteile im Visier, die westliche Firmen bei ihrem Rückzug aus Russland verlieren. Bisherige Bemühungen des Westens, New Delhi zu einer Positionierung gegen Moskau zu nötigen, sind gescheitert; während eines Besuchs der britischen Außenministerin Liz Truss in der indischen Hauptstadt wurde dort demonstrativ ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow empfangen. Mit den für Montag angekündigten deutsch-indischen Regierungskonsultationen soll New Delhi enger angebunden werden. Mit gleichem Ziel hielt sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Anfang dieser Woche in Indien auf. Experten urteilen, Indien sei inzwischen stark genug, sich gegen westlichen Druck zu behaupten.


Zitat: ZukunftsmarktUrsprüngliches Ziel der Reise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Indien war es, den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu forcieren. Indiens Wirtschaft wächst und wird laut verbreiteten Prognosen von Ökonomen um die Jahrhundertwende zur drittgrößten Volkswirtschaft weltweit aufgestiegen sein. Damit gilt sie als attraktiver Markt für die deutsche Industrie – umso mehr in Zeiten, in denen aus politischen Gründen der russische Markt komplett zu entfallen droht und auch das Chinageschäft immer mehr unter Druck gerät. Untersuchungen beziffern den jährlich möglichen Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts bei einem gelingenden Ausbau des Handels mit Indien auf zwischen zwei und vier Milliarden Euro.[1] Besonderes Interesse äußern bereits seit längerer Zeit Rüstungskonzerne aus Deutschland und weiteren EU-Staaten. New Delhi rüstet massiv auf, will allerdings sein Kriegsgerät in rasch wachsendem Umfang im eigenen Land herstellen lassen. Allein in den kommenden fünf Jahren stehen dafür über 25 Milliarden Euro zur Verfügung.[2] Die deutschen Rüstungsexporte nach Indien schwankten in den vergangenen Jahren meist um einen Wert von durchschnittlich um die 100 Millionen Euro.


Wettlauf mit Großbritannien

Um den Handel zu intensivieren, bemüht sich die EU um ein Freihandelsabkommen mit Indien – dies allerdings schon seit vielen Jahren. Im Jahr 2013 wurden die Verhandlungen wegen unüberbrückbarer Differenzen eingestellt. Vor ziemlich genau einem Jahr kamen beide Seiten überein, die Gespräche wieder aufzunehmen. Seitdem ist nicht viel geschehen. Im vergangenen Jahr belief sich das Handelsvolumen zwischen Indien und der EU auf rund 96 Milliarden Euro; das ist nicht einmal die Hälfte des deutsch-chinesischen Handels. Die Investitionen aus EU-Staaten in dem südasiatischen Land werden auf etwa 83 Milliarden Euro beziffert; dies ist in etwa das Volumen allein der deutschen Investitionen in China. Es kommt hinzu, dass die EU mit ihren Freihandelsbestrebungen nicht konkurrenzlos ist. Erst kürzlich hat Australien ein Freihandelsabkommen mit Indien geschlossen, das freilich als wenig ehrgeizig gilt. Größere ökonomische Chancen könnte das Freihandelsabkommen bieten, das die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien zur Zeit mit New Delhi erarbeitet; der britische Premierminister Boris Johnson hielt sich dazu in der vergangenen Woche in Indien auf. Das Abkommen soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden; damit käme London der schwerfälligen EU deutlich zuvor.


„Inzwischen stark genug“

Überlagert werden die Bemühungen um einen Ausbau der Wirtschaftskooperation aktuell von den Bestrebungen des Westens, Russland nach Möglichkeit weltweit zu isolieren. Indien fordert zwar ein schnelles Ende des Krieges, ist aber – wie drei Viertel aller Staaten – nicht dazu bereit, seine Beziehungen zu Russland einzuschränken. Zur Begründung wird zuweilen auf den völkerrechtswidrigen US-Überfall auf den Irak hingewiesen, der nicht zu Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten führte.[3] Hinzu kommt, dass New Delhi schon traditionell gute Kontakte nach Moskau unterhält. Bedeutende Teile der Waffenbestände, die die indischen Streitkräfte nutzen, stammen aus russischer Produktion; nähme Indien an den Russland-Sanktionen teil, wäre es nicht nur von Neuimporten, sondern auch von Ersatzteilen und Wartung abgeschnitten. Wohl entscheidend aber ist, dass die Kooperation mit Moskau New Delhi in die Lage versetzt, eine eigenständige Außenpolitik zu treiben, anstatt, wie einst zu Kolonialzeiten, einseitig vom Westen abhängig zu sein. Mittlerweile sei Indien dank seines Aufstiegs in den vergangenen Jahrzehnten stark genug, trotz heftigen westlichen Drucks weiter mit Russland zu kooperieren, urteilte kürzlich der einflussreiche indisch-US-amerikanische Publizist Fareed Zakaria.[4]


Druck auf New Delhi

Ob er richtig liegt, testen die westlichen Mächte seit fast zwei Monaten aus. Um den Druck auf Indien zu erhöhen, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen, intervenierten im März und im April zahlreiche führende Politiker aus den USA, Europa, Australien und Japan in New Delhi – bislang ohne Erfolg. Nachdem der britische Premierminister Boris Johnson am 22. März seinen indischen Amtskollegen Narendra Modi telefonisch gedrängt hatte, Russland den Laufpass zu geben, lud die indische Regierung eine Delegation einflussreicher britischer Parlamentarier, die New Delhi besuchen wollte, kurzfristig aus. Als die britische Außenministerin Liz Truss am 31. März in der indischen Hauptstadt eintraf, wurde zugleich der russische Außenminister Sergej Lawrow dort empfangen. Auch der US-Administration gelang es bisher nicht, die Regierung Modi zu einem Kurswechsel zu zwingen. Zu Wochenbeginn schloss sich von der Leyen den Bestrebungen an, erreichte jedoch gleichfalls nichts. Die EU wolle Indien mit eigenen Waffenlieferungen von russischen Rüstungsgütern unabhängig machen, hieß es anschließend.[5] Die Strategie könnte allenfalls langfristig aufgehen – und auch dies nur dann, wenn New Delhi es wünscht.


Kampf um den russischen Markt

Darauf allerdings deutet zur Zeit kaum etwas hin. Indien hat seine Erdölkäufe in Russland ausgeweitet und allein in den zwei Monaten seit dem russischen Überfall auf die Ukraine von dem Land mehr Öl bezogen als im Gesamtjahr 2021. Zudem plant es etwa den Bezug von Kokskohle zu verdoppeln. Indische Exporteure – zum Beispiel aus der Lebensmittel- und der Pharmabranche – bereiten sich längst darauf vor, abziehende Unternehmen aus westlichen Staaten auf dem russischen Markt zu ersetzen. Noch sind sie mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert: Die Bemühungen, alternative Zahlungswege zu etablieren, die eine Abwicklung des indisch-russischen Handels trotz der Sanktionen gegen russische Banken ermöglichen können, haben bislang noch keinen Durchbruch erzielt; zudem sind Transportkonzerne sowie Versicherungen, auf die Exporteure angewiesen sind, häufig in westlicher Hand und stehen daher für das Russlandgeschäft nicht zur Verfügung. Gelingt es freilich, diese Hindernisse zu überwinden, dann ginge Indien wirtschaftlich gestärkt aus dem Konflikt hervor; der Westen hätte den russischen Markt ersatzlos verloren, und Russland wäre in seiner Außenpolitik endgültig nach Asien orientiert.

 

Mehr zum Thema: „Russland isolieren“ (III) und Machtprobe bei den G20.

 

[1] EU und Indien verständigen sich auf Neustart von Handelsgesprächen. handelsblatt.com 08.05.2021.

[2] Europäer wollen Inder gewinnen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 25.04.2022.

[3] Lauren Frayer: Why India has not condemned Russia’s invasion of Ukraine. npr.org 11.04.2022.

[4] Tanishka Sharma: India more powerful today, can have relations with both Russia, West: Fareed Zakaria. indiatoday.in 15.04.2022.

[5] Die EU will Indien von Russland loseisen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 26.04.2022.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8903

26.04.2022

IMI-Studie 2022/03 Drohnen im Ukraine-Krieg

IMI-Studie 2022/03

Drohnen im Ukraine-Krieg

Technologietransfer als Gamechanger – und Kriegsgrund?

von: Christoph Marischka | Veröffentlicht am: 26. April 2022


Gesamte Studie hier als PDF

https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2022-3-Ukraine-Drohnen.pdf


Zitat: Was heute als Ukraine-Krieg bezeichnet wird, sind die Folgen des klar völkerrechtswidrigen Einmarsches russischer Truppen ab dem 24. Februar 2022. In der Berichterstattung etablierter deutscher Medien erscheint er tendenziell als eher konventionellen Krieg mit massivem Einsatz klassischer Waffensysteme wie Panzer, Artillerie, Infanterie. Beide Seiten nutzen dabei auch unbemannte Systeme, insbesondere Luftfahrzeuge, so genannten UAV, die in vergangenen militärischen Auseinandersetzungen teilweise grundlegend die Kriegführung geprägt und die Kräfteverhältnisse bestimmt haben. So wird v.a. der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan im zweiten Halbjahr 2020 oft als erster „echter Drohnenkrieg“ bezeichnet,[1] weil entsprechende unbemannte Waffensysteme der vorrückenden Seite (Aserbaidschan) eine deutliche Übermacht verliehen und rasche Geländegewinne ermöglichten. Es existieren auch zahlreiche Berichte, welche aus erster oder zweiter Hand die dabei ausgelöste Angst und Panik innerhalb der angegriffenen Truppen beschreiben. Später gab es vergleichbare Darstellungen aus Libyen und Äthiopien, nach denen zumindest bei entscheidenden Gefechten UAV eine wesentliche Rolle gespielt hätten. Im Folgenden wird der gegenwärtige Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen ausführlicher beleuchtet und der aktuelle Krieg ausschließlich unter diesem Aspekt betrachtet werden. Dies hält allerdings einige Überraschungen parat.


Türkische Drohnen als Game Changer?

Unter Beobachter*innen entsprechender Waffensysteme herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass sich in den Konflikten der jüngsten Zeit v.a. die Kampfdrohnen Bayraktar TB2 des türkischen Herstellers Baykar im Kampf bewährt hätten. Die engen Kontakte des Herstellers zur Regierung werden in der Berichterstattung gerne dadurch illustriert, dass der Schwiegersohn des Staatspräsidenten Erdogan aus der Familie der Eigentümer stamme.[2] Obgleich sowohl die Unsicherheiten im „Nebel des Krieges“ berücksichtigt als auch von einer gewissen, beabsichtigten und forcierten Werbewirkung entsprechender Erfolgsmeldungen andererseits ausgegangen werden sollte, sprechen unter anderem auch die Berichte aus Perspektive der Opfer in den kurdischen Gebieten, wo die TB2 offenbar bereits seit 2017 im Einsatz ist, für deren Effektivität.[3]

Auch in der Ukraine spielte diese Drohne bereits vor dem russischen Einmarsch eine Rolle. Hierüber berichtete etwa die Washington Post in einem Beitrag vom 15. Januar 2022 – der nach dem russischen Einmarsch so wahrscheinlich nicht mehr erschienen wäre. Unter dem Titel „Warum ukrainische Drohnen aus türkischer Produktion zum Zündfunken der Spannungen mit Russland wurden“[4] wird einleitend ein vom ukrainischen Verteidigungsministerium veröffentlichtes Video beschrieben, welches angeblich den Angriff einer TB2 auf eine Artilleriestellung der pro-russischen Separatisten am 26. Oktober 2021 im Osten des Landes dokumentiert. Dabei handele es sich um „mehr als nur einen weiteren Zusammenstoß während der schon fast acht Jahre anhaltenden Kämpfe in der Ost-Ukraine“: „Für Russland war dies ein weiteres Signal, dass die Ukraine aufrüstet und womöglich das militärische Kräfteverhältnis in der Region verändert“ [„For Russia, it was another signal that Ukraine is boosting its arsenal to potentially change the military balance in the region…“]. Während die US-amerikanischen Waffenlieferungen die Schlagzeilen dominiert hätten, so der Beitrag weiter, habe die diskretere Unterstützung aus der Türkei in Moskau mehr Besorgnis ausgelöst. U.a. hätten sich die Ukraine und die Türkei auf den Aufbau einer eigenen Drohnen-Produktion in der Ukraine verständigt. Dies, so wird ein ukrainischer „Militärexperte“ zitiert, schaffe „völlig veränderte Rahmenbedingungen für die [militärischen] Auseinandersetzungen“. Später wird ein weiterer Experte aus Kiew zitiert, der die Drohnen gar als Game-Changer [„game changing app“] bezeichnet habe. Der Artikel berichtet weiter, dass die seit 2019 angeschafften Drohnen von der Ukraine vor dem 26. Oktober nur zur Aufklärung eingesetzt worden seien und zitiert anschließend eine vom ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlichte Stellungnahme, wonach man „die Taktik und die Methoden des Kampfeinsatzes der Bayraktars weiter ausbauen“ werde, „um die russische Aggression abzuschrecken und die Interessen der Ukraine zu schützen“.


TB2 im aktuellen Ukraine-Krieg

2019 soll die Ukraine für 69 Mio. US$ die ersten sechs TB2-Drohnen zusammen mit zwei Bodenstationen und weiterer technischer Infrastruktur erhalten haben. Laut Angaben der ukrainischen Luftwaffe soll die Ukraine zu Beginn der russischen Invasion über 20 solcher UAS verfügt haben, Schätzungen gingen jedoch bereits damals von einer höheren, womöglich doppelt so hohen Zahl aus.[5] V.a. in den ersten Tagen des Krieges gab es zahlreiche Berichte über den erfolgreichen Einsatz der TB2 gegen russische Panzer, Artillerie und Luftabwehrsysteme.[6] Als „bestätigt“ gelten nur wenige davon. Ein Beitrag von Derek Gatopoulos und Suzan Fraser für APNews vom 17. März 2022 hebt entsprechend v.a. den Nutzen der TB2 im „Informationskrieg“ hervor,[7] denn sie lieferten früh Bilder bzw. Videos von zerstörten russischen Waffensystemen und stellten damit die ukrainische Fähigkeit zur Gegenwehr unter Beweis. Die Fähigkeiten der Drohnen wurden demnach in der Ukraine und von Unterstützer*innen u.a. in musikalisch unterlegten und gelegentlich auch öffentlich vorgespielten Youtube-Videos gefeiert.[8]


Auch die militärische Potenz der relativ billigen Drohnen zumindest in den ersten Wochen habe einige Expert*innen überrascht, wie APNews weiter berichtet. Anders als in asymmetrischen Konflikten hatten sie den langsam fliegenden, ungeschützten TB2 wenig Chancen gegen die russische Flugabwehr ausgerechnet. Dass diese angeblich trotzdem v.a. in den ersten Tagen viele erfolgreiche Angriffe durchführen konnten, führen die Expert*innen auf anfängliche Schwierigkeiten bei der russischen Flugabwehr zurück, die jedoch behoben werden dürften. Jack Watling vom Londoner Thinktank RUSI (Royal United Services Institute) wird entsprechend mit der Einschätzung zitiert: „Die Spielräume, diese Drohnen einzusetzen, nehmen ab. Wir sehen deshalb, dass die Ukrainer vorsichtiger sein müssen, wann sie diese einsetzen“.[9]


Zumindest die Kommunikation des russischen Verteidigungsministeriums bemühte sich bald, genau diesen Eindruck zu vermitteln. In den täglichen Erfolgsmeldungen über feindliche Abschüsse spielten die TB2 von Anfang an eine hervorgehobene Rolle. Nur sie werden unter den abgeschossenen UAV besonders hervorgehoben und deren Zahl ansonsten (einschließlich TB2) summarisch aufaddiert. Bereits am Abend nach dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022 wurde in den (später deutlich systematischer meist jeweils gegen 10 und 19 Uhr veröffentlichten) „Briefings“ des russischen Verteidigungsministeriums erstmals der Abschuss von vier TB2 vermeldet. Am Abend des 27. Februar wurde der Abschuss von drei weiteren TB2 nahe Chernihiv bekannt gegeben. Die Gesamtzahl der von Russland zerstörten ukrainischen UAV wurde am Abend des 5. März, als der nächste Abschuss einer achten TB2 vermeldet wurde, auf 59 beziffert. Zu dieser Zeit lag dieser Wert noch deutlich unter der angegebenen Zahl für zerstörte bemannte Luftfahrzeuge, der mit insgesamt 90 angegeben wurde. Weitere Abschüsse von TB2 wurden am Morgen des 6. März und am Abend des 7. März vermeldet. Alleine zwischen dem Morgen des 10. März und dem Morgen des 15. März wurde der Abschuss von 22 weiteren TB2 bekanntgegeben. Die Zahl der von Russland angeblich zerstörten ukrainischen UAV stieg demnach im selben Zeitraum von 107 auf 165. Vom 15. bis 22. März wurde die Zerstörung von acht weiteren TB2 vermeldet. Nachdem in der Nacht zum 23. März angeblich drei weitere abgeschossen wurden, behauptete der stellvertretende russische Generalstabschef, Sergej Rudskoj, dass nun insgesamt 35 der 36 zu Beginn der Operation in ukrainischem Besitz befindlichen TB2 vernichtet seien. Die Summe der einzeln vermeldeten Abschüsse belief sich zu diesem Zeitpunkt zwar bereits auf 42, in der Größenordnung sind jedoch beide Zahlen einigermaßen plausibel. In der Folge wurde jeweils ein weiterer Abschuss in den morgendlichen Briefings am 31. März und 1. April verkündet und dann erst wieder die Vernichtung von fünf weiteren zwischen dem Abend des 6. und dem Morgen des 8. April. In der Gesamtzahl der zerstörten feindlichen Luftfahrzeuge überwiegen nach russischer Darstellung die UAV zu diesem Zeitpunkt (Stand 7. April, 19:30) mit insgesamt 416 klar diejenigen der angeblich zerstörten 95 bemannten Helikopter und 125 Flugzeuge (zusammen 220).[10]


Ohne zu glauben, den „Nebel des Krieges“ in diesem Verhältnis durchdringen zu können, lassen sich die zitierten Expertisen und die Briefings des russischen Verteidigungsministeriums zu einem zumindest plausiblen Gesamtbild integrieren: Bereits zu Beginn der russischen Offensive stellten die TB2 ein Ziel der zunächst aus der Distanz geführten russischen Angriffe auf die militärische Infrastruktur der Ukraine am Boden dar. Mit dem Vormarsch der russischen Bodentruppen konnten die TB2 zunächst großflächig und relativ erfolgreich gegen diese eingesetzt werden und lieferten wichtige Propaganda-Erfolge oder zumindest -Bilder. Ab der dritten Woche des russischen Vormarsches wurden diese jedoch – zumindest nach russischer Darstellung – auch effektiv von der Flugabwehr bekämpft. Sowohl die ukrainischen Meldungen erfolgreicher Einsätze als auch die russischen Berichte von Abschüssen legen anschließend einen zurückhaltenderen Einsatz der TB2 nahe. Ende März scheinen die Einsätze der TB2 kurzfristig stagniert zu haben, bevor ab dem 31. März zumindest von russischer Seite wieder über Abschüsse berichtet wird. Insgesamt nehmen die Abschüsse von TB2 in der russischen Propaganda eine hervorgehobene Rolle ein. Ähnliches gilt für die Vernichtung feindlicher UAV insgesamt, welche die Zahl vernichteter bemannter Luftfahrzeuge mittlerweile deutlich übersteigt. Die beiderseitige Berichterstattung über die TB2 entspricht damit den Trends zumindest der europäischen Wahrnehmung über die Kräfteverhältnisse, wonach eine zunächst übermächtige russische Invasion auf unerwarteten Widerstand stieß und in die Defensive geriet.


