Das fehlende Assessment: Die Ukraine kann nicht siegen
lostineu.eu, vom 9. November 2023
Die EU will Beitrittsgespräche mit der Ukraine führen – mitten im Krieg. Dafür hat sie alle möglichen Kriterien geprüft – nur nicht die Frage, wie es um den Krieg steht. Dieser Test würde negativ ausgehen.
Kein einziges der zentralen Kopenhagener Kriterien wurde erfüllt, nur vier von sieben spezifischen Länder-Vorgaben hat die Ukraine bisher erreicht. Dennoch will die EU-Kommission nun Beitrittsgespräche führen.
Zur Begründung führt Behördenchefin von der Leyen den „russischen Angriffskrieg“ an. Man dürfe das Land nicht allein lassen, sondern müsse es durch die EU-Perspektive unterstützen.
Ein hehres Motiv, sogar die Linke hat die nun geplanten Verhandlungen begrüßt. Doch wie steht es eigentlich um diesen Krieg? Kann die Ukraine siegen, kann sie alle Gebiete zurückerobern?
Nein, das kann sie nicht. Nicht mit Hilfe der USA, die wichtige Waffen zurückhalten und sich nach und nach zurückziehen. Und erst recht nicht mit der EU, die ihre eigenen Zusagen nicht erfüllt.
Sowohl bei den Waffen als auch bei der Munition liegt Brüssel hinter dem Plan. Eine militärische Strategie hat man auch nicht. Es gibt noch nicht einmal eine Debatte über den Stillstand an der Front.
Die jüngsten Aussagen des ukrainischen Generalsstabschefs sind ebenso wenig in die Bewertung der EU-Kommission eingegangen wie die Warnungen aus der Nato vor leeren Arsenalen.
Die EU-Behörde schweigt auch zu den Gerüchten, dass hinter den Kulissen längst Verhandlungen mit Russland vorbereitet werden. Ihr Assessment ist nicht nur unvollständig, sondern wohl auch unehrlich…
P.S. Der frühere Chef des Nato-Militärkommitees, Tschechiens Präsident Pavel, soll nicht mehr an den Sieg der Ukraine glauben. Die Zeit spiele für Russland, deshalb müsse man nun Verhandlungen einleiten…
P. S. Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ warnt vor einem EU-Beitritt der Ukraine. Die EU solle sich lieber für ein Ende des Krieges einsetzen, schreibt der „Tagesspiegel“
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4 Comments
Thomas Damrau
10. November 2023 @ 08:57Die militärische Lage ist irrelevant – es geht hier um ein weil-nicht-sein-kann-was-nicht-sein-darf. Man muss sich nur das Interview mit Roderich Kiesewetter (CDU) heute früh im DLF anhören ( https://www.deutschlandfunk.de/ist-die-ukraine-eu-reif-interview-mit-cdu-aussenpolitiker-roderich-kiesewetter-dlf-f72109eb-100.html ).
Kiesewetter wird vom Moderator groß als Militär-Experte angekündigt (hat jädient, war sogar Bundeswehr-Offizier). Was dann kommt, hätte auch vom Wehrdienstverweigerer Habeck kommen können:
– keinerlei Einschätzung der militärischen Lage, lediglich die Behauptung, dass die Ukraine ihre eigenen Soldaten schone, während Russland die seinen verheize
– die wie immer vage Andeutung, mehr Waffen und neue Waffensysteme könnten …
– die Forderung, die Waffen, die Bundeswehr an die Ukraine geliefert hat, schleunigst nachzubestellen
– das Zögern des Westens, das Putin immer wieder ermutige
– die Ukraine als Leuchtturm-Projekte, das am Ende sogar Russland und Belarus die Vorzüge der Demokratie vor Augen führen werde
– die Ukraine als Präzedenzfall: Wenn die Ukraine nicht gewinne, werde Putin sich ermutigt fühlen, . Und China werde die durch eine Niederlage der Ukraine demonstrierte Schwäche des Westens als Ermutigung für einen Angriff auf Taiwan sehen.
– die Bedeutung der EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine – weil sonst die UkrainerInnen in Richtung EU auswandern würden (ein Moment der Erkenntnis in diesem Interview)
– aus all diesen Gründen kämen Friedensverhandlungen nicht Frage – Augen zu und durch.Es geht beim Thema Ukraine (zumindest in Deutschland) nicht um eine Analyse der militärischen Lage, sondern um Glaubensbekenntnisse. Und der Glaube versetzt ja bekanntlich Berge – auch wenn es nur Geldberge sind, die auf den Konten der Rüstungsindustrie landen.
