08.12.2023

Nach Protesten: StuPa der Humboldt-Uni weist Juso-Antrag für Solidarität mit Israel zurück

IYSSE an der HU Berlin

wsws.org, vom 24. November 2023

Am Dienstag lehnte das Studierendenparlament (StuPa) der Humboldt-Universität (HU) mit großer Mehrheit einen Antrag ab, der darauf abzielte, Israels Völkermord im Gaza-Streifen zu verteidigen und Kritik daran zu unterdrücken. Viele Besucher nahmen an der öffentlichen Sitzung teil und wiesen die Kriegspropaganda in scharfen Worten zurück.


Die Juso-Hochschulgruppe – der studentische Arm der SPD – hatte versucht, die Kriegspolitik der Netanjahu-Regierung als „Verteidigung“ zu verklären und Protest dagegen als „antisemitisch“ zu verleumden. Der Antrag ging so weit, das Andenken des Holocaust für die Rechtfertigung der Kriegspolitik zu missbrauchen.

Obwohl die Initiative auch von den offen rechten Fraktionen im StuPa unterstützt wurde und mehrere Abgeordnete versuchten, die Debatte bürokratisch abzuwürgen, scheiterte der Antrag. Stattdessen nahm das StuPa einen Antragstext an, der Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus verurteilt und Solidarität mit allen vom Krieg betroffenen Studierenden fordert.


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HU-Studierende protestieren gegen das Massaker in Gaza und das Schweigen der Universitätsleitung, 7. November 2023


Im Vorfeld der StuPa-Sitzung hatte die Hochschulgruppe der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) dazu aufgerufen, den Antrag abzulehnen, und eine intensive Kampagne unter Studierenden geführt. Bereits auf der vorherigen StuPa-Sitzung hatte die IYSSE-Fraktion den Antrag der Jusos öffentlich verurteilt und ein Ende des Genozids gefordert. Dem Aufruf der IYSSE folgten am Dienstag mehrere dutzend Besucher, darunter muslimische und palästinensische Studierende, sowie Angehörige der Black Student Union (BSU) und des Student Collective Berlin. Der Sitzungssaal war so voll wie seit Jahren nicht mehr.

In ihrem Eingangsplädoyer für den Antrag ließ Juso-Sprecherin Thekla M. keinen Zweifel daran, welche rechte Agenda dem Antrag zugrunde liegt. Sie verurteilte explizit einen offenen Brief von Studierenden und Mitarbeitern der Berliner Universitäten und mehrere studentische Protestaktionen, die die Unterstützung der Universitätsleitungen für Israel kritisieren und dazu aufrufen, das Töten zu stoppen.

Derartige Proteste, so die Juso-Sprecherin, hätten zur Folge, dass „sich jüdische Studierende an der Universität nicht mehr sicher fühlen“. In Wirklichkeit beteiligen sich Studierende jüdischer Herkunft gemeinsam mit ihren Kommilitonen weltweit massenhaft an den Protesten und spielen in ihnen eine prominente Rolle.

Gregor Kahl, StuPa-Abgeordneter der IYSSE, wies diese Lügen und den Antrag der Juso-Fraktion in seiner Gegenrede unmissverständlich zurück. Die „Vernichtung und Vertreibung von zwei Millionen Palästinensern“, so Kahl, habe nichts mit Selbstverteidigung zu tun, sondern komme einem Genozid gleich. Die deutsche Regierung habe mit ihrer Unterstützung für diese Politik „nicht den Schutz jüdischen Lebens im Sinn“, sondern wolle „ihren geopolitischen Einfluss in der ganzen Region ausdehnen“.

In der Tradition des Antisemitismus, so der IYSSE-Sprecher, stehen „nicht die Millionen Menschen, die sich weltweit für die Freiheit der Palästinenser einsetzen, sondern die deutsche herrschende Klasse, die das Andenken des Holocaust missbraucht, um neue Verbrechen zu legitimieren und gleichzeitig eine mörderische und rassistische Kampagne gegen Muslime und Geflüchtete fährt“. Abschließend rief Kahl alle Abgeordneten dazu auf, den Antrag der IYSSE-Fraktion zu unterstützen, der den Genozid in Gaza verurteilt und herausstellt, welche zentrale Rolle die Humboldt-Universität dabei spielt, die deutsche Kriegspolitik ideologisch zu rechtfertigen.

Daraufhin meldeten sich zahlreiche Besucher zu Wort, um das Massaker in Gaza zu verurteilen und den Antrag der Jusos abzulehnen. Viele unterstützten die Kritik der IYSSE und hoben weitere kritische Aspekte hervor. Zwischenzeitlich standen rund 20 Personen gleichzeitig auf der Rednerliste.

Ein HU-Student palästinensischer Herkunft geißelte den Antrag als „schändlich“ und „voller Heuchelei, Ignoranz und schierer Bigotterie“. Er erklärte: „Im Grunde müssen wir heute entscheiden, ob wir zustimmen oder nicht, dass die Palästinenser es verdienen, als Menschen betrachtet zu werden.“

„Es ist eine Ironie des Schicksals, dass wieder einmal die Jugendorganisation der Regierungspartei als Instrument genutzt wird, um Angriffe und Verleumdungskampagnen gegen eine unterdrückte Minderheit anzuführen, die auf Schritt und Tritt verfolgt, von ihrem Arbeitsplatz entfernt, geächtet und sogar deportiert wird. Diese Verfolgung erstreckt sich übrigens auch auf antizionistische Juden.“

„Ich werde sagen, was viele sich nicht trauen zu sagen“, schloss er. „Es ist nicht ‚kompliziert‘. Israel ist ein Staat, kein Volk, und es ist ein rassistischer, kolonialer, ethnisch-religiöser Apartheidstaat. Israel ist eine terroristische Organisation.“

Mehrere Sprecher kritisierten den Antrag unter anderem aus einer jüdischen Perspektive. So erklärte Benny, dessen Angehörige als Juden aus Osteuropa fliehen mussten:

„Bitte hört auf, Judentum mit Israel gleichzusetzen. Legitime Kritik am Staat Israel haben Juden inklusive in Israel selbst. Ich finde es lächerlich, mit diesem Hammer des Antisemitismus jede Kritik an Israel zu zerstören. Wenn ich höre, wie hier zum Teil gesprochen wird, habe ich das Gefühl, dass die Thematik manche Menschen eigentlich gar nicht interessiert. Euch will ich bitten, vielleicht mal ein paar Bücher zu lesen. Wenn für euch die ganze Sache am 7. Oktober anfängt, dann zeigt das nur, wie ignorant ihr seid.“

Anschließend prangerte Benny die „ganze Diskussion, wie sie in den Medien und der Öffentlichkeit geführt wird“, an. Er schloss: „Ich bitte euch alle, darüber nachzudenken, wie es sich für eure muslimischen Mitbürger anfühlt – für all die Leute um euch herum, die aus verschiedenen Ländern geflüchtet sind –, wenn ihre Leben nicht als menschliche Leben wahrgenommen und nicht erwähnt werden, wie zum Beispiel im Antrag der Jusos.“

Ein weiterer Student wies die Benutzung des Begriffs „historische Verantwortung“ im Juso-Antrag als „schändlich“ zurück: „Meine Großmutter hat sich daran erinnert, was die Deutschen getan haben. Viele von uns haben sich erinnert. Ich denke, die historische Verantwortung besteht darin, für die Menschenrechte einzutreten. Auch wenn das bedeutet, dass man nicht auf der Seite seines Staates steht. Stattdessen steht man zu den jüdischen Israelis, zu den jüdisch-arabischen Israelis, zu den Palästinensern, und verurteilt den anhaltenden Völkermord.“

„Das ist eine sehr grundlegende Aussage. Ich denke, wir stimmen heute über den Begriff der Solidarität sowohl mit jüdischen Studenten als auch mit palästinensischen Studenten ab. Der Antrag, den die SPD-Bourgeoise einbringen, ist ganz klar einseitig. Jeder, der ihn gelesen hat, sieht das. Wir haben weit über 13.000 Tote. Lasst uns Israel und den Völkermord verurteilen. Die Geschichte wird sonst ein Tribunal halten.“

Alban, dessen Großvater in Jugoslawien gegen die Nazis gekämpft hatte, verwies auf die Kritik internationaler Menschenrechtsorganisationen und prangerte an, dass das Andenken an den Holocaust missbraucht wird, um neue Verbrechen zu rechtfertigen:

„Ich bin sehr beunruhigt darüber, dass wir in Deutschland, wo sechs Millionen jüdische Menschen getötet und der Holocaust begangen wurde, die Augen davor verschließen, dass das palästinensische Volk abgeschlachtet und niedergemetzelt wird. Das ist ekelhaft und verachtenswert. Ich wünsche mir, dass das deutsche Volk die Lektion aus der Geschichte und dem Holocaust gelernt hat: Dass Menschenrechte für alle Menschen gültig sein müssen. Aus diesem Grund möchte ich dazu aufrufen, alle Opfer der Kriege und Verbrechen anzuerkennen und den Völkermord in Gaza zu beenden.“

Thao kritisierte das antidemokratische Vorgehen gegen palästinensische Organisationen und die Beschränkung der Meinungsfreiheit an den Universitäten: „Personen und Institutionen, die sich mit palästinensischen Menschen solidarisieren, wird vorgeworfen, dass sie Hamas unterstützen. Sie werden ohne jede differenzierte Einschätzung mit Antisemitismus in Verbindung gebracht. Sie werden gefeuert oder ihnen wird ihre Finanzierung entzogen. Das trifft gerade auch solche Institutionen, die sich seit Jahren aktiv und differenziert mit Rassismus und Antisemitismus auseinandergesetzt haben und aktuell auseinandersetzen wollen.“

Juliette erklärte, dass der Juso-Antrag eine Definition von Antisemitismus zugrunde lege, die wissenschaftlich unhaltbar ist und „aus vielen Perspektiven kritisiert und angezweifelt wird“. Sie fuhr fort: „Wie wir schon in einigen Beiträgen sehen konnten, führt das zu einer Konflation von Israelkritik mit Antisemitismus. Gerechtfertigte Israelkritik wird als antisemitisch abgetan und delegitimiert, und so werden akademische Freiheit und Redefreiheit eingeschränkt.“

„Das ist in einem akademischen Kontext besonders problematisch, weil akademische Freiheit uns eigentlich erlauben sollte, einen Raum zu haben, in dem genau diese Dinge auch auf einer akademischen Ebene diskutiert werden können.“

Tobias stellte in seinem Beitrag fest, dass nicht die Gegner des Massakers in Gaza in der antisemitischen Tradition der deutschen Eliten stehen, sondern die Verfechter des Juso-Antrags. Dieser identifiziere jüdische Menschen weltweit mit den genozidalen Verbrechen der israelischen Regierung:

„Mein Opa war im Konzentrationslager und meine Oma ist zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden. Die Nachkommen derjenigen, die diese Verbrechen begangen haben, wollen jetzt im Namen dieser Opfer einen weiteren Genozid befürworten. Sie tun das, weil sie genauso sind wie ihre Großeltern.“

„So zu tun, als ob alle Juden Verbrecher wären und einen Genozid befürworten, ist Antisemitismus. So zu tun, als ob Israel für alle Juden sprechen würde, ist Antisemitismus. Denn alle sehen, dass Verbrechen gegen Kinder und die Zivilbevölkerung begangen werden, dass Israel Krankenhäuser und Schulen bombardiert.“

Gerade die Repräsentanten der deutschen Regierung verkörperten „dasselbe wie ihre Großeltern“, so Tobias. „Dieser Staat, der damals die Verbrechen beging, macht es auch heute noch. Und er ist ein Fürsprecher des Antisemitismus. Ja, wir müssen Antisemitismus bekämpfen. Fangen wir mit diesen Leuten an.“

Während des gesamten Verlaufs der Debatte versuchten Abgeordnete anderer Listen immer wieder, Kritik am Juso-Antrag mit antidemokratischen Vorstößen zu unterbinden und die Debatte bürokratisch abzuwürgen. Während die IYSSE-Fraktion stets Widerrede einlegte und dagegen stimmte, fanden mehrere dieser Anträge unter den Abgeordneten eine Mehrheit.

So stellte eine Abgeordnete des SDS (Hochschulgruppierung der Linkspartei) einen Antrag, wonach jeder Redner nur einmal sprechen dürfe. Der RCDS (CDU/CSU) beantragte wenig später, die Redezeit pauschal auf zwei Minuten pro Redner zu begrenzen. Die Juso-Fraktion selbst versuchte einen Antrag auf sofortigen Abbruch der Debatte zu forcieren, als erkennbar war, dass es sich bei den nächsten sechs Rednern auf der Rednerliste um Gegner ihres Antrags handeln würde.

Einem HU-Absolventen, der im Juso-Antrag spezifisch angegriffen wurde, sollte sogar das Recht verweigert werden, sich zu den Vorwürfen gegen seine Gruppe zu äußern. Georg, der inzwischen als Wissenschaftler am „Zentrum Moderner Orient“ tätig ist, wurde mit der Begründung, dass er kein Student mehr sei, vom Präsidium aus das Mikrofon abgeschaltet.

Als er ohne Mikrofonzugang vor dem Plenum erläuterte, dass ein von den Jusos kritisierter Protest im Jahr 2018 nichts mit Antisemitismus zu tun hatte, erteilte das Präsidium dem Sprecher ein Hausverbot und organisierte eine 20-minütige Unterbrechung der Debatte, um den Wachdienst zur Beaufsichtigung der restlichen Sitzung herbeizurufen.

Georg hatte klarzustellen versucht, dass sich der Protest gegen eine rechte Sicherheitspolitikerin und Knesset-Abgeordnete gerichtet hatte, die den Gaza-Krieg bereits 2014 unterstützt hatte. Die von den Jusos als „antisemitisch“ verleumdete Kritikerin sei selbst jüdische Israelin, Friedensaktivistin und Kriegsdienstverweigerin.

Da ausschließlich Abgeordnete – nicht jedoch Besucher – Stimmrecht genossen, wurde der Antrag der IYSSE gegen die Stimmen der IYSSE-Fraktion und unter Protest mehrerer Teilnehmer abgelehnt. Stattdessen nahm eine Mehrheit der Abgeordneten einen Antrag an, der Solidarität für „alle von der Gewalteskalation betroffenen Studierenden und Forschenden“ fordert, aber weder die Kriegspolitik Israels noch Deutschlands kritisiert.

Die IYSSE rufen zu weiteren Protesten gegen das Massaker in Gaza auf. Kontaktiert uns, um die Bewegung zu entwickeln und die Einschüchterungs- und Zensurmaßnahmen an den Universitäten zurückzuweisen!


Info: https://www.wsws.org/de/articles/2023/11/23/d209-n23.html


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

08.12.2023

Israel beschleunigt ethnische Säuberung des Gazastreifens, weitet Boden- und Luftangriffe auf den Süden aus

wsws.org, 7. Dezember 2023, Jordan Shilton



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Palästinenser betrachten sich die Zerstörung durch einen israelischen Bombenangriff auf das Flüchtlingslager Chan Yunis, Gazastreifen, 1. Dezember 2023 [Photo: Mohammed Dahman/WSWS]


Am Dienstag meldete das israelische Militär, es habe das Stadtzentrum von Chan Yunis im Süden des Gazastreifens erreicht. Ein hochrangiger General sprach vom „intensivsten Tag“ der Kämpfe seit Beginn des völkermörderischen Angriffs des Netanjahu-Regimes auf die Palästinenser. Wahllose Luftangriffe begleiteten die Bodenoffensive auf die Stadt, deren Bevölkerung in den letzten Wochen um Hunderttausende angestiegen ist, weil palästinensische Flüchtlinge aus dem Norden des Gazastreifens hinzugekommen sind.

Am fünften Tag des brutalen Angriffs des zionistischen Regimes, das die einwöchige Feuerpause einseitig beendet hatte, erklärten die Vereinten Nationen, dass es aufgrund der Brutalität und des Ausmaßes der Boden- und Luftangriffe nirgendwo im Gazastreifen mehr „so genannte sichere Zonen“ für Zivilisten gebe.

UNICEF-Sprecher James Elder erklärte, die vom israelischen Militär vorgeschlagenen „sicheren Zonen“ seien „nicht real, nicht vernünftig und nicht möglich. Und ich glaube, das ist den Behörden bewusst.“ Der Leiter des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, erklärte, die Hilfsoperationen stießen „an ihre Belastungsgrenze“, und Israels anhaltende Belagerung des Gazastreifens könne zur „Hauptquelle von Todesfällen“ werden.

Dass Zivilisten keinen Zufluchtsort haben, verdeutlichte eine Serie von verheerenden Luftangriffen auf Chan Yunis am Dienstag. Bei einem Angriff in der Ortschaft Deir el-Balah nördlich von Chan Yunis, der sich laut Augenzeugen gegen „einen ganzen Wohnblock“ richtete, wurden mindestens 45 Männer, Frauen und Kinder getötet. Weitere 50 Zivilisten wurden Berichten zufolge am Dienstag bei Angriffen vor dem Vormarsch israelischer Truppen auf Chan Yunis getötet.

Zehntausende sind bereits aus Chan Yunis in die südlichste Stadt Rafah geflohen, in der vor Israels Angriff etwa 280.000 Menschen lebten. Schätzungen zufolge könnten in der Stadt an der ägyptischen Grenze bald mehr als eine Million Menschen zusammengepfercht sein. Das UNRWA warnte, es gebe nicht genug Vorräte, um alle Vertriebenen mit humanitärer Hilfe zu versorgen. Viele von ihnen waren bereits zu Beginn der Bombardierung aus dem Norden nach Chan Yunis und die umliegenden Orte vertrieben worden.

Adnan Abu Hasna, ein Vertreter des UNRWA, beschrieb die höllischen Bedingungen, die bereits jetzt in Rafah herrschen: „Zehntausende Familien leben auf der Straße und suchen unter allen möglichen Dingen [Schutz] – Nylonfetzen und Holzstücken. Jetzt regnet es. Das wird zur Katastrophe führen.“

Neben der Gefahr durch die Luftangriffe und schweren Waffen der Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) wächst auch die Gefahr durch unbehandelte Krankheiten rapide an. Die Vereinten Nationen meldeten am Dienstag einen Ausbruch von Hepatitis A in einer ihrer Flüchtlingseinrichtungen. Nur neun der ursprünglich 35 Krankenhäuser im Gazastreifen sind noch in Betrieb, zudem herrscht ein chronischer Mangel an medizinischer Ausrüstung und sauberem Trinkwasser.

Die Medienstelle der Regierung von Gaza bezifferte am Dienstag die Zahl der Todesopfer seit Beginn der israelischen Bombardierung des Gazastreifens auf 16.248 Menschen. Mehr als 7.000 sind als vermisst gemeldet und vermutlich unter den Trümmern der Gebäude verschüttet, die bei Luftangriffen zerstört wurden. Unter den Todesopfern befinden sich 7.112 Kinder, 4.885 Frauen, 286 medizinische Fachkräfte (darunter Sanitäter und Ärzte) sowie 81 Journalisten und Medienbeschäftigte. Mindestens 43.616 Menschen wurden durch die Bombardierung verletzt.

In der gleichen Erklärung beschrieb die Medienstelle die faktische Einstellung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen nach der Wiederaufnahme der israelischen Militäroperationen als „Todesurteil“ für 2,3 Millionen Menschen. Berichten zufolge kommen nur etwa 100 Lastwagen mit Hilfsgütern pro Tag über den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen, d.h. 20 Prozent der 500 Lastwagen, die vor dem Krieg täglich eingetroffen sind.

Die Entwicklung der israelischen Militäroperationen folgt einem eindeutigen Plan: Der Gazastreifen soll zum Großteil ethnisch gesäubert und ein großer Teil oder sogar die gesamte Bevölkerung in die ägyptische Wüste Sinai vertrieben werden. Dieser Plan wurde in Dokumenten der israelischen Regierung und Kommentaren rechtsextremer Personen aus Ministerpräsident Benjamin Netanjahus Regierungskoalition beschrieben. Die Strategie des zionistischen Regimes genießt die bedingungslose Unterstützung der imperialistischen Mächte, vor allem der USA, ohne deren militärische und politische Unterstützung Israels Flächenbombardements des Gazastreifens und seine wahllosen Massaker an Zivilisten nicht möglich wären.

Am Dienstagabend umrissen Netanjahu, Verteidigungsminister Yoav Gallant und Kriegskabinettsminister Benny Gantz auf einer Pressekonferenz die Absichten ihres Regimes in einer Sprache, die auch ein Nazi-Führer im Zweiten Weltkrieg hätte verwenden können. Netanjahu schäumte: „Wir rechnen mit all denjenigen ab, die die Töchter unseres Volkes entführt, ermordet, massakriert, vergewaltigt und verbrannt haben oder daran beteiligt waren. ... Wir werden nicht vergessen und nicht vergeben.“ In Chan Yunis und Jabalia „erzitterte der Boden“ während der Operationen der IDF, „wir haben beide umstellt... jetzt gibt es keinen Ort mehr, an den wir nicht hinkommen“.

Netanjahu schilderte seine Vorstellung von einem Ende des Angriffs: „Dann wird es keine Kräfte mehr geben, die Terror unterstützen, die für den Terror ausbilden, die den Terror und die Familien von Terroristen finanzieren.“ Der Gazastreifen „muss demilitarisiert werden, und die einzige Kraft, die das gewährleisten kann, ist die IDF. Keine internationale Streitmacht kann die Verantwortung dafür übernehmen.“

Mit Bezug auf die Zerstörung der meisten Wohngebäude im Norden des Gazastreifens fügte Gallant in ähnlicher Weise hinzu: „Was in Gaza-Stadt passiert ist, passiert jetzt auch in Chan Yunis ... mit beeindruckenden Ergebnissen.“ Gantz betonte, Israel sei bei seinen Operationen an keine Beschränkungen gebunden: „Nur Israel wird sein Schicksal bestimmen.“ Selbst nach dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen würden die Operationen der IDF „monate- und jahrelang weitergehen ... um die Realität zu stabilisieren“.

US-Präsident Joseph Biden machte am Dienstag bei einer Spendenveranstaltung in Boston deutlich, dass er die Völkermordpläne des Netanjahu-Regimes uneingeschränkt unterstützt. Er machte die Hamas für das Ende der Feuerpause verantwortlich, weil sie sich geweigert habe, einige der weiblichen Geiseln freizulassen, und erklärte: „Wir werden nicht aufhören – wir werden nicht aufhören, bis wir sie alle nach Hause gebracht haben, und das wird ein langer Prozess werden.“


Biden ist der Top-Repräsentant des US-Imperialismus, der in den letzten 30 Jahren im gesamten Nahen Osten, Nordafrika und Zentralasien blutige Kriege geführt, ganze Gesellschaften zerstört und Millionen Menschen getötet hat. Das letzte, worum er sich Sorgen macht, ist das Überleben von etwa 138 Geiseln, die noch immer im Gazastreifen festgehalten werden.

Israels ethnische Säuberungsaktion in Gaza ist der Höhepunkt einer seit 75 Jahren andauernden Vertreibung und Unterdrückung der Palästinenser im Rahmen des zionistischen Projekts. Der amerikanische Imperialismus ist entschlossen, die Gelegenheit zu nutzen, um Voraussetzungen für einen Krieg in der gesamten Region zu schaffen. Die Biden-Regierung hat bereits zu Beginn des Konflikts zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen und ein atomwaffenfähiges U-Boot in die Region entsandt. Damit droht sie dem Iran und ihren Rivalen im Kampf um die Vormachtstellung über den ölreichen und geostrategisch wichtigen Nahen Osten.

Bidens Eingeständnis, die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser durch Israel sei ein „langer Prozess“, verdeutlicht, dass Washington keine Skrupel hat, die IDF noch wochen- und monatelang unschuldige Zivilisten massakrieren zu lassen, wenn es damit seine Hegemonialstellung in der Region konsolidieren kann. Israel ist ein wichtiger Bestandteil der Neuaufteilung der Welt durch die USA auf Kosten ihrer Rivalen, vor allem Chinas und Russlands.

