16.02.2021

Realitätsferne Wirtschaftswissenschaft – Das VWL-Studium in der Kritik      

SWR.de, vom 30.1.2021 8:30 Uhr, SWR2 Wissen, SWR2, von Stefan Fuchs

Spätestens seit der Finanzkrise von 2008/2009 ist die klassische Volkswirtschaftslehre an den Universitäten in die Kritik geraten. Der Mainstream hatte den Beinahe-Zusammenbruch der Finanzwelt nicht kommen sehen.

Inzwischen rütteln engagierte VWL-Studierende des Netzwerks "Plurale Ökonomik" an den Grundfesten der Disziplin. Sie werfen der bisherigen Lehre Realitätsferne vor und organisieren ein Parallelstudium, das Selbstverständlichkeiten wie die Effizienz des Marktes und die Neutralität der VWL infrage stellt.


Zitat:  „Messe das Messbare und mache das Nichtmessbare messbar“: die Devise des Physikers und Astronomen Galileo Galilei hat für eine Sozialwissenschaft fatale Konsequenzen. Entscheidende Faktoren des Wirtschaftsgeschehens wie ökonomische Macht oder soziale Bindungen können schlicht nicht quantifiziert werden. Deshalb kommen sie in den mathematischen Modellen der Neoklassik nicht vor.
Die zweite Traditionslinie des heute dominierenden wirtschaftswissenschaftlichen Denkens lässt sich vom österreichischen Ökonomen Friedrich Hayek herleiten. Nach seiner These schadet der Staat der Wirtschaft, je mehr er sich einmischt. Auf dieser theoretischen Grundlage entstand an der Chicago-School of Economics der Neoliberalismus unter der Federführung Milton Friedmans. Friedman entwickelte das Dogma eines sich selbst perfekt regulierenden Marktes. Die Mathematisierung der Ökonomik gehört nicht zum Erbe Hayeks.


Info:   Audio herunterladen (24,1 MB | MP3) - https://avdlswr-a.akamaihd.net/swr/swr2/wissen/sendungen/wissen/swr2wissen-20210130-realitaetsferne-wirtschaftswissenschaft-das-vwl-studium-in-der-kritik.m.mp3 /

Manuskript z. Sendung https://www.swr.de/swr2/wissen/swr2-manuskript-wissen-2021-01-30-100.pdf


Kommentar: Und dass das Gerede, eine "Unsichtbare Hand" steuere den Markt zum Guten,  unwissenschaftlich ist, ignorieren bzw. unterschlagen die meinungsbildenden Experten.  Th. Bauer 

16.02.2021

Wer profitiert eigentl. von Bill Gates’ Klimaschutz-Milliardenspenden?

hans-josef-fell.de, vom 15. Februar 2021
Zitat: Liebe Leserinnen und Leser,

Mit großem Medienspektakel wird morgen das Buch von Bill Gates vorgestellt, in welchem er seine Sicht zur Vermeidung der Klimakatastrophe darstellt.

In der Vergangenheit hat Bill Gates mit seinen „Klimaschutzaktivitäten“ keinerlei Interventionen vorgeschlagen oder finanziert, die bis 2030 eine Nullemissionswelt schaffen könnten. Doch dies genau benötigt die Welt, um einer unbeherrschbaren Klimakatastrophe noch entgehen zu können. Mit seinen Milliardenfinanzierungen setzte er vor allem auf gefährliche und untaugliche Vorschläge aus dem Spektrum des Geoengineering und insbesondere die Atomkraft, deren Umsetzung noch Jahrzehnte dauern wird, wenn sie denn überhaupt kommen wird.

Schon jahrelang begründet er seine Atomgeschäfte damit, dass Erneuerbare Energien keine Versorgungssicherheit bringen könnten. Bill Gates ignoriert beständig alle Forschungen und auch realisierte Investitionen, die belegen, dass Erneuerbare Energien sehr wohl Versorgungssicherheit bringen und schnell das fossile und atomare Zeitalter ablösen können.

Sein Einsatz für die Atomenergie blendet konsequent alle Bedrohungen aus, die mit dieser verbunden sind und allesamt zu einer schnellstmöglichen Abschaltung aller Atomkraftwerke führen müssten:

  • Die ungelöste Frage des Atommülls: Bis heute gibt es trotz 70 Jahre Anstrengungen weltweit kein funktionierendes Endlager.
  • Der Uranbergbau: Er ist überall in der Welt mit Menschenrechtsverletzungen und riesigen Umweltproblemen verbunden.
  • Die Gefahren eines Super-GAUs: Auch in Deutschland ist kein AKW gegen den Terrorangriff eines entführten Verkehrsflugzeuges abgesichert.
  • Die hohen Kosten des Atomstroms: in diesem Jahr haben US-Energieversorger angekündigt, fünf AKWs abzuschalten, weil der Neubau von Solar- Wind- und Batterien billiger und verlässlicher Strom erzeugen.
  • Die Verquickung sogenannter friedlicher Nutzung der Atomenergie und Militär: Atomkraftwerke sind die entscheidenden Lieferanten von Rohstoff für Atombomben.

Bezeichnend sind die bisherigen milliardenschweren „Klimaschutzaktivitäten“ von Bill Gates und seiner Stiftung. 2018 hatte Bill Gates für seine Bill & Melinda Gates Foundation eine Vereinbarung mit der Europäischen Kommission über 100 Millionen Euro geschlossen.

Gates will damit zusammen mit der Kommission Forschung, Entwicklung und insbesondere Start-ups fördern, die neue Geschäftsmodelle für den Klimaschutz schaffen wollen. Insbesondere sollen Technologien für Nullemissionen und solche, die den Strahlungshaushalt der Erde beeinflussen (Geoengineering) unterstützt werden. Die EU-Vereinbarung ist Teil des 2 Milliarden US-Dollar schweren Breakthrough Energy Ventures, den er mit anderen Superreichen zusammen letztes Jahr initiierte.

Zu diesen Superreichen gehört u.a. Teersande-Magnat Murray Edwards, der mit dieser höchst klimaschädlichen Art der Ölförderung Milliarden verdient. Edwards hat ein großes Interesse daran, seine schmutzigen und ökologisch verheerenden Antiklimaschutz-Geschäfte fortzuführen und sucht dafür nach Geoengineering-Lösungen, um so CO2-Emissionen aus dem Erdölgeschäft zu kompensieren. Genau dafür stehen die Forschungen der Professoren David Keith, Harvard University, und Ken Caldeira, Stanford University. Sie haben Forschungsförderungen in unbekannter Millionenhöhe von der Gates-Foundation erhalten. Sie forschen u.a. an Möglichkeiten, mit giftigen Schwefelpartikeln Sonnenstrahlen zu reflektieren, um so die durch CO2-Emissionen verursachte Erderwärmung etwas aufzuhalten. Solche Ideen aus dem Bereich Geoengineering sind gefährlich, da sich derartige Vorhaben auch negativ auf die Gesundheit der Menschen und das Ökosystem auswirken können.

Besonders gefährlich für die Welt ist die Unterstützung von Bill Gates für die vierte Generation von Atomreaktoren. Er finanziert vor allem kleine und mittlere Reaktoren (SMR) in seiner Funktion als Gründer und Chairman der Atomkraftfirma Terra Power.

Gates’ Ziel: Tausende kleine Atomreaktoren dezentral überall in der Welt zu errichten. Das bedeutet, wir hätten eine Multiplizierung von Anschlagszielen und damit Schreckensszenarien für die globale Sicherheit.

Es ist kein Wunder, dass die Europäische Kommission bei den Atomplänen von Bill Gates mitmacht. Sie kann den durch EURATOM gesetzlich vorgeschriebenen Ausbau der Atomenergie in der EU weiter vorantreiben und eine sogar über Steuergelder hinausgehende erhebliche externe Geldquelle erschließen. Ihre Forschungsfinanzierung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) für neue Atomreaktoren wird damit sogar noch mit privatem Stiftungskapital verstärkt.

Bemerkenswert ist auch, dass die riesigen gesundheitlichen Gefahren der Radioaktivität bspw. als Auslöser für Krebs oder Missbildungen von Bill Gates ignoriert werden, einem der größten Finanziers der WHO. Die augenfällige, systematische Unterschätzung von Radioaktivität und Nuklearunfällen durch die von der Gates-Stiftung kofinanzierte WHO liegt in der als „Knebelvertrag“ zwischen WHO und der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bekannt gewordenen Resolution WHA12/40 vom 28.05.1959 begründet

Im Artikel III.1 heißt es: „Die IAEA und die WHO erkennen an, dass es notwendig sein kann, gewisse Einschränkungen zur Wahrung vertraulicher Informationen, die sie erhielten, anzuwenden.“ Auf diese Weise kann die IAEA darauf vertrauen, dass die WHO missliebige Fakten mit dem Status der Vertraulichkeit belegt. (prominentes Beispiel: der IAEA/WHO-Report, der von «weniger als 49 Toten» infolge von Tschernobyl ausgeht.

So ist zu befürchten, dass Bill Gates auch bei der WHO seinen enormen Einfluss geltend machen wird, damit keinerlei Aktivitäten zu Fragen ergriffen werden, die einen Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Gefahren und Atomkraft, sowie Geoengineering herstellen könnten.

Fazit: Die Finanzierungsaktivitäten von Bill Gates unter dem Deckmantel des Klimaschutzes sind hochgefährlich für eine friedliche und sichere Welt, die ohne Atomwaffen und ohne Atomkraft auskommen muss. Sie sind auch gefährlich für die allgemeine Gesundheitsvorsorge der Menschheit, nicht nur bezogen auf Radioaktivität, sondern auch auf luftverschmutzendes und anderweitig gefährliches Geoengineering.

Damit der Reichtum von Gates tatsächlich segenswirkend für die Welt sein kann, sollten seine Spenden und Unternehmensaktivitäten für 100% Erneuerbare Energien und für eine Energieversorgung frei von Radioaktivität und Klimagasen eingesetzt werden. Doch seine Unternehmensaktivitäten deuten genau auf das Gegenteil. Ein wirksamer Beitrag für den Klimaschutz ist bei Bill Gates auch mit seinem neuen Buch nicht zu erwarten.

 

Hammelburg, 15. Februar 2021

Ihr Hans-Josef Fell

Info: https://hans-josef-fell.de/wer-profitiert-eigentlich-von-bill-gates-klimaschutz-milliardenspenden


Weiteres: 


Eine Welt auf Basis 100% Erneuerbarer Energien ist möglich und notwendig


hans-josef-fell.de, vom 11. Februar 2021

Zitat:  Am Dienstag, dem 9. Februar, haben sieben der weltweit führenden Köpfe für 100% Erneuerbare Energien die Global 100RE Strategy Group ins Leben gerufen und in einer gemeinsamen 10-Punkte-Erklärung auf die enorme Bedeutung und Machbarkeit eines weltweiten 100% erneuerbaren Energiesystems hingewiesen. Die Veröffentlichung der Deklaration wurde durch Artikel in der deutschen und internationalen Presse begleitet.

Was nun folgt, ist die deutsche Pressemitteilung der Strategy Group, die ebenfalls am 9. Februar veröffentlich wurde.


Zitat: Die weltweit führenden Forscher zur Energiewende, die zum Teil seit fast zwei Jahrzehnten an der Realisierung einer komplexen und sicheren Energieversorgung mit 100% RE forschen, haben die wichtigsten Erkenntnisse ihrer Forschung in dieser 10-Punkte-Erklärung zusammengefasst. Die Deklaration und das Begleitmaterial werden heute auf www.Global100REStrategyGroup.org veröffentlicht, sowie auf einer Konferenz des 2021 Partnertreffens der Wüstenenergie-Initiative Dii in Dubai vorgestellt.

Info: https://hans-josef-fell.de/ein-welt-auf-basis-100-erneuerbarer-energien

16.02.2021

Die Dauerkriege des Westens (I)
Gipfeltreffen erörtert Perspektiven für europäische Militärinterventio n im Sahel. Dort wächst der Widerstand gegen die Truppen aus der EU.

German-Foreign-Policy.com, 16. Februar 2021
BERLIN/PARIS/BAMAKO (Eigener Bericht) - Auf einem heute zu Ende gehenden Sahel-Gipfel suchen Berlin und Paris nach Perspektiven für die desaströs verlaufende Militärintervention in Mali und dessen Nachbarstaaten. Der dortige Einsatz hatte Anfang 2013 mit dem Ziel begonnen, die Jihadisten, die damals Malis Norden beherrschten, zu besiegen und ihren terroristischen Aktivitäten ein Ende zu setzen. Nach rund acht Jahren vor allem europäischer Operationen im Sahel haben sich jihadistische Milizen zusätzlich in Zentralmali und außerdem in den Nachbarländern Niger sowie Burkina Faso festgesetzt; sie nutzen dabei ältere, sich zuspitzende sozioökonomische Konflikte, um neue Anhänger und Kämpfer zu rekrutieren. Immer wieder kommt es zu Massakern zwischen Milizen verschiedener Sprachgruppen mit Todesopfern in bis zu dreistelliger Zahl. Die Bundeswehr ist mit bis zu 1.500 Soldaten im Rahmen einer UN-Mission und eines EU-Ausbildungseinsatzes zugegen. Während vor Ort zunehmend Proteste gegen die europäische Truppenpräsenz laut werden, schwanken Berlin und Paris zwischen weiterer Militarisierung und ersten Diskussionen über eine Exit-Strategie.


Zitat: Französische Kampftruppen

Hintergrund des aktuellen Sahel-Gipfeltreffens, das am gestrigen Montag in Tschads Hauptstadt N'Djamena begonnen hat und heute zu Ende gehen soll, ist zunehmende Unruhe - auch, aber nicht nur in Paris - über die Entwicklung der groß angelegten Militärintervention in der Region. Die Hauptrolle im Krieg gegen jihadistische Milizen im Sahel hat weiterhin Frankreich inne, das seine Kampftruppen im Rahmen seiner Opération Barkhane Anfang vergangenen Jahres von 4.500 auf 5.100 Soldaten aufgestockt hat. Im Grundsatz wird es dabei von der Einsatztruppe der "G5 Sahel"-Staaten (Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad) unterstützt; allerdings läuft dies bislang noch nicht rund. Paris wünscht schon seit geraumer Zeit seine Truppen im Sahel zu reduzieren - zum einen, um seine Streitkräfte zu entlasten, zum anderen, um Kosten zu sparen: Frankreichs Ausgaben für den Krieg im Sahel wurden von 2018 bis 2020 auf gut eine Milliarde US-Dollar pro Jahr geschätzt.[1] Präsident Emmanuel Macron hat in seiner Neujahrsansprache bekräftigt, eine "Anpassung" der "militärischen Anstrengungen" seines Landes anzustreben.[2] Dies ist auch Gegenstand des aktuellen Gipfels, zu dem die Staatschefs der G5 Sahel-Länder nun in N'Djamena zusammengekommen sind; Macron und Deutschlands Außenminister Heiko Maas nehmen per Videoschaltung teil.


Deutsche Militärtrainer

Berlin ist in besonderem Maß involviert, weil sich die seit inzwischen gut acht Jahren andauernde Militärintervention in Mali zum zweiten bedeutenden Schwerpunkt der Bundeswehr neben dem Einsatz in Afghanistan entwickelt hat. Zum einen sind bis zu 1.100 deutsche Soldaten im Rahmen der UN-Mission MINUSMA vor allem in Malis Norden stationiert; MINUSMA hat im Kern die Aufgabe, ihr Einsatzgebiet zu stabilisieren. Punktuell leistet MINUSMA der Opération Barkhane Unterstützung, etwa bei der Logistik; allerdings handelt es sich nicht um einen Kampfeinsatz. Für ihre Operationen stehen den deutschen Soldaten unter anderem Spähpanzer des Typs Fennek und Aufklärungsdrohnen des Typs Heron zur Verfügung. Begleitend hat die Luftwaffe einen Lufttransportstützpunkt in Nigers Hauptstadt Niamey eingerichtet, der deshalb besonders nützlich ist, weil er näher am nordmalischen Kriegsgebiet liegt als Malis Hauptstadt Bamako.[3] Darüber hinaus beteiligt sich die Bundeswehr am EU-Ausbildungseinsatz EUTM Mali; Berlin hat die Obergrenze für das deutsche Kontingent im Frühjahr 2020 von 350 auf 450 Soldaten angehoben, was allerdings bislang nur theoretische Bedeutung hat, da EUTM Mali wegen der Covid-19-Pandemie zur Zeit nur recht eingeschränkt tätig ist. Von den rund 16.000 malischen Soldaten, die EUTM Mali inzwischen ausgebildet hat, sind aktuell weniger als 10.000 einsatzbereit.[4]


Milizen und Massaker

Die Bilanz der Militärintervention, die mit ihren drei großen Säulen (Opération Barkhane, MINUSMA, EUTM Mali) aktuell ins neunte Jahr geht, ist desaströs. Es ist nicht gelungen, Malis Norden wirksam zu stabilisieren. Stattdessen haben sich jihadistische Milizen inzwischen auch im Zentrum des Landes festgesetzt, wo sie - teilweise aus ökologischen Gründen eskalierende - sozioökonomische Konflikte nutzen, um Anhänger und Kämpfer zu rekrutieren (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Längst haben die bewaffneten Konflikte auch Malis Nachbarstaaten Niger und Burkina Faso erreicht [6]; zuletzt brachten am 2. Januar 2021 Milizionäre mehr als 100 Einwohner zweier Dörfer in der Region Tillabéri im Südosten Nigers um. Zu den Milizen, die im Sahel operieren, gehören die mit Al Qaida verbundene Jamaat Nusrat al Islam wal Muslimin (JNIM) sowie ein regionaler Ableger des IS, gegen die schwerpunktmäßig Angriffe der Opération Barkhane geführt werden. Wie die International Crisis Group in einer aktuellen Untersuchung berichtet, kommt konfliktverschärfend hinzu, dass sich die Streitkräfte der Sahel-Staaten bei ihren Operationen vor Ort nicht selten auf lokale Milizen stützen, die wiederum ihrer eigenen Agenda folgen. Dies spitzt die Konflikte, nicht zuletzt solche zwischen verschiedenen Sprachgruppen, weiter zu.[7]


"Marionette der Neokolonialisten"

Zusätzlich wächst im Sahel der Unmut über die westliche Truppenpräsenz. Kommt es bereits seit Jahren immer wieder zu heftigen Protesten in Malis Norden gegen MINUSMA [8], so haben diese inzwischen längst auch das Zentrum des Landes erreicht. Als im vergangenen Jahr Demonstranten gegen Malis damalige Regierung unter Präsident Ibrahim Boubacar Keïta auf die Straße gingen, attackierten sie diese nicht nur wegen ihrer Korruption, sondern auch als "Marionette eines neokolonialen Frankreich", dessen Militäroperationen im Land sie aufs Schärfste anprangerten.[9] Dabei werden, wenngleich in etwas geringerem Maß, immer wieder auch Proteste gegen Truppen anderer europäischer Staaten laut; die International Crisis Group beschreibt die Stimmung als "weitverbreitete Feindseligkeit gegenüber der westlichen Intervention im Sahel". Dies beschränkt sich nicht auf Mali. Als im Frühjahr 2020 in Niger Demonstranten gegen die dortige Regierung unter Präsident Mahamadou Issoufou auf die Straße gingen, die sie schwerer Korruption bezichtigten, protestierten sie auch gegen deren internationale Verbündete. Zu diesen gehört nicht zuletzt die Bundesregierung, die mit Issoufou unter anderem bei der Flüchtlingsabwehr kooperiert [10]; zuletzt telefonierte Kanzlerin Angela Merkel am 2. Februar mit ihm, um die Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Niger zu erörtern [11].


Schlimmer denn je

Auf dem aktuellen Sahel-Gipfeltreffen steht das weitere militärische Vorgehen zur Debatte. Paris will, nicht zuletzt mit Blick auf den dramatischen Absturz seiner Wirtschaft infolge der Covid-19-Pandemie, seine Kosten deutlich senken und fordert auch deshalb weiterhin Unterstützung durch andere Staaten ein. Zuletzt hat es eine neue Task Force gegründet ("Task Force Takuba"), an der sich Sondereinheiten anderer EU-Mitglieder beteiligen und deren Aufgabe insbesondere darin besteht, Spezialkräfte der Sahel-Staaten zu trainieren und sie in Einsätze zu begleiten. Damit soll die Opération Barkhane entlastet werden. Allerdings läuft das Vorhaben relativ schleppend an: Zusätzlich zu 115 französischen sind bislang lediglich 30 estnische und 30 tschechische Elitesoldaten im Takuba-Rahmen im Einsatz; erst Anfang Februar hat die Entsendung von bis zu 150 schwedischen Militärs begonnen.[12] Die Bundeswehr beteiligt sich nicht - eine Fortsetzung ihres traditionellen Kurses, in Afrika nach Möglichkeit nicht unter französischer Führung und allenfalls parallel zu französischen Einsätzen zu intervenieren. Unklar ist freilich die langfristige Perspektive. Mittlerweile werden erste Debatten über eine "Exit-Strategie" geführt.[13] Käme es zum Abzug der Streitkräfte aus der EU - auch der Bundeswehr -, dann hätten diese nur eines erreicht: Die Sahel-Staaten befinden sich in einem schlimmeren Zustand denn je zuvor.

 

[1] International Crisis Group: A Course Correction for the Sahel Stabilisation Strategy. Africa Report No 299. 1 February 2021.

[2] Johannes Leithäuser, Michaela Wiegel: Mühsamer Kampf gegen den Terror. Frankfurter Allgemeine Zeitung 15.02.2021.

[3] S. dazu Mehr Militär für den Sahel (I).

[4] Johannes Leithäuser, Michaela Wiegel: Mühsamer Kampf gegen den Terror. Frankfurter Allgemeine Zeitung 15.02.2021.

[5] S. dazu Die Menschenrechtslehrer und Ethno-Massaker im Sahel.

[6] S. dazu Mehr Militär für den Sahel (II).

[7] International Crisis Group: A Course Correction for the Sahel Stabilisation Strategy. Africa Report No 299. 1 February 2021.

[8] S. dazu Wie in Afghanistan (II).

[9] International Crisis Group: A Course Correction for the Sahel Stabilisation Strategy. Africa Report No 299. 1 February 2021.