Kleopatra
10. November 2023 @ 08:23
Das ist das einzige Argument, das man ernst nehmen kann. Allerdings ist aus grundsätzlichen Erwägungen ein Frieden mit Russland nicht denkbar, nur ein mit einem kalten Krieg verbundener Waffenstillstand. Für Rechtspositionen würde das zum Beispiel bedeuten, dass man mit den von Russland völkerrechtswidrig annektierten Gebieten ebenso umgeht wie z.B. mit Nordzypern: dieses ist nach EU-Auffassung Teil der Republik Zypern, was unter anderem bedeutet, dass Gerichte der Republik Zypern Urteile fällen können, die Grundstücke in Nordzypern betreffen, und diese können dann zivilrechtlich in den übrigen EU-Staaten vollstreckt werden (siehe das EuGH-Urteil von 2009 in der Rechtssache C-420/07, Apostolidis/Orams, ECLI:EU:C:2009:271); mit der absehbaren Folge dass kein in von Russland annektierten Gebieten ansässiges Unternehmen/keine dort ansässige Einzelperson mit der EU Handel treiben könnte. Damit ist gleichzeitig gesagt, dass alle Vorstellungen von einer „Brückenfunktion“ der Ukraine zwischen der EU und Russland Spinnereien sind. Wenn es je eine Chance darauf gegeben haben sollte, hat Russland sie durch seine Aggressionspolitik gegen die Ukraine zerstört; und ohnehin ist es eine Anmaßung, anderen Völkern eine „Brückenfunktion“ vorschreiben zu wollen.
Helmut Höft
9. November 2023 @ 20:48
… nur nicht die Frage, wie es um den Krieg steht. Dieser Test würde negativ ausgehen. Aber, aber wenn doch bald die V-Waffen eingesetzt werden, dann ist doch der unkrainische Endsieg® nicht mehr weit.
Alexander Hort
9. November 2023 @ 18:31
Mir drängt sich bei diesem ganzen „Beitrittsaktionismus“ schon länger der Eindruck auf, dass es politisch, rhetorisch und symbolisch darum geht, den ungünstigen Kriegsverlauf zu kaschieren. Auch wenn der Osten des Landes de-facto russisch wird, kann man immer noch behaupten, dass die „regelbasierte Ordnung“ sich irgendwie durchgesetzt habe, denn dafür steht die EU doch nach eigener Auffassung.
Ob das glaubwürdig ist, ist eine andere Frage.
Info: https://lostineu.eu/das-fehlende-assessment-die-ukraine-siegt-nicht
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
lostineu.eu, vom 9. November 2023
Während sich Frankreich für eine Waffenruhe in Gaza einsetzt und Belgien über Sanktionen gegen Israel nachdenkt, sagt Wirtschafts-Minister Habeck eine Reise nach Portugal ab. Der Grund: Kritik an Israel!
Die Nahost-Debatte läuft in Deutschland völlig anders als im Rest der EU. „Deutschland isoliert sich“, schrieben wir in diesem Blog, nachdem Berlin beim EU-Gipfel in Brüssel alle Rufe nach einer Waffenruhe in Gaza abgeblockt hatte.
Nun erreicht die Isolierung ein neues Level – den Austausch auf Regierungsebene. Wirtschaftsminister Habeck hat eine Reise zu einer Konferenz in Portugal gestrichen, weil dort angeblich antisemitische Umtriebe drohen.
Der Hintergrund: Der Geschäftsführer des Web Summit, an dem Habeck teilnehmen wollte, hatte mit Äußerungen zum Gazakrieg eine Kontroverse ausgelöst und war daraufhin zurückgetreten.
Cosgrave hatte auf X (vormals Twitter) den Kurs der israelischen Regierung kritisiert und unter anderem geschrieben: „Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen, selbst wenn sie von Verbündeten begangen werden.„
Dies und der überraschende Rücktritt des portugisischen Regierungschefs Costa habe Habeck zur Absage bewegt, heißt es in Berlin. Dabei spricht sogar die Uno von Kriegsverbrechen durch Israel!
In Belgien denkt man deshalb sogar über Sanktionen nach. Derweil fordert Frankreichs Staatschef Macron auf einer Gaza-Hilfskonferenz in Paris eine humanitäre Pause und Waffenruhe in Gaza.
Muß Habeck als Nächstes auch eine Reise nach Paris canceln?
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7 Comments
Arthur Dent
9. November 2023 @ 22:45Es gibt keine Wagenknechtpartei. Über den Anteil von Wählerstimmen zu spekulieren hat was von Scholastik. Und politisch links im Sinne von Karl Marx ist in Deutschland niemand. Und das ist auch gut so.
