31.01.2023

Die Weltordnung und ihre Profiteure     Kanzler Scholz hat in Argentinien den Bezug von Frackinggas angebahnt. Fracking löst in der Förderregion viele Erdbeben aus. Argentinien sucht westliche Dominanz abzuschütteln.

german-foreign-policy.com, 31. Januar 2023

BUENOS AIRES/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung bemüht sich um den Bezug größerer Mengen an Frackinggas aus Argentinien. Das ist ein Ergebnis der dreitägigen Südamerikareise, von der Bundeskanzler Olaf Scholz am heutigen Dienstag zurückkehrt. Das Gas soll in verflüssigter Form importiert werden und dazu beitragen, russisches Erdgas vollständig zu ersetzen. Es wird aus der Schieferformation Vaca Muerta („Tote Kuh“) im Westen Argentiniens gefördert, wo auch das deutsche Unternehmen Wintershall Dea tätig ist. Einwohner der Region klagen seit Jahren über gravierende Umweltschäden und darüber, dass seit Beginn des Frackings hunderte Erdbeben verzeichnet wurden. Während Berlin sich dort mit Gas eindecken will, unternimmt Buenos Aires neue Schritte, um die überkommene westliche Dominanz abzuschütteln. So hat es etwa die Mitgliedschaft im BRICS-Bündnis beantragt und dies damit begründet, die gegenwärtige „Weltordnung“ sei „erwiesenermaßen von und zum Nutzen einiger weniger geschaffen“ worden. Jüngste westliche Forderungen, Waffen aus russischer Produktion in seinen Beständen an die Ukraine zu liefern, weist Argentinien kategorisch zurück.


Zitat: Vaca Muerta

Argentinien, das Land mit dem größten Erdgasmarkt Südamerikas, fördert Gas seit langer Zeit und hat es über viele Jahre hin auch exportiert – via Pipelines nach Chile, Uruguay und Brasilien.[1] Wegen des gestiegenen Eigenbedarfs waren die Ausfuhren vor gut 15 Jahren allerdings dramatisch geschrumpft; erst in den vergangenen Jahren hat das Land mit der Steigerung der Förderung von Schiefergas begonnen, wieder Potenzial für Erdgasexporte zu entwickeln. Schwerpunkt der Schiefergasförderung ist die Formation Vaca Muerta („Tote Kuh“), die ihren Mittelpunkt in der Provinz Neuquén im Westen des Landes hat. Vaca Muerta gilt als zweitgrößte Schiefergaslagerstätte weltweit. In der Hoffnung, den Gasexport weiter steigern zu können, treibt Buenos Aires den Ausbau der Transportinfrastruktur voran; so wird derzeit eine Pipeline aus dem Gebiet von Vaca Muerta in die Hauptstadtregion errichtet, wo der Bau von Exportterminals für Flüssiggas geplant ist. Buenos Aires kämpft dabei mit ökonomisch ungünstigen Rahmenbedingungen. So hemmt die exzessive Inflation, die im Dezember bei annähernd 100 Prozent lag, die erforderliche Investitionstätigkeit, während es Schwierigkeiten gibt, genug Frackingausrüstung zu beschaffen.[2]


Wintershall Dea

Zu den Ländern, die künftig argentinisches Flüssiggas erwerben wollen, zählt Deutschland. Mögliche Lieferungen waren bereits Gegenstand der Gespräche, zu denen Präsident Alberto Fernández im Mai 2022 nach Berlin gereist war; Fernández erklärte damals, Buenos Aires wolle „die Welt ... mit LNG beliefern“ und sehe dabei „große Chancen, mit Deutschland zu arbeiten“.[3] Am Samstag bekräftigte Argentiniens Präsident nach seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in der argentinischen Hauptstadt, man habe nicht zuletzt „über Erdgas“ geredet, „das wir mit dem Vorkommen in Vaca Muerta haben“. Scholz bestätigte, man werde sich zukünftig bei der „Nutzung von Flüssiggas“ eng miteinander abstimmen.[4] Das ist auch deshalb von Interesse, weil die deutsche Wintershall Dea in Argentinien Erdgas fördert. Das Unternehmen hat seine Tätigkeit in dem Land 1978 aufgenommen, also in der Zeit der Militärdiktatur. Heute zählt es zu den fünf größten Erdgasförderern im Land.[5] Unter anderem ist es daran beteiligt, Schiefergas aus der Formation Vaca Muerta zu fracken. Wintershall Dea gibt an, bis 2026 bis zu 350 Millionen Euro in Argentinien investieren zu wollen – in Projekte in den Provinzen Tierra del Fuego (Feuerland) und Neuquén.[6]


Hunderte Erdbeben

Das Fracking ruft in den Gebieten, unter denen sich die Vaca Muerta-Formation erstreckt, erhebliche Schäden hervor und hat immer wieder Proteste ausgelöst. Schon vor Jahren wurde von Lecks an den Bohrstellen berichtet und davon, dass die Einwohner und die Nutztiere in der Region gesundheitliche Schäden davontrugen. Unfälle verstärkten die Probleme, hieß es; allein im Jahr 2018 seien 934 Pannen an insgesamt 95 Bohrstellen geschehen.[7] Darüber hinaus treten vermehrt Erdbeben auf. Wurden in der Region vor 2015 keine Erdbeben registriert, so waren es seit 2018 rund 400; 90 Prozent davon ereigneten sich laut einer neuen wissenschaftlichen Untersuchung zur selben Zeit wie größere Frackingoperationen.[8] Die Erschütterungen beschädigen regelmäßig Gebäude und versetzen die Bewohner in Angst und Schrecken. Ein argentinischer Aktivist konstatiert mit Blick darauf, dass auch die deutsche Wintershall Dea an der Schiefergasförderung beteiligt ist: „Das Unternehmen begeht Umweltverbrechen mit Fracking, was es im eigenen Land nicht praktizieren darf.“[9] Die aktuelle Ausweitung des Frackings wiederum kommt dem Plan der Bundesregierung zugute, auf russisches Erdgas gänzlich zu verzichten und dafür anderes Gas, etwa Frackinggas aus Argentinien, zu erwerben. Den Preis für den deutschen Wirtschaftskrieg gegen Russland zahlen die Bewohner der Vaca Muerta-Region.


BRICS als Alternative

Berlin treibt die Pläne zur Ausweitung des Frackinggasbezugs aus Argentinien zu einer Zeit voran, zu der Buenos Aires die westliche Dominanz abzuschütteln sucht und sich anderweitig zu orientieren beginnt. Bereits im September hatte der argentinische Botschafter in China mitgeteilt, Präsident Fernández habe soeben in einem Schreiben an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, den damaligen BRICS-Vorsitzenden, seine Mitgliedschaft in dem Bündnis beantragt: „Für uns“, erläuterte der Botschafter, „ist die Gruppe eine ausgezeichnete Alternative zur Kooperation angesichts einer Weltordnung, die erwiesenermaßen von und zum Nutzen einiger weniger geschaffen wurde.“[10] Zusätzlich zu den Plänen für eine BRICS-Mitgliedschaft hat Buenos Aires begonnen, an der Seite von Brasília über eine gemeinsame brasilianisch-argentinische Währung zu diskutieren, um seine erdrückend starke Abhängigkeit vom US-Dollar abzuschütteln. Entsprechende Überlegungen wurden in der vergangenen Woche bei einem Treffen von Fernández und dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva bekannt. Beobachter weisen auf ökonomische Schwierigkeiten hin, die das Vorhaben mit sich bringt, räumen aber ein, die beiden südamerikanischen Länder könnten von größerer Unabhängigkeit vom US-Dollar erheblich profitieren.[11]


Keine Waffen

Entsprechend weist Buenos Aires auch das Ansinnen, sich am Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland zu beteiligen oder gar der Ukraine Waffen zu liefern, kategorisch zurück. Die Biden-Administration ist gegenwärtig bemüht, einzelne Staaten Lateinamerikas, die Waffen aus sowjetischer bzw. russischer Produktion besitzen, dazu zu bewegen, entweder diese Waffen direkt an die Ukraine zu liefern oder sie gegen modernste US-Waffen auszutauschen – mit dem Ziel, das sowjetische oder russische Kriegsgerät nach Erhalt an Kiew weitergeben zu können. In US-Medien ist davon die Rede, Staaten wie Mexiko, Kolumbien, Peru oder Argentinien besäßen beispielsweise russische Transporthubschrauber vom Typ Mi-17, die die Ukraine dringend benötige. Washington rechne sich Chancen aus, heißt es, zumindest einige der betreffenden lateinamerikanischen Staaten zur Kooperation in der Sache bewegen zu können.[12] Am Samstag hat Argentiniens Präsident dem Ansinnen nun eine Absage erteilt. Man stimme „in der Notwendigkeit überein“, erklärte Fernández nach einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz, „so bald wie möglich wieder Frieden herzustellen“. Doch gelte auch: „Argentinien und Lateinamerika denken nicht daran, Waffen zu schicken, weder an die Ukraine noch an einen anderen Konfliktort.“[13]

 

[1] Roberto Carnicer, Ieda Gomes: Will Argentina Become a Relevant Gas Exporter? OIES Paper: NG 167. Oxford, May 2021.

[2] Analysis: Argentina’s Vaca Muerta shale boom is running out of road. brazilenergyinsight.com 27.12.2022.

[3] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und Präsident Fernández zum Empfang des Präsidenten der Republik Argentinien in Berlin am 11. Mai 2022.

[4] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem argentinischen Präsidenten Alberto Ángel Fernández am 28. Januar 2023 in Buenos Aires.

[5] Argentinien: Engagement für Erdgas. wintershalldea.com.

[6] Argentinien: Mit Gas in die Zukunft. wintershalldea.com 24.03.2022.

[7] Uki Goñi: Indigenous Mapuche pay high price for Argentina’s fracking dream. theguardian.com 14.10.2019.

[8] Fracking in Argentina’s Vaca Muerta leads to earthquakes. gasoutlook.com 09.12.2022.

[9] Fracking – Wintershall und die tote Kuh. npla.de 23.12.2021.

[10] Argentina Formally Requests China to Join BRICS. telesurenglish.net 08.09.2022.

[11] Lucinda Elliott, Bryan Harris, Michael Stott: Brazil and Argentina’s joint currency plan raises economic concerns. ft.com 27.01.2023.

[12] Jeff Seldin: US Pushing Central, South American Countries to Give Ukraine Quick Military Boost. voanews.com 20.01.2023.

[13] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem argentinischen Präsidenten Alberto Ángel Fernández am 28. Januar 2023 in Buenos Aires.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9147

30.01.2023

Friedensgruppen rufen zu Antikriegs-Aktionen zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine auf

friedenskooperative.de, 30.01.2023 10:38 Uhr

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Stoppt das Töten in der Ukraine!



16 Friedensorganisationen rufen für das Wochenende vom 24. bis 26. Februar 2023 zu gewaltfreien und vielfältigen Protesten für das Durchbrechen der Gewaltspirale, für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen, gegen den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sowie gegen das Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung auf. Anlass ist der erste Jahrestag des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine. In möglichst vielen Städten soll es Aktionen gegen den andauernden Krieg geben. Geplant sind bereits Aktionen in beispielsweise Berlin, Bonn, Frankfurt und Stuttgart.


„Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen“, so ist der Aufruf (vollständig – auch auf Englisch, Ukrainisch, Russisch und Italienisch – zu finden auf www.stoppt-das-toeten.de) überschrieben. „Wir verurteilen nachdrücklich den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der seit dem 24. Februar 2022 zu hunderttausenden Toten und Verletzten sowie Millionen Geflüchteten geführt hat“, heißt es im Aufruf.


„Wir sind solidarisch mit den Menschen in der Ukraine. Wir erkennen ihr Recht auf Selbstverteidigung an. Wir stehen an der Seite derer, die die Logik des Krieges durchbrechen wollen, zum Beispiel durch zivilen Widerstand, gewaltfreie Aktionen, Desertion oder Kriegsdienstverweigerung. Alle Menschen, die sich dem Krieg entziehen möchten, müssen Schutz durch humanitäre Visa und Asyl finden“, heißt es im Aufruf weiter.


Das Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert dabei diplomatische Initiativen seitens der Bundesregierung, EU, UN und OSZE für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen unter Einbeziehung aller relevanten Akteure sowie den Rückzug des russischen Militärs aus der Ukraine. Eine weitere Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg müssten verhindert werden. Vielmehr sollte der UN-Atomwaffenverbotsvertrag endlich auch von den Atommächten unterzeichnet werden.


„Krieg bedeutet Tod, Gewalt, Flucht, Vergewaltigung und Folter für die unmittelbar Betroffenen. Er bedeutet auch Nahrungsmittelknappheit, Hunger und Armut für die mittelbar Betroffenen, vor allem im Globalen Süden. Eine Erhöhung der Rüstungsausgaben, militärische Sondervermögen, Drohungen und weitere Eskalation dürfen keine Antworten darauf sein“, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf.


Eine Liste der geplanten Proteste, den vollständigen Aufruf sowie Materialien gibt es auf derAktionswebsite.

 

Aufrufende Organisationen

Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden | attac | Bund für soziale Verteidigung | church and peace | Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen | Forum Friedensethik | Frauennetzwerk für Frieden | Friedensregion Bodensee | Lebenshaus Schwäbische Alb | Naturfreunde Deutschlands | Netzwerk Friedenskooperative | Ohne Rüstung Leben | pax christi | Sant’Egidio | Sicherheit neu denken | Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

 

Pressemitteilung des Bündnisses für das Aktionswochenende „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“, 30. Januar 2023.


Thema Friedensbewegung

Jahrestag Ukraine-Krieg

Ukraine


Info: https://www.friedenskooperative.de/aktuelles/friedensgruppen-rufen-zu-antikriegs-aktionen-zum-jahrestag

30.01.2023


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youtube.com, 30.01.2023, 43 Aufrufe, 102 Abonnenten, DFG-VK Bayern PazifistInnen

Vor welchen Aufgaben steht die Friedensbewegung Veranstalter: H-M-V-Bildungswerk, DFG-VK Würzburg / Attac Würzburg http://h-m-v-bildungswerk.de https://wuerzburg.dfg-vk.de https://www.attac-netzwerk.de/wuerzburg


Neue Bedingungen - Politische Perspektive - Hintergründe - Aufgaben - Pazifismus Zeitstempel 0:00:00 T.R über sich 0:01:55 Überblick / Themenschwerpunkte 0:02:15 Über die Friedensbewegung / Gemeinsame Forderungen und Grundgedanken 0:03:00 Friedensbewegung: Keine gemeinsamen Programme und Strategien, keine gemeinsamen politischen Einschätzung, keine gemeinsamen Handlungsperspektiven 0:04:33 Vorgeschichte Krieg in der Ukraine und anderswo (Einstieg für weitere Ausführung) 0:05:00 Neue Bedingungen / politische Kriegsziele und -beteiligung, Parolen der Medien und Parteien / Positionen und Umgang mit dem Krieg in der Friedensbewegung, Pazifismus in der Friedensbewegung (Einstiegsgedanken für weitere Ausführung zu) 0:07:30 Realität des Krieges / Bedeutung NATO / Interessenvertretung / Friedensgedanke hat wenig Einfluss auf Politik / Schuldzuweisung - Feindbilder 0:10:35 Vorgeschichte des Ukrainekrieges und Konfliktursachen / Ostexpansion / NATO-Stützpunkte / NATO-Russland-Grundakte con 1997 / Deutsche Verantwortung - deutsche Interessen / NATO-Expansion war nicht im Interesse des Friedens / Aktuelle Propaganda / Zeitenwende 0:15:30 Atomwaffen: Vergeltungsschlag / Verträge / Präventivschlag / modernisierte Waffensysteme und Abwehr- und Angriffs-Strategien / Was sich in Europa und weltweit getan hat / Auflösung der Verträge / 0:23:00 Nationalismus / Vor dem Maidan, während und danach / Selbstbestimmung und Recht auf Selbstbestimmung / Realpolitik; Grenzen verändern sich / Recht des Stärkeren 0:26:40 Krieg gegen den Terrorismus / militärische Interessenpolitik / Regimechance / Auswirkung auf internationale Beziehungen 0:28:15 Wie sollten wir (Pazifisten) uns Positionieren angesichts des Krieges - / Kriegsursachen benennen / Beendigung des Krieges / Schutz des Menschenleben / Waffenstillstand / Ablehnung jeder Art von Kriegsführung / Thema Verteidigen - gewaltfreie Prinzipien, ziviler Widerstand / Neutralität der Ukraine / Blauhelmtruppen - UNO / keine Waffenlieferungen / Entmilitarisierung / Deeskalieren / Verhandlung unerstützen / Innerhalb der Friedensbewegung keine einheitliche Linie - siehe Aufrufe zum Ukrainekrieg 0:35:15 Kritik, Argumente, Aufgaben des Pazifismus / Pazifismus in der DFG-VK / Stärkung der Friedensbewegung durch neue Mitglieder, Mitgliederwerbung / Organisationsstrukturen verbessern / Hauptamtliche werden benötigt / Grundsatzerklärung berücksichtigen (WRI) / Forderungen - Vorstellungen: Abrüstung im Gesamten, Kriegsdienstverweigerung, Kritik an und Abschaffung des Militär (Entmilitarisierung), Pazifismus und Antimilitarismus gehören zusammen / Problematik der Kampagnen - keine Vermittlung unserer Grundpositionen / Auseinandersetzung und Stärkung der pazifistischen Friedensbewegung / Frieden - soziale Gerechtigkeit gehören zusammen / Werben für den Pazifismus / Bildungsarbeit / Online-Plattform schaffen für Information usw... Infos: Der Flyer "Bombenstimmng", daruf wird im Video hingewiesen. (wird 2023 aktualisiert) http://www.no-militar.org/pdfs/Bomben...


Weitere Infoseiten mit Quellenangaben https://www.no-militar.org/index.php?... und https://www.no-militar.org/index.php?... NATO - Russland - Grundakte 1997: Gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit https://www.nato.int/cps/en/natohq/of... Sammlung zum Ukrainekrieg: https://dfg-vk-bayern.de/themensammlu... Im Februar, im Rahmen des Jahrestags des russischen Angriffkrieges, gibt es eine aktuelle Erklärung der DFG-VK Bayern zum Ukrainekrieg. Flyer zur Veranstaltung: https://wuerzburg.dfg-vk.de/wp-conten... Videoaufnahme: Christian Videoschnitt und Grafiken: Martina Redaktion YouTube: Martina und Thomas


Info: video https://www.youtube.com/watch?v=lqXR1WCkvTQ Dauer 45:12 min

30.01.2023

Ergebnisse Politikpanel Deutschland   Umfrage Januar 2023

-------- Weitergeleitete Nachricht --------

Betreff: [Politikpanel Deutschland] Ergebnisse Politikpanel Deutschland

Umfrage Januar 2023

Datum: Mon, 30 Jan 2023 20:21:44 +0100

Von: Politikpanel Deutschland <politikpanel@politik.uni-freiburg.de>

Antwort an: Politikpanel Deutschland <politikpanel@politik.uni-freiburg.de>

An: Politikpanel Deutschland <politikpanel-liste@politik.uni-freiburg.de>


Sehr geehrte Teilnehmerin, sehr geehrter Teilnehmer des Politikpanel

Deutschland,


wir haben die Befragung, die wir vom 13.-23. Januar durchgeführt haben,

nun ausgewertet.

Einige Hauptergebnisse:

- Der Ukraine-Krieg wird weiterhin von den meisten Befragten als

bedrohlich wahrgenommen (77 Prozent). Inflation und Klimakrise folgen

mit etwas Abstand (62 und 61 Prozent). Corona sehen nur noch 11 Prozent

als Bedrohung. - In Bezug auf den privaten Konsum geben 54 Prozent der

Befragten an,

sehr auf Nachhaltigkeit von Produkten zu achten. 20 Prozent sagen dies

nicht von sich. - Bei der Frage, ob ein nachhaltiges Leben für einen

Menschen in

Deutschland überhaupt möglich sei, zeigen sich Frauen deutlich

skeptischer als die Männer. - Die Klimaproteste der „Letzen Generation“

(Straßenblockaden, Aktionen

in Museen) werden von der großen Mehrheit der Befragten abgelehnt.

Allerdings gibt es hier deutliche Unterschiede zwischen den Parteien:

Während Anhänger der Union, der FDP und der AfD Straßenblockaden zu

mehr als 95 Prozent ablehnen, sind es unter den SPD-Anhängern etwa 72

Prozent, unter den Grünen etwa 49 und unter den Linken-Anhängern nur

etwa 45 Prozent, die das Festkleben auf Straßen als Klimaprotestform

ablehnen.

- Eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine wird von 70

Prozent der Grünen-Anhänger befürwortet, unter denen der CDU/CSU und

FDP sind es etwa 60 und bei den SPD-Anhängern 50 Prozent. Unter den

Anhängern der Linken unterstützen dies hingegen nur 25 und unter denen

der AfD nur etwa 15 Prozent.

  Eine ausführlichere Auswertung finden Sie unter

https://www.politikpanel.uni-freiburg.de/docs/Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf

     Herzlichen Dank an die knapp 8.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der

Umfrage! Insbesondere Danke, da die Umfrage dieses Mal vergleichsweise

lang war.

Wir hoffen, dass Sie die Ergebnisse spannend finden und auch beim

nächsten Mal wieder dabei sind, wenn wir Sie zu einer Befragung

einladen - dann wird die Umfrage auch wieder kürzer ausfallen als

dieses Mal!

  mit besten Grüßen aus Freiburg,


Ihr Team vom Politikpanel Deutschland


----


Politikpanel Deutschland

https://www.politikpanel.uni-freiburg.de

Prof. Dr. Uwe Wagschal

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Seminar für Wissenschaftliche Politik

Werthmannstraße 12

79085 Freiburg

E-Mail: politikpanel@politik.uni-freiburg.de


Auswertung Auszug S. 5


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Auswertung Auszug S. 21


Screenshot_2023_01_30_at_21_59_28_Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf

Info: https://www.politikpanel.uni-freiburg.de/docs/Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf

30.01.2023

Lehren aus der Geschichte Der Westen, Polen und das Overton-Fenster

Im russischen Fernsehen wurde ein Kommentar ausgestrahlt, der für viele in Deutschland schwere Kost sein dürfte, weil er Dinge anspricht, die in deutschen Geschichtsbüchern verschwiegen werden.


anti-spiegel.ru, 30. Januar 2023 13:00 Uhr

Ich will dem Kommentar, der am Sonntag im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens ausgestrahlt wurde, nicht zu viel vorausschicken. Nur zwei Dinge: Erstens wird der Kommentar für all jene, die sich bisher weitgehend im Mainstream und in deutschen Schulgeschichtsbüchern informiert haben, schwere Kost sein, weil er auf die Rolle Polens vor dem Zweiten Weltkrieg eingeht und dabei Fakten erwähnt werden, die man in deutschen Dokus und Schulgeschichtsbüchern nicht erfährt.


Zweitens geht es in dem Kommentar um das „Overton-Fenster“, das nur wenigen ein Begriff sein dürfte. Die Theorie vom Overton-Fenster besagt vereinfacht gesagt, dass politische Maßnahmen nur eine bestimmte Zeitlang umsetzbar sind, man könnte vereinfacht gesagt auch von einem Zeitfenster sprechen, aber ich bin bei der Übersetzung bewusst bei dem Begriff des Overton-Fensters geblieben, um den russischen Kommentar so korrekt wie möglich zu übersetzen. Eine etwas ausführlichere Erklärung der Theorie Overton-Fenster finden Sie im Anschluss an die Übersetzung.


