Der Widerstand wächst
ruedigerraulsblog, vom 01/08/2022
Der Widerstand gegen die Politik der Bundesregierung in Bezug auf die Preissteigerungen für Lebensmittel und Energie nimmt zu. Bürgermeister der Insel Rügen haben bereits von Wirtschaftsminister Habeck die Inbetriebnahme von Nordstream 2 gefordert. Die Handwerkersvertreter von Leipzig, Dessau und dem Bodekreis fordern die Rücknahme der Sanktionen. Im folgenden der Brief der Initiative „Nicht weiter so!“, die sich für die Organisierung des Protests einsetzt.
Brief der Initiative „Nicht weiter so!“ ( https://wordpress.com/home/vorortbasisgruppendernachdenkseiten.wordpress.com) an die Bundesregierung
Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung,
im Mai 2022 haben wir die Initiative „nicht weiter so“ gegründet und mehrere Treffen
veranstaltet. Die Teilnehmer waren sich einig: es muss etwas geschehen. Täglich überkommt
einen die Sorge, die Politiker der Regierungsparteien nehmen ihren Verlust an Vertrauen und
Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr wahr. Von Ihnen erwarten wir doch neue Weichenstellungen, Einsichten in politische Zusammenhänge zu vermitteln, Vorbilder
demokratischen Verhaltens zu sein, bürgerschaftliches Engagement, denn nur dann schafft man
neue Hoffnung. Unentbehrlich vor allem „heute“, wo es darum geht, die Entfremdung zwischen
Bürger und Politik zu minimieren und Hilfsbereitschaft, Toleranz und Fairness zu maximieren.
Die Bindungslosigkeit zu den Menschen, selbst den eigenen Mitgliedern in den Parteien, wirkt
überheblich und abgehoben. Sie treiben sehr viele Menschen mit ihrer Fehlentscheidung der „Agenda 2010“ in die Versklavung von Leiharbeit, 1 Euro-Jobs, 450 Euro-Jobs, betreiben die Zerstörung der gesetzlichen Rente, die Aushöhlung der Vollzeitarbeitsplätze in Teilzeitjobs.
Über Nacht wurden Bürgerinnen und Bürger mit einer neuen Situation konfrontiert und
überfordert.
Dann wurde die Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen.
Dann Lockdown an Lockdown, Isolierung, Ausgangssperre, Abriegelung, Vereinsamung.
Übrigens sind dies Maßnahmen totalitärer Staaten. Die Folgen der Maßnahmen im
Gesundheitswesen durch die Politik waren unübersehbar. Wir erlebten, daß es z.B. an
bestimmten Arzneimitteln fehlte, die zu einem großen Teil in China und Indien für den
Weltmarkt produziert werden. Engpässe in Arztpraxen, Mangel an Pflegepersonal und die
Schließung von Krankenhäusern wurden unserer Gesellschaft zum Verhängnis.
Es fehlte in Deutschland massiv an Schutzkleidung und Masken. Das war vor allem zu Beginn der
Ansteckungswelle ein riesengroßes Problem. Kaum vernehmbar sind Überlegungen, wie mit langfristigen Folgen umgegangen wird, zum Schutz des Lebens der Bürgerinnen und Bürger.
Frage nach der Problemlösungskompetenz von liberalen Demokratien, den
Handlungsmöglichkeiten der EU und der Gestaltung von Globalisierungsprozessen, fehl am
Platz. Zweieinhalb Jahre plagte uns die Pandemie. Die Maßnahmen der Regierung schränkte
unser Leben massiv ein. Das Leben kam zum Erliegen.
Langsam erholen wir uns wieder und wissen noch nicht welche Langzeitschäden diese Pandemie uns hinterlässt. Wir hoffen, dass unsere Politikerinnen und Politiker diesmal besser vorbereitet sind und sich nicht wieder Lockdown an Lockdown reiht. Diese, so stille Zeit hat das geschaffen, was wir jetzt erleben. Eine wehrhafte Demokratie findet nicht statt. Kaum haben wir uns erholt, finden wir uns in einem Krieg wieder.
