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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
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aus e-mail von Marion Kuepker, 14. Oktober 2024, 11:13 Uhr
Hallo Ihr Lieben,
habe diese Doku bei Arte entdeckt. Lieben Gruß, Marion
Papst Pius XII. und der Holocaust
Hat Papst Pius XII., der sich als moralische Instanz sah, zum Holocaust
gesagt, was er sagen konnte? Dagegen getan, was er tun konnte? Konnte er
so größere Übel für Katholiken und Juden verhindern? Der Historiker
David I. Kertzer hat die Geheimverhandlungen zwischen dem Papst und
Hitlers Abgesandten entdeckt. Eine Weltsensation.
https://www.arte.tv/de/videos/097505-000-A/papst-pius-xii-und-der-holocaust
53 Min., verfügbar bis zum 06/01/2025
Es war ein Schock. So empfand es der Historiker David I. Kertzer, als er
Geheimdokumente von Pius XII. entdeckte. Hitler brauchte die katholische
Kirche an seiner Seite – für den Krieg und für die sogenannte
„Endlösung“ der Judenfrage. Seine Forderung für einen Burgfrieden mit
der Kirche im NS-Staat lautete: keine Einmischung der Kirche in die
Politik. Und: Ausklammerung der „Rassenfrage“.
Als Vertrauensbeweis ließ der Diktator alle Verfahren wegen
Kindesmissbrauchs durch Kirchenvertreter einstellen. Und er sicherte der
katholischen Kirche finanzielle Unterstützung zu. Die Judenverfolgung
war in diesen Jahren bereits in vollem Gange. Die Nazis überfielen das
katholische Polen und ermordeten unter anderem polnische Geistliche.
Doch Pius XII. sicherte Hitler zu: „Wenn die Katholiken in
Übereinstimmung mit ihrer Religion leben können, werden sie treu sein,
mehr als alle anderen“. Und er hielt sich daran.
Was aber hat der als moralische Instanz geltende Pius XII. konkret zur
Judenverfolgung und zum Holocaust gesagt? Was hat er konkret dagegen
getan? Sagte er, was er sagen konnte? Hat er getan, was er tun konnte?
Hat er größeres Unheil abgewendet, wie oft behauptet wird? Und wie tief
war der Antisemitismus in der Kirche und selbst im Vatikan verankert?
Im Jahr 2020 öffnet der Vatikan seine Geheimarchive für die Forschung.
Wie nie zuvor geben Dokumente Antworten auf diese Fragen. Was der
Historiker Kertzer im Vatikanischen Geheimarchiv entdeckt, ist eine
Weltsensation.
--
Marion Küpker
Friedensreferentin beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes
Beckstr. 14
20357 Hamburg - Germany
Tel.: +49 (0)172 771 32 66
Aufgaben und Funktionen:
• Sprecherin der Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt:
www.buechel-atombombenfrei.de und www.atomwaffenfrei.de
• Koordinatorin der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen abschaffen: www.gaaa.org
Auszeichnungen:
• Trägerin des Aachener Friedenspreises 2019 für die Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt: www.aachener-friedenspreis.de
• Oberhausener Preis des Kirchenkreises Oberhausen 2018 für die Kampagne Büchel ist überall!
atomwaffenfrei.jetzt und den Initiativkreis gegen Atomwaffen.
www.atomwaffenfrei.de/home/artikel/b1bacf1952ded57ebfffc2e7088261f8/-c4dfbb432a.html
Mitglied in den Frauenorganisationen:
• Sisters. e.V.: https://sisters-ev.de.
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freedert.online, 14 Okt. 2024 09:26 Uhr, Von Bernhard Loyen
Der Pharmalobbyist und protegierte Gates-Günstling Eckart von Hirschhausen sowie der verantwortliche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übernehmen gefürchtet selbstbewusst und frei von jeglichem Schuldbewusstsein das Feld der "Corona-Aufarbeitung".
di Popow
Karl Lauterbach und Eckart von Hirschhausen, zwei nachweislich dokumentierte, dabei federführende, Täter der sogenannten "Corona-Krise", hier im Juni 2023 nach einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Die Ampelkoalition wird sich aufgrund "unterschiedlicher Auffassungen" in dieser Legislaturperiode nicht mehr mit dem Thema "Aufarbeitung der Corona-Pandemie" beschäftigen. Ein seitens SPD und Grünen präferierter "Bürgerrat" sei bis zur Bundestagswahl 2025 nicht realisierbar, so das RT-Update vom 11. Oktober zum Thema der konsequenten Verweigerungshaltung verantwortlicher Protagonisten dreier dunkler Jahre einer politisch erzwungenen "Corona-Krise".
Das Online-Medienmagazin DWDL krönt den politischen Skandal wenige Tage später mit einer Hiobsbotschaft für chronisch kranke Menschen, ausgehend von individuellen massiven biografischen Tälern und Leidenswegen körperlicher oder psychischer Art. So lautet die nüchterne, dabei todernste Information:
"Hirschhausen arbeitet Corona-Pandemie im Ersten auf – In einer neuen Doku wird sich Eckart von Hirschhausen noch einmal mit Corona befassen und damit, was die Pandemie hinterlassen hat. Dabei geht’s um Kinder und Menschen mit Long COVID, aber auch um das Vertrauen in Medien, Medizin und Impfung."
Bundesregierung: Bis auf Weiteres "keine zusätzliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie"
Das angesprochene Vertrauen der Mehrheit der Bürger im Land, in nötigende, drohende, ausschließende, bestrafende, unerbittliche und verantwortungslose Forderungen, Beschlüsse, Gesetze und in Hirschhausens Fall manipulativ vorgetragene (Fehl-)Informationen, bezahlen weiterhin Abertausende mit der Zerstörung ihrer Gesundheit, mit dem Verlust des Partners, von Familienangehörigen und Bekannten. Zum Sendeinhalt am 18. November um 20.15 Uhr in der ARD heißt es weiter:
"So trifft er Menschen, die an Long COVID leiden. Das sind längst keine Einzelfälle, mehrere hunderttausend Menschen sind davon betroffen (...)"
Zudem wird und möchte Herr von Hirschhausen "sich in dem Film auch mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen und der Frage nachgehen, was Corona jenseits von Kliniken und Intensivstationen angerichtet hat". Denn, psychische Belastungen seien bei jungen Menschen "seit der Pandemie stark gestiegen", so der ARD-Infotext für irritierte und unwissende GEZ-Zahler. Eine weitere Herausforderung für das individuelle Nervenkostüm und akute Gefahr für den Ruhepuls lautet:
"Aber nicht nur über Corona selbst wurde in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert, sondern auch über die Impfung. 'Gerade weil ich mich klar für den Nutzen der Impfung ausgesprochen habe, finde ich es wichtig, auch über neue Erkenntnisse zu sprechen, warum und wem die Impfung geschadet haben kann – und welches Fazit man mit dem Wissen von heute ziehen kann'.
Und der unantastbare Karl Lauterbach? Der teilte dem Handelsblatt dabei unkommentiert, gewohnt arrogant und selbstverliebt mit, was er zum Thema "Corona-Aufarbeitung" vorhat:
"Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich für eine Aufarbeitung der Corona-Politik ohne Schuldzuweisungen ausgesprochen. 'Ich bin für die Aufarbeitung – aber anders, als viele sich das vorstellen', sagte der SPD-Politiker dem Handelsblatt. Es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Lehren für künftige Krisen."
"Aufklärung statt Unterwürfigkeit" – Wissenschaftsteam fordert Neuausrichtung für RKI und PEI
Natürlich nicht, weil wer, so der Volksmund, k...., also kotet sich schon selbst ans dünne Bein. Der regierungstreue Spiegel ergänzt freundlich und unbekümmert auf den Artikel hinweisend:
"Leitfragen müssten vielmehr sein, ob die eingesetzten Instrumente 'medizinisch richtig' gewesen seien und wie man in künftigen Krisen eine Polarisierung der Debatte verhindern könne, wie sie während der "Corona-Pandemie" stattfand."
Jedes weitere Wort erübrigt sich zu diesem mutwilligen Täter und maßgeblich verantwortlichen Politiker der Stunde Null einer in Teilen enthemmten Gesellschaftskrise der Jahr 2020 – 2023. Die Täterakte des Karl Lauterbach ist prall gefüllt und archiviert.
Von Hirschhausen und Lauterbach kennen und schätzen sich. Letztgenannter war "fachlicher" Akteur in Hirschhausen-Dokus in der ARD, dafür durfte der "Arzt unseres Vertrauens" (ARD-Moderatorin Maischberger über von Hirschhausen) via Stern-Magazin im März 2021 empathisch fragen:
"Hirschhausen trifft Lauterbach: 'Du steckst jede Menge Prügel ein, Karl. Was macht das mit dir?'"
Der Wille der mitverantwortlichen Politik, der kooperierenden Justiz, nachweisliche Täter der "Corona-Krise" endlich zur Verantwortung zu ziehen, ist erneut für die Opfer in weite Ferne gerückt. Die Deutungshoheit liegt weiterhin in den Redaktionsräumen von ARD und ZDF, anderen bekannten Medienhäusern und Redaktionsbüros sowie dem politischen Berlin.
Mehr zum Thema - Versöhnen oder verhöhnen? Lauterbachs Corona-Aufarbeitung
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Info: https://freedert.online/inland/222365-tja-hirschhausen-und-lauterbach-drohen
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
lostineu.eu, 14. Oktober 2024
Völlig losgelöst: So präsentiert sich die EU-Außenpolitik im Nahen Osten. Während die Regierung Netanjahu die Blauhelme im Libanon angreift, bereiten die Außenminister in Brüssel neue Sanktionen gegen Iran vor. Strafmaßnahmen gegen Israel sind kein Thema.
Die EU-Staaten wollen am Montag neue Iran-Sanktionen verhängen. Sie sollen unter anderem Unternehmen und Personen treffen, die an Irans Programm für ballistische Raketen und der Lieferung dieser und anderer Waffen an Russland beteiligt sind.
Damit reagiert die EU auf mutmassliche iranische Raketenlieferungen. Der russische “Angriffskrieg” steht nämlich immer noch ganz oben auf der Tagesordnung in Brüssel. Israels Feldzug im Libanon und die Kriegsvorbereitungen gegen Iran kommen dagegen nur am Rande vor.
Dabei greift Israel mittlerweile die Blauhelme im Libanon an, am Sonntag forderte Premier Netanjahu sogar deren Verlegung. Netanjahu stellt sich damit gegen den UN-Sicherheitsrat und das Völkerrecht – also gegen all das, wofür die EU in den internationalen Beziehungen eintritt.
Doch von Sanktionen gegen Israel ist in Brüssel bisher keine Rede. Man hat es nicht einmal geschafft, das Assoziierungsabkommen auszusetzen. Kanzler Scholz verspricht sogar neue Waffenlieferungen – mitten im Krieg. Derweil blockiert Außenministerin Baerbock jede Debatte über mögliche Strafmaßnahmen…
Siehe auch Israels Krieg im Libanon: Wo bleiben die Sanktionen?
P.S. US-Präsident Biden hat angekündigt, ein Flugabwehrsystem samt Soldaten nach Israel zu schicken. Damit gesteht er ein, dass der israelische “Iron Dome” beim jüngsten iranischen Raketenangriff versagt hat. Zudem werden die USA damit Teil des angekündigten Krieges gegen Iran, mit “Boots on the ground”…
P.P.S. Die EU hat das gesamte Wochenende gebraucht, um ein Wischi-Waschi-Statement zu den Angriffen der israelischen Armee (IDF) auf die Blauhelme Im Libanon zu produzieren. Die Attacken werden darin “mit ernster Sorge” betrachtet; zugleich wird Hisbollah für Angriffe auf Israel verurteilt. Von Sanktionen ist keine Rede.
‹ Update Ramstein: “Es geht um Stunden” › Update Angriff auf Blauhelme: Keine klare Verurteilung Israels
7 Comments
Michael
14. Oktober 2024 @ 09:05
1971 wurde Taiwan zugunsten der VRChina von der UN Generalversammlung ausgeschlossen!
Nicht gänzlich ohne Parallelen oder Analogien sollte jetzt auch Israel als Kolonialstaat – nach Artikel 6, Absatz II der UN Charter – zugunsten eines souveränen Staates Palästina von der UN Generalversammlung ausgeschlossen werden! Angesichts der begangenen und andauernden Kolonialverbrechen, und nicht zuletzt eingedenk der dauernden Anwürfe und Beleidigungen des UN Generalsekretärs sowie aller UN Organisationen, der Mitgliedstaaten und der Weltöffentlichkeit durch die israelische Kolonialverwaltung, ist Israel, zumal als Kolonie und im postkolonialen Zeitalter, einer Mitgliedschaft nicht würdig!
In der Zwischenzeit erwarte ich dass alle israelischen Politiker, alle Israelis die in der IDF, einschließlich Geheimdiensten, gedient haben oder dienen, sowie alle Siedler von der EU mit strikten Einreiseverboten belegt werden, und bei Zuwiderhandlung wegen Kriegsverbrechen, einschließlich Genozid und Massenmord, angeklagt und verurteilt werden!
ebo
14. Oktober 2024 @ 09:15
Interessante historische Parallele.
In der Tat wird der Ruf nach einem Ausschluss Israels international immer lauter – nur logisch, da Netanjahu den Uno-Generalsekretär Guterres zur “Persona non grata” erklärt hat und Uno-Resolutionen mit Füssen tritt…
Kleopatra
14. Oktober 2024 @ 06:55
Warum schreiben Sie den russischen Angriffskrieg in Anführungszeichen, als ob Sie Putins Propagandaline vertreten? Und dass – und weshalb – kein deutscher Staat sich an Maßnahmen gegen den jüdischen Staat Israel beteiligen wird und kann, bedarf doch keiner Begründung. Deshalb kann gleichzeitig die EU keine Sanktionen gegen den Widerstand eines führenden Mitgliedstaates beschließen. Hamas und Hisbollah haben Israel mit genozidalen Intentionen angegriffen, und man kann m.E. Israels Reaktion unklug finden, aber nicht ungerechtfertigt.
Helmut Höft
14. Oktober 2024 @ 06:53
„Dabei greift Israel mittlerweile die Blauhelme im Libanon an, am Sonntag forderte Premier Netanjahu sogar deren Verlegung. Netanjahu stellt sich damit gegen den UN-Sicherheitsrat und das Völkerrecht – also gegen all das, wofür die EU in den internationalen Beziehungen eintritt.“
Wenn es aber doch so ist/so wäre, dass sich Hamas und Hisbolla überall dort verstecken, wo sie sich eigentlich nicht verstecken sollten? Z. B. in der Nähe von bzw. unter Krankenhäusern, Kindergärten, UN-Einrichtungen aller Art, unter der Zivilbevölkerung usw., was dann?
Man kommt nicht umhin festzustellen: Im Krieg, in militärischen Konflikten, gibt es keine Regeln an die sich alle halten … nur die Regel der nachlaufenden Siegerjustiz (aka Völkerrecht, Kriegsrecht usw.)
Kann man das endlich verstehen? Der Krieg ist das Verbrechen, Krieg muss – wie auch immer – ausgeschlossen werden.
Bogie
14. Oktober 2024 @ 06:47
Ich habe mich noch nie so sehr dafür geschämt, diesem verrotteten Haufen Namens EU im Allgemeinen und dem namens Deutschland im Besonderen anzugehören.
Und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich in absehbarer Zeit aus dieser Nummer rauskommen kann.
Daneben beleidigen die hohlen und verlogenen Phrasen unseres Spitzenpersonals nicht nur meine Intelligenz.
Da liefert unsere prächtige Regierung also weiterhin Waffen, damit die israelische Armee (auch) deutsche Blauhelmsoldaten beschiesst. Sowas Abstruses kann man sich doch gar nicht ausdenken.
Und die sogenannte vierte Gewalt, klatscht zu nicht unerheblichen Teilen immer noch Beifall und diffamiert jede Kritik an der israelischen Regierung als Antisemitismus.
WBD
14. Oktober 2024 @ 06:25
„Netanjahu stellt sich damit gegen den UN-Sicherheitsrat und das Völkerrecht – also gegen all das, wofür die EU in den internationalen Beziehungen eintritt.“
–
Naja, die EU behauptet ja nur, dafür einzutreten – wenn es gegen ‚böse‘ Staaten geht.
Klassisches Beispiel der Doppelmoral – merkt aber bestimmt keiner von all den Doofen da draussen…
–
Ich könnte nur noch kotzen !!
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
lostineu.eu, vom 13. Oktober 2024
Der ausgefallene Kriegsgipfel für die Ukraine in Ramstein ist endgültig gestrichen. US-Präsident Biden werde nur seinen Deutschland-Besuch nachholen, heißt es in Berlin. Biden will am Freitag nach Berlin kommen. Alles andere sei ja schon bei der Europareise von Staatschef Selenskyj geklärt worden. Doch in Kiew sieht man das offenbar anders. Es gehe nicht um Tage, sondern um Stunden, sagte der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, im ukrainischen Fernsehen. Man brauche schnelle Zusagen, um den “Siegesplan” umzusetzen. – Siehe auch “Flop in Ramstein” (Newsletter)
‹ Die Watchlist EUropa vom 12. Oktober 2024 › Israel attackiert Blauhelme und die Uno – EU plant Iran-Sanktionen
13 Comments
Monika
14. Oktober 2024 @ 09:02
In Börsenkreisen wüde man sagen die schlechteste Option ist immer schlechtem Geld gutes Geld hinterherzuwerfen, um schief laufende Anlageentscheidungen auszumerzen.
Wieso orientiert sich im politischen Getriebe niemand an dieser viel erprobten Regel? Auch politisches Kapital ist Kapital! Aber eben nicht das eigene…
Notwendig wäre den ganzen Scheibenkleister durchzurechnen und dann die nötigen politischen Schnitte zu setzen. Europa raus aus der NATO, amerikanische Generäle vertreten keine europäischen Interessen, warum sollten sie auch. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete konsequent einstellen .. und durch wahrhaftige Politik ohne Doppel- und Dreifachstandards wieder Vertrauen zurückgewinnen. Ja, da müsstn einige unserer forschen Transatlantiker die Enttäuschung verkraften, dass sie übel getäuscht wurden und deshalb für Europa ungenügende Politik gemacht haben.
Arthur Dent
13. Oktober 2024 @ 23:47
Da hat wohl jemand auf’s falsche Pferd gesetzt.
Wenn ich höre, wir bräuchten jetzt 3 Prozent Rüstungsausgaben, mindestens und noch mehr Sondervermögen und Kampfbrigaden, dann ist BW und Nato mein größter Feind. Die besteuern einem noch den letzten Bissen Brot im Mund. Je höher die Verteidigungsausgaben, desto weniger gibt es zu verteidigen
european
13. Oktober 2024 @ 19:03
Für die US-Regierung ist das Spiel gelaufen. Sie haben an der Ukraine kein Interesse mehr und im Wahlkampf lässt sich das auch nicht mehr vermitteln. Newsweek schreibt aktuell, dass Trump in allen swing states vorne liegt und es durchaus nach einem Landslide Sieg aussieht.
https://www.newsweek.com/donald-trump-kamala-harris-polls-swing-states-landslide-1967717
Wenn Trump gewinnt ist der Krieg morgen beendet. Die Kosten werden die Europäer tragen. Mal sehen, wann die Kürzungsorgien beginnen werden. Renten, Sozialausgaben, Bildung, Infrastruktur. Sparen, wohin das Auge reicht, um weiterhin die Milliarden in die Ukraine zu pumpen, damit diese ihre Schulden an Blackrock bedienen kann.
Es rächt sich, wenn man den falschen Göttern folgt. Werden sich unsere Obersten dafür rechtfertigen müssen? Ich denke nein. Sie übernehmen verbal die Verantwortung und bleiben sitzen.
Shitkicker
13. Oktober 2024 @ 20:59
Hast Du eine Idee wie man sich als Bürger dagegen wehren und entsprechend vorbereiten sollte?
Michael
13. Oktober 2024 @ 21:26
Bürger!? Wen interessieren Bürger!? Natürlich von den Bürgern abgesehen, die sich u. U. für sich selbst interessieren!
Helmut Höft
14. Oktober 2024 @ 06:24
Idee? Politik in jedem Gespräch auf die Tagesordnung setzen! Politik ist das, was unser tägliches Leben nachhaltig beeinflusst. Das Interesse an „Hörgeräte für Thomas Gottschlk“ oder „Tempolimit Ja/Nein“ usw. muss kleingeschrieben werden.
Dazu gehört natürlich sich bilden/informieren, selber denken und Abstand zu den immer besserwissenden asozialen Medien halten!
european
14. Oktober 2024 @ 07:03
Ich habe keine Idee, denn es gibt aktuell keinen Mechanismus, um die Leute abzusetzen, die das verursacht haben. Selbst bei der nächsten Bundestagswahl wird sich nicht viel ändern.
Merz hat gestern in einer Rede die geniale Feststellung gehegt, dass über 2.8 Billionen Euro auf deutschen Spar- und Girokonten liegen. Wenn „wir“ nur 10 Prozent davon „mobilisieren“ können, dann bekommen „wir“ davon unsere Infrastruktur repariert und modernisiert.
Theoretisch geht so etwas durch die Ausgabe von Staatsanleihen, was aber gegen die Schuldenbremse verstößt. Wie also möchte Herr Merz „mobilisieren“ ohne gleichzeitig eine Verschuldung zu verursachen? Das geht entweder durch Steuererhöhung oder aber Enteignung. Eine andere Möglichkeit sehe ich da nicht.
Merz selber ist über 12 Mio schwer. Er hat nicht gesagt, dass er bei dieser „Mobilisierung“ vorangehen möchte. Aber er hat dieser Tage gefordert, dass die Bürger mehr Respekt vor den Besserverdienenden haben sollen.
Karl
14. Oktober 2024 @ 06:51
Der Gott Trump, wie Sie sagen, ist allerdings noch übler. Und in sein Glaubensbekenntnis hat er Bidens antideutsches Dogma der Pipeline-Sprengung übernommen.
Ich bin Atheist, aber wenns gar nicht anders geht, dann sollen sich die Europäer wieder ihre eigenen zivilen Götter erschaffen!
european
14. Oktober 2024 @ 09:14
Ich weiss nicht, ob Trump tatsaechlich uebler ist. Ueber ihn wird nur mehr geschrieben und gesprochen. Saemtliche Versuche, ihn ueber Strafanzeigen zu packen, sind bisher gescheitert. Gleichzeitig diskutieren wir bis heute nicht ueber die persoenlichen Interessen der Biden-Familie an der Ukraine, ueber die 20 Scheinfirmen der Familie und die Informationen auf Hunter Biden’s laptop. Wir diskutieren nicht ueber deren Missbrauch der amerikanischen Justizbehoerden und des FBI, dabei wurden die Anhoerungen sogar auf youtube in Echtzeit uebertragen.
Wir diskutieren auch sehr wenig ueber die diktatorischen Anwandlungen der sogenannten Liberalen diesseits und jenseits des Atlantiks, die von Zensur ueber Cancel Culture bis hin zu engen Verflechtungen mit den supranationalen Organisationen wie UN, WHO und auch dem Weltklimarat gehen. Gerade erst hat die US – Administration beschlossen, Uranmunition an die Vereinigten Arabischen Emirate zu liefern. Dieses Dreckszeug, das auf Jahre/Jahrzehnte die Erde verseucht, Menschen krank macht und fuer Totgeburten/Behinderungen sorgt, gehoert eigentlich verboten. Aber, wenn es Geld bringt, macht Opa Biden auch das.
Ich bin kein Fan von Trump. Diese ganze aufgeblasene Art liegt mir ganz einfach nicht. Aber ob er unter dem Strich schlimmer ist als Biden/Harris kann ich ganz einfach nicht sagen. Fuer mich steht aber fest, dass Europa nie souveraen werden wird, solange wir uns nicht dem Einfluss der US-Administration, speziell der Neocons, entziehen.
Michael
13. Oktober 2024 @ 17:42
Mit “Sieg” oder “Plan” hat ein sog. “Siegesplan” der nach wochenlangen Vorbereitungen auf Entscheidungen binnen Stunden beruht nichts zu tun! Es geht – wie immer – Kiew nur um Propaganda und den Versuch die Entscheidungshoheit zu erlangen!
In einem Punkt hat sich der sog. Westen allerdings quasi (politisch psychologisch) erpressbar gemacht: die dümmliche und a historische Behauptung die Ukraine verteidige die Freiheit des ganzen sog. Westens zwingt die Kriegstreiber im sog. Westen jetzt die Ukraine zu verteidigen! Wenn nicht wird es enden wie am Hindukusch: dort wurde auch angeblich unser aller Freiheit verteidigt, allerdings nur bis man in Panik vor den Taliban floh!
ebo
13. Oktober 2024 @ 17:46
Es gab noch einen zweiten großen Fehler, den auch die EU begangen hat: Zu erklären, nur die Ukraine könne über einen Waffenstillstand oder Friedensgespräche entscheiden. Auch damit macht man sich erpressbar. Was besonders dumm ist – denn ohne Waffen aus Deutschland und den USA hätte Selenskyj längst kapitulieren müssen.
Wenn man schon einen Stellvertreterkrieg führt, sollte man seinen Stellvertreter, Herrn S. aus K., nicht auch noch derart ermächtigen!
Michael
13. Oktober 2024 @ 17:56
So ist es: die Ukraine will die Entscheidungshoheit, die absolute Entscheidungshoheit! Natürlich ist das lächerlich weil Kiew dabei ist diesen Konflikt zu verlieren, und damit selbstverständlich unser aller Freiheit auch verloren sein wird! Es lebe die Unfreiheit!
KK
14. Oktober 2024 @ 03:05
“…denn ohne Waffen aus Deutschland und den USA hätte Selenskyj längst kapitulieren müssen.”
Der Typ ist einfach grössenwahnsinnig, spätestens seit dem Abruch der Verhandlungen mit Russland im März 2022 – dem ist die weltweite Bedeutung seiner Rolle eindeutig zu Kopf gestiegen, mutmasslich auch durch die Nase.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
aus e-mail von <newsletter@pressenza.com>, 14. Oktober 2024, 7:30 Uhr
Nachrichten von Pressenza - 14.10.2024
3. Weltmarsch für Frieden und Gewaltfreiheit: Ein Weg zu Erinnerung und Veränderung
Am 6. Oktober machte der 3. Weltmarsch für Frieden und Gewaltfreiheit Halt an den beeindruckenden Ruinen von Copán in Honduras, einer archäologischen Stätte von großer historischer und kultureller Bedeutung. Die Mitglieder des Basisteams aus aller Welt bekräftigten nachdrücklich ihre Botschaft…
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Die Zeit ist reif: Superreiche gerecht besteuern.
Für einen starken Sozialstaat, Investitionen in öffentliche Infrastrukturen und Klimatransformation – in Deutschland und weltweit. Die knappen öffentlichen Haushalte und der fortschreitende Verfall öffentlicher Infrastrukturen machen deutlich: Der Politik fehlen finanzielle Spielräume, um unseren Sozialstaat abzusichern, eine funktionierende und Geschlechtergerechtigkeit&hell
https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/10/die-zeit-ist-reif-superreiche-gerecht-besteuern/
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Es reicht nicht aus, von einem „gerechten Krieg“ zu sprechen
Immer mehr ukrainische Soldaten sollen angeblich desertieren, während die jungen Leute des Landes den Weg der Verweigerung wählen, um den Militärdienst zu umgehen. Die materiellen und personellen Ressourcen sind schnell aufgebraucht und die Gesinnung befindest sich auf einem historischen Tiefstand.…
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Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
europa.clio-online.de, besucht am 14. Oktober 2024, 11:15 Uhr
Die Heartland-Theorie des britischen Geografen Halford J. Mackinder ist eines der bedeutendsten geostrategischen Konzepte, das kontinuierlich bis in die Gegenwart hinein als Erklärungsmuster herangezogen wird, um geopolitische Ambitionen einzelner Staaten oder Konflikte im globalen Kontext zu deuten.
Drei Karten Globaler Raumordnung auf Grundlage der Heartland-Theorie (1904 / 1934 / 1944)
Die Heartland-Theorie des britischen Geografen Halford J. Mackinder ist eines der bedeutendsten geostrategischen Konzepte, das kontinuierlich bis in die Gegenwart hinein als Erklärungsmuster herangezogen wird, um geopolitische Ambitionen einzelner Staaten oder Konflikte im globalen Kontext zu deuten. Entscheidend für die Präsenz und anhaltende Popularität der Theorie ist die Verbreitung von Karten, in denen die grundlegenden Parameter der Theorie abgebildet werden. Die Karte fungierte als komplexitätsreduzierende Vermittlerin zwischen Theorie und Rezipient:innen. Durch die Karte etablierte sich die Imagination einer globalen Raumordnung, die sowohl für die deutsche Geopolitik in der Zwischenkriegszeit als auch für die US-amerikanische Debatte über die Ausrichtung der Außenpolitik während und nach dem Zweiten Weltkrieg Wirkmacht besaß.
The naturel seats of power (1904)
Auf der Karte, die dem Abdruck des Vortrags „The geographical pivot of history“ von Mackinder am 25. Januar 1904 vor der Royal Geographical Society beigefügt ist, steht die pivot area im Zentrum einer dreigliedrigen, globalen Raumordnung. 1904 verwendete Mackinder den Begriff pivot area (Dreh- und Angelpunkt) zur Beschreibung des Großraums, den er ab 1919 durchgehend als Heartland bezeichnete. Die Mercator-Projektion verzerrt Regionen im Süden und im Norden der Karte. Je weiter ein Gebiet vom Äquator entfernt ist, desto größer wird es auf der zweidimensionalen Karte abgebildet. In der Konsequenz erscheint die pivot area größer und damit hervorgehoben gegenüber anderen Weltregionen. Die Karte zeigt eine globale Raumordnung, die in drei charakteristische Regionen eingeteilt ist. Im Zentrum steht die pivot area, um die sich in zwei hintereinanderliegenden Halbmonden zuerst die inneren und marginalen Regionen, dahinter die äußeren und insularen Gebiete anschließen. Die Karte verzichtet auf die Abbildung von Grenzen zwischen politischen Entitäten, verwendet aber geografische Begriffe („Wüste“), um Klimazonen zu beschreiben.