Kleine Drohnen der dubiosen Einheit „Aerorozvidka“

Ein Beitrag des Guardian vom 28. März 2022 legt nahe, dass bei dieser Verschiebung der Kräfteverhältnisse auch deutlich kleinere Drohnen eine Rolle gespielt hätten. Demnach sei es u.a. einem „Team von 30 Spezialkräften und Drohnenpiloten auf Quads“ zu verdanken, dass die berühmte, 60-Kilometer-Kolonne russischer Militärfahrzeuge auf ihrem Weg nach Kiew ins Stocken geraten sei, die ansonsten wohl einen „Überwältigungsangriff“ auf die Hauptstadt durchgeführt hätten. So wird von einem Hinterhalt berichtet, bei dem sich die ukrainischen Angreifer der Einheit „Aerorozvidka“ nachts durch die Wälder an den Konvoi angenähert hätten und dabei mit Nachtsichtgeräten, Scharfschützengewehren, ferngesteuerten Minen und Drohnen mit Wärmebildkameras ausgerüstet gewesen seien, die kleine 1,5kg-Bomben abwerfen könnten. So sei es gelungen, mehrere Fahrzeuge an der Spitze des Konvois auszuschalten und ihn somit aufzuhalten, bevor er sich in kleinere Kolonnen aufgeteilt habe. Auch diese seien von dem kleinen Team mehrfach erfolgreich angegriffen worden. Außerdem sei die Spezialeinheit auch daran beteiligt gewesen, die Einnahme des Flughafens Hostomel nahe Kiew durch russische Fallschirmjäger in den ersten Stunden des Krieges zu verhindern. Sie habe dabei „Drohnen genutzt, um die etwa 200 russischen Fallschirmspringer, die sich an einem Ende des Flughafens verschanzt hatten, zu lokalisieren, ins Visier zu nehmen und zu bombardieren“.[11]


Das Scheitern der frühen russischen Übernahme dieses Flughafens nahe Kiew gilt als erster entscheidender Wendepunkt im Krieg, da die russischen Truppen ihn offenbar nutzen wollten, um weitere schwere Waffen einzufliegen und angeblich einen Enthauptungsschlag gegen die Hauptstadt zu führen. Weitgehend unbestritten ist, dass mehrere russische Transportflugzeuge bereits auf dem Weg nach Hostomel waren und wegen der Niederlage ihrer Luftlandekräfte beidrehen mussten.


Der Guardian beruft sich bei dieser Darstellung einer geradezu fantastischen Heldengeschichte des militärischen ukrainischen Widerstandes nahezu ausschließlich auf die Berichte des Kommandeurs und eines weiteren Mitglieds der Spezialeinheit und räumt ein, dass diese sich zumindest im Detail nicht verifizieren ließen. Plausibel ist sie u.a. insofern, dass beide Einsatzorte (der Flughafen Hostomel und die Spitze der Kolonne) nahe beieinander liegen und das ukrainische Militär offenbar – vermutlich durch US-Geheimdienste – über die russischen Pläne informiert und darauf vorbereitet war. In jedem Fall, so auch der Guardian, unterstreiche „die große Menge der von der Ukraine veröffentlichten Luftaufnahmen die Bedeutung von Drohnen für ihren Widerstand“.


Spektakulär ist auch, was der Guardian weiter über die Einheit schreibt. Diese sei 2014, nach dem Maidan und der russischen „Invasion der Krim und im Donbas“, von einem ehemaligen Investmentbanker, freiwilligen IT-Spezialisten und Bastlern gegründet worden. Ihr jetziger Kommandant habe als IT-Berater gearbeitet und sich 2014 der Einheit angeschlossen, sein Stellvertreter sei erst im Februar 2022 richtig eingestiegen, hat aber wohl bereits zuvor seine Fähigkeiten als Managementberater genutzt, um deren Finanzierung zu sichern. Dafür war diese, das erwähnt der Bericht gleich drei Mal, auf Crowdfunding angewiesen. Unterstützung habe die Einheit – die zugleich eher als ein Netzwerk von Aktivisten beschrieben wird – auch bei der Beschaffung von elektronischen Bauteilen erhalten, die teilweise der Exportkontrolle unterlagen und deshalb von „Freunden und Unterstützern“ auf „eBay und anderen Webseiten“ eingekauft und in die Ukraine geschickt wurden. Als einer dieser Unterstützer näher vorgestellt wird Klaus Hentrich, Reservist der Bundeswehr und Molekularbiologe in Cambridge. Für einen sehr flexiblen Übergang zwischen zivilen Berufen und militärischer Berufung spricht auch die Tatsache, dass die Einheit angeblich 2019 vom Verteidigungsministerium aufgelöst und erst im Oktober 2020 angesichts der zunehmenden Spannungen mit Russland wieder aufgestellt wurde. Während sich die Einheit zunächst auf kommerziell verfügbare Aufklärungsdrohnen abgestützt habe, habe sie zunehmend eigene Designs entwickelt, darunter UAV mit acht Rotoren und einer Spannweite von 1,5 Metern, die neben Bomben auch Panzerabwehrgranaten verschießen könnten. Außerdem hätte sie entlang der Frontlinie ein Netz von Sensoren aufgebaut, mit denen Kommandeure der ukrainischen Armee russische Truppenbewegungen in Echtzeit mitverfolgen könnten. Zum Abschluss des Beitrages zitiert der Guardian noch einmal den Kommandeur der Truppe, welche für ihn „die Zukunft der Kriegführung“ verkörpere, in der „Schwärme von kleinen Teams, verbunden durch gegenseitiges Vertrauen und fortschrittlicher Kommunikationstechnik größere und schwerer bewaffnete Gegner überwältigen“ könnten: „Wir sind wie Bienen, aber wir arbeiten nachts“.[12]


Springmesser aus den USA

Am 1. April und damit fünf Wochen nach dem Beginn des Krieges kündigte das US-Verteidigungsministerium im Rahmen seiner Ukraine Security Assistance Initiative (USAI) die Lieferungen von Rüstungsgütern und -Dienstleistungen im Wert von 300 Mio. US$ in die Ukraine an.[13] Konkret genannt wurden elf Systeme bzw. Kategorien, darunter Raketen und Maschinengewehre, gepanzerte Fahrzeuge, Munition, Nachtsichtgeräte und andere optische Hilfsmittel sowie Satellitenbilder. Explizit genannt werden außerdem ein System zur Drohnen-Abwehr sowie UAV vom Typ Puma und Switchblade. Beim System Puma handelt es sich um eine batteriebetriebene Aufklärungsdrohne, die aussieht wie ein größeres Modellflugzeug und je nach Ausführung mit einer Reichweite von 20 bis 60km über zwei bis sechs Stunden feindliche Stellungen aufklären kann. Sie wird v.a. von US-Spezialkräften und der Marine verwendet, aber auch in mehrere Länder exportiert, darunter auch an informelle bewaffnete Gruppen wie die Peschmerga. Hergestellt wird sie – ebenso wie das System Switchblade – vom US-Unternehmen AeroVironment, das mehrere Dutzend Typen von UAV v.a. für militärische Zwecke entwickelt hat und vermarktet.

Bei den Switchblades handelt es sich um kleine Kamikaze-Drohnen, die gelegentlich auch als Munition kategorisiert werden. Sie lassen sich in einem Rucksack transportieren und ähnlich wie Mörsergranaten aus Röhren starten. Nach dem Start klappen sie ihre Flügel aus (daher der Name „Springmesser“) und können entweder von einem Tablet gesteuert oder selbstständig in ein vorher definiertes Zielgebiet fliegen, bewegte und stationäre Ziele identifizieren und dem Bedienpersonal zum Abschuss vorschlagen, den sie nach Bestätigung durch das Personal eigenständig vornehmen. Ihre Reichweite reicht je nach Ausführung bis zu 40 Kilometer. Nach maximal 40 Minuten muss die Drohne entweder im Ziel detoniert sein oder sie zerstört sich selbst in der Luft. Die relativ günstigen Geschosse (die Stückkosten werden tw. auf nur 6.000 US$ geschätzt) kamen 2011 auf den Markt und machten anschließend v.a. in Afghanistan eine steile Karriere, wo etwa 4.000 von ihnen zum Einsatz gekommen sein sollen. Ihr Vorteil besteht u.a. darin, dass mit ihnen aus gesicherten Entfernungen und sicheren Stellungen heraus relativ kurzfristig und präzise feindliche Stellungen und auch bewegte Ziele angegriffen werden können, ohne dass der Ausgangspunkt der Attacke offenbahrt würde. Das US-Verteidigungsministerium konkretisierte am 7. April 2022, „hunderte“ der Drohnen an die Ukraine geliefert zu haben. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass auch die bereits am 16. März von den USA angekündigte Lieferung von 100 taktischen unbemannten Luftsystemen sich auf Switchblades bezogen hätten, wobei ein „System“ bis zu zehn Geschosse beinhalten würde. Offiziell mitgeteilt wurde jedenfalls, dass die Switchblades mit unterschiedlichen Sprengladungen geliefert würden, die jeweils auf den Einsatz gegen Menschen oder gepanzerte Fahrzeuge ausgerichtet sind. Mittlerweile wurde auch bekannt, dass eine kleine Zahl ukrainischer Soldaten, die sich angeblich bereits vor dem russischen Angriff in den USA befunden haben sollen, dort im Umgang mit den Kamikazedrohnen ausgebildet wurden, bevor sie in die Ukraine zurückgebracht werden oder wurden.[14] Da es sich um „nicht sehr komplexe Systeme“ handele, würden „etwa zwei Tage“ für die Ausbildung genügen, gab das Pentagon an anderer Stelle bekannt und stellte sowohl weitere Lieferungen als auch Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte an diesen Waffensystemen in Aussicht.[15]


Über tatsächliche Angriffe von Switchblades in der Ukraine finden sich bislang keine Berichte. Das könnte bedeuten, dass es noch zu keinen entsprechenden Einsätzen kam. Allerdings finden sich auch nach über zehn Jahren und hunderten Einsätzen des Waffensystems in Afghanistan zwar zahlreiche Preisungen ihrer militärischen Fähigkeiten, aber wenig konkrete oder anschauliche Darstellungen. Das kann damit zusammen hängen, dass sich deren Einsatz kaum heroisch inszenieren lässt, sondern es sich im Wortsinne um eine hinterhältige Waffe handelt. Axel Zimmermann fasst ihre besonderen Qualitäten für das ZDF entsprechend so zusammen: „Die kommen aus dem Nichts. Die Angegriffenen wissen nicht, wann und wo die Drohne gestartet ist, können sie während des Fluges kaum orten und entsprechend nicht bekämpfen“.[16] Entsprechend schlecht lassen sie sich auch filmisch dokumentieren bzw. inszenieren.


Ukrainische Produkte und „Terminator-Drohnen“

Neben den Drohnen, die aktuell in das Land geliefert oder vor dem Krieg importiert wurden, produziert auch die Ukraine selbst mehrere Modelle. Das Rückgrat ihrer Drohnenflotte, so Vikram Mittal von der US-Militärakademie in West Point, stellen etwa 300 Aufklärungsdrohnen vom Typ A1 Fury und Leleka-100.[17] Beide erinnern ebenfalls an größere Modellflugzeuge mit einer Spannweite von zwei Metern oder weniger. Die „Fury“ wird vom ukrainischen Hersteller Athlon Avia nach eigenen Angaben seit 2013 entwickelt und produziert. Außer einer weiteren Drohne bietet das Unternehmen keine weiteren Produkte an. Ende 2020 wurde die Fury von den ukrainischen Streitkräften zugelassen und bestellt und nach Angaben des Herstellers bereits 2021 entlang der Kontaktlinie in der Ostukraine eingesetzt. Mit ihrer Reichweite von 50 Kilometern wird sie v.a. zur Zielaufklärung und Feuerzuweisung für die Artillerie eingesetzt.


Die etwas kleinere Leleka-100 wird angeblich auf informeller Ebene bereits seit 2015 vom ukrainischen Militär genutzt, erst im Mai 2021 jedoch hat das ukrainische Militär diese offiziell zugelassen und 114 Stück bestellt. Auch das Unternehmen, das die Leleka-100 herstellt, wurde erst 2014 gegründet und stellt ausschließlich unbemannte Flugzeuge her.


Relativ viel Aufmerksamkeit erhielten auch die Drohnen mit dem Namen „Punisher“ („Strafender“): Sie kann mit einzelnen Raketen mit einer Sprengladung von vier Pfund bestückt werden und wurde nach Angaben des Herstellers in den ersten Tagen des Krieges bereits 60 Mal erfolgreich gegen die russischen Truppen eingesetzt. Begleitet wird sie dabei von einer unbewaffneten Drohne, die Ziele aufklärt und beleuchtet. Auch der Punisher wird in vielen Medienberichten als „Game-Changer“ bezeichnet. Die besondere Aufmerksamkeit für dieses UAV kann – neben den behaupteten militärischen Erfolgen – einerseits mit ihrem sprechenden Namen, andererseits jedoch auch mit der Geschichte der Herstellerfirma zusammenhängen, die häufig Teil der Berichterstattung ist. Die israelische Zeitung Haaretz portraitierte das Unternehmen kurz vor dem russischen Angriff anlässlich eines Besuches des ukrainischen Präsidenten Zelensky am 17. Februar 2022 an der Front in der Ostukraine. „Männer in khaki-farbenen Jacken“ hätten dort selbstgemachte Drohnen vorgeführt bzw. getestet. Sie betonen ihren Status als Veteranen des Krieges gegen die Separatisten im Osten und ihre tiefe Feindschaft gegenüber Russland sowie – explizit! – auch der russischen Bevölkerung als Ganzes. Ihr Unternehmen, UA Dynamics, wurde erst im Monat davor offiziell registriert, war aber offenbar bereits früher aktiv, u.a. bei der Entwicklung der Drohne und in der „taktischen und strategischen Beratung von Staaten, die sich durch Russland bedroht fühlen“.[18]


Vor allem britische (Boulevard-)Medien haben zwischenzeitlich auch intensiv über „Terminator-Drohnen“ berichtet, um damit die „Kreativität“ des Widerstandes zu unterstreichen. Dabei handelt es sich um kommerzielle und unbewaffnete Drohnenmodelle, denen jedoch – vermeintlich in Anlehnung an die berühmte Filmreihe mit Arnold Schwarzenegger und Linda Hamilton – ein furchterregendes Aussehen verpasst worden wäre. Es finden sich viele Berichte darüber, wie sie angeblich genutzt worden seien, um russische Soldaten in Angst und Schrecken zu versetzen, die daraufhin geflohen seien und damit ihre Stellungen preis gegeben hätten. Es existieren auch Videos, die entsprechende Szenen darstellen sollen und z.B. von der britischen Daily Mail veröffentlicht wurden. Zu sehen ist aus Drohnenperspektive ein (vermutlich) russischer Soldat, der eine Straße entlang rennt, dabei offenbar von der filmenden Drohne verfolgt wird und mehrfach „verzweifelt“ („frantically“) über seine Schulter in Richtung der Drohne blickt, bevor er auf andere Soldaten trifft, die sich am Straßenrand verschanzt haben. Der fliehende Soldat – so ergänzt die Daily Mail auf dem Video nicht erkennbare Ereignisse –habe damit die Stellung seiner Kameraden verraten, die anschließend von der ukrainischen Artillerie beschossen und von den Russen aufgegeben worden sei.[19]


Russische Drohnen: Wenig Berichte, magere Bilanz

Über den Einsatz russischer UAV im Krieg in der Ukraine finden sich kaum vergleichbare Berichte, wie überhaupt russische Erfolgsmeldungen zumindest in der westlichen Presse so gut wie nicht stattfinden. Wenn sich dort Berichte über russische Drohnen finden, dann handeln sie sehr oft von deren Abschuss durch die Ukraine und der anschließenden Demontage. Ein solches Video, das der Pressedienst ArmyInform der ukrainischen Streitkräfte veröffentlicht hat, offenbart, dass die russische Drohne „technisch überraschend primitiv“ sei: ausgestattet mit einer einfachen kommerziellen Kamera im Wert von 300-400 US$, teilweise mit Klebeband zusammengehalten, anscheinend fungiert ein abgeschnittener Hals einer Plastikflasche als Einfüllstutzen für den Treibstoff.[20] Auch was den Einsatz unbemannter Bodenfahrzeuge angeht, bietet der aktuelle Krieg in der Ukraine wenig Hinweise darauf, dass Russland hier in den vergangenen Jahren in der Entwicklung solch große Fortschritte gemacht hat, wie gelegentlich spekuliert wurde.

Unter den englischsprachigen Pressemitteilungen des russischen Verteidigungsministeriums finden sich nach sechs Wochen Krieg eine handvoll Berichte und Videos über den – vermeintlich – erfolgreichen Einsatz russischer UAV. Das erste entsprechende Video wurde dort am 16. März 2022 veröffentlicht, ist wenig aussagekräftig und zeigt Luftaufnahmen von LKW und Lagerhallen. Diese Daten wurden demnach genutzt, um Artillerieangriffe zu koordinieren, bei denen Lagerhallen mit Waffen und „bis zu 20 Einheiten Waffen und militärischer Ausrüstung zerstört wurden“.[21] Zwei Tage später wurde dort ein zweites Video veröffentlicht, das offensichtlich aus mehreren Quellen zusammengeschnitten ist und vermeintliche Abschüsse von Fahrzeugen und Lagerhallen von einer größeren russischen Drohne aus darstellt.[22] Wiederum zwei Tage später findet sich dort ein knapper Bericht, der über einen Angriff auf eine ukrainische Artilleriestellung durch ein russisches UAV berichtet.[23] Am 30. März erschien dann eine etwas ausführlichere Meldung, wonach Drohnen des Typs Orlan-10 sowie deren Bedienpersonal trotz ukrainischer Gegenmaßnahmen („electronic warfare means“) „24 Stunden am Tag“ über feindlichem Gebiet im Einsatz seien, um Stellungen der „nationalistischen Bataillone“ aufzukären. Der Informationsgehalt ist auch hier gegenüber den propagandistischen Kernaussagen gering, die erstens darin bestehen, dass die ukrainischen Gegenmaßnahmen überwunden würden und die ukrainischen Einheiten sich gerne in zivilen Gebäuden verschanzten und Zivilisten als menschliche Schutzschilde nutzten.[24] Auch in den täglichen Berichten des ukrainischen Generalstabes spielen russische UAV keine große Rolle: Gelegentlich, etwa am 16. März und am 11. April, wurde im Kontext konkreter Gefechte über Aufklärungsflüge der Orlan-10 berichtet und am 1. April auch der Abschuss einer solchen Drohne vermeldet.