[10] S. dazu Europas Wüstengrenze (II) und In die Rebellion getrieben.

[11] Bundeskanzlerin Merkel telefoniert mit dem nigrischen Präsidenten Issoufou. bundesregierung.de 02.02.2021.

[12] Les soldats suédois rejoignent la force européenne Takuba au Mali. france24.com 05.02.2021.

[13] Le débat - Opération Barkhane: vers un désengagement français? france24.com 15.02.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8525

15.02.2021

Nein sagen zum Kapitalismus: ein Interview mit dem Soziologen John Holloway

pressenza.com, vom 14.02.2021 - Pressenza Budapest

Zitat: Wir leben inmitten von Widersprüchen und Zwängen, haben aber auch eine Reihe von Erfahrungen, die beispielhaft sein können.

Diese Möglichkeiten und Erfahrungen müssen wir bemerken“, sagt der Professor John Holloway,  der an der Autonomen Universität New Equality  in Puebla/Mexico Soziologie und Philosophie  lehrt.

Attila Kustán Magyari  hat ihn interviewt und nach gewaltfreien Möglichkeiten bei der Überwindung des Kapitalismus‘ befragt.

 

Attila Kustán Magyari: Anstelle der Erörterung theoretischer Ansätze schlage ich vor, dass wir über die selbstorganisierende, machtfreie Gesellschaft sprechen, wie Sie sie am Beispiel der gegenwärtigen Pandemie beschrieben haben.  Wie würde das Pandemie-Management in einer solchen Gesellschaft Ihrer Meinung nach strukturiert sein?

John Holloway: Zwei Narrativen sind mir in diesem Zusammenhang wichtig:

Das erste Narrativ ist, dass das Coronavirus eine typisch kapitalistische Epidemie ist, denn tatsächlich ist es – obwohl allgemein als Unglück dargestellt – das Ergebnis der Zerstörung der Beziehung zwischen dem Menschen und anderen Lebensformen, sei es durch die Industrialisierung, sei es durch die Zersiedelung der Landschaft durch die sich immer stärker ausbreitenden Städte zum Nachteil des ländlichen Lebens und so weiter. Dadurch wurde der Lebensraum der Wildtiere verändert und es kommt zu einem engeren Kontakt zwischen ihnen und den Menschen, was die Ausbreitung des Virus‘ ermöglicht hat.

Das zweite Narrativ ist, dass wir uns vermutlich der schlimmsten Krise der vergangenen 100 Jahre nähern. Viele sehen dies ebenfalls als Folge der Pandemie an. Aber auch wenn viele Menschen ärmer geworden sind:  allein wegen der Pandemie wären Millionen von Menschen nicht arbeitslos geworden und würde selbst die Weltbank nicht davon sprechen, dass weitere Hunderte von Millionen Menschen in bitterste Armut geraten seien.

Dies alles ist das Ergebnis einer Wirtschaftskrise, vor der seit Jahren gewarnt wird und die auch ohne die Pandemie eingetreten wäre.

Wie würde wohl eine sich selbst organisierende, von jeder Machtausübung freie, das heißt kommunistische Gesellschaft mit einer derartigen Situation umgehen? Es würde vor allen Dingen keine derartige Umweltzerstörung geben.

Dies ist natürlich für alle eine neue Situation, einige Regierungen reagieren gut, andere weniger effektiv, die effektivsten Lösungen jedoch kamen und kommen von den gemeinwesentlich orientierten Gemeinschaften.

Wenn wir uns das Beispiel Mexikos vor Augen führen, dann sehen wir, dass die Ureinwohner ihre Siedlungsräume gleich zu Beginn der Pandemie absperrten, die Zapatisten noch vor der behördlichen Weisung in (Selbst-) Quarantäne gingen – dies taten sie natürlich mit Unterstützung der eigenen Gemeinschaft, wie wir das auch bei den Kurden sehen konnten.

M.A.: Beschäftigen wir uns wir – zum Teil bei der Pandemie verbleibend – mit den Demonstrationen und den damit zusammenhängenden Fragen der Identität und sozialen Klassen in den Vereinigten Staaten. Was geschieht dort eigentlich?

H.:  Der Ausbruch von Protesten nicht nur in den USA, sondern in vielen Teilen der Welt ist für mich sehr aufregend. Obwohl sie durch die Ermordung von George Floyd ausgelöst wurden, steckt mehr dahinter als nur das systemische Phänomen des Rassismus: Diese Wut wird teilweise durch die durch die Pandemie verursachte Isolation genährt, durch ihre wirtschaftlichen Folgen und angeheizt durch die Tatsache, dass zum Teil 7 bis 8 Personen monatelang ohne Einkommen, mit ihren Sorgen und Ängsten um die Zukunft  auf engstem Raum zusammengeschlossen waren.

Hier geht es also nicht nur um Rassismus, nicht nur um den Mord an George Floyd, sondern um ein riesiges Aufbäumen gegen systemimmanente Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten.

Das, was jetzt passiert, ist beängstigend.  Selbst dann, wenn wir wollen, dass Menschen gegen der Ungerechtigkeit in der Welt aufstehen und die Änderung unseres Verhältnisses zur Umwelt fordern, da ansonsten Pandemie auf Pandemie folgen wird.

M.A.: Während der Proteste wurde in Seattle eine selbstorganisierende Gemeinde namens Chaz, die „Capitol Hill Autonome Zone“ gegründet, die mich an die 68-er Pariser Kommune und andere ähnliche Initiativen erinnerte. Ich kann mich jedoch nicht zwischen Optimismus und Pessimismus entscheiden – trotz solcher Initiativen in den letzten anderthalb Jahrhunderten haben wir ein halbes Jahrhundert Neoliberalismus hinter uns …

H.: Das Wunderbare daran ist, dass ich hier in Mexiko bin und du in Finnland, und wir sprechen darüber – und du weißt genau, dass die Leser dieses Interviews über Seattle Bescheid wissen, sie wissen, dass dort diese Bewegung existiert. Es mag sein, dass sie in einer Woche vorbei ist, doch für uns bleibt es trotzdem wichtig, weil es für uns ein Symbol dafür ist, dass sehr wohl eine andere Welt erschaffen werden kann. Die Menschen wollen eine anders geartete Beziehung zueinander, ohne Polizei, ohne physische Gewalt, ohne Geld, das, was sie haben miteinander teilen, sich für Gespräche, oder zum Musik hören Zeit nehmen.

Wir können dies als lächerlich oder gar als albern abtun und ihr ein baldiges Ende prophezeien, aber die Tatsache, dass wir darüber sprechen bedeutet gleichzeitig, dass sie sehr wohl etwas in uns ansprechen kann – genauso, wie die Pariser Kommune, die du erwähntest. Wenn wir uns beispielsweise die Zahl der Toten ansehen, so war die Kommune war eine Katastrophe und trotzdem ist uns bewusst, dass es sie gab und meine Freunde hier in Mexiko planen, im kommenden Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum zu feiern. Und wir finden Verbindungen zwischen ihr und der Bewegung der Kurden, den Zapatisten, zu  Seattle, also zu  all den kleinen oder großen Bewegungen weltweit.

Seattle ist also deshalb wichtig, weil es anzeigt, dass wir nicht verrückt sind, ja, dass wir sehr wohl etwas anderes erschaffen können. Und auch die Pandemie ist in diesem Kontext wichtig denn sie sagt uns, dass wir aussterben werden, wenn wir die Dinge nicht ändern. Seattle spielt in diesem Zusammenhang eine besonders wichtige Rolle.

M.A.: Warum halten diese Phänomene nicht lange an? Sehen wir uns die Beispiele der Geschichte an, so sehen wir zahlreiche Misserfolge – angefangen bei der Sowjetunion, über die `68-er, bis zu den heutigen Tagen. Was glauben Sie sind die Gründe dafür?

H.: Ich stimme mit dir darin überein, dass die Sowjetunion ein Misserfolg und eine riesige  Katastrophe war, deren Folgen wir heute noch spüren, es genügt schon, wenn wir an Putin, an das heutige Russland denken, der auch an Orbán’s Ungarn, an Ceaușescu und das heutige Rumänien und so weiter. Aber man sollte nicht nur das Scheitern sehen, sondern auch, dass das schlechte und abschreckende Beispiel des Sowjetunion vielleicht die treibende Kraft beim Überleben des Kapitalismus‘ war. Trotzdem können wir nicht sagen, dass der Kapitalismus erfolgreich sei. Und das nicht nur wegen der Pandemie oder wegen des Klimawandels, sondern weil es große Ungleichheiten, rohe Gewalt, Kriminalität und Hunger verursacht.

Die Wirtschaftskrise wird all dies weiter verschärfen und noch mehr Frustration und Armut zur Folge haben.

All dies zeigt, dass etwas grundlegend falsch ist und dass wir abweichend von den Beispielen der Vergangenheit handelnd unsere Beziehung zur Umwelt, zur Gemeinschaft überdenken.

Dies ist ein langsamerer Prozess und er beginnt – anders, als in der Vergangenheit  – hier und heute.

M.A.: Mir scheint, dass der Rechtspopulismus die Unzufriedenheit erfolgreich kanalisiert. Oft beginnen die Narrativen mit einer Kritik des Kapitalismus, aber Klassenkonflikte werden schließlich zu rassistischen oder ethnischen Konflikten umdeutet. Ich denke, das liegt auch daran, dass Menschen an ihrer von Geburt an aufgebauten und verinnerlichten Identität festhalten, während Sie dafür plädieren, dass sie diese zu überwinden sollen.

H.: Ich denke, dass man seine Identität zwar nicht leugnen soll, aber dass man sie überwinden muss: Wir können sagen, ja, ich bin Ungar, aber darüber hinaus … ich bin schwarz, aber darüber hinaus … ich bin eine Frau, aber darüber hinaus … . Ich selbst lebe seit fast dreißig Jahren in Mexiko, aber es gibt Momente, in denen würde ich sehr-sehr gerne irische Musik hören oder irisches Essen genießen – und das ist in Ordnung so. Wir sollten uns jedoch nicht beschränken. In unserem Wortschatz müssen wir das „Ich bin“ zu einem „Ich bin, aber ich bin auch mehr als das“ ersetzen.

M.A.: Können Sie ein Beispiel nennen, was die ‚Linken‘ den gut organisierten ‚Rechten‘ entgegnen könnten?

H.: Wir alle wachsen mit Narrativen, mit Geschichten und Bildern auf, die wir von unserer Heimat bekommen und die andere ausschließen. Ich lebte bis zu meinem 12. Lebensjahr in Irland und dort hörte ich stets, wie böse die Engländer seien. Als dann meine Familie nach England übersiedelte, wurde ich dort mit einem vollkommen  anderen Narrativ, einer vollkommen anderen Geschichtsschreibung konfrontiert.

Das sind in sich geschlossene Erzählungen. Entweder sagen sie, dass Fremde schlecht sind, oder aber dass sie sind anders und sie das, was wir  haben, nicht haben. Im Gegensatz dazu brauchen wir offene Erzählungen, die diese Grenzen überschreiten.

Wir brauchen eine andere Interpretation der Geschichte, die zum Beispiel auch betrachtet, welche Bereicherung die Roma Ungarn gebracht haben.

M.A.: Ihr Buch ‚Crack Capitalism‘ wurde vor einem Jahrzehnt, 2010 veröffentlicht. Wie, mit welchen Methoden sollen wir in unserem privaten, ganz persönlichen Leben den Kapitalismus besiegen?

H.: Ich stelle das Problem auf den Kopf:

Wir glauben, dass der Kapitalismus ein Riese sei, den man bekämpfen müsse, aber ich denke, dass obwohl der Kapitalismus uns als eine Konstante erscheint, wir nicht wirklich wissen können, was uns der Morgen bringen wird.

Der Kapitalismus existiert heute deshalb, weil wir, die Menschen, ihn jeden Tag mit unserem Handeln neu erzeugen, unser Schaffen seinen Wünschen entsprechend gestalten, unseren Willen ihm unterwerfen.

Was passiert, wenn wir morgen einfach ‚nein‘ dazu sagen? Dann wird es keinen Kapitalismus mehr geben. Dies macht die Revolution natürlich nicht unbedingt einfacher, aber die Fragestellung ändert sich: Was können wir tun, um den Fortbestand dieses Monsters zu stoppen, das uns tötet?

Natürlich sind die meisten Menschen von kapitalistischen Formen abhängig, allein schon deshalb, um überhaupt etwas zu essen zu haben. Aber wir könnten sagen, dass wir Lebensmittel anders produzieren wollen, wofür wir aber Gebiete, Landstriche besetzen müssen.

Genau das macht die Abahlali baseMjondolo-Bewegung in Südafrika, in welcher sich in Hütten lebende Menschen organisieren. Gerade jüngst haben sie unter Anderem darüber berichtet, wie sie in diesen Monaten die Probleme bei der Lebensmittelversorgung lösen und wie sie ihre Gemeinschaftsküche organisieren.

Aber es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten, wie wir versuchen können, in unserem eigenen Leben anders zu funktionieren: Was wir als Freundschaft, als Liebe, als Kameradschaft bezeichnen, das alles sind unterschiedliche  Arten, das Leben zu gestalten.  Natürlich leben wir unter Zwängen und Widersprüchen, aber wir haben auch eine Reihe von Erfahrungen,  die uns als Beispiele dienen können. Diese müssen wir bemerken. Natürlich können wir keine eindeutigen, „sauberen“ Lösungen erwarten – gerade die Erwartung einer perfekten Lösung ist einer der großen Fehler der Linken.

Der Kapitalismus hingegen ist im einfachsten Sinne ein Misserfolg, da er unfähig ist, für die Mehrheit der Gesellschaft faire Bedingungen für die soziale Reproduktion zu schaffen und dies wird in den kommenden Jahren zunehmend der Fall sein.  Anstatt die Rückkehr des Kapitals herbeizusehnen, müssen wir also andere Ansätze finden.

M.A.: Sie haben „saubere“ Lösungen erwähnt. Das erinnert mich an die sogenannten zurückeroberten Unternehmen in Argentinien, die unterschiedliche Arbeitsweisen am Arbeitsplatz ausprobierten, sich dann aber aus den kapitalistischen Handelsformen nicht ausschließen konnten. Was denken Sie darüber?

H.: Als in den Jahren 2001 und 2002 in Argentinien der Kapitalismus in dem gerade erwähnten Sinne versagte, spielten diese selbstverwalteten Unternehmen eine wichtige Rolle. Es gab große Demonstrationen, Präsidenten kamen und gingen, in den Wohnblöcken der Bevölkerung bildeten sich Formen der Selbstorganisation.

In diesem Zusammenhang war die Besetzung der Produktionsstätten  besonders wichtig, weil diese Stätten zu Orten wurden, wo Menschen sich treffen, besprechen und sich bewusst machen konnten, was und warum sie produzieren – sie konnten beispielsweise andere Bewegungen unterstützen, indem sie Rohstoffe aufkauften.

Alles dies verblasste später, da eine linksorientierte Regierung an die Macht kam, die die Bewegung erfolgreich in das Staatsgefüge integrieren konnte und die Betriebe als solche immer mehr kapitalistisch arbeiten mussten.

Solange der Versuch nur eine Insellösung ist, ist es immer sehr schwer dem Druck des Marktes zu widerstehen, aber sobald aus einer Insellösung eine große Bewegung wird, eröffnen sich ihr zahlreiche Möglichkeiten.

 

Der Originalartikel (auf Ungarisch) kann hier gelesen werden.

Übersetzung aus dem Ungarischen: ©Ferenc L. Héjjas m.a., Berlin


Info: https://www.pressenza.com/de/2021/02/nein-sagen-zum-kapitalismus-ein-interview-mit-dem-soziologen-john-holloway

14.02.2021

Mit Genomsequenzierung boomt das PCR-Testgeschäft noch stärker

wochenblick.at, vom 21. Januar 2021

Seit einigen Wochen wird die Corona-Debatte zunehmend bestimmt von neuen Virusmutationen. Zuvor war die natürliche Veränderung des Sars-CoV2 neun Monate lang praktisch kein Thema gewesen. Dieselbe Panikmache, die sich bis dahin auf „das Virus“ bezog, wird jetzt auf dessen Mutanten (zum Beispiel die britische Variante B.1.1.7.) verlagert, um der Pandemie so neuen Schrecken einzuhauchen.


Zitat: Doch jetzt mehren sich die Hinweise, dass dahinter handfeste wirtschaftliche Interessen stecken könnten. Je mehr die einzelnen genetischen Varianten des Virus nämlich in den Mittelpunkt des Interesses rücken, umso wichtiger wird deren Bestimmung. Das hierfür angewandte Verfahren ist die Genomsequenzierung. Sie wird auf Wunsch zusammen mit den PCR-Tests aus derselben Probe durchgeführt, ist allerdings deutlich kostenaufwändiger: 220 Euro pro Probe können die Labore bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Zukunft abrechnen, nachdem sie die Genomdaten „pseudonymisiert“ an das Robert-Koch-Institut (RKI) gesendet haben.


Es geht um viele Millionen

Genau dies ist der Knackpunkt: Es geht um riesige Summen. Um zusätzliche Anreize für die Labore zu schaffen, damit diese die Sequenzierung noch deutlich häufiger als bisher vornehmen (und dementsprechend auf die sie mit Proben beschickenden Ärzte einwirken), hat sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mächtig ins Zeug gelegt: Vorgestern setzte er die „Verordnung zur molekulargenetischen Surveillance des Coronavirus SARS-CoV-2“ in Kraft. In ihr wird die üppige finanzielle Vergütung für die Labore festgelegt.

Angeblich geht es dabei um eine bessere Nachverfolgung der Varianten; so sollen künftig bis zu fünf Prozent aller per PCR-positivgetesteten Proben der „Vollgenom-Analyse“ unterzogen werden. Sobald die täglichen Neuinfektionen (präziser: positiv Getesteten) unter 70.000 pro Woche sinken, erhöht sich der Anteil der Genomsequenzierung sogar auf zehn Prozent der PCR-positiven Proben. „Dafür fördern wir die Laboranalyse finanziell, vernetzen die Akteure und führen die Ergebnisse beim RKI zusammen“, jubelt Spahn.


Mutanten-Ermittlung sorgt für noch höhere Laborumsätze

Damit werden die PCR-Tests noch mehr zur Cash-Cow als bisher. Seit Beginn der Pandemie sind die Corona-PCR-Tests ein Riesengeschäft, die Dimensionen sind gigantisch. In den meisten westlichen Ländern wurden bislang zwischen 500.000 und 700.000 Tests auf jede Million Einwohner  durchgeführt, in Dänemark waren es gar fast 1,7 Millionen Tests pro 1 Million Einwohner. Alleine in Deutschland werden Woche für Woche 1,2 Millionen Tests gefahren, die zwischen 60 und 150 Euro pro Stück kosten. Weltweit erfolgt die Ermittlung sämtlicher Fallzahlen praktisch ausschließlich durch dieses Testverfahren, an dessen Entwicklung der Angela Merkels Haus- und Hofvirologe Dr. Christian Drosten maßgeblich beteiligt war.

Zwar konnte Drosten selbst nie ein finanzielles Mitprofitieren an seiner Erfindung nachgewiesen werden; allerdings ist Fakt, dass er mit Billigung seines Klinikums, der Berliner Charité, die Berliner Firma TIB Molbiol Syntheselabor GmbH in die Entwicklung des Sars-CoV-2-Tests einband. Die Firma hatte schon zuvor, seit 2003, gemeinsam mit Drosten Testverfahren für Vogelgrippe, Schweinegrippe, MERS, Zika und andere Viren entwickelt. Vor Corona, und damit wohlgemerkt vor der Erfindung des Giga-Erfolgsmodells Sars-COV-2-Test, soll der Jahresgewinn von TIB Molbiol bereits bei 7,3 Millionen gelegen haben. Inwieweit hier eine Interessenskollision zwischen Test-Mitentwickler Drosten mit seiner Nähe zum Testhersteller und seiner Rolle als Pandemie-Ratgeber bestand, sollte im Detail kritisch hinterfragt werden.


Wirtschaftliches Interesse an langanhaltender Pandemie

Sicher ist: Entwickler, Hersteller und Labore, aber auch Kliniken und etliche niedergelassenen Ärzte haben massives wirtschaftliches Interesse daran, dass die exorbitante Nachfrage an Corona-PCR-Tests nicht abreißt. Indem jetzt auch noch die lukrative Gensequenzierung hinzukommt, wird das Interesse immer größer, diese Pandemie so lange wie nur irgend möglich weiterlaufen zu lassen. Und natürlich auch immer neue „Gefahren“ wie Virusmutanten zu definieren. Hier wird quasi die komplette „Wertschöpfungskette“ abgemolken. Dass hierfür nicht entsprechende Lobbyeinflüsse und Verbindungen in die Politik genutzt werden, fällt schwer zu glauben. (DM)


Info:  https://www.wochenblick.at/mit-genomsequenzierung-boomt-das-pcr-testgeschaeft-noch-staerker

13.02.2021

Impfung gegen den Corona-Virus 2

winfried-stoecker.de, vom Mai 8, 2020

Zitat: Die Wucht, mit der uns Corona überrollt, erfordert ein unkonventionelles Vorgehen. Aus meiner Sicht sollte umgehend mit einem wirksamen Impfprogramm gestartet werden, sobald das möglich ist.

Unter meiner Leitung wurde in der Vergangenheit bei Euroimmun eine äußerst leistungsfähige Abteilung für Forschung und Entwicklung aufgebaut, die sich unter anderem mit der Diagnostik von Infektionskrankheiten beschäftigt. Unsere Wissenschaftler gehörten zu den ersten, die Reagenzien für die Erkennung einer Reihe neu aufgetretener Infektionskrankheiten geschaffen haben, oft in Zusammenarbeit mit Spezialisten der großen Infektions-Forschungseinrichtungen, unter anderen des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg und des Robert-Koch-Instituts in Berlin: Krim-Kongo, West-Nil, Japanische Encephalitis, Usutu, Dengue, Chikungunya, Mayaro, MERS-Corona, Zika, SARS 1, Ebola.

