28.11.2023

Zur Erinnerung:
Aufruf zu Antikriegs-Aktionen vom 18. September über den UN-Weltfriedenstag am 21. September bis zum 24. September 2023

Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen! Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die gesamte Ukraine, der seit dem 24. Februar 2022 zu hunderttausenden Toten und Verletzten sowie Millionen Geflüchteten geführt hat.

Abertausende von weiteren Menschen drohen diesem Krieg zum Opfer zu fallen. Aus Russland gibt es immer wieder Drohungen, den Krieg mit dem Einsatz von Atomwaffen weiter zu eskalieren. Wir sehen mit Schrecken den hemmungslosen Einsatz immer weiterer, teilweise sogar international geächteter Waffentypen wie Streumunition. Zivile Ziele werden unter Missachtung des Kriegsvölkerrechts bombardiert und der globale Hunger als Waffe instrumentalisiert. Dieser Krieg verursacht auch schwere Schäden an der Umwelt und konterkariert den Kampf gegen die Klimakrise. Deshalb gilt es, der Gewalt so schnell wie möglich Einhalt zu gebieten. Russland hat diesen Krieg begonnen. Russland kann ihn jederzeit beenden.

Wir sind solidarisch mit den Menschen in der Ukraine. Wir erkennen das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung an. Die Logik des Krieges muss durchbrochen werden. Vor allem die Betroffenen, die zivilen Widerstand leisten und gewaltfreie Aktionen durchführen, die desertieren oder den Kriegsdienst verweigern, brauchen unsere Unterstützung.



In unserem Bündnis wie in der Gesellschaft sind unterschiedliche Positionen zu Waffenlieferungen an die Ukraine vertreten. Die Lieferung von immer mehr Waffen erfüllt uns mit großer Sorge. Ihr Einsatz, darunter völkerrechtlich geächtete Streumunition, trägt zum Leid der Zivilbevölkerung und zur zunehmenden Eskalation des Krieges bei! Wir befürchten, dass der einseitige Fokus auf militärische Unterstützung in Deutschland den Blick auf wichtige zivile Handlungsoptionen verstellt. Dazu gehören humanitäre Hilfe, die Unterstützung von Verhandlungen über Schritte zu einem Waffenstillstand und die Vorbereitungen für eine neue Friedensordnung in Europa.


Wir fordern:

  • diplomatische Initiativen durch die Bundesregierung, die EU, die Vereinten Nationen, die OSZE und andere.
  • einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen unter Einbeziehung aller relevanten Akteur*innen.
  • den vollständigen Rückzug des russischen Militärs aus der Ukraine.
  • alles zu tun, um einen Atomkrieg zu verhindern, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag durchzusetzen und jede nukleare Teilhabe zu beenden.
  • Schutz durch humanitäre Visa und Asyl für alle Menschen, die sich dem Krieg entziehen möchten.
  • den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, um keine weitere Finanzierung des Krieges zu ermöglichen und die Klimakatastrophe abzuwenden.


Krieg und Besatzung bedeuten Tod, Gewalt, Flucht, Vergewaltigung und Folter für die unmittelbar Betroffenen. Sie bedeuten auch Nahrungsmittelknappheit, Hunger und Armut für die mittelbar Betroffenen, vor allem in Ländern des Globalen Südens. Eine Erhöhung der Rüstungsausgaben, militärische “Sondervermögen”, Drohungen und weitere Eskalation dürfen keine Antworten darauf sein.


Wir sind uns der Anteile westlicher Politik am Unfrieden in der Welt bewusst, verurteilen sie und wirken ihnen entgegen. Die viel zu oft konfrontative Politik der NATO, die unfaire Wirtschafts-, Energie- und Handelspolitik und die Aufrüstung auf allen Seiten müssen ein Ende finden.

Sicherheit und Frieden für alle können nur gemeinsam und nicht gegeneinander erreicht werden. Das Völkerrecht muss dabei höher stehen als die Machtinteressen einzelner Staaten. Stoppt das Töten in der Ukraine! Für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen!



Werdet aktiv für eine friedlichere Welt!

Wir rufen vom 18. September über den UN-Weltfriedenstag am 21. September bis zum 24. September 2023 zu gewaltfreien und vielfältigen Protesten gegen den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, für das Durchbrechen der Gewaltspirale, für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen und gegen das Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung auf, mit dem Deutschland bald einen der größten Rüstungsetats der Welt hätte. Der 21. September 2023 soll ein Tag des Waffenstillstands und der Gewaltlosigkeit sein!


Wer wir sind

Wir sind ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und sind solidarisch mit allen Menschen, die sich gegen Krieg einsetzen. Wir laden alle Menschen ein, die sich gegen den Krieg und gegen Aufrüstung einsetzen möchten!

Für Menschen und Gruppen aus dem nationalistischen und antidemokratischen Spektrum ist auf unseren Aktionen kein Platz. Ebenso erteilen wir Menschen und Gruppen eine Absage, die Journalist*innen gewaltsam angreifen, Verschwörungsmythen anhängen oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie etwa Rassismus, Antisemitismus und Sexismus verbreiten.


Зупиніть убивання в Україні – за перемир‘я i переговори! (Aufruf auf Ukrainisch)

Unterzeichner*innen (Stand 14. September 2023 – Gruppen, die den Aufruf mitzeichnen wollen, melden sich bitte hier):



Impressum

Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V.
Hornbergstr. 100
70188 Stuttgart


Vertretungsberechtigt durch den BGB-Vorstand: Ralf Buchterkirchen, Christoph Neeb, Thomas Carl Schwoerer


Info: https://stoppt-das-toeten.dfg-vk.de


unser Kommentar:

          * nicht genannt wird, dass der Donbass seit 2014 von der Ukraine
            ständig beschossen wurde mit der Folge von mehr als 14.000 Toten,
          * nicht erwähnt wird, dass die Ukraine in die NATO aufgenommen
            werden sollte (eine absolute rote Linie für Russland),
          * nicht erwähnt wird, dass Selensky am 19.2.22 auf der Münchener
            Sicherheitskonferenz erklärt hatte, die Ukraine wolle sich
            Atomwaffen zulegen.



          * Der Satz „Russland hat den Krieg begonnen. Russland kann ihn
            jederzeit beenden“ berücksichtigt all dies nicht. Er entspricht
            dem Narrativ des Selensky-Regimes und der NATO. Der Krieg kann
            nur beendet werden im Rahmen einer Waffenstillstandsvereinbarung
            und/ oder einer neuen Europäischen Friedensordnung. Diese kann
            nur mit Russland und nicht gegen Russland
geschehen.


* Es wird u.a. gefordert „der vollständige Rückzug des Russischen Militärs aus der Ukraine“. o In der derzeitigen Kriegssituation ist dies nur erreichbar, wenn Russland den Krieg militärisch verliert. Eine …
… auf eine Fortführung des Krieges mit immer weiterer Eskalation, bis zu einem Atomkrieg, hinaus. Sie entspricht vollständig der NATO Strategie und der Regierungspolitik der Bundesregierung i.S. Ukrainekrieg.


* Es wird immerhin zugestanden, dass in dem Bündnis „unterschiedliche Positionen zu Waffenlieferungen an die Ukraine“ vertreten werden. Waffenlieferungen sind stets ein „NO-GO“ jeder Friedensbewegung. Wer …
… für teilnehmende Menschen und Gruppen angefügt, wonach solche aus dem „nationalistischen und antidemokratischen Spektrum“ oder die „Verschwörungsmythen“ anhängen, nicht Teil des Bündnisses sein können.


unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.11.2023

Brief an einen Soldaten

seniora.org, vom 17. Dezember 2004

"Nicht eine Minute lang, habe ich gedacht, dass IDF-Soldaten Freude daran haben, Kinder zu töten. Aber Kinder sind getötet worden. Viele Kinder, Hunderte von Kindern."

Von Gideon Levy, Haaretz, 17.12. 04 (Der Brief des Soldaten ging diesem Brief voraus)

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                                                                                        Gideon Levy*


Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Freunde, Gideon Levys eindrucksvollen Brief an einen Soldaten hatten wir vor 19 Jahren bereits gebracht. Wir legen ihn Ihnen heute erneut zur Lektüre vor, weil er anlässlich des derzeitigen unsäglichen Dramas in Israel-Gaza eine ganz besondere Relevanz hat. Weil Levy u.a. auch das rassistische Menschenbild des «Sich Drüberstellens», des «Exzeptionalismus», der «Herrenmentalität» und vor allem auch die Bedeutung der «Erziehung» anspricht, erachten wir seinen Brief als hervorragendes Schulmaterial in Schulen und Hochschulen überall auf der Welt. Der Brief könnte auch an alle Soldaten   – und ihre Eltern   – weltweit gerichtet werden, denn nicht nur die israelischen begehen diese Untaten. Weil wir die Erziehungsfrage als DIE wichtige Frage für das Überleben der Menschheit halten, freuen wir uns, wenn Sie unseren Dossiers «Erziehung»  und «Die soziala Natur des Menschen» Beachtung schenken und diesem Text zu grosser Verbreitung verhelfen. Herzlich Margot und Willy Wahl


Lieber Soldat!

Es ist unmöglich, das zu tun, was du in den besetzten Gebieten tust, ohne darüber nachzudenken, wie du es tust.

Es ist unmöglich für dich, dich ohne das Gefühl „enormer Genugtuung“, täglich in große Gefahr zu begeben. Du und deine Kumpels wäret nicht in der Lage, diesen Job, den ihr auf euch genommen habt, zu tun, wenn ihr nicht überzeugt wäret, dass das, was ihr tut, sehr wichtig und richtig ist.

Es ist genau deshalb, weil wenigstens einige von euch Prinzipien haben, dass du nicht in der Lage sein würdest, das zu verüben, was du verübst   – weil du nicht darüber denkst, warum du das tun darfst   – ihnen dasselbe aber verboten ist. Dass sie und wir nicht gleich sind. Dass dir im Namen der Sicherheit alles zu tun erlaubt ist, was dir gefällt   – ohne rote Linien, einschließlich der roten Linie, nicht auf Kinder zu schießen   – eine Linie, die längst überschritten ist.

Darum gibt es ein raffiniertes System von Erziehung, Information, Kommunikation, Gehirnwäsche, Entmenschlichung und Dämonisierung, ein System, das Generationen ausgezeichneter junger Leute aufzieht, die entsetzliche Taten tun, weil es ihnen, auch den besten unter ihnen, einfach nicht bewusst ist, was sie tun.

Was das System beibringt, ist, dass wir die Herren des Landes und die Palästinenser ein weniger wertvolles Volk sind, das unter keinen Umständen zu dem berechtigt ist wie wir; dass die Besatzung, der Situation angepasst, gerecht ist; dass der Terrorismus einem Vakuum entsprang; dass die Palästinenser geboren wurden, um zu töten, dass die terroristischen Attacken nur mit ihrem blutrünstigen Charakter zusammenhängen. Und all dies ist in Betrachtungen über Sicherheit eingepackt, die eine Entschuldigung für alles ist   – und glaub mir: wirklich für alles.

Die Soldaten haben 623 Kinder und Jugendliche getötet und du willst mir sagen, dass kein Soldat durch sein Zielrohr ein Kind sah. Derjenige, der das Mädchen in Rafah tötete, hat sie nicht gesehen? Derjenige, der die beiden Jungen   – Amar Banaat und Montasser Hadada   – in der Kasbah von Nablus mit einer einzigen Kugel erschoss, hat sie nicht gesehen und wusste nicht, was er tat? Und derjenige, der den 9Jährigen Khaled Osta tötete und ein großes Loch in seine Brust riss, hat auch nichts bemerkt? Und derjenige der das Wohngebiet in Gaza bombardierte, der kein Kind durch seine Optik sah, aber sehr wohl wusste, dass in diesen Gebäuden wie in all solchen Gebäuden Kinder leben   – aber trotzdem auf den Knopf drückte und die Rakete abschoss? Und der Pilot, der auf den Knopf drückte, und eine Bombe auf ein dichtbevölkertes Wohngebiet abwarf   – wusste auch nicht, dass unter den Toten Kinder sein würden?

Und wenn ein Kind einen Stein auf einen gepanzerten Jeep oder sogar einen Molotow-Cocktail oder gar eine Sprengladung wirft, muss er deshalb sterben? Du schreibst, dass er angegriffen werden muss, um die Abschreckung aufrecht zu erhalten. Das ist erschreckend. Ein Kind zu töten, um abzuschrecken. Und wenn du ein Kind tötest oder verwundest, um abzuschrecken, hast du dann Abschreckung erreicht?

Hast du jemals darüber nachgedacht, warum diese Kinder, oder die Erwachsenen gegen dich kämpfen? Hast du jemals über die Möglichkeit nachgedacht, dass sie vielleicht für eine gerechte Sache kämpfen? Dass sie vielleicht deine unterdrückerische Präsenz aus ihrem Leben los sein wollen? Dass sie keine andere Möglichkeit des Kampfes haben? Hast du jemals versucht, dich gedanklich an ihre Stelle zu setzen   – und wenn es nur einen Augenblick wäre? Was würdest du tun, wenn du als Palästinenser unter dieser Besatzung geboren worden wärst? Würdest du den Mut haben, das zu sagen, was Ehud Barak vor ein paar Jahren gesagt hat: „Ich würde mich einer terroristischen Organisation anschließen.“ Da kann es keine bessere, mutigere und wahrere Antwort darauf geben als diese.

Du kämpfst mit gewaltiger militärischer Macht gegen Kinder und Erwachsene, die mir ihrer schwachen Kraft für eine Sache kämpfen, die die Gerechteste ist. Sie kämpfen gegen die Besatzung. Sie haben keine anderen Waffen als Sprengstoff und Molotow-Cocktails. Sie kämpfen in der Weise gegen die Besatzung wie unsere Eltern und Großeltern gegen eine andere Besatzung gekämpft haben. Hast du jemals darüber nachgedacht?

Die Geschichte ist voller Kämpfe und Kriege wie dieser hier. Junge Leute deines Alters wurden aus einem Grund, der ihnen als ungeheuer wichtig beschrieben wurde, in den Tod geschickt   – und irgendwann ist der Krieg vorüber, der Konflikt wurde irgendwie friedlich gelöst, als ob er sich nie ereignet hätte, und dann fragt jeder: Warum? Wofür war das alles? Du und sicher deine Kinder werden nicht verstehen, was wir dort getan haben. Genau wie die Familien der Soldaten, die im Libanon fielen, sich heute fragen: Was haben wir dort getan?


Warum wurden wir getötet? Wozu wurden wir getötet?

Was hast du mit den besten Jahren Deines Lebens in der Kasbah von Nablus getan, einem Ort, der dir nicht gehört, um dein Leben und das der anderen zu riskieren? Mit welchem Recht unterdrückst du die Bevölkerung dort? Kraft welcher Autorität entscheidest du, wie sie leben sollen, wann sie innerhalb ihrer Wohnungen bleiben und wann draußen, wann sie arbeiten und wann sie ausruhen wollen, wann sie ins Krankenhaus gehen können und wann zu Hause leiden. Wer sind wir denn?. Wer gibt uns das Recht? Nur weil wir die (militärische) Macht und Gewalt und zwar einen großen Teil dieser Kräfte haben, ist uns alles zu tun erlaubt?

Du und deine Freunde haben kein moralisches Recht, dort zu sein und schon gar nicht das zu tun, was ihr gegenüber der Bevölkerung tut. Ihr habt kein moralisches Recht, die Bevölkerung einzusperren, mitten in der Nacht in ihre Wohnungen einzudringen, von Haus zu Haus zu gehen, indem ihr die Mauern durchbrecht, willkürlich Leute verhaftet, zerstört, schießt, tyrannisiert und tötet.

Eines Tages wirst du das, was du jetzt zwischen Hawara und der Kasbah getan hast, in einem anderen Lichte sehen   – und wenn du tatsächlich ein Mensch mit Gewissen bist, dann wirst du schlaflose Nächte haben, viele Nächte, jahrelang. Dann wirst du dich nicht mehr im Namen der Erhaltung der Sicherheit für all dies entschuldigen können, so wie du es jetzt versuchst. Wahre Sicherheit für die Bewohner von Tel Aviv wird nur dann erreicht werden, wenn es auch Sicherheit für die Bewohner der Kasbah gibt   – und nicht eine Minute früher. Auf Sicherheit, Selbstachtung und Freiheit haben sie dasselbe Recht wie wir. Dann wird   – davon bin ich überzeugt   – deine „enorme Genugtuung“ einem tiefen Gefühl von Schuld weichen und ein großes Schamgefühl wird dich überkommen für das, was du dort vollführt hast, was deine Augen nicht sehen wollten.

Ich denke, dass du in deinem Herzen fühlst, dass die Verbindung zwischen deiner Tätigkeit dort in der Kasbah und unserer Sicherheit in Tel Aviv nichts damit zu tun hat, wie du sie jetzt beschreibst. Du und deine Kumpel verhindert einen Terroranschlag und schafft die Motivation für 100 neue Anschläge, ihr liquidiert eine gewünschte Person und produziert drei neue, um ihn zu ersetzen. So sieht der Kampf eines verzweifelten Volkes aus. Wenn ihr die Wohnung eines Jungen mitten in der Nacht in ein Schlachtfeld verwandelt und seine Eltern vor seinen Augen demütigt, so wird er das sein Leben lang nicht vergessen, genau so wie du es nicht vergessen würdest, wenn dir und deiner Familie so etwas geschehen würde. Die Freunde von Amar, Montassar und Khaled   – die Kinder, die die Soldaten angeschossen und getötet haben   – werden euch dies nie vergeben. Sie werden mit Hass aufwachsen, den wir gesät haben. Sie sind Kinder ohne Gegenwart und ohne Zukunft. Zwei von ihnen, Amar und Montassar hatten schon ihren Vater verloren. Amar war der einzige Sohn. Sie haben es nicht verdient, jetzt schon zu sterben. Es stimmt, ich sah nicht mit eigenen Augen, wie das Töten vor sich ging, aber ich sah, was übrig blieb, nachdem sie erschossen worden waren.

Und was ist nun mit dir? Welche Erinnerungen wirst du von dort mitnehmen. Was wird dieser Militärdienst deiner Seele, deiner Person antun? Was wirst du deinen Kindern erzählen? Dass ihr Vater Tel Aviv von der Nabluser Altstadt aus beschützt hat und beinahe willkürlich Leute liquidiert hat, so wie du es in deinem Brief zugibst (Jede Patrouille, die die Kasbah betritt, soll nicht nur unsere Gegenwart spüren lassen, sie soll die Terroristen und bewaffnete gesuchte Leute herausholen und liquidieren). Hat dich das etwas über den Gebrauch von Stärke, Gewalt, Liquidierung von Menschen gelehrt? Wenn dies dort erlaubt ist, warum dann nicht hier auch?

Wenn einem so jungen Menschen ( wie dir) so viel Gewalt gegeben wird, dann hinterlässt dies unweigerlich in seiner Psyche Narben. Nachdem ihr alte Menschen warten lasst, Kranke daran hindert, das Krankenhaus zu erreichen, Kinder festhaltet und Frauen, dass sie an einem Checkpoint ihr Kind zur Welt bringen müssen   – werden euch brutale Erinnerungen das ganze Leben begleiten. Selbst wenn du sie nicht aufgehalten hast und wenn du der humanste der Soldaten warst, es reicht, dass sie nur durch euch die Genehmigung erhalten haben, durch ihre eigenen Städte zu gehen, ihre eigenen Häuser zu betreten   – das hinterlässt bei euch Narben. Was wirst du für eine Art Mensch sein, wenn du nach all dem nach Hause kommst.?

Nicht eine Minute lang, habe ich gedacht, dass IDF-Soldaten Freude daran haben, Kinder zu töten. Aber Kinder sind getötet worden. Viele Kinder, Hunderte von Kindern. Und die IDF tut nicht genug, um dieses kriminelle Töten zu verhindern. Womit die IDF ihre Soldaten indoktriniert, ist, dass sie keine andere Wahl hätten   – und dass es nicht so schrecklich sei, wenn auch ein Kind nebenbei getötet wird. Die Hauptsache ist: unsere Sicherheit.

Das Blut dieser Kinder schreit gen Himmel. Ihr Blut klebt an unseren Händen. Ihr Blut ist an den Händen derer, die euch in die Kasbah geschickt haben; es ist die Schuld derer, die schießen; es ist die Schuld derer, die bewaffnet durch die Straßen von Nablus gehen und die Bewohner terrorisieren   – und es ist die Schuld derer, die schweigen. Du bist dort auch in meinem Namen und deswegen tragen wir alle eine schwere Verantwortung, zu schwer um sie zu ertragen. Geh und tu deine Pflicht und passe auf dich und mich auf. Ich werde dasselbe tun.

Gideon Levy, Haaretz, 17.12. 04 (Der Brief des Soldaten ging diesem Brief voraus)


*Gideon Levy ( hebräisch גדעון לוי; * 1953 in Tel Aviv) ist ein israelischer Journalist und Mitglied des Herausgeberkreises der Tageszeitung Haaretz . Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Positionen zum Zionismus 3 Kritik 4 Ehrungen 5 Schriften 6 Weblinks 7 Einzelnachweise Leben

Quelle: https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/002692.html
Ins Deutsche übersetzt von Ellen Rohlfs.


Sehen Sie auch:

Gideon Levy "Schrei, geliebtes Land". 256 Seiten, Paperback, Format 11,2x18,6 cm, 3-937389-56-3
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/004442.html


Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4765&mailid=2023


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.11.2023

Rundbrief »KDV im Krieg«, November 2023
Inter­na­tio­nale Arbeit für Kriegs­dienst­ver­wei­gerer und Deser­teure

Inhaltsverzeichnis


ObjectWarCampaign - #StandWithObjectors

Neuigkeiten zur Kampagne für Deserteure und Verweigerer (...mehr) ()

Neues von Connection e.V.

Aus unserer Arbeit (...mehr)

Russland

News der Bewegung für Kriegsdienstverweigerung Russland (...mehr) ()

Jahrestag der Teilmobilmachung: Neue Zahlen zur Verweigerung (...mehr) ()

Frankreich: Flüchtlingsschutz für russische Verweiger*innen, denen Rekrutierung droht (...mehr)

Belarus

Zur Situation belarussischer Verweiger*innen in Litauen

Ukraine

Pazifismus ist keine Straftat (...mehr) ()

3 Jahre Haft für Kriegsdienstverweigerer (...mehr)

Ist die Auslieferung ukrainischer Militärdienstpflichtiger möglich? (...mehr)

Georgien/Russland

Bericht zum Jahrestag der Teilmobilmachung in Russland (...mehr)

Georgien

Neue Verteidigungsrichtlinie (...mehr)

Israel-Palästina

Stimmen für ein Ende der Gewalt und für Verständigung (...mehr) ()

Doppelte Loyalität (...mehr) ()

Gaza: Angriffe bringen nichts als Tod und Zerstörung (...mehr) ()

Angola

Wie Korruption und Betrug Angola in den Ruin treiben (...mehr)

Eritrea

Bericht der Zeug*innen Jehovas (...mehr)

Materialien - zur Arbeit von Connection e.V. zu Israel-Palästina: Gazakrieg und zu Soldaten und Verweigerung im Ukraine-Krieg

Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, November 2023. Fotos und Grafiken Titel: Wikimedia, DFG-VK und Connection e.V.

Stichworte:    ⇒ Angola   ⇒ Belarus   ⇒ Deutschland   ⇒ Eritrea   ⇒ Georgien   ⇒ Israel   ⇒ Krieg   ⇒ Publikationen   ⇒ Rundbrief »KDV im Krieg«   ⇒ Russland   ⇒ Südkorea   ⇒ Ukraine


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28.11.2023

"Scholz hat es nicht verstanden" Der russische Außenminister Lawrow im O-Ton über die internationale Politik    (I von II)

anti-spiegel.ru, 28. November 2023 04:00 Uhr, von Anti-Spiegel

Der russische Außenminister Lawrow ist auf einer Konferenz aufgetreten und hat in einer Rede und einer Fragerunde die russische Position zu fast allen Themen der internationalen Politik erläutert.


Zuerst wollte ich nur Teile der anderthalbstündigen Diskussion übersetzen und in mehreren Artikeln veröffentlichen, an der der russische Außenminister Lawrow teilgenommen hat. Aber ich fand jede seiner Aussagen so interessant, dass ich am Ende alles übersetzt habe und hier in einem einzigen Artikel veröffentliche, auch wenn der natürlich sehr lang geworden ist. Ich habe, um es etwas übersichtlicher zu machen, einige Zwischenüberschriften eingefügt.

Die Lektüre lohnt sich, denn in seiner Rede zu Anfang erklärt Lawrow noch einmal ausführlich die russische Position zu den aktuellen Themen der internationalen Politik. Auch die Fragen und Antworten danach sind sehr interessant, denn Lawrow hat viele bemerkenswerte Aussagen gemacht. So erfahren wir in einem Nebensatz, wie er Bundeskanzler Scholz und Vizekanzler Habeck einschätzt (er hält sie offensichtlich für dumm), wir erfahren, dass Russland es sich sehr genau überlegen wird, ob es später, wenn die EU „angekrochen kommt“, noch einmal Beziehungen mit der EU aufnimmt. Und wir erfahren, was Russland von dem westlichen System der NGOs hält, also von den Stiftungen der US-Oligarchen wie Gates, Rockefeller oder dem Weltwirtschaftsforum.

Aber auch viele andere Themen, wie Indien, China, die arabische Welt und so weiter wurden angesprochen. Daher habe ich beschlossen, alles zu übersetzen, weil diese Informationen für den politisch interessierten Leser wertvolles Hintergrundwissen darstellen, das man sonst auf Deutsch nicht findet.


Beginn der Übersetzung:

Ich sehe viele Freunde in diesem Saal. Die Tradition wird fortgesetzt. Die „Primakow-Lesungen“ erfreuen sich von Jahr zu Jahr wachsender Beliebtheit. Das zeigt die Erinnerung an unseren Lehrer Evgeny Primakow und die aktive Arbeit des Primakow-Instituts, um sein Erbe fortzuführen und die von ihm geförderten Prinzipien in den internationalen Beziehungen weiterzuentwickeln, die heute mehr denn je gefragt sind.

Wir brauchen heute gemeinsame intellektuelle Arbeit. Wir erinnern uns, dass es Primakow war, der Situationsanalysen initiierte, die bei Vertretern der Wissenschaft und NGOs sehr beliebt waren. Im Zuge dieser Analysen wurden tatsächlich viele Vorschläge entwickelt, die dann in unserer praktischen Diplomatie umgesetzt wurden.

Die Ereignisse in der Welt entwickeln sich heute dynamisch. Das so zu sagen, hieße, nichts zu sagen. Viele der einstigen „Konstanten der internationalen Beziehungen“ werden auf ihre Beständigkeit und ihre Übereinstimmung mit den neuen Realitäten geprüft. Darunter die wichtigsten Tendenzen bei der Herausbildung einer multipolaren Weltordnung. Der Prozess ist komplex und allumfassend. Er hat nicht erst gestern begonnen und wird, selbst nach historischen Maßstäben, viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Konturen einer polyzentrischen Architektur sind bereits umrissen.

Wir haben schon oft von neuen Zentren der Weltentwicklung gesprochen , vor allem in Asien und Eurasien, von der wachsenden Unabhängigkeit und dem Selbstbewusstsein vieler Entwicklungsländer, von ihrer Weigerung, den ehemaligen Kolonialmächten blind zu folgen, die allmählich, aber objektiv, ihre Macht und damit ihren Einfluss verlieren. All das, worüber Primakow vor vielen Jahren klugerweise geschrieben und gesprochen hat, wird vor unseren Augen wahr.

Multipolare Systeme sind kein neues Phänomen, wenn wir in der Geschichte zurückgehen. Es gab sie in der einen oder anderen Form schon früher, zum Beispiel in der Zeit des „Konzerts der europäischen Mächte“ im 19. oder zwischen den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Es ist klar, dass es damals nicht so viele unabhängige Akteure in der Welt gab wie heute. Daher bildete sich das, was man als Grundzüge der Multipolarität bezeichnen kann, in einem viel engeren Kreis heraus als der Zahl der souveränen Staaten heute. Nach dem Großen Sieg legten die Gründerväter der UNO den Grundstein für die Multipolarität. Zu den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats gehörten die fünf mächtigsten Staaten. Damit wurde das 1945 geschaffene Gleichgewicht der Kräfte und Interessen wiederhergestellt. Neben der besonderen Stellung der „Fünf“ legte die UN-Charta den Grundsatz der Gleichberechtigung aller großen und kleinen Staaten ohne Ausnahme fest, ungeachtet ihrer Eigenheiten und Besonderheiten und der Geschichte ihrer Entwicklung. Heute ist dies das wichtigste Prinzip, auf dem die universelle Multipolarität aufgebaut wird. Die UNO hat ihre Hauptaufgabe erfüllt – sie hat einen neuen Weltkrieg verhindert, aber die hehre Idee der universellen Zusammenarbeit, der Gleichheit und des Wohlstands war nicht dazu bestimmt, Wirklichkeit zu werden. Die Logik des Kalten Krieges trieb die Welt schnell in die Spaltung in gegensätzliche Lager und deren Kampf gegeneinander.

Der grundlegende Unterschied der aktuellen „Ausgabe“ der Multipolarität besteht darin, dass sie die Chance hat, eine wirklich planetarische Dimension zu erlangen, die auf dem Grundprinzip der UN-Charta über die souveräne Gleichheit der Staaten beruht. Früher wurden global bedeutsame Entscheidungen von einer kleinen Gruppe von Staaten getroffen, wobei die Stimme der westlichen Gemeinschaft aus offensichtlichen Gründen überwogen hat. Heute sind neue Akteure aus dem globalen Süden und Osten in den Vordergrund der Weltpolitik getreten. Ihre Zahl wächst. Wir bezeichnen sie zu Recht als die Weltmehrheit. Sie stärken ihre Souveränität, nicht mit Worten, sondern mit Taten, indem sie drängende Probleme angehen, ihre Unabhängigkeit demonstrieren und ihre nationalen Interessen und nicht die Launen anderer in den Mittelpunkt stellen. Um diesen Punkt zu veranschaulichen, sagte mein indischer Kollege, Außenminister Jaishankar, dass die Welt viel mehr ist als Europa. Es ist klar, dass diese Aussage bedeutet, dass die Welt viel größer ist als der Westen. Russland hat sich stets für die Demokratisierung der zwischenstaatlichen Kommunikation und eine gerechtere Verteilung der globalen Vorteile eingesetzt.

Man braucht nicht weit zu gehen, um Beispiele dafür zu finden, wie sich die Multipolarität heute manifestiert, insbesondere im Zusammenhang mit regionalen Krisen. Sie ermutigt Länder aus verschiedenen Regionen, Solidarität zu zeigen. Der derzeitige Ausbruch des palästinensisch-israelischen Konflikts ist zu einem Katalysator für diese Solidarität und das gemeinsame Vorgehen der arabisch-muslimischen Welt geworden. Erst letzte Woche, am 21. November dieses Jahres, besuchte eine Delegation des Liga der Arabischen Staaten und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit auf der Ebene der Außenminister die Hauptstädte der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, darunter auch Moskau.

Bei unserem Treffen wurde die Notwendigkeit einer baldigen und gerechten Lösung auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung bekräftigt. Dies war das wichtigste Signal, das diese gemeinsame Delegation der Liga der Arabischen Staaten und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit an die Hauptstädte der Fünf und an andere Hauptstädte von UN-Mitgliedsstaaten gesandt hat.

Generell herrscht im Nahen Osten wie auch in Afrika, Transkaukasien, Zentralasien und Eurasien ein wachsender Konsens zugunsten der Formel: „Regionale Probleme – regionale Lösungen“. Von externen Akteuren wird erwartet, dass sie die Länder der jeweiligen Region in jeder erdenklichen Weise unterstützen, anstatt ihnen Rezepte von außen aufzudrängen. Wenn man nützlich sein will, sollte man die Ansätze unterstützen, die in der Region entwickelt werden, wo die betroffenen Länder die Möglichkeiten zur Überwindung bestimmter Widersprüche viel besser sehen als von jenseits des Ozeans.

Ich wiederhole es noch einmal: Die geopolitischen Ambitionen der neuen Akteure der Welt werden durch ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten unterstützt. Wie der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, auf dem außerordentlichen G20-Gipfel am 22. November dieses Jahres feststellte, „verlagert sich ein erheblicher Teil der weltweiten Investitionen, des Handels und der Konsumtätigkeit in die asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Regionen, in denen der größte Teil der Weltbevölkerung lebt“. Seit 2014 ist China – gemessen an der Kaufkraftparität – die größte Volkswirtschaft der Welt. Das gemeinsame BIP der BRICS-Länder übersteigt seit letztem Jahr auch in Kaufkraftparitäten das der G7. Und mit der Aufnahme neuer Mitglieder in die BRICS, die ab dem 1. Januar 2024 Vollmitglieder dieser Vereinigung werden, wird sich dieser Vorsprung gegenüber der G7 noch erheblich vergrößern.

Ende 2022 ist Russland trotz der Sanktionen, vielleicht auch dank ihnen, nach demselben Indikator auf den fünften Platz in der Welt aufgestiegen und hat Deutschland überholt.

Dass sich die Welt verändert, zeigt sich in der multilateralen Diplomatie. Einer der eindrucksvollsten Beweise ist die BRICS-Zusammenarbeit. In ihrem Rahmen bauen Länder, die verschiedene Zivilisationen, Religionen und Makroregionen repräsentieren, effektiv Beziehungen in verschiedenen Bereichen auf, von Politik und Sicherheit bis hin zu Wirtschaft, Finanzen, Gesundheitswesen, Sport und Kultur. Dies geschieht nach den Grundsätzen der Gleichheit, des gegenseitigen Respekts und der Schaffung eines Interessenausgleichs durch Konsens. Niemand zwingt irgendjemandem etwas auf, niemand erpresst irgendjemanden, niemand stellt irgendjemanden vor die Wahl: „entweder wir oder sie“, „entweder mit uns oder gegen uns“.

Es ist nicht verwunderlich, dass Dutzende von Staaten eine Annäherung an die BRICS anstreben. Der Gipfel von Johannesburg war der erste Schritt auf diesem Weg. Die Zahl der BRICS-Länder hat sich fast verdoppelt. Ein paar Dutzend weitere Staaten haben ähnliche Anträge gestellt oder wollen besondere, privilegierte Beziehungen zu dieser Struktur aufbauen. Nächstes Jahr wird Russland den Vorsitz der Vereinigung übernehmen. Wir werden unser Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass die BRICS ihre Position auf der internationalen Bühne stärken und weiterhin eine immer wichtigere Rolle bei der Gestaltung einer gerechten Weltordnung spielen.

Die Positionen der BRICS-Mitglieder und ihrer Partner in den G20 werden immer stärker. Die jüngsten Gipfeltreffen dieser Gruppe haben die Entschlossenheit der Länder, die die Mehrheit der Welt stellen, bestätigt, nicht zuzulassen, dass der Westen dieses Forum zu etwas anderem als einem Ort der Betrachtung globaler Finanz- und Wirtschaftsprobleme macht. Im gemeinsamen Interesse, die engstirnigen geopolitischen Pläne der USA und ihrer Verbündeten zu fördern, haben Washington, Brüssel und andere westliche Hauptstädte auf dem letzten G20-Gipfel versucht, die Tagesordnung vollständig zu ukrainisieren. Dasselbe versuchten sie auf dem G20-Gipfel in Indien. Das ist nicht gelungen. Der Gipfel konzentrierte sich auf die Themen, für die die G20 ursprünglich ins Leben gerufen wurde: globale Wirtschafts- und Finanzfragen, die bei den angenommenen Beschlüssen dominierten.