Nach wie vor besteht die Gefahr der Eskalation zu einem regionalen Flächenbrand. Seit die IDF den Angriff auf den Gazastreifen wieder aufgenommen haben, verschärfen sich auch die Kampfhandlungen an der nördlichen Grenze zum Libanon. Am Dienstag berichtete das libanesische Militär, dass einer seiner Soldaten bei einem israelischen Angriff getötet worden sei, der sich angeblich gegen eine Stellung der Hisbollah gerichtet haben soll. Es war das erste gemeldete Todesopfer der libanesischen Armee während des grenzüberschreitenden Konflikts seit dem 7. Oktober, als Israel zahlreiche Ziele im südlichen Libanon angriff, und die Hisbollah Raketen in den Norden Israels abfeuerte.

Die IDF veröffentlichten eine ihrer seltenen Erklärungen, in der es heißt: „Die libanesischen Streitkräfte waren nicht das Ziel des Angriffs.“ Die UN-Behörde UNIFIL, die seit Israels Rückzug im Jahr 2000 die Grenze bewacht, beschrieb die verstärkten Schusswechsel in den letzten Tagen als „alarmierend“.

Um den Völkermord im Gazastreifen zu beenden und einen Krieg in der gesamten Region zu verhindern, bedarf es der unabhängigen politischen Intervention der Arbeiterklasse in den großen imperialistischen Zentren, in Israel und im gesamten Nahen Osten.

Für Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die sich weltweit an den Protesten gegen den Völkermord im Gazastreifen beteiligen, ist es jetzt wichtig, dass sie sich an die Arbeiterklasse wenden und sie zu einer breiten Mobilisierung aufrufen, um die Lieferung und Produktion aller erdenklichen militärischen Ausrüstungen an Israel zu stoppen. Arbeiter müssen auf den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften zu Solidaritätsstreiks in allen Ländern reagieren. Notwendig ist ein internationaler Generalstreik gegen die völkermörderische Politik des Netanjahu-Regimes und seine imperialistischen Hintermänner. Dies muss auf der Grundlage eines internationalistischen und sozialistischen Programms geschehen, um Krieg und alle Formen von Unterdrückung zu beenden.


Info: https://www.wsws.org/de/articles/2023/12/06/fqto-d06.html


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08.12.2023

Atomwaffen für Europa  Berlin: Forderung nach atomarer Bewaffnung der EU im Wettrüsten mit Moskau wird lauter. Ex-Außenminister Josef Fischer verlangt Aufbau einer „atomaren Abschreckung“. Paris erklärt nuklearen Erstschlag für möglich.

german-foreign-policy.com, 8. Dezember 2023

BERLIN (Eigener Bericht) – In Deutschland erstarkt die Forderung nach einer atomaren Bewaffnung der EU. Einem Plädoyer des in Berlin recht einflussreichen Publizisten Herfried Münkler, „Europa“ müsse „atomare Fähigkeiten aufbauen“, hat sich jetzt auch der ehemalige deutsche Außenminister Josef Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) angeschlossen: „Die EU braucht eine eigene atomare Abschreckung“, behauptet Fischer. Begründet wird die Forderung, die von auflagenstarken deutschen Medien verbreitet wird, mit der Einschätzung, im Falle eines Sieges von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl im November sei der „nukleare Schutzschirm“ der Vereinigten Staaten über Europa nicht mehr gesichert; die EU müsse über eine Alternative verfügen. Kontext ist die Aufrüstung gegen Russland, die von der Bundesregierung energisch vorangetrieben wird; zur konventionellen Aufrüstung und zur Propagierung von „Kriegstüchtigkeit“ kommt nun auch das Streben nach einer nuklearen Bewaffnung hinzu. Frankreichs Force de frappe reiche nicht aus, weil man nicht sicher sein könne, ob Paris im Kriegsfalle wirklich dazu bereit sei, „Litauen oder Polen zu schützen“, erklärt Münkler.


Zitat: Trump und die NATO

Hintergrund der neuen Debatte über die Beschaffung von Atomwaffen sind, so heißt es, Überlegungen, wie sich die US-Politik gegenüber Europa verändern könnte, sollte Donald Trump im November kommenden Jahres erneut zum US-Präsidenten gewählt werden. Dabei wird auf Berichte verwiesen, denen zufolge Trump vorhabe, gegenüber der NATO auf Distanz zu gehen bzw. sie „auf Stand-by“ zu setzen.[1] Aus Trumps politischem Umfeld sind Pläne bekannt, die NATO „schlafen“ zu lassen, das US-Heer aus Europa abzuziehen und das Bündnis allenfalls noch in einem „großen Krieg“ wiederzuerwecken. Für das zentrale US-Interesse, den Machtkampf gegen China zu gewinnen – notfalls auch militärisch –, sei das transatlantische Bündnis nicht wirklich relevant, heißt es ergänzend. Das werde Trump in der Abkehr von der NATO, mit der er schon während seiner ersten Amtszeit geliebäugelt habe, vermutlich noch bestärken. Komme es zu einem militärischen Rückzug der USA aus Europa und womöglich sogar aus der NATO, dann seien die Staaten Europas nicht nur gezwungen, ihre konventionelle Rüstung deutlich in die Höhe zu fahren. Sie müssten außerdem über eine neue atomare Bewaffnung entscheiden, weil der US-Nuklearschirm dann wohl kaum noch greifen werde.


„Atom-Supermacht Europa“

Ein Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, der all diese Überlegungen skizziert, weist darauf hin, dass eine vergleichbare Lage bereits nach Trumps Wahlsieg im November 2016 entstand.[2] In diesem Zusammenhang müsse, so heißt es, ein Vorstoß der grauen Eminenz der damaligen polnischen Regierung, Jarosław Kaczyński, vom Februar 2017 gesehen werden. Kaczyński erklärte damals, er würde die Etablierung einer „Atom-Supermacht Europa begrüßen“.[3] Bereits zuvor war in Deutschland über die nukleare Bewaffnung der EU oder auch der Bundesrepublik diskutiert worden (german-foreign-policy.com berichtete [4]). Die Debatte ebbte bald wieder ab; wie es jetzt heißt, waren vor allem NATO-Funktionäre bemüht, sie abzuwürgen, um Trump keinerlei Anlass zum Abzug von US-Truppen aus Europa zu bieten [5] oder auch nur zum Abzug der US-Atombomben, die im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe in mehreren europäischen Staaten stationiert sind, darunter die Bundesrepublik. Die Debatte flammt jetzt allerdings mit Blick auf die Möglichkeit, dass Trump die nächste US-Wahl erneut gewinnt, wieder auf. Wie damals wird sie auch heute wieder vor allem in Deutschland medial befeuert.


„Gemeinsamer Koffer mit rotem Knopf“

Bereits am 14. November äußerte sich in diesem Sinne in einer populären Fernseh-Talkshow ein Kolumnist der Berliner Morgenpost, Hajo Schumacher. Schumacher erklärte, in der Diskussion über den Konflikt mit Russland habe man bislang „das heikelste Thema noch gar nicht angesprochen“: „Wir werden uns fragen müssen: Brauchen wir in Deutschland eigene Atomraketen?“[6] Ähnlich äußerte sich Ende November der Politikwissenschaftler und einflussreiche Polit-Publizist Herfried Münkler. Münkler verlangte in einem Presseinterview: „Europa muss atomare Fähigkeiten aufbauen“.[7] Zwar besitze Großbritannien „Atom-U-Boote, Frankreich die Bombe“; doch sei keineswegs garantiert, dass eines der beiden Länder oder gar beide sie einsetzen würden, um etwa „Litauen oder Polen zu schützen“. Münkler forderte explizit: „Wir brauchen einen gemeinsamen Koffer mit rotem Knopf, der zwischen großen EU-Ländern wandert.“


„Atomare Abschreckung“ der EU

Aktuell hat der frühere deutsche Außenminister Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) nachgelegt. Fischer erklärte am vergangenen Wochenende in einem Interview: „Wir müssen unsere Abschreckungsfähigkeit wiederherstellen“. Das sei unumgänglich, wenngleich es ihm „überhaupt nicht“ gefalle, erklärte Fischer und zog zur Begründung den Konflikt mit Russland heran: „Solange wir einen Nachbarn Russland haben, der der imperialen Ideologie Putins folgt, können wir nicht darauf verzichten, dieses Russland abzuschrecken.“[8] Außer einer umfassenden konventionellen Aufrüstung, die allerdings „nicht mit Schuldenbremse und ausgeglichenem Haushalten“ möglich sei, sei dabei auch eine nukleare Bewaffnung notwendig. Fischer wurde unter anderem gefragt, ob die Bundesrepublik sich auf nationaler Ebene nuklear bewaffnen solle. „Das ist in der Tat die schwierigste Frage“, erklärte Fischer: „Soll die Bundesrepublik Atomwaffen besitzen? Nein. Europa? Ja.“ „Die EU“, sagte der Grünen-Politiker, „braucht eine eigene atomare Abschreckung.“


Zum Erstschlag bereit

Die neue Atomwaffendebatte führt zu neuen Auseinandersetzungen zwischen Berlin und Paris. Hintergrund ist, dass Frankreich als einziger EU-Staat Atomwaffen besitzt. Präsident Emmanuel Macron dringt darauf, das geplante europäische Flugabwehrsystem (European Sky Shield Initiative, ESSI) um eine nukleare Abschreckungskomponente zu erweitern. Da diese nach Lage der Dinge von Frankreich gestellt würde und Paris einen herausragenden Einfluss erlangen würde, lehnt die Bundesregierung die Pläne ab.[9] Französische Politiker betonen unterdessen, man sei im Grundsatz auch bereit, als erster Atomwaffen einzusetzen. „Frankreich sagt nicht, dass es nur einen Zweitschlag in Erwägung zieht“, erklärt Thomas Gassilloud, Vorsitzender im Verteidigungsausschuss der Nationalversammlung. Gassilloud wurde kürzlich mit der Aussage zitiert, Paris behalte es sich vor, „auch auf konventionelle Angriffe mit einem Erstschlag zu reagieren“.[10]

 

[1], [2] Thomas Gutschker, Johannes Leithäuser, Michaela Wiegel, Matthias Wyssuwa: Was macht Europa, wenn Trump gewinnt? Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 03.12.2023.

[3] Konrad Schuller: „Es gilt, dass Frau Merkel für uns das Beste wäre“. Frankfurter Allgemeine Zeitung 07.02.2017.

[4] S. dazu Der Schock als Chance und Griff nach der Bombe.

[5] Thomas Gutschker, Johannes Leithäuser, Michaela Wiegel, Matthias Wyssuwa: Was macht Europa, wenn Trump gewinnt? Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 03.12.2023.

[6] Marlen Schubert: Putin: Jetzt wird in Deutschland sogar über dieses Tabu gesprochen. derwesten.de 21.11.2023.

[7] Politologe Herfried Münkler rät Europa zur atomaren Aufrüstung. spiegel.de 29.11.2023.

[8] Joschka Fischer fordert neue Atomwaffen in Europa. spiegel.de 03.12.2023.

[9] S. dazu Die deutsch-französische „Freundschaft“.

[10] Neuer Kurs in Paris. Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.11.2023.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9430


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.12.2023

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07.12.2023

Seltener Schritt: Guterres ruft wegen Gaza-Konflikt "Globale Sicherheitsbedrohung" aus

freedert.online, 7 Dez. 2023 18:33 Uhr

Der UN-Generalsekretär António Guterres hat am Mittwoch kraft seines Amtes Alarm geschlagen – wegen Bedrohung der globalen Sicherheitslage. Infolgedessen fordern die Vereinigten Arabischen Emirate den UN-Sicherheitsrat auf, einen sofortigen humanitären Waffenstillstand in Gaza zu beschließen.


Quelle: Gettyimages.ru © Michael M. Santiago


Der UN-Generalsekretär António Guterres spricht vor der UN-Generalversammlung in New York City am 19. September 2023.


Der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres hat am Mittwoch in einem seltenen Schritt den UN-Sicherheitsrat unter Berufung auf den Artikel 99 der UN-Charta offiziell vor einer globalen Bedrohung durch den Gaza-Krieg gewarnt. Das berichtete Reuters am Mittwochabend. Infolgedessen versuchen die arabischen Staaten den Sicherheitsrat zu drängen, innerhalb weniger Tage einen Waffenstillstand zu fordern. Israel und die USA lehnen das Ansinnen weiterhin ab, lautet eine aktuelle Reuters-Meldung vom Donnerstag.


Nahostkonflikt: "Sichere Zonen sind für Zivilisten nicht gegeben" – schon mehr als 7000 tote Kinder


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Guterres berief sich auf den Artikel 99 der Gründungscharta der Vereinten Nationen. Demnach ist es ihm erlaubt, "dem Sicherheitsrat jede Angelegenheit zur Kenntnis zu bringen, die seiner Meinung nach die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit gefährden kann". Dieser Artikel sei seit Jahrzehnten nicht mehr angewendet worden, sagte der Sprecher des UN-Generalsekretärs Stéphane Dujarric.

"Wir stehen vor einem ernsten Risiko des Zusammenbruchs des humanitären Systems", schrieb Guterres. Die Folgen für die Palästinenser könnten unumkehrbar sein und die regionale Sicherheit gefährden, sagte er und rief erneut dazu auf, einen humanitären Waffenstillstand auszurufen.

Israels UN-Botschafter Gilad Erdan warf Guterres vor, mit dem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat einen "neuen moralischen Tiefpunkt" erreicht zu haben und fügte dem noch hinzu: "Der Aufruf des Generalsekretärs zu einem Waffenstillstand ist in Wirklichkeit ein Aufruf, die Schreckensherrschaft der Hamas in Gaza aufrechtzuerhalten."

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden in der 2,3 Millionen Einwohner zählenden Enklave bisher 16.015 Menschen getötet. Guterres wies den UN-Sicherheitsrat in seinem Schreiben darauf hin, dass es keinen wirksamen Schutz der Zivilbevölkerung gebe und dass der Gazastreifen "nirgendwo sicher ist".

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) legten dem Sicherheitsrat einen kurzen Resolutionsentwurf vor, den die Agentur Reuters einsehen konnte. Darin wird auf das Schreiben von Guterres reagiert und ein "sofortiger humanitärer Waffenstillstand" im Konflikt zwischen Israel und der militanten palästinensischen Hamas gefordert.


"Stoppt das systematische Töten" – Demonstration in Tel Aviv fordert Waffenstillstand



"Stoppt das systematische Töten" – Demonstration in Tel Aviv fordert Waffenstillstand






Diplomaten zufolge wollen die VAE den Text am Freitag zur Abstimmung stellen, wenn der UN-Sicherheitsrat zugleich auch von Guterres über die Situation im Gazastreifen unterrichtet werden soll. Damit eine Resolution angenommen werden kann, sind mindestens neun Ja-Stimmen und insbesondere kein Veto der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder – also USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – erforderlich.

Der stellvertretende US-Botschafter Robert Wood bei den Vereinten Nationen sagte, die Vereinigten Staaten von Amerika würden zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats unterstützen. "Wir konzentrieren uns jedoch weiterhin auf die schwierige und sensible Diplomatie, die darauf abzielt, mehr Geiseln freizubekommen, mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen und die Zivilbevölkerung besser zu schützen", erklärte Wood gegenüber Reuters. Die USA und deren Verbündeter Israel lehnen einen Waffenstillstand stets mit der Begründung ab, dass ein solcher nur der Hamas zugutekäme.

"Der Resolutionsentwurf der VAE wird von der arabischen und der OIC-Gruppe (Organisation für Islamische Zusammenarbeit) unterstützt. Dies ist ein moralisches und humanitäres Gebot, und wir fordern alle Länder auf, den Aufruf des Generalsekretärs zu unterstützen", schrieb die VAE-Vertretung bei den Vereinten Nationen auf X.


Mehr zum Thema - Regierungen wackeln - weil die USA ihre Verbündeten im Nahen Osten in eine komplizierte Falle führen


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07.12.2023

Israels 43-minütiges Video der Hamas-Gräueltaten entlarvt

linkezeitung.de, 7. Dezember 2023 ⋅ Hinterlasse einen Kommentar

von William Van Wagenen – https://new.thecradle.co

Übersetzung LZ

Von privaten Vorführungen über Medienmanipulationen bis hin zu offensichtlichen Lügen – das israelische Militär zieht alle Register seiner Propaganda, um einen totalen Krieg gegen Gaza zu rechtfertigen

Der dritte Monat seit der von der Hamas geführten Operation “Al-Aqsa-Flut” am 7. Oktober und Israels Reaktion auf die verbrannte Erde im Gazastreifen zeigt, dass in Tel Aviv nicht alles nach Plan läuft. Sowohl vor Ort als auch im Online-Propagandakrieg werden die Behauptungen Israels immer wieder entlarvt und als Fake News entlarvt.

Jetzt wird die viel gepriesene 43-minütige Videokompilation der Ereignisse vom 7. Oktober untersucht, die die israelische Armee exklusiv für ausgewählte Journalisten und Würdenträger vorgeführt hat. Das Filmmaterial zeigt angeblich die “schlimmsten Gräueltaten”, die an diesem Tag begangen wurden – Taten, die laut Israel zu brutal sind, um von der breiten Öffentlichkeit gesehen zu werden.

Bei der ersten Präsentation vor 100 internationalen Medienvertretern am 23. Oktober zog der israelische Armeesprecher Daniel Hagari Parallelen zwischen der Hamas und ISIS. Er erklärte, die Hamas habe:

“beschlossen, dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen … zu vergewaltigen, wahllos zu töten, Menschen zu enthaupten. Und ja … auch Babies. Und sie taten dies in vollem Bewusstsein dessen, was sie taten und was danach in Gaza als Konsequenz geschehen wird.”

Doch nun hat der prominente Guardian-Journalist Owen Jones, der das Material bei einer privaten Vorführung gesehen hat, erklärt, dass das Video nicht nur diesen Behauptungen nicht gerecht wird, sondern auch absichtlich benutzt wird, um Israels schreckliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Gaza zu rechtfertigen.

Grausame Szenen

Die Tatsache, dass Jones einer der wenigen Journalisten ist, die Israels Video-Narrativ in Frage stellen, spricht Bände darüber, wie sorgfältig die israelische Armee ihre Einladungsliste geprüft und die Einladungen auf einen vertrauenswürdigen Kreis von VIPs beschränkt hat.

Wie viele andere hat auch Owens Guardian-Kollege Rory Carroll, der nach der ersten Vorführung in einer Militärbasis in Tel Aviv über das Filmmaterial schrieb, pflichtbewusst die israelische Darstellung wiedergegeben, ohne deren Zweck zu hinterfragen. Obwohl unklar ist, ob Carroll das Video selbst gesehen hat, listet er einige wirklich grausame Szenen auf, die “einige Reporter zu Tränen rührten” und “die Tötung von Kindern und die Enthauptung einiger Opfer beinhalteten”.

Carrolls einziger Hinweis auf eine mögliche Motivation hinter dem Video der israelischen Armee findet sich in seinem vorletzten Absatz: “Die Vorführung fand inmitten erneuter Appelle an Israel statt, die Bombardierung des Gazastreifens einzustellen, bei der in den letzten 24 Stunden mindestens 400 Palästinenser getötet wurden”, während er hinzufügte, dass die israelische Bombardierung seit dem 7. Oktober mehr als 5.000 Palästinenser, darunter 2.055 Kinder, getötet habe.

Doch als der Guardian-Journalist Owen Jones einen Monat später endlich Zugang zu dem Video erhielt, fand er viele Ungereimtheiten in den Behauptungen des israelischen Militärs.

Jones räumte ein, dass viele Szenen in dem Video grausam sind, wie z. B. ein Hamas-Kämpfer, der mit einer Granate einen Vater tötet und seine beiden kleinen Söhne verletzt, oder ein anderer, der einen thailändischen Landarbeiter mit einem Gartengerät brutal enthauptet. Die prominentesten Behauptungen Israels waren jedoch auffallend abwesend. Jones erklärt dies,

“Uns wurde von groß angelegten Enthauptungen berichtet, darunter von 40 Babys … [Aber] wir sehen nicht, dass Kinder getötet wurden … Wenn es Folter gab, gibt es keine Beweise … Wenn es Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gab, sehen wir das auch nicht auf dem Filmmaterial.”

In ähnlicher Weise hatte Jones’ Guardian-Kollege geschrieben, dass das Filmmaterial zeige, wie Hamas-Angreifer in ein Haus eindrangen und ein kleines Mädchen, vielleicht 7 Jahre alt, töteten, das sie unter einem Tisch versteckt fanden. Jones bestätigte jedoch, dass auf dem Video der Vorführung, an der er teilnahm, kein derartiges Bild von der Tötung eines kleinen Mädchens zu sehen war.

Jones erklärt auch, dass das Video eine Tonaufnahme eines Hamas-Kämpfers enthält, der seine Mutter vom Telefon eines seiner israelischen Opfer anruft und ihr gegenüber damit prahlt, “zehn Juden” getötet zu haben.

Jones weist jedoch darauf hin, dass das israelische Militär seit dem 7. Oktober zur Untermauerung seiner Propaganda Tonaufnahmen veröffentlicht hat, “deren Wahrheitsgehalt von Experten angezweifelt wurde”. So hat Israel zum Beispiel zweifelhafte Tonaufnahmen produziert, um seine Bombardierung von Krankenhäusern und Krankenwagen zu vertuschen.

Verteidigung von Israels Massakern

Indem das israelische Militär die Aufnahmen nur ausgewählten, mit Israel sympathisierenden Journalisten zeigt, anstatt sie für eine breitere Öffentlichkeit freizugeben, versucht es offenbar, seine eigenen Kriegsverbrechen in Gaza zu rechtfertigen.

Jones erklärte, dass ihm und den anderen Journalisten “zu Beginn der Vorführung gesagt wurde, der Sinn dieser Übung sei es, uns zu ermutigen, unsere Plattformen zu nutzen, um Israels Angriff auf Gaza zu verteidigen.”

Es handelt sich um eine schockierende Anweisung des israelischen Militärs, die Hunderte von anderen Journalisten ihrem weltweiten Publikum nicht mitgeteilt haben.

Doch Jones weigerte sich, seine Plattform für diesen Zweck zu nutzen, und erklärte stattdessen, dass: “Wenn ich mir diesen Film über die Schrecken ansehe, und es sind Schrecken, dann will ich nicht andere Schrecken unterstützen.”

Jones erklärte, dass zum Zeitpunkt der Vorführung bereits 20.000 Menschen in Gaza ums Leben gekommen waren, darunter 8.000 Kinder. Jones wies darauf hin, dass allein die Zahl der von Israel in Gaza getöteten Kinder fast zehnmal so hoch sei wie die Zahl der 900 israelischen Zivilisten, die die Hamas am 7. Oktober getötet haben soll.

In dieser Hinsicht stimmte Jones mit dem Sohn von Vivian Silver überein, einer kanadisch-israelischen Frau, die am 7. Oktober von der Hamas entführt und später tot aufgefunden wurde. Auf die Frage, ob er mit dem Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza einverstanden sei, antwortete er: “Nein, ich glaube nicht, dass man Schmerz mit noch mehr Schmerz heilen kann.”

Die private Überprüfung der Hamas-Angriffe durch die israelische Armee am 7. Oktober hatte jedoch noch ein weiteres Ziel.

Eylon Levy, ein Sprecher der israelischen Regierung, sagte, das Video sei gezeigt worden, um dem “Holocaust-Leugnungs-Phänomen” über das Ausmaß der Hamas-Gräueltaten entgegenzuwirken. Levy zeigte sich besorgt darüber, dass die israelische Propaganda bereits an Glaubwürdigkeit verloren habe, selbst bei US-Beamten und westlichen Journalisten.

Die Behauptung, die Hamas habe in großem Umfang Kinder enthauptet, entstand am 10. Oktober, als die Nachrichtenseite i24, die als dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu nahestehend gilt, behauptete: “Einige Soldaten sagen, sie hätten Babys mit abgeschlagenen Köpfen gefunden, ganze Familien seien in ihren Betten erschossen worden. Mehrere Babys und Kleinkinder wurden auf Bahren herausgetragen – bis jetzt.”

Dies ging einher mit einer weiteren unbestätigten Behauptung, die Hamas habe 40 Kinder getötet, so dass 40 enthauptete Babys entstanden seien.

Ein israelischer Militärsprecher erklärte, die Behauptungen könnten nicht bestätigt werden, forderte die Reporter aber auf, ihnen trotzdem zu glauben. “Wir konnten es nicht mit eigenen Augen sehen, aber offensichtlich ist es passiert … So etwas passiert”, sagte er am 11. Oktober gegenüber The Intercept.