Wie leichtfertig Sie die Langzeitherausforderung Klimawandel beiseiteschieben, ist unerträglich
und hat mit dem Krieg nichts zu tun. Ebenso unerträglich ist das Verhalten unserer Regierung
und des Parlaments, was die Kriegshysterie angeht. Hier stellt sich uns die Frage: „Sind die
Interessen der Politiker auch die Interessen des Volkes?“
Wir, die Initiative „nicht weiter so“, sind weder Corona-Versteher noch Putin- Versteher. Nach
unserem Sprachverständnis ist ein Versteher jemand der sich bemüht, etwas zu begreifen.
Warum Er oder Sie so gehandelt hat wie Er oder Sie gehandelt hat, das ist etwas anderes als
billigen oder rechtfertigen. Wie wollen sich Regierung und Parlament rechtfertigen für die
überhöhten Lebensmittelpreise, Benzin-Preise, oder Gas-Preise? Das alles hat doch mit dem
Ukraine-Krieg nichts, aber auch gar nichts zu tun. Sehr wohl aber mit einer verfehlten Politik und
das seit Jahren.
Sie beschließen eine Sanktion nach der anderen. Sie fragen nicht nach den Opfern, nach den
Leidtragenden unserer verarmten Gesellschaft. Sie stellen sich nicht die Frage: „Wem haben wir
die unblutige Wiedervereinigung zu verdanken?“ Etwa den USA, den Franzosen, den
Engländern? Die waren doch alle dagegen.
Wir stellen uns die Frage: „Warum sind unsere Befreier noch immer in Deutschland. Russland
hat seine Truppen nach der Vereinigung abgezogen!“ Kein anderes Land hat so viele
Raketenabschussrampen wie Deutschland. Wo bleibt unser Friedensvertrag mit den genannten
Ländern? Haben Sie vergessen, dass in Russland allein im zweiten Weltkrieg 28 Millionen
Menschen durch deutsche Truppen ihr Leben verloren haben?
Bundespräsident Steinmeiers „geschichtsvergessene“ Selbstkritik: „Wir sind gescheitert mit der
Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind
gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden“.
Eine totale Verkehrung der tatsächlichen Entwicklung und der Selbstvergessenheit.
War es nicht Gorbatschow, der 1989 den Vorschlag des „europäischen Hauses“ machte? War es
nicht Jelzin, der in die Nato eintreten wollte? War es nicht Putin, der anbot, die nach dem Ende
der Sowjetunion aufgelöste Sicherheitsordnung des Kalten Krieges durch ein Sicherheitsabkommen für ganz Eurasien zu erneuern? War es nicht Putin mit seinem Vorschlag einer „Sicherheitsarchitektur von Wladiwostok bis Lissabon“, die er an die Nato, den „Westen“ herantrug?
War es nicht Russland, das diese Vorschläge vor der jetzigen Eskalation noch einmal,
zuletzt ultimativ, vortrug? Und sind nicht all diese Bemühungen, die von russischer Seite kamen,
schlicht gekontert worden, durch die Nato-Erweiterungen bis an die Grenzen Russlands?
Die Frage stellt sich uns nicht, wer das Minsker Abkommen beerdigte. Kiew hat dessen
Umsetzung verweigert. Der Westen hat die Ukraine dabei unterstützt, vor allem Deutschland
und Frankreich, die als Mitglieder des Normandie-Formates die Aufgaben hatten, Kiew zur
Umsetzung des Abkommens zu drängen. Stattdessen wurde die Umsetzung ebenfalls
verweigert.
Unsere Frage: „Warum ist die Bundesregierung plötzlich der Meinung, dass ein direkter Dialog
zwischen Kiew und den Donbass-Rebellen nicht mehr nötig sei, obwohl es mit Russland
abgesprochen war? Seit 2014 tobt dort ein Bürgerkrieg.