So hat Euroimmun auch als erstes Unternehmen außerhalb Chinas die Zulassung für ELISA-Tests und eine Real Time PCR zur Diagnostik des Covid-19 erwirkt, und das, obwohl China anfangs die Freigabe von Patientenseren sehr restriktiv und unfair gehandhabt hatte. Die Firma Roche wurde als eine der wenigen westlichen Firmen bevorzugt, ist aber trotzdem erst nach Euroimmun auf den Markt gekommen, entgegen der Aussage von Herrn Spahn und Herrn Söder.

Basierend auf seiner umfassenden Erfahrung in der Reagenzien-Entwicklung zur Diagnostik neuer Viruskrankheiten hat Euroimmun schnell und zielsicher ein Antigenkonstrukt geschaffen und rekombinant hergestellt, mit dem sich Antikörper gegen SARS-CoV-2 zuverlässig nachweisen lassen. Es basiert auf der S1-Untereinheit des Spike-Proteins, mit dem sich der Virus an Rezeptoren der Zielzellen bindet.

Für mich lag es nahe, dass eine Immunisierung mit diesem Protein eine Schutzwirkung vor einer Infektion entfaltet. Um Zeit zu sparen, habe ich nicht lange um eine amtliche Genehmigung gebeten, sondern mir ein auf dem Euroimmun-Konstrukt basierendes rekombinantes Antigen hergestellt und mehrmals intramuskulär verimpft, zusammen mit Alumn als Adiuvans. Erwartungsgemäß haben sich spezifische Antikörper entwickelt. Die Antikörper waren in der Virus-Zellkultur in der Lage, den Coronavirus zu neutralisieren*. ICH BIN JETZT IMMUN GEGEN SARS-CoV-2!

Wie nicht anders vermutet, habe ich die Impfungen gut vertragen. Ich fühlte mich während der ganzen Zeit wohl und blieb gesund. Parallel untersuchte Antikörper gegen das Nucleocapsid des Virus haben sich nicht gebildet, also können die serologisch nachgewiesenen Anti-S1-Antikörper nicht von einer im Versuchszeitraum unbemerkt abgelaufenen Corona-Infektion stammen.

 

Impfplan

26.03.2020: 13 Mikrogramm S1

02.04.2020: 13 Mikrogramm S1

14.04.2020: 26 Mikrogramm S1

21.04.2020: 39 Mikrogramm S1

 

Ergebnisse der Serologie

27. 03. 2020:

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgA ELISA neg., Ratio 0,5 (Normwert ≤ 0,8)

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgG ELISA neg., Ratio 0,5 (Normwert ≤ 0,8)

Neutralisierung negativ

16. 04. 2020:

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgA ELISA pos., Ratio 1,0 (Normwert ≤ 0,8)

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgG ELISA neg., Ratio 0,2 (Normwert ≤ 0,8)

Neutralisierung 1:40

22. 04. 2020:

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgA ELISA pos., Ratio 3,5 (Normwert ≤ 0,8)

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgG ELISA pos., Ratio 6,2 (Normwert ≤ 0,8)

Neutralisierung 1:40

28. 04. 2020:

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgA ELISA pos., Ratio 10,3 (Normwert ≤ 0,8)

Anti SARS-CoV-2 (Covid-19) IgG ELISA pos., Ratio 12,3 (Normwert ≤ 0,8)

Neutralisierung 1:160

 

Aus meiner Sicht könnten innerhalb eines halben Jahres drei Viertel der Bevölkerung Deutschlands oder der USA mit S1 des SARS-CoV-2 immunisiert werden. Bis dahin könnte man strenge Quarantäne-Maßnahmen beibehalten, aber danach aufheben. Viele Experten werden sich gegen diesen Vorschlag wenden, aber sie sollten mindestens versuchen, diese Immunisierung nachzuvollziehen, und zwar einerseits an einer kleinen Zahl von Freiwilligen, um festzustellen, ob es auch bei diesen keine Nebenwirkungen gibt, und zum anderen an exponierten Personen, etwa bei Krankenpflegern. Ich gehe davon aus, dass bei diesen keine Neuerkrankungen mehr auftreten werden, im Gegensatz zu Ungeimpften!

Wir benötigen 100 Mikrogramm für eine Person. Mit einem einzigen 2000-Liter-Reaktor kann man 35 g Antigen pro Tag produzieren, das würde für 350.000 Personen reichen. Mittels eines Hochdichte-Kultursystems schafft man die fünffache Menge.

Lübeck, 8. Mai 2020

Winfried Stöcker

 

*Neutralisationstest

Das entscheidende (letzte) Ergebnis meines Immunisierungsversuches, worüber ich so erleichtert und froh bin, ist die Tatsache, dass ich durch die Immunisierung Antikörper in hoher Konzentration gebildet habe, und dass sie die Kraft besitzen, den Virus zu neutralisieren! Im diagnostischen Test versetzt man im Hochsicherheitslabor zwei Zellkulturen mit Corona-Viren. Zur einen Kultur wird Serum eines Patienten ohne Immunschutz gegeben, die Zellen werden infiziert und sterben. Gibt man aber das Serum einer immunisierten Person dazu, auch in hoher Verdünnung, dann kommt es nicht zu einer Infektion der Kultur, die Viren werden neutralisiert. Nach einer überstandenen Infektion mit Corona-Viren besitzt man solche neutralisierenden Antikörper, und die schützen vor einer Wiederinfektion. In meinem Fall schützt die Immunisierung bereits vor einer ersten Infektion, ein Kranker kann mich nicht anstecken.

Die Neutralisierungstests wurden an vier voneinander unabhängigen namhaften deutschen Instituten durchgeführt. Zwar unterschieden sich die Titer erheblich, doch wurden mindestens am 28. 4. 2020 von allen Labors positive Ergebnisse berichtet.


Info: https://www.winfried-stoecker.de/blog/impfung-gegen-corona-virus-2 / https://www.winfried-stoecker.de


Kommentar: Die Antigen-Impfstoffentwicklung von Euroimmun von Herrn Winfried Stöcker ist zu begrüßen, wenn damit nicht verstärkte Nebenwirkungen einhergegen, wenn der Wirkstoff z. B. mehrmals zusammen mit Alumn als Adiuvans intramuskulär verimpft wird.      Thomas Bauer

12.02.2021

Fall Nawalny Russland droht EU mit Bruch

tagesschau.de, Stand: 12.02.2021 16:09 Uhr

Im Falle weiterer Sanktionen ist Russland laut Außenminister Lawrow auf einen Bruch mit der EU vorbereitet. "Wenn du Frieden willst - bereite dich auf den Krieg vor", sagte er. Das Auswärtige Amt nannte die Äußerung "befremdlich".


Zitat: Russland hat der Europäischen Union mit einem Abbruch der Beziehungen gedroht. Russland wäre bereit, die formalen Beziehungen zu kappen, falls die EU im Zusammenhang mit der Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny neue Sanktionen verhängt, sagte Außenminister Sergej Lawrow im russischen Fernsehen.

"Wir wollen uns nicht vom Leben in der Welt isolieren, aber wir müssen darauf vorbereitet sein", sagte Lawrow in der Sendung des Journalisten Wladimir Solowjow. "Wenn du Frieden willst - bereite dich auf den Krieg vor."

Sollte Europa erneut Sanktionen verhängen, "die ein Risiko für unsere Wirtschaft darstellen (...), dann ja", antwortete der russische Außenminister nun auf Solowjows Frage, ob man auf einen Bruch mit Brüssel zusteuere. Solowjow gilt als einflussreiche Stimme der Kremlpropaganda.


Auswärtiges Amt: Aussage "befremdlich"

Der Kreml kritisierte wenig später, Lawrows Worte seien von einigen Medien verkürzt wiedergegeben worden. Es sei "ein großer Fehler", diese Aussagen ohne Kontext zu veröffentlichen, erklärte der Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Der Punkt ist, dass wir das nicht wollen. Wir wollen die Beziehungen zur Europäischen Union ausbauen, aber wenn die Europäische Union diesen Weg beschreitet, dann ja, dann sind wir bereit."


Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin nannte die Äußerung Lawrows "befremdlich". Die EU-Außenminister wollen wegen der Inhaftierung Nawalnys am 22. Februar über weitere Sanktionen gegen Russland beraten.


EU: Russland offenbar nicht bereit für Dialog Wegen eines Giftanschlags auf Nawalny im August hatte die Europäische Union bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld Putins verhängt. Nawalny war in der vergangenen Woche zur Verbüßung von mehreren Jahren Straflager verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll, während er sich in Deutschland von dem Attentat erholte.

EU-Kommissionssprecher Peter Stano sagte, die EU begrüße "Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen, wann auch immer die andere Seite bereit für solch eine Zusammenarbeit und solch einen Dialog ist". Russland habe angedeutet, dass es nicht bereit sei, "in diese Richtung zu gehen".

Über dieses Thema berichtete NDR Info am 12. Februar 2021 um 13:11 Uhr.


25.01.2021  Festnahme von Nawalny Erhöht die EU den Druck auf Moskau

Alle Appelle der EU an Russland, Nawalny freizulassen, liefen bislang ins Leere. Nun beraten die Außenminister.



5.02.2021

Fall Nawalny Russland weist EU-Diplomaten aus Wegen des Protests gegen die Inhaftierung Nawalnys wurden die Diplomaten zu "unerwünschten Personen" erklärt.


Info: https://www.tagesschau.de/ausland/russland-aussenminister-lawrow-101.html


Kommentar:  Si vis pacem para bellum - „Wenn du (den) Frieden willst, bereite (den) Krieg vor.“, heißt es doch bei allen, die auf den Militarismus setzen!      Thomas Bauer

12.02.2021

Vorbereitung auf den Drohnenkrieg   -    Regierungs-Think-Tank dringt auf Beschaffung von Kampfdrohnen, prognostiziert für künftige Drohnenkriege "enormen Verlust an Mensch und Material".

German-Foreign-Policy, 12. Februar 2021
BERLIN/ANKARA (Eigener Bericht) - Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) erhöht den Druck zur Beschaffung von Kampfdrohnen. Solle die Bundeswehr "eine einsatzfähige Streitkraft bleiben", die "auch gegen einen gut gerüsteten konventionellen Gegner bestehen" könne, dann sei die Beschaffung von Kampfdrohnen "aus militärischer Perspektive ... unabdingbar", heißt es in einem aktuellen Arbeitspapier der BAKS. Der Autor des Papiers schließt dies aus einer Analyse des jüngsten Krieges um Bergkarabach, der laut Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer "der erste echte Drohnenkrieg der Geschichte" war. Geführt wurde er maßgeblich mit türkischen Kampfdrohnen, deren Entwicklung und Produktion auch auf deutschen Exporten und deutschem Know-how beruhen. Das BAKS-Papier räumt nicht zuletzt mit der gern genutzten Propagandabehauptung auf, Kampfdrohnen dienten dem Schutz deutscher Soldaten; wie das Papier zeigt, beinhalten moderne Drohnenkriege einen "enormen Verlust an Mensch und Verschleiß an Material" und fordern daher einen satten "Aufwuchs an Mensch und Material": "Ein Schlüsselwort ... ist Redundanz."


Zitat:   Drohnenmacht Türkei

Die Drohnenkriege der Türkei, die auch im Krieg um Bergkarabach mit der Unterstützung für Aserbaidschan die zentrale Rolle spielte, gründen darauf, dass Ankara in den vergangenen Jahren eine eigene Produktion hocheffizienter Drohnen aufgebaut hat - mit deutscher Hilfe. Anlass war, dass Ankara US-amerikanische und israelische Kampfdrohnen zu beschaffen versucht hatte, dabei aber auf Widerstände stieß und schließlich beschloss, sich an der Herstellung im eigenen Land zu versuchen. Die Anfänge reichen inzwischen mehr als ein Jahrzehnt zurück.[1] Sie führten zum Erfolg; die beiden wohl bekanntesten türkischen Drohnentypen sind dabei die Bayraktar TB2 von Baykar Technologies sowie die TAI Anka-Serie von Turkish Aerospace Industries. In den Jahren von 2009 bis 2018 - also in dem Zeitraum, in dem die türkischen Drohnen entwickelt und gebaut wurden - hat die Bundesregierung die Ausfuhr von Gütern, die "zur Verwendung oder zum Einbau in militärische Drohnen" [2] bestimmt waren, im Wert von 12,8 Millionen Euro in die Türkei genehmigt. Medienrecherchen haben gezeigt, dass zu den Gütern, die im erwähnten Zeitraum aus Deutschland in die Türkei geliefert wurden, Gefechtsköpfe der Firma TDW im bayerischen Schrobenhausen gehörten, die das türkische Unternehmen Roketsan erwarb. Roketsan produziert Raketen sowie Munition, die von türkischen Kampfdrohnen genutzt werden. Den Recherchen zufolge steckt in den Roketsan-Raketen zumindest deutsches Know-how.[3]


Der erste echte Drohnenkrieg

Ihre Drohnen setzt die Türkei schon seit Jahren systematisch in ihren Kriegen ein. Dies war etwa 2019 in Libyen der Fall, wo Ankara die sogenannte Einheitsregierung in Tripolis und ihre Milizen unterstützt - nicht zuletzt mit Drohnen. Mit Blick darauf, dass auch die ostlibysche Kriegsfraktion um den Warlord Khalifa Haftar sogenannte UAV (Unmanned Aerial Vehicles) zur Verfügung hat, urteilte der damalige UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, schon im September 2019, das Land sei "wahrscheinlich der größte Drohnenkriegsschauplatz der Welt".[4] In der Fachwelt einiges Aufsehen erregte die "Operation Spring Shield", in der von Ende Februar bis Anfang März 2020 die türkischen Streitkräfte in der Region um das nordsyrische Idlib syrischen Truppen schwerste Schäden zufügten - vorwiegend mit Drohnen: Es handelte sich um die erste umfassende Drohnenoffensive gegen reguläre Streitkräfte überhaupt.[5] Drohnen kamen bald darauf in Libyen bei der großen Offensive zum Einsatz, in der die "Einheitsregierung" die Haftar-Milizen von der libyschen Hauptstadt zurückschlug. Kriegsentscheidende Bedeutung hatten türkische - und israelische - Drohnen dann schließlich im Krieg um Bergkarabach vom 27. September bis zum 10. November 2020. Dort sei, urteilte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer - wie auch mehrere Experten zuvor -, "der erste echte Drohnenkrieg der Geschichte ausgetragen worden".[6]


Kampf- und Kamikazedrohnen

Mögliche Schlussfolgerungen aus dem Krieg um Bergkarabach für die Bundeswehr sucht eine Analyse zu ziehen, die die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) kürzlich veröffentlicht hat. Wie der Autor konstatiert, hat in dem Krieg das von der Türkei unterstützte Aserbaidschan "in einer systematischen Luftkampagne eine Reihe von Aufklärungs- und Kampfdrohnen sowie sogenannte Loitering Munition ein[gesetzt]"; bei "Loitering Munition" handelt es sich um kleinere Flugkörper, die, wie die BAKS erläutert, "zunächst längere Zeit in einem Kampfgebiet kreisen können", um sich zum geeigneten Zeitpunkt auf ein Ziel zu stürzen ("Kamikazedrohnen").[7] Voraussetzung für Aserbaidschans Luftkampagne sei "überlegene taktische Gefechtsfeldaufklärung" gewesen, "vor allem im elektromagnetischen Spektrum", heißt es weiter bei der BAKS; so hätten "zum Beispiel unverschlüsselte elektronische Signaturen der Mobiltelefone von Soldaten durch Aufklärungsdrohnen erfasst" werden können, um die Truppen zu lokalisieren und sie umgehend mit Kampfdrohnen oder mit Artillerie zu attackieren. Die herkömmlichen Flugabwehrsysteme, die Armenien genutzt habe, seien gegen all dies beinahe "wirkungslos" gewesen; unverzichtbar seien ein "gestaffelte[s] und vernetzte[s] Luftverteidigungssystem inklusive Langstrecken-Ziel-und-Suchradar" sowie diverse elektronische Kampfmittel, "zum Beispiel Störsender".


Drohnenabwehr

Mit Blick auf die Bundeswehr müsse man konstatieren, heißt es in der BAKS-Analyse, dass "die Beschaffung von Aufklärungs- und Kampfdrohnen aus militärischer Perspektive ... unabdingbar" sei, solle die Truppe "eine einsatzfähige Streitkraft bleiben, die im Ernstfall auch gegen einen gut gerüsteten konventionellen Gegner bestehen kann".[8] Gleichzeitig habe Armeniens Niederlage aber auch "die fatalen Konsequenzen fehlender Fähigkeiten im Bereich der Drohnenabwehr" gezeigt. Deshalb müsse nicht nur der Erwerb von Drohnen aller Art - Kampfdrohnen inklusive -, sondern auch "die Wiedereinführung der 2012 abgeschafften Heeresflugabwehr" in den Blick genommen werden. Zwar verfüge die Bundeswehr "in einstelliger Zahl über das Nahbereichs-Flugabwehrsystem MANTIS", das "auch zur Drohnenabwehr eingesetzt werden" könne; doch sei MANTIS lediglich "stationär", "nicht mobil". Das Flugabwehrsystem Ozelot wiederum, mit dem die Flugabwehrraketengruppe 61 ausgerüstet sei, sei zwar mobil, könne jedoch nach aktuellem Stand "gegen kleinere Drohnenziele" nichts ausrichten. Es gebe Handlungsbedarf.


"Schlüsselwort Redundanz"

Die BAKS-Analyse zeigt nicht zuletzt, dass die gern genutzte Propagandabehauptung, es müssten Kampfdrohnen angeschafft werden, um die eigenen Soldaten zu schützen, nichts mit dem realen modernen Drohnenkrieg zu tun hat. Dieser beinhaltet vielmehr, konstatiert der BAKS-Autor, einen "enormen Verlust an Mensch und Verschleiß an Material".[9] So verloren im Bergkarabach-Krieg die armenischen Streitkräfte vorwiegend durch aserbaidschanische Drohnenangriffe nicht nur über 130 Kampfpanzer, 70 Schützenpanzer, 60 weitere gepanzerte Fahrzeuge sowie mehr als 50 Flugabwehrsysteme; vor allem waren auf beiden Seiten "jeweils über 3.000 Gefallene zu beklagen" - in einem lediglich 44 Tage währenden Krieg zwischen Streitkräften relativ kleiner Staaten. Man müsse daraus klar schließen, "dass zukünftige Streitkräftestrukturen mit großer Wahrscheinlichkeit fähig sein" müssten, gewaltige "Ausfälle zu absorbieren und gleichzeitig einsatzfähig zu bleiben", prognostiziert die BAKS: "Ein Schlüsselwort hierfür ist Redundanz." Erforderlich sei daher ein satter "Aufwuchs an Mensch und Material", der, "solange eine Wiedereinführung der Wehrpflicht weitgehend unrealistisch scheint", wohl durch "eine verstärkte Aufwertung von Reserveverbänden" zu leisten sei - "zumindest ... bis halbautonome und autonome Systeme menschliche Funktionen ... ablösen können". Gleichzeitig müssten "mehr und günstigere 'abnutzbare' Waffensysteme und Plattformen" beschafft werden, etwa "ungemannte Land-, See- und Luftfahrzeuge": "eine strukturelle Herausforderung für die deutsche Rüstungsindustrie".

Mehr zum Thema: Gepanzerte und weiche Ziele.

 

[1] Umar Farooq: The Second Drone Age. How Turkey Defied the U.S. and Became a Killer Drone Power. theintercept.com 14.05.2019.

[2] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke. Berlin, 17.08.2020.

[3] Jochen Taßler, Nikolaus Steiner, Otfried Nassauer: Erdogans Drohnenkriege: Auch dank deutscher Technologie? wdr.de 20.08.2020.

[4] Human Rights Watch: World Report 2020 - Libya. ecoi.net.

[5] Ridvan Bari Urcosta: The Revolution in Drone Warfare. The Lessons from the Idlib De-Escalation Zone. In: Journal of European, Middle Eastern & African Affairs. Fall 2020. 50-65.

[6] Hans Monath: SPD will nun doch keine bewaffneten Drohnen. tagesspiegel.de 15.12.2020.

[7], [8], [9] Franz-Stefan Gady: Krieg um Berg-Karabach 2020: Implikationen für Streitkräftestruktur und Fähigkeiten der Bundeswehr. BAKS-Arbeitspapier 3/2021. Berlin, Februar 2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8522

11.02.2021

Zwei-Prozent-Ziel : Deutschland meldet Verteidigungsausgaben in Rekordhöhe

faz.net, vom 07.02.2021-13:31

Nach dem heftigen Streit über das Zwei-Prozent-Ziel kann Deutschland der Nato stark steigende Verteidigungsausgaben verkünden. Doch das liegt auch an der Corona-Pandemie – und könnte sich bald wieder ändern.


Zitat: Deutschland hat der Nato abermals Verteidigungsausgaben in Rekordhöhe gemeldet. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur übermittelte die Bundesregierung für das laufende Jahr einen Betrag von 53,03 Milliarden Euro in die Brüsseler Bündniszentrale. Dies entspricht einer Steigerung um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für 2020 waren die Ausgaben zuletzt auf rund 51,39 Milliarden Euro beziffert worden.


In der Nato-Zentrale wird gehofft, dass die Erhöhung der Verteidigungsausgaben von Ländern wie Deutschland den transatlantischen Streit um eine fairere Lastenteilung im Bündnis weiter entschärfen kann. Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zuletzt mehrmals deutlich gemacht, dass er auch vom neuen amerikanischen Präsidenten Joe Biden Druck bei diesem Thema erwartet.

„Alle US-Präsidenten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten für mehr Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Partner eingesetzt“, sagte er zum Jahreswechsel. Biden habe die europäischen Verbündeten bereits vor seiner Wahl aufgefordert, mehr zu investieren.

Unter Bidens Vorgänger Donald Trump war der Druck zuletzt besonders groß gewesen. Bei einem Nato-Gipfel in Brüssel hatte Trump 2018 sogar einen Austritt der Vereinigten Staaten aus dem Bündnis nicht ausgeschlossen, sollten nicht alle Partner sofort zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben. Die zwei Prozent sind eine Zielgröße, die nach einer Selbstverpflichtung aus dem Jahr 2014 alle Bündnispartner anstreben wollen.