Abb. 1: Halford J. Mackinder, „The natural seats of power“, The geographical pivot of history, in: The Geographical Journal 23/4 (1904), S. 435.
Karte des geopolitischen Drehzapfens der Weltgeschichte (Nach Mackinder)(1934)
Der deutsche Geopolitiker Karl Haushofer adaptierte Mitte der 1920er-Jahre Mackinders Theorie. Haushofers Idee eines Kontinentalblocks, bestehend aus Deutschland, Italien, der Sowjetunion und Japan, sah die pivot area im Zentrum eines Machtblocks, der unter deutscher Führung zum Gegengewicht zur britischen Großmacht werden sollte. Zur Veranschaulichung seiner Adaption griff Haushofer die Karte Mackinders auf und ergänzte sie um weitere Elemente, Symbole und Spezifikationen, die dem Vokabular der deutschen Geopolitik entnommen waren (z.B. „Hauptdruckräume“). Haushofer hielt sowohl an der Mercator-Projektion als auch am Begriff pivot area fest, obwohl Mackinder 1919 in „Democratic Ideals and Reality“ den Großraum nunmehr durchgehend als Heartland bezeichnete, woran ersichtlich wird, dass Haushofer sich ausschließlich auf die Version der Theorie von 1904 berief. Haushofer zieht Linien in die Karte ein, die die von Mackinder entworfenen Halbmonde als Teile der globalen Raumordnung voneinander abgrenzen. Die Territorien sogenannter Haupt-Kultur-Mächte werden abgrenzt.
Abb. 2: Karl Haushofer,„Karte des geopolitischen Drehzapfens der Weltgeschichte (Nach Mackinder)“, Weltpolitik von heute, Berlin 1934, S. 50.
Geopolitical Map of Eurasia(1944)
In den USA war es Nicholas J. Spykman, der Mackinders Theorie aufnahm, sie aber in eine ganz eigenständige Richtung weiterentwickelte, indem er den Fokus nicht mehr auf das Heartland, sondern auf die von ihm als Rimlands bezeichneten Regionen lenkte, die direkt an das Heartland angrenzten. Spykman nutzte eine von Osborn Maitland Miller modifizierte Variante der Mercator-Projektion, die Regionen im Süden und Norden des Globus weniger stark verzerrte, was zur Relativierung der Größe des Heartlands im Vergleich zu den Rimlands führte. Das Heartland wird ebenso wie das Rimland von einer Linie umrissen. Spykman kombinierte geopolitische und topografische Kartenelemente, um die natürliche Unterscheidung von Heartland und Rimlands zu betonen. Die Karte ist weitaus komplexer als ihr Vorbild, zumal sie neben den topografischen Elementen, die Verkehrswege zu Land, Luft und Wasser integriert, worin sich die Anpassung der Karte an die zeitgenössischen militär-strategischen Entwicklungen zeigt.
Abb. 3: Nicholas John Spykman,„Geopolitical Map of Eurasia“, The Geography of the Peace, hrsg. von Helen R. Nicholl, Neuaufl., Hamden, Conn. 1969, S. 38.
Zugehöriger Essay: Travelling spatial imagination - Die internationale Popularisierung der Heartland-Theorie Halford J. MackindersTravelling spatial imagination – die internationale Popularisierung der Heartland-Theorie Halford J. Mackinders[1]
Von Oliver Krause
Die Wiederkehr einer geopolitischen Theorie
In Anbetracht des Aufmarschs der russischen Armee an der ukrainischen Grenze vor Kriegsausbruch rekurrierte der Schweizer Journalist Eric Gujer in der Samstagsausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vom 19. Februar 2022 auf eine geopolitische Theorie vom Beginn des 20. Jahrhunderts, um die langfristigen Ziele des Machtstrebens Wladimir Putins zu beleuchten.
„Damals [1919] stand die eurasische Landmasse, der aus Europa und Asien bestehende Superkontinent, im Zentrum des Interesses. Wer dieses kontrolliere, beherrsche die Welt, behauptete der Geograf Halford Mackinder. Seit China zur Aufholjagd angesetzt hat, ist Eurasien noch wichtiger geworden. Hier leben fünf Milliarden Menschen, die zwei Drittel des globalen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. […] Mehr noch als vor hundert Jahren gilt heute der Satz: Wer den Superkontinent kontrolliert, beherrscht die Welt. Das gibt dem von einer postsowjetischen Schwäche genesenen Russland neue Chancen. Putin will, daran besteht kein Zweifel, Russland einen Platz als Grossmacht neben den USA und China verschaffen.[2]
Gujer transponierte Mackinders Heartland-Theorie, deren Grundzüge der Brite erstmals 1904, in überarbeiteter und erweiterter Form 1919 und noch einmal 1943 publizierte[3], in die Gegenwart, um eine Deutung der geopolitischen Konstellation zu liefern. Edward Said und Michael C. Frank bezeichnen so flexible Theorien als „travelling theories“.[4] Die Heartland-Theorie wird von Akteuren immer wieder umgeformt, ergänzt und neu interpretiert, bleibt aber bestimmte Faktoren betreffend über die Jahrzehnte hinweg resistent gegen Veränderungen. Maßgeblich für den internationalen und interkontinentalen Transfer der Theorie sind neben dem Text komplexitätsreduzierende Karten. Sowohl Mackinder selbst als auch seine Adepten Karl Haushofer und Nicholas J. Spykman publizierten Karten in ihren Veröffentlichungen, die sich als Allegorien zukünftiger globaler Raumordnungen etablierten, in denen sehr unterschiedliche Globalisierungsentwürfe zum Ausdruck kamen, die alle den gleichen Ursprung zu haben scheinen.
Die zentrale geografische Kategorie der Heartland-Theorie ist ein Großraum, den Mackinder bereits 1904 als heart-land, vornehmlich aber noch als pivot area bezeichnet hatte.[5] Zum zentralen Begriff seiner Theorie machte Mackinder den Begriff Heartland erst in seinem Buch „Democratic Ideals and Reality“, das nach dem Ersten Weltkrieg erschien, womit auch konzeptionelle Änderungen einhergingen.[6]Pivot area-Konzept (1904) und Heartland- Theorie wurden in der Rezeption trotz zahlreicher Unterschiedlichkeiten als Einheit wahrgenommen, wofür Mackinder unter anderen auch selbst sorgte, indem er 1943, darauf verwies die Heartland-Theorie bereits 1904 entwickelt zu haben.[7]
Der Ursprung der Heartland-Theorie Mackinders – das pivot area-Konzept
Die pivot area verortete Mackinder 1904 im nördlichen Asien. Sie erstreckte sich bis in den Mittleren Osten und die westlichen Provinzen Russlands bzw. der Sowjetunion (Abb. 1). Entscheidend war die Idee, dass die Beherrschung eines Großraums, der keinen Zugang zu eisfreien Häfen besaß, auf der Basis der vorhandenen Rohstoffe – Öl, Erze, Holz – das Potential bot, den Beherrscher zur politischen Großmacht aufsteigen zu lassen, sofern es gelingen würde, die Rohstoffe durch den Ausbau der Transportwege und die Industrialisierung der Region mittels einer wachsenden Bevölkerung nutzbar zu machen. Beherrsche man die pivot area, könne über Zwischenschritte aus der regionalen Großmacht ein Hegemon werden, indem angrenzende Gebiete, zuerst Osteuropa, später der gesamte europäische und asiatische Kontinenterobert würden. Die Expansion würde den Zugang zu den Weltmeeren über eisfreie Häfen ermöglichen und aus der Landmacht eine amphibische Weltmacht machen. Mackinder, der als britischer Imperialist im Interesse des Empires argumentierte, sah dieses Szenario als unumgängliches Ende der Geschichte, wenn es nicht gelänge, eine Allianz gegen den Beherrscher der pivot area zu schmieden.
Das Aufzeigen der Parameter verdeutlicht, dass die Bindung des Konzepts an den von Mackinder identifizierten Großraum eine Konstruktion ist, die das Bedrohungsszenario vor allem auf dem Zugang zu Rohstoffen und der Motivation einer Bevölkerung aufbaut und damit weniger standortgebunden ist, als das Umreißen des Großraums auf der Karte suggeriert. Zudem sind Mackinders Argumente von sozialdarwinistischen Konzepten des naturgegebenen Konflikts zwischen Bevölkerungsgruppen, aber auch von den Ideen Lamarcks geprägt, die der natürlichen Umwelt einen Einfluss auf die Herausbildung von typischen Eigenschaften und physiologischen Erscheinungen zusprechen, die in jedem Lebewesen bereits angelegt seien. [8]
Mackinder führte im pivot area-Konzept historische Analogien an, um nachzuweisen, dass die Bedrohung für Europa immer aus dem Osten erwuchs. Von Dschingis Khan bis zu den Osmanen bedrohten asiatische Reitervölker den Okzident, deren Mobilität ihnen die Expansion über das angestammte Gebiet hinaus ermöglichte. Mackinder führte den Expansionsdrang auf die lebensräumlichen Bedingungen zurück, in denen die Nomaden aufwuchsen. Das Klima in der pivot area machte die Reitervölker zu Eroberern. Im Gegensatz zu den Reitervölkern standen die seefahrenden Völker, deren Mobilität durch technische Errungenschaften wie den Suezkanal erhöht wurde und die den Reitervölkern dadurch überlegen waren. Ein Instrument, um die Mobilität auf dem Festland zu verbessern, sah Mackinder im Ausbau des Schienennetzwerks in der pivot area, die 1904 vom russischen Zarenreich beherrscht wurde. In einer Verbindung zwischen dem Zarenreich und dem Deutschen Kaiserreich lag für Mackinder das größte Potential, um die Erschließung der pivot area durch die Eisenbahn voranzutreiben und gleichzeitig einen Zugang zu eisfreien Meeren zu gewinnen, was zur Errichtung eines empire of the world führen könnte, das die bestehende balance of power zum Nachteil für Großbritannien aus dem Gleichgewicht bringen würde. Das zweite Szenario war die Einnahme der pivot area durch China mit der organisatorischen Unterstützung Japans. Darin spiegeln sich bereits Überlegungen zu den Folgen des russisch-japanischen Kriegs wider, der zwei Monate vor der Veröffentlichung von Mackinders Artikel begonnen hatte.[9] Mackinders pivot area-Konzept fand in Großbritannien jedoch nur wenig Gehör und fiel dem Vergessen anheim, da das Zarenreich nach dem russisch-japanischen Krieg nicht mehr als Gefahr für britische Interessen galt und sich weder die Chinesen noch die Japaner anschickten, die Herrschaft über die pivot area zu gewinnen.
Mackinders Entwurf einer zukünftigen Weltordnung – die Heartland-Theorie
Nach dem Ersten Weltkrieg veränderte Mackinder das pivot area-Konzept unter dem Eindruck des deutschen Großmachtstrebens, was an dem grundsätzlich beschriebenen Bedrohungsszenario des ab 1919 als Heartland-Theorie firmierenden Denksystems indes nichts änderte. In „Democratic Ideals and Reality“ von 1919 galten Mackinder die Deutschen, nicht mehr die Slawen, Chinesen oder Japaner, als das bedrohlichste Volk; seine expansive Politik und das Streben nach der Kontrolle über das Heartland beruhe auf der Kombination von preußischem Militarismus und Fichtes Philosophie.[10] Mit der Neuausrichtung wandelten sich die Motive für die Expansion. Mackinder führte in der Heartland-Theorie kulturelle Faktoren für den deutschen Expansionsdrang an. Mit der Wendung von einer geografisch-deterministischen zu einer kulturalistischen Argumentation bot die Theorie eine vollkommen neue Lesart an, als das ursprüngliche pivot area-Konzept und eröffnete dadurch weitere Anknüpfungspunkte für Adaptionen. Mackinder selbst hatte gezeigt, dass die Motive für den Expansionsdrang austauschbar waren. Nationalistische und militaristische Ideologien galten fortan als mögliche Motivationen für die Expansion. Die Flexibilität der Theorie, die Mackinder ihr selbst einschrieb, machte den Theorie-Komplex, den er geschaffen hatte, vielseitig adaptierbar.
Was Mackinder in „Democratic Ideals and Reality“ neben der Ausdifferenzierung des Konzepts und der Abwandlung der Expansionsmotive gelang, war die formelhafte Zusammenfassung der Heartland-Theorie, die im Zusammenspiel mit der kartografischen Abbildung zur Popularität der Theorie beitrug. Die Formel beinhaltete eine Kausalität, die auf ein Ziel hin ausgerichtet war, das unvermeidbar und daher teleologisch zu sein schien. Gleichzeitig erweiterte Mackinder in der Heartland-Theorie die interkontinentale Begrenztheit des pivot area-Konzepts auf Eurasien zur Betrachtung einer dystopischen globalen Raumordnung, da die Beherrscher des Heartlands über den eurasischen Kontinent hinaus die Weltinsel (Europa, Asien und Afrika) erobern würden. Vor einer solchen Machtkonzentration müssten auch die übrigen Mächte kapitulieren.
„Who rules Eastern Europe commands the Heartland.
Who rules the Heartland commands the World Island.
Who rules the World Island commands the World.”[11]
Erst die intensivere Auseinandersetzung mit der Neuordnung Europas nach dem Ersten Weltkrieg machte die Ideen Mackinders anschlussfähig für nationale Strategien geopolitischen Denkens aus dem Bewusstsein verlorengegangener Stärke heraus. Das suchende Tasten nach einer Position in der neuen Ordnung nach dem Versailler Friedensschluss führte zur intensiven Rezeption und Adaption des pivot area-Konzepts im Deutschen Reich, die Akteure wie Karl Haushofer als intellektuelle Grundlage für die Begründung eines territorialen Revisionismus instrumentalisierten.[12]
Von der Dystopie zur Utopie – Karl Haushofers Wendung des pivot area-Konzepts
Die Flexibilität der Ideen Mackinders zeigte sich ertsmals in der Adaption des pivot area-Konzepts durch den deutschen Geografen Karl Haushofer in den 1920er-Jahren. Haushofer, der Doyen der deutschen Geopolitik und Herausgeber der Zeitschrift für Geopolitik, bezog sich, wie wenige nach ihm, ausschließlich auf das pivot area-Konzept von 1904. Auch wenn er „Democratic Ideals and Reality“ kannte, bezog er sich aus verständlichen Gründen nicht auf die Heartland-Theorie. Mackinder hatte die Deutschen als Bedrohung für den Weltfrieden und Kriegstreiber dargestellt. Haushofer war hingegen von der Idee eines Kontinentalblocks fasziniert, die er im pivot-area-Konzept vorgezeichnet fand, der durch das Deutsche Reich und die Sowjetunion gebildet werden könnte, an den sich Japan als Seemacht im Osten anschließen würde. Damit könnte ein entscheidendes Gegengewicht eines landbasierten Machtblocks zu Großbritanniens Seemacht gebildet werden.[13] Haushofer hatte einige Zeit als Militärbeobachter in Japan verbracht und über den Aufstieg Japans an der Universität München promoviert, an der er später Honorarprofessor für Geografie wurde.[14]
Was Haushofer vollbrachte, war die Verwandlung des dystopischen pivot area-Konzepts des britischen Imperialisten Mackinder in eine intellektuell anmutende Utopie deutscher Weltmachtstellung, indem er für ein Bündnis des Deutschen Reichs mit der Sowjetunion argumentierte. Am Zustandekommen des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts hatte Haushofer allerdings keinen Anteil, so wie er im Allgemeinen sehr geringen direkten Einfluss auf die Außenpolitik des „Dritten Reichs“ besaß.[15] Haushofer sah das pivot area-Konzept als Anleitung zur Weltherrschaft einer kontinentalen Macht, was ganz neue Möglichkeiten der Rezeption und Adaption im Anschluss eröffnete, bis hin zu der gegenwärtiger neofaschistischer Intellektueller wie Alexander Dugin.[16]
Haushofer öffnete Mackinders pivot area-Konzeptfür utopische Narrative, die sich in der deutschen Geopolitik mit einem Revisionismus verbanden, der die Argumentation lieferte, um abgetrennte Gebiete zurückzufordern, die von deutschsprachiger Bevölkerung besiedelt waren, was zur Popularität der deutschen Geopolitik in konservativen Kreisen beitrug.
Die Karte aus Haushofers populärem Buch „Weltpolitik von heute“ (Abb. 2) nimmt Mackinders Einteilung der Welt auf, ergänzt die Darstellung allerdings um zahlreiche Details, die zur Differenzierung innerhalb der dreigeteilten Weltordnung führen (vgl. Abb. 1).[17] Haushofer hielt an der Mercator-Projektion Mackinders und der Begrenzung der pivot area fest. Am wichtigsten für die Differenzierung sind die zusätzlichen Schraffuren in der Karte, die zur Identifikation von spezifischen Räumen dienen, was eine Ausdifferenzierung innerhalb der Regionen bewirkte, sowie die erklärende Legende. Auffällig ist, dass Haushofer im Gegensatz zu Mackinder konkrete Linien in die Karte einzog, um den inneren und äußeren Halbmond voneinander abzugrenzen [siehe Abb. 1 und 2]. Die Setzung der Linien führte zum Ausschluss Frankreichs aus dem inneren Halbmond, wodurch die französische Kultur nicht als „Haupt-Kultur-Macht“ des inneren Halbmonds angeführt werden musste, was als bewusste Entscheidung Haushofers gesehen werden kann, um die Überlegenheit der deutschen Kulturnation gegenüber Frankreich zu betonen. Die Konzentration auf Kulturen ermöglichte es Haushofer indes, die indische Kultur ebenso wie die griechische und die chinesische als „Haupt-Kultur-Macht“ zu kennzeichnen. Er versucht also, die kulturelle Entwicklung über Jahrtausende hinweg in einer Karte abzubilden und gleichzeitig alle „Haupt-Kulturen“ innerhalb des angestrebten Kontinentalblocks zu verorten, die sich letztlich alle gegen die imperialistischen Seemächte verbünden sollten. Die Karte zeigt, dass Haushofer nicht in nationalstaatlichen, sondern in kulturräumlichen Dimensionen dachte, wie es auch seine Zeitgenossen Leo Frobenius und Oswald Spengler taten.[18]
Für Haushofer wie für Mackinder war der Gegensatz zwischen Landmacht und Seemacht das bestimmende Motiv im Konflikt um die globale Vorherrschaft, der über die Jahrhunderte hinweg in verschiedenen Spielarten auftrat. Dem ursprünglich eurasischen Gegensatz zwischen den „meerbestimmten Randländer[n]“, die an das Mittelmeer angebunden waren, und der „zentralen Steppenmacht der Alten Welt“ folgte die imperialistische Globalisierung des Konflikts durch die Kolonisierung Südostasiens, Südamerikas und Afrikas und den Aufbau des britischen Empires, aus der die Anbindung der europäischen Mächte an die Ozeane resultierte.[19] Die Kolonien der europäischen Mächte im äußeren Halbmond bezeichnete Haushofer als „Pfandräume der randständigen Mächte“. Als randständige Mächte zählten die Niederlande, Großbritannien und Frankreich, die sich im äußeren Halbmond und damit außerhalb eines möglichen Kontinentalblocks befanden. „Hauptdruckräume“ waren die Regionen auf dem Territorium von Mächten innerhalb des äußeren Halbmonds, in denen durch Bevölkerungswachstum Druck entstand, der eine Erweiterung des eigenen Territoriums als Notwendigkeit rechtfertigte, mit der zusätzliche Siedlungsräume gewonnen werden sollten (siehe Abb. 2). Das Motiv des Bevölkerungsdrucks bestimmte allerdings nicht nur das Handeln der Mächte im äußeren Halbmond. Haushofer nutzte dieses Motiv auch als Argument, um den territorialen Revisionismus im Deutschen Reich zu begründen und machte es zum wichtigen Bestandteil der deutschen Geopolitik.[20]
Die Bevölkerungsdichte im Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg beruhte weniger auf einem starken Bevölkerungswachstum durch Geburten als vielmehr auf der Ansiedlung deutscher Bevölkerung aus abgetrennten Gebieten auf dem Reichsgebiet. Die in den abgetrennten Gebieten verbliebene deutsche Bevölkerung galt als zusätzliches Faustpfand, um eine Rückgewinnung der Gebiete zur rechtfertigen, die Haushofer auch als Präsident des Volksbunds für das Deutschtum im Ausland einforderte. Die Voraussetzung für dieses Denken, wonach der Bevölkerungsdruck eine Expansion über die nationalen Grenzen hinaus rechtfertige, lag im Rückbezug auf die Idee des Geografen Friedrich Ratzel, Staaten als Organismen zu betrachten, die verschiedene Stadien durchlebten. Ein wachsender Organismus müsse sich ausbreiten.[21] Der Staat als Organismus expandiere zum Nachteil angrenzender Gebiete und Staaten, die ein Stadium der Stagnation oder des Niedergangs durchlebten. Ein wachsender, als Organismus gedachter Staat hat nach Ratzel das natürliche Recht, sich Territorien anderer Staaten als zusätzlichen „Lebensraum“ einzuverleiben.[22] Haushofer und die deutsche Geopolitik argumentierten in der Zwischenkriegszeit für eine Ausdehnung des Deutschen Reichs in Gebiete, die als deutsche Kulturlandschaft betrachtet wurden, weil sie von einer deutschsprachigen oder deutschstämmigen Bevölkerung besiedelt waren. Dadurch ergab sich eine konzeptionelle Nähe zur nationalsozialistischen „Blut-und-Boden“-Ideologie, die vor allem in der US-amerikanischen Bewertung zur Ineinssetzung von deutscher Geopolitik und nationalsozialistischer Außenpolitik führte. In der Realität gab es entscheidende Differenzen zwischen der rassistischen „Blut-und-Boden“-Politik der Nationalsozialisten und der geografisch-deterministischen deutschen Geopolitik.[23]
In Haushofers Karte vereinten sich vielfältige theoretische und ideologische Motive, verborgen hinter grafischen Mitteln und einer verschlüsselten Legende, die ohne die Kenntnis der geopolitischen Begrifflichkeiten unverständlich bleibt. Mit ausreichender Kenntnis lässt sich an ihr allerdings das breite Spektrum der ideengeschichtlichen und ideologischen Grundlagen der deutschen Geopolitik aufzeigen. Die Komplexität der Karte Haushofers verhinderte ihre breite Rezeption. Haushofers Adaption war sehr spezifisch und an eigens entwickelte Kategorien gebunden, die außerhalb seines eigenen geopolitischen Denksystems nicht funktionierten, da sie an keine bestehende Denktradition anschließen konnten, was die Karte als Instrument der Popularisierung seines geopolitischen Konzepts unbrauchbar machte.
Ein zweites Heartland in Nordamerika – die Anschlussfähigkeit der Heartland-Theorie in den USA
Um zu verstehen, warum die Heartland-Theorie auch noch im 21. Jahrhundert als Erklärungsmuster geopolitischer Konflikte präsent ist, muss der transkontinentale Wissenstransfer im Zuge ihrer Rezeption und Adaption und der damit verbundenen Übersetzung von Text in Karte in den USA in den Fokus genommen werden. Erst die von US-amerikanischen Akteuren und europäischen Immigranten konstruierte Verknüpfung zwischen der nationalsozialistischen Außenpolitik, der deutschen Geopolitik und Haushofers Bezugnahme auf Mackinder weckte in den USA das Interesse an der Heartland-Theorie, wobei völlig außer Acht gelassen wurde, das Haushofer nie auf die Heartland-Theorie Bezug nahm[24]
Abgesehen von einigen kurzen, beiläufigen Rezensionen blieb die Rezeption des pivot area-Konzeptsin den USA ebenso aus wie in Großbritannien. Erst Mackinders „Democratic Ideals and Reality“ fand tiefer greifende Beachtung bei den Rezensenten US-amerikanischer Tageszeitungen. In der New Yorker The Sun erschien 1919, im Jahr der Publikation des Buchs, eine Rezension, in der die Theorie detailliert dargestellt wurde und Mackinders Warnung Erwähnung fand, dass es dem Deutschen Reich nicht gelingen dürfe, das Heartland einzunehmen.[25] Über den Kreis der Geografen hinaus blieben Mackinders Entwürfe einer dystopischen Weltordnung in den USA vor dem Zweiten Weltkrieg aber weitgehend unbekannt. Zudem lehnte der prominente US-amerikanische Geograf Isaiah Bowman Mackinders Heartland-Theorie aufgrund des inhärenten Determinismus ab, weswegen sie unter US-amerikanischen Geografen zwar rezipiert, jedoch nicht adaptiert wurde.[26] Das pivot area-Konzept fand dabei entweder gar keine Beachtung oder wurde als eine erste Fassung der Heartland-Theorie behandelt. Edmund A. Walsh, der 1919 die School of Foreign Service an der Georgetown University gründete und ihr vorstand, legte indes als einer der ersten Wissenschaftler in den USA, die sich dem Feld der geopolitics widmeten, den Grundstein für die intensive Auseinandersetzung mit der deutschen Geopolitik und die Adaption der Heartland-Theorie in den Vereinigten Staaten während des Zweiten Weltkriegs. Walshs Expertise qualifizierte ihn, Haushofer nach dem Zweiten Weltkrieg zu befragen, um festzustellen, ob dessen Verbindungen zum nationalsozialistischen Regime eine Anklage bei den Nürnberger Prozessen rechtfertigen würden. Walsh plädierte nach eingehender Befragung Haushofers dafür, ihn nicht in Nürnberg anzuklagen.[27]
Wirklich entscheidend für die Rezeptionsgeschichte der Heartland-Theorie in den USA war der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt vom August 1939. Es schien eingetreten, wovor Mackinder 1919 gewarnt und worauf Haushofer hingearbeitet hatte: Deutsche und Slawen hatten sich vereint. Das Bündnis machte Mackinder über Nacht zum geopolitischen Propheten und die Heartland-Theorie zur Blaupause für eine dystopische Teleologie der Weltgeschichte. Wer das Heartland beherrscht, bedroht vor allem die demokratisch-liberale Weltordnung, da der Beherrschung des Heartland die Kontrolle über die Weltinsel folgen würde, was als Voraussetzung für die Kontrolle der gesamten Welt galt. Keine zwei Monate nach dem Bündnisschluss veröffentlichte Richard H. Stokes einen Artikel in der Evening Post, in dem die deutsche Geopolitik und Mackinders Formel aus „Democratic Ideals and Reality“ als Stichwortgeber für das deutsch-sowjetische Bündnis identifiziert wurden, wodurch Haushofers Adaption Mackinder ebenfalls in den Fokus geriet und die Ineinssetzung von pivot area-Konzept und Heartland-Theorie ihren Ausgang nahm.[28]
Damit begann die intensive Auseinandersetzung mit der Heartland-Theorie in den USA als dystopische Prophezeiung einer totalitären Weltordnung unter Hitlers Führung, die um jeden Preis verhindert werden musste. Darin deutete sich an, dass die Stigmatisierung der Heartland-Theorie als intellektuelle Grundlage von Weltmachtstreben im Namen totalitärer Ideologien als Argument nutzbar war, um ein militärisches Vorgehen gegen Akteure und Staaten, die sich diesem Ziel verschrieben hatten, zu legitimieren. Die Gefahr, die von einer Ideologie ausging, die nach der Weltherrschaft strebte, ließ sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Bedrohung der demokratisch-liberalen Welt durch den Kommunismus übertragen. Das Auswechseln der Motivlage hatte Mackinder vorbereitet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es nicht mehr der Nationalsozialismus, sondern der Kommunismus, der das Heartland zur Basis seiner Weltherrschaftsansprüche machen würde. Die Herrschaft über das imaginierte Heartland im Namen totalitärer und autokratischer politischer Systeme wurde zum Sinnbild für die globale Bedrohung westlicher Werte. Im öffentlichen US-amerikanischen Diskurs diente die Anspielung auf die Heartland-Theorie seit dem Zweiten Weltkrieg der Legitimierung des Eingreifens der US-Streitkräfte in regionale und globale Konflikte, das gegenüber den Traditionen des Isolationismus und der Monroe-Doktrin gerechtfertigt werden musste.
In den USA erschienen in den 1940er-Jahren zahlreiche Artikel und Bücher, aber auch Filme, die sich der Heartland-Theorie und ihrer angeblichen Bedeutung für die deutsche Kriegsführung widmeten, was für die Popularisierung der Heartland-Theorie und ihrer Ineinssetzung mit dem pivot area-Konzept sorgte.[29] Ein Faktor, der ihre Rezeption und zügige Adaption in den USA begünstigte, lag auf der semantischen Ebene. Der Begriff Heartland war bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein weit verbreitetes Lexem im amerikanischen Englisch, das unter anderem als Eigenname fungierte, andererseits bereits als Bezeichnung von Großräumen in den USA Verwendung fand.[30] Anders als in Deutschland konnte die öffentliche Debatte über die Heartland-Theorie in den USA in den 1940er-Jahren an bestehende Wissenstraditionen anschließen, die dort auf institutioneller Ebene aufgebaut wurden, wie die zahlreichen Kurse zu geopolitischen Themen an der School of Foreign Service der Georgetown University zeigen. Seit den 1930er-Jahren gab es eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Geopolitik und Mackinders Heartland-Theorie in der Geografie und Politikwissenschaft, die zusätzlich die Hypothese der Verknüpfung beider untermauerte.[31] Unter diesen Voraussetzungen war es kaum erstaunlich, dass die Debatte über die Heartland-Theorie sehr schnell die politischen Feuilletons amerikanischer Zeitungen und populärer Zeitschriften füllte. Zudem führte der erneute Krieg in Europa zur Diskussion über die Rolle der USA, wobei die Heartland-Theorie als Argument für einen Kriegseintritt angeführt wurde, da sich der Krieg nach Mackinder nicht auf Europa und die Alte Welt begrenzen würde.