Als objektive Quelle für materielle russische Verluste im Krieg gilt in westlichen Medien die Gruppe „Oryx“ bzw. deren Webseite (oryxspioenkop.com), obwohl diese keinen Hehl aus ihrer klaren Parteinahme für die Ukraine und dafür umso weniger Angaben über ihrer Struktur und Finanzierung macht. Sie sammelt Informationen über zerstörte und erbeutete russische Waffensysteme und Fahrzeugen aus öffentlichen Quellen und versucht diese relativ aufwändig und transparent zu verifizieren. BBC berichtete etwa am 12. April 2022 bezugnehmend auf Oryx von 460 russischen Panzern und über 2.000 weiteren gepanzerten Fahrzeugen, die Russland bislang verloren hätte.[25] Die Zahl der demnach erbeuteten oder abgeschossenen russischen UAV belief sich zu diesem Zeitpunkt hingegen auf nur 28.[26] Neben einer Aufklärungsdrohne vom Typ Forpost (eine in Lizenz von Russland produzierte Weiterentwicklung der IAI Searcher aus israelischer Produktion) handelt es sich bei allen anderen Fällen um russische Eigenentwicklungen, mit 15 Stück überwiegend um die bereits mehrfach erwähnten UAV vom Typ Orlan-10. Dabei handelt es sich um eine unbewaffnete Drohne mit einer Spannweite von etwa drei Metern und einem Startgewicht von gut 16kg. Für ihre Größe und ihr Gewicht hat sie mit angeblich 1.400km und 16 Stunden eine erstaunlich große Reichweite und Ausdauer. Deutlich kleiner und in der Reichweite deutlich begrenzter ist die russische Drohne Elron, von der demnach bislang vier von der Ukraine erbeutet wurden. Außerdem seien eine Kampfdrohne vom Typ Orion und vier russische Kamikaze-Drohnen KUB-BLA durch ukrainische Kräfte abgeschossen worden. Die Orion als einzige regelmäßig von Russland eingesetzte Kampfdrohne wurde 2016 erstmals getestet und befindet sich seit dem in verschiedenen Modellen in der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Erprobung. Mit einer Spannweite von etwa 30 Metern kann sie bis zu 24 Stunden in der Luft bleiben und vier Raketen mit einem Gesamtgewicht von 250kg tragen bzw. verschießen. Wie viele Exemplare die russische Armee besitzt (Schätzungen belaufen sich auf „etwa 30“)[27] und in der Ukraine einsetzt, ist unbekannt, Hinweise auf einen großflächigen, alltäglichen Einsatz der Orion in diesem Krieg finden sich keine.


Aufsehen erregte allerdings der Einsatz der russischen Kamikazedrohnen KUB-BLA, von denen bereits vier abgeschossen wurden bzw. abgestürzt sind. Ihre Ausmaße und Ausdauer (30 Minuten) sind vergleichbar mit den größeren Modellen der US-Amerikanischen Switchblades und ihre Sprengladung mit 3kg relativ groß. Im Bulletin of the Atomic Scientists, einer Publikation, die eher der US-amerikanischen Friedensbewegung nahesteht, wurde der Einsatz der KUB-BLA in der Ukraine mit Besorgnis kommentiert, da diese nach Darstellung des Herstellers (einer Tochterfirma der Rüstungsschmiede Kalashnikov) auch über einen autonomen Modus verfüge, in dem Ziele eigenständig identifiziert und angegriffen werden können. Unabhängig davon, ob dieser Modus in der Ukraine bereits aktiviert worden sei, unterstreiche ihr Einsatz, „dass Killer-Roboter [bereits] da sind“.[28]


Einschätzungen des Drohnenkrieges

Seit Beginn des russischen Einmarsches haben zahlreiche westliche Expert*innen und Thinktanks Einschätzungen und Analysen zur Rolle von UAV im Krieg in der Ukraine abgegeben. Eine der ersten stammte am 2. März von Lauren Kahn vom Council on Foreign Relations (CFR). Sie handelt letztlich ausschließlich von den TB2 und rechnete diesen wenig Chancen im weiteren Kriegsverlauf aus. Die Autorin äußert darin ihr Unverständnis, warum Russland nicht innerhalb der ersten Tage die ganze ukrainische Flotte außer Gefecht setzen konnte: „Warum Russland nicht in der Lage war (oder zögerte), die ukrainischen Bayraktar-TB2-Streitkräfte am Boden zu halten, obwohl es zu Beginn des Krieges die Möglichkeit dazu hatte und mit den UAVs vertraut war, ist nach wie vor unklar“. Deshalb werde die Ukraine „wahrscheinlich weiterhin ihre Bayraktar TB2 zusammen mit anderen Luftkampfmitteln einsetzen, um russische Panzer, andere Panzer und mobile Flugabwehrsysteme anzugreifen, solange sie über diese Fähigkeiten verfügt“.[29]


Lesenswert sind die Berichte des Journalisten David Axe für das Forbes Magazine bzw. Forbes.com. Auch er hatte den TB2-Drohnen der Ukraine noch am 8. Februar 2022 wenig Chancen gegen die russische Luftabwehr ausgerechnet[30] (an anderer Stelle jedoch recht gut die Schwachstellen einer möglichen russischen Offensive prognostiziert)[31]. Am 21. und 23. März erschienen Beiträge von ihm, in denen er sein früheres Urteil revidierte. Der Ukraine sei es gelungen, ihre TB2-Flotte mit Beginn des russischen Angriffs auf abgelegene Basen zu verlegen und nach einigen Tagen der Reorganisation von dort aus empfindliche Schläge gegen den russischen Vormarsch durchzuführen. Dabei sei es u.a. durch niedrigen Anflug gelungen, der Luftabwehr auszuweichen und zunächst diese anzugreifen, woraufhin die restlichen russischen Fahrzeuge ein einfaches Ziel gewesen wären. Axe geht entsprechend sogar von deutlich höheren russischen Verlusten durch TB2 aus, als von ukrainischer Seite angegeben: „Bis zum 20. März haben ausländische Beobachter anhand von Fotos und Videos bestätigt, dass fast 60 Panzer, Luftabwehrsysteme, Hubschrauber und Transportfahrzeuge den TB2-Angriffen zum Opfer gefallen sind. Die tatsächliche Zahl der Abschüsse ist zweifellos noch viel, viel höher. Wir kennen die tatsächliche Gesamtzahl nicht, weil die Ukraine nicht will, dass wir wissen, wo und wie oft ihre Drohnen zuschlagen“.[32] Am 31. März 2022 berichtete Axe, dass mittlerweile wohl zwei TB2 vom russischen Militär abgeschossen worden seien,[33] während Russland zu dieser Zeit den Abschuss von mehr als den 20 Exemplaren für sich reklamiert hätte – das entspricht der Zahl, auf die Axe den ukrainischen Bestand zum Beginn des russischen Angriffs geschätzt hatte. Er deutet jedoch in seinen verschiedenen Beiträgen mehrfach an, dass zwischendurch weitere Systeme der modernsten Bauart aus der Türkei geliefert worden sein könnten.


Am 9. April 2022 zog Axe dann eine vorläufige Bilanz, in der er Fähigkeit und Verfügbarkeit der ukrainischen TB2 mit jenen der russischen Orion vergleicht. Demnach schienen die ukrainischen TB2 quasi pausenlos in der Luft zu sein und die russischen Truppen zu bedrohen, während Flüge der Orion eher sporadischer Natur seien. Den 60 „bestätigten“ Abschüssen durch die TB2 stünden lediglich sechs durch Orion gegenüber – wobei er sich auf Oryx beruft. Demnach stünde bislang drei „bestätigt“ abgeschossenen TB2 lediglich eine abgeschossene Orion gegenüber. Aber: „Kiew bezieht weiterhin neue Luftfahrzeuge – und Bayraktar hat kein Problem, die Produktion aufrechtzuerhalten. Kronstadt [der russische Hersteller der Orion] hingegen könnte Schwierigkeiten haben, die russische Nachfrage nach weiteren Orions abzudecken, da Russland seit langem Probleme bei der Beschaffung von High-Tech-Komponenten hat. Die neuen westlichen Sanktionen werden die Engpässe wahrscheinlich noch verschärfen. Es stimmt also, dass am Himmel über der Ukraine verschiedene und konkurrierende Drohnenkämpfe stattfinden. Aber die Kiewer Kampagne lässt sich aufrecht erhalten. Die russische … nicht so sehr“.[34]


Auch Vikram Mittal von der US-Militärakademie in West Point beurteilte einen Monat nach Beginn des russischen Einmarsches den russischen Einsatz von UAV als wenig erfolgreich. Stattdessen zeige sich auf diesem Gebiet eher eine Überlegenheit der Ukraine. Das habe 2014 noch ganz anders ausgesehen, als Russland seine Aufklärungsdrohnen in der Ukraine sehr erfolgreich mit der Artillerie kombiniert und damit rasche Erfolge erzielt hätte. Seit dem habe Russland geschätzte 9 Mrd. US$ in die heimische Produktion von UAV gesteckt und sein Drohnen-Arsenal um etwa 500 Exemplare verschiedener Klassen aufgestockt. Dass nun Russland trotzdem auf diesem Gebiet unterlegen sei, erklärt er mit „einer Kombination aus Handels-Embargos, Technologieentwicklung und der wachsenden Bedeutung von Gegenmaßnahmen“.[35] Durch die seit 2014 geltenden Sanktionen sei Russland der Zugang zu wichtigen Komponenten und Schlüsseltechnologien wie Optik, Leichtbau-Technik und Elektronik versagt gewesen und entsprechende eigene Entwicklungen nicht entscheidend vorangekommen, während die Ukraine v.a. mit den TB2 günstige und fortgeschrittene Systeme aus der Türkei erhalten habe. Ähnlich verhalte es sich mit der Drohnenabwehr. Hier seien in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht worden, die teilweise an Russland vorbeigegangen seien. So nutze Russland Methoden des Jamming und Spoofing, bei denen der Ausgangspunkt des Störsignals leicht zu identifizieren und angreifbar sei. Außerdem würden einige ukrainische Drohnen über Systeme verfügen, welche entsprechende Angriffe erkennen und ausweichen könnten. Zugleich habe die Ukraine Zugang zu neuen Entwicklungen der NATO im Bereich der Drohnenabwehr. Welche Systeme dabei genau zum Einsatz kämen, sei nicht bekannt, aber alleine die Bilder der – oft äußerlich wenig beschädigten – abgeschossen bzw. abgestürzten russischen Drohnen würden auf fortschrittliche und effiziente Technologien hinweisen.


Fazit

Weder die russische Regierung noch westliche Beobachter*innen weisen russischen UAV eine entscheidende Rolle in der Kriegführung in der Ukraine zu. Die ukrainische Regierung hingegen konnte Drohnen in den ersten Wochen des Krieges zumindest propagandistisch nutzen, um die Verwundbarkeit der russischen Truppen zu demonstrieren. Westliche Medien und Expert*innen bezeichnen darüber hinaus ukrainischen UAV verschiedener Typen und Klassen (u.a. TB2, Punisher, Switchblade) als „Game-Changer“, die das Kräfteverhältnis wesentlich zugunsten der Ukraine verschoben hätten und noch weiter verschieben könnten. Das aktuelle Kräfteverhältnis wäre demnach wesentlich durch den Technologietransfer in den vergangenen acht Jahren geprägt sowie durch Rüstungslieferungen der NATO und ihrer Verbündeten an die Ukraine. Relativ klar jedenfalls scheint, dass Russland in dieser Zeit im Bereich der UAV entweder deutlich weniger erfolgreich aufgerüstet hat oder seine Mittel sehr zurückhaltend einsetzt. Im ersten Fall ergäbe sich aus der auf UAV fokussierten Betrachtung sogar die Frage, ob die Aufrüstung der Ukraine mit entsprechenden Waffensystemen nicht sogar eine Motivation für die russischen Aggression dargestellt haben könnte. Aus dieser Perspektive jedenfalls scheint der Technologietransfer wesentlich dazu beigetragen haben, die Kräfteverhältnisse in der Region zugunsten der Ukraine und der NATO zu verschieben – eine Tendenz, der Russland erklärtermaßen entgegentreten wollte.


Dieser Technologietransfer fand in einigen Bereichen – etwa die Lieferung der TB2 von der Türkei in die Ukraine – offen, in anderen – z.B. der Lieferung von Drohnenabwehrsystemen vermutlich aus den USA – verdeckt ab. Wie zumindest die Berichte über die halb militärisch, halb privat finanzierte und organisierte Spezialeinheit „Aerorozvidka“ nahelegen, waren dabei auch Personen im westlichen Ausland daran beteiligt, Exportrestriktionen für High-Tech-Komponenten in die Ukraine zu umgehen. Auch die Geschichte mehrerer ukrainischer Drohnen-Hersteller, etwa des Punishers, werfen nicht nur Fragen nach deren Finanzierung auf, sondern auch, welche Unterstützung sie (sonst) dabei erhielten, in kürzester Zeit einsatzfähige und der russichen Technologie überlegene UAV zu entwickeln und in den Einsatz zu bringen. Die Geschwindigkeit der sich nun möglicherweise als entscheidend erweisenden Aufrüstung der Ukraine mit UAV ist jedenfalls bemerkenswert: 2019 erfolgte die erste Beschaffung von TB2, 2021 die offizielle Zulassung und Bestellung der Aufklärungsdrohnen Fury und Leleka. Das Unternehmen, welches die Punisher herstellt, wurde erst Wochen vor dem Kriegsbeginn registriert und mittlerweile befinden sich vermutlich zusätzlich hunderte Kamikaze-Drohnen des Typs Switchblade und weitere US-Drohnenmodelle im Besitz der ukrainischen Armee.


Bei der TB2 hingegen erscheint der damit verbundene Technologietransfer relativ transparent. Entscheidende Bauteile stammen aus den USA, das zentrale Modul, mit dem Ziele erkannt und für den Abschuss „beleuchtet“ werden, stammt zumindest in allen nachgewiesenen Fällen vom deutschen Rüstungshersteller Hensoldt, an dem der Bund über die KfW eine Sperrminorität hält.[36]


Auf jeden Fall dokumentiert der Krieg in der Ukraine, dass die USA, EU und Deutschland nicht Getriebene sind in der Drohnenentwicklung, sondern führende und treibende Kräfte. Von den Schwärmen gegnerischer Drohnen, mit denen auch hierzulande die Entwicklung und Erprobung von Systemen zur Schwarmsteuerung vorangetrieben wird, ist von russischer Seite jedenfalls aktuell nichts zu sehen. Entsprechende Systeme stehen jedoch z.B. in Deutschland für unbewaffnete Drohnen kurz vor der Einsatzreife, in den USA gilt dasselbe u.a. auch für die Kamikaze-Drohnen vom Typ Switchblade.


Anmerkungen

[1] Vgl.: Christoph Marischka: Berg-Karabach und der „erste echte Drohnenkrieg“ – Europas Anteil und deutsche Konsequenz, IMI-Analyse 2021/19.

[2] Siehe z.B.: Umar Farooq: The second drone Age – How Turkey Defied the U.S. and Became a Killer Drone Power, The Intercept vom 14.5.2019.

[3] Metin Gurcan: Turkey-PKK ‚drone wars‘ escalate, AL-Monitor vom 18.9.2017.

[4] Isabelle Khurshudyan, David L. Stern: „Why Ukraine’s Turkish-made drone became a flash point in tensions with Russia“, washingtonpost.com vom 25.1.2022.

[5] Lauren Kahn: How Ukraine Is Using Drones Against Russia, www.cfr.org vom 2.3.2022.

[6] Vikram Mittal: Puzzling Out the Drone War Over Ukraine, IEEE Spectrum vom 25.3.2022.

[7] Derek Gatopoulos, Suzan Fraser: Cheap but lethal Turkish drones bolster Ukraine’s defenses, APNews.com vom 17.3.2022.

[8] Zur Inszenierung der TB2 in der ukrainischen Propaganda siehe auch: Why Turkey’s Bayraktar TB2 UAV Has Become a Household Name, reconnaissance-europe.com.

[9] Derek Gatopoulos, Suzan Fraser, a.a.o.

[10] Die Zahlen dieses Absatzes entstammen einer Auswertung des Autors der englischsprachigen Briefings der russischen Verteidigungsministeriums unter https://eng.mil.ru/en/news_page/country.htm zwischen dem 24.2.2022 und dem 8.4.2022.

[11] Julian Borger: The drone operators who halted Russian convoy headed for Kyiv, theguardian.com vom 28.3.2022.

[12] Ebd.

[13] „Defense Department Announces $300 Million in Additional Assistance for Ukraine“, www.defense.gov vom 1.4.2022.

[14] Phil Stewart, Idrees Ali: U.S. training small number of Ukrainians on Switchblade drones – defense official,

www.reuters.com vom 6.4.2022.

[15] „DOD: More Javelins Approved for Ukraine; Switchblades On their Way“, www.defense.gov vom 6.4.2022.

[16] Axel Zimmermann: Switchblade-Drohnen – Tod aus dem Nichts, zdf.de vom 9.4.2022.

[17] Vikram Mittal, a.a.o.

[18] Liza Rozovsky: Ukrainian Veterans Gird for Another War – and Family Is No Excuse, www.haaretz.com vom 19.2.2022.

[19] Chris Jewers: Moment a frantically fleeing Russian soldier is chased down by Ukrainian drone… before he unwittingly leads Kyiv’s forces straight to his unit, www.dailymail.co.uk vom 8.4.2022.

[20] Michael Zhang: Ukraine Opens Russian Drone, Finds Canon DSLR Inside, petapixel.com vom 11.4.2022.

[21] „Russian gunners with the help of an unmanned aerial vehicle destroyed military equipment and an ammunition depot of the Armed Forces of Ukraine“, www.mil.ru vom 16.3.2022.

[22] „The Ministry of Defence has published footage of the destruction of armored vehicles and ammunition depots of the Armed Forces of Ukraine by an unmanned aerial vehicle with high-precision missile weapons“, www.mil.ru vom 18.3.2022.

[23] „Unmanned aircraft of the Russian Aerospace Forces destroyed a self-propelled artillery battery of the Armed Forces of Ukraine“, www.mil.ru vom 20.3.2022.

[24] „Orlan-10 UAVs perform reconnaissance flights to tactical depth during a special military operation in Ukraine“, www.mil.ru vom 30.3.2022.