Deutschland nun bei 1,57 Prozent – auch wegen Corona

Die deutschen Verteidigungsausgaben im Jahr 2020 entsprachen den letzten öffentlichen Nato-Kalkulationen zufolge einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 1,57 Prozent – nach 1,36 Prozent im Vorjahr. Der starke Anstieg bei der BIP-Quote war allerdings vor allem dem Konjunktureinbruch durch die Corona-Krise geschuldet. Vor der Krise war so erwartet worden, dass die deutschen Ausgaben nur zu einer Quote von etwa 1,42 Prozent führen. Zudem hatte auch die Bundeswehr von verschiedenen Corona-Hilfspaketen profitiert, was ihr zusätzliche Mittel einbrachte. 



Die geschätzte Quote für 2021 war zunächst nicht bekannt. Sie wird von Fachleuten des Bündnisses auf Grundlage von BIP-Projektionen internationaler statistischer Datenbanken berechnet. Schätzungen zufolge könnte der Prozentwert für 2021 trotz der deutlichen Ausgabensteigerung wieder leicht unter den von 2020 rutschen.

Das Bundes-verteidigungsministerium wollte dies auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren. „Grundsätzlich veranschaulicht die aktuelle wirtschaftliche Situation die Problematik der von der Nato gewählten Formel für die Bewertung der Verteidigungsanstrengungen der Alliierten“, sagte eine Sprecherin. Aus Sicht der Bundesregierung seien die aus dem BIP abgeleiteten Quoten als hauptmaßgeblicher Bewertungsmaßstab für die Erfüllung der Nato-Gipfelbeschlüsse aus dem Jahr 2014 eher ungeeignet.

Deutschland für andere Berechnung

Maßgeblich müsse eigentlich stets der echte Substanzgewinn für die Streitkräfte sei. Dabei gehe es darum, mittels erhöhter Verteidigungsausgaben die Nato-Fähigkeitsziele zu erreichen und die Einsatzverpflichtungen zu stärken.

Vor diesem Hintergrund kämpfen das Verteidigungsministerium und die Bundeswehr auch derzeit wieder dafür, bei den Finanzplanungen des Bundes für das nächste Jahr möglichst gut abzuschneiden. Nach einem Bericht der Zeitschrift  „Spiegel“ wird in der internen „Finanzbedarfsanalyse 2022“ abermals das Bild von chronisch unterfinanzierten Streitkräften gezeichnet. So heiße es in dem Bericht, „zahlreiche zur Erfüllung der Nato-Planungsziele erforderliche Rüstungsprojekte“ ließen sich mit der derzeitigen Finanzplanung „nicht oder nicht mehr zeitgerecht realisieren beziehungsweise initiieren“.

In der Bundeswehr hofft man vor allem, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht dazu führen, dass wieder der Rotstift angesetzt werden muss. „Die militärischen Bedarfe der Bundeswehr bestehen unabhängig von pandemischen und wirtschaftlichen Entwicklungen“, heißt es zu dem Thema nüchtern aus dem Ministerium.


Info: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/deutschland-meldet-verteidigungsausgaben-in-rekordhoehe-17185495.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

11.02.2021

Interview Ernst Wolff | Great Reset | IWF | Lockdown | Teil 1
2021-02-02 Wort der Warnung | Ernst Wolff Interview | Teil 2

2021-02-02 Interview Ernst Wolff | Great Reset | IWF | Lockdown | Teil 1

Info: https://www.youtube.com/watch?v=CuGDnN5J3xI


2021-02-02 Wort der Warnung | Ernst Wolff Interview | Teil 2

Info: https://www.youtube.com/watch?v=hsa8mJpRvDw


Weiteres:  


2021-01-29 The Wolff of Wall Street SPEZIAL: Das drohende Zwangsgeldsystem

https://kenfm.de/the-wolff-of-wall-street-spezial-das-drohende-zwangsgeldsystem


10.02.2021

Waffentechnologie    -     Der unmoralische Imperativ

fr.de, vom 09.02.2021  17:21, von Peter Rutkowski
Kampfdrohnen sind militärisch nutzlos. Sie machen Kriege chaotischer und brutaler. Und sie sind nur ein kleiner Schritt zu noch viel zweifelhafteren Formen der Kriegsführung.


Zitat: Ende Januar schickte das Defense Innovation Advisory Board des US Verteidigungsministeriums einen Bericht an den Kongress. Kernaussage: Die Vereinigten Staaten unterlägen einem „moralischen Imperativ“, den Kriegseinsatz künstlicher Intelligenz wenigstens zu erforschen, wenn nicht gleich zu implementieren, um Menschenleben besser zu schützen, Planungen verlässlicher, Kampfhandlungen genauer und damit schlussendlich den Krieg humaner zu machen.


Zitat: Diese gedankliche Kapriole verdient es, ausbuchstabiert zu werden: Künstlich erschaffene operative Systeme verändern militärische Konfrontationen dahingehend, dass diese weniger bis gar keine „Kollateralschäden“ (tote Unbeteiligte) verursachen. Das wäre ein extremer Paradigmenwechsel, sind doch „Kollateralschäden“ seit jeher Bestandteil – und manchmal auch Absicht – von Kriegshandlungen. Noch kürzer gefasst: Kampfroboter töten nur die, die nach dieser Ideologie es auch verdient haben.

Der Widersinn dieser Überzeugung ist offensichtlich. Sinnig wird sie höchstens, wenn man Menschenleben qualitativ differenziert. Also: eigene Leben unersetzlich, fremde Leben überflüssig. So etwas lässt sich nur ernsthaft behaupten, wenn ein Gegner tatsächlich die Leben seiner eigenen Bevölkerung oder Schutzbefohlenen bedenkenlos zu opfern bereit ist. Zugegeben, in der Mehrheit der Konflikte der USA war und ist das exakt so: die Deutschen im Zweiten Weltkrieg, die Chinesen und Nordkoreaner im Koreakrieg, die Iraker nach 2003 sowie Al-Kaida seit 1988 und „Islamischer Staat“ seit 2014. In dem Augenblick aber, in dem ein Gegner der USA auf den gleichen „moralischen Imperativ“ des Schutzes seiner Leben pocht, zerfällt das zynische Konstrukt.

In aktuellen Erörterungen militärischer Konfrontation versucht jeder und jede sich von diesem philosophischen Minenfeld fernzuhalten. So rekrutieren sich jene beratenden Pentagon-Modernisierer:innen aus der US-Technologie-Elite – militärische Erfahrung Fehlanzeige –, im Kongress sitzen Politiker:innen und im Pentagon Offiziere mit bestenfalls Fronterfahrung von vor 20 Jahren. Und das ist noch eine relativ gute Personallage.


In der „Fähigkeitslücke“

W ährend also in den USA der Kampfeinsatz von Drohnen militärischer Alltag geworden ist, streiten sich in Deutschland diverse Interessengruppen um die Bewaffnung von Aufklärungsdrohnen vom Typ Heron II. Es geht um fünf unbemannte Flugzeuge, geleast von Israel. Die friedenspolitische Stoßrichtung ist so bekannt wie unrealistisch: keine Waffen, keine Armeen, keine Kriege. Die SPD macht in der Debatte ein mögliches Wahlkampfthema aus. Wie sie verfahren würde, wenn sie das Verteidigungsressort in der Bundesregierung innehätte? Die militärische Abwägung spielt sich naturgemäß unter den höheren Rängen der Bundeswehr ab. Generalinspekteur Eberhard Zorn verdeutlichte gegenüber der ARD-“Tagesschau“ Anfang dieses Jahres: „In Berg-Karabach wurden bewaffnete Drohnen als Angriffswaffen eingesetzt. (…) Wir brauchen defensive Systeme, die unsere Truppen gegen solche Angriffe schützen.“ Die so deutlich gewordene „Fähigkeitslücke müssen wir schnell schließen“.

V on „Fähigkeitslücke“ da zu sprechen ist gewagt, vergleicht der oberste deutsche Soldat doch Äpfel mit Birnen. Die Bundeswehr hat noch nie einen konventionellen Krieg geführt, ihre Erfahrung reicht von UN-Friedensmissionen bis zu asymmetrischem Antiterrorkampf. Der angesprochene 2020er Waffengang im südlichen Kaukasus war im Unterschied dazu geradezu klassisch konventionell.


„Kamerad Computer“

Die über Berg-Karabach von der aserbaidschanischen Armee eingesetzten Drohnen übernahmen die Aufgaben, die seit den 40er Jahren von Kampfflieger:innen bewältigt wurden: den Vormarsch eigener Verbände decken, die Bodentruppen gefährdende gegnerische Stellungen ausschalten und Nachschub der Gegner stören. Der Vorteil der Drohnen war ihre längere Verweildauer über dem Kampfgebiet.

Neu war allein die psychologische Wirkung der Drohnen: Die armenischen Soldaten und die Milizionäre von Karabach hatten so etwas noch nicht erlebt – und sie reagierten exakt so wie in der gesamten Kriegsgeschichte der Welt alle Krieger:innen immer reagierten, wenn sie auf dank neuer Technik ihnen überlegene Gegner trafen: Sie nahmen die Beine in die Hand. Beim nächsten Waffengang wird auch Armenien Drohnen starten lassen.

Im Übrigen zeigt sich an dem kurzen Krieg im Kaukasus die Entwicklung, die Konflikte schon immer genommen haben: Zuerst ging man mit Fäusten aufeinander los, dann mit Steinen, dann warf man die Steine, dann wurden sie geschleudert, aus scharf geschliffenen Steinen wurden Schwerter, aus denen wieder Lanzen, auf die Steinschleuder folgte der Bogen, auf den dann der Langbogen, danach die Arkebuse, der Vorderlader, der Hinterlader, das Repetiergewehr, das Maschinengewehr ... Kriegführung war immer schon davon geprägt, die direkte chaotische und ergo unkontrollierbare Konfrontation mittels Distanzwaffen mehr unter die Kontrolle der voneinander distanzierten Heerführer zu bringen. Der Horror der Maschinengewehre wurde im Ersten Weltkrieg von Kampffliegern abgelöst, die wieder von Bombern. Der Völkerbund debattierte in der Zwischenkriegszeit, Bombardements aus der Luft als Kriegsverbrechen zu ahnden. Auf bemannte Flugzeuge und Helikopter folgten unbemannte Fluggeräte.

Diese eigentlich nachvollziehbare Entwicklungslinie gerät aber wie jede irgendwann an ihre natürliche Grenze: Bevor man über diese hinweg weiterdenkt, scheinen andere Ideen viel attraktiver. Der Einzug von Drohnen in die Arsenale markiert die digitale oder auch Informationsrevolution.

Informationstechnologie wird seit Mitte der 60er Jahre immer mehr in den US-Streitkräften verwendet (und die allermeisten Armeen der Welt orientieren sich an den USA); war sie zuerst nur für Strategie und Propaganda im Einsatz, so fand sie dank immer kleinerer, aber leistungsfähigerer Rechnerprozessoren nach und nach Verwendung bis hinunter auf die Ebene taktischer Gefechtseinheiten zu Boden, zu Wasser wie auch zu Luft. Menschliche Reaktionsschnelligkeit aber hat ihre Grenzen.

Irgendwann dauern selbst die Sekundenbruchteile, die Kampfpilotinnen bleiben, zu lange, und ein Infanterieoffizier muss zu viele Informationen aus zu unterschiedlichen Perspektiven gleichzeitig verarbeiten, um Verluste seiner Truppe zu vermeiden und deren Aufgabe zu erfüllen. Dann muss „Kamerad Computer“ mitdenken und -entscheiden. Und die halb autonomen Funktionen einer Drohne übernehmen Teile des Entscheidungsprozesses. Das ist aber nur die erste Etappe der laufenden militärischen Entwicklung. Die nächste – geht es nach Militär und Rüstungsindustrie – wäre das selbstfahrende Auto. Gedacht wird so ein Vehikel als multisensorischer, mehrrädriger Roboter, in dem Soldat:innen quasi nur noch Gepäck sind.

Der Hintergrund dessen ist recht simpel: Aufrechter Gang ist für die Robotik-Chips immer noch zu komplex. Verkauft wird das Roboauto auch mit dem Argument größerer Kontrolle als durch Menschen. Dass die Komplexität einer belebten Stadt ausgeblendet wird, ist so menschlich nachvollziehbar wie militärisch lebensgefährlich. Städte sind die idealen Schlachtfelder des asymmetrischen Krieges. Alle Technologie einer konventionellen Armee ist in dem chaotischen Kampf von einer Hausecke zur nächsten Etage völlig wertlos.


Außerhalb der „kill box“

Der britische Doyen der Strategieforschung, Lawrence Freedman, weist in seinem Buch „The Future of War“ auf die eigentlich vielerorts erkannte Fehlentwicklung des Höher-Weiter-Teurer-Komplizierter hin: Das am höchsten technologisierte Militär wird immer noch am simpelsten Widerstand scheitern. Nach jeder Drohnenattacke können via Smartphone weltweit Racheakte organisiert werden. Insofern ist die jüngste Mahnung der Pentagon-Vordenker:innen unter niemand Geringerem als Ex-Google-Chef Eric Schmidt nur logisch: Wurde nach den 9/11-Attacken mit dem „Krieg gegen Terror“ der (post-)koloniale Antiaufstandskampf zum Hightech-Waffengang weiterentwickelt, so kommt danach ein globaler digitaler Krieg aus dem Netz in die Realität und retour.

Die Islamforscherin Audrey Borowski von der London School of Economics verdeutlicht, dass eigentlich schon seit 2001 Kriegführung nicht mehr an Lokalität oder Zeit gebunden ist, sondern „unbeeindruckt von Grenzen und territorialer Integrität“. Nach Borowski ergibt sich durch die operative Definition des Schlachtfeldes auf ein dreidimensionales – einem einzelnen Menschen entsprechendes – Zielfeld namens „kill box“ das Paradox eines grenzenlosen Krieges.

Aber selbst wenn das kontrolliert werden könnte, so hat sich eigentlich schon unter US-Präsident Barack Obama die Erkenntnis durchgesetzt, dass Drohnen kurzzeitige taktische Ergebnisse bringen, aber mittel- und langfristig neue Unberechenbarkeit schaffen, da an die Stelle jedes so Getöteten schnell ein anderer treten kann. Und – auch das weiß man aus dem klassischen Anti-Guerilla-Kampf – es kommt in der Regel ein fanatischerer Führer nach. Die Drohnen eskalieren den Konflikt, den sie durch angeblich „humaneres“ einzelnes Töten beenden helfen sollen.

Und so muss am Ende doch der einzelne Mensch entscheiden. Seien es Drohnenpilot:innen, die vielleicht alleine wissen, dass im letzten Augenblick noch ein fröhliches Kind in die „kill box“ hineinlief, seien es die Infanterist:innen, die das alte und neue Elend der Zivilbevölkerungen mitansehen müssen. Nur die Netzkrieger:innen und die Drohnen werden unbeeindruckt bleiben.


Info:  https://www.fr.de/politik/der-unmoralische-imperativ-90197590.html

10.02.2021

Beijing baut mit der Lieferung von Impfstoffen seine Stellung in Ost- und Südosteuropa aus - zum Unwillen Berlins.

German-Foreign-Policy.com, 10. Februar 2021
BELGRAD/BEIJING/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit Blick auf das Impfdesaster der EU bietet China nach Serbien und Ungarn nun auch weiteren Staaten Ost- und Südosteuropas Covid-19-Impfstoffe an. Dies ist ein Ergebnis des gestrigen "17+1"-Gipfels, zu dem per Videokonferenz Vertreter von 17 ost- und südosteuropäischen Ländern mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping zusammentrafen. Im "17+1"-Format baut Beijing seit mittlerweile fast neun Jahren seine Beziehungen in die Region aus; im vergangenen Jahr stieg der Handel mit den beteiligten Staaten trotz der Coronakrise um 8,4 Prozent auf ein Volumen von über 103 Milliarden US-Dollar, und auch die chinesischen Investitionen dort nahmen erneut zu - dies, obwohl Brüssel, aber auch Washington massiven Druck ausüben, die Kooperation mit China zumindest einzuschränken. Wie es in einer aktuellen Untersuchung des European Council on Foreign Relations (ECFR) heißt, ist die Volksrepublik in den Nicht-EU-Staaten Südosteuropas, darunter Serbien, inzwischen "der bedeutendste Drittstaat geworden". Dabei kämpft Berlin in der Region auch gegen US-amerikanische Einflussarbeit an.


Zitat: 17+1

Die "17+1"-Kooperation mit China hat den an ihr beteiligten zwölf EU- und fünf Nicht-EU-Staaten Ost- und Südosteuropas, seit das Format im Jahr 2012 gestartet wurde, einige ökonomische Vorteile gebracht. So ist das Handelsvolumen zwischen ihnen und der Volksrepublik seitdem um durchschnittlich acht Prozent pro Jahr gestiegen. Im vergangenen Jahr nahm der bilaterale Handel trotz der Coronakrise, die die Wirtschaft sonst einbrechen ließ, um 8,4 Prozent auf ein Volumen von 103,45 Milliarden US-Dollar zu. Zu den chinesischen Direktinvestitionen in der Region liegen unterschiedliche Angaben vor; laut dem Berliner Think-Tank Merics (Mercator Institute for China Studies) beliefen sie sich allein in den zwölf an "17+1" beteiligten EU-Staaten in der Zeit von 2010 bis 2019 auf 8,6 Milliarden Euro.[1] Hinzu kommen Projektfinanzierungen und Kredite ebenfalls in Milliardenhöhe. Bedeutende chinesische Investitionen wurden unter anderem in Griechenland und in Ungarn getätigt. In Griechenland ist der Hafen von Piräus, seit die China Ocean Shipping Company (COSCO) ihn übernahm, unter den europäischen Containerhäfen von Rang 17 auf Rang 4 aufgestiegen; er ist damit nun der größte europäische Containerhafen am Mittelmeer.[2] In Ungarn arbeiten Unternehmen aus China insbesondere am dortigen Teilstück der Schnellzugstrecke aus Budapest nach Belgrad.


"Bedeutendster Drittstaat"

Besonders eng kooperieren mit China im Rahmen von "17+1" einige der fünf Nicht-EU-Staaten Südosteuropas (Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien). Serbien etwa ist zu einem Standort bedeutender chinesischer Investitionen geworden; so hat die Hesteel Group, einer der größten Stahlkocher überhaupt, im Jahr 2016 das traditionsreiche Stahlwerk in Smederevo übernommen, eines von Serbiens größten Unternehmen. Das Stahlwerk, zuvor im Besitz von U.S. Steel, war in eine Krise geraten, hatte hohe Verluste eingefahren und war daraufhin von dem US-Konzern abgestoßen worden. Schon Anfang 2019 hieß es in Berichten, Hesteel habe das Werk nicht nur aus der Krise geholt, sondern dafür gesorgt, dass es dabei sei, der profitabelste Stahlkocher Europas zu werden.[3] Freilich ist Hesteel in Smederevo nicht unumstritten: Seit einiger Zeit protestieren Anwohner gegen Umweltschäden, die durch das Stahlwerk entstehen. Die Proteste werden zur Zeit von dem Grünen-Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer und seiner Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC) genutzt, um Stimmung gegen Beijing zu machen.[4] Die Volksrepublik baut ihren Einfluss in Serbien und den angrenzenden Nicht-EU-Staaten dennoch aus; kürzlich kam eine Untersuchung des European Council on Foreign Relations (ECFR) zu dem Schluss, Beijing sei dort "der bedeutendste Drittstaat geworden".[5]


Druck aus Brüssel und Washington

Dabei sehen sich vor allem die EU-Staaten unter den "17+1" massivem Druck aus Brüssel, aber auch aus Washington ausgesetzt, ihre Zusammenarbeit mit Beijing zurückzufahren und zumindest ihr eigenständiges Kooperationsformat aufzugeben. Aus Berlin und Brüssel heißt es immer wieder, die EU dürfe sich nicht spalten lassen - ein Argument, das von den "17+1" mit dem Hinweis zurückgewiesen wird, die mächtigen Staaten Westeuropas, vor allem Deutschland, kooperierten ihrerseits eigenständig mit China; so äußerte etwa der frühere polnische Außenminister Radosław Sikorski vor kurzem: "Die Westeuropäer haben ihre schon lange bestehenden Handelsbeziehungen mit China, und sie lassen uns Mitteleuropäer nicht an diesen Beziehungen teilhaben".[6] Solle das "17+1"-Format eingestellt werden, dann müsse auch "der Rest der EU" seine Alleingänge beenden. Dies träfe vor allem Deutschland. Darüber hinaus richtet sich Druck aus Brüssel und Washington immer wieder gegen einzelne chinesische Projekte in Ost- und Südosteuropa. So musste kürzlich Kroatien die Ausschreibung für den einzigen Tiefwasserhafen des Landes annullieren, weil chinesische Firmen gute Aussichten auf den Zuschlag hatten. In Rumänien wiederum entschied die Regierung, Unternehmen aus der Volksrepublik vom Bau von Straßen und von Zugverbindungen auszuschließen.[7] Eine chinesische Beteiligung am Bau eines Tunnels aus Helsinki in Estlands Hauptstadt Tallinn wird erbittert bekämpft.[8]


Die Drei-Meere-Initiative

Im Einflusskampf um Ost- und Südosteuropa sind die großen westlichen Mächte freilich auch untereinander gespalten. Berlin betrachtet die Region als sein exklusives Einflussgebiet, sucht die gesamte EU - bislang wenig erfolgreich - zu einem auch außenpolitisch geschlossenen Block zu formieren und seinen vorrangigen Einfluss auf die fünf Nicht-EU-Staaten Südosteuropas zu bewahren. Washington wiederum hat in den vergangenen Jahren seinen Einfluss im Osten und im Südosten der EU über die "Drei-Meere-Initiative" zu stärken versucht - auf Kosten Deutschlands. Die Initiative geht auf einen Anstoß aus Washington in der Amtszeit der Obama-Administration zurück; sie ist im Jahr 2015 von Polens Präsident Andrzej Duda und der damaligen Präsidentin Kroatiens, Kolinda Grabar-Kitarović, lanciert und auf einem Gipfeltreffen am 25./26. August 2016 im kroatischen Dubrovnik förmlich gegründet worden (german-foreign-policy.com berichtete [9]). Ziel ist unter anderem, die beteiligten Länder untereinander besser mit Infrastruktur zu verbinden. Wie die chinesischen "17+1"-Kooperationsbestrebungen basiert auch die "Drei-Meere-Initiative" darauf, dass der Osten und der Südosten Europas in den vergangenen 30 Jahren von den reichen Ländern im Westen des Kontinents, vor allem von Deutschland, auf ihre ökonomischen Interessen ausgerichtet, ansonsten aber weitgehend vernachlässigt wurde. Das bietet äußeren Mächten die Chance, sich über ökonomische Kooperation Einfluss in der Region zu sichern.