Auch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit setzt sich für Multipolarität ein. Sie soll eine verbindende Rolle bei der Bildung einer größeren eurasischen Partnerschaft spielen, die auf die Harmonisierung verschiedener Integrationsprojekte auf dem Kontinent abzielt und allen Staaten und Organisationen offensteht, die sich hier auf unserem gemeinsamen Kontinent befinden, einschließlich der Eurasischen Wirtschaftsunion, ASEAN und anderen. Diese Philosophie wurde von Präsident Putin im Jahr 2015 auf dem ersten Russland-ASEAN-Gipfel dargelegt. Sie wird zunehmend anerkannt. Wie bei den BRICS gibt es auch bei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit eine ganze „Schlange“ von Ländern, die entweder Vollmitglieder werden oder einen Beobachter- oder Partnerstatus erhalten möchten.

Westliche Politiker beginnen, wenn auch widerstrebend, diese neue Realität anzuerkennen und zu erkennen, dass die Unipolarität Vergangenheit ist. Ende August dieses Jahres sagte der französische Präsident Macron auf dem jährlichen Treffen der französischen Botschafter, dass sich das geopolitische Kräfteverhältnis nicht zu Gunsten des Westens verändert. Und er stellte das als eine Gefahr dar. Das heißt, die Expansion des aggressiven NATO-Blocks ist eine „gute Sache“, während die Expansion des friedlichen BRICS-Bündnisses eine „Bedrohung“ darstellt.

Es ist klar, dass diese Mentalität tief verwurzelt ist. Man kann diese Instinkte nicht von heute auf morgen loswerden. Wir sehen, dass der Westen sein Bestes gibt, um die Reste seiner Vorherrschaft zu bewahren, indem er zu offen neokolonialen Methoden greift, die bei der Weltmehrheit Ablehnung hervorrufen. Das Ziel des Westens ist einfach und zynisch zugleich: Er will weiterhin den Rahm der Weltpolitik, der Wirtschaft und des Handels abschöpfen, um seinen eigenen Wohlstand auf Kosten anderer zu sichern. Russland ist, wie die große Mehrheit der anderen Länder, nicht dazu bereit und wird sich nicht mit diesen Plänen abfinden.

Die USA und ihre europäischen Verbündeten nutzen eine breite Palette von geopolitischen Instrumenten für ihre eigenen Zwecke. Dazu gehören das Provozieren von Konflikten – das sehen wir überall an den Grenzen Russlands -, die Durchführung von Informations- und psychologischen Operationen und die Entfesselung von Handels- und Wirtschaftskriegen. Der Westen hat die Tätigkeit der WTO und vor allem ihrer Gremien zur Beilegung von Streit blockiert. So grundlegende Rechtsgrundlagen der Weltwirtschaftsbeziehungen wie der freie Wettbewerb und die Unverletzlichkeit des Eigentums wurden zerstört. Der Dollar wird seit langem als Waffe eingesetzt, die wirtschaftliche Verflechtung wird zur Waffe.

Die zerstörerischen Aktionen der westlichen Minderheit bewirken im Großen und Ganzen das Gegenteil von dem, was beabsichtigt war, da sie den Aufbau zugunsten der Stärkung der multipolaren Prinzipien des internationalen Lebens fördern. Es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass niemand vor den aggressiven Aktionen Washingtons und Brüssels sicher ist.

Nicht nur Russland, sondern auch viele andere Staaten reduzieren konsequent ihre Abhängigkeit von westlichen Währungen, gehen zu alternativen Mechanismen für außenwirtschaftliche Abrechnungen über und arbeiten an der Bildung neuer internationaler Transportkorridore und Lieferketten.

Das unausgewogene und ungerechte Modell der Globalisierung, bei dem die „goldene Milliarde“ den größten Nutzen hatte, gehört der Vergangenheit an. Praktische Aufgaben der Demokratisierung der Weltwirtschaftsordnung werden von den Teilnehmern des Forums der Unterstützer des Kampfes gegen moderne Formen des Neokolonialismus erörtert. Es wird von der Partei „Einiges Russland“ vorbereitet und ist für Anfang 2024 geplant.

Das ist nur eine der Initiativen, die unser Land fördern wird, um die Bestimmungen des Konzepts der Außenpolitik der Russischen Föderation weiterzuentwickeln, das im März dieses Jahres grundlegend aktualisiert wurde, um den veränderten geopolitischen Realitäten Rechnung zu tragen. Die entstehende polyzentrische Architektur muss integrativ, kooperativ und nicht antagonistisch sein. Sie sollte eine gefährliche Konfrontation zwischen den Zentren der Welt und Streit zwischen ihnen verhindern.

Es liegt im gemeinsamen Interesse, zu versuchen, ein globales „Konzept“ zu schaffen, das auf allgemein anerkannten Grundsätzen und Normen des Völkerrechts beruht und die kulturelle und zivilisatorische Vielfalt der modernen Welt sowie das Recht der Völker, ihre eigenen Entwicklungswege zu bestimmen, respektiert.

Diese Arbeit muss nicht von Grund auf neu geleistet werden. Es gibt eine Grundlage für einen gerechten und dauerhaften Frieden, und das ist die Charta der Vereinten Nationen. Ihre Bestimmungen sollten nicht selektiv umgesetzt werden, wie es unsere Kollegen im Westen tun, die versuchen, aus den Grundsätzen der Charta das herauszuholen, was ihnen gerade genehm ist, sondern sie sollten in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenspiel genutzt werden. Natürlich muss man die UNO sorgfältig an die modernen Realitäten anpassen. Das betrifft in erster Linie die Reform des Sicherheitsrates. Es ist wichtig, sich mit den historischen Ungerechtigkeiten auseinanderzusetzen, die sich seit dem Ende des Entkolonialisierungsprozesses und dem Entstehen vieler Dutzender neuer, junger und moderner Staaten manifestiert haben. Diese Realitäten müssen sich in der zahlenmäßigen Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates widerspiegeln. Es liegt auf der Hand, dass die neuen Mitglieder nur aus den Entwicklungsregionen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas kommen können. Sie müssen in ihren eigenen Teilen der Welt und in Organisationen mit globaler Reichweite wie der Bewegung der Blockfreien und der G77 glaubwürdig sein.

Internationale Strukturen neuen Typs, in denen alle Fragen auf der Grundlage eines Interessenausgleichs und eines Konsenses gelöst werden, werden zu einer wichtigen Hilfe für die Multipolarität. Neben der BRICS und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, der Eurasischen Wirtschaftsunion, die ich bereits erwähnt habe, gehören dazu auch die OVKS, die GUS, die ASEAN, die Afrikanische Union und die CELAC, der Golf-Kooperationsrat, die Liga der Arabischen Staaten und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit.

Leider kann ich nicht optimistisch sein, was das Schicksal der von den USA und ihren Verbündeten beherrschten Verbände angeht: die NATO, die EU, und jetzt der Europarat und die OSZE. Die beiden letztgenannten Organisationen waren ursprünglich als Plattformen für einen breiten, von gegenseitigem Respekt getragenen gesamteuropäischen Dialog gedacht. Das Ergebnis ist, dass sie zwanghaft zu Anhängseln der EU und der NATO werden, zu reinen Randstrukturen, die der Westen – in der schlimmsten Form des Wortes – im Interesse seiner eigenen egoistischen Politik zu benutzen versucht.

Noch kann man versuchen, die OSZE zu retten, aber ich will ehrlich sein – die Chancen sind gering.

In seiner Rede auf der Jahrestagung des Valdai-Clubs am 5. Oktober dieses Jahres nannte Präsident Wladimir Putin die wichtigsten Grundsätze, auf denen eine gerechtere und demokratischere Weltordnung beruhen sollte. Diese sind Offenheit und Vernetzung der Welt, ohne Kommunikationsbarrieren; Achtung der Vielfalt als Grundlage für eine gemeinsame Entwicklung; größtmögliche Repräsentativität in den globalen Governance-Strukturen; universelle Sicherheit auf der Grundlage eines Interessenausgleichs; fairer Zugang zu den Vorteilen der Entwicklung; gleiche Rechte für alle unter Ablehnung des Diktats der Reichen oder Mächtigen. Ich zweifle nicht daran, dass diese Ansätze jedem vernünftigen Menschen, der sich mit internationalen Fragen beschäftigt oder daran interessiert ist, nahe liegen und verständlich sind.

Auf der Grundlage dieses Verständnisses von Multipolarität werden wir weiterhin für Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfen, dafür, dass die Stimme aller Länder berücksichtigt wird, unabhängig von ihrer Größe, ihrer staatlichen Struktur oder ihrem wirtschaftlichen Entwicklungsstand. Also genau so, wie es die UN-Charta seit 1945 vorschreibt. Lassen Sie uns die Schritte mit unseren Verbündeten und Partnern im globalen Süden und Osten weiterhin so eng wie möglich abstimmen. Wir wollen den nüchtern denkenden Akteuren im „historischen Westen“ nicht die Tür, das Fenster oder das Ventil schließen – der russische Präsident Wladimir Putin hat dieses Thema kürzlich angesprochen -, wenn sie die von Primakow vorhergesehenen Realitäten und Herausforderungen der objektiven Prozesse der Multipolarität erkennen.

Im diplomatischen Bereich werden wir weiterhin besonders darauf achten, dass alle Grundsätze der UN-Charta einheitlich ausgelegt und in der Praxis angewendet werden. Das ist ein wesentliches Element unseres Kurses.

Wir werden weiter daran arbeiten, die Mitgliedschaft in einer so vielversprechenden Vereinigung wie der in New York ansässigen Group of Friends in Defence of the UN Charter zu erweitern. Das war eine Initiative von Venezuela. Zwanzig Staaten sind Mitglieder dieser Gruppe. Es gibt weitere, die ihr beitreten wollen.

Wir werden auch konsequent daran arbeiten, andere Strukturen zu stärken, die zur Demokratisierung der internationalen Beziehungen beitragen. Zu diesem Zweck werden wir immer offen sein für einen ehrlichen und ernsthaften Dialog mit all jenen, die ihre nationalen Interessen schätzen und gegenseitige Bereitschaft zeigen.


Neuer Kalter Krieg, oder hybrider Krieg?

Frage: Jedes System der internationalen Beziehungen – Versailles, Jalta-Potsdam – ist nach einem großen Krieg entstanden, das unipolare ist nach dem Kalten Krieg entstanden. Ist es möglich, eine zukünftige Weltordnung ohne tragische Ereignisse zu erschaffen?

Lawrow: Inwiefern ist die derzeitige Situation besser und sicherer als die Zeit des Kalten Krieges?

Frage: Wollen Sie damit sagen, dass wir in einem zweiten Kalten Krieg leben?

Lawrow: Man muss es anders nennen. Während des Kalten Krieges gab es Kontrollen und Gleichgewichte. Die beiden Großmächte und Lager – USA und Sowjetunion, NATO und Warschauer Pakt – waren entschlossen, die Rivalität im politischen und diplomatischen Rahmen zu halten. Damals wurde ein Dialog über Rüstungskontrolle ins Leben gerufen und er entwickelte sich recht schnell, und es wurden konkrete praktische Ergebnisse erzielt. Das sorgte für Ruhe. Zumindest gab es weder in den USA, noch in der Sowjetunion, noch in den Ländern des sozialistischen Lagers, der NATO und der EU alarmierende Einschätzungen der Geschehnisse oder ernsthafte Ängste um ihre physische Zukunft.

Jetzt sind solche Befürchtungen allgegenwärtig und kommen in den Reden vieler Politiker, NGOs und auf Demonstrationen zum Ausdruck. Dies ist eine andere Situation. Sie ist nicht nur deshalb anders, weil der US-geführte Westen beschlossen hat, uns einen hybriden Krieg im wahrsten Sinne des Wortes zu erklären. Hören Sie, was sie sagen, wenn sie in ihren Reden auf die Situation rund um die Ukraine eingehen.

Das Land wird als Werkzeug „geschärft“, um uns eine „strategische Niederlage“ beizubringen. Das ist das erklärte Ziel. Sie machen den Wählern Angst, indem sie sagen, dass dies erst der Anfang ist. Russland hat noch mehr gierige Gelüste. Mit den Balten, Polen und anderen „Dirigenten“ der amerikanischen Politik in Europa ist alles klar, auch im Interesse der Schwächung der EU. Aber Pentagonchef Austin hat mehrmals, auch vor kurzem, bei Anhörungen im Kongress gesagt, dass, wenn der Westen die Ukraine nicht unterstützt, Russland gewinnen wird und nicht aufhören wird. Angeblich werden die nächsten Ziele die baltischen Staaten, Polen und unsere anderen Nachbarn sein.

Das sagt eine Person, die eine verantwortungsvolle Position innehat. Er kann nicht umhin, die Einschätzungen von Experten zu hören, darunter auch von Pentagon-Spezialisten, die den Stand der Dinge zwischen Moskau und Washington analysieren. Sie verstehen sicherlich, was genau in der Ukraine entschieden wird und dass Russland keine Angriffs- oder Eroberungspläne hat, hatte und haben kann.

Auf die Gründe für die Militäroperation möchte ich nicht näher eingehen. Der Hauptgrund ist, dass das neonazistische Regime, das seine Wurzeln im verfassungsfeindlichen Staatsstreich vom Februar 2014 hat, mit Unterstützung des Westens offen einen Kurs der gesetzgeberischen – und in einigen Fällen physischen – Ausrottung aller Russen in den Gebieten eingeschlagen hat, die seit Jahrhunderten von Russen erschlossen und besiedelt wurden. Gleichzeitig ist dieses neonazistische Regime zu einem Instrument geworden, um Russland im Interesse des Westens eine „strategische Niederlage“ „auf dem Schlachtfeld“ zuzufügen. Wenn dies nicht eine direkte Bedrohung unserer Interessen, unserer Sicherheit und unserer Bevölkerung ist, die sich seit den Zeiten der Urgroßväter, Großväter, Väter und Mütter als Russen verstehen, dann gibt es im Westen keine klaren Analysten oder Menschen mit Gewissen.

Lange vor der Militäroperation wurde der ukrainische Präsident Selensky gefragt, was er von den Menschen im Donbass unter dem Minsker Abkommen halte. Er sagte – es war eine rassistische Aussage -, es gebe Menschen und es gebe „Exemplare“. Denen, die in der Ukraine leben und sich der russischen Kultur zugehörig fühlen, riet er, „um der Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder willen nach Russland zu gehen“. Das wurde vom zivilisierten, aufgeklärten Westen mit Grabesstille quittiert.

Um auf die Charakterisierung der aktuellen Situation zurückzukommen. Ich weiß nicht, wie die Historiker diese Zeit nennen werden. Tatsache ist jedoch, dass dank des Vorgehens der USA praktisch die gesamte Palette der Rüstungskontrollabkommen zerstört wurde. Darüber sind schon Hunderte von Seiten geschrieben worden. Ich würde die aktuelle Periode der Weltgeschichte so verantwortungsvoll wie möglich behandeln.


„Europa, mit Ausnahme von Scholz und Habeck, hat es verstanden“

Frage: Wie sind die Aussichten für die russisch-europäischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen angesichts der Tatsache, dass Russland fast ein Drittel der fossilen Brennstoffe für Europa liefert, das sich offenbar nach einer Alternative umsehen wird? Wie stellt sich Moskau die Entwicklung dieser Beziehungen vor?

Lawrow: Ich werde nicht einmal versuchen zu erraten, was Europa tun wird. Ich denke, es hat – mit Ausnahme des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz und des Vizekanzlers Robert Habeck – verstanden, wo es steht.

Lesen Sie die Statistiken darüber, um wie viel die USA Europa beim Wirtschaftswachstum überholt haben. Frankreich wird, so wie es aussieht, zu den „Nullen“ gehören. Die einstigen „Motoren“ der europäischen Wirtschaft, Deutschland und Großbritannien, werden nach unten „wachsen“. Nach einer Reihe von Gesetzen, die von den Amerikanern zur Bekämpfung der Inflation und anderer Themen erlassen wurden, betragen die Energiepreise in den USA ein Viertel oder ein Fünftel der Preise in Europa, wo eine Deindustrialisierung stattfindet.

Unternehmen, die an ihre Zukunft denken, ziehen in die USA. Ich bin überzeugt, dass das nicht nur ein Zufall, sondern die bewusste Politik Washingtons ist. Denn Europa ist auch ein Konkurrent, den die USA nicht brauchen. Sie brauchen eine Gruppe von „grauen“ Leuten, die tun, was man ihnen befiehlt. Ich will den Europäern nicht zu nahe treten, aber die derzeitigen politischen Eliten handeln exakt so.


„Nicht darüber nachdenken, wie wir die Beziehungen zu Europa wiederherstellen können“

Schauen wir uns die Statistiken an. Man muss verstehen, was vor sich geht. Aber in diesem Stadium müssen wir nicht darüber nachdenken, wie wir die Beziehungen zu Europa wiederherstellen können. Worüber wir jetzt nachdenken müssen, ist, wie wir uns nicht von den „Drehungen und Wendungen“ in der europäischen Politik – vor allem in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Investitionen – abhängig machen können, die sie unter dem Einfluss Washingtons vornehmen. Wir müssen uns in allen Schlüsselbereichen unserer Wirtschaft absichern, von denen die Zukunft des Landes abhängt. Wir müssen alles, was wir für die Sicherheit, die wirtschaftliche Entwicklung, die Lösung sozialer Probleme und die Einführung moderner Technologien – kürzlich gab es wieder eine Veranstaltung zum Thema künstliche Intelligenz – brauchen, selbst produzieren, damit wir nicht unter neuen „Launen“ leiden, wenn sie uns mit Sanktionen angreifen wollen.

Die Restriktionen haben nichts gebracht. Der Westen will (in der Ukraine) alles „still und leise“ beenden, auf eine listige Art und Weise. Einfrieren und Zeit gewinnen, wie beim Minsker Abkommen, das Nazi-Regime in Kiew wieder aufrüsten und seine hybride – oder auch nicht hybride – Aggression gegen die Russische Föderation fortsetzen. Aber selbst wenn es vorbei ist, werden die meisten Sanktionen bestehen bleiben.

Wir müssen nach unserem Verstand leben. Wenn und falls die Ernüchterung kommt und sie uns etwas anbieten, werden wir zehnmal nachdenken und abwägen, ob alle Vorschläge unseren Interessen entsprechen und wie zuverlässig die europäischen Kollegen sind. Sie haben ihre Vertragsfähigkeit und ihren Ruf schwer untergraben. Vielleicht noch nicht endgültig.


„Neokoloniale Instinkte“ und die Abkehr vom Dollar

Frage: Wir geben die Zeitung Russia Today seit fast 30 Jahren und China Today seit 15 Jahren heraus. Unser Presseteam hat ausführlich über die Entwicklung der Beziehungen zwischen Russland, Indien und China sowie über die beispiellose Expansion der BRICS berichtet. Das Ende der amerikanisch geprägten Welt steht vor der Tür, aber es wehrt sich.

Wir sehen, wie sich die NATO nach Osten, in die asiatitisch-pazifische Region, ausdehnt, heute ist sogar von einer pazifischen NATO die Rede. Das bedroht die globale Sicherheit in der Welt. Wie werden Russland, China, die BRICS-Staaten und alle Organisationen, die sich gegen dieses aggressive Verhalten wehren, reagieren?

Lawrow: Es gibt im Westen neokoloniale Instinkte. Es ist der Wunsch, weiterhin auf Kosten anderer zu leben, wie sie es seit mehr als 500 Jahren getan haben. Es ist für jeden offensichtlich, dass diese Ära zu Ende geht. Sie sind sich dessen bewusst. Was der Westen jetzt versucht, um seine Hegemonie aufrechtzuerhalten, bezeichnen manche als die Agonie dieser Ära. Vielleicht hat dieser Vergleich seine Berechtigung. Aber diese Ära wird noch sehr, sehr lange andauern. Es ist nicht nur „erwacht“, es gelten schon andere, gerechte Regeln in der Weltwirtschaft.

Die USA sind immer noch ein mächtiges Land mit einer riesigen Wirtschaft. Die EU hat ihr „Gewicht“ noch nicht verloren, obwohl der Prozess rasch voranschreitet und sich beschleunigen wird. Aufgrund der Umstände ist Russland nicht tief in das Globalisierungsmodell eingebunden, das die Amerikaner gefördert und allen zur Verfügung gestellt haben, indem sie buchstäblich sagten: „Nutzt es“. Sie sagten, es sei nicht nur für sie, und der Dollar sei eine Währung für alle. Und all die anderen Grundsätze: Eigentum, Unschuldsvermutung, internationale Justiz, die universell akzeptabel und anwendbar sein sollte.

All das wurde über Nacht mit Füßen getreten und weggeworfen, sobald man die Russische Föderation „bestrafen“ wollte. Ihr Plan ist es, die Ukraine in eine direkte Bedrohung für Russland zu verwandeln, einschließlich der Vernichtung und Ausrottung aller Russen in dem Land. Sie planten, dort amerikanische und britische Marinestützpunkte im Schwarzen und Asowschen Meer zu errichten. Der Plan ist gescheitert. Wir haben so reagiert, wie wir reagiert haben. Wir sind nicht „eines morgens aufgewacht und haben uns entschieden“. Mehr als acht Jahre lang haben wir gewarnt. Wir haben Verträge zur europäischen Sicherheit vorgeschlagen, die die Stabilität auf dem Kontinent ohne die Ausweitung militärischer und politischer Blöcke gewährleisten würden. Wir waren bereit, die OVKS nicht zu erweitern. All das läuft seit 2009.

Im Dezember 2021 haben wir den USA auf Anordnung des russischen Präsidenten Wladimir Putin neue, bereits endgültige Vorschläge vorgelegt. Sie wurden abgelehnt. Uns wurde gesagt: Welche Sicherheit? Rechtlich garantierte Sicherheit kann nur innerhalb der NATO gewährleistet werden. Die gleiche Antwort erhielten wir, als wir sie daran erinnerten, dass sie sich 2010 im Rahmen der OSZE in Astana auf das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit verpflichtet haben, wonach keine Organisation das Recht hat, eine Vorherrschaft zu beanspruchen. Genau das tun sie jetzt.

Wir haben gefragt, warum sie nicht allen rechtsverbindliche Garantien geben wollen? Immerhin waren alle in der OSZE dafür. Einige Junior-Diplomaten in Brüssel und Washington sagen uns, dass es ihnen „egal“ sei, was Präsidenten und Premierminister – einschließlich ihrer eigenen – über die Unteilbarkeit der Sicherheit gesagt und auf OSZE-Gipfeln unterschrieben haben, rechtliche Sicherheitsgarantien gäbe es nur für NATO-Mitglieder. Auf diese Weise versuchen sie, die Attraktivität des Bündnisses zu erhöhen und den Zustrom neuer Mitglieder zu fördern, was im Widerspruch zu ihren Versprechungen steht.

Russland wurde nur oberflächlich in dieses Modell der Globalisierung eingebunden. Mit den USA hatten wir ein geringes Handelsvolumen. Mit der EU, ja. Aber das ist eine Geschichte, die bis in die Sowjetzeit zurückreicht. Man hat versucht, unsere Zusammenarbeit zu behindern. Dann hat sie sich durchgesetzt und wurde zur Grundlage für das Wohlergehen Europas und zur Lösung seiner sozialen und wirtschaftlichen Probleme auf einem guten, noch nie dagewesenen Niveau.

Wir haben im Internationalen Währungsfonds und in der Weltbank mitgewirkt, aber unsere Einbindung in dieses System war nicht so groß wie zum Beispiel die von China oder Indien. Sie erkennen jetzt, dass sie ihre Autonomie behaupten müssen. Daran besteht kein Zweifel. Wir diskutieren dieses Thema im Rahmen der BRICS und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Es werden aktiv alternative Zahlungsplattformen eingeführt, der Übergang zu nationalen Währungen entwickelt sich rasch. Aber Neu-Delhi und Peking verfolgen ihre eigenen Interessen und sehen, dass ein Ausstieg aus diesem System und der Aufbau neuer Strukturen schlecht für ihre Wirtschaft wäre.

Es gibt eine allmähliche Abkehr von der Abhängigkeit vom Dollar, den Zahlungssystemen und den Lieferketten, die der Westen aufbaut. Niemand weiß, was sich ein neuer US-Präsident in fünf oder sechs Jahren einfallen lassen wird, aus welchen Abkommen er aussteigen und welche er durchsetzen wird. Sie haben die universellen Handelsabkommen in Asien aufgegeben und begonnen, ihre eigenen ohne China aufzubauen.


„Indien und China haben das Signal aufgenommen“

Indien und China haben das Signal aufgenommen. Sie beginnen damit, ihre Abhängigkeit von der Willkür derer zu verringern, die dieses Globalisierungsmodell geschaffen haben und immer noch eine wichtige Rolle darin spielen. Das wird nicht so schnell und abrupt geschehen wie in unserem Fall. Angesichts der mehr als 11.000 Sanktionen, die darauf abzielen, die russische Wirtschaft zu strangulieren und die Lage der Bevölkerung in der Hoffnung zu verschlechtern, dass sie sich auflehnt, waren wir gezwungen, entschlossen und in großem Stil zu handeln. Sie verkündigen ausdrücklich, dass das ihr Ziel ist. Wenn man sich die Statistiken über den Anteil der chinesischen Reserven in Dollar vor drei Jahren und heute anschaut, ist die Situation offensichtlich. Ich denke, unsere indischen Freunde denken in dieselbe Richtung. Niemand will wieder zur Geisel eines geopolitischen Nervenzusammenbruchs werden.

Wir wollen niemanden drängen. Es gibt die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die BRICS und andere Strukturen, die Beziehungen zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die ASEAN und Chinas Projekt „Seidenstraße“. In diesen Formaten werden auf natürliche Weise, ohne Zwang, Formen der Zusammenarbeit und Dienstleistungen für unsere Wirtschaft und Handelsbeziehungen aus dem Leben heraus, von „unten“, entwickelt, die nachhaltig sein werden. Der Prozess ist im Gange, aber es wird ein langer Weg sein.


Eine eigene BRICS-Währung?

Frage: Auf dem diesjährigen BRICS-Gipfel wurde das Thema der Einführung einer gemeinsamen Währung für die Vereinigung angesprochen. Im Jahr 2024 wird Russland den Vorsitz der BRICS innehaben, wird dieses Thema erneut zur Sprache kommen? Gibt es ähnliche Pläne innerhalb der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit?

Lawrow: Auf dem BRICS-Gipfel in Johannesburg war das eines der Themen, die eingehend erörtert wurden. Der brasilianische Präsident Lula da Silva widmete diesem Thema besondere Aufmerksamkeit. Das hat niemanden überrascht, denn als er wieder Präsident wurde, rief er in seinen Reden schon vor dem Gipfel dazu auf, an der Bildung einer gemeinsamen Währung zu arbeiten, wenn schon nicht einer einheitlichen Währung, so doch eines Mechanismus, in dem die nationalen Währungen eine entscheidende Rolle spielen würden. Er schlug vor, dies im Rahmen der CELAC und der BRICS zu tun.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Diskussion wurden in der von den Staats- und Regierungschefs der BRICS-Länder in Johannesburg angenommenen Erklärung die Finanzministerien und Zentralbanken beauftragt, Empfehlungen für alternative Zahlungsplattformen auszuarbeiten. Wir gehen davon aus, dass diese im Jahr 2024 vorgelegt werden, und Russland als BRICS-Vorsitzender wird eine gründliche Überprüfung dieser Empfehlungen organisieren, um Entscheidungen treffen zu können. Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit spricht von gemeinsamen Zahlungsplattformen, doch sind diese noch nicht in konkrete Anweisungen umgesetzt worden.

Im Zahlungsverkehr mit China wird der Dollar zunehmend durch nationale Währungen ersetzt, bereits 90 Prozent der Zahlungen erfolgen in Rubel und Yuan. Mit Indien ist es entweder fast die Hälfte oder bereits mehr als 50 Prozent. Ungefähr die gleichen Zahlen gelten für die anderen Mitglieder dieser Verbände.


Die Rolle der westlichen NGOs

Frage: Es gibt viele Strömungen: staatliche Akteure, Bewegungen, Globalisierung und das Verständnis, dass die ganze Welt auf der Ebene der Menschen vereint und eng miteinander verbunden ist. Wie werden Ihrer Meinung nach diese nicht-staatlichen Akteure, die Bewegungsakteure in dieser komplexen multipolaren Welt, die Sie jetzt schaffen, an ihr teilhaben?

Lawrow: Das ist eine ernste Frage. Ein Teil der Philosophie, die die Amerikaner im Rahmen ihres Globalisierungsmodells überall auf der Welt propagieren – einigen haben sie es beharrlich vorgeschlagen, anderen haben sie es aufgezwungen -, ist die Rolle der NGOs, der Zivilgesellschaft. Die Amerikaner haben Tausende von NGOs gegründet. Viele hundert von ihnen arbeiten im postsowjetischen Raum, insbesondere in Armenien und Kirgisistan. Sie versuchen aktiv, sie in anderen zentralasiatischen Ländern einzuführen. Über die Ukraine braucht man nicht zu reden. Sie waren auch in Weißrussland. Aber als die Ereignisse im August 2020 deutlich zeigten, welche Rolle diese NGOs bei dem Versuch spielen, die Lage in Weißrussland zu destabilisieren, ging ihre Zahl dort drastisch zurück.

Es ist übertrieben, sie als „Nichtregierungsorganisationen“ zu bezeichnen. Schauen Sie sich alle Schlüsselstrukturen der USA an, alle Stiftungen – das nationale demokratische und das internationale republikanische Institut, viele von ihnen sind nicht mehr mit den führenden Parteien der USA verbunden, sogenannte Nichtregierungsorganisationen, sie werden zu fast 90 Prozent aus dem amerikanischen Haushalt finanziert, einschließlich USAID, sie sind ein Teil der amerikanischen Bürokratie. Das sind Gelder aus dem Staatshaushalt. Oder sie werden über andere Kanäle, ebenfalls aus dem Haushalt finanziert. Sie verfolgen die Linie der „Einheitspartei“, unabhängig davon, welche Partei in Washington an der Macht ist, Demokraten oder Republikaner. Die Linie besteht darin, die Prozesse in den Ländern, in denen diese NGOs tätig sind, direkt zu beeinflussen.

Zu sagen, dass die Zivilgesellschaft breiter vertreten sein sollte, ist nur eine weitere Täuschung. Wir wissen, was diejenigen meinen, die diese Forderungen stellen. Nehmen wir die nahezu optimale Position von NGOs im Weltgeschehen. Es gibt einen Ausschuss für NGOs des Wirtschafts- und Sozialrats der UNO. Es gibt ein Verfahren für diesen Ausschuss, um mit NGOs zusammenzuarbeiten. Wenn Sie einen Status beim Wirtschafts- und Sozialrat oder bei der UN-Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit erhalten möchten, müssen Sie sich bei diesem Ausschuss bewerben. Man füllt ein Antragsformular aus, die Unterlagen werden geprüft. Es findet eine Anhörung statt und es werden Ihnen Fragen gestellt. Die Ausschussmitglieder vergewissern sich, ob es sich wirklich um eine zivilgesellschaftliche Organisation oder um ein Instrument einer Regierung handelt. Natürlich passieren Fehler. Man kann nicht alles vorhersehen, man kann nicht alles herausfinden, aber insgesamt ist es ein normaler, transparenter, ehrlicher Prozess.

Gleichzeitig gibt es eine Organisation wie die OSZE. Dort gibt es drei „Körbe“. Es gibt den militärisch-politischen Korb, dessen gesamte Grundlage aus Rüstungskontrollabkommen und vertrauensbildenden Maßnahmen die Amerikanern zerstört haben. Es gibt den wirtschaftlichen Korb, der durch die bereits erwähnte Zerstörung der Beziehungen Russlands zu Europa ebenfalls zerstört wurde. Und es gibt den humanitären Korb, das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte, den Kommissar für nationale Minderheiten, den Kommissar und Beauftragten für Medienfreiheit.

Keine dieser OSZE-Institutionen hat Regeln wie die von mir genannten. Wenn das Warschauer OSZE-Treffen zur Überprüfung der Umsetzung der menschlichen Dimension jedes Jahr zusammentritt, es findet gewöhnlich im Herbst statt, kann jeder „von der Straße“ dorthin kommen und sagen, dass er oder sie „die Rechte der Armen verteidigt“, ein anderer „die Rechte von Transgender-Personen“ und ein dritter „die Rechte derer, die den Kommunismus bekämpfen“. Und das war’s: Sie setzen sich hin und beginnen ihre Reden zu halten und haben die gleichen Rechte wie die Vertreter der Staaten.

Wir haben diese Praxis abgeschafft. Jetzt gibt es zumindest eine Art von Verfahren. Wir haben sie einfach abgeschafft. Nach der Wiedervereinigung der Krim mit Russland begannen NGOs der Republik Krim, dorthin zu reisen. Können Sie sich vorstellen, was für eine Reaktion es gab? Wenn sie einige Leute nicht reinlassen, lassen wir andere auch nicht rein. Aber das ist immer noch keine Ordnung. Es gibt dort immer noch keine Regeln. Die OSZE existiert ohne jegliche Charta.

Es gab eine Zeit, in der alle von der OSZE begeistert waren; sie waren besessen von der Ausweitung der Beteiligung der Zivilgesellschaft, transnationaler Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt auf gleicher Augenhöhe mit den Staaten. Auf Konferenzen, die der Westen zu Klima- und Umweltfragen und vielen anderen Themen veranstaltete, bestanden sie darauf, dass Unternehmen und NGOs gleichberechtigt mit den Regierungen teilnehmen.

Jetzt gibt es viel Widerstand dagegen. Der Enthusiasmus hat stark nachgelassen. Es ist offensichtlich geworden, was mit schwachen Staaten gemacht wird. Ich denke, es wird keine Rückkehr in unsere Zeit geben.


Hat der Westen sich unwiederbringlich in ein Ungeheuer verwandelt?

Frage: Auf der einen Seite distanzieren wir uns vom Westen. Auf der anderen Seite ist er ein sehr aktiver Akteur. Wir haben nicht erwartet, dass er so handeln würde, dass er ein offen neonazistisches Regime in der Ukraine unterstützen würde, dass die Wahlen in den USA offenbar zum ersten Mal in der Geschichte gefälscht wurden. Hatten wir Unrecht, den Westen positiv zu sehen? Vielleicht wird er wiedergeboren? Die Situation ist wie in dem Horrorfilm „Alien“, in dem sich eine Gruppe von Menschen plötzlich in Monster verwandelt. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen in unserem Land den Westen jetzt so wahrnehmen. Sie haben große Erfahrung in der Kommunikation mit diesen „Kollegen“. Was ist da los? Was sollten wir von ihnen erwarten? Haben sie sich endgültig in Ungeheuer verwandelt oder werden sie diesen Weg noch weiter beschreiten? Oder werden sie das Gegenteil tun und in die menschliche Gemeinschaft, in die UNO zurückkehren? Was sollten wir von ihnen erwarten? Was ist das Wesen dieses Prozesses?