Beginn der Übersetzung:


Der Westen fliegt durch die Overton-Fenster

Verständlicherweise haben die Amerikaner Polen eine besondere Rolle in dem Panzerepos zugedacht. Die Polen haben den meisten Druck auf Scholz gemacht, er solle deutsche Leoparden an die Ukraine liefern. Es waren nicht nur aktiven Politiker, sondern auch Veteranen, die sich darum bemüht haben. Lech Walesa, Polens ehemaliger Präsident und Friedensnobelpreisträger, forderte in diesem Sommer, unser Land zu zerstückeln und die russische Bevölkerung auf 50 Millionen zu reduzieren. (Anm. d. Übers.: Diese – de facto einen Völkermord an den Russen fordernde – Aussage hat Walesa tatsächlich Anfang Juli 2022 in einem Interview mit dem französischen Sender LCI gemacht)


In dieser Woche rief er die Deutschen in der Zeitung Fakt dazu auf, ein für alle Mal mit Russland aufzuräumen: „Man muss den Deutschen sagen, dass es schon immer Probleme mit Russland gab, und wir Polen wissen das besonders gut, und deshalb haben wir in dieser Generation die Chance, ein für alle Mal mit Russland aufzuräumen. Wir werden die Chance, dass die ganze Welt das unannehmbare Verhalten Russlands sieht, dass die Welt einen Wandel in Russland will, nicht noch einmal haben. Künftige Generationen werden uns nicht verzeihen, wenn wir diesen Fehler Putins nicht ausnutzen. Ich würde die Deutschen davon überzeugen, dass wir mit Russland aufräumen müssen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder in Zukunft in Frieden leben.“


Lech Walesa veräppelt die Deutschen, wie man so schön sagt. Es ist nichts Neues. Polen verhält sich heute genauso wie vor dem Zweiten Weltkrieg. Und Walesa hat ausgesprochen, was die Politiker an der Macht sich nicht zu formulieren trauen, aber sie handeln aus dem Traum der Zerstückelung Russlands heraus.


Für Warschau ist das wie eine Besessenheit, von der schon Marschall Józef Piłsudski träumte: „Eingeschlossen in den Grenzen des 16. Jahrhunderts, abgeschnitten vom Schwarzen Meer und der Ostsee und ohne das Land und die Bodenschätze des Südens und Südostens, könnte Russland leicht zu einer zweitklassigen Macht werden, die nicht in der Lage wäre, die neu gewonnene Unabhängigkeit Polens ernsthaft zu bedrohen. Polen hingegen könnte sich als größtes und stärkstes der neuen Länder ohne weiteres eine Einflusssphäre sichern, die von Finnland bis zum Kaukasus reicht“, betonte er. (Anm. d. Übers.: Piłsudski war polnischer Regierungschef und faktischer Diktator, der Polen 1926 bis zu seinem Tod 1935 regiert hat. Leider sind die Großmachtträume der polnischen Regierungen zwischen den Weltkriegen kein Thema in den deutschen Geschichtsbüchern, denn sie spielen eine wichtige Rolle in der Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs, die in Deutschland weitgehend unbekannt ist)


Und es war Piłsudski, der im Januar 1934 einen Nichtangriffspakt mit dem Dritten Reich schloss, der in der Geschichte als „Piłsudski-Hitler-Pakt“ bezeichnet wurde. Polen setzte alles daran, auch militärisch ein Verbündeter Nazi-Deutschlands zu werden. Der Hass auf Russland, die Russophobie machte Polen schon damals blind. Nach dem Abschluss des Abkommens mit dem faschistischen Deutschland begann Polen, Europa gegenüber eine regelrechte Arroganz an den Tag zu legen. Bereits im Sommer 1934 erklärte der polnische Außenminister Jozef Beck: „Das französisch-polnische Bündnis interessiert Polen nicht mehr. Was Russland anbelangt, so kann ich nicht genug Begriffe finden, um den Hass zu beschreiben, den wir ihm entgegenbringen.“

Und auch die Nazis haben Polen mitgerissen. Hitlers engster Mitarbeiter Hermann Göring war unter anderem auch Chefjäger im Dritten Reich – sein Amt hieß Reichsjägermeister. Und so kam der Gründer und erste Leiter der Gestapo nach Beloweschskaja Puschtscha, um dort zu jagen, als es noch innerhalb der polnischen Grenzen lag. Dort – in Beloweschskaja Puschtscha – erklärte Göring dem polnischen Außenminister Jozef Beck 1935 freundlich, dass Polen und Deutschland Seite an Seite stehen müssten. Es sei notwendig, sich gemeinsam gegen die Sowjetunion zu stellen, und dann würde Deutschland den Nordwesten der UdSSR bekommen. Was ist mit Polen? Polen bekommt die Ukraine. Verständlich, dass Polen sich unter diesen Umständen direkt Deutschland angeschlossen hat. Der polnische Generalstab plante bereits 1937 die gemeinsame Zerschlagung der UdSSR und sogar die polnisch-deutsche Siegesparade auf dem Roten Platz, was in Dokumenten bestätigt wird…


Die „Hyäne Europas“, das sagte Churchill über Polen. Die „Hyäne Europas“, so heißt auch die Dokumentation des russischen History Channel, die demnächst auf Rossija 1 ausgestrahlt wird. Aber warum „Hyäne“? Weil sie den offenen Kampf fürchtet, aber bereit ist, sich die Beute von anderen zu schnappen, wie es in der tschechoslowakischen Provinz Teschen geschah, nachdem das Land infolge des berüchtigten Münchner Abkommens von Deutschland besetzt worden war. Hitler hat der „Hyäne Europas“ erlaubt, auch ein Stück abzubeißen. Damals sind polnische Truppen in Teschen einmarschiert. Aber natürlich war der wichtigste Traum immer noch Russland. (Anm. d. Übers.: In deutschen Geschichtsbüchern und Dokus wird das verschwiegen, aber es stimmt: Nach dem Münchner Abkommen hat Hitler Polen erlaubt, sich einen Teil der Beute zu nehmen. Am 2. Oktober 1938 sind polnische Truppen in das vorher zur Tschechoslowakei gehörende Teschen einmarschiert und haben das Gebiet besetzt)


So heißt es im Bericht der 2. Aufklärungsabteilung des Hauptstabs der polnischen Armee: „Die Zerschlagung Russlands ist die Grundlage der polnischen Ostpolitik. Daher läuft unsere mögliche Position auf folgende Formel hinaus: Wer wird sich an der Aufteilung beteiligen? Polen darf in diesem hervorragenden Moment der Geschichte nicht passiv bleiben. Die Aufgabe besteht darin, sich vorher sowohl physisch als auch geistig gut vorzubereiten. Das Hauptziel ist es, Russland zu schwächen und zu zerschlagen.“


Kommt Ihnen das bekannt vor? Es ist geradezu ein Déjà-vu. Schon sehr bald werden wir deutsche Panzer im Visier haben. Das ist auch ein Déjà-vu. Wie auch die Vorbereitungen für eine weitere Militärkampagne gegen Russland ein Déjà-vu sind. Und wie viele solcher Fälle hat es in unserer Geschichte gegeben? Im 17. Jahrhundert mussten die Polen direkt aus dem Kreml vertrieben werden. Im 18. Jahrhundert wurde der schwedische König Karl XII., der es auf Moskau abgesehen hatte, von Zar Peter in Poltawa aufgehalten. Im 19. Jahrhundert erreichte Napoleon Moskau, aber unser Krieg mit ihm endete in Paris. Im 20. Jahrhundert ist Deutschland zweimal über uns hergefallen, im Großen Vaterländischen Krieg mit der Unterstützung von fast ganz Europa. Wir haben dem faschistischen Abschaum in Berlin den Garaus gemacht. Auch das 21. Jahrhundert ist kein friedliches mehr. Der Westen hat sich lange Zeit auf den Kampf gegen Russland vorbereitet und jetzt geht die Eskalation weiter. Niemand weiß, wo er aufhören wird.


Für den Westen ist Russland ein Objekt des Neids und der Begierde. Schließlich haben sie immer auf Kosten von Kolonien gelebt und eine Weltordnung zu ihrem Vorteil geschaffen. Jetzt, wo es einfach keine Rohstoffe mehr gibt, um den früheren Lebensstandard der „goldenen Milliarde“ aufrechtzuerhalten, wird Russland als Quelle für diese Rohstoffe gebraucht. Bildlich gesprochen, wollen sie uns fressen. Die Existenz Russlands selbst ist in der Logik des Westens nicht vorgesehen. Deshalb kämpfen sie nicht mehr für die Ukraine, sondern gegen Russland. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat das sogar ausdrücklich gesagt: „Wir müssen mehr tun, um die Ukraine zu verteidigen, wir müssen mehr tun, was die Panzer betrifft. Aber das Wichtigste und Entscheidendste ist, dass wir es gemeinsam tun und nicht mit Schuldzuweisungen in Europa spielen, denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“


Gesagt hat sie das, jedoch hat das deutsche Außenministerium seine Ministerin sofort korrigiert, dass Deutschland auch bei der Lieferung von Panzern an die Ukraine „keine Konfliktpartei ist“. Das Land befindet sich im Krieg mit Russland, ist aber nicht an dem Konflikt beteiligt. Das klingt wie ein Kinderrätsel. Es ist im Krieg, ist aber keine Konfliktpartei. Welcher Staat ist das? Keine Konfliktpartei, aber im Krieg. Sie wissen es nicht? Das ist Deutschland! Und auch Polen. Und Amerika und Großbritannien und sogar Schweden. Kinder kann man so täuschen. Aber wir sind doch keine Kinder!


Der Westen liefert der Ukraine immer mehr und immer ausgefeiltere und schwerere Waffentypen. Da ist nur ein Problem: die Ukrainer gehen aus. Die Mobilisierung findet dort seit langem unter Zwang statt – sie greifen sich jeden, den sie auf der Straße erwischen. Trotzdem gibt es immer noch keine Fortschritte an der Front.


Aber der Westen hat beschlossen hat, dass er nicht verlieren kann. Wie soll die „goldene Milliarde“ ohne die Rohstoffe leben, die jetzt Russland hat? Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, die eigenen Armeen an die Front zu schicken. Man könnte zum Beispiel mit den Polen beginnen, die am arrogantesten sind und den geringsten Wert haben. Man verspricht ihnen natürlich Unterstützung und ihren Anteil an der Beute. Irgendwie so.


Auf dem Weg dorthin durchläuft der Westen sehr schnell diese Overton-Fenster. Von einem zum anderen. Und was früher unmöglich schien, ist heute Normalität. Aber Russland ist nicht bereit, kleinlaut zur Schlachtbank zu gehen. Wie stellen die sich das vor? Hätten wir uns in der Geschichte jemals so verhalten, dann gäbe es dieses Land auf der Weltkarte gar nicht. Aber es gibt es! Und es wird es geben! Es sollten sich also alle besser vorbereiten.


Ende der Übersetzung


Die Overton-Fenster

Die Theorie der Overton-Fenster besagt, dass Themen eine Zeitlang politisch umsetzbar sind und dass man diesen Prozess lenken kann. Dabei durchläuft ein Thema verschiedene „Fenster“, in denen eine Maßnahme zunächst als „undenkbar“ und dann als „radikal“ angesehen wird, dann „akzeptabel“ wird, um anschließend als „sinnvoll“ und dann als „populär“ zu erscheinen, um dann zur „Staatspolitik“ zu werden. Das will ich am Beispiel der deutschen Panzerlieferungen veranschaulichen.


Noch vor einem Jahr war es – wegen der deutschen Geschichte und der Angst vor einem Atomkrieg – „undenkbar“, dass Deutschland der Ukraine Panzer für den Kampf gegen Russland liefert. Aufgrund der massiven medialen Beschallung wurde diese Frage einige Zeit später nur noch als „radikale“ Lösung betrachtet, die nur von durchgeknallten Falken gefordert werden kann. Dann ging es ganz schnell und medial wurden Panzerlieferungen an Kiew als „akzeptabel“ dargestellt, um danach als „sinnvoll“ präsentiert zu werden, die Frage wurde „populär“ und plötzlich hat die Bundesregierung die Lieferung der Leoparden genehmigt und damit wurden Panzerlieferungen an die Ukraine zur „Staatspolitik“.


Das meint der russische Kommentator, wenn er mit Blick auf den Einsatz zum Beispiel polnischer Soldaten gegen Russland sagt: Auf dem Weg dorthin durchläuft der Westen sehr schnell diese Overton-Fenster. Von einem zum anderen. Und was früher unmöglich schien, ist heute Normalität.


Dass das so funktioniert, haben wir bei der Frage der Panzerlieferungen gerade erlebt und wahrscheinlich werden wir es auch bald bei der Frage von Kampfjets für die Ukraine erleben. Ob wir es auch bei der Entsendung polnischer Soldaten erleben werden, wird sich zeigen.


Übrigens ist ein Problem bei der Theorie der Overton-Fenster, dass der Prozess auch umschlagen kann und dass eine „aktuelle“ Maßnahme auch wieder den Weg zurück gehen kann. Daher ist es bei der Theorie der Overton-Fenster wichtig, die durch Medien und Politik „populär“ gewordene Maßnahme als „Staatspolitik“ umzusetzen, bevor die Öffentlichkeit von anderen Themen abgelenkt wird oder sie aus anderen Gründen ihre Meinung ändert und der öffentliche Rückhalt für eine Maßnahmen wieder schwinden könnte.


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/der-westen-polen-und-das-overton-fenster


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Ost-West-Konflikt Wie die Lösung des Ukraine-Konfliktes aus russischer Sicht aussehen könnte

anti-spiegel.ru, 30. Januar 2023 16:34 UhrDas russische Außenministerium hat auf eine Presseanfrage zu den Möglichkeiten einer Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt geantwortet.


Zitat: Westliche Politiker und Medien behaupten, dass Russland Verhandlungen über eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konfliktes ablehnt. Das ist bekanntlich gelogen, denn es war Kiew, das die im März 2022 laufenden Verhandlungen abgebrochen und im April 2022 verkündet hat, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen. Zusätzlich hat der ukrainische Präsident Selensky etwas später Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret unter Strafe gestellt. Unabhängig davon, wen man für den Ukraine-Konflikt verantwortlich macht, ist es unbestreitbar, dass es Kiew und nicht Moskau ist, das Verhandlungen ablehnt.

Im Anschluss an die Übersetzung der Presseanfrage und der Antwort des russischen Außenministeriums werde ich noch einmal die Chronologie des Entstehung des Konfliktes und des Abbruchs der Verhandlungen durch Kiew im April 2022 zeigen.


Beginn der Übersetzung:


Frage: Jeder Konflikt endet mit Verhandlungen. Mit wem ist derzeit auf ukrainischer Seite ein Dialog grundsätzlich möglich? Mit wem kann man reden – gibt es auf der Seite echte Verhandlungsführer? Werden europäische Staats- und Regierungschefs in Verhandlungen einbezogen? Und können wir den Europäern, die uns betrogen haben und stolz darauf sind, überhaupt vertrauen? Wer kann in der gegenwärtigen Situation als Garant auftreten? Wem kann man trauen?

Antwort: Der Standpunkt Russlands zu Verhandlungen mit der Ukraine ist bekannt. Sie wurde von Sergej Lawrow ausführlich erläutert, unter anderem auf der Pressekonferenz am 18. Januar über die Ergebnisse der russischen Diplomatie im Jahr 2022.


Wir möchten daran erinnern, dass wir bereits im Februar und April 2022 Gespräche mit Kiew geführt haben. Kiew bat unmittelbar nach Beginn der Militäroperation darum, setzte den Dialog dann aus und ließ unsere Vorschläge vom 15. April 2022 unbeantwortet. Später hat Selensky die Wiederaufnahme der Kontakte juristisch verboten, indem er am 30. September 2022 ein Dekret über die „Unmöglichkeit“ von Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten erließ. Wir haben wiederholt bekräftigt, dass wir für Verhandlungen offen sind, die nun natürlich den neuen geografischen und politischen Gegebenheiten Rechnung tragen müssen.


Was die europäischen Staats- und Regierungschefs betrifft, so ist nach Merkels und Hollandes selbstentlarvenden Geständnissen über den wahren Zweck des Minsker Abkommens von 2015 praktisch kein Vertrauen mehr geblieben. Wir erinnern uns noch gut daran, wie die EU-Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich als Teilnehmer des Normandie-Formats, mehr als acht Jahre lang systematisch die Geschehnisse im Donbass ignoriert und Kiews Sabotage seiner Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen geduldet haben. Sie gaben vor, nicht zu bemerken, dass die ukrainischen Streitkräfte und nationalistischen Einheiten täglich Völkermord begingen, indem sie die zivile Infrastruktur im Donbass beschossen, wodurch Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet wurden. Sie haben auch nicht bemerkt, dass alle Russen in der Ukraine totaler Diskriminierung ausgesetzt werden, obwohl sie bei bilateralen Kontakten auf direkte Fragen die Unzulässigkeit der Verletzung der Rechte bestimmter Kategorien von Menschen in der Ukraine eingeräumt haben.

Die Betrogenen sind letztlich die Bevölkerungen Westeuropas und der Ukraine, die ihren Politikern naiv geglaubt haben, die behaupteten, dem Frieden verpflichtet zu sein. Tatsächlich geschah nichts dergleichen, sondern das Ziel war es, Zeit zu gewinnen und dem neonazistischen Kiewer Regime die Möglichkeit zu geben, sich auf einen Krieg vorzubereiten.


Wenn es um die Fähigkeit geht, mit dem Westen Vereinbarungen zu finden, haben die EU und die USA leider die Kultur der Diplomatie und des Verhandelns verloren. Sie versuchen, allen etwas aufzuzwingen, um einseitig Vorteile zu erlangen, ohne die Interessen der anderen Seite zu berücksichtigen. Aus diesem Grund haben sie die Vorschläge, die wir im Dezember 2021 zu Sicherheitsgarantien vorgelegt haben, nicht so ernst genommen, wie nötig. Sie haben sich dafür entschieden, auf Kosten der Stabilität und der Sicherheit auf dem europäischen Kontinent enorme politische, wirtschaftliche, militärische und menschliche Ressourcen in eine offene Konfrontation mit Russland zu werfen.


Wir haben den gleichberechtigten Dialog mit den europäischen Partnern und die Suche nach Wegen zur Lösung von Sicherheitsproblemen nie aufgegeben. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es früher oder später politische Kräfte in Europa geben wird, die sich von ihren eigenen nationalen Interessen und nicht dem Wunsch leiten lassen, jemandem „jenseits des Ozeans“ zu gefallen. Dann wird es auch jemanden geben, mit dem man eine Einigung finden kann.

Ende der Übersetzung


Die Chronologie der Eskalation

Nun will ich zur Erinnerung noch einmal die Chronologie der Eskalation in der Ukraine aufzeigen.


Anfang Dezember 2019 fand der letzte Normandie-Gipfel in Paris statt. Selensky kam danach zurück nach Kiew und verkündete seinen Leuten hinter verschlossenen Türen, dass er das Abkommen von Minsk nicht umsetzen wird. Allen Beteiligten in der Ukraine war damit klar, dass ein Krieg mit Russland unvermeidbar geworden war und Kiew begann mit konkreten Kriegsvorbereitungen. Das hat der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexej Danilow, im August 2022 in einem Interview offen erzählt.


Im Januar 2021 wurde Joe Biden US-Präsident. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Trump, der keine Eskalation in der Ukraine wollte, gab Biden Selensky grünes Licht. Daraufhin begann Selensky im Februar 2021 gegen die Opposition vorzugehen, woraufhin der Chef der größten Oppositionspartei unter Hausarrest gestellt und alle oppositionellen Medien wurden verboten wurden.


Im März 2021 setzte Selensky die neue Militärdoktrin der Ukraine in Kraft, in der ein Krieg mit Russland mit dem Ziel festgeschrieben wurde, die Krim gewaltsam zurückzuerobern und den Konflikt im Donbass gewaltsam zu entscheiden.


Mitte April 2021 verkündete die Biden Regierung den Abzug aus Afghanistan bis zum 11. September.


Im April und Mai 2021 stand die Ukraine kurz vor einem Krieg mit Russland, wurde aber von den USA noch einmal zurückgepfiffen. War der Grund, dass die US-Truppen noch in Afghanistan und damit verwundbar waren, oder dass die USA die Ukraine nicht so umfänglich unterstützen konnten, solange sie noch in Afghanistan gebunden waren?


Mitte Juni 2021 fand ein Gipfeltreffen der Präsidenten Putin und Biden statt, bei dem es aber keine Annäherung gab.


Im August 2021 fand die überstürzte Flucht der NATO- und US-Truppen aus Afghanistan statt.

Während Kiew die Situation im Donbass ab Ende 2021 wieder eskaliert hat und die NATO ihre Truppenpräsenz in der Ukraine unter dem Vorwand von Manövern und Ausbildungsmissionen erhöht hat, haben Deutschland und Frankreich das Minsker Abkommen im November 2021 offiziell beerdigt, worüber es in westlichen Medien allerdings keine Berichte gab.


Die Russland-Sanktionen wurden, wie Politico im Oktober 2022 berichtet hat, bereits mindestens ab November 2021 in Gesprächen zwischen Washington und Brüssel vorbereitet. Das war drei Monate vor dem Beginn der russischen Intervention in der Ukraine und just zu dem Zeitpunkt, als Berlin und Paris das Minsker Abkommen beerdigt haben. Dass die Abkehr vom Minsker Abkommen zum Krieg in der Ukraine führen würde, war den Entscheidungsträgern in Washington und Brüssel (und wahrscheinlich auch in Berlin und Paris) offenbar klar, weshalb sie parallel die entsprechenden Sanktionen vorbereitet haben. Afghanistan war Vergangenheit und damit hatten die USA die Hände frei für einen neuen Konflikt.


Im Dezember 2021 forderte Russland von den USA und der NATO ultimativ gegenseitige Sicherheitsgarantien und den Abzug der NATO-Truppen aus der Ukraine und erklärte, dass es im Falle einer Ablehnung gegenseitiger Sicherheitsgarantien gezwungen sei, „militärtechnisch“ zu reagieren. Damit war klar, dass Russland auf weitere Bestrebungen, die Ukraine in die NATO zu ziehen, militärisch reagieren würde. Das war der Moment, in dem allen verantwortlichen Politikern bewusst war, dass eine Ablehnung von Verhandlungen mit Russland zu einem Krieg in der Ukraine führen würde. Der Krieg und all das Elend hätte verhindert werden können, wenn die USA bereit gewesen wären, einen neutralen Status der Ukraine dauerhaft zu akzeptieren und zu garantieren.


Am 8. Januar 2022 wurde Scott Miller zum US-Botschafter in der Schweiz berufen. In einem Interview vom November 2022 erzählte er ganz offen, dass die USA „Geheimdienstinformationen über die Invasion“ gehabt hätten und er diese sofort, also Anfang Januar 2022, der Schweizer Regierung gezeigt hätte. Da die Gespräche zwischen Russland und den USA über die Frage, ob es zu Verhandlungen über die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien kommen würde, zu diesem Zeitpunkt noch liefen, belegt die Aussage von Miller, dass die USA bereits beschlossen hatten, nicht in Verhandlungen einzutreten und sich der Folgen, nämlich der russischen Intervention in der Ukraine, in vollem Umfang bewusst waren. Miller bestätigte damit außerdem indirekt den Bericht von Politico darüber, dass die Sanktionen schon Monate vorher ausgearbeitet wurden, was Bundeskanzler Scholz und andere westliche Politiker später auch bestätigt haben, als sie sagten, dass die Russland-Sanktionen „von langer Hand vorbereitet“ waren.