[25] „Ukraine conflict: Why is Russia losing so many tanks?“, www.bbc.com vom 11.4.2022.

[26] Die fortlaufend aktualisierte Liste „bestätigter“ Verluste findet sich unter: https://www.oryxspioenkop.com/2022/02/attack-on-europe-documenting-equipment.html. Im Text wiedergegeben ist der Stand vom 11.4.2022. Bis 21.4.2022 hat sich die Gesamtzahl der abgeschossenen russischen Drohnen demnach auf 39 erhöht, darunter sieben weitere Aufklärungsdrohnen Orlan, eine weitere Elron und zwei weitere Kamikaze-Drohnen KUB-BLA.

[27] https://www.forbes.com/sites/davidaxe/2022/04/09/russia-just-lost-a-killer-drone-over-ukraine-it-cant-afford-to-lose-many-more/

[28] Zachary Kallenborn: Russia may have used a killer robot in Ukraine – Now what?, www.thebulletin.org vom 15.3.2022.

[29] Lauren Kahn, a.a.o.

[30] David Axe: Ukraine Reportedly Has 20 TB-2 Drones – They Might Not Matter In A Wider War With Russia,

www.forbes.com vom 8.2.2022.

[31] David Axe: How The Russians Crush Ukraine, And How Ukraine Thwarts Them, www.forbes.com vom 16.2.2022.

[32] David Axe: Ukraine’s Drones Are Wreaking Havoc On The Russian Army, www.forbes.com vom 21.3.2022.

[33] David Axe: Russia Has Shot Down A Second TB-2. It’s Too Little, Too Late To Stop Ukraine’s Killer Drones, www.forbes.com vom 31.3.2022.

[34] David Axe: Russia Just Lost A Killer Drone Over Ukraine. It Can’t Afford To Lose Many More, www.forbes.com vom 9.3.2022.

[35] Vikram Mittal, a.a.o.

[36] Christoph Marischka, a.a.o.


Info: https://www.imi-online.de/2022/04/26/drohnen-im-ukraine-krieg

26.04.2022

Der Westen will keinen Frieden

nachdenkseiten.de, 25. April 2022 um 9:03 Ein Artikel von Aaron Maté

Der ehemalige Schweizer Geheimdienstoffizier und NATO-Berater Jacques Baud spricht über die Wurzeln des Ukraine-Krieges und seine wachsenden Gefahren. Manch einen plagt die Sorge, dass in der kollektiven Hysterie des Westens mit ihren Sanktionen und Waffenlieferungen, und mit der absurden Idee, diesen Krieg auf dem Schlachtfeld gewinnen und Russland bestrafen zu wollen, die Gefahr einer Eskalation zum Atomkrieg liegt. Dieser Auffassung scheint auch Jacques Baud zu sein, der hier von Aaron Maté interviewt wird. Zwar lesen sich seine Einlassungen streckenweise wie eine Putin-Apologie, doch eine sehr kenntnis- und detailreiche, die den Versuch einer Charakterisierung aller Akteure rund um den 24. Februar 2022 unternimmt, und auch vor einer Deutung des „Rätsels Putin“ nicht zurückschreckt. Aus dem Englischen von Susanne Hofmann.


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Vorbemerkung Jens Berger: Die NachDenkSeiten sind bemüht, beim Thema „Krieg in der Ukraine“ die verschiedenen Facetten im Meinungsspektrum abzubilden und überlassen es ihren Lesern, die Versatzstücke zusammenzuführen. Wir halten unsere Leser für erwachsene Menschen, die sich ihre eigene Meinung machen können. Wenn wir Gastartikel und Interviews abdrucken, heißt dies daher nicht, dass wir sämtliche Aussagen eins zu eins teilen. So teile ich persönlich beispielsweise die Aussagen von Jaques Baud zu Bucha und Kramatorsk nicht und finde auch seine Aussagen zum Beginn der Invasion ein wenig unterkomplex und einseitig. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele andere Aussagen hochinteressant sind und so in den allermeisten Medien, die alles verteufeln, was auch nur im Verdacht steht, Spuren von Verständnis für die russische Position zu haben, nicht zu lesen oder zu hören sind.


AARON MATÉ: Willkommen bei Pushback. Ich bin Aaron Maté. Mein heutiger Gast ist Jacques Baud. Er hat eine Reihe hoher Sicherheits- und Beraterpositionen bei der NATO, der UN und den Schweizer Streitkräften bekleidet. Er ist auch ehemaliger Geheimdienstoffizier des Swiss Strategic Intelligence Service. Jacques, danke, dass Sie sich zuschalten konnten.

JACQUES BAUD: Danke für die Einladung.


Lassen Sie mich mit der Frage beginnen – erzählen Sie doch mehr von Ihrem Hintergrund und welche Einblicke in die Ukrainekrise Ihnen dieser verschafft.

Wie Sie gerade sagten, bin ich strategischer Geheimdienstoffizier. Mein Aufgabengebiet waren die Kräfte des Warschauer Paktes. Das war während des Kalten Krieges, aber ich habe immer noch einen guten Blick auf die Vorgänge in Osteuropa. Ich pflegte auch russisch zu sprechen und zu lesen, das erleichtert den Zugang zu gewissen Dokumenten.


Und kürzlich wurde ich zur NATO geholt als Chef der Abteilung gegen die Proliferation kleiner Waffen. In dieser Eigenschaft nahm ich an mehreren NATO-Projekten seit 2014 in der Ukraine teil. Dadurch kenne ich diesen Kontext gut. 2014 untersuchte ich auch den möglichen Influx kleiner Waffen in den Donbass.


Und drittens arbeitete ich – weil ich für die UN schon mit der Wiederherstellung von Streitkräften befasst war – als die ukrainische Armee Probleme kriegte mit persönlichen Angelegenheiten, Selbstmord, all diese Dinge, die es 2014 gab, auch Probleme bei der Rekrutierung von Soldaten – wurde ich von der NATO-Seite gebeten, an mehreren Projekten zur Wiederherstellung der ukrainischen Streitkräfte teilzunehmen. Das ist also, kurz zusammengefasst, mein Hintergrund zu diesem Thema.


#Runup zum 24. Februar

Sie haben einen langen Artikel geschrieben, in dem Sie die Ursachen des Ukrainekonfliktes in drei Hauptgebieten darlegen. Da gibt es die strategische Ebene, die Expansion der NATO; die politische Ebene mit dem, was Sie als die Weigerung des Westens bezeichnen, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen; und auf der operativen Ebene die andauernden und wiederholten Angriffe auf die Zivilbevölkerung des Donbass während der letzten Jahre, die gegen Ende Februar 2022 dramatisch zunahmen.


Lassen Sie uns damit beginnen. Sprechen Sie über diesen Anstieg der Angriffe auf Zivilisten im Donbass im Februar, also den Tagen unmittelbar vor der russischen Invasion, und wie dieser Anstieg zu diesem Krieg oder dieser Invasion führte.


Nun, wir dürfen natürlich nicht vergessen, wie Sie wissen, dass der Krieg nicht wirklich am 24. Februar dieses Jahres begonnen hat. Sondern schon im Jahr 2014. Aber ich glaube, die Russen hatten immer die Hoffnung, dass dieser Konflikt auf der politischen Ebene gelöst werden könne, ich meine die Minsker Vereinbarungen und all das. Was also zu der Entscheidung führte, eine Offensive im Donbass loszutreten, waren nicht die Ereignisse seit 2014. Sondern es gab einen Auslöser, und der kam, wenn Sie so wollen, in zwei Phasen. Die erste ist die Entscheidung und das Gesetz, das Wolodymyr Selenskij im März 2021 – also letztes Jahr – verabschiedet hat, die Krim gewaltsam zurückzuerobern, und daran schloss sich ein Aufmarsch russischer Trupp… pardon, ich meinte natürlich ukrainischer Truppen, an, im südlichen Teil des Landes. Und so glaube ich, dass die Russen über diesen Aufmarsch genau Bescheid wussten. Ihnen war klar, dass eine Operation gegen die Republiken im Donbass bevorstand, aber sie wussten nicht wann, und natürlich haben sie das nur beobachtet, aber dann kam der wirkliche Auslöser.


Vielleicht erinnern Sie sich – ich meine, es war am 16. Februar – da sagte Joe Biden in einer Pressekonferenz, er wisse, die Russen würden angreifen. Und woher hätte er das wissen sollen? Nun, ich habe noch einige Kontakte, und zu Ende Januar, Anfang Februar, glaubte noch niemand, dass die Russen die Ukraine angreifen würden. Also muss es etwas gegeben haben, das Biden gewarnt hat. Und dieses Etwas, das war die Zunahme des Artilleriebeschusses des Donbass (1), die am 16. Februar begann. Und das wurde tatsächlich von der Beobachtungsmission der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) beobachtet, sie zeichneten diesen Anstieg der Waffenstillstandsverletzungen (2) auf, das war ein massiver Anstieg.


Ich meine, wir haben es mit einer Steigerung auf das Dreißigfache zu tun – in den letzten acht Jahren hatte es schon eine Menge Waffenstillstandsverletzungen (2) von beiden Seiten gegeben. Aber dann am 16. Februar gab es diesen massiven Anstieg von der ukrainischen Seite. Deshalb war das für die Russen, und insbesondere Wladimir Putin, das Signal, dass die Operation – nämlich die der ukrainischen Seite – nun beginnen würde. Und dann ging alles los: ich meine, nun ging es Schlag auf Schlag. Wenn wir uns die Zahlen ansehen, dann bemerken Sie einen massiven Anstieg vom 16. auf den 17. Februar, und dann erreichte es eine Art Maximum am 18., und setzte sich weiter fort. (3)


Auch in der Duma, dem russischen Parlament, wusste man über diese mögliche Offensive Bescheid, und sie verabschiedeten eine Resolution, in der sie Wladimir Putin baten, die Unabhängigkeit der beiden selbstproklamierten Republiken im Donbass anzuerkennen. Und das tat Putin dann am 21. Februar. Und gleich nach dem Gesetz, das die Unabhängigkeit der beiden Republiken anerkennt, unterzeichnete er eine Vereinbarung über Freundschaft und gegenseitige Hilfe mit diesen Republiken. Zu welchem Zweck? Nun, das würde den Republiken gestatten, militärische Hilfe anzufordern, wenn sie angegriffen würden. Und deshalb konnte am 24. Februar, als Putin die Offensive begann, diese sich auf Artikel 51 der UN-Charta berufen, der genau diese Art von Hilfe gewährleistet.


Und, wie Sie schon sagten, stellte die OSZE eine starke Zunahme der Waffenstillstandsverletzungen fest, Artilleriefeuer gegen die Seite der Rebellen. Aber glauben Sie, nach dem was Sie bei der Positionierung der ukrainischen Truppen beobachten konnten, dass die Bedrohung durch einen unmittelbar bevorstehenden Angriff der ukrainischen Truppen real war? Kann man das abschätzen anhand ihrer Positionierung auf der anderen Seite der Kontaktlinie?

Ja, hundertprozentig. Ich meine, wir hatten Berichte, und die waren verfügbar während der letzten zwei Monate. Seit dem letzten Jahr wissen wir, dass die Ukrainer ihre Kräfte im Süden des Landes konzentrieren, nicht an der Ostgrenze mit Russland, sondern an der Kontaktlinie im Donbass. Und tatsächlich, wie wir seit dem 24. Februar erleben, stießen die Russen bei Beginn der Offensive kaum auf Widerstand, insbesondere im Norden.


#Kriegsführung im Donbass

Und dadurch konnten sie, was sie seitdem getan haben, die ukrainischen Kräfte im Süden umstellen, im Südostteil des Landes – zwischen den beiden Donbass-Republiken und der restlichen Ukraine. Und dort befindet sich heute die Hauptmasse der ukrainischen Kräfte. Das entspricht genau der russischen, operationellen Kampfdoktrin. Die Hauptoffensive war im Süden, weil durch die Zielvorgabe Wladimir Putins – Entwaffnung und Entnazifizierung – beide Ziele im Süden erreicht werden konnten, und dort wurden die Hauptanstrengungen der Offensive unternommen.


Der Angriff auf Kiew war ein sogenannter sekundärer Angriff, und er hatte im Grunde eine doppelte Funktion. Erstens, die politische Führung in Kiew unter Druck zu setzen, in der Hoffnung, sie an den Verhandlungstisch zu bekommen. Zweitens, den Rest der ukrainischen Streitkräfte zu binden und festzunageln, so dann sie die Hauptkräfte im Donbass nicht verstärken konnten. Und das hat gut funktioniert. Wie ich schon sagte, konnten die Russen die Hauptmasse der ukrainischen Kräfte umstellen, Nachdem sie das geschafft hatten, konnten sie einige Truppen von Kiew abziehen, und das ist es, was sie seit Ende März getan haben. Sie haben mehrere Einheiten abgezogen, um anderswo Verstärkung zu gewinnen, nämlich für die Hauptauseinandersetzung um den Donbass. Jetzt sind sie bei diesem Abzug, und diese Truppen lagen vorher im Gebiet um Kiew, und werden nun die Flanken der Vorhut schützen, in der Offensive gegen die Hauptstreitkräfte im Donbass.


Und das ist es, was einige die „Mutter aller Schlachten“ genannt haben, das findet jetzt im Donbass statt, wo sie – niemand kennt die genaue Anzahl eingekesselter ukrainischer Soldaten, die Schätzungen reichen von 60.000 bis 80.000 – und diese Kräfte sollen in kleinere Kessel zerschnitten, und dann vernichtet oder neutralisiert werden.


#Selenskij und seine Vorgesetzten

Für mich ist es ziemlich klar, dass Selenskijs Regierung an ernsthaften Gesprächen über all die kritischen Themen, die diesen Krieg hätten vermeiden können, kein Interesse hatte, und für den Hauptgrund halte ich den wahrscheinlich hinter den Kulissen ausgeübten Druck der USA, was wir jetzt nicht endgültig beweisen können. Aber ich glaube, die Beweise werden später auftauchen. Der zweite Grund ist offene Feindschaft von Ukraines Ultrarechten, die faktisch Selenskijs Leben bedrohten, wenn er Frieden mit Russland geschlossen hätte.


Und diese Drohungen waren sein ständiger Begleiter als Präsident, die ganze Zeit bis zum Vorabend der Invasion, und führten dazu, dass Leute wie sein Top-Sicherheitsberater Ende Januar verkündeten, die Implementierung von Minsk würde die Ukraine zerstören – nachdem Selenskij die Wahl mit dem Versprechen, Minsk zu implementieren, gewonnen hatte – und das führte zu den finalen Gesprächen über die Implementierung von Minsk, die von Frankreich und Deutschland vermittelt wurden. In diesen Gesprächen im Februar weigerte Selenskijs Regierung sich urplötzlich, auch nur mit den Abgesandten der Rebellen zu sprechen, was jede Übereinkunft unmöglich machte. Und in der Zwischenzeit hatte es Entwicklungen wie die folgende gegeben, was jüngst vom *Wallstret Journal* publiziert wurde: Der deutsche Kanzler Olaf Scholz soll Selenskij am 19. Februar geraten haben, dass „die Ukraine auf ihre NATO-Ambitionen verzichten und Neutralität erklären sollte, als Teil eines weiter gefassten Sicherheitskonzepts zwischen Russland und dem Westen.“ Und dieses von Scholz vorgeschlagene Abkommen würde von Biden und Putin mitunterschrieben, aber Selenskij wollte das nicht und lehnte es rundheraus ab.


Aber meine Frage ist, nachdem es ziemlich klar ist, dass Selenskij und die Ukraine die Diplomatie sabotiert haben, was ist mit Russland? Hat Russland alle diplomatischen Mittel eingesetzt, um einen Krieg zu vermeiden? Zum Beispiel, warum geht es nicht zur UN und beantragt einen Blauhelmeinsatz für den Donbass? Und zweitens, wenn das Ziel ist, die Bevölkerung des Donbass zu schützen, warum invadiert man dann nicht nur im Donbass, sondern auch weit davon entfernt?


Nun, ich glaube, die Russen haben ihr Vertrauen in den Westen komplett verloren. Ich glaube, das ist der Hauptgrund. Sie vertrauen dem Westen nicht mehr, und deswegen, glaube ich, setzen sie auf einen vollständigen militärischen Sieg, um eine bessere Verhandlungsposition zu erreichen.


Ich glaube, dass Selenskij … ich bin nicht sicher, dass er dem Frieden so abgeneigt ist. Ich glaube, er kann es sich nicht leisten, Frieden zu schließen. Ich glaube, dass er von Anfang an gefangen war zwischen… Sie erinnern sich, er wurde gewählt für die Idee, im Donbass Frieden zu stiften. Das war sein Ziel, das war seine Agenda als Präsident.


#Europa blockiert den Frieden

Aber ich glaube, der Westen – besonders die Amerikaner und Briten – wollten nicht, dass es zu diesem Frieden kommt. Und natürlich die Deutschen und Franzosen, die Garantiemächte für die ukrainische Seite der Minsker Vereinbarung sind, haben das – ihre Funktion – nie implementiert. Sie haben schlicht und einfach ihren Job nicht gemacht. Das gilt besonders für Frankreich, das gleichzeitig im UN-Sicherheitsrat sitzt. Denn, zur Erinnerung, die Minsker Vereinbarung war auch Gegenstand einer Resolution des Sicherheitsrates. Also haben sie nicht nur die in Minsk geleisteten Unterschriften der Parteien, sondern auch jene der Mitglieder des Sicherheitsrates, die für die Implementierung verantwortlich waren – und keiner wollte, dass diese Vereinbarung umgesetzt wird. Das scheint zu bedeuten, dass Selenskij unter großem Druck stand, so dass er nicht einmal mit den Repräsentanten der beiden abtrünnigen Republiken sprechen wollte.


Damit haben wir übrigens ein Beispiel gesehen, mehrere Hinweise, dass Selenskij nicht die volle Kontrolle über das hatte und hat, was in der Ukraine geschieht. Ich glaube, die, sagen wir, rechtsextremen Nationalisten – es ist schwierig, das richtige Wort zu finden, es ist eine Mischung von allem – aber eindeutig diese Kräfte haben ihn bisher gehindert, irgendetwas zu tun. Und wir sehen auch, dass er in der Frage des Friedens heftig schwankt. Sobald er anfing – Sie erinnern sich an das Ende vom Februar, als er seine Bereitschaft zu Verhandlungen bekundete, die damals in Belarus stattfinden sollten – Stunden, nachdem er das entschieden hatte, kam die EU mit einer Entscheidung, der Ukraine für eine halbe Milliarde Waffen zu liefern. Offenbar unternahmen die Amerikaner, aber wahrscheinlich der ganze Westen, jede mögliche Anstrengung, eine politische Lösung des Konfliktes zu verhindern. Und ich glaube, die Russen verstehen das genau.