China als Impfstofflieferant

Nicht anders verhält es sich aktuell im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie. Bereits im Frühjahr 2020 hatte die EU mit einem Exportverbot für medizinische Schutzausrüstung die fünf Nicht-EU-Staaten Südosteuropas faktisch von Unterstützung abgeschnitten. Zumindest partiell eingesprungen war daraufhin China, das Serbien mit entsprechenden Hilfsgütern versorgte. Berlin und Brüssel hatten darauf mit dem Vorwurf reagiert, Beijing betreibe "Maskendiplomatie".[10] Ähnlich verläuft die Entwicklung erneut bei den Covid-19-Impfstoffen. Die EU hatte zwar großspurig angekündigt, alle Welt mit Vakzinen versorgen zu wollen; tatsächlich ist sie jetzt aber nicht einmal in der Lage, ihren eigenen Mitgliedstaaten die notwendigen Impfdosen zu verschaffen.[11] Bereits zum zweiten Mal kommt China Serbien zu Hilfe: Es hat dem Land inzwischen eine Million Impfdosen geliefert; Serbien konnte damit inzwischen acht Impfungen pro hundert Einwohner durchführen und liegt nach Großbritannien (18,86 Impfungen pro hundert Einwohner) und Malta (8,89) auf Platz drei in Europa (Deutschland: 3,91 Impfungen pro hundert Einwohner). Kürzlich hat mit Ungarn ein erster EU-Staat Vakzine in China bestellt und erwartet noch diesen Monat die ersten von fünf Millionen Dosen, die genügen, um rund ein Viertel seiner Bevölkerung zu immunisieren. Auf dem gestrigen "17+1"-Gipfel hat Chinas Präsident Xi Jinping weitere Lieferungen in Aussicht gestellt.[12]

 

[1] Grzegorz Stec: Central and Eastern Europe and Joint European China Policy: Threat or Opportunity? merics.org 01.10.2020.

[2] Beth Maundrill: Piraeus becomes top Mediterranean port. porttechnology.org 21.05.2020.

[3] Vedran Obućina: Incredible rise of Serbian steel industry. obserwatorfinansowy.pl 19.03.2019.

[4] MEPs concerned over increasing Chinese influence in Serbia. emerging-europe.com 20.01.2021. Zur IPAC s. auch Der grüne Kalte Krieg.

[5] Vladimir Shopov: Decade of Patience: How China Became a Power in the Western Balkans. ECFR Policy Brief. February 2021.

[6] Grzegorz Stec: Central and Eastern Europe and Joint European China Policy: Threat or Opportunity? merics.org 01.10.2020.

[7] Andreas Mihm: Chinas Charme-Offensive im Osten. Frankfurter Allgemeine Zeitung 08.02.2021.

[8] Mette Larsen: Chinese-backed Finnish venture of world's longest undersea rail tunnel back on agenda. scandasia.com 27.01.2021.

[9] S. dazu Osteuropas geostrategische Drift.

[10] S. dazu Die "Politik der Großzügigkeit".

[11] S. dazu Das Impfdesaster der EU.

[12] China bietet Osteuropa Impfstoff an. n-tv.de 09.02.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8519

10.02.2021

Waffentechnologie „Drohnen begünstigen die Ausweitung von Auslandseinsätzen“

fr.de, vom 09.02.202117:17

Völkerrechtler Christian Marxsen spricht im FR-Interview über fragwürdige Interventionen, Lücken im Rechtsschutz und den schleichenden Prozess hin zu autonomen Waffen.


Zitat:  Herr Marxsen, ein explizites Verbot von bewaffneten Drohnen lässt sich aus dem Völkerrecht nicht ableiten. Sie sehen aber in dieser Technologie ein Risikopotenzial für gravierende Rechtsverstöße. Warum?

Wir müssen uns fragen: In welchen Szenarien werden Drohnen eingesetzt? Welche Anwendungen werden durch diese Waffentechnik gefördert? Dafür müssen wir uns zunächst den Kontext anschauen, in dem militärische Gewalt ausgeübt wird. In der Vergangenheit gab es, auch unter Mitwirkung der Bundeswehr, einige völkerrechtlich problematische Militäreinsätze. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich diese häufen werden. Denn bewaffnete Drohnen erhöhen das Einsatzspektrum und verringern die Gefahren, denen die eigenen Soldatinnen und Soldaten ausgesetzt werden. Es steht zu vermuten, dass damit die Hemmschwelle für Einsätze sinkt. Gleichzeitig haben wir Defizite im Rechtsschutz. Daraus ergibt sich eine problematische Gesamtkonstellation.

Bevor Sie uns das erläutern, kann man also sagen: Diese Technologie begünstigt die Ausweitung von Auslandseinsätzen insgesamt – mit dem Risiko weiterer rechtlich fragwürdiger Militäraktionen?

Ja, so kann man das sagen.

An welchen Rechtsverstößen war die Bundeswehr in der Vergangenheit beteiligt?

Zum Beispiel an der Intervention der Nato im Kosovo 1999. Diese war vom UN-Sicherheitsrat nicht autorisiert. Umstritten ist auch der Einsatz gegen den „Islamischen Staat“ auf syrischem Gebiet seit 2015. Die völkerrechtliche Grundlage dafür ist wacklig. Wenn wir uns fragen, welche Anforderungen das stark friedensorientierte Grundgesetz an Militäreinsätze stellt, dann lautet die Antwort: Die Verfassung verlangt hier mehr Eindeutigkeit.

Lassen sich Auslandseinsätze der Bundeswehr überhaupt daraufhin überprüfen, ob sie völkerrechts- und verfassungskonform sind oder waren?

Nein, dafür gibt es kein Verfahren. Das Bundesverfassungsgericht kann zwar kontrollieren, ob die Beteiligungsrechte des Parlaments, das ja jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr zustimmen muss, verletzt wurden. Nicht aber die inhaltliche Ausrichtung eines Einsatzes. Das hat Karlsruhe selbst mit Blick auf den Syrieneinsatz festgestellt. Und ein Vorstoß der Grünen, ein solches Verfahren einzuführen, ist gescheitert. Ich sehe da aber eine wichtige Aufgabe für den Gesetzgeber.

Gibt es denn derzeit kein juristisches Instrument, um Anwendung militärischer Gewalt zu kontrollieren und einzuhegen?

Nicht auf der Ebene des Bundesverfassungsgerichts. Denkbar und zulässig wären Verfahren vor Verwaltungsgerichten. Diese stehen aber vor erheblichen rechtlichen und praktischen Hürden. Das Gleiche gilt für Entschädigungsverfahren. Das zeigt der Fall Kundus. Bei dem Luftangriff auf zwei Tanklaster im September 2009 waren etwa 100 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Zivilisten. Die Klagen von Hinterbliebenen vor deutschen Gerichten blieben erfolglos.

Hier besteht also eine Rechtsschutzlücke, richtig?

Es fehlt ein Verfahren, mit dem Einsatzmandate und konkrete Militäroperationen effektiv kontrolliert werden können. Und es fehlen die Mechanismen dafür, dass Menschen ihre individuellen Ansprüche gegenüber dem deutschen Staat durchsetzen können, wenn dieser seine Schutzpflichten gegenüber Zivilistinnen und Zivilisten verletzt hat. Für die deutsche Drohnendebatte ist das relevant. Diese Lücken im Rechtsschutz sprechen aus meiner Sicht stark dagegen, die Bundeswehr mit dieser Technologie auszustatten. Außerdem drohen sich Einsätze zu verselbstständigen.

Was meinen Sie damit?

Die Einsatzregeln des Verteidigungsministeriums für die Bundeswehr sehen vor, Drohnen nicht nur in bewaffneten Konflikten, sondern auch zur Abwehr drohender Gefahren zu nutzen. Diesen Begriff kennen wir aus dem Streit über das bayerische Polizeirecht. Voraussetzung sind dann nicht mehr konkrete Gefahren, sondern eine abstrakte Gefahrenlage. Das wäre sehr weitreichend. Das sei nicht geplant, betont das Ministerium. Aber die Einsatzregeln sprechen eine andere Sprache.

Die öffentliche Debatte über Drohnen ist stark geprägt durch die Praxis illegaler Tötungen durch die USA. Dabei sind Hunderte Zivilist:innen ums Leben gekommen. Die Einsatzregeln für die Bundeswehr schließen solche Hinrichtungen aus der Luft aus.

Die Praxis der USA ist die Negativschablone in der öffentlichen Diskussion, ein Schreckensszenario. Das Bundesverteidigungsministerium grenzt sich davon beständig ab.

Die Regierung hat dabei aber ganz offensichtlich ein Glaubwürdigkeitsproblem. Denn zur militärischen Infrastruktur für diese Drohneneinsätze gehört die Air Base Ramstein. Deutschland lässt die USA gewähren.

Meiner Ansicht nach müsste Deutschland hier stärker auf die USA einwirken. Vermutlich möchte man aber den Bündnispartner nicht zu sehr vor den Kopf stoßen. Diese Diskussion wurde übrigens auch schon 2003 zur Zeit des Irakkriegs geführt. Die Bundesregierung sprach sich zwar gegen eine Kriegsbeteiligung aus, duldete aber – mit Hinweis auf Bündnisverpflichtungen – die Nutzung der US-Basen. Auch das war ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Bewaffnete Drohnen sind keine autonomen Waffen. Aber sie können die Vorhut sein für selbstständig operierende Maschinen, die am Ende ohne menschliche Mitwirkung über Leben und Tod entscheiden. Das kann niemand wollen. Müssen wir deshalb jetzt Stoppschilder aufstellen?

Der Automatisierungsgrad von Waffensystemen steigt und der Unterschied zwischen autonom und nichtautonom ist nicht so trennscharf, wie es sich in den Debatten manchmal anhört. Die Übergänge sind graduell. Deshalb besteht die Gefahr, dass wir uns in einem schleichenden Prozess befinden. Deutschland sollte hier frühzeitig einen starken Kontrapunkt setzen. Eine Entscheidung gegen bewaffnete Drohnen hält die weltweite Aufrüstung zwar nicht auf, hätte aber eine Vorbildwirkung. Denn das Land ist international einflussreich und könnte Allianzen schmieden, die sich dem Trend widersetzen.                         Interview: Karin Dalka


ZUR PERSON: Christian Marxsen ist Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg und befasst sich mit bewaffneten Konflikten aus völker- und verfassungsrechtlicher Perspektive. FR


Info:  https://www.fr.de/politik/drohnen-beguenstigen-die-ausweitung-von-auslandseinsaetzen-90197568.html


Kommentar:  Um die Bewaffneten Drohnen ganz und die politischen Absichten dahinter ganz aufzuklären wird der sog. "Neue Elysée-Vertrag von 2019" zwischen Frankreich und Deutschland, der die EU erneuern soll, in Frage gestellt bzw. wieder aufgeschnürt werden müssen. Dort drinnen gehören Kampfdrohnen bereits zum festen Bestandteil vernetzter gesamteuropäischer Kriegsführung!

Also raus mit der Sprache geschätzte Sozialdemokraten- und Grünenpolitiker*innen!   Th. Bauer

09.02.2021

Beschwerde zum Drohnenteil der Tagesthemen vom 5.2.2021

E-Mail vom 08.02.2021 um 14:15 schrieb Bernhard Trautvetter, Bezug Sendung vom 05.02.2021, 21:45 Uhr:<https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-8063.html>  - ab Min. 5


Sehr geehrte Damen und Herren


Ich reiche hiermit eine Beschwerde gegen die Verletzung der Informationspflicht der Tagesthemen ein: Basis der Informationsarbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist vor allem der § 11 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages: "Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen." Ihr minutenlanger Bericht zur Drohnenbewaffnung verletzte das Kontroversitäts- und Überwältigungsverbot nach den Anforderungen der sachlichen und neutralen Informationspflicht: Sie interviewten die sozialdemokratische Sicherheitsexpertin Siemtje Möller, die in der Frage am neutralsten auftrat - Zitat zu jenen in ihrer Fraktion, die Bedenken haben: "ich respektiere das" > das heißt, sie ist anderer Meinung. Aber das war noch der ausgewogenste Teil dieses Tagesthemen-Themenblocks. Das Interview mit Ulrike Franke und das mit Andreas Steinmetz transportiert explizit die Position der Befürworter*innen der Drohnenbewaffnung. Die Bedenken der Kritiker sei, so der Tagesthemen , dass Drohnen der Einstieg in einen Krieg per Joystick und vielleicht in

einen automatisierten Krieg sein. Das ist alles zur Gegenposition. Frau Rau transportiert sogar noch eine Position, die die Kritiker*innen ins Lächerliche zieht: "Typisch Deutsch eine Drohne ohne Bewaffnung - für die Franzosen ist das ein Unding." Dieser Verweis auf eine Position in

Frankreich ohne Pro-Contra-Argumente ist nicht minder tendenziös, zumal im Zusammenwirken der vielen Elemente dieses Themenschwerpunktes 'Drohnenbewaffnung'. Die Bewaffnungsbefürworterin Frau Franke wurde gefragt, warum die Drohne so viel Streit auslöst? Ihre spekulative Antwort ist reicht an Unterstellungen gegenüber den Kritiker*innen: Die Drohne löse wohl eine gewisse Faszination aus, zum Teil wie Science Fiction-Literatur, so als gehe es mit Killerrobotern um unbewaffnete Systeme, die über Leben und Tod entscheiden, was die aktuell in der Planung befindlichen Systeme nicht tun. Hier werden die Kritiker*innen nicht nur als Menschen dargestellt, die mit ihren Vorbehalten Soldatenleben gefährden, sondern mehr noch als weltfremde Freund*innen der fiktionalen Literatur, die blindlings Romaninhalte auf das reale Leben übertragen. Eine kluge Antwort auf die Frage nach den Motiven der Kritiker*innen wäre der Hinweis gewesen, dazu müssten die Tagesthemen die Kritiker*innen selbst befragen. Auch das blieb aus. Aber Frau Franke ging ja noch weiter, indem sie wiederholt aussagte, man könne Krieg auch ohne bewaffnete Drohnen führen. Die Tatsache, wie schnell der Funke eines Krieges in einen Flächenbrand übergehen kann, der eine Eigendynamik entwickeln kann, die am Ende unsägliches Leid und schließlich eine Phase der Unkontrollierbarkeit mit sich bringt, nimmt sie gar nicht in Erwägung. Und das geschieht in einem äußerlich freundlich-sympathisch erscheinenden Nach- richten-Block im 21. Jahrhundert! In seiner Gesamtheit war dieser mehr als 10-minütige Themenblock eine einzige Propaganda für die Drohnenbewaffnung und die Nato-/EU Rüstungsstrategie. Hier exemplarisch nur zwei Punkte aus der Kritik der Friedensbewegung: Drohnen schützen die eigenen Soldaten am Ende des Tages gesehen überhaupt nicht, wenn man die posttraumatischen Belastungssyndrome der Drohnenpilot*innen am Joy-Stick mit in Betracht zieht. Zu diesem Thema hat die 'Zeit' am 6. Dezember einen Bericht unter dem Titel 'Schreibtischtöter' veröffentlicht. Das 'ärzteblatt' berichtete am 8.7.2020 in diesem Zusammenhang über eine Zunahme an Suicidversuchen unter den betroffenen Soldat*innen. Die US-Armee verlor im Zusammenhang mit dem Afghanistan- und Irak-Krieg mehr Soldat*innen durch Selbstmord als im

Verlauf des Kampfgeschehens selbst. (s. z.B Tagesspiegel 13.12.2014!) Die Suicidopfer waren nicht alle Drohnenpilot*innen; aber es zeigt sich, dass der beste Schutz für Soldat*innen eine konsequente kriegsvermeidende Friedenspolitik ist. Alles andere bewegt sich in der Fiktion von

Propaganda. Schlimmer noch: Es vertuscht die Tatsache, dass die meisten durch Drohnen getöteten Menschen zivile sogenannte Kollateral-Schäden sind. - Dazu exemplarisch die TAZ vom 19.12.2012: "Die militärische Effizienz von Drohnen ist allerdings alles andere als erwiesen, und die Kollateralschäden sind immens. Allein in Pakistan sind bei Angriffen durch Drohnen 2.000 bis

3.000 Menschen umgekommen, darunter sehr viele Zivilisten." Hier wird auch deutlich, dass Drohnen die Schwelle zu kriegerischer Gewalt senken, dass sie die Grenzen zwischen Frieden und Krieg verwischen, und natürlich sind sie eine Wegmarke hin zur immer weiteren Digitalisierung der Kriegsführung von der Fernsteuerung über die Automatisierung bis hin zur Autonomisierung, in deren Rahmen Programme, Algorhythmen und Systeme Entscheidungen über Leben und Tod einen immer größeren Einfluss auf Tötungshandlugen und damit auf die Entwicklung von Kriegen nehmen. In den Punkten, mit denen die Tagesthemen vom 05.02.2021 für die Drohnenbewaffnung plädierten und die Position der Friedensbewegung andeutend einbezogen, haben sie gegen den friedens- und demokratiefördernden Auftrag von §11 Absatz 1 Rundfunkstaatvertrag verstoßen; demzufolge haben die Tagesthemenfolgendermaßen vorzugehen: "Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen um-fassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern." Ich fordere Sie dem entsprechend dazu auf, Ihrem Auftrag entsprechend Manipulation durch Information zu ersetzen.


Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Trautvetter


Weitere:


Regierungskoalition wird die Eurodrohne bewilligen, jedoch angeblich vorerst ohne Bewaffnung

[drohnen], E-Mail vom 4.2.2021 15:09, Elsa Rassbach


Liebe Mitstreitende,


die offizielle Abstimmung im Bundestag zur Finanzierung der nächsten Phase der Eurodrohne wird am 24. März stattfinden.  


Jedoch wurde der Beschluss eigentlich schon gestern Abend bei einem Koalitionsausschuss-Treffen gefasst. (Siehe Links unten.)


In dieser Legislaturperiode wird keine Finanzierung für eine Bewaffnung der Eurodrohne zugesagt, jedoch wird die weitere Entwicklung einer bewaffnungsfähigen Eurodrohne bewilligt.  


Die SPD muss sich noch entscheiden, wie sie zum Future Combat Air System (FCAS) verhalten werden, weil bewaffnete Drohnen eine wichtige Rolle im System spielen sollen.  Voraussichtlich wird die Bundestag-Abstimmung zum FCAS im Juni 2021 stattfinden.


Mal sehen, ob die Grünen bei etwaigen Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU die Eurodrohne bewaffnen würden.  Es wäre gut, wenn die Grünen sich schon vor der Wahl festlegen würden.


Viele Grüße

Elsa


Info: https://augengeradeaus.net/2021/02/regierungskoalition-macht-weg-frei-fuer-entwicklung-der-eurodrohne/ / https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-02/koalitionsausschuss-union-spd-schuldenbremse-corona-soforthilfe-kinderbonus-regierungspolitik?utm_referrer=https%3A%2F%2Fnews.google.com

Auszug: Bei dem vor allem auf Initiative der SPD angesetzten Treffen soll auch über die Anschaffung der Euro-Drohne für die Bundeswehr gesprochen werden. SPD-Chef Norbert Walter- Borjans betonte, dass die SPD nicht grundsätzlich gegen die Entwicklung und Beschaffung der Drohnen sei. Doch: "Es wird scheitern, wenn es um die Frage geht, jetzt festzulegen, dass diese Drohnen bewaffnet werden sollen."

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Kommentar: Die SPD-Genossen haben keinen Grund die Interessen von friedensbewegten Menschen zu täuschen.       Thomas Bauer


Weitere:


Die „Tagesthemen“ verletzen mit Propaganda für Kampfdrohnen ihren Auftrag


nachdenkseiten.de, 09. Februar 2021 um 16:13, Ein Artikel von Bernhard Trautvetter | Verantwortlicher: Redaktion

Wegen tendenziöser Berichterstattung hat Bernhard Trautvetter eine Beschwerde beim Rundfunkrat eingereicht. Wir geben sie hier wieder.

Sehr geehrte Damen und Herren des Rundfunkrates,
 
Ich reiche hiermit eine Beschwerde gegen die Verletzung der Informationspflicht durch die „Tagesthemen“ (in der Sendung vom 5. Februar) ein: Basis der Informationsarbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist vor allem der § 11 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages:

“Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“

Ihr Bericht zur Drohnenbewaffnung verletzte das Kontroversitätsgebot und das Überwältigungsverbot nach den Anforderungen der sachlichen und neutralen Informationspflicht: Sie interviewten die sozialdemokratische Sicherheitsexpertin Siemtje Möller, die in der Frage noch am neutralsten auftrat. Möllers Zitat zu jenen Abgeordneten in ihrer Fraktion, die Bedenken haben: “Ich respektiere das“. Das heißt, sie ist anderer Meinung. Aber das war noch der ausgewogenste Teil dieses „Tagesthemen“-Themenblocks. Das Interview mit Ulrike Franke vom “European Council On Foreign Affairs“ und das mit Andreas Steinmetz von der Bundeswehr transportierten explizit die Position der Befürworter und Befürworterinnen der Drohnenbewaffnung.

Die Bedenken der Kritiker seien, so die „Tagesthemen“ , dass Drohnen der Einstieg in einen Krieg per Joystick und vielleicht in einen automatisierten Krieg seien. Das ist alles zur Gegenposition. WDR-Kommentatorin Sabine Rau transportiert sogar noch eine Position, die die Kritiker und Kritikerinnen ins Lächerliche zieht:

“Typisch Deutsch eine Drohne ohne Bewaffnung – für die Franzosen ist das ein Unding.”