Die Rezeption der Heartland-Theorie brachte die Idee hervor, ein amerikanisches Heartland im Mittleren Westen als Gegenpol zu Mackinders Heartland zu verorten, das die Basis einer amerikanischen Weltmacht sei, der es gelingen müsse, gegen die Beherrscher des Heartlands in der Alten Welt zu obsiegen, um die bestehende Weltordnung zu verteidigen. Die Argumentation, Nordamerika habe ein eigenes Heartland, verfing auch noch im Kalten Krieg. In den 1950er-Jahren spielten Autorinnen wie Dorothy Thompson in ihren zahlreichen Artikeln für den Evening Star über die geopolitische Theorie Mackinders immer wieder auf das amerikanische Heartland an, das vor den Angriffen der Sowjets geschützt werden müsse, wie die Amerikaner sich ebenso strategische Gedanken machen sollten, wie das Heartland des Gegners bedroht werden könne, um ein Abschreckungsszenario aufrechtzuerhalten.[32] Thompson bezog sich in ihren Beiträgen auf Mackinders Heartland-Theorie, bis die Idee in das US-amerikanische Instrumentarium zur Analyse außerpolitischer Beziehungen eingegangen war und die Erwähnung der Metapher Heartland ausreichend war, um das dahinterliegende Konzept bei den Leser:innen zu aktivieren.
Im Verlauf des vielschichtigen Rezeptionsprozesses zwischen 1939 und den 1950er-Jahren kam es zur Komplexitätsreduktion der Heartland-Theorie, die vor allem durch die verkürzte Darstellung in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln und durch populäre Karten erreicht wurde, die den Artikeln beigegeben wurden. Karten wurden nicht nur Artikeln in populären Zeitschriften beigefügt, sondern fanden auch in Veröffentlichungen des Naval War College Verwendung, um vor allem die neuen Strategien zu veranschaulichen, die sich durch die zivile und militärische Nutzung des Flugzeugs seit den 1940er-Jahren ergaben.[33] Das Flugzeug eröffnete neue Verkehrswege über die Pole hinweg, die zu vollkommen neuen Darstellungen der Welt führten. Durch die technischen Errungenschaften rückten die beiden Heartlands auf dem eurasischen und nordamerikanischen Kontinent in der Wahrnehmung enger zusammen, da die Distanz zwischen ihnen über den Nordpol geringer war als über die beiden Ozeane und nun von Flugzeugen überwunden werden konnte. Mittelabstandstreue Azimutalprojektionen veranschaulichten die Nähe zwischen den Kontinenten der nördlichen Hemisphäre und verdeutlichten die Bedrohungslage, die für die USA von der Sowjetunion als Beherrscherin des eurasischen Heartland ausging, wodurch sich das Interesse an der Heartland-Theorie noch verstärkte.
Neben der öffentlichen Debatte über die Frage, was die US-Amerikaner von der Heartland-Theorie lernen könnten, reflektierten zahlreiche Wissenschaftler, unter ihnen viele europäische Immigranten wie Hans Weigert, Robert Strausz-Hupé und Franz Neumann, aber auch US-Amerikaner wie Edward Mead Earl, George B. Cressey, Harold und Margaret Sprout über die Anschlussfähigkeit der Theorie.[34] Die wichtigste Adaption der Heartland-Theorie in den USA lieferte der niederländisch-amerikanische Politikwissenschaftler Nicholas J. Spykman 1944 in „Geography of the Peace“, das erst posthum erschien.[35] Der als Professor für Internationale Beziehungen in Yale lehrende Spykman griff Mackinders These von der entscheidenden Bedeutung des eurasischen Heartland auf, setzte aber neue Prämissen, um eine US-amerikanische Sicherheitsstrategie zu entwerfen. Spykman wollte verhindert sehen, dass sich die Beherrscher des Heartland auf angrenzende Territorien ausbreiteten. Was bei Mackinder und Haushofer als innerer Halbmond bezeichnet wurde, deutete Spykman zu den Rimlands um, die das Heartland umgeben (Abb. 3). Die Verteidigung der eurasischen Rimlands gegen eine aggressive Expansion aus dem Heartland heraus würde das von Mackinder beschriebene Szenario verhindern können. Die geografische Lage, das Klima und die Topografie waren für Spykmans wie auch für Mackinders und Haushofers Konzeption die grundlegenden und bestimmenden Faktoren der Beschreibung geopolitischer und geostrategischer Entwicklungen.
Die Idee, die Beherrscher des Heartland einzudämmen, rückte Spykmans geostrategischen Entwurf in die Nähe der wenige Jahre später von George F. Kennan entwickelten Containment-Politik. Ähnlich wie bei der Ineinssetzung von deutscher Geopolitik und nationalsozialistischer Außenpolitik ist auch die Nähe zwischen Spykmans Rimland-Theorie und der Containment-Politik der USA in den 1950er-Jahren eine Konstruktion, die der öffentlichen Wahrnehmung und der Interpretation in der Fachliteratur entstammt. Kennan berief sich nicht auf Spykman, da er die Eindämmung der Sowjetunion aufgrund des Kommunismus als notwendig ansah, den er als Ideologie betrachtete, die durch aggressive Expansion die Weltrevolution mit dem Ziel der Unterwerfung der demokratisch-liberalen Welt vorantreiben wollte. Spkymans Konzept war von geografischen Prämissen, nicht von ideologischen Gegensätzen bestimmt. Da beide Ansätze sich aber auf das Agieren in denselben Regionen der Welt (Korea, Vietnam, Iran) kaprizierten, lag es nahe, beide als kongruent zu betrachten. Durch die konstruierte Verknüpfung zwischen der Containment-Politik und Spykmans Rimland-Theorie blieb Mackinders Heartland-Theorie auch in der wissenschaftlichen und politischen Debatte präsent. Die Heartland-Theorie schrieb sich in zahlreiche Dimensionen der Debatte über die Legitimation US-amerikanischer Außenpolitik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein, wie die Veröffentlichungen Colin S. Grays in den 1970er- und 1980er-Jahren, aber auch die beständigen Bezüge zur Heartland-Theorie in populären Medien und politischen Debatten exemplarisch zeigen.[36]
Schlussbetrachtung
Ersichtlich wurde, dass die Heartland-Theorie in den Karten zur Allegorie für die Bedrohung der demokratisch-liberalen Welt verdichtet wird. Das Heartland fungierte aber auch als Metapher für einen imaginierten Großraum, der dank reicher Rohstoffvorkommen und zunehmender Industrialisierung zum Machtzentrum einer politischen Entität werden konnte, wobei die Bindung an ein bestimmtes politisches Regime unbedeutend war.[37] Die Metapher löste sich von der ursprünglichen, regional klar definierten Bindung an einen Großraum in Asien und den Motiven, die Mackinder dem Expansionsdrang der Völker unterstellt hatte. Die entstandene Raum-Metapher Heartland war sowohl als Zentrum einer dystopischen als auch einer utopischen Weltordnung denkbar, was sie vielseitig nutzbar machte und zu ihrer Präsenz im öffentlichen, politischen und wissenschaftlichen Diskurs bis in die Gegenwart hinein beitrug.
Das Wissen über die Heartland-Theorie transferierten vor allem europäische Immigranten in die USA, wobei im transkontinentalen und internationalen Transfer innerhalb der Geografie und der Politikwissenschaften der Text der Theorie das wichtigere Medium war, das Mackinders Ideen transportierte. Innerhalb der USA und vor allem für den Wissenstransfer in die Öffentlichkeit waren komplexitätsreduzierende Karten entscheidender, die eine geografisch-deterministische, leicht verständliche Reduktion der Theorie boten, was die Entwicklung der Theorie zu einem frei flottierenden geopolitischen Konzept unterstützte, das sich aufgrund der eingeschriebenen Flexibilität und Unterkomplexität fortan auf vielfältige Konfliktlagen anwenden ließ.
[1] Essay zu der Quelle: Drei Karten globaler Raumordnung auf Grundlage der Heartland-Theorie (1904 / 1919 / 1944), in: Themenportal Europäische Geschichte, 2023, URL: <https://www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-78139>.
[2] Eric Gujer, Putins strategischer Plan, in: Neue Zürcher Zeitung, 19.2.2022, S. 1
[3] Halford J. Mackinder, The Round World and the Winning of the Peace, in: Foreign Affairs 21/4 (1943), S. 595-605.
[4] Michael C. Frank, Imaginative Geography as a Travelling Concept. Foucault, Said and the spatial turn, in: European Journal of English Studies 13/1 (2009), S. 61-77, hier S. 61.
[5] Halford J. Mackinder, The Geographical Pivot of History, in: The Geographical Journal 23/4 (1904) S. 421-444.
[6] Halford J. Mackinder, Democratic Ideals and Reality, London 1919. URL: <https://archive.org/details/democraticideals00mackiala/page/n5/mode/2up> (15.02.2023).
[7] Halford J. Mackinder, The Round World and the Winning of the Peace, S. 597.
[8] Gerry Kearns, The Political Pivot of Geography, in: The Geographical Journal 170/4: Halford Mackinder and the ‘Geographical Pivot of History’, Dez. 2004, S. 337-346.
[9] H. J. Mackinder, The geographical pivot of history.
[10] Halford J. Mackinder, Democratic Ideals and Reality, London 1919, S. 25.
[11] Ebd., S. 194.
[12] Michael Fahlbusch, Grundlegung, Kontext, und Erfolg der Geo- und Ethnopolitik vor 1933, in: Irene Diekmann / Peter Krüger / Julius H. Schoeps (Hrsg.), Geopolitik – Grenzgänge im Zeitgeist, Bd. 1.1: 1890 bis 1945, Potsdam 2000, S. 103-146.
[13] Karl Haushofer, Der Kontinentalblock: Mitteleuropa, Eurasien, Japan (Kriegsschrift der Reichsstudentenführung, Bd. 7), München 1941.
[14] Christian W. Sprang, Karl Haushofer und Japan. Die Rezeption seiner geopolitischen Theorien in der deutschen und japanischen Politik, München 2013, S. 78-207. URL: <https://www.academia.edu/2474883/Karl_Haushofer_und_Japan_Die_Rezeption_seiner_geopolitischen_Theorien_in_der_deutschen_und_japanischen_Politik> (2.6.2022).
[15] Mark Bassin, Race contra space: the conflict between German Geopolitik and National Socialism, Political Geography Quarterly, Vol. 6, No. 2. April 1987, S. 115-134.
[16] Siehe dazu u.a.: Alexander Dugin, Last War of the World-Island. The Geopolitics of Contemporary Russia, London 2015.
[17] Karl Haushofer, Weltpolitik von heute, München 1934.
[18] Vgl dazu Karl Haushofer, Kulturkreise und Kulturkreisüberschneidungen, in: ders. (Hrsg.): Raumüberwindende Mächte, Leipzig 1934, S. 91-109; Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, Bd. 1, Wien 1918; Leo Frobenius, Ursprung der afrikanischen Kulturen, Berlin 1898.
[19] K. Haushofer, Weltpolitik von heute, S. 51.
[20] Karl Haushofer, Staat, Raum und Selbstbestimmung, in: ders. (Hrsg.): Raumüberwindende Mächte, S. 63-90.
[21] Hans-Dietrich Schultz, Die deutsche Geographie im 19. Jahrhundert und die Lehre Friedrich Ratzels, in: I. Diekmann / P. Krüger / J. H. Schoeps (Hrsg.), Geopolitik, Bd. 1.1, S. 39-84.
[22] Friedrich Ratzel, Lebensraum: Eine biogeographische Studie, Tübingen 1901. URL: <https://archive.org/details/bub_gb_xyY-AQAAMAAJ/page/n1/mode/2up> (2.6.2022).
[23] Siehe dazu Rainer Sprengel, Geopolitik und Nationalsozialismus: Ende einer deutschen Fehlentwicklung oder fehlgeleiteter Diskurs?, in: I. Diekmann / P. Krüger / J. H. Schoeps (Hrsg.), Geopolitik, Bd. 1.1, S. 147-168.
[24] Mark Bassin, Race contra space: the conflict between German Geopolitik and National Socialism.
[25] N. N.: Sublimated Geography, in: The Sun, 1.6.1919, Section 6, S. 10.
[26] Isaiah Bowman, Geography vs. Geopolitics, in: Geographical Review 32/4, (Oct. 1942), S. 646-658.
[27] Siehe dazu Edmund A. Walsh, The Mystery of Haushofer, in: LIFE Magazin, 16.9.1946, S. 107-120; Dan Diner, „Grundbuch der Planeten”. Zur Geopolitik Karl Haushofers, in: Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte 32/1 (1984), 28 S., URL: <https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1984_1_1_diner.pdf> (2.6.2022).
[28] Richard H. Stokes, Russo-German Entente follows path exposed by ”Geopolitician”. Idea of Briton, Sir Halford Mackinder, traced to ears of Hitler after lying dormant for a generation, in: Evening Star, 1.10.1939, Section C, S. 3.
[29] Der Film „Plan for Destruction“ (1943) von Edward L. Cahn führt die angebliche Existenz eines Instituts für Geopolitik an, dem Haushofer vorsteht. Haushofer referiert im Film über die Heartland-Theorie, ohne dass Mackinders Name genannt wird. URL: <https://www.youtube.com/watch?v=ncLxx9QyHOY> (2.6.2022); Gerard Toal, Critical Geopolitics. The Politics of Writing Global Space, Minneapolis 1996. URL: <https://www.academia.edu/4969479/Critical_Geopolitics_Ge%C3%A1roid_%C3%93_Tuathail> (2.6.2022).
[30] Vgl. dazu u.a. Frederick Walworth Brown, The Rise of the House of Landis, novel extract, in: Evening Times, 12.3.1910, S. 7.
[31] Siehe dazu u.a. N. N.: Georgetown revises Curriculum, placing stress on war work. New term will open next month under accelerated program, in: Evening Star, 27.6.1942, Section C, S. 8; Richard Hartshorne, Recent developments in Political Geography, I, in: The American Political Science Review 29/5 (Okt. 1935), S. 785-804.
[32] Siehe u.a. Dorothy Thompson, How Russia got in Middle East. Columnist in 1945 predicted alienation of Arab world open Gates to Reds, in: Evening Star, 12.10.1956, S. 15.
[33] Siehe u.a. Edward, J. Jr. Katzenbach, Astigmatism and Geopolitics, in: Naval War College Review 8/4, Dez. 1955, S. 21-40. URL: <https://digital-commons.usnwc.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=7695&context=nwc-review> (15.02.2023).
[34] Siehe dazu u.a. George B. Cressey, The Basis of Soviet Stength, New York 1945; Franz Neumann, Behemoth: The Structure and Practice of National Socialism, London 1942; Robert Strausz-Hupé, Geopolitics: The Struggle for Space and Power, New York 1942; J. J. Thorndike, Geopolitics. The Lurid Career of a Scientific System which a Briton Invented, the Germans Used and Americans Need to Study, in: Life, 21.12.1942, S. 106-115. URL: <https://books.google.de/books?id=NVEEAAAAMBAJ&pg=PA106&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=2#v=onepage&q&f=false> (15.02.2023).
[35] Nicholas J. Spykman, The Geography of the Peace, hrsg. von Helen R. Nicholl, New York 1944.
[36] Siehe u.a. Colin S. Gray, The Geopolitics of the Nuclear Era: Heartland, Rimlands, and the Technological Revolution, New York 1977; für die 1940er-Jahre siehe u.a. Edward Lewis Bartlett, Speech in the House of Representatives, 18.6.1948, 80th Congress, 2nd Session, Vol. 94, Part 7, House, Congressional Record, S. 8825-8827. URL: <https://www.congress.gov/bound-congressional-record/1948/06/18/94/house-section/article/8824-8964?q=%7B%22search%22%3A%5B%22Bartlett%22%5D%7D&s=7&r=10> (15.02.2023)
[37] Vgl. dazu Jan Helmig, Metaphern in geopolitischen Diskursen. Raumrepräsentationen in der Debatte um die amerikanische Raketenabwehr, Wiesbaden 2008.
Literaturhinweise
Barney, Timothy (2015): Mapping the Cold War. Cartography and the framing of America’s international power, Chapel Hill.
Jureit, Ulrike (2012): Das Ordnen von Räumen. Territorium und Lebensraum im 19. und 20. Jahrhundert, Hamburg.
Kearns, Gerry (2008): Geopolitics and Empire. The Legacy of Halford Mackinder, Oxford.
Rainer, Sprengel (1996): Kritik der Geopolitik. Ein deutscher Diskurs 1914-1944, Berlin.
Rosenboim, Os (2017): The emergence of globalism. Visions of world order in Britain and the United States, 1939-1950, Princeton.
Zugehörige Quelle:
Drei Karten globaler Raumordnung auf Grundlage der Heartland-Theorie (1904 / 1919 / 1944)
Drei Karten globaler Raumordnung auf Grundlage der Heartland-Theorie (1904 / 1934 / 1944), in: Themenportal Europäische Geschichte, 2023, <www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-78139>.
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Heartland-Theorie
Die Heartland-Theorie ist eine geopolitische und -strategische Theorie des britischen Geographen Halford Mackinder. In seinem Aufsatz „The geographical pivot of history“ (1904)[1], zunächst der Royal Geographical Society vorgelegt, später als Teil seines Werkes „Democratic Ideals and Reality“ veröffentlicht[2], formulierte er diese Theorie zur Warnung an seine Landsleute. Er setzte sich mit der Bedeutung von Geographie, Technik, Wirtschaft, Industrie sowie Rohstoff- und Bevölkerungsressourcen für eine vergleichende Bewertung von Landmacht und Seemacht auseinander. Nach dem Ersten Weltkrieg aktualisierte er seine Theorie unter dem Eindruck des Krieges. Sein Heartland-Konzept gilt manchen als „die wohl bedeutsamste Idee in der Geschichte der Geopolitik.“[3]
Inhaltsverzeichnis
Die Theorie
Nach Mackinder kann die Weltoberfläche in folgende Gebiete eingeteilt werden:
Das Heartland (Pivot Area) liegt im Zentrum der Weltinsel und erstreckt sich von der Wolga bis zum Jangtsekiang und vom Himalaya zur Arktik. Mackinders Heartland war das Gebiet, das vom Russischen Reich regiert wurde, danach von der Sowjetunion, abzüglich der Halbinsel Kamtschatka.
Die Einteilung der „Weltinsel“ in Mackinders Heartland Theorie Grundzüge der Theorie
Wie in anderen orthodoxen geopolitischen Theorien legte Mackinder seiner Theorie ein materialistisch geprägtes Menschenbild zugrunde, in dem Menschen im Rahmen ihrer Bedürfnisse nach Sicherheit und Wohlstand miteinander im Wettbewerb um Territorium und Ressourcen stehen. In diesem Zusammenhang sah er sich und das britische Weltreich am Ende eines kolumbianischen Zeitalters (Columbian era), das von der Entdeckung des amerikanischen Kontinents für Europa durch Christoph Kolumbus an von der relativen Dominanz der Seemacht über die Landmacht geprägt gewesen sei.[4]
Im Gegensatz zu der von Alfred Thayer Mahan formulierten Theorie der alleinigen historischen Dominanz der Seemacht betont Mackinder, dass im Verlauf der Geschichte sowohl Land- als auch Seemacht als entscheidende Faktoren gewirkt haben. Einer expandierenden Landmacht sei es häufig gelungen, eine Seemacht zu bezwingen, indem sie deren Stützpunkte von der Landseite her erobert habe. Großbritanniens effektive Kontrolle über die Weltmeere verschaffte ihm bis in das 20. Jahrhundert hinein universale Hegemonie. Danach verlor es, Mackinder zufolge, durch Dampfmaschine und Motor und das in deren Gefolge aufkommende Straßen- und Eisenbahnverkehrsnetz seine Welthandelsdominanz. Die Macht Großbritanniens wurde gegenüber den kontinentalen Staaten gemindert.
Entwickelt nun das „Herzland“ des Kontinents – Westsibirien und das europäische Russland – entsprechende Verkehrswege und in ihrem Gefolge einen hohen industriellen und wirtschaftlichen Durchdringungsgrad, so wird es eine entsprechend größere Macht ausüben können. Ein mächtiger Kontinentalstaat, dem alle Errungenschaften moderner Technik zur Verfügung stünden, könnte durch eine Herrschaft über dieses „Herzland“ die Herrschaft über die gesamte „Weltinsel“ erlangen. Mackinder formulierte dies als einen in der Literatur vielzitierten Merksatz:[5]
„Who rules Eastern Europe commands the Heartland
Who rules the Heartland commands the World Island
Who rules the World Island commands the World
deutsch:
Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht das Herzland.
Wer über das Herzland herrscht, beherrscht die Weltinsel.
Wer über die Weltinsel herrscht, beherrscht die Welt.“
– Mackinder, Democratic Ideals and Reality, S. 106
Unter der „Weltinsel“ verstand Mackinder Eurasien unter Hinzunahme des afrikanischen Kontinents. Die Rohstoff- und Bevölkerungsressourcen dieses Gesamtgebietes würde die Beherrschung der kontinentalen „Randländer“ und sukzessive auch des amerikanischen und australischen Kontinents sowie Japans ermöglichen.
Rezeption und Weiterentwicklungen
Mackinders Heartland-Theorie unterliegt sowohl innerhalb als auch außerhalb der geopolitischen Forschung kontroverser Diskussion. Vertreter der Geopolitik orthodoxer Ausrichtung stehen der Theorie wohlwollend gegenüber, bescheinigen Mackinder jedoch eine grobe Vereinfachung historischer Entwicklungen. So merkt der US-amerikanische Politikwissenschaftler C. Dale Walton an, dass Mackinder den Machtzuwachs der Vereinigten Staaten und deren Garantie der europäischen Sicherheit hätte absehen können, auch wenn Landmächte einer Kontrolle des Herzlandes im 20. Jahrhundert besonders nahe gewesen seien. Ebenso habe es durchaus in Mackinders Vorstellungsbereich liegen können, dass die Seemächte auf die technische Dynamik der Landmächte mit einem eigenen Innovationsschub reagieren würden, wie dies anhand von nuklearen und thermonuklearen Waffen, Langstreckenbombern sowie land- und seegestützten Langstreckenraketen in der Mitte des 20. Jahrhunderts eingetreten sei.[6]
Den Thesen des US-amerikanischen Geographen Nicholas J. Spykmans, die er kurz vor dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg formulierte, lag Mackinders Paradigma von der Weltinsel zugrunde. Spykman gelangte zur Ansicht, dass die USA eine anhaltende Kontrolle der Weltinsel vom nordasiatischen Herzland aus verhindern müssten, wollten sie als Seemacht ihre Sicherheit und Unabhängigkeit garantieren.
Der Asienexperte Alfred McCoy setzte die Rezeptionsgeschichte von Mackinders Heartland-Theorie fort.[7][8] Er sieht in dem sich „schärfer abzeichnenden Konflikt zwischen Peking und Washington nur die letzte Runde in einem jahrhundertelangen Kampf um die Kontrolle der eurasischen Landmasse zwischen Meeres- und Landmächten“. Der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping proklamierten am 4. Februar 2022 die Installation eines „neuen globalen Governance-System“ durch eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur auf dem eurasischen Kontinent sowie gemeinsame Öl- und Gas-Kooperationsprojekte. Im eurasischen Osten verfolge „China eine ähnliche, wenn auch subtilere Strategie“, um im Indo-Pazifik die bisherige Dominanz der US-Flotte in Frage zu stellen.[9]
Siehe auch
Literatur
Belege
Diese Seite wurde zuletzt am 14. Juli 2024 um 18:19 Uhr bearbeitet.
Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Heartland-Theorie
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Nicaragua hat angekündigt, die diplomatischen Beziehungen zu Israel aus Protest abgebrochen zu haben. Die nicaraguanische Regierung begründete die Maßnahme mit den israelischen Angriffen auf palästinensische Gebiete und den Libanon. Neben Nicaragua haben andere lateinamerikanische Länder ihre Beziehungen zu Israel wegen seines Vorgehens im Gazastreifen abgebrochen, darunter Belize, Bolivien und Kolumbien.
Brasilien hatte seinerseits beschlossen, die Diplomaten aus Israel abzurufen. Bahrain, Jordanien, Südafrika und andere Länder folgten diesem Beispiel.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
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german-foreign-policy.com, 14. Oktober 2024
BERLIN/KIEW (Eigener Bericht) – Ohne den erhofften PR-Erfolg und ohne echte neue Unterstützungszusagen ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Wochenende von seiner Reise nach Westeuropa inklusive Berlin zurückgekehrt. War Selenskyj schon zuvor durch die kurzfristige Absage des Ramstein-Gipfels düpiert worden, auf dem er für seinen angeblichen „Siegesplan“ werben wollte, so wurden bei seinen Besuchen in London, Paris, Rom und Berlin weithin längst bekannte Versprechungen wiederholt. Dabei gerät die Ukraine nicht nur militärisch immer stärker in die Defensive und verliert immer weitere Gebiete. Die Regierung steht auch im Inland zunehmend unter Druck. So nimmt die Anzahl der Desertionen deutlich zu; eine zur Kriegsfinanzierung unumgängliche Steuererhöhung wird auch von Regierungspolitikern als höchst unpopulär eingeschätzt. „Man wird uns hassen“, heißt es in der Partei von Präsident Selenskyj. Unterdessen rät das Springer-Onlineportal Politico – offenbar mit Blick auf Überlegungen im Westen, die Ukraine könne zu einer allzu großen Last werden –, über Alternativen zum Krieg zu diskutieren: Man sei bislang, heißt es, den westlichen Regierungen „in blindem Gehorsam“ gefolgt.
Zitat: Wahlkampf hat Vorfahrt
Ohne den erhofften PR-Erfolg ist die Reise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in mehrere Staaten Westeuropas in der vergangenen Woche zu Ende gegangen. Bereits die Absage des Deutschland-Besuchs von US-Präsident Joe Biden und im Kontext damit die Absage des Ramstein-Gipfels hatten die politischen Prioritäten des Westens sehr deutlich hervortreten lassen. Der Gipfel war ursprünglich als Demonstration weiterer westlicher Unterstützung für die Ukraine geplant, wenn auch vor allem auf symbolischer Ebene; die von Kiew geforderte Freigabe weitreichender westlicher Waffen für Angriffe auf russisches Territorium war, soweit bekannt, nicht vorgesehen. Selbst dies steht jedoch in der westlichen Politik zurück, sobald ein Wahlkampf den Verbleib des US-Präsidenten sowie seiner Vizepräsidentin im eigenen Land erforderlich macht. Um Selenskyjs Lage nicht ganz so peinlich erscheinen zu lassen, wurde der ukrainische Präsident zu Empfängen bei den Staats- und Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Deutschlands sowie beim Papst eingeladen.[1] Auch dabei gab es freilich keine neuen Zusagen für materielle Unterstützung; frühere Zusagen wurden bestätigt, und nur aus London hieß es, man denke über die Entsendung einiger Militärausbilder in die Westukraine nach.[2]
Dabei verschlechtert sich nicht nur die militärische Lage der Ukraine zusehends. Die russischen Streitkräfte sind nach dem Fall von Wuhledar weiter in der Ostukraine auf dem Vormarsch – und sie griffen am Wochenende laut ukrainischen Medienberichten auch in der Region Saporischschja wieder an. Nicht zuletzt werden aus der russischen Region Kursk Rückschläge vermeldet. Es kommt hinzu, dass sich die Stimmung in der Ukraine selbst klar verschlechtert (german-foreign-policy.com berichtete [3]) und inzwischen sogar die Zahl der Desertionen rasch wächst. Eröffnete die ukrainische Justiz im Jahr 2022 noch rund 9.000 Verfahren wegen einer Verweigerung des Kriegsdienstes respektive der Flucht von der Front, so waren es im Jahr 2023 bereits 24.000; in diesem Jahr ist die Zahl lange vor Jahresende bereits auf ungefähr 51.000 in die Höhe geschnellt.[4] Zwar lehnen nicht alle Deserteure den Kriegsdienst prinzipiell ab. Manche setzen sich nur gegen die fehlende zeitliche Begrenzung des Frontdienstes zur Wehr. Das ändert aber nichts am Anstieg der Desertionen. Da auch deshalb nicht genügend Soldaten vorhanden sind, wird in Kiew inzwischen über die weitere Senkung des Rekrutierungsalters nachgedacht.