#Der Plan zur Schwächung Russlands

Nun müssen wir auch wissen, dass die Russen ein ganz anderes Verständnis vom Krieg haben als westliche Länder, besonders die USA. Im Westen neigen wir dazu, wenn wir verhandeln, tun wir das bis zu einem bestimmten Punkt und hören dann auf, und der Krieg beginnt. Und dabei bleibt es dann. Ganz anders bei den Russen. Man fängt zwar Krieg an, aber die Diplomatie läuft immer parallel, zugleich mit dem Kriegsgeschehen. Man benutzt mentalen Druck und versucht, ein Ziel zu erreichen, auch mit Diplomatie. Das erinnert sehr an Carl von Clausewitz, den preußischen General und Militärtheoretiker, von dem der berühmte Satz stammt, Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.


Genauso sehen die Russen das auch. Deshalb boten sie während der gesamten Offensive, und schon bei deren Beginn, Verhandlungen an. Denn die Russen wollen sicherlich verhandeln, aber sie trauen den westlichen Ländern – ja dem Westen insgesamt – nicht, die Verhandlungen zu erleichtern. Und deshalb kamen sie auch nicht zur [Münchener] Sicherheitskonferenz. Außerdem wissen sie wahrscheinlich, dass dieser Krieg, den wir jetzt sehen, Teil eines größeren Krieges gegen Russland ist, der schon vor Jahren begonnen wurde (6), und ich glaube, in Wirklichkeit ist die Ukraine nur… in Wirklichkeit interessiert sich niemand für die Ukraine, denke ich. Das eigentliche Ziel, der Masterplan ist, Russland zu schwächen, und wenn sie mit Russland fertig sind, dann machen sie dasselbe mit China, wie man heute schon unschwer erkennen kann. Ich meine, wir haben gesehen, dass bis jetzt die Ukrainekrise den Rest überschattet hat, aber etwas ganz Ähnliches könnte zum Beispiel mit Taiwan passieren. Den Chinesen ist diese Möglichkeit voll bewusst. Deshalb werden sie auch nicht ihre, sagen wir, Beziehung zu Russland aufs Spiel setzen.


Nun, wenn der Name des Spiels ist, Russland zu schwächen, und wie Sie wissen, hat die RAND Corporation mehrere Studien durchgeführt, wo es um Ausdehnung oder Überdehnung von Russland ging und so weiter, und wo das ganze Szenario…


Nur zur Erklärung für alle Zuschauer, die es noch nicht wissen: RAND ist eine dem Pentagon nahe Denkfabrik, und sie machten 2019 eine Studie, in der sie nach Wegen suchten, wie die USA Russland imperial überdehnen und aus dem Gleichgewicht bringen könnten, und als Top-Option stellte sich heraus, Waffen in die Ukraine zu schicken und dort einen Konflikt zu entfachen, der Russland mit hineinziehen würde, also genau das Szenario, das jetzt eingetreten ist.


Hundertprozentig. Und ich halte das für einen ausgereiften Plan zur Schwächung von Russland, und genau das geschieht jetzt vor unseren Augen. Wir hätten es voraussehen können, und ich denke, Putin hat es vorausgesehen. Und ich glaube, er verstand in den Tagen vor dem 24. Februar, dass er nicht nichts tun konnte. Er musste irgendetwas tun.


#Putins Entscheidung

Die öffentliche Meinung in Russland würde es nie verstehen, wenn Russland dabei zuschauen würde, wie die Donbass-Republiken von der Ukraine invadiert oder zerstört würden. Niemand würde das verstehen. Also musste er etwas machen. Und dann – Sie erinnern sich, was er am 24. Februar sagte: Egal was er tun würde, das Sanktionspaket für Russland würde das gleiche bleiben. Er wusste also, dass die kleinste Intervention im Donbass ein massives Sanktionspaket nach sich ziehen würde, das war klar. Deshalb entschied er sich gleich für die maximale Option. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, die Republiken, ohne staatliche Anerkennung, nur an der Kontaktlinie zu verteidigen. Aber er entschied sich für die größere Variante, die Kräfte zu zerstören, die den Donbass bedrohten.


Und dann haben Sie diese beiden [von Putin benannten] Ziele: Entwaffnung, das bezieht sich nicht auf die ganze Ukraine, sondern sollte die militärische Bedrohung für den Donbass entschärfen, das war das Hauptziel. Was er sagte, wurde vielfach missverstanden, und natürlich waren seine Worte nicht sehr klar, aber so ist nun mal die russische Art zu kommunizieren und zu agieren. Man hält sich Optionen offen, aus diesem Grunde sagen sie nur so viel wie unbedingt nötig. Und das ist genau das, was Putin am 21. meinte, als er von der Entschärfung der militärischen Drohung gegen den Donbass sprach. Sein zweites Ziel, Entnazifizierung, läuft nicht darauf hinaus, Selenskij umzubringen oder die Regierung in Kiew abzusetzen. Wie ich schon sagte, Krieg bedeutet für die Russen eine Kombination von Kampfhandlungen mit Diplomatie. Bei dieser Vorgehensweise braucht man eine intakte Führung als Ansprechpartner für die Verhandlungen, und deshalb scheiden alle Varianten aus, in denen die Kiewer Führung umgebracht oder zerstört wird.


Also geht es bei der „Entnazifizierung“ nicht um jene 2,5 Prozent der rechtsextremen Parteien in Kiew. Sondern um die 100 Prozent von Asow-Leuten in Mariupol oder Charkow, und derartige Gruppen. Das wird immer missverstanden. Es geht definitiv um jene Gruppen, die tatsächlich 2014 von den Ukrainern rekrutiert wurden, um, sagen wir, [potentielle Rebellen] zu beschwichtigen und zu kontrollieren (4). Mir fehlt das passende Wort dafür, aber um im Donbass zu kämpfen. Diese Leute sind Extremisten, Faschisten, und sie sind gefährlich.


#Überläufer und andere Probleme

Und eine der Aussagen, die Sie in Ihrem Artikel machen und die ich noch nicht kannte, ist, dass ein Teil des Grundes, warum die Ukraine diese Milizen braucht, ultrarechte Milizen und ausländische Söldner, die hohe Rate von Überläufern innerhalb der eigenen Militärhierarchie ist, wobei es sich teils um Leute handelt, die nicht dienen wollen, und teils um solche, die im Donbass zu den Rebellen überlaufen.


Genau. Wie ich schon sagte, beobachtete ich für die NATO den Waffentransfer in den Donbass hinein, und was wir fanden, war, wir konnten keinen russischen Import oder Export von Waffen in Richtung Donbass feststellen. Aber was wir bemerkten, war das Überlaufen ganzer Einheiten, bis hin zur Bataillonsstärke. Und im Jahr 2014 stammte der größte Teil der schweren Artillerie, die der Donbass dazugewann, von solchen Überläufern. Ganze Einheiten wechselten die Seiten komplett mit Mannschaften, Munition und allem. Der Grund ist, dass die ukrainische Armee in Personal und Organisation regional strukturiert war. Dadurch gab es viele russischsprachige Soldaten. Wenn sie zum Kämpfen in den Donbass geschickt wurden, wollten sie nicht gegen ihre russischsprachigen Kollegen kämpfen und zogen es vor, überzulaufen.


Hinzu kommt, dass in den Jahren 2014 bis 2017 die Führung der ukrainischen Armee extrem schwach war. Es gab eine Menge Korruption. Ich bin mir nicht sicher, ob das Militär für diese Art von Kriegsführung vorbereitet war, ein Krieg, der seitens der Rebellen ganz ähnlich geführt wurde wie heute und in den letzten Jahren im Nahen Osten. Das bedeutet sehr mobile Einheiten, die sehr schnell die Position wechseln, viel schneller als die schweren Einheiten der ukrainischen Armee. Und wenn wir uns die verschiedenen Schlachten ansehen, die 2014/15 ausgetragen wurden, dann waren es nie die Ukrainer, die vorne lagen. Sie hatten nie die Initiative, sondern die lag immer bei den Rebellen.


Und – das ist wichtig – es handelte sich nicht um Guerillakämpfer. Sondern es war einfach eine extrem mobile Art von Kriegsführung. Hinzu kam, die ukrainische Armee war generell nicht wirklich bereit zu kämpfen. Es gab eine Menge Selbstmorde, Alkoholprobleme, Unfälle und Morde in der ukrainischen Armee. Und das führte dazu, dass viele junge Ukrainer, um nicht gezogen zu werden, das Land verließen. Und was ich hier sage, wurde aufgezeichnet und stand in den offiziellen Berichten Großbritanniens und der USA, glaube ich. Es gibt sehr interessante Berichte über die niedrige Rekrutierungsrate von Einzelpersonen, weil einfach niemand in die Armee wollte.


#Milizen und Söldner

Und das ist der Grund, warum die NATO involviert war, auch ich war Teil eines solchen Programms, das das Image der Armee und die Rekrutierungsbedingungen und Derartiges verbessern sollte. Aber die Lösungen, die die NATO lieferte, waren institutioneller Art und würden lange dauern, und um den Mangel an Personal zu kompensieren, und wahrscheinlich auch, um aggressivere Soldaten zu bekommen, fingen sie an, Internationalisten und Söldner zu nehmen, das sind Tatsachen. Niemand kennt die genaue Zahl dieser Paramilitärs und rechtsextremen Milizionäre. Reuters schätzt ihre Zahl auf 100.000 – ich kann dazu nichts sagen. Aber es passt zu dem, was wir jetzt in den Regionen des Landes sehen. Dabei haben die Paramilitärs keine Rolle im mobilen Krieg, und ich würde sagen, auch nicht auf dem Schlachtfeld. Sondern sie wurden eingesetzt, um in den Städten für Ordnung zu sorgen.


Genau das sehen wir heute zum Beispiel in Mariupol, wo diese Leute sich aufhalten, denn sie sind für Feldoperationen nicht ausgerüstet. Ihre Ausrüstung ist für den Straßenkampf. Sie haben leichte Waffen und ein paar gepanzerte Fahrzeuge, aber nicht wirklich Panzer oder Ähnliches. Es sind also definitiv Einheiten für die urbane Kriegsführung. So ist das in allen großen Städten. Und diese Typen sind extrem fanatisch, kann man sagen, und extrem gefährlich. Das erklärt die Schlachten und sehr brutalen Kämpfe in Mariupol, als Beispiel, und Dasselbe steht uns wahrscheinlich auch in Charkow bevor.


#Bucha und Kramatorsk

Bevor wir zum Schluss kommen, möchte ich Sie zu den jüngsten Gräueltaten befragen, über die berichtet wurde. Es gab Berichte über russische Massentötungen von Zivilisten in der Stadt Bucha sowie Tötungen ukrainischer Kräfte, und dann hatten wir den Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk. Ich frage mich, ob Sie diese beiden Fälle ausgewertet haben und was Sie darüber denken.


Zwei Dinge. Erstens, was wir in beiden Fällen an Indizien haben, deutet für mich darauf hin, dass die Russen nicht verantwortlich waren. Aber, wir wissen es natürlich nicht. Ich glaube, so ehrlich müssen wir sein, wir wissen nicht, was passiert ist. Das Wenige, was wir wissen, alles, die ganzen Einzelheiten scheinen auf die Ukrainer hinzuweisen, aber wir wissen es nicht.


#Europa spielt mit dem Feuer

Das was mich an der ganzen Sache stört, ist nicht, dass wir so wenig wissen. Solche Situationen, wo man die Verantwortlichen nicht festnageln kann, sind in Kriegszeiten normal. Was mich stört, ist, dass westliche Führer anfingen, Entscheidungen zu treffen, ohne zu wissen, was los ist, was passiert ist. Und das stört mich ganz gewaltig. Bevor irgendein Ergebnis von irgendeiner Untersuchung vorliegt – und das sollte eine internationale, unparteiische Untersuchung sein. Ohne das zu haben, fangen wir schon an, Sanktionen zu verhängen, Entscheidungen zu treffen – ich denke, das zeigt, wie pervertiert dieser ganze Entscheidungsprozess im Westen ist.


Seit Februar oder noch davor, denn wir hatten etwas Ähnliches nach der Entführung – oder Nicht-Entführung, denn es war keine – dieser Zwischenfall in Belarus mit dem Ryanair-Flug. Das war im letzten Mai, 2021, dass die Leute schon Minuten, nachdem die Presse darüber berichtet hatte, reagierten, obwohl sie nicht einmal wussten, was los war!


Das ist die Art und Weise, wie die politische Führung in Europa reagiert – auf EU-Ebene, aber auch in den einzelnen Ländern. Als Geheimdienstoffizier stört mich das. Wie kann man so schwerwiegende Entscheidungen treffen (5) für die Bevölkerung oder für ganze Länder, die sogar unsere Wirtschaften durcheinanderbringen?


Es schlägt also auf uns selbst zurück. Aber wir entscheiden ja auch, ohne wirklich den Sachstand zu kennen. Und das, glaube ich, zeigt, was für eine unreife Führungsschicht wir generell im Westen haben. Das gilt sicherlich für die USA, aber ich glaube, an diesem Beispiel der Ukrainekrise sieht man, dass die europäische Führungsebene nicht besser ist als das, was wir in den USA haben. Wahrscheinlich eher noch schlimmer, denke ich manchmal. Das ist es, was uns wirklich beunruhigen sollte, dass wir Leute haben, die ohne jede Grundlage Entscheidungen treffen, und das ist extrem gefährlich.


Jacques Baud, ehemaliger strategischer Geheimdienstoffizier beim Swiss Strategic Intelligence Service, der auch eine Reihe hoher Sicherheits- und Beratungspositionen bei der NATO, den UN und beim Schweizer Militär innehatte. Jacques, vielen Dank für Deine Zeit und Deine Erkenntnisse.


Danke für alles. Vielen Dank.


Anmerkungen des Übersetzers:

  1. … durch ukrainische Einheiten…
  2. … der Waffenstillstand im Rahmen der Minsker Vereinbarung…
  3. In diesen Tagen fanden, nach Berichten des russischen Senders RT, in großem Umfang Evakuierungen von Zivilisten aus dem Donbass nach Russland statt, man rechnete also wirklich mit einem ukrainischen Angriff.
  4. Eine solche rechtsradikale Gruppe, die von Kiew in die Schwarzmeermetropole Odessa geschickt worden war, verübte dort am 2. Mai 2014 ein Massaker an prorussischen Aktivisten mit mindestens 42 Toten. Der Vorfall konnte bis heute nicht juristisch aufgearbeitet werden, da die Ermittlungsbehörden sich auf die Untersuchung prorussischer Aktivisten als Verdächtige beschränkten (Quelle: Wikipedia).
  5. Der europäische Luftraum wurde für Flugzeuge belarussischer Herkunft – insbesondere für alle Flüge des staatlichen Carriers Belavia – gesperrt. Die meisten Airlines in der EU wurden angehalten, den belarussischen Luftraum nicht zu überfliegen. Auch Wirtschaftssanktionen wurden angedacht. Wir haben ausführlich über den Zwischenfall [berichtet.](rubikon.news/artikel/das-ukraine-deja-vu ).
  6. Das klingt nach Dramatisierung, doch die Fakten sprechen für sich: siehe etwa rubikon.news/artikel/das-gesetz-des-dschungels (Putin hat es angekündigt), rubikon.news/artikel/bewahrte-kriegstreiberin und rubikon.news/artikel/kalte-kriegerin (Victoria Nuland und der Maidan-Putsch), rubikon.news/artikel/der-vernichtungsfeldzug (Das britische Netzwerk zur Destabilisierung der Nachbarländer Russlands).

Link auf die Originaldatei (Video plus Transcript).


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=83221


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

26.04.2022

Liveticker zum Ukraine-Krieg: Rheinmetall will 88 "Leopard"-Panzer an die Ukraine liefern

test.rtde.live, 26 Apr. 2022 13:04 Uhr

    Russland führt gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine Militäroperation in der Ukraine durch. Der Westen reagiert mit immer neuen Waffenlieferungen an die Ukraine und beispiellosen Sanktionen. Hier lesen Sie die neuesten Entwicklungen.


  • 26.04.2022 13:30 Uhr

13:30 Uhr

Lambrecht will ukrainische Soldaten in Deutschland ausbilden

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat am Dienstag die Ausbildung ukrainischer Soldaten an Artilleriesystemen in Deutschland angekündigt. "Wir arbeiten gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden bei der Ausbildung von ukrainischen Truppen an Artilleriesystemen auf deutschen Boden", erklärte Lambrecht am Dienstag auf dem US-Stützpunkt in Ramstein. Die deutsche Verteidigungsministerin nimmt dort an einer von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin initiierten Konferenz zur Lösung des Ukraine-Konflikts teil.

Lambrecht kündigte zudem an, ukrainische Soldaten künftig an Panzerhaubitzen in Deutschland ausbilden zu wollen. Dabei würde es sich um eine gemeinsame Ausbildungsmission Deutschlands und der Niederlande handeln. Außerdem plane die Bundesregierung, der Ukraine weitere Munition bereitzustellen. "Denn wir wissen alle, dass in diesem Konflikt Artillerie ein wesentlicher Faktor ist", so Lambrecht.


  • 13:20 Uhr

    Bundespolizei: Fast 382.000 Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland 

    In Deutschland sind nach Angaben der Bundespolizei innerhalb eines Tages rund 2.400 weitere Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen.


  • Wie das Bundesinnenministerium am Dienstag auf Twitter mitteilte, hat die Polizei damit seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 381.521 Kriegsflüchtlinge registriert. Bei den Geflüchteten handele es sich demnach überwiegend um Frauen, Kinder und alte Menschen.

    Die Zahl der Kriegsflüchtlinge dürfte jedoch tatsächlich höher liegen, da es in der Regel keine stationären Kontrollen an den EU-Binnengrenzen gibt und Ukrainer für 90 Tage ohne Visum einreisen dürfen. Auch über eine mögliche Weiterreise in ein anderes EU-Land oder eine Rückkehr in die Ukraine liegen den Behörden keine verlässlichen Daten vor.


  • 13:15 Uhr

    Russland: Westliche Nachschublinien in der Ukraine zerstört

    Russische Truppen haben sechs Umspannwerke zerstört, die für die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte im Donbass mit "ausländischen Waffen und militärischem Gerät" genutzt werden. Das teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow, am Montag mit.

    Er fügte hinzu, dass sich die Bahnhöfe an den Eisenbahnknotenpunkten Krasnoje, Sdolbunow, Schmerinka , Berditschew, Kowel und Korosten – allesamt in der Westukraine – befinden.

    Nach Angaben von Konaschenkow wurden bei den Luftangriffen auch 27 militärische Ziele zerstört, darunter vier Kommandozentralen.

    Die westlichen Unterstützer der Ukraine haben die genauen Routen, über die sie Waffen nach Kiew liefern, nicht offengelegt. Berichten zufolge werden viele dieser Waffen aber über das benachbarte Polen geliefert.