Ende Januar 2022 wurde in den USA das Lend-Lease-Gesetz für die Ukraine eingebracht, über das bei seiner Einreichung in den Kongress geschrieben wurde:

„Mit diesem Gesetzentwurf wird vorübergehend auf bestimmte Anforderungen im Zusammenhang mit der Befugnis des Präsidenten, Verteidigungsgüter zu verleihen oder zu leasen, verzichtet, wenn die Verteidigungsgüter für die ukrainische Regierung bestimmt sind und zum Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine vor der russischen Militärinvasion erforderlich sind“

Das bestätigt ein weiteres Mal, dass die USA sich bereits auf den Krieg vorbereitet haben, während sie offiziell noch immer mit Russland über mögliche Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien gesprochen haben, denn das Gesetz zur Unterstützung der Ukraine gegen die „russische Militärinvasion“ wurde einen Monat vor der russischen Intervention in den Kongress eingebracht.


Fast gleichzeitig mit der Einreichung des Gesetzes haben die USA und die NATO Ende Januar 2022 die von Russland vorgeschlagenen Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien abgelehnt.


Am 19. Februar 2022 hat Selensky auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter dem Applaus der hochrangigen westlichen Zuhörer die atomare Bewaffnung der Ukraine angedroht. Damit war das russische Eingreifen nicht mehr zu verhindern, denn dass sich die Ukraine, die in ihrer Militärdoktrin offen einen Krieg gegen Russland vorbereitet hat, sich dazu auch noch mit Rückendeckung des Westens nuklear bewaffnen könnte, war für Russland eine inakzeptable Bedrohung der eigenen Sicherheit.


Am 21. Februar 2022, also nur zwei Tage später, hat Putin die Donbass-Republiken anerkannt und Beistandsabkommen mit ihnen geschlossen. In seiner Rede dazu hat Putin Kiew deutlich vor den Folgen einer weiteren Eskalation gewarnt. Kiew hat den Beschuss auf zivile Ziele im Donbass danach aber noch einmal demonstrativ erhöht.


Am 24. Februar 2022 hat Putin in einer weiteren Rede den Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine verkündet.


Am 29. März 2022 gab es bei Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau einen Waffenstillstand. Kiew selbst machte dabei den Vorschlag, die Krim als russisch anzuerkennen und eine Verhandlungslösung für den Donbass zu finden. Darüber hinaus hat Kiew zugesagt, keine ausländischen Truppen mehr in seinem Land zu stationieren und nicht NATO-Mitglied zu werden. Ein EU-Beitritt der Ukraine war hingegen möglich. Außerdem erklärte Russland als Zeichen des guten Willens, seine Truppen aus der Region Kiew abzuziehen, was westliche Medien sofort als militärische Niederlage Russlands umdeklarierten, obwohl der russische Rückzug ohne Kampfhandlungen stattgefunden hat.


Am 3. April 2022 erschienen die Meldungen von angeblichen Massakern der russischen Armee in Butscha, die sich jedoch schnell als False-Flag-Operation herausstellten. Dennoch wurde Butscha als russisches „Verbrechen“ bezeichnet und in den Medien breit behandelt, während die mögliche Verhandlungslösung, die nur Tage zuvor erreicht worden war, kein Thema in den Medien war.


Großbritannien ist ebenfalls nicht auf die erreichte Verhandlungslösung eingegangen, sondern hat der Ukraine stattdessen am 8. April 2022 Militärhilfe in Höhe von 100 Millionen Pfund für die Fortsetzung des Kampfes gegen Russland versprochen.


Einen Tag später, am 9. April 2022, reiste der britische Premierminister Johnson nach Kiew und sprach mit Selensky, der das ukrainische Angebot im Anschluss an diese Gespräche zurückzog und stattdessen verkündete, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen.


Am 30. September 2022 hat der ukrainische Präsident Selensky Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret und Strafe gestellt.


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/wie-die-loesung-des-ukraine-konfliktes-aus-russischer-sicht-aussehen-koennte


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Geplanter Krieg Boris Johnson: Das Minsker Abkommen war eine „diplomatische Imitation“

anti-spiegel.ru, 30. Januar 2023 15:00 UhrNach Angela Merkel und Francois Hollande hat nun auch Boris Johnson offen in einem Interview gesagt, dass der Westen das Minsker Abkommen nie umsetzen wollte. Er nannte es eine "diplomatische Imitation".


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Zitat: Das Minsker Abkommen ist 2015 angeblich geschlossen worden, um einen Frieden im Donbass zu erreichen. Der Westen hat Russland danach Jahre lang vorgeworfen, dass Russland das Abkommen nicht umsetzt und erklärt, dass die Russland-Sanktionen daher nicht aufgehoben werden können. Dass das gelogen war, wird bis heute als „russische Propaganda“ bezeichnet, dabei war es von Beginn an offensichtlich, denn im Minsker Abkommen wird Russland gar nicht erwähnt und es werden darin keine Forderungen an Russland gestellt, die es erfüllen (oder nicht erfüllen) könnte. Stattdessen war es Kiew, dass gegen zehn der 13 Punkte des Abkommens verstoßen hat, die Details und den Text des Abkommens finden Sie hier.


Das Minsker Abkommen wurde im Februar 2015 in Minsk von Bundeskanzlerin Merkel, dem französischen Präsidenten Hollande und dem russischen Präsidenten Putin als Vermittler zwischen dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko und den Rebellen im Donbass ausgehandelt.

Heute geben alle damals von westlicher Seite Beteiligten offen zu, dass das alles gelogen war. Der Sinn des Minsker Abkommens war es nicht, einen Frieden im Donbass zu erreichen, sondern der Ukraine Zeit zur Aufrüstung für einen Krieg gegen Russland zu geben.


Der Westen wollte das Minsker Abkommen nie umsetzen

Der ehemalige ukrainische Präsident Poroschenko hat im Sommer 2022 offen gesagt, dass er nie vorhatte, das Minsker Abkommen umzusetzen, sondern dass das Abkommen der Ukraine nur Zeit für die Aufrüstung geben sollte. Und er fügte hinzu, dass das Abkommen seine Aufgabe aus dieser Warte erfüllt habe. Niemand habe vorgehabt, das Abkommen umzusetzen.

Auch Merkel hat sich ähnlich geäußert. Anfang Dezember 2022 hat sie in einem Interview mit der „Zeit“ gesagt:

„Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie hat diese Zeit hat auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht. Die Ukraine von 2014/15 ist nicht die Ukraine von heute. Wie man am Kampf um Debalzewe (Eisenbahnerstadt im Donbass, Oblast Donezk, d. Red.) Anfang 2015 gesehen hat, hätte Putin sie damals leicht überrennen können. Und ich bezweifle sehr, dass die Nato-Staaten damals so viel hätten tun können wie heute, um der Ukraine zu helfen.“

Danach hat auch der ehemalige französische Präsident Hollande in einem Interview mit ukrainischen Medien offen gesagt, dass das Minsker Abkommen Kiew nur Zeit für die Vorbereitung eines großen Krieges mit Russland geben sollte. Damit bestätigen alle westlichen Beteiligten das, was acht Jahre lang als russische Propaganda diskreditiert wurde, nämlich dass es dem Westen und der Ukraine beim Minsker Abkommen nie um einen Frieden im Donbass ging, sondern darum, die Ukraine für einen Krieg gegen Russland aufzurüsten.


Die „diplomatische Imitation“

Nun hat das auch der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson bestätigt. In einem Interview mit dem ukrainischen Fernsehsender Rada, dem Sender des ukrainischen Parlaments, sagte er, dass das Minsker Abkommen und auf die dessen Basis abgehaltenen Gespräche im Normandie-Format eine „diplomatische Imitation“ waren:

„Wir haben damals einige Sanktionen verhängt, wir haben diese diplomatische Imitation – den Normandie-Prozess – gestartet und nichts erreicht“

Das konsequente Schweigen der westlichen Medien

Die westlichen Medien leisten beachtliches, wenn es darum geht, ihren Lesern und Zuschauern unangenehme Wahrheiten zu verheimlichen, denn ich fand auf Deutsch keine und auf Englisch nur wenige Berichte über Johnsons Interview. Auf Englisch fand ich dazu beispielsweise eine Meldung in Pakistanischen Medien, ansonsten gab es natürlich viele Veröffentlichungen auf Russisch und Ukrainisch. Vor allem in Russland war Johnsons Erklärung ein großes Thema.


Es ist faszinierend, wie gründlich westliche Medien den Skandal, dass alle westlichen Teilnehmer an den Verhandlungen inzwischen offen sagen, dass es beim Minsker Abkommen nicht um Frieden, sondern um die Vorbereitung eines Krieges gegen Russland ging, verschweigen. Merkel hat ihre Aussage zwar in einem Interview mit der „Zeit“ gemacht, aber eigene Artikel war Merkels Aussage deutschen Medien nicht wert. Gleiches gilt für Hollandes Aussage, die in der Ukraine immerhin auf Englisch veröffentlicht wurde.


Außerhalb der westlichen Medienblase haben die Aussagen von Merkel und Hollande hingegen Schlagzeilen gemacht und Aufmerksamkeit erregt und in vielen nicht-westlichen Hauptstädten wird man sich fragen, ob es überhaupt noch Sinn macht, mit dem Westen Verträge abzuschließen, wenn der Westen schon bei der Unterschrift beschließt, dass er sie nie umsetzen, sondern brechen wird.


Dass das nun auch Boris Johnson bestätigt hat, zeigt einmal mehr, was mit dem Westen getroffene Absprachen und sogar geschlossene Verträge wert sind. Das Minsker Abkommen wurde vom UNO-Sicherheitsrat sogar in den Status des Völkerrechts erhoben. Aber der Westen tritt bekanntlich auch das Völkerrecht mit Füßen, wie dieses Beispiel ein weiteres Mal zeigt.

Der Vollständigkeit halber übersetze ich noch die Meldung der russischen Nachrichtenagentur TASS über Johnsons Aussage.


Beginn der Übersetzung:


Johnson nennt Normandie-Format zur Beilegung des Ukraine-Konflikts eine diplomatische Imitation


Er fügte hinzu, dass die Verhängung von Sanktionen gegen Russland keine Ergebnissen gezeigt habe


Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson hat zugegeben, dass das Normandie-Format, das zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Südostukraine ins Leben gerufen wurde, eine „diplomatische Imitation“ war.


„Wir haben damals einige Sanktionen [gegen Russland] verhängt, wir haben diese diplomatische Imitation – den Normandie-Prozess – gestartet und nichts erreicht“, sagte er in einem Interview mit dem Fernsehsender Rada.


Das Normandie-Format waren Gespräche über die friedliche Beilegung der Situation in der Südostukraine, an denen Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich teilgenommen haben. Das Format wurde nach dem Ort des ersten Treffens der vier Staatschefs nach dem Beginn der Krise in der Ukraine benannt. Auf einem der Treffen wurde im Jahr 2015 das Maßnahmenpaket zur Umsetzung des Minsker Abkommens verabschiedet.


In einem Interview mit der deutschen Zeitung Die Zeit bezeichnete Merkel das Minsker Abkommen im Dezember 2022 als „Versuch, der Ukraine Zeit zu geben, stärker zu werden“. Ihr zufolge war „allen klar“, dass der Konflikt eingefroren und das Problem nicht gelöst war, „aber das hat der Ukraine unschätzbare Zeit verschafft“. Sie bezweifelte, dass die NATO-Länder Kiew damals in dem Maße hätten unterstützen können, wie sie es heute tun. Der ehemalige französische Präsident François Hollande, der an der Aushandlung des Maßnahmenpakets zur Umsetzung des Minsker Abkommens im Jahr 2015 beteiligt war, bestätigte Merkels Worte. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte später, Merkels Äußerungen zum Minsker Abkommen seien für ihn völlig unerwartet und enttäuschend.


Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/boris-johnson-das-minsker-abkommen-war-eine-diplomatische-imitation


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Kapitalismus in der Klimakrise

oxiblog.de, 30.01.2023, Ökologie, Geschrieben von: Alfred Müller Agrarökonom


Ein Schaufelradbagger im EinsatzFoto: Albert HyseniKapitalverwertung im Vollzug


Wer die Klimakrise beheben will, kommt am Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft nicht vorbei.

Die Klimaschutzversprechen und -maßnahmen aus Politik und Wirtschaft sind unfähig, die erforderlichen Klimaziele zu erreichen. Anstatt abzunehmen steigt der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen und treibt die Klimakatastrophen voran. Nach 2022 wird dieses Jahr bei den klimaschädlichen Emissionen ein erneuter Rekord erwartet – mit dramatischen Folgen für die Menschheit. Die Klimakrise und deren Verursachung durch Treibhausgase ist seit mindestens fünfzig Jahren bekannt, ohne dass Maßnahmen getroffen wurden, die die Welt vom Kurs auf eine erhebliche Klimaerwärmung hätten abbringen können.


Woran liegt dieses klimapolitische Versagen? Es beginnt mit der Fehleinschätzung der Ursache und endet mit der Erfolgslosigkeit der systemkonformen Maßnahmen. So lenkt die geläufige These »Die Erderwärmung sei menschengemacht«, wie sie auch führende Klimaforschungsinstitute vertreten, von der wahren Ursache ab und führt zum falschen und wirkungslosen Maßnahmeneinsatz. Die gegenwärtige gewaltige Erderwärmung begann nicht mit der Menschheit, sondern mit der kapitalistischen Industrialisierung und wird seitdem durch unser Wirtschaftssystem vorangetrieben. Der Klimawandel ist auf den Ausstoß von Treibhausgasen zurückzuführen, die durch kapitalistische Aktivitäten verursacht werden. Die Steuerungsmechanismen kapitalistischer Gesellschaften weisen Macht-, Eigentums- und Anreizstrukturen auf, die eine Erderwärmung bewirken und die den notwendigen globalen Klimaschutz verhindern. Kapitalistische Ökonomien sind auf Expansion fossiler Energieträger angelegt. Wachstum, Marktkonkurrenz und Profitorientierung führen zur Ausbeutung klimaschädlicher fossiler Ressourcen und damit zur Erderwärmung. Die Schäden der Naturverwertung werden aufgrund der privaten Eigentumsstrukturen des Systems nicht als Kosten eingepreist; sie bleiben in den Marktpreisen unberücksichtigt. Der Staat kann zwar gegenlenken, aber er versagt aufgrund der Macht des Kapitals und seiner beschränkten Regulierungsmöglichkeiten.


Die Macht von Unternehmen lässt sich am Beispiel der Öl- und Gasindustrie beschreiben. Der Ölkonzern ExxonMobil wusste schon seit den 1970er Jahren, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe eine gewaltige Erderwärmung verursachen wird. Trotzdem setzte er aus Gewinn-gründen ungebrochen die klimaschädliche Ölförderung fort. Seit Beginn der Klimakrise spielen die Energiekonzerne die Risiken der Erderwärmung herunter und versuchen aufgrund der hohen Gewinne die erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern und zu verzögern. Allein die fünf größten westlichen Ölkonzerne gaben 2019 gemeinsam 200 Millionen Dollar für Lobbyismus aus, damit die politischen Rahmenbedingungen für die weitere Extraktion der fossilen Brennstoffe erhalten bleiben und klimapolitische Schutzmaßnahmen verhindert werden1.


Die Unterstützung der fossilen Energiegewinnung geht in den nachgelagerten Industrien weiter. Die deutsche Autoindustrie verteidigte über Jahre mit erheblichem Lobbyismus den Verbrennungsmotor und verhinderte die Entwicklung des Elektroantriebs, nur um profitable Geschäftsstrategien zu schützen. Zur Medienmaschine der Klimaschädiger gehören nicht nur die Energie- und Autokonzerne, sondern fast alle Wirtschaftsbereiche, die vom Ausstoß der Treibhausgase profitieren. Hierzu gehören neben den Energie- und Auto-, die Flug-, Chemie-, Agrar-, Glas-, Papier-, Stahl-, Metall- und die Bergbaukonzerne. Mit einem global weit gefächerten Netzwerk versuchen diese Unternehmen ihre klimaschädigenden Interessen in der Politik durchzusetzen. »Sie wollen,« so Götze und Joeres, »effektiven Klimaschutz verhindern, um ihre wirtschaftlichen, ideologischen oder politischen Interessen nicht zu gefährden«2.


Aber nicht nur die kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnisse treiben die Erderwärmung voran. Es ist ebenfalls die Unfähigkeit der Politik, innerhalb des Kapitalismus die notwendigen Klimaziele zu erreichen. Die gepriesene Gegenmaßnahme, die CO2-Bepreisung, ist ein völlig untaugliches Instrument3, um die Treibhausgasemissionen auf das erforderliche Maß zu reduzieren. Ihr fehlt die Lenkungswirkung und weltweit werden nur 20 Prozent der Treibhausgase von einer CO2 – Bepreisung erfasst4. Selbst die bürgerlichen Medien bezeich-nen den praktizierten Emissionshandel als globalen Skandal und Greenwashing, weil der erlaubte CO2-Ausstoß zu 90 Prozent nicht mit entsprechenden Einsparungen von CO2 einhergeht5. So schreibt auch Jens Becker vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln: Dieses Instrument ist in seiner Steuerung »langsam, unpräzise und unvollständig«6. »Von den 187 Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens ist derzeit kein einziger auf dem Weg zur Einhaltung des in Paris vereinbarten 1,5-Grad-Ziels7


Auch der empfohlene Konsumverzicht führt in die Sackgasse, weil die Werbung und die Märkte über den Preis- und Wachstumsmechanismus diese Konsumeinschränkungen wieder aufheben. Nicht der Konsument regiert die Wirtschaft, sondern das Kapital mit seinen Herrschafts- und Verwertungsinteressen. Der Konsument wird mit seiner Unkenntnis über die Produktinhalte, seiner Kaufpräferenzprägung durch das Angebot, seiner Isoliertheit und Machtlosigkeit und seiner Manipulations- und Täuschungsmöglichkeit von den Systemstrukturen gesteuert und folgt, abgesehen von Einzelfällen, den Verwertungs- und Marktmechanismen des kapitalistischen Systems. Die Macht des Verbrauchers ist ein Märchen und lenkt von den klima- und umweltschädlichen Ursachen ab. Konsumenten sind nicht die Täter, sondern die Opfer. Sie sind Opfer der kapitalistischen Wirtschaft, die das Klima und die Umwelt zerstört. Wenn bei flexiblen Marktpreisen eine Gruppe von Verbrauchern aus Einsicht und Überzeugung auf den Verbrauch fossiler Rohstoffe verzichtet und dieser Nachfrageausfall bei gegebenem Angebot zu fallenden Preisen führt, sorgt der globale Markt dafür, dass woanders mehr verbraucht wird.8 Wer glaubt, er könne mit seinem verantwortungsbewussten Verhalten das Klima retten, rettet keineswegs das Klima. Irgendwo auf der Erde verwenden andere mehr fossile Brennstoffe und heben das gewünschte Ergebnis wieder auf.  Die Machtlosigkeit der Verbraucher zeigt sich beim Fleischverzehr. So geht zwar in Deutschland der Fleischkonsum zurück, aber er expandiert zusammen mit der Fleischproduktion weltweit. Das größte Wachstum des Fleischkonsums findet in Asien und Afrika statt. Mehr als die Hälfte dieses Anstiegs ist auf einen höheren Verbrauch von Geflügelfleisch zurückzuführen.9 Es wird in der kapitalistischen Massentierhaltung billig produziert und teilweise von den Konzernen zu Dumpingpreisen angeboten. Niedrige Fleischpreise kurbeln gemeinsam mit den Marketingmaßnah-men der Agrar- und Lebensmittelkonzerne, dem Wirtschafts- und dem Bevölkerungswachstum die globale Fleischnachfrage an. Der Wachstumszwang, klimaschädlicher Konsum und ein steigender fossiler Energiebedarf sind wesentliche Merkmale kapitalistischer Ökonomien und werden durch den Konkurrenz- und Profitdruck und die Weckung von Konsumbedürfnissen mithilfe des Marketings ständig befeuert. Zunehmende Treibhausgasemissionen sind so unvermeidlich. Die erneuerbaren Energien reichen für den explodierenden Energiebedarf nicht aus und eine absolute Entkopplung bleibt ein Wunschtraum der Kapitalvertreter. Da die kapitalistische Wirtschaft auf der Basis fossiler Energie betrieben wird und aufgrund enormer Gewinne das Weltmarktangebot an fossilen Energieträgern hoch bleibt, erreichen wir in diesem System die Klimaziele nicht.


Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Klimakatastrophen sich nur verhindern lassen, wenn die kapitalistische Wirtschaftsweise so schnell wie möglich durch eine nachhaltige und solidarische Wirtschaft ersetzt wird. Viele Kapitalismusgläubige sehen zwar die Schwächen des heutigen Wirtschaftssystems, aber zukünftig keine bessere Systemalternative. Doch wer heute auf die Systemumwandlung verzichtet, ist für die Zerstörung der natürlichen und der menschlichen Lebensgrundlagen mitverantwortlich. In meinem Buch «Eine Wirtschaft die tötet. Über den Kapitalismus, seine Überwindung und die Zeit danach«10 zeige ich, wie die kapitalistische Produktionsweise über den direktdemokratischen Weg überwunden werden kann. Es ist die Verbindung von basisdemokratischen Kämpfen der Arbeiter-, Öko-, Frauen- und Friedensbewegung, die notwendigerweise eine kommunistisch-umweltschonende Gesellschaft schaffen und zur Überwindung der Klimakrise führen wird. Ohne Druck von der Straße und einer direktdemokratischen Systemumwandlung passiert nichts.


Einen anderen Weg bietet die TAZ-Redakteurin Ulrike Herrmann11 in ihrem Buch »Das Ende des Kapitalismus« an. Nicht die Bevölkerung, sondern ganz keynesianisch soll der Staat mit seinen Machtmitteln den Kapitalismus in eine Schrumpfungswirtschaft transformieren. Nur über eine Schrumpfung der Wirtschaft ließe sich die Klimaneutralität erreichen. Hier wird das gewünschte Ziel mit den falschen Mitteln angestrebt. Die kapitalistischen Markt- und Wettbewerbsmechanismen erzwingen, abgesehen von Krisen, ein Wirtschaftswachstum und  diese Dynamik  kann auch der kapitalistische Staat, dessen Aufgabe es ist, die Grundstrukturen des Kapitalismus zu schützen, nicht aufheben.


Wer aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, die Klimakrise beheben und die Natur nachhaltig nutzen will, kommt am Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft nicht vorbei. Eine kapitalismuskonforme Klimaschutzpolitik landet notwendigerweise in der Sackgasse.


Alfred Müller, Dr.rer.pol., 1946, studierte Agrarökonomie und Volkswirtschaft in Berlin, Göttingen und Berkeley. Er lebt als politischer Publizist in Hildesheim. Zuletzt erschien von ihm zur Klimakrise »Eine Wirtschaft, die tötet« im PapyRossa-Verlag.