Dieser Verweis auf eine Position in Frankreich ohne Pro-Contra-Argumente ist nicht minder tendenziös, zumal im Zusammenwirken der vielen Elemente dieses Themenschwerpunktes ‘Drohnenbewaffnung’. Die Bewaffnungsbefürworterin Frau Franke wurde gefragt, warum die Drohne so viel Streit auslöst? Ihre spekulative Antwort reicht an Unterstellungen gegenüber den Kritikern und Kritikerinnen heran: Die Drohne löse wohl eine gewisse Faszination aus, zum Teil wie Science Fiction-Literatur, so als gehe es mit Killerrobotern um unbewaffnete Systeme, die über Leben und Tod entscheiden, was die aktuell in der Planung befindlichen Systeme nicht tun. Hier werden die Kritiker und Kritikerinnen nicht nur als Menschen dargestellt, die mit ihren Vorbehalten Soldatenleben gefährden, sondern mehr noch als weltfremde Freunde der fiktionalen Literatur, die blindlings Romaninhalte auf das reale Leben  übertragen. Eine kluge Antwort auf die Frage nach den Motiven der Kritiker wäre der Hinweis gewesen, dass die „Tagesthemen“ die Kritiker dazu selbst befragen müssten. Auch das blieb aus.

Aber Frau Franke ging noch weiter, indem sie wiederholt aussagte, man könne Krieg auch ohne bewaffnete Drohnen führen. Die Tatsache, dass der Funke eines Krieges schnell in einen Flächenbrand übergehen kann, der eine Eigendynamik entwickeln kann, die am Ende unsägliches Leid und schließlich eine Phase der Unkontrollierbarkeit mit sich bringt, nimmt sie gar nicht in den Blick. Und das geschieht in einem äußerlich freundlich-sympathisch erscheinenden Nachrichten-Block im 21. Jahrhundert.

In seiner Gesamtheit war dieser mehr als 10-minütige Themenblock eine einzige Propaganda für die Drohnenbewaffnung und die Nato-/EU-Rüstungsstrategie. Hier exemplarisch nur zwei Punkte aus der Kritik der Friedensbewegung: Drohnen schützen die eigenen Soldaten am Ende des Tages gesehen überhaupt nicht, wenn man die posttraumatischen Belastungssyndrome der Drohnenpiloten und Pilotinnen am Joy-Stick mit in Betracht zieht. Zu diesem Thema hat die ‘Zeit’ am 6.Dezember einen Bericht unter dem Titel ‘Schreibtischtöter’ veröffentlicht. Das ‘Ärzteblatt’ berichtete am 8.7.2020 in diesem Zusammenhang über eine Zunahme an Suizidversuchen unter den betroffenen Soldaten und Soldatinnen. Die US-Armee verlor im Zusammenhang mit dem Afghanistan- und dem Irak-Krieg mehr Soldaten durch Suizide als im Verlauf des Kampfgeschehens selbst. (s. z.B. Tagesspiegel 13.12.2014) Die Suizid-Opfer waren nicht alle Drohnenpiloten oder Pilotinnen; aber es zeigt sich, dass der beste Schutz für Soldaten eine konsequente kriegsvermeidende Friedenspolitik ist. Alles andere bewegt sich in der Fiktion von Propaganda. Schlimmer noch: Es vertuscht die Tatsache, dass die meisten durch Drohnen getöteten Menschen zivile sogenannte Kollateral-Schäden sind. – Dazu exemplarisch die TAZ vom 19.12.2012:

“Die militärische Effizienz von Drohnen ist allerdings alles andere als erwiesen, und die Kollateralschäden sind immens. Allein in Pakistan sind bei Angriffen durch Drohnen 2.000 bis 3.000 Menschen umgekommen, darunter sehr viele Zivilisten.”

Hier wird auch deutlich, dass Drohnen die Schwelle zu kriegerischer Gewalt senken, dass sie die Grenzen zwischen Frieden und Krieg verwischen. Und natürlich sind sie eine Wegmarke hin zur immer weiteren Digitalisierung der Kriegsführung – von der Fernsteuerung über die Automatisierung bis hin zur Autonomisierung, in deren Rahmen von Programmen, Algorhythmen und Systemen gefällte Entscheidungen über Leben und Tod einen immer größeren Einfluss auf die Entwicklung von Kriegen nehmen. Durch die Art und Weise, in der die „Tagesthemen“ vom 05.02.2021 für die Drohnenbewaffnung plädierten und die Position der Friedensbewegung nur andeutend einbezogen, haben sie gegen den friedens- und demokratiefördernden Auftrag von §11 Absatz 1 verstoßen. Demzufolge haben die „Tagesthemen“ folgendermaßen vorzugehen:

“Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern.”

Ich fordere Sie auf, Ihrem Auftrag entsprechend Manipulation durch Information zu ersetzen.


Bernhard Trautvetter, Jahrgang 1954, ist ehemaliger Berufsschullehrer, Friedensaktivist, Lyriker und Bildgestalter. Zudem schreibt er Artikel unter anderem für die junge Welt, das Neue Deutschland und KenFM.

Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=69667

09.02.2021

„Maximale Kollaboration“

Welt am Sonntag, vom 07. Feb. 2021, VON ANETTE DOWIDEIT UND ALEXANDER NABERT

Das Innenministerium ließ in der ersten Coronawelle ein Geheimpapier erarbeiten, das die Bedrohung dramatisch darstellte. Es spannte Wissenschaftler für seinen harten Kurs ein – das zeigen interne Dokumente


Zitat: Mitte März vergangenen Jahres war Deutschland im ersten Lockdown. Schulen und Geschäfte waren geschlossen, die Nerven im Land lagen blank. Auch bei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Denn gerade hatten der Virologe Christian Drosten und Lothar Wieler, der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), seinem Haus einen Besuch abgestattet. Die beiden hatten die Führungsriege des Innenministeriums eindringlich gewarnt: Deutschland drohten dramatische Folgen, kehre das Land zu schnell in den Alltag zurück. Seehofer sorgte sich nun davor, dass wie geplant an Ostern der Lockdown enden sollte. Der Minister war entschieden dagegen.
Er schickte seinen Staatssekretär Markus Kerber in die Spur.


Kerber hatte einen Plan: Er wollte führende Wissenschaftler mehrerer Forschungsinstitute und Universitäten zusammen spannen. Gemeinsam sollten sie ein Papier erarbeiten, das dann als
Legitimation für weitere harte politische Maßnahmen dienen sollte, über Ostern hinaus. Er startete per E-Mail einen entsprechenden Aufruf an die Forscher. Nur wenige Tage später hatten diese den Auftrag des Ministeriums erfüllt. Sie lieferten Input für ein als geheim eingestuftes
Papier des Innenministeriums (BMI), in dem die Gefahr durch das Coronavirus so dramatisch wie möglich dargestellt wurde, und das sich rasch über die Medien verbreitete. In einem „Worst Case-Szenario“ malten sie aus: Unternähme Deutschland nichts, wären am Ende der Pandemie mehr als eine Million Menschen im Land tot.


WELT AM SONNTAG liegt ein umfangreicher Schriftverkehr vor, der zeigt, was genau sich in diesen kritischen Tagen im März 2020 zwischen der Führungsebene des Ministeriums und den Forschern abspielte. Er zeigt vor allem dies: dass Seehofers Behörde es darauf anlegte, die beauftragten Wissenschaftler für den von ihm angestrebten politischen Zweck einzuspannen – und dass diese dem Aufruf gern folgten. Die gut 200 Seiten an E-Mails belegen somit, dass die Forscher zumindest in diesem Fall längst nicht so unabhängig agierten wie es Wissenschaftler und Bundesregierung seit Beginn der Pandemie stetig betonen – sondern auf ein von der Politik
vorgegebenes, feststehendes Ergebnis hinwirkten.


Der Schriftverkehr stammt aus dem RKI. Eine Gruppe Juristen, vertreten vom Berliner Rechtsanwalt Niko Härting, hat sie in einer monatelangen rechtlichen Auseinandersetzung mit der Behörde erstritten und der Redaktion zur Verfügung gestellt. Die Dokumente sind an vielen Stellen geschwärzt, und doch verraten sie viel darüber, wie das Innenministerium auf die Forscher einwirkte und wie diese daran mitwirkten, die Lage möglichst bedrohlich darzustellen.


Die Zusammenarbeit begann mit dem Aufruf des Staatssekretär am 19. März. „Sehr geehrte Professores“, schrieb Kerber an RKI-Chef Wieler sowie an Forscher des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (abgekürzt RWI, weil es früher mal Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung hieß), des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und mehrerer Universitäten. Das Ministerium wolle mit sofortiger Wirkung eine „ad hoc Forschungsplattform“ zwischen seinem Haus und den Instituten bilden. Man brauche ein Rechenmodell, um „mental und planerisch‚ vor die Lage‘ zu kommen“. Es solle helfen, weitere „Maßnahmen präventiver und repressiver Natur“ planen zu können. Der Staatssekretär zeichnete ein dystopisches Bild: Es gehe um die „Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Stabilität der öffentlichen Ordnung in Deutschland“.


Kerber bat um Verschwiegenheit: Was in den kommenden Tagen in diesem kleinen Kreis besprochen werde, solle „außerhalb von operativ tätigen Krisenstabsinstitutionen“ vertraulich gehalten werden. „Ohne Bürokratie. Maximal mutig“, schrieb Kerber – und steigerte die Dramatik seines Tons zum Ende der E-Mail noch einmal: Da man nicht wisse, „ob und wie lange die Netze noch reliabel funktionieren“, sollten die Teilnehmer ihre Telefonnummern und privaten E-Mail-Adressen übermitteln. Er habe gegenüber seinem „Freund Lothar Wieler“ die Situation „mit Apollo 13 verglichen“. „Sehr schwierige Aufgabe, aber mit Happy End durch maximale Kollaboration.“


Damit setzte er den Sound für das Vorgehen, das der Innenminister von den angeschriebenen Wissenschaftlern offenbar erwartete: eine möglichst bedrohliche Darstellung der Lage. Das Ergebnis lag nur vier Tage später vor: Jenes Geheimpapier mit dem Stempel „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ über die drohende Aussicht auf bis zu einer Million Toten. Darin stand auch, wie man die „gewünschte Schockwirkung“ in der Gesellschaft erzielen könne, um diesen schlimmsten annehmbaren Fall zu vermeiden. Man müsse in den Köpfen der Menschen Bilder wie diese entstehen lassen: „Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause.“ So hoffe man bei den Bürgern Verständnis unter anderem für eine „scharfe, aber kurze Ausgangsbeschränkung“ akzeptabel zu machen.


In jenen vier Tagen verfolgten Kerber und andere hochrangige Beamte des Ministeriums die Arbeit der Forscher akribisch und diktierten das Vorgehen: Aus dem Schriftwechsel geht hervor, dass es in kurzen Abständen Telefonkonferenzen zwischen dem BMI und den Forschern gab, während diese an ihrem Modell und den daraus resultierenden Empfehlungen arbeiteten. Die E-Mails der Wissenschaftler über den Fortschritt ihrer Arbeit gingen neben dem Staatssekretär auch an mehrere Abteilungs- und Referatsleiter des BMI. Das Ministerium gab sogar per E-Mail an den Verteiler die Gliederung für das Papier vor.


Die Forscher beschränkten sich nicht nur darauf, Zahlen zu liefern, sondern machten auch konkrete Vorschläge, wie sich etwa „Angst und Folgebereitschaft in der Bevölkerung“ thematisieren ließen, und sie gaben politische Empfehlungen. „Söder liegt intuitiv richtig“, schreibt einer, dessen Name im Dokument geschwärzt ist. „Das sich ausbreitende Ohnmachtsgefühl muss wohl
durch den Eindruck eines starken staatlichen Interventionismus in Schach gehalten werden.“


Die E-Mails zeigen noch etwas anderes, vielleicht weitaus Gravierenderes: Über die wissenschaftliche Bewertung der Situation waren sich die Wissenschaftler nicht einig. Untereinander diskutierten sie zum Beispiel, welche Zahlen sie für die Berechnung der gewünschten Szenarien zugrunde legen sollten. Darüber tauschten sich etwa am Sonntag nach dem Aufruf des Staatssekretärs der zuständige Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts und jener des RWI aus. Es ging um die Frage: Welche Annahme solle man darüber treffen, wie viel Prozent der Infizierten in Deutschland am Virus sterben? Dieser Wert war nicht leicht zu beziffern es gab wenig Erfahrung mit dem Virus. Das RKI hatte gerade erst selbst ein Modell veröffentlicht. Demnach würden voraussichtlich 0,56 Prozent der Infizierten in Deutschland am Virus sterben. Das RWI nun plädierte aber dafür, mit einer Todesrate von 1,2 Prozent zu arbeiten. Dessen zuständiger Forscher
schrieb, man solle im Papier „vom Ziel her“ argumentieren, nämlich „hohen Handlungsdruck aufzuzeigen“ und vom Vorsichtsprinzip „lieber schlimmer als zu gut“. Staatssekretär Kerber las bei all dem mit.


Auffällig ist, dass im schließlich erstellten Papier des Ministeriums beide Zahlen auftauchen. Dort
heißt es: „Das RKI geht in einem sehr moderaten Szenario derzeit von einer Letalität von 0,56 Prozent aus. In der weiteren Modellierung wird mit einer Fallsterblichkeit von 1,2 Prozent gearbeitet.“ Das heißt: Das BMI entschied sich explizit dagegen, nur mit dem zurückhaltenden Wert des RKI zu rechnen – obwohl Wielers Behörde doch jene ist, die in Deutschland genau dafür zuständig ist: Die Zahlen zu liefern, auf deren Basis die Regierung bei der Planung ihrer Maßnahmen argumentiert.


Stattdessen verwendete das Ministerium für den „Worst Case“ – wie viele würden sterben, liefe das Leben komplett weiter wie vor Corona? – die wirkungsvolleren Zahlen. Das folgt der Logik
des Innenministeriums: Weil Seehofers Behörde für die innere Sicherheit des Landes zuständig ist, will man dort stets auf den größten anzunehmenden Schaden vorbereitet sein. Grob falsch lagen die beteiligten Forscher mit der Sterberate von 1,2 Prozent rückblickend nicht. Zwar lässt sich der Anteil jener Menschen, die an einer COVID 19-Infektion sterben, nicht eindeutig beziffern unter anderem, weil man die tatsächliche Zahl der Infizierten nie genau kennt. Die meisten Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass in Deutschland etwa ein Prozent der Infizierten durch das Coronavirus sterben.


BMI-Staatssekretär Kerber erklärt das Zustandekommen des Papiers im Nachhinein gegenüber WELT AM SONNTAG so: „Wir brauchten keine allumfassende theoretische Abhandlung. Wir hatten konkrete Probleme vor Augen und standen vor der Aufgabe, ein Worst Case Szenario zu verhindern.“ Das RKI kommentiert seine Mitwirkung nicht – weil es sich um ein „internes Diskussionspapier“ gehandelt habe. Und das Forschungsinstitut RWI schreibt, es habe keine politische Vorgabe für die Forschungsergebnisse gegeben.


Aus Sicht des Innenministeriums jedenfalls ging das Projekt erfolgreich ins Ziel. Staatssekretär Kerber formulierte am 23. März an die Runde: „Unser Papier kam […] sehr gut an und wird ob seiner hohen Qualität und Umsicht nun den Weg ins Krisenkabinett der Bundesregierung finden.“ MITARBEIT: BIRGIT HERDEN

Info:  7. FEBRUAR 2021 WELT AM SONNTAG NR. 6, POLITIK Seite 5


Kommentar:  Es gab keine politischen Vorgaben für die Forschungsergebnisse?  Aber eine Richtungvorgabe wohl doch, nämlich die eines "Worst Case Szenarios".

Enthüllt in einem Artikel in der Welt am Sonntag, in der Manier des  investigativen Journalismus, deren Chefredakteur + Axel Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner als erklärter Transatlantiker gilt und eher anderes erwarten lässt und dessen Privatvermögen sich auf über eine Milliarde Euro belaufen soll.       Thomas Bauer    

09.02.2021

Die Bundeswehr weitet ihren Corona-Inlandseinsatz weiter aus. General hält Einsatz biologischer Waffen gegen Deutschland für denkbar.

German-Foreign-Policy.com, 9. Februar 2021
BERLIN (Eigener Bericht) - Die Coronakrise kann als "Blaupause" für die sogenannte hybride Kriegsführung genutzt werden. Dies erklärt der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner. Baumgärtner zufolge sei "die Hemmung einer Gesellschaft durch das Ausbringen von gesundheitsschädlichen Stoffen ... ein mögliches Mittel ... zur Schwächung des Gegners"; darauf müsse Deutschland sorgfältig vorbereitet sein. Konkret spielt der Inspekteur des Sanitätsdienstes auf den Konflikt der NATO mit Russland an. Tatsächlich hat die Bundeswehr im Kampf gegen die Pandemie nicht nur zahlreiche Aufgaben im Inland übernommen und baut ihren Coronaeinsatz systematisch aus; inzwischen ist eine fünfstellige Zahl an Soldaten im Inland im Einsatz. Die Bundeswehr stärkt darüber hinaus ihr Netzwerk der "Zivil-Militärischen Zusammenarbeit" - unter anderem, indem sie "Verbindungselemente" beim Gesundheitsministerium und beim Robert-Koch-Institut installiert hat. Damit werden die Strukturen für Inlandseinsätze, die schon vor der Pandemie zum Alltag der Bundeswehr gehörten, weiter ausgebaut.


Zitat: Verbindungskommandos der Bundeswehr

Die Bundesregierung hatte am 27. Januar beschlossen, die Kosten des umfangreichen Inlandseinsatzes der Bundeswehr im Rahmen der Coronakrise zunächst bis Jahresende zu übernehmen, um Länder und Kommunen zu entlasten.[1] Hintergrund ist, dass in der Bundesrepublik mit dem Krisenmanagement prinzipiell vor allem die Länder befasst sind; damit liegt auch die Hauptlast im Kampf gegen die Coronakrise bei ihnen und bei den Kommunen. Sie stellen daher auch die meisten Amtshilfeanträge an die Bundeswehr im Rahmen des Kampfs gegen die Pandemie. Dabei werden sie von Bundeswehroffizieren beraten, die im Rahmen sogenannter Verbindungskommandos in engem Kontakt mit den zivilen Krisenstäben der Kommunen und Länder stehen. Die Anträge und Lageberichte der Verbindungskommandos laufen im jeweiligen Bundeswehr-Landeskommando zusammen, um anschließend beim Kommando Territoriale Aufgaben zu einem bundesweiten Lagebild gebündelt zu werden. Dort entscheidet Generalmajor Carsten Breuer über die Amtshilfeanträge. Ob die Bundeswehr im Zuge einer Amtshilfeanfrage im Inland aktiv wird, entscheidet sie also eigenständig. Vermittelt über die zivilen Krisenstäbe kommt es dann dazu, dass Soldaten im Rahmen der Amtshilfe auch in privaten Organisationen und Einrichtungen wie zum Beispiel Krankenhäusern aktiv werden.


Zehntausende im Inlandseinsatz

So betreiben Soldaten etwa in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und den Maltesern Drive-In-Teststationen für Covid-19-Verdachtsfälle. Die Bundeswehr stellt medizinisches und anderes Personal zur Verfügung, das in privaten Krankenhäusern und Pflegeheimen eingesetzt wird oder in Gesundheitsämtern Anrufe beantwortet. Auch an Aufbau und Betrieb der Impfzentren ist die Armee materiell wie personell beteiligt. Eine Schwerpunkttätigkeit ist nach Angaben der Bundeswehr nicht zuletzt das Nachverfolgen von Kontaktpersonen.[2] Die Bundeswehr geht davon aus, dass mit der Kostenübernahme für ihren Coronaeinsatz durch den Bund "etwaige Hemmnisse für eine Antragstellung" durch Länder und Kommunen "ausgeräumt" sind.[3] Sie hat seit dem Frühjahr 2020 bereits fast 3.000 Anträge auf Amtshilfe erfüllt, das sind laut Verteidigungsministerin mehr als 90 Prozent der gestellten Anträge.[4] Rund 10.000 Soldaten sind dabei derzeit im Einsatz. Weitere 10.000 Soldaten stehen bereit.[5] Der Inlandseinsatz der Bundeswehr soll damit fast ein Jahr nach seinem Beginn nicht nur fortgesetzt, sondern offenbar noch deutlich ausgebaut werden.