US-Präsident Joe Biden wiederholte die Behauptung sogar und sagte, die Israelis hätten ihm “bestätigte Bilder von Terroristen gezeigt, die Kinder enthaupten.” Ein Sprecher des Weißen Hauses stellte jedoch später klar, dass weder der Präsident noch US-Beamte Bilder gesehen oder von unabhängiger Seite bestätigte Berichte über enthauptete Kinder gehört hätten.

Asche und Knochen

Zum Zeitpunkt der ersten Videovorführung waren die israelischen Sprecher Levy und Hagari auch mit den Folgen der israelischen Medienberichte beschäftigt, aus denen hervorging, dass neben den von der Hamas am 7. Oktober getöteten Personen auch viele israelische Zivilisten und Soldaten von der Armee selbst getötet worden waren.

Um die Kontrolle über die vom Widerstand eingenommenen Militärstützpunkte und Siedlungen wiederzuerlangen und zu verhindern, dass der Widerstand Soldaten und Zivilisten nach Gaza verschleppt, setzte das israelische Militär eine überwältigende Feuerkraft ein, darunter bewaffnete Zik-Drohnen, Apache-Hubschrauber und Merkava-Panzer. Im Einklang mit der Hannibal-Richtlinie massakrierten die Besatzungstruppen viele ihrer eigenen Zivilisten und Soldaten.

Das Video, das die zum Teil realen, zum Teil erfundenen Aktionen der Hamas zeigt, wurde daher benötigt, um die Verantwortung für diese Todesfälle abzulenken. Dazu gehörte auch die Verantwortung für die Tötung des 12-jährigen Liel Hetzroni.

Naftali Bennett, der ehemalige israelische Ministerpräsident, brachte seine Empörung über ihren Tod auf der Social-Media-Website X zum Ausdruck und behauptete: “Liel Hetzroni aus dem Kibbuz Beeri wurde in ihrem Haus von Hamas-Monstern ermordet.”

Israelische Augenzeugen berichteten jedoch, dass das junge Mädchen, ihr Zwillingsbruder und ihre Tante durch israelisches Panzerfeuer getötet wurden, zusammen mit mindestens acht weiteren Gefangenen, die sich in einem Haus mit Hamas-Kämpfern verbarrikadiert hatten.

Als die Überreste von Liels Körper identifiziert wurden, blieben nur Asche und Knochensplitter übrig.

Doch Bennett nutzte den Schrecken von Liels Tod, um weitere Gräueltaten im Gazastreifen zu rechtfertigen, indem er behauptete: “Wir führen den gerechtesten Krieg, damit so etwas nie wieder passieren kann.”

Nur einen Tag nach Bennetts Beitrag über den 12-jährigen Liel berichtete Reuters über die Notlage eines vierjährigen palästinensischen Kindes, Ahmed Shabat.

“Der Junge fragt immer wieder nach seinen Eltern und will aufstehen und laufen, aber seine Eltern sind tot und seine Beine wurden amputiert”, nachdem ein israelischer Luftangriff ihr Haus in der Stadt Beit Hanoun im nördlichen Gazastreifen getroffen hatte.

Die Wucht der Explosion schleuderte den Jungen in ein benachbartes Haus. Sein zweijähriger Bruder überlebte den israelischen Angriff, aber 17 Mitglieder der Familie des Jungen wurden getötet, so Reuters weiter.

Amateurhaft und schief

Während die israelische Armee weiterhin Palästinenser im Gazastreifen tötet, versucht sie, die Medien zu manipulieren, um diese Tötungen zu rechtfertigen.

Am 28. November veröffentlichte Ishay Cohen von Kikar HaShabbat, einer Haredi-Nachrichten-Website, ein Interview mit einem israelischen Soldaten, der behauptete, die Hamas habe am 7. Oktober tote “Babys und Kinder an einer Wäscheleine aufgehängt”.

Cohen löschte das Video später, da die Behauptung nicht bestätigt werden konnte, aber nicht bevor es sich verbreitete.

Ein X-Nutzer kritisierte Cohen und schrieb: “Wie kann man ein solches Video online stellen, wenn man sich nicht 100%ig sicher ist? Warum ist hier alles amateurhaft und schief?”

Cohen erklärte die Gründe für seinen Fehler mit den Worten:

“Ich gebe zu, dass ich es nicht für nötig hielt, den Wahrheitsgehalt einer Geschichte zu überprüfen, die von einem Oberstleutnant, einem General der Gaza-Division, stammt … Warum sollte ein Armeeoffizier eine so schreckliche Geschichte erfinden? Ich habe mich geirrt.”

Tragischerweise war die israelische Propaganda zur Unterstützung des Angriffs auf den Gazastreifen bisher erfolgreich, zumindest was die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft betrifft, die den Besatzungsstaat für seine Kriegsverbrechen zur Verantwortung zieht. Obwohl die Regierung Biden vorgibt, sich um den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung zu sorgen, hat sie Israel seit dem 7. Oktober rund 57.000 Artilleriegranaten und 15.000 Bomben geliefert, darunter 100 BLU-109, 2.000-Pfund-Bunkerbomben.

Das Wall Street Journal berichtete, dass Israel nach Angaben von US-Beamten eine dieser Bomben bei einem Angriff eingesetzt hat, bei dem ein Wohnblock im Gaza-Flüchtlingslager Jabalia dem Erdboden gleichgemacht wurde und mehr als 100 Menschen ums Leben kamen”.

Während die tragische Tötung von 112 Israelis im Kibbutz Be’eri am 7. Oktober lange als Teil von “Israels 9/11” in Erinnerung bleiben wird, war die Tötung von 100 Palästinensern in Jabalia am 31. Oktober nur kurz in den Schlagzeilen. Sie wurde in den darauffolgenden Tagen und Wochen schnell von fast täglichen weiteren israelischen Massakern überlagert, deren Videos sich jeder selbst im Internet ansehen kann – und zwar ohne private Vorführungen, die nur auf Einladung stattfinden.

https://new.thecradle.co/articles/israels-43-minute-hamas-atrocity-video-exposed


Info: https://linkezeitung.de/2023/12/07/israels-43-minuetiges-video-der-hamas-graeueltaten-entlarvt


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07.12.2023

Versager im Amt: Robert Habeck und das Schweigen des Mainstreams

freedert.online, 7 Dez. 2023 12:43 Uhr,Von Gert Ewen Ungar

Statt die deutsche Wirtschaft und den Wohlstand in Deutschland zu fördern, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck Deutschland ruiniert. Doch niemand benennt das. Der Mainstream schweigt zu einem der größten Skandale der jüngsten Geschichte: dem Totalversagen des Wirtschaftsministers.


Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Chris Emil Janssen


Unberechenbares Risiko für Deutschland: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen)


Die Menschen in Deutschland merken es. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) ruiniert in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister Deutschland. Es brodelt regelrecht unter dem Deckel, der vom deutschen Mainstream trotz allem noch immer dicht gehalten wird. Was sich jedem erschließt, bleibt in den großen deutschen Medien ungenannt. Robert Habeck versagt im Amt. Er ist ihm nicht gewachsen. Statt Krisen abzufedern, verstärkt er sie oder löst sie sogar aus. Robert Habeck ist eine Gefahr nicht nur für Deutschland. 

Zum Beispiel der Verzicht auf russisches Gas. Er ist nicht ohne große Verwerfungen realisierbar. Dabei ist es ja nicht einmal so, dass es an Expertise fehlen würde. Bereits im März 2022, als sich die deutsche Politik kurz nach Beginn der russischen militärischen Sonderoperation in der Ukraine in einem radikalen Rundumschlag aus der "Abhängigkeit von Russland" befreien wollte, wurde Wirtschaftsminister Robert Habeck vom Energieminister Katars, Saad al-Kaabi mitgeteilt, so einfach gehe das nicht. Habeck setzte auf Katar als zukünftigen Lieferanten von Flüssiggas und machte bei seinem ersten Besuch den berühmten Bückling vor dem Emir von Katar.


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Meinung

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Der Energieminister Katars jedenfalls informierte den deutschen Wirtschaftsminister darüber, wie die globalen Energiemärkte funktionieren. Sie funktionieren nicht wie ein Supermarkt, in dem man aus einer breiten Palette das für sich passende Angebot auswählt. Es bedarf langfristiger Verabredung, denn das, was geliefert werden soll, muss erst erschlossen werden. Es steht nicht irgendwo im Lager. Das exportierende Land muss dazu investieren und möchte sicher sein, dass sich das Investment auch lohnt. Es ist daher an langfristigen Verträgen interessiert. Dass es erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit Deutschlands als Geschäftspartner gibt, hatte Berlin gerade deutlich gemacht. Ein Konsortium hatte Milliarden in den Bau von Nord Stream 2 investiert, auf deren Inbetriebnahme Deutschland aus moralischen Überlegungen nun verzichten wollte. Verstärkt wird der Eindruck der deutschen Unzuverlässigkeit noch dadurch, dass Habeck behauptet, Putin habe das Gas abgestellt. Das ist eine Lüge. 

Habeck wollte jetzt statt Gas aus Russland Gas aus Katar und bekam dort die Auskunft, dass das nicht gehe. Der deutsche Wirtschaftsminister kannte diese Zusammenhänge des globalen Energiemarktes ganz offensichtlich nicht. Habeck dachte, er fährt da mal hin, macht seine Herkunft geltend, gibt dann eine Bestellung auf und dann wird das Ding schon laufen. Diese Blauäugigkeit ist eigentlich schon ein Skandal für sich.

Doch statt die absolute Naivität des Kinderbuchautors in Ministerfunktion hinsichtlich der Funktionsweise der Energiemärkte zum Thema zu machen, wurde in deutschen Medien die Frage aufgeworfen, ob Habeck denn auch brav auf Einhaltung der Menschenrechte im Wüstenstaat gedrängt habe.


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Analyse

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Die deutschen Medien zeigten sich damit noch eine Spur verträumter und realitätsferner als der Wirtschaftsminister selbst. Denn es musste eigentlich jedem klar sein: Habeck kam als Bittsteller und er machte es auch noch dringend. Da ist man schlicht nicht in der Position, Forderungen zu stellen. Später behauptete Habeck, er habe das Thema Menschenrechte sehr wohl angeschnitten, allerdings konnte sich in Katar niemand der Beteiligten daran erinnern. Darum drehte sich dann der mediale Streit. Hat er, oder hat er nicht? Deutscher Qualitätsjournalismus in höchster Vollendung beschäftigt sich mit Nebensächlichkeiten und Unwichtigem.  

Verstärkt wird das Versagen des Wirtschaftsministers daher von einem umfassenden Medienversagen. In Deutschland wird zu den Minderleistungen des Ministers schlicht geschwiegen. Der deutsche Journalismus hat seine für das Funktionieren einer Demokratie wichtige Funktion aufgegeben. Es wäre seine Aufgabe, das Versagen Habecks zu benennen. Der Verzicht auf russische Energieträger ist für Deutschland nicht möglich. Er führt zu massiven Wohlstandsverlusten. 

Doch zurück nach Katar. Dank der kompetenten Unterweisung durch den Energieminister wusste Habeck jetzt Bescheid. Auf dem Energiemarkt wird immer so viel produziert, wie abgenommen wird. Sich "aus der Abhängigkeit von Russland" zu befreien, ist ein langfristiges Projekt, das viel an Vorlauf und Planung braucht. Generell könne die Welt nicht auf russische Energieträger verzichten, gab der Energieminister dem Wirtschaftsminister mit auf den Weg. Der Verzicht auf russische Energieträger macht Energie für Deutschland teuer. Die deutsche Wirtschaft ist dann nicht mehr konkurrenzfähig. Es ist nicht so, dass Habeck das nicht wusste. Es wurde ihm gesagt.


Medienbericht: Habeck kündigt Scheitern des Kohleausstiegs an





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Jeder weiß das, jeder sieht diese Zusammenhänge. Doch in Deutschland wird darüber nicht nur geschwiegen. Habeck lobt sich selbst noch dafür, Deutschland aus der Abhängigkeit von russischer Energie befreit zu haben und behauptet, alle negativen Vorhersagen seien nicht eingetreten. Auch das ist falsch. Sie passieren jetzt. Ein Journalismus, der Habecks Behauptung unhinterfragt stehen lässt, hat vor der journalistischen Aufgabe kapituliert. Warum ist das in Deutschland so? 

Richtig verstanden zu haben, scheint Habeck nicht, was man ihm da in Katar mit auf den Weg gab. Denn in Deutschland wurden wie wild LNG-Terminals gebaut. Deutschland und die EU kauften darüber hinaus wie besessen alles auf, was es an Kohlenwasserstoff-Molekülen zu kaufen gab – zum Schaden der regulären Abnehmerländer. Es wird nicht mehr produziert, als verbraucht wird, sagte man ihm in Katar und Habeck ignorierte die Implikationen. Alles, was Deutschland und die EU kaufen, fehlt woanders. In Bangladesch und Pakistan beispielsweise. Dort kam es aufgrund der durch die massiv gestiegenen Preise ausgelösten Unterversorgung zu Strom- und damit zu Produktionsausfällen. Habecks antirussische Obsession führte zu umfassenden Mangel dort und damit zu einem massiven Ansehensverlust Deutschlands. Die Abneigung gegen Deutschland ist berechtigt. 

Dass diese Länder die Russland-Sanktionen nicht umsetzen wollen, findet Habeck noch heute nicht nachvollziehbar. Denn es sind moralisch gute Sanktionen, glaubt er und mit ihm der eingebettete deutsche Journalismus. Was er dabei übersieht, ist, was er dort ausgelöst hat. Die westlichen Sanktionen und die deutsche Idiotie, auf russische Energie verzichten zu wollen, hat in anderen Ländern ganz konkrete Folgen für die dortige Wirtschaft und damit die Bevölkerung. Im Gegensatz zu Habeck versteht man dort auch die Zusammenhänge. In den Ministerien anderer Länder sitzt im Gegensatz zu Deutschland fachlich qualifiziertes Personal.


Oberverwaltungsgericht: Bundesregierung muss "Klimamaßnahmen" verschärfen





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Deutschland hat mit seinem Russenhass anderen Nationen massiven wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Dafür wird Deutschland einen Preis zu zahlen haben. Gäbe es in Deutschland funktionierenden Journalismus, dann würden diese Zusammenhänge beleuchtet. Habeck hätte längst gehen müssen, denn er ist nicht nur für die deutsche Wirtschaft, er ist für die Weltwirtschaft eine Zumutung. Er stellt ein enormes Risiko dar. Journalismus hat die Aufgabe, das zu benennen. In Deutschland aber wird geschwiegen. Man igelt sich ein und pflegt eine eigene, sehr verschrobene Sicht auf die Welt.

Und die Liste der Habeckschen Stümpereien ist lang. Nach Katar kam die Affäre Graichen, Habeck duldete Seilschaften in seinem Ministerium. Konsequenzen hatte das für ihn keine. Das Heizungsgesetz ist per Gesetz verordnetes Chaos. Auch hier kommt Habeck ungeschoren davon. 

Der Bundeswirtschaftsminister ignoriert Chronologie. Er verordnet den Deutschen den Ausstieg aus russischer Energie, setzt auf Erneuerbare und Wasserstoff, fängt aber erst nach dem Ausstieg aus russischer Energie an, die dazu notwendige alternative Energie-Infrastruktur aufzubauen. Das kann nicht funktionieren. Doch niemand benennt es.


Deutschland: Absurdität um LNG



Deutschland: Absurdität um LNG






All seine irren Projekte wollte er obendrein durch einen Buchungstrick finanzieren, indem er Gelder verschiebt und damit die Schuldenbremse umgeht. Er wusste, dass das auf tönernen Füßen steht. Jetzt ist das alles geplatzt. Das Verfassungsgericht hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Deutschen werden mit Wohlstandsverlusten dafür bezahlen. Habeck sagt es ihnen sogar ganz offen – es passiert nach wie vor nichts. Das ist ein Skandal.

Warum ist Habeck noch im Amt? Das ist die große Frage. Und die zweite große Frage ist: Warum schweigen die deutschen Medien zum umfassenden Versagen Habecks? Er hat keinen einzigen Erfolg vorzuweisen. Ganz im Gegenteil, er hat Deutschland ruiniert und jedem Bundesbürger immense Kosten aufgebürdet. Warum bleibt es da so still? Diese Stille darf in einer Demokratie nicht sein.


Mehr zum Thema – Eitelkeit im Amt: Robert Habeck fällt auf Wowan und Lexus herein


RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

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07.12.2023

Golfstaaten und Russland rücken enger zusammen

aus e-mail von Doris Pumphrey, 7. Dezember 2023, 17:22 Uhr


RT 7.12.2023


*Präsident Putin auf Nahost-Tour: Golfstaaten und Russland rücken enger

zusammen

*/Von Armin Schmitt/

*

*Westliche Politiker haben zähneknirschend zugesehen, wie pompös Putin

in Abu Dhabi und Riad empfangen wurde. Seit dem brutalen Gaza-Krieg sind

Russland und die Golfstaaten enger zusammengerückt. Sie haben wiederholt

deutlich gemacht, dass sie im Großkonflikt zwischen Russland und dem

Westen neutral bleiben wollen.


Der russische Präsident Wladimir Putin fährt diese Woche gleichsam die

Ernte eines für ihn sehr erfolgreichen Jahres ein. Die Gegenoffensive

der Ukraine ist krachend gescheitert, wobei die ersten Risse in der

Führungsebene der Kiewer Regierung sichtbar geworden sind. Vom

Gaza-Krieg profitiert auch der Kreml, da die internationale

Aufmerksamkeit mittlerweile von der Ukraine auf Israel abgelenkt worden

ist. Und seitdem der Westen im Nahost-Konflikt einseitig Partei für

Israel ergriffen hat, gibt das Putin neue Gelegenheiten, als Anführer

des Globalen Südens aufzutreten. Vor diesem Hintergrund traf der

russische Präsident am Mittwoch zu einem Kurzbesuch am Golf in den

Vereinigten Arabischen Emiraten und dann später in Saudi-Arabien ein.


Obwohl die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ein Verbündeter der USA

sind, haben sie enge Beziehungen zu Russland. Bei der Ankunft des

Kremlchefs flogen Maschinen der Luftwaffe der Emirate in Formation. Die

Flugzeuge gaben dabei Rauch in den Nationalfarben Russlands ab. Soldaten

auf Pferden und Kamelen säumten die Ankunftsroute. An Masten wehten

russische Flaggen und der Vereinigten Arabischen Emirate. Der prunkvolle

Empfang unterstrich die weitreichenden Beziehungen der VAE zu Russland.


Der Empfang zeugte davon, dass das westliche Narrativ über die angeblich

weltweite Isolation Russlands der Realität widerspricht. Die Bilder über

den herzlichen Empfang Putins in der VAE standen im Kontrast zum Empfang

des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Katar, wo man

den deutschen Politiker absichtlich eine halbe Stunde lang im Flugzeug

warten ließ.


Der Besuch des russischen Präsidenten in den Emiraten unterstreicht die

weitreichenden Geschäftsbeziehungen der VAE zu Russland, die sich seit

der Verschärfung der westlichen Sanktionen gegen Moskau ausgeweitet

haben. Die VAE sind für Russland vor allem ein wichtiger Weg, die

westlichen Sanktionen zu umgehen.


Nach Putins Ankunft in der saudischen Hauptstadt Riad tauschten er und

Kronprinz Mohammed bin Salman einen kräftigen Händedruck und ein Lächeln

aus. Putin sagte, die russisch-saudischen Beziehungen hätten "ein Niveau

erreicht, das sie nie zuvor gesehen haben". Der russische Präsident und

der saudische Kronprinz sprachen am Mittwoch als Mitglieder der OPEC+

über die weitere Zusammenarbeit bezüglich der Ölpreise, wie ein Sprecher

des Kremls mitteilte. Für das kommende Jahr kündigte bereits die

Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) an, weniger Öl zu

fördern. So sollen die Preise wieder in die Höhe klettern und davon

profitieren wiederum die Länder des Globalen Südens. Im Format OPEC+

stimmen sich Saudi-Arabien und Moskau ab. Russland ist auf hohe Ölpreise

angewiesen, um die im Ukraine-Krieg gestiegenen Kosten für die Rüstung

zu finanzieren.


Putin und bin Salman, die zusammen ein Fünftel des täglich geförderten

Öls kontrollieren, unterhalten seit Langem enge Beziehungen, seitdem

Riad versucht, seine Beziehungen zum Westen und Osten auszubalancieren.


Die VAE und Saudi-Arabien sind maßgeblich an den internationalen

Bemühungen um eine Beilegung des Krieges zwischen Israel und der Hamas

beteiligt. Putin bezeichnete bereits den Gaza-Krieg als ein Versagen der

US-Diplomatie. Saudi-Arabien und die Emirate haben an verschiedenen

Stellen auch deutlich gemacht, dass sie sich im Großkonflikt zwischen

Russland und dem Westen nicht auf eine Seite stellen wollen.


Sowohl die Emirate als auch Saudi-Arabien wollen im kommenden Jahr unter

russischem Vorsitz Mitglieder der Vereinigung der BRICS-Staaten werden –

das wäre aus der Sicht der Kremlführung dann ein weiterer Schritt in

Richtung einer multipolaren Weltordnung, die eine von Washington

dominierte Ordnung ablösen soll. Putin wird seine diplomatischen

Bemühungen am Donnerstag fortsetzen und den iranischen Präsidenten

Ebrahim Raisi im Kreml empfangen. Seit dem Ukraine-Krieg bildet sich

eine neue Allianz unter den Staaten im Globalen Süden, die sich vom

westlichen Weltordnungsbild nicht mehr einspannen lassen wollen.


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07.12.2023

Ukaine: WaPo kommt der Wahrheit näher...

aus e-mail von Doris Pumphrey, 7. Dezember 2023, 16:51 Uhr


*"Wir haben auf die Falschen gesetzt" –

Selenskijs Ex-Berater kommt ins Grübeln

*In einem live auf seinem YouTube-Kanal übertragenen Gespräch mit dem

ukrainischen Journalisten Nikolai Feldman hat der ehemalige

Präsidentenberater Alexei Arestowitsch sich zur aktuellen Lage der

Ukraine geäußert. Dabei ging es auch um die geopolitische Dimension des

Konflikts mit Russland, wo Arestowitsch sichtlich verbittert feststellt,

dass die Ukrainer "im Konflikt zwischen Globalisten und Realisten auf

die Falschen gesetzt" haben.

/Hier zum kurzen Video:

/https://odysee.com/@RTDE:e/-Wir-haben-auf-die-Falschen-gesetzt--%E2%80%93-Selenskijs-Ex-Berater-kommt-ins-Gr%C3%BCbeln:9

<https://odysee.com/@RTDE:e/-Wir-haben-auf-die-Falschen-gesetzt--%E2%80%93-Selenskijs-Ex-Berater-kommt-ins-Gr%C3%BCbeln:9>


RT 7.12.2023


*Washington Post zur Ukraine: Annäherungen an die hässliche Wahrheit

*/Von Dagmar Henn

/

So weit im Eingeständnis der Niederlage ging noch kein Text, der in

einem westlichen Medium veröffentlicht wurde. Aber auch der neue Artikel

der Washington Post schafft nicht die ganze Strecke, und die Erkenntnis

verbirgt sich hinter einem falschen Drama und vielen Vorurteilen.


Es muss weh tun. Das merkt man dem ausführlichen Bericht

<https://www.washingtonpost.com/world/2023/12/04/ukraine-counteroffensive-us-planning-russia-war/

der /Washington Post/ über die gescheiterte ukrainische Offensive

deutlich an. Schließlich war das Ganze monatelang geplant worden, in

Wiesbaden, bei EUCOM. Und dann ging alles derart gründlich schief.


Das jedenfalls wird eingestanden, auch wenn nach wie vor das Wort "Patt"

das Wort "Niederlage" kaschiert. Diese Pläne sind gescheitert. An diesem

Punkt geht es nicht weiter, und der geradezu episch zu nennende Bericht

– zwei lange Teile, eigentlich schon eher eine Broschüre als ein Artikel

– weckt auch keinerlei Hoffnung auf einen militärischen Ausweg.