Demographen warnen freilich vor dramatischen Konsequenzen.[5] Schon jetzt ist die Bevölkerung der Ukraine, die Anfang der 1990er Jahre noch über 52 Millionen Menschen umfasst hatte, auf – je nach Berechnung – 35,8 Millionen inklusive und 31 Millionen exklusive der von Russland kontrollierten Territorien geschrumpft. Prognosen schließen es nicht aus, dass die Einwohnerzahl des Landes bis 2041 auf rund 28 Millionen, bis 2051 gar auf nur noch 25 Millionen zurückgeht. Die weitere Senkung des Kriegspflichtalters unter 25 Jahre würde diejenige Generation, die demographisch benötigt wird, um Kinder zu zeugen und großzuziehen, noch weiter verkleinern. Im Hinblick darauf warnte der ehemalige Oberkommandierende der ukrainischen Armee und heutige Botschafter in Großbritannien, Walerij Saluschnyj, am 3. Oktober auf einer Konferenz, wolle man es erreichen, dass die Ukraine „in 20 bis 30 Jahren“ noch Bestand habe, dann müssten die jüngeren Generationen möglichst intakt bleiben: „Diese Leute im Alter zwischen 18 und 25 Jahren sind diejenigen, die unser Land retten werden“, wurde Saluschnyj zitiert.[6] Alternativ denken ukrainische wie auch westliche Politiker über eine zwangsweise Rekrutierung ins Ausland geflohener Männer im kriegsdienstfähigen Alter nach.
Weiteren Unmut in der Ukraine schafft die größte Steuererhöhung seit Kriegsbeginn, die das ukrainische Parlament am vergangenen Donnerstag beschlossen hat und die eine Steuer, die zur Deckung der Militärausgaben auf Einkommen erhoben wird, von bislang 1,5 Prozent auf 5 Prozent anheben soll. Zudem werden die Steuern auf Bankengewinne rückwirkend auf 50 Prozent verdoppelt; für andere Finanzinstitute werden die Steuern von 18 auf 25 Prozent angehoben.[7] Alles zusammengenommen solle das helfen, rund 12 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr zusätzlich in die Streitkräfte stecken zu können, heißt es in Kiew. Das löst in der ukrainischen Bevölkerung, die kriegsbedingt ohnehin bereits äußerst herben Entbehrungen ausgesetzt ist, wachsenden Unmut aus, zumal viele Ukrainer davon ausgehen, die neuen Mittel würden zu erheblichen Teilen in korrupten Kanälen versickern. Dabei räumen sogar einflussreiche Mitglieder der ukrainischen Regierungspartei ein, die Steuererhöhung sei sehr „unpopulär“. „Man wird uns hassen, aber wir haben keine andere Option“, erklärt Oleksij Mowtschan, ein Abgeordneter des ukrainischen Parlaments aus der Partei von Präsident Selenskyj: „Es geht um unser Überleben in diesem Krieg.“[8]
Mit Blick auf die dramatische Lage und zunehmende Spekulationen, dem Westen könne die Last des Krieges in der Ukraine so langsam zu schwer werden – auch wegen des immer mehr eskalierenden Krieges in Nahost und der wachsenden Spannungen mit China –, hat kürzlich das Springer-Onlineportal Politico einen aufschlussreichen Beitrag zu Rolle und Funktion der Medien im Ukraine-Krieg publiziert. Politico erinnert daran, „amerikanische und britische Medien“ seien vor dem Irak-Krieg im Jahr 2003 Behauptungen westlicher Regierungen, der Irak unter Saddam Hussein verfüge über gewaltige Mengen an Massenvernichtungswaffen, „allzu sehr in blindem Gehorsam gefolgt“. Die „Skepsis“ der Medien sei völlig unzureichend gewesen, „und alternative Stimmen und peinliche Fragen seien allzu häufig ausgegrenzt worden“.[9] Die Medien schienen nun „in Gefahr“ zu sein, „denselben Fehler zu wiederholen“, „indem wir diejenigen, die die westliche Strategie in Frage stellen, allzu rasch als Defätisten bezeichnen oder ihnen vorwerfen, russische Propaganda zu treiben“.
Offenkundig mit Blick auf zunehmende Überlegungen in westlichen Regierungszentralen, womöglich sei es angeraten, angesichts des stetigen russischen Vormarsches nicht zu spät zu Gesprächen über einen Waffenstillstand überzugehen, hieß es weiter auf Politico, es stelle sich die Frage, ob man sich nicht „selbst blind mache“.[10] Man lasse die nötige Skepsis bei Fragen vermissen wie derjenigen, ob es wirklich realistisch sei, dass Kiew alle verlorenen Territorien wiedergewinne, oder ob der Ukraine-Krieg wirklich der erste Schritt eines „größeren russischen Masterplans“ sei, „einen Landangriff auf die NATO zu starten“. „Es gibt gewiss glaubwürdige und stichhaltige Argumente für das Gegenteil“, räumt Politico ein; etwa, dass Russland, ob es jetzt verliere oder gewinne, geschwächt aus dem Ukraine-Krieg hervorgehen werde und die NATO ihm militärisch weit überlegen sei. „Das Problem ist, dass wir diese Gegenargumente in westlichen Mainstreammedien nicht genügend hören“, schreibt das Springer-Onlineportal, dem es in den vergangenen Jahren jederzeit freigestanden hätte, sich der politischen Linie der westlichen Regierungen nicht zu beugen. Dass es einen Kurswechsel jetzt andeutet, da ebenjene Regierungen ihrerseits über eine Beendigung des Kriegs zu spekulieren beginnen, spricht für sich.
[1] Eckart Lohse, Matthias Wyssuwa: Ein Bild des Krieges. Frankfurter Allgemeine Zeitung 12.10.2024.
[2] Larisa Brown: UK could send troops to Ukraine on training mission. thetimes.co.uk 10.10.2024.
[3] S. dazu Mittel zum Zweck.
[4], [5], [6] Zelenski ultima la creación de un Ministerio de la Unidad para salvar a Ucrania del desastre demográfico. elpais.com 10.10.2024.
[7], [8] Constant Méheut: Ukraine’s Parliament Approves Biggest Tax Increase of War to Support the Army. nytimes.com 10.10.2024.
[9], [10] Jamie Dettmer: Are we asking enough hard questions about Ukraine? politico.eu 20.09.2024.
Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9718
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Von Dagmar Henn
Überall und jederzeit leicht verfügbare Information, das scheint der Gewinn des digitalen Zeitalters zu sein. Aber die Folgen könnten am Ende ganz anders aussehen und das kollektive menschliche Gedächtnis unabsehbar schädigen.
Symbolbild; Bücher in einem Antiquariat
Als der Buchdruck erfunden wurde, waren die Auswirkungen auf die Entwicklung der Wissenschaft enorm. Allerdings lag das für eine lange Zeit, nämlich bis zur Erfindung des Rotationsdrucks um das Jahr 1830, nicht primär daran, dass Bücher deutlich verfügbarer und bezahlbarer geworden wären, sondern an einem ganz anderen Grund, den man aus heutiger Sicht oft übersieht: Der Buchdruck sorgte für viele absolut identische Kopien.
Meinung
Corona-Aufarbeitung? Der WDR, Wieler und die RKI-Files
In manchen Gegenden gab es schon zuvor eine regelrechte Massenproduktion. Die Universitäten, die ab dem 12. Jahrhundert in Europa entstanden, hatten einen enormen Bedarf, der nicht von einsamen Schreibern in mittelalterlichen Klöstern gedeckt wurde, sondern von regelrechten Manufakturen, in denen ein ganzer Saal von Schreibern gleichzeitig Standardwerke vorgelesen bekam und mitschrieb. Deshalb sind beispielsweise Standardsammlungen des Kirchenrechts verglichen mit anderen Büchern aus dieser Zeit geradezu spottbillig.
Allerdings hatten diese handgeschriebenen Bücher einen gewaltigen Nachteil – es schlichen sich Übertragungsfehler ein. Besonders gern bei jenen Büchern, bei deren Herstellung Pergament gespart werden musste, die also nicht im Klartext, sondern mit vielen Abkürzungen geschrieben wurden (unser deutsches ß ist eigentlich eine solche Abkürzung und stand einmal für die lateinische Superlativendung -issimus). Wer sich schon einmal mit Fehlerproblematik beschäftigt hat, weiß auch, dass sich Fehler multiplizieren können, etwa so wie im Kinderspiel "Stille Post", bei dem das erste Kind einer ganzen Reihe ein Wort ins Ohr geflüstert bekommt, dass es weiter flüstert, wobei meistens alle herzlich lachen können, wenn das letzte Kind der Reihe dann laut ausspricht, wie das Wort seiner Meinung nach lautet.
Die exakte Identität von Original und Kopie, die der Buchdruck ermöglichte, führte also dazu, dass unzählige Fehlerquellen vermieden wurden. Es gab zwar im Laufe der Zeit immer wieder Witze über falsch gesetzte Bücher, jedoch lieferte die Genauigkeit der Wiedergabe eine wichtige Grundlage für die grenzüberschreitende Kommunikation zwischen Wissenschaftlern. Während für lange Zeit das Lateinische die Funktion erfüllte, die derzeit in vielen wissenschaftlichen Bereichen das Englische erfüllt (und in Zukunft vermutlich Mandarin), eine gemeinsame Sprache zu liefern, die ein großes Gespräch über Zeit und Raum hinweg ermöglichte, war es der Buchdruck, der die dafür nötige Verlässlichkeit der zugrunde liegenden Information sicherstellte.
Meinung
AstraZeneca: Nach "Eingeständnis" und Produktrückzug – was ist mit den Opfern und der Schuldfrage?
Genau an diesem Punkt liegt ein gewaltiges Risiko der Digitalisierung, das bisher noch nicht wirklich wahrgenommen, geschweige denn eingehegt wird. Vermutlich jeder hat die Debatte um "Deep Fakes" bereits mitbekommen, in der es um die Möglichkeit geht, mit großen Rechnerkapazitäten Videos zu fälschen (Bilder fälschen kann längst jeder, der Photoshop bedienen kann und ein gewisses ästhetisches Gespür besitzt). Inzwischen ist es möglich, einer Person in Echtzeit Gesicht und Stimme einer anderen zu verpassen; aber auch die Möglichkeiten, Daten aus einer Aufnahme in eine andere zu kopieren, sind gewaltig. Das heißt, während uns das Bild immer noch als verlässlichere Abbildung der Wirklichkeit gilt als Text oder Ton, hat sich dies tatsächlich längst verflüchtigt. Aber es gibt, wenn wir beim Video bleiben, noch keine Technologie, die Aufnahmen mit Geolokalisierung und Zeitstempel zertifiziert.
Allerdings ist das gerade die Oberfläche des Problems. Da spielt auch die zunehmende Verbreitung von Cloud-Speichern eine Rolle, was letztlich bedeutet, seine Daten einer der gigantischen Internetfirmen auszuliefern. Oder die Tatsache, dass digitale Bücher, die beispielsweise auf Kindle gespeichert werden, durchaus von außen gelöscht werden können. Oder digitale Dokumente wesentlich leichter zu fälschen sind als analoge.
Es gab einen Moment, an dem diese Frage hätte sichtbar werden können; aber damals hat das leider niemand weiter verfolgt. Als es im Jahr 2008 zur großen Finanzmarktkrise kam, waren der Auslöser sogenannte Mortgage Backed Securities, weiterverkaufte, gemischte, umgepackte und wieder verkaufte Hypothekenpakete, die im großen Umfang ihren Wert verloren, als die Immobilienblase in den USA platzte.
Danach gab es unzählige Auseinandersetzungen darüber, ob die Bank, die am Ende eine Hypothek gekauft hatte, ihren Anspruch darauf überhaupt rechtsgültig belegen konnte. Das Problem? Die ursprünglichen Dokumente waren nicht nur in großer Zahl, geradezu fabrikmäßig von darauf spezialisierten Notaren eingescannt worden, und die Hypothek wurde nicht mehr – wie eigentlich rechtlich vorgegeben – unter Weitergabe des Originaldokuments weiterverkauft, sondern nur noch unter Versendung der digitalen Kopie; nein, die Originale waren nach ihrer Digitalisierung sogar vernichtet worden in einzelnen US-Bundesstaaten, wie zum Beispiel in Florida.
Russland veröffentlicht Archivdokumente zur Befreiung Weißrusslands im Zweiten Weltkrieg
Letztlich wurde dennoch den Banken, die die letzten Erwerber einer Hypothek waren, das Recht zuerkannt, sich das beliehene Objekt anzueignen. Nicht, weil das die juristisch korrekte Entscheidung war, sondern weil zu viele Banken sonst wieder ins Straucheln geraten wären. Die digitalen Kopien wurden mit den Originalen gleichgesetzt.
Es gab dabei allerdings ein Problem, das erst einige Zeit später bekannt wurde: Die meisten dieser digitalen Versionen wurden mit einem bestimmten Kopierer von Xerox eingescannt, weil er schnell und automatisiert digitale Dokumente erstellen konnte. Wie man es allerdings beispielsweise von OCR-Programmen kennt, ist die Erkennung nicht hundertprozentig. Und die Software genau dieses verbreitetsten Kopierers hatte einen Fehler, der dazu führte, dass ausgerechnet Zahlen oft nicht korrekt eingelesen wurden.
Was bedeutet, dass die digitalen Versionen an entscheidenden Stellen von den Originalen abwichen und damit eigentlich zwangsläufig nicht als Ersatz für sie hätten akzeptiert werden dürfen.
Im Februar 2018 berichtete Telepolis in Deutschland über diese Abweichung. Entdeckt wurde dieser Fehler im Jahr 2013; da waren die betroffenen Geräte allerdings schon acht Jahre lang auf dem Markt, also seit dem Jahr 2005, und damit genau in dem Zeitraum, in dem unzählige Hypotheken als Papieroriginal vernichtet und in fehlerhafte digitale Kopien umgewandelt wurden.
Der entscheidende Punkt dabei ist der: Wäre im Zusammenhang mit diesen Dokumenten tatsächlich nach Recht und Gesetz verfahren und sie für ungültig erklärt worden, hätte das den Zusammenbruch einer Reihe von Banken auslösen können. Insofern war es vielleicht ein Glück, dass irgendwie damals die Frage der Gültigkeit der Ansprüche und die Information über die Leseschwäche der Xerox-Geräte nicht zusammenfanden, wenn auch nicht für all jene Menschen, die damals ihre Häuser verloren. Aber das Beispiel lässt dennoch erkennen, wie groß die Auswirkungen sein können, wenn die Verlässlichkeit von Dokumenten nicht mehr gegeben ist.
Analyse
Warum hat Russlands Geheimdienst Agentenberichte über den Westen und die Ukraine veröffentlicht?
Der Telepolis-Artikel endete damals entsprechend:
"Und so muss ein Anwender damit rechnen, dass seine vor dem Bekanntwerden des Scanfehlers bei Xerox eingescannten Dokumente möglicherweise vor Gericht keinen Bestand haben. Ein Rückgriff auf die Originalvorlagen ist in vielen Fällen heute nicht mehr möglich."
Womit wir bei dem Punkt wären, der eine verhängnisvolle Dynamik ins Spiel bringt. Eine raumfüllende Bibliothek passt auf einen einzelnen Stick, und wenn man mit ihr umziehen will, braucht man keine Kistenschlepper für Dutzende Bücherkartons, sondern nur eine Hosentasche. Man kann sogar alles kopieren und verschicken. Es ist wesentlich unaufwendiger und kostengünstiger, die Daten dieses Sticks immer wieder neu abzuspeichern, als den Inhalt dieser Dutzenden Kartons entsprechend aufzubewahren. An dem Stick nagen keine Bücherwürmer, er könnte sogar in eine Pfütze fallen und er hat bestimmt keine Probleme mit einem zu hohen Säuregehalt, der im Papier vieler Bücher ein Problem darstellt.
Das heißt, die Möglichkeit, Dokumente und Bücher digital aufzubewahren, hat einen derart massiven Kostenvorteil gegenüber Aufbewahrung und Archivierung der Originale, dass der Druck, auf Originale zu verzichten, stetig zunehmen wird. Eine Gutenberg-Bibel dürfte einigermaßen sicher sein, aber Gebrauchsliteratur des 20. Jahrhunderts könnte schnell zum digitalen Gespenst werden (ganz zu schweigen von jenen Teilen der deutschen Buchproduktion, wie die Bücher aus dem Militärverlag der DDR, die damals der Einheitsbücherverbrennung zum Opfer fielen). Historische Forschung stützt sich auf Archive. Was, wenn durch eine weitgehende Digitalisierung der Unterlagen und eine Vernichtung der Originale gar keine materielle Prüfung der Echtheit mehr möglich ist? Und wie sollen diese digitalisierten Archivalien vor nachträglicher Fälschung geschützt werden? Oder, um es noch deutlicher zu formulieren – was nützt mir ein Buch als PDF-Datei, wenn das Original, von dem dieses PDF gezogen wurde, gar nicht mehr zur Verfügung steht und eine solche Datei auch mit relativ wenig Aufwand verändert werden kann?
Die Korruptionssaga: Joe Biden verschickte als Vizepräsident 5.400 geheime E-Mails
Gerade im Zusammenhang mit der woken Ideologie wird das tatsächlich brandgefährlich. Auch hier gibt es ein historisches Ereignis, das ein Muster für die möglichen Folgen liefert. Die oben bereits erwähnten mittelalterlichen Universitäten waren die Folge des Wiederauftauchens einer Reihe von antiken Texten, insbesondere von Aristoteles und Platon. Im ehemaligen Kerngebiet des Römischen Reiches waren sie nicht erhalten geblieben und kehrten erst durch Übersetzungen aus dem Arabischen nach Europa zurück. Sie führten zur Entstehung der mittelalterlichen Scholastik und der ersten Universitäten sowie später zur Herausbildung einer Vorstellung von säkularer Wissenschaft.
In den Jahrhunderten davor standen diese Texte nicht zur Verfügung, weil gerade in Europa die Verbreitung des Christentums mit einer Vernichtung großer Teile der antiken Literatur einherging. Manchmal stößt man dennoch auf Überreste antiker Bibliotheken, weil das beschriebene Material, das aus der Haut neugeborener Lämmer gewonnene Pergament, so kostbar war, dass oft die alte Tinte abgeschabt wurde, um es wiederzuverwenden. Und mit heutigen Methoden ist es möglich, die ursprüngliche Schrift wieder lesbar zu machen. Manchmal wurden Teile antiker Bücher auch verwendet, um Reliquien einzuwickeln. Aber über einen Zeitraum von etwa sechshundert Jahren waren große Teile dessen, was heute als Ausgangspunkt der intellektuellen Tradition des Abendlandes gilt, nur in den islamischen Ländern auffindbar.
Neben der fehlenden Absicherung gegen Fälschungen und Fehler wäre ein rein digitales kollektives Gedächtnis (zu dem Dokumente, Bücher und Noten gezählt werden müssen) auch schneller und einfacher zu zerstören als ein analoges. So angenehm die Bibliothek in der Hosentasche ist, ein einziger starker elektromagnetischer Impuls löscht sie aus. Besagte elektromagnetische Impulse sind unter anderem bei einer der neueren Waffengattungen, den elektronischen Kampfmitteln, verbreitet. Hypothetische Pläne über nukleare Kriege starten oft mit einer in großer Höhe gezündeten Atombombe, die durch einen solch starken elektromagnetischen Impuls die gesamte digitale Kommunikation zum Stillstand bringt.
Und was, wenn in einer völlig vernetzten Welt eine dieser fälschlich künstliche Intelligenz genannten Großrechenmaschinen den Auftrag erhielte, einen bestimmten Text in jeder digitalen Kopie aufzuspüren und zu löschen? Was, wenn der woke Mob sich nicht darauf beschränkt, historische Gestalten wie beispielsweise Martin Luther von Denkmälern zu stürzen, sondern beginnt, die Spuren selbst zu tilgen, in Gestalt von Texten und Dokumenten?
RT-Exklusiv – FSB-Archivdokumente: Mord an Juden durch ukrainische Nazi-Kollaborateure
Das wäre analog sicher auch möglich, wie im spätantiken Europa, aber doch mit mehr Aufwand verbunden, und man könnte darauf hoffen, dass genug Menschen, die damit zu tun bekämen, vor der Ausführung zurückschrecken würden. Aber digital? Und wenn man eine Möglichkeit schaffen wollte, zertifizierte digitale Kopien zu schaffen, die besonders abgesichert aufbewahrt werden, wer darf zertifizieren und wer aufbewahren? Einem Privatunternehmen wie Google könnte man in diesem Zusammenhang keinesfalls vertrauen; aber könnte man es den heutigen westlichen Staaten mit ihrem Drang nach absoluter Kontrolle?
Derzeit jedenfalls ist die ganze ungeheure digitale Datenflut eher eine Ersetzung des analogen Buchdrucks durch eine digitale Schreibmanufaktur, mit allen damit verbundenen Fehlerquellen und Gefahren, während im Hintergrund schon eine neue Bücherverbrennung lauert. Die Risiken, die sich daraus ergeben, müssen aber erst ins allgemeine Bewusstsein dringen, ehe sie unter Kontrolle gebracht werden können.
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Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Info: https://freedert.online/meinung/222049-digitale-demenz
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
aus e-mail von Doris Pumphrey, 13. Oktober 2024, 23:30 Uhr
*Wie ist die Lage an der Front, Herr General?
*Flavio von Witzleben im Gespräch mit Harald Kujat
Die Lage für die ukrainische Armee wird immer bedrohlicher. Nachdem
zahlreiche Siedlungen, Ortschaften und die strategisch wichtige Stadt
Wuhledar von der russischen Armee eingenommen wurden, steht eine
militärische Niederlage unmittelbar bevor. Ob die Ukraine ihre
politischen Ziele erreichen wird, ist mehr als ungewiss. Über die
aktuelle Lage an der Front äußert sich der ehemalige Vorsitzende des
NATO-Militärausschusses und frühere Generalinspekteur der Bundeswehr,
Harald Kujat, im Interview. Dabei geht er auch auf die
Friedensbemühungen des deutschen Kanzlers Olaf Scholz ein und erläutert,
dass über Krieg und Frieden nicht in Berlin und Paris entschieden wird,
sondern in Washington und Peking. Darüber hinaus thematisiert das
Gespräch die Vergangenheit von Harald Kujat und die Frage, warum er sich
damals nicht gegen die NATO-Osterweiterung ausgesprochen hat, die von
vielen immer wieder als Grund für den Ausbruch des Krieges in der
Ukraine gesehen wird.
/Zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=7MHu8qu4rlU Dauer 1:10:01 h
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freedert.online, 13 Okt. 2024 20:52 Uhr, Von Wladislaw Sankin
Die hannoverische Initiative "Frieden mit Russland" lud am Samstag die Einheimischen und Russischstämmigen zum Deutsch-Russischen Herbstfest ein. Tatkräftige Unterstürzung bekam sie von den Russlanddeutschen aus dem Raum Bielefeld.
Die kräftige Stimme von Anatoli Grabeschow hallte tief in den Forst am Rande Hannovers hinein. Das beschauliche Plätzchen im Grünen diente am Samstag als Veranstaltungsort für die ungestörten Feierlichkeiten des Deutsch-Russischen Herbstfests, dessen "Programmkern" der charismatische Hobby-Sänger bildete. Denn abgesehen von leckeren Speisen wie Schaschlik, Pilaw, Salaten und Kuchen sollte vor allem ausgelassen gesungen und getanzt werden. Und es wurde bis tief in den Abend hinein gefeiert und getanzt, trotz spätherbstlicher Temperaturen.
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Dies war nicht Grabeschows erster Auftritt in Hannover. Neben seiner unermüdlichen Tätigkeit als Sänger und musikalischer Entertainer auf Privatveranstaltungen ist Grabeschow auch politisch aktiv. Im Juni 2022 vermochte er während einer prorussischen Kundgebung auf dem Opernplatz, die ukrainischen Störer für einen kurzen Augenblick mit einem ukrainischen Lied zur Ruhe zu bringen. Diese haben damals neben bekannten Nazi-Parolen auch "Tod den Russen" gebrüllt ‒ mit Wohlwollen der Politik.
Auch einige Deutsche haben damals gegen wüste Anfeindungen protestiert. Seitdem gibt es diese Allianz zwischen der Initiative "Frieden mit Russland" und einer Reihe loser Vereine der Russlanddeutschen und sonstiger Russischstämmiger, die es damals wagten, gegen die Russophobie auf die Straße zu gehen.
"Das Deutsch-Russische Fest ist für sich genommen ein politisches Statement, das ganz klar gegen diesen Kriegskurs der Zeitenwende-Agenda steht. Wir tragen die antirussische Hetze nicht mit. Zusammen setzen wir uns gegen ein kriegstüchtiges und für ein friedensfähiges Deutschland ein."
Mit diesen Worten leitete Anke Wittkopp von der Initiative "Frieden mit Russland" die Veranstaltung ein. Sie hat für die DKP Niedersachsen bei den Bundestagswahlen kandidiert und setzte sich noch lange vor Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine für den Abzug der NATO aus ganz Osteuropa ein.
Anke Wittkopp von der Initiative Frieden mit Russland leitet das deutsch-russisches Herbstfest in Hannover ein: "Das deutsch-russische Fest Ist für sich genommen ein politisches Statement, das für sich genommen gegen die sog. Zeitenwende steht". 12. Oktober 2024 pic.twitter.com/AHkueqMz4e
— Wlad Sankin (@wladsan) October 13, 2024
Für sie und mehrere andere Aktivisten aus der Partei und ihrem Umfeld war die Frage nach den Ursachen des Ukraine-Konflikts schon damals längst beantwortet. Trotz des Einmarsches in die Ukraine sehen sie nicht bei Russland den "imperialistischen Raubzug".
Es sind nicht viele Deutsche, aber sie sind entschlossen zu handeln und zu protestieren. Das Resultat war diese Musik- und Gourmetveranstaltung, die im Laufe des Tages mehr als hundert Besucher anlocken konnte, wobei einige mehrere hundert Kilometer zurücklegen mussten, um an dem Fest teilzunehmen.
Doch ohne die sogenannte russisch-norddeutsche Community aus dem Bielefelder Raum wäre das Fest in diesem Umfang nicht realisierbar gewesen, sagt Johannes Magel. Er ist der Mitbegründer der Initiative "Frieden mit Russland" und ehemalige DKP-Kreisvorsitzende in Hannover.
In seiner orangen Signaljacke hat Magel die Veranstaltung als väterlicher Gastgeber und Wart betreut. Trotz anfallender Kosten war der Eintritt frei, nur um Spenden wurde gebeten. Anke Wittkopp übergibt das Mikrofon an eine der Mitveranstalterinnen von der russischen Seite, die dann sagt:
"Trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse hört die deutsch-russische Freundschaft nicht auf. Unsere Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft verlieren wir nicht. Diese Veranstaltung, die der Freundschaft zwischen Deutschland und den Völkern der ehemaligen Sowjetunion gewidmet ist, ist ein wichtiges Ereignis."
Nicht viele Reden finden an diesem Tag statt. Der Musikmarathon mit dem Gesangslangstreckenläufer Grabeschow läuft bis 21 Uhr. Der Kleinunternehmer, für den der Gesang Nebenberuf ist, singt so ziemlich alles, was bei den Völkern der ehemaligen Sowjetunion beliebt ist, und etwas darüber hinaus.
Dokumentiert. So feierten russische Landsleute und ihre deutsche Freunde den Tag des Sieges am 9. Mai 2024 in Stukenbrock (in der Nähe der Gedenkstätte Stalag 326) im Raum Bielefeld, NRW. pic.twitter.com/YrfCT3xZfH
— Wlad Sankin (@wladsan) October 13, 2024
Doch sein Steckenpferd sind Lieder mit Bezug zum Großen Vaterländischen Krieg. Die größte organisatorische Spitzenleistung der Bielefelder Deutschrussen, die Feierlichkeiten am Tag des Sieges am 9. Mai 2024 in Stukenbrock (in der Nähe der Gedenkstätte Stalag 326), war auch sein größter Erfolg als Sänger.
Damals trafen sich 3.000 Besucher, um der 65.000 in dieser Gegend gestorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen zu gedenken und den Sieg über den deutschen Nazismus zu feiern. Die Veranstaltung wird auch im nächsten Jahr stattfinden ‒ allen politischen Widrigkeiten zum Trotz. Ein deutsch-russischer Festkalender muss schließlich gut gefüllt sein.
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
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seniora.org, vom 12. Oktober 2024, 12. Oktober 2024 Von M. K. Bhadrakumar - übernommen von indianpunchline.com
Netanjahu ist selbst als Realist bekannt. Der Punkt ist, dass Teheran ausdrücklich darauf hinweist, dass Tel Aviv für jede weitere feindliche Aktion einen hohen Preis zahlen wird.
Prinz Mohammed bin Salman, saudischer Kronprinz (R), empfing den iranischen Außenminister Abbas Araqchi am 9. Oktober 2024 in Riad.
Reuters berichtete am Freitag unter Berufung auf drei Quellen am Persischen Golf, dass die Staaten der Region bei Washington Lobbyarbeit betreiben, um Israel davon abzuhalten, die Ölförderanlagen des Iran anzugreifen, „als Teil ihrer Versuche, nicht ins Kreuzfeuer zu geraten“. In dem exklusiven Reuters-Bericht wurde darauf hingewiesen, dass sich auch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar weigern, Israel für Angriffe auf den Iran ihren Luftraum überfliegen zu lassen.
Diese Schritte erfolgten nach einem diplomatischen Vorstoß des Iran, seine sunnitischen Nachbarn am Golf davon zu überzeugen, ihren Einfluss auf Washington geltend zu machen. Saudi-Arabien hat der Biden-Regierung klargemacht, dass es entschlossen ist, den Weg der Normalisierung mit dem Iran weiterzuverfolgen, der mit der von China im März 2023 vermittelten Annäherung begann. Diese Bekräftigung, weit im zweiten Jahr der iranisch-saudischen Entspannung, macht jegliche Resthoffnung zunichte, dass sich arabische Staaten irgendwann einer „Koalition der Willigen“ gegen den Iran anschließen könnten.
Das große Ganze hier ist, dass die Golfstaaten sich so positionieren, dass sie zu den wichtigsten Akteuren bei der anhaltenden Machtverteilung in ihrer Region – und weltweit – gehören. Teheran und Riad haben Wege gefunden, die Nachbarschaft verantwortungsvoll zu teilen. Es genügt zu sagen, dass die arabische Welt bereits in der Ära nach den USA und dem Westen angekommen ist.