Der verfassungsrechtliche Rahmen

Dabei verbietet der verfassungsrechtliche Rahmen für die Amtshilfe, als die der Coronaeinsatz deklariert wird, eine strukturelle Zusammenarbeit und erlaubt der Bundeswehr auch im Notfall Unterstützungsleistungen nur dann, wenn alle anderen zivilen Möglichkeiten erschöpft sind. Als Konsequenz aus dem Nationalsozialismus sind Inlandseinsätze der Bundeswehr verfassungsrechtlich nur in drei Ausnahmefällen erlaubt: Amtshilfe, Katastrophenhilfe und Innerer Notstand. Erstere befugt die Bundeswehr dabei lediglich zu Unterstützungsleistungen abseits jeglicher hoheitlich-polizeilicher Maßnahmen; diese sind ihr nur im Katastrophenfall und im Notstand gestattet: Würde die Pandemie zum schweren Unglücksfall oder zur Katastrophe im Sinne von Artikel 35 Absatz 2 des Grundgesetzes erklärt, könnten die im Kampf gegen sie eingesetzten Soldaten zu Zwangsmaßnahmen gegen Zivilpersonen befugt werden. Im Falle von Amtshilfe muss die antragstellende Behörde grundsätzlich die anfallenden Kosten übernehmen, es sei denn, die hilfeleistende Behörde verzichtet. Einen solchen Verzicht hat die Bundesregierung nun rückwirkend vom 1. März 2020 und fortlaufend bis zum 31. Dezember 2021 beschlossen.[6] Trotz der verfassungsrechtlichen Einschränkungen gehörten Inlandseinsätze schon vor der Pandemie zum Alltag der Bundeswehr. Sogar die Zusammenarbeit der Streitkräfte mit der Polizei ist dabei keine Seltenheit, wie aus regelmäßigen Bundestagsanfragen durch Abgeordnete der Linksfraktion hervorgeht.[7]


"Ein Mittel hybrider Kriegsführung"

Den Coronaeinsatz nutzt die Bundeswehr zugleich, um ihr Netzwerk der "Zivil-Militärischen Zusammenarbeit" im Inland weiter auszubauen. So gibt das Kommando Territoriale Aufgaben an, es halte "stetig engen Kontakt" zu zivilen Stellen wie zum Beispiel dem Gesundheitsministerium oder dem Robert-Koch-Institut; bei beiden hat der Sanitätsdienst der Bundeswehr ein sogenanntes Verbindungselement fest installiert.[8] Spezialisten aus allen gesellschaftlichen Bereichen hätten sich im Zuge der Corona-Krise "eng abgestimmt", resümierte kürzlich der Inspekteur des Bundeswehr-Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner. Das Covid-19-Virus habe die Gesellschaft "stark beeinflusst"; aus den "Nebenwirkungen" der Pandemie könne schnell eine politische Krise entstehen. Dabei müsse "der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Innerer wie Äußerer Sicherheit ... zukünftig deutlich stärker beachtet werden", erklärte Baumgärtner weiter; die Grenze zwischen ziviler und militärischer Bedrohungslage "verschwimme" bei "kritischen Gesundheitslagen" wie der Coronakrise. Dies sei nicht zuletzt deshalb der Fall, weil "die Hemmung einer Gesellschaft durch das Ausbringen von gesundheitsschädlichen Stoffen ... ein mögliches Mittel hybrider Kriegsführung zur Schwächung des Gegners in Szenarien der Zukunft sein" könne.[9]


"Vulnerabler Punkt" im Konflikt mit Russland

Baumgärtner konkretisiert seine Überlegungen mit Blick darauf, dass Deutschland im Konflikt der NATO-Staaten mit Russland die strategische Rolle einer "Drehscheibe für Truppen" zukomme.[10] Nun sei "die Nachführung von Personal und Material ... ein besonders vulnerabler Punkt für das Gelingen von militärischen Aktionen": "Die Minderung der Einsatzbereitschaft durch Fremdeinwirkung in Deutschland kann daher als wahrscheinlich angenommen werden", schlussfolgert Baumgärtner. In einem solchen Fall sei das "Vertrauen der Bevölkerung in die Politik" die Basis für eine "handlungsfähige, wehrhafte und damit resiliente Gesellschaft". Für einen "gesamtgesellschaftlichen" zivil-militärischen Umgang mit solch einer "Fremdeinwirkung", erklärt der Inspekteur des Sanitätsdienstes, könnten "die Erfahrungen aus der SARS-CoV-2 Lage eine Blaupause sein".[11]

 

[1] Corona-Pandemie, Verzicht auf amtshilfsbedingte Auslagen. Pressemiteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 27.01.2021.

[2] Ministerin besucht Basis der Bundeswehr-Hilfeleistung. bundeswehr.de 25.01.2021.

[3] Wie funktioniert Amtshilfe? Der Weg hinter den Kulissen. bundeswehr.de 08.04.2020.

[4] Ministerin besucht Basis der Bundeswehr-Hilfeleistung. bundeswehr.de 25.01.2021.

[5] Bundeswehr im Kampf gegen das Coronavirus. bundeswehr.de 05.02.2021.

[6] Corona-Pandemie, Verzicht auf amtshilfsbedingte Auslagen. Pressemiteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 27.01.2021.

[7] Kleine Anfragen von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE im Bundestag: "Stattgefundene und geplante Amtshilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Inland".

[8] Wie funktioniert Amtshilfe? Der Weg hinter den Kulissen. bundeswehr.de 05.02.2021.

[9] Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner: Handeln in der Pandemie - Blaupause für hybride Kriegführung. behoerden-spiegel.de 08.01.2021.

[10] S. dazu Testmobilmachung gen Osten (II).

[11] Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner: Handeln in der Pandemie - Blaupause für hybride Kriegführung. behoerden-spiegel.de 08.01.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8518 

08.02.2021

*Geheimer Streit über geheime Streitereien

heise.de, 08. Februar 2021, *von Markus Kompa

Historikerkommission des Bundesnachrichtendienstes fällt auseinander


Zitat:  Als man in der Nachkriegszeit die westdeutsche Geheimdienstlandschaft aufbaute, wurde hinter den Kulissen um die Chefsessel eifrig gestritten und intrigiert. General Reinhard Gehlen, der für die USA zur Bespitzelung der Sowjets und der politischen Landschaft im Inland einen

informellen Geheimdienst mit deutschem Personal leitete, rivalisierte erst mit Otto John um die Leitung des deutschen Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz (Gründung: 1950) und dann mit Friedrich Wilhelm Heinz, der für Adenauer bereits einen kleinen, aber effizienten "Bundesnachrichtendienst" aufgebaut hatte, um die Führung des Auslandsgeheimdienstes.


Die Methoden, mit denen die Schlapphüte ihre internen Machkämpfe ausfochten, waren unfein. Gehlen, der die Kunst der Intrige wohl am besten beherrschte, unterlag zwar John, bekam jedoch den Zuschlag, um 1956 seine obskure Organisation zum bundesdeutschen Auslandsgeheimdienst BND umzufirmieren. Gehlen gilt als Hochstapler, der den USA und der Bundesregierung wohlfeile Verschwörungstheorien über Kommunisten im In- und Ausland lieferte.


Von den damaligen Grabenkämpfen in der im Aufbau befindlichen Geheimdienstlandschaft bekam die Öffentlichkeit naturgemäß nur wenig mit. Wie vor ihm etliche Bundesbehörden öffnete auch der Bundesnachrichtendienst 2011 seine Archive ausgesuchten Historikern, die Akten von 1945 bis 1968 auswerten durften.


In die Unabhängige Historikerkommission berief man Prof. Dr. Jost Dülffer (Universität zu Köln), Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke (Technische Universität Dresden), Prof. Dr. Wolfgang Krieger (Universität Marburg) und Prof. Dr. Rolf-Dieter Müller (Militärgeschichtliches Forschungsamt

Potsdam/Humboldt-Universität zu Berlin), die als Herausgeber bislang elf Bände sowie fünf Studien realisierten.


*Geheimdienstnaher Historiker Krieger publiziert nicht

*Während die Professoren Dülffer, Henke und Müller sowie Mitarbeiter eifrig publizierten <" rel="noopener">http://www.uhk-bnd.de/?page_id=340>, fehlte bislang ein Werk aus der Feder von Prof. Krieger <https://www.wolfgangkrieger.com>. Krieger fiel immer mal wieder durch seine Nähe zu den westlichen Geheimdiensten auf, denen er eifrig das konservative Wort redet. Kritik an BND und seinen Schriften tut Krieger gerne mal als ideologisch ab. Doch wenn nunmehr Kriegers Buch über Partnerdienste des BND erscheint, dann nur mit einer einleitenden Fußnote, dass sich seine Herausgeberkollegen "mit diesem Band nicht voll identifizieren" könnten.


Bereits 2017 hatten die drei Professoren intern die ersten Kapitel erheblich kritisiert. Als Krieger im Februar 2020 dann das fertige Manuskript vorlegte, soll der Historiker die Kritik kaum beherzigt haben. Die Professoren werfen Krieger grobe Fehlgewichtungen vor, er liefere viel Altbekanntes und - was sie offenbar besonders fuchst - ignoriere durchweg den durch die Historikerkommission geschaffenen neuen Forschungsstand.


Diese Nachlässigkeiten manifestierten sich nicht nur in lückenhaften Literaturverweisen und subjektiven Bewertungen, sondern auch in einem Bericht über ein angebliches Treffen Gehlens mit Adenauer, das es offenbar nie gegeben hat. Da Krieger die detailliert aufgeführten Mängel

offenbar auch ein Jahr später nicht beseitigt hatte, erklärten die Herausgeber Dülffer, Henke und Müller, dass sie sich mit diesem Band nicht voll identifizieren könnten.


*Streit droht Abschlusskonferenz der Historikergruppe zu überschatten

*Krieger eiferte offenbar General Gehlen nach, der gerne an den SPIEGEL kolportierte (Im SPIEGEL des BND<)" rel="noopener">https://www.heise.de/tp/features/Im-SPIEGEL-des-BND-3389510.html?seite=all>). So sprach Krieger von "ideologischen Differenzen" und warf den anderen Professoren vor, sie deuteten die Geschichte des BND zu einseitig negativ und zu wenig im internationalen Kontext. Das wiederum empfanden die Kollegen als ehrenrührig und veröffentlichten daraufhin ihr vernichtendes Memorandum <http://www.uhk-bnd.de/wp-content/uploads/2021/01/KRIEGER-CIA-Kritik.pdf>  vom 28.02.2020 auf ihrer Homepage. Darin bezeichnen sie Kriegers Werk als "peinlich", "dilettantisch" und "schlichtweg skandalös". Durch diesen Schritt wollten sie deutlich machen, dass es in dem Disput keineswegs um "ideologische Differenzen" oder unterschiedliche wissenschaftliche Einschätzungen, sondern um die Beachtung wissenschaftlicher Standards gehe, also um eine gründliche Auswertung der hier erstmal zugänglichen Quellen, die Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur sowie die Abdeckung des behaupteten Rahmens in inhaltlicher wie zeitlicher Dimension.


In der vergangenen Woche nun kündigte das Bundeskanzleramt einen Vermittlungsversuch an

<" rel="noopener">https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/nachrichten/kanzleramt-will-streit-in-bnd-historikerkommission-schlichten-58694.html>, dem Experten allerdings keine Chan. ce einräumen. Die für Juni vorgesehene Abschlusskonferenz der Historikerkommission wird daher vermutlich ähnlich unharmonisch verlaufen, wie die Kleinkriege zwischen den Geheimdienstrivalen in den 1950er Jahren.

Info: https://www.heise.de/tp/features/Geheimer-Streit-ueber-geheime-Streitereien-5048172.html 

07.02.2021

Covid-19 vaccines: ethical, legal and practical considerations  Resolution 2361 (2021)

Zitat: Assembly debate on 27 January 2021 (5th Sitting) (see Doc. 15212, report of the Committee on Social Affairs, Health and Sustainable Development, rapporteur: Ms Jennifer De Temmerman ). Text adopted by the Assembly on 27 January 2021 (5th Sitting)  Home Related documents


1 The pandemic of Covid-19, an infectious disease caused by the novel coronavirus SARS-CoV-2, has caused much suffering in 2020. By December, more than 65 million cases had been recorded worldwide and more than 1.5 million lives had been lost. The disease burden of the pandemic itself, as well as the public health measures required to combat it, have devastated the global economy, laying bare pre-existing fault-lines and inequalities (including in access to health care), and causing unemployment, economic decline and poverty.


2 Rapid deployment worldwide of safe and efficient vaccines against Covid-19 will be essential in order to contain the pandemic, protect health-care systems, save lives and help restore global economies. Although non-pharmaceutical interventions such as physical distancing, the use of facemasks, frequent hand washing, as well as shutdowns and lockdowns, have helped slow down the spread of the virus, infection rates are now rising again across most of the globe. Many Council of Europe member States are experiencing a second wave which is worse than the first, while their populations are increasingly experiencing “pandemic fatigue” and are feeling demotivated about following recommended behaviours to protect themselves and others from the virus.


3 Even rapidly deployed, safe and effective vaccines, however, are not an immediate panacea. Following the festive season at the end of the year 2020 and the beginning of 2021, with its traditional indoor gatherings, infection rates will likely be very high in most member States. In addition, a correlation has just been scientifically established by French doctors between outdoor temperatures and the disease incidence rate on hospitalisations and deaths. The vaccines will no doubt not be sufficient to bring down infection rates significantly this winter – in particular when taking into account that demand far outstrips supply at this point. A semblance of “normal life” will thus not be able to resume even in the best of circumstances until mid to late 2021 at the earliest.


4 For the vaccines to be effective, their successful deployment and sufficient uptake will be crucial. However, the speed at which the vaccines are being developed may pose a difficult to combat challenge to building up trust in them. An equitable deployment of Covid-19 vaccines is also needed to ensure the efficacy of the vaccine. If not widely enough distributed in a severely hit area of a country, vaccines become ineffective at stemming the tide of the pandemic. Furthermore, the virus knows no borders and it is therefore in every country’s interest to co-operate on ensuring global equity in access to Covid-19 vaccines. Vaccine hesitancy and vaccine nationalism have the capacity to derail the so-far surprisingly fast and successful Covid-19 vaccine effort, by allowing the SARS-CoV-2 virus to mutate and thus blunt the world’s most effective instrument against the pandemic so far.


5 International co-operation is thus needed now more than ever in order to speed up the development, manufacturing and fair and equitable distribution of Covid-19 vaccines. The Covid-19 Vaccine Allocation Plan, also known as COVAX, is the leading initiative for global vaccine allocation. Co-led by the World Health Organization (WHO), the Vaccine Alliance (Gavi) and the Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), the initiative pulls funding from subscribing countries to support the research, development and manufacturing of a wide range of Covid-19 vaccines and negotiate their pricing. Adequate vaccine management and supply chain logistics, which require international co-operation and preparations by member States, will also be needed in order to deliver the vaccines against the virus in a safe and equitable way. In this regard, the Parliamentary Assembly draws attention to guidance for countries on programme preparedness, implementation and country-level decision-making developed by WHO.


6 Member States must already now prepare their immunisation strategies to allocate doses in an ethical and equitable way, including deciding on which population groups to prioritise in the initial stages when supply is short, and how to expand vaccination as availability of one or more Covid-19 vaccines improves. Bioethicists and economists largely agree that persons over 65 years old and persons under 65 with underlying health conditions putting them at a higher risk of severe illness and death, health-care workers (especially those who work closely with persons who are in high-risk groups), and people who work in essential critical infrastructure should be given priority vaccination access. Children, pregnant women and nursing mothers, for whom no vaccine has so far been authorised, should not be forgotten.


7 Scientists have done a remarkable job in record time. It is now for governments to act. The Assembly supports the vision of the Secretary General of the United Nations that a Covid-19 vaccine must be a global public good. Immunisation must be available to everyone, everywhere. The Assembly thus urges member States and the European Union to: 7.1 with respect to the development of Covid-19 vaccines: 7.1.1 ensure high quality trials that are sound and conducted in an ethical manner in accordance with the relevant provisions of the Convention on human rights and biomedicine (ETS No. 164, Oviedo Convention) and its Additional Protocol concerning Biomedical Research (CETS No. 195), and which progressively include children, pregnant women and nursing mothers;

7.1.2 ensure that regulatory bodies in charge of assessing and authorising vaccines against Covid-19 are independent and protected from political pressure;

7.1.3 ensure that relevant minimum standards of safety, efficacy and quality of vaccines are upheld;

7.1.4 implement effective systems for monitoring the vaccines and their safety following their roll-out to the general population, also with a view to monitoring their long-term effects;

7.1.5 put in place independent vaccine compensation programmes to ensure compensation for undue damage and harm resulting from vaccination;

7.1.6 pay special attention to possible insider trading by pharmaceutical executives, or pharmaceutical companies unduly enriching themselves at public expense, by implementing the recommendations contained in Resolution 2071 (2015) on Public health and the interests of the pharmaceutical industry: how to guarantee the primacy of public health interests?

7.1.7 overcome the barriers and restrictions arising from patents and intellectual property rights, in order to ensure the widespread production and distribution of vaccines in all countries and to all citizens;

7.2 with respect to the allocation of Covid-19 vaccines: 7.2.1 ensure respect for the principle of equitable access to health care as laid down in Article 3 of the Oviedo Convention in national vaccine allocation plans, guaranteeing that Covid-19 vaccines are available to the population regardless of gender, race, religion, legal or socio-economic status, ability to pay, location and other factors that often contribute to inequities within the population;

7.2.2 develop strategies for the equitable distribution of Covid-19 vaccines within member States, taking into account that the supply will initially be low, and prepare for how to expand vaccination programmes when the supply expands; follow the advice of independent national, European and international bioethics committees and institutions, as well as of WHO, in the development of these strategies;

7.2.3 ensure that persons within the same priority groups are treated equally, with special attention to the most vulnerable people such as older persons, those with underlying conditions and health care workers, especially those who work closely with persons who are in high-risk groups, as well as people who work in essential infrastructure and in public services, in particular in social services, public transport, law enforcement, and schools, as well as those who work in retail;

7.2.4 promote equity in access to Covid-19 vaccines between countries by supporting international efforts such as the Access to Covid-19 Tools Accelerator (ACT Accelerator) and its COVAX Facility;

7.2.5 refrain from stockpiling Covid-19 vaccines which undermines the ability of other countries to procure vaccines for their populations, ensure stockpiling does not translate to escalating prices for vaccines from those who stockpile to those who cannot, conduct auditing and due diligence to ensure rapid deployment of vaccines at minimum cost based on need not market power;

7.2.6 ensure that every country is able to vaccinate their health-care workers and vulnerable groups before vaccination is rolled out to non-risk groups, and thus consider donating vaccine doses or accept that priority be given to countries which have not yet been able to do so, bearing in mind that a fair and equitable global allocation of vaccine doses is the most efficient way of beating the pandemic and reducing the associated socio-economic burdens;

7.2.7 ensure that Covid-19 vaccines whose safety and effectiveness has been established are accessible to all who require them in the future, by having recourse, where necessary, to mandatory licences in return for the payment of royalties;

7.3 with respect to ensuring high vaccine uptake: 7.3.1 ensure that citizens are informed that the vaccination is NOT mandatory and that no one is politically, socially, or otherwise pressured to get themselves vaccinated, if they do not wish to do so themselves;

7.3.2 ensure that no one is discriminated against for not having been vaccinated, due to possible health risks or not wanting to be vaccinated;

7.3.3 take early effective measures to counter misinformation, disinformation and hesitancy regarding Covid-19 vaccines;

7.3.4 distribute transparent information on the safety and possible side effects of vaccines, working with and regulating social media platforms to prevent the spread of misinformation;

7.3.5 communicate transparently the contents of contracts with vaccine producers and make them publicly available for parliamentary and public scrutiny;

7.3.6 collaborate with non-governmental organisations and/or other local efforts to reach out to marginalised groups;

7.3.7 engage with local communities in developing and implementing tailored strategies to support vaccine uptake;

7.4 with respect to Covid-19 vaccination for children: 7.4.1 ensure balance between the rapid development of vaccination for children and duly addressing safety and efficacy concerns and ensuring complete safety and efficacy of all vaccines made available to children, with a focus on the best interest of the child, in accordance with the United Nations Convention on the Rights of the Child;

7.4.2 ensure high quality trials, with due care for relevant safeguards, in accordance with international legal standards and guidance, including a fair distribution of the benefits and risks in the children who are studied;

7.4.3 ensure that the wishes of children are duly taken into account, in accordance with their age and maturity; where a child’s consent cannot be given, ensure that agreement is provided in other forms and that it is based on reliable and age appropriate information;

7.4.4 support UNICEF in its efforts to deliver vaccines from manufacturers that have agreements with the COVAX Facility to those who need them most;

7.5 with respect to ensuring the monitoring of the long-term effects of the COVID-19 vaccines and their safety: 7.5.1 ensure international co-operation for timely detection and elucidation of any safety signals by means of real-time global data exchange on adverse events following immunisation (AEFIs);

7.5.2 use vaccination certificates only for their designated purpose of monitoring vaccine efficacy, potential side-effects and adverse events;

7.5.3 eliminate any gaps in communication between local, regional and international public health authorities handling AEFI data and overcome weaknesses in existing health data networks;

7.5.4 bring pharmacovigilance closer to health-care systems;

7.5.5 support the emerging field of adversomics research which studies inter-individual variations in vaccine responses based on differences in innate immunity, microbiomes and immunogenetics.

8 With reference to Resolution 2337 (2020) on Democracies facing the Covid-19 pandemic, the Assembly reaffirms that, as cornerstone institutions of democracy, parliaments must continue to play their triple role of representation, legislation and oversight in pandemic circumstances. The Assembly thus calls on parliaments to exercise these powers, as appropriate, also in respect of the development, allocation and distribution of Covid-19 vaccines.


Info: https://pace.coe.int/en/files/29004/html  / Resolution https://pace.coe.int/pdf/2e0ee40b5d6c4e2e5df5467478961f7561e651733326667a8259ffe25682ae848428feba12/resolution%202361.pdf


Kommentar: Die Resolutionen der parlamentarischen Versammlung des europäischen Rates  hat als lediglich beratendes Organ nicht gesetzgebende verbindliche, sondern nur beratende Funktion.

  • Unter Punkt 7.3.1 steht es ist sicher zu stellen, dass die Impfung nicht verpflichtend zu sein hat, und dass daraus niemand benachteiligt und diskriminiert werden darf, der sich nicht impfen lässt.
  • Unter Punkt 7.3.2 steht dass Programme zu Entschädigung bei Impschäden aufgelegt werden müssen.

Diese Informationen zu verbreiten wäre die Aufgabe von sog. "AUFKLÄRUNGSMERKBLÄTTERN" zur Impfung gegen COVID-19!           Thomas Bauer



Weiteres:   



Die „dritte Welle“: Virusmutation oder verschwiegenes Impfrisiko?


kenfm.de, vom 6. Februar 2021| Ein Standpunkt von Oliver Märtens (Podcast)

Die COVID-19-Impfung birgt zahlreiche Risiken, zu denen auch das sogenannte „ADE“, die Antikörper-bedingte Verstärkung einer Infektion gehört. Diese und andere Unwägbarkeiten betreffen außer den Hochbetagten und Pflegebedürftigen auch andere Impf-Zielgruppen bis hin zu Kindern. Während die Impfstoff-Studien weiterlaufen, und damit die zu impfenden Personen tatsächlich als Probanden zu betrachten sind, schweigt das Aufklärungsmerkblatt des Robert Koch-Institutes zu zentralen Risiken. ADE könnte sich als eine von der breiten Öffentlichkeit nicht erkennbare Zeitbombe erweisen.