  • 13:00 Uhr

    Weitere Charge humanitärer Hilfe aus Russland in der Region Lugansk angekommen und wird an Bewohner verteilt

    Das russische Militär hat in der Region Lugansk humanitäre Hilfsgüter ausgeteilt. Die Bedürftigen erhielten Pflanzenöl, Graupen, Mehl, Fleischkonserven, Zucker, Zwiebeln, Süßigkeiten und Trinkwasser sowie andere lebensnotwendige Güter.

  • Damit Bedürftige in der Volksrepublik Lugansk weiterhin versorgt werden können, hat ein weiterer humanitärer Konvoi des russischen Katastrophenschutzministeriums insgesamt zehn Fuhren Lebensmittel und Baumaterialien in die Hauptstadt Lugansk geliefert. Dies teilte der Pressedienst des Katastrophenschutzministeriums der Volksrepublik am Dienstag mit:

    "Am Montag, dem 25. April, trafen die Fahrzeuge eines weiteren Konvois des russischen Ministeriums für Katastrophenschutz mit humanitärer Hilfe für die Bewohner des Donbass in der Hauptstadt der LVR ein. Die Lieferung erfolgte in voller Übereinstimmung mit den Anforderungen und Normen des internationalen Rechts."


  • 12:55 Uhr

    Exporterlaubnis beantragt: Rheinmetall will 88 "Leopard"-Panzer an Ukraine liefern

    Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat der Ukraine nach Angaben der dpa angeboten, 88 gebrauchte Leopard-Kampfpanzer zu liefern. Das Angebot beinhalte demnach auch die zur Steuerung der Panzer benötigte Ausbildung der Besatzung in Deutschland, Training für die Instandsetzung, das zugehörige Werkzeug, Ersatzteile, einen Servicestützpunkt sowie die passende Munition. Über das Angebot des Rüstungskonzerns hatte zuerst die Zeitung Welt berichtet.

    Die Genehmigung der Lieferung wurde nach Informationen der Welt bereits Ende vergangener Woche beim für den Export von Waffen zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft beantragt. Zudem soll der Bundesregierung auch noch ein weiterer Antrag von Rheinmetall vorliegen, wonach der Konzern bei erfolgreicher Genehmigung plant, 100 Marder-Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern. Über die Anfrage will die Bundesregierung nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit "zeitnah" entscheiden.

    Bei den Leopard-Panzern soll es sich demnach um von der Bundeswehr ausgemusterte Modelle vom Typ 1A5 handeln. Der Leopard 1A5 ging Anfang der 1960er Jahre in Produktion und wurde von der Bundeswehr bis in Jahr 2003 genutzt. Innerhalb weniger Wochen könne das Unternehmen die ersten Exemplare bereits liefern. Die Kosten für das Komplettpaket würden mit rund 115 Millionen Euro beziffert.


  • 12:50 Uhr

    "In größtmöglichem Umfang Rüstungsgüter direkt für die Ukraine bereitstellen": CDU macht weiter Druck auf Bundesregierung

    Der Streit zwischen der Ampel-Koalition und der Union über Waffenlieferungen an die Ukraine spitzt sich zu. Die größte Oppositionsfraktion hat einen Vorschlag für einen Antrag vorgelegt, in dem sie fordert, die deutschen Waffenlieferungen "in Quantität und Qualität unverzüglich und spürbar" zu intensivieren. 

    Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte am Montag in den ARD-Tagesthemen: "Wir tun das mit dem festen Willen, die Koalition dazu zu bringen, dass wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag am nächsten Donnerstag im Deutschen Bundestag einbringen und verabschieden." Merz rief die Koalition auf, sich intern zu einigen.

    Die Union fordert in ihrem Papier, Deutschland müsse sich jetzt "seinen Verbündeten in EU und NATO anschließen und einen entschlossenen Beitrag zur Stärkung der ukrainischen Selbstverteidigungskräfte leisten – auch und gerade mit schweren Waffen".

    Konkret wird die Bundesregierung aufgefordert, "aus verfügbaren Beständen der Bundeswehr in größtmöglichem Umfang Rüstungsgüter direkt für die Ukraine bereitzustellen und unverzüglich dorthin zu liefern, inklusive "schwerer Waffen" wie gepanzerte Waffensysteme (darunter Kampfpanzer und Schützenpanzer) und Artilleriesysteme. Geliefert werden sollten auch weitreichende Aufklärungsmittel, Führungsausstattungen, Schutzausrüstungen, Mittel zur elektronischen Kampfführung, Gewehre, Munition, Flugabwehrraketen, Panzerabwehrwaffen "sowie alle weiteren erforderlichen Mittel zur Bekämpfung der russischen Invasionstruppen".


  • 12:35 Uhr

    Ukraine-Krieg: UN meldet 2.600 zivile Todesopfer Bis zum Sonntag haben die Vereinten Nationen in der Ukraine 5.718 Opfer unter der Zivilbevölkerung infolge des Krieges gezählt. 2.665 von ihnen wurden getötet, 3.053 waren Verletzte. Das geht aus einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte hervor. Unter den Verletzten sollen demnach auch 300 Kinder gewesen sein.


  • 11:55 Uhr

    Lambrecht will "Gepard"-Panzer an Ukraine liefern 

    Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat bei einem Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein Berichten zufolge zugesagt, Flugabwehr-Panzer vom Typ "Gepard" an die Ukraine zu liefern. Bei den Kettenfahrzeugen handele es sich demnach um Panzer aus früheren Bundeswehrbeständen. 

    Zusätzlich will die Bundesregierung nach Informationen der dpa und der Süddeutschen Zeitung nun doch eine Lieferung von Panzern aus Beständen der Industrie an die Ukraine erlauben. Der Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) soll demnach grünes Licht erhalten, technisch aufgearbeitete "Gepard"-Flugabwehrpanzer aus früheren Beständen der Bundeswehr verkaufen zu dürfen. 

    Lambrechts Rede auf dem Militärstützpunkt in Ramstein war zuvor mit Spannung erwartet worden. Vertreter zahlreicher Länder beraten dort zur Stunde über den Krieg in der Ukraine. Zur Konferenz auf der größten US Air Base außerhalb der Vereinigten Staaten hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin geladen.


  • 11:15 Uhr

    Russischer Rubel handelt trotz Sanktionen nahe Zweijahreshoch zum Euro

    Der russische Rubel hat sich am Montag gestärkt und ist gegenüber dem Euro auf über 77 gestiegen, um ein fast zweijähriges Hoch zu erreichen. Unterstützt wurde er durch Steuerzahlungen, die Unternehmen in dieser Woche leisten müssen, und durch die Erwartung einer Zinsentscheidung der russischen Notenbank am Freitag.

    Am Montag legte der Rubel um 3,6 Prozent zu und notierte bei 77,25 gegenüber dem Euro, nachdem er zuvor auf 76,96 gestiegen war und damit den höchsten Stand seit Juni 2020 erreicht hatte. Heute Morgen notiert der Rubel bei 79,36 gegenüber dem Euro. Der Rubel ist nun sowohl gegenüber dem Dollar als auch gegenüber dem Euro stärker als vor dem Ausbruch des Konflikts in der Ukraine.


  • 11:00 Uhr

    Medien: Trotz Sanktionen gegen Energieträgerexporte – Russlands Einnahmen aus Erdölexport werden Werte vom April des Vorjahres schlagen

    Die internationalen Lieferungen von russischem Erdöl laufen in diesem Monat auf einem "Rekordtempo", und die Exporteinnahmen dürften die des gleichen Zeitraums der Vorjahre "deutlich übertreffen". Dies schrieb die US-Zeitschrift Foreign Policy unter Berufung auf die Erkenntnisse von Experten des US-amerikanischen Institute of International Finance (IIF).

    "Ein Vergleich [mit den Daten vom letzten April] zeigt, dass die Lieferungen in einem Rekordtempo erfolgen – was bedeutet, dass die Ölexporterlöse wahrscheinlich deutlich über den [Einnahmen] des gleichen Monats in den Vorjahren liegen werden", heißt es in dem Bericht, der von Foreign Policy zitiert wird.

    Wie Foreign Policy selbst feststellt, seien einige Experten der Meinung, dass antirussische Sanktionen "auf lange Sicht funktionieren könnten" – doch einige Länder, die Restriktionen gegen Russland verhängt haben, selber eigenhändig "ihre Bemühungen ernsthaft untergraben", indem sie russische Energieressourcen kaufen.

    Gemeint sind damit vor allem europäische Staaten, auf die der Löwenanteil der russischen Erdölexporte entfalle, so der ehemalige Mitarbeiter des US-Außenministeriums Edward Fishman.


  • Info: https://test.rtde.live/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-russische


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.04.2022

    Interview :Ex-Putin-Berater Gromyko: „Der Westen benutzt die Ukrainer als Kanonenfutter“

    berliner-zeitung.de, 26.4.2022 - 07:33 Uhr, Liudmila Kotlyarova

    Der russische Politologe Alexei Gromyko glaubt nicht, dass deutsche Panzer in der Ukraine entscheidend sind. Die nukleare Gefahr sieht er aber ebenfalls nicht.


    Zitat: Alexei Gromyko (53) ist Leiter des Europa-Instituts an der Russischen Akademie der Wissenschaften und Enkel des berühmten sowjetischen Außenministers Andrei Gromyko (aka „Mr. Njet“), der unter anderem für den Satz bekannt ist: „Zehn Jahre Verhandlungen sind immer besser als ein Tag Krieg“. Anfang März hatte Gromyko eine internationale  Expertenerklärung (https://www.instituteofeurope.ru/images/news/032022/statement.pdf) unterzeichnet, die in einer ihrer Klauseln alle Kriegsparteien auffordert, das Feuer ohne Vorbedingungen einzustellen und einen Verhandlungsprozess einzuleiten.


    In Russland ist so eine Erklärung für einen namhaften Regierungsberater zu vergleichen mit dem Schritt, sich öffentlich gegen den Krieg zu positionieren. Ende März

    Präsident Wladimir Putin Gromyko aus dem Expertenrat beim Sicherheitsrat der Russischen Föderation aus, einer Art Politbüro 2.0, ohne Erklärung von Gründen. Gromyko vermutet, dass die russischen Behörden die Empfehlungen der Sachverständigen ohnehin nicht beherzigt hätten. Nun warnt Gromyko in einem Gespräch mit der Berliner Zeitung die Bundesregierung vor unvorsichtigen Schritten in der Ukraine.




    Herr Gromyko, Sie haben zuletzt wie der ein Expertentreffen zwischen Russland und der Nato mit ehemaligen Diplomaten, Militärs und Meinungsmachern aus den USA und der EU mitorganisiert (https://russiancouncil.ru/news/na-vstreche-mezhdunarodnogo-ekspertnogo-dialoga-rossiya-nato-obsudili-problemy-strategicheskoy-stabi/?utm_source=yxnews&utm_medium=desktop&utm_referrer=https%3A%2F%2Fyandex.ru%2Fnews%2Fsearch%3Ftext%3D) . Nach einem ähnlichen Onlinetreffen Anfang März haben Sie alle Konfliktparteien schriftlich aufgefordert, sofort und bedingungslos die Waffen niederzulegen. Was sagen Sie und Ihre Kollegen jetzt?


    Alexei Gromyko: Unser Diskussionsformat findet immer hinter verschlossenen Türen statt. Ich kann die Positionen der Sachverständigen nicht preisgeben. Wir diskutieren da aber nicht die Geschehnisse in der Ukraine konkret, sondern die militärischen Risiken zwischen Russland und der Nato bzw. den USA.


    Wie ist denn Ihre persönliche Expertenmeinung? Wie können die Risiken eines militärischen Zusammenstoßes zwischen Russland und der Nato verringert werden?

    Wir beobachten, wohin die aktuellen Geschehnisse führen und in welchen Formaten ein Russland-Nato-Dialog jetzt noch möglich ist bzw. ob die Nato-Russland-Grundakte von 1997 in einigen Monaten noch existent ist. Viele von unseren Empfehlungen vom Dezember 2020 und Januar 2022 sind jedoch immer noch aktuell. Damit meine ich eine Verzögerung der Nato-Erweiterung und die bilaterale und multilaterale Rüstungskontrolle in Europa.


    Denken Sie also, dass die russische Invasion in der Ukraine eine Angelegenheit zwischen Russland und der Nato ist und die USA sich deshalb an Friedensgesprächen beteiligen sollten?

    Die Verhandlungswege zur Zukunft der strategischen Sicherheit zwischen Russland und den USA wurden im Juni 2021 auf einem bilateralen Gipfel definiert. Weder Washington noch Moskau haben sich von diesen Wegen bis heute öffentlich distanziert. Natürlich belasten die US-Waffenlieferungen in die Ukraine die ohnehin äußerst schwierigen Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten.


    Was die nukleare Sicherheit angeht: Weder Russland noch die USA haben angedeutet, ihre strategischen Dokumente über die Rolle und Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen ändern zu wollen. Die russische Militärdoktrin sieht vor (http://www.kremlin.ru/acts/bank/45562), solche Waffen nur einzusetzen, wenn die Existenz Russlands bedroht wird, auch mit konventionellen Waffen oder wenn andere Länder Atomwaffen gegen Russland einsetzen. Die gemeinsame Erklärung von Putin und Biden vom 16. Juni 2021, in der steht, dass es in einem Atomkrieg keine Gewinner geben könne und er deswegen niemals ausgelöst werden dürfe, gilt nach wie vor.


    Putins Warnungen an die westlichen Staaten zu Beginn des Krieges, sich bitte nicht in den Ukraine-Krieg einzumischen, sollen also nicht mit einer nuklearen Drohung gleichgesetzt werden?


    Ich sehe nichts, was hier für einen Einsatz der nuklearen Waffen spricht. Putins Warnung dürfte eher bedeuten, dass bei einer direkten Einmischung des Westens die Zerstörungen in der Ukraine massiver ausfallen würden und ein direkter Zusammenstoß zwischen Russland und der Nato wahrscheinlicher wäre.


    Es gibt Befürchtungen (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/immer-mehr-putin-unterstuetzer-sagen-ukraine-krieg-sei-katastrophaler-fehler-li.223329) , dass Putin zu einem begrenzten Einsatz von Atomwaffen übergehen könnte, wenn er in der Ukraine scheitern würde. Sind diese Ängste begründet?


    Wiederum: Aus der russischen Nukleardoktrin geht nicht hervor, dass Russland Atomwaffen wie jetzt in der Ukraine verwenden dürfe und müsse. Wer sich in der deutschen Presse als ein Experte darstellt und meint, Deutschland müsste die Ukraine mit schweren Waffen beliefern, um den Einsatz der Atomwaffen durch Moskau zu verhindern, spekuliert nur. Das einzige Mal wurden solche Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 abgeworfen. Heute gibt es Dokumente, die solche Einsätze streng regeln.


    Die Bundesregierung könnte also schwere Waffen an die Ukraine

    , ohne einen Atomkrieg oder etwa den russischen Einsatz von chemischen Waffen zu riskieren?


    Nach dieser absurden und gefährlichen Logik darf jedes westliche Land die Ukraine mit schweren Waffen vollpumpen, wenn Russland in der Ukraine keine Atomwaffen einsetzt. Solch eine Logik führt nur zu einer neuen Art der Konfrontation. Wenn Deutschland glaubt, dass es alles tun sollte, um einen Zusammenstoß zwischen Russland und der Nato zu ermöglichen, wenn es möchte, dass deutsche Panzer in der Ukraine wieder russische Soldaten töten, wird das in Russland die schlimmsten Verdächtigungen eines möglichen deutschen Revanchismus wecken, mit dem latenten Wunsch, sich für die Niederlage im Zweiten Weltkrieg zu rächen. Dann wird von der historischen Aussöhnung des russischen und des deutschen Volkes keine Spur mehr bleiben. Zudem dürfte die Lieferung von schwerem Militärgerät aus Deutschland in die Ukraine den Verlauf des Konflikts nicht grundlegend beeinflussen. Außerdem können diese Lieferungen zu russischen Angriffszielen werden, noch bevor die ukrainische Armee sie bekommt.


    Es wäre stattdessen sehr klug von der Bundesregierung, alles zu tun, damit die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine so schnell wie möglich auf einer politischen Ebene gelöst werden. Man müsste den Druck auf die Regierung in Kiew aufbauen mit der Botschaft, dass die Friedensverhandlungen der einzige Weg aus diesem Konflikt sind. Denn je mehr Deutschland oder andere Länder Waffen an die Ukraine liefern, desto umfangreicher und langwieriger kann dieser Konflikt werden.


    Das sieht man in der deutschen Politik anders. Die schweren Waffen sollen der Ukraine bei der Verteidigung gegen die russischen Invasoren helfen und auch ihren Sieg vorbereiten.


    Wenn die Deutschen in einer Fantasiewelt leben wollen, was kann ich dafür?! Dann kann Deutschland beispielsweise Panzer nach Palästina, Jemen, Libyen, Syrien und in andere regionale Konflikte liefern. Warum glauben die Politiker in Berlin, dass ihre Panzer in der Ukraine entscheidend sind und die russische Führung von ihren Zielen in der Ukraine abbringen können?

    Die westlichen Staaten nehmen diesen Krieg aber nicht als einen regionalen Konflikt wahr, sondern auch als einen Krieg Russlands gegen den Westen und seine Werte. Deswegen meinte wohl auch Bundeskanzler Scholz, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen darf.


    Wenn man im Westen glaubt, dass man in der Ukraine einen Krieg zwischen dem Westen und Russland führt, dann müssen die Menschen in der Ukraine sehr gut nachdenken und einsehen, dass der Westen sie wohl als Kanonenfutter benutzt.


    Sie lehnten diesen Krieg Anfang März ab. Glauben Sie jetzt also, dass die russischen Ziele in der Ukraine erreichbar sind?


    Wenn Kiew einen Waffenstillstand erklären und die Friedensgespräche anbieten würde, ohne jegliche Vorbedingungen für diese Gespräche, dann könnte ein politischer Kompromiss wohl erreicht werden. Sollte sich die Ukraine für einen neutralen Status entscheiden, könnte vieles anders gehen. Doch man setzt stattdessen offenbar auf einen langfristigen Krieg.


    Wie? Warum muss denn die Ukraine die Waffen als Erstes niederlegen und nicht die Regierung in Moskau, die diesen Krieg begonnen hat?


    Ich bin ein Realist, und daher kommt eine solche Erwartung für mich wie eine aus dem Bereich der Fantasie vor. So, wie ich die russische Führung kenne: Sie wird nicht plötzlich die Waffen niederlegen, weil sie glaubt, ihre Ziele in der Ukraine allmählich erreichen zu können, wenn auch nicht so schnell, wie ursprünglich gewünscht.


    Man kann sich vorstellen, dass Russland nach der Unterzeichnung eines Friedensvertrags seine Truppen aus einigen Gebieten der Ukraine außerhalb der Verwaltungsgrenzen der Volksrepubliken Donezk und Lugansk abziehen würde, aber nicht umgekehrt, also nicht vor dessen Unterzeichnung. Diejenigen, die glauben, dass Moskau bereit wäre, seine Truppen als Bedingung für das Erreichen des Friedens vom Territorium der Ukraine abzuziehen, führen die Öffentlichkeit in die Irre. Am Ende könnte die Ukraine viel mehr Land verlieren als nur den Donbass. So sieht es jedenfalls Moskau.