Dies signalisiert auch das Unbehagen Riads über Israels anhaltenden Krieg gegen Gaza und die Frustration der Saudis über die USA, die sich weigern, Druck auf die Regierung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu auszuüben, damit dieser einen Waffenstillstand akzeptiert.
Der iranische Außenminister Abbas Araqchi war am Mittwoch in Riad und wurde von Kronprinz Mohammed bin Salman empfangen. Die saudische Verlautbarung besagte, dass sie die bilateralen Beziehungen und die regionalen Entwicklungen sowie die „in diese Richtung unternommenen Anstrengungen“ erörtert haben. An dem Treffen nahmen der saudische Verteidigungsminister Prinz Khalid bin Salman, der Außenminister Prinz Faisal bin Farhan bin Abdullah und der Staatsminister und nationale Sicherheitsberater Dr. Musaed bin Mohammed Al-Aiban teil.
Araqchi führte auch Gespräche mit Prinz Faisal. „Die Gespräche konzentrierten sich auf die Beziehungen und erkundeten Möglichkeiten, sie in verschiedenen Bereichen zu stärken“, heißt es in dem saudischen Bericht. Erst am Vortag hatte Prinz Khalid mit seinem amerikanischen Amtskollegen, Verteidigungsminister Lloyd Austin, gesprochen.
Die Saudi Press Agency berichtete am Dienstag, dass die beiden Verteidigungsminister „die jüngsten regionalen und internationalen Entwicklungen, die Bemühungen zur Deeskalation der Spannungen in der Region und Möglichkeiten zur Gewährleistung der regionalen Sicherheit und Stabilität erörtert haben“.
Die Saudis sind ganz klar auf Zack und sich durchaus bewusst, dass sie eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung der Ruhe und der Verhinderung des Übergreifens des Konflikts auf die Region spielen können. Der Boden unter der israelisch-iranischen Pattsituation verschiebt sich in systemischer Hinsicht.
Die militärischen Auswirkungen sind gravierend, wenn die Golfstaaten ihren Luftraum für Israel (und die USA) für Einsätze gegen den Iran schließen. Die israelischen Jets müssen nun einen Umweg über das Rote Meer nehmen und die Arabische Halbinsel umfliegen, um sich dem iranischen Luftraum zu nähern, was natürlich eine Luftbetankung und alles, was dazu gehört, bei einem so heiklen Einsatz, der möglicherweise wiederholt durchgeführt werden muss, erforderlich macht. In einem „Raketenkrieg“ könnte der Iran die Oberhand gewinnen.
Inwieweit die koordinierte Aktion der Golfstaaten, die USA zur Deeskalation der Situation zu bewegen, erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten, da dies weitgehend davon abhängt, ob sich Netanjahu mäßigt, wofür es keine Anzeichen gibt. Dennoch hat Präsident Joe Biden seinen Teil dazu beigetragen, indem er Netanjahu am Mittwoch angerufen hat. Doch die offizielle Stellungnahme des Weissen Hauses ist dem Hauptthema des Gesprächs geschickt ausgewichen.
Es liegt jedoch nahe, dass der Anruf von Biden eine gewisse Wirkung auf Netanjahu hatte. Die New York Times berichtete, dass das israelische Sicherheitskabinett am Donnerstag zu einer Sitzung zusammengekommen ist, bei der Netanjahu mit hochrangigen Ministern „den Gesamtplan für Israels Vergeltungsmaßnahmen“ besprochen hat.
Die Ergebnisse des Treffens wurden nicht veröffentlicht. Und die Times schloss ihren Bericht mit der Feststellung, dass „Analysten nach wie vor sagen, dass keine der beiden Seiten an einem umfassenden Krieg interessiert zu sein scheint“. In der Tat ist die Besorgnis der Golfstaaten zu einem zentralen Gesprächsthema zwischen den US-amerikanischen und den israelischen Vertretern geworden.
Nach dem Anruf von Biden bat Netanjahu Verteidigungsminister Gallant, der einen Besuch in Washington geplant hatte, sich zurückzuziehen. Unterdessen kam der Chef des US-Zentralkommandos, General Michael Kurilla, zu einer „Lagebeurteilung“ nach Israel. Am Donnerstag rief Lloyd Austin den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant an, aber der Schwerpunkt lag auf dem Libanon. Zweifellos zieht die Biden-Regierung in Tel Aviv viele Fäden.
Netanjahu ist selbst als Realist bekannt. Der Punkt ist, dass Teheran ausdrücklich darauf hinweist, dass Tel Aviv für jede weitere feindliche Aktion einen hohen Preis zahlen wird. Die Warnung wird ernst genommen werden, da das israelische Militär und der israelische Geheimdienst – und sogar Netanjahu selbst – gerade einen Vorgeschmack auf die Abschreckungsfähigkeit des Iran erhalten haben.
Zweitens ist der Ölpreis bereits gestiegen, und das ist etwas, was die Kandidatin Kamala Harris nicht erleben möchte.
Drittens hat der Iran seine Nuklearanlagen über das ganze Land verteilt, und die kritische Infrastruktur liegt tief in den Eingeweiden schwer zugänglicher Berge verborgen.
Der iranische Raketenangriff am 1. Oktober hat jedoch auch gezeigt, dass der Iran über hervorragende Geheimdienstinformationen verfügt, um zu wissen, was, wo und wann anzugreifen ist. In einem kleinen Land wie Israel ist es schwierig, sich zu verstecken – auch wenn Teheran vielleicht nicht so weit gehen wird, seine Gegner zu enthaupten.
Alles in allem lässt sich sagen, dass im Nahen Osten eine schreckliche Schönheit entsteht: Wie weit werden die USA gehen, um Israel zu retten?
Der Beginn einer Annäherung der arabischen Staaten, wie sie sich diese Woche deutlich abzeichnete, die Weigerung, sich an irgendeiner Form von Angriffen auf den Iran zu beteiligen, und die Anzeichen einer „islamischen Solidarität“, die konfessionelle Gräben überbrückt – all dies sind im Grunde genommen Wendepunkte. Das ist das erste.
Zweitens wird dies kein kurzer, knackiger Krieg. Colonel Doug Macgregor, ein scharfsinniger US-Kampfveteran im Golfkrieg und ehemaliger Berater des Pentagons während der Trump-Administration sowie ein bekannter Militärhistoriker, zog treffend die Analogie zum Dreißigjährigen Krieg in Europa (1618 –1648), der als Kampf zwischen den katholischen und protestantischen Staaten begann, die das Heilige Römische Reich bildeten, sich aber im Laufe der Zeit weiterentwickelte und weniger mit Religion zu tun hatte und sich in einen politischen Kampf verwandelte, bei dem es mehr darum ging, welche Gruppe letztlich Europa regieren würde, und der das geopolitische Gesicht Europas ultimativ verändert hat.
Um aus einem Essay von Pascal Daudin aus dem Jahr 2017 zu zitieren, einem Veteranen des IKRK, der in wichtigen Konfliktsituationen wie Pakistan, Afghanistan, Libanon, Irak, Iran, Zentralasien, Kaukasus, Saudi-Arabien und auf dem Balkan eingesetzt wurde: Der Dreißigjährige Krieg entwickelte sich zu einem „komplexen, langwierigen Konflikt zwischen vielen verschiedenen Parteien – im modernen Sprachgebrauch als staatliche und nichtstaatliche Akteure bekannt. In der Praxis handelte es sich um eine Reihe getrennter, aber miteinander verbundener internationaler und interner Konflikte, die von regulären und irregulären Streitkräften, Partisanengruppen, Privatarmeen und Wehrpflichtigen geführt wurden.“ (hier)
Es stimmt, dass ein Krieg im Nahen Osten in der aktuellen Situation bereits Kombattanten, Unbeteiligte und Zuschauer hat, die, wenn sich der Konflikt zu einem Kreuzzug der Neuzeit entwickelt, zwangsläufig mitmischen werden – wie die Türkei und Ägypten.
Es wird Israel mit Sicherheit erschöpfen – und die US-Präsenz im Nahen Osten zunichte machen –, obwohl ein langwieriger Krieg einen intellektuellen Umbruch auslösen könnte, der letztlich die Aufklärung in die Region bringen würde, wie es der Dreißigjährige Krieg in Europa getan hat.
Quelle: https://www.indianpunchline.com/the-arabs-are-transparently-displaying-their-crossover-to-multi-alignment-in-a-us-led-middle-eastern-war/
Mit freundlicher Genehmigung von indianpunchline.com
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus
Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=6322&mailid=2365
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Ferran Cornellà, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
overton-magazin.de, 13. Oktober 2024, Diether Dehm, 46 Kommentare
Wenn sich etwas Größeres im Kleinen spiegelt und bewegt, wenn Marx ergo “alle bisherige Geschichte von Klassenkämpfen” bestimmt sieht und Lenin die Parlamente als “Tribüne” dieser Klassenkämpfe, dann sind Talkshows ihr ideologischer Infight.
Auch um jedes einzelne Wort. Dabei sollen widerständige Persönlichkeiten öffentlich domestiziert, TV-Zuschauer gedrillt und Begriffe systemgerecht eingeschliffen werden.
Dass wir Medienkritiker uns so selten der molekularen Innenarchitektur von Talkshows zugewendet haben, zeugt von kulturellen Defiziten, die bis ins Fingerspitzengefühl gehen.
Um nun nicht Vorurteile mit Vorurteilen zu kontern, soll hier zunächst chronologisch in die Anatomie des Talks vom 25. September 2024 eingestiegen werden, der wohltemperiert begann. In Sekunde 32 begrüßt ein warmherziger Lanz seinen Gast:
“Herzlich willkommen, Sahra Wagenknecht, ich freue mich sehr. Guten Abend!”
Zu derlei Überschwang hatte der Talk-Großmeister auch zweieinhalb gute Gründe:
Warum sich allerdings Sahra Wagenknecht gerade jetzt die vielen, sich kannibalisierenden und inflationierenden Talk-Einladungen annimmt, ist nur mit dem Kampfgerangel um die Landesregierungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg erklärlich.
Zunächst fragt Lanz, wie das BSW eigentlich mitregieren wolle. Dabei erspart er Wagenknecht die Frage, woher ihr Sinnesumbruch gekommen sein mochte, ausgerechnet bei einer, die in der Linkspartei noch empört gegen jegliches Mitregieren vor Mikros geschritten war.
Auch anderes aus der Vergangenheit erspart ihr der Talkmaster. Etwa, ob die Parteigründerin heute noch für die demokratische Enteignung bestimmter menschheitsfeindlicher Konzerne eintreten würde, wie es Wagenknecht und ihr Gatte Lafontaine in zumindest zwei Parteiprogramme von SPD und Linkspartei einst hineingeschrieben hatten. Im Verschweigen von solch “ollen Kamellen” aber kreuzen sich wohl die Schwammdrüber-Interessen des BSW mit der gesamten Talkrunde. Denn: würde Sahra Wagenknecht hier und jetzt für Vergesellschaftung eintreten, wäre bei Lanz ja ein enormes Tabu durchbrochen, nämlich dass frau/man in Deutschland für die Überführung von Konzernen in Gemeineigentum nach Art. 15 GG öffentlich werben kann und gleichzeitig enorme Prozente einfahren.
Jedenfalls begrüßte Markus Lanz seine Gegnerin Wagenknecht wesentlich schwesterlicher, als in Sekunde 2.29 den grünen Staatssekretär Kellner mit einem kargen “wunderschönen guten Abend”. Zuvor hatte er Sabine Adler vorgestellt, die frühere Pressesprecherin des Bundestages, die sich selbst 2012 das Prädikat ausstellte: “Mir fehlte das dienende Gen” – um aber danach wieder beim Deutschlandfunk zu dienen.
Adler zählt zu jenem, einst von Peter Hacks so benannten “Freiwild jagenden Rudel verwechselbarer Beaglehunde”, die aus dem medialen Nichts plötzlich in sämtlichen Talks und Interviews auftauchen. Wohl mit Hilfe des “nachrichtendienstlich medialen Komplexes” (andere nennen ihn ,,tiefen Staat“; dazu mehr: DD in UZ vom 9. August, S.13). Hierzu werden die ,,Jagdhunde“ unter verschiedensten Etiketten – mal als “Extremismusexpertin”, als “Parteienforscher”, “Terrorismusbeobachter” oder “Politikwissenschaftler” – eingeführt. Nur wohin? Und woher?
Ach, und dann war bei Lanz ja auch noch der Elektromotoren-Lobbyist Stefan Bratzel (“Autoexperte”), der aber erst spät, in Minute 56:39, die Runde mutig mit seiner Neuigkeit entzückte, dass “ein Putin nur Stärke versteht”.
Lanz, Adler, Kellner und Bratzel talkten gegen Sahra Wagenknecht solo, die dabei 103-mal unterbrochen wurde. 55-mal von Adler (überwiegend aggressiv-aktiv), 48-mal von Lanz (passiv-aggressiv). Wagenknecht selbst unterbrach eher vorsichtig tastend nur 12-mal – meist nachdem sie selbst unterbrochen worden war. Alle anderen wurden insgesamt achtmal unterbrochen. 4-mal davon unterbrachen sie sich gegenseitig im Wettlauf, Sahra Wagenknecht doch bitte zuerst ins Wort fallen zu dürfen.
Was ist der Sinn von Talkshows im herrschenden System? Ein Thema aufzugreifen und so zu zerlegen und zu zertalken, bis sein Kern vernebelt ist. Das erklärt auch die gebremste Fragelust von Markus Lanz gegenüber dem grünen Staatssekretär, bei dem nie nachgebohrt wurde. Etwa zu inhaltlichen Abweichungen der soeben zurückgetretenen Grünenspitze vom künftigen Kanzlerkandidaten Habeck bei Sozialstaatsfragen, Aufrüstung, Israel-Supports, Wärmepumpen, der Deindustrialisierung Deutschlands etc. Hingegen stellte Lanz Fragen von historischer Unvergänglichkeit wie:
“Wann, Herr Kellner, haben Sie vom Rücktritt von Lang und Nouripour erfahren?” (Minute 2:48).
Danach durfte der grüne Kellner, seinem Nachnamen gerechtwerdend, zwei Minuten lang und ohne jede Unterbrechung “von großer Überraschung und großer Dankbarkeit“ schwabbulieren, ohne einen einzigen politischen Inhalt auch nur zu streifen. Tollkühn setzte der Talkmaster nach:
„Welche Rolle hat Robert Habeck bei dieser Entscheidung gespielt?” (4:33).
Worauf der Oberkellner großherzig preisgab:
„Die Entscheidung wurde in engsten Gremienkreisen getroffen“. (4:50)
Da aber, am Ehrgeiz gepackt, schoss Lanz die messerscharfe Frage hinterher:
„Woran sind die beiden tatsächlich am Ende gescheitert … Nouripour und Lang?“ (5:36)
Nach kurzer Nachdenkpause gab der Grüne schlussendlich doch das Staatsgeheimnis preis:
„Wir haben in Ostdeutschland Wahlniederlagen kassiert.”
Nun hatte Lanz grünes Blut geleckt:
„Sind die beiden verantwortlich oder die im Kabinett?“
Was den kellnernden Staatssekretär ins Fabulieren trieb, denn “grüne Klimapolitik” sei gar nicht für das Klima und mit dem Rücktritt sei ein “Raum der Möglichkeiten geschaffen worden für eine neue Aufstellung und für einen neuen Schwung und für eine Vorbereitung einer Bundestagswahl.” Um sofort wieder “grenzenlosen Dank und Respekt” vor der zurückgetretenen Grünenspitze zu jubilieren. (6:56)
Weil ja in großen Talkshows auch entscheidend ist, was nicht gefragt wird, wurden inhaltliche Differenzen zwischen Ricarda Lang und Robert Habeck unhinterfragt und unangetastet im Dunkel belassen. Einzig die einstige Bundestagsbedienstete Adler griff nun beherzt ein:
„Da wurde die Parteiführung geopfert, um den Weg für Robert Habeck als Kanzlerkandidat freizumachen“ (7:03).
Was Kellner die müde Binsenweisheit abrang:
“Robert Habeck ist als Spitzenkandidat, Vizekanzler eine der tragenden Säulen der Grünen“ (7:23). In zwei nicht enden wollenden Minuten grünen Sprachnebels pries der Staatssekretär unter anderem die “starke Frau Franziska Brandner” und dazu auch noch kurz das Vokabular der neuen Raketentüchtigkeit aufblitzen: “Das Team Habeck ist eine Startrampe!” (7:59)
Worauf sich Lanz aus der Deckung wagte: „Wird es da eine Kursänderung geben? (9:59)
Aber Kellner konterte scharf: „Wir werden ein Wahlprogramm beschließen“ (10:10)
Kurz schien es, als würde Lanz aus seiner Reptilienhaut fahren:
“Muss man mit einem Riesenknall die Parteispitze rauswerfen, um den gleichen Kurs weiter zu fahren?“ (10:36)
Wofür er vom Grünen das fulminante Statement erntete.
„Das ist eine Chance“ (11:04)
Lanz ´ Sekundantin Sabine Adler interpretierte dann mit der atemberaubenden Erkenntnis, die Grünen könnten “allmählich und immer mehr mit der CDU koalieren”.
Nun huldigt die Adler dem Staatssekretär am Monitor, die armen Grünen hätten nun wirklich “Hetze, Häme, Hass”(12:35) auszuhalten, wozu selbst der E-Autolobbyist Patzelt am Talkrundenrand sich zu einer mitleidvollen Grimasse verleitet sieht.
Dann aber wandte sich Lanz der eigentlichen Verursacherin der geistig-moralischen Klimavergiftungen zu:
„Frau Wagenknecht… so ein Satz, wie `die Grünen richten mehr Schaden an, weil sie im Unterschied zur AfD regieren ´ …“(13:06)
Worauf der Talk, in Minute 13:43 mit Wagenknechts Antwort, zum ersten Mal politisch konkret wurde:
„… wenn man zum Beispiel den CO2-Preis erhöht, wo jeder weiß, das nützt nicht dem Klima, sondern sollte Haushaltslöcher stopfen.”
(Hier wäre noch eine weitere Grundregel für Talkshows aus der Großküche des nachrichtendienstlich medialen Komplexes einzufügen: wenn jemand substanziell widerspricht, muss schnellstmöglich in den abstrakten Nebel eines Nebenthemas umgelenkt werden.) Lanz:
„Es gibt noch so einen Satz von Ihnen: mehr als die Hälfte der Bevölkerung traut sich nicht mehr frei ihre Meinung zu sagen. Die Grünen sind die Haupttreiber (14:57) dieser autoritären Cancel Culture, die, ich zitiere wörtlich, totalitäre Züge trägt” (15:06).
Darauf zitiert Sahra Wagenknecht eine dies belegende Umfrage. Während ansonsten Talkmeister vor Meinungsumfragen geradezu niederknien, zumal der sie stimulierende “geheimdienstlich mediale Komplex” diese Umfrage-Institute nicht unbeeinflusst lässt, überhört Lanz Wagenknechts Hinweis und referiert philologisch über das Wesen von halben Wahrheiten und ganzen Desinformation, um dann seine ganze, offenbar vorm hochrespektierten (“Ich weiß, Ihre Zeit ist knapp!” 23:55) Staatssekretär unterwürfig weggestaute Wut jetzt an die Frau zu bringen:
„Sie sind doch eine Meisterin darin, Dinge aus dem Kontext heraus zu reißen“ (15:40)
Unter anderem, ergänzt Adler, weil sie von der “dümmsten Regierung der Welt” gesprochen habe (16:01). “Geht es ein bisschen differenzierter!” Wagenknecht unterbricht zum ersten Mal: “Europas – habe ich gesagt”. Für die differenzierende Adler macht aber “Welt” und “Europa” keine Differenz”. Auf jeden Fall wolle Wagenknecht „gesellschaftliches Klima anheizen und vergiften.”
Dagegen Wagenknecht: „Habeck hat behauptet, wir werden von Putin finanziert… Wirklich eine Ungeheuerlichkeit.“ (16:49)
Da Habeck mit diesem Anwurf nicht mehr zu retten ist, gesteht Lanz seiner Gegnerin kulanterweise diesen Punkt zu. Um dann noch die Grüne Künast zu zitieren, Wagenknecht sei “die faulste Abgeordnete als auch Radio Moskau in einer Person” (17:07).
Dann will Lanz schnell “auf diesen Punkt mit dem Totalitarismus … Also jetzt ernsthaft? Sagt man irgendwie, diese Grünen sind sozusagen sowas wie eine totalitäre Partei?”(17:23)
Kleinlaut erwidert Wagenknecht:“ Ich habe nicht gesagt totalitäre Partei.“ (17:30). Obwohl die Bergpredigt meint: “Eure Rede sei: Ja! Ja! Nein! Nein! – Was darüber ist, das ist vom Übel.”
Aber immerhin spitzt Wagenknecht den Talk jetzt präzise zu: Haldenwangs Verfassungsschutz wollte einen neuen Straftatbestand einführen: „die Delegitimierung des Staates“. Lanz pult sich zwischen den Zähnen. Weil “Delegitimierung des Staats” eigentlich zum Proviant jedes gescheiten Journalismus gehört. Und zu künstlerischer Satire (selbst bei Böhmermann und Welke – allerdings, bevor sie zu Staats-Comedians konvertierten). Staatskritik also zum Straftatbestand machen zu wollen, wäre schon Totalitarismus pur. Wofür Wagenknecht sogar die Süddeutsche Zeitung zitiert (18:02).
Lanz muss sofort von dieser Brisanz wegkommen:
„Mir geht es trotzdem um eine Formulierung… Die Grünen sind die Haupttreiber dieser totalitären Entwicklung auch in der Coronazeit?” (18:29)
Das lässt sich Sahra Wagenknecht nicht zweimal sagen. Ihre Retourkutsche wird ein Glanzpunkt dieser Talkshow (18:33):
„Wer war am aggressivsten, um Ungeimpfte zu ächten, um Schulschließungen, Lockdown zu fordern? Auch die Grünen… Lauterbach, schlimm dass der Mann noch im Amt ist… Pandemie der Ungeimpften… Selbst das RKI hat gesagt, das war falsch…“ (18:46 bis19:06).
Schnell (19:07) bindet Lanz das Thema “RKI-Files” ab und holt sich Schützenhilfe von oben:
„Ich würde kurz Herrn Kellner fragen, was ihm durch den Kopf geht…“
Und dieser offenbart sofort, was so durch einen grünen Kopf geht: “Als totalitär bezeichnen wir eigentlich Regimes wie Stalin oder Hitler.“
Woher soll ein Staatssekretär auch wissen, dass die prominenteste “Totalitarismus-Forscherin”, Hannah Arendt, von der „Banalität des Bösen“ gesprochen hatte. Also weit unterhalb von Kellners Messlatte “Hitler und Stalin”. Aber der setzt nun “Vergleichen” mit “Gleichsetzen” gleich und macht sein Gleichsetzen nur noch schiefer:
„Und dieser Vergleich ist sowas von ehrabschneidend und einfach eine Vergiftung des politischen Diskurses…“
Um dann die Nutznießer grüner Energiepolitik zu benennen:
„Die Menschen mit geringem Einkommen“ (20:01).
Diese Absurdität wird hier weder von Lanz unterbrochen, noch von Sabine Adler. Letztere wartet nämlich mit ihrer Kritik am Heizungsgesetz, bis sich der grüne Staatssekretär kurz darauf aus dem Monitor verflüchtigt hat.
Und so keilt Kellner weiter, das BSW würde von Putin finanziert (20:34). Da muss Lanz leider wieder widersprechen: “bevor es Frau Wagenknecht tut“ (20:58) … Das Ehepaar, dass diese fünf Millionen gespendet hat, hat mit dem Kreml gar nichts zu tun.“
Um dann aber umgehend auf ein anderes Thema zu lenken und “noch einmal Herrn Kellner zu fragen: geht da jetzt die Tür Richtung CDU auf?“ (21:32)
Es schließt sich ein völlig inhaltsleeres Gebrabbel über technische Koalitionsarithmetik von fast drei Minuten an, wofür Herr Lanz Herrn Kellner sehr herzlich dankt: “Ich weiß, Ihre Zeit ist knapp. Vielen Dank, dass Sie sich den Fragen gestellt haben; auf bald!” Worauf sich dieser mit obligatorischem “Sehr gerne!” verabschiedet (24:03)
Jetzt erst kritisiert Frau Adler (wohl, bevor es Frau Wagenknecht darf) das Heizungsgesetz und den soeben verabschiedeten Kellner:
„Also mit der Erwähnung der Wärmepumpe, also da habe ich wirklich Probleme, zu glauben … Dieses Heizungsgesetz hat derartigen Schaden angerichtet… genau für die Ostdeutschen, die sich endlich ein Haus bauen konnten und eben nicht mal 30.000 Euro für eine neue Heizung übrighaben, wenn die funktionierende noch im Haus ist“ (24:17 – 24:52)
Auch das lenkt Lanz sogleich um in einen knapp vierminütigen Tratsch, der an Regenbogenpresse erinnert: wer nämlich von den drei Regierungschefs in Brandenburg, Sachsen und Thüringen an welchem Ort und über welche Reiseroute mit Frau Wagenknecht zusammengetroffen sei oder zusammentreffen würde.
Lanz, der im Kölner Studio Hof hält, wirft nun Wagenknecht vor, in Berlin Hof zu halten und Partner anreisen zu lassen und stellt weitere Fragen von ähnlich welthistorischer Bedeutung. Worauf Wagenknecht scheu anmerkt: „Was ist denn das für ein Niveau?“(26:18)
Dann bekennt sie sich zu einer „gemeinsamen Regierung (wohl mit CDU und SPD), die sich nicht fünf Jahre lang bekämpft wie die Ampel, bis die AfD die absolute Mehrheit hat.“
Glaubt sie wirklich mit dem Motto “Wir alle Demokraten gegen die Höcke“ Leute wie Lanz und Adler, Merz und Pistorius milde stimmen zu können? Wenn es denen um den NATO-Sieg über Russland geht? Warum bleibt die so erfahrene und mutig Kämpfe durchgestanden habende Sahra Wagenknecht jetzt derart unverbindlich:
„Dass die Menschen sich Veränderungen wünschen und dringend auf Veränderungen warten“ (29:45).
Der linke Kolumnist Rüdiger Pauls hat jüngst die mangelnde Orientierungskraft des BSW so beschrieben: “Bereits nach wenigen Monaten schon so tief gesunken, dass eine Koalition mit der CDU anscheinend auf wenig Bedenken stößt? Die Menschen wollen eine andere Politik, das ist deutlich zu erkennen. Aber geht es dem Bündnis überhaupt noch um Inhalte, noch um die Schaffung von politischem Bewusstsein, das alleine die Garantie ist für einen nachhaltigen Wandel deutscher Politik im Interesse der einfachen Menschen? Im Moment scheint die Teilhabe an der Macht der bestimmende Antrieb geworden zu sein.”
Lanz führt das Geplänkel ab 30:23 in die entscheidende Attacke über:
„Sie haben die Riesen Hürde aufgebaut, die Stationierung der Mittelstreckenraketen – nicht mit uns“ (30:30)
Worauf ihm Adler mit der Unterstellung assistiert, das BSW würde sich wünschen, der Ukrainekrieg ginge „eigentlich bis zur nächsten Bundestagswahl“ (31:07)
Wagenknecht unterbricht Adler noch nicht einmal dort, wo er seine Unkenntnis bundesdeutscher Rechtslage offenbart, nämlich zur Raketenstationierung, „dass die jeweiligen Ministerpräsidenten da überhaupt keinen Einfluss darauf haben” (30:39) Obwohl ihm gewiss irgendein Redaktionsadjutant Gegenteiliges in den Ohrknopf gesprochen haben muss, was selbst Wikipedia über das Verfassungsorgan Bundesrat weiss, daß dieser bei jeglicher Gesetzgebung “mitwirkt” – also auch die MPs von Thüringen, Sachsen und Brandenburg – und sogar einen eigenen Ausschuss für Außenpolitik unterhält.
Aber Lanz und Adler sind jetzt in ihrem Element. Beim Eingemachten und Einmachen von Wagenknecht, also bei der medialen Kriegsertüchtigung, sodass die Gefahr eines dritten atomaren Weltkriegs zur rhetorischen Lappalie schrumpfen soll:
“Glauben Sie das wirklich, Frau Wagenknecht, dass in Russland irgendjemand denkt, die NATO könne Russland angreifen demnächst?“ (32:27)
In dieser Sekunde blendet die Redaktion ein Wagenknecht-Plakat ein mit der Zeile: “Diplomatie statt Kriegstreiberei“. Auf diese Zeile also war vieles vorbereitet und nun verschärft Lanz die Gangart.
Wagenknecht versucht es zunächst noch mit einem kleinen Kotau:
„Ich verurteile diesen Krieg und ich habe keine Sympathie für Putin, um das noch mal sehr, sehr deutlich zu sagen. Trotzdem sollten wir uns in Positionen, wenn es um Leben und Tod geht, immer versuchen, auch in das Gegenüber hineinzuversetzen; verstehen, warum Russland die NATO als Bedrohung empfindet. Darum geht es doch nur.” (32:57)
„Nur?“
Will die BSW-Führerin dem geneigten Talkzuschauer damit suggerieren, dass Russland diese Bedrohung “nur empfindet”? So, als ob die Bedrohlichkeit der NATO nur eine subjektive Paranoia Russlands sei?
Lanz spürt diese Unsicherheit seiner Gegnerin und betätigt sich als Militärstratege, fragt, “warum Russland dann massiv von Finnlands NATO-Grenze Truppen abzieht”?