Godfried van Ommering
9. November 2023 @ 20:29
In schönen Sälen von Versailles (?) kommt die politische Elite zusammen für eine Geberkonferenz für Gaza…Teuflisch ist die Gewalt von jeder Seite, teuflisch ist der Zynismus der Wohltätigkeit während zu gleicher Zeit eine Wust von Bomben Menschenleben völlig zerstört. „Wir halten Geberkonferenz, vorzüglich bewirtet übrigens, den Krieg möchten wir nicht wirklich beenden, wie könnten wir auch? Das forderte ja Grundsätzliches von uns, Taten, unmissverständliche konsequente Politik, die Israel zwingt das Morden und Zerstören zu beenden! Undenkbar! Aber stattdessen werden wir wiederum die Milliönchen versprechen!“ Hilfe für Gaza! Geld! Vollkommener Bankrott der Politik.
Godfried van Ommering
9. November 2023 @ 16:39
Aber Frau Baerbock reist, und zwar nach Israël, und das könnte sie gleich unterlassen, denn, hätte sie etwas Ernsthaftes, Dringliches, politisch Bedeutendes zu vermitteln, dann könnte sie daß sofort vom Auswärtigen Amt in Berlin aus vermitteln, dazu gibt es ja „die modernen Kommunikationsmittel“. Aber diese Reisen dienen statt echter Politik; man führt etwas vor, daß auf Tatkraft schließen sollte, wußten wir nicht daß es dazu dient Zeit zu gewinnen, um Israels Militär gewähren zu lassen. Ebenso die Reise, gestern, des niederländischen Herrn Rutte, um mit Freund Netanyahu reden zu können und ihn um „proportionalen Gewalt“ in Gaza bitten. Ich hasse diese verhüllenden, verlogenen Redeweisen, und dann: angesichts dessen was schon von Israel „ mit größtem Sorgfalt keine Zivilisten zu schädigen“ angerichtet worden ist! Aber unsere „Politiker“ kommen in den Medien damit ganz gut weg: sieht doch wie sie sich bemühen, wie sie reisen und reden. Ach, und nun hat der Stoltenberg auch humanitäre Pausen gefordert, Gütesiegel der NATO! Und Frankreich! Während die Menschen in Gaza gnadenlos bombardiert werden einen Friedenskonferenz halten. Nicht politisch maximalen Druck auf Israels Regierung ausüben, nein, konferieren! Mit dem Geldbeutel rasseln! Ich erblicke nur schlimme Darsteller einer Art „Humanität“, wie sie von der VS und der NATO auf den Flügeln der F-16 und F-35 weltweit verbreitet wird. Rutte leistet Vorarbeit für seinen nächsten „Job“.
KK
9. November 2023 @ 23:17„Aber Frau Baerbock reist…“
Ja, sie will im Nahen Osten „diplomatisch vermitteln“. Ausgerechnet!
Die Frau nimmt doch da unten (im „globalen Süden“, also den Resten vom Westen der Welt) sowieso keiner mehr ernst. Da kann man auch einen Elefant Inventur im Porzellanladen machen lassen.
european
9. November 2023 @ 15:26
Es wird wirklich Zeit, dass diese Regierung abgesetzt und diese Politik ohne Sinn und Verstand, dafuer aber nach Gutduenken beendet wird. Eigentlich sollte man nicht einmal mehr warten, bis diese Legislaturperiode zu ende ist. Es ist das nackte Grauen zu beobachten.
Interessant ist die aktuelle Sonntagsfrage fuer Brandenburg.
https://youtu.be/WRtX6YobVuM?feature=shared
Demnach kaeme die Wagenknecht-Partei aus dem Stand auf 21.5 Prozent, gleichauf mit der SPD, die AfD wuerde 10% verlieren, Gruene raus, Gelbe raus, Linke so gerade noch drin.
KK
9. November 2023 @ 16:55„Demnach kaeme die Wagenknecht-Partei aus dem Stand auf 21.5 Prozent, gleichauf mit der SPD, die AfD wuerde 10% verlieren, Gruene raus, Gelbe raus, Linke so gerade noch drin.“
Wenn GRÜN und GELB raus wären, könnten die 43% von SPD und BSW für eine Sitz-Mehrheit reichen (ich fürchte, die LINKE würde aus Prinzip eher eine rote Regierung platzen lassen als ausgerechnet dem BSW eine stärkere Rolle in einer Regierung zuzubilligen als ihr selbst); vielleicht würde so die SPD wieder raus aus der neoliberalen und rein in die soziale Spur kommen.
KK
9. November 2023 @ 14:22
Kann es sein, dass politische Diskurse nur noch unter Gleichgesinnten geführt werden und andere Meinungen noch nicht mal mehr gehört werden wollen? Wie soll so Demokratie funktionieren?
Solche Minister sollten selbst aus der Regierung gecancelt werden, denn sie stehen offenbar nicht mehr auf dem Boden unserer FDGO!
Info:https://lostineu.eu/wegen-kritik-an-israel-habeck-cancelt-portugal
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.