youtube.com, vom 06.03.2022, von Autor Michael Lüders
Hier auszugsweise Niederschrift ab 18:41 bis 31:28 von insgesamt 36:51 Minuten.
.. Es spricht für sich, das selbst die Vereinigte Arabischen Emirate und Saudi Arabien, zwei Großeinkäufer us-amerikanischer Rüstungsgüter und enge Verbündete Washingtons, klargestellt haben, dass sie Sanktionsmaßnahmen bestenfalls auf symbolischer Ebene mittragen werden. Zwei Gründe vorallem erklären wie ich meine dergleichen Zurückhaltung zum einen gilt noch immer die richtige Erkenntnis Bill Clintons "its´s the economy stupid", die Welt in der wir leben wird von wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen bestimmt, nicht von moralischer Emphase".
Vielerorts hat man verstanden, dass sich die geopolitischen Kräfteverhältnisse gegenwärtig neu sortieren. Hier die USA, eine Weltmacht im Niedergang, dort China, eine Weltmacht im Aufstieg.
Russland wird sich zwangsläufig in großen Teilen von Europa und den USA abwenden und sich zunehmend in Richtung China orientieren. Das zu erkennen erfordert keinerlei Genie. Warum also sollte sich der globare Süden einseitig den Vereinigten Staaten zuwenden, wenn sich die Welt doch gerade neu ausrichtet. Ist es da nicht klüger eine vermittelnde oder neutrale Haltung einzunehmen? Welches Interesse sollte beispielsweise Ägypten haben auf russischen Weizen zu verzichten und Hungerrevolten zu riskieren. Warum sollte Pakistan russische Investitionen im dortigen Energiesektor ablehnen. Den Luxus etwa russisches Gas zu boykottieren und stattdessen in unrentable Flüssiggasterminals zu investieren muss man sich erstmal finanziell erlauben können. Außenministerin Baerbock erklärte unlängst "nur noch Diktaturen würden Russland unterstützen". Das ist nicht grundsätzlich falsch aber doch reichlich unterkomlex, wie soeben beleuchtet.
Die russische Führung weiß sehr wohl, dass vor allem die ärmeren Teile der eigenen Bevölkerung einen hohen Preis für den Krieg in der Ukraine bezahlen werden. Der Lebensstandard in Russland wird absehbar sinken, die Inflation steigen. Grundsätzlich aber ist Moskau wirtschaftlich nicht in died Knie zu zwingen, dafür ist das land zu groß, ist diew Schlange derer die russische Rohstoffe einzukaufen suchen viel zu lang. Sollten die USA gegen Russland sogenannte Sekundärsanktionen verhängen wie schon gegen den Iran, verheben sie sich.
Drittstaaten jedweden Handel mit Russland verbieten zu wollen, das wäre Größenwahn zumal die Amerikaner selbst auf russisches Erdöl oder Aluminium nicht verzichten mögen. Doch nicht allein Russland auch wir werden einen hohen Preis bezahlen. In Gestalt einer vermutlich länger anhaltenden Inflation bei gleichzeitiger Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung mithin einer Stagflation. Gelingt es Deutschland nicht diese von vielen befürchtete Abwärtsspirale aufzuhalten, setzen wir unweigerlich unseren Wohlstand aufs Spiel.
Nicht allein Deutschland, die europäische Union insgesamt muss aufpassen nicht zum Spielball der USA im Kräftemessen mit China und Russland zu werden. Andernfalls laufen wir Gefahr am Ende als großer Verlierer dazustehen. Allein die keineswegs unrealistische Annahme bei den US-Wahlen 2024 könnte erneut einer wie Donald Trump ins Weiße Haus gewählt werden, vermittelt eine Vorstellung von den Risiken eines bedingungslosen Schulterschlusses mit der westlichen Führungsmacht, wie er dieser Tage allenthalben gefordert und befördert wird. Es ließe sich einwenden und zurecht einwenden mag ja alles sein aber sollen wiur deswegen russische Aggression lediglich zur Kenntnis nehmen und mit Russland Business as usual betreiben? Die sachliche Antwort lautet jein. Begrenzte Sanktionen ja dauerhafte nein.