Dies widerlegt sie ihm souverän, weil nämlich Finnland „intelligenterweise“ noch gar keine US-Truppen zugelassen habe.
Aber, weil Lügen durch Wiederholungen wirkmächtig werden, unterbricht Lanz sofort, dass “diese Erzählung von der bösen NATO, die das arme Russland bedroht, nicht so richtig glaubwürdig“ macht (33:50).
Um dann vollends abenteuerlich zu werden:
„Das ist jetzt mein anderer Punkt, dass da sozusagen Nuklear-Sprengköpfe plötzlich wieder in Deutschland stationiert werden. Das ist so erst mal nicht richtig.“ (34:17)
Hier erlaubt sich Wagenknecht, ihn zu unterbrechen, aber mit gebremstem Schaum:
„Nein, dass wir zum Zielpunkt von russischen Nuklear-Sprengköpfen werden.“
Wenn sie schon unterbricht, warum erwähnt sie nicht den Fliegerhorst Büchel und das US-Logistikzentrum Ramstein? Wo die US-Nuklear-Sprengköpfe längst stationiert sind? Wer nicht angreift, hält im Boxkampf den Gegner nicht auf Distanz. Und also schlägt Lanz zu:
„Was sie dann auf Ihren Wahlkampfveranstaltungen … immer einfach unterschlagen und weglassen, ist, dass offensichtlich Russland schon aus dem Abkommen ausgestiegen ist und 64 Mittelstreckenraketen in Kaliningrad und Belarus stationiert hat”(34:50)
Wagenknecht will unterbrechen, schüttelt mit dem Kopf.
Aber Lanz hat seinen Flow:
“Warum fällt Ihnen das nicht ein? Empfinden Sie das nicht als Bedrohung? Wenn 64 nukleare Sprengköpfe russischer Bauart auf Europa gerichtet sind? Warum unterschlagen Sie das?“
Als Wagenknecht antworten will, unterbricht er sie sofort wieder.
Danach erst zitiert Sahra Wagenknecht den Bundeswehr-Oberst Richter, der widerlegt hatte, dass der Westen eine „Fähigkeitslücke“ gegenüber russischen Raketen hätte, worauf sie jetzt von Adler unterbrochen wird.
Dass Russland den Abzug angeboten hatte und der Westen dann dennoch seine eigenen Raketen stationiert hat, kann Wagenknecht eben noch sagen, wonach sie in 40 Sekunden (bis 36:20) fünfmal von Adler und Lanz unterbrochen wird. (Wie sanft dagegen waren die beiden mit dem grünen Staatssekretär umgegangen, als dieser das Heizungsgesetz als Wohltat für Geringverdienende gepriesen hatte).
Frau Adler wischt den Bundeswehr-Oberst ebenso beiseite, wie die Abrüstungsvorschläge aus dem Osten:
“Russland rüstet doch immer auf, ungeachtet dessen, was der Westen tut”(36:32).
Nach einem längeren Vortrag von Frau Adler (36:20 bis 38:11) sucht Wagenknecht ihren Standpunkt zu verteidigen:
„Was wollen wir: neue Abrüstung oder in ein neues Wettrüsten?“(38:16) Und wird sofort wieder unterbrochen von Adler. Dann von Lanz zur Ursache der Raketen-Spirale, als Putins Rüstungsetat noch ein Zehntel von dem der NATO betragen hatte. Lanz:
“Gott sei Dank war Putins Armee damals schlecht ausgerüstet, Gott sei Dank!“ (38:42).
Dann geht es um vertane Friedenschancen und dann kommt Adler zu dem angeblichen Grund, warum die Verhandlungen von Istanbul zwischen der Ukraine und Russland unter britischem Einfluss abgebrochen worden waren:
“Das war wegen Butscha – sagt Ihnen das was?“ (39:02)
Jemand anderes aus der Friedensbewegung hätte wohl auch einzelne CIA-“Fakten” zu Butscha angezweifelt. Aber Sahra Wagenknecht spürt man die Rücksicht auf potentielle Bündnispartner bei der bevorstehenden Friedenskundgebung am 3. Oktober oder bei den Koalitionsverhandlungen in den drei Bundesländern an. Zweifel zum Butscha-Narrativ wären für CDU und SPD wohl zu starker Tobak gewesen. Also belässt sie es dabei, die US-Chefdiplomatin Victoria Nuland zu zitieren, „dass es nicht Butscha war“ .
Nun schreitet Lanz energisch ein, weil wohl auch er “Butscha” als Abbruchgrund für die Istanbuler Verhandlungen nicht sonderlich weit traut. Nach Lanz` Lesart war nämlich „Istanbul gescheitert, weil Russland nicht bereit war, Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu akzeptieren“.(39:57)
Wagenknecht möchte dies widerlegen, wird aber sofort wieder unterbrochen – und zwar von Lanz und Adler. Und beide unterbrechen sich in Minute 40:12 sogar noch gegenseitig, indem sie Wagenknecht unterbrechen. Als Sahra Wagenknecht in Minute 40:45 dies und die 12 aufgestöberten CIA-Basen auf ukrainischem Boden anspricht, versteigt sich Lanz gar zu der Groteske:
„Es waren keine CIA-Basen“.
Um dann sofort umzulenken auf die hängende linke Deckungshand seiner Gegnerin, auf die “Sicherheitsgarantien für die Ukraine”.
Dazu liefern dann Lanz und Adler im Duett längere Abhandlungen, bis Frau Adler plötzlich in Minute 41:41 etwas Entlarvendes rausrutscht :
„Aber das Entscheidende ist natürlich, dass ein solches starkes Bündnis wie die NATO die eigentliche Sicherheit für die Ukraine ist.“
Diese “eigentliche Sicherheit” rollt nicht nur den ganzen Talk auf, sondern das, was Adler will, was Lanz will, was der mittlerweile abwesende Ober-Kellner will, was der geheimdienstlich-mediale Komplex will (der Talkshows dieser Größenordnung bestücken lässt), warum Meinungsfreiheit in Deutschland allmählich auf ukrainische Standards gedrosselt wird. Und eigentlich auch, was das Pentagon seit 1990 will, weshalb der blutige Maidanputsch 2014 gegen Janukowitsch inszeniert wurde, warum Minsk II mit relativen Autonomien für Donezk und Luhansk von faschistischen Milizen und Scharfschützen des Selensky-Regimes zerfetzt und später eine US-Basis nach der anderen in der Ukraine ausgehoben werden konnten. War es dieses Versprechen der NATO, weshalb Selensky mit solch geschwollener Brust auf der Sicherheitskonferenz in München 2022, aber noch vor (!) dem russischen Einmarsch, neue Überschall-Raketen wie “Dark Eagle” gefordert hatte, die auch atomar bestückbar sein sollten?
Wenn also seit zehn Jahren allen Eingeweihten der Sprech von den “Sicherheitsgarantien für die Ukraine” nur gleichbedeutend mit NATO-Mitgliedschaft (oder zumindest NATO-Assoziation – statt OSZE oder UN) gewesen war, wenn also Frau Adler die Katze unbeabsichtigt aus dem Sack gelassen hatte, durfte und konnte es dann in Istanbul oder anderswo je einen Frieden mit Russland geben? War unter diesen Präjudizien die russische Armee 2022 nur einfach zu spät einmarschiert, weil sich Putin zulange von Obama und Merkel hatte einwickeln lassen? Vielleicht noch berauscht von den stehenden, parteiübergreifenden Ovationen nach seiner Rede im Bundestag am 25.9. 2001?
Jedenfalls hatte Selenskyj wenige Stunden vor dem Lanz-Talk die “Sicherheitsgarantien des starken Bündnisses NATO” als “Sieg-Frieden“ ausgerufen – passend zu dem Satz der Adler.
Dann unterläuft Sahra Wagenknecht in Minute 42:12 auch ein Lapsus mit der Behauptung, die Deutschen hätten bei Friedensverhandlungen in der Ukraine “relativ wenig zu melden.”
Ergo gibt Frau Adler ihrer Kontrahentin „absolut recht“(42:13).
Womit sich dann aber dem Fernsehzuschauer die Frage stellt, warum das BSW gerade einen solchen Bohei in Thüringen, Brandenburg und Sachsen für Frieden mit Russland veranstaltet, wenn die Deutschen sowieso dabei nur “relativ wenig zu melden” hätten. Und warum dann deutsche Friedensdemos?
Das Getänzel im Boxring geht jetzt bereits um einen Lucky Punch. Sahra Wagenknecht ist zu oft in den Seilen beim Wort: “Kriegstreiber”. Man ahnt allmählich, warum zuvor das Wagenknecht-Plakat mit der Zeile “Diplomatie statt Kriegstreiberei” redaktionell eingeblendet worden war.
Folgerichtig keift in Minute 42:32 die Adler, das Wort “Kriegstreiberei würde alle beleidigen, die für den Schutz der Menschen in der Ukraine eintreten“.
Sahra Wagenknecht hatte so oft in letzter Zeit Putin einen “Kriegsverbrecher” genannt, wohl auch als Futter für ihre künftigen Koalitions-Partner in Erfurt, Dresden und Potsdam. Ihr Glück bei der Box-Logik dieses Talks ist, dass bislang niemand nachgefasst hat, ob man einem “Kriegsverbrecher” – also einem wie Hitler – mit Diplomatie je hat beikommen können. Oder Putin ist vielleicht gar kein Kriegsverbrecher?
Aber Lanz und Adler sind zu besessen, Sahra Wagenknecht mit dem Wort „Kriegstreiber“ zu treiben. Grade noch darf sie einen Viertelsatz aussprechen und schon – weil die Raketen in Büchel und Ramstein von ihr nicht eingeführt wurden – kommt ihr die Adler wieder mit einer Geraden:
“Das ist Schutz, wenn ich Raketen-Abwehrsysteme liefere!”
Darauf folgen ein erneuter Anlauf von Wagenknecht für Waffenstillstand und wieder vier Unterbrechungen durch Adler, die dann behauptet, der chinesisch-brasilianische Friedens-Plan sei ja sowieso der russische Plan (43:07).
Dann zitiert Wagenknecht einen Satz daraus, wieder von Lanz und Adler unterbrochen. Die Adler, die eben noch dem brasilianischen Präsidenten die Übernahme des russischen Plans vorgeworfen hatte, übernimmt nun den Plan von Selenskyj als eigene Vorstellung, nämlich eine Volksabstimmung in der Ostukraine – aber nicht unter russischer, sondern unter ukrainischer Waffengewalt. Und fügt in Minute 45:19 hinzu, weil Wagenknecht eine Volksabstimmung mit zuvorigem Waffenstillstand wolle: “Das ist die Legitimierung von Landraub, den sie vorschlagen“.
Als Wagenknecht Landräubereien der USA zitiert, etwa der Ölfelder Syriens (45:29), keift Adler, dies sei „Whataboutism“.
Sofort greift Lanz wieder ein und kommt wieder auf „Kriegstreiberei“ zurück:
„Denen, die jetzt Waffen liefern und jemandem helfen, sich selber zu verteidigen, zu unterstellen, dass die nicht an Frieden interessiert seien, finden Sie das okay?“ (46:19)
Statt mit einem klaren “Ja!” zu antworten, weicht Sahra Wagenknecht zur Seite:
“Ich unterstelle nichts“ (46:21)
Viermal nun ergötzt sich Lanz daran, die Wagenknecht an ihr “Kriegstreiberei”-Plakat zu erinnern und sich nicht zu einem “Ja!” dazu zu bekennen, sondern herumzueiern:
„Dass wir durch die Art, wie wir und wir sage ich jetzt, also der Westen, die USA, aber auch Europa, wie wir auf diesen Krieg reagiert haben … und auf diesen Überfall, in dem wir bisher alle Verhandlungsoptionen abgeblockt haben, anders als die Länder des Südens verlängern wir den Krieg und wenn wir den Krieg verlängern ist das nicht moralisch, sondern es ist…”
Wieder wird hinter ihr das BSW-Plakat mit dem Wort “Kriegstreiberei” eingeblendet.
Lanz will die Enge auskosten, in der seine Gegnerin sich vor ihren künftigen Verhandlungspartner in Thüringen wegduckt, die sie nicht “Kriegstreiber” nennen will. Jedenfalls jetzt nicht.
Lanz: “Mit dem Wort Kriegstreiberei haben Sie dann auch kein Problem… Das ist für Sie Kriegstreiberei?”
Wagenknecht: “Wenn ich die Kriegsgefahr erhöhe …”
Lanz unterbricht sie.
Darauf Wagenknecht: “Halten Sie sich doch nicht an dem Wort fest!”
“Doch” sagt Lanz und lässt das Wahlplakat wieder einspielen.
Sie beginnt einen Satz.
Er: “Frau Wagenknecht, die Bundesregierung, das sind Kriegstreiber?“ Statt eines geraden „Jawoll!“, gerät sie ins Stocken – und wir werden Zeuge der Seltenheit einer Mondfinsternis, wo etwas Großes etwas Kleineres verdunkelt: die Koalitionsverhandlungen hängen wie Schlingpflanzen um Sahra Wagenknechts Flow. Und Lanz stößt sie weiter in den parlamentarischen Morast und setzt nach: „Wie finden Sie sowas?”
Sie stockt erneut. (Es war wohl ein Fehler von Freud, das Oberbewusstsein “Unterbewusstsein” genannt zu haben).
Schon fällt er ihr wieder ins Wort, sekundiert von Frau Adler (50:25).
In ihrer Not schwindelt Wagenknecht (ähnlich wie bereits in Minute 46:19, wo sie auf den Vorwurf, “Kriegstreiberei” plakatiert zu haben, blauäugig behauptet hatte: “Ich unterstelle nichts!”):
“Ich beschimpfe überhaupt niemand.”
Darauf Lanz: “Sie beschimpfen die Bundesregierung der Kriegstreiberei.”
Wagenknecht: “Ich möchte nicht, dass wir im Krieg mit Russland sind. Russland…”
Schon unterbricht Lanz wieder: “Warum fällt Ihnen das nicht bei Putin ein?”
Das ganze Gehuddel geht bis Minute 52, wo sie dann endlich, endlich wieder in die Offensive kommt, weil Merz Taurus-Raketen liefern und Kiesewetter den Krieg nach Russland tragen will.
Da gibt Adler voll den Kriegsfalken: „Von dort aus werden die Langstreckenwaffen losgelassen, geschickt auf die Ukraine.” (52:56)
Adlers Gezeter hilft ihrer Gegnerin aber wieder nach vorne. Der Atomkriegsgefahr gibt Wagenknecht jetzt eine Hausnummer. Sodass Lanz der Adler wieder zur Seite springen muss. Er stößt noch ein paarmal in Wagenknechts offensichtliche Blöße, ob Bundesregierung und Kanzler “Kriegstreiber” seien? Hält dann eine Eloge auf Olaf Scholz und dessen Verhandlungswillen, aber:
“Sie beschimpfen Scholz als Vasallen-Kanzler. Er will doch das gleiche wie Sie?”
Als Wagenknecht nochmal einen atomaren Weltkrieg anspricht, kichert Lanz und unterbricht sie:
“Russland wollte in Ukraine einmarschieren, das ganze Land einkassieren.” (54:00)
Bei so viel Unsinn muss schnell die Adler Lanz wieder zu Hilfe kommen. Mit einer Lüge: In der Schweiz, in Bürgenstock, hätten sehr viele Länder verhandelt, aber Russland hätte nicht kommen wollen.
Wagenknecht korrigiert, Russland sei nicht eingeladen gewesen.
Dann folgt ein mehrminütiges Gezerre, wo Wagenknecht sich in die Enge treiben lässt.
Aber sie kommt bei 56:07 wieder in die Vorhand:
“Glaubt noch jemand daran, dass die Ukraine siegt? Also das ist doch völlig illusorisch.”
Statt sich ihren Stellungsvorteil sofort zu sichern, wird sie kulant:
“Egal, ob man sich das wünscht und ob das moralisch geboten ist und völkerrechtlich angebracht. Das mag man alles so sehen und das ist auch so.”
Hä? Aber das Aufatmen von Lanz und Adler am Monitor ist unübersehbar. Denn Wagenknecht lenkt ein, dass ein Sieg der Ukraine “moralisch geboten ist”!
Darum macht sich Lanz selber zum Talkgast und erzählt ellenlang (58:00 bis 59:40) „gruselige“ Einzelerlebnisse von der ukrainischen Front. Wie aus dem Nichts erscheint dazu im Hintergrund ein Foto von Putin.
Lanz: Die Kämpfer “werden in einen Fleischwolf getrieben … von dem Mann auf dem Foto!”
Hier rächt sich erneut, dass Sahra Wagenknecht auch in diesem Talk viel zu wenig über die Vorgeschichte des russischen Einmarschs, über den fortgesetzten Bruch von Minsk I und II durch Selenskyjs Nazi-Milizen und durch die NATO eingebracht hatte. Somit beginnt die Geschichte bei Lanz, wie jede reaktionäre Geschichtsschreibung mit einem willkürlich festgesetzten Gewaltereignis (z.B. bei Französischer und Russischer Revolution), hier erst mit dem russischen Einmarsch 2022.
Nach einer Stunde kommt dann Lanz zu dem vorgefassten Resümee, welches ihn als Diskussionsleiter disqualifiziert, aber als Infighter aus dem Boxstall “Nachrichtendienstlich-medialer Komplex” prämiert:
“Der Mann, der den Krieg beenden kann, ist dahinten (deutet auf Putin) und ich möchte nicht, dass Leute, die Selensky und der Ukraine helfen, ich möchte nicht, dass die in der deutschen Debatte als Kriegstreiber verunglimpft werden. Ich möchte das nicht. Ich finde das nicht in Ordnung. Sie plakatieren das. Lassen Sie uns das einfach so stehen lassen!” (1:00)
Wagenknecht eher kleinlaut: “Ich sehe eine große Gefahr für unser Land … wenn diese Politik so weiter gemacht wird.”
Und der Moderator, bevor er sich dem Elektro-Auto-Lobbyisten zuwendet:
“Sie beschimpfen die Falschen. Das ist das Problem!”
Der Disput ist rum. Lanz darf mit sich zufrieden sein, vor aller Augen die wirkmächtigste Fighterin aus dem Friedens-Lager von ihrem „Kriegstreiber”-Vorwurf weitweg getalkt, die Anti-AfD-Brandmauer nachgebessert und etwas matt glänzendes Sprach-Perlmutt (“die NATO hilft nur, zu verteidigen”) ins imperialistische Innengewölbe geklebt zu haben.
Aber war das echt das Talent von Lanz? Oder die Einwirkung von Druckwellen aus Parlamentarismus und Thüringer Koalitionsanbahnungen? Daß für Wagenknecht Putin ein Kriegsverbrecher ist? Ein Sieg der Ukraine ihr moralisch geboten, aber illusorisch ist? Daß sie jetzt weder Ampel noch sonst jemand “Kriegstreiberei” unterstellt? Daß die Nazi-Milizen unter Selenskyj und deren Rolle gegen Minsk II weggeschwiegen blieben? Daß die Bedrohung durch die NATO “von Russland eher nur empfunden wird”?
Wagenknecht hat, ohne Tabus aus der Vorgeschichte von 2022 auch nur angesprochen zu haben, etwas von Weltkriegsgefahr und Waffenstillstand durchbekommen. Sagen wir: vielleicht 60 % ihrer eigenen Zielvorgaben. Aber früher wären es wohl mal 100 Prozent gewesen.
Schlagwörter: Debatte, Diskussionsrunde, Lanz, Sahra Wagenknecht, Talkshow
46 Kommentare
Wer eine Sache vom Wesentlichen her falsch anpackt, was Wagenknecht durch das Weglassen oder Fehlinterpretieren vob Putins Motivation für den (gemäßigten) Einmarsch in Ukraine zur Hilfeleistung für die Donbass-Republiken von Anfang an gemacht hat, erntet dann eben auch den Salat, den man selbst mitgesät hat.
Das Novum zu beabsichtigen, gewisse Waffen in Deutschand zu stationieren, welche dieses Land zur Zielscheibe machen, hätte Wagenknecht den vaterlandslosen Transatlantikern um die Ohren werfen können und diese als de-facto-Verbrecher an der Gesellschaft im verbalen Duktus gnadenlos bloßstellen sollen.
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DDD ist ja bekanntlich „Intimfeind“ von Wagenknecht! Sie läßt ihn nicht ins BSW, sie kennt ihn gut!
Das Dumme ist, DDD hat in vielen recht, auch mit der Querfront. Für die Querfront gibt es viele historische Beispiele, vom antijapanischen Bündniss der KP China mit der Koumintang bis zur Regierungsbeteilingung einer kleinen Rechtspartei unter Tsipras in Griechenland.
Da DDD niemals Mitglied im BSW werden kann, hat er Vorteile. Er kann Dinge sagen, die eine Wagenknecht niemals sagen dürfte. Das sollte er intelligent tun, denn das ist er.
Sein Beitrag war nicht schlecht, aber zu lang.
In der Kürze liegt die Würze.
Nur so erreicht man „die Massen“. Wagenknecht kann das!
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Das Format hat sich nicht geändert, 3 oder 4 gegen eine oder einen. Oppositionelle/n.
Anfangs werden sie kurz hofiert um dann anschließend vernichtet zu werden.
Nicht nur Lanz arbeitet ganz im Sinne seiner Herren.
Würden sie anders agieren wäre das schöne Gehalt, welches sich auf ca. 75000 Euro für 45 Minuten Sendung belaufen dürfte, futsch.
Darf man das schon Prostitution nennen?
Danke an Herrn Dehm für den Artikel.
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Eure Wirrness, jeder kann sich die Talkshow selbst ansehen! Hat der Autor Angst, dass man sich seine eigene Meinung bilden kann, wenn er jeden Dialogschnipsel der drei Wochen alten Sendung hier noch einmal durchmoderiert?
Hier ist der Link https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-25-september-2024-100.html&ved=2ahUKEwiQr7606oqJAxVvAtsEHRv4NrQQjjh6BAgbEAE&usg=AOvVaw2BsJKmikeknDAD7zNf9BFb
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Das lange Gesprächsprotokoll bestätigt nur das Offensichtliche:: Europäische Politik wird heute in Washington und Moskau gemacht. Wir hier in Europa dürfen uns nur noch darüber streiten, welche Meinung zur Fremdbestimmung mehr Zeit im Rampenlicht bekommen soll. Lächerlich, diese Demokratie.
Das Problem bei solchen Talkshows ist, dass Leute, die die Probleme ansprechen, nicht mehr eingeladen werden und eine schlechte Presse bekommen. Sahra Wagenknecht hätte z. B. fragen können:
Sehen sie nicht, dass der Westen diesen Krieg verliert?
Wie lange wollen sie den Krieg denn führen?
Die NATO hat nach zwanzig Jahren den Ukrainekrieg verloren. Können wir uns dasselbe bei Russland leisten?
Glauben sie, dass der Westen das durchhalten kann?
Muss notfalls der Sozialstaat geopfert werden?
Wie weit wollen sie eskalieren?
usw. usw.
Das wäre dann ihr letzter Auftritt im TV gewesen. Aber sie benötigt diese Auftritte und bringt ihre “Gesprächspartner” deshalb nicht in Verlegenheit.
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Eine Rezension über eine Sendung von Lanz? Ist das jetzt euer ernst?????
Der Kerl ist ein ehemaliger Radio-DJ und Moderator von Volksmusiksendungen.
Warum ausgerechnet der eine Polit-Sendung moderiert, ist bestenfalls eine X-Akte.
Im schlimmsten Fall zeigt es die Verachtung der öffentlich-rechtlichen Sender für die Zuschauer
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Die arme Sarah. Die Positionen ihrer Gegner sind bekannt, da tausendfach in die Köpfe gehämmert. Sie selbst bräuchte Zeit, um ihre abweichende Position zu erklären. Zeit, die sie nicht bekommt. Aber eben deswegen hat sie so hohe Einschaltquoten, weil die Leute eben diese Positionen hören wollen.
Sie müsste unbedingt darauf achten, dass sie die Angreiferin bleibt, auf die die anderen reagieren müssen. Clausewitz. Das ist nicht gelungen. Die Adler insbesondere hat sie in die Defensive gedrückt.
Um kompakt, aber trotzdem durchschlagend zu bleiben, müsste sie sich auf zwei Punkte konzentrieren. Die Umsetzung von Minsk II hätte einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine bedeutet, denn als erstes hätte man einen 60 Kilometer breiten Korridor vereinbart, aus dem alle schwernen Waffen abgezogen werden. Dass das nicht passiert ist, ist eindeutig die Schuld des Westens.
Zweitens der Verweis auf das russische Angebot, ganz Europa atomwaffenfrei zu machen, nebst anderen vertrauensbildenden Maßnahmen. Dieser Vertrag liegt seit Ende 2021 vor und könnte immer noch angenommen werden. Ja, verdammt nochmal, Russland hätte nicht angegriffen, wenn das unterschrieben worden wäre.
Und last not least: sie hätte Butscha ruhig als Inszenierung bezeichnen können. Die Indizien sind ziemlich eindeutig.
Mein Rat an Sarah: Clausewitz lesen.
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Die Kunst der passenden Verdrehung, so könnte man die Vielzahl an Talk-Beeinflussungssendungen subsummieren. Statt Informationen unterschiedlicher Perspektiven zu liefern und die Bewertung den Zuschauern zu überlassen, werden bewährte PR-Maßnahmen manipulativ eingesetzt, um das Publikum in die “richtige Richtung” zu beeinflussen. Dabei ist die Gesinnung und Meinung der “Moderator*innen” eine entscheidende Größe. Sie moderieren nicht, sondern geben stets eigene Anschauungen und Bewertungen zum Besten. Das allerdings scheint auch im Journalismus Mode zu sein.
Wieviele Talksendungen gibt es eigentlich und wozu?
Welches Budget aus den Zwangsgebühren wird dafür verschleudert?
Wie viel betreutes Denken braucht man noch, um den “hier Lebenden” vermeintliches “Mainstream-Denken” unterzujubeln – und sind die “hier Lebenden”, wie Frau Merkel das Volk zu nennen pflegt, wirklich so unterbelichtet, dass sie weder die Absicht erkennen, noch dazu fähig sind, sich ein eigenes Bild zu machen?
Vielleicht gibt es sie aber doch, die Schweigespirale der stillen Mehrheit.
Dabei fragt man sich, warum sie denn so still und leise ist.
Damit sie aber so scheigsam bleibt, wie sie scheint, gibt es jetzt staatlich geförderte Meldestellen,
wie REspect, um unliebsame Meinungen im Keim zu ersticken. Nach GG verbotene Zensur findet dabei
selbstverständlich nicht statt. Es geht ja darum, Hass und Hetze zu verhindern, oder eben Äußerungen,
die den gesellschaftlichen Frieden beeinträchtigen könnten.
Vielleicht sollte man so einige Moderator*innen und Talkshow-Teilnehmer wegen ihrer Äußerungen dort melden.
Ist Kriegstreiberei nicht eine besonders gravierende Form von Hassrede und Hetze?
Gehört nicht die betriebene Desinformation im öffentlich rechtlichen Rundfunk, die sich unterhalb einer Strafbarkeit abspielt, auch eine meldepflichtige Angelegenheit, wo doch der im Alltag häufiger zu hörende Begriff “Dummschwätzer”, sogar strafbar sein kann?
Der deutsche Irrgarten treibt seltsame Früchte von behüteter Freiheit und Demokratie und keiner scheint zu merken, dass diese hehren Begriffe völlig ausgehölt werden.
Ich wünschte es gäbe mehr Politiker wie Frau Wagenknecht.Und weg mit den alten Zöpfen wie Scholz,Bärbock Habeck usw.Diese machen aus Deutschland das Armenhaus Europas.
Etwas zu viel Aufwand für ein bisschen deutsches “Infotainment”.
Substantieller wäre gewesen zu untersuchen wie und warum Debatten in Deutschland inzwischen am Zeitgeist vorbei geführt werden, und warum man nicht erkennt dass der Weltgeist ein anderer ist!
Info: https://overton-magazin.de/hintergrund/gesellschaft/lanz-contra-wagenknecht-eine-anatomie
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Die USA leisten mehr Militärhilfe an Israel als je zuvor
So verkommt die Presse – auch in der Schweiz!
Entführte ukrainische Kinder in Russland
globalbridge.ch, 12. Oktober 2024 Von: Helmut Scheben in Allgemein, Geschichte, Medienkritik, Militär, Politik
Um zu begreifen, wie Propaganda fabriziert wird und sich durch unaufhörliche Wiederholung zum Faktum verfestigt, genügt es zu lesen, was George W. Bush in seinen Memoiren zu Nuklearwaffen des Iran schreibt.
Die Autobiographie von George W. Bush hat den Titel «Decision Points». Auf den Seiten 418/419 gibt es einen Abschnitt von verblüffender Aufrichtigkeit. Dort erinnert sich der ehemalige amerikanische Präsident daran, dass seine Geheimdienste ihm im November 2007 eröffneten, der Iran baue keine Atombomben:
«We judge with high confidence that in fall 2003, Tehran halted its nuclear weapons program», heisst es in dem National Intelligence Estimate, der wichtigsten und verbindlichsten Form von Bericht, den die 16 amerikanischen Geheimdienste liefern können.
Der Bericht machte Bush einen Strich durch die Rechnung. Jahre lang war von den Falken im Weissen Haus und im Kongress die iranische Nukleargefahr hochgespielt worden. Bush selbst hatte noch im Oktober 2007 in einer Pressekonferenz erklärt, wenn man einen dritten Weltkrieg und einen «nuklearen Holocaust» verhindern wolle, müsse man Iran unverzüglich daran hindern, die Bombe zu bauen. Die Vorbereitungen für einen Militärschlag gegen Iran waren getroffen.