Lawrow: Darüber, ob der Westen vielleicht wiedergeboren wird, dafür habe ich hier ein Zitat: „Es war schon lange abzusehen, dass dieser rasende Hass, der im Westen seit 30 Jahren gegen Russland geschürt wird, eines Tages die Kette sprengen würde. Dieser Moment ist nun gekommen. Russland wurde einfach der Selbstmord angeboten, der Verzicht auf die Grundlagen seiner Existenz, die feierliche Anerkennung, dass es nichts anderes in der Welt ist als eine wilde und hässliche Erscheinung, als ein Übel, das der Korrektur bedarf. Es gibt nichts mehr, worüber man sich Illusionen machen könnte. Russland wird aller Wahrscheinlichkeit nach in eine Schlacht mit ganz Europa eintreten.“ Das war 1854 von Tjutschew. Das sind drei wörtliche Zitate aus seinen Briefen. Er kam immer wieder auf dieses Thema zurück.

Es geht um die Frage, ob die „Entartung“ des Westens gekommen ist oder ob sie wiedergeboren wurde. Ich kann nicht sagen, dass das in letzter Instanz die Wahrheit ist. Aber dass uns niemand jemals wirklich gemocht hat, ist eine Tatsache. Genauso wie die Tatsache, dass man uns ausgenutzt hat, indem man Ad-hoc-Koalitionen – Franzosen, Briten, Deutsche, Österreich-Ungarn – gebildet hat.

Hier sitzt ein Mann, der in schwierigen Zeiten in dem schönen Land Bulgarien lebt. Wer konnte auf die Idee kommen, dass es in zwei oder drei Jahren „klick“ machen würde und dass sie anfangen würden, Denkmäler zu versetzen, Priester zu beleidigen, Eigentum wegzunehmen. Jemand hat mir gesagt, dass Tjutschew recht hat. Seit ihm gibt es fast 200 Jahre lang viele solcher Beispiele.

Nach 1991 meinten sie, sie hätten uns „in der Tasche“. Das war das Ende der Geschichte. Die liberale Ideologie setzte sich in der Wirtschaft und in der Politik durch. Jeder hatte nun dem „Alten“ zu gehorchen, der alles eingerichtet und organisiert hat. Zur Ablenkung haben sie in der OSZE einige „schöne“ Erklärungen verabschiedet. Die Charta von Paris für ein neues Europa von 1990. Lesen Sie sie. Die Franzosen waren damals so stolz darauf, sie zu propagieren. Und schauen Sie sie sich jetzt an, legen Sie sie an das an, was Frankreich, einschließlich Präsident Macron, gerade tut.

Der OSZE-Gipfel in Istanbul 1999, die Unteilbarkeit der Sicherheit. Der OSZE-Gipfel in Astana, 2010, die Unteilbarkeit der euro-atlantischen und eurasischen Sicherheit. Dieser „zukunftsweisende“ Begriff wurde schon damals verwendet. Alles verloren, „den Bach runtergegangen“. Sie befahlen, „stramm zu stehen“. Es ging darum, Russland dafür zu bestrafen, dass es gewagt hatte, den Amerikanern nicht zu erlauben, an seinen Grenzen, auf seinem historischen Boden, zu tun, was sie wollen.

Ich betone noch einmal, dass wir spätestens seit 2007, seit der Münchner Rede von Wladimir Putin, gewarnt haben. Das war die erste Warnung. Diejenigen, die Augen und Ohren hatten, haben es gesehen und gehört. Der Donbass stand auf und die Krim ging, wie man so schön sagt, in ihren Heimathafen. Acht Jahre lang hörte niemand auf das, was an unseren Grenzen geschah. Als die Amerikaner 2003 dachten, dass Saddam Hussein einen Atomreaktor oder eine schmutzige Atombombe gebaut hatte, haben sie etwa acht Jahre lang irgendjemanden gewarnt? Sie sind morgens aufgestanden, der UNO-Sicherheitsrat war unnötig, sie haben es selbst getan. Wo ist dieser Irak jetzt?

Was für gab es für einen Aufschrei, als sie zeigten, wie wir im Rahmen der Militäroperation an militärischen Zielen „arbeiten“, die sie in zivilen Vierteln und zivilen Objekten verstecken. Lapid, Premierminister von Israel, ehemaliger Außenminister von Israel. Lesen Sie seine Zitate, dass es fast ein Völkermord war. Und jetzt in Gaza, was ist da los? Die Tragödie des Krieges. Vergleichen Sie die Bilder.

Nehmen Sie Syrien. Sie haben beschlossen, dass sie Assad das östliche Gebiet wegnehmen sollten, wo sich das ganze Öl und das Getreide befindet, weil dort so „Chaos“ herrscht. Und was haben sie getan? Die Stadt Mosul im Irak wurde wirklich dem Erdboden gleichgemacht. Genau wie Raqqa in Syrien. Hunderte von Leichen wurden wochenlang nicht weggeräumt. Das ist alles dokumentiert. „Die dürfen das.“ Diese Bedrohung entstand nicht der Grenze zu Mexiko. Da sind nur Flüchtlinge, das ist alles. Sie bauen jetzt die Mauer. Das war’s. Jetzt gibt es ein paar Schweine in Kanada. Eine Population dieser hartnäckigen und schwer fassbaren Tiere droht, in das Gebiet der USA „einzudringen“. Gestern gab es einen Bericht. Das ist für sie eine Bedrohung. (Anm. d. Übers.: Bei den Schweinen in Kanada handelt es sich um eine speziell gezüchtete, sehr widerstandfähige Rasse großer Schweine, die in Zeiten niedriger Fleischpreise von Bauern in die Wildnis entlassen wurde, sich massiv vermehrt und schwere Schäden anrichtet)


Die „westlichen Instinkte“ und die westlichen Kollegen

Jugoslawien wurde bombardiert. Eine weitere „existenzielle Bedrohung“ für die USA. Mehr als zehntausend Meilen entfernt. Niemand wurde gewarnt. Sie haben einfach beschlossen, es zu tun und es „durchzuziehen“. Das ist das Problem mit der westlichen Mentalität, mit ihren Instinkten.

Ich habe viele Freunde im Westen, auch in den USA. Wahrscheinlich noch mehr in Europa. Ich habe mit ihnen bei der UNO zusammengearbeitet. Viele waren Minister. Wir waren Freunde. Da ist es üblich, Zeit zu Hause zu verbringen. Als das alles passierte, riefen mich einige von ihnen an. Ich rief sie an, wenn sie „Nachrichten“ hinterließen. Fast alle sind jetzt „auf Linie“, ziehen die „Parteilinie“ durch. Sie sagen, wie könnt ihr nur, warum, „arme Ukraine“. Wir erzählen ihnen vom Nazismus, und was sagen sie uns? Wissen Sie noch, was der israelische Botschafter in Kiew sagte, als er gefragt wurde, wie es ihm in einem Land gehe, in dem Bandera und Schuchewitsch besungen werden? Hat er aufgehört, sie als Naziverbrecher zu betrachten? Er antwortete, nein, sie seien Naziverbrecher. Aber die Ukraine hat „ihre eigene Geschichte“. Es sei schwer für sie.

Wenn wir jetzt zu diesen Ereignissen kommen, gehen sie den Korridor entlang und suchen mit den Augen, um nicht konfrontiert zu werden. Sie gehen auf die andere Straßenseite. Aber es gibt auch die – ich werde niemanden nennen, damit sie dort nicht geächtet werden -, die auf uns zukommen und uns grüßen. Übrigens, beim G20-Gipfel 2022, bat Blinken mich um ein Gespräch. Wir unterhielten uns, begrüßten uns und verabschiedeten uns per Handschlag. Da wurde nichts Besonderes gesagt. Aber zumindest war es eine Art der Kommunikation. Wenn uns jemand anspricht, laufen wir nie weg oder verstecken uns.

Jetzt hat uns Mazedonien zum OSZE-Ministerrat eingeladen. Bulgarien hat Mazedonien offenbar versprochen, seinen Luftraum zu „öffnen“. Wenn das klappt, werden wir dabei sein. Wir werden sehen, wie sie reden werden. Es gibt bereits mehrere Anfragen für Treffen, falls wir dort arbeiten, auch von westlichen Vertretern. Natürlich werden wir uns mit allen treffen.

Das war eine lange Antwort, aber es ist ein interessantes Thema. Ich möchte mit der folgenden Episode abschließen. Neben der OSZE und den Primakow-Lesungen, gibt es viele politikwissenschaftliche Tagungen. Eine davon findet jährlich im Dezember in Abu Dhabi statt. „Ser Bani Yas“, das Friedens- und Sicherheitsforum. Ich habe letztes Jahr zum ersten Mal daran teilgenommen. Traditionell gibt es zwei bis drei Redner aus der aktuellen Politik und Dutzende von ehemaligen Politikern.

Letztere sind die interessantesten. Nach der Rede war Pause, wir gingen hinaus in den Saal, wo es Kaffee und Tee gab. Eine Menschenmenge, jeder kennt jeden. Jeder will sich freundlich unterhalten, drückt sein Verständnis aus. Urteilen Sie selbst. Ich denke, es hat eine gewisse Logik. Wenn man im Dienst ist, muss man tun, was einem gesagt wird. Etwas anderes ist, dass die Qualität der Befehle manchmal – und immer öfter – so ist, dass ein normaler Mensch zurücktreten möchte. So zeigen sie sich.

Ich glaube nicht, dass der Westen einen Grund hat, Russland ständig zu hassen. Aber wie schnell haben sie diese zarten Reden und Versicherungen aufgegeben, dass uns alles gemeinsam ist, Sicherheit, Wirtschaft und generell der ganze Raum vom Atlantik bis zum Pazifik.

Wie schnell sind die Instinkte, Europa gegen Russland zu vereinen, wieder aufgetaucht: so wie Napoleon und Hitler Europa gegen Russland vereinigt haben. Jetzt wird die „Aufklärungsarbeit“ aktiv vorangetrieben. Die Geschichte Finnlands ist anschaulich. Es war der beste Freund Deutschlands und hat ihm aktiv geholfen. Wir dachten, es würde sich alles von selbst erledigen. Dass nach solchen Kriegen die Versöhnung aufrichtig sein würde.

Wissen Sie, warum es so lange so war? Es gibt viele Sprichwörter und Redewendungen, die die Seele und den Charakter unseres geduldigen Volkes widerspiegeln. „Alles ertragen“, wenn es um etwas Richtiges, Wichtiges geht. Andererseits gibt es das Sprichwort: „Gott hat ertragen und wir haben gehandelt“. Aber es gibt auch den Spruch „Siebenmal messen, einmal schneiden“. Wir haben acht Jahre gemessen.

Jetzt werden oft Chroniken von deutschen und anderen europäischen Kriegsgefangenen gezeigt, die 1944-1945 irgendwo in Sibirien durch Dörfer, durch Städte getrieben werden. Großmütter kommen heraus, geben ihnen Brot und Wasser. „Und sie baten um Gnade für die Gefallenen.“ Das haben wir auch gesagt!

Ich werde nicht behaupten, dass es irgendein außergewöhnliches Volk gibt. Das meinen unsere amerikanischen und englischen Kollegen. Aber diese Eigenschaft der Russen und unseres ganzen Volkes wird wahrscheinlich unterschätzt. Oder glauben die, dass es immer so sein wird? Sie tun uns jetzt etwas Böses an, und wir werden ihnen wieder Brot und Wasser geben. Wir müssen mit den Nachbarn, die wir haben, leben.


„Soft Power“ und die Dummheit des Westens

Frage: Sie haben Fragen zu Syrien, Irak und sogar zur Wüste beantwortet. Ich würde gerne etwas über die Qualität der Russen sagen. Russland verteidigt jetzt die Kultur, die Werte. „Soft Power“, die mehrteiligen Filme des Mosfilm-Filmkonzerns, die russische Literatur. Während der Sowjetunion gab es einen deutlichen Fortschritt. Viele Zeitungen wurden in andere Sprachen übersetzt. Wann werden wir diese „Soft Power“ im Ausland, in unseren Ländern, wieder sehen, um den Werten entgegenzuwirken, die jetzt vom Westen, zum Beispiel Hollywood, gefördert werden? Das alles ist doch inakzeptabel für die Menschheit.

Lawrow: Was die Anzahl der Soft-Power-„Agenten“ in Form von NGOs, über die wir bereits gesprochen haben, und die Anzahl der Militärbasen im Ausland angeht, werden wir die Amerikaner nicht einholen. Und wir werden es nicht versuchen. Wie ich schon sagte, ist ihre „Soft Power“ eine Fortsetzung des Staates. So sollte es wahrscheinlich auch sein. Der Staat fördert Soft Power, damit die Menschen die Wahrheit über Ihr Land kennen, einen gut behandeln und sich nicht gegen einen stellen, nicht auf Provokationen eingehen, wenn sie jemanden gegen Russland rekrutieren will.

Offiziell ernannte Sanktionsbeauftragte aus Amerika, der EU und England zögern nicht, durch Zentralasien zu reisen und öffentlich zu erklären, dass die Länder, obwohl sie Mitglieder der OVKS, der Eurasischen Wirtschaftsunion, der GUS und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sind, die westlichen Sanktionen befolgen müssen. Das ist eine Unverschämtheit und eine Dummheit zugleich. Ich verstehe, dass sie das erreichen wollen. Vielleicht könnten sie ein bisschen schlauer sein, ein bisschen respektvoller. Sie demütigen die betroffenen Länder. Von China verlangen sie das bereits. „China muss.“

US-Unterstaatssekretär Sherman hat vor einem Jahr, als es um Indien ging, öffentlich erklärt, dass der Westen Indien erklären sollte, was seine nationalen Interessen sind. Kein Kommentar. Solche „Soft Power“ brauchen wir nicht.

Wir haben schon lange aufgehört, in unseren Grundsatzdokumenten davon zu sprechen, dass wir im Ausland ein positives Bild von Russland schaffen wollen. Wir schreiben objektiv. Wir kennen unsere Unzulänglichkeiten. Wir haben nichts zu verbergen. Sie lassen sich größtenteils durch die Geschichte und eine gewisse Trägheit erklären, die vor allem vor dem Beginn der Sanktionen und des hybriden Krieges bestand.

Wir wollen objektiv wahrgenommen werden. Wir haben nicht die gleichen finanziellen Möglichkeiten wie diejenigen, die Dollar drucken und damit ihre Staatsverschuldung auf 34 Billionen Dollar erhöhen. Niemand weiß, wie sie aus dieser Situation herauskommen werden. Der einzige Weg ist, weiter zu drucken und dafür zu sorgen, dass jeder den Dollar weiter benutzt. Aber das geschieht kaum noch. Das ist ihr Problem. Sollen sie doch ihre Propaganda machen.

Wir haben viel kleinere Beträge. Gleichzeitig bauen wir unser Botschaftsnetz aus. Wir stellen unsere Auslandsvertretungen in Afrika wieder her und eröffnen neue Konsularbüros im Nahen Osten, in Südostasien und Lateinamerika. Das Netz der russischen Kultur- und Wissenschaftszentren, die so genannten Russischen Häuser, wird aktiv ausgebaut, gestärkt und qualitativ verbessert.

Wir haben jetzt ein Konzept für die staatliche Politik der Russischen Föderation im Bereich der internationalen Entwicklungshilfe entwickelt, in dessen Rahmen die gesamte Hilfe, die wir dem Ausland kostenlos oder zu günstigen Bedingungen gewähren – Nahrungsmittel, Bau von Schulen, Gesundheitseinrichtungen und vieles mehr – zusammengefasst ist und eine „Arbeitsteilung“ besteht, so dass wir sehen können, wo und welche Projekte durchgeführt werden. Bis vor kurzem war das auf verschiedene Behörden verstreut.

Ein so großes Wunder wie die russische Sprache ist unsere sehr starke „Soft Power“. Die Zahl der Studienbewerber steigt stark an und wir pflegen die Beziehungen zu den Absolventen. In vielen Ländern sind Verbände russischer Hochschulabsolventen gegründet worden. Das ist eine nützliche, offene, positive „soft power“. Wir sind dabei, in befreundeten Ländern Russischkurse einzurichten. In Zentralasien und anderen Ländern – Aserbaidschan, Armenien – wurden russische Schulen eingerichtet, auch im Rahmen der Programme des Bildungsministeriums der Russischen Föderation, und es wurden Zweigstellen russischer Universitäten eröffnet. Wir werden diese „Soft Power“ fördern, im Gegensatz zu „hinterhältigen“ Operationen, bei denen, sagen wir, irgendein Mitarbeiter einer NGO ein Boot für sechs Personen kauft und die Nord Streams in die Luft sprengt.


28.11.2023

"Scholz hat es nicht verstanden" Der russische Außenminister Lawrow im O-Ton über die internationale Politik    (II von II)

Rüstung im Weltraum

Frage: In einer Krisensituation suchen wir nach dem, was uns eint. Deshalb möchte ich eine Frage zum Weltraum stellen. Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Weltraumforschung hängt stark vom internationalen Rechtsrahmen ab. Welcher Weg wird Ihrer Meinung nach bei der Entwicklung des Völkerrechts insgesamt und des Weltraumrechts im Besonderen eingeschlagen? Werden weiterhin universelle Verträge auf der Grundlage der UNO geschlossen, wie der Weltraumvertrag, das Übereinkommen über die Tätigkeiten der Staaten auf dem Mond und anderen Himmelskörpern, oder wird es einen Übergang zu bilateralen und multilateralen Verträgen innerhalb von Blöcken geben, wie zum Beispiel die Artemis-Abkommen? Oder wird es einen vollständigen Verzicht auf rechtsverbindliche Instrumente zugunsten von „Soft Law“ geben? Was ist Ihre Sicht?

Lawrow: Die Zusammenarbeit im Weltraum war das eindrucksvollste Beispiel dafür, dass egoistische oder einfach nur nationale Interessen so ausgerichtet waren, dass gemeinsame Anstrengungen in der Weltraumforschung unternommen wurden. Erinnern Sie sich an Sojus-Apollo?

Niemand – weder die USA, noch die Sowjetunion, noch jetzt Russland – hat sein nationales Interesse geopfert oder opfert es gerade. Im Gegenteil, das nationale Interesse hat sich in der Tatsache manifestiert, dass wir durch gemeinsame Anstrengungen in diesem Bereich mehr lernen und schneller verstehen können, wie dieses Mehr im praktischen Leben genutzt werden kann, nicht nur im Weltraum, sondern auch auf der Erde.

Es gibt die Internationale Raumstation. Dabei geht unser Kosmonaut in die USA, um für einen SpaceX-Flug zu trainieren, und die Amerikaner kommen zu uns in das Sternenstädtchen, um mit uns zu trainieren und dann mit unserem Träger zur ISS zu fliegen. Heutzutage ist es schwer, sich das bei irgendeinem anderem Tätigkeitsfeld vorzustellen. Offensichtlich liegt das an der Verantwortung der Wissenschaftler auf beiden Seiten. Sie verstehen, dass dieses Experiment, das bei weitem kein Experiment ist, sondern eine alltägliche, harte, aber sehr nützliche Arbeit, wichtig für die Wissenschaft und für die künftige technologische Entwicklung der Welt ist. Gott segne alle, die das tun.

Das Leben geht weiter. Die Ressourcen der Internationalen Raumstation wurden bereits ein paar Mal verlängert. Sie wird nicht ewig halten. Jetzt bauen wir unsere eigene Station, und die Chinesen haben die ihre gebaut. Mit den Chinesen haben wir gemeinsame Pläne.

Die Verantwortlichen der NASA scheinen zu sagen, dass auch sie die Zusammenarbeit gerne fortsetzen würden, wenn die Ressourcen der ISS erschöpft sind, aber auf politischer Ebene hört man so etwas nicht.

Die derzeitige politische Elite des Westens lässt sich von dem Grundsatz leiten, dass sie die Russen bis auf Weiteres braucht. Also werden sie sie nutzen und in der Zwischenzeit ihre eigene Station aufbauen. Die NASA-Führer vertreten jedoch eine andere Position.

Der Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums, einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, bleibt bestehen. Nach unserer rechtlichen Einschätzung deckt er auch den Status des Mondes ab. Ein amerikanisches Dokument, das vor einigen Jahren verfasst wurde – sie beginnen, selektiv einzelne Länder dazu einzuladen -, würde einer korrekten und ehrlichen Auslegung des Weltraumvertrags widersprechen. In dem Dokument ist auch vom Mond und anderen Himmelskörpern die Rede.

Ein weiterer Bereich der rechtlichen Entwicklung in diesem Bereich sind militärische Aspekte. Seit langem setzen wir uns in Genf auf der Abrüstungskonferenz gemeinsam mit China für einen Vertragsentwurf zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und für eine Initiative zur Nichtverbreitung von Waffen im Weltraum ein. Die USA sind damit kategorisch nicht einverstanden. Wir haben einen taktischen Rückschritt gemacht und schlagen vor, zunächst die individuellen Verpflichtungen der einzelnen Länder zu prüfen, nicht als erste Waffen im Weltraum zu stationieren. Viele Länder haben sich dem angeschlossen. Wir werden diese Arbeit fortsetzen.

Die Amerikaner schlagen eine gegenteilige Initiative vor. Sie sagen, dass sie das Recht haben, Waffen in den Weltraum zu bringen, und sie werden keine Verpflichtung unterschreiben, dies nicht zu tun. Und wir bereiten angeblich mit den Chinesen Anti-Satellitenwaffen vor, um amerikanische Aufklärungssatelliten von „wirtschaftlicher“ Bedeutung zu zerstören. Darüber wird zur Zeit gesprochen.

In der geopolitischen Atmosphäre, die sich seit Beginn des hybriden Krieges gegen Russland entwickelt hat, ist es sehr schwierig, diese Art von Diskussion fortzusetzen. Die Amerikaner führen eine heftige Kampagne, ich kann kein anderes Wort dafür finden, drehen allen die Arme auf den Rücken und versuchen, Russland entweder von vielen UN-Gremien, die sich mit praktisch wichtigen Dingen befassen, auszuschließen oder die Beteiligung unseres Landes daran einzuschränken. „Und wieder geht der Kampf weiter.“

Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/der-russische-aussenminister-lawrow-im-o-ton-ueber-die-internationale-politik/


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.11.2023

West-Eliten – Mit "magischem Denken" in den Untergang

meinungsfreiheit.rtde.life, 28 Nov. 2023 07:30 Uhr,Von Rainer Rupp

Eine Woche vor dem großen Angriff der Hamas-Kämpfer gegen das kriminelle zionistische Besatzerregime haben sich die USA bezüglich des Nahen Ostens noch optimistisch geäußert. Offensichtlich hat magisches Wunschdenken nüchterne Analysen verdrängt, was jüngst das "Wall-Street-Journal" auch in Bezug auf die Ukraine angemahnt hat.


Quelle: AFP © Anna Moneymaker / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP


Archivbild: Der nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, verlässt ein Briefing für US-Senatoren im US-Kapitolgebäude am 07. September 2023 in Washington, DC.


Genau sieben Tage vor dem Angriff palästinensischer Freiheitskämpfer unter Führung der Hamas gegen das brutale zionistische Besatzer- und Apartheid-Regime hatte der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, auf dem "Atlantic Festival" eine lange Liste positiver Entwicklungen im Nahen Osten aufgezählt, die es jetzt der Biden-Regierung ermöglichten, sich auf andere Regionen der Welt und sonstige Probleme zu konzentrieren. Unter anderem nannte er den Waffenstillstand im Jemen, die Angriffe von Iran-nahen Milizen in Syrien auf US-Truppen hätten aufgehört und Amerikas Präsenz im Irak sei "stabil". Die guten Nachrichten gipfelten in dieser Aussage:

"Die Region des Nahen Ostens ist heute so ruhig wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr."

Der Zorn wächst – US-Diplomaten warnen Biden vor weiterer Unterstützung Israels





Der Zorn wächst – US-Diplomaten warnen Biden vor weiterer Unterstützung Israels 






Eine Woche später hatte der angeblich vollkommen unerwartete und nicht absehbare Mehrfrontenangriff der Hamas gegen das brutale israelische Besatzungsregime nicht nur den Nahen Osten in einen Strudel der Instabilitäten verwandelt, sondern er hat auch in den Israel unterstützenden Ländern des kollektiven Westens zu schweren internen Zerwürfnissen und offen ausgetragenen Spannungen zwischen den regierenden prozionistischen Eliten und großen Teilen der Bevölkerung geführt.


Das zeigt, welch ein Unterschied nur eine Woche machen kann, wenn vollkommen inkompetente Clowns in wichtigen politischen Positionen Entscheidungen treffen, die über Leben und Tod vieler Menschen oder gar über das Schicksal ganzer Nationen den Stab brechen.


Der 47 Jahre junge Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, ist ein solcher Clown. Er ist der Baerbock der Biden-Regierung. Im Gegensatz zu Annalena hat er jedoch eine abgeschlossene Ausbildung, und zwar in Jura. Erst 2008 kam Sullivan über Hillary Clinton in die Politik. Als Redenschreiber stand er ihr bei den Vorwahlen beiseite. Wahlkampf und Redenschreiben war auch seine Haupttätigkeit für Obama und später für Vizepräsident Biden. Er rühmt sich zwar, mit Hillary Clinton 128 Länder besucht zu haben, aber von Außen- und Sicherheitspolitik hat er, wenn überhaupt, nur rudimentäre Ahnung, weshalb er offensichtlich alles für bare Münze nimmt, wenn ihm politisch geschönte Lageberichte über den Zustand in anderen Teilen der Welt vorgelegt werden.


Nur so lässt sich erklären, dass er als Chef des Nationalen Sicherheitsdienstes von Joe Biden mit direktem Zugang zum Präsidenten eine Woche vor dem 7. Oktober sagen konnte: "Die Region des Nahen Ostens ist heute so ruhig wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr." Dabei waren die Zeichen des bevorstehenden Sturms bereits unübersehbar. Man hätte nur das Wunschdenken, beziehungsweise das im Weißen Haus anscheinend dominante "magische Denken", abschalten und hinschauen müssen.


Das "magische Denken", auf dem aktuell die gesamten Strategien der Außen- und Sicherheitspolitik des kollektiven Westens aufbauen, war jüngst auch Thema eines vernichtenden Kommentars im Zentralorgan des US-amerikanischen Kapitalismus, The Wall Street Journal. Die Autoren sind zwei ehemalige hochrangige Mitarbeiter der US-Regierung: Eugene Rumer war im National Intelligence Council (US-Geheimdienst) spezialisiert auf Russland und Andrew S. Weiss war Russland-Spezialist in den Bush- und Clinton Regierungen. Beide bekleiden aktuell hohe Positionen im akademischen- und Beratungsbereich.


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Meinung

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Der Titel ihres Kommentars lautet: "Es ist Zeit, das magische Denken über die Niederlage Russlands zu beenden", mit dem Untertitel: "Putin hat den größten Bemühungen des Westens, ihn wieder aus der Ukraine zurückzudrängen, widerstanden und er hält zu Hause weiter die Macht fest in seinen Händen. Die USA und ihre Verbündeten brauchen eine neue Strategie: Eindämmung." Diese Passage aus dem Wall Street Journal ist unbezahlbar. Es ist der Moment, in dem man in Washington anscheinend erkennt und eingesteht, dass die Strategie des Westens das Produkt "magischen Denkens" ist!


Nachfolgend einige Auszüge aus dem Kommentar:

"Das Selbstbewusstsein des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist kaum zu übersehen. Die Anfang des Jahres mit Spannung erwartete ukrainische Gegenoffensive hat nicht den Durchbruch gebracht, der Kiew eine starke Verhandlungsposition verschaffen würde. Der Tumult im Nahen Osten beherrscht jetzt die Schlagzeilen, und die parteiübergreifende Unterstützung für die Ukraine in den USA wurde durch Polarisierung und Dysfunktionalität im Kongress auf den Kopf gestellt, ganz zu schweigen von den Pro-Putin-Neigungen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump."

"Putin hat Grund zu der Annahme, dass die Zeit auf seiner Seite ist. An der Front gibt es keine Anzeichen dafür, dass Russland einen Zermürbungskrieg verliert. Die russische Wirtschaft wurde zwar erschüttert, aber sie liegt nicht in Trümmern. [Anmerkung: Nein, sie ist sogar stärker als vor den Sanktionen] Putins Machterhalt wurde paradoxerweise gestärkt. Die Unterstützung der Bevölkerung für den Krieg ist nach wie vor solide, und die Unterstützung der Eliten für Putin ist ungebrochen."

"Die Versprechen westlicher Regierungsvertreter, ihre eigenen Rüstungsindustrien wiederzubeleben, kollidieren mit bürokratischen Engpässen und zerbrochenen Lieferketten. In der Zwischenzeit haben Sanktionen und Exportkontrollen Putins Kriegsanstrengungen weit weniger behindert als erwartet. Russische Rüstungsfabriken steigern ihre Produktion, und sowjetische Fabriken übertreffen westliche Fabriken, wenn es um dringend benötigte Güter wie Artilleriegranaten geht."

"Die Technokraten, die für die Führung der russischen Wirtschaft verantwortlich sind, haben sich als widerstandsfähig, anpassungsfähig und einfallsreich erwiesen. Hohe Ölpreise, die unter anderem durch die enge Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien getrieben werden, füllen die Staatskassen wieder auf. Die Ukraine hingegen ist stark von westlichen Geldspritzen abhängig."

"Putin kann auch mit Genugtuung auf seine außenpolitische Bilanz blicken. Seine Investitionen in wichtige Beziehungen haben sich ausgezahlt. China und Indien haben der russischen Wirtschaft eine wichtige Stütze gegeben, indem sie die Importe von russischem Öl und anderen Rohstoffen erhöht haben. Anstatt sich über verlorene Märkte in Westeuropa oder Pekings Widerwillen, sich über die Sanktionen der USA und der EU hinwegzusetzen, zu ärgern, hat Putin entschieden, dass es kurzfristig vorteilhafter ist, einfach Chinas Juniorpartner im wirtschaftlichen Bereich zu werden. Waren aus China machen fast 50 Prozent der russischen Importe aus, und Russlands führende Energieunternehmen sind jetzt süchtig danach, nach China zu verkaufen."

"Selbst Nachbarländer wie Armenien, Georgien, Kasachstan und Kirgisistan haben fette Gewinne gemacht, indem sie als Wegbereiter für die Umgehung von Sanktionen und als Umschlagplätze für die Waren dienten, die Russland früher direkt importiert hat."

Die USA hätten die Welt beherrschen können, aber eine ihrer Schwächen hat alles ruiniert




Meinung

Die USA hätten die Welt beherrschen können, aber eine ihrer Schwächen hat alles ruiniert





Aber jetzt, so fordern die beiden Autoren, sei es an der Zeit, zu einer langfristigen Strategie überzugehen, die den Druck auf das Schurkenregime im Kreml erhöht und aufrechterhält. Dabei sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass eine mögliche Kombination kurzfristiger Schritte ausreichen wird, um Putin zur Aufgabe seines Krieges zu zwingen. Abschließend kritisieren die beiden Autoren die westlichen Staats- und Regierungschefs, die "in auffälliger Weise nichts getan hätten, um ihre Öffentlichkeit über die anhaltende Natur der Bedrohung durch ein revisionistisches Russland aufzuklären", das durch einen Sieg in der Ukraine nur noch "weiter ermutigt" würde.


Weiter im Wortlaut:

"Allzu oft haben sie [die westlichen Staats- und Regierungschefs] sich magischem Denken hingegeben – sie haben auf Sanktionen, auf eine erfolgreiche ukrainische Gegenoffensive oder auf die Lieferung neuer Waffentypen gesetzt, um den Kreml an den Verhandlungstisch zu zwingen. Oder sie haben gehofft, Putin durch einen Palastputsch gestürzt zu sehen!"

Anschließend erklären die Autoren Weiss und Rumer, was sie unter einer langfristigen Strategie verstehen: nämlich "Containment", also Eindämmung wie im Kalten Krieg, das heißt mehr Investitionen in die Rüstungsindustrie, Stärkung der militärischen Fähigkeiten der NATO, diplomatische Ausgrenzung und Abschottung Russlands.


Spätestens beim letzten Absatz wird klar, dass auch die beiden Autoren sich vom "magischen Denken" des Westens noch nicht befreit haben. Sie haben nämlich noch nicht gemerkt, dass die USA und der kollektive Westen nicht mehr der Nabel der Welt sind, sondern die einstigen "Herren des Universums" selbst zunehmend isoliert dastehen, während Russland und China ihnen in Bezug auf globale "Soft Power" und "Goodwill" sogar den Rang abgelaufen haben. Selbst laut einer Umfrage des US-Magazins US-News and World-Report aus den Monaten vor dem 7. Oktober 2023 steht Russland unter den einflussreichsten Ländern der Welt an sechster Stelle. Das dürfte sich seither geändert haben, zumal die USA weltweit in allen Umfragen als "die größte Gefahr für den Weltfrieden" angesehen werden.


Mehr zum Thema - Nervös? – Clip mit Blinken, der Biden angespannt fixiert, geht viral


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28.11.2023

Stoltenberg gibt zu: NATO wollte Krieg mit Russland

    meinungsfreiheit.rtde.life, 28 Nov. 2023 08:52 Uhr

    Bei seiner Rede vor dem EU-Parlament im September machte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg deutlich: Der Krieg hätte verhindert werden können. Der Auslöser des Krieges ist das Beharren auf dem angeblichen Recht der NATO, sich gegen die Sicherheitsinteressen anderer ausdehnen zu dürfen.


    Quelle: www.globallookpress.com © Bernd Elmenthaler


    Aussagen von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor dem EU-Parlament machen deutlich, dass der Ukraine-Krieg im Kern ein Krieg um das Expansionsrecht der NATO ist


    Der Krieg in der Ukraine hätte verhindert werden können. Das gab NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bereits im September auf der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments zu. 

    Im Dezember 2021 berichteten auch deutsche Medien darüber, dass sich Putin schriftlich sowohl an die NATO als auch an die USA gewandt und um Sicherheitsgarantien gebeten habe. Stoltenberg bestätigte in seiner Rede vor dem EU-Parlament die Existenz der Anfrage und führte dazu aus: 

    "Hintergrund war, dass Präsident Putin im Herbst 2021 erklärte und tatsächlich einen Vertragsentwurf schickte, den Russland von der NATO unterzeichnet haben wollte. Darin sollte die NATO keine weitere Expansion versprechen. Das hat er uns geschickt. Und war eine Voraussetzung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Das haben wir natürlich nicht unterschrieben."


    Deutscher Diplomat: Friedensschluss in Istanbul wäre Niederlage der NATO gewesen




    Deutscher Diplomat: Friedensschluss in Istanbul wäre Niederlage der NATO gewesen





    Der Konflikt in der Ukraine eskaliert bereits seit 2008, als die NATO auf dem Gipfeltreffen in Bukarest der Ukraine eine Beitrittsperspektive eröffnete. Nach dem Maidan-Putsch im Februar 2014 und der Absetzung des Präsidenten Janukowitsch änderte die Ukraine ihre Verfassung. Sie gab die bisher in der Verfassung verankerte Neutralität auf. Hinzugefügt wurde stattdessen die Vollmitgliedschaft der Ukraine in der NATO als Staatsziel. 