Damit erweist sich ein weiteres Mal, dass die öffentliche Darstellung in

den Vereinigten Staaten immer noch ein gutes Stück näher an der Realität

ist als in Deutschland und im restlichen Westeuropa, wo die Ukraine

immer noch siegen kann, und sei es, wie der CDU-Politiker Roderich

Kiesewetter jüngst vorschlug, indem man alle in der EU befindlichen

männlichen Ukrainer noch in den Fleischwolf wirft. Ganze zehn Brigaden

könnte man in Deutschland holen, meinte er.


Ein Sieg für die Ukraine, so das Fazit des Artikels, sei weit weniger

wahrscheinlich als Jahre von Krieg und Zerstörung. Noch nicht die ganze

Wahrheit, aber doch nahe dran. Interessant sind all die anderen Details,

die hier erstmalig oder zumindest zum ersten Mal so geballt und so

deutlich berichtet werden.


Die Rolle, die die US-Einrichtungen in Deutschland gespielt haben.

Grafenwöhr in Franken etwa taucht als Szene eines Besuchs des

US-Generals Mark Milley im Januar 2023 bei ukrainischen Truppen auf, die

dort ausgebildet werden, und nebenbei findet sich dann die Aussage "Die

Einrichtung war seit 2014 genutzt worden, um kleine Gruppen von

Ukrainern auszubilden". Gruppen, deren Aufgabe dann darin bestand, den

Donbass anzugreifen. Wie weit war die deutsche Regierung einverstanden

oder daran beteiligt?


Die militärische Planung der ukrainischen Offensive fand ebenfalls in

Deutschland statt:

/"In den Anfangsmonaten des Jahres 2023 führten Militärs aus

Großbritannien, der Ukraine und den Vereinigten Staaten in einem

Stützpunkt der US-Armee in Wiesbaden eine Reihe von Kriegsspielen durch,

wo ukrainische Offiziere in ein neu etabliertes Hauptquartier integriert

wurden, das dafür verantwortlich war, den Kiewer Kampf zu unterstützen."/


Der ganze Bericht der/WaPo/ gibt sich große Mühe, den Ukrainern

unabhängige Entscheidungen zuzuschreiben. Wie real das ist und wie

direkt der Einfluss dieser Wiesbadener Kommandozentrale war, ist aber

ein anderes Thema. Vor allem, weil eines der Ziele dieser Darstellung

mit Sicherheit darin besteht, die Verantwortung für das Ergebnis

vorzugsweise bei der ukrainischen Seite anzusiedeln.


Schließlich hätten die Wiesbadener Planer der Ukraine einen einzigen,

hochgerüsteten Keil in Richtung Melitopol angetragen, und es sei Kiew

gewesen, das auf drei kleineren Angriffsbewegungen bestanden hätte. "Die

westliche Militärdoktrin", so die /WaPo/, "fordert einen konzentrierten

Schlag auf ein einziges Ziel." Wer dahinter den Schatten des Blitzkriegs

erahnt, vermutet wahrscheinlich richtig; nur dass, wenn man die

russischen Vorbereitungen betrachtet, auch diese Variante gescheitert

wäre. Die befestigten Stellungen der russischen Armee seien "nach

sowjetischem Handbuch" gebaut worden, was nicht verwundert, denn der

Aufbau mit mehreren Reihen befestigter Stellungen spielte schon in der

Schlacht von Kursk eine entscheidende Rolle. Die bekanntlich nicht mit

einem Erfolg der Angreifer endete.


Der oben erwähnte Besuch Milleys galt der 47. Brigade der ukrainischen

Armee, die in Grafenwöhr geschult wurde und die für den Durchbruch

Richtung Melitopol vorgesehen war. An dieser Stelle lässt sich gut

erkennen, auf welche Weise die /WaPo/ mit den unangenehmeren

Informationen umgeht. Es wird offen eingestanden, dass diese Brigade zu

70 Prozent mit frisch Eingezogenen bemannt war, weil "über ein Jahr des

Krieges die ukrainischen Streitkräfte viel gekostet" habe. Aber sogleich

wird daraus ein Vorteil gezaubert: "Junge Offiziere würden die

NATO-Taktiken unbeeinflusst von der sowjetischen Weise der Kriegsführung

aufnehmen, die immer noch Teile des ukrainischen Militärs beeinflusste."


Das weitaus größere Problem war allerdings, dass die in Wiesbaden

ausgetüftelte Strategie schlicht die gesamte militärische Entwicklung ‒

die sich bereits im Donbasskrieg abgezeichnet hatte, aber im Verlauf des

ersten Jahres der Speziellen Militäroperation einen gewaltigen Sprung

machte ‒ nicht wirklich berücksichtigt hatte. In Grafenwöhr, gesteht die

/WaPo/, hätten die Ukrainer darauf bestanden, Drohnen in die Ausbildung

mit einzubeziehen. Die US-Ausbilder weigerten sich anfänglich, weil "die

Übungsprogramme bereits festgelegt waren". An anderer Stelle wird

eingestanden:


/"Die ukrainischen Soldaten kämpften einen Krieg, wie ihn keine

NATO-Truppe erlebt hatte: einen großen konventionellen Konflikt, mit

Gräben im Stil des Ersten Weltkriegs, unter allgegenwärtigen Drohnen und

anderen futuristischen Werkzeugen – und ohne die Luftüberlegenheit, die

das US-Militär in jedem modernen Konflikt hatte, in dem es kämpfte."/


Das Fazit eines anonymen Ukrainers, das die /WaPo/ hierzu anführt,

lautet profan: "Diese ganzen Methoden – man kann sie geradewegs nehmen

und wegschmeißen, weißt du?" Ein weiterer der Fälle, in denen dieser

Text die Wahrheit ausspricht, aber trotzdem hinterher versucht, sie

wieder ungesagt zu machen.


Auch bezogen auf die Fantasie des siegreichen Panzerkeils gibt es an

anderer Stelle eine Antwort. Denn das Fazit eines anderen ukrainischen

Offiziers bezogen auf die amerikanischen Vorhaltungen, man sei einfach

zu sparsam mit dem gelieferten Material umgegangen, lautet nüchtern:

"Die Ausrüstung, die auf dem Schlachtfeld erscheint, hat eine

Lebenserwartung von maximal einer Minute."


Man könnte auf dieser Grundlage sagen, nicht nur die Ukraine, sondern

die gesamte NATO hat im Grunde keine Ahnung, wie sie unter derartigen

Bedingungen Erfolge erzielen könnte. Die heutige Führungsgeneration geht

von völlig falschen Voraussetzungen aus, weil auch niemand mehr übrig

ist, der noch mit den Berechnungen vertraut ist, die während des Kalten

Krieges angestellt wurden, die beispielsweise einem Panzergrenadier eine

Überlebenszeit von 90 Sekunden gaben. Immer noch mehr als eine Minute,

aber doch nahe dran.


Auch diese Frage der falschen Annahmen wird in dem Artikel durchaus

angesprochen, wenn auch recht verborgen, im Kontext der Berechnung

möglicher Verluste bei der Planung, wo es heißt: "Die amerikanischen

Offiziere hatten in den größeren Schlachten im Irak und in Afghanistan

erlebt, dass die Verluste weit niedriger waren, als geschätzt worden

war. Sie sahen die Schätzungen als Ausgangspunkt für die Planung der

medizinischen Versorgung und der Evakuierungen vom Schlachtfeld, wodurch

die Verluste nie das angenommene Niveau erreichten." Sprich, die

Berechnungen mögen eventuell sogar zutreffend gewesen sein, aber die

vorhandene Erfahrung hinderte daran, sie tatsächlich ernst zu nehmen.


Strenggenommen reichen schon diese Punkte, um eine Niederlage

wahrscheinlich werden zu lassen. Dazu kam dann noch das Problem mit der

Artilleriemunition, was weder die (hier erstmals eingestanden)

350.000 aus Südkorea bezogenen Granaten dauerhaft lösen konnten, noch

die Lieferung von Clustermunition; die Produktion in den USA, so die

/WaPo/, liegt bei weniger als 9.000 Granaten im Monat.


Oder das winzige Detail, dass zumindest nach ukrainischen Aussagen, die

die /WaPo/ anführt, das gelieferte westliche Material oft schadhaft war:

"Deutsche Marder-Schützenpanzer hatten keinen Funk; sie waren nicht mehr

als Eisenschachteln auf Ketten", wird ein weiterer Ukrainer zitiert. Von

amerikanischer Seite erfolgt im Gegenzug der Vorwurf, die Ukrainer wären

nicht fähig, das gute Gerät angemessen zu behandeln. Und, zu guter

Letzt, selbst die Lieferung der von Kiew so begehrten F-16 würde nichts

ändern. Dazu sagte ein höherer US-Offizier: "Wenn man in drei Monaten

eine Staffel F-16-Piloten ausbilden könnte, dann wären sie am ersten Tag

abgeschossen worden, denn die russische Luftabwehr in der Ukraine ist

sehr stark und sehr fähig."


Es lässt sich also in diesem Artikel alles finden, was nötig ist, um

alle Hoffnungen auf einen Sieg nicht nur der Ukraine, sondern auch der

NATO selbst zu beenden. Da führt schlicht kein Weg hin. Aber diese

ganzen Punkte sind in den Artikel eingestreut, während die

Aufmerksamkeit gezielt auf eine ganz andere Geschichte gelenkt wird –

auf die Kommunikation zwischen dem Pentagon und der ukrainischen Armee.


So soll der Chef von EUCOM, General Christopher Cavoli, den ukrainischen

Generalstabschef Saluschny im Sommer wochenlang nicht erreicht haben.

Die Ukrainer hätten den Beginn der Offensive immer weiter

hinausgezögert. Und da wäre ja noch der große Fehler der drei

Angriffskeile, die der ursprünglichen Planung widersprachen.


Es ist diese Geschichte, die beim unaufmerksamen Lesen die anderen

Informationen überlagert, weil hier handelnde Personen

aufeinanderprallen, US-Generalstabschef Mark Milley, Saluschny,

Selenskij, Pentagon-Chef Lloyd Austin... Dass das Drama, in dem diese

Personen aufgestellt werden, auch bei einem völlig anderen Verlauf

nichts an den erwähnten objektiven Gegebenheiten ändern würde, ist eine

Erkenntnis, die man sich bei der Lektüre selbst erarbeiten muss.


Zur Garnierung werden dann noch allerlei Vorurteile und

Propagandabröckchen geliefert, die von der technischen Ebene ablenken.

So wird zwar die Zahl ukrainischer Verluste bis Anfang 2023 mit 130.000

für westliche Medien relativ hoch angesetzt, aber es wird ebenfalls

behauptet, die russischen hätten zur gleichen Zeit 200.000 betragen. Man

habe die russische Bereitschaft unterschätzt, "Leben in einer

Größenordnung zu opfern, die wenige andere Länder billigen könnten",

während die Ukrainer "sich vor katastrophalen Verlusten fürchteten".


Von den Sperrtruppen, die die schlecht motivierten Soldaten an der

Flucht hindern sollen (die, nebenbei, mit Videos belegt sind, allerdings

bei der ukrainischen Armee), bis hin zur menschlichen Flut, die bei

Angriffen die fehlenden Fähigkeiten ersetzen soll, wird fast jedes

Klischee wiederholt, das schon über die sowjetische Armee im Umlauf war.

Ein Musterbeispiel dafür liefert ein Zitat von CIA-Chef William J. Burns:


/"Bei all ihrer Inkompetenz im ersten Kriegsjahr gelang es ihnen [den

Russen], eine chaotische Teilmobilisierung zu starten, um eine Menge

Löcher in der Front zu stopfen. In Saporoschje konnten wir sehen, wie

sie wirklich ziemlich beeindruckende feste Verteidigungen aufbauten,

schwer zu durchbrechen, wirklich teuer, wirklich blutig für die Ukrainer."/


Tatsächlich wurden besagte Verteidigungen nie durchbrochen, auch wenn

die /WaPo/ behauptet, etwa das endlos umkämpfte Dorf Rabotino liege

hinter der ersten dieser Linien. Das Zitat von Burns belegt aber genau

diese eigenartige Mischung aus Verachtung und Unglauben, die den Artikel

prägt.


Bei den Planspielen in Wiesbaden war sogar eine Kapitulation Russlands

als Möglichkeit erwogen worden. "Die Aufklärung während des Winters

hatte gezeigt, dass die russische Verteidigung vergleichsweise schwach

und überwiegend unbesetzt war, und dass die Moral der russischen Truppen

nach ihren Niederlagen in Charkow und Cherson schlecht war. Die

US-Aufklärung schätzte, dass die führenden russischen Offiziere von

trüben Aussichten ausgingen."


Man kann sich natürlich fragen, wie viel dieser Aufklärung von

US-amerikanischer, und wie viel davon von ukrainischer Seite stammte.

Aber an diesen Vorurteilen wird eisern festgehalten. Man hat sie

schließlich nicht umsonst seit 1946 gehegt und gepflegt.


Es ist dieses erbitterte Festhalten am Feindbild, das in der /Washington

Post/ Sätze wie jenen von Mark Milley auftauchen lässt, den er in

Grafenwöhr zu ukrainischen Diversanten gesagt haben soll:

/"Es sollte keinen Russen geben, der sich schlafen legt, ohne sich zu

fragen, ob ihn mitten in der Nacht nicht die Kehle durchgeschnitten wird."/


Dahinter ist die unausgesprochene Erwartung, dass besagte ukrainische

Diversanten auf die bereitwillige Unterstützung der Bevölkerung hoffen

können. Eine Erwartung, die vielleicht in Galizien eine Grundlage hat,

aber nicht in jenen Gebieten, in denen die Kämpfe bisher stattfanden.

Dass aber eine ordentliche, gesetzte Zeitung wie die /WaPo/ (auch wenn

sie enge Beziehungen zur CIA hegt) einen solchen Satz zitiert, als sagte

man so etwas bei einem gepflegten Abendessen, zeigt schon, wie tief

dieses verzerrte Bild der Russen sitzt.


Wäre dem nicht so, wäre der Artikel zu einem wesentlich klareren Fazit

gekommen. So sind es Unglaube und Unverständnis, die eine nüchterne

Betrachtung des Scheiterns in der Ukraine verhindern. Was betrüblich

ist, weil das wiederum wenig dazu beiträgt, die westlichen Regierungen

zu einem auf Tatsachen und nicht Fantasien und Wünschen beruhenden

Handeln zu bewegen.


Dabei gibt es in diesem Artikel einen Satz, der sämtliche

NATO-Kriegsplaner bis in ihre Träume verfolgen sollte. Denn eigentlich

war die Niederlage wesentlich schneller absehbar, der Zeitpunkt, an dem

sich die Planungen als untauglich erwiesen, trat sehr früh ein. "Am

vierten Tag hatte General Saluschny, der oberste Kommandeur der Ukraine,

genug gesehen. Verbrannte westliche Rüstungsgüter – amerikanische

Bradleys, deutsche Leopard-Panzer, Minenräumfahrzeuge – übersäten das

Schlachtfeld. Die Zahl der Toten und Verwundeten untergrub die Moral.

[…] Monate der Planung mit den Vereinigten Staaten wurden an diesem

vierten Tag in den Müll geworfen."


Vier Tage, und ein Angriff, an dessen Vorbereitung die gesamte NATO mit

Informationen, Planung und Material beteiligt war, ist gescheitert. Wie

viele wären noch am Leben, wäre dieser Moment als das wahrgenommen

worden, was er war. Wie viele könnten noch am Leben bleiben, wäre der

Westen imstande, seine Vorurteile beiseite zu legen und auf die

Tatsachen zu reagieren. Aber die Annäherung an diese Wahrheit ist zu

schmerzhaft.


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.12.2023

Ursache für Impfschäden? Forscher entdecken unerwartete Prozesse nach BioNTech-Impfung

meinungsfreiheit.rtde.life, 7 Dez. 2023 21:57 Uhr

In einer neuen Studie wurde festgestellt, dass sich bei mRNA-Impfungen ungewollte Proteinbestandteile bilden können. Grund dafür ist die von den Herstellern chemisch modifizierte mRNA. Liegt hier die Erklärung für schwere Impfnebenwirkungen?


Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de


Symbolbild


Zahlreiche Menschen in der Bundesrepublik verweigerten in der Corona-Krise die von Politik und Medien hochgelobten mRNA-Impfstoffe, da sie diese neuartige Technologie nicht für ausreichend erforscht hielten. Viele fragten sich unter anderem: Was, wenn die mRNA-Technik molekulare Prozesse im Körper hervorruft, mit denen man nicht gerechnet hätte?

Eine neue im Fachjournal Nature veröffentlichte Studie liefert nun Hinweise, dass diese Befürchtungen womöglich nicht unbegründet waren. Das Team um Anne E. Willis von der University of Cambridge konnte zeigen, dass bei mRNA-Impfungen kleine Mengen an unerwünschten Proteinen entstehen. Durch die chemische Modifikation der mRNA in den Vakzinen kann es durch einen Prozess namens "ribosomales Frameshifting" dazu kommen, dass die genetischen Informationen der mRNA nicht korrekt ausgelesen werden und bei diesem Vorgang in einigen Fällen eine Art "molekularer Ausschuss" produziert wird. Um zu verstehen, wie es dazu kommt, ist es jedoch notwendig, sich die Funktionsweise der mRNA-Technologie vor Augen zu führen.


Europäische Arzneimittel-Agentur: "COVID-19-Impfstoff" diente rein dem Schutz der geimpften Person




Analyse

Europäische Arzneimittel-Agentur: "COVID-19-Impfstoff" diente rein dem Schutz der geimpften Person





Wenn die in Nanolipiden, also winzigen "Fettkügelchen", verpackte mRNA in die Zellen gelangt, wird die Information der mRNA von den Ribosomen, also den "Proteinfabriken" der körpereigenen Zellen, ausgelesen. Im Fall der mRNA-Technologie sollen diese beim Translationsvorgang dann Teile des Spike-Proteins, welches sich normalerweise auf der Hülle des SARS-CoV-2-Erregers befindet, herstellen. Dieses soll dann wiederum eine Antwort des Immunsystems hervorrufen. Damit dieser Prozess aber überhaupt stattfindet, muss die mRNA im Impfstoff einigermaßen stabil sein und darf nicht direkt vom Körper abgebaut werden.

Daher werden die Bausteine der mRNA chemisch modifiziert. Konkret wird statt Uridin sogenanntes N1-Methylpseudouridin verwendet.

Der neuen Studie zufolge kann dies nun dazu führen, dass die "Bauanleitung" für die Proteine nicht mehr im üblichen Dreiertakt abgelesen wird – das Leseraster verschiebt sich. Das passiere zwar nur selten, wie die Forscher betonen. Wenn dies passiert, stoppt der Translationsprozess in der Regel. In einigen Fällen kann es jedoch auch passieren, dass molekularer "Ausschuss" beziehungsweise unerwünschte Proteine gebildet werden – also solche, die keine Funktion haben.


Medienbericht: Zahlreiche Ungereimtheiten und mutmaßlicher Betrug bei Pfizer-Zulassungsstudie




Medienbericht: Zahlreiche Ungereimtheiten und mutmaßlicher Betrug bei Pfizer-Zulassungsstudie






Um die möglichen Auswirkungen dieser Mutationen zu erforschen, untersuchten die Wissenschaftler die Reaktionen auf den Impfstoff von BioNTech/Pfizer zunächst in Mäusen. Tatsächlich zeigte sich eine veränderte Bildung von Proteinen und eine unbeabsichtigte Immunantwort. Anschließend wurden die Reaktionen auf die verschiedenen Impfstoffe beim Menschen untersucht. Von zwei Gruppen aus insgesamt 41 Probanden erhielt eine Gruppe den Vektorimpfstoff von AstraZeneca, die andere den BioNTech/Pfizer-Impfstoff.

Zur Erinnerung: Der Vektorimpfstoff des Unternehmens AstraZeneca wird in Deutschland seit Ende 2021 nicht mehr verabreicht, nachdem Fälle von Sinusvenenthrombosen aufgetreten waren. In der neuen Studie wurde jedoch in erster Linie die Immunantwort untersucht. Dabei ergab sich den Forschern zufolge, dass der BioNTech/Pfizer-Impfstoff bei Menschen im Vergleich zum AstraZeneca-Impfstoff zu einer höheren unbeabsichtigten Immunantwort führen kann.

Bei 21 Menschen, die mit dem BioNTech/Pfizer-Vakzin geimpft wurden, trat eine solche Reaktion demnach überdurchschnittlich häufig auf. Die Probanden zeigten zwar keine Symptome, allerdings konnten die Wissenschaftler in ihren Blutproben immunologische Prozesse identifizieren, die sich gegen die unerwünschten Proteine und nicht gegen die Spike-Proteine richteten.

Die Forscher erklärten allerdings auch, dass sie in ihren bisherigen Versuchen keine gesundheitsschädlichen Effekte beobachtet haben. In ihren Versuchen stellten sie weiterhin fest, dass es möglich sei, mRNA-Impfstoffe so zu stabilisieren, dass den Ribosomen keine Lesefehler unterlaufen.


Chemiker wollen von BioNTech wissen: Enthalten die Chargen unterschiedlichen Impfstoff?





Chemiker wollen von BioNTech wissen: Enthalten die Chargen unterschiedlichen Impfstoff?





Allerdings stellt sich nun die Frage, ob die beobachteten Effekte mit den bekannten, in einigen Fällen aufgetretenen schweren Impfnebenwirkungen im Zusammenhang stehen. In einer Mitteilung des Science Media Center, einer Art Agentur für Wissenschaftskommunikation, welche von den deutschen "Leitmedien" vielfach zitiert wurde, gaben die befragten Wissenschaftler, die nicht an der Studie beteiligt waren, überwiegend Entwarnung und wiesen oftmals auch auf derzeitige Unklarheiten hin.

Marina Rodnina, Biochemikerin und Direktorin der Abteilung Physikalische Biochemie am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen, erklärte beispielsweise, dass derartige Effekte in menschlichen Zellen auch ohne Impfung vorkommen können. Im Normalfall seien die Zellen gut ausgestattet, unerwünschte Proteine zu entfernen. Zudem zeigen die Daten der Studie, dass die Menge der gebildeten Proteinbestandteile sehr gering sei. Ob die von den falsch hergestellten Proteinen ausgelösten Immunantworten gesundheitlich nicht relevant für Menschen sind, lasse sich angesichts der geringen Zahl an Probanden nicht abschließend klären. Sie betonte auch, dass "man auf der Grundlage sehr kleiner Kohorten (wie in dieser Arbeit) keine Schlussfolgerungen ziehen sollte und dass weitere Studien speziell auf die potenziellen Auswirkungen solcher Transframe-Peptide ausgerichtet sein sollten".

Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, erklärte ebenfalls, dass er sich weitere und tiefer gehende immunologische Analysen bei geimpften Menschen wünsche. "Die vorliegenden Daten sind interessant, sollten aber durch weitere Studien unbedingt rasch bestätigt und erweitert werden", sagt er. Den beschriebenen Effekt halte er jedoch nicht für "gefährlich oder beunruhigend". Er habe "mit allergrößter Wahrscheinlichkeit" auch nichts mit der allgemeinen Impfreaktion oder mit den Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen zu tun.

Einige Wissenschaftler äußerten sich jedoch teilweise kritischer: Neva Caliskan, Biochemikerin am Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung in Würzburg, weist beispielsweise darauf hin, dass die Auswirkungen der Modifikationen auf die Genauigkeit der mRNA-Translation "noch nicht vollständig untersucht" worden seien.


Whistleblower: Gefälschte Daten in Pfizer-Zulassungsstudie






Whistleblower: Gefälschte Daten in Pfizer-Zulassungsstudie 






Caliskan erklärte auch, dass Immunzellen auf bestimmte Bereiche der durch "Frameshifting" gebildeten Proteinbestandteile (Peptide) sehr empfindlich reagieren könnten, selbst auf kleinste Mengen. Solche Vorgänge stellten "zwar ein geringes Risiko dar, können aber eine Autoimmunreaktion hervorrufen und die Wirksamkeit von mRNA-Therapeutika beeinträchtigen". In welchem Maße dies der Fall sei, müsse in weiteren Experimenten untersucht werden.

Dann könnte man unter anderem auch feststellen, warum Menschen auf die mRNA-Impfung unterschiedlich reagieren. Zu den schweren aufgetretenen Impfnebenwirkungen werden im Rahmen des Post-Vac-Syndroms auch Autoimmunerkrankungen diskutiert.