Was uns stört: Sie haben alle völkerrechtlichen Bedenken fallen gelassen.
Was uns bewegt: die Zerstörung ihrer „Erinnerungsfähigkeit“, ihr „chronischer“
Gedächtnisverlust, vor allem aber die Entsinnlichung der Wirklichkeit.
Sie haben den Irakkrieg vergessen, Iran, Afghanistan, den Kosovo, die Zerlegung Jugoslawiens,
den Libanon, Libyen usw. Überall sahen Sie, die Nato und die USA, nur noch Feinde der
Demokratie.
Sie haben auch übersehen, dass man Demokratie nicht herbeibomben kann. Des Weiteren
haben sie übersehen, wie viel Leid „Sie“ in diese zerbombten Länder getragen haben und wie
viele Opfer dieser Politik im Mittelmeer ertrunken sind.
Wo sahen und sehen Sie die Gefahr aus Russland?
Sie schreiben Geschichte in Ihrem Sinne und erwarten, dass diese Verbrechen aus dem
kollektiven Bewusstsein nicht nur verdrängt, sondern gelöscht werden. Unübersehbar, ihr
Verdrängen der wirtschaftlichen Interessen, ihrer transatlantischen Abhängigkeit, das Nicht-verstehen-wollen, dass Russland nicht schon wieder ein westliches Militärbündnis vor der
Haustür haben will, nach dem Trauma von 28 Millionen toten Russen während des zweiten
Weltkrieges.
Es ist an der Zeit, die etablierte Sicht auf den Krieg in der Ukraine zu hinterfragen.
Glaubt Wirtschaftsminister Habeck mit der Verdrehung von Tatsachen, was die angeblich
reduzierten Gasmengen durch Russland betrifft, wirklich, dass wir geistig umnachtet sind? Seit
Wochen verdreht dieser Minister mit seinen öffentlichen Erklärungen Ursachen und Wirkung. Es
sind seine und Ihre „politischen Vorgaben“, in diesem Fall die kanadischen Verzögerungen bei
den Reparaturen an einem Gasvierdichteraggregat, und die Sanktionen gegen Russland. Also
nicht Putin. So ganz nebenbei, es ist russisches Eigentum. Sollte das andere Aggregat durch ihre
Verzögerung auch noch ausfallen, stürzen Sie die deutsche Wirtschaft in ein Chaos, dass nicht
mehr zu reparieren ist. Die Glas- und Porzellanindustrie würde total ausfallen. Natürlich wäre es
in ihren Augen auch wieder Putin, der das Chaos verursacht hat. Wir stellen uns die Frage, wie
lange wollen Sie ihren bösen Feind Russland noch bestrafen? Bis er den Öl- und Gashahn ganz
zudreht hat?
Wir erwarten, dass sie sich diesen Fragen stellen und uns erklären, wie wir weiterleben sollen,
unter dem Zwang der Spekulanten und Ölkonzernen, die die Preise nach Belieben erhöhen.
Erklären Sie uns nie wieder das es Putin ist, der an der Preisschraube dreht.
Wollen Sie mit ihrer derzeitigen Politik Putin beeindrucken, mit knapper werdenden
Nahrungsmitteln wegen des Krieges? Russland würde liefern, wenn Sie es ließen. Weizen ist
zwar nicht sanktioniert, aber die Reeder sind von Sanktionen bedroht.
Alle wissen, dass Kriege irgendwann beendet sind. Verhandlungen auf Augenhöhe würden den
Krieg noch schneller beenden. Ihre Freunde, in der Ukraine müssten nur Odessa von Minen
räumen, damit die Verknappung und das Treiben der Preise beendet wird.