    Russland hat vielfach deutlich gemacht, dass ein Beitritt der Ukraine zur NATO eine rote Linie sei. Die NATO hat sich in mehreren Erweiterungsrunden Richtung Osten ausgedehnt. Legitimiert wird die Ausdehnung in Richtung der Grenze Russlands und Weißrusslands mit dem Hinweis auf die Freiheit der Bündniswahl. Diese gilt unter anderem laut Schlussakte von Helsinki und anderen völkerrechtlich bindenden Vereinbarungen aber nur eingeschränkt. Bei der Wahl des Bündnisses ist die Stabilität der gesamten Sicherheitsarchitektur zu beachten. Kein Land darf dabei seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit eines anderen Landes erhöhen. Dieser Gedanke ist auch in der NATO-Russland-Grundakte verankert. Dort heißt es:

    "Ausgehend von dem Grundsatz, dass die Sicherheit aller Staaten in der euro-atlantischen Gemeinschaft unteilbar ist, werden die NATO und Russland zusammenarbeiten, um einen Beitrag dazu zu leisten, dass in Europa gemeinsame und umfassende Sicherheit auf der Grundlage des Bekenntnisses zu gemeinsamen Werten, Verpflichtungen und Verhaltensnormen im Interesse aller Staaten geschaffen wird."


    Die Kriegspolitik der USA um jeden Preis und der Gehorsam der EU




    Analyse

    Die Kriegspolitik der USA um jeden Preis und der Gehorsam der EU





    Gegen diesen Grundsatz der Unteilbarkeit von Sicherheit wurde verstoßen. Sie ist der Grund und Auslöser für den Ukraine-Konflikt, der sich schließlich zu einem Stellvertreterkrieg zwischen NATO und Russland entwickelte, der auf dem Gebiet der Ukraine ausgetragen wird. Dabei geht es vor allem um das vermeintliche Recht der NATO, sich immer weiter auszudehnen. Mit einem Verzicht auf einen NATO-Beitritt wäre der Konflikt seiner Lösung nahe.

    Das macht auch das bereits im März 2022 ausgehandelte Abkommen zwischen der Ukraine und Russland deutlich. Bereits am 27. Februar, wenige Tage nach Beginn der militärischen Spezialoperation, wurden Verhandlungen aufgenommen, die zu einem unterschriftsreifen Dokument führten. Darin war vorgesehen: Die Ukraine verzichtet auf einen NATO-Beitritt, Russland zieht sich aus der Ukraine zurück. Als Zeichen des guten Willens war Russland bereit, Militär unmittelbar aus der Region um Kiew abzuziehen. Drei Tage nach dem Abzug machten die Bilder von Butscha in den Medien die Runde. Die Ukraine zog sich mit dem Hinweis auf die angeblichen Kriegsverbrechen Russlands und auf Anraten des Westens aus der Vereinbarung zurück. Seitdem wird der Krieg durch immer umfassendere Waffenlieferungen vonseiten des Westens eskaliert. Die NATO hat offenbar ein Interesse an einem möglichst langen Krieg. 

    Mit seinem Statement macht Stoltenberg deutlich, dass die NATO darüber unterrichtet war, dass Russland bei Ablehnung in die Ukraine einmarschieren würde. Mit der Zurückweisung der russischen Bitte hat die NATO sowohl gegen die NATO-Russland-Grundakte als auch gegen die Schlussakte von Helsinki verstoßen, denn sie hat den Konflikt aktiv eskaliert.


    Mehr zum Thema – Rada-Abgeordneter macht eklatante Offenbarung: Krieg hätte im März 2022 beendet werden können


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    Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
    Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
    Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.

Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/europa/188235-stoltenberg-gibt-zu-nato-wollte


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Russland:Putin fordert im Ukraine-Konflikt Sicherheitsgarantien von der Nato und den USA


Unser Handeln hängt nicht vom Verlauf von Gesprächen ab, sondern davon, ob unsere Sicherheit gewährleistet wird", sagte Wladimir Putin. (Foto: Natalia Kolesnikova/AFP)


sueddeutsche.de, vom 23. Dezember 2021, 14:27 Uhr

Auf seiner Jahrespressekonferenz verlangt der russische Präsident erneut eine Zusage von der Nato, dass diese sich nicht nach Osten ausdehnen wird. Auch die Gaspreise und Nawalny sind Thema.


Russlands Präsident Wladimir Putin hat rasche Sicherheitsgarantien von den USA und der Nato gefordert. "Sie müssen uns Garantien geben, und zwar sofort - jetzt", sagte Präsident Wladimir Putin am Donnerstag bei seiner Jahrespressekonferenz in Moskau. Im Konflikt mit der Ukraine wolle Russland eine weitere Eskalation vermeiden. Dazu bräuchte es entsprechende Zusagen des westlichen Militärbündnisses, wie etwa auf eine weitere Expansion nach Osten zu verzichten. Die Nato habe Russland seit dem Ende des Kalten Krieges mit ihrer Osterweiterung immer wieder getäuscht.


Die Verhandlungen über die geforderten Sicherheitsgarantien sollten Anfang nächsten Jahres in Genf beginnen. Die russischen Vorschläge dazu seien bei den USA überwiegend auf positive Resonanz gestoßen. "Ich hoffe, dass die Entwicklung der Situation in diese Richtung gehen wird", sagte Putin. Russland unterstützt in der Ost-Ukraine pro-russische Separatisten und soll in der Grenzregion rund 100 000 Soldaten zusammengezogen haben. Die Ukraine sowie die USA, die Nato und die Europäische Union (EU) befürchten eine militärische Eskalation und haben Russland wiederholt vor einer Invasion gewarnt. Russland wiederum verlangt Garantien, dass die Nato sich nicht weiter nach Osten ausdehnt, die Ukraine trotz deren Wunsch nicht als Mitglied aufnimmt und dort weder Truppen noch Waffen stationiert.



Sicherheitspolitik

Eine Frage von Minuten

Russland fürchtet neue Mittelstreckenwaffen der USA oder anderer Nato-Staaten. Allerdings hat nur Moskau selbst atomare Marschflugkörper angeschafft. Von Paul-Anton Krüger


Wie immer kurz vor dem Jahreswechsel nahm der Kremlchef bei seiner traditionellen Jahrespressekonferenz mehrere Stunden lang zu den verschiedensten Themen Stellung. Erwartet wurden mehr als 500 Journalisten aus dem In- und Ausland. Bei solchen Auftritten teilt er gern gegen den Westen aus.

Der russische Präsident äußerte sich auch zu den hohen Gaspreisen in Europa, für die er Deutschland mitverantwortlich machte. Deutschland nutze die niedrigeren Preisen aus langfristigen Lieferverträgen, um das Gas mit Gewinn an Nachbarländer zu verkaufen. Er vermute, dass ein Teil des an Deutschland gelieferten russischen Gases letztendlich an die Ukraine weiterverkauft werde. Europa habe sich die Gas-Probleme selbst eingebrockt und sollte diese nun selbst lösen.


Putin fordert Beweise für die Vergiftung des Oppositionellen Nawalny

Im Fall des vor mehr als einem Jahr vergifteten Oppositionellen Alexej Nawalny forderte Putin Beweise für ein Verbrechen. Der Westen habe bisher keinen Beleg für die "angebliche Vergiftung" mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok vorgelegt. Mehrere Labors, darunter eins der Bundeswehr, hatten nach offiziellen Angaben die Vergiftung nachgewiesen.

Der bekannte russische Oppositionelle Nawalny, der im August 2020 nur knapp einen Giftanschlag überlebte, befindet sich seit Anfang des Jahres in einem Straflager. Nawalnys Vergiftung und seine anschließende Festnahme hatten das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Russland und Europa noch zusätzlich belastet. Der Westen hatte wegen des Verbrechens Sanktionen gegen Russland verhängt. Nawalny hatte Putin persönlich für den Mordanschlag auf ihn verantwortlich gemacht. Der Kreml weist das zurück.

Es wurde auch erwartet, dass Putin sich zur gegenseitigen Ausweisung von Diplomaten nach dem Urteil im sogenannten Tiergarten-Mord äußert. Weitere Themen auf der Liste der zu beantworteten Fragen waren hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Einkommen im Inland sowie die angespannte Corona-Lage in Russland sein. In der Vergangenheit gab sich der Präsident als Kümmerer, der Lösungen bei Problemen in den Regionen versprach. Putin ist schon seit mehr als 20 Jahren entweder als Präsident oder als Ministerpräsident an der Macht.


Info: https://www.sueddeutsche.de/politik/putin-jahrespressekonferenz-ukraine-konflikt-nato-1.5494879

28.11.2023

Einladung_Buchvorstellung_Hilfe für verfolgte Juden in Österreich 1938-1945_30.11.2023.de

aus e-mail von friedensglockengesellschaft@web.de, 28. November 2023, 10:35 Uhr

Screenshot_2023_11_28_at_12_20_17_Titel_Einladung_Buchvorstellung_Hilfe_fu_r_verfolgte_Juden_in_O_sterreich_1938_1945_30.11.2023.pdf


Sehr geehrte Damen und Herren,


die Gedenkstätte Stille Helden in der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand lädt Sie
herzlich zu einer Buchvorstellung ein:


Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Hg.)
„Wir hätten es nicht ausgehalten, dass die Leute neben uns umgebracht werden“
Hilfe für verfolgte Juden in Österreich 1938–1945


Donnerstag, 30. November 2023, 19 Uhr
Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Zweite Etage, Saal 2B


Begrüßung: Prof. Dr. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand


Grußwort: Botschafter Dr. Michael Linhart, Botschafter der Republik Österreich in der Bundesrepublik Deutschland


Einleitung: Dr. Andreas Kranebitter, wissenschaftlicher Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands


Buchpräsentation: Dr. Manfred Mugrauer und Dr. Brigitte Ungar-Klein, Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands


Mit dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 hatte sich die Situation der jüdischen Bevölkerung dramatisch geändert. Was mit der Verfolgung, Entrechtung, Beraubung und Vertreibung der hier lebenden Juden begann, mündete schließlich in deren Ermordung. Etwa 66 000 Jüdinnen und Juden aus Österreich kamen im Rahmen der nationalsozialistischen Verbrechen ums Leben. Während die meisten Menschen zuschauten bzw. wegschauten, widersetzten sich einige der mörderischen Politik. Sie halfen den Verfolgten beim »Untertauchen« oder der Flucht außer Landes.


Der vorliegende Band zeigt anhand von zehn Geschichten die unterschiedlichen Hilfsaktionen,
die bedrohten Jüdinnen und Juden in Österreich ein Überleben ermöglichten. Es ist im Lukas
Verlag erschienen (444 S., 25,00 €).


Wir würden uns sehr freuen, Sie bei dieser Veranstaltung begrüßen zu dürfen.


Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Johannes Tuchel
Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand


Wir bitten um Anmeldung bis zum 29. November 2023 per E-Mail: veranstaltung@gdw-berlin.de.
Durch Ihre Teilnahme an der Veranstaltung stimmen Sie zu, dass die dort entstandenen Fotos für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit (u.a. Internetauftritte, soziale Medien, Druckprodukte) verwendet werden dürfen.

28.11.2023

Israelischer Politiker äußert sich zu Israels "Kriegsverbrechen" & "Faschismus"

seniora.org, 27. November 2023, 26.11.2023 Dr. Ofer Cassif im Interview mit Zain Raza, Leitender Redakteur & CEO von acTVism Munich

Dr. Cassif: In den Vereinigten Staaten wurde ich interviewt. Ich wurde von CNN und Al Jazeera, BBC, Russia Today und einigen Podcasts und so weiter interviewt.Von den anderen Leitmedien wurde ich nicht interviewt. In Deutschland sind Sie der erste, der mich tatsächlich interviewt.

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(Red.) Die klare Sprache von Dr. Ofer Cassif bedarf keines weiteren Kommentars. Weil auch die Deutsche Verantwortung angesprochen ist, wünschen wir diesem Video (51 Min.) eine weite Verbreitung, vor allem in Deutschland.(ww)

 Transkript


Zain Raza:

Vielen Dank, dass Sie heute eingeschaltet haben und willkommen zu einer weiteren Folge von die Quelle. Ich bin ihr Gastgeber, Zain Raza. Heute spreche ich mit dem israelischen Politiker und Mitglied des israelischen Parlaments Dr. Ofer Cassif. Dr. Ofer Cassif ist außerdem Dozent für Politik und Philosophie an der Hebrew University in Jerusalem. Er promovierte an der London School of Economics und erhielt seinen post-Doktoranten-Status an der Columbia University.

Dr. Ofer, vielen Dank, dass Sie heute bei uns sind. Bevor ich auf die jüngsten Entwicklungen eingehe, möchte ich mit Ihrer persönlichen Situation beginnen. Im Oktober wurden sie von einer Ethikkkommission des israelischen Parlaments für 45 Tage suspendiert, nachdem Sie den israelischen Angriff auf den Gazastreifen kritisiert hatten. Dies geschah zu einer Zeit als die israelische Regierung mehr als 100 israelische Bürger aufgrund von Posts in den sozialen Medien verhaftete, in denen die Palästinenser in Gaza unterstützt wurden. Berichten zufolge sind mindestens 70 israelische Universitätsstudenten von einer Suspendierung oder einer anderen Form von Disziplinarmaßnahmen bedroht, weil sie pro-palästinensische Inhalte im Internet veröffentlicht haben.

Können Sie uns einige Einzelheiten über ihre Situation mitteilen und können Sie auch etwas über das allgemeine harte Vorgehen in Israel sagen?

Dr. Ofer Cassif:

Ich befinde mich derzeit in Südamerika. Ein paar Tage vor dem Massaker der Hamas kam ich in Mexiko Stadt an, um an einem Seminar der sozialistischen, kommunistischen und Arbeiterparteien teilzunehmen. Als das Massaker stattfand war ich dort. Anschließend konnte ich nicht mehr zurückkehren, vor allem und unter anderem weil es keine Flüge nach Israel gab. Also bin ich nach Südamerika gegangen, wo die Familie meiner Frau lebt, und ich bin immer noch hier. Ich beabsichtige, nach Israel zurückzukehren, hoffentlich bald, aber als ich suspendiert wurde konnte ich ohnehin nicht mehr an den Aktivitäten der Knesset teilnehmen. Ich bin also hier geblieben, obwohl ich natürlich lieber wieder zu Hause wäre.

Aber das ist die Situation und das hat mit ihrer Frage zu tun, der politisch wichtigen Frage nach der Verfolgung von Oppositionellen Stimmen in Israel.

Zain Raza:

Und wie sieht es mit dem harten Durchgreifen aus? Sind die bürgerlichen Freiheiten im Moment in Gefahr und sehen sich Dissidenten und Aktivisten mit einer Art Razzia durch die Regierung konfrontiert?

Dr. Ofer Cassif:

Absolut richtig. Erlauben Sie mir, es in den richtigen Kontext zu stellen. Ich nehme an, dass ihre Zuhörer und diejenigen, die die Sendung verfolgen, wissen, dass die israelische Regierung, die   – wie ich sagen muss   – eine faschistische Regierung ist, kurz vor dem Massaker des 7. Oktober und den daraufolgenden Ereignissen versucht hat, einen Staatsstreich durchzuführen. Natürlich wurde dies unter dem Vorwand einer Justizreform beschönigt. Aber es handelte sich nicht um eine Justizreform. Das war ein Putsch der Regierung mit der Absicht, die wenigen demokratischen Elemente, die es dort noch gibt, zu beseitigen, und das sind nicht allzu viele. Sie wollen sie vollständig beseitigen.

Nun, sie sind gescheitert, vor allem aufgrund der Proteste. Also haben sie das schreckliche ungeheuerliche Gemetzel, das die Hamas begangen hat, als Vorwand benutzt, um eben die gleichen Ziele zu verfolgen, die sie hatten, als sie den Staatsstreich durchführen wollten, zusätzlich zu dem Massaker, das Israel in Gaza zu verantworten hat.

Und es gibt keine andere Möglichkeit, es zu beschreiben. Ich meine, wir müssen sehr vorsichtig sein. Und erlauben Sie mir, noch noch etwas hinzuzufügen: Es gibt keine Dichotomie in dem Sinne, dass wenn man gegen das schreckliche Gemetzel der Hamas ist   – und wir müssen uns selbstverständlich dem entgegenstellen   – man per Definition das Massaker befürwortet, dass Israel an den unschuldigen palästinensischen Zivilisten in Gaza verübt. Und ich betone: Unschuldige Zivilisten!

Umgekehrt bedeutet es nicht, dass man die Hamas oder deren Blutbad befürwortet, wenn man sich dem Massaker widersetzt, für das Israel verantwortlich ist, dem Angriff, den Israel gegen Gaza führt. In diesem Sinne, denke ich, dass zu viele Regierungen in der Welt   – auch die deutsche   – sich des Blutvergießens schuldig gemacht haben. Denn sie lassen es unter dem Vorwand der Selbstverteidigung Israels zu. Es handelt sich nicht um Selbstverteidigung.

Angesichts der Aktivitäten der israelischen Regierung seit dem 7. Oktober, zusätzlich zu dem Massaker und den Kriegsverbrechen in Gaza selbst, wird dies natürlich als Vorwand („smoke screen“) benutzt, um die Palästinenser im Westjordanland ethnisch zu säubern, um einen Krieg gegen demokratische Juden und Linke sowie die palästinensischen Bürger in Israel zu führen.

Wenn wir die Zeit haben, kann ich es im Detail erklären. Ein Teil davon besteht natürlich darin, Israel in eine vollwertige faschistische Diktatur zu verwandeln und zwar zum Teil durch das, was Sie vorhin zitiert haben: Die Verfolgung von Menschen, die eine oppositionelle Stimme erheben, die einen Waffenstillstand, den Austausch von Gefangenen und die Freilassung von Geiseln, die Beendigung des Krieges und schließlich die Beendigung der Besatzung und das Erreichen eines gerechten Friedens fordern, was im Interesse aller Beteiligten liegt, im Interesse aller Betroffenen. Dies liegt in erster Linie im Interesse der Palästinenser aber auch im Interesse Israels.

Sicherheit für Israel   – und ich und meine Mitstreiter, Palästinenser und Juden gleichermaßen, wir unterstützen die Sicherheit Israels. Und wir werden als anti-israelisch dargestellt. Der einzige Faktor, der sich jetzt gegen Israel und die Israelis richtet oder eine solche Politik betreibt, ist die Regierung. Deshalb rufe ich die deutsche Regierung und die deutsche Gesellschaft auf: Wenn sie Israel wirklich unterstützen wollen, müssen sie gegen den Krieg und gegen die Regierung sein. Denn die Regierung, die faschistische Regierung von Netanyahu, Ben Gvir und den anderen Schurken, sind diejenigen, die sich gegen die israelische Gesellschaft stellen. Und sie stellen eine große Gefahr dar.

Zain Raza:

Sie sprachen von dem Versuch dieser Regierung die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und die Exekutive an die Macht zu bringen. Aber ich würde diesen Konflikt gerne in einen größeren Zusammenhang stellen, was die Leitmedien in Deutschland versäumen. Können Sie uns etwas über die Zusammensetzung dieser Regierung sagen? Was für Persönlichkeiten gibt es? Und zweitens: Können Sie einen Überblick über den Umgang dieser Regierung mit der Situation in Gaza und im Westjordanland geben, nachdem sie 2022 an die Macht kam?

Dr. Ofer Cassif:

Jeder weiß dass Netanyahu drei sehr schwere Straftaten zur Last gelegt werden. Das Einzige, was Netanyahu antreibt, ist sein persönliches Interesse, nicht ins Gefängnis zu müssen. Das ist das Einzige   – nicht das Wichtigste   – das Einzige, was ihn antreibt. Ich muss sagen, dass Netanyahu als Person ein Psychopath ist. Selbst als Jitzchak Schamir Ministerpräsident der Likud war und ideologisch gesehen viel weiter rechts stand als Netanyahu, sagte er vor 35 Jahren, dass Netanyahu für Israel gefährlich sei, dass Netanyahu nur an seine eigenen Interessen denke. Das war viele Jahre vor den Strafanzeigen. Aber jetzt, wenn man die strafrechtlichen Vorwürfe zu diesem psychopathischen Charakter von Netanyahu hinzufügt, ist es noch gefährlicher.

Warum ist es also so wichtig, die persönlichen Probleme von Netanyahu anzusprechen? Weil er bei der Zusammenstellung der derzeitigen Regierung und Koalition die fanatischsten, messianistischsten und rassistischsten Persönlichkeiten der israelischen Politik aufgenommen hat, von denen einige als Unterstützer des jüdischen Terrorismus verurteilt werden, wie Ben Gvir, wie Smotrich, der aus seltsamen Gründen nicht angeklagt wurde, obwohl er angeklagt werden sollte und vom Schin Bet überführt wurde: Der Geheimdienst sagte, dass er während des Rückzugsplans vor etwa 20 Jahren mit einer großen Menge Treibstoff auf dem Weg zu einem Terroranschlag gefasst wurde. Das sind also die Personen, die die Regierung kontrollieren.

Warum hat Netanyahu eine Regierung mit diesen Fanatikern gebildet? Und warum, was noch wichtiger ist, hat Netanyahu die Likud-Partei umgewandelt, die eine sehr hoch angesehene Partei war? Natürlich stehe ich   – gelinde gesagt, das war noch nie der Fall   – nicht auf deren Seite. Aber die Likud-Partei war über all die Jahre eine ideologische Partei. Noch einmal: Ich bin gegen die Ideologie der Likud-Partei, gegen deren Politik. Immer. Aber dennoch war sie eine ideologische Partei und sie war eine überragende Partei in der israelischen Politik, selbst als sie in der Opposition war, bevor sie 1977 zum ersten Mal die Wahlen gewann.

Netanyahu hat die Likud-Partei in eine Bibisten-Partei verwandelt. Sie kennen den Begriff Bibiism oder Bibiist, der sich von dem Spitznamen Netanyahus ableitet. Er hat die Likud in eine bibistische Sekte verwandelt. Das sagen ehemalige Mitglieder des Likud. Viele Exminister und Mitglieder der Knesset, die jahrelang Mitglied des Likud waren, bestätigen dies. Den Likud gibt es nicht mehr. Nur der Titel besteht noch. Warum ist das so wichtig? Weil Netanyahu innerhalb des Likud die ernsthafteren oder fundierteren ideologischen Persönlichkeiten ausgeschlossen hat, und er den Weg zu wichtigen Positionen innerhalb des Likud für Leute gebilligt und geebnet hat, die sich nicht von Ben Gvir oder Smotrich unterscheiden.

Es ist also falsch, nur die sogenannte Partei des religiösen Zionismus als Faschisten und noch Schlimmeres zu bezeichnen. Es ist wahr, das sie das sind. Aber innerhalb des Likud gibt es jetzt eine Mehrheit in der Knesset, die ideologisch gesehen   – wenn sie eine Ideologie haben, denn einige von ihnen sind einfach Opportunisten, aber wenn wir uns auf jene Ideologischen beziehen   – ähneln sie heute viel mehr den Rassisten.

Und ich spreche von einer echten Theorie des Rassenwahns, den Deutschland aus seiner Geschichte sehr gut kennt. Ich spreche von Personen, die wirklich an die jüdische Vorherrschaft glauben. Viele innerhalb des Likud denken so.

Die Gründe für Netanyahus Handeln liegen im Machterhalt. Er wollte niemanden wie z.B. Benny Begin, Michael Eitan oder Dan Meridor. Auch das sind Menschen, mit denen ich große Debatten und Meinungsverschiedenheiten habe. Aber ich kann nicht ignorieren, dass sie ehrliche und ernsthafte Menschen sind. Übrigens kann man mit ihnen tatsächlich diskutieren, was man von der großen Mehrheit der Likud-Leute heute nicht behaupten kann.

Warum haben sie sie dann vertrieben und den Weg für den Abschaum der Welt geebnet? Weil er auf diese Weise die Macht in seinen Händen behalten konnte. Er hat den Likud in eine persönliche Bibisten-Sekte verwandelt. Jetzt bildet er diese Regierung mit diesen Fanatikern, denn das Einzige, was ihn interessiert, ist das Amt des Ministerpräsidenten, um der Gefahr einer Inhaftierung zu entgehen. In diesem Sinne ist er also bereit, alles zu tun, was ihm einen Vorteil verschaffen könnte. Er ist der Nutzniesser   – nicht die israelische Gesellschaft. Er ist jetzt der Hauptfeind Israels   – er und seine Regierung, mit allem.

Sehen Sie sich das schreckliche Massaker an, das die Hamas begangen hat. Wer ist dafür verantwortlich? Nicht, wer der Schuldige ist. Sie Schuld liegt ganz bei der Hamas. Sie sind die Mörder, die es getan haben. Aber die Verantwortung für die Fahrlässigkeit und für die Schaffung der Umstände, die dieses schreckliche Gemetzel ermöglichten, liegt bei Netanyahu und seiner Regierung.

Ich werde Ihnen einige Beispiele nennen: Zunächst einmal hat der Geheimdienst der israelischen Armee Netanyahu bereits im März, also vor 9 Monaten, gewarnt, dass die Hamas wie auch andere   – die Hisbollah und andere   – aber in unserem Fall die Hamas, den Staatsstreich gegen Israel einsetzen würden, wenn er, wenn die Regierung, mit der sogenannten Justizreform fortfahre. Der Geheimdienst innerhalb der israelischen Armee hat Netanyahu gewarnt, dass die Fortsetzung dieses Staatsstreichs Israel in ein ernsthaftes Risiko und in Gefahr bringt. Er wollte nicht darauf hören.

Ich erinnere mich, dass ich am Abend der Abstimmung über die sogenannte Angemessenheitsklausel anwesend war, die eine massive Änderung des Justizsystems durch ein Gesetz darstellt, das die Unabhängigkeit und die Möglichkeit des Gerichts gegen Beschlüsse der Regierung zu entscheiden herabsetzt. Am Abend der Abstimmung über dieses Gesetz kam der Stabschef der israelischen Armee mit einigen anderen Generälen dringend in die Knesset   – was nicht sehr oft vorkommt, wenn überhaupt   – um persönlich mit Netanyahu zu sprechen und ihm zu sagen: „Stopp! Das wird Israel gefährden!“ Er weigerte sich, sie zu treffen. Er verweigerte ein Treffen mit ihnen.

Ich weiß nicht mehr genau, wie viel Zeit vor dem eigentlichen Massaker vergangen ist. Aber ich glaube, es befanden sich 34 oder 35 Bataillone der israelischen Armee an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel. Netanyahu verlegte… Netanyahu ist natürlich der Kopf der Schlange, aber die Regierung hat Einfluss… Netanyahu verlegte 32 Bataillone von dort in das Westjordanland. Er ließ nur zwei oder drei Bataillone an der Grenze zum Gazastreifen stationiert. Warum hat er das getan? Um die illegalen Siedlungen und die Pogrome der Siedler zu verteidigen, die Pogrome, die sie täglich gegen unschuldige Palästinenser, insbesondere gegen Hirten, begehen. Dies ist Teil der ethnischen Säuberung die im Westjordanland stattfindet.

Sogar Hamas-Terroristen, die während und nach dem Massaker gefasst wurden und nun verhört werden   – einiges davon wurde veröffentlicht   – sagten, sie seien schockiert gewesen. Sie waren überrascht, dass niemand auf sie wartete, als sie den Zaun durchschnitten und nach Israel eindrangen.

Übrigens gibt es in den Kibbutzim an der Grenze zum Gazastreifen, in jedem einzelnen Kibbutz, lokale Sicherheitskräfte, die bewaffnet sein sollen. Die Regierung, wiederum Netanyahu als Regierungschef, als Premierminister, nahm den meisten dieser Gruppen, die die Kibbutzim sichern sollten, die Waffen weg, um sie den Siedlern im Westjordanland zu geben. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Es geht nicht nur darum zu beweisen, dass die Regierung Israels und Netanyahu persönlich für das Massaker verantwortlich sind und bereits vor 5 Wochen verschwinden oder ins Gefängnis hätten gehen sollen, sondern auch darum zu erklären und zu beweisen, dass die Motivation Netanjahus sowie seitens seiner Regierung nichts mit dem Wohlergehen und der Sicherheit der Israelis oder des Staates Israel zu tun hat, sondern nur mit der Sicherheit und dem Wohlergehen von ihnen selbst und den ihnen nahestehenden Personen, das heißt den 5% der Bevölkerung, den Siedlern.

Das ist etwas, was die Welt wissen muss. Denn sobald sie und insbesondere die deutsche Regierung   – denn sie sprechen mit mir aus Deutschland   – verstehen, dass solange man die israelische Regierung unterstützt, den Israelis schadet. Sie handeln gegen die Interessen des Staates Israel. Wenn sie wirklich ein Freund der Israelis, des Staates Israel, sind, müssen sie sich gegen die israelische Regierung stellen. Denn diese gefährdet uns alle. Das wäre das Richtige.

Zain Raza:

Können Sie auch über die Politik der Netanyahu-Regierung sprechen, nachdem sie 2022 wieder an die Macht kam, und zwar in Bezug auf den Gazastreifen und das Westjordanland?

Dr. Ofer Cassif:

Zunächst einmal geht es nicht nur um diese Regierung. Netanyahu war, wie sie leider wissen, in den letzten 28 Jahren die meiste Zeit Premierminister. Es gab nur hier und da ein paar Wechsel, Scharon, Olmert, Barak aber für eine kurze Zeit. Relativ gesehen war Netanyahu die meiste Zeit Premierminister oder ein Minister z.B. für Finanzen unter Scharon. Und warum sage ich das? Weil Netanyahu seit er Premierminister ist, seit 2007   – glaube ich, aber vielleicht erinnere ich mich nicht mehr an das genaue Jahr   – eine Politik der Stärkung der Hamas im Gazastreifen und der Schwächung der palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland verfolgte.

Und warum? Er hat das ausdrücklich gesagt. Das ist keine Interpretation von mir. Im Jahr 2019 sagte er auf einem Parteitag der Likud-Partei ausdrücklich und ich zitiere ihn mehr oder weniger, er sagte: „Diejenigen, die gegen die Gründung eines palästinensischen Staates sind, müssen die Hamas unterstützen und stärken und die Palästinensische Autonomiebehörde schwächen.“ Was ist der Grund dafür? Ganz einfach: Zunächst einmal spalten und herrschen. Wenn man die Palästinenser spaltet, gewinnt man das Westjordanland, das natürlich besetzt ist, aber zumindest zum Teil die Palästinensische Autonomiebehörde und die Hamas in Gaza. Und vergessen wir nicht, dass die Hamas tatsächlich einen Putsch gegen die Palästinensische Autonomiebehörde unternommen hat, um durch eine Art Staatsstreich die Kontrolle in Gaza zu erlangen. Israel wünschte dies aus demselben Grund, den Netanyahu nannte. Und warum? Weil, sobald es im Westjordanland und im Gazastreifen zwei unterschiedliche und sogar gegensätzliche Behörden gibt, man der Welt weißmachen kann, dass es niemanden gibt, mit dem man über einen palästinensischen Staat sprechen kann. Nehmen wir an, wir würden mit der palästinensischen Autonomiebehörde reden: Die Hamas in Gaza würde das niemals akzeptieren und umgekehrt. Deshalb wollten sie dieses Spalten und Herrschen.

Zweitens, und das führt uns zu den eigentlichen Taten von Netanyahu   – nicht nur zu seinen Aussagen, die Hamas sei als fanatische Organisation bekannt. Wenn man sie also stärkt, kann man feststellen, dass es niemanden gibt, mit dem man verhandeln kann: Schauen Sie sich die Hamas an. Schauen Sie sich die Situation an. Sie sind Fanatiker. Es gibt niemanden, mit dem man verhandeln kann, niemanden mit dem man reden kann.

Netanyahu hat also als Premierminister über viele Jahre hinweg kontinuierlich riesige Geldbeträge, Dollar, aus Qatar an die Hamas überwiesen. Jeder weiß das. Niemand leugnet es. Netanyahu streitet es nicht ab. Das war die Politik. Sie wollten eine starke Hamas und jetzt büßen wir dafür.

Übrigens: Vor 30 Jahren und mehr, als Rabin Premierminister oder Verteidigungsminister unter Scharmir war   – ich weiß es nicht mehr genau   – warnte Daniel Kurtzer, der später Botschafter der Vereinigten Staaten in Ägypten und danach in Israel war, Israel vor 30 Jahren und mehr. Er sagte: „Weil Israel damals die Hamas unterstützt, Israel kämpfte. Es kämpfte wie jede kolonialistische Macht, dass sie die Besatzung fortsetzen und verwalten werden, wenn sie die Alternative zur nationalen Organisation, die PLO, stärken.“ Das ist ein Schlüsselbegriff: Die Besatzung zu verwalten, anstatt sie zu bewältigen oder zu beenden, was die meisten Israelis und die Welt in die Irre geführt hat, wie wir kürzlich gesehen haben.

Schon vor 30 Jahren hat Daniel Kurtzer die israelische Regierung gewarnt, dass sie einen schrecklichen Fehler begeht, und dass alle einen hohen Preis dafür zahlen werden. Leider hatte er Recht, auch wenn ich sagen muss, dass die Vereinigten Staaten einen großen Teil der Verantwortung dafür tragen, auch wenn er es als amerikanische Offizieller ausgesprochen hat.

Wie auch immer: Das ist die Politik dieser Regierung und der anderen Regierungen von Netanyahu: Die Stärkung der Hamas in Gaza, die Schwächung der palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland, die Verwaltung der Besatzung und die Verschärfung der Besatzung.

Wenn ich noch einen Satz hinzufügen darf: Unter dieser Regierung   – auch wenn es bereits in der vorherigen Regierung begonnen hat   – aber unter dieser Regierung gibt es eine andauernde   – vor dem Massaker, jetzt ist es schlimmer   – ethnische Säuberung der Palästinenser im Westjordanland. Ich meine, wer führt diese ethnische Säuberung praktisch durch? Die Siedler. Sie dürfen tun, was sie wollen. Sie sind bewaffnet.

Nach internationalem Recht leben sie in illegalen Siedlungen und viele von ihnen, die schlimmsten von ihnen, leben in sogenannten illegalen Außenposten, die sogar nach israelischem Recht illegal sind. Aber diese Regierung hat dem Militär befohlen, diese Außenposten nicht anzugreifen. Tatsächlich verstößt die israelische Regierung also täglich gegen das Gesetz.

Ich habe persönlich zwei Hirtengemeinschaften im Westjordanland und im Jordantal nur eine Woche vor dem Massaker besucht und ich traf dort gute Menschen, hart arbeitende Menschen, die nie jemandem etwas zu Leide getan haben, die an einem normalen Leben ohne Besatzung, ohne Verfolgung, ohne Belästigung durch die Siedler oder die Besatzungstruppen interessiert sind, unter deren Schirmherrschaft die Siedler agieren und ihre Verbrechen begehen. Und ich habe Gemeinden gesehen… Vier Gemeinden wurden damals wegen dieser Pogrome und Schikanen der Siedler von ihrem Land vertrieben. Bösartige, rassistische, bewaffnete Siedler unter der Schirmherrschaft der Besatzungstruppen. Und jetzt sind es bereits, wenn ich mich richtig erinnere, 14 oder 16 Gemeinden, die vertrieben wurden. Wir sprechen hier von einem Gebiet, das doppelt so groß ist wie Tel Aviv und das ethnisch gesäubert wurde.

Wo ist die Welt? Wo ist Deutschland? Deutschland trägt Schuld und zwar zu Recht für das, was es vor 90 Jahren den Juden einschließlich meiner Familie angetan hat. Aber sie werden in 90 Jahren bereuen, dass sie das Gleiche… Nicht das Gleiche getan, aber zugelassen haben. Sie haben Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Palästinensern zugelassen. Dann wird es zu spät sein. Sie haben die Verantwortung, das jetzt zu stoppen! Sie können es!