Fußnoten:

  1. Vgl. McCarthy, Niall. 2019. »Oil and Gas Giants Spend Millions Lobbying To Block Climate Change Policies [Infographic]«. Forbes, 25. März.
    https://www.forbes.com/sites/niallmccarthy/2019/03/25/oilandgasgiantsspendmillionslobbyingtoblockclimatechangepoliciesinfographic/?sh=1bed0ebf7c4f (13.1.23)
  2. Götze, Susanne/Joeres, Annika: Die Klima-Schmutzlobby. Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen, Piper Verlag München, 2020, S.16
  3. Unter einer CO2 – Bepreisung versteht man ein Instrument der Energiepolitik, welches zum Ziel hat, klimaschädliche CO2 – Emissionen zu reduzieren, indem es die damit verbundenen Kosten für die Verursacher (Emittenten) erhöht.
  4. Vgl. Schiffer, Hans-Wilhelm: Bepreisung von CO2 im internationalen Vergleich, https://www.energie.de/fileadmin/dokumente/et/Archiv_Zukunftsfragen/2019/Zukunftsfragen_2019_09.pdf (13.1.23)
  5. Vgl. Fischer, Tin/Knuth, Hannah: CO2 – Zertifikate. Grün getarnt, in: www.zeit.de/2023/04/co2-zertifikate-betrug-emissionshandel-klimaschutz/komplettansicht (19.1.23)
  6. Becker, Jens: Warum reagieren wir zu langsam auf die Klimakrise? In: Die Zeit
  7. Becker, Jens, dito
  8. Vgl. Flassbeck, Heiner: Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft. Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen? Westend Verlag 2020
  9. Vgl. Fleischatlas: Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel, Heinrich-Böll-Stiftung 2021, S.10 – 11
  10. Müller, Alfred: Eine Wirtschaft, die tötet. Über den Kapitalismus, seine Überwindung und die Zeit danach, PapyRossa Verlag 2019
  11. Vgl. Herrmann, Ulrike: Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in der Zukunft leben werden, Kiepenheuer & Witsch, 2022


Info: https://oxiblog.de

30.01.2023

medico-Newsletter: Zeitenwende und Kriegsregime

medico.de, 30. Januar 2023, 19.18 Uhr, medico-Newsletter<info@medico.de

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in wenigen Wochen ist es ein Jahr her, dass mit dem russischen Überfall der Krieg in der Ukraine begann. Seitdem unterstützen wir gemeinsam mit Partnerorganisationen in der Ukraine und in Nachbarländern die Not- und Flüchtlingshilfe. Erst vor wenigen Tagen sind die medico-Kolleg:innen Katja Maurer und Riad Othman von einer Reise nach Charkow/Charkiw im Osten der Ukraine zurückgekehrt, wo wir die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Lebensmitteln unterstützen. Einen ersten Teil des Reiseberichts von Riad Othman können Sie hier lesen.

Jenseits der praktischen Hilfe beschäftigen uns viele Fragen: Wie kann der Schrecken des Ukraine-Krieges analysiert werden, ohne in falsche Vereinfachungen zu verfallen? Wie könnten die Konturen einer emanzipatorischen Politik in Zeiten eines weltweiten Kriegsregimes aussehen?

Weil uns der kritische Diskurs um die Hintergründe und Auswirkungen des Krieges zu kurz kommt, untersützen wir die deutschsprachige Veröffentlichung des Buches "Dieser Krieg endet nicht in der Ukraine" von Raúl Sánchez Cedillo im Verlag transversal texts. Darin setzt er sich mit dem Völkerrecht, der globalen Ökonomie und dem postsowjetischen Raum, aber auch der Europapolitik und der Verbindung von Krieg und Klimakrise auseinander. Das gibt auch Anstoß für die längst überfällige Debatte, wie eine zeitgemäße Anti-Kriegs-Position aussehen kann.

Auf einer Veranstaltung in Berlin am 19. Februar diskutiert Raúl Sánchez Cedillo darüber mit dem taz-Journalist Stefan Reinecke und am 21. Februar spricht er in Frankfurt mit dem ukrainischen Soziologen Volodymyr Ishchenko. Beide Veranstaltungen moderiert Katja Maurer und wir möchten Sie herzlich dazu einladen!

Bereits im letzten Rundschreiben hatten wir ein Interview mit Raúl Sánchez Cedillo abgedruckt, das ich Ihnen noch einmal empfehlen möchte ebenso wie den Kommentar von Mario Neumann zur "moralischen Mobilmachung" in Zeiten des Krieges.

Mit besten Grüßen
Moritz Krawinkel


Info: https://www.medico.de/newsletter/medico-newsletter-zeitenwende-und-kriegsregime?mid=1093&aC=92b70738&jumpurl=-1


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Französischer Geheimdienstoffizier: Selenskij zieht NATO in einen Krieg mit Russland

meinungsfreiheit.rtde.life, 30.01.2023

  • Verteidigungsminister: Ungarn liefert keine Waffen an die Ukraine

    Ungarn liefert keine Waffen an die Ukraine und nimmt in dieser Hinsicht die gleiche Position wie Österreich ein. Dies erklärte der ungarische Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky bei einem Treffen mit seiner österreichischen Amtskollegin Klaudia Tanner. Nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti sagte er:

    "Ungarns Position ist klar: Wir liefern keine Waffen in den Konflikt, weil wir seine Eskalation vermeiden wollen. In dieser Hinsicht stehen wir auf einer Plattform mit Österreich. Das neutrale Österreich liefert ebenfalls keine Waffen in den Krieg."

    Ungarns Parlament hatte Anfang März 2022 eine Resolution verabschiedet, die Waffenlieferungen in die Ukraine von ungarischem Gebiet aus verbietet. Außenminister Péter Szijjártó hatte erklärt, dass dies zum Schutz des von ethnischen Ungarn bewohnten Gebiets Transkarpatien geschehe, da Waffenlieferungen über dieses Gebiet zu einem militärischen Ziel werden könnten.

  • 15:44 Uhr

    Ukrainische Truppen beschießen Gorlowka mit NATO-Granaten

    Die ukrainische Armee hat innerhalb einer halben Stunde zwölf Granaten vom NATO-Kaliber 155 Millimeter auf den Stadtteil Nikitowski in Gorlowka abgefeuert. Dies berichtet die Vertretung der Donezker Volksrepublik beim Gemeinsamen Zentrum für die Kontrolle und Koordinierung von Fragen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen der Ukraine.

  • 15:39 Uhr

    Kroatischer Präsident nennt westliche Position zur Ukraine unmoralisch


    Die Haltung des kollektiven Westens im Konflikt in der Ukraine ist unmoralisch, die Kämpfe werden das Land ohne männliche Bevölkerung zurücklassen, so der kroatische Präsident Zoran Milanović. Er erklärte bei einem Briefing, über das der kroatische Rundfunk und das Fernsehen berichteten:

    "[Die Chefin der EU-Kommission] Ursula von der Leyen sagte vor zwei Monaten, dass 100.000 ukrainische Soldaten getötet wurden, was bedeutet, dass weitere 250.000 verwundet sind. Wenn das stimmt, sind jetzt 150.000 Militärs tot. Die Russen sind im Vorteil, was Munition, Artillerie und eine unbegrenzte Zahl von Soldaten angeht, und was ist die Lösung – dass die Ukraine völlig ohne Männer dasteht? Ich bin nicht der Präsident der Ukraine, aber ich habe Sympathie für dieses Land."

    Milanović zufolge wollen die Pazifisten und Friedensaktivisten von gestern im Westen heute "das Blut anderer trinken", ohne sich selbst zu gefährden. Er betonte:

    "Das ist zutiefst unmoralisch, was wir als kollektiver Westen tun."

    "Die Lösung liegt nicht in einem Machtwechsel in Russland. Und deutsche Panzer in Charkow werden die Russen noch mehr einen und sie näher an die VR China heranführen, das ist bereits der Fall. Dies ist politisch irrational und schädlich für den Westen."

    Ihm zufolge führt die derzeitige Entwicklung des bewaffneten Konflikts zu einer Taktik der verbrannten Erde. Der Präsident erklärte seine Bereitschaft, humanitäre Hilfe zu leisten und Aggressionen zu verurteilen, ohne sich militärisch engagieren zu müssen.

    Im Jahr 2022 hatte Kroatien nach Angaben der Behörden 16,5 Millionen Euro für die Ausrüstung von vier Brigaden der ukrainischen Streitkräfte bereitgestellt und Kiew Maschinengewehre, Sturmgewehre und Munition geliefert.

  • 15:34 Uhr

    Ukrainische Gerichte fällen erste Urteile wegen Mobilmachungsverweigerung

    Nach Angaben des ukrainischen Parlamentsabgeordneten Alexander Dubinski haben die Gerichte in der Ukraine damit begonnen, Urteile wegen Mobilisierungsverweigerung zu fällen. In der Ukraine wird die Verweigerung des Wehrdienstes während der Mobilmachung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet.

    Mehrere ukrainische Medien berichteten im Winter über landesweite Razzien bei Wehrpflichtigen. Das ukrainische Militär soll Krankenwagen eingesetzt haben, um die Wehrpflichtigen zu Sammelplätzen zu transportieren. Mitarbeiter von Versorgungsunternehmen sollen beauftragt worden sein, Vorladungen zu verteilten. Das ukrainische Militär erklärte, dass die häufigere Verteilung von Vorladungen an öffentlichen Orten darauf zurückzuführen sei, dass die Bürger nicht bereit seien, den Kommissaren zu Hause die Tür zu öffnen. Medienberichten zufolge meiden Ukrainer aus Angst vor einer Vorladung am Arbeitsplatz eine offizielle Anstellung.

    Die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden berichten regelmäßig, dass sie Kanäle für die Überstellung von Steuerhinterziehern ins Ausland abbauen und Männer festnehmen, die mit gefälschten Dokumenten oder unter dem Deckmantel von Behinderten oder Freiwilligen versuchen, das Land zu verlassen.

    Das Kriegsrecht und die allgemeine Mobilisierung in der Ukraine wurden im November bis zum 19. Februar 2023 verlängert.

  • 15:25 Uhr

    Ukrainische Truppen feuern fünf NATO-Granaten auf Donezk

    Die ukrainischen Streitkräfte haben fünf 155-Millimeter-Granaten auf den Bezirk Kiewski in Donezk abgefeuert. Dies berichtet die Vertretung der Donezker Volksrepublik beim Gemeinsamen Zentrum für die Kontrolle und Koordinierung von Fragen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen der Ukraine.

  • 15:03 Uhr

    Russische Luftabwehr schießt einen ukrainischen Hubschrauber im Gebiet Saporoschje ab


    In seiner täglichen Frontübersicht berichtet das russische Verteidigungsministerium, dass die Einheiten der Luftstreitkräfte, der Raketentruppen und der Artillerie der russischen Streitkräfte 73 Artillerieeinheiten des ukrainischen Militärs auf ihren Feuerstellungen sowie Personal und Militärausrüstung in 138 Kreisen bekämpft haben.

    Die russische Luftabwehr schoss einen ukrainischen Hubschrauber vom Typ Mi-8 in der Nähe des Dorfes Nowodarowka im Gebiet Saporoschje ab. Außerdem wurden im Laufe des Tages zwei Drohnen in der Nähe der Siedlungen Kolomyjtschicha und Kremennaja in der Volksrepublik Lugansk abgeschossen.

    Vier HIMARS- und Uragan-Mehrfachraketenwerfer wurden in der Nähe der Dörfer Konstantinowka, Nikolskoje und Blagoweschtschenka in der Volksrepublik Donezk und Trudoljubimowka im Gebiet Saporoschje zerstört. Dazu fing die Luftabwehr bei Siedlungen Proletarka und Winogradowo im Gebiet Cherson zwei Anti-Radar-Raketen US-amerikanischer Herstellung vom Typ HARM ab.

  • 14:55 Uhr

    Russisches Verteidigungsministerium: USA experimentierten mit HIV-Infektion an ukrainischen Soldaten

    Die USA führten Experimente mit HIV-Infektionen an Militärangehörigen der Ukraine durch. Dies verkündete Generalleutnant Igor Kirillow, der Leiter der russischen Truppen für Strahlen-, chemische und biologische Verteidigung. Er erklärte:

    "Die völkerrechtlich umstrittensten Forschungen werden von den Vereinigten Staaten außerhalb ihres Hoheitsgebiets durchgeführt. Ein Beispiel sind die Experimente zur HIV-Infektion, die seit 2019 von US-Spezialisten in der Ukraine durchgeführt werden."

    Seinen Angaben zufolge wurden im Laufe der russischen Spezialoperation mehr als 20.000 Dokumente entdeckt sowie Zeugen und Teilnehmer militärischer und biologischer US-Programme befragt. Diese Materialien bestätigen das Ziel des Pentagons, Komponenten biologischer Waffen herzustellen und an der Bevölkerung der Ukraine und anderer Nachbarstaaten Russlands zu testen.

    Er wies darauf hin, dass es sich bei den Zielgruppen nicht nur um Strafgefangene oder Drogenabhängige, sondern auch um Kämpfer der ukrainischen Armee handelte.


  • Darüber hinaus habe das russische Verteidigungsministerium Beweise für den Konsum von Psychostimulanzien und Drogen durch ukrainische Soldaten sowie für den Schmuggel von Morphium an die Front erhalten.


  • Der General wies darauf hin, dass die USA derzeit ihre Biowaffenaktivitäten in der Ukraine einstellen und nach Polen und ins Baltikum verlagern. Einige nicht abgeschlossene Programme werden auf zentralasiatische Länder übertragen, während gleichzeitig die Zusammenarbeit mit Kenia, Singapur und Thailand ausgebaut wird. Und die Spezialisten, die an diesen Studien teilgenommen haben, werden in den Westen abgezogen und in den USA, Kanada und der Europäischen Union beschäftigt, damit Russland von ihnen keine Beweise für ihre illegale Arbeit und Verstöße gegen internationale Verpflichtungen erhält.

  • 14:41 Uhr

    Französischer Geheimdienstoffizier: Selenskij zieht NATO in einen Krieg mit Russland

    Der ukrainische Machthaber Wladimir Selenskij, der von der NATO Kampfjets und Raketen fordere, versuche, das Bündnis in einen militärischen Konflikt mit Russland hineinzuziehen, denn die westlichen Länder erreichten bereits eine neue Stufe der Eskalation der Konfrontation mit Russland. Darauf wies der ehemalige Leiter des französischen Militärgeheimdienstes (DRM) General Christophe Gomart hin. In einem Interview mit Valeurs Actuelles erklärte er:

    "Ich weiß nicht, was das Jahr 2023 für uns bereithält, aber wir sehen schon jetzt, dass der ukrainische Präsident viele Kampfjets will. Um das Kräfteverhältnis zu ändern, will er angreifen und wieder in die Offensive gehen. Ich glaube, er würde die NATO in diesen Krieg hineinziehen. Wir sehen schon den nächsten Schritt – warum nicht morgen Kriegsschiffe und schließlich Soldaten anfordern?"

    "Wir begannen mit der Lieferung leichter Waffen und sind bei der Lieferung schwerer Panzer angelangt. Die westlichen Länder werden langsam in den Krieg hineingezogen."


  • Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/131481-liveticker-ukraine-krieg


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Israel – Palästina – Täglicher Tod

    nachdenkseiten.de, 30. Januar 2023 um 9:00 Ein Artikel von Karin Leukefeld

    Zum dritten Mal im Januar hat sich der UN-Sicherheitsrat am Freitag (27.01.2023) mit der „Lage im Mittleren Osten, einschließlich der Palästinensischen Frage“, befasst. Das Treffen fand hinter verschlossenen Türen statt. Beantragt worden war die Diskussion von den Sicherheitsratsmitgliedern China, Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Berichterstatter war der Sonderkoordinator für den Friedensprozess im Mittleren Osten, der norwegische Diplomat Tor Wennesland. 


    Zitat: Am 5. Januar hatte sich der Sicherheitsrat in New York getroffen, weil der neue israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvier, demonstrativ die al-Aqsa-Moschee, den Haram al-Sharif, wie die Muslime sagen, den Tempelberg, wie es bei den Juden heißt, aufgesucht und damit einen Sturm der Entrüstung bei den Palästinensern, bei arabischen und muslimischen Staaten ausgelöst hatte. Ben-Gvir ist ein bekannter Rassist und juristisch verurteilter rechtsextremer Politiker, der seit langem den Status des Haram al-Sharif zugunsten der Juden verändern will. Israel hatte versucht, die Sitzung des Sicherheitsrates am 5. Januar zu verhindern, konnte sich aber nicht durchsetzen.


    Am 18. Januar fand die turnusmäßig alle drei Monate stattfindende UNSR-Debatte über die „Lage im Mittleren Osten, einschließlich der Palästinensischen Frage“, statt. Am 27. Januar war das Thema das „Massaker in Jenin“, die „tödlichste israelische Razzia in dem Lager Jenin seit zwei Jahrzehnten“, wie u.a. die britische BBC und der libanesische Nachrichtensender Al Mayadeen berichteten. Bei dem militärischen Einsatz am 26. Januar waren 9 Personen getötet und mehr als 20 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt worden.


    Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas nannte das Vorgehen der israelischen Armee ein „Massaker“, als er eine dreitägige nationale Trauerzeit für die 9 Menschen anordnete, die getötet worden waren. Medien zitierten das palästinensische Gesundheitsministerium, wonach zwei der Toten, darunter eine 61-jährige Frau, zivile Opfer gewesen seien. Sieben der Toten gehörten palästinensischen bewaffneten Gruppen an, hieß es in einer Mitteilung des UN-Sicherheitsrates. An Gebäuden und Fahrzeugen sei großer Schaden entstanden.

    Am Sonntag (29.1.23) meldete das palästinensische Gesundheitsministerium, eine zehnte Person, ein junger Mann, sei seinen Verletzungen erlegen. Eine weitere Person, die an einer Protestdemonstration gegen die Jenin-Razzia (in Al Ram) teilgenommen hatte, wurde von israelischen Soldaten so schwer angeschossen, dass sie den Verletzungen erlag. Die israelische Armee sprach von einer „Anti-Terror-Operation zur Ergreifung einer Terroreinheit des Islamischen Jihad“. Die Gruppe sei an der Planung und Ausführung von „zahlreichen schweren terroristischen Anschlägen“ gegen Israelis beteiligt gewesen.


    Die palästinensische Autonomiebehörde setzte die Sicherheitskoordination mit Israel aus. In einem Brief, den der „Ständige Beobachter des Staates Palästina bei den Vereinten Nationen“, Riyad Mansour, noch am Tag der Razzia, am 26.01.2023, übergab, wurde die „großangelegte militärische Invasion in das Flüchtlingslager Jenin“ verurteilt. Die medizinische Versorgung der Verletzten sei von den israelischen Besatzungstruppen wiederholt blockiert und hinausgezögert worden, sie hätten auf die Ambulanzfahrzeuge und auf das medizinische Personal das Feuer eröffnet. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums habe die israelische Armee Tränengas in die Kinderstation des staatlichen Krankenhauses von Jenin gefeuert. Die Weltgesundheitsbehörde erklärte ihre „Solidarität mit dem medizinischen Personal in Jenin“, das geschützt werden müsse.


    Doch Worte schützen die Palästinenser nicht und mehr als Worte wurden im UN-Sicherheitsrat – wieder einmal – nicht gefunden. Die Schweiz – seit Januar Mitglied im UN-Sicherheitsrat für zwei Jahre – forderte alle Seiten auf, „Zivilisten zu schützen“. Die „unverhältnismäßige Gewalt der israelischen Sicherheitskräfte“ müsse untersucht werden. Großbritannien forderte Israel zur Zurückhaltung auf, „wenn es seine legitimen Sicherheitsinteressen“ schütze, China wandte sich „gegen die exzessive Gewalt von Sicherheitskräften“.


    Aus dem Gazastreifen wurden noch am Abend des Geschehens Raketen auf den Süden Israels abgefeuert, die die israelische Luftabwehr abfing. Die ganze Nacht hätten Sirenen im Süden Israels vor weiteren Angriffen gewarnt, berichteten Medien. Die Angriffe blieben aus, doch die israelische Luftwaffe stieg auf und bombardierte nach eigenen Angaben „Hamas-Ziele“ und „unterirdische Raketenfabriken“. Die Sicherheitsratsmitglieder verfolgten „die Situation in Israel, in der West Bank (Westjordanland) und Gaza genau“, hieß es in dem zitierten UN-Bericht.


    Inzwischen hält sich US-Außenminister Antony Blinken in der Region auf. Sein Besuch in Ägypten, Israel und im Westjordanland war seit einer Woche bekannt. Das US-Außenministerium appellierte an alle Seiten, „Schritte zur Deeskalation zu unternehmen“. Der „historische Status-Quo des Haram al-Sharif/Tempelbergs“ müsse aufrechterhalten bleiben. Blinken sagte im saudischen Nachrichtensender Al Arabia bei einem Interview in Kairo, alle Seiten müssten miteinander reden. Mit anderen Worten: aus Washington nichts Neues. Zur Frage, ob es einen Krieg gegen Iran geben werde, meinte Blinken: „Alle Optionen liegen auf dem Tisch.“


    Junge Palästinenser griffen zur Waffe, um Vergeltung zu üben. Am Samstag (28.01.2023) erschoss ein 21-jähriger Palästinenser 7 Menschen, als sie nach dem Gebet eine Synagoge verließen, drei weitere Personen wurden verletzt. Der junge Einzeltäter wurde von israelischen Sicherheitskräften nach eigenen Angaben „neutralisiert“, d.h. erschossen. Bei einem weiteren Angriff am gleichen Abend auf Gläubige vor einer anderen Synagoge (in Silwan) wurden zwei Männer verletzt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, der ebenfalls junge palästinensische vermutliche Schütze sei erschossen worden.


    International wurden die Angriffe auf die Synagogen und Gläubigen mit scharfen Worten verurteilt. Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte den „grauenhaften Terrorangriff in Ost-Jerusalem“. Die Terroristen wollten „Hass säen und Frieden unmöglich machen“, heißt es, dieses Kalkül dürfe nicht aufgehen. Man sei mit „Gedanken (…) bei den Angehörigen der Toten“, den zahlreichen Verletzten wünsche man „rasche Genesung“. Zu dem „Massaker in Jenin“ (Mahmud Abbas) fand die Autorin keine Erklärung des Auswärtigen Amtes. Offenbar fehlten die Worte.


    Das israelische Sicherheitskabinett beschloss, die Truppen entlang der Grenze zum Gazastreifen und an der völkerrechtswidrigen Mauer, die Israel eine „Sperranlage“ nennt, zu verstärken. Der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, forderte ein Gesetz, wonach mehr Bürger zum Selbstschutz Waffen tragen dürfen. Die Häuser der palästinensischen Angreifer sollen zerstört, die Angehörigen bestraft werden. U.a. soll ihnen ihre Sozialversicherung entzogen werden. Der völkerrechtswidrige Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland soll ausgeweitet werden.


    Doch die Regierung Netanyahu operiert auf unsicherem Boden. Seit Amtsantritt vor vier Wochen demonstrieren in Israel Zehntausende jeden Samstag, um den Rücktritt von Ministern der rechtsradikalen Allianz zu fordern. Die Demonstranten wollen eine Justizreform verhindern, mit der die neue Regierung das Justizwesen schwächen und die Macht des Obersten Gerichtshofs brechen will. Die Protestbewegung sieht die „israelische Demokratie“ in Gefahr. Angesichts der Gewalt und Rechtlosigkeit allerdings, mit der der Staat Israel seit 75 Jahren ungestraft gegen die Palästinenser und andere arabische Nachbarstaaten und gegen die Kritiker seiner „Politik“ vorgeht, scheint Demokratie nicht die richtige Bezeichnung für das politische System des Staates Israel zu sein.