Wir fordern: hören Sie endlich auf, Sie können niemand erklären, dass „der Russe“ allein Schuld
ist an ihrer Misere, Politik so zu gestalten, wie Sie es zurzeit tun. Diese Preistreiberei ist nicht
dem Krieg geschuldet, sondern ihrer Hörigkeit, warum auch immer, dem transatlantischen
System gegenüber.
Wir fordern Sie auf, den Wahnsinn, 100 Milliarden für ihr Rüstungspaket auszugeben, zu
beenden. Sie haben nicht das Geld dafür. Sollten Sie die Schuldenbremse wieder in Gang setzen,
wie in den letzten sieben Jahren, müssen Sie mit der Gegenwehr unserer Gesellschaft rechnen.
240 ramponierte Brücken, marode Schulen und Kindergärten, Schwimmbäder sind das Ergebnis
ihrer „Schuldenbremsepolitik.“
Wir fordern die Rückkehr zum Grundgesetz und Aufhebung der Pandemieauflagen.
Wir fordern eine friedliche, humane, soziale und ökologische Gesellschaftsordnung.
Wir fordern das Parlament auf, seine Sprache zu ändern. Die „Zeitenwende“ von der Kanzler
Olaf Scholz spricht, wischt mit einem Handstreich überlebenswichtige Anliegen unserer
Gesellschaft, wie Friedensökologie und sozialen Bewegungen insgesamt vom Tisch.
Wenn das die Zeitenwende ihrer Politik ist, die Menschen in Deutschland zu verarmen, wegen
ihrer Kriegstreiberei, dann muss unsere Gesellschaft Gegenkräfte mobilisieren, um das
Gleichgewicht wieder herzustellen. Vielleicht meinen Sie ja die Zeitenwende, in der wir seit den
90ziger Jahren leben.
Aus welcher Schublade Sie den Begriff „Zeitenwende“ auch geholt haben, er dient dem
Missbrauch unserer Sprache. Genau diese Kräfte und Mächte, die uns atemberaubende
Perspektiven und im Überfluss Probleme bereiten, „verraten“ uns „Ihre“ weltanschauliche
Konzeption und drängen uns Illegitim Ihre Willensbildung auf.
Sie beherrschen das öffentliche Leben. Der Einzelne als Einzelner kann weder zu Wort, noch zu
Gehör kommen, geschweige denn zu effektiver Wahrnehmung seiner politischen Rechte als
Bürger im demokratischen Staat.
Wir fordern, geben Sie uns Bürgern unsere Freiheit zurück, damit wir selbst entscheiden
können, was die Wahrheit ist.
Wir wollen unsere Unabhängigkeit, unsere Selbstbestimmung und unsere Entscheidungs- und
Handlungsfreiheit zurück. Wir wollen als Bürger dieses Landes selbst über Wohl und Wehe die
Initiative ergreifen.
Es muss wieder die Aufgabe unserer Gesellschaft sein, vorauszusehen und vorauszubauen, eine
neue Wirtschafts- und Sozialgesinnung vorzutragen und unters Volk zu bringen.
Und wir müssen auch die Mängel unserer demokratischen Verfassung aufzeigen, dass das, was
man hier unter dem Titel Demokratie serviert, vielleicht Demokratie ist, aber mit dem Gedanken
des Rechtsstaates, mit dem Gedanken eines geordneten Gemeinwesens, mit wirklichem
Wohlstand, mit Frieden, mit Sicherheit nichts zu tun hat.
Wir würden uns freuen, von Ihnen zu hören und sind gespannt, wie Sie unsere Fragen
beantworten.
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Viele Grüße
Initiative „nicht weiter so“
Die Sprecher
Leonhard Fehn, Gerd Hamm, Walter Wich-Herrlein, Georg Zinner, Hans Matriciani,
Wer weitere Informationen hat über Proteste und Widerstand, die Initiative unterstützen oder nur weitere Informationen haben will, wende sich bitte an „Nicht weiter so!“
Info: https://ruedigerraulsblog.wordpress.com/2022/08/01/der-widerstand-wachst
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.