Einigkeit herrscht unter den Wissenschaftlern demnach lediglich darüber, dass der beobachtete Effekt interessant sei und er weiter erforscht werden müsse.


Mehr zum Thema - Bleibende Herzschäden und Augen-Thrombosen: Neue Impfstudien alarmieren


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/189272-ursache-fuer-impfschaeden-forscher-entdeckten


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.12.2023

Nationale Befreiung, Dekolonisierung, Marxismus

hagalil.com, vom 5. Dezember 2023 – 22 Kislev 5784

Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag auf einer studentischen Veranstaltung in Frankfurt a.M. am 30.11.2023 zum Thema „Nation und Linke“. Der Beitrag versucht, das Thema anhand des Krieges zwischen Israel und der Hamas zu behandeln, der uns in diesen Tagen am meisten bewegt. Von Detlef zum Winkel


Es stellen sich zwei fundamentale Fragen, denen man nicht ausweichen kann:


1. Ist das Vorgehen der Hamas Terrorismus und somit die Hamas eine terroristische Organisation oder ist sie Teil eines Befreiungskampfes des unterdrückten palästinensischen Volkes?


2. Ist das Vorgehen des israelischen Militärs im Gaza-Streifen Mittel und Ausdruck einer kolonialistischen Eroberung oder einer Verteidigung des eigenen Staats und der eigenen Bevölkerung gegen die Bedrohung seiner Existenz?


Zur ersten Frage.

Zum Überfall der Hamas am 7. Oktober haben uns zahlreiche Informationen erreicht. Sie alle beschreiben extreme Grausamkeiten, die von den Angreifern verübt wurden. Dazu schrieb eine Twitter-Nutzerin noch am Tag des Geschehens: „Was habt ihr denn gedacht, was Dekolonisierung bedeutet?“


Nun ist es manchmal so, dass sich ein oder zwei Bilder unabhängig von der Absicht, in der sie gezeigt wurden, in das Gedächtnis der Menschheit einprägen. Beim Vietnamkrieg gab es beispielsweise solche Fotos. Sie besiegelten das vernichtende Urteil der internationalen Öffentlichkeit über den Kriegseinsatz der USA in Vietnam.


Ein Bild von noch unübersehbarer Bedeutung gibt es auch vom 7. Oktober. Es zeigt den fast nackten Körper einer sterbenden oder schon toten Frau auf der Ladefläche eines Pickups, umringt von triumphierenden Männern mit den Abzeichen der Hamas, die sie verhöhnen und bespucken. Wahrscheinlich handelt es sich um Shani Louk, die mit hunderten anderen Teilnehmern ein Festival in der Nähe von Re’im im Gaza-Umland besucht hatte und dort ermordet wurde. Ein Musikfestival, ein Ereignis von Kultur, Lebensfreude, Frieden.


Wie anders sollen wir das bezeichnen, wenn nicht als Terrorismus, verübt von terroristischen Organisationen? Noch so viele Definitionskünste und offene Briefe von Definitionskünstlern ändern nichts daran, dass sich dieses Bild, stellvertretend für hunderte von Untaten an jenem Tag, als Dokument des Terrorismus der Hamas weltweit einprägen wird.


Um auf den oben zitierten Tweet zurückzukommen: Nein, so haben wir uns eine Dekolonisierung nicht vorgestellt. So etwas haben sich auch der Vietcong oder die algerische Befreiungsbewegung FLN nicht vorgestellt, auch nicht die kubanischen Revolutionäre oder die von Mozambik. In Kambodscha allerdings wurden solche Verbrechen massenhaft verübt. Sie richteten sich, was nicht überrascht, gegen das eigene Volk. Damit katapultierten sich die Roten Khmer und ihre Unterstützer unweigerlich aus allen linken Zusammenhängen, auch wenn manche lange brauchten, um das einzusehen.


Es gab Gewalttaten von Befreiungsbewegungen, die nach heutigem Sprachgebrauch als terroristisch bezeichnet werden würden, weil aus dem Hinterhalt geschossen oder versteckte Sprengsätze gezündet wurden. Diese Gewalt zielte gegen bedeutende Repräsentanten oder militärische und polizeiliche Einrichtungen, von denen die Unterdrückung ausging. Die wahllose Hinrichtung möglichst vieler Zivilisten, darunter Frauen, Kinder, Alte, gehörte weder zum Programm noch zur Praxis jener Bewegungen. Das war ein wesentlicher Faktor, der Marxistinnen und Marxisten dazu animierte, mit ihnen zu sympathisieren; sie schienen sich in den Klassenkampf der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter zu integrieren.


Bereits die Anschläge von 9/11 lassen sich nicht mehr in dieses Schema einordnen. Sie töteten 3000 Sachbearbeiter*innen, mittlere Angestellte, Dienstleister – Menschen in alltäglichen Jobs.

An 9/11 war keine palästinensische Organisation beteiligt, es wurde aber von vielen gefeiert, mit der Verteilung von Süßigkeiten, Tee und Straßenpartys. Doch was war mit den Flugzeugentführungen der siebziger und achtziger Jahre? Was mit dem Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft 1972 in München? Dem Bombenanschlag 1994 auf ein jüdisches Kulturzentrum in Buenos Aires? Das waren keine unkontrollierten oder unvermeidlichen Gewaltausbrüche. Vielmehr hat der Terrorismus eine lange Tradition in Teilen der palästinensischen Politik und jetzt greift er nach der Führungsrolle.


Zusammenfassend: Der Vietcong alias FNL hat nicht daran gedacht, ein Woodstock Festival anzugreifen, nicht einmal in den wüstesten Phantasien seiner Kämpfer.

Kommen wir zu der zweiten anfangs gestellten Frage. Israel verweigert den Palästinensern einen eigenen Staat, zwingt sie unter unwürdigen Bedingungen zu leben, weitet sein Territorium durch immer neue Siedlungen aus und schlägt mit überlegenem Militär zurück, wenn es angegriffen wird. Dies scheint evident zu sein, ist aber in einem entscheidenden Punkt falsch.


Geht man 30 Jahre zurück und betrachtet die Schlüsselereignisse rund um die Abkommen von Oslo, ist das Bild ein anderes. Damals war Yitzhak Rabin Premierminister und Schimon Peres sein Außenminister. Sie verfolgten die Vision einer israelisch-palästinensischen Versöhnung und betrachteten Yassir Arafat als Partner, mit dem man diese Reise unternehmen könne. Gegen das Friedensprojekt organisierte Netanyahu Hassmärsche, bei denen insbesondere Rabin als Landesverräter gebrandmarkt wurde.


Dann wurde Rabin von einem extremistischen Fanatiker erschossen. Israel war schockiert und entsetzt. Die Rechten waren in der Defensive.


Schimon Peres hätte, ganz gleich wie umstritten er war, die nächste Wahl gewonnen, weil viele Wähler*innen dachten, ihre Stimme nochmal Rabin zu geben, auch solche, die vorher an ihm gezweifelt hatten.


Hier hätte die palästinensisch-arabische Seite einfach die Hände in die Hosentaschen stecken und abwarten können: in sechs Monaten hätte Peres die Wahl gewonnen und der Oslo-Prozess wäre ohne Rabin fortgesetzt worden. Aber die Extremisten unter ihnen wollten das nicht. Deshalb haben sie solange Selbstmordattentäter in israelische Autobusse geschickt, bis Netanyahu (knapp!) als Sieger feststand. Sie haben sich in die Wahl eingemischt, Panik verbreitet und Mehrheitsverhältnisse herbeigeführt, die bis heute anhalten.


Deswegen halte ich eine Kontextualisierung für falsch, wonach die jahrzehntelange Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung Widerstand und Terror hervorbringt und eben auch barbarische Aktionen. Daran stimmt etwas nicht, weil sich der Terror ausgerechnet gegen diejenigen richtete, die in der Lage gewesen wären, eine Wende zum Besseren herbeizuführen.

Und nun also dieses Massaker. Den Drahtziehern der Hamas muss von Anfang an klar gewesen sein, dass eine solche Aktion schwere Nachteile für sie selbst und schreckliche Folgen für die Bewohner des Gazastreifens zeitigen würde. Das haben sie in Kauf genommen, aber nicht um etwas für die Bevölkerung zu erreichen, die sie angeblich vertreten. Sondern um die Abraham-Abkommen zu zerreißen, die Israel mit einigen arabischen Ländern abgeschlossen hat. Sie handeln als Agenten des Irans und erbringen ihre Gegenleistung für die Finanzierung durch Teheran.


Der 7. Oktober zeigt, dass sich das nationale Anliegen – palästinensische Nation auf dem heiligen Boden „from the river to the sea“ – vollständig von dem sozialen Anliegen – menschenwürdiges Leben für die Palästinenserinnen und Palästinenser – abgetrennt hat. Der orthodoxe Marxismus ist jedoch keine Theorie der nationalen Revolution, sondern eine Theorie der sozialen Revolution. Er sieht den Nationalstaat als Voraussetzung für die Entwicklung des Kapitalismus an und als lästiges Hindernis auf dem Weg in eine sozialistische und kommunistische Zukunft. Dann nährte insbesondere die chinesische Revolution Vorstellungen, ein nationaler Befreiungskampf unter linker Führung werde in eine sozialistische Revolution übergehen. Diese Vorstellungen haben sich nicht erfüllt. Auch ein neuer Begriff – Dekolonisierung – ändert daran nichts.

Marxistische Linke werden weiterhin koloniale Praktiken und imperialistische Herrschaft bekämpfen einschließlich der russischen, chinesischen und iranischen Varianten. Bestrebungen nach Eigenstaatlichkeit sowie wirtschaftlicher, politischer und kultureller Autonomie verdienen Unterstützung, allerdings nicht vorbehaltlos. Wenn eine Mehrheit in den Vereinten Nationen eine Distanzierung von Hamas ablehnt, dann ignorieren diese Regierungen den weltweit verbreiteten Antisemitismus oder sie glauben sogar, ihn für ihren Machterhalt zu nutzen. Die spezifische Aufgabe deutscher Linker ist es, vor einer solchen Haltung zu warnen und auf den Nationalsozialismus als verheerendes Beispiel hinzuweisen.


Ebenso müssen demokratische Bewegungen wie der arabische Frühling oder die iranische Frauenbewegung unterstützt werden, auch wenn aus ihren Reihen häufig der Ruf nach einem westlichen Einschreiten zu vernehmen ist. Diesen Spagat kann man nur aushalten, wenn man die häufig missbrauchte und abgedroschene Parole der internationalen Solidarität durch ein Bekenntnis gegen die Nation ergänzt, wenn man sich also als antinational versteht und zu erkennen gibt.


Bild oben: Das Bild, das wahrscheinlich Shani Louk auf dem Pickup zeigt

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Israel / Nahost, ,


Info: https://www.hagalil.com/2023/12/nationale-befreiung-dekolonisierung-marxismus


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.


Zitat:  Israel verweigert den Palästinensern einen eigenen Staat, zwingt sie unter unwürdigen Bedingungen zu leben, weitet sein Territorium durch immer neue Siedlungen aus und schlägt mit überlegenem Militär zurück, wenn es angegriffen wird. Dies scheint evident zu sein, ist aber in einem entscheidenden Punkt falsch. Zitatende

.. denn ..

Zitat: Hier hätte die palästinensisch-arabische Seite einfach die Hände in die Hosentaschen stecken und abwarten können: in sechs Monaten hätte Peres die Wahl gewonnen und der Oslo-Prozess wäre ohne Rabin fortgesetzt worden. Zitatende


Nachdem der Premierminister Yitzhak Rabin von einem extremistischen Fanatiker erschossen wurde macht es nicht leichter, wie hier erwartet, einfach ins Vertrauen zu gehen.

07.12.2023

Seltene Info von der strategisch-zionistischen Raumplanung (GAZA) des zionistisch-israel. Ministerium für Nachrichtenwesen (im Anhang)


www.zionismus-israel-raumplanung.blogspot.de

www.bds-kampagne.de

www.palaestina-portal.eu

 


Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.

 

Sehr geehrte Mitglieder der DPG e.V., Liebe Leserin, Lieber Leser,

 

 

Das Ende der Besatzung ist der Schlüssel für den Frieden

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

heute erhalten Sie eine gänzlich neue Mitteilung.

Wie Sie festgestellt haben, bemühen wir uns, Sie über die Situation im Gazastreifen und in den besetzten Gebieten durch unseren Rundbrief aktuell zu informieren. Die sehr komplexe Nahost-Problematik ist so umfassend, dass wir neben dem bewährten „Rundbrief“ eine weiter Mitteilung unter der Bezeichnung „Zur Sache“ herausgeben werden. Diese Ausgabe wird Ihnen und anderen Interessierten als Hintergrundinformation zu einem speziellen Thema gesendet. Damit kommen wir den Wünschen unserer Leser: Innen nach und entflechten inhaltlich die beiden Mitteilungen.

 

Wir hoffen, dass Sie uns treu bleiben, unsere Mitteilungen lesen und in Ihren Bekanntenkreis verbreiten.

 

Zur Sache: Thema

Israelisches Grundsatzpapier zum Umgang mit den Palästinensern

Das Grundsatzpapier des israelischen Ministeriums für Nachrichtenwesen zum Umgang Israels mit den Palästinensern. Jetzt wird konkretisiert, was als Planung schon früher öfter mal als Ziel andiskutiert wurde.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

DR. R I B H I  Y O U S E F

Schatzmeister

Vizepräsident Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.


Info:


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.12.2023

Markus Lanz: Ukraine – Leben mit dem Krieg

zdf.de, 28.11.2023, Video verfügbar bis 28.11.2025

Der Angriff der russischen Streitkräfte am 24. Februar 2022 veränderte das Leben der Ukrainerinnen und Ukrainer in allen nur erdenklichen Bereichen.

Videolänge
Verfügbarkeit:


Info: Video https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-ukraine--leben-mit-dem-krieg-vom-28-november-2023-100.html Dauer 62 min


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.12.2023

Rettung für den Kanzler in Sicht? Staatsanwaltschaft weist Strafanzeige zurück

aus e-mail von  <redaktion.aktuell@neopresse.com>, 7. Dezember 2023,


Rettung für den Kanzler in Sicht? Staatsanwaltschaft weist Strafanzeige zurück

In der Cum-Ex-„Affäre“ scheint es für den Kanzler eine erste Rettung zu geben. Nun hat die Staatsanwaltschaft Berichten zufolge eine Strafanzeige von Fabio De Masi, früher Abgeordneter der „Linken“ im Bundestag, zurückgewiesen. Olaf Scholz, so hatte De Masi aus seiner Meinung nach widersprüchlichen Aussagen zu Terminen des Kanzlers in der Zeit bis 2018 bewertet, habe den Hamburger Untersuchungsausschuss „über seine Erinnerungslücken belogen.“ Dies [...]

Hier weiterlesen...

 

Deutschland News Ticker (aktuell)


Fundstücke aus den Medien in Deutschland über den Bundestag, die Parteien, die Wirtschaft und aus dem Ausland 07.12.2023 Presserat nennt Beschwerden gegen Aiwanger-Berichterstattung der SZ „unbegründet“ Israel sollen Hamas-Anschlagspläne laut „New York Times“-Bericht bekannt gewesen sein Verschläf [...]

Hier weiterlesen...USA - News Ticker (aktuell)


NEWS-TICKER USA 07.12.2023 Die Republikaner im Senat wollen die Finanzierung der Ukraine blockieren, nachdem die Gemüter bei einer geheimen Unterrichtung aufgeflammt sind (…) Die republikanischen Führer im Senat fordern vor einer wichtigen Verfahrensabstimmung am Mittwoch ihre republikanischen Kollegen auf, Gesetze zur Bereitstellung von mehr als 61 Milliarden US-Dollar an Militär- und Auslandshilfe für die Ukraine zu blockieren, da das Paket keine Einwanderungs- und Asylreformen enthält. +++ Haley [...]

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Es wird viel geredet und immer weniger getan


Den russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 nahm Bundeskanzler Olaf Scholz zum Anlass, von einer Zeitenwende zu sprechen. Der Kanzler bezog sich in seiner Rede vor allem auf Fragen der Sicherheitspolitik und der militärischen Rüstung. Anschließend wurde ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für die Bundeswehr aufgelegt. Auf die Aufbruchsstimmung folgte anschließend allerdings nicht mehr viel. Besser ausgerüstet als zu Beginn des Jahres 2022 ist die Bundeswehr heute nicht. Im Gegenteil: Sie gab Leopard-Kampfpanzer aus [...]

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Bekleidung für den deutschen Gesundheitsminister: Stanford-Professor lästert


Karl Lauterbach ist aktuell besorgt wegen der vergleichsweise schwachen Nachfrage nach Covid-Impfungen. Er hält laut diverser Berichte den Zeitpunkt für „optimal“, sich noch vor Weihnachten impfen zu lassen. Ein Stanford-Professor allerdings hat in diesen neuen Zeiten den Gesundheitsminister fast der Lächerlichkeit preisgegeben. Jay Bhattacharya: Lauterbach sei „unglaublich schlecht über die Covid-Wissenschaft informiert“: Der Stanford-Professor heißt Jay Bhattacharya und zeigte sich wenig erbaut über die Fähigkeiten von Lauterbach. Der sei „unglaublich schlecht über die Covid-Wissenschaft [...]

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Selenskyj und Kiews Bürgermeister Klitschko im Streit!


Ein alter Streit in der Ukraine entbrennt erneut. Kiews Bürgermeister Vital Klitschko und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stünden nach einem Bericht „in direkter Konkurrenz“ zueinander – für den Fall, dass in Präsidentschaftswahlen beide vertreten wären. Klitschko hatte Selenskyj angegriffen und bestreitet jetzt, dies hinge mit der unterstellten Konkurrenz zusammen. „Die Leute fragen sich, wieso wir auf diesen Krieg nicht besser [...]

Hier weiterlesen...

 

Schlechte Umfrage für die Ampel: Nur noch 33 %


Die Ampel verliert in der jüngsten Umfrage zur Stimmung auf Bundesebene weiter an Zustimmung. Auftraggeber sind n-tv und RTL. Forsa führte die Umfrage durch. Die AfD käme nach dieser Umfrage auf einen Anteil in Höhe von 22 %, so die Meldung. Höchstwert für die AfD eingestellt, Ampel gibt nach: Die Union würde diesen Zahlen nach auf immer noch 30 % des [...]

Hier weiterlesen...


Info: https://us20.campaign-archive.com/?e=bfa91fe18e&u=a194ffd6ce07c5d1b0af1d569&id=1f395949a5


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.12.2023

Hoffnung auf EUropa schwindet, Orban bei Macron – und die Spur des Geldes

lostineu.eu, 7. Dezember 2023

Die Watchlist EUropa vom 07. Dezember 2023 –

Ein halbes Jahr vor der Europawahl mehren sich die Alarmsignale. Die Hoffnung auf eine bessere EU-Zukunft schwindet, Umfragen deuten auf einen massiven Rechtsruck hin.

 In einer Umfrage des Europaparlaments gaben 58 Prozent der Bundesbürger an, sie seien „ziemlich optimistisch“ oder sogar „sehr optimistisch“ über die Zukunft der EU.

Vor drei Jahren hatten sich noch 72 Prozent der Deutschen optimistisch gezeigt, also 14 Prozent mehr. Da war zwar schon Corona, aber noch kein Krieg in Osteuropa.

Auch im Schnitt der EU-Länder bestätigt sich der Trend: Ende 2020, also auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, hatten sich noch 66 Prozent der Europäer optimistisch zur EU geäußert.

In der aktuellen Eurobarometer-Umfrage sind es nur noch 60 Prozent. Dabei ist Corona vorbei. Die Hauptsorgen gelten heute dem Krieg in der Ukraine und dem schwindenden Lebensstandard.

Nach derselben Umfrage klagt eine Mehrheit der Befragten in den EU-Ländern über sinkenden Wohlstand. Am größten ist die Klage in Zypern, Deutschland liegt mit 44 Prozent im Mittelfeld.

Die Krise spielt – wenig überraschend – den Rechten in die Hände. Nach einer neuen Projektion könnte die rechte ID-Fraktion, der auch die AfD angehört, künftig 87 Parlamentssitze halten.

Bisher sind es 60. Die Rechte verzeichne einen „gefährlichen Schub“, warnen die Demoskopen. Doch die EU-Politiker wollen nicht etwa gegensteuern und ihren Kurs ändern.

Nein, sie setzen auf ein „Weiter so“...

Siehe auch Die neue EU-Krise (7): Die Wirtschaft fällt zurück, die Bürger verlieren

News & Updates

  • Macron will Orban umstimmen. Nach EU-Ratspräsident Michel versucht nun auch Frankreichs Staatschef Macron, Ungarns Orban von einer Blockade des geplanten Ukraine-Beitritts abzuhalten. Orban wird am Donnerstag zu Gesprächen im Pariser Elysée-Palast erwartet. – Siehe auch Orban blockiert Ukraine-Gespräche – FDP sinnt auf Rache
  • G-7 wollen russische Diamanten verbannen. Die G7-Staaten haben sich auf weitere Sanktionen gegen Russland geeinigt und Importbeschränkungen für russische Diamanten vereinbart. Die Importbeschränkungen sollen ab dem 1. Januar 2024 geltenhieß es nach einem virtuellen Gipfeltreffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
  • Mercosur-Deal auf der Kippe. Eigentlich sollte am Donnerstag in Rio de Janeiro das seit 20 Jahren geplante Freihandelsabkommen mit der EU verabschiedet werden. Doch Argentinien und Frankreich stehen auf der Bremse. Nun könne es noch bis Januar dauern, heißt es in Brüssel. Der Deal sei fertig – es fehle nur noch das grüne Licht… – Mehr hier

Das Letzte

Die Macht der Finanzlobby ist ungebrochen. Dies sagte der frühere linke Europaabgeordnete F. De Masi bei einer Konferenz in Brüssel mit M. Sonneborn und M. Bülow. Zur Begründung verwies er auf das Schicksal der Finanztransaktionssteuer. Zu seiner Zeit in Brüssel sei die „Tobin Tax“ noch in aller Munde gewesen – als Ergänzung zum Fiskalpakt. Zehn Jahre später redet niemand mehr davon. „Die Spur des Geldes“ – so der Titel der Veranstaltung – deutet tatsächlich darauf hin, dass die EU bei der Finanzmarktregulierung nicht weit gekommen ist. Heute seien es Internetkonzerne wie Facebook, die sich zu gefährlichen Schattenbanken entwickeln, so De Masi.


Info: https://lostineu.eu/hoffnung-auf-europa-schwindet-orban-bei-macron-und-die-spur-des-geldes


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Orban blockiert Ukraine-Gespräche – FDP sinnt auf Rache


lostineu.eu, vom 6. Dezember 2023

Der Streit um den EU-Beitritt der Ukraine spitzt sich zu. Orban probt den Aufstand, die FDP will die Regeln ändern.

Es ist eine Blockade mit Ansage: Schon vor zwei Wochen hat Ungarns Regierungschef Orban eine Strategie für den Umgang mit der Ukraine gefordert und mit einem Veto gegen Beitrittsgespräche gedroht.

Nun macht er ernst – und bekräftigt seine Forderungen in einem Brief an den EU-Ratspräsidenten Michel. Die Versuche, ihn mit Milliardenzahlungen aus Brüssel zu besänftigen, sind gescheitert.

Eine mögliche Lösung wäre, den Ukraine-Beitritt von der Tagesordnung des EU-Gipfels zu nehmen. Kiew hat ohnehin noch nicht alle Bedingungen erfüllt, die EU-Kommission will erst im März berichten.

Eine andere Möglichkeit wäre, abstimmen zu lassen. Für den Start einer Beitrittskonferenz braucht es Einstimmigkeit. Wenn Orban allein „Nein“ sagt, kann er zwar alles blockieren, sich aber auch gehörig blamieren.

Gipfelchef Michel hat sich offenbar noch nicht für eine Option entschieden. Umso eifriger ist der FDP-Außenpolitiker Lechte: Er will „Foulspieler wie Orban“ vom Feld stellen.

„Für offene Foulspieler wie Orban braucht es im Zweifel einen Mechanismus zum vorübergehenden Ausschluss aus der EU“, so Lechte. Dabei macht Orban nur von den gültigen EU-Regeln Gebrauch.