Der Geheimdienstbericht unterminierte nicht nur die Diplomatie, erinnert sich Bush, er habe ihn auch militärisch blockiert: «It also tied my hands on the military side.»
Nun musste schnell verhindert werden, was in den Augen von Präsident Bush und seiner Crew – Rumsfeld, Rice, Cheney, Wolfowitz u.a. – der grösste anzunehmende Unfall war: In der Öffentlichkeit könnte sich die Vorstellung breit machen, der Iran sei überhaupt nicht der nukleare Schurkenstaat, den man in Washington an die Wand malte. Bush krempelte laut eigenen Erinnerungen die Ärmel hoch und hatte Erfolg:
«Einen grossen Teil des Jahres 2008 verbrachte ich damit, die diplomatische Koalition gegen den Iran wieder aufzubauen, wir schafften es auch, eine neue Runde von UN-Sanktionen zu bekommen (…) Ausserdem dehnten wir unseren Raketenschild aus, darunter ein neues Raketensystem mit Stützpunkten in Polen und der tschechischen Republik, um Europa vor einem iranischen Angriff zu schützen.»
Dabei führte jene «Ausdehnung des Raketensystems» – nebenbei anzumerken – geradewegs in den Konflikt mit Russland und in den Ukraine-Krieg. George W. Bush lag es damals besonders am Herzen, seine engsten Verbündeten im Nahen Osten zu beruhigen: Saudiarabien und Israel. Im Januar 2008 reist er zu einem Treffen mit dem saudischen König Abdullah. Bush eröffnet das Gespräch, indem er sich für den Geheimdienstbericht entschuldigt: «Ich bin über diesen Bericht genauso verärgert, wie Sie es sind.»
Man kann es kaum glauben, aber da steht es schwarz auf weiss. Der Mann desavouiert die eigenen Geheimdienste, die seine Kriegstreiberei bremsen. Er brüstet sich mit einer Politik der Aufrüstung und schreibt dies alles in schöner Offenheit in seinen Memoiren. Wieviel Realitätsverlust und Grössenwahn sind da zu diagnostizieren? Wie felsenfest musste dieser in der Erdölbranche kundige Texaner von seiner Mission als Weltpolizist überzeugt sein?
Da wurde also aufgerüstet gegen eine Nuklearmacht, die noch keine war. Und es wurden die grössten Anstrengungen gemacht, die Vogelscheuche der iranischen Nuklear-Bedrohung weiterhin über die Weltbühne zu ziehen. Der Iran hat stets betont, die Entwicklung der Atomkraft nur zu friedlichen Zwecken zu betreiben. Ob dies die Wahrheit ist oder eine Lüge als Funktion seiner Raison d’Etat, kann man nicht wissen, aber viele tun so, als ob sie es sicher wüssten.
Die zahlreichen Denktanks, Waffen-Experten und die akademische Strategie-Forschung, die dem Weissen Haus und dem Pentagon zuarbeiten, haben jedenfalls in den vergangenen zwei Jahrzehnten keine Mühe gescheut, Schreckensvorstellungen von einer Atommacht Iran an die Wand zu malen. Israels Premier Netanjahu erklärte im September 2012 vor den Vereinten Nationen, der Iran habe seine Atombombe bereits zu 70 Prozent fertiggebaut. Er zeigte dabei eine Skizze, die quasi als naive Malerei an anarchistische Bombenbauer aus der Zeit von Kaiser Wilhelm erinnerte, was im Auditorium teilweise Gelächter hervorrief.
John Bolton, US-Diplomat und bis 2019 Sicherheitsberater von Präsident Trump, rief im März 2015 dazu auf, den Iran zu bombardieren: «To stop Iran’s Bomb, Bomb Iran» lautete der Titel seines Artikels in der New York Times. Bolton, einer der Initiatoren des Project for the New American Century, welches die globale Kontrolle der USA gewährleisten sollte, ging es damals offensichtlich darum, eine Politik der Entspannung mit dem Iran zu verhindern, die unter Obama zustande gekommen war. Dass der Iran Atombomben baut, galt Bolton als erwiesen. Er räumt indessen selbst ein, es gebe keine materiellen Beweise für seine Behauptung:
«Even absent palpable proof, like a nuclear test, Iran’s steady progress toward nuclear weapons has long been evident.» Die Argumentation folgte also der Logik: Es bedarf keiner Beweise, denn «man weiss es ja».
Es ist die klassische, alte Propaganda-Masche, die inzwischen zum durchschlagenden Erfolg geworden ist. Westliche Medien assoziieren das Wort Iran reflexartig mit der Atombombe. «Die Atomanlagen im Iran müssen zerstört werden, solange das noch möglich ist – nie war die Gelegenheit günstiger», ist in der Schweizer Sonntagszeitung vom 6. Oktober zu lesen. Ähnlich tönt es in den meisten grossen westlichen Medien. Die sich selbst erfüllende Prophezeihung der iranischen Atombombe ist Teil der synchronisierten «Fabrikation der gemeinsamen Unwirklichkeit, die sich als informierte Öffentlichkeit ausgibt», wie es der Philosoph Peter Sloterdijk einmal formuliert hat.
(Red.) Zum Thema Iran und Atombombe siehe auch «Zeitgeschehen im Fokus» vom 10. Oktober 2024 das Interview mit Karin Leukefeld.
Info: https://globalbridge.ch/die-wandmalereien-von-der-iranischen-atombombe
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Weiteres:
«Der Iran will keinen Krieg, sondern eine friedliche zivile Entwicklung»
zeitgeschehen-im-fokus.ch, vom 10. Oktober 2024, Interview mit der freien Journalistin und Nahost-Expertin Karin Leukefeld
«Man würde gerne glauben, die USA und Israel seien Demokratien und für den Frieden – die Realität ist eine andere»
Karin Leukefeld (Bild thk)
Zeitgeschehen im Fokus Wer kann Israel von seinem verheerenden Kriegskurs abhalten?
Karin Leukefeld Am 26. September sind wir am Morgen aufgewacht mit Nachrichten aus New York, dass am Rande des Uno-Gipfeltreffens sich die Staaten zusammengefunden und den Vorschlag eines dreiwöchigen Waffenstillstands zwischen Israel und der Hisbollah eingebracht haben, damit Raum für Diplomatie geschaffen werden kann. Die libanesische Regierung hat mit Zustimmung der Hisbollah zugesagt, sofern Israel zustimme. Die Erklärung ist auch vom Aussenministerium in Berlin verschickt worden, das sie ebenfalls unterschrieben hat. Kaum hatte sie den Weg in die Medien gefunden, kam die Reaktion aus Tel Aviv, dass die Regierung Netanyahu dieses Ansinnen zurückweise. Der Aussenminister sagte, es werde keinen Waffenstillstand im Norden geben. Der Krieg gegen die Terrororganisation Hisbollah werde bis zum Sieg zu Ende geführt. Nicht einmal dieser Aufforderung auch verbündeter Staaten kommt Israel nach.
Hatten wir diese Antwort nicht schon öfters gehört?
Ja, das ist ein Muster, das wir seit einem Jahr sehen. Es gab Vorschläge von den Unterhändlern der Hamas, Ägyptens und Katars, der USA – an ihrer Seite Deutschland, beide die grössten Waffenlieferanten Israels – doch keiner dieser Vorschläge hat Israel zum Einlenken gebracht. Seit nahezu einem Jahr wird alles von Netanyahu in letzter Minute blockiert, ausser im November letzten Jahres, als er einem Waffenstillstand für eine Woche, ausgehandelt von Ägypten und Katar, zustimmte. Und die Hisbollah, die ja den Norden Israels beschoss, um einen Waffenstillstand zu erreichen, stellte den Beschuss ein. Hundert israelische Geiseln wurden damals freigelassen und etwa die dreifache Zahl an palästinensischen Gefangenen, Kinder, Frauen und Kranke. Das war der einzige Erfolg, den es in vielen Verhandlungen gegeben hat. Selbst Diplomaten sagen, dass die israelische Regierung, insbesondere Netanyahu, im letzten Moment das Verhandlungsergebnis mit immer neuen Forderungen blockiert. Das haben sogar die Teilnehmer der israelischen Verhandlungsdelegation bestätigt. Das sind Leute des Geheimdiensts aus den USA, aus Israel, Katar und Ägypten. Der gesamte Vorgang, dass man sich trifft, miteinander verhandelt, nach einem Kompromiss sucht, wird am Schluss von Israel, von Netanyahu, torpediert.
Wie kann das sein, dass das Land und seine Regierung so viel Macht haben?
Netanyahu führt die USA vor. Biden ist in einer Zwickmühle, weil gerade Wahlkampf ist und die Demokraten mit den Republikanern gemäss Umfragen gleichauf sind. Sie machen immer wieder Versprechungen, dass sie bei den Verhandlungen in Gaza kurz vor einem Durchbruch seien. Auch Amos Hochstein, Präsidentenberater von Joe Biden, pendelte immer wieder zwischen Israel und Beirut. Nichts ist dabei herausgekommen.
Können die USA nicht vernünftig verhandeln, oder wollen sie das gar nicht?
Sie liefern Waffen an Israel, obwohl sie ständig humanitäre Hilfe für den Gaza-Streifen, einen Waffenstillstand und Verhandlungen fordern. Sie haben einen Dreiphasenplan vorgelegt, der sogar in eine Uno-Sicherheitsratsresolution gegossen wurde, und alle im Sicherheitsrat waren sich einig. Netanyahu sagte jedoch nein. Inzwischen gibt es viele Stimmen in der arabischen Welt, in den Medien, in den Kolumnen, in Analysen, die sagen, die USA seien kein zuverlässiger Verhandlungspartner, weil sie auf der einen Seite sagen, Israel müsse die Waffen schweigen lassen, und auf der anderen Seite ihnen nonstop Waffen liefern. Viele Länder nehmen die USA nicht mehr ernst, denn sie spielen ein doppeltes Spiel. Für die Öffentlichkeit sprechen sie von Verhandlungen und Waffenstillstand, aber gleichzeitig hatten sie zum Beispiel, was konkret den Libanon betrifft, sowohl Kenntnis von diesem «Massenangriff auf elektronische Geräte als auch von den massiven Luftangriffen, die seit zwei Wochen den Libanon erschüttern. Über den Beginn der Offensive waren sie informiert und gaben – zumindest indirekt – grünes Licht. Die Sprachregelung ist, man habe es zur Kenntnis genommen, ohne zuzustimmen.
Woher weiss man das?
Das ist hartnäckigem Nachfragen von Journalisten zu verdanken. Dadurch kommt die Doppelbödigkeit der US-Administration irgendwann ans Tageslicht. Nach dem Beginn der Luftangriffe gab es eine Pressekonferenz, bei der der Sprecher des Pentagons verschiedene Telefonate zwischen den Verteidigungsministern der USA und Israels einräumte. Sowohl an dem Dienstag, als der erste Angriff erfolgte, gab es am Nachmittag ein Gespräch als auch etwas später. Der Sprecher des Pentagon räumte ein, man sei informiert worden, dass eine militärische Operation bevorstehe. Aus dem, was der Sprecher des Pentagon durchblicken liess, ging nicht hervor, dass man ihnen konkret gesagt habe, was Israel machen werde, wohl nur, dass eine militärische Operation bevorstehe. Ob sie jetzt genau wussten, was Israel vorhatte, weiss man natürlich nicht, aber man kann davon ausgehen, dass der Sprecher an einer Pressekonferenz kaum alles erzählen wird, was sich im Hintergrund abgespielt hatte. Wenn man fragt, wer Israel stoppen kann, muss man eher nach dem Ausschlussprinzip vorgehen und fragen, wer Israel nicht stoppen kann oder will.
Die USA scheinen es nicht zu sein. Wie muss man sich diese Absprachen vorstellen?
Da gibt es die Gespräche, die die Verteidigungsminister führen. Dazu kommt, dass beide Länder auf untergeordneter Ebene, der sogenannten Operationsebene, eng verbunden sind. Die Minister sprechen für die Öffentlichkeit, aber die eigentlichen Absprachen werden auf anderen Ebenen getroffen. Das bedeutet aber auch, dass amerikanische Spezialkräfte sich innerhalb der israelischen Armee bewegen, natürlich mit Zustimmung des verantwortlichen Ministers. Das hat unter anderem seinen Grund, weil es sich um komplizierte Waffensysteme made in USA handelt. Auch laufen diese ganzen Operationen in Gaza bereits in Kooperation. Manchmal öffnet sich ein Fenster, zum Beispiel als vier Geiseln befreit wurden. Bei dieser Aktion wurden 200 Menschen getötet. Dabei war eine US-amerikanische Spezialeinheit – ein Kommando für Geiselbefreiung – mit im Einsatz. Da gibt es eine ganz enge Kooperation. Sie waren vor Ort. Wenn so etwas durchgeführt wird, dann sitzen sie auch zusammen in einem Operationsraum. Dass es bei den USA eine Verantwortlichkeit für das gibt, was das israelische Militär macht, steht ausser Zweifel. Man würde immer noch gerne glauben, die Länder seien doch Demokratien und für den Frieden – aber die Realität ist eine andere.
Man staunt auch über die mangelnde Empörung über die Pager-Attacke.
Ich habe mit einem KI-Experten gesprochen und ihm die Frage gestellt, wie es sein kann, dass Israel eine Operation wie die im Libanon mit Tausenden von Verletzten durchführt, und der Westen das nicht verurteilt. Die Bundesregierung hat das nicht verurteilt. Dieser Experte äusserte sich dahingehend, dass sie nichts dazu sage, weil sie in Zukunft diese Waffen auch benutzen wolle. Das war eine persönliche Vermutung, aber von einem gut informierten Experten.
Wenn diese neue Art von wahllosen Attacken auf Menschen, die elektronische Geräte mit sich führen, nicht geahndet wird, dann werden dadurch neue Massstäbe gesetzt, so dass andere Staaten oder nicht staatliche Akteure diese Methode auch übernehmen könnten. Der libanesische Aussenminister hat dazu gesagt: «Wenn das nicht verurteilt wird, werden andere auch so vorgehen. Was noch geschieht, ist, dass unsere Gesellschaften gegenüber solch einer brutalen Tat empfindungslos werden.»
Wenn man sich in die Forschung der Rüstungsindustrie einmal einliest, dann sieht man, dass sie in dieser Entwicklung förmlich nach vorne rennt. Israel ist bekannt dafür, dass es auch im Auftrag der EU bestimmte Systeme für Drohnen entwickelt. Man muss sich die Frage stellen, ob das, was Israel mit seiner barbarischen Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen und im Libanon macht, vielleicht sogar eine Art Testfeld für bestimmte militärische Vorgehensweisen und Waffensysteme eröffnet. Auf einer Waffenmesse, die ich einmal besuchte, um dort Aufnahmen für einen Film über den Irak zu machen, konnte man sehen, wie anwesende Unternehmen ihre Waffensysteme vorstellten und damit warben, wo man die Waffen bereits in Kriegen erfolgreich eingesetzt hatte.
Netanyahus Ziel, wie er selbst bei jeder Gelegenheit wiederholt, ist die Zerstörung der Hamas, was nach fast einem Jahr Krieg und über 41 800 Toten (Stand 4. 10. 2024) und Tausenden von Vermissten und Verletzten nicht gelungen ist. Jetzt sehen wir, was im Libanon geschieht, wo Israel offenbar das gleiche Ziel gegen die Hisbollah hat und mit denselben Methoden vorgeht. Warum macht Netanyahu den gleichen Fehler noch einmal?
Auch wenn er in der Öffentlichkeit etwas anderes sagt, wird er wissen, dass diese Strategie nicht aufgeht, auch wenn die israelische Armee den Generalsekretär der Hisbollah Hassan Nasrallah bei einem massiven Bombardement in Beirut getötet hat.
Viele Beobachter, Analysten, Militärs – auch in Israel – sagen, dass Netanyahu kein anderes Ziel habe, als den Krieg in die Länge zu ziehen. Die israelische Armee hat auch die Möglichkeiten dazu. Warum? Weil die USA sie bis zu den Haarspitzen bewaffnet haben und unterstützen. Israel hat nun zwei Bataillone mit Reservisten einberufen. Netanyahu glaubt auch, wenn Donald Trump an der Regierung sei, würde er mehr Unterstützung bekommen, oder er rechnet zumindest damit, was nicht auszuschliessen ist. Sollte das so sein, wird es zu einer Auseinandersetzung mit dem Iran kommen. Der Iran hat schon auf die Ermordung von Nasrallah mit einem grossen Raketenangriff auf Israel reagiert. Netanyahu will jetzt zurückschlagen – man muss mit einem regionalen Krieg rechnen. Genau das scheint auch das Ziel Netanyahus zu sein, Krieg gegen den Iran, an dem sich die USA – zur Verteidigung Israels und der eigenen US-Interessen – beteiligen sollen. Der Tod von Nasrallah biete die «Chance auf eine regionale Neuordnung», so Netanyahu. Er meint: mit den arabischen Golfstaaten gegen Iran. Das ist ganz auf der Linie westlicher Politiker. Jürgen Hardt, der aussenpolitische Sprecher der CDU, sagte kürzlich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, Deutschland müsse dafür sorgen, dass Saudi-Arabien mit Israel und weiteren Golfstaaten im Kampf gegen den Iran zusammenkomme. Und Wolfgang Ischinger, langjähriger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, sagte im Interview mit dem gleichen Sender, Israel kämpfe für eine «regionale Neuordnung», was auch im westlichen Interesse sei. Es geht also um Krieg im Interesse der Geopolitik.
Das ist genau das, was Iran nicht will. Er will keinen Krieg, sondern eine friedliche zivile Entwicklung in der Region. Der Iran kritisiert vor allem die USA und manche europäischen Länder, die in der Region die Kontrolle übernehmen wollten. Das führe zu Konflikten und Kriegen – sie sollten gehen, sie sollten die Region verlassen. Der Iran ist mit China und Russland verbündet, um sich im Fall von Angriffen wehren zu können, und will so einen grossen regionalen Krieg verhindern. Iran, Russland, China und andere Staaten streben eine andere Weltordnung an, allerdings keinen Krieg. Wenn man die regionale und internationale Perspektive einnimmt, ist zu sehen, dass die Region keine Kriege will, sondern politische Kooperation und Wiederaufbau. Israel will durch die Kriege seine Position stärken, nicht politisch, aber es bekommt offensichtlich von den westlichen Staaten so grosse Unterstützung dafür, dass es sich auch irgendwie lohnt. Israel hat natürlich auch Verluste durch den Krieg und Abwanderungen von Firmen und der Bevölkerung. Das wird man wahrscheinlich kalkuliert haben. Wenn es tatsächlich einen Waffenstillstand gibt, kann man nachher wieder aufbauen. Für mich stehen die Zeichen eher auf einer Ausweitung und einem langen Krieg, nicht nur im Libanon und Gaza, sondern auch gegen Syrien und Irak. Bemerkenswert ist eine gemeinsame Erklärung von Ägypten, Jordanien und Irak, dass man Israel zwingen muss, diesen Krieg zu beenden. Und interessant ist auch, dass gerade jetzt der iranische Präsident an einem Treffen des Asien- Kooperationsdialogs (ACD) in Doha teilgenommen hat, dem 35 Staaten in Asien angehören. Auch wenn diese Staaten den westlichen Block zu nichts drängen können, ist es doch wichtig, dass man spricht, dass man einen regionalen Dialog mit seinen direkten Nachbarn führt. Das ist die Linie des Iran. Das ist eine grundsätzliche Voraussetzung für strategische Sicherheit in der Region.
Wie könnte das gelingen?
Der Uno-Sicherheitsrat hat die Möglichkeit und angesichts dessen, was geschieht, auch die Pflicht, Strafmassnahmen gegen Israel zu verhängen: Androhung einer militärischen Intervention (Kapitel VII der Uno-Charta), militärische oder wirtschaftliche Sanktionen – es gibt eine Reihe von Strafmassnahmen, denen Israel sich beugen müsste. Dazu wäre aber eine Einigkeit im Sicherheitsrat nötig, die aber mit der Position von Frankreich, Grossbritannien und den USA auf der einen sowie Russland und China auf der anderen Seite nicht zu erreichen ist. Letztere werden für das Scheitern im Sicherheitsrat verantwortlich gemacht. Dazu gehört natürlich auch die mediale Darstellung, besonders in den Ländern, die den Krieg unterstützen.
Wenn Israel gegen all diese Länder in der Region Krieg führen will, wie soll das gehen?
Die USA haben Flugzeugträger losgeschickt. Der eine ist im Arabischen Golf, der andere soll jetzt ins Mittelmeer fahren. Zusätzlich haben sie die Truppenstärke erhöht. Offiziell sind jetzt 40 000 Soldaten in der Region auf verschiedenen Stützpunkten, und sie haben diese Zahl nochmals erhöht. Sollten die USA tatsächlich in die Auseinandersetzung militärisch eingreifen, wird dort vieles «in die Luft fliegen».
Wenn die USA eingriffen, wären sie in zwei Kriege verwickelt, die möglicherweise lange andauern könnten. Als eigentlicher Feind der USA gilt China. Die USA haben doch auch limitierte Kapazitäten?
Deshalb brauchen sie die Unterstützung der Nato. Deshalb brauchen sie das Geld der arabischen Golfstaaten. Man kann im Moment zusehen, wie die USA vorgehen. Die arabischen Golfstaaten, die sich auf der einen Seite den BRICS-Staaten angeschlossen haben, bei der Shanghai Kooperation mitmachen, Vereinbarungen mit China haben, die werden jetzt von Washington abgeworben, vor allem die Arabischen Emirate, Katar und Saudi-Arabien haben Angebote für Sonderverträge von den USA bekommen. Dabei handelt es sich um Visumserleichterungen, neue Rüstungssysteme für Saudi-Arabien und einen speziellen Status als militärische Partner. Mit solchen Angeboten versuchen die USA, die Länder gegen Iran und gegen China auf ihre Seite zu ziehen. China und BRICS arbeiten anders. Im Oktober findet der BRICS-Gipfel statt, da wird man sehen, was diskutiert wird. Die Organisation arbeitet nicht mit Militarisierung, sondern mit Kooperation im Bereich der Wirtschaft und des Handels, auch um ein Gegengewicht zum Dollar zu schaffen.
Es gab doch unter Vermittlung von China eine Annäherung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Ist es bei dieser Entwicklung den USA noch möglich, Saudi-Arabien auf ihre Seite zu ziehen?
Die Golfstaaten werden sich wahrscheinlich weder auf die eine noch auf die andere Seite ziehen lassen. Bei den Vereinigten Arabischen Emiraten ist es eher unsicher. Sie haben sehr enge Beziehungen zu Israel, Katar und Saudi-Arabien und suchen nach einer gewissen Unabhängigkeit. Der saudische Aussenminister legte am Rande der Uno-Vollversammlung einen Plan vor, wie die Zwei-Staatenlösung zwischen Israel und Palästina erreicht werden soll. Es geht um eine Globale Allianz, die Mitte September der Organisation für Islamische Kooperation und der Arabischen Liga vorgeschlagen wurde. Sie wird von europäischen Staaten unterstützt. Die Saudis bekommen Angebote von China. China ist der grösste Abnehmer für das Öl aus Saudi-Arabien. China bezahlt gut und schnell. Es hat im Entwicklungsbereich andere Angebote, als es die Amerikaner haben. Saudi-Arabien liess verlauten, dass es keine Zusammenarbeit mit Israel geben werde, solange es keinen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt gibt. Das ist im Augenblick die Position, die muslimische und arabische Staaten betonen.
Dann scheint das wohl eher Wunschdenken der USA zu sein …
Die USA versuchen, weitere Bündnispartner, wie die Franzosen und die Deutschen zu finden, um ihre Pläne für die Region mit Israel zu erreichen. Bei dem vorhin erwähnten Gespräch mit dem CDU-Politiker hiess es dann, Deutschland müsse mit Israel enger kooperieren und solle überlegen, ob die Bundeswehr nicht Israel schützen könne. In gewisser Weise entspricht das auch dem Vorschlag der deutschen Aussenministerin, sich an einer Schutztruppe in Gaza, die Schutz für Israel sichern soll, zu beteiligen.
Nach Aussagen von Antony Blinken darf sich Israel im Kampf gegen die Hisbollah auf das Selbstverteidigungsrecht berufen. Die offizielle Darstellung lautet, dass die Hisbollah Israel mit Raketen angegriffen und provoziert habe und sich Israel nur selbst verteidige. Wie ist das zu sehen?
Man kann immer nur darauf hinweisen, dass die «Blaue Linie» von 2006 bis 2023 weitgehend ruhig war. Israel hat eine Mauer gebaut und einen Zaun gezogen und versucht, die Vegetation entlang der «Blauen Linie» durch Feuer oder Umpflügen zu zerstören. Israel baute Lausch- und Überwachungsanlagen. Das führte nicht zu schweren militärischen Konflikten, bei denen Tote zu beklagen waren. Im Gegenteil, von libanesischer Seite hat man begonnen, vieles, was 2006 zerstört wurde, wieder aufzubauen.
Nach der Operation am 7. Oktober stellte sich die Hisbollah als Verbündeter die Frage, was zu tun ist, um Gaza, die Palästinenser und die Hamas zu unterstützen. Die Hisbollah war und ist nicht an einem grossen Krieg interessiert. Sie hat sich entschieden, die militärische Infrastruktur der Israelis anzugreifen, um sie zu schwächen, damit Israel die Kapazitäten, die es im Norden gibt, nicht gegen Gaza einsetzen kann. Der nun von Israel ermordete Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, hat immer wieder erklärt, man werde das sofort beenden, wenn es einen Waffenstillstand in Gaza gebe. Ich sagte ja schon, als es im November 2023 diesen einwöchigen Waffenstillstand gab, war die «Blaue Linie» ruhig, die Hisbollah hat sich an den Waffenstillstand gehalten. Dieser Umstand kommt in den hiesigen Analysen kaum vor. Aber selbst die Unterhändler gingen darauf ein und sagen bis heute, die Front gegen den Libanon beruhigt sich, wenn es in Gaza einen Waffenstillstand gibt. Das heisst, man hat die Ankündigung der Hisbollah ernst genommen. Vorletzte Woche hat Nasrallah das nochmals wiederholt: «Mit diesem Pager-Angriff sind wir schwer getroffen worden, und dennoch werden wir die Unterstützungsfront für Gaza fortsetzen. Sie hört in dem Moment auf, wenn es einen Waffenstillstand in Gaza gibt.» Dabei hat er Netanyahu und Gallant direkt angesprochen. Als Antwort wurde er ermordet.
Welche Bedeutung hat die Hisbollah im Libanon?
Wer den Libanon kennt und ohne Scheuklappen das Land anschaut, der weiss, dass diese Organisation sozial, politisch und wirtschaftlich eine tragende Säule der ganzen Gesellschaft ist. Der Libanon hat grosse politische und wirtschaftliche Probleme, aber die Unterstützung, die es von der Hisbollah im Bereich von Schulen, Krankenhäusern, aber auch wirtschaftlich gibt, wird von anderen Parteien nicht geleistet. Die Hisbollah ist mit vielen Sitzen im libanesischen Parlament vertreten und wird nicht nur von den Schiiten gewählt. Man spricht immer von einer schiitischen Miliz, das ist so nicht richtig. Es gibt Kooperation mit Christen, Sunniten, Drusen. Wenn man den Libanon in diese Schablonen zwängt, dann passen diese Vorurteile. Aber das ist nicht die Realität.
Ist es nicht so, dass Israel in den letzten zehn bis zwanzig Jahren ständig den libanesischen und syrischen Luftraum verletzt hat?
Ja, es hat den Luftraum Libanons genutzt, um Angriffe gegen Syrien zu fliegen, was gegen das Völkerrecht verstösst. Israel macht ständig Überflüge auch mit Drohnen und beobachtet das Land. Die Telefone werden abgehört. In Mobiltelefone hackt es sich bei Journalisten oder bei humanitären Arbeitern mit der Software Pegasus ein. Man kann es drehen und wenden, wie man will, Israel respektiert die Souveränität anderer Staaten nicht.
Was bedeutet das für die libanesische Bevölkerung, die tagtäglich mit diesen Vorgängen konfrontiert ist?
Ich habe viele Freunde und Bekannte im Libanon, die mich aktuell mit schrecklichen Bildern versorgen, selbst sehr beunruhigt sind und unter grossem Stress stehen. Für die Jugendlichen bedeutet das, dass sie nicht zur Schule gehen können. Die Universitäten sind auch geschlossen und werden als Notunterkünfte gebraucht. Junge Menschen, die Prüfungen an der Universität hätten oder die sich auf das Abitur vorbereiten, haben keinen Unterricht, müssen ihre Wohnorte verlassen und sind in einer völlig unsicheren Situation. Manche sind bei Verwandten untergekommen, manche haben mit Hilfe ihrer Verwandtschaft, die im Ausland lebt, Häuser oder Ferienwohnungen in den libanesischen Bergen oder im Norden gemietet. Bei einem Bekannten wohnen 15 Leute an einem Ort, eine Familie mit ihren Kindern, Geschwistern, Onkeln und Tanten. Mit Hilfe von Verwandten konnten sie zwei grosse Wohnungen in den libanesischen Bergen mieten, um erst einmal zur Ruhe zu kommen. Die wenigsten haben diese Möglichkeit, wenn sie keine Angehörigen haben, die ihnen weiterhelfen können. Auch hat der Staat bisher den Weizen mit Hilfe des Welternährungsprogramms subventioniert. Das Programm ist ausgelaufen und die finanzielle Unterstützung für Weizen und Brot ist aufgehoben. In dieser Krisensituation wird nun auch noch das Brot teurer. Die Subventionen für Medikamente sind schon lange aufgehoben. Durch die Angriffe sind die Krankenhäuser völlig überlastet. Hilfe bekommt der Libanon von Iran und Irak. Syrien hat Verletzte und mehr als 100 000 Flüchtlinge aufgenommen – auch Syrer, die im Libanon Schutz vor dem Krieg in Syrien gesucht hatten. Nun hat Israel die Strasse zu dem wichtigsten Grenzübergang Al Masnaa bombardiert und unbrauchbar gemacht.