Unsere Empörung über das was gegenwärtig in der Ukraine geschieht wird im globalen Süden eher von Minderheiten geteilt. Nicht aus mangelnder Emphatie für das Leid der Ukrainer sondern und nun kommen wir zum zweiten Grund warum viele nichtwestliche Staaten die Sanktionslust gegenüber Russland nicht mittragen. Man ist dort hinlänglich vertraut mit westlicher Heuchelei. Die tagaus tagein zur Schau gestellte Empörung gegenüber Putin und dessen unzweideutigem Bruch des Völkerrechtes kontrastiert unangenehm mit der Realität westlicher Machtpolitik in anderen Teilen der Welt. Wie haben denn westliche Staaten auf die von den USA und Großbritannien orchestrierte Zerstörung des Irak reagiert um nur diese eine Beispiel zu nennen?
Hat es da nach 2003 Sanktionsforderungen an die Adresse der Aggressoren gegeben?
George W. Bush und sein britischer Juniorpartner Tony Blair tragen politisch die Hauptverantwortung für den Tod Hunderttausender in Afghanistan und im Irak. Hierzulande mag man dergleichen Hinweise what about them abtun, nicht so im globalen Süden, wo die Schäden ausgiebig zu besichtigen sind. Von Afghanistan über den Irak und Libyen bishin zum Jemen. Nie sind Bush und Blair oder ihresgleichen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen worden geschweige denn von einem Strafgerichtshof angeklagt worden. Genau das aber soll jetzt mit Putin und Russland geschehen, mit freundlichen Empfehlungen aus Washington.
Der Brite Karim Khan, Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag bereitet die entsprechende Anklage gegenwärtig vor. Der selbe Karim Khan der, nachdem er im Juni des vorigen Jahres übernommen hatte, als erste seiner Amtshandlungen alle Strafermittlungen seiner Amtsvorgängerin gegen die USA eingestellt hat, nämlich mit Blick auf mutmaßliche amerikanische Kriegsverbrechen in Afghanistan. Achtjährige Strafermittlungen einfach von Tisch gefegt.
Ich (Michael Lüders) beschreibe die Hintergründe in meinem neuen Buch "Hybris am Hindukusch - Wie der westen in Afghanistan scheiterte", das ich an dieser Stelle in Kürze vorstellen werde. Sein sie versichert, Sie werden es kaum glauben oder für möglich halten. Es liest sich wie ein Thriller.
Washington hat eine beinahe kriminell zu nennende Energie aufgewendet für das, was die US-Armee und mit ihr die Nato in Afghanistan an Verbrechen an der Zivilbevölkerung begangen haben sollen, nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Gehört Wladimir Putin vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag? Ich meine ja, sofern zeitgleich auch gegen George W. Bush und Tony Blair ein Strafverfahren eingeleitet wird. Geschieht das nicht, wäre eine Anklage gegen Putin oder Russland wenig mehr als eine weitere westliche Selbsterhöhung , unschwer zu erkennen allzumal außerhalb unserer westlichen Hemisphäre. Ein Grund mehr, die bereits aufgeführten Staaten ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Russland auch weiterhin, ohne falsche Scham, auszubauen.
Gegenwärtig befinden wir uns in Deutschland, in Europa, in der westlichen Welt , in einem Zustand der Empörung und der Erregung. Wie sollte es auch anders sein, angesichte der russischen Verbrechen in der Ukraine an unseren Nachbarn. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass dieser Zustand politisch durchaus gefördert und instrumentalisiert wird, mit dem Ziel etwa, die USA von ihren Rüstungsausgaben und militärischenn Verpflichtungen in Europa zu entlasten, um mehr Geld und Ressourssen für die Eindämmung Chinas aufwenden zu können. Entsprechend wird in Talkshows beispielsweise viel über den Geisteszustand Putins spekuliert, über den Größenwahn des vermeintlichen Cäsaren. Sind als nächtes die baltischen Staaten dran, heißt es dann etwa.
Was vollkommen fehlt ist Ursachenforschung. Die Frage, wie es zu diesem Krieg kommen konnte, gilt fast schon als Putinversteherei. Er ist der Aggressor, mehr muss man nicht wissen. Alles weitere regeln die Emotionen, die Medien und Sanktionsbestimmungen. Leider führt schwarz-weiß Denken in den seltesten Fällen inhaltlich weiter. Deswegen folgt an dieser Stelle wie angekündigt ein kurzer Exkurs in die Kriegsursachen, auch wenn viele dergleichen nicht hören wollen und ist doch die Frage nach gut und böse längst entschieden.