Zitat: Das Narrativ der „dritten Welle“

Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach sprach bereits kurz nach dem Jahreswechsel vom „Herüberschwappen“ der sogenannten britischen SARS-CoV-2-Variante B1.1.7 nach Deutschland: „Dann sind natürlich viel drastischere Maßnahmen notwendig, um das Gleiche zu erreichen. Wir haben alle Angst vor einer dritten Welle.“ Vor wenigen Tagen warnte auch Bundesinnenminister Horst Seehofer: „Man wird auch nach einem Lockdown nicht sofort und vollständig zu normalen Verhältnissen zurückkehren können. Das wird nur stufenweise möglich sein. Andernfalls droht ein Rückfall in die dritte Welle.“ Der Virologe Christian Drosten befürchtet nun ebenfalls eine dritte Welle – mit einer fünf- oder sogar sechsstelligen Zahl täglicher „Neuinfektionen„.

Doch wie verlaufen virale Atemwegsinfektionen tatsächlich?

Der saisonale Verlauf von Atemwegsinfektionen

Die Häufigkeit grippaler Infekte, einschließlich solcher, die durch Coronaviren hervorgerufen werden, folgt einem saisonalen Muster. Für das Aufkommen von Coronaviren auf der Nordhalbkugel wird die Saison typischerweise von Dezember bis April abgegrenzt (siehe Grafik). Genau diese Saisonalität spiegelt sich auch in den Tabellen des Robert Koch-Institutes (RKI) wider, das eine Historie der Testpositivenquoten auf SARS-CoV-2 seit der 10. Kalenderwoche 2020 zum Download bereithält. Diese Tabelle zeigt im Reiter „Testzahlen“ ein erstes saisonales Maximum der Positivenquote für die 14. KW 2020 in Höhe von 9,01 Prozent, ein sommerliches Absinken bis auf ein Minimum von 0,59 Prozent in der 28. KW 2020 und ein erneutes Wiederansteigen bis auf das (vorläufige) Maximum von 15,91 Prozent in der 53. KW 2020.

Ließe sich dieser Virenzyklus nun einfach mit einer Impfung zum Erliegen bringen?

„Ein Schreckgespenst für die Corona-Impfung“

So titelte der Leiter des Wissenschaftsressorts der Frankfurter Allgemeinen im September 2020 und führte unter anderem aus:

„Es geht um die Möglichkeit einer sogenannten Antikörper-abhängigen Verstärkung, abgekürzt: ADE (Antibody Dependant Enhancement) – gewissermaßen der immunologische Erdrutsch. (…) Es handelt sich um eine Reaktion des Immunsystems, die praktisch unvorhersehbar bei einigen Infektionen auftreten kann, aber eben auch durch die stark abgemilderten, künstlichen Entzündungsprozesse, die eine Impfung nun einmal auslöst. (…) Der Grund ist, dass ADE selbst aus der Immunreaktion des Körpers auf den Erreger – oder eben auf den Impfstoff – resultiert. Die von B-Immunzellen gebildeten Antikörper, die normalerweise das Virus attackieren sollen, tun genau das Gegenteil. Sie erleichtern dem Virus den Eintritt in die menschlichen Zellen und beschleunigen damit die Vermehrung des Krankheitserregers. ADE verschlimmert die Krankheit statt sie zu lindern.“

Müsste die Aufklärung der Bevölkerung und insbesondere der zu impfenden Personen demnach nicht auch dieses Risiko umfassen?

Die Resolution 2361 (2021) des Europarates vom 27. Januar

So verlangt es jedenfalls auch der Europarat in einer seiner jüngsten Entschließungen: Neben den Forderungen des Rates, dass COVID-19-Impfungen nicht nur freiwillig sein sollen und nicht Geimpfte nicht diskriminiert werden dürfen (hier, Punkte 7.3.1 und 7.3.2), wird auch verlangt, dass (nicht nur) zu impfende Personen „transparente Informationen über die Sicherheit und mögliche Nebenwirkungen von Impfstoffen“ erhalten (Punkt 7.3.4). Diese Information ist eine der Grundlagen dafür, dass zu impfende Personen (beziehungsweise ihre Erziehungsberechtigten oder Betreuer) hinreichend aufgeklärt sind, bevor sie die Einwilligung zu einer Impfung erklären („informed consent“).

Wie verfährt hier aktuell das RKI?

Aufklärung durch das Robert Koch-Institut

Auf den Internetseiten des RKI ist ein sogenanntes Aufklärungsmerkblatt abrufbar (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages in der Fassung vom 11. Januar 2021), das – neben anderen enthaltenen Unzulänglichkeiten und Fehlinformationendas ADE-Risiko nicht erwähnt, also die Gefahr der Antikörper-abhängigen Verstärkung eines künftigen COVID-19-Verlaufes unterschlägt.

Die Aufklärung über das ADE-Risiko fehlt, obwohl diese impfbedingten Komplikationen aus der Entwicklung früherer Coronavirus-Impfstoffkandidaten bekannt sind und auch für die laufenden Studien zu SARS-CoV-2-Impfstoffen nicht zuverlässig ausgeschlossen werden können, denn, so amerikanische Forscher im Oktober 2020:

„(…) das Fehlen von ADE-Nachweisen in den bisherigen COVID-19-Impfstoffdaten entbindet die Forscher nicht davon, das Risiko einer verstärkten Erkrankung der Teilnehmer an Impfstoffstudien offenzulegen, und es bleibt ein realistisches, nicht theoretisches Risiko für die Probanden.“

In diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass weder die Zulassungsstudien von Biontech/Pfizer noch diejenigen von Moderna abgeschlossen sind. In den Zulassungsunterlagen heißt es wörtlich (PDF, S. 11):

„Dieses Arzneimittel wurde unter ‚besonderen Bedingungen‘ zugelassen. Das bedeutet, dass weitere Nachweise für den Nutzen des Arzneimittels erwartet werden.“

Für den Impfstoff Comirnaty (Biontech/Pfizer) „sollte“ der Zulassungsinhaber den endgültigen klinischen Studienbericht spätestens im „Dezember 2023“ (!) vorlegen (PDF, S. 20). Beim Moderna-Impfstoff „muss“ dies bis spätestens Dezember 2022 (!) erfolgen (PDF, S. 17). Zu impfende Personen müssen sich daher noch für längere Zeit als Probanden verstehen, wobei der durch umfassende und objektive Informationen anzustrebende „informed consent“ (zu deutsch: „Einwilligung nach Aufklärung“) sowohl für Studienteilnehmer als auch für reguläre Zielgruppen eine unumstößliche Forderung darstellen muss.

Und wie ließe sich nun im Falle eines Falles ADE erkennen?

Unterscheidbarkeit zwischen den Folgen einer Virusmutation und ADE

Ob eine beliebige vorherige COVID-19-Infektion, eine Virusmutation (z. B. B1.1.7), ein weiteres „neuartiges“ Coronavirus („SARS-CoV-3“) oder eine impfbedingte Infektionsverstärkung künftige Patienten hervorbringt, ist für medizinische Laien und damit für die Öffentlichkeit nicht unterscheidbar. Immerhin gibt es für bisherige COVID-19-Fälle bereits ein breites Spektrum von Infektionsverläufen, das sich von „Virus-Kontaminationen“ und „kurzzeitigen Besiedlungen“ über Infektionen ohne Krankheitswert bis hin zu leichten, schweren und tödlichen Krankheitsverläufen erstrecken kann. Dazu kommt, dass inzwischen beim Umgang offizieller Stellen mit Todesfällen im Nachgang zu Impfungen festzustellen ist, dass vermeintlich zuvor erfolgte COVID-19-Infektionen als amtliche Todesursachen dokumentiert werden, anstatt aufgrund der konkreten Umstände – in einem Pflegeheim im Landkreis Miesbach beispielsweise 7 Tote unter 34 Geimpften (also etwa jede fünfte Personen), der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und Tod, keine Erwähnung von Autopsien zur Ermittlung einer genauen und objektiven Todesursache – den Zusammenhängen wirklich auf den Grund zu gehen.

Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass – analog zur „Autopsieabstinenz“ seinerzeit bei Beginn der PCR-Testungen und aktuell im direkten Nachgang zu Impfungen – auch bei künftigen Todesfällen, die nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung stehen, eine belastbare Todesursachenermittlung unterbleibt und damit eine etwaige ADE-Manifestation unerkannt bliebe.

Aber welche Tragweite hätte ein ADE-Effekt bei COVID-19-Impfungen?

ADE ist ein Thema nicht nur für die aktuell Geimpften

Sollte ADE oder irgendeine andere impfbedingte Infektionsverstärkung oder -begünstigung auftreten, wären die Konsequenzen nicht nur auf die bisherigen Risikogruppen begrenzt: Schwerere Krankheitsverläufe – und damit auch ein höheres Sterblichkeitsrisiko – würden in diesem Fall mit der Impfung auch bei bisher kaum von COVID-19 betroffenen Personengruppen relevant werden, wie beispielsweise bei Kindern. Dass aktuell auch diese in den Fokus der Impfdiskussion geraten sind, muss angesichts mangelnder Impfaufklärung und fehlender Evidenz, um ADE zuverlässig ausschließen zu können, sehr beunruhigen.

Auch die Priorisierung der Personengruppen laut der Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums lässt aufmerksame Leser skeptisch werden. Ein verstärkter Infektionsverlauf nach Impfung, oder auch nur die teils häufigen und schweren sogenannten Impf“reaktionen“ wie Fieber, Schüttelfrost und Übelkeit lassen gravierende Konsequenzen für weitere Zielgruppen gemäß der Verordnung befürchten: Personen mit Trisomie 21, Personen mit einer Demenz oder mit einer geistigen Behinderung, Personen nach Organtransplantation, Personen mit einer Herzinsuffizienz, Arrhythmie, einem Vorhofflimmern, einer koronaren Herzkrankheit oder arterieller Hypertension, Personen mit COPD oder Asthma bronchiale und, geradezu zynisch vor dem Hintergrund des hier Besprochenen: Personen, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht.

ADE stellt demzufolge ein nicht ausgeschlossenes Risiko für alle Geimpften dar, egal ob es sich wie derzeit zum Beispiel um Bewohner von Pflegeeinrichtungen handelt, um weitere mit Priorität versehene zu impfende Zielgruppen oder später die verbleibende Breite der Bevölkerung.

Fazit

Die nicht abgeschlossenen, aber bisher „im Schweinsgalopp“ (in teleskopierter Form) absolvierten Zulassungsstudien von Biontech/Pfizer und Moderna lassen mehr Fragen offen als sie beantworten:

  • Für die Annahme, dass die Impfung bei Menschen ab 75 Jahren eine COVID-19-Erkrankung verhindert, ist die Evidenzqualität laut RKI „gering“. (Das sogenannte 95%-Konfidenzintervall ist sehr breit und reicht über eine Impfeffektivität von 0% sogar bis in den negativen Bereich hinein – es ist also statistisch nicht auszuschließen, dass durch die Impfung die Wahrscheinlichkeit einer COVID-19-Erkrankung sogar steigen könnte.) (RKI, Epidemiologisches Bulletin 2/2021, S. 27)
  • Ebensowenig geklärt ist die Frage der Unterbindung von Kontagiosität, also des Risikos, eine Infektion an andere Personen weiterzugeben (laut RKI: „Es ist allerdings zurzeit noch unsicher, in welchem Maße auch Geimpfte nach Kontakt mit dem Erreger diesen vorübergehend noch in sich tragen und andere Personen anstecken können.“)
  • Es fehlen belastbare Ergebnisse zu mittel- und langfristigen Effekten,
  • außerdem die Effekte auf Schwangere und hochbetagte Personen,
  • daneben die Fähigkeit der Impfstoffe, schwere Krankheitsverläufe zu verhindern,
  • sowie die Wechselwirkungen mit einer breiten Palette etwaiger Vorerkrankungen und Medikationen. (Nur eingeschränkt betrachtet hier, S. 25; diverse Vorerkrankte sollen aber vorrangig geimpft werden!
  • Weitere Unsicherheiten bestehen bezüglich möglicher Unverträglichkeiten von Impfstoffbestandteilen wie PEG – einem Bestandteil des die enthaltene Boten-RNS umgebenden Nanolipides – und einer fehlgeleiteten Immunreaktion gegen das für Schwangerschaften erforderliche körpereigene Protein Syncytin-1 (PDF, S. 5)
  • Hinzu kommt die hier behandelte offene Frage der Antikörper-verstärkten beziehungsweise der impfbedingten Infektionsverstärkung.

Neben diesen ungeklärten Punkten stellen sich drängende Fragen zu den beiden vergleichsweise neuen Technologien, die zugleich mit diesen Impfungen in der Breite eingeführt werden sollen:

  • Das Operieren mit Boten-RNS macht aus der Impfung eine Form der Gentherapie – allerdings betrifft diese „Therapie“ ganz überwiegend gesunde Menschen quer durch das gesamte Spektrum der Bevölkerung. Die Boten-RNS-Technologie hat dafür aber weder den erforderlichen Reifegrad erlangt, noch die hinreichende praktische Erprobung erfahren. Ferner fehlt es an der Notwendigkeit eines solchen Vorgehens, da weder eine Pandemie gemäß einer seriösen Definition vorliegt, noch es an Kreuz-Immunität in der Bevölkerung, an geeigneten Medikamenten (Gegenanzeigen und Dosierungsgrenzen sind selbstverständlich zu beachten) oder an Prophylaxemöglichkeiten mangelt.
  • Auch der Einsatz von Nanopartikeln, hier in der besonderen Form von Nanolipiden, muss als unzureichend erforscht gelten, wobei die bisherigen (öffentlich zugänglichen) Forschungsergebnisse bereits ein komplexes und nicht mehr akzeptables Risikoprofil erkennen lassen (PDF, als Einstieg im Zusammenhang mit Impfungen, inklusive weiterer Quellenangaben, insbesondere S. 9ff).

Bei den weltweiten COVID-19-Impfungen handelt es sich also um ein völlig unnötiges globales genetisches Menschenexperiment mit einem prohibitiv hohen Gefährdungspotenzial. ADE ist dabei nur ein Aspekt, allerdings einer, der eine Analogie zu einer binären Waffe aufweist: Während der ADE-Effekt nicht zum Tragen kommt, solange nach einer Impfung (erste von zwei Komponenten) keine Infektion mit dem Wildvirus erfolgt, und während eine natürliche Virusinfektion (zweite Komponente) ohne vorausgegangene Impfung keine anormalen Verlaufsformen erwarten lässt, führen Impfung und spätere natürliche Infektion im Falle von ADE dazu, dass sich nunmehr die Wirkung, vergleichbar der einer binären biologischen Waffe, entfaltet.

Der unter Umständen große zeitliche Abstand zwischen Impfung und späterer natürlicher Infektion kann dazu beitragen, dass dieser Wirkungszusammenhang von der Bevölkerung und den Betroffenen nicht erkannt wird – und von den dafür Verantwortlichen nicht offengelegt werden muss.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 03. Februar 2021 auf dem Medienportal Multipolar

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Bildquelle:  PhotobyTawat /shutterstock

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KenFM bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Meinungsartikel und Gastbeiträge müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Info: https://kenfm.de/die-dritte-welle-virusmutation-oder-verschwiegenes-impfrisiko-von-oliver-maertens-podcast Podcast: Download

06.02.2021

WEF empfiehlt: Mit Angst und Schuld die Impfbereitschaft steigern

kaisertv.de, vom 3. Februar 2021

In diesem Video habe ich über die einzelnen Schritte der Impfkampagne gesprochen, die wir gerade am Werk sehen.

Es ging dabei auch um die Strategie, Prominente und “Menschen von der Straße” als Gesichter der Kampagne zu gewinnen.

Diese Strategie wird ausdrücklich empfohlen in einem am 29. Januar 2021 erschienenen Artikel der Harvard Business School Working Knowledge, den das Weltwirtschaftsforum empfehlend verlinkt. Es trägt den Titel:

How Influencers, Celebrities, and FOMO Can Win Over Vaccine Skeptics

In diesem Meinungsartikel von Rohit Deshpandé u. a. geht es um die Frage, wie Influencer und Promis Impfskeptiker umstimmen können und wie man die Angst der Menschen, etwas zu verpassen (FOMO = fear of missing out), geschickt für seine Zwecke ausnutzt.

Die Autoren, ihres Zeichens Professoren und Dozenten für Marketing, bieten drei Empfehlungen, um die Einführung von COVID-19-Impfstoffen zu beschleunigen. Sie empfehlen unter anderem, bei den Menschen bewusst die Angst, etwas zu verpassen, auszulösen. Dieses Verpassen kann sich sowohl auf die soziale als auch auf die wirtschaftliche Ebene beziehen. Es geht also darum, die Menschen zu einem erwünschten Verhalten zu bringen, indem man ihnen Angst vor sozialer Ausgrenzung oder negativen wirtschaftlichen Folgen macht.

Zum Beispiel sagten kürzlich 82 Prozent der Erwachsenen, dass sie sich nicht wohl dabei fühlen, während der COVID-19-Pandemie ihre Familie oder enge Freunde in ihrem Haus zu besuchen. Diese Unfähigkeit, soziale Kontakte zu knüpfen, wird wahrscheinlich eher die Gruppen der Mehrheit derer, die den Impfstoff erst spät nehmen wollen, [late majority] und der Nachzügler beeinflussen, den Impfstoff zu nehmen, als gesundheitsbezogene Botschaften.

In ähnlicher Weise haben frühere Forschungen zur Verhinderung des Zigarettenrauchens bei Teenagern ergeben, dass das Hervorheben der negativen sozialen Auswirkungen der Gewohnheit, wie z. B. das Ausgeschlossen-Sein aus dem sozialen Umfeld, der beste Weg war, um Teenager zu beeinflussen.

Rohit Deshpandé et al.: How Influencers, Celebrities, and FOMO Can Win Over Vaccine Skeptics.

Zu den empfohlenen Methoden gehören neben der Gestaltung der Preise das Hervorrufen von Schuld- und Reuegefühlen.

Zu erklären, dass der Impfstoff nur im ersten Jahr kostenlos verfügbar sein wird, kann einen Zwang zum Handeln erzeugen, weil die Menschen Angst bekommen, das kostenlose Angebot zu verpassen, wenn sie sich nicht schnell genug impfen lassen.

Die Autoren schreiben:

Jegliche Skepsis bezüglich der Preisgestaltung muss die Nachteile einer Nichtimpfung stark betonen, wie z.B. die finanziellen Kosten einer COVID-19-Infektion und Behandlung, einschließlich Arbeitsausfall, Krankenhausaufenthalt oder viele der viel schwerwiegenderen Folgen.

Auch das Induzieren von Schuld- und Reuegefühlen kann helfen, Impfskeptiker umzustimmen:

Diese Methode wurde in Kanada in den 1930er und 1940er Jahren erfolgreich zur Bekämpfung der Diphtherie eingesetzt, an der bis zu jedes siebte kanadische Kind erkrankt war. Einfache Schuldbotschaften mit Aussagen wie „Wenn Ihre Kinder an Diphtherie sterben, ist es Ihre Schuld, weil Sie sich lieber nicht die Mühe machen, sich dagegen zu schützen“ erwiesen sich als wirksam und brachten die späte Mehrheit dazu, ihre Kinder impfen zu lassen.

Weitere Strategien bestehen darin, Ungewissheit gegenüber dem Impfstoff durch öffentlichkeitswirksame Äußerungen zu zerstreuen.

Das bedeutet, dass wir Mega-Influencer – Prominente, prominente Geistliche und gesellschaftliche Führer – und alltägliche Menschen, die als Mikro-Influencer fungieren, gewinnen müssen, um den Impfstoff zu unterstützen und die Menschen zu ermutigen, ihn anzuwenden.

Auch Ärzte, Krankenschwestern und medizinisches Fachpersonal sollen als vertrauenswürdige Meinungsführer die Mehrheit vom Nutzen des Impfstoffs überzeugen. Als Beispiel dafür, wie wichtige Führungspersönlichkeiten „die späte Mehrheit“ und die Gruppe der Nachzügler überzeugen können, werden ein israelisch-arabischer Bürgermeister genannt, der die Impfung als „heilig für alle“ bezeichnete, sowie ein führender orthodoxer jüdischer Rabbiner, der die Nebenwirkungen des Impfstoffs als vernachlässigbar im Vergleich zu den potenziellen Schäden des eigentlichen Virus beschrieb.

Diese Strategien sehen wir bereits seit geraumer Zeit am Werk. Es ist zu erwarten, dass uns in naher Zukunft vermehrt Prominente, Influencer und Meinungsführer die Impfung noch stärker anpreisen und verkaufen werden sowie dass unsere Angst, etwas zu verpassen, sozial oder wirtschaftlich zu leiden, und unsere Schuld- und Reuegefühle von den Politikern und Medien verstärkt angesprochen werden.

Bereits in den letzten Wochen gab es im deutschen Sprachraum dahingehende Äußerungen. Die Theologin Elisabeth Gräb-Schmidt sagte: “Es gibt eine moralische Pflicht, sich impfen zu lassen.” CSU-Generalsekretär Blume findet, Impfen sollte zur „patriotischen Selbstverständlichkeit“ werden. Wolfram Henn, Mitglied im Deutschen Ethikrat, sagt, wer partout das Impfen verweigern will, der sollte sein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Peter Tauber bezeichnete es als „menschenfeindlich“, wenn man sich nicht impfen lässt. Impfgegner nannte er „dunkle Gestalten“.

Quelle: Rohit Deshpandé, Ofer Mintz, and Imran S. Currim: How Influencers, Celebrities, and FOMO Can Win Over Vaccine Skeptics.

Info:  https://kaisertv.de/2021/02/03/das-wef-empfiehlt-mit-angst-und-schuld-die-impfbereitschaft-steigern

06.02.2021

Sahra Wagenknecht: 10 Jahre Finanzkrise - auch heute noch eine zentrale politische Herausforderung

Fachgespräch der Fraktion DIE LINKE, im Bundestag am 13. September 2018
Zitat: 2008 brach die Investment-Bank Lehman-Brothers zusammen und löste damit eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise aus. 10 Jahre später ist das Finanzsystem weder stabiler noch demokratischer. Die Finanzmärkte blähen sich weiter auf, nicht zuletzt durch die starke und immer noch weiter wachsende Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen und Privatisierungen der Alterssicherung. Im Fachgespräch erläutert die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht, warum die Finanzkrise auch heute noch eine zentrale politische Herausforderung darstellt.

Info:  https://www.youtube.com/watch?v=Dfn6u7tw_O8  Video-Dauer 25:01 Min.

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