Dass ein Regierungschef fordert, ein Thema von der Tagesordnung zu nehmen, ist nichts Ungewöhnliches. Das hat auch Kanzler Scholz schon gemacht – im Verbrennerstreit.

Im übrigen ist Orbans Forderung nach einer Ukraine-Strategie überfällig. Welchen Sinn macht es, mit einem Land über den Beitritt zu verhandeln, das im Begriff ist, einen Krieg zu verlieren?

Siehe auch „Das fehlende Assessment: Die Ukraine kann nicht siegen“

3 Comments

  1. european
    7. Dezember 2023 @ 08:05

    Inzwischen regt sich in den USA der Unmut: „It’s a European problem“

    https://youtu.be/An_QUib1JBU?feature=shared

    Tja, was haben wohl die Amerikaner damit zu tun? Laut diesem Republikaner nichts. Die Europäer sollen selbst für ihre Sicherheit sorgen, die USA haben andere Prioritäten und zumindest dieser Senator wird nicht mehr für Ukraine-Unterstützungen stimmen.

    Ein Afghanistan-reloaded wird immer wahrscheinlicher, je näher die Wahl kommt. Vergessen oder ignoriert wird, dass die USA die treibende Kraft hinter diesem Krieg waren und sind. Sie verfolgten ja ihre ureigene Strategie, wie in The Grand Chessboard niedergeschrieben. Die Europäer haben sich nur zum devoten Erfüllungsgehilfen gemacht und werden das Nachsehen haben.

    Und auch hier wird nicht gefragt, was die persönlichen Interessen des US Präsidenten Biden an der Ukraine sind.

Reply

  • MarMo
    6. Dezember 2023 @ 22:38

    Hoffen wir, dass der Beitritt noch abgewendet werden kann.

    Reply

  • european
    6. Dezember 2023 @ 20:36

    Ich hätte mir im Leben niemals träumen lassen, dass ich Orban mal für seine Quertreiberei dankbar sein könnte. Gut ist, dass er nicht allein damit ist. Die Slowaken sind auch auf seiner Seite und selbst Polen ist nicht mehr sonderlich glücklich über das, was mit einem EU – Beitritt der Ukraine droht.


  • Info:https://lostineu.eu/orban-blockiert-ukraine-gespraeche-fdp-sinnt-auf-rache


    unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.





    Weiteres:




    Update Wirtschaftskrise: „USA hängen EU ab“


    lostineu.eu, vom 6. Dezember 2023

    Die EU fällt weiter hinter die USA zurück. Und das nicht nur heute, sondern vermutlich für längere Zeit.

    Dies geht aus einer Analyse der „FT“ hervor, aus der der Wirtschaftsblog „behind the obvious“ zitiert. Überschrift: Wie die USA die EU abhängen.

    Wir stehen mit unserer Einschätzung also nicht allein…

    Siehe auch „Die neue EU-Krise: Die Wirtschaft fällt zurück, die Bürger verlieren“

    5 Comments

    1. Arthur Dent
      6. Dezember 2023 @ 22:56

      @european
      „Die Amerikaner verstehen sich als Amerikaner, egal ob in Ost oder West.“ – da stimme ich ihnen zu – Es gibt aber keine „Wir Europäer“, ich erinnere daran, dass schon von den 16 „Duodez-Fürsten“ in Deutschland bei den Corona-Maßnahmen immer einer schlauer als der andere war.
      Es gibt keine wahrnehmbaren europäischen Parteien (ich kann auch keine italiensche oder französische Partei wählen). Es gibt keine europäische Öffentlichkeit, es gibt keinen gemeinsamen Diskursraum, es gibt keine gemeinsame Sprache, es gibt auch keine diesbezüglichen Medien. Es gibt keinen europäischen Demos! Nach sieben Erweiterungsrunden ist Europa viel zu heterogen, als dass es eine gemeinsame Identität geben könnte. (ich habe z.B. keinerlei Beziehung zu Estland, Litauen, Malta etc.). Ohne ein solches Bewusstsein bürgerschaftlicher Zugehörigkeit, gibt es eben eine solche politische Ordnung nicht, wie sie bespw. die USA haben. Wir sind nicht Bürger einer Republik, sondern Konsumenten eines riesigen Basars.
      (Mich treibt die Frage um, ob ein solches Gebilde wie die EU nicht absichtlich konstruiert wurde. Es gibt einen schon 1939 von Friedrich August von Hayek publizierten Aufsatz „Economic Conditions in interstate federalism“ – der liest sich fast wie eine Blaupause für die EU).

    Reply

  • Arthur Dent
    6. Dezember 2023 @ 15:16

    Die USA hängen die EU nicht erst seit heute ab. Die sind schon 2009 und 2020 besser durch und aus Krisen heraus gekommen. Die sind pragmatischer bezüglich Staatsschuldenquote und Investitionen. Die Deutschland-Lokomotive soll es ja laut Ampel in Zukunft nur noch in grün oder gar nicht geben – die Vorzeichen stehen zur Zeit eher auf gar nicht – und reißt damit die anderen Volkswirtschaften in der EU mit in den Abgrund. 9

    Reply

    • european
      6. Dezember 2023 @ 19:33

      @Arthur Dent

      Ich stimme Ihnen zu. Es kommt aber noch etwas dazu. Die Amerikaner verstehen sich als Amerikaner, egal ob in Ost oder West. Wir Europäer fallen bei Krisen sofort in Nationalismen zurück und da wird es dann hässlich. Es waren zwar deutsche Landesbanken, die völlig von der Leine gelassen an der Börse gezockt haben. Schuld aber gaben wir Deutsche den PIGS, den Schweinen aus dem Süden, den Griechen, Italienern und Spaniern. Wir haben niemals die Zockerbankster belangt, statt dessen haben wir den europäischen Süden völlig unnötig in Not und Elend gestürzt, insbesondere die Griechen.
      In Krisen verzetteln wir uns mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und verstehen immer noch nicht, dass die Eurozone finanztechnisch ein einziges Land ist und wir überhaupt nicht weiterkommen, wenn wir uns gegenseitig die Felle wegreißen, um Exporteuropameister zu sein.
      Und wenn es gut laufen soll, dann niemals für alle, sondern nur für einige wenige, z.B. die Frugal4, die angeblich „Sparsamen“.

      Diese EU hat fertig. Sollten tatsächlich die Rechten in Europa die Überhand bekommen, wonach es aussieht, dann glaube ich nicht, dass dieses Gebilde ohne ausreichende demokratische Legitimation überleben wird, zumal es in den letzten Jahren dafür gesorgt hat, dass es den meisten Menschen innerhalb der EU deutlich schlechter geht als vorher.

      Reply

  • Stef
    6. Dezember 2023 @ 15:12

    Der Grund, warum unsere Elite Trump hassen und Biden lieben, ist ja nicht, dass uns Biden auch nur einen Millimeter freundlicher gesonnen wäre. Der Unterschied ist, dass Trump ehrlicher war und die Dinge klar beim Namen genannt hat. Damit wurde die Unterwürfigkeit der europäischen Eliten und die damit einhergehende Illoyalität und Pflichtvergessenheit allzu offensichtlich.

    Amüsant und zutreffend auf den Punkt gebracht: https://youtube.com/shorts/OjLSTv2hVtE?si=MfV9mO_SHo-ifc_O

    Reply

  • european
    6. Dezember 2023 @ 14:24

    Das war doch die Absicht hinter der ganzen Aktion und damit das funktioniert, hat man sich die entsprechenden Leute in der EU gesucht, die dafuer stets zu Diensten sind. Make America Great Again war nicht nur Trump’s Devise, sondern auch Biden’s. Der eine als lautstarke Rampensau und der andere als dementer Opa. Die Politik ist die gleiche.

    Dieser US-Coup mit der Ukraine hat so viele Fliegen mit einer Klappe geschlagen, dass man gar nicht aufhoeren kann zu zaehlen. Laut Michael Lueders liegt der aktuelle Anteil der EU am Welt-BIP bei etwa 14 %. Bis 2030 wird er auf 10% herunterschrumpft sein.


  • Info:https://lostineu.eu/update-wirtschaftskrise


    unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.12.2023

    Nachrichten von Pressenza: COP28: Methan-Zusage der „Giganten der Klimakrise“ bleibt weit hinter dem zurück, was nötig ist

    aus e-mail von <newsletter@pressenza.com>, 7. Dezember 2023, 7:17 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 07.12.2023


    COP28: Methan-Zusage der &#8222;Giganten der Klimakrise&#8220; bleibt weit hinter dem zurück, was nötig ist


    UN-Generalsekretär António Guterres sandte am Sonntag [3. Dezember 2023] eine deutliche Botschaft an die Öl- und Gasindustrie: Die auf der COP28 in Dubai gemachten Zusagen bleiben weit hinter dem zurück, was nötig ist, um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen. Zu&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/cop28-methan-zusage-der-giganten-der-klimakrise-bleibt-weit-hinter-dem-zurueck-was-noetig-ist/


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    Herzlichen Dank an alle über 20.000 TeilnehmerInnen der Fri(e)densdemonstration


    Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, Über 20 000 Menschen trafen sich zu Demonstration und Kundgebung am 25.11. in Berlin. Der Demonstrationszug durch das Regierungsviertel erstreckte sich über mehr als 2 km. Wir danken allen, die sich, trotz schlechten Wetters, auf den&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/herzlichen-dank-an-alle-ueber-20-000-teilnehmerinnen-der-fridensdemonstration/


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    Wettern der Woche: Hochstapler!


    Benko, Musk, Postel, Kujau, Hoeness, Grohmann, Kurz, Guttenberg, Haider, Merz, Bezos, Trump, Urban, Sitting Bull, Darwin, Gates, Merkel &#8211; wer ist Betrüger, wer Betrogener? Gute Lügen und harte Wahrheiten wohnen in einem Haus, das wusste schon zu DDR-Zeiten meine Omi&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/wettern-der-woche-hochstapler/


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    Bayer-Monsanto muss 1,5 Milliarden Dollar für Krebserkrankungen durch Glyphosat zahlen


    Während die Europäische Kommission sich dafür einsetzt, die Verwendung von Glyphosat um weitere zehn Jahre zu verlängern, verliert Bayer-Monsanto einen Rechtsstreit über 1,5 Milliarden Dollar für Schäden, die Landwirten durch die Verwendung des bekannten Unkrautvernichters entstanden sind. Mit einer historischen&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/bayer-monsanto-muss-15-milliarden-dollar-fuer-krebserkrankungen-durch-glyphosat-zahlen/


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    Entweder haben wir Menschen Rechte, und die sind allgemeingültig, oder wir haben keine


    Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird dieses Jahr 75 Jahre alt – und wir leben in einer Zeit, in der sie ständigen Angriffen ausgesetzt ist. Darum gibt es die Ausstellung Mensch Recht Kunst von PRO ASYL und dem BBK Frankfurt&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/entweder-haben-wir-menschen-rechte-und-die-sind-allgemeingueltig-oder-wir-haben-keine/


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    Vor dem Rüstungssturm


    SIPRI-Bericht: Die 100 größten Rüstungkonzerne weltweit stehen nach schwachem Jahr 2022 wegen globaler Hochrüstung vor gewaltigem Aufschwung. Rheinmetall will Umsatz von 2023 bis 2026 verdoppeln. Der globalen Rüstungsindustrie, darunter deutsche Konzerne, steht nach einem vergleichsweise schwachen Jahr 2022 ein gewaltiger&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/vor-dem-ruestungssturm/


     -----------------------


    Chapeau! für Biohotels


    Für Bio-Hoteliers ist Bio mehr als eine Modeerscheinung und Nachhaltigkeit mehr als eine Bilanz auf dem Klimakonto. In Biohotels verbinden sich Begeisterung für biologischen Lebensstil, exquisite Küche und luxuriöse Gastfreundschaft. Ich ziehe den Hut vor ihrer Leidenschaft – und diesmal&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/12/chapeau-fuer-biohotels/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.12.2023

    Tagung in Bremen: Kolonialismus und Meer

    taz.de, vom 29. November 2023, 18:021 Uhr, Benno Schirrmeister, Alina Götz

    Dekolonisation betrifft alle Gesellschaftsbereiche. Eine Tagung betrachtet die Rolle der Küstenregionen für den Kolonialismus und seine Überwindung.


    Ein Veranstaltungsraum im Bremer Lagerhaus, das Podium vom taz-Salon, davor Publikum

    Gut besucht war er, der taz Salon im Lagerhaus zur Dekolonialisierung, zumindest von weißen Menschen Foto: Kay Michalak/Fotoetage


    BREMEN taz | Drei von rund 70 Gästen meldeten sich, als Wilma Nyari vom Netzwerk „Dekolonisierung Nordwest“ am Dienstag beim taz Salon fragte: „Wer weiß von Ihnen, dass wir uns in der Dekade für Schwarze Menschen befinden?“ Nyari sprach gemeinsam mit Virginie Kamche, Bremerin des Jahres 2023, dem Ethnologen Sebastian-Manès Sprute und Kai Stührenberg, Staatsrat im Wirtschaftsressort, über Dekolonialisierung.


    Die unter den mehrheitlich weißen Gästen wenig bekannte UN-Dekade sei bereits Ende 2024 vorbei, sagte Nyari. Doch es gibt sie, ebenso wie Senatsbeschlüsse oder Absichtserklärungen. Aber Dekolonialisierung, also das Beenden der kolonialen Kontinuitäten, ist langwierig – mindestens das wurde beim taz Salon klar.


    Auch dass das Thema viel mehr Platz in der Bildung braucht, bei der Ausbildung von Lehrkräften angefangen. Und dass die Spuren bis heute anhalten. Sprute sprach daher die Verantwortung der Kon­su­men­t*in­nen an: „Früher waren sie als Kolonialware bekannt, heute heißen sie Bananen und liegen im Supermarkt.“


    Das Thema freilich ist größer, als dass ein taz Salon es in anderthalb Stunden abhandeln könnte. Am Mittwochabend wurde, so richtig mit Festakt im Bremer Rathaus, das Symposium „Der Elefant im Raum“ eröffnet. Bis einschließlich Freitag untersuchen die Teilnehmenden die Spuren, die der Kolonialismus in Übersee hinterlassen, sowie die Folgen, die er im hiesigen Kultur- und Wirtschaftsraum gezeitigt hat. Zugleich fragen die Mitwirkenden nach Möglichkeiten, mit diesem schwierigen Erbe umzugehen.


    Forschung setzt Einsicht in das Unrecht voraus

    Alle Vorträge der Tagung werden per Zoom übertragen. Organisiert hat sie die an der Uni angesiedelte Bremer Arbeitsgruppe Kolonialgeschichte unter Leitung von Norman Aselmeyer zusammen mit dem aktivistischen Netzwerk „Dekolonisierung Nordwest“. „Das ist die Idee, diese beiden Bereiche in den Dialog zu bringen“, so Aselmeyer. Die Vorstellung, Geschichte in einem unpolitischen, gegenwartsfernen Raum erforschen zu können, hält er für „eine Illusion“.


    Damit steht er nicht allein. Gerade die Forschung zu Kolonialismus setzt die Einsicht in das Unrecht dieser brutalen Strategie der Kapital-Akkumulation voraus. Sprich: Sie ist der Dekolonialisierung verpflichtet. Entsprechend hatte beispielsweise Mitte Oktober das Ostfriesische Landesmuseum in Emden zusammen mit dem Marinemuseum Wilhelmshaven ein ähnliches Symposium ausgerichtet – auf Initiative der örtlichen Aktivist*innen, wie Museumsdirektorin Jasmin Alley der taz erläutert hatte.


    Und mit deren Beteiligung: „Es geht nicht zuletzt darum, Deutungshoheit abzugeben“, so Alley. „Ich möchte Menschen mit Rassismuserfahrung ansprechen, Menschen die sich als Schwarz oder als People of Color identifizieren.“


    Das ist jetzt in Bremen nicht anders. Ein wenig erinnert die bewusste Aufhebung der Grenzen zwischen wissenschaftlicher und politischer Sphäre auch an den Gründergeist der Bremer Universität. Der war es, Anfang der 1970er, ein Anliegen, Forschung und Lehre jenseits des akademischen Elfenbeinturms zu betreiben – und sie mit den sozialen Bewegungen der eigenen Lebenswirklichkeit zu verbinden. „Wir wollen die Leute, die es betrifft, zu Wort kommen lassen und einbeziehen“, so Aselmeyer.


    Schwierigkeit in Bremen: Die einschlägigen Initiativen und Vereine befinden sich in einer Art Umbruch, manche sind ganz verstummt, andere konzentrieren sich auf den Kampf um Namen und Schilder. Seit fast 50 Jahren wird in Bremen darum gerungen, dass keine Straße mehr den Namen Adolf Lüderitz’ trägt, der durch einen betrügerischen Deal die deutsche Landnahme in Namibia begonnen hatte. Warum es Bremen so schwer fällt, diese unangemessene Ehrung zu beseitigen, ist wahrscheinlich nur mit psychiatrischem Wissen zu klären.


    Allerdings hat dieses politische Engagement keinen globalen Bezugsrahmen – anders als der juristisch-politische Kampf für Reparationen für Völkermorde und Vernichtungsaktionen. Davon berichten beim Bremer Symposium Jephta ­Nguherimo aus Kensington, der die OvaHerero People’s Memorial and Reconstruction Foundation gegründet hat, sowie Oswald Masebo aus Tansania: Der Geschichtsprofessor lehrt an der Uni Dar-es-Salaam. Sein Spezialgebiet ist die Kolonialgeschichte Ostafrikas.


    Grundlegend sind seine Forschungen zum Maji-Maji-Krieg, den er als Völkermord bewertet wissen will: Schon allein die erdrückende Zahl von bis zu 300.000 Toten, von deutschen Truppen durch Gewehre, Bajonette und Hunger regelrecht beseitigt, legt diese Einstufung nahe. Nguherimo und Masebo sprechen am Freitag beim letzten Panel der Tagung.


    Fischerei als Kolonialisierung der Ozeane

    Gerade im Bereich der Dekolonisierungs-Forschung drängt sich dieser sphärenübergreifende Ansatz ebenso auf wie die geografische Fokussierung auf die Küstenregion und die Hafenstädte als unmittelbar involvierte Orte. Nicht nur als Ausgangspunkte.


    So lassen sich die Stadtgründungen des 19. Jahrhunderts an der Jade – Wilhelmshaven – und an der Wesermündung ohne das koloniale Paradigma des 19. Jahrhunderts kaum richtig erfassen: Nach der „Colonie Bremerhaven“ fragen die Direktorin des dortigen Stadtarchivs, Julia Kahleyß, und der Leiter des stadthistorischen Museums Kai Kähler daher in einem Vortrag am Donnerstag.


    Plastischer noch wird das Zusammenspiel von Regional- und Globalgeschichte aber im Vortrag von Ingo Heidbrink werden. Der Historiker, der an der Old Dominion University in Norfolk, Viriginia, lehrt, hat einen auf den ersten Blick exotischen Ansatz: Er untersucht die Fischereirechtsgeschichte, die sich als Kolonialisierung der Ozeane erweist.


    Tatsächlich haben sich die damaligen Großmächte ab 1882 die bis dahin als frei geltenden Weltmeere sukzessive durch Verträge aufgeteilt, genau wie die Europäer zwei Jahre später auf der Kongo-Konferenz den Kontinent Afrika. Heidbrink widmet sich im Panel „Koloniale Verwicklungen“ am Donnerstagmittag der Fernfischerei, die er in seinem Vortrag als „vergessenen bremischen Kolonialismus“ beschreibt. Einen, der den Ersten Weltkrieg deutlich überdauert hat – und auch in der Gegenwart zu heftigen Konflikten führt.


    Info: https://taz.de/Tagung-in-Bremen/!5976842


    unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.12.2023

    Umgang mit Kolonialgeschichte: Zeugen der Verbrechen

    Koloniale Ausbeutung machte Bremen und Hamburg reich. Eine Dekolonialisierung, die den Namen verdient, muss daran erinnern.

    taz.de, vom 27. November 2023, 15:18  Uhr, Ein Artikel von

    Was kann Dekolonialisierung sein? Ist es bloß eine florierende, längst unübersichtlich sich verzweigende Theorieschule mit politisch-engagiertem Selbstbild? Geht es um mehr als um Straßenumbenennungen, Rückgabe von Raubkunst und etwas anderes als das Stürzen von Denkmalen?


    Klar, eine Befreiungsbewegung ohne Bildersturm gibt es nicht. Ihn in Bausch und Bogen zu verdammen, ist mindestens so barbarisch, wie ihm hemmungslos zu frönen. Aber manchmal kommt es eben darauf an, Vergangenes zu bewahren. Mitunter auch Verhasstes.

    „Erinnerungen sind nötig für unsere Kämpfe in der Gegenwart“, sagt Wilma Nyari. Nyari hat mittlerweile auch schon mehr als vier Jahrzehnte Aktivismus auf dem Buckel, früher in Frankfurt am Main, heute in Wilhelmshaven. Um die dortigen Initiativen mit denen von Oldenburg und Bremen zusammenzubringen, hat sie das „Dekoloniale Netzwerk Nordwest“ ins Leben gerufen.

    Denn der Nordwesten, der Küstenraum, hat beim Verbrechen des Kolonialismus gemeinsame Sache gemacht – lange vor der Gründung des Deutschen Reiches, über alle Regionalkonkurrenzen und Staatsgrenzen hinweg: Preußen, England und Dänemark stoßen auf diesem Gebiet unmittelbar aneinander – alles Staaten, die im 17. und 18. Jahrhundert Territorien in Übersee besetzen. Und die Niederlande rekrutieren hier Personal für die berüchtigte Vereenigde Oostindische Compagnie.


    Vergangenes zu bewahren bedeutet nicht, es in Ehren zu halten

    Vergangenes zu bewahren bedeutet nicht, es in Ehren zu halten. Es ist notwendig, weil sich an ihm überhaupt erst sichtbar machen lässt, wodurch es ermöglicht wurde. Und was es verdrängt, beseitigt und vernichtet hat: Die selektive Erinnerung an ihn ist Teil des Kolonialismus. Geradezu systematisch hat er die Einsprüche gegen seine Praktiken marginalisiert bis hin zum Ausschluss von der Überlieferung. Geraubte Kulturgüter hat er durch ihre völlig wirre Verbringung in Depots von Völkerkundemuseen zu beliebigem Gerümpel abgewertet – und das mit ihnen verbundene Wissen weitgehend vernichtet.


    taz-Salon in Bremen


    „Dekolonisieren – wie geht das?“ Darüber diskutieren Sabine Broeck (Mitgründerin des Instituts für Postkolonialismus und transkulturelle Studien der Uni Bremen), Virginie Kamche (Fachpromotorin für Migration, Diaspora und Entwicklung), Wilma Nyari (Gründerin des Netzwerks „Dekol Nordwest”) und Kai Stührenberg (Staatsrat bei der Bremer Wirtschaftssenatorin). Es moderiert Benno Schirrmeister, Redakteur der taz nord.


    Der Salon findet am 28. November um 19 Uhr im Kulturzentrum Lagerhaus, Schildstraße 12-19, in Bremen statt. Eintritt frei, Anmeldung unter taz.de/veranstaltungen erforderlich. Die Veranstaltung wird auf YouTube gestreamt.


    Da wird dann ein vermeintliches Bett von irgendwo aus Kamerun infolge einer Strafexpedition 1899 direkt ins Depot des Bremer Übersee-Museums verbracht, eingemottet – und erst 120 Jahre später dank der Arbeit des derzeit an der Uni Göttingen forschenden Ethnologen Ndzodo Awono als Herr­scher­thron des Lamido von Tibati identifiziert. Der „Angriff und die anschließende Plünderung des Lamido-Palastes scheinen die Bevölkerung von Tibati so erschüttert haben, dass dieses Ereignis durch mündliche Überlieferung von Generation zu Generation weitergegeben wird“, schreibt er in seiner Dissertation über den „deutschen kolonialen Raub in Afrika“ auf Basis von Interviews in der kamerunischen Provinz Adamaoua.