Der US Diplomat und langjährige strategische Vordenker der amerikanischer Außenpolitik George F. Kennan erklärte bereits 1998 im Interview nachdem der US-Senat die erste Runde der Nato-Osterweiterung beschlossen hatte: "Diese Entscheidung ist ein tragischer Fehler. Es gibt keinerlei Notwendigkeit dafür. Niemand hat wen auch immer bedroht". Weiterhin führte er aus, fast schon prophetisch: "Früher oder später wird Russland darauf reagieren. Die Nato-Osterweiterung wird eine sehr ernste Krise provozieren und deren Befürworter werden daraufhin erklären, seht ihr, wir haben das immer schon gesagt, so sind die Russen!" George F. Kennan
1998. Horst Teltschick, langjähriger Kanzleramtsminister Helmut Kohls und der 90-jährige Klaus von Dohnanyi, politischer Weggefährte Willy Brandts und langjähriger Bürgermeister Hamburgs haben in lesenwerten Büchern ausführlich dargelegt, wie die USA das Michail Gorbatschow mündlich gegebene Versprechen die Nato nicht in Richtung Osten auszuweiten, vorsätzlich und bewusst unterlaufen haben.
In der vom Bundeskanzleramt finanzierten Stiftung Wissenschaft und Politik, die nicht im Verdacht steht russlandaffin zu sein, veröffentlichte General a. D. Wolfgang Richter kürzlich einen Beitrag unter der Überschrift: Ukraine im Nato/Russland Spannungsfeld. Darin beschreibt er recht unmissverständlich wie Washington alle Versuche einer Lösung der Ukraine-Krise in den letzten Jahren politisch zu unterlaufen wusste.
Der russische Präsident Putin hat lange Zeit immer wieder die Nähe zum Westen gesucht , doch haben weder die USA noch die europäische Union Veranlassung gesehen Moskau auf Augenhöhe zu begegnen, bis offenbar die russische Führung zu dem Schluss gelangte: "Genug geredet, wir schaffen jetzt Fakten". Auf dergleichen Zusammenhänge hinzuweisen heißt nicht, um jedes Missverständnis zu vermeiden, den russischen Einmarsch in die Ukraine schönreden- oder rechtfertigen zu wollen. Dieser Einmarsch ist falsch, verwerflich und strategisch unklug. Damit hat die russische Führung den Hardlinern im Westen auf alle Zeiten eine Steilvorlage geliefert. "Haben wir immer schon gewusst, haben wir immer schon gesagt, Russland ist das ultimative Reich des Bösen, versteht allein die Sprache militärischer Abschreckung und ist als Schurkenstaat dauerhaft auszugrenzen.
Warum interessieren sich die Amerikaner für die Ukraine? Aus machtpolitischen Gründen die der us-amerikanische Geostratege und Sicherheitsexperte George Friedman in einem Vortrag vor dem Chicago Council on Global Affairs am 3. Februar 2015 mit entwaffnender Offenheit benannt hat. Die Rede findet sich im Original etwa auf Youtube: Darin führt Friedman unter anderem aus, "das eigentliche Interesse der Vereinigten Staaten, weswegen sie im Ersten- und im Zweiten Weltkrieg und im kalten Krieg involviert waren, liegt in den Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Vereint sind die beiden Länder die einzige Macht die uns bedrohen kann und unser Interesse ist das dass nicht geschieht. Wenn Sie Ukrainer sind ist es lebenswichtig für Sie das einzige Land an ihrer Seite zu wissen, das Ihnen helfen wird, und das sind die Vereinigten Staaten".
Kürzlich war der Oberbefehlshaber der US-Bodentruppen in Europa Ben Hodges in der Ukraine zu Besuch. Er hat bekanntgegeben dass nun mehr US-Militärberater offiziell kommen würden, nicht mehr nur inoffiziell. Er hat auch Medaillien an ukrainische Kämpfer verteilt, was das Protokoll des US-Militärs eigentlich nicht erlaubt. Er hat es trotzdem getan um zu zeigen, dass das seine Armee ist. Wenig später haben die USA bekannt gegeben, dass sie Waffen an die Ukraine liefern werden. Das alles geschieht außerhalb der Nato, denn Entscheidungen der Nato müssen einstimmig getroffen werden, jeder kann sein Veto einlegen. ..
Info: Video mit Michael Lüders https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=FlXihZc2IzQ&ab_channel=phoenix Dauer 36:51 Min