    Nach UN-Angaben wurden im Jahr 2022 mehr als 150 Palästinenser von der israelischen Armee und Siedlern im Westjordanland und Israel erschossen. Im gleichen Zeitraum wurden 20 Israelis getötet. Seit Anfang des Jahres 2023 wurden 30 Palästinenser von der israelischen Armee zumeist bei Razzien, aber auch an Kontrollpunkten erschossen, heißt es in einem Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte. Sieben Israelis wurden getötet.


    Am Tag vor der Militäroperation in Jenin wurde ein 17-jähriger Jugendlicher bei einer Razzia im Lager Shuafat (Ostjerusalem) von einem israelischen Soldaten getötet. Am gleichen Tag wurde ein 22-Jähriger am Kontrollpunkt Qalqiliya (Westjordanland) erschossen. Es gibt Fotos der erschossenen jungen Palästinenser. Geboren in den Lagern unter israelischer Besatzung wuchs diese Jugend unter menschenunwürdigen Bedingungen auf. Alle haben mit der Hoffnung auf ein besseres Leben gelebt, hatten sie eine Chance?


    Es gibt auch ein Foto aus Jenin vom Abend des 26. Januar 2023. Zu sehen ist eine dichte Menschenmenge – alles sind Männer, die Aufnahme ist aus der Vogelperspektive aufgenommen. Die Männer stehen so eng nebeneinander, dass viele Gesichter nicht zu erkennen sind. Über ihren Köpfen schweben acht Tote auf Bahren, die von Händen nach oben gestemmt und getragen werden. Einige der Leichen sind in palästinensische Fahnen gehüllt, andere in die Fahne ihrer Kampfeinheit. Ein Leichnam trägt seine Kleidung und ist nur mit wenigen Tüchern bedeckt. Um den Kopf trägt er die Kefiyeh, das schwarz-weiß karierte Tuch der Araber.


    Rubriken:

    Innere Sicherheit Israel

    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=93165

    30.01.2023

    Extended Russia - Rand Corporation 2019

    Competing from Advantageous Ground

    James Dobbins, Raphael S. Cohen, Nathan Chandler, Bryan Frederick, Edward Geist, Paul DeLuca, Forrest E. Morgan, Howard J. Shatz, Brent Williams

    Library of Congress Cataloging-in-Publication Data is available for this publication.
    ISBN: 978-1-9774-0021-5
    For more information on this publication, visit www.rand.org/t/RR3063
    Published by the RAND Corporation, Santa Monica, Calif.
    © Copyright 2019 RAND Corporation


    Auszug:

    This report examines a range of possible means to extend Russia. As the 2018 National Defense Strategy recognized, the United States is currently locked in a great-power competition with Russia. This report seeks to define areas where the United States can compete to its own advantage.

    Drawing on quantitative and qualitative data from Western and Russian sources, this report examines Russia’s economic, political, and military vulnerabilities and anxieties.


    It then analyzes potential policy options to exploit them—ideologically, economically, geopolitically, and militarily (including air and space, maritime, land, and multidomain options). After describing each measure, this report assesses the associated benefits, costs, and risks, as well as the likelihood that measure could be successfully implemented and actually extend Russia.


    Most of the steps covered in this report are in some sense escalatory, and most would likely prompt some Russian counter-escalation. Some of these policies, however, also might prompt adverse reactions from other U.S. adversaries—most notably, China—that could, in turn, stress the United States.


    Ultimately, this report concludes that the most attractive U.S. policy options to extend Russia—with the greatest benefits, highest likelihood of success, and least risk—are in the economic domain, featuring a combination of boosting U.S. energy production and sanctions, providing the latter are multilateral.


    In contrast, geopolitical measures to bait Russia into overextending itself and ideological measures to undermine the regime’s stability carry significant risks.


    Finally, many military options—including force posture changes and development of new capabilities—could enhance U.S. deterrence and reassure U.S. allies, but only a few are likely to extend Russia, as Moscow is not seeking parity with the United States in most domains



    übersetzt mit Deepl. Translate


    In diesem Bericht wird eine Reihe möglicher Maßnahmen zur Ausweitung Russlands untersucht. Wie die Nationale Verteidigungsstrategie 2018 anerkannt hat, befinden sich die Vereinigten Staaten derzeit in einem Großmächte-Wettbewerb mit Russland. Dieser Bericht versucht, Bereiche zu definieren, in denen die Vereinigten Staaten zu ihrem eigenen Vorteil konkurrieren können. Dieser Bericht stützt sich auf quantitative und qualitativen Daten aus westlichen und russischen Quellen und untersucht Russlands wirtschaftliche, politische und militärische Schwachstellen und Ängste.


    Er analysiert dann potenzielle politische Optionen, um diese auszunutzen - ideologisch, wirtschaftlich, geopolitisch und militärisch (einschließlich Luft- und Raumfahrt, See-, Land- und Multidomain-Optionen). Nach der Beschreibung der einzelnen Maßnahmen bewertet dieser Bericht die damit verbundenen Vorteile, Kosten und Risiken sowie die Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahme erfolgreich umgesetzt werden und Russland tatsächlich erweitern könnte.


    Die meisten der Schritte die in diesem Bericht behandelt werden, sind in gewisser Weise eskalierend, und die meisten würden wahrscheinlich eine gewisse russische Gegen-Eskalation auslösen. Einige dieser Maßnahmen könnten jedoch auch aber auch negative Reaktionen anderer US-Gegner - vor allem Chinas - hervorrufen, die ihrerseits die Vereinigten Staaten unter Druck setzen könnten.


    Letztlich kommt dieser Bericht zu dem Schluss, dass die die attraktivsten politischen Optionen der USA zur Ausweitung der Beziehungen zu Russland - mit den größten Vorteilen, der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit und dem geringsten Risiko - im wirtschaftlichen Bereich liegen, mit einer Kombination aus der Förderung der US-Energieproduktion und Sanktionen, sofern letztere multilateral sind.


    Im Gegensatz dazu sind geopolitische Maßnahmen, die und ideologische Maßnahmen, die die Stabilität des Regimes untergraben sollen, mit erheblichen Risiken verbunden.


    Schließlich sind es viele militärische Optionen - einschließlich der Entwicklung neuer Fähigkeiten - sie könnten die Abschreckung der USA verbessern und die Verbündeten der USA beruhigen, aber nur wenige davon werden Russland wahrscheinlich weiter bringen, da Moskau in den meisten Bereichen keine Parität mit den Vereinigten Staaten anstrebt.


    Info: https://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_reports/RR3000/RR3063/RAND_RR3063.pdf

    30.01.2023

    Skandal-Urteil in Berlin: Amtsgericht verurteilt Friedensaktivisten wegen Rede „Nie wieder Krieg gegen Russland

    nachdenkseiten.de, 25. Januar 2023 um 9:00 Ein Artikel von: Florian Warweg

    Das Berliner Amtsgericht hat den bekannten Berliner Friedensaktivisten Heiner Bücker zu einer vierstelligen Geld- oder ersatzweise 40-tägigen Haftstrafe verurteilt. Sein Vergehen? Er hatte bei einer Rede anlässlich des 81. Jahrestages des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 2022 erklärt, man müsse „offen und ehrlich versuchen, die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen“. Diese Aussage, so die Begründung im Strafbefehl vom 3. Januar 2023, welcher den NachDenkSeiten vorliegt, billige „den völkerrechtswidrigen Überfalls Russland (sic!) auf die Ukraine“ und hätte „das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima in der Bevölkerung aufzuhetzen.“ Eine rechtsstaatliche Farce, die von der verbrieften Rede- und Meinungsfreiheit nur noch Trümmer übriglässt. 


    Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

    Podcast: Play in new window | Download


    Heiner Bücker betreibt seit Jahrzehnten das „Coop Anti-War Café“ in Berlin-Mitte, ein Treffpunkt für linke Friedensaktivisten und lateinamerikanische Soli-Gruppen. Zudem engagiert er sich in der Friedensbewegung sowie bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.).


    Strafanzeige wegen Rede, die „friedliche Nachbarschaft mit Russland“ zum Leitmotiv hatte

    Am 22. Juni 2022 hatte Bücker auf einer Gedenkveranstaltung der Friedenskoordination zum Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park eine sehr ruhige, getragene Rede gehalten, in welcher er einen historischen Bogen vom Vernichtungskrieg der Wehrmacht gegen die UdSSR bis zum Ukraine-Krieg spannte und angesichts von über 20 Millionen getöteten Sowjetbürgern auf die besondere Verantwortung Deutschlands verwies sowie zu einer „gedeihlichen, vernünftigen und friedlichen Nachbarschaft mit Russland in Europa“ aufrief. Zudem betonte er in diesem Zusammenhang:

    „Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein.

    Vier Monate später, im Oktober 2022, erhielt der Friedensaktivist ein Schreiben vom Landeskriminalamt Berlin. Gegen ihn sei ein Ermittlungsverfahren wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“ nach Paragraph 140 Strafgesetzbuch eingeleitet worden, welches mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden könne. Angezeigt wurde Bücker laut dem Schreiben von einem Berliner Rechtsanwalt. Der konkrete Vorwurf: Er hätte mit seiner Rede am 22. Juni 2022 den Krieg Russlands gegen die Ukraine gebilligt.


    Verurteilung wegen „Billigung von Straftaten nach Paragraph 140 Strafgesetzbuch“

    Drei Monate später erging der Strafbefehl des Berliner Amtsgerichts Tiergarten. Dort heißt es zunächst allgemein, er sei angeklagt, „ein Verbrechen der Aggression (§13 des Völkerstrafgesetzbuches) in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich in einer Versammlung gebilligt zu haben“.


    Der verantwortliche Richter Pollmann am Amtsgericht, der allem Anschein nach uneingeschränkt der Argumentation der Staatsanwaltschaft folgte, zitiert dann in dem Schreiben den Auszug aus Bückers Rede, welcher laut der hauptstädtischen Justiz eine Zustimmung zum „völkerrechtswidrigen Überfalls Russland (sic!) auf die Ukraine“ impliziere.


    Der vom Gericht zitierte Redeausschnitt, auf dessen Grundlage die rechtskräftige Verurteilung zur Geldstrafe von 2.000 Euro oder ersatzweise 40 Tage Haft plus Übernahme der Verfahrenskosten beruht, lautet:

    „Mir ist unbegreiflich, dass die deutsche Politik wieder dieselben russophoben Ideologien unterstützt, auf deren Basis das Deutsche Reich 1941 willige Helfer vorfand, mit denen man eng kooperierte und gemeinsam mordete.


    Alle anständigen Deutschen sollten vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, der Geschichte von Millionen ermordeter Juden und Abermillionen ermordeter Sowjetischer Bürger im 2. Weltkrieg jegliche Zusammenarbeit mit diesen Kräften in der Ukraine zurückweisen. Auch die von diesen Kräften in der Ukraine ausgehende Kriegsrhetorik müssen wir vehement zurückweisen. Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein.


    Wir müssen uns zusammenschließen und uns diesem Irrsinn gemeinsam entgegenstellen.

    Wir müssen offen und ehrlich versuchen, die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen und warum die überwiegende Mehrheit der Menschen in Russland ihre Regierung und ihren Präsidenten darin unterstützen.

    Ich persönlich will und kann die Sichtweise in Russland und die des russischen Präsidenten Wladimir Putin sehr gut nachvollziehen.


    Ich hege kein Misstrauen gegen Russland, denn der Verzicht auf Rache gegen Deutsche und Deutschland bestimmte seit 1945 die sowjetische und danach auch die russische Politik.“

    Damit stimme Bücker, so die Argumentation des Gerichts, „dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine“, um dessen Rechtswidrigkeit er wisse, zu.


    Richterliche Begründung verweist auf „psychisches Klima in der Bevölkerung“

    Weiter heißt es in der Begründung, die die NachDenkSeiten aus Gründen der Transparenz und Dokumentation im Wortlaut wiedergeben:

    „Ihre Rede hat – wie Sie jedenfalls billigend in Kauf nahmen – angesichts der erheblichen Konsequenzen, die der Krieg auch für Deutschland nach sich zieht, der Drohungen seitens der russischen Staatsführung konkret gegenüber Deutschland als NATO-Mitglied für den Fall der Unterstützung der Ukraine und nicht zuletzt angesichts der Präsenz Hunderttausender Menschen aus der Ukraine, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben, das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima in der Bevölkerung aufzuhetzen.“

    Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Allein der Aufruf eines Friedensaktivisten, auch mal zu versuchen, die russische Perspektive in dem Konflikt einzunehmen („die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen“), wird als Billigung eines „Verbrechens der Aggression“ gewertet, welches „das psychische Klima in der Bevölkerung“ aufhetze.


    Mal abgesehen vom sprachlichen Murks, des angeblichen Aufhetzens eines psychischen Klimas (hä?), kann man sich nur der Einschätzung von Rüdiger Göbel anschließen, der in einem Beitrag für die junge Welt die richterliche Begründung mit Verweis auf das „psychische Klima in der Bevölkerung“ als „hanebüchen“ charakterisierte.


    Noch absurder erscheint allerdings der zweite Argumentationsstrang, die Rede Bückers hätte „das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern“. Ich wage die These, nicht die Rede des Berliner Friedensaktivisten, sondern das Urteil des Berliner Amtsgerichts hat das Potenzial, das Vertrauen in den Rechtsstaat (noch weiter) zu erschüttern.


    Die gesamte 12-minütige Rede Bückers in Wort und Bild kann man hier einsehen:

    https://www.google.com/search?q=%22Wir+vergessen+nicht!+Sowjetisches+Ehrenmal+Berlin+%E2%80%93+Heiner+B%C3%BCcker,+Coop+Anti-War+Caf%C3%A9%22&rlz=1C5CHFA_enDE908DE908&oq=%22Wir+vergessen+nicht!+Sowjetisches+Ehrenmal+Berlin+%E2%80%93+Heiner+B%C3%BCcker,+Coop+Anti-War+Caf%C3%A9%22&aqs=chrome..69i57.1849j0j4&sourceid=chrome&ie=UTF-8


    Werte Leser, wie bewerten Sie den Vorfall? Schreiben Sie uns gerne: leserbriefe@nachdenkseiten.de


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    In Kiew zehn Stunden am Tag kein Strom – Bürgermeister Klitschko schließt Evakuierung der Bevölkerung nicht aus


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    Audio-Podcast Erosion der Demokratie Friedenspolitik


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    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Forderung für zentrale Demo dahin wo die neue Leo-Kriegseskalation trainiert wird: Kriegszentrale Munster!

    aus e-mail von Heinz-Dieter Braun, 30. Januar 2023, 2:12 Uhr


    Bitte JETZT n der Friedensbewegung weiterleiten - diskutieren - und zeitnah organisieren !!


    liebe FriedensfreundInnen 


      z.Z. wird die Nord-Friedenskonferenz für 25.2.23 in Bremen vorbereitet. Es ist richtig dort wichtige Fragen zu diskutieren.  Und diese Konferenz muss ein praktisches Ergebnis haben:  gemeinsam dort zu protestieren, wo ganz besonders die nächste Eskalationsstufe trainiert wird.     Das ist im größten BW-Heeresstandort Munster. Dort sollen in Kürze ukrainische Soldaten am Leopard 2 geschult werden.   Wir schlagen vor, baldmöglichst alle gemeinsam in der Militärstadt Munster zu demonstrieren.


    Die Landkreise Celle und Heidekreis sind die am stärksten militarisierte Region Deutschlands: "Seit dem 1. Weltkrieg dreht sich hier viel um Panzer. Rheinmetall in Unterlüß produziert die Mordfahrzeuge, die Panzertruppenschule im größten BW-Heeresstandort Munster ist die Fahrschule, Europas größter Truppenübungsplatz zwischen Bergen und Bad Fallingbostel ist der Kriegstrainingsplatz und ausgediente Exemplare sind nach erfolgtem Kriegseinsatz im Panzermuseum Munster zu bewundern."


    Seit 1992 fordern Gewerkschaften und Bürgerinitiativen für Europas größten TrÜbPlatz eine neue soziale ökologische nicht-militärische Wirtschaftsstruktur und es gibt ein Konzept hier viele zivile Arbeitsplätze zu schaffen. "Abrüstung JA - arbeitslos NEIN !"


     Stattdessen sollen jetzt - finanziert aus der 100 Mrd Sonderverschuldung - in Oerbke/ Bad Fallingbostel 2 neue Panzerbataillione stationiert werden. Und dazu soll auch die dortige zentrale Flüchtlingsaufnahme geschlossen werden.   Hier sind entscheidende Orte für Aufrüstung, Kriegseskalation und übler Propaganda: Rheinmetall Unterlüß, Panzertruppenschule Munster, TrÜbPlatz bei Bad Fallingbostel.      Liebe FriedensfreundInnen im Norden:  Führen zeitnah eine zentrale Demo in Munster durch! Tragen wir Frieden in die ewige Kriegsstadt Munster !!


    P.S:  da ist obendrein der ehem. Kriegsdienstverweigerer und heutige SPD-Vors. MdB Lars Klingbeil zuhause.


    H-D Charly Braun Gewerkschaftliche Initiative für Frieden und Militär- und Rüstungskonversion

    .................................................................................................................


    Initiator dieser Aufforderung ist Fritz Patzelt von der Friedensaktion Lüneburger Heide:


    Hallo Friedensbewegung! Ich habe den Eindruck: je mehr der Krieg in der Ukraine eskaliert,je mehr rote Linien überschritten werden,je größer die Gefahr eines Weltkrieges wird, umso weniger hört man/frau von der (einstmals?) existierenden Friedensbewegung. Ich weiß, dass es vielen so geht wie mir:  ohnmächtig, ja fast gelähmt, wartet man/frau auf die nächste Eskalationsstufe. Es ist ja gar nicht mehr die Frage, ob noch "schwerere" Waffen wie Jagdbomber, U-Boote oder Langstreckenraketen in die Ukraine geliefert werden, sondern die Frage ist, wann werden diese Waffen geliefert. Dabei ist eine Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land gegen das Liefern von Panzern und ähnlichem "Gerät". Und weil diese Mehrheit medial nicht stattfindet, ist es umso mehr die Aufgabe der Friedensbewegung, dieser Mehrheit eine Stimme zu geben. Als ich las, dass in Munster in der Heide ukrainische Soldaten am Leopard 2 trainiert werden sollen, war mein erster Gedanken, genau dort, im Herzen des deutschen Militarismus, eine Demonstration zu organisieren, um die Ablehnung solch direkter Kriegsbeteiligung auf die Straße zu bringen. Ich appelliere an alle, die es Ernst damit meinen, diesen Krieg zum Stillstand zu bringen, zu überlegen, ob wir so eine Demo in Munster zusatnde bringen. Nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Auf der Straße, nicht in Hinterzimmern, ist der Platz der Friedensbewegung.

    Fritz Patzelt, Walsrode


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Pazifismus heute

    das-blaettchen.de, 30. Januar 2023, 26. Jahrgang | Nummer 3 | von Stephan Wohanka


    Zitat: Jürgen Grässlin muss man nicht kennen. Und das trotz der Zuschreibung, er sei der „bekannteste Pazifist und Rüstungsgegner des Landes“. Als solcher war er Gegenstand eines Textes in einer der letzten Ausgaben eines Nachrichtenmagazins. Ein Reporter begleitete ihn über Monate und schreibt, Grässlin sei gegen jeden Krieg; auch gegen solche, die den Segen der UNO hätten und solche, die das Völkerrecht brächen. Sozusagen als Quintessenz Grässlinschen Denkens kommt der Autor des Beitrages zum Schluss, „Grässlin hätte wohl auch Adolf Hitler gewähren lassen…“. Dieser Gesinnungspazifismus, jegliche Form von Gewalt ablehnend, will folglich Kriege verbieten, Streitkräfte abbauen, Rüstungsproduktion und Waffenexporte einstellen. Keine Gewalt. Nie und nirgends. Da irritiert beinahe, dass manche in Grässlin einen „militanten“ Pazifisten sehen.


    Die Geister schieden und scheiden sich so immer noch an Hitler, seinem Vernichtungskrieg gegen „Untermenschen“ und Juden; der Name des zur Metapher geronnenen Todeslagers Auschwitz steht dafür. Es war der damalige CDU-Familienminister Heiner Geissler, der 1983 darauf bestand, dass „der Pazifismus der 30er-Jahre – der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben – dieser Pazifismus der 30er-Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht“. Dass diese Behauptung Blödsinn ist, liegt auf der Hand. Ideeller Anknüpfungspunkt der Vernichtung war und ist auch heute noch, leider, Menschenhass, Antisemitismus und nicht Pazifismus. Geisslers Unworte brachten darüber hinaus damals Pazifisten und namentlich junge Menschen der Friedensbewegung gegen die anstehende Nachrüstung („Pershing 2“) in eine gedankliche Nähe des Geschehens um Auschwitz.


    Auch Joschka Fischer, damaliger bündnisgrüner Außenminister, begründete 1999 den Kosovo-Einsatz der Bundeswehr mit Auschwitz: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“ Er führte die deutschen Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg als Rechtfertigung für einen Krieg an – vorher galten sie eher als Argument gegen Krieg. Sowohl die Nachrüstungsdebatte als auch der Kosovo-Einsatz veränderten, wie in Deutschland über Krieg und Frieden gesprochen wird – nämlich häufig mit ethischem Impetus, mit einem emotionalisierten Moralismus.


    In der Konklusion kann man sicherlich festhalten, dass entgegen dem Gesinnungspazifismus Grässlinscher Prägung es richtig und geboten war, Hitler mit überlegener militärischer Macht in den Arm zu fallen und ihm und seinen Mordbuben den Garaus zu machen. Und ob eine derartige bewaffnete Intervention nicht hätte viel früher erfolgen müssen; mindestens schon 1939 nach dem Überfall auf Polen ist eine Frage, die ich hier nicht weiter verfolgen will…


    Pazifisten hatten und haben es heute auch deshalb schwer, Stellung zu beziehen, weil sich das Wesen der Kriege und der (internationalen) Gewaltanwendung seit Ende des Kalten Krieges verändert haben; man muss nur einige Namen aufrufen, von denen einige schon wieder dem Vergessen anheim fielen, wie Osttimor, Srebrenica, Ruanda, Afghanistan. Innerstaatliche Krisen nahmen zu, Konfliktlinien verschwammen und machten es schwerer zu erkennen, wer Täter ist, wer Opfer. International agierende Terrornetzwerke verüben Anschläge; Kriege wurden unübersichtlicher. Aber deshalb nicht weniger grausam für Zivilisten. Was sagten Pazifisten den Syrern, die nach militärischer Unterstützung des Westens riefen oder heute den gegen das Mullah-Regime protestierenden Iranern? – war und ist es angesichts solcher Massaker nicht feige und naiv zu glauben, jeder Konflikt lasse sich gewaltfrei lösen? Und setzt Frieden nicht voraus, dass Menschen nicht getötet werden und nicht vertrieben werden, dass Frauen nicht vergewaltigt werden, dass Kinder nicht entführt werden?