    Vielen Dank für das Gespräch.


    Info: https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/ex-putin-berater-gromyko-der-westen-benutzt-die-ukrainer-als-kanonenfutter-li.224161


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.



    Weiteres:




    Tue, 26 Apr 2022 09:11:46 +0200


    *Von: *

    Volker Bräutigam >


    */_Kommentar zur Meldung der dts Nachrichtenagentur von Volker Bräutigam:_/*/__


    Das sichert Arbeitsplätze in der deutschen Rüstungswirtschaft. Es steigert die Profite der Couponschneider. Zugleich bringt es ordentlich Umsätze bei der Bahn und in der zuliefernden Transportwirtschaft. Die Logistiker kriegen ordentlich zu tun: zu jedem der 50jährigen Museumstücke Leo-1A5 gehört ein Wartungsset samt Bedienungsplan. Außerdem auch spezielle Munition, denn NATO-kombatible Panzergranaten hat die Ukraine nicht. Zudem ist der Transport aus Westdeutschland in die Ukraine kein Autokorso mit 80 Opel Vectra, sondern dauert Wochen.

    Und wenn der Krempel endlich beim Adressaten ankommt, braucht er Treibstoff aus Lagern, um die sich gerade Russlands Luftwaffe kümmert. Das Mordwerkzeug bildet selbst ein klares Ziel für russische Spezialraketen. Deutschland wird die eingemottete Altlast los. Die Stahlhelm-Fraktion im Bundestag kann sich gemeinschaftlich eine Runde von der Palme wedeln. Und künftig weiß jeder, der es wissen will, wozu Volksvertreter und Steuermilliarden gut sind. Wie sagt der Ami? "Win-win“.


    *Und der „denkende Arbeiter“ (Bertolt Brecht) hofft, dass eines glücklichen Tages alle diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die für diese mörderische, menschenverachtende Politik verantwortlich sind.*/


    _Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 25.04.2022

    _*Rheinmetall will 88 Leopard-Panzer an Ukraine liefern*


    Düsseldorf (dts Nachrichtenagentur) - Ende vergangener Woche reichte Rheinmetall bei der Bundesregierung einen entsprechenden Antrag über die Lieferung von 88 Leopard vom Typ 1A5 ein, wie es aus Dokumenten hervorgeht, über die die "Welt" berichtet. Bundeskanzler Olaf Scholz

    (SPD) muss nun über den Export der Panzer in die Ukraine entscheiden. Neben dieser Genehmigungsbitte liegen bereits zwei weitere Anträge vor, die bereits bekannt sind: zum einen ein Antrag von Rheinmetall über die Lieferung von 100 Marder-Schützenpanzern.


    Zum anderen ein Antrag des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann (KMW), bei dem es um die Lieferung von 100 Panzerhaubitzen vom Typ PzH 2000 geht. Der Antrag für die 88 Leopard-Panzer wurde demnach in der vergangenen Woche beim Wirtschaftsministerium eingereicht. Eine Ministeriumssprecherin sagte der "Welt": "Aus Gründen der Vertraulichkeit äußern wir uns grundsätzlich nicht zu etwaigen anhängigen Verfahren. Grundsätzlich gilt bei den Ukraine-Fällen, dass wir hier zügig und konstruktiv handeln: Sobald konkrete Anträge vorliegen, leiten wir alle notwendigen Schritte ein und stimmen sie, wenn erforderlich, im Ressortkreis in den für die Entscheidung zuständigen Gremien ab." Gemeint ist der Bundessicherheitsrat. Das Leopard Angebot der Firma Rheinmetall war bei der ukrainischen Regierung schon am 14. April eingegangen.


    Das Angebot beinhaltet auch die Instandsetzung der Fahrzeuge in Deutschland sowie die Ausbildung an den Panzern. Wie aus den Dokumenten laut der "Welt" hervorgeht, kann die erste Tranche von 22 der Kampfpanzer in sechs bis acht Wochen geliefert werden, die restlichen 66 Panzer können dann sukzessive bis Ende 2023 kommen. Rheinmetall bietet die Möglichkeit der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland an.


    In diesen Trainings sollen in den nächsten acht Wochen 32 ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Das Paket umfasst außerdem die Instandsetzung der Fahrzeuge, ein "Logistikpaket" sowie eine mobile Werkstatt inklusive Werkzeug für die Panzer. In der Vergangenheit hatten Teile der Bundesregierung argumentiert, eine Lieferung deutscher Panzer sei nicht sinnvoll, weil die Ukrainer diese nicht bedienen oder bei Defekten nicht instand setzen könnten.

    26.04.2022

    Ramstein: Treffen zum Ukraine-Krieg

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 26. April 2022, 10:45 Uhr


    https://test.rtde.live/inland/136946-treffen-zum-ukraine-krieg-auf/

    25.4.2022

    *Treffen zum Ukraine-Krieg auf US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein:

    20 Länder haben bereits zugesagt*


    US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat Minister und Militärs aus der ganzen Welt zu einer Konferenz zum Ukraine-Krieg auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein eingeladen – 20 Länder haben bisher zugesagt. Die Veranstaltung soll am morgigen Dienstag stattfinden. Was werden die Themen des Treffens sein?


    Der US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein gilt seit jeher als mitunter wichtigster Knotenpunkt der US-Streitkräfte außerhalb der Vereinigten Staaten. Doch seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar hat die Militärbasis nach den Worten des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) erneut eine "unglaubliche Bedeutungsaufwertung <https://test.rtde.live/inland/135525-rlp-innenminister-ramstein-wird-als/>  erfahren".


    Dass Lewentz' Vermutung offensichtlich den Tatsachen entspricht, lässt nun auch eine Pressemitteilung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erahnen. Denn dieser hat für Dienstag Dutzende Verbündete der NATO zu einem Treffen im rheinland-pfälzischen Ramstein eingeladen. Ziel des Treffens sei die dauerhafte Sicherheit und Souveränität der Ukraine.


    *Der weitere Kriegsverlauf wird in Ramstein beschlossen*


    "Interessenvertreter aus bis zu 40 Nationen werden sich am 26. April mit Verteidigungsminister Lloyd Austin auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland treffen, um zu erörtern, wie der Ukraine erweiterte und tödlichere Hilfe geleistet werden kann", heißt es in der Mitteilung

    <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3007229/austin-to-host-meeting-in-germany-to-discuss-ukraines-long-term-defense-needs/>  vom Freitag.


    Bei dem Treffen handele es sich allerdings "nicht um ein NATO-Ministertreffen", sondern um eine Zusammenkunft derjenigen, die daran interessiert seien, die Ukraine bei ihrem Widerstand "gegen die russische Invasion zu unterstützen", erklärte Pentagon-Pressesprecher John Kirby gegenüber Reportern. Eingeladen seien vor allem Verteidigungsminister und hochrangige Militärbedienstete aus Ländern weltweit.


    "Eines der Dinge, die sich Austin von dem Treffen erhofft", ergänzte Kirby, "ist der Beginn einer Diskussion mit gleichgesinnten Nationen über langfristige Verteidigungsbeziehungen, die die Ukraine in Zukunft brauchen wird". Man wolle darüber reden, "was jetzt vor sich geht", so der Pentagon-Sprecher weiter. "Wir wollen natürlich von anderen Nationen hören, was sie in Bezug auf die unmittelbare Verteidigungshilfe tun und wie sich das ändern könnte." Mehr als 20 Nationen hätten die Einladung demnach bereits angenommen, jedoch stünden auch noch Antworten aus:


    /"Die Tatsache, dass mehr als 20 Nationen bereits zugestimmt haben, relativ kurzfristig teilzunehmen, ist meiner Meinung nach ein starkes Zeichen für die Einberufungsbefugnis der Vereinigten Staaten und die Bedeutung, die nicht nur wir, sondern auch diese anderen Nationen den

    Verteidigungsbedürfnissen der Ukraine in der Zukunft beimessen."/


    Austin habe jedoch keine "vorgegebene Liste von Dingen", zu denen er die Teilnehmer verpflichten wolle, sagte Kirby. Vielmehr wolle er "von den Verbündeten und Partnern und von den Ukrainern selbst hören, was sie tun und was sie in Zukunft brauchen werden". Austin werde sich Kirby zufolge nach Abschluss des Treffens an die Presse wenden, um zu erklären, "was wir gehört haben und was wir gelernt haben".


    Das Treffen folgt auf Bitte des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, die USA und andere Länder sollten schwerere Waffen und Luftabwehrsysteme zur Unterstützung des Kampfes gegen Russland schicken. Zuvor hatte das Weiße Haus der Ukraine weitere 800 Millionen US-Dollar an Hilfe zugesagt, darunter Artillerie, Artilleriegeschosse, Fahrzeuge und sogar sogenannte Kamikaze-Drohnen, die Panzer zerstören können.


    *Ramstein als Ort künftiger wichtiger Treffen*


    Der US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein ist immer wieder Austragungsort wichtiger Treffen zwischen hochrangigen US-Politikern und ihren ausländischen Kollegen. Zuletzt im vergangenen Jahr, als US-Außenminister Antony Blinken und sein damaliger deutscher Amtskollege Heiko Maas (SPD) auf dem Stützpunkt zusammentrafen, um über die Konsequenzen aus der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zu beraten. Einen Gipfel dieser Dimension gab es allerdings lange nicht mehr. Dabei ist der Sicherheitsapparat des Stützpunktes bestens auf die mit der Ankunft hochrangiger VIPs einhergehenden Anforderungen zum Schutze dieser gewappnet.


    Erst kürzlich wurde bekannt, dass auf der US Air Base in Ramstein im Januar zum ersten Mal eine gemeinsame Übung <https://test.rtde.live/inland/133798-us-air-base-ramstein-us/> des Geheimdienstes der US-Luftwaffe (OSI) mit französischen Kollegen der Spezialbehörde für Suche, Unterstützung, Intervention und Abschreckung (RAID) stattfand, um die Zusammenarbeit bei "künftigen realen Szenarien" in "gefährlichen Situationen oder Gebieten" zu trainieren. Eine gemeinsame Übung der beiden Strafverfolgungsbehörden ist durchaus ungewöhnlich und war dem US-Air-Force-Bericht zufolge auch die erste ihrer Art.


    Demnach tauschten sich die Mitglieder der beiden Behörden während der mehrere Tage andauernden Übung zu "Taktiken, Techniken und Strategien" zum "Schutz besonders wichtiger Personen" aus. Zudem wurde den Anwesenden im Rahmen eines nicht-öffentlichen Briefings der Austausch zu "bewährten Praktiken" zum Schutz "wichtiger Personen" in Gebieten mit erhöhter Bedrohungslage ermöglicht.


    *Der Luftkrieg wird in Ramstein geplant*


    Der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein beherbergt auch das Headquarters Allied Air Command Ramstein, das 650 Personen starke internationale NATO-Hauptquartier des Kommandos Alliierte Luftstreitkräfte. Es befehligt die gesamten Luftstreitkräfte der NATO und ist zudem seit Ende Februar für die Planung der Kampfflugzeug-Einsätze entlang der NATO-Ostflanke zuständig.


    Auch das Ballistic Missile Defense Command, die NATO-Kommandozentrale für die Abwehr ballistischer Raketen, ist auf dem Luftwaffenstützpunkt untergebracht. Von dem Gebäudekomplex in Ramstein aus wird die Raketenabwehr des Bündnisses rund um die Uhr überwacht. In der NATO-Befehlszentrale in Ramstein laufen alle Informationen über anfliegende feindliche Raketen zusammen, die zuvor sowohl von boden- und seegestützten Radarsystemen als auch von Sensoren in Drohnen sowie Satelliten aufgefangen wurden. Im Falle eines Notfalls werden die boden- und seegestützten Abfangraketen von Ramstein aus in Gang gesetzt.


    Der Ukraine-Krieg und die EU: Waffen, noch mehr Waffen

    <https://test.rtde.live/kurzclips/video/136929-ukraine-krieg-und-eu-waffen/>


    Droht Putin ein "geheimer Haftbefehl" aus Den Haag?

    <https://test.rtde.live/europa/136674-droht-putin-geheimer-haftbefehl-aus/>


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.04.2022

    +++ Pressemitteilung der Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt vom 26.04.2022 +++

    Keine schweren Waffen in die Ukraine – Gefahr eines Atomkrieges bannen!


    Die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei jetzt“ fordert die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, sich bei der am Donnerstag anstehenden Entscheidung gegen die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine auszusprechen. Zum einen dienen neue Waffen einer Verlängerung des blutigen Krieges und behindern den Weg zu einer notwendigen Verhandlungslösung. Zum anderen können Waffen liefernde Staaten von Russland als kriegsbeteiligt eingestuft werden, so dass schlimmstenfalls eine Ausweitung des Krieges bis hin zu einem Atomkrieg zwischen der NATO und Russland möglich würde. „Wir vermissen diplomatischen Druck aus dem Westen auf alle Kriegsbeteiligten in Richtung eines Waffenstillstandes und einer Verhandlungslösung. Jetzt als westliches Kriegsziel anzugeben, Russland maximal zu schädigen und zu ruinieren, ist brandgefährlich und eskalationsträchtig.“ – so Kampagnensprecher Martin Singe.


    Wenn Bundeskanzler Scholz sein Zögern bei Waffenlieferungen mit einem möglichen Atomkrieg begründet, ist dies allerdings etwas zwiespältig. Denn Scholz steht mit den bisherigen Waffenlieferungen und der Milliarden-Zusage für den Kauf von Waffen an die Ukraine selbst für eine Kriegseskalation. Das geplante 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr beinhaltet auch eine massive nukleare Aufrüstung, u.a. mit dem Kauf der F-35 als nukleares Trägerflugzeug für die Atombomben in Büchel und mit der Entwicklung des FCAS (Future Combat Air System), das ebenfalls Atombomben tragen soll.


    Die atomwaffenfrei-Kampagne hält an der Vision einer atomwaffenfreien Welt fest. Daher fordert sie den Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe und den Abzug der Atombomben aus Büchel. Die Beschaffungsentscheidung für 35 Exemplare des F-35-Tarnkappenbombers als neue Atombomber für die Bundeswehr muss rückgängig gemacht und die FCAS-Entwicklung gestoppt werden. „Wir setzen darauf, dass genügend Bundestagsabgeordnete ihrem Gewissen folgen und so die nötige 2/3-Mehrheit für die geplante Grundgesetzänderung von Artikel 87 nicht zustande kommt.“ – meint Kampagnensprecherin Marion Küpker.


    An der Konferenz der Staaten des UN-Atomwaffenverbotsvertrages (AVV) im Juni 2022 in Wien will Deutschland teilnehmen – allerdings nur als Beobachter. Dem muss die Entscheidung zur Mitgliedschaft im AVV folgen. Die Atommächte ihrerseits sollten ihre Garantie, niemals einen Nicht-Atomwaffenstaat anzugreifen, erneuern. „Seit der Kuba-Krise 1962 waren wir nicht mehr so nah an einem möglichen Atomkrieg wie jetzt während des Ukraine-Krieges. Nur eine atomwaffenfreie Welt schützt auf Dauer vor einem Atomkrieg. Wir werden die Atomwaffen nur überleben, wenn wir sie abschaffen!“– betont Kampagnensprecherin Hildegard Slabik-Münter.


    Kontakt: Sprecherteam der atomwaffenfrei-Kampagne


    Marion Küpker, Tel.:

    Dr. Hildegard Slabik-Münter, Tel.:

    Martin Singe, Tel.:

    26.04.2022

    Die NATO-Norderweiterung (III)  Der Antrag Finnlands und Schwedens auf NATO-Beitritt steht Berichten zufolge kurz zuvor. Russland reagiert auf das neue strategische Ungleichgewicht mit eigener Aufrüstung.

    german-foreign-policy.com, 16. April 2022

    BERLIN/HELSINKI/STOCKHOLM (Eigener Bericht) – Finnland und Schweden werden voraussichtlich Mitte Mai gemeinsam ihren Beitritt zur NATO beantragen. Dies geht aus Berichten hervor, die gestern in beiden Ländern veröffentlicht wurden. Damit geben Helsinki und Stockholm ihre formal noch bestehende Neutralität endgültig auf. Die finnisch-schwedische Annäherung an die NATO inklusive der Beteiligung an NATO-Kriegen hat bereits in den 1990er Jahren begonnen; beide Länder sind schon lange so eng an das Bündnis angebunden, dass Experten vor kurzem urteilten, ihr NATO-Beitritt sei fast nur noch eine „Formalisierungssache“. Diese „Formalisierung“ wird nun vollzogen. Sie schafft neue strategische Ungleichgewichte in Nordosteuropa. Schwedens Insel Gotland, die in Kürze zur NATO gehören wird, kontrolliert die zentralen Seewege etwa nach Sankt Petersburg und Kaliningrad; die rund 1.340 Kilometer lange finnisch-russische Grenze wird zu einer NATO-Außengrenze. Moskau hat angekündigt, mit Aufrüstungsmaßnahmen im Hohen Norden gegenzuhalten und möglicherweise Nuklearwaffen in Kaliningrad zu stationieren.


    Zitat: Annäherung seit den 1990ern

    Die Annäherung Finnlands und Schwedens an die NATO inklusive einer Beteiligung an NATO-Militäreinsätzen – in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo, in Afghanistan – hat bereits in den 1990er Jahren begonnen und ist in den 2000er Jahren weitergeführt worden. In den Jahren 2012 (Finnland) bzw. 2013 (Schweden) integrierten beide Staaten ihre Truppen in die NATO Response Force (NRF); auf dem NATO-Gipfel in Newport am 4. September 2014 unterzeichneten sie jeweils ein Host Nation Support-Abkommen mit dem Militärpakt, das es dessen Streitkräften erlaubt, finnisches bzw. schwedisches Territorium für Manöver, aber auch für Truppenbewegungen im Rahmen von Militäreinsätzen zu nutzen. Minister, ja sogar die Staats- bzw. Regierungschefs beider Länder nehmen inzwischen regelmäßig an NATO-Zusammenkünften inklusive Gipfeltreffen teil; auf dem Brüsseler NATO-Gipfel am 14. Juni 2021 wurde die Absicht erneut bekräftigt, künftig noch enger kooperieren zu wollen. Ende 2020 hatte das schwedische Parlament beschlossen, sich die Option des NATO-Beitritts prinzipiell offenzuhalten – eine Entscheidung, die im transatlantischen Pakt als ein richtungsweisendes Signal gewertet wurde, mit Ausstrahlung auch nach Finnland.