Zain Raza:

Werfen wir einen Blick auf einige der jüngsten Entwicklungen in diesem Konflikt. Am 7. Oktober, dem Tag an dem die Hamas und der Islamische Dschihad einen Überraschungsangriff auf Israel verübten, nahmen sie rund 239 Geiseln, darunter Militärangehörige, Zivilisten und ausländische Staatsangehörige. Nachdem die israelische Regierung zunächst einen Waffenstillstand für ein Geiselabkommen abgelehnt hatte, stimmte sie gestern einem Abkommen mit der Hamas zu. Die Hamas erklärte sich bereit, 50 Frauen und Kinder für einen viertägigen Waffenstillstand freizulassen, während Israel ankündigte, 150 palästinensische Frauen und Kinder aus israelischen Gefängnissen freizulassen, die manche nicht als Gefangene, sondern als Geiseln bezeichnen, und außerdem Hunderte von Lastwagen mit humanitärer Hilfe, Medikamenten, Treibstoff und vielen anderen Güter in den Gasastreifen zuzulassen. Auch die Hisbollah kündigte an, sich dem Waffenstillstand anzuschließen, der heute in Kraft getreten ist.

Dies ist eine zweiteilige Frage. Erstens: Welche Bedeutung hat diese Entwicklung? Und zweitens: Warum hat es so lange gedauert, bis Israel eine Vereinbarung mit der Hamas getroffen hat?

Dr. Ofer Cassif:

Ich beginne mit der zweiten Frage. Zunächst ist es ganz natürlich, dass Verhandlungen   – egal mit wem   – normalerweise ihre Zeit brauchen. Aber es gibt noch einen anderen Punkt, den ich ansprechen möchte. Nämlich, und das geht auf meine Aussage am Anfang unseres Gesprächs zurück, dass Netanyahu nur seinem eigenen Wohlergehen interessiert ist und nicht mehr. Netanyahu war gegen diese Art von Deal. Ich mag den Begriff Deal nicht, aber ich benutze ihn, weil ich im Moment keinen besseren finden kann. Der Grund, warum ich den Begriff Deal nicht mag ist, dass ich denke, dass Menschen, menschliche Wesen, nicht als Ware bezeichnet oder betrachtet werden sollten und wenn wir über Deals sprechen, scheint es, als würden wir sie als Ware bezeichnen, was ich wirklich verabscheue. Aber ich werde ihn unseres Gesprächs zuliebe verwenden. Es war mir jedoch wichtig, diese Vorbehalte zu äußern.

Netanyahu war anfangs jedenfalls nicht interessiert und lehnte das Abkommen ab, weil ihm das Wohlergehen und das Leben der Geiseln gleichgültig sind. Es ist ihm egal. Solange er der Ansicht war, dass die israelische Öffentlichkeit ein solches Abkommen nicht unterstützt, wollte er es auch nicht umsetzen. Als er zu begreifen begann, infolge der Umfragen, der Demonstrationen, der Treffen, die nicht nur hilfreich, sondern abstoßend waren   – abstoßende Treffen mit den Familien der Geiseln und ich sage abstoßend aufgrund der Haltung von Netanyahu und einigen anderen Ministern, die sich den armen Familien der Geiseln gegenüber so erniedrigend und unmenschlich verhielten. Sie gehen durch die Hölle und Netanyahu und seine Handlanger haben noch mehr Feuer in dieses Inferno gebracht.

Sobald Netanyahu also dachte oder zu verstehen begann, dass die Mehrheit in Israel ein solches Abkommen unterstützt, änderte er seine Meinung wieder, da er nur an seinem eigenen Wohl interessiert ist. Aber das brauchte Zeit. Dies ist ein Aspekt dessen, warum es so lange gedauert hat bis dieses Abkommen zustande kam.

Es gibt viele Faktoren hinter den Kulissen, die wir nicht kennen. Ich schätze, das ist ein Grund für die lange Verzögerung. Wie ich bereits sagte, sind die Verhandlungen, von denen es überall zahlreiche gibt, implizit. Das heißt, wir wissen nicht was genau hinter den Kulissen vor sich geht. Ich bin sicher, dass die Hamas einen großen Teil der Verantwortung für die Dauer der Verhandlungen trägt ohne die Geiseln freizulassen. Aber, wie ich schon sagte, in Bezug auf Israel, die israelische Regierung, ist die Dauer vor allem auf die Interessen der Beteiligten zurückzuführen, in erster Linie Netanyahu. Aber nicht ausschließlich. Die alte Bande, die sich Regierung Israels nennt, hat ihre eigenen engstirnigen Interessen, die wiederum nicht die Sicherheit und nicht das Wohlergehen der Israelis im Allgemeinen und der Geiseln im Besonderen sind.

Das ist der Grund, warum es meiner Meinung nach so lange gedauert hat.

Zain Raza:

Am 19. November erklärte der israelische Finanzminister Bezalel Smotric und ich zitiere ihn hier: „Ich begrüße die Initiative der freiwilligen Migration von Arabern aus dem Gazastreifen in Länder in aller Welt. Dies ist die richtige humanitäre Lösung für die Bewohner des Gazastreifens und der gesamten Region nach 75 Jahren der Flüchtlinge, der Armut und der Gefahr. Der Staat Israel wird die Existenz einer unabhängigen Entität im Gazastreifen nicht länger akzeptieren können.“

Was meinen Sie, was Israel angesichts dieser Aussage vorhat? Wohin werden 2,2 Millionen palästinensische Zivilisten übersiedeln?

Dr. Ofer Cassif:

Zu Beginn unserer Unterhaltung sprachen wir über meine Suspendierung. Übrigens wurde in der Zwischenzeit ein anderes Mitglied meiner Partei, der Kommunistischen Partei und Mitglied der Knesset, Aida Touma-Suleiman, meine Freundin, ebenfalls für zwei Monate suspendiert, wie ich, weil sie zu einer Feuerpause aufgerufen hatte, weil sie die israelische Regierung der Kriegsverbrechen und der Massaker beschuldigt hatte. Das zeigt, dass die Verfolgung viele sozusagen gewöhnliche Menschen, aber auch Mitglieder der Knesset betrifft. Dies ist ein Teil des diktatorischen Prozesses, den Israel durchläuft, ich erwähnte es, aber weil es in Israel völlig legitim ist, die Beseitigung der Palästinenser zu fordern. Minister und Mitglieder der Knesset und Rabbiner und natürlich wieder „das einfache Volk“ fordern die Beseitigung der Palästinenser in Gaza. Der stellvertretende Sprecher der Knesset hat sogar vor ein paar Tagen getwittert, er rufe dazu auf, Gaza niederzubrennen.

Das ist Nazi-Vokabular. Sie können tun, was sie wollen. Sie machen einfach weiter. Im öffentlichen Diskurs in Israel ist das legitim. Der Geheimdienst, auf den sie sich beziehen, hat ein Dokument veröffentlicht   – es ist deklassifiziert, wir können frei darüber sprechen   –, das vor ein paar Wochen um die Welt ging und einen detaillierten Plan zur Vertreibung, zum Transfer, zur ethnischen Säuberung des Gazastreifens von der einheimischen palästinensischen Bevölkerung enthält.

Und es geht weiter. Die Welt sagt dazu nichts. Erst vor ein paar Wochen rief ein Minister dazu auf, eine Atombombe auf Gaza abzuwerfen. Solche Äußerungen hört man von Ministern und Mitgliedern der Knesset, von Persönlichkeiten aus der Gesellschaft und von Prominenten sozusagen ununterbrochen. Ich habe also wirklich Angst, dass so etwas wahr werden könnte, wenn die internationale Gemeinschaft nicht eingreift und diesem Wahnsinn Einhalt gebietet. Es könnte passieren.

Schauen Sie sich das Geschehen an. Das Massaker in Gaza geht weiter. Nach den Informationen, die ich habe   – und ich möchte hier sehr vorsichtig sein, weil sie vielleicht nicht exakt sind, aber ich denke, das allgemeine Bild ist mehr oder weniger ähnlich   – gibt es derzeit etwa 14.000 Tote im Gazastreifen, die große Mehrheit, mehr als 70%, sind unschuldige Zivilisten. Mehr als 5000 Kinder. Den Menschen, die noch am Leben sind, geht das Wasser aus, wenn es überhaupt welches gibt, ebenso wie Lebensmittel und Medikamente. Nach dem, was vor ein paar Tagen veröffentlicht wurde, ist derzeit kein Krankenhaus in Betrieb. Alle Krankenhäuser im Gazastreifen wurden entweder vollständig bombardiert oder sind einfach außer Betrieb und können keine Behandlungen durchführen.

Bereits vor einigen Wochen hörten und lasen wir von Operationen, die im Schein von Mobiltelefonen stattfanden. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn Israel also solche Verbrechen begehen kann, warum kann es dann nicht mit dem Plan der ethnischen Säuberung fortfahren?

Ich appelliere daher an die internationale Gemeinschaft und insbesondere an die deutsche Regierung, etwas dagegen zu unternehmen. Und ich muss betonen, dass es sich dabei in erster Linie um ein humanistisches Recht handelt. Ich betrachte mich als Humanist in dem Sinne, dass ich das Leben und das Wohlergehen aller Menschen als vorrangigen Wert betrachte. Ich interessiere mich nicht für die Herkunft eines Menschen, weder für sein Geschlecht noch für seine politischen Überzeugungen, seine Religion oder was auch immer oder seine Nationalität. Für mich ist der Mensch der entscheidende Wert, der höchste Wert.

Mein Appell ist also in erster Linie humanistisch und in erster Linie Ausdruck einer humanistischen Gesinnung. Aber es ist auch ein israelischer Appell und ein jüdischer Appell. Denn meiner Meinung nach liegt dies auch im Interesse der Israelis und Israels. Natürlich liegt dies auch im Interesse der Palästinenser und, wie ich eingangs sagte, ist es im Interesse aller, die sich als Humanisten verstehen.

Aber es ist auch im Interesse Israels. Jeder, der Israel vor der israelischen Regierung bewahren will, sollte alle Anstrengungen unternehmen, um nicht nur dieses schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Umsiedlung, zu verhindern, sondern auch um einen echten Waffenstillstand zu erreichen. Nicht nur eine Pause. Ein vollständiger Waffenstillstand. Ein Rückzug aller israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen und zum Wohle beider Völker die Einleitung eines echten Prozesses zur Beendigung der Besatzung und zum Erreichen eines gerechten Friedens.

Dies liegt im Interesse aller Beteiligten, der Palästinenser und der Israelis, der Araber und der Juden, aller! Unternehmen Sie etwas!

Zain Raza:

Wie schätzen Sie die langfristigen Auswirkungen auf Israel ein, sollte dieser Krieg fortgesetzt werden, denn laut Benjamin Netanyahu könnte dieser Krieg Jahre dauern. Was werden die Auswirkungen auf Israel sein   – innenpolitisch und international   – und wird der Staat Israel in der Lage sein, all die Schwierigkeiten zu überwinden, die damit verbunden sind?

Dr. Ofer Cassif:

Wir alle erinnern uns an die Ereignisse von 1982, als Israel in den Libanon einmarschierte und dort fast 20 Jahre lang blieb. Die Zahl der Todesopfer war entsetzlich   – natürlich unter den Libanesen, aber auch unter den israelischen Soldaten, die dort während der 20 Jahre fast täglich ums Leben kamen. Und schließlich musste sich Israel aus dem Libanon zurückziehen. Es spielt im Moment keine Rolle, ob es zu spät oder nicht genug war. Darauf beziehe ich mich nicht. Aber ich fürchte, dass dies ein ähnliches Szenario sein könnte.

Wir könnten in Gaza in ein ähnliches schreckliches Szenario geraten, denn es gibt dieses Klischee, wonach man zwar weiß, wie man in einen Krieg eintritt, aber nie weiß, wie man ihn wieder beendet. Vielleicht ist es ein Klischee, aber das macht es nicht zu einer unzutreffenden Aussage. Selbst wenn ich also aus der Sicht der israelischen Armee und der israelischen Regierung denke   – und natürlich bin ich Israeli und interessiere mich für das Wohlergehen meiner Landsleute, meines Staates und meines Landes   – so ist es abgesehen von den Verbrechen, die damit verbunden sind, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegenüber den Palästinensern im Gazastreifen, auch furchtbar gefährlich für Israel und die Israelis, jetzt auch wirtschaftlich.

Wir sehen bereits die Risse und sehen bereits die Krise, die Wirtschaftskrise, die auf uns zukommt und vor allem, wenn wir uns auf die wirtschaftliche Meinung dieser Regierung beziehen, die ebenfalls extrem rechtslastig ist. Diese Regierung ist nicht nur, wie ich schon sagte, eine faschistische Regierung, eine rechte Regierung gegenüber den Palästinensern oder den Bürgerrechten und so weiter oder in ihren antidemokratischen Aktivitäten. Sie ist auch extrem rechts, was die sozialen und wirtschaftlichen Fragen betrifft. Sie können sehen, dass insbesondere Smotrich als Finanzminister nichts von Wirtschaft versteht. Das sagen sogar die Fachleute im Ministerium. Aber lassen wir das mal beiseite.

Natürlich wird die Investition wirtschaftlich gesehen, die Investition in diesen Krieg, in die Rüstung und so weiter, ihren Preis haben. Es ist bereits der Fall. Wer bezahlt als erster? Wer wird den Preis dafür zahlen? Die schwächsten Klassen: Frauen, arabische Bürger, die sogenannte Peripherie, orientalische Juden, Arbeiter, die Arbeiterklasse, kleine Unternehmen. Sie werden den größten Preis dafür zahlen. Das wird den Siedlern nicht schaden. Es wird den Ultramillionären, Netanyahu und seiner Familie oder einigen seiner Minister, die unermesslich reich sind, nicht schaden. Es wird den Bedürftigsten großen Schaden zufügen.

Und dazu gehört, soweit ich mich erinnere, eine Million Flüchtlinge in Israel. Vergessen wir nicht, dass neben der schrecklichen Frage der Flüchtlinge im Gazastreifen und im Westjordanland angesichts des Massakers der Hamas und dessen Folgen etwa 200.000 Israelis jetzt Flüchtlinge sind, weil sie nicht in ihre Häuser und Heimatstädte oder Dörfer im Süden Israels zurückkehren können. Und auch im Norden gibt es Tausende und aber Tausende von Flüchtlingen, die von dort vertrieben wurden. Sie mussten aufgrund der Konfrontation mit der Hisbollah aus ihren Häusern fliehen. Wer wird dafür bezahlen?

Im Moment ist der Staat übrigens verschwunden. Der Staat ist regungslos. Der Haushalt und das Verhalten der Regierung kommen den Siedlern und den Ultraorthodoxen zugute. Aber diejenigen, die auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind, insbesondere die Flüchtlinge, von denen ich spreche, bekommen nichts oder fast nichts. Solange der Krieg andauert werden sie zusätzlich zu den bereits angeführten Punkten keine Unterstützung vom Staat erhalten. Das wird zu einem totalen Zusammenbruch der israelischen Gesellschaft führen und ich möchte nicht, dass das passiert.

Ich werde sehr oft von den Rechten in Israel beschuldigt, anti-israelisch zu sein. Ich bin nicht anti-israelisch. Meines Erachtens hat sich unsere Meinung, die wir seit langem vertreten, als richtig erwiesen. Das ist die eine Sache. Und zweitens: Alles, was wir ablehnen oder unterstützen geschieht zum Wohle der Israelis und das ist Bestandteil der gegenwärtigen Situation. Die Regierung ist ein Feind des israelischen Staates und des israelischen Volkes, weil sie alles tut, um ihnen zu schaden, um die große Mehrheit der Israelis auf dem Altar des Fanatismus, des Messianismus und der Bigotterie zu opfern.

Zain Raza:

Zu meiner letzten Frage: Wir haben beobachtet, dass westliche Medien, vor allem in Deutschland, wenn sie Experten einladen, um über Gaza und Israel zu berichten, meist Stimmen zu Wort kommen lassen, die Israels Angriff auf Gaza unterstützen. Egal, ob es sich um Analysten, Politiker oder Angehörige der israelischen Armee handelt. Welche Erfahrungen haben sie erstens mit den Medien in Israel gemacht? Und zweitens: hat sie bisher irgendeine führende Medieninstitution aus Deutschland, den USA oder dem Vereinigten Königreich eingeladen, um ihre Sichtweise darzulegen?

Dr. Ofer Cassif:

Was die zweite Frage betrifft, so hat mich niemand von den sogenannten konventionellen Leitmedien eingeladen, in Europa meine ich. In den Vereinigten Staaten wurde ich interviewt. Ich wurde von CNN und Al Jazeera, BBC, Russia Today und einigen Podcasts und so weiter interviewt. Von anderen Leitmedien wurde ich nicht interviewt.

In Deutschland sind Sie der erste, der mich tatsächlich interviewt.

Und was die erste Frage betrifft, so habe ich schon einmal gesagt, dass ich dies vor allem für antidemokratisch halte. Denn eine wirklich demokratische Gesellschaft   – ich möchte nicht einmal Staat sagen. Ein Staat ist ein spezifischer Apparat. Die Gesellschaft ist etwas umfassenderes. Sie schließt den Staat als Apparat der Institutionen ein, aber sie schließt die Öffentlichkeit und mehr, sowie zivilgesellschaftliche Organisationen und so weiter ein. Eine demokratische Gesellschaft ist nicht nur eine Gesellschaft, in der der Staat, in dem es Wahlen gibt und natürlich Grundfreiheiten und so weiter. Aber es muss Pluralismus geben. Und Pluralismus bedeutet, dass es Debatten geben muss. Das ist meiner Meinung nach natürlich eine wichtige Angelegenheit und natürlich gibt es Spielräume oder Grenzen. Ich denke z.B., dass Rassisten oder Chauvinisten nicht die Möglichkeit haben sollten, ihre bösartigen kranken Ansichten zu äußern. Aber abgesehen davon denke ich, dass jeder das Recht auf freie Meinungsäußerung hat, aber auch das Recht, mit Alternativen in Berührung zu kommen. Wie können wir uns sonst wirklich ernsthaft und vernünftig eine eigene Meinung bilden? Wir sollen uns als rationale Wesen unsere Meinung auf der Grundlage von Wissen oder Informationen bilden und wenn ein Teil der Informationen blockiert wird, vor allem wenn sie vom Markt oder Staatsapparat blockiert werden, dann erreichen wir etwas, das eine deutsche Wissenschaftlerin mit dem Titel „Die Spirale des Schweigens“ veröffentlicht hat, Elisabeth Nölle Neumann. Ich glaube, es war in den frühen 70ern, als sie diesen Text veröffentlichte, in dem sie ausführlich erklärte, wie die Medien die öffentliche Meinung nicht nur widerspiegeln, sondern auch formen.

Es ist also antidemokratisch, was sie vorhin erwähnten und ich bin mir dessen bewusst. Ich bemängelte, dass sogar die Linken und die Linke z.B. für ein Verbot der BDS stimmten. Es spielt keine Rolle, was ich über BDS denke. Ich mag ihr zustimmen, ich mag sie ablehnen. Aber sie haben das Recht, sich zu äußern. Jetzt ist es illegal und die Linke hat das sogar unterstützt. Das ist eine Schande… Keine Schande, sondern viel mehr antidemokratisch und ungeheuerlich. Stimmen wie meine   – und es gibt Tausende solcher Stimmen in Israel und auch Tausende von Juden, nicht nur arabische Bürger   – und diese Stimmen sollten gehört werden. Sie müssen gehört werden.

Wir haben mit der Verfolgung von Menschen wie mir in Israel begonnen und wir enden mit der Verfolgung von Menschen wie wie mir in Deutschland. Und ich möchte das noch einmal sagen: Die deutsche Gesellschaft, insbesondere die deutsche Regierung, trägt eine große Schuld an dem Blutbad, den verbrecherischen Greueltaten und den Massakern, die während des Holocausts begangen wurden. Und sie sollten Schuldgefühle haben. Sie müssen dafür bezahlen. Aber das kann nicht auf Kosten anderer Menschen geschehen. Sie unterstützen nicht und sie drücken ihre Schuld nicht aus und sie büßen nicht dafür, diese Personen, indem sie ihren Opfern erlauben, andere zu Opfern zu machen. Das werden sie in der Zukunft ebenfalls bereuen. Sie haben jetzt die Chance, damit aufzuhören und das zu ändern.

Und ich betone das auch im Interesse der Israelis. Denn es ist kein Nullsummenspiel, bei dem Israel gewinnt und die Palästinenser verlieren oder umgekehrt. Nein! Es ist entweder eine Win-Win- oder eine Lose-Lose-Situation. Entweder gewinnen beide, Palästinenser und Israelis, oder beide verlieren. Und das ist es, was ich von der deutschen Regierung erwarte, unabhängig davon, wer in der Regierung sitzt, das sie das versteht und entsprechend handelt.

Zain Raza:

Dr. Ofer Cassif, israelischer Politiker und Mitglied der Knesset, vielen Dank für Ihre Zeit heute.

Dr. Ofer Cassif:

Vielen Dank und alles Gute.

Quelle: https://www.youtube.com/@acTVismMunich


Anhang

Nachtrag zu Israel-Hamas, die deutsche Verantwortung

Ich habe die Knesset vor zwei Stunden verlassen und werde zwei Monate lang nicht in der Lage sein, meine Gefühle, meine Meinung im Plenum oder in den Ausschüssen zu äußern, weil die Ethik-Kommission der Knesset beschlossen hat, mich daran zu hindern. In der einzigen Demokratie im Nahen Osten darf ein Parlamentarier, der fast 20 % der Bürger Israels vertritt, nicht das Wort ergreifen. Und warum ist das so? Weil ich Fragen über den Krieg aufgeworfen habe. Weil ich in erster Linie gegen den Krieg und die Verletzung von Zivilisten auf beiden Seiten bin. Wenn Sie sich erinnern: Als ich vor zwei Wochen protestierte und über die Kinder auf beiden Seiten der Grenze hier in Israel und in Gaza sprach, wurde mir im selben Parlament gesagt, dass es keine Gleichheit, keine Symmetrie zwischen den Kindern gibt und dass die Kinder in Gaza sich das selbst zuzuschreiben haben. Es sieht also so aus, als hätte diese Ethik-Kommission beschlossen, dass ich entweder genau das sage, was sie von mir hören wollen, oder dass ich schweige. Die Stimme, die Anti-Kriegs-Stimme, wird jetzt für zwei Monate zum Schweigen gebracht. Ich verspreche Ihnen, dass meine Werte und meine Meinung Gehör finden werden. Niemand kann mich zum Schweigen bringen, und ich werde weiter für den Frieden kämpfen.

 

Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4761&mailid=2022


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.11.2023

Ema enthüllt „schockierende Fakten“: War die Corona-Impfkampagne berechtigt?

berliner-zeitung.de, 26.11.2023 | 14:21 Uhr, Franz Becchi

Ein neuer Brief der Europäischen Arzneimittel-Agentur sorgt für Aufregung: Wussten die Regierungen von Anfang an, dass die Impfung die Übertragung nicht verhindert?


Die Europäische Arzneimittel-Agentur nimmt Stellung zu den Corona-Impfstoffen: War die massive Impfkampagne angebracht?dts Nachrichtenagentur/Imago


Ein Brief der Europäischen Arzneimittel-Agentur (Ema), der sich auf die Corona-Impfungen bezieht, sorgt für Unruhe. Es handelt sich um eine Antwort auf die Anfrage mehrerer Abgeordneter des EU-Parlaments Anfang Oktober bezüglich der mRNA-Impfstoffe. Der Brief wurde erst Ende November online veröffentlicht.

In einer Pressekonferenz im Europäischen Parlament in Straßburg stellte der niederländische Europaparlamentarier Marcel de Graaff (fraktionslos) mit vier weiteren Kollegen die Antworten der Behörde vor. Die Enthüllungen seien „schockierende Fakten“, so de Graaff.


Video  https://youtu.be/GTftKxWcqpk Dauer 4:33 min


Andere Verfasser der Anfrage sind Gilbert Collard, Francesca Donato, Joachim Kuhs, Mislav Kolakušić, Virginie Joron, Ivan Vilibor Sinčić und Bernhard Zimniok. Die Gruppe hatte die Ema mit verschiedenen Fragen konfrontiert, die von der Notfallzulassung der Corona-Impfstoffe bis zu deren Wirkungen und Nebenwirkungen reichten. Die Antworten wurden von der irischen Pharmazeutin Emer Cooke verfasst, die seit November 2020 Direktorin der Europäischen Arzneimittel-Agentur in Amsterdam ist.


Ema: „Impfstoffe können Übertragung nicht verhindern“

Die Antwort verdeutlicht, dass die Zulassung der Covid-19-Impfung darauf abzielte, Einzelne zu immunisieren, jedoch nicht darauf ausgerichtet war, die Infektionsübertragung in der Gesamtbevölkerung zu kontrollieren. Die Impfstoffe würden „nur Geimpfte schützen“, heißt es. Laut Ema gab es im Zulassungsverfahren „einen Mangel an Daten zur Ansteckungsgefahr“ nach einer Impfung. Es habe keinerlei Belege dafür gegeben, dass die Impfstoffe eine Infektion verhinderten.

Sämtliche Impfkampagnen, die in mehreren EU-Ländern durchgeführt wurden und die Botschaft verbreiteten, dass man mit der Impfung auch die anderen schützen würde, seien somit unberechtigt und irreführend gewesen, sagt de Graaff. Die Impfung hätte lediglich bei Risikopersonen angewandt werden sollen, so seine Auffassung. „Alle Sicherheitsinformationen sollten sorgfältig geprüft werden, bevor eine Impfung empfohlen oder verabreicht wird“, meint wiederum die Ema in dem Schreiben rückblickend.

Laut de Graaff sei eine Corona-Impfung bei der Bevölkerung unter 60 Jahren demnach in sehr seltenen Fällen angebracht gewesen. Jeder Fall hätte einzeln geprüft werden sollen, mit einer eventuellen Empfehlung des Arztes. Bei der Impfung musste jedoch lediglich ein Einwilligungsbogen unterschrieben werden, davor musste keine ärztliche Prüfung erfolgen.


Ema erwartet „viele Berichte über Nebenwirkungen“ durch die Corona-Impfungen

Einen Neuigkeitswert enthält die Antwort der Ema auch in Bezug auf die Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe. „Da ein großer Teil der Bevölkerung die Impfungen erhalten hat, rechnen wir mit vielen Berichten von Nebenwirkungen, die während oder kurz nach der Impfung aufgetreten sind“, heißt es im Schreiben. Ob diese wegen der Impfung stattgefunden hätten oder zufällig seien, sei aber unklar. Dann heißt es aber weiter etwas konkreter: „Die meisten Nebenwirkungen sind leicht, obwohl auch schwerwiegendere Nebenwirkungen auftreten können. Man muss das Risiko einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung, Anm. d. Red.) und Perikarditis (Entzündung des Herzbeutels, Anm. d. Red.) beachten, Nebenwirkungen, die von der Ema bewertet und in der Produktinformation beschrieben wurden.“

Über das Ausmaß und die genaue Schwere der Nebenwirkungen verrät der Brief allerdings nichts. De Graaff schlussfolgert: Das Leben von Menschen sei gefährdet worden. „Die Impfkampagne sollte so schnell wie möglich gestoppt werden, da die Impfung einfach nicht sicher ist“, so der Europaparlamentarier.


Info: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/corona-impfungen-ema-enthuellt-schockierende-fakten-war-die-impfkampagne-berechtigt-li.2162526


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Info: https://www.ema.europa.eu/en/documents/other/letter-members-parliament_.pdf




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Shocking! Nov 2023.Press conference European Parliament about the experimental COVID MRNA injections


youtube.com, 21.11.2023

In einer Pressekonferenz im Europäischen Parlament in Straßburg stellte der niederländische Europaparlamentarier Marcel de Graaff (fraktionslos) mit vier weiteren Kollegen die Antworten der Behörde vor. Die Enthüllungen seien „schockierende Fakten“, so de Graaff.

Video  https://youtu.be/GTftKxWcqpk Dauer 4:33 min

Audio : Dutch

Subtitles : English - credits Potkaars


Breaking News about the experimental injections: Watch the press conference that was held at the European Parliament in Strasbourg.


At this press conference, Marcel de Graaff @MJRLdeGraaff

 (FVD MEP), Joachim Kuhs (AfD MEP), Willem Engel @dancalegria

 @willem_engel

 (WillDoFreedom/ pharmacologist), Vibeke Manniche (physician) and Max Smeling (statistician) discussed the shocking revelations contained in the letter from the European Medicines Agency (EMA). This letter came in response to a request by Marcel de Graaff and Joachim Kuhs for the immediate suspension of authorisations for Covid-19 vaccines.

                  _ _____ _


Breaking News over de experimentele injecties: Bekijk de persconferentie die werd gehouden in het Europees Parlement in Straatsburg.


Op deze persconferentie Marcel de Graaff @MJRLdeGraaff

  (FVD-Europarlementariër), Joachim Kuhs (AfD-Europarlementariër), Willem Engel @dancalegria

  @willem_engel

  (WillDoFreedom/farmacoloog), Vibeke Manniche (arts) en Max Smeling (statisticus) bespraken de schokkende onthullingen in de brief van het Europees Geneesmiddelenbureau (EMA). Deze brief kwam naar aanleiding van een verzoek van Marcel de Graaff en Joachim Kuhs tot onmiddellijke opschorting van de vergunningen voor Covid-19-vaccins.

28.11.2023

Neopresse Aktuell

aus e-mail von <redaktion.aktuell@neopresse.com>, 28. November 2023, 9:04 Uhr


Daten der Deutschen Heizungsindustrie (BDH): Öl und Gas wieder auf dem Weg nach vorne

Der "Hochlauf von Wärmepumpen", von dem in Regierungserklärungen oft genug die Rede ist, stockt derzeit. Derzeit werden Wärmepumpen wieder unbeliebter, geht aus Daten des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hervor. Der Markt wachse langsamer als davor. Die mit fossilen Energieträgern betriebenen Systeme, also Öl- und Gasheizungen, würden nun wieder beliebter. Drittes Quartal: Wärmepumpen im Neuverkauf 26 %, Gasheizungen bei 63 %: Das Datenmaterial spiegelt [...]

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Boris Johnson zur Ukraine: Kämpft weiter!


Der frühere britische Premier Boris Johnson ist offenbar schon wenige Wochen nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine einer der Treiber beim Scheitern sogenannter Friedensgespräche oder eines Friedensabkommens gewesen. So jedenfalls behauptet es Dawyd Arachamija, der Fraktionsvorsitzender der "Diener des Volkes" ist - jener Partei, der auch Wolodymyr Selenskyj angehört. Arachamija war selbst der Chefunterhändler für die Friedensgespräche (die so bezeichnet werden). [...]

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Deutschland News Ticker (aktuell)


Fundstücke aus den Medien in Deutschland über den Bundestag, die Parteien, die Wirtschaft und aus dem Ausland 28.11.2023 Wärmepumpen-Anträge brechen ein: Zwei Drittel der Hausbesitzer wollen nicht sanieren Abwanderung der Leistungsträger – das Hauptproblem Deutschlands? Mehrheit [...]

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USA - News Ticker (aktuell)


NEWS-TICKER USA 28.11.2023 Richter blockiert Versuch von Trump, Dokumente vom 6. Januar vorzubringen (...) In einer im Oktober eingereichten Akte von Trump wurde die umstrittene Behauptung wiederholt, dass der ehemalige Sonderausschuss des Repräsentantenhauses, der die Unruhen vom 6. Januar untersuchte, es versäumt habe, alle von ihm gesammelten Beweise herauszugeben. Trump versuchte, den Abgeordneten Bennie Thompson (D-Miss.), der das neunköpfige Gremium leitete, sowie mehrere andere Regierungsbeamte wegen „fehlender [...]

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Wenn Wärmepumpen und E-Autos das Netz überlasten, können Verbraucher abgeschaltet werden


Die Niederspannungsnetze in Deutschland sollen für eine "größere Zahl an Wärmepumpen und E-Auto-Ladestationen nicht ausgelegt" sein, heißt es. Demnächst würde möglicherweise die Überlastung drohen. Dann können auf Basis der neuen Regelungen der Bundesnetzagentur jetzt Verbraucher abgeschaltet werden. Davon soll der "reguläre Haushaltsstrom nicht betroffen sein", heißt es. Die neuen Regelungen: Stromnetzbetreiber können Strombezug "zeitweise einschränken": Die [...]

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Neuwahlen! Söder fordert schon 2024 die nächsten Bundestagswahlen


Die Opposition der Union sieht offenbar zumindest in Teilen nun die Chance auf Neuwahlen. Zumindest fordert der Vorsitzende der CSU, Markus Söder, vehement Neuwahlen und regt sogar einen Termin an. Diese könnten am 9. Juni 2024 stattfinden. Dann kommt es ohnehin zur Wahl des EU-Parlamentes. Die Ampel-Regierung, so forderte Söder, soll die Vertrauensfrage stellen - und dies nicht im Parlament (wo, d. Red., die Ampel wahrscheinlich [...]

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Eine Überraschung: Klimaforscher Latif sieht das 1,5-Grad-Ziel als "Fehler"


Landauf, Landab wird über das 1,5-Grad-Ziel gesprochen, das bei der Erwärmung einzuhalten sei. Nun steht die nächste Weltklimakonferenz an. Aus diesem Anlass hat das Magazin Focus den Klimaforscher Latif zur Klimapolitik befragt. Die - wohl weithin - überraschende Aussage: Das 1,5-Grad-Ziel hält der Klimaforscher für einen "großen Fehler". Deutschland muss glaubwürdig bleiben: Tatsächlich fordert er [...]

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28.11.2023

Wenn Zombies regieren, Berlin soll nicht führen – und Aiwangers Attacke

lostineu.eu, 28. November 2023

Die Watchlist EUropa vom 28. November 2023

Polen hat eine neue Regierung. Doch es ist kein normales Kabinett, das Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Montag in Warschau vorgestellt hat. Es ist ein Übergangs-Kabinett oder eine „Zombie“-Regierung, wie „Politico“ schreibt.

Morawieckis nationalistische PiS-Partei hatte bei der Wahl am 15. Oktober zwar die meisten Stimmen bekommen, verpasste aber die absolute Mehrheit und hat keine Aussicht auf die Bildung einer Koalition.

In spätestens 14 Tagen muss Morawiecki im Parlament die Vertrauensfrage stellen, sein Kabinett wird dann krachend durchfallen. Polnische Medien spotten über die „Zwei-Wochen-Regierung“ und „Morawieckis Krippenspiel“.

Es handelt sich um ein politisches Manöver, um den Amtsantritt des Pro-Europäers Donald Tusk zu verzögern. Parlamentspräsident Holownia rechnet damit, dass dessen Regierung am 11. oder 12. Dezember beginnen könnte.