    Nun gibt es einen Krieg, bei dem eindeutig Opfer und Täter auszumachen sind. Ob der Eindeutigkeit der russischen Aggression gegen die Ukraine argumentieren die unterschiedlichen politischen Milieus – bis auf Ausnahmen – politisch; Raum für einen politischen Pazifismus. Dieser geht vom Primat der Politik aus; das heißt, er strebt grundsätzlich diplomatische Lösungen an. Er erkennt aber auch an, dass es Bedrohungen gebe, die einen Waffengang, als ultima ratio, nötig machten. Der Begriff der ultima ratio stammt aus dem Dreißigjährigen Krieg – und in diesem Zusammenhang wurde er meist auch in der Folgezeit verstanden. Der preußische König Friedrich II. verfügte 1742, alle Kanonen mit dem Schriftzug „Ultima ratio regis“ – das letzte Mittel des Königs – zu versehen; was den politischen Charakter der Sentenz unterstreicht. Konflikte sollten mit politischen und rechtlichen Instrumenten gelöst werden; das Völkerrecht, der Internationale Strafgerichtshof und Organisationen wie das Internationale Rote Kreuz sind solche Instrumente. Beispielsweise hatten Genozide wie der in Ruanda politische Folgen in Gestalt der „responsibility to protect“, einer Verabredung der internationalen Staatengemeinschaft, Menschen zu beschützen. Sie erlaubt kollektive Maßnahmen, um Völkermord und vergleichbar schwere Verbrechen zu verhindern und wird als Rechtfertigung für humanitäre Interventionen und Einsätze zum Schutz von Menschenrechten bemüht, aber auch missbraucht.


    Es zeichnen sich, grob gesagt, zwei ernst zu nehmende Lager ab; abseits dieser existieren natürlich extreme Auffassungen, die jedoch nach heutiger (militärischer) Lage kaum Realisierungschancen haben. Beide Lager eint, dass sie grundsätzlich für eine politische Lösung, ein Ende des Krieges am Verhandlungstisch eintreten. Wobei das in gewisser Weise eine Binsenweisheit ist, denn solange eine Kriegspartei nicht kapitulieren muss und so ihr die Friedensbedingungen diktiert werden können – Deutschland „durfte“ ja zweimal dieses Prozedere durchmachen –, bleibt nur ein über Gespräche erreichter Kompromiss als Ausweg aus dem Krieg.


    Die Differenz zwischen beiden Auffassungen liegt in den Maßnahmen, die den Weg zu der politischen Lösung eröffneten. Das eine Lager plädiert als Voraussetzung für eine politische Lösung für Waffenlieferungen an die Ukraine, die hinreichend umfangreich sein sollten, um die russische Besatzung vom ukrainischen Territorium (weitgehend) zurückzudrängen. Namentlich CDU und FDP, aber auch Teile der Bündnisgrünen vertreten das. So entstand ein Druck, aus dem heraus sich immer mehr Staaten für Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden. Diese Haltung folgt der Maxime, dass „Kriege fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden (werden)“. Die ultima ratio dominiert, das pazifistisch-politische Moment tritt dahinter zurück.


    Das andere Lager ist der Auffassung, der Ukraine keine Waffen zu liefern, sie humanitär zu unterstützen. Vertreten wird diese Sicht namentlich von kulturellen und zivilgesellschaftlichen Milieus. Es sollten alle diplomatischen Chancen zur schnellen Beendigung des Krieges ergriffen werden. Unterschwellig schwingt in mancher der Appelle mit, die Ukraine möge sich doch ergeben und in eine „soziale Verteidigung“, so Grässlin, übergehen; also in einen „klugen und gut organisierten zivilen Widerstand“. Etwas ratlos zeigt man sich, da gegenwärtig keine der beiden Kriegsparteien zu diplomatischen Gesprächen bereit ist. Darüber hinaus gibt es Stimmen, die davon ausgehen, bei Russlands Ukrainekrieg handele es sich um einen Stellvertreterkrieg; Stimmen, die im Osten Deutschlands besonders präsent sind; Noten wie „kremlnah“ oder „putinfreundlich“ werden vorschnell erteilt. Das pazifistisch-politische Moment ist alleinige Maxime.

    Welchem Lager man zuneigt, liegt wohl auch darin begründet, wie man persönlich den Ukrainekrieg wahrnimmt – als russischen Angriff zur Vernichtung der Ukraine, desgleichen auf die europäische Friedensordnung, auf die „freie“ Welt, der die Ukraine schon zugeschlagen wird oder aber als Krieg, der möglichst schnell zu beenden wäre bei einem Interessenausgleich zwischen den Parteien oder gar nur als „schlichten“ Krieg zwischen zwei Nachbarländern, der uns wenig oder gar nichts anginge. Man muss diese Frage nicht auf die Höhe von „Hitler gewähren lassen“ heben; eine brisante ist sie dennoch… denn die Konsequenzen können größer sein als die Kampfhandlungen in der Ukraine.


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    Info: https://das-blaettchen.de/2023/01/pazifismus-heute-64574.html


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    30.01.2023

    Im Kriegsfall ganz vorn   Für den Fall einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges hält Berlin im Rahmen der NATO-„Speerspitze“ rund 8.000 Bundeswehrsoldaten in direkter Marschbereitschaft.

    german-foreign-policy.com, 30. Januar 2023

    BERLIN (Eigener Bericht) – Im Fall einer etwaigen Ausweitung des Ukraine-Krieges zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO würden aktuell deutsche Soldaten als erste an die Front geschickt. Die Bundeswehr führt in diesem Jahr die sogenannte NATO-Speerspitze (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF), deren offizielle Aufgabe es ist, innerhalb von weniger als 72 Stunden „als erste Kräfte schnell und schlagkräftig“ intervenieren zu können – bei Bedarf auch in einem Waffengang gegen Russland. Weitere NATO-Truppen würden ihr in hohem Tempo folgen. Ein General der Bundeswehr wird mit der Äußerung zitiert, die VJTF-Verpflichtungen seien wegen der Gefahr, der Ukraine-Krieg könne sich ausweiten, von einer „gestiegene[n] Ernsthaftigkeit“ geprägt. Für verschiedene Einheiten der VJTF stehen zur Zeit rund 8.000 Soldaten der Bundeswehr bereit, darunter Truppen der Land-, Luft- und Seestreitkräfte. Flaggschiff der maritimen Komponente ist eine Fregatte der deutschen Marine, die über Kapazitäten zur U-Boot-Jagd verfügt. Deutsche VJTF-Einheiten haben in den vergangenen Jahren für ihre aktuelle Aufgabe zahlreiche Manöver durchgeführt – für den Krieg gegen einen militärisch prinzipiell ebenbürtigen Feind.


    Zitat: „First responder“

    Am 1. Januar 2023 hat die Bundeswehr für eine Dauer von zwölf Monaten das Kommando über die sogenannte NATO-Speerspitze (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF), die „first responder“ des Militärbündnisses, übernommen. Die Landkomponente der Truppenstruktur besteht aus einem „einsatzbereiten und autark einsatzfähigen militärischen Großverband“ in Form einer „verstärkte[n] multinationale[n] Kampftruppenbrigade“.[1] Insgesamt stehen für die VJTF Land 2023 nach NATO-Angaben 11.500 Soldaten „bereit, um innerhalb weniger Tage aufzumarschieren“ [2] – rund 8.000 davon deutsche Militärs. Im Kriegsfall könnte die NATO diese Brigade noch um zwei weitere ergänzen: die „Speerspitze“ des vergangenen Jahres und die des kommenden, die jeweils auch in erhöhter Bereitschaft bereitstehen. Im Februar 2022 hatte die NATO nach dem russischen Überfall auf die Ukraine erstmals die VJTF in Richtung Südosten verlegt – nach Rumänien. Zu diesem Zeitpunkt stand die Truppe unter französischem Kommando.


    Marschbereit

    Für die „Speerspitze“ 2023 stellt Berlin der NATO eine Vielzahl von Bundeswehreinheiten aus den Organisationsbereichen Heer, Cyber- und Informationsraum, Streitkräftebasis, Zentraler Sanitätsdienst, Luftwaffe und Marine zur Verfügung. Den Kern bildet die Panzergrenadierbrigade 37, die als Leitverband fungiert und ein Drittel der Truppe bildet. Die Soldaten der Einheit werden laut Angaben der Bundeswehr regelmäßig zu Auslandseinsätzen herangezogen; sie waren unter anderem zu Besatzungsaufgaben in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo im Einsatz. 2015 war die Truppe Teil der ersten, deutsch geführten VJTF; 2020 war sie im Rahmen der enhanced Forward Presence in Litauen stationiert.[3] Ihr Kommandeur, Brigadegeneral Alexander Krone, wird für dieses Jahr zum Befehlsgeber der Landkomponente der NATO-Eingreiftruppe. Beteiligt sind auch das Panzerbataillon 393, das Panzerpionierbataillon 701, das Artillerielehrbataillon 345, das Versorgungsbataillon 131 sowie die Transporthubschrauberregimente 30 und 36. Das Hauptquartier für die VJTF-Landkomponente stellt das I. Deutsch-Niederländische Corps. Zum ersten Mal führt Deutschland im Rahmen der VJTF zudem die Spezialeinheiten der NATO.[4] Zu deren Aufgabenprofil gehören verdeckte Operationen an Parlament und Öffentlichkeit vorbei. Im Rahmen der VJTF 2023 operieren nicht zuletzt auch mehrere deutsche Kriegsschiffe, etwa die Fregatte Mecklenburg-Vorpommern, die mit 210 Soldaten für die nächsten sechs Monate das Flaggschiff der VJTF-Marinekräfte sein wird.[5]


    Digital vernetzt

    Eklatante Pannen des Schützenpanzers Puma, der eigentlich für die VJTF 2023 vorgesehen war, hatten im Vorfeld der Übernahme der NATO-Speerspitze 2023 Debatten und scharfe Kritik an der Ausrüstung der Bundeswehr ausgelöst und dazu geführt, dass der Puma durch den erheblich älteren Schützenpanzer Marder ersetzt werden musste. Ein Bundeswehrgeneral gibt sich nun trotz der „Gurkentruppen-Debatte“ zufrieden: Es sei noch Luft nach oben, aber die Ausstattung sei „inzwischen wirklich gut“. Die deutschen VJTF-Einheiten hätten „fast alles an Material“, was sie brauchten.[6] Zur selben Einschätzung war die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, bereits nach einem Truppenbesuch im Sommer 2021 gekommen: Bei der Ausrüstung der Soldaten, aber auch bei „Großgerät“ und Digitalisierung „geht es voran“, erklärte sie; besonders „erfreulich“ seien die Fortschritte bei der Einführung des Battle-Management-Systems, das ein „wesentliche[r] Baustein für einen einsatzbereiten, digital vernetzten multinationalen Gefechtsverband“ und ein Schlüsselprojekt bei der Digitalisierung des Krieges sei.[7]


    Auftrag: „Kriegstauglich“

    Auch die Kampf-, Transport- und Evakuationshubschrauber sind nach Angaben der Bundeswehr einsatzbreit. Zu ihnen zählt der Kampfhubschrauber Tiger, der – wie ein Experte konstatiert, „durchaus“ im Unterschied zu „den Einsatzgrundsätzen anderer Staaten“ – dazu gedacht ist, „im Gefecht am tiefsten in den Raum des Gegners einzudringen“. Die Aviation Task Force der VJTF sei voll darauf ausgerichtet, „kriegstauglich“ zu sein, heißt es.[8] Das Flaggschiff der maritimen Komponente der NATO-„Speerspitze“ gehört der Brandenburg-Klasse an, die nicht zuletzt für die U-Boot-Jagd konzipiert ist – eine Schlüsselfähigkeit im Kontrollkampf um die transatlantischen Nachschubrouten über den Atlantik, die jederzeit über die Nord- und die Ostsee weitergeführt werden können, um Nachbarstaaten der Ukraine zu erreichen.[9] Die Logistik-Einheiten geben an, für die VJTF 25.000 Ersatzteile im Wert von 10 Millionen Euro sowie 90.000 Liter Kraftstoff und 600 Tonnen Munition für Handwaffen, Panzer und Haubitzen bereitzuhalten.[10]


    Bereit für den Bündnisfall

    Im Zuge ihres mehrjährigen Vorbereitungs- und Zertifizierungsprozesses haben die VJTF-Bundeswehreinheiten wiederholt und intensiv Szenarien geprobt, die in einem etwaigen Krieg gegen Russland zur Anwendung kommen könnten.[11] Das Heer gibt an, im Mittelpunkt einer Manöverserie hätten unter anderem das „Angreifen von Truppenverbänden“ sowie „der Kampf bei Nacht“ gestanden.[12] In Militärkreisen ist die Rede von „großen Marschkolonnen“.[13] Das Manöver „Wettiner Heide 2022“, das ebenfalls der Vorbereitung auf die NATO-„Speerspitze“ diente, war nach Angaben der Bundeswehr die „größte Übung der Landstreitkräfte seit langer Zeit“: „Der Kern der Übung ist das Gefecht. Klassisch stehen sich zwei Parteien gegenüber“.[14] Unterstützt durch NATO-Verbündete trainierte die deutsche Armee Märsche mit Gewässerübergang [15] sowie weitreichendes „Steilfeuer“ der Artillerie über 40 Kilometer – und „synchronisiert[e]“ dabei die Nationen der multinationalen VJTF „im scharfen Schuss“ [16]. Deutsche Soldaten trainierten, hieß es, „feindliche Kampfpanzer und andere gepanzerte Ziele […] zu bekämpfen“ [17]. Bei der Zertifizierungsübung des I. Deutsch-Niederländischen Corps wurde der NATO-Bündnisfall nach Artikel 5 (Beistandsplicht) geprobt; der Schwerpunkt der Übung lag unter anderem auf „der Befähigung zu hochintensiven Kampfhandlungen“: „Immer mit der Annahme, einem ähnlich starken Gegner gegenüberzustehen“.[18]

     

    [1] Deutsches Heer bereit für NATO-Eingreiftruppe 2022-2024. bundeswehr.de 25.02.2022.

    [2] Germany takes the lead for NATO’s high readiness force. nato.int 28.12.2022.

    [3] Panzergrenadiere stehen mit Marder für NATO bereit. bundeswehr.de 12.01.2023.

    [4] VJTF (Very High Readiness Joint Task Force ) 2023: Bundeswehr führt erstmals Hauptquartier für Spezialkräftemissionen. bundeswehr.de 05.12.2022.

    [5] Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ läuft zum NATO-Verband aus. Presse- und Informationszentrum der Marine, 30.12.2022. German frigate Mecklenburg-Vorpommern joins Nato’s VJTF. naval-technology.com 05.01.2023.

    [6] Deutsches Heer bereit für die VJTF (Very High Readiness Joint Task Force ) 2023. bundeswehr.de 05.01.2023.

    [7] Besuch des Stabs Panzergrenadierbrigade 37 und des Panzerpionierbataillons 701. bundestag.de 16.06.2021.a

    [8] Reinhard Wolski: VJTF(L) Aviation Task Force einsatzbereit. behoerden-spiegel.de 20.01.2023.

    [9] Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ läuft zum NATO-Verband aus. Presse- und Informationszentrum der Marine, 30.12.2022.

    [10] „Eine schraubt immer“: Drei Versorgungskompanien für mehr als 10.000 Soldaten. bundeswehr.de 21.06.2022.

    [11] Deutsches Heer bereit für NATO-Eingreiftruppe 2022-2024. bundeswehr.de 25.02.2022.

    [12] Deutsches Heer bereit für die VJTF (Very High Readiness Joint Task Force ) 2023. bundeswehr.de 05.01.2023.

    [13] Heeresflieger einsatzbereit für die VJTF (Very High Readiness Joint Task Force ) 2023. bundeswehr.de 13.12.2022.

    [14] Feuerkommandos auf Deutsch, Lettisch, Englisch. bundeswehr.de 01.06.2022.

    [15] Deutsches Heer bereit für NATO-Eingreiftruppe 2022-2024. bundeswehr.de 25.02.2022.

    [16] Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ läuft zum NATO-Verband aus. Presse- und Informationszentrum der Marine, 30.12.2022.

    [17] Panzergrenadiere stehen mit Marder für NATO bereit. bundeswehr.de 12.01.2023.

    [18] Als NATO Response Force zertifiziert. bundeswehr.de 10.11.2022.a


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9146


    unser Kommentar: ..und abermals heißt es: "Germans to the Front"?


    unser weiterer Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Exklusiv Corona-Pandemie 13,1 Milliarden Euro für Impfdosen

    tagesschau.de, vom Stand: 26.01.2023 17:00 Uhr, Von Markus Grill, NDR/WDR

    Die bisherigen Corona-Impfstoff-Bestellungen haben 13,1 Milliarden Euro gekostet, das hat der Bund erstmals eingeräumt. BioNTech/Pfizer und Moderna hatten die Preise 2021 um rund 50 Prozent erhöht, wie aus Dokumenten hervorgeht, die NDR, WDR und SZ einsehen konnten.


    Zitat: Im Jahr 2020 verhandelte die EU-Kommission mit verschiedenen Pharmakonzernen über die Lieferung von Corona-Impfstoffen. Die Verträge, die schließlich geschlossen wurden, sind geheim und bis heute sind nur bruchstückhaft Preise der Impfstoffe durchgesickert.


    NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) liegt nun erstmals eine detaillierte Bestellübersicht der Bundesregierung für die einzelnen Impfstoffe vor, aus der die genauen Preise, Mengen und Bestelldaten hervorgehen. Das Gesundheitsministerium teilte erstmals auf Anfrage mit, dass bisher Impfstoff-Dosen im Wert von 13,1 Milliarden Euro bestellt wurden.


    Massive Preisunterschiede

    Am günstigsten war die Firma AstraZeneca, die ihren Impfstoff gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hat - wobei die Uni darauf gedrungen hatte, den Impfstoff quasi zum Selbstkostenpreis abzugeben. Hier bestellte der Bund bereits am 27. August 2020 mehr als 56 Millionen Dosen zum Preis von rund 2,30 Euro pro Impfdosis.

    Am meisten verlangte der US-Konzern Moderna, für den bei einer Bestellung im September 2021 knapp 30 Euro pro Impfdosis festgelegt wurde. Der Impfstoff von Johnson&Johnson kostet rund sieben Euro, bei Novavax beträgt der Preis für eine Dosis rund 18,20 Euro.


    In der Pandemie Preise erhöht

    Auffällig sind die Preissteigerungen der Firmen Pfizer/BioNTech und Moderna mitten in der Pandemie. So hat Deutschland im Dezember 2020 knapp 39 Millionen Impfdosen bei BioNTech zum Preis von rund 15,50 Euro pro Dosis bestellt. Neun Monate später, als die Regierung weitere 168 Millionen Impfdosen bestellte, kostete die Einzeldosis im Schnitt bereits rund 23,20 Euro - ein Anstieg um rund 50 Prozent. 


    Ähnlich war auch die Preispolitik der US-Firma Moderna. Hier bestellte die Bundesrepublik am 23. Dezember 2020 knapp 15 Millionen Impfdosen zum Preis von rund 19,50 Euro pro Dosis. Drei Monate später lagen die Kosten im Schnitt bereits bei rund 29,70 Euro pro Dosis - ebenfalls eine Preiserhöhung um rund 50 Prozent. Die Firma Moderna beantwortete Fragen zum Preis nicht, BioNTech teilte auf Anfrage lediglich mit: "Verlassen Sie sich nicht auf Informationen, die nicht nachgeprüft werden können (die Preisangaben können wir nicht nachvollziehen)".


    Milliardengewinne bei BioNTech

    BioNTech-Chef Ugur Sahin erklärte noch im Jahr 2020, dass "kein Unternehmen" mit dem Corona-Impfstoff "sich eine goldene Nase verdienen wird." Im Jahr darauf machte BioNTech allerdings einen Nettogewinn von 10,3 Milliarden Euro und in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 waren es weitere 7,1 Milliarden Euro.

    Aus der Pharmabranche heißt es dazu, das Mainzer Unternehmen habe jahrelang mehr Geld ausgegeben als eingenommen, um neue Medikamente zu erforschen. Das sei nun der Lohn dafür. Und diesen Lohn wolle Firmenchef Sahin in der Erforschung neuer Medikamente stecken. Sahin gehe es nicht um persönliche Profite. Die Preissteigerungen lägen auch daran, dass Deutschland und die EU in den Verträgen teure Auflagen hineingeschrieben hätten. Das habe man sich einfach über einen höheren Preis absichern müssen.


    Rendite finanziert Forschung

    Han Steutel, Präsident des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa), sagt zwar, dass er nichts zu den Preisen sagen könne, weil die geheim seien und er sie nicht kenne, aber "die Renditen in der Pharmaindustrie müssen hoch sein, denn das Risiko in Forschung und Entwicklung ist extrem hoch". Wenn die Renditen nicht hoch seien, "würde keiner diese Aktien kaufen."

    Steutel verweist darauf, dass sich der Preis für einen Impfstoff oder ein Medikament nicht nur an den Herstellungskosten und den Forschungs- und Entwicklungskosten orientieren, sondern auch daran, welchen "Wert" das Mittel "für die Gesellschaft" habe. "Schauen Sie, wir haben unser normales Leben wieder zurück. Und der Preis, den wir dafür zahlen, ist eigentlich äußerst gering."


    Warum die Preiserhöhungen?

    Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, hält Preise, die Moderna oder BioNTech für ihre Impfstoffe verlangt hätten, nicht grundsätzlich für anstößig, weil sie durchaus vergleichbar seien etwa mit Influenza-Impfstoffen. Was Ludwig aber stört, sind die Preissteigerungen mitten in der Pandemie. "Ich halte das eigentlich für unseriös, angesichts der wirtschaftlichen Umsätze hätte man bei dem alten Preis bleiben können." Es sei allerdings so, dass "wir die Impfstoffe brauchten" und "die Pharmakonzerne diese Preise eben durchsetzen konnten". 

    Aus dem Bundestag kommt dagegen deutliche Kritik an den Preissteigerungen. Der Arzt und Abgeordnete Stephan Pilsinger (CSU) sagt: "Wenn das so stimmt, dann bin ich der Meinung, dass das völlig ungerechtfertigt ist. Die Bundesregierung hätte sich auf solche Deals nicht einlassen sollen."


    Details bleiben geheim

    Die genauen Preise für die Impfstoffe liegen inzwischen in der so genannten Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags. Addiert man die Bestellungen bis Dezember 2021, dem Ende der Amtszeit von Gesundheitsminister Jens Spahn, kommt man auf einen Wert von 10,05 Milliarden Euro. In der Amtszeit von Karl Lauterbach bis heute ist auch dieser Wert noch mal gestiegen. "Der Gesamtwert der Bestellungen beläuft sich auf ca. 13,1 Milliarden Euro brutto", wie das Ministerium gegenüber NDR, WDR und SZ bestätigt.


    Selbst der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, der CDU-Politiker und ehemalige Chef des Kanzleramtes, Helge Braun, räumt ein, dass ihm "weder die individuellen Dosis-Preise der verschiedenen Impfstoffe bekannt sind noch die weiteren Vertragsklauseln." CSU-Gesundheitspolitiker Pilsinger fordert, dass die Bundesregierung "umgehend und sofort vollumfänglich alle Zahlen auf den Tisch legen sollte".