    Das Verdunkeln gehört zur Tat: Besonders dicht hat der Kolonialismus einen Schleier über jene Taten gelegt, von denen seine Akteure, wie die Kaufleute der Hafenstädte, sehr genau wussten: Das sind Verbrechen. Das markanteste Beispiel dafür: der Versklavungshandel. Der war ab 1815 offiziell verboten. Er fand aber weiterhin statt. Die Legende vom ehrbaren hanseatischen Kaufmann, der davon die Finger lässt, haben im 19. Jahrhundert die alten Zankschwestern Hamburg und Bremen einträchtig aufgebracht.


    Und bis vor Kurzem noch haben auch angesehene Historiker diese Propagandastory der Stadtstaaten weitererzählt: „the involvement of the North German ports remained a peripheral activity“, heißt es in der Fachliteratur. Ja ja, das gab’s, aber „im Vergleich nur im kleinen Maßstab“, und immer waren es „nur wenige Deutsche“, die mittaten. Einzelfälle halt.


    Stimmt aber so nicht. Um das zu erkennen, ist wichtig, klein­räumliche Entwicklungen zu untersuchen. Am bislang gründlichsten hat das der Historiker Jasper Hagedorn von der Uni Bremen für seine Dissertation „Bremen und die atlantische Sklaverei“ getan, die gerade erschienen ist. Auf 540 Seiten weist er darin nach, dass Bremen bis 1860 „in wirtschaftlicher, politischer, diskursiv-intellektueller Ebene Teil des Sklaverei-Atlantiks“ war.


    Koloniales Denken


    Koloniales Denken markiert dem Philosophen Enrique Dussel zufolge in Europa den Übergang vom Mittelalter in die Moderne: Ausgangspunkt wäre demnach Kolumbus‘ Überquerung des Atlantiks im Jahre 1492.


    Ausgeblendet bleibt dabei in der westlichen Dekolonisierungsdebatte der oft genozidale Kolonialismus und Versklavungshandel der islamischen Eroberer, dem der senegalesischen Forscher Tidiane N’Diaye in Afrika 17 Millionen Opfer zurechnet.


    Neben dem Versuch Preußens, Ende des 17. Jahrhunderts im transatlantischen Versklavungshandel Fuß zu fassen, bot die Teilnahme an kolonialen Unternehmungen der Niederlande, Dänemarks oder Englands vielen Männern bis Mitte des 19. Jahrhunderts die Chance, standesunabhängig aufzusteigen und Vermögen zu erwerben.


    Bremische Unternehmer beliefern und betreiben in Übersee Plantagen mit Sklaven. Sie schmuggeln Sklaven, halten, kaufen und verkaufen sie – und haben sie offenbar bei der Rückkehr von Kuba, St. Thomas oder anderswo als namenlose Domestiken mit an die Weser verschleppt. Dort werden sie dann irgendwann gestorben sein.


    Der Stadtstaat deckt und begünstigt dieses Verbrechen durch eine eigenständige Außenpolitik: Schließt Staatsverträge und tritt den britisch-französischen Abkommen zur Bekämpfung der Sklaverei bei, um den Schutz der Seemächte zu genießen und – bei Partnern schaut man nicht so genau hin – die Kontrollen zu minimieren.


    Diese Anerkennung als Vertragspartner bedeutet aber auch die Anerkennung der hanseatischen Gerichtsbarkeit: So gelingt es, wenn bei den sporadischen Überprüfungen von Schiffen unter hanseatischer Flagge Täter aufgebracht werden, sie mithilfe eigener Gesetzgebung der britischen Justiz zu entziehen. Bremische Gerichte sprechen die Verdächtigen nämlich viel zuverlässiger frei. Im Glanze ihrer Reichtümer sonnen sich die Überseekaufleute, bekommen Posten in der Regierung, werden geehrt: Etliche Straßen künden von ihrem Ruhm, die Senator-Fritze-Straße, die Wilkensstraße, die Otto-Gildemeister-Straße, ganz unverdächtige Namen. Namen, die jenseits von Bremen keiner kennt. Echte Hanseaten.


    Ein Bismarck-Denkmal mit roter Farbe beschmiert








    Zog auf der Kongo-Konferenz 1884 in Berlin die koloniale Teilung Afrikas durch: Reichskanzler Otto von Bismarck. Diese Statue steht in einem Park in Altona und wurde mit Farbe beschmiert Foto: Jörg Böthling/imago











    Manche der Firmen stehen noch im Handelsregister, die meisten sind gelöscht, aber „es greift zu kurz, nur darauf zu schauen“, sagt Hagedorn. Zum einen hat sich ja „der Wohlstand, der durch diesen Handel entstanden ist, auch anders niedergeschlagen“, in Stiftungen etwa, die den Wohlstand des Familienverbundes und die Chancen der folgenden Generationen sicherstellen, oder in protzigen Villen in Toplage.


    Zugleich haben sich „diese Kolonialverbände in alle Bereiche des Lebens reingedrängt“, so der Historiker. Sie haben die Gesellschaft mit Macht geprägt: rechtlich, kulturell, politisch – und nicht zuletzt religiös. So treiben, Hand in Hand, die Brüder Vietor ab 1851 Christianisierung und Tabakanbau in Westafrika voran, der eine als Erbe des Familienunternehmens, der andere als Präses der Mission de Brême, der Norddeutschen Mission. Dort, wo das Volk der Ewe lebt, in den Küstenregionen des heutigen Togo, baut sie ihre Station und kauft Kinder der Dörfler, um sie zu retten, frei, weil diese nach Einschätzung der frommen Christenleute sonst versklavt worden wären, entfremdet sie dem Glauben und der Kultur ihrer Eltern und vermittelt sie dann in Arbeit, bis sie das für den Freikauf aufgewandte Geld wieder eingespielt haben.


    Diese Gewaltgeschichte ist Voraussetzung des staatlichen Kolonialismus, der im Deutschen Reich 1884 einsetzt, nachdem Hamburger und Bremer Kaufleute die Unterschutzstellung ihrer Übersee-Unternehmungen immer energischer gefordert hatten. Sie ist Voraussetzung des ersten Völkermords des 20. Jahrhunderts, den deutsche Truppen zwischen 1904 und 1908 an den Ovaherero und Nama im heutigen Namibia begehen, dessen Inbesitznahme mit einem Landkaufbetrug des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz beginnt.


    In dieser Gewaltgeschichte wurzelt auch der extrem grausame Vernichtungskrieg, den die Deutschen in Ostafrika von 1905 bis 1907 gegen die aufbegehrende Maji-Maji-Gemeinschaft führen: Der charismatische Prophet dieser religiösen Bewegung hatte es geschafft, die Völker der Matumbi-Ebene zu vereinen – und sich gemeinsam zur Wehr zu setzen gegen Zwangsarbeit, Willkürsteuern und sadistische Gewalt. Die begegnet ihnen auch bei der Niederschlagung ihres Protests: Auf bis zu 300.000 wird die Zahl der Menschen geschätzt, die deutsche Truppen mit Gewehren, Bajonetten und Hunger ermorden. Als Genozid wird er dennoch nicht bezeichnet.

    Der Koalitionsvertrag der Ampelregierung verheißt einen Lern- und Erinnerungsort Kolonialismus, ohne festzulegen, wo er hinkommt: Hamburg und Bremen hätten es beide gerne, und mitunter wirkt es, als wäre in perverser Weise eine alte Konkurrenz wiederbelebt, wer von beiden als Stadt der Kolonien gelten darf.


    Dass es Bremen so wichtig ist, Ende des 19. Jahrhunderts endlich einen eigenen Seehafen zu bekommen, hängt mit dieser Gewaltgeschichte zusammen

    Wahr ist: In beiden bleibt die triumphale Seite dieser Geschichte sichtbar, die ihre Kaufleute gemacht haben. Dass es Bremen so wichtig ist, Ende des 19. Jahrhunderts endlich einen eigenen Seehafen zu bekommen, hängt mit dieser Gewaltgeschichte zusammen. Die arroganten Villen, die sensationellen Privatparks, aber auch, im Buntentor-Viertel links der Weser, die vielen kleinen, und doch properen Häuser, in denen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ganze Arbeiterfamilien ihren Lebensunterhalt bestritten, indem sie im Homeoffice Zigarren rollten – das alles ist koloniales Erbe.


    Müsste man das nicht alles abtragen, die Hafenanlagen demontieren, die Villen, die Parks, das in Backsteinpaläste verwandelte Vermögen, der Stadt als eine Art Raubgut entziehen? Aber kann das jemand wollen? Und selbst dann: Wie sollte das durchsetzbar werden? Und wem stünde das geschickt in neue Unternehmungen angelegte Blut-Geld zu?


    Ach, historische Gerechtigkeit gibt es nicht. Hat es nie gegeben. Kann es nicht geben. Und in der Realität scheitern Dekolonialisierungs-Inis oft schon an viel niedrigschwelligeren Wünschen. Straßenumbenennungen etwa, die angesichts des Unrechts kaum mehr sein können als eine hilflose Geste: Seit 110 Jahren gibt es in Bremen die Lüderitzstraße. Seit 50 Jahren wird in unregelmäßigen Abständen ihre Umbenennung gefordert. Aber die Anlieger, die ihre Betrüger-Anschrift behalten wollen, haben noch jedes Mal eine Mehrheit zusammengetrommelt.


    Dass es zugleich seine eigene Ohnmacht anzeigt, nimmt symbolischem Handeln nicht seinen Sinn. Es gibt nichts auf der Welt, was so unsichtbar ist wie Denkmäler, hat Robert Musil festgestellt: Sie mithilfe farbiger und vielstimmiger Kommentare als Ärgernis sichtbar zu machen, an ihnen das zu enthüllen, was sie verbergen sollen – inhaltlich lässt sich dagegen kaum etwas sagen. Auch wenn es als Sachbeschädigung verurteilt wird: Das Anliegen, die ideologischen Prägung und Durchdringung des urbanen Raums, das Unbewusste der Stadt, zu markieren und so der Reflexion überhaupt erst zugänglich zu machen, dient dem Gemeinwohl.


    Ähnliches gilt für die Auseinandersetzungen um geraubte Kulturgüter, die Kunst-, Kult- und Alltagsgegenstände. „Dabei geht es aus meiner Sicht gewissermaßen um die Verhandlung von sozialer Gerechtigkeit in der Vergangenheit“, sagt Prove­nienz­forscher Sebastian-Manès Sprute, seit 2020 Mitarbeiter am Lehrstuhl von Bénédicte Savoy an der TU Berlin. Die Kunsthistorikerin ist in Europa die wohl prominenteste und einflussreichste Stimme, wenn es um die Restitution dieser erbeuteten Schätze geht.


    Beschmiertes Denkmal von Hermann von Wismann, ihm zu Füßen kauert ein Löwe, ein einheimischer Soldat schaut zu ihm auf






    Hermann von Wissmann schlug im Auftrag des Kaisers die Widerstände der Bevölkerung gegen die Deutsche Ostafrika-Gesellschaft nieder und wurde später Gouverneur von Deutsch-Ostafrika. Sein Denkmal stand in Hamburg Foto: Angerer/Hochzwei/imago







    Und klar, die Frage der Rückgabe ist wichtig. „Gleichzeitig müsste es aber politisch auch um soziale Gerechtigkeit in der Gegenwart und für die Zukunft gehen“, sagt Sprute, der am 28. November in Bremen im taz-Salon darüber mitdiskutiert, was Dekolonialisierung heute sein und hoffen kann.


    Symbolische Akte sind per se zweideutig. Sie können dazu dienen, diese Themen bewusst zu machen und zu bearbeiten. Manchmal wirken aber selbst Schuldeingeständnisse oder großzügige Rückgaben von Raubgut, das man sich nach westlicher Rechtsvorstellung doch eigentlich ersessen hätte, oder als Trophäen heimgetragener Human Remains wie Versuche, die Debatte zu schließen und Forderungen nach materieller Wiedergutmachung möglichst zum Schweigen zu bringen. Oder zu ignorieren.


    So schreitet immerhin die offizielle deutsche Anerkennung des Genozids an Ovaherero und Nama allmählich, 120 Jahre nach diesem Verbrechen, voran. Begonnen hatten die Verhandlungen 2015, die grundsätzliche Bereitschaft, sich zu entschuldigen, war 2021 erreicht, ein Erfolg!


    Flankiert wird dieser Prozess dabei alle paar Jahre von Kurzgutachten, in denen der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags versichert, dass und wie es möglich ist, trotz einer solchen Bitte um Verzeihung Repara­tions­forderungen seitens der ermordeten Völker – jenseits der freiwilligen Zusage von 39,7 Millionen Euro Beihilfen jährlich bis 2052 – unter den Tisch fallen zu lassen. Stand jetzt: nullo Problemo.


    Denn das „deutsch-namibische Versöhnungsabkommen“ soll ja bloß als „rein politische Erklärung“ koloniales Unrecht als Völkermord anerkennen. Politisch ist auf Jura-Deutsch ein hochtrabendes Wort für total unverbindlich. Ja, es ließe sich sogar um des lieben Friedens willen auf die von der Opposition in Windhoek heftig kritisierte Einschränkung verzichten, nach der die versuchte Auslöschung der Ovaherero und Nama vor 120 Jahren nur „aus heutiger Sicht“ ein Völkermord gewesen sei. „Der Zusatz ist nicht erforderlich, um solchen Ansprüchen ‚vorzubeugen‘“, heißt es im neuesten Sachstandsbericht.


    Dasselbe gewiegte diplomatische Denken findet sich in der Rede von Frank-Walter Steinmeier an der Gedenkstätte für Songea Mbano in Tansania: Mbano war im Maji-Maji-Krieg ein wichtiger Anführer in der Erhebung gegen die Deutschen. Worte wie Schuld oder gar Verbrechen hat sich der Bundespräsident gehütet, in den Mund zu nehmen, am 1. November. Aber um Verzeihung gebeten, „für das, was Deutsche hier Ihren Vorfahren angetan haben“, das hat er schon.


    Und er hat damit auch exakt ein konkretes Versprechen verbunden: „Ich verspreche Ihnen, dass wir uns gemeinsam mit Ihnen darum bemühen werden, auch den Schädel von Chief Songea in Deutschland zu finden“, hat er gesagt.


    Bislang hat’s nicht geklappt, woher soll denn der Bundespräsident wissen, wo die deutschen Grabräuber das abgetrennte Haupt des Ermordeten hin verschleppt, was sie damit angestellt und wie sie es dabei verbummelt haben? Aber jetzt wird man sich dolle anstrengen, ja sogar „alles tun, was in unserer Macht steht“ – um wenigstens das Selbstverständlichste zu ermöglichen. Mehr als das können die Nachfahren der Opfer von Deutschland nun wirklich nicht erwarten.


    Ein Mahnmal für die Opfer des mit Gewehren, Bajonetten und Hunger geführten Maji-Maji-Kriegs fehlt bislang im Land der Täter


    Aber sollte der Staat überhaupt allein richten, was seine zivilen Kaufleute angestoßen und betrieben haben?


    Ein Mahnmal für die Opfer des mit Gewehren, Bajonetten und Hunger geführten Maji-Maji-Kriegs fehlt bislang im Land der Täter. Für den Völkermord in Namibia gibt es in Deutschland exakt eins: Ein Kreis aus Steinen aus der Omaheke-Wüste, in die deutsche Truppen die entwaffneten Ovaherero und Nama nach den Schlachten trieben, erinnert auf dem Bremer Mandela-Platz seit 2009 daran – gleich am Bahnhof, beim Backstein-Elefanten, der 1932 die Zeit der Schutzgebiete glorifizierte und heute Antikolonialdenkmal ist. Das Genozid-Mahnmal war seinerzeit das letzte große Projekt des 1975 gegründeten Vereins „Bremer Afrika Archiv“, der schon in der Hochphase des Befreiungskriegs eng mit den exilierten Ak­ti­vis­t*in­nen und Kämp­fe­r*in­nen der South-West African People’s Organization (Swapo) zusammengearbeitet hatte – der wichtigsten Befreiungsorganisation Namibias.


    Der Bremer Verein ist mittlerweile weitgehend inaktiv. Die Dokumente der partnerschaftlichen Erfolge sind eingelagert, aber bedroht: Die Übergabe ans Bremer Staatsarchiv ist gescheitert, und wenn es schlecht läuft, kommen die 250 Umzugskartons im Januar in den Schredder.


    Das Mahnmal aber wenigstens wird bleiben: Jedes Jahr am 11. August, dem Tag der Schlacht von Waterberg, versammeln sich hier die afrikanische Diaspora und andere zivilgesellschaftliche Gruppen, denen Dekolonialisierung ein Anliegen bleibt, um des Völkermords zu gedenken, der so lange verdrängt war: Dekolonialisierung braucht solche Erinnerung. Nicht als Ziel und als Ende – sondern als einen Anfang.


    Info: https://taz.de/Umgang-mit-Kolonialgeschichte/!5971721


    unser Kommentar: Dass wesentliche Teile der zionistischen Bewegung weiterhin diesen anachronistischen Zeitgeist bedienen, gehört dringlichst in die Diskussion, wenn es gilt aktuelle Geschehnisse in Kontext ihrer somit fortwährenden Ursachen zu begreifen, zu verstehen und diese zu überwinden.


    unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.12.2023

    Fremde Federn
    Geplantes Wunder, Kissinger, Kolonialismus

    Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)


    makronom.de, vom 6. Dezember 2023, Makrothek

    In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.




    Wie China der Schocktherapie entkam

    piqer: Achim Engelberg

    Einer der bis heute nachhallenden Fehler am Ende des Kalten Krieges waren die „Wirtschaftsreformen“ im Osten, die diesen zerfurchten und den Westen anschließend unsozialer machten. Oder sollte man von neoliberalen Raubzügen sprechen, die bewusst von Anhängern einer Wirtschaftslehre eingesetzt wurden, die erstmals nach dem Militärputsch in Chile 1973 umgesetzt worden sind?

    Die damit verbundenen Demütigungen und Landnahmen, Enteignungen und Privatisierungen führen bis zum Krieg in und um die Ukraine.

    In Russland gab Jelzin 1992 alle Preise frei und öffnete den Weg in die Hölle. Dass der Markt wie ein Deus ex Machina alles schaffen würde, was er brauchte, war eine neoliberale Illusion, die träge mafiotische Oligarchenherrschaft das Resultat. Die Idee, dass Preise der Kern des marktwirtschaftlichen Heils sind, der Rest Beiwerk, hat eine fast religiöse Anmutung. In Moskau hörte man auf die neoliberalen Sirenengesänge, in Peking nicht. „Die Schocktherapie ist kein Rezept für den Aufbau, sondern für Zerstörung“, so Weber.

    Stefan Reinecke ist sich in seiner taz-Besprechung sicher, dass mit Isabella M. Webers „Das Gespenst der Inflation. Wie China der Schocktherapie entkam“ ein herausragendes Stück Wirtschaftsgeschichte vorliegt. Das Werk erschien gerade in deutscher Übersetzung von Stephan Gebauer bei Suhrkamp und zeigt für den Rezensenten

    beispielhaft, dass die Integration in die globale Marktwirtschaft nur gelingt, wenn man sich dem Markt nicht unterwirft. Und dass wie ein Zauberlehrling scheitert, wer eine unsteuerbare Marktdynamik entfesselt. Gerade das Zögern der Pragmatiker hat die Grundlagen für das chinesische Wirtschaftswunder geschaffen, das viele im Westen lange als Sieg des Marktes bestaunten und das sie nun zu fürchten beginnen.

    In diesem Beitrag stellt Isabella M. Weber ihr Buch in einem Longread vor. Am Ende des Kalten Krieges war die Sowjetunion, ja auch Russland, wirtschaftlich stärker als das sich gerade öffnende China; nach der Schocktherapie war es anders. Allerdings greift es zu kurz, hier die dummen Russen, dort die klugen Chinesen zu schreiben. In gewissen Augenblicken war der sogenannte Neoliberalismus, die Terrorherrschaft der Ökonomie, kurz vor der Umsetzung auch im Reich der Mitte.

    Die 1987 in Nürnberg geborene Isabella M. Weber ist Professorin für Volkswirtschaftslehre an der University of Massachusetts Amherst. Sie bemerkt zur chinesischen Entwicklung überaus Erhellendes und Überraschendes, was enorme Bedeutung für die Welt hatte und hat:

    Angesichts der rückständigen Entwicklung in China hätte eine Schocktherapie wahrscheinlich noch mehr menschliches Leid in China als in Russland verursacht. Gewiss hätte sie auch die Grundlage für Chinas wirtschaftlichen Aufstieg untergraben, wenn nicht sogar zerstört. Doch ist nur schwer vorstellbar, wie der globale Kapitalismus heute aussehen würde, wenn China den Weg Russlands eingeschlagen hätte. Trotz der Folgen dieser Politik wird die Schlüsselrolle, die die Marktreformdebatte in Chinas spielte, weitgehend ignoriert. In meinem Buch »How China Escaped Shock Therapy« blicke ich deshalb auf die 1980er Jahre zurück und frage mich, mit welchen Argumenten China der Schocktherapie entkam. Eine Untersuchung der chinesischen Marktreformdebatte offenbart nicht nur die wirtschaftlichen Hintergründe von Chinas Aufstieg, sondern auch die Ursprünge von Chinas traditioneller Beziehung von Staat und Markt.

    Die Aussicht auf eine Schocktherapie hatte die Grundlagen der chinesischen Gesellschaft im Jahr 1988 erschüttert. Als 1989 die chinesische Bürgerrechtsbewegung auf dem Tian’anmen-Platz niedergeschlagen wurde, kamen die Reformen dann vorübergehend zum Stillstand. Als China 1992 die Marktwirtschaft wieder in Gang brachte, war die Schocktherapie keineswegs vom Tisch. Im Gegenteil, in den 1990er Jahren errangen die Neoliberalen in China große Siege. Der Grundmodus der schrittweisen, experimentellen Marktöffnung war jedoch bereits in den 1980er Jahren festgelegt worden. Obwohl er in den folgenden Jahrzehnten neu verhandelt, in Frage gestellt und abgewandelt wurde, konnte er nicht zurückgedreht werden.

    Angesichts der deutschen Übersetzung von „Das Gespenst der Inflation“ findet man einen Podcast mit Laura de Weck auf der Verlagsseite von Suhrkamp zum Buch.

    tazDas geplante Wunder Autor: Stefan Reinecke




    Europa, das globale System und die Idee rationaler Akteure


    piqer: Thomas Wahl

    Herfried Münkler steckt hier noch einmal den großen Rahmen ab, in dem sich deutsche und europäische Politik bewegt und zukünftig wahrscheinlich bewegen wird. Interessant finde ich seine Sicht auf den Glauben an den „rationalen Akteur“ bzw. die Annahme, andere agierten nach unseren Vorstellungen von Rationalität, Logik oder Vernunft. Oder eben der Vermutung, unsere Kontrahenten würden auf vergleichbare Situationen reagieren wie wir selbst.

    Sicher haben mehrere Faktoren zum aktuellen Chaos beigetragen. Der „Hüter“ der globalen Ordnung, die USA, ist seiner Rolle nicht gerecht geworden (was vielleicht von vornherein zum Scheitern verurteilt war) und hat sich dabei überdehnt. Auch der Glaube, die wirtschaftliche Verflechtung führe automatisch zu am Wohl der Menschheit orientierter politischer Kooperation, war naiv. Und der Westen hat das Denken, die Logik revisionistischer Mächte gründlich missverstanden. Man hat versucht, die Idee der liberalen Gesellschaft durch Appelle und über vertrauensbildende wirtschaftliche Verflechtung durchzusetzen. Oder im Notfall durch militärische Intervention die Grundlagen für demokratische Systeme zu schaffen. Russland gegenüber versuchte man z.B. klarzumachen, dass ein Angriffskrieg auf die Ukraine nicht im russischen Interesse sei:

    Man ging davon aus, dass man es mit rationalen Akteuren zu tun hat, die am Wohlstand ihrer Bevölkerung orientiert sind, also mit Homines Oeconomici. Die Überraschung war, dass Putin sich mehr von post-imperialen Phantomschmerzen, also runtergeschluckter Wut, hat lenken lassen als von einer kühlen Abwägung der Kosten und Nutzen.

    Dann ergibt sich eine Konstellation, wie sie etwa Krastev formuliert:

    Das Paradoxe der derzeitigen Situation ist, dass die Mehrheit der Russen der festen Überzeugung ist, in einem Krieg gegen den Westen zu sein. Während die meisten Amerikaner und Europäer nicht glauben, in einem Krieg gegen Russland zu sein.