Weiterlesen unten

News & Updates

  • Geopolitik und Größenwahn in der Ukraine. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Jourova, ist zu Gesprächen in Kiew eingetroffen. Es geht um den geplanten Beitritt der Ukraine zur EU. Dabei ist niemand darauf vorbereitet, schon gar nicht mitten im Krieg. – Meine neue Kolumne im „Makroskop“, Auszug hier
  • Stoltenberg: Kein Nato-Beitritt im Krieg. Die Ukraine werde nach dem Krieg der Nato beitreten, sagte Generalsekretär Stoltenberg vor einem Treffen der Außenminister in Brüssel. Während des Kriege sei dies allerdings unmöglich. Zudem seien noch Reformen nötig. – Das unterscheidet sich wohltuend von der Großsprecherei der EU… – Mehr im „Guardian“
  • Deutsche wollen keine Führungsrolle. Deutschland will in Europa wieder führen. Doch die meisten Bürger lehnen dies ab; sie wollen keine Führungsrolle für Berlin. Einzige Ausnahme: die Ukraine. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Körber-Stiftung. – Mehr im „Spiegel“

Wenn Zombies regieren (Fortsetzung)

Nicht ganz so absurd, aber noch komplizierter ist die Lage in den Niederlanden. Auch dort gibt es eine „Zombie“-Regierung – nämlich die des gescheiterten Premiers Mark Rutte. Sie muss weitermachen, bis eine neue Koalition gefunden ist.

Doch Wahlsieger Geert Wilders tut sich schwer. Ruttes rechtsliberale VVD lehnt eine Zusammenarbeit mit Wilders ab. Und nun ist auch noch der mit der Regierungsbildung beauftragte Sondierer nach Betrugsvorwürfen zurückgetreten.

Beim EU-Gipfel am 15. Dezember könnten die Niederlande daher nicht „sprechfähig“ sein. Auch für Polen wird es knapp. Die geplanten Weichenstellungen zugunsten der Ukraine müssen wohl warten, zumal sich auch noch Ungarn quer stellt.

Und was ist eigentlich mit Kanzler Scholz? Führt der nicht auch eine „Zombie“-Regierung, seit ihm das Bundesverfassungsgericht einen Strich durch die Rechnung gemacht hat? Wie lang kann er sich noch im Amt halten? CSU-Chef Söder fordert schon Neuwahlen…

Fest steht: Die deutsche Budgetkrise erschüttert nicht nur Berlin. Sie wird auch Brüssel treffen – vor allem, wenn es ums Geld geht. Scholz fordert Umschichtungen und Kürzungen – nur die Ukraine soll von der „Zombie“-Krise in der EU verschont bleiben…

Siehe auch „Rien na va plus: Sturmwarnung für Brüssel“

Das Letzte

Aiwanger attackiert Weber. Nach Linken und Grünen hat auch Freie Wähler-Chef Aiwanger den Europawahlkampf eröffnet. Wer den CSU-Spitzenkandidaten Weber wähle, werde wieder die CDU-Politikerin von der Leyen bekommen, sagte Aiwanger auf Twitter / X. Das sei „Wählertäuschung“ – wie 2019, als Weber für die EU-Spitze kandidierte, aber durch von der Leyen ersetzt wurde. In der Tat droht eine Wiederholung. In Brüssel geht man davon aus, dass Weber – der auch die konservative Parteienfamilie EVP führt – von der Leyen offiziell zur Spitzenkandidatin küren wird. Einer Wahl an den Urnen will sich die CDU-Dame aber nicht stellen…

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2 Comments

  1. Godfried van Ommering
    28. November 2023 @ 07:30

    „Das unterscheidet sich wohltuend von der Großsprecherei der EU…“ Wohltuend wäre die klare Aussage Stoltenbergs: die Ukraine werde niemals Mitglied der NATO sein. Auf Grund dieser Aussage könnte der Krieg beendet werden. Wohltuend ist an Stoltenbergs Reden nichts; beunruhigend sind sie immer wie die Aussagen und Ankündigungen der EU-Kommission, und hier ist es die Bestätigung der de facto NATO-Mitgliedschaft der Ukraine: nach dem Krieg wird sie offiziell. Der Krieg währt aber gerade wegen dieser Einverleibung der Ukraine in das sogenannte Verteidigungsbündnis.

Reply

  • ebo
    28. November 2023 @ 09:20

    Dummerweise steht die Mitgliedschaft der Nato als Ziel in der ukrainischen Verfassung. Das war schon bei den Verhandlungen im März 2022 ein Problem.
    Entscheidend ist bei der Nato aber der Bündnisfall – und da ist es schon beruhigend, dass dieser während des Kieges ausgeschlossen wird.
    Beunruhigend ist dagegen, dass sich immer mehr Nato-Länder so aufführen, als sei die Ukraine schon Mitglied des Militärbündnisses…

    Reply


Info: https://lostineu.eu/wenn-zombies-regieren-deutsche-wollen-nicht-fuehren-und-aiwanger-gegen-weber


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




EU-Beitritt der Ukraine: Geopolitik und Größenwahn


lostineu.eu, vom 27. November 2023

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Jourova, ist zu Gesprächen in Kiew eingetroffen. Es geht um den geplanten Beitritt der Ukraine zur EU. Dabei ist niemand darauf vorbereitet.

An Warnungen hat es nicht gefehlt. Schon Altkanzler Helmut Schmidt rügte die EU-Kommission für den Versuch, „die Ukraine anzugliedern“. Dies sei „Größenwahn, wir haben dort nichts zu suchen“, erklärte Schmidt 2014. Die Brüsseler Behörde verstehe nichts von Geopolitik.

Auch der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen mahnte zu Vorsicht. Eine „fundamentalistische Außenpolitik“ werde die Ukraine und die EU ins Verderben stürzen, sagte er. Und Jean-Claude Juncker, bis 2019 Chef der EU-Kommission, erklärte die Ukraine schlicht für „nicht beitrittsfähig“.

Doch Ursula von der Leyen, Junckers Amtsnachfolgerin, schlägt alle Warnungen in den Wind. Sie empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und lässt keine Gelegenheit aus, Kiew die Aufnahme zu versprechen. Spätestens 2030 soll es so weit sein.

Damit führt die deutsche Politikerin die EU auf einen gefährlichen Weg. Weder die Ukraine noch die 27 EU-Staaten sind auf die Erweiterung vorbereitet. Die Empfehlung kommt außerdem zur Unzeit: Die ukrainische Gegenoffensive ist verpufft – nun droht ein jahrelanger, verlustreicher Abnutzungskrieg mit Russland.

Dabei war es vor eineinhalb Jahren noch Konsens, dass es im Krieg keine Beitrittsgespräche geben könne. Beim Sondergipfel in Versailles im März 2022, kurz nach Kriegsbeginn, war sogar die EU-Perspektive umstritten. Deutschland und Frankreich standen auf der Bremse.

Damals wusste man noch um die ungeschriebenen Regeln der Erweiterung: Nehme nie ein Land auf, das nicht auf eigenen Beinen steht. Lass die Finger von Staaten, die ungelöste Grenzkonflikte haben. Und vor allem: Keine Verhandlungen im Krieg – denn die EU will Frieden!

Auf dem Westbalkan wurden diese Regeln penibel eingehalten. 20 Jahre nach dem Ende der Balkankriege sitzen Serbien, Kosovo und Albanien immer noch im Wartesaal der EU. Denn sie haben die Kriterien nicht erfüllt – obwohl sie immerhin den Frieden gewonnen haben.

Doch ausgerechnet die Ukraine – das größte, korrupteste und (notgedrungen) auch kriegerischste Land im Osten Europas – bekommt grünes Licht. Warum eigentlich? Und wie soll das gehen?

Weiterlesen im „Makroskop“

8 Comments

  1. Arthur Dent
    28. November 2023 @ 10:58

    @Kleopatra
    Nicht zu vergessen: es gibt auch noch das Cum-Ex- und Masken-Deal- Deutschland, das Katargate- und das undurchsichtige Impfdeal-Europa. Die Bezeichnung „Pro-Europäer“ klingt in meinen Ohren nicht als Auszeichnung, sondern als eine geheuchelte Selbstbeweihräucherung. Die EU ist jetzt schon zu groß und zu heterogen um noch demokratisch zu sein. Sie ist ein liberal-autoritäres Regime, nichts weiter.

Reply

  • Kleopatra
    28. November 2023 @ 09:10

    Schmidt hat viel gesagt, wenn der Tag lang war; berühmt ist auch seine Beschreibung der Sowjetunion als „Obervolta mit Atomraketen“, was auf Russland freilich immer noch passt. Und er hat sich notorisch für kleinere Staaten als Russland bzw. die SU nicht interessiert, daher zum Beispiel die distanzierte Haltung der SPD gegenüber der polnischen Solidarność, insofern ist er für mich keine Person mit Sachkunde.
    Wo nehmen Sie die Gewissheit her, dass die Ukraine das korrupteste Land Europas ist (oder gehören bei Ihnen z.B. Serbien, Russland und Belarus nicht mehr zu Europa)?
    Die – anfänglich m.E. durchaus vorhandene – Bereitschaft Westeuropas, auf Russland Rücksicht zu nehmen, hat letzteres durch seine zahlreichen Kriegsverbrechen (die auch noch vom russischen Staat belobigt wurden – Buča – bzw. mit offener staatlicher Unterstützung durchgeführt werden – Entführung ukrainischer Kinder) selbst zerstört. Seitdem ist klar, dass mit dieser russischen Führung eine friedliche Koexistenz nicht möglich ist. Und damit entfällt jede Basis für Argumente wie das, dass man eine Aufnahme, die als antirussische Geste empfunden werden könnte, vermeiden sollte. Dieses Argument ist ohnehin sehr schwach, denn es gestattet implizit fremden Mächten, aufgrund ihrer Machtinteressen, der EU vorzuschreiben, wen sie als Mitglied aufnehmen darf. Wäre Russland ein attraktiver Partner, hätte es den Versuch nicht nötig, die Ukrainer mit Waffengewalt von einem EU-Beitritt abzuhalten. Da es aber „Obervolta“ ist (s.o.), versucht es, seinen Nachbarn Liebe zu Russland aufzuzwingen.

    Reply

    • ebo
      28. November 2023 @ 09:24

      Obervolta war gestern, die Sowjetunion auch.
      Heute schaffen es Deutschland und Frankreich nicht einmal, gemeinsam in Mali für Ordnung zu sorgen ????
      Im übrigen geht es hier um einen Beitritt, und dafür gibt es klar definierte Bedingungen. Die Ukraine erfüllt sie allesamt nicht.

      Reply

  • Robby
    27. November 2023 @ 23:36

    Das Problem ist nicht ob wir die Ukraine aufnehmen, das Problem ist wie werden wir die EU wieder los.

    Reply

  • european
    27. November 2023 @ 20:03

    Ich hoffe darauf, dass es genügend Vetos gibt, um diesen Unfug zu verhindern.

    Reply

  • Arthur Dent
    27. November 2023 @ 18:27

    Vera Jourova behauptete schon 2020, China betreibe Propaganda, Russland Desinformation. Beweise lieferte sie damals keine. Merke: Für dummes Geschwätz gibt’s immerhin 300.000 Euro im Jahr.

    Reply

  • MarMo
    27. November 2023 @ 17:43

    Den Deutschen (zumindest Teilen der politischen Klasse) scheint der Größenwahn in den Genen zu liegen oder ist das Zufall, dass das alles unter der nicht wirklich legitimierten UvL geschieht ? Wahnhafte Politik ohne den Gedanken an die Konsequenzen, gespeist von einer glühenden Russophobie – warum kann niemand diese Verbrecherin stoppen?

    Reply

    • Corona Hotspot
      27. November 2023 @ 20:49

      Ist aus meiner Sicht weniger Größenwahn als die schiere Idiotie ferngesteuerter Schwachköpfe.


  • Info:  https://lostineu.eu/eu-beitritt-der-ukraine-geopolitik-und-groessenwahn


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Israel boykottiert Mittelmeer-Gipfel


    Israel hat seine Teilnahme am Mittelmeer-Gipfel der EU abgesagt. Außenministerin Baerbock hat dafür Verständnis. Derweil stellt Bundespräsident Steinmeier einen neuen Freibrief aus.

    Die diplomatische Eiszeit zwischen Israel und der EU geht weiter. Israel hat seine Teilnahme am Mittelmeer-Gipfel der EU abgesagt, der heute in Barcelona tagt. Das Land reagiert damit auf Kritik aus Spanien und Belgien an der brutalen Kriegsführung in Gaza.

    Israel nehme nicht teil, weil es habe befürchten müssen, bei dem Treffen in Barcelona „einseitig angefeindet zu werden“, sagte die deutsche Außenministerin Baerbock. Vor allem die Beziehungen zu Spanien – das derzeit den EU-Vorsitz hat – sind angespannt.

    Derweil setzt Deutschland seinen Schmusekurs fort. Bundespräsident Steinmeier sicherte Israel fortgesetzte Solidarität zu.

    „Solidarität nicht nur mit Israel als Opfer des Terrors, sondern auch mit Israel, das sich wehrt“, schrieb die Sprecherin des Bundespräsidenten auf Twitter.

    Es klang mal wieder wie ein Freibrief…

    1 Comment

    1. MarMo
      27. November 2023 @ 17:48

      Oh Herr, schmeiß Hirn herunter! Der Steinmeier wird wie der Rest der Bagage immer unerträglicher. Getötete palästinensische Zivilisten zählen offenbar nicht als Menschen für unsere ach so moralische Politiker-Kaste.
      Wir brauchen dringend wieder die Institution des Hofnarren, denn die kriegen sich ja überhaupt nicht mehr mit.


    Info: https://lostineu.eu/israel-cancelt-mittelmeer-gipfel


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    28.11.2023

    Schlagzeile




    Info:


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    28.11.2023

    Nachrichten von Pressenza: Argentinien: Im Angesicht der fortschreitenden Dunkelheit das Licht entzünden

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 28. November 2023


    Nachrichten von Pressenza - 28.11.2023


    Argentinien: Im Angesicht der fortschreitenden Dunkelheit das Licht entzünden


    Die zweite Runde der Wahlen in Argentinien gewann der Oppositionskandidat Javier Milei von der Gruppierung La Libertad Avanza. Der ultraliberale und rechtsgerichtete Kandidat und nun gewählte Präsident gewann die zweite Wahlrunde mit Hilfe des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri und der&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/argentinien-im-angesicht-der-fortschreitenden-dunkelheit-das-licht-entzuenden/


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    Fast tausend Menschen versuchen, die Grenzanlage in Ceuta zu überwinden


    Mit „Nahkampf“- Methoden wurde im Zusammengehen der marokkanischen Gendarmerie mit der spanischen Polizei der Durchlass für die jungen Migranten blockiert, wie man auf diesem Video sehen kann. In den frühen Morgenstunden des 17. November wurde die spanische Guardia Civil alarmiert,&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/fast-tausend-menschen-versuchen-die-grenzanlage-in-ceuta-zu-ueberwinden/


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    Zweite Staatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags in New York startet: Deutschland nimmt als Beobachter teil.


    Vom 27. November bis zum 1. Dezember 2023 findet im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York die zweite Staatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) statt. Die zivilgesellschaftliche Koordination obliegt ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons). Bei der ICAN-Auftaktveranstaltung diesen Sonntag&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/zweite-staatenkonferenz-des-atomwaffenverbotsvertrags-in-new-york-startet-deutschland-nimmt-als-beobachter-teil/


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    Jahrestag des Offenen Briefes von »New York Times«, »Guardian«, »Le Monde«, SPIEGEL und »El País«: „Journalismus ist kein Verbrechen“


    Die fünf großen Zeitungen, die am 28. November 2010 die ersten 251.000 so genannten „Cablegate“-Nachrichten des US-Außenministeriums von WikiLeaks veröffentlichten und damit viel Aufsehen erregten &#8211; und viel Geld verdienten -, haben vor genau einem Jahr, am 28. November 2022,&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/jahrestag-des-offenen-briefes-von-new-york-times-guardian-le-monde-spiegel-und-el-pais-journalismus-ist-kein-verbrechen/


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    Carlos Fino in einem exklusiven Interview für PRESSENZA (1/2): Moskau und der Zusammenbruch der UdSSR und Jugoslawiens


    Carlos Fino*, interviewt für Pressenza von Vasco Esteves Carlos Fino wurde in Portugal geboren und arbeitete vier Jahrzehnte lang als Radio- und Fernsehreporter, Kriegskorrespondent, Moderator von Nachrichtendiensten und Medienberater. Er war in Osteuropa, im Nahen Osten und Brasilien. Er lebte&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/carlos-fino-in-einem-exklusiven-interview-fuer-pressenza-1-2-moskau-und-der-zusammenbruch-der-udssr-und-jugoslawiens/


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    China tischt auf: Zwangsarbeit im Fischfang


    Ausbeutung und Gewalt auf See sind an der Tagesordnung. Das zeigt eine grossen Recherche zur chinesischen Fischfang-Flotte. Daniela Gschweng für die Online-Zeitung INFOsperber Die chinesische Fischfangflotte ist die grösste der Welt. Der Fisch und die Meeresfrüchte, die sie fängt, werden&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/china-tischt-auf-zwangsarbeit-im-fischfang/


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    Rechtspopulist Milei gewinnt die Wahl


    Mit 55,69 Prozent der Stimmen siegte Javier Milei am Sonntag den 19. November bei der Präsidentschaftswahl gegen Sergio Massa, der nur 44,3 Prozent bekam. Das bedeutet einen Unterschied von fast drei Millionen Stimmen. Als Folge der Repräsentationskrise inmitten einer tiefen&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/rechtspopulist-milei-gewinnt-die-wahl/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    28.11.2023

    Economists for Future   Was sind die Grenzen von Staatsschulden?

    makronom.de, vom 27. November 2023, CAROLINA ORTEGA GUTTACK, CARL MÜHLBACH & TUNG DOAN ,

    Die derzeit geltenden rechtlichen Begrenzungen von Staatsverschuldung basieren auf Mythen, die nicht ökonomisch fundiert sind. Sinnvoller wäre es, die Schuldenaufnahme so zu gestalten, dass sie die ökonomischen, sozialen und ökologischen Grenzen respektiert.


    Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses. Mittendrin: die Wirtschaft. In den nächsten Jahren wird sich entscheiden, ob wir den Wandel by disaster oder by design schaffen.

    Diese Debattenreihe von Economists for Future e.V. widmet sich den damit verbundenen ökonomischen Herausforderungen. Zum einen werden Engführungen in den Wirtschaftswissenschaften sowie Leerstellen in der aktuellen Wirtschaftspolitik kritisch-konstruktiv beleuchtet. Zum anderen diskutieren wir Orientierungspunkte für eine zukunftsfähige Ökonomie und geben Impulse für eine plurale Ökonomik, die sozial-ökologische Notwendigkeiten angemessen berücksichtigt.

    Die erste Ausgabe der Debattenreihe startete im September 2019. Die mittlerweile fünfte Staffel stellt nun den Aspekt der Grenzen in den Mittelpunkt – seien es planetare Grenzen und soziale Grundlagen, die Grenzen der Machbarkeit und der politischen Durchsetzbarkeit, die Grenzen ökonomischer Theorie oder (ver)altete Leitbilder, die Grenzen des Subjekts, des Raums oder der Zeit. Alle bisher erschienenen Beiträge finden Sie hier.

    Das Thema Staatsausgaben und Schuldenbremse in Kombination mit den angeblichen Risiken einer zu hohen Staatsverschuldung ist in aller Munde. Die Debatten zum Bundeshaushalt 2024 und nicht zuletzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds haben gezeigt: Der aktuelle fiskalpolitische Rahmen stammt aus einer anderen Zeit und scheint den Herausforderungen von heute und morgen nicht mehr gerecht werden zu können. Das so dringend notwendige Geld scheint an allen Ecken und Enden zu fehlen. Was steckt dahinter?

    Die Art und Weise, wie und in welcher Höhe Staatsausgaben bzw. Staatsschulden begrenzt werden, hat starke Auswirkungen sowohl auf unseren Alltag als auch auf unsere Zukunftsaussichten und das Leben junger Generationen. Klar ist: „Eine zukunftsfähige Finanzpolitik lässt sich nicht von der Angst vor Staatsverschuldung leiten, sondern investiert in unsere Zukunft” (Mühlbach, 2022). Dabei ist nicht nur die Angst vor einer zu hohen Staatsverschuldung in Deutschland unverhältnismäßig. Die derzeit geltenden rechtlichen Begrenzungen von Staatsverschuldung, die als Maß herangezogen werden, sind in Wahrheit fiktiv. Sie basieren nicht auf der Realität, sondern auf Mythen, die nicht ökonomisch fundiert sind und im Folgenden entkräftet werden. Gleichzeitig erschweren solche starren Grenzen den Umgang mit den zentralen Herausforderungen und multiplen Krisen unserer Zeit. Die aktuelle Schuldenbremse hat sich als Investitions- und Zukunftsbremse entpuppt.

    Deshalb stellt sich die Frage, welche Grenzen von Staatsverschuldung es stattdessen gibt. Was ist knapp, wenn nicht das Geld? Welche realen Bedingungen unserer Wirtschaft, Gesellschaft und unseres Planeten begrenzen Staatsschulden tatsächlich? Dieser Artikel lädt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den aktuell gesetzten Grenzen der Staatsverschuldung ein und leistet einen Beitrag zur Debatte rund um die dringend notwendige Gestaltung einer zukunftsfähigen Finanzpolitik.


    Die rechtlich geltenden Grenzen von Staatsschulden sind fiktiv

    Staatsschulden grundsätzlich als absolute Größe zu begrenzen, macht wenig Sinn. Die sogenannte „Schulden-Uhr” vom Bund der Steuerzahler in Berlin gibt die absolute Höhe der Staatsverschuldung in Deutschland an. Wenn man davor steht, kann man beobachten, wie sich die digitale Anzeige stetig verändert. Doch die absolute Höhe der Staatsverschuldung ist wenig aussagekräftig. Die aktuell rechtlich geltenden Grenzen von Staatsschulden, sei es die Schuldenbremse oder sonstige Fiskalregeln, wie der EU-Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung, zielen darauf ab, öffentliche Schulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu begrenzen. Die sogenannte Staatsschuldenquote (kurz: “Schuldenquote”) gibt demnach das Verhältnis zwischen den Staatsschulden und dem nominalen BIP eines Landes an. Der Stand der öffentlichen Verschuldung wird entsprechend in Prozent angegeben.

    Auf europäischer Ebene regelt der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP), dass die Mitgliedstaaten ihr jährliches Haushaltsdefizit auf 3% des BIPs und ihre Verschuldung auf 60% des BIPs begrenzen müssen, also auf eine Schuldenquote von maximal 60%. Das sind die sogenannten Maastricht-Kriterien. Darüber hinaus verpflichtet der SWP zur Einhaltung des sogenannten mittelfristigen Haushaltsziels („Medium-Term Objective”, MTO). Bei einer Schuldenquote von über 60% ist demnach ein maximales strukturelles Defizit in Höhe von 0,5% des BIPs vorgesehen. Das strukturelle Defizit soll konjunkturelle Faktoren herausrechnen, die von der jeweiligen Wirtschaftsperiode bzw. Konjunktur eines Landes abhängen, also von Aufschwung oder Rezession. Bei einer Schuldenquote von unter 60% ist ein strukturelles Defizit in Höhe von 1% des BIPs zulässig. Zum Verständnis: Die oben genannten 3% aus den Maastricht-Kriterien beziehen sich auf das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit, also sowohl auf strukturelle als auch auf konjunkturelle Faktoren.

    In Deutschland werden die 0,5% auf 0,35% für den Bund (+/- Konjunkturkomponente) und 0,15% für die Bundesländer aufgeteilt, wobei diese auf „ihren Anteil” verzichten. Somit ist die strukturelle Staatsverschuldung bzw. die Nettokreditaufnahme für den Bund auf 0,35% des BIPs begrenzt. Diese „Schuldenbremse” ist in Artikel 109 im Grundgesetz verankert (Bundesministerium der Finanzen, 2022). Im Umkehrschluss müssen die im Bundeshaushalt veranschlagten Ausgaben nahezu vollständig durch zuvor „erwirtschaftete” Einnahmen, insbesondere Steuereinnahmen, gedeckt werden. Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzierungslage erheblich beeinträchtigen, kann vom Bundestag ein Aussetzen der Schuldenbremse beschlossen werden. So wurde die Schuldenbremse im Zuge der Corona-Pandemie ausgesetzt und die Obergrenze für die strukturelle Nettokreditaufnahme überschritten. Seit 2023 ist sie wieder in Kraft und viele notwendige Ausgaben müssen nun aus sogenannten Schattenhaushalten finanziert werden.

    Dass diese nationalen und europäischen Schuldenbremsen die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP betrachten, wird in der Regel ökonomisch begründet, ist allerdings nicht ökonomisch fundiert. Im Folgenden wird erläutert, warum die Notwendigkeit von starren Schuldenquoten-Grenzen, die anhand ökonomischer Zusammenhänge gerechtfertigt werden, nicht mit der Empirie übereinstimmt. Somit stellen sich die oft herangezogenen Begründungen für die geltenden Schuldengrenzen als Mythen heraus. Eine Schuldenquote von maximal 60% als allgemeines Kriterium für die sogenannte Schuldentragfähigkeit eines Landes ist wenig sinnvoll, wenn man berücksichtigt, dass die Höhe der Schuldenquote je nach Volkswirtschaft eine ganz unterschiedliche Bedeutung und Aussagekraft hat. Ein anderes bereits überholtes Argument lautet, dass eine niedrige Schuldenquote die Inflation begrenzt und somit für Preis- und Finanzstabilität sorgt. Das Beispiel von Japan mit einer Schuldenquote von 261% im Jahr 2022 verdeutlicht, dass diese Argumentationslinie in der Realität nicht haltbar ist.

    Dass durch eine erhöhte Geldmenge Inflation entsteht, ist ein Mythos, der auf der „Geldmengentheorie” basiert. Nach dieser Theorie führt eine höhere Geldmenge, verteilt auf eine unveränderte Anzahl an Gütern, zu höheren Preisen der einzelnen Güter. Doch spätestens im Zuge der Krisen der letzten Jahre hat sich das Gegenteil gezeigt: Einerseits blieben die Inflationsraten trotz expansiver Geldpolitik im Sinne der „whatever it takes”-Logik niedrig. Andererseits steht die aktuelle Inflation nicht im direkten Zusammenhang mit der Geldmenge, sondern unseren fossilen Abhängigkeiten (cost-push inflation) in Kombination mit dysfunktionalen Märkten (sellers’ inflation, Kraken et al., 2023). Höhere Staatsschulden selbst wirken nur dann inflationär, wenn damit inflationär wirkende Ausgaben finanziert werden, sonst nicht.

    Auch als Indikator für die Höhe von Finanzierungskosten hat sich die Schuldenquote nicht bewährt. Inmitten eines Niedrigzinsumfeldes ist die Staatsverschuldung der EU-27 seit 2019 gestiegen (Bundeszentrale für Politische Bildung, 2023). Fernab jeglicher ökonomischer Fundierung war die Schuldenquote von 60% zum Zeitpunkt der Verabschiedung des SWP der damalige Durchschnitt der Schuldenquoten der Mitgliedstaaten.

    Die ökonomischen Begründungen für die beschriebenen Einschränkungen von Staatsschulden stoßen an ihre Grenzen. Gleichzeitig haben sie weitreichende Konsequenzen, denn Schulden und Investitionen sind im Grunde zwei Seiten einer Medaille. So verbergen sich hinter niedrigen Schuldenständen aktuell hohe Investitionsstaus, die vor allem drohen, sich als Zukunftshemmnisse herauszustellen.

    Klar ist, dass der Umbau einer fossilen Wirtschaft hin zu Klimaneutralität und alle weiteren Herausforderungen im Zusammenhang mit der sozial-ökologischen Transformation mit hohen Finanzierungsbedarfen einhergeht. Diese kommen zu den ohnehin hohen Investitionsbedarfen in Deutschland dazu. Außerdem ist die weitere Verschiebung dieser Investitionen in die Zukunft – zur Einhaltung fiktiver Grenzen – mit noch viel höheren Kosten z.B. Klimafolgekosten verbunden (Flaute et al., 2022). Diese werden insbesondere junge Generationen zu spüren bekommen. Daher gilt es, die aktuell geltenden, fiktiven Grenzen der Staatsverschuldung zu überarbeiten und sich an den realen Gegebenheiten zu orientieren bzw. „den rechtlichen Spielraum der Schuldenaufnahme an den ökonomisch sinnvollen Spielraum anzupassen” (Mühlbach, 2022).


    Die Begrenzung von Staatsschulden durch reale Bedingungen

    Die bisher geltenden Grenzen von Staatsschulden bilden die realen Bedingungen unserer Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt nicht ab. Deshalb liefern wir im Folgenden Anknüpfungspunkte für eine sinnvollere Begrenzung von Staatsverschuldung. Einer davon ist die Leistungsfähigkeit oder das Wachstumspotenzial der Wirtschaft. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie „Leistung” oder auch „Wachstum” definiert wird. Mathematisch betrachtet kann eine niedrigere Schuldenquote auch erreicht werden, indem man „aus den Schulden herauswächst”: Wenn das BIP steigt, verändert sich automatisch das Verhältnis zwischen Staatsschulden und BIP, und die Schuldenquote sinkt. Doch schon seit der Veröffentlichung der „Grenzen des Wachstums” (Meadows, 1972), und spätestens mit der aktuellen Wirtschaftskrise und Konjunkturflaute sind die Grenzen des BIP-Wachstums offensichtlich. Es wäre ohnehin besser, Staatsschulden in Zukunft nicht im Verhältnis zum BIP zu betrachten, sondern im Verhältnis zu einem alternativen Wachstums- bzw. Wohlstandsverständnis, welches die sozialen und ökologischen Grenzen respektiert.

    Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Idee der Vollbeschäftigung, was wiederum stark mit unseren gesellschaftlichen Strukturen zusammenhängt. Zum Beispiel arbeiten viele Frauen „nur” in Teilzeit, weil (unbezahlte) Care-Arbeit immer noch stark ungleich verteilt ist. Klassische MMTler:innen (Modern Monetary Theory) plädieren für eine Begrenzung von Staatsschulden anhand der Verfügbarkeit tatsächlicher Ressourcen, in diesem Fall der Verfügbarkeit menschlicher Ressourcen für Arbeit, und nicht anhand der Finanzierbarkeit. Sie argumentieren, dass erst bei einer Vollauslastung der Wirtschaft – also Vollbeschäftigung – neue Staatsausgaben nicht mehr von der Wirtschaft „absorbiert” bzw. konstruktiv genutzt werden können, und erst dann den Inflationsdruck erhöhen.

    Die grundlegendsten Grenzen von Staatsverschuldung sind jedoch die sozialen und ökologischen bzw. planetaren Grenzen. Olk, Schneider und Hickel (2023) ergänzen die klassische MMT: “we suggest integrating insights from degrowth scholarship into MMT, where social and ecological limits to economic activity still constitute a blind spot”. Das ist eng damit verbunden, wofür, und nicht nur in welcher Höhe, Staatsschulden aufgenommen und ausgegeben werden – Schulden sind nicht per se „gut” oder „schlecht”.

    Entgegen den oben aufgeführten Mythen erklärt eine differenzierte Perspektive, dass der sinnvolle Einsatz von Staatsschulden z.B. in resilientere Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen sogar Inflationsdruck abbmildern kann und v.a. ökonomisch sinnvoller ist. Frühzeitige, ausreichende und gezielte Investitionen in resilientere Strukturen zahlen sich langfristig aus und können uns sogar – jetzt noch – vor vermeidbar hohen Kosten bewahren. „Instead of ‘deficit reduction’ or interest rate hikes, the solution to these inflationary pressures likely involves larger targeted deficit spending alongside improved public-private coordination” (Bernal, 2021, S. 13). Diese Logik rechtfertigt auch die Forderung nach einer entsprechenden Investitionsagenda (z.B. Isabella Weber, 2023).


    Fazit

    Übersetzt in eine politische Anwendbarkeit könnte das bedeuten, die Schuldenaufnahme eines Landes so zu gestalten, dass alle notwendigen Investitionen getätigt werden, welche die ökonomischen, sozialen und ökologischen Grenzen nicht überschreiten und gleichzeitig ein menschliches Leben auf der Erde innerhalb planetarer Grenzen gewährleisten. Dabei ist klar, dass die Begrenzung von Staatsschulden allein kein Selbstzweck für eine „gute” Haushaltsführung ist.

     

    Zu den Autor:innen:

    Carolina Ortega Guttack hat in Wien Social-Ecological Economics and Policy und zuvor Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft in Lüneburg und Paris studiert. Sie war im Netzwerk Plurale Ökonomik aktiv und arbeitet bei FiscalFuture.

    Carl Mühlbach hat Volkswirtschaftslehre in Heidelberg, Cambridge und Berlin studiert. Neben einer Tätigkeit im Bundesministerium der Finanzen hat er FiscalFuture gegründet und leitet die überparteiliche Initiative als Geschäftsführer.

    Tung Doan studierte Volkswirtschaftslehre und Public Economics in Mannheim und Berlin. Als Gründungsmitglied baute er FiscalFuture mit auf. Mittlerweile arbeitet er hauptamtlich für die Initiative und ist für die Finanzen zuständig.


    Zu FiscalFuture:

    FiscalFuture ist eine überparteiliche und gemeinnützige Initiative, die sich für eine zukunftsfähige Finanzpolitik einsetzt. Wir machen Finanzpolitik zugänglich, indem wir finanzpolitisches Wissen vermitteln und junge Menschen dafür begeistern, den finanzpolitischen Diskurs mitzugestalten. Unser deutschlandweites Netzwerk engagiert sich für eine Finanzpolitik, die die Interessen zukünftiger Generationen in den Mittelpunkt stellt.


    Info: https://makronom.de/was-sind-die-grenzen-von-staatsschulden-45425?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=was-sind-die-grenzen-von-staatsschulden


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:



    Öffentlicher Schuldenstand


    bpb.de, vom 16.06.2023

    In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), ausgewählte Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 1996 bis 2022

    Screenshot_2023_11_28_at_10_33_44_ffentlicher_Schuldenstand

    Quelle: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten (Stand: 05/2023) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de


    Vor allem Krisen wie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 oder die Corona-Pandemie führten zu einer Erhöhung der öffentlichen Schulden der Mitgliedstaaten der EU. Allerdings gingen die Schulden bezogen auf das BIP zwischen 2014 und 2019 fünf Mal in Folge zurück – insgesamt in 23 von 27 EU-Staaten. Und auch nach dem Höhepunkt der Corona-Pandemie sank der relative Schuldenstand der EU-27.

    Fakten

    In Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten der EU übermäßige öffentliche Defizite vermeiden sollen. Dabei überprüft die Europäische Kommission die Entwicklung der Haushaltslage und die Höhe des öffentlichen Schuldenstands. Insbesondere zwei Kriterien stehen im Mittelpunkt der Überprüfung. Erstens darf das jährliche öffentliche Defizit nicht mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprechen. Zweitens darf der gesamte öffentliche Schuldenstand nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Allerdings bestehen für beide Kriterien Ausnahmen. So darf der öffentliche Schuldenstand mehr als 60 Prozent des BIP entsprechen, wenn er hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert.

    Bezogen auf das BIP sanken die öffentlichen Schulden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union von Mitte der 1990er- bis Anfang der 2000er-Jahre. Im Euroraum reduzierten sich die Schulden zwischen 1997 und 2002 stetig von 72,8 auf 68,0 Prozent. In der EU-27 lag der Schuldenstand im Jahr 2002 bei 65,4 Prozent. Nachdem sich der Schuldenstand der EU-27 von 2007 auf 2008 moderat von 62,3 auf 65,0 Prozent des BIP erhöhte, stieg der entsprechende Wert – vor allem bedingt durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise – auf 75,7 Prozent im Jahr 2009 bzw. auf 80,4 Prozent im Jahr 2010.