    Forderungen nach Transparenz

    Rolf Blaga, Leiter der Arbeitsgruppe Medizin und Gesundheit der Nicht-Regierungsorganisation Transparency International, kritisiert ebenfalls die Geheimniskrämerei rund um die Impfstoffverträge. "Die Öffentlichkeit muss darauf vertrauen können, dass die Steuergelder nicht verschwenderisch ausgegeben werden." Zumindest der Rechnungshof müsse vollen Zugang zu den Unterlagen bekommen, um sie zu prüfen, so Blaga. Verschiedene Gesundheits- und Haushaltspolitiker von SPD und Grüne wollten zu den Kosten für die Impfstoffe und der Frage der Transparenz keine Stellung nehmen.


    Hunderte Millionen Dosen bestellt

    Neben der Preispolitik und der Intransparenz der Verträge gerät auch die Menge der bestellten Impfstoffe zunehmend in die Kritik. Gegenüber NDR, WDR und SZ teilt das Ministerium nun mit, dass sich die Bundesregierung seit Beginn der Pandemie insgesamt zur Abnahme von 672 Millionen Impfstoff-Dosen verpflichtet habe. 556 Millionen Dosen davon wurden allein in der Amtszeit von Spahn bestellt.


    Umgerechnet bedeutet das, dass für jeden Einwohner in Deutschland vom Säugling bis zum Greis gut acht Impfstoffdosen zur Verfügung stehen. Selbst Wolf Dieter Ludwig von der Arzneimittelkommission, der vom Nutzen der Corona-Impfung zutiefst überzeugt ist, hält diese Menge "für viel zu hoch". Acht Impfungen pro Person werde man "mit Sicherheit nicht benötigen".


    Impfstoffe im Milliardenwert vor Vernichtung

    Helge Braun, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, geht davon aus, dass Deutschland noch für das laufende Jahr 2023 Abnahmeverpflichtungen bei Corona-Impfstoffen im Wert von zwei Milliarden Euro habe. "Das ist absehbar viel zu viel, sodass mit der Vernichtung eines Großteils der Lieferung gerechnet werden müsste", sagt Braun. "Das ist aus meiner Sicht nicht nur hinsichtlich der Kosten furchtbar, sondern auch wegen des Ressourcenverbrauchs unethisch."


    Der allergrößte Teil der Impfstoffe wurde in der Zeit der großen Koalition von Gesundheitsminister Jens Spahn bestellt. Der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach bemüht sich nach eigenen Angaben wie auch andere EU-Gesundheitsminister seit einigen Wochen darum, die Bestellungen bei den Herstellern deutlich zu reduzieren - allerdings ist das bisher nur für 11,3 Millionen Dosen gelungen. Könnte man die Impfstoffe aber nicht einfach an ärmere Länder spenden? Darum bemühe man sich "selbstverständlich" heißt es im Gesundheitsministerium. "Das globale Angebot an Covid-19-Impfdosen übersteigt allerdings derzeit bei weitem die Nachfrage."



    Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 26. Januar 2023 um 17:00 Uhr.


    Exklusiv 04.06.2021 - 18:00 Uhr Corona-Pandemie Kostenexplosion bei "Bürgertests"

  • 28.06.2022 - 09:23 Uhr Kosten für Corona-Tests Krankenkassen fordern Ausgleich vom Staat
  • Exklusiv 04.04.2022 - 18:00 Uhr Testcenter statt Schule Der achtmal teurere Coronatest
  • 17.06.2021 - 01:17 Uhr Kritik des Bundesrechnungshofs Viel zu viele Schutzmasken gekauft

  • Info: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-impfstoff-kosten-101.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE




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    Treu und Glauben


    de.wikipedia.org, abgerufen am 30. Januar 2023, 17 Uhr


    Treu und Glauben bezeichnet das Sozialverhalten eines redlich und anständig handelnden Menschen, ohne den Begriff näher zu definieren.

    Seinen historischen Ursprung hat der Grundsatz von Treu und Glauben in der bona fides im römischen Recht: Ein römischer Bürger hielt viel auf seine gute Treue; gemeint war damit zum Beispiel seine Zuverlässigkeit und Lauterkeit im Rechtsverkehr.

    Auf den Grundsatz von Treu und Glauben wird bis heute häufig Bezug genommen. Ausgeprägt ist er in den Staaten unterschiedlich. Typisch ist ein Verweis wie etwa im deutschen Schuldrecht: Innerhalb eines Schuldverhältnisses ist der Schuldner nach § 242 BGB verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. In der Schweiz besitzt dieser Grundsatz sogar Verfassungsrang und ist dadurch von umfassenderer Wirkung.


    Deutschland


    Inhalt

    Als Generalklausel ist der Grundsatz von Treu und Glauben abstrakt gefasst. Zur Konkretisierung sind Fallgruppen gebildet worden. Dazu gehört zum Beispiel das Verbot des Rechtsmissbrauchs, das Verbot des vertraglichen Insichwiderspruchs („venire contra factum proprium“) sowie der Dolo-agit-Grundsatz. Die Fallgruppen dienen vornehmlich dazu, diejenigen Sachverhalte aufzufangen, die nicht bereits von einer spezialgesetzlichen Konkretisierung des Grundsatzes erfasst werden. Solche finden sich in den §§ 243 ff. BGB, beispielsweise in der Verpflichtung, bei Gattungsschulden Waren mittlerer Art und Güte zu leisten. Besonders anschaulich ist der Zusammenhang zwischen dem Grundsatz von Treu und Glauben und § 241 Abs. 2 BGB, der klarstellt, dass die Parteien eines Vertrages nicht nur die im Vertrag vorgesehenen Pflichten erfüllen, sondern auch Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils nehmen müssen. Bevor § 241 Abs. 2 BGB im Jahre 2002 ins BGB aufgenommen wurde, wurde der Inhalt dieser Vorschrift allein aus Treu und Glauben abgeleitet (siehe positive Vertragsverletzung).


    Anwendungsbereich

    Prinzipiell ist Treu und Glauben nur innerhalb einer Vertragsbeziehung anwendbar. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 242 BGB. Außerhalb einer Vertragsbindung sind die Schranken für das Handeln des Einzelnen niedriger. Gemäß § 226 BGB ist nur solches Handeln unzulässig, das dazu dient, dem anderen zu schaden (Schikaneverbot). Aus § 826 BGB ergibt sich ferner, dass vorsätzlich sittenwidriges Handeln unzulässig ist. Diese Abgrenzung wird jedoch oft durchbrochen. In vielen Fällen wird der Grundsatz von Treu und Glauben von Lehre und Rechtsprechung auch außerhalb einer Vertragsbindung angewandt. Ein wichtiges Beispiel bildete bis zu ihrer Kodifizierung im BGB im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung die Figur der culpa in contrahendo. § 242 BGB[1], nach welchem der Schuldner verpflichtet ist, seine Leistung so zu erbringen, wie Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte es verlangen, wird auch als „Königsnorm“ des deutschen Vertragsrechts bezeichnet. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung BGHZ 2, 184, auch die Rechtsprechung mit einbezogen: „Höher als der Wortlaut des Gesetzes steht sein Zweck und Sinn. Diesen im Einzelfall der Rechtsanwendung nutzbar zu machen und danach unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Streitfall einer vernünftigen und billigen Lösung zuzuführen, ist die Aufgabe des Richters“.[2]

    Kontroversen bestehen darüber, ob der Grundsatz auch im Öffentlichen Recht und dabei insbesondere im Verwaltungsverfahrens- und im Prozessrecht Anwendung findet.[3] So wird das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Gerichtsverfahrens von vielen aus Treu und Glauben abgeleitet. Zum Teil wird Treu und Glauben auch als elementares Gerechtigkeitsprinzip angesehen, das jede Rechtsordnung beherrscht und die Ausübung von Rechten sowie die Erfüllung von Pflichten in einer Weise verlangt, auf die die andere Seite vertrauen kann.[4]


    Schweiz

    In der Schweizer Rechtsordnung spielt Treu und Glauben eine vergleichbare Rolle, wenn sich auch die gesetzlichen Formulierungen z. T. unterscheiden. Siehe beispielsweise Art. 2 Abs. 1 des schweizerischen Zivilgesetzbuches: „1) Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. 2) Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.“

    In der Bundesverfassung definiert der Artikel 5 Grundsätze rechtsstaat­lichen Handelns das Handlungsprinzip von Treu und Glauben als hohes Rechtsgut für öffentliche Stellen und private Rechtspersonen. Dieser Artikel ist Bestandteil des 1. Titels Allgemeine Bestimmungen und steht noch vor den Grundrechten (Art. 5). Nach der Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts beinhaltet der aus Bundesverfassung abgeleitete Grundsatz von Treu und Glauben auch das Gebot redlichen, vertrauenswürdigen und rücksichtsvollen Verhaltens. Das schweizerische Bundesgericht hat daher Art 2 ZGB wegen der besonderen Leitfunktion auch als „Leitstern der Gesetzesanwendung“ (BGE 83 II 348 f) und als „Schranke aller Rechtsausübung“ (BGE 45 II 398) bezeichnet.

    Diese Normierung wird in der Beziehung von staatlichen Organen zu allen Personen im Artikel 9 im Zusammenhang mit dem „Schutz vor Willkür“ erneut ausdrücklich bekräftigt (Art. 9).


    Österreich

    In Österreich war der Grundsatz Treu und Glauben bereits im ehemaligen Codex Theresianus kodifiziert und fand auf dem Umweg über das deutsche BGB (§ 242 BGB und § 157 BGB) wieder den Weg ins österreichische Recht.[5]

    Der Begriff „Treu und Glauben“, der inhaltlich der im § 914 ABGB erwähnten Übung des redlichen Verkehrs entspricht, beherrscht ganz allgemein das bürgerliche Recht: Der rechtsgeschäftliche Verkehr darf nicht dazu missbraucht werden, einen anderen hineinzulegen, sondern soll sich ehrlich abspielen (HS 2398/69).[6]


    Liechtenstein

    Der Grundsatz von Treu und Glauben hat in Liechtenstein einen übergesetzlichen Rang als allgemeiner Rechtsgrundsatz.[7] Treu und Glauben umfasst dabei das gesamte Handeln im Rahmen des Rechts und hat, neben der ausdrücklichen Erwähnung auch in Art 2 PGR, als grundsätzlicher Rechtssatz und Basis der Rechtsgemeinschaft und Rechtsordnung auch Auswirkung auf alle zivilrechtlichen Bereiche und Normen, insbesondere auch das ABGB, wie umgekehrt zum Beispiel die „Gute-Sitten-Klausel“ in § 879 Abs. 1 ABGB auf das gesamte bürgerliche Recht (§ 1 ABGB) ausstrahlt. Aus der zwingenden Beachtung des „redlichen Verkehrs“ bei der Vertragsauslegung (§ 914 ABGB) wird dieser Grundsatz von Treu und Glauben ebenfalls ersichtlich.

    Aus Art 2 Abs. 1 SR bzw. Art 2 PGR wird zum Beispiel abgeleitet:

    • Auslegung und Regelungsgrenzen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) (siehe auch § 914 ABGB);
    • Ergänzung lückenhafter Verträge (BGE 115 II 488);
    • Vertragliche Aufklärungs- und Informationspflichten (BGE 116 II 519 ff., 119 II 456 ff.);
    • Culpa in contrahendo (BGE 116 II 431 ff.);
    • Vertrauensprinzip in Verträgen (BGE 119 II 177 ff.; 123 III 18 ff, 165 ff.);
    • Vertrauenshaftung (BGE 120 II 331 ff., 121 III 350 ff., 123 III 220 ff, 124 III 297 ff., 130 III 345 ff.);
    • Anpassung von Verträgen an veränderte Umstände (Clausula rebus sic stantibus – BGE 120 II 155 ff., 129 III 618);
    • Gebot schonender Rechtsausübung und Übermaßverbot (BGE 121 III 219 ff.).[8]

    Dieser allgemeinen Rechtsgrundsatz entfaltet daher in Liechtenstein interlegistische Bindungswirkung.[9] Treu und Glauben sind im öffentlich-rechtlichen Bereich auch ein Aspekt des Gleichheitsgebotes (Willkürverbotes) und als solcher ein allgemeiner (in vielen Anwendungsbereichen ungeschriebener) Rechtsgrundsatz.[10] Der Verstoß gegen dieses Vertrauen ist im öffentlichen Bereich ein willkürliches Verhalten in der Regel der Behörde bzw. der Behördenorgane. Inwieweit der Vertrauensschutz auch für den Normunterworfenen und die Behörde gelten soll, ist jedoch in Liechtenstein noch nicht abschließend geklärt.


    Niederlande

    Treu und Glaube werden im niederländischen Recht als allgemeine Richtschnur bei der Auslegung von Gesetzen und Verträgen gesehen.[11] Art. 3:12 des niederländischen bürgerlichen Gesetzbuches (Burgerlijk Wetboek, BW) gibt eine Auslegungshilfe für den Begriff redelijkheid en billijkheid, der sich an verschiedenen Stellen im Gesetz findet und mit „Treu und Glauben“ oder „billigem Ermessen“ zu übersetzen ist (redelijkheid = 'vernünftig' oder 'angemessen').[11] Der Begriff ist auszulegen nach den allgemein anerkannten Rechtsprinzipien, der grundsätzlichen Rechtsstruktur in den Niederlanden und den relevanten sozialen und persönlichen Interessen, die an einer Situation beteiligt sind. Art. 6:248 BW macht redelijkheid en billijkheid zur zentralen Vorschrift für die Rechtsfolgen von Verträgen.


    UN-Kaufrecht

    Im UN-Kaufrecht ist die bona fides („guter Glaube“) als schützenswertes Rechtsgut in Artikel 7 Absatz 1 erwähnt: „Bei der Auslegung dieses Übereinkommens sind sein internationaler Charakter und die Notwendigkeit zu berücksichtigen, seine einheitliche Anwendung und die Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel zu fördern“. Dennoch ist umstritten, ob Verträge, die dem UN-Kaufrecht unterliegen, nach Treu und Glauben auszulegen sind.[12] Während der Entstehung des UN-Kaufrechts wurde die Aufnahme eines weiter gehenden Passus als Einfallstor für nationale Rechtsansichten und Quelle von Rechtsunsicherheit abgelehnt.[13]


    Grundregeln des EU-Vertragsrechts

    Der Begriff Treu und Glauben (engl. good faith, frz. bonne foi, „guter Glaube“) findet sich in Art. 2:101 der Acquis communautaire: Im vorvertraglichen Verkehr müssen Parteien nach Treu und Glauben handeln.[14] Auch Art. 2.1 des Entwurfs zu einem Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht sieht vor, dass die Parteien sich bei ihrer Zusammenarbeit vom Gebot von Treu und Glauben und vom Grundsatz des redlichen Geschäftsverkehrs leiten lassen sollen. Parteien, die sich hieran nicht halten, können ihnen eigentlich zustehende Rechte verlieren, oder schadensersatzpflichtig werden (Art. 2.2). Diese Regelungen sind vertraglich nicht abbedingbar (Art. 2.3).


    Siehe auch


    Literatur

    • Konrad Schneider: Treu und Glauben im Rechte der Schuldverhältnisse des Bürgerlichen Gesetzbuches. Beck, München 1902.
    • Konrad Schneider: Treu und Glauben im Civilprozesse und der Streit über die Prozessleitung. Ein Beitrag zur Beantwortung der Prozessleitungsfrage. Beck, München 1903.
    • Konrad Schneider: Zur Verständigung über den Begriff von Treu und Glauben. In: Archiv für bürgerliches Recht. Bd. 25, 1905, ISSN 0174-8467, S. 269–315.
    • Rudolf Henle: Treu und Glauben im Rechtsverkehr. Vortrag, gehalten am 6. November 1911 zu Bonn im Zyklus der wissenschaftlichen Vorträge des Gustav-Adolf-Frauenvereins. Vahlen, Berlin 1912.
    • Franz Wieacker: Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB (= Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart. 193/194, ISSN 0340-7012). Mohr, Tübingen 1956.
    • Gottfried Baumgärtel: Treu und Glauben, gute Sitten und Schikaneverbot im Erkenntnisverfahren. In: Zeitschrift für Zivilprozeß. Bd. 69, 1956, S. 89–131.
    • Hans-Wolfgang Strätz: Treu und Glauben. 1: Beiträge und Materialien zur Entwicklung von „Treu und Glauben“ in deutschen Privatrechtsquellen vom 13. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (= Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft. NF 15). Schöningh, Paderborn 1974, ISBN 3-506-73315-X.
    • Ernst Zeller: Treu und Glauben und Rechtsmißbrauchsverbot. Prinzipiengehalt und Konkretisierung von Art. 2 ZGB. Schulthess – Polygraphischer Verlag, Zürich 1981, ISBN 3-7255-2135-2 (Zugleich: Zürich, Universität, Dissertation, 1981).
    • Bernhard Pfister: Die neuere Rechtsprechung zu Treu und Glauben im Zivilprozeß (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft. 2341). Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 1998, ISBN 3-631-31810-3 (Zugleich: Regensburg, Universität, Dissertation, 1996/1997).
    • Antonius Opilio: Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht. Band 1: Art. 1 bis Art. 264. Gesetzesstand: Januar 2009. Edition Europa, Dornbirn 2009, ISBN 978-3-901924-23-1 (google books link).
    • Bawar Bammarny: Treu und Glauben und UN-Kaufrecht (CISG). Eine rechtsvergleichende Untersuchung mit Schwerpunkt auf dem islamischen Rechtskreis (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft. 5173). Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2011, ISBN 978-3-631-61470-9 (Zugleich: Heidelberg, Universität, Dissertation, 2010).
    • Bernd Rüthers: Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus. 7., unveränderte, um ein neues Nachwort erweiterte Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2012, ISBN 978-3-16-152058-7.


    Einzelnachweise

    1. Acquis Group: of the Acquis Principles (German, Chapter 1-8) Text of the Acquis Principles, amtliche Übersetzung ins Deutsche, Kap. 1–8, November 2007.

  • Ähnlich auch in Art 6:2 Burgerlijk Wetboek (Niederlande), Art 1134 Code Civil (Frankreich); Art 1337 Codice Civile (Italien). Art 8 EU-Grundrechtecharta und diverse Sekundärrechtsakte (z. B.: Richtlinie 86/653/EWG; Richtlinie 93/13/EWG; Richtlinie 95/46/EG und in der Rsp des EuGH, z. B.: Rs 159/02; 237/02; 82/03 und andere).
  • Absatz und Anmerkungen zitiert nach Antonius Opilio, Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht, Band I, EDITION EUROPA Verlag, 2009; Art 2 SR – Rz 2.
  • Dafür das Bundesverwaltungsgericht (NJW 1974, 2247) und die herrschende Meinung, dagegen z. B. Tiedemann, in: BeckOK VwVfG, 28. Edition Stand: 1. Juli 2015, § 36 Rn. 49.1: Im Verhältnis zum Staat gelte nur das Rechtsstaatsprinzip
  • VG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – 6 K 693/17 –, nrwe.de.
  • Zivilrecht: Grundriss und Einführung in das Rechtsdenken, Kapitel 11 (PDF; 2,1 MB), Univ.-Prof. Dr. Heinz Barta, Universität Innsbruck, 2004
  • OGH: Rechtssatznummer RS0017859, 7. Oktober 1974
  • Antonius Opilio, Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht, Band I, EDITION EUROPA Verlag, 2009; Art 2 SR – Rz 2.
  • Aufzählung weitgehend nach Antonius Opilio, Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht, Band I, EDITION EUROPA Verlag, 2009; Art 2 SR – Rz 3.
  • Antonius Opilio, Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht, Band I, EDITION EUROPA Verlag, 2009; Art 2 SR – Rz 4.
  • Antonius Opilio, Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht, Band I, EDITION EUROPA Verlag, 2009; Art 2 SR – Rz 8.
  • Mincke/Heutger, Einführung in das niederländische Recht, 2. Aufl. 2021, Rn. 88
  • Dagegen: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 8 Rn. 30.
  • Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 101.


  • Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Treu_und_Glauben




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    Transparenzprinzip (AGB-Recht)


    de.wikipedia.org, abgerufen 30. Januar 2023, 17:20 Uhr

    Zur Navigation springen Zur Suche springen Das im deutschen Recht in § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB niedergelegte Transparenzprinzip fordert von demjenigen, der allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in einem Vertrag einbringt (AGB-Verwender), dass er diese so formuliert, dass sich für den Vertragspartner seine Rechte und Pflichten klar aus den AGB ergeben. Es ist eine der zentralen Regelungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wird gegen das Transparenzprinzip verstoßen, sind die AGB insoweit unwirksam.


    Transparenzprinzip und Inhaltskontrolle

    Das Transparenzprinzip ist neben der unangemessenen Benachteiligung eines der zwei Maßstäbe der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle im Rahmen der AGB-rechtlichen Generalklausel des § 307 BGB. Maßstab für die Beurteilung, ob eine Vertragsklausel klar und verständlich und damit transparent ist, soll sein, ob die entsprechende Vertragsbestimmung von einem aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr verstanden werden kann.

    Es werden vor allem drei Fälle von Intransparenz von vertraglichen Klauseln genannt[1]:

    • Unklarheit über das Preis-Leistungs-Verhältnis
    • Der AGB-Verwender behält sich Gestaltungsmöglichkeiten für die Vertragsentwicklung vor und schafft damit für den Vertragspartner unüberschaubare Risiken.
    • Der Verwender der AGB legt seinen Vertragsbeziehungen eine fehlerhafte und/oder undurchsichtige Rechtsauffassung zugrunde.


    Geschichte des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB

    Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kannte bereits vor der Kodifizierung des AGB-Rechts eine Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen anhand des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). 1976 wurde, um den Verbraucherschutz gerade bei vorformulierten Standardverträgen mit dem berühmten "Kleingedrucktem" weiter zu verbessern, das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)[2] erlassen. Es trat am 1. April 1977 in Kraft.

    Die europäische Richtlinie 93/13/EWG[3] (Klausel-Richtlinie) legt in Art. 5 fest, dass Klauseln in Verträgen mit Verbrauchern klar und bestimmt sein sollten. Diese Richtlinien-Vorgabe hielt man in Deutschland zunächst mit dem bereits vorhandenen AGB-Gesetz umgesetzt. Im bis zum 31. Dezember 2001 geltenden AGB-Gesetz war das Transparenzprinzip jedoch nicht ausdrücklich geregelt, vielmehr wurde es von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus den damaligen § 3, § 5 und § 9 AGB-Gesetz (heute § 305c, 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB) abgeleitet. Der Europäische Gerichtshof entschied 2001 allerdings in einem Verfahren gegen die Niederlande[4], dass es einer ausdrücklichen Regelung zum Transparenzprinzip bedürfe. Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung und der damit verbundenen Aufnahme des AGB-Rechts in das BGB wurde daher der heutige § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB eingefügt.


    Siehe auch


    Quellen

    1. EuGH, Urteil vom 10. Mai 2001 – Rs. C-144/99 (Kommission/Niederlande), Slg. I. 2001, 3541 = NJW 2001, 2244


    Literatur

  • Helmut Heinrichs in: Palandt § 307 Randnummer 320 ff.
  • Gesetz vom 9. Dezember 1976 (BGBl. I 1976, S. 3317)
  • Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen


  • Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Transparenzprinzip_(AGB-Recht)



    Weiteres:



    Überraschungsverbot


    de.wikipedia.org, abgerufen am 30. Januar 2023, 17:25 Uhr
    Dieser Artikel befasst sich mit dem Verbot überraschender Klauseln in privatrechtlichen Verträgen; zu dem im Prozessrecht verankerten Verbot von Überraschungsentscheidungen, siehe dort.