    Ein ziemlich grundsätzliches wechselseitiges Missverstehen. Die gesamte Ordnung nach 1990 beruhte aus der Sicht des Westens auf der Annahme, die anderen Akteure folgen unserer eigenen Rationalität, unseren Welt- und Wertvorstellungen. Typen wie Putin, Kim Jong-Un, die Taliban, die Hamas etc. waren in der dominierenden westlichen Denke nicht wirklich vorgesehen. Andersherum sind wohl diese Autokraten und Teile ihrer Bevölkerung davon überzeugt, dass das Reden von universellen Menschenrechten nur ein Trick des Westens ist.

    Es hat sich gezeigt, dass diese Ordnung zu anspruchsvoll ist angesichts der Diversität politischer Systeme. Unter diesen Umständen steht eine Weltordnung auf sehr wackeligen Beinen.

    Die Menschheit als Ganzes verfügt über keine eigenen Ressourcen, um eine neue Ordnung zu gestalten. Die USA sind mit ihren Kräften eher auf dem Rückzug aus der globalen Arena. China übernimmt – so Münkler – keine globale Verantwortung,

    es erweitert lediglich seine Einflusszone, sodass die Vorstellung eines chinesischen Zeitalters illusionär ist. Die Ordnung, die im Entstehen begriffen ist, hat keinen Hüter, der über die Einhaltung der Regeln wacht, sondern eine Mechanik. Sie wird eine normative Unterdeckung haben gegenüber der alten Weltordnung. Es wird weniger politische Philosophie der internationalen Beziehungen geben und mehr geopolitische Analysen.

    Es bildet sich für Münkler eine auf das quasi physikalische Spiel der Kräfte konzentrierte Mechanik heraus, die eine möglicherweise relativ robuste Weltordnung grundiert.

    Es wird vermutlich eine Pentarchie sein, und die Stabilität beruht auf der wechselseitigen Anerkennung der Großen, also USA, China, Russland, Indien und vermutlich Europa. Sie leisten Ordnungsarbeit in einem umgrenzten Raum und versuchen, die zweite und dritte Reihe einzubinden.

    Diese zweite Reihe, Länder wie z.B. Argentinien oder Indonesien, wird aufgewertet. Es entsteht also ein Mechanismus, der der europäischen Ordnung bis zum Ersten Weltkrieg vergleichbar ist. Das ist allerdings keine Friedensordnung mehr,

    sondern eine, in der das Militär eine größere Rolle spielt. Das wurde den militärunwilligen Europäern durch das russische Agieren in der Ukraine aufgezwungen.

    Es scheint, die Idee, man könne mit immer weniger Waffen und Soldaten den Frieden garantieren, ist erstmal widerlegt. Auch die wirtschaftliche Macht als Mittel internationaler Politik ist in der Realität stark relativiert worden. Die westlichen Länder haben kein industrielles Quasi-Monopol mehr und Rohstoffe kaufen auch andere gern.

    Man hatte die Abhängigkeiten einseitig gedacht und übersehen, dass auch wir von unseren Handelspartnern abhängig sind, von russischem Erdgas und Erdöl, das nun nicht mehr fließt. Wohlstandsgesellschaften mit demokratischer Beteiligung sind hier sogar verwundbarer als eine Mangelwirtschaft, deren Bevölkerung an Kargheit und Knappheit gewöhnt ist.

    Für Münkler kommt es nun zunehmend auf das „Zünglein an der Waage“ zwischen den großen und mittleren Mächten an. Eine Macht also, die das Gleichgewicht zwischen den großen Akteuren herstellt, damit das System nicht in Richtung einer Hegemonie oder in einen großen, globalen Konflikt kippt. Historisches Vorbild sei

    Großbritannien, das die europäische Pentarchie ausbalancierte. Heute sehe ich Indien in diese Rolle hineinwachsen. Es steht zwischen den Mächten. Auf der einen Seite ist es die größte Demokratie der Welt, andererseits zeigt Narendra Modis Hindu-Nationalismus eine Distanz zum Westen an. Doch auch zu China hält es Abstand, die Beziehungen zu Russland sind klassischerweise gut, zum Westen jedoch ebenfalls.

    Es bleibt die Frage nach Rolle und Status Europas in diesem Zukunftsmodell. Wird es der Union gelingen, ein Stück weit aus ihrer Regelwirtschaft und der Zerstrittenheit herauszukommen? Um als geschlossene und schnelle politische Handlungsmacht globale Prozesse entsprechend mitzugestalten? Die Imperative des internationalen Kräfte-Systems drängen uns sicher in diese Richtung. Brauchen wir dazu gemeinsame Kernwaffen, wie viel unserer Wertschöpfungsketten können oder sollten wir in die Union zurückholen. Wir müssen uns aber auch klarmachen,

    die Zeitspanne zwischen der Auflösung der alten Weltordnung und der Formierung einer neuen Weltordnung ist eine Zeit vermehrter und intensivierter Kriege, weil viele Akteure ihre Position im Hinblick auf die entstehende neue Ordnung verbessern wollen. In einer solchen Phase befinden wir uns zurzeit; es ist anzunehmen, dass deswegen noch eine Reihe von weiteren Kriegen entstehen werden.

    philomag„Das Risiko, auf Atomwaffen zu verzichten, ist einfach zu groß“Interview: Moritz Rudolph




    Mehrheit der Anwohnenden akzeptiert Solar- und Windenergie


    piqer: Ole Wintermann

    Die Los Angeles Times hat vor kurzem eine Umfrage unter KalifornierInnen durchführen lassen, in der es um die Akzeptanz von Windkraftanlagen, Stromtrassen und Solaranlagen in der Nachbarschaft sowie von Windkraftanlagen in Sichtweite des Strandes ging. Ergebnis: All diese Anlagen werden von der Mehrheit der Befragten („registrierte Wähler“) – auch in der Nachbarschaft – befürwortet. Die LAT ging der Frage nach, wieso der Eindruck in der öffentlichen Debatte aber ein anderes Bild zeichnet.

    Die Fossilindustrie investiert große Summen, um Desinformationen zu streuen oder aber um Widerstand einiger weniger gegen lokale #EE-Anlagen zu finanzieren. Diese Bemühungen der wenigen, den Fortschritt zu verhindern, ist nichts anderes als die Missachtung des demokratischen Mehrheitswillen, das Zeitalter der fossilen Energieträger zu beenden, so die AutorInnen. Zudem handelt es sich – wie schon bei den ehemaligen Ansiedlungen von Kohlekraftwerken – um eine Art des Rassismus und der Verstärkung der sozialen Ungleichheit. Dies liegt darin begründet, dass nicht-weiße Communities nicht über die dieselben finanziellen Ressourcen verfügen, um eine Ansiedlung in der Nachbarschaft zu verhindern. In der Vergangenheit hatte dies bereits dazu geführt, dass nicht-weiße Communities eine deutlich erhöhte Luftverschmutzung infolge der Kohlekraftwerke zu verzeichnen hatten.

    Anhand eines Beispiels der Ansiedlung einer Solaranlage in der Wüste von Südkalifornien zeigen die AutorInnen die abstruse Argumentation einiger GegnerInnen des Projektes. Während Grundwasserpumpen der örtlichen Landwirte die letzten Wasserreserven des Staates leerpumpen, beziehen sich dieselben Menschen bei ihrem Protest gegen Solarparks auf den Schutz der Natur.

    In diesem und in einem weiteren Beispiel, in dem es um den Bau einer Stromleitung geht, wird mal wieder deutlich, dass die einzige Möglichkeit, gegen Desinformation und „False Balance“ vorzugehen, darin liegt, hochwertige Informationen anzubieten und transparent über das Vorhaben zu kommunizieren.

    la timesDo Californians want solar and wind in their backyards? New poll says yesAutor: Sammy Roth




    Deutschland allein zu Haus


    piqer: Jürgen Klute

    Deutschland ist das nach EinwohnerInnen und wirtschaftlicher Leistung größte Land der Europäischen Union. Große Länder neigen gelegentlich zum Provinzialismus, sind sich also selbst genug und verzichten schon mal auf den Luxus, über den Tellerrand – also über die eigenen Grenzen – hinweg zu schauen. In dieser Disziplin übt sich derzeit nicht nur das Bundesverfassungsgericht, das einer unverzichtbaren Klimapolitik erst einmal einen juristischen Riegel verpasst hat. Nach dem Motto: Wir stürzen uns zwar gerade in den Abgrund, aber juristisch bleiben wir dabei auf Linie!

    Allerdings betrifft der deutsche Provinzialismus nicht allein die Bundesrepublik, sondern er wirkt weit über deren Grenzen hinaus. Daran und an Reaktionen aus der EU und Nachbarländern erinnert Daniel Max in seinem Kommentar in der taz.

    tazDeutschland wieder auf Sonderweg Autor: Daniel Bax




    Ein Relikt einer Zeit, die vorüber ist, aber nicht vergehen will


    piqer: Achim Engelberg

    Auf allen Kontinenten wurde der Tod von Henry Kissinger verkündet und in vielen Beiträgen schwankt sein Bild zwischen Friedensnobelpreisträger und Kriegsverbrecher. Bis zuletzt war er aktiv und unterwegs: Zu seinem 100. Geburtstag besuchte er im Juni seine fränkische Geburtsstadt Fürth, aus der er fliehen musste und in die er als US-Soldat zurückkehrte, danach besuchte er auf diplomatischer Mission mit Xi Jinping den chinesischen Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, einem Land, bei dessen Öffnung er als amerikanischer Außenminister eine Rolle spielte. Zuletzt kommentierte der Shoah-Überlebende die Massaker und den neuen Krieg im Nahen Osten. Eine geplante Berlin-Reise musste er absagen, nun ist er in seinem Haus in Connecticut verstorben.

    Für die Grundversorgung ist das ZDF-Special nützlich; hier seine Selbstdarstellung auf seiner Webseite; hier ein Auftritt im Kalten Krieg; Stimmen zu seinem Tod und einige wichtige Links findet man hier; in diesem Feature von Marcus Pindur im Deutschlandfunk gibt es nicht nur viele O-Töne, sondern es gibt Wissenwertes wie Kissinger von großer europäischer Politik des 19. Jahrhundert wie der von Bismarck oder Metternich gepägt war und diese im 20. Jahrhundert, etwa bei Helmut Schmidt, selbst prägte. Last but not least der Beitrag „Gewalt. Macht. Hegemonie. Zur Aktualität von Henry Kissinger“ von Bernd Greiner, der sich lohnt und den es nicht kostenfrei gibt. Meine Überschrift ist der leicht abgewandelte Schlusssatz. Hier die Zwischenüberschriften:

    Die Liaison von Macht und Geist

    Der Urgedanke bis heute: Amerikas Vorherrschaft ist unverzichtbar

    Nixons Dreiecksdiplomatie mit Moskau und Peking

    Kissinger als Einpeitscher

    Wie sich die »Realpolitik« gegenüber der Realität abschottet

    Wider Kissingers Willen: Die unbeabsichtigte Entspannungspolitik

    Eine Klasse für sich – als Werbetexter und Impresario seiner selbst

    »Das nationale Interesse ist bisweilen wichtiger als das Gesetz«

    Das Motto des Beitrags stammt von Kissinger:

    Wie soll man denn Diplomatie ohne die Androhung von Eskalation betreiben? Ohne diese Drohung gibt es keine Grundlage für Verhandlungen.

    Die brutale Seite von Kissinger stellt Stefan Schaaf in der taz in seinem Beitrag Der Kriegs-Nobelpreisträger dar.

    Henry Kissinger war nicht nur ein geschickter Stratege der US-Außenpolitik. Für die Interessen seines Landes ging er immer wieder über Leichen.

    Wer sich jenseits der Nostalgie mit Kissinger beschäftigt, kommt in den schmutzigen, lauten Maschinenraum der Weltpolitik mit streng geheimen Aktionen. Hier ist zu erleben, wie Politik zur Geschichte gerinnt. Das ist die erhellende, aber auch abstoßende Seite dieser reich entwickelten Persönlichkeit; anziehend macht ihn seine Ironie und sein Humor:

    Gefragt, ob er lieber als Mr. Kissinger oder Dr. Kissinger angesprochen werden wolle, antwortete er: ‚Ich kenne mich mit dem Protokoll nicht aus. Nennen Sie mich einfach Exzellenz, das genügt.‘

    Als er in seiner Zeit als aktiver Politiker einmal in Rom landete, erfuhr er, dass der Papst gerade zwei Menschen heiliggesprochen hatte. Worauf Kissinger fragte: ‚Wer ist der andere?'“

    ardZum Tode von Henry Kissinger




    Wie Bremer und Hamburger Kaufleute vom Kolonialismus profitierten


    piqer: Dirk Liesemer

    In der taz hat Benno Schirrmeister einen engagierten Essay über einen Teil unserer Geschichte verfasst, der immer mehr in den Blickpunkt der politischen Debatten rückt: die Ausbeutung der einstigen deutschen Kolonien und den Stand der heutigen Aufarbeitung. Dies erörtert er am Beispiel von Hamburg und Bremen, wo im 19. Jahrhundert gewichtige Kaufmannsfamilien das Verbot der Sklaverei ignorierten und beim Kolonialhandel kräftig mitverdienten.

    Manches ist zwar recht robust formuliert (einen Bildersturm zu verdammen sei „barbarisch“), auch muss man nicht jedem Urteil folgen (fraglich bleibt für mich etwa, wie bedeutend denn nun die beiden Städte im Vergleich etwa mit London oder Kopenhagen waren), aber zum einen finde ich, dass ein Essay nicht in alle Richtungen perfekt abwägend sein muss – und zum anderen stimme ich seiner Schlussbemerkung zu: Dass die Erinnerung erst einen Anfang markiert.

    Nicht übersehen sollte man eine Frage, die Schirrmeister gegen Ende seines Textes formuliert: „Aber sollte der Staat überhaupt allein richten, was seine zivilen Kaufleute angestoßen und betrieben haben?“ Man könnte also auch fragen: Sollte man den Nachfahren ihr Schweigen einfach so durchgehen lassen?

    tazZeugen der VerbrechenAutor: Benno Schirrmeister


    Info: https://makronom.de/geplantes-wunder-kissinger-kolonialismus-45505?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=geplantes-wunder-kissinger-kolonialismus


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.12.2023

    „In China für China”Deutsche Unternehmen – Volkswagen, aber auch Mittelständler – machen ihre Werke in China unabhängig von Standorten in Europa, um gegen neue westliche Sanktionen gefeit zu sein. Deutsche China-Investitionen auf Rekordniveau.

    german-foreign-policy.com, 7. Dezember 2023

    WOLFSBURG/BEIJING (Eigener Bericht) – Vor dem heute beginnenden EU-China-Gipfel gewinnt die Verlagerung deutscher Konzernaktivitäten in die Volksrepublik an Fahrt. Volkswagen hat vor wenigen Tagen mitgeteilt, eine neue Plattform für Elektroautos, die nach bisheriger Praxis in Deutschland entwickelt worden wäre, an einem neuen Zentrum im ostchinesischen Hefei zu entwickeln und sie dort auch zu produzieren. Zugleich will der Konzern bei der Herstellung von Elektroautos in China beinahe komplett auf Zulieferer aus der Volksrepublik zurückgreifen. Damit könne schneller, billiger und besser produziert werden, heißt es. Allerdings gehen Konzerntätigkeiten in Deutschland verloren. Außerdem wäre VW China dann in der Lage, im Fall einer Eskalation des westlichen Wirtschaftskriegs gegen die Volksrepublik sich von der deutschen Konzernzentrale abzuspalten – zu deren Schaden. Ähnliche Vorbereitungen treffen mittlerweile auch mittelgroße Unternehmen. Dies führt dazu, dass die deutschen Investitionen in China zuletzt stark zugenommen haben und den deutschen Investitionsbestand dort auf Rekordniveau heben. Ökonomen räumen ein, diese Folge des westlichen Wirtschaftskriegs sei „paradox und so eigentlich nicht gewollt“.


    Schneller, billiger, besserDer Volkswagen-Konzern setzt die umfassende Umstrukturierung seiner Produktion von Elektroautos fort und wird künftig eine neue Plattform für mehrere E-Modelle nicht nur in China fertigen, sondern sie dort auch entwickeln. Der Schritt hat zunächst ökonomische Ursachen. Zum einen ist die Volksrepublik in der Elektroautobranche inzwischen weit fortgeschritten; dies für die eigene Elektroautoherstellung umfassend zu nutzen, bietet sich an. Zum anderen können Arbeiten in China kostengünstiger und auch schneller erledigt werden. Volkswagen errichtet derzeit in seinem Werk in Hefei 500 Kilometer westlich von Shanghai ein Entwicklungszentrum (Volkswagen China Technology Company, VCTC), in dem die neue Elektroautoplattform konzipiert werden soll. Dies wird lediglich zwei Drittel der Zeit benötigen, die in Europa veranschlagt würde, und nur zwei Drittel der Kosten verursachen. Volkswagen stellt darüber hinaus bei der Produktion so weit wie möglich auf chinesische Zulieferer um, die geringere Preise verlangen; bei ihnen sollen in Zukunft 95 Prozent aller zugekauften Bauteile erworben werden. Ziel ist es, bereits in wenigen Jahren Elektroautos herstellen zu können, die mit einem Preis zwischen 18.000 und 22.000 Euro konkurrenzfähig sind.[1] Damit will Volkswagen seinen dramatischen Rückstand bei Elektroautos in China aufholen.[2]


    Bereit zur Abspaltung

    Die Umstrukturierung der Produktion hat neben den ökonomischen auch politische Gründe. Mit der Verlagerung der Entwicklung nach China und der weitestgehenden Beschränkung auf chinesische Zulieferer werden die chinesischen Fabriken von Volkswagen unabhängig von Deutschland bzw. Europa. VW-Chinachef Ralf Brandstätter bestätigt: „Wir streben nach einer autonomen, kontrollierbaren Wertschöpfungskette“.[3] Damit werden die chinesischen Werke des Konzerns in die Lage versetzt, im Fall einer Eskalation des westlichen Wirtschaftskriegs gegen die Volksrepublik – also bei verschärften Sanktionen oder gar einem Decoupling –eigenständig weiterzuarbeiten: „in China für China“, wie es bei Volkswagen heißt.[4] Der Konzern wird also unter sämtlichen Umständen auf dem größten Automarkt der Welt präsent bleiben können. Womöglich wird er allerdings seine chinesischen Unternehmenseinheiten abspalten und unabhängig organisieren müssen. In Deutschland bliebe dann der Sitz eines erheblich verkleinerten Konzerns zurück: Volkswagen hat zuletzt 40 Prozent seiner Fahrzeuge in der Volksrepublik abgesetzt. Bereits jetzt gehen für Deutschland umfangreiche Entwicklungstätigkeiten verloren, die in Zukunft bei VCTC in Hefei getätigt werden. Damit schädigt der westliche Wirtschaftskrieg gegen China, der Volkswagen zur Formung einer autonomen Produktion in der Volksrepublik drängt, die deutsche Industrie.


    Die Paradoxien des Wirtschaftskriegs

    Von Planungen in den Zentralen großer deutscher Konzerne, im Notfall ihr Chinageschäft abzuspalten, berichtete die einflussreiche Bertelsmann Stiftung bereits vor rund zwei Jahren (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Inzwischen treffen auch mittelgroße deutsche Unternehmen Vorbereitungen dazu. So heißt es bei dem Ventilatoren- und Motorenhersteller ebm-papst, man denke „über Worst case-Szenarien nach“ und wolle die Produktion in China autark organisieren, damit sie im Ernstfall – bei einer Eskalation des Wirtschaftskriegs – jederzeit abgespalten werden könne.[6] Berichten zufolge treffen auch andere Mittelständler identische Maßnahmen. Damit sind kostspielige Investitionen verbunden. ebm-papst etwa investiert zur Zeit rund 25 Millionen Euro in seine Standorte in China. Das lohnt sich wegen des riesigen chinesischen Markts, der das Chinageschäft überaus attraktiv erscheinen lässt. Letztlich ziehe China „immer mehr Investitionen an“, da „die Unternehmen das Gefühl“ hätten, sie müssten „ihr Chinageschäft isolieren können“, konstatiert Jürgen Matthes, ein Experte vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW).[7] Das sei mit Blick auf die Tatsache, dass die Bundesregierung die Wirtschaft zur Verlagerung ihrer Aktivitäten weg aus China in andere Länder bewegen wolle, „schon paradox und so eigentlich nicht gewollt“. Hinzu komme, dass alles, was dank neuer Investitionen in China gefertigt werde, „nicht von Deutschland aus exportiert“ werde – zum Schaden der deutschen Exportindustrie.


    Rekordinvestitionen

    Nicht nur, aber auch deshalb nehmen zur Zeit die deutschen Investitionen in China schnell zu. Bereits 2021 war der Bestand der deutschen Direktinvestitionen in der Volksrepublik auf 102,6 Milliarden Euro in die Höhe geschnellt und hatte damit erstmals die Marke von 100 Milliarden Euro überstiegen.[8] Im Jahr 2022 kamen noch weitere 11,5 Milliarden Euro hinzu; der Gesamtbestand lag jetzt bereits bei 114 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2023 wurden Neuinvestitionen im Wert von 10,3 Milliarden Euro verzeichnet, der zweithöchste bislang registrierte Wert überhaupt.[9] „Obwohl die deutsche Wirtschaft insgesamt sehr viel weniger zusätzlich im Ausland investiert, bleiben die neuen Direktinvestitionen in China fast so hoch wie zuvor“, konstatiert IW-Experte Matthes. Das führe dazu, dass der Anteil der Investitionen in China an den Gesamtinvestitionen im Ausland rasch steige – auf zuletzt 16,4 Prozent. „So bedeutsam war das Land in Relation zum übrigen Ausland noch nie“, erklärt Matthes.


    Als Zulieferer unverzichtbar

    Spitzt sich der Wirtschaftskrieg weiter zu, dann drohen Unternehmen in Deutschland weitere Nachteile. So berichtet etwa der westdeutsche Fahrradhersteller Rose Bikes, als Zulieferer sei China längst „unverzichtbar für die Fahrrad-Industrie“.[10] Fielen die Einfuhren aus China Sanktionen zum Opfer oder würden sie durch Strafzölle oder auch durch andere Maßnahmen stark verteuert, dann drohten gravierende Einbrüche. Zwar bemühe sich das Unternehmen bereits um alternative Lieferanten aus Europa. Doch werde es „eine gewisse Zeit“ dauern, bis man „die Qualität auf dem Niveau hat, wie wir es aus Asien und China gewohnt waren“. Zudem koste der Rückgriff auf in Europa hergestellte Bauteile „am Anfang auch mehr Geld“. Zu konkurrenzfähigen Preisen werde man ohne chinesische Zulieferer, heißt es unter Bezug auf Rose Bikes, „frühestens in acht bis zehn Jahren“ produzieren können. Ähnlich ist die Lage für zahlreiche andere Unternehmen, die an ihren deutschen Standorten Vorprodukte aus China nutzen. Der deutsche Import aus der Volksrepublik stieg im vergangenen Jahr massiv und erreichte ein Volumen von über 191 Milliarden Euro, mehr als die Einfuhr aus jedem anderen Land und viel mehr denn je zuvor.

     

    [1] Mehr Hefei, weniger Wolfsburg. tagesschau.de 24.11.2023.

    [2] S. dazu Paradebranche unter Druck.

    [3] Lazar Backovic, Sabine Gusbeth: Volkswagen plant das 20.000-Euro-Auto in China schon ab 2026. Handelsblatt.com 28.11.2023.

    [4] VW entkoppelt China-Geschäft von Deutschland. n-tv.de 24.11.2023.

    [5] S. dazu Die Geschäftsgrundlage der deutschen Industrie (I) und Die Geschäftsgrundlage der deutschen Industrie (II).

    [6], [7] Julian Gräfe: China wird zum Risiko für den Mittelstand. tagesschau.de 30.11.2023.

    [8] Jürgen Matthes: Deutsche Direktinvestitionen in China: Kaum Diversifizierung. IW-Kurzbericht Nr. 35. Köln, 17.05.2023.

    [9] Deutsche Konzerne investieren verstärkt in China. spiegel.de 20.09.2023.

    [10] Julian Gräfe: China wird zum Risiko für den Mittelstand. tagesschau.de 30.11.2023.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9429


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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