Das ist doch eine menschliche Katastrophe, und der Westen schweigt. Wo führt das hin?
Natürlich weiss niemand, wie es weitergehen soll, weil die Angriffe nicht nur im Norden stattfinden. Es sind schon über 100 syrische Flüchtlinge bei der Bombardierung der Bekaa-Ebene umgekommen, wo viele Flüchtlingslager sind.
Beirut wird Nacht für Nacht bombardiert mit den schwersten 2000 Pfund-Bomben, mit weissem Phosphor werden vor allem die südlichen Wohnviertel von Beirut in Schutt und Asche gelegt und der Boden wird verseucht. Gigantische Feuerbälle und Wolken liegen über den Wohnvierteln, es ist eine dramatische Situation. Jetzt kommt der Winter, die Regenzeit, für die vertriebenen Menschen wird das Leben zur Katastrophe.
Wird der am Dienstag begonnene Einmarsch Israels in den Libanon ein zweites Gaza werden?
Das ist das Ziel Israels. Die Aufrufe zur Evakuierung – angeblich zum Schutz der Bevölkerung – gleichen dem Vorgehen der israelischen Armee in Gaza. Nicht nur die Bewohner im Südlibanon auch die Bewohner der Dörfer um Tyros, die ganze Stadt Nabatieh und die Bewohner der südlichen Vororte von Beirut wurden von Israel aufgefordert, die Gebiete zu verlassen. Die Begründung ist, in den Gebäuden befänden sich Hisbollah-Zentralen, die Israel bombardieren werde. Damit folgt die israelische Armee dem Angriffsmuster in Gaza, wo seit einem Jahr Angriffe auf zivile Infrastruktur, Schulen, Kliniken, Notunterkünfte damit begründet werden, dass sich dort Hamas-Kommandozentralen befänden. Belege dafür gibt es ebenso wenig, wie für die Angaben der israelischen Armee, dass sich in den libanesischen Dörfern und Häusern, die von Israel angegriffen werden, Hisbollah-Waffen und Abschussrampen befänden. Tatsächlich aber wird die Zivilbevölkerung in ihren Häusern, auf den Strassen angegriffen. Ziel der Angriffe sind nicht Kämpfer, sondern Menschen, ungeschützte Familien, Kinder, Alte, Kranke.
Zu der angeblichen Bodenoffensive ist zu sagen, dass der Versuch eines militärischen Einmarsches entlang der «Blauen Linie», die Libanon und den Norden Israels trennt, gescheitert ist. Die israelischen Soldaten wurden von der Hisbollah abgewehrt. Am Fatima-Tor und bei Maroun a-Ras liessen die israelischen Truppen Panzer zurück, mindestens 20 Soldaten wurden getötet und mehr als 30 Soldaten wurden – auch nach Angaben der israelischen Armee – verletzt. Die israelische Seite spricht von 250 getöteten Hisbollahkämpfern in vier Tagen. Tatsache ist, dass die Hisbollah täglich 100 Raketen und mehr in den Norden Israels feuert. Sirenenalarm prägt den Alltag der Israelis, die in Bunker laufen oder das Land verlassen.
Frau Leukefeld, vielen Dank für das Gespräch.
Interview Thomas Kaiser
Gedanken zum Frieden
Präambel der Uno-Charta
Wir, die Völker der Vereinten Nationen – fest entschlossen,
• künftige Geschlechter vor der Geissel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat,
• unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob gross oder klein, erneut zu bekräftigen,
• Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können,
• den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in grösserer Freiheit zu fördern,
und für diese Zwecke
• Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben,
• unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren,
• Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird, und
• internationale Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern – haben beschlossen, in unserem Bemühen um die Erreichung dieser Ziele zusammenzuwirken.
zif. Wer Mitglied der Uno ist, hat sich mit den Grundsätzen, die in der Präambel der Charta festgehalten sind, einverstanden erklärt und sich verpflichtet, diese zu beachten und zu fördern.
Jeder bewaffnete Konflikt fordert Menschenleben und führt bei den Hinterbliebenen auf beiden Seiten zu Trauer, Schmerz und Verzweiflung.Nur friedliche Lösungen im Sinne des Geistes der Uno-Charta, der Menschenrechte sowie des humanitären Völkerrechts geben Hoffnung.
veröffentlicht am 10. Oktober 2024
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
unser weiterer Kommentar: Auch die Präambel der Uno-Charta ist nicht durch eine sog. Regelbasierte Ordnung zu ersetzen.
amerika21.de, 09.10.2024 Guatemala / Israel / Politik / Militär, Von Thorben Austen, Quetzaltenango kommunisten.de
Die herrschenden Klassen Guatemalas und Israels verbindet eine lange Freundschaft
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Am 16. Mai 2018 weihten Guatemalas Präsident Morales und Israels Premier Netanjahu die Botschaft in Jerusalem ein
Quelle: minex.gob.gt
36 Jahre, von 1960-1996 tobte in Guatemala der Bürgerkrieg. Die rechten (Militär)regierungen jener Jahre konnten sich die meiste Zeit der Unterstützung durch die USA sicher sein. Diese hatten tatkräftig am Sturz des progressiven Präsidenten Jacobo Árbenz mitgewirkt und damit den Bürgerkrieg ausgelöst. Die Unterstützung war allerdings nicht uneingeschränkt.
1977 musste US-Präsident Jimmy Carter nach öffentlichem Druck aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in dem mittelamerikanischen Land die Militärhilfen vorübergehend einstellen. Israel sprang ein.
Im September 1980 machte Elías Barahona ein erstes Ausmaß der israelischen Militärhilfe öffentlich. Barahona war Mitglied der Guerillaorganisation Guerillaarmee der Armen (EGP) und hatte seit 1976 als Sprecher von Innenminister Donaldo Álvarez Ruiz das Ministerium infiltriert und Informationen über geplante Militäraktionen an die Guerilla weitergegeben. 1980 floh er außer Landes. Laut Barahona sollen in Absprache mit den USA seit 1977 50.000 Galil-Gewehre, 1 Million Patronen, 15 Arava-Flugzeuge, fünf Hubschrauber, tausend Maschinengewehre und 100 Dreibein-Maschinengewehre aus Israel geliefert worden.
"Während der Regierungszeit von Rios Montt kam es zu mehreren Massakern, die auf staatlich geförderte Gewalt zurückzuführen waren. Das berüchtigtste fand im Dorf Dos Erres statt. Während des Massakers töteten Soldaten brutal alle Einwohner bis auf vier, die entkommen konnten. Die Leichen der Dorfbewohner wurden im Dorfbrunnen entsorgt. Während einer 1999 von der UN-Wahrheitskommission angeordneten Untersuchung des Massakers entsprachen alle ballistischen Beweise, die sichergestellt wurden, Geschosssplittern von Schusswaffen und Patronenhülsen von Galil-Gewehren, die in Israel hergestellt wurden."1
Des Weiteren hat Israel Guatemala nach Presseberichten mit einem elektronischen Überwachungssystem ausgerüstet, das Anfang der 1980er Jahre 80 Prozent der Bevölkerung Guatemalas erfasste. Mittels Computertechnik konnten die Sicherheitskräfte den Strom- und Wasserverbrauch erfassen und überdurchschnittlichen hohen Verbrauch feststellen, was Rückschlüsse auf Unterkünfte von Guerillaeinheiten im Großraum der Hauptstadt gab. Angeblich sollen Sicherheitskräfte auf diese Weise im Juli und August 1981 30 "sichere Häuser" der Guerilla ausfindig gemacht haben.
1982 sollen sich bis zu 300 israelische Militärberater im Land aufgehalten haben. Diese sollen insbesondere zu einem konsequenten Vorgehen der Armee gegen die indigene Bevölkerung geraten haben, die so "zu behandeln sei, wie wir die Palästinenser behandeln, niemandem ist zu trauen" und vergleichbare Aussagen sind als Ratschläge aus jenen Jahren überliefert.
Die Beratertätigkeit soll Schulungen in Geheimdienstätigkeit und Überwachung sowie städtische Aufstandsbekämpfung umfasst haben. Desweiteren sollen israelische Spezialisten mit Mitteln der US-Entwicklungsbehörde USAID, "Folter-Workshops" gegeben haben, neben Teilnehmern aus Guatemala auch für Personen aus Honduras und Contras aus Nicaragua. Hochrangige Offiziere aus Guatemala sollen desweiteren Verhörkurse in Tel-Aviv besucht haben, ebenfalls mit Mitteln der USAID.
Strittig ist in Guatemala, welchen Charakter die Militäraktionen spätestens ab 1982 annahmen. Offiziell ging es um die Bekämpfung der Guerilla, unstrittig ist, dass es ab spätestens 1982 zu großangelegten Massakern an der Indigenen Bevölkerung gekommen war. Fraglich ist daher, ob das Motiv der Armee noch eine Aufstandsbekämpfung war mit dem Ziel der Guerilla die Basis zu entziehen, oder ob es sich um einen kalkulierten Völkermord gehandelt hat.
Ein Mitarbeiter des Gedenkmuseums Casa de la Memoria in Guatemala-Stadt erklärte Anfang des Jahres gegenüber dem Autor, von 1978 bis 1985 hätten die Militäraktionen das Ausmaß eines geplanten Völkermordes angenommen, mit dem Ziel die Indigene Bevölkerung "auszurotten oder zumindest zahlenmäßig stark zu schwächen". Vorangegangen waren "soziologischen Untersuchungen und Umfragen unter der weißen Oberschicht des Landes". Überwogen habe die Forderung nach einer "Ausrottung" der indigenen Bevölkerung, aus rassistischen Motiven und aus Angst vor einer massenhaften militanten Erhebung der "Indios".
Heute ist der Bürgerkrieg in Guatemala seit 28 Jahren beendet. Zwar konnte die Guerilla in den Friedensverhandlungen Rechte für die Indigene Bevölkerung durchsetzen, zentrale Fragen wie die extrem ungleiche Landverteilung konnten aber maximal partiell verändert werden. Auch unter dem sozialdemokratischen Präsidenten Bernardo Arévalo hat sich daran bisher nichts geändert, gewaltsame Vertreibungen gehen weiter.
Im Landraub und im mühsamen Kampf für Land lassen sich durchaus Parallelen der Situation im Westjordanland erkennen. Die Arte-Dokumentation (https://www.arte.tv/de/videos/115493-002-A/re-ein-palaestinensisches-dorf-kaempft-um-seine-zukunft) "Farkha-Ein palästinensisches Dorf kämpft um seine Zukunft" zeigt eindrucksvoll wie die Einwohner versuchen juristisch Eigentumstitel für ihr Land vorzuweisen, vor dem Hintergrund immer weiter vorrückender israelischer Siedlungen.
Vergleichbares spielt sich auch in Guatemala ab. Immer wieder vertreiben Sicherheitsdienste privater Unternehmen, vor allem der prosperierenden Palmölindustrie, Menschen von ihrem Land. In anderen Fällen gibt es juristische Auseinandersetzungen, in mehreren "Wellen" wurde Gemeindeland enteignet und privatisiert, den Anfang machen die "liberalen Reformen" der 1870er Jahre, auch während des Bürgerkrieges eigneten sich Militärs Länder an, von denen die Bewohner vertrieben wurden oder vor den Massakern geflohen waren.
Die Freundschaft zwischen den herrschenden Klassen Israels und Guatemalas hält derweil an. 2018 folgte Guatemala unter Präsident James Morales dem Beispiel von Donald Trump und verlegte seine Botschaft in Israel nach Jerusalem. Ein Affront gegen die Arabische Welt, in der (Ost)Jerusalem als Hauptstadt des Staates Palästina angesehen wird. Die Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten erkennen Jerusalem nicht als israelische Hauptstadt an.
Nach der militärischen Eskalation in Gaza nach dem 7. Oktober 2023 stimmte Guatemala unter Präsident Alejandro Giammattei in der UNO mit jeweils wenigen anderen Staaten zweimal gegen einen Waffenstillstand.
In der UN-Generalversammlung am 27. Oktober 2023 stimmte Guatemala als eines von 14 Ländern gegen die Forderung nach einer "Einstellung der Feindseligkeiten im Gazastreifen mit einem sofortigen und dauerhaften humanitären Waffenstillstand".
Ebenso am 12. Dezember 2023. Guatemala gesellte sich zu den zehn Staaten, die in der UN-Vollversammlung die Resolution für einen "sofortigen humanitären Waffenstillstand" im Gazastreifen, die "sofortige Freilassung aller Geiseln" sowie die "Gewährleistung des humanitären Zugangs" ablehnten.
Der aktuelle Staatspräsident Bernardo Arévalo traf sich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit der israelischen Delegation. Kritik am israelischen Vorgehen in Gaza, von anderen progressiven Staatschefs Lateinamerikas deutlich geäußert, kam von ihm nicht. Arévalo betonte lediglich seine "pazifistische Grundhaltung".
Im Mai 2024 stimmte Guatemala bei der UN zwar für die Vollmitgliedschaft Palästinas in dem Gremium, mit 142 anderen Ländern weltweit, darunter nahezu allen lateinamerikanischen. Diese vergleichsweise harmlose Ja-Stimme brachte der Regierung Arévalo sofort die Kritik aller relevanten Parteien des rechten Parteienspektrums ein, auf keine innenpolitische Maßnahme Arévalos wurde bisher von "rechts" so geschlossen und aggressiv reagiert (amerika21 berichtete).
Bei einer Abstimmung am 18. September 2024, in der Israel aufgefordert wurde die besetzten Gebiete zu räumen, enthielt sich Guatemala, obwohl die meisten anderen lateinamerikanischen Staaten dafür stimmten2
In diesem Klima ist in Guatemala die Solidaritätsbewegung für die Rechte des palästinensischen Volkes klein. Gingen und gehen in anderen Lateinamerikanischen Staaten regelmäßig zehntausende gegen den Völkermord in Gaza auf die Straßen, gab es bisher in Guatemala nur einige kleinere Veranstaltungen in der Hauptstadtregion, die von der ehemaligen Guerilla URNG, der palästinensischen Gemeinde und kleineren Organisationen durchgeführt werden. Auch die Landarbeiterorganisation Codeca hat sich mehrfach öffentlich gegen "Völkermord" positioniert.
Insgesamt bleibt das Engagement in diesem Bereich aber schwierig. Studentische Aktivisten einer kleinen, kulturellen Solidaritätsaktion in geschlossenen Räumen in Quetzaltenango berichtetem gegenüber dem Autor, auf die Ankündigung sei in der Universität sofort aggressiv und beleidigend reagiert wurden, weshalb die Aktivisten öffentliche Aktionen nur für "schwer durchführbar" halten.
Der Beitrag erschien zuerst bei kommunisten.de
Info: https://amerika21.de/analyse/271602/israel-und-guatemala-brueder-im-geiste
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
Arte-Dokumentation "Farkha-Ein palästinensisches Dorf kämpft um seine Zukunft"
Info: Video https://www.arte.tv/de/videos/115493-002-A/re-ein-palaestinensisches-dorf-kaempft-um-seine-zukunft Dauer 30:04 min
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freedert.online, 13 Okt. 2024 13:07 Uhr, Von Astrid Sigena
Kurz vor dem 80-jährigen Jahrestag der Niederringung des Nazismus findet im beschaulichen Emsland ein Gedenkwettlauf statt, den die Russen nur verlieren können. An dem Ort, wo die Russen ruhen, werden die neuen Waffenbrüderschaften beschworen – gegen die Russen versteht sich.
Einer der westlichsten Landkreise Deutschlands, das Emsland, ist bekannt für seine Abgeschiedenheit und seine Moore. Das wussten auch die Nationalsozialisten zu nutzen, und errichteten schon früh an diesem abgelegenen Flecken Erde Konzentrationslager (die "prominentesten" Häftlinge dürften Carl von Ossietzky und August Landmesser gewesen sein – der Hamburger Arbeiter, der – einem ikonischen Bild zufolge – den Hitlergruß verweigerte). Das bekannte Widerstandslied "Wir sind die Moorsoldaten" entstand 1933 im Lager Börgermoor.
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs kamen auch nicht deutsche Gefangene in die insgesamt 15 Emslandlager, Kriegsgefangene aus aller Herren Länder – so weit die Wehrmacht eben kam. Auch Widerstandskämpfer aus Westeuropa waren Häftlinge der Emslandlager.
Vucic: Verbot der Teilnahme Russlands an Auschwitz- Befreiungszeremonie "pervers"
Eine besondere Beziehung hat das Emsland aufgrund dieser schmerzlichen Vergangenheit heute vor allem mit zwei Ländern: Polen und (als Rechtsnachfolger der Sowjetunion) Russland.
Polnische Offiziere waren schon früh unter den in den Emslandlagern gefangen gehaltenen Menschen. Mit dem von der Wehrmacht niedergeschlagenen Warschauer Aufstand von 1944 kamen auch polnische Soldatinnen der Heimatarmee als Gefangene ins Emsland, unter anderem auch Schwangere. Sofern sie die letzten Kriegsmonate überlebten, wurden sie und ihre Kinder im April 1945 von polnischen Soldaten befreit.
Ja, genau, richtig gelesen! Polnische Soldaten (vor allem die Erste Polnische Panzerdivision) kämpften im April 1945 zusammen mit kanadischen Einheiten siegreich gegen die Wehrmacht. Die Polen bekamen sogar ein eigenes kleines Besatzungsgebiet, um die befreiten Polen aus den Lagern als Displaced Persons unterzubringen. So wurde beispielsweise aus dem kleinen Emsstädtchen Haren für drei Jahre das polnische Maczków (benannt nach dem polnischen General).
Für alle Insassen der Emslandlager waren die Lebensbedingungen hart, vor allem aber für die zehntausenden sowjetischen Kriegsgefangenen, die im Laufe des deutsch-sowjetischen Krieges zu "Moorsoldaten" wurden. Ihre Lebensumstände waren besonders grausam. Viele kamen durch Hunger oder durch Vernachlässigung bei der Versorgung mit allem Lebensnotwendigen, durch Kälte oder durch vermeidbare Krankheiten ums Leben. Manch einer wurde auch nach einer gescheiterten Flucht hingerichtet.
Vernutzte Elendsgestalten (man muss es leider so sagen), also Menschen aus der Sowjetunion, die man in anderen Teilen des Reiches durch die unmenschliche Arbeit in den Bergwerken oder bei Schanzarbeiten zugrunde gerichtet hatte, kamen in die zwei "Sterbelager", die das NS-System für solche Fälle im Emsland eingerichtet hatte. Dementsprechend ist das Emsland übersät mit sowjetischen Kriegsgräberstätten (manchmal ganz einfach "Russenfriedhof" genannt), wo jeweils hunderte bis zehntausende Soldaten der Roten Armee ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Die meisten anonym in Massengräbern (insgesamt dürften 14.000 bis 26.000 tote sowjetische Soldaten dort liegen).
RT
Umso wichtiger ist es heutzutage, dass die Menschen, die der Nationalsozialismus als ausnutzbare, bei Defekt wegwerfbare Fleischmasse für die Kriegsproduktion betrachtete, wieder einen Namen, manchmal auch eine Biografie oder ein Foto bekommen. Eine Initiative von emsländischen Ehrenamtlichen, der Gedenkstätte Esterwegen und der Gemeinde Geeste in Zusammenarbeit mit der russischen Online-Plattform OBD Memorial kümmert sich darum, aus Menschenmaterial wieder eine Persönlichkeit zu machen. Besonders wichtig im Sinne des "Nie wieder!": Auch Schüler des Gymnasiums Haren beteiligen sich an dem Projekt "Den Toten einen Namen geben".
Das Emsland ist also sowohl für Polen als auch für Russen ein wichtiger Gedenkort. Polnische Rentner, die in Maczków oder im Kriegsgefangenenlager geboren wurden, kommen zu Besuch oder Nachfahren der polnischen Soldaten, die als Gefangene oder als Befreier in den äußersten Westen Niedersachsens gelangen. Manchmal kommt es auch zu eher skurrilen Erscheinungen polnischen Gedenkens: So soll eine polnische Dame eine Gedenktafel für ihren Vater errichtet haben, der als Flieger über dem Emsland abgeschossen wurde, sich ein Bein brach, in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet, nach dem Krieg wieder nach Polen zog und dort noch viele Jahre lebte.
RT (Bild)
Schwieriger haben es da (dank der antirussischen Haltung der Bundesregierung mit ihren Sanktionen) die Nachfahren russischer Gefangener, wenn sie im Emsland ihrer Vorfahren gedenken wollen. Reisen aus Russland nach Deutschland sind sehr mühselig geworden. Aber noch findet man auf den "Russenfriedhöfen" auch Blumensträuße und kleine Gedenktafeln, die daran erinnern, dass die toten "Moorsoldaten" auch in ihrer Heimat nicht vergessen sind. Die emsländischen Gemeinden kümmern sich um die Pflege der parkähnlichen Anlagen mit ihren dutzenden Steinen, auf denen das orthodoxe Kreuz zu sehen ist. Ansonsten ist es still geworden um die sowjetischen Kriegsgräberstätten.
Eines fällt aber auf: Polnische Offizielle (auch Militärs) tauchen in den letzten Jahren vermehrt im Emsland auf. Sie gedenken ihrer Toten, feiern aber mit dem Jahrestag der Befreiung des Lagers auch schon mal den polnischen Sieg von 1945 im Emsland vor. In der Nähe der Kriegsgräberstätte Oberlangen, wo nach polnischen Angaben neben bis zu 4000 anonymer sowjetischer Toter auch 3 polnische Gefangene aus der Endphase des Krieges liegen. Insgesamt sind mehr als zweihundert Polen auf verschiedenen Friedhöfen begraben, hauptsächlich Lagerinsassen und Kämpfer.
Gedenkfeier in April 2024Screenshot Neue Osnabrücker Zeitung
Dieses Jahr wurde in einer Ausstellung der Gedenkstätte Esterwegen der glorreichen polnischen militärischen Erfolge gedacht. Und die Lokalzeitung bereitete sogar in einer ganzen Chronik den polnischen Siegesmarsch durchs Emsland auf. Örtliche Vorsteher, wie der Samtgemeindebürgermeister von Lathen Helmut Wilkens, schwören gemeinsam mit polnischen Offizieren das geeinte Europa, das angesichts des "schrecklichen" Angriffskrieges Russlands stark sein muss.
Gesagt, auf dem "Russenfriedhof" stehend, im stillen "Beisein" der sterblichen Überreste der von den Deutschen zu Tode gequälten Tausenden aus dem Land, das heute zum "Angreifer" wurde. Eine weitere "Weisheit": Einer der Gründe für die Ausstellung über die Befreiung durch Polen sei laut Landrat Marc-André Burgdorf die Stärkung des Zusammenhalts der wehrhaften Demokratien gegen die Angriffe Russlands. Soldaten zollt er in "diesen Zeiten" besondere "Hochachtung".
Screenshot NOZ
So geraten die Toten aus dem sowjetischen Raum zunehmend in Vergessenheit. Noch wird in einem kleinen Absatz in den Zeitungsberichten für den aufmerksamen Leser erwähnt, dass auf den Friedhöfen, auf denen die Polen ihre Siege feiern und die neue Waffenbruderschaft im ukrainischen Krieg zelebrieren, vor allem sowjetische Gefangene liegen. Wer nicht so genau liest (oder den geschichtlichen Hintergrund nicht kennt) dürfte anhand der Überschriften und der Gedenkreden den Eindruck gewinnen, in den emsländischen Massengräbern würden vor allem polnische Gefangene liegen. Zufall oder auftrumpfende polnische Vereinnahmungstaktik im Kampf um das Geschichtsnarrativ? Man fragt sich, was einen im eigentlichen Gedenkjahr 2025 noch erwartet.
Die sowjetischen bzw. russischen Toten des Emslandes sind nicht so glorreich. Sie kamen nicht als Sieger nach Deutschland, so wie ihre Kameraden von der Roten Armee 1944/45, sie hatten einfach das Unglück, in den für die Sowjetunion so schwierigen Anfangsjahren des Krieges von den Deutschen gefangen genommen worden zu sein und wurden dann in den deutschen Lagern zugrunde gerichtet. Sie haben nur an den Niederlagen, nicht an den glänzenden militärischen Erfolgen ihres Landes teilgehabt. Sie haben in den Jahren gekämpft, als der Sieg über den Nationalsozialismus noch ferne lag. Aber dürfen sie deshalb in Vergessenheit geraten? Sollte man ihnen nicht 2025 zurufen: Pobeda! Jungs, letztendlich hat die Sowjetunion doch noch gesiegt!
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
Info: https://freedert.online/meinung/221862-werden-sowjetischen-toten-emslandlager-vergessen
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freedert.online, 13 Okt. 2024 13:51 Uhr
Unter Verweis auf Insider zieht die Bild-Zeitung eine ernüchternde Bilanz von Selenskijs Werbetour durch Europa: keine festen Zusagen zu Langstreckenwaffen, kein schweres Gerät mehr aus Deutschland und ein Schwindel mit "Milliardenpaketen".
Bundeskanzler Olaf Scholz und der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij während der Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in Berlin (Symbolbild)
Die beiden Stippvisiten Wladimir Selenskijs in London und Berlin sollten die Enttäuschung in Kiew nach einer kurzfristigen Absage des Ramstein-Treffens ein wenig abfedern. Doch es kommt für Selenskij trotz neuer Hilfe-Versprechen nichts Substanzielles dabei heraus, stellt das Springerblatt Bild mit Ernüchterung fest.
Nach Absage von Ramstein-Treffen: Selenskij plant Besuch in Berlin
Zum einen habe Selenskij nach wie vor keine positive Antwort auf zentrale Forderungen seines "Siegesplans" erhalten, zu denen eine rasche NATO-Aufnahme und Lieferungen schlagkräftiger Langstreckenwaffen, wie der "Taurus", gehörten. Laut dem in deutschen Medien vielzitierten NATO-affinen "Sicherheitsexperten" Carlo Masala sei die europäische Werbetour aus ukrainischer Sicht ein Misserfolg. Selenskij sei bei seinen Zielen keinen Schritt weitergekommen.
Dazu zitiert das Boulevardblatt auch einen Branchen-Insider, der die deutsche Militärhilfe für die Ukraine dokumentiert. Er hält die Absage des Ramstein-Treffens vonseiten des US-Präsidenten Joe Biden wegen des Hurrikans "Milton" für eine Ausrede. Biden wolle sich im Wahlkampf schlicht nicht mehr zum Russland-Ukraine-Konflikt äußern.
Aber auch Berlin geht trotz gewohnter Solidaritätsbekundungen zunehmend auf Distanz zu Kiew. Die am Freitag angekündigten Waffenlieferungen hätten sich laut Bild als "Ente" erwiesen. Diese seien bereits in der Vergangenheit zugesagt und finanziert worden. "Es gab keine neuen Ankündigungen, keine neuen Hilfen", so der Militärblog German Aid To Ukraine. Kanzler Scholz habe die zuvor von Verteidigungsminister Boris Pistorius verlautbarten deutschen Unterstützungsleistungen einfach noch einmal bekannt gegeben.
"Unsere Herzen sind bei dir" – Scholz sagt Kiew milliardenschwere neue Waffenlieferungen zu
Der Bundeskanzler kündigte am Freitag ein Waffenpaket mit weiteren Luftverteidigungssystemen, Artillerie und Drohnen im Wert von 1,4 Milliarden Euro an. Dieses solle zusammen mit Hilfspaketen aus Belgien, Norwegen und Dänemark geliefert werden.
Es handelt sich allerdings weitestgehend um Verteidigungswaffen, denn offensive "Großgeräte", wie etwa Leopard-2-Kampfpanzer, würden an die Ukraine nicht mehr geliefert. Die Abgabe der Großgeräte sei "abgeschlossen", so die lapidare Formulierung eines internen Dokuments, das Bild vorliegt. Die Ukraine werde zeitnah nicht in der Lage sein, "eine Offensive zur Befreiung des eigenen Territoriums" durchzuführen, so die Einschätzung des Bundesverteidigungsministeriums.
Der TikTok-Kanal TeamBundeskanzler hat am Samstag auf TikTok ein Video zum Selenskij-Besuch im Kanzleramt veröffentlicht. Laut dem Video kam Selenskij mit einem Hubschrauber angeflogen, ein roter Teppich wurde ausgerollt. "Lieber Wolodymyr, Deutschland steht weiterhin fest an der Seite der Ukraine. Der Heldenmut und die Tapferkeit können gar nicht genügend gewürdigt werden", sagt die Stimme des Bundeskanzlers.
Täglich meldet das russische Verteidigungsministerium Vorstöße an mehreren Stellen der Front am südlichen Abschnitt der Donbass-Front. Unter anderem finden Kämpfe in der Stadt Dserschinsk (ukrainisch: Torezk) statt. Darüber hinaus hat die Ukraine zunehmend mit einem Mobilisierungsproblem zu kämpfen. Daher fanden am Freitag und Samstag an verschiedenen Versammlungsorten in der Ukraine Großrazzien nach Männern im wehrfähigen Alter statt. So wurden mehrere Dutzend Männer vor einer Kiewer Konzerthalle von der Polizei festgenommen. Ähnliches geschah auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums im Gebiet Lwow.
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