    Auch wenn die Entwicklungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich waren, hat sich der Schuldenstand in den Jahren 2008 bis 2010 in allen EU-Staaten erhöht. Am stärksten in Irland (+43,7 %-Punkte), Griechenland (+38,1 %-Punkte), Lettland (+29,1 %-Punkte) und Portugal (+24,6 %-Punkte). In den Folgejahren weitete sich die Schuldenkrise Europas weiter aus: Zwischen 2010 und 2014 erhöhte sich der Schuldenstand der EU-27 von 80,4 auf 86,9 Prozent des BIP – ein Plus von 6,5 Prozentpunkten. In diesem Zeitraum stiegen die öffentlichen Schulden im Verhältnis zum BIP in 22 der heutigen 27 EU-Staaten.

    Zwischen 2014 und 2019 ist der relative Schuldenstand der EU-27 fünf Mal in Folge gesunken. 2019 lag er bei 77,7 Prozent des BIP. In diesem Zeitraum war der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP in 23 EU-Mitgliedstaaten rückläufig – lediglich in Frankreich nahm er nennenswert zu (+2,5 %-Punkte). Bezogen auf das BIP verringerten sich die Schuldenstände zwischen 2014 und 2019 am stärksten in Irland (-47,3 %-Punkte), Malta (-21,8 %-Punkte), den Niederlanden (-19,4 %-Punkte), Zypern (-18,0 %-Punkte), Portugal (-16,3 %-Punkte) und Deutschland (-15,7 %-Punkte).

    Trotz der positiven Entwicklung in den Jahren 2014 bis 2019 war die Schuldenkrise in Europa auch vor der Corona-Pandemie nicht vollständig überstanden: Im Jahr 2019 verfehlten immer noch zwölf Staaten die 60-Prozent-Marke. Und um die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie im Jahr 2020 zu mildern, wurden zahlreiche Investitionen getätigt bzw. Hilfsprogramme finanziert. Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP stieg von 2019 auf 2020 in allen 27 Staaten der EU – entsprechend erhöhte sich EU-weit der Schuldenstand sprunghaft von 77,7 auf 90,0 Prozent des BIP. Allerdings reduzierte sich der relative Schuldenstand von 2021 und 2022 in 23 von 27 EU-Staaten – EU-weit ging der Schuldenstand von 88,0 auf 84,0 Prozent des BIP zurück. In absoluten Zahlen nahm der Schuldenstand der EU-27 von 2019 auf 2020 von 10.895 auf 12.119 Milliarden Euro zu und stieg dann bis zum Jahr 2022 weiter auf 13.273 Milliarden Euro.

    In Griechenland lag der öffentliche Schuldenstand im Jahr 2022 bei 171,3 Prozent des BIP. Darauf folgten Italien (144,4 Prozent des BIP), Portugal (113,9 Prozent), Spanien (113,2 Prozent), Frankreich (111,6 Prozent) und Belgien (105,1 Prozent). Weitere sieben Staaten verfehlten die 60-Prozent-Marke ebenfalls: Zypern, Österreich, Ungarn, Finnland, Slowenien, Kroatien und Deutschland. Im Jahr 2022 lag der Schuldenstand in Deutschland bei 2.563 Milliarden Euro – 66,3 Prozent des BIP. 2019 entsprach der Schuldenstand in Höhe von 2.069 Milliarden Euro noch 59,6 Prozent des BIP und lag damit das erste Mal seit 2002 unterhalb der 60-Prozent-Marke. In Estland lag der Schuldenstand im Jahr 2022 bei lediglich 18,4 Prozent des BIP. Darauf folgten Bulgarien (22,9 Prozent), Luxemburg (24,6 Prozent), Dänemark (30,1 Prozent), Schweden (33,0 Prozent) sowie Litauen und Lettland (38,4 bzw. 40,8 Prozent).

    Durch die Schuldenstände entstehen vor allem dann Probleme, wenn Staaten trotz hoher Schuldenquote zusätzliche Kredite aufnehmen. Laut der Deutschen Bundesbank gehören dazu "die potenzielle Verdrängung privater Investitionen, Unsicherheiten und Verzerrungen durch erwartete oder tatsächliche künftige Erhöhungen der Abgabenlast oder merkliche Risikoprämien auf den Kapitalmärkten infolge verstärkter Sorgen um die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Darüber hinaus dürfte bei hohen Schuldenquoten die Wirksamkeit gezielter kreditfinanzierter Maßnahmen zur Abwehr von besonders schweren Krisen zunehmend begrenzt sein. Zudem erhöht sich die Gefahr von Konflikten zwischen Finanz- und Geldpolitik, die gravierende gesamtwirtschaftliche Kosten zur Folge haben, während umgekehrt solide Staatsfinanzen eine stabilitätsorientierte Geldpolitik erleichtern" (Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2010). Weiter führt die Staatsverschuldung zu Zinsausgaben und damit zu einer Verengung des staatlichen Handlungsspielraums.

    Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen

    Informationen zum öffentlichen Finanzierungssaldo erhalten Sie Interner Link: hier...

    Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen (Wertschöpfung), soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Das BIP ist gegenwärtig das wichtigste gesamtwirtschaftliche Produktionsmaß.

    EU-27 (ab 2020) bezieht sich auf die Zeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäische Union ("Brexit"). Zur EU-27 (ab 2020) gehören: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Soweit nicht anders erwähnt, ist im Text und bei der Grafik mit EU-27 die EU-27 (ab 2020) gemeint.

    Euroraum (20 Länder): Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien und Zypern.

    Weitere Informationen zur Entwicklung des Euroraums erhalten Sie Externer Link: hier…

    Öffentlicher Schuldenstand In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 1996 bis 2022

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    Screenshot_2023_11_28_at_10_50_36_ffentlicher_Schuldenstand

    (Anm.: bei verkleinerter Ansicht besser lesbar)


    1 EU-27 (ab 2020) bezieht sich auf die Zeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäische Union ("Brexit"). Öffentlicher Schuldenstand = Bruttoschuld des Staates (konsolidiert). Fußnote: 2 Abweichende Quelle bis einschließlich 1999: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten [gov_dd_edpt1] (Stand: 07/2013).

    Quelle: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten (Stand: 05/2023)

    Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten (Stand: 05/2023), abweichende Quelle bei Dänemark bis einschließlich 1999: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten [gov_dd_edpt1] (Stand: 07/2013); Amtsblatt der Europäischen Union: Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (26. Oktober 2012); Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2010; Statistische Bundesamt: www.destatis.de


    Info:https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/europa/70570/oeffentlicher-schuldenstand/#:~:text=In%20absoluten%20Zahlen%20nahm%20der,171%2C3%20Prozent%20des%20BIP.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    28.11.2023

    2023-11-27 Thomas Gottschalk: „Dann sage ich lieber gar nichts mehr.“  2 min

    Info: Video https://odysee.com/@_horizont_:b/thomas-gottschalk-%E2%80%9Edann-sage-ich:2?src=embed&t=63.16424 Dauer 2:12 min


    unser Kommentar: an die Runde, Zitat Th. Gottschalk: "die Commedypolizei ist so streng geworden" (Zitatende)  .. und die meisten Lacher (Zuschauer*innen) verstummen plötzlich und sehen weg.  Das kommt mir, im übertragenen Sinne, sehr bekannt vor auch von Menschen der GWÖ, Attac, DFG-VK, Versöhnungsbund und weiteren, die ich kennenlernen begann.


    Zitat J. Cleese: Mit dem Humor verschwindet auch Augenmaß, und dann leben wir, meines Erachtens in "1984".  (Zitatende)

    So ist´s schon, wenn der Faschismus aufzieht, da steh´n plötzlich nur noch Faschistenclowns im Rampenlicht und sind gefragt.

    Herzlich, Euer Murkes samt seines gesammelten Schweigens



    Weiteres:



    Info: Video https://odysee.com/@moonjunky:e/Thomas-Gottschalk-%E2%80%9EDann-sage-ich-lieber-gar-nichts-mehr.%E2%80%9C:c Dauer 2:12 min


    unser Kommentar: Zitat J. Cleese: Jeder Homor ist kritisch. Wenn man anfängt zu sagen: "Oh, wir dürfen Sie nicht kritisieren oder beleidigen", dann ist der Humor weg. (Zitatende)




    Weiteres: 




    unser Kommentar:  hier folgend nur zitierter dystopischer Kommentar, der nicht unsere Meinung wiedergibt: 

    Wer die Vergangenheit nicht kennt, hat keine Zukunft !  (moonjunky  aus

    https://odysee.com/@moonjunky:e/Thomas-Gottschalk-%E2%80%9EDann-sage-ich-lieber-gar-nichts-mehr.%E2%80%9C:c)


    Wenn die Digital ID eingeführt ist, dann gibt es kein zurück mehr und wir sind nicht mehr frei und befinden und im digitalen GEFÄNGNIS (15 Minuten Stadt). Dann sind wir lenkbare Sklaven des Systems, welches uns kontrolliert, manipuliert und auf die Sekunde genau eliminiert ! Dank der weltweit eingesetzten G5, G6 und demnächst G7 Kontrolle. Dann befinden wir uns im digitalen Gefängnis und können uns nicht mehr frei bewegen,denn je weiter wir weggehen, umso stärker ist die Strahlung auf den Einzelnen. Jeder "Geimpfte" hat bereits ab der ersten "Impfung" eine MAC-Adresse, ist somit ein TRANSHUMANIST=Router, ein Sender und Empfänger. Die "Geimpften" sind keine Menschen mehr, sondern Menschmaschinen, steuerbare Kreaturen ohne Menschenrechte, die durch die freiwillige Annahme !!! der biologischen GEN-Spritz-Waffe mitsamt ihrer technischen Komponenten, ein Eigentum der PATENTINHABER der GEN-Spritzen geworden sind und dafür noch freiwillig hingegangen sind und mit ihrer eigenen Unterschrift diesen Vorgang akzeptiert haben. Das ist den Lemmingen und Schlafschafen nicht bewusst. Jesus Christus hat mehrfach in der Bibel davor gewarnt, daß die Gläubigen NIEMALS das Zeichen des Tieres annehmen dürfen ! Da die Menschheit gottlos geworden ist, wissen die Lemminge und Schlafschafe absolut nicht, was und wie es ihnen geschieht. Wir sind mitten im Armageddon und Jesus hat die Endzeit so beschrieben: Es wird ein grosses Zähneklappern geben und die Überlebenden werden die Toten beneiden. (Zitatende)

    28.11.2023

    Die ignorierte Hungerblockade   Nigers Übergangspräsident hebt Gesetz auf, das auf Druck der EU verabschiedet worden war und Migration in Richtung Europa verboten hatte. EU-Parlament „begrüßt“ Hungerblockade gegen Niger.

    german-foreign-policy.com, 28. November 2023

    NIAMEY/BERLIN (Eigener Bericht) – Das Europaparlament lobt die Hungerblockade der westafrikanischen Staatenorganisation ECOWAS gegen Niger. Dies geht aus einer Erklärung hervor, die das Parlament in der vergangenen Woche beschlossen hat und die außerdem noch Sanktionen gegen führende nigrische Politiker und Militärs fordert. Die ECOWAS hatte die Blockade auch auf Druck der Mächte Europas kurz nach dem Putsch in Niamey vom 26. Juli verhängt, um die Bevölkerung zum Sturz der – bislang populären – Putschregierung zu veranlassen. Längst werden Nahrungsmittel und Medikamente knapp, der Mangel an Strom ist eklatant. Der gestürzte nigrische Präsident Mohamed Bazoum hatte vor allem in der Abwehr von Flüchtlingen bereitwillig mit der EU kooperiert und Flüchtlinge, die durch die Sahara in Richtung Mittelmeer reisen wollten, auf abgelegene, gefährlichere Wege durch die Wüste abgedrängt, was die Anzahl der Todesopfer rasch in die Höhe hatte schnellen lassen. Grundlage war ein Gesetz zur Illegalisierung der Migration, das Niamey 2015 auf Druck der EU verabschiedet hatte. Übergangspräsident Abdourahamane Tiani hat das Gesetz in der vergangenen Woche aufgehoben; Migration ist in Niger jetzt wieder legal.


    Zitat: „Europas afrikanischer Gendarm“

    Das Gesetz 2015-36 wurde von Nigers Parlament am 26. Mai 2015 beschlossen. Es sieht vor, dass mit hohen Geld- oder gar mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren zu rechnen hat, wer Personen ohne nigrische Staatsangehörigkeit oder ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Niger beim Überschreiten der Grenzen des Landes unterstützt und daraus direkt oder indirekt materiellen Vorteil zieht. Der Gesetzestext war auf Druck aus der EU und mit finanzieller Unterstützung durch zwei EU-Mitgliedstaaten erarbeitet worden – Italien und Dänemark [1] –, und zwar in einer Zeit, in der Niger sich unter Außenminister Mohamed Bazoum (2011 bis 2016) als loyaler Helfershelfer der EU-Flüchtlingsabwehr zu profilieren suchte. Wenig später etwa erklärte Niger sich im November 2015 auf dem EU-Afrika-Gipfel in Malta zusätzlich bereit – als einziger afrikanischer Staat –, den Aufbau von EU-Zentren auf dem Kontinent zu ermöglichen, in denen Menschen Asyl in Europa beantragen können. Damit habe das Land sich deutlich „von seinen Partnern in der Afrikanischen Union entsolidarisiert“, die dieses Ansinnen eindeutig abgelehnt hätten, hieß es in einem Bericht; Kritiker hätten die Regierung in Niamey deshalb als „afrikanischen Gendarmen der Europäer“ attackiert.[2]


    Keine Freizügigkeit mehr

    Dabei ist das Gesetz 2015-36 von Anfang an scharf kritisiert worden. So steht es etwa in Widerspruch dazu, dass in der westafrikanischen Staatenorganisation ECOWAS, der Niger angehört, prinzipiell Freizügigkeit für alle Bürger aller Mitgliedstaaten herrscht. Sie wird jedoch durch das Gesetz real eingeschränkt.[3] Eingeschränkt werden zudem Bürger von ECOWAS-Staaten, die völlig legal in einem Land Nordafrikas, etwa in Libyen oder in Tunesien, nach Arbeit suchen und auf dem Landweg dorthin reisen wollen. Ein Problem bringt das Gesetz auch für Menschen aus angrenzenden Sahel-Staaten, die fliehen müssen, etwa vor den in der Region aktiven jihadistischen Milizen: Sie dürfen in Niger nun nicht mehr auf legale Unterstützung hoffen. Hinzu kommt, dass die nordnigrische Stadt Agadez sowie die umliegende Region seit je von Migration leben, einst von durchziehenden Karawanen, später vor allem vom Tourismus, zuletzt von Flüchtlingen auf dem Weg in die Anrainerstaaten des Mittelmeers. Nach der Verabschiedung des Gesetzes und der darauf folgenden Unterstützung der EU für Niger bei der Überwachung seiner Grenze wurde das gesamte Geschäft im Umfeld der Migration – von Fahrdiensten über die Vermietung von Unterkünften bis zur Nahrungsmittelversorgung – umfassend ruiniert.


    Noch mehr Tote

    Vor allem wurden Flüchtlinge auf dem Weg nach Norden nur teilweise gestoppt, zu einem großen Teil aber auf abgelegenere, noch gefährlichere Fluchtrouten abgedrängt – abseits der Hauptwege durch die Sahara, die nun von nigrischen Militärs mit Gerät der EU überwacht wurden. Derlei Gerät stellte auch Deutschland bereit; im Jahr 2017 beispielsweise sagte Berlin, um Niamey „im Kampf gegen Schleuser ... zu unterstützen“, die Lieferung von 100 Pick-Ups, 115 Motorrädern, 53 weiteren Militärfahrzeugen sowie 55 Satellitentelefonen zu.[4] Parallel zum Versuch der nigrischen Regierung bzw. von Innenminister Bazoum (2016 bis 2021), die Wege durch die Sahara in Richtung Norden im Auftrag und mit Unterstützung der EU abzuschotten, stieg die Zahl der Todesopfer unter den Flüchtlingen rasant an. Das Missing Migrants Project der International Organization for Migration (IOM) konnte auf den Routen durch Niger für 2015 56 verstorbene oder verschwundene Flüchtlinge nachweisen, für 2017 bereits 433; kurz zuvor, Ende 2016, war das Gesetz 2015-36 endgültig in Kraft getreten.[5] Einigkeit herrscht darüber, dass die Angaben des Missing Migrants Project zwar gut belegt, aber viel zu niedrig sind – aufgrund der wohl hohen Dunkelziffer. Diese ist bei Todesopfern abseits der Hauptrouten durch die Sahara noch höher als sonst.


    Sanktionen „begrüßt“

    Wie das französische Onlineportal Mondafrique berichtet, hat Nigers Übergangspräsident Abdourahamane Tiani das Gesetz 2015-36 Ende vergangener Woche per Dekret aufgehoben. Dies hatten Einwohner insbesondere Nordnigers, aber auch Menschenrechtsorganisationen immer wieder gefordert. Ausgelöst habe den Schritt, dass die EU regelmäßig verlange, den gestürzten Präsidenten Bazoum (2021 bis 2023) wieder ins Amt zu bringen, und dass sie zudem die Sanktionen ausdrücklich unterstütze, die die ECOWAS gegen Niger verhängt habe, berichtet Mondafrique. Niamey sei daher nicht mehr bereit, der EU einen Gefallen zu tun.[6] Die Entscheidung wurde am Tag nach der Verabschiedung einer Erklärung des Europaparlaments gefällt, in der das Parlament den Putsch in Niamey vom 26. Juli verurteilt und nicht nur verlangt, Bazoum wieder in sein früheres Amt einzusetzen, sondern auch auf die Verhängung konkreter Sanktionen dringt. Die EU hatte am 23. Oktober ein Rahmenwerk beschlossen, das Restriktionen gegen Nigrer prinzipiell ermöglicht; Guthaben in der EU können eingefroren, Visa verweigert werden.[7] Das Europaparlament will nun Mitglieder der nigrischen Übergangsregierung konkret sanktioniert sehen. Zudem „begrüßt“ es die ECOWAS-Wirtschaftssanktionen gegen Niger.[8]


    Mangel am Lebensnotwendigsten

    Die Sanktionen belasten die nigrische Bevölkerung stark. Auch auf massiven Druck der EU hat die ECOWAS kurz nach dem Putsch eine totale Handelsblockade gegen Niger verhängt; die Grenzen sind geschlossen. Weder Nahrungsmittel noch Medikamente gelangen auf regulärem Weg in das Land; Nigeria, das zuvor ungefähr 70 Prozent der in Niger benötigten Elektrizität lieferte, hat den Stromexport dorthin eingestellt. Die Lebensmittelpreise sind in Niger, dem laut UN-Statistiken drittärmsten Land weltweit, bereits im Sommer schmerzhaft in die Höhe geschossen; der Vorrat an Medikamenten geht zur Neige, manche Mittel sind schon heute nicht mehr erhältlich. Ohne Schmuggel und ohne vereinzelte Lieferungen über das die Sanktionen nicht mittragende Burkina Faso, die allerdings Gebiete durchqueren müssen, in denen Jihadisten oft Überfälle durchführen, wäre der Mangel noch schlimmer.[9] Die ECOWAS setzt darauf, dass Nigers Bevölkerung, wenn man sie nur lange genug aushungert, die Übergangsregierung stürzt und den einstigen Präsidenten Bazoum, der stets loyal mit der EU kooperierte, wieder in Amt und Würden bringt. Die EU unterstützt dies. Dabei profitiert sie davon, dass die Hungerblockade gegen Niger – ganz im Unterschied zu anderen Blockaden – international keine Schlagzeilen macht und daher ohne politischen Schaden aufrechterhalten werden kann.

     

    Mehr zum Thema: Tödliche Sanktionen und Abzug aus dem Sahel.

     

    [1] Mission Accomplished? The Deadly Effects Of Border Control In Niger. borderforensics.org 08.05.2023.

    [2] Christophe Châtelot: Le Niger, sous-traitant africain de la politique migratoire de l’Europe. lemonde.fr 28.06.2018.

    [3] Jérôme Tubiana, Clotilde Warin, Gaffar Mohammud Saeneen: Multilateral Damage. The impact of EU migration policies on central Saharan routes. Clingendael: CRU Report. Den Haag, September 2018.

    [4] Florian Manthey: 53 Fahrzeuge für Nigers Streitkräfte. bmvg.de 22.09.2017.

    [5] Border Forensics: Investigation Report: Mission accomplished? The deadly effects of border control In Niger. May 2023.

    [6] Le Niger répond à Bruxelles en abrogeant la loi anti-migratoire. mondafrique.com 25.11.2023.

    [7] Niger: EU sets up an autonomous framework for restrictive measures. consilium.europa.eu 23.10.2023.

    [8] Human rights breaches in Iran, Niger and Georgia. europaparl.europa.eu 23.11.2023.

    [9] Sanctions de la Cedeao contre le Niger : les populations résistent. oestaf.com 10.11.2023.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9418

    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    27.11.2023

    ZEITGESCHICHTE 
    Vom Himmel hoch

    spiegel.de, vom 23.10.1988, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 43/1988

    Ein geheimer Plan enthüllt, daß die Amerikaner gegen Kriegsende bereit waren, einen großen Teil der deutschen Bevölkerung mit Giftgas zu vernichten. *


    Vier Tage schon lag das amerikanische Handelsschiff »John Harvey« im Hafen der süditalienischen Stadt Bari, und die Ladung war noch immer nicht gelöscht.

    Weder der Kapitän noch die Besatzung ahnten, welch gefährliche Fracht sie im amerikanischen Baltimore, 5700 Seemeilen entfernt, an Bord genommen hatten. Nur sieben mitschippernde Soldaten, an ihrer Spitze Oberleutnant Howard Beckström, wußten über Einzelheiten Bescheid.

    Emissions to decisionsDeloitte united Mainova behind a clear roadmap to carbon neutrality by 2040.

    Am 2. Dezember 1943 zur Abendstunde griffen deutsche Ju-88-Bomber 20 Minuten lang die Piers in Bari an. Sie versenkten 17 Schiffe und beschädigten acht weitere schwer. Auch die 10617 Bruttoregistertonnen große »John Harvey« fing Feuer und explodierte.

    Kurz darauf wurden Verletzte mit sonderbaren Symptomen in die Lazarette eingeliefert: Sie hatten Hautschäden, Augenschmerzen, geschwollene Geschlechtsteile, extrem niedrigen Blutdruck bei stark erhöhter Pulsfrequenz. Die Ärzte tippten auf eine spezielle Art von Hautentzündung - eine folgenschwere Fehldiagnose.

    In dem US-Frachter lagerten, was Beckström, der bei dem Angriff getötet wurde, auf Weisung von oben hatte verschweigen müssen, 540 Tonnen Senfgas. Über 1000 Soldaten und Zivilisten kamen in den Schwaden des hochgiftigen Kampfstoffes ums Leben. Die Alliierten vertuschten, wie es zu dem Massensterben kommen konnte: Sie gaben »Verbrennung«, »Bronchitis« oder »Lungenkomplikation« als Todesursachen an.


    Bis heute blieben die Hintergründe der »Katastrophe von Bari«, so der Historiker und Giftgas-Experte Günther Gellermann, ein strenggehütetes Geheimnis. Zwar spekulieren Militärhistoriker seit langem darüber, ob die Amerikaner nach ihrer Landung in Italien den dort »erwarteten deutschen Gaseinsatz mit einem entsprechenden Gegenschlag« (Gellermann) kontern wollten - mehr war jedoch nicht bekannt.

    Erst ein Zufallsfund des württembergischen Privatforschers und Fachautors Fritz Hahn, 66, in einem Washingtoner Archiv enthüllt die Dramatik eines Planes, den die US-Kriegführung unmittelbar nach dem »Ersteinsatz von Gas durch die Achsenmächte« ("G-Day") verwirklichen wollte. Danach sollten, von Italien und England aus, Tausende Flugzeuge »in einer 15-Tage-Operation« *___30 deutsche Großstädte mit Senfgas und/oder dem noch ____giftigeren Phosgen einnebeln, *___alle wichtigen Industrie- und Fabrikationsanlagen ____zerbomben und so den Zweiten Weltkrieg in Europa mit ____einem Schlag beenden.


    Unter Punkt 4 des Plans ("Mögliche Ergebnisse des Angriffs") errechneten US-Spezialisten der Abteilung für Chemiekriegführung, wie viele Menschen »direkt beeinträchtigt«, also getötet würden - »5600000«. Weitere zwölf Millionen »würden dem vorgeschlagenen Angriff indirekt ausgesetzt« sein.

    Hitlers Nachrichtendienste hatten offenbar von den amerikanischen Vorbereitungen, wenn auch nur bruchstückhaft, erfahren. Sie wußten, daß seit Anfang 1943 laufend Kampfstoffe nach West- und Nordafrika verschifft und dort gelagert wurden - nicht allzuweit von Süditalien entfernt.

    Die Kampfstoffe Phosgen und Senfgas waren im Ersten Weltkrieg, 1915 und 1917 an der West-Front, erstmals eingesetzt worden - von den Deutschen. Senfgas, das nach den Namen der Erfinder Lommel und Steinkopff auch »Lost« genannt wird, ist ein Hautgift, Phosgen greift die Lunge an. »Der Atem«, beschreibt ein Mediziner die Wirkung, »wird immer kürzer und stoßweiser, bis der Tod durch Ersticken eintritt.«


    Als 1919 nach dem Ersten Weltkrieg in Versailles Frieden geschlossen wurde, untersagten die Siegermächte dem Verlierer Herstellung und Einfuhr von »erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie allen derartigen Flüssigkeiten, Stoffen«. Die Anweisung wurde nie kontrolliert, bald lief die Produktion in Deutschland wieder auf vollen Touren.

    Auch die internationale Vereinbarung »über das Verbot des Kriegseinsatzes« chemischer und bakteriologischer Stoffe ("Genfer Protokoll") sechs Jahre später war nur halbherzig. So propagierten die USA zwar die Ächtung solcher Waffen, das Abkommen aber ratifizierten sie damals nicht.


    Amerikanische Chemiker forcierten, genauso wie deutsche Hersteller, die _(Bei der Erläuterung von Giftgas-Waffen. )

    Giftgas-Produktion, Militärs erdachten neue Strategien. General Amos Fries, damals Chef des »Chemical Warfare Service«, lobte die »Kunst der Vervollkommnung ... giftiger Gasbomben«. Er prophezeite, den »Krieg der Zukunft« werden jene »gewinnen, die den weitestgehenden Gebrauch von der chemischen Waffe machen werden« - vom Himmel hoch, gebombt oder gesprüht.

    Auch Hitler, als Gefreiter 1918 selber Opfer eines britischen Gasangriffs ("Um mich war es finster, die Augen waren in glühende Kohlen verwandelt"), ließ kräftig an Plänen arbeiten, Kampfstoffe »gegen die feindliche Zivilbevölkerung« (so eine Nazi-Denkschrift aus der Kriegszeit) einzusetzen. So könnten, heißt es darin weiter, »auf lange Zeit hin Panik und völliger Stillstand im Leben einer begifteten Stadt« erzwungen werden.

    Ein letztes Mittel: Andere Bewaffnung war im Sommer 1944 bereits knapp. Tausende von Kampfpanzern konnten nicht gebaut werden, Haubitzen-Granaten waren kaum mehr vorhanden, der Vorrat an 7,9-Millimeter-Infanteriepatronen reichte, hat Spezialist Hahn ausgerechnet, nur noch »ganze zehn Tage« _(Fritz Hahn: »Waffen und Geheimwaffen des ) _(deutschen Heeres 1933-1945«. Bernard & ) _(Graefe Verlag, Koblenz, 1987; 2 Bände, ) _(138 Mark. ) .


    Zum selben Zeitpunkt verfügte die Wehrmacht über mehr als 50000 Tonnen Giftgas - »eine beachtliche strategische Variante, auf die eine in die Enge getriebene, fanatische Führung hätte zurückgreifen können«, sagt der Freiburger Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller. Zu jenen Kampfstoffen gehörten auch die Nervengifte Tabun und Sarin, deren Produktion auf Hitlers Weisung hin vorangetrieben werden sollte - zumal der Kriegsgegner sie noch nicht entwickelt hatte.

    Die Amerikaner und ihre Verbündeten waren allerdings längst gewappnet, auf einen deutschen Gasangriff sofort mit der flächendeckenden Vernichtung des Kriegsgegners zu reagieren. »Ich hoffe«, erklärte Präsident Roosevelt, »daß wir ... nie dazu gezwungen sein werden. Ich stelle kategorisch fest, daß wir unter keinen Umständen auf den Einsatz derartiger Waffen zurückgreifen, solange es der Feind nicht ... tut.«

    Für alle 30 Städte, vom US-Verteidigungsministerium und von Geheimdienstlern als »Schlüsselziele« ausgesucht, gab es präzise Beschreibungen jener Viertel, die als Angriffsobjekt »empfehlenswert« seien - in Hamburg, beispielsweise, waren es drei: _____« I. Dieses Ziel umfaßt die Innenstadt mit einer Fläche » _____« von einer Quadratmeile ... annähernd 200000 Personen » _____« (nächtliche Bevölkerung um 100000), das Geschäfts- und » _____« Speicherzentrum. Angrenzend im Süden der Hafen längs der » _____« Elbe, eingeschlossen sind die U-Boot-Werften. » _____« II. Dieses Ziel umfaßt das dichtbevölkerte Wohngebiet » _____« östlich des Altonaer Bahnhofs, » _____« nördlich der Elbe und des Parkgürtels um die » _____« Innenstadt, südlich von Eimsbüttel, des » _____« dichtbesiedeltsten Stadtteils. In diesem anderthalb » _____« Quadratmeilen großen Zielgebiet leben 190000 Menschen. » _____« III. Dieses Ziel umfaßt die dichtbesiedelten » _____« Wohngebiete im Nordosten der Stadt. In diesem anderthalb » _____« Quadratmeilen großen Zielgebiet leben 140000 Menschen. »

    Fünf Städte - München, Augsburg, Nürnberg, Stuttgart und Karlsruhe - sollten vom italienischen US-Stützpunkt Foggia, rund 100 Kilometer nördlich von Bari, angeflogen werden. Alle anderen - unter ihnen Berlin, Köln, Düsseldorf, Leipzig und Dresden - von London aus.

    Je nach den klimatischen Bedingungen wären das leicht flüchtige Phosgen oder der schwerere Lost abgeworfen worden. Dabei kalkulierten die Planer zur Vergiftung »einer Quadratmeile« den Einsatz von mindestens »100 Flugzeugen mit 4000 Bomben a 100 Pfund (Lost)« oder »600 Bomben a 1000 Pfund (Phosgen)« ein.

    Amerikas Chemiefabriken hatten genügend Kampfstoff produziert, gegen Ende des Krieges lagerten in den Arsenalen 140000 Tonnen. Aber es standen zum damaligen Zeitpunkt nicht genügend Bomber bereit.

    Bei einem Angriff im März 1944 hätte die amerikanische Luftwaffe jedoch 63 Prozent des »Zielprogramms« erledigen können, im Juni schon 76 Prozent. Möglich scheint, daß die Briten im Bedarfsfall mitgeflogen wären, am 1. April 1944 standen bei der Royal Air Force 5630 Bomber parat, 45 mehr als bei den amerikanischen Verbündeten.

    Englands Premierminister Winston Churchill verfolgte ähnliche Ziele wie damals Roosevelt, auch auf britischer Seite wurde »sehr ernsthaft über einen Gaseinsatz gegen Deutschland« (Gellermann) nachgedacht. So teilte Churchill am 6. Juli 1944 seinem Stabschef, General Hastings Lionel Ismay, mit: _____« Ich wünsche, daß eine kaltblütige Einschätzung » _____« darüber vorgenommen wird, ob es günstiger für uns wäre, » _____« Giftgas einzusetzen ... Wenn wir dies tun, dann sollte es » _____« hundertprozentig sein. »

    Churchill verlangte, daß »die Angelegenheit in der Zwischenzeit von vernünftigen Leuten« behandelt werde - nicht von »psalmodierenden uniformierten Defätisten, die einem hin und wieder über den Weg laufen«.

    Seine Militärs hielten sich jedoch zurück. »Bislang«, meldeten sie dem Regierungschef, sei die »Moral der deutschen Bevölkerung durch unsere Luftangriffe nicht gebrochen« worden, der »Vorteil der Überraschung« könne »daher nur von kurzer Dauer« sein. Außerdem, argumentierten sie, verfüge der »Gegner über eine gute Gasschutzausrüstung«.

    Daß Gasmasken bei Lost- oder Phosgen-Einsätzen lebensrettend sein können, belegt eine Statistik aus dem Ersten Weltkrieg. Während anfangs, »als das Gas auf unvorbereitete Gegner prallte« (so der Kieler Chemiker Ulrich Müller), die »tödlichen Verluste bis zu 35 Prozent« betrugen, sanken sie zum Ende auf knapp zwei Prozent - dank der Schutzmaßnahmen.

    Doch Deutschland war, entgegen der Einschätzung der Londoner Generalität, fast schutzlos. Weder gab es Sirenen für Gasalarm noch genügend Luftschutzräume. Etwa 65 Prozent aller Zivilisten im Reichsgebiet, so errechnet Gellermann, »besaßen keine Gasmasken«.

    Am schlimmsten stellte sich die Lage bei kleinen Mädchen und Jungen bis zu drei Jahren dar. Sie sollten, nach Hitlers Vorstellungen, eigentlich mit speziellen, rundum abgedichteten Gasbettchen und Gasjäckchen aus Gummi ausgerüstet werden. Doch weil es weder genug Kautschuk noch den Ersatzstoff Buna gab, waren fast 90 Prozent der Kinder ungeschützt.

    »Die Eröffnung eines Gaskrieges durch die Alliierten zu diesem Zeitpunkt«, resümiert Gellermann, »hätte zu einer Katastrophe geführt und Deutschland wahrscheinlich gezwungen, innerhalb kürzester Zeit die Waffen niederzulegen.«

    Bei der Erläuterung von Giftgas-Waffen.Fritz Hahn: »Waffen und Geheimwaffen des deutschen Heeres1933-1945«. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz, 1987; 2 Bände, 138Mark.