    „Nur eine Formalisierungssache“

    Über die aktuellen Beziehungen Finnlands und Schwedens zur NATO hieß es Anfang März in einer Analyse der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), „de facto“ hätten die beiden Staaten „ihre Verteidigungspolitik bereits so weitgehend an die Nato angepasst“, dass ihr „Status ... nicht mehr einer Neutralität im engeren Sinne entspricht“.[1] Sollten sie sich für den Beitritt zu dem Militärpakt entscheiden, sei dieser „fast nur eine Formalisierungssache“. Als ein – wenngleich nicht unüberwindliches – Hindernis galt bislang allerdings, dass in der Bevölkerung eine Mehrheit für eine Bündnismitgliedschaft auch nicht annähernd in Sicht war. Dies hat sich mit Russlands Überfall auf die Ukraine fast blitzartig geändert. In Finnland ergab eine Umfrage bereits am 28. Februar, dass nun 53 Prozent der Bevölkerung sich für einen NATO-Beitritt aussprachen; nur noch 28 Prozent lehnten ihn ab. In Schweden konnten die Befürworter eines Beitritts sich noch im Januar auf lediglich 35 Prozent stützen, während 33 Prozent explizit dagegen waren.[2] Jüngste Umfragen sehen die Beitrittsbefürworter in Schweden nun bei stolzen 58 Prozent, ein Anstieg, der vor allem von Personen getragen wird, die zuvor unentschieden waren. Die NATO-Gegner liegen bei 28 Prozent.[3]


    Gotland

    Tritt Schweden der NATO bei, dann wird eine Insel mit einer herausragenden strategischen Bedeutung Teil des Bündnisgebiets – die Ostseeinsel Gotland. Von ihr aus lassen sich die Seewege in der Ostsee kontrollieren, darunter die nur wenig mehr als 400 Kilometer nordöstlich gelegene Zufahrt zum Finnischen Meerbusen, an dessen Ende Sankt Petersburg liegt, aber auch die Seewege in die gut 300 Kilometer leicht südöstlich gelegene russische Exklave Kaliningrad, die nicht zuletzt das Hauptquartier von Russlands Baltischer Flotte beherbergt. Von Gotland aus kann man zudem den Luftweg aus Sankt Petersburg nach Kaliningrad ins Visier nehmen, auf den russische Flugzeuge angewiesen sind, seit sie den Luftraum der EU-Mitgliedstaaten sanktionsbedingt nicht mehr durchqueren können. Im Jahr 2015 hat Schweden begonnen, auf Gotland wieder Truppen zu stationieren, die es erst im Jahr 2005 vollständig abgezogen hatte. 2019 teilte die Regierung mit, sie werde die Luftabwehr auf Gotland umfassend modernisieren. Als im Januar dieses Jahres der Konflikt zwischen dem Westen und Russland eskalierte, weiteten die schwedischen Streitkräfte ihre Aktivitäten auf Gotland erkennbar aus – ein deutliches Signal gegenüber Russland.


    1.340 Kilometer Landgrenze

    Mit einem Beitritt Finnlands wiederum erhält die NATO eine neue, rund 1.340 Kilometer lange Grenze mit Russland. Einerseits muss Moskau dies bei seinen Verteidigungsplanungen berücksichtigen; andererseits muss auch das westliche Militärbündnis, wie kürzlich die US-amerikanische Carnegie Endowment konstatierte, Vorkehrungen treffen, dass es selbst an dieser Grenze nicht angegriffen werden kann.[4] Dies freilich sei die Aufgabe zunächst Finnlands und Schwedens selbst, in zweiter Linie dann der europäischen NATO-Staaten, da die Vereinigten Staaten sich auf den Machtkampf gegen China konzentrierten. Finnland hat, wie die SWP festhält, trotz seiner nur 5,5 Millionen Einwohner die Kapazität, die Streitkräfte im Kriegsfalle auf 280.000 Soldaten aufzustocken; zudem ist es stark hochgerüstet, hat im vergangenen Jahr zudem beschlossen, 64 US-Tarnkappenjets vom Typ F-35 zu kaufen. Schweden ist in den vergangenen Jahrzehnten dahinter zurückgefallen, hat aber gleichfalls begonnen, massiv aufzurüsten, und wird unter anderem die Personalstärke seiner Armee von 60.000 auf 90.000 im Jahr 2025 erhöhen.[5] Seine Rüstungsausgaben sollen von 2021 bis 2025 um 40 Prozent gesteigert werden – auf einen Wert, der um 85 Prozent über demjenigen von 2014 liegt.


    Rüstungsspirale im Hohen Norden

    Die Spannungen werden dabei nicht nur an der finnisch-russischen Grenze zunehmen. In der vergangenen Woche teilte der russische Verteidigungsminister Sergej Schojgu mit, bei einem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens sehe Russland sich gezwungen, seine Nordflotte mit „mehr als 500 fortgeschrittenen Waffensystemen“ hochzurüsten. Die russische Nordflotte mit ihrem Haupthafen in Seweromorsk bei Murmansk gilt als gut ausgerüstet; ein Experte am Kieler Institut für Sicherheitspolitik bezeichnet sie als „das traditionelle Herz der russischen Marine“.[6] Damit schreitet die Rüstungsspirale im Hohen Norden weiter voran.[7] Schon zuvor hatte der ehemalige Ministerpräsident Dmitri Medwedjew, heute stellvertretender Leiter des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, erklärt, bei einem NATO-Beitritt Finnlands verdoppele sich die Länge direkter Grenzen zwischen Russland und der NATO; um das strategische Gleichgewicht zu bewahren, müsse Moskau Gegenmaßnahmen ergreifen, und diese könnten in einer Stationierung von Atomwaffen in Kaliningrad bestehen.[8] Das betrifft die gesamte Ostseeregion, darunter auch Deutschland.

     

    Mehr zum Thema: Die NATO-Norderweiterung und Die NATO-Norderweiterung (II).

     

    [1], [2] Minna Ålander, Michael Paul: Moskau bedroht die Balance im hohen Norden. SWP-Aktuell Nr. 19. Berlin, März 2022.

    [3] Richard Milne: Unlike Finland, Sweden inches reluctantly towards Nato. ft.com 25.04.2022.

    [4] Christopher S. Chivvis: The Dilemma at the Heart of Finland’s and Sweden’s NATO Membership Bids. carnegieendowment.org 14.04.2022.

    [5] Minna Ålander, Michael Paul: Moskau bedroht die Balance im hohen Norden. SWP-Aktuell Nr. 19. Berlin, März 2022.

    [6] James Jackson: Russia upgrades northern fleet as Finland debates joining Nato. thetimes.co.uk 20.04.2022.

    [7] S. dazu Im Hohen Norden gegen Russland.

    [8] Keiran Southern, David Rose: Nuclear-free Baltic deal is off if Finland joins Nato, says Russia. thetimes.co.uk 14.04.2022.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8901

    25.04.2022

    Kriegspropaganda   Die Lüge von Butscha fällt zusammen, aber die Medien spielen das Spiel weiter

    anti-spiegel.ru, 25. April 2022 19:31 Uhr

    Die Medien berichten neue Details über Butscha, verschweigen aber, dass diese Details die westliche Legende vom "russischen Massaker" widerlegen. Hier zeichne ich die Geschichte der Meldung nach.


    Zitat: Der Spiegel berichtet heute unter der Überschrift „Angriff mit »Flechette-Artillerie« – Dutzende Zivilisten in Butscha offenbar durch Metallpfeile getötet“ über neue Details des angeblichen Massakers der russischen Armee in Butscha. An diesem Spiegel-Artikel, und dem Fall von Butscha generell, kann man sehr exemplarisch aufzeigen, wie die Medien desinformieren und wie leicht sich das entlarven lässt.


    Entscheidend ist gleich der erste Absatz in dem Spiegel-Artikel, den ich hier zitiere, wobei ich die vom Spiegel gesetzten externen Links so setze, wie sie im Original gesetzt wurden:

    „Dutzende von zivilen Opfern im ukrainischen Butscha sind offenbar durch winzige Metallpfeile von Granaten getötet worden, die von russischer Artillerie aus abgefeuert wurden, sogenannter »Flechette-Artillerie«. Entsprechende Recherchen veröffentlichte der britische »Guardian« am Sonntag und untermauerte damit Zeugenaussagen, welche die »Washington Post« einige Tage zuvor zusammengetragen hatte.“

    Folge den Quellen

    Nach diesem Absatz erübrigt es sich, den Spiegel-Artikel weiterzulesen, weil damit klar ist, dass er sich auf zwei Quellen, nämlich den Guardian und die Washington Post beruft. Man muss also nicht lesen, was der Spiegel über deren Artikel schreibt, sondern man sollte gleich die Originalartikel lesen.


    Diese Artikel werden wir uns gleich anschauen, aber eines kann ich vorwegnehmen: Die Aussage des Spiegel, da werde etwas durch „Zeugenaussagen“ (plural, also viele Zeugenaussagen) „untermauert„, ist Desinformation. Es klingt überzeugend, aber es ist de facto nur eine Zeugin, auf die sich die Washington Post beruft, und die wurde auch nicht von der Zeitung selbst interviewt, sondern von einem Ukrainer, der das für die Zeitung getan hat.


    Aber schauen wir uns das der Reihe nach an.


    Was hat der Guardian berichtet?

    Der Artikel des Guardian vom 24. April wird derzeit überall zitiert, dabei hat er eigentlich nicht viel Neues beigetragen. Die Flechettes hat die Washington Post in ihrem Artikel schon am 18. April erwähnt. Flechettes sind kleine Metallpfeile von drei bis vier Zentimetern länge, die mit Artillerie verschossen werden und beim Aufprall eines solchen Geschosses werden 8.000 Flechettes im Umkreis von hunderten Metern verteilt, um möglichst viele „weiche Ziele“, also Menschen, zu verletzen oder zu töten. Solche Munition gibt es seit dem ersten Weltkrieg, sie wird heute aber kaum noch genutzt.


    Der Guardian hat den Informationen der Washington Post nur ein neues Detail hinzugefügt, nämlich die Tatsache, dass in den Leichen vieler der Opfer von Butscha, die angeblich von russischen Soldaten hingerichtet worden sind, diese Pfeile gesteckt haben. Das widerspricht der bisherigen Version der Ereignisse von Butscha, was die westlichen Medien aber nicht stört, für sie ist weiterhin Russland an allem schuld.


    Die Infos der Washington Post

    Die Washington Post hat die Flechettes schon am 18. April gemeldet, was aber in den Medien nicht weiter beachtet wurde. Die Washington Post hat über den Fund der Flechettes in Butscha berichtet und dabei eine einzige Zeugin namens Svitlana Chmut zitiert, die nun in allen Medien genannt wird.


    Der Autor des Artikels sitzt in der Redaktion in Washington, er hat selbst nicht mit der Zeugin gesprochen. Das wird auch dadurch deutlich, dass man am Ende des Artikels lesen kann, dass ein gewisser Serhii Korolchuk zu dem Artikel beigesteuert hat. Korolchuk sitzt im ukrainischen Tschernigow, was etwa 150 Kilometer von Butscha entfernt ist.


    Damit haben wir folgende Situation: Ein Ukrainer meldet der Washington Post, er habe mit einer Frau gesprochen, die ihm erzählt habe, die Russen hätten mit Flechette-Artillerie auf Butscha geschossen. Mehr Zeugen oder Belege gibt es dafür nicht. Im Spiegel klang das irgendwie anders, oder?


    Dafür, dass die Russen angeblich diese Munition verschossen haben, gibt es in dem Artikel nur einen kurzen Hinweis. Der aber genügt, damit der Guardian und danach alle anderen westlichen Medien – inklusive Spiegel – die Täterschaft der Russen melden. In der Washington Post heißt es:

    „Chmut fand die Projektile am Morgen des 25. oder 26. März in ihrem Auto, wie sie sagte, nach einer Nacht mit intensivem Beschuss auf beiden Seiten. Es ist nicht klar, ob die russischen Truppen durch ihre eigenen Geschosse verwundet wurden.“

    Das ist alles. Die Frau kann sich nicht mal mehr an das genaue Datum erinnern und sie sagt, es sei von beiden Seiten geschossen worden. Aber für die Medien ist damit klar: Die Russen sind schuld.


    Was sind die Fakten?

    Wie immer ist die Chronologie zum Verständnis wichtig. Ende Februar hat die russische Armee Butscha eingenommen und die Stadt bis zum 30. März gehalten. Am 30. März hat die russische Armee die Stadt geräumt.


    In den westlichen Medien wird behauptet, die russische Armee habe ein Massaker angerichtet, die Leichen seien bereits um den 20. März auf Satellitenbildern, deren Echtheit übrigens zweifelhaft ist, zu sehen gewesen. In Butscha herrschten in der zweiten Märzhälfte Temperaturen zwischen 10 und 16 Grad. Legen Sie mal ein Stück Fleisch bei diesen Temperaturen auf den Balkon und schauen Sie, was davon nach zwei Wochen noch übrig und vor allem, was für ein „Aroma“ auf Ihrem Balkon sein wird.


    Trotzdem waren die Leichen, die der Weltöffentlichkeit in Butscha ab dem 3. April präsentiert wurden, „frisch“ und kein Journalist hat etwas von Verwesungsgestank in Butscha berichtet. Die Geschichte über die – laut amerikanischen Satellitenaufnahmen – seit zwei Wochen in den Straßen liegenden Leichen kann man getrost ins Reich der Fantasie entlassen, trotzdem halten westliche Medien daran fest.


    Aus militärischer Sicht

    Nun haben wir erfahren, dass in Butscha am 25. oder 26. März mit Flechette-Artillerie beschossen wurde. Das scheint zu stimmen, immerhin wurden offenbar tausende dieser kleinen Pfeile in der Stadt und auch in vielen der Leichen gefunden. Aber an den Tagen war die Stadt vollständig in russischer Hand. Würde die russische Armee eine Stadt, die sie kontrolliert, mit so unkontrollierbarer Munition beschießen?


    Es geht jetzt nicht einmal um die Zivilisten, im Krieg geht es leider immer zuerst um die eigenen Soldaten. Ob die Russen oder die Ukrainer solche Munition auf Wohngebiete feuern und Zivilisten gefährden würden, ist für die Rekonstruktion des Tathergangs unwichtig. Es geht um die militärische Komponente und eines kann man sicher sagen: Weder die Ukrainer noch die Russen wollen ihre eigenen Soldaten töten, die braucht man noch zum Kampf gegen den Gegner. Daher ist es mehr als unwahrscheinlich, dass die russische Armee Butscha am 25. oder 26. März mit dieser unkontrollierbaren Munition beschossen hat, denn damit hätte man die eigenen Soldaten gefährdet.


    Die Ukrainer hingegen mussten solche Hemmungen nicht haben, im Gegenteil: Ihr Ziel ist es ja gerade, möglichst viele russische Soldaten zu töten, weshalb der Einsatz solcher Munition für die ukrainischen Kräfte aus militärischer Sicht sogar Sinn gemacht hätte.


    Die Butscha-Legende

    Die russische Armee hat Butscha am 30. März geräumt, das wird nicht bestritten, denn der Bürgermeister von Butscha hat am 31. März glücklich in einer Videobotschaft gemeldet, dass die Stadt befreit sei. Von Leichen auf den Straßen sagte er kein Wort und seine gute Laune war ausgesprochen ungetrübt. Gleiches gilt für weitere ukrainische Videos der Folgetage: Es gab keine Leichen auf den Straßen von Butscha und auch die Zivilisten, die befragt wurden, haben nichts von Leichen oder einem russischen Massaker erzählt. Details dazu und die Videos, beziehungsweise Links zu ihnen, finden Sie in diesem Artikel.


    Aber was bedeutet das für die Butscha-Legende, die westliche Medien und Politiker hochhalten? Sie werden diese Legende auch weiterhin ohne jeden Beleg, dafür aber mit derartigen – sich selbst und sich gegenseitig widersprechenden – Behauptungen hochhalten, denn wen interessieren schon Fakten, wenn es um Kriegspropaganda geht?


    Info: https://www.anti-spiegel.ru/2022/die-luege-von-butscha-faellt-zusammen-aber-die-medien-spielen-das-spiel-weiter


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.04.2022

    Ukrainischer Gouverneur ruft zu Hinrichtung politisch Andersdenkender auf

    Der Gouverneur der ukrainischen Region Nikolajew, Witali Kim, hat in einer Live-Übertragung des ukrainischen Fernsehkanals "Ukraine 24" die Hinrichtung aller politisch andersdenkender Ukrainer angekündigt. Die Suche nach diesen Bürgern sei derzeit im Gange, so Kim.


    Zitat: In einer Live-Übertragung des Fernsehsenders Ukraine 24 hat der Gouverneur der ukrainischen Region Nikolajew, Witali Kim, darüber gesprochen, all jene Bürger zu töten, die mit dem politischen Kurs Kiews nicht einverstanden sind. Wörtlich hieß es:

    "Alle Verräter werden hingerichtet. Mir fällt kein besseres Wort ein, also wird es so sein!"

    Der Gouverneur wies auch darauf hin, dass in der Ukraine bereits ein spezieller Geheimdienst tätig sei. Dieser suche all jene "Dissidenten", die die Kiewer Behörden nicht unterstützen. Anstatt die Wasserversorgung in Nikolajew wiederherzustellen, die bereits seit drei Wochen unterbrochen ist, und seine Heimatstadt vor einer humanitären Katastrophe zu bewahren, ruft Kim zu Gewalt gegen die eigenen Bürger auf.


    Mariupol: Moskau verkündet Waffenruhe für humanitären Korridor





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    In der Ukraine sind heute sogar das Sankt-Georgs-Band auf Social-Media-Profilen und die Forderung, Artilleriegeschütze von Wohnhäusern zu entfernen, Merkmale für Andersdenkende. Letzte Woche gingen die Behörden in Nikolajew bereits gegen sogenannte "Verräter" vor. Die Staatsanwaltschaft verhaftete eine ältere Einwohnerin von Perwomaisk, die "gefährliche Materialien" verteilte. Dabei handelte es sich um VKontakte-Sticker (VKontakte ist ein in Russland populäres soziales Netzwerk) zum Tag des Sieges.


    Unterdessen gibt es viele Beweise des ukrainischen Terrors gegen die eigene Zivilbevölkerung. So hatte am 8. April das Hauptquartier der DVR-Territorialverteidigung berichtet, dass das ukrainische Militär die Stadt Kramatorsk im Gebiet Donezk mit einer Totschka-U-Rakete beschossen habe. Dabei seien Trümmerteile in der Nähe des Bahnhofs niedergegangen. Mindestens 30 Menschen sollen ums Leben gekommen sein. Die Ukraine beschuldigte Russland, für den Angriff verantwortlich zu sein. Fotos der Raketenreste widerlegen dies jedoch, da Russland mit keiner einzigen Totschka-U-Rakete ausgerüstet ist.


    Mehr zum Thema - Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk: Der Schlüssel zur Suche nach den Tätern


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://test.rtde.website/international/136981-ukrainischer-gouverneur-ruft-zu-hinrichtung


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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