    Info: https://www.spiegel.de/politik/vom-himmel-hoch-a-cac15f3c-0002-0001-0000-000013531696


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    27.11.2023

    Begriffe wie „Angriffskrieg“ oder „Regime“ fallen nicht vom HimmelWie wir manipuliert werden

    unsere-zeit.de, |

    Am vergangenen Mittwoch sprach Albrecht Müller („NachDenkSeiten“) in Friesenheim über die Botschaft seines Buches „Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst”. UZ dokumentiert einen Auszug seines Vortrages, in dem es um verschiedene geläufige Techniken der Manipulation geht. Einige Zeit lang war ich Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt. Montags bis freitags trafen wir uns am frühen Morgen unter Vorsitz des Chefs des Bundeskanzleramtes in einem kleinen Sitzungssaal des Kanzlerflügels zur morgendlichen Lagebesprechung. Mit dabei außer den sechs Abteilungsleitern war der Regierungssprecher, damals die meiste Zeit Klaus Bölling, und der Redenschreiber des Bundeskanzlers. In dieser Runde wurde auch darüber beraten, was der Regierungssprecher bei der Bundespressekonferenz wie auch in Hintergrundgesprächen sagen sollte. Die morgendliche Lagerunde war und ist bis heute ein Ort der Sprachregelung. Man kann das Ergebnis solcher Beratungen bei der Bundespressekonferenz mit den Regierungssprechern beobachten. (…) Sprachregelung ist überall spürbar. In der innen- und gesellschaftspolitischen Debatte beherrschen seit Jahren wiederkehrende Botschaften die Verlautbarungen: Es geht uns gut. Die Löhne sind zu hoch. Die Lohnnebenkosten sind auch zu hoch. Der Arbeitsmarkt ist zu unflexibel. Das hat uns Arbeitslosigkeit gebracht. Wir brauchen Reformen. Der Generationenvertrag trägt nicht mehr. Jetzt ist Digitalisierung angesagt. Und so weiter und so weiter. Auch in der außenpolitischen und sicherheitspolitischen Debatte herrschen Sprachregelungen vor. Wir nennen Regierungen, die uns nicht passen, „Regime“ oder „Diktaturen“. Wir sprechen vom Mullahregime und vom Schlächter Assad. Wir sprechen hingegen nicht vom Schlächter Mohammed bin Salman al-Saud, wenn wir den Kronprinzen von Saudi-Arabien meinen. Obwohl Saudi-Arabien und andere Staaten des Nahen Ostens mit ihren Völkern und mit Nachbarn wie etwa dem Jemen mindestens so schlimm umgehen wie der Präsident in Syrien das angeblich tut, nennen wir diese dann besser nicht Diktatoren und nicht Schlächter. – So, nämlich Schlächter, könnten wir eigentlich auch Hillary Clinton wegen ihrer Rolle bei der Zerstörung staatlicher Strukturen in Libyen nennen, oder Obama, der mit dem Drohneneinsatz, über Ramstein gesteuert, schon ganze Großfamilien hat hinschlachten lassen. Da fehlt es offenbar an der entsprechenden Sprachregelung. Auch die Corona-Debatte leidet unter Sprachregelungen. Die Begriffe „Corona-Leugner“, „Impfmuffel“ oder „Impfleugner“ und „Impfverweigerer“ sind aufgeladen mit negativen Vorurteilen. Die Begriffe treffen auch Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, oder auch jene, die sich nach intensiven Untersuchungen und Prüfungen dazu entschlossen haben, sich nicht impfen zu lassen. Die Sprachregelung stört und zerstört die Möglichkeit, die Debatte um dieses wichtige und große Problem differenziert und solidarisch zu führen. Jetzt noch ein aktuelles Beispiel über die Nutzung der Sprache: Deutschland soll kriegstüchtig werden, meint Verteidigungsminister Pistorius. – Diese Verbindung des für viele Menschen positiv klingenden Begriffs „tüchtig“ mit dem Wort Krieg – das ist schon hohe Schule der Propaganda, der miserablen Propaganda. In dem Wort „tüchtig“ ist die Bereitschaft zum Krieg schon enthalten. Wir kommen zur zweiten beschriebenen Methode der Manipulation: Manipulation mit ständig gebrauchten und mit einer Bewertung versehenen Begriffen. Dazu gibt es treffende aktuelle Beispiele: Angriffskrieg. Oder Putins Krieg. Bitte beachten Sie: Angriffskrieg ist kein normales deutsches Wort. Normalerweise sagen wir Krieg. Oder Erster Weltkrieg oder Zweiter Weltkrieg. Oder Vietnamkrieg. Die jetzt allenthalben gebrauchte Wortkombination Angriffskrieg soll signalisieren, dass es einen eindeutig Schuldigen gibt: Russland. Damit sind wir gleich bei der nächsten Methode: Geschichten verkürzt erzählen. Das ist eine oft genutzte Methode der Manipulation: Erstes Beispiel: Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Darüber wird geredet und geurteilt ohne Beachtung der Vorgeschichte, ohne Berücksichtigung der 11.000 und mehr Toten beim Beschuss der Ostukraine mit ihrer russischstämmigen Bevölkerung durch die Artillerie der Ukraine. Zweites Beispiel für eine verkürzt erzählte Geschichte: Über den Terror der Palästinenser aus dem Gazastreifen wird berichtet und kommentiert, ohne die Umstände des jahrelangen Eingesperrtseins der Palästinenser zu beachten. (…) Die gleiche Botschaft aus verschiedenen Ecken aussenden: Als in Deutschland ab 1999 die Agenda 2010 und der Ausbau eines breiten Niedriglohnsektors durchgesetzt werden sollten, da konnten sich jene, die an niedrigen Löhnen interessiert waren, darüber freuen, dass diese Drecksarbeit von einem sozialdemokratischen Bundeskanzler begonnen und umgesetzt wurde: von Gerhard Schröder. Wichtig für die Glaubwürdigkeit der Forderungen und damit für die Durchsetzung der Agenda 2010 war es, dass nicht nur die daran interessierten Wirtschaftsbosse, sondern auch Personen, die als fortschrittlich galten, sich ebenfalls für diese Art von Reformen einsetzten – so zum Beispiel der ehemalige Spitzenpolitiker aus Baden-Württemberg Erhard Eppler. Noch ein Beispiel aus der Außen- und Sicherheitspolitik: Als es ebenfalls 1999 darum ging, die Bundeswehr zu ihrem ersten Auslandseinsatz außerhalb des NATO-Bereiches in Jugoslawien zu schicken, was ein wirklicher Bruch der bisherigen politischen Linie war, bedurfte es zur Abwehr der Kritiker der gleichen Kriegsbotschaft aus verschiedenen Ecken: CDU und CSU waren sowieso dafür. Da fügte es sich, dass ein Sozialdemokrat Verteidigungsminister war, der diesen Krieg mitmachte, nämlich Rudolf Scharping, und dass auch der Außenminister, die damalige Spitzenfigur der Grünen, Joschka Fischer, seine Zustimmung gab und sich dann als Busenfreund der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright ganz besonders engagierte. Also: Wenn so verschiedene Personen wie Angela Merkel von der CDU, Rudolf Scharping von der SPD und Joschka Fischer von den Grünen dafür werben, die Bundeswehr auf den Balkan zu schicken, dann haben Zweifler kaum eine Chance. Der ungekürzte Vortrag ist auf den „NachDenkSeiten“ zu finden: kurzelinks.de/Manipulation
    Albrecht Müller„Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst“
    Westend Verlag, 144 Seiten, 14 Euro Categories Politik Tags , ,


    Info: https://www.unsere-zeit.de/wie-wir-manipuliert-werden-4785969


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    27.11.2023

    Was ist „Rechts“, was ist „Links“?

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    AktuellesDemokratie – Medien – Aufklärung


    freidenker.org, vom 25. November 2023, Von Klaus Hartmann

    In den letzten Jahren ist es zunehmend üblich geworden, Menschen und Proteste als „rechts“ zu etikettieren, wenn sie sich gegen den „Mainstream“ oder den Kurs der Regierung wenden. Wer zur Zuwanderung, den „Corona-Maßnahmen“, zum „Klima“ oder dem Heizungsgesetz, zu den Kriegen in der Ukraine oder in Palästina eine eigene Meinung vertritt, die nicht den Vorgaben der Herrschenden huldigt, sieht sich schnell ausgegrenzt, geächtet, in seiner beruflichen und sozialen Existenz bedroht, gar strafrechtlicher Verfolgung wegen „Meinungsdelikten“ ausgesetzt.

    Regelmäßig und immer wieder wird das Publikum mit der Frage traktiert, was denn eigentlich rechts und was links sei. Ist das eine aktuelle Frage, oder geht es dabei um abgehobene Debatten, die mit uns und dem praktischen Leben nichts zu tun haben, geht es um „intellektuelle“ Fingerübungen ohne Belang? Aber es muss Gründe haben, es müssen Interessen dahinterstehen, wenn ständig zum „Kampf gegen rechts“ geblasen wird, wenn der vermeintliche „Verfassungsschutz“, also der Inlandsgeheimdienst, immer wieder vor „Linksextremisten“ und vor „Rechtsextremisten“ warnt. Offenbar geht es um die (weitere) Spaltung der Bevölkerung, aber das ist kein Selbstzweck. Die Bereitschaft, sich für die eigenen Interessen einzusetzen, dem Kurs der Regierung, der EU, der NATO sowie ihrer Mainstreammedien zu widersprechen, soll ausgehebelt werden. Dazu sind die Mittel der Wahl die Denunziation und die Begriffsverwirrung.

    Zwei Beispiele aus jüngster Zeit: Als am 23. Oktober 2023 auf einer Bundespressekonferenz das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ seine Vereinsgründung bekannt gab[1], sah am selben Tag der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan Sahra Wagenknechts künftige neue Partei „deutlich rechts“.[2] Welcher politische Kompass hat ihn zu diesem Befund geleitet? Zur Landratswahl im Landkreis Dahme-Spreewald am 12.11.2023 lautete eine Schlagzeile: „Rechter Russland-Freund will BER-Landrat werden“.[3] In Steffen Kotrés Sündenregister stehen seine Aussage im „russischen Propaganda-TV“[4], dass ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine sei, und dann habe er noch „Syriens Mörder-Regime“ die „legitime Regierung“ genannt. Ist zwar völkerrechtlich korrekt, aber in NATO-Deutschland ein Meinungsverbrechen.


    „Gegen rechts“ – ein Fake

    Wer denkt, es ginge gegen echte Nazis, hat sich geirrt. Begründet wird meist nicht, was mit „gegen rechts“ gemeint sei soll. Im Umkehrschluss nehmen die Kämpfer für sich in Anspruch,„links“ zu sein, ebenfalls unbegründet. Selbst wer das Naziregime in der Ukraine unterstützt, kann sich heute als „Linker fühlen“. Bei Parteien und Organisationen ist in der Regel eben nicht mehr das „drin, was draufsteht“.

    Inzwischen gerät jeder in Gefahr, verrissen zu werden, wer nicht exakt die Regierungslinie nachbetet oder grünen Polit-Vorgaben folgt. Die „Fälle“ der Ulrike Guérot von der Uni Bonn, des Michael Meyen von der Ludwig-Maximilians-Universität München oder des Patrik Baab von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel stehen stellvertretend für eine Vielzahl, die wegen ihrer abweichenden Meinungen geschasst wurden. Die Medien meinen, Abweichler pauschal als „rechts“ verunglimpfen zu können. Aber nicht nur sie.

    Auch sich „links“ und „antifaschistisch“ Dünkende stellten ihre Staatsgläubigkeit und den besonderen Gehorsam gegenüber den verrücktesten Corona-Anordnungen zur Schau, wenn sie Demonstranten gegen die „Maßnahme“ Rufe wie „Nazis raus!“ oder „Wir impfen Euch alle!“ entgegenschleuderten. In diesen Kreisen gelten „Querdenker“ als indiskutabel und natürlich als „rechts“. Dabei ist es gar nicht lange her, dass Querdenker als Kompliment und Auszeichnung verstanden wurde, und zahlreiche Institutionen verliehen „Querdenker-Ehrenpreise“. So die Wirtschaftsvereinigung „Querdenker-Club“ (240.000 Mitglieder), die damit u.a. Schauspieler ehrte, jemand, „der seinen Weg geht, gegen alle öffentlichen Anfeindungen“[5], in NRW zeichnete trailer Ruhr innovative Filmproduktionen mit ihrem Querdenker-Preis aus,[6] die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin  vergab ihren eigenen Querdenker-Preis  für „kreative und innovativ denkende … die mit ihren Ideen das Gesundheitswesen zukunftsweisend bereichern“,[7] und die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) vergab den Förderpreis „Querdenker“ für vorbildhafte Azubi-Projekte.[8]


    Beispiel Daniele Ganser

    Im Kreuzfeuer vermeintlich „linker“ Kritik steht auch Daniele Ganser, vor dessen meist ausverkauften Veranstaltungen inzwischen regelmäßig Gegendemonstrationen von VVN, Omas gegen „rechts“ und anderen stattfinden, die offenbar noch nie eine seiner Reden gelesen, kein Video angeschaut und kein Buch von ihm gelesen haben, aber Transparente vor sich hertragen mit Parolen wie „Kein Platz für Nazipropaganda“. Damit jeder die Infamie der Unterstellung selbst ermessen kann, folgt hier ein Auszug aus einem Beitrag für die Monatszeitschrift Rotfuchs über den Krieg der NATO gegen die Russische Föderation. Der Autor Gerhard Giese, Oberst a. D. der Nationalen Volksarmee der DDR zitiert „anstelle eines Resümees: Bemerkenswerte Standpunkte des Schweizer Friedensforschers Dr. Daniele Ganser“.


    • „Der Krieg in der Ukraine wurde nicht am 24.2.22 von Rußland, sondern bereits 2014 nach dem Maidan-Putsch durch die USA und die ASOW-Nazis begonnen. Der kollektive Westen hat mit der Aufnahme Polens und weiterer 11 Staaten in die NATO sein Nichterweiterungsversprechens gebrochen.
    • Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien sind möglich, wie die Ergebnisse bei den März-Verhandlungen 2022 in Istanbul bewiesen, wobei die USA und GB deren Abbruch anordneten.
    • Die USA könnten den Krieg ohne Kredite, Waffenlieferungen und Aufklärungsdaten für die Ukraine sofort beenden.
    • Grenzverschiebungen in Europa hat es bereits 1999 nach dem Jugoslawienkrieg des Westens gegeben und nicht nur durch die RF.
    • Die USA zwingen die EU-Länder der Ukraine Geld, Waffen, Munition, militärische Leistungen und Söldner bereitzustellen (militärische Lieferungen und Leistungen der USA 0,37 % des BIB, Polen 2,1 % und Deutschlands 7,2 %).
    • In der Ukraine stehen sich die zwei stärksten Kernwaffenmächte gegenüber, was gefährlich ist, da beide in einer Informationsblase leben und daher zu wenig voneinander wissen sowie kaum Einfluß aufeinander nehmen können.
    • Die Kriegsseiten sollten sich ein Beispiel an der Kuba-Krise nehmen und zu vernünftigen Reaktionen zurückkehren.
    • Je schneller sich die Seiten auf deeskalierende Maßnahmen einigen, um so eher könnte das Blutvergießen in der Ukraine beendet werden.“[9]
    Verkehrte Welt

    Wenn dies aus Sicht vermeintlicher „Linker“ „rechts“ sein soll, wirft das Fragen nach ihrer geistigen Verfassung auf. Es geht also „drunter und drüber“, und manche schließen daraus, dass es den Unterschied nicht mehr gibt, oder eine Unterscheidung ohne Belang ist. Viele, besonders Jugendliche, können mit dem Schema „rechts und links“ nichts anfangen und lehnen es ab. Die Sinnentleerung der Begriffe folgt dem realen Sinnverlust dessen, was heute inhaltlich unter rechts und links verstanden werden kann.

    Wer nach dem historischen Ursprung der Unterscheidung fragt, wird auf die Sitzordnung des französischen Parlaments stoßen. Als dort nach der Französischen Revolution eine Nationalversammlung gebildet wurde, nahmen (orientiert am britischen Unterhaus) die Anhänger der Monarchie und des Feudalsystems sowie die Vertreter des Klerus auf der rechten Seite des Sprechers Platz, während die Anhänger der Revolution, die Patrioten und Fortschrittlichen auf der linken Seite saßen. Damals hatte diese Unterscheidung erkennbar einen Sinn. Aus Tradition oder Gewohnheit werden SPD und Grüne heute noch als „links“ eingeordnet, unverdienterweise. Die SPD/Grüne-Regierung hat 1999 die erste Beteiligung Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg nach 1945, die NATO-Aggression gegen Jugoslawien zu verantworten. Wer für die Schleifung des Sozialstaats, den fortgesetzten Abbau demokratischer Rechte, eine wahnsinnige Aufrüstung und die Unterstützung des NATO-Kriegs gegen Russland steht, ist mitnichten links, sondern sowas von rechts, dass er schwerlich übertroffen werden kann.


    Diffamierungsgrundlage „Totalitarismus“-Doktrin

    Wenn ohne inhaltlichen Bezugsrahmen und Positionsangabe diese auf die Sitzordnung im französischen Revolutionsparlament zurückgehende Einteilung auf heute übertragen wird, trägt das nichts zur Klärung bei, sondern stiftet eher Verwirrung. Die herrschende Klasse hat auch die Definitionsmacht an sich gerissen, was in der sozialen Kommunikation als „reaktionär“ und als „fortschrittlich” zu gelten habe. Sie will die ideologische Lufthoheit ausüben, und das Fußvolk soll ihre Vorgaben akzeptieren. Eine Konstante dieser Vorgaben und sich unmittelbar auf das „rechts-links“-Thema bezieht, ist schon etwas älter – das ist die in Deutschland so geschätzte „Totalitarismus“-Doktrin (nicht eine „Totalitarismustheorie“, wie ihre Verkünder sie anpreisen, denn für eine Theorie mangelt es ihr an wissenschaftlicher Grundlage und Substanz).

    Der Glaubenssatz der „Totalitarismus“-Doktrinäre lautet, dass sich „die Extreme“, also links und rechts „berühren“, letztlich sozusagen eins werden. Schon die Weimarer Republik sei von rechten wie linken „Feinden der Demokratie“ zerstört und zu Grabe getragen worden. Das ist keineswegs der „Schnee von gestern“, sondern wird bis in unsere Tage weitergeschleppt: In der Greifswalder Straße in Berlin steht ein Denkmal für den von den Faschisten ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, für manche ein Stein des Anstoßes, der aber zu deren Leidwesen unter Denkmalschutz steht. Deshalb ziehen dort in Abständen die Anstoßnehmer auf, um Thälmann herunterzuputzen. So am 16.11.2023 die Pankower Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne), die mit anderen am Denkmal despektierliche Texttafeln anbrachte, und verkündete: Thälmann habe die Weimarer Republik bekämpft und geschwächt und damit die Voraussetzung geschaffen, dass Adolf Hitler 1933 an die Macht gelangen konnte.[10]

    Also nicht die Industriellen, die Hitlers NSDAP große Summen spendeten, nicht der Reichspräsident Paul von Hindenburg, der Hitler auf Geheiß der Geldgeber zum Kanzler ernannte, nicht die bürgerlichen Parteien, die im Reichstag für das Ermächtigungsgesetz stimmten, wären schuld am deutschen Faschismus, sondern der Kommunist Thälmann. Die auf derart historischen Lügen basierende „Totalitarismus“-Doktrin bringt unter ebenfalls historischer Bezugnahme eine weitere Diffamierung hervor, die systemkritischen Protestierern heute wieder um die Ohren gehauen wird: „Querfront“ heißt diese Diffamierungsvokabel, mit der eine „rechts-links“-Zusammenarbeit unterstellt wird, „wie damals“ in der Weimarer Republik.


    Was heißt hier „Querfront“?

    Zur Enttarnung der Lüge und der Diffamierungsabsicht genügt es, die Gegenfrage zu stellen: Wo gibt es heute in Deutschland die Zusammenarbeit zwischen der Gewerkschaftsführung, der Bundeswehrführung und antikapitalistische Kräften der NPD? Absurde Frage? Ganz recht! Aber nur eine solche Kombination rechtfertigte in historischer Analogie das Wort von der „Querfront“. Das war zunächst eine Idee von Anhängern einer „Konservativen Revolution“, und wurde dann von Kurt von Schleicher, dem letzten Reichskanzler der Weimarer Republik von Dezember 1932 bis Januar 1933 adaptiert, als Versuch, Hitlers Machantritt im letzten Moment noch abzuwenden. Dazu versuchte er, ein Bündnis zwischen der Führung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Reichswehr und dem „antikapitalistischen Flügel“ der SA unter Gregor Strasser zustande zu kriegen – vergeblich, seine Querfront kam nicht zustande. Zu spekulieren, ob uns im Erfolgsfall Hitler und der faschistische Krieg erspart geblieben wären, ist müßig – die Frage „was wäre gewesen, wenn …“ kann im historischen Kontext nicht zu einer Antwort führen.

    Doch das Scheitern des Querfront-Versuch am Ende der Weimarer Republik interessiert die heutigen Nutzer dieser Vokabel nicht. Ihnen geht es um die Unterstellung einer Zusammenarbeit von Linken und Rechten, hier konkret von Nazis und Kommunisten. Doch damit wird bereits die nächste Geschichtslüge bemüht, denn zu Schleichers Querfrontprojekt war die KPD überhaupt nicht eingeladen, und es kann dahingestellt bleiben, ob sie im Falle einer Einladung überhaupt mitgemacht hätte.

    Beim heutigen Gebrauch der Querfront-Vokabel, nicht nur in den Mainstream-Medien, auch durch die VVN oder die Partei „Die Linke“, handelt es sich daher um eine „Lüge im Begriff“. So geschehen bei der Friedensdemonstration im Frühjahr 2023 in Berlin, zu der Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer aufgerufen hatten. Doch die verlogene Vokabel findet auch neue Freunde. Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechten Magazins „Compact“, dreht den Spieß um und sehnt eine Querfront, wie sie die Diffamierer verstehen, geradezu herbei.


    „Nicht rechts, nicht links“?

    Neben dieser Konfusion und Verwirrung meinen viele Menschen, dass die Unterscheidung zwischen rechts und links belanglos geworden sei, weil das was draufsteht, ohnehin nicht mehr drin ist. Sie wollen der Falle entgehen, entweder in die eine oder andere Ecke gestellt zu werden. Besonders bisher nicht politisierte, erstmals in Bewegung gekommene Menschen kommen auf die Idee, „weder links noch rechts“ sein zu wollen. Das war 2014 so, als nach dem Staatsstreich in der Ukraine die „Neue Friedensbewegung“ entstand, und dann wieder 2020 ff. bei den Protesten gegen den Demokratieabbau im Zuge der sogenannten „Corona-Maßnahmen“. Ihnen scheint aber nicht bewusst zu sein, dass dieses Bestreben, „nicht rechts, noch links“ sein zu wollen, bereits eine etwas längere Geschichte in Deutschland hat.

    Dass die Losung eine ‚Karriere‘ hat, weiß aber kaum noch jemand. Der wahlkämpfende bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß meinte vor rund 50 Jahren: „Wir sind nicht die linke Mitte, wir sind nicht die rechte Mitte, wir sind die Mitte“,[11] der wahlkämpfende Gerhard Schröder trat 1998 unter der plakativen Losung „Die neue Mitte“ an.[12] Ein Buch über die Geschichte der Gründungsgrünen erschien 2011 unter ihrem Motto „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“,[13] 2009 entdeckten die Piraten den Slogan,[14] 2013 folgte die AfD.[15] Fazit: Links oder rechts will keiner gelten, alle treten sich lieber in der imaginären Mitte auf die Füße.

    Auch wem möglicherweise die politischen Koordinaten fremd oder egal sind, entkommt dem Dilemma leider nicht, denn in der Mitte, an diesem vermeintlich unpolitischen Ort tummeln sich schon viele, die diese Losung als Werbeslogan, als Marketingidee entdeckt haben.


    Zur Rolle und Politik der AfD

    Vielen gilt die AfD geradezu als Inbegriff einer rechten Partei, Urteile bzw. Aburteilungen zur „Alternative für Deutschland“ sind zahllos und schnell gesprochen. Die Schnelligkeit ist meist der Feind der Genauigkeit. Man sollte die unterschiedlichen Ebenen des „Phänomens AfD“ zu unterscheiden versuchen und insbesondere auseinanderhalten. Mit den Ebenen meine ich die Gründungsphase, die Programmatik, konkrete Äußerungen zu verschiedenen Themen und Aktionsschwerpunkte, schließlich die Wirkung ihrer Aussagen auf das Publikum und Schlussfolgerungen zum Umgang damit. Ohne dies hier grundlegend ausbreiten zu können, gehe ich von folgenden Thesen aus:

    An der Wiege der AfD standen einerseits neoliberale Professoren, andererseits vormalige Vertreter der „Stahlhelmfraktion“ der CDU. Die Parteigründung zielte v.a. auf enttäuschte CDU-Wähler, die diese Partei durch Merkel „entkernt“ und „sozialdemokratisiert“ empfanden, sich politisch heimatlos, ihnen sollte das Angebot einer „alternativen“ Systemopposition gemacht werden.

    Sozialpolitisch bekennt sich die AfD zur Beibehaltung des gesetzlichen Mindestlohns, sie fordert grundlegende Reformen der sozialen Sicherungssysteme, ohne konkret zu werden, frühere neoliberale Forderungen wie die Privatisierung der Arbeitslosen- und Unfallversicherung finden sich nicht mehr im Grundsatzprogramm. In der Sicherheitspolitik bekennt sich die AfD zur NATO-Mitgliedschaft und zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Bündnispartnern, zur Stärkung der Bundeswehr (sprich Aufrüstung) und Wiedereinführung der Wehrpflicht; andererseits: „Sicherheit in und für Europa kann ohne Russlands Einbindung nicht gelingen“.

    Aus dieser „Mischung“ ergibt sich im praktischen Verhalten, dass einerseits der Parteivorsitzende Chrupalla seine Partei als einzige Friedenspartei in Deutschland preist, andererseits fast die Hälfte der AfD-Fraktion den 100 Milliarden Kriegskrediten der Ampelregierung zugestimmt hat. Während das Hamburger Bundesvorstandsmitglied Wolf ein „allzu großes Verständnis für die russische Position im Ukraine-Krieg“ kritisiert, hält Chrupalla dagegen: „Der Ukraine-Krieg darf nicht weiter eskalieren, Deutschland nicht zur Kriegspartei werden. Statt immer mehr und immer schwerere Waffen in das Kriegsgebiet zu schicken, muss die Bundesrepublik mit Diplomatie auf ein möglichst schnelles Ende des Kriegs hinarbeiten.“

    Wir dürfen nicht übersehen, dass die AfD weiterhin stramm antikommunistisch agitiert. Reden über „Den grüne Kommunismus“,[16] „Das Gespenst der DDR geht wieder um“[17] oder „Das Erbe des Marxismus ist der Postkolonialismus“[18] zeugen wohl weniger von erheblicher Bildungsferne, als von dem Vorsatz, mit der Diffamierungskeule zurückzuschlagen und den Antikommunismus als ideologisches Rüstzeug dieser Republik weiter zu pflegen. Wir übersehen auch nicht, dass die AfD sich als besonders Zionismus-freundlich profilieren will und z:B. für ein Verbot der BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestition, Sanktionen) in Deutschland auftrat.


    Was folgt praktisch?

    Wenn man im Bundestag Stimmen gegen den Krieg gegen Russland und gegen die Wirtschaftssanktionen und gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine hört, dann sind das in der Regel Reden von AfD-Vertretern, Ausnahmen bilden einzelne Abgeordnete der Partei Die Linke, wenn z.B. Sevim Dagdelen oder Andrej Hunko das Wort erhalten. Das muss man ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Wenn eine AfD-Rede den Titel trägt „Das Volk will keinen Krieg“[19] – was soll man dagegen einwenden? Gegenwärtig leben wir unter einer massiven Bedrohung des Friedens, mit einer akuten Kriegsgefahr, keiner der unverantwortlichen Politiker des „kollektiven Westen“, keine Bundesregierung kann garantieren, dass Russland nicht irgendwann die „Rote Linie“ endgültig überschritten sieht.

    Von daher sind alle Stimmen, von welchem Politiker auch immer, die vor der Kriegsgefahr warnen, die eine Wiederinbetriebnahme der Nordstream-Pipelines fordern, die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen, und die irgendwie Gehör, einen Weg in die Öffentlichkeit, in die Medien finden, grundsätzlich hilfreich und positiv. Und wenn das ein AfDler macht, dann ist es egal aus welchen Motiven, wenn die Bevölkerungsmehrheit, die in Frieden leben will, und die diesen abenteuerlichen Harakiri-Kurs gegen Russland nicht mitträgt, aus solchen Reden eine Bekräftigung und Stärkung ihrer Überzeugung erfährt, dann kann das nur positiv sein.

    Wenn daraus folgt, dass Menschen für solche Inhalte auf die Straße gehen, eine Einheit in der Aktion für Frieden und gegen Waffen zustande kommt, dann sollten wir uns ohne Ansehen der Person oder Kontrolle des Parteibuches daran beteiligen. Antikriegsaktionen mit demokratischen Rechten oder „Wertkonservativen“, wie sie genannt werden, falls sie dazu bereit sind – das sollte selbstverständlich sein, und wir sollten uns davon auch nicht von den „Kontaktschuld“-Predigern abhalten lassen. Dabei vergessen und verdrängen wir keinesfalls die Widersprüchlichkeiten, den „Kampf der Gegensätze“ in den Positionen von Mitwirkenden. Aber wir müssen die Prioritäten auf die Herstellung von Handlungsfähigkeit legen.

    Betrachtet man das alte Parteienspektrum, ist die AfD natürlich eine rechte Partei. Aber rechts von der AfD sitzt die SPD, mit dem Zeitenwende-Kanzler, der unentwegt Waffen für den Stellvertreterkrieg gegen Russland an die Ukraine liefert, dessen Kriegsminister Pistorius „Deutschland wieder kriegstüchtig“ machen will.[20] Und rechts von der SPD sitzt die CDU/CSU, deren Fraktionsvorsitzender Merz im Verein mit seinen militaristischen Sekundanten Hardt und Wadephul einen noch schärferen Kriegskurs will, u. a. durch Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.[21] Und noch weiter rechts sitzt die FDP, deren Rüstungslobbyistin Strack-Zimmermann immer mehr Waffen für Kiew fordert[22], und womöglich Selenskij schon bald adoptieren könnte. Ganz am rechten Rand sitzen noch die Grünen, die Rechtsextremisten, die Russland ruinieren und besiegt sehen wollen, deren Baerbock „einen Krieg gegen Russland führt“ und deren Hofreiter völlig entfesselt immer mehr Sanktionen gegen Russland fordert und den „zögerlichen Kanzler“ mit Dauerkritik beschallt.[23]

    Gehen wir zurück in diesem Parteienspektrum, sehen wir links von der AfD, in der Mitte und etwas links der Mitte die Partei Die Linke. Und links von ihr die sich neuformierende Gruppe um Sahra Wagenknecht. Damit ist die linke Seite bereits abschließend aufgezählt, im Ergebnis ein völliges Ungleichgewicht, eine gähnende Leere. Das ist ein Versagen der Linken insgesamt, die sich zu großen Teilen auf Lifestyle- und Haltungsthemen sowie sprachpolizeiliche Ersatzübungen eingelassen hat, und darüber ihr Kerngeschäft, die Interessenvertretung der Nichtprivilegierten, vergessen hat. Nachdem ihr mit den Begriffen auch die Inhalte abhandengekommen sind, müssen die Inhalte, was links ist, sein soll oder sein müsste, dringend zurückgewonnen und neu gefüllt werden.

    Es kann nicht schaden, sich dabei an Marx als Kompass zu erinnern. Gegen Krieg ist links – und deshalb sind die Grünen rechts. Wer für die Rettung der Bankprofite eintritt, ist rechts, wer für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, in der Altenpflege kämpft, ist links. Wer Abrüstung, den Abzug der ausländischen Truppen aus Deutschland und den Austritt aus der NATO fordert, ist links, wer Kriegskredite bewilligen lässt, wie Herr Scholz und seine Entourage, ist rechts. Wer den Notstand der Demokratie verordnet und wer dazu strammsteht, ist rechts, wer dagegen opponiert und die demokratischen Rechte verteidigt, ist links. Solche einfach zu begreifenden Inhalte führen nicht zu einer abgehobenen Theoriedebatte, das ist kein Laborprogramm, sondern ein praktisches Aktionsprogramm.

    Ergänzen sollte man noch: Wer Russenhass predigt und antislawischen Rassismus, der ist rechts. Wer für Völkerverständigung, wer für Freundschaft mit Russland und China eintritt, der ist links. Und wer dann fragt, ist Putin eigentlich rechts? – dem sage ich: Der Putin ist natürlich ein absoluter Linker: Er steht auf der Seite des Antifaschismus. Er ist ein Antiimperialist. Er ist ein Verteidiger der UN-Charta. Er tritt für eine multipolare Weltordnung gleichberechtigter, souveräner Staaten ein. Und er hat das Wirtschaftssystem in Russland dahingehend verändert, dass dort jetzt Staatskapitalismus besteht, also nicht die Kapitalisten bestimmen, was der Staat zu tun hat, sondern umgekehrt, der Staat bestimmt, was die Oligarchen als Staatsbeamte zu tun haben. Die uns geläufigen linken Forderungen, alle Verstaatlichungsforderungen für die Bodenschätze, die Grundstoffindustrie, die Energieversorgung, die Verkehrswege – alles umgesetzt, alles ist wieder in staatlicher Hand. Das sind alles Gründe, warum Putin dem Imperialismus als Feind gilt. Deshalb ist der russische Präsident für die imperialistische Propaganda ein „Rechter“, aber mit dieser „Titelvergabe“ haben wir selbst hierzulande zur Genüge Bekanntschaft machen können.

    Klaus Hartmann ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes


    Quellen

    [1] https://www.tagesschau.de/inland/wagenknecht-stellt-buendnis-vor-100.html

    [2] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-10/wagenknecht-neue-partei-polarisierung-schirdewan-rechts

    [3] https://www.bz-berlin.de/brandenburg/rechter-russland-freund-will-landrat-werden

    [4] https://taz.de/Nach-Volksverrat-Vorwurf/!5929243/

    [5] https://www.abendzeitung-muenchen.de/promis/querdenker-preis-fuer-til-schweiger-art-154616

    [6] https://www.facebook.com/blickefilmfestival/posts/2623226041029778/

    [7] https://www.amboss.com/de/presse/amboss-wird-von-deutscher-gesellschaft-fuer-innere-medizin-mit-querdenker-preis-ausgezeichnet

    [8] https://www.facebook.com/BGNahrungsmittel/posts/2683732814985798/

    [9] http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2023/RF-303-04-23.pdf

    [10] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177855.prenzlauer-berg-thaelmann-denkmal-kpd-vorsitzender-angeblich-schuld-an-hitler.html

    [11] Bis Dezember 2014 hier abrufbar: https://spkantonzh.ch/app/…/12/1999-Gehen-«links-sein»-und-Macht-zusammen.pdf

    [12] https://www.deutschlandfunk.de/die-neue-mitte-102.html

    [13] https://www.uni-muenster.de/Geschichte/histsem/NZ-G/L2/Mitarbeiter/prof.dr.silkemende.html

    [14] https://wiki.piratenpartei.de/Häufig_gestellte_Fragen#Seid_ihr_links.2Frechts.3F

    [15] https://www.sueddeutsche.de/politik/neue-partei-stellt-sich-in-berlin-vor-nicht-rechts-nicht-links-aber-auch-nicht-in-der-mitte-1.1627458

    [16] https://www.youtube.com/watch?v=j4QIm_KlsDA

    [17] https://www.youtube.com/watch?v=jDp3_2GLpUU

    [18] https://www.youtube.com/watch?v=KHWEKGALpZg

    [19] https://www.youtube.com/watch?v=arJOcfqkk9E

    [20] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/pistorius-wir-muessen-kriegstuechtig-werden,Tu6Tlcz

    [21] https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-08/ukraine-ueberblick-merz-taurus-piloten-kollision

    [22] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/strack-zimmermann-druck-scholz-panzer-ukraine-russland-krieg-100.html

    [23] https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_92059200/anton-hofreiter-und-der-ukraine-krieg-was-denkt-er-sich-eigentlich-dabei-.html

     

    Beachte zum selben Thema auch den Videomittschnitt des Vortrages von Klaus Hartmann auf der Mitgliederversammlung des LV Rheinland-Pfalz/Saarland des Deutschen Freidenker-Verbandes am 12.11.2023  in Idar-Oberstein: https://www.freidenker.org/?p=17542


    Info: https://www.freidenker.org/?p=17582


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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