    Das Überraschungsverbot (auch Überrumpelungsverbot) ist ein Ausfluss aus dem Vertrauensprinzip, welches sich z. B. auch im Grundsatz von Treu und Glauben wiederfindet.[1]


    Definition

    Da nur das Unerwartete überraschen kann, müssen zum Erreichen der Überraschung subjektive Erwartungen z. B. einer Vertragspartei enttäuscht werden. Erwartungen stützen sich immer auf Informationen.

    Voraussetzung, um von einer Überraschung zu sprechen ist, dass

    1. die überrumpelte Partei von der anderen Partei oder Dritten in deren Auftrag (objektives Element)
      • Informationen vorenthalten werden, oder
      • gezielt falsche Informationen gegeben werden, oder
      • mit Informationen überflutet werden, so dass sie nicht mehr in der Lage ist, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, und die Informationen nicht rechtzeitig bearbeiten und auswerten kann, und
    2. dass die Partei auf die Informationen vertraut und auch vertrauen darf (subjektives Element).

    Im Bereich der Rechtsgeschäfte bedeutet Überraschung einer Partei auch, dass diese dies als Überrumpelung oder Übertölpelung empfindet und Rechtsnachteile entstehen. Dies kann z. B. auch durch Unerfahrenheit entstehen. Die Überraschung einer Partei durch eine andere kann daher unter Umständen als unzulässig angesehen werden (siehe z. B. § 3 dAGBG (aufgehoben) bzw. nun § 305c dBGB[2]) und zur rückwirkenden Vertragsauflösung führen oder zumindest werden solche „Überraschungsklauseln“ nicht Vertragsbestandteil (siehe z. B. § 306 BGB).[3] Es gilt grundsätzlich und gerade zwischen Vertragsparteien die Einhaltung von „Treu und Glauben“ (siehe z. B. § 242 BGB, Art 2 Abs. 1 chZGB oder Art 2 FL-SR bzw. Art 2 FL-PGR) und/oder das Verbot von sittenwidrigen Handlungen (siehe z. B. § 879 öABGB oder § 879 FL-ABGB, explizite Verankerung des Verbots überraschender Klauseln in § 1031 Abs. 5 Satz 3 der dZPO).

    Das Überraschungsverbot ist die Grundlage für das Verbot von Überraschungsentscheidungen bei Rechtsverfahren. Eng mit dem Überraschungsverbot verbunden ist das Transparenzgebot (siehe z. B. § 307 dBGB).


    Literatur


    Einzelnachweise

    1. Siehe auch Christian Spruß in Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im deutschen Recht unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Rechts und des UN-Kaufrechts. S. 289 ff.

    Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

    Kategorien:


  • Siehe auch Antonius Opilio: Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht. Band I, Edition Europa, 2009, Art 2 SR–Rz 2.
  • Martin Schwab: AGB-Recht: Tipps und Taktik. Hüthig Jehle Rehm, Heidelberg / München / Landsberg / Berlin 2007, S. 86, books.google.com

  • Info: https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberraschungsverbot

    29.01.2023

    Volltextfassung des Interviews mit Jürgen Grässlin
    im Neuen Deutschland online vom 27.01.2023

    aus e-mail von Jürgen Grässlin, 29. Januar 2023, 10:38 Uhr


    Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Friedensfreund*innen,


    nach dem fünfseitigen Artikel im SPIEGLE 1/2023 sende ich Ihnen und euch

    nunmehr mein topaktuelles Interview mit dem "Neuen Deutschland" (ND

    28.01.2023, S. 3) und die differenzierte Volltextfassung in der

    ND-Online-Ausgabe (ND 27.01.2023) zu den dramatischen Folgen der

    Leopard-2-Kampfpanzerlieferungen, der ungebremsten Eskalationsspirale im

    Ukraine-Krieg, einem real drohenden atomaren Szenario und dem sich in

    Vorbereitung befindlichen Rüstungsexport-Förderungs-Gesetz der

    Ampelkoalition zu.


    Siehe unten und die beiden ATTACHMENTS.


    Herzlichst


    Jürgen Grässlin, DFG-VK, RüstungsInformationsBüro (RIB e.V.)



    Um den Preis Hunderttausender Toter


    Welche Alternativen zu Kampfpanzern sehen Sie? Ein Gespräch mit dem Rüstungsgegner Jürgen Grässlin

    Ines Wallrodt


    Nato-Staaten liefern jetzt Kampfpanzer an die Ukraine. Hat das für Sie eine neue Qualität?

    In den ersten Monaten des Krieges hieß es seitens der Waffenexport-Befürworter: Wir liefern ausschließlich Verteidigungswaffen. Die damalige Argumentation hat sich als ein Täuschungsmanöver erwiesen. Die nunmehr erfolgenden Lieferungen von Kampfpanzern sind definitiv Exporte von Angriffswaffen. Mit ihnen können vernichtende Schläge auch im Hinterland der russischen Angreifer verübt werden. Zugleich wird eine massive Eskalation des Krieges vorangetrieben, die immense Gefahren birgt.


    Wird Deutschland damit zur Kriegspartei?

    Zumindest stuft Russland den Waffenlieferanten Deutschland als Kriegspartei ein, mit unabsehbaren Folgen. Objektiv wird Deutschland spätestens dann zur Kriegspartei, wenn es eigene Soldaten schickt. Was aber ist, wenn deutsche Soldaten ukrainische Soldaten an deutschen Waffen ausbilden? Genau das wird mit dem Leopard-Lieferungsbeschluss erfolgen.


    Entscheidet sich jetzt der Krieg?

    Wenn dem so wäre, hätte der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk nicht umgehend an die Alliierten getwittert, dass auch diese Waffensysteme für den Bodenkrieg noch lange nicht genug seien. Als nächstes fordert er, dass sich eine mächtige Koalition für Kampfflugzeuge zusammenfinden müsse: für die Beschaffung von Kampfjets der Typen F16 und F-35, Tornado und Eurofighter sowie Dassault Rafale und Gripen.


    Sie gehen also davon aus, dass die 14 Panzer nur der Auftakt für weiteren Nachschub sind.

    Selbstverständlich. Nato-Staaten werden in den nächsten Monaten und Jahren Hunderte von Kampfpanzern liefern, u.a. auch US-amerikanische Abrams und britische Challenger. Selbst diese dramatische Entwicklung ist nur ein weiterer Zwischenschritt bei der allumfassenden Hochrüstung der Ukraine zur Kriegsführung zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Die nächsten Schritte sind längst vorgezeichnet: die Lieferung von Militärhelikoptern, Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen sowie unglaublich großer Mengen an Munition. Wer in der Eskalationsspirale von Gewalt und Gegengewalt gefangen ist, kann ihr offenbar nicht mehr entfliehen. Dabei hat die Fraktion der Waffenexportbefürworter bis heute nicht die entscheidende Frage beantwortet: Wie sieht das Ausstiegsszenario aus dieser Eskalationsspirale aus?


    Wie bewerten Sie den Kurswechsel von Olaf Scholz?

    Ich hätte mir gewünscht, dass Scholz standhaft geblieben wäre. Stattdessen haben verbale Frontkämpfer in der Ampel-Koalition, allen voran Menschen wie Agnes Strack-Zimmermann und Anton Hofreiter – den Bundeskanzler mit ihren überbordenden Forderungen nach immer mehr Waffenlieferungen vor sich hergetrieben. Offensiv propagiert von vielen Journalistinnen und Journalisten. All die Strack-Zimmermanns und Hofreiters werden weiterhin so agieren, so lange Scholz kein Machtwort in der Ampel-Koalition spricht. Auch in der SPD hat sich der Rüstungsexporte fordernde Flügel rund um den Seeheimer Kreis weitaus stärker zu Wort gemeldet als die verbliebenen friedensbewegten Mahner, die es in der SPD durchaus gibt. Dabei wird Volkes Wille übergangen: Noch vor wenigen Wochen haben zwei repräsentative Umfragen ergeben, dass eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern ablehnt. Eine neue Umfrage behauptet nun plötzlich das Gegenteil. Ich hege da meine Zweifel, dass innerhalb weniger Wochen Millionen Menschen ihre Meinung um 180 Grad ändern.


    Panzer verlängern den Krieg, sagen Sie. Die Befürworter von Waffenlieferungen: Panzer werden den Krieg früher beenden. Und damit auch das Sterben.

    Wir in der DFG-VK haben von Anfang an davor gewarnt, dass der Blutzoll dieses Kriegs immens hoch sein wird. Leider haben wir Recht behalten. Mittlerweile sind laut US-Militärkreisen mehr als 200 000 russische und ukrainische Kämpfer gestorben, zudem Tausende ukrainische Zivilistinnen und Zivilisten. Vor allem im Osten des Landes sind Hunderte Dörfer und mehrere Städte mittlerweile reine Ruinenlandschaften. Schon jetzt ist ein Drittel des Landes vermint und für lange Zeit unbewohnbar. Maßgeblich, aber nicht ausschließlich durch russische Militärkräfte zerstört. Ich frage die Herren Putin und Selenskyj: Wie viele Menschen müssen noch sterben und wie viel Land muss noch verseucht und unbewohnbar werden, bevor Sie endlich bereit sind, über Frieden zu verhandeln?


    Das Recht auf Selbstverteidigung der Ukraine bejahen und zugleich ablehnen, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Wie passt das zusammen?

    Russland führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ja, damit tritt Artikel 51 der UN-Charta ein. Militärische Selbstverteidigung ist rein rechtlich legal. Und doch weiß jeder, der die umfassende Studie »Why Civil Resistance Works« der US-Politologinnen Erica Chenoweth und Maria Stephan kennt, dass ziviler Widerstand in der Mehrheit der Fälle von Aufständen, Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen erfolgreicher und humaner verlaufen ist als der militärische. Die beiden Friedensforscherinnen analysierten 323 Konflikte für den Zeitraum von 1900 bis 2006. Das Ergebnis spricht für sich: Gewaltfreier Widerstand führte doppelt so häufig zum Erfolg wie gewaltsamer.


    Was kann ziviler Widerstand ausrichten gegen Panzer, Raketen und keinerlei Rücksicht auf die Zivilbevölkerung?

    Die Publikationen Chenoweths aus den Jahren 2011 und 2021 dokumentieren: Entscheidend ist die Größe des Aufstands gegen eine Besatzungsmacht. Wissenschaftlich lässt sich belegen: Setzen sich mehr als 3,5 Prozent der Bevölkerung aktiv zur Wehr, ohne selbst dabei gewaltsam vorzugehen, dann ist der Erfolg nahezu ausnahmslos gewährleistet. Mit Sozialer Verteidigung hätte das Massenmorden in der Ukraine verhindert werden können.


    Welche Mittel verstehen Sie unter sozialer Verteidigung genau?

    Das Spektrum gewaltfreier Aktionsformen ist breit: von Verweigerung im alltäglichen Leben über die Demoralisierung der Besatzer, gewaltfreie Blockaden aller Art bis hin zum unbegrenzten Generalstreik. Begleitet und unterstützt von bereits laufenden Maßnahmen wie Embargos, Boykotts und Ausschlüssen, der Beschlagnahmung von Besitztümern im Ausland bei Sperrung aller Finanztransfers. Gezielt gerichtet gegen die Schicht der reichen und superreichen Machthaber, Militärs und Oligarchen Russlands durch die internationale Staatengemeinschaft.


    Sie setzen also mit diesem Ansatz voraus, dass die Ukraine erstmal erobert wird und dann gewaltfrei Widerstand leistet?

    Genau das wäre von Anfang an die erfolgversprechendste Methode gewesen. Chenoweths Forschungsergebnisse über vielfach erfolgreichen gewaltfreien Widerstand und Soziale Verteidigung konnten von der Gegenseite nicht widerlegt werden. Deshalb gehen die Befürworterinnen und Befürworter militärischer Gewalt in den Reihen der Militärs, der Rüstungsindustrie, der Politik, der Lobbyverbände und auch vieler Medienvertreter so agitierend, diskreditierend und polemisch gegen all diejenigen vor, die für Gewaltfreiheit und Friedensverhandlungen eintreten.


    Die Besetzung des Landes scheint aber für viele Ukrainer keine Alternative zu sein. Sie sagen: »Lieber tot als unfrei«.

    Das Motto »Lieber tot als unfrei« wirkt auf grausame Weise. Dieses Schicksal hat schon jetzt mehr als 200 000 Ukrainer und Russen ereilt: Sie sind erschossen, zerfetzt, verstümmelt worden. Dieses Massenmorden geschah innerhalb eines einzigen Jahres – und noch lange ist kein Ende des Krieges absehbar. Mein Motto lautet: Lieber lebend und frei – durch die Vertreibung der russischen Besatzer mit den Mitteln der zivilen Verteidigung. Und um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Gewaltfreier Widerstand verlangt Mut und Standhaftigkeit. Er kann zum Tod wehrloser Menschen führen, wie das rücksichtslose Vorgehen der britischen Besatzungsmacht im indischen Kolonialreich zu der Zeit des gewaltfreien Widerstands unter Mahatma Gandhi belegte. Und doch ist die Zahl der Opfer unvergleichlich geringer als bei einer Jahre währenden militärischen Auseinandersetzung.


    Und international soll man völkerrechtswidrige Angriffe einfach durchgehen lassen?

    Im Gegenteil. Wir dürfen weder bei den Völkerrechtsbrüchen Russlands noch bei denen der USA und ihrer Verbündeten wegschauen. Russland verübte allein in diesem Jahrhundert völkerrechtswidrige Interventionen 2008 in Georgien, 2014 in der Ukraine mit der Invasion und nachfolgenden Annexion der Krim, mit dem Krieg in der Ostukraine und der Unterstützung prorussischer Kräfte. Zudem seit 2018 in Libyen mit der militärischen Unterstützung der Regierung Haftar und nunmehr seit Februar 2022 mit der Intervention in der Ukraine.


    Aber auch die USA verübten zahlreiche Völkerrechtsbrüche. Denken Sie an die Bombardierungen 1999 im Kosovo-Krieg – im Übrigen unterstützt durch den Kampfeinsatz der Bundeswehr ohne UN-Mandat. Was folgte, waren die Operation Enduring Freedom ab 2001 in Afghanistan, die Operation Iraqi Freedom ab 2003 im Irak, die Luftschläge und Marineeinsätze mit Marschflugkörpern 2011 in Libyen. Seit 2015 unterstützen die USA die völkerrechtswidrige Intervention Saudi-Arabiens im Jemen. 2018 dann der Luftangriff auf Duma in Syrien, 2020 der Luftangriff zur Tötung des iranischen Generals Soleimani im Irak.


    Zu nennen wäre zudem die lange Liste der völkerrechtswidrigen militärischen Aktivitäten Israels, der Türkei und Großbritanniens. Alles in allem starben Millionen Menschen, weitere Millionen wurden verletzt. Ja, die Verantwortlichen all dieser Angriffe und Kriege gehören in Den Haag vor ein internationales Strafgericht gestellt. Ich betone: alle Verantwortlichen.


    Am Anfang glaubten viele, Russland werde schnell gewinnen. Doch dem ist nicht so. Für viele ein Argument, dass es sich lohnt, die Ukraine militärisch zu unterstützen.

    Um den Preis Hunderttausender Toter und Verstümmelter sowie eines völlig zerstörten Landes. Das realistischerweise am Ende dieses Abnutzungskrieges auf lange Zeit womöglich auch atomar verseucht sein kann. Was soll daran lohnend sein?


    Kann man nicht doch darauf vertrauen, dass diese letzte, atomare Eskalation ausbleibt?

    Ganz im Gegenteil. Das Regime Putin hat wiederholt und unmissverständlich bekundet, dass es zu allem bereit ist. Sollte Russland in einem konventionellen Krieg massiv in die Defensive geraten, dann bleibt aus Putins Sicht nur der gestaffelte Gebrauch von Atomwaffen. Dem Einsatz taktischer Atombomben in dünn besiedelten Gebieten wird der Beschuss ukrainischer Städte folgen. Sollte die Nato ihrerseits auch Atomaffen einsetzen, so ist die Eskalationsspirale an ihrem finalen Punkt angelangt: dem beiderseitigen Einsatz atomarer Interkontinentalraketen. Aufgrund der bestehenden Overkillkapazitäten wird ein Atomkrieg allesvernichtend wirken.


    Was eine der beiden Seiten doch davon abhalten könnte.

    So der letzte Funke Hoffnung: Mögen ganz am Ende doch noch die Tauben die Oberhand behalten. Darauf verlassen kann man sich aber in dem laufenden Kriegsszenario mit immer neuen Eskalationsstufen auf keinen Fall. Russland verfügt über mehr als 6300 atomare Sprengköpfe, die USA über 5800. Die Nato-Verbündeten Frankreich und Großbritannien zusätzlich über 290 und 215 Atomsprengköpfe. Am Ende spielen alle Kriegsparteien mit dem atomaren Feuer. Da wirkt es auf mich geradezu weltfremd, wenn westliche Politikerinnen und Politiker die Gefahr eines Atomkriegs gebetsmühlenartig verharmlosen. Die Gefahr des Dritten Weltkrieges ist akut.


    Welche Rolle spielt die Vorgeschichte des Angriffs auf die Ukraine für Ihre Position?

    Die mündlichen Versprechen des Westens, die dem früheren russischen Präsidenten Michail Gorbatschow gegeben wurden, lauteten: Die Nato wird ihr Territorium nach dem Fall der Berliner Mauer nicht nach Osten erweitern. Dieses Versprechen wurde gebrochen. Vom Baltikum über Polen, Tschechien und Slowenien bis hin nach Südosteuropa wurde ein Land nach dem anderen Mitglied der Nato. Aus russischer Sicht fehlt noch die Ukraine als Nato-Mitgliedsland, dann ist die westliche Front geschlossen, das westliche Bedrohungsszenario perfekt. Heute verfügt die Nato über die siebzehnfache militärische Schlagkraft im Vergleich zu Russland.

    Dieser Krieg hätte mit einer Politik der Versöhnung und des friedlichen Miteinanders in Europa verhindert werden können. Durch die Schaffung einer neuen europäischen Friedenspolitik unter voller Einbeziehung Russlands. Der Vorwurf, dass die Falken in den USA und in anderen Nato-Staaten genau das nicht wollten, erscheint mir berechtigt.


    Stützen Sie damit nicht die Erzählung Russlands, der Ukraine-Krieg sei so etwas wie Notwehr?

    Die Nato-Osterweiterung erklärt etwas, aber sie legitimiert keinen Angriff auf die Ukraine.


    Die Kampagne »Aktion Aufschrei« setzt sich für ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz ein. Bisher galt in der Bundesrepublik die Linie, keine Waffenexporte in Kriegsgebiete. Jetzt gilt, Waffen auch an Kriegsparteien, auf deren Seite wir stehen. Wie wird unter diesen Vorzeichen Rüstungsexportkontrolle künftig aussehen?

    Schon während der Verhandlungen für ein neues Kontrollgesetz hat das von den Grünen geführte Wirtschaftsministerium 2022 die Exportgenehmigungen auf exorbitant hohem Niveau stabilisiert. Schlimmer noch: Es hat die Exporte für Eurofighter-Bestandteile über den Bündnispartner Großbritannien an Saudi-Arabien genehmigt. Die britisch-deutschen Kampfjets werden seit Jahren nachweislich beim völkerrechtswidrigen Militäreinsatz im Jemen-Krieg eingesetzt – u.a. bei gezielten Bombardements ziviler Strukturen, auch von Schulen und Krankenhäusern. Die vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Eckpunkte weisen in eine Richtung, die die Exportkontrolle für Nato-, Nato-assoziierte und für EU-Staaten erleichtern soll. In diesem Sinne droht die Ampel-Koalition ein neues Gesetz zu verabschieden, das de facto einem Rüstungsexport-Förderungs-Gesetz gleichkommt.


    Was wäre in der jetzigen Situation mit Blick auf die Ukraine die Alternative?

    Die Lösung läge in der Aufnahme von Verhandlungen über einen Waffenstillstand. Danach könnten diplomatische Ansätze wirksam werden.


    Weder die ukrainische noch die russische Seite haben daran Interesse.

    Solange das Regime in Moskau die Autonomie bzw. Anerkennung der völkerrechtswidrigen Annexion weiter Teile des Ostens und Südens der Ukraine zur Voraussetzung für Friedensverhandlungen macht, kann es diese nicht geben. Und solange die Regierung in Kiew die Rückeroberung eines jeden Quadratmeters besetzten bzw. annektierten Landes als Voraussetzung benennt, kann es ebenfalls keine geben.


    Die Unterstützer der Waffenlieferungen sagen auch hier: Die Aufrüstung der Ukraine stärke ihre Position bei Verhandlungen.

    Fragt sich nur, wann eine der beiden Seiten ihre Position als ausreichend gestärkt sieht, um endlich Friedensverhandlungen aufzunehmen. Sobald das der Fall sein sollte, schätzt die Gegenseite die eigene Situation negativ ein. Sprich: Sie muss weiterkämpfen, beispielsweise um verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Was für ein Teufelskreislauf militärischer Kriegslogik!


    Wie könnte eine Lösung aussehen?

    Meines Erachtens liegt die Lösung in Friedensverhandlungen auf neutralem Boden, wohlgemerkt ohne Vorbedingungen. Diese Verhandlungen müssten unter Leitung von UN-Generalsekretär António Guterres beispielsweise in Genf oder Wien stattfinden. Ziel muss sein, akzeptable Lösungen zu finden. Wie etwa die Autonomie oder die Neutralität bestimmter Regionen der Ukraine unter UN-Schutz, mit Sicherheitsgarantien der USA und Russlands.

    Und nicht zu vergessen: Solange der Ukraine-Krieg tobt, werden die anderen zentralen Menschheitsprobleme sträflich vernachlässigt. Im Moment toben rund um den Globus etwa 30 kriegerische Auseinandersetzungen, die dringend nach Lösungen verlangen. Einer Milliarde Menschen fehlt der Zugang zu sauberem Trinkwasser, viele von ihnen hungern und verhungern. Mehr als 100 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Viele von ihnen vor den Auswirkungen der voranschreitenden Klimakatastrophe. Diese Probleme müssen endlich ernst genommen und deren Lösungen finanziert werden. Dafür braucht es mehrere Billionen Euro bzw. Dollar, statt zur Finanzierung von Militarisierung, von Hochrüstung, von Kriegen. Die Menschheit muss diese existentielle Krise überwinden, damit die Zeitenwende nicht zum Zeitenende wird.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    29.01.2023

    Am Rande des Abgrunds

    nachdenkseiten.de, 29. Januar 2023 um 11:45 Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

    Vor 109 Jahren, in den Monaten vor der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, dem Ersten Weltkrieg, herrschte im Deutschen Reich Kriegseuphorie vor. Katastrophen der Menschheitsgeschichte, die Ähnlichkeiten zu vergangenen Katastrophen aufweisen, zeigen, wie wenig die Menschheit am Rande des Abgrunds aus dem Vergangenen gelernt hat. Das erste Mal ist es eine Katastrophe, das zweite Mal wird aus ihrer Tragik ein Abgrund. Das dritte Mal droht das Ende. Vor jedem der zwei Weltkriege peitschten die Herrschenden mit Kriegspropaganda die Menschen in den Wahn des Militarismus. So auch heute.


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    In seiner Thronrede zur Kriegserklärung beteuerte Kaiser Wilhelm II, sein Möglichstes getan zu haben, um diesen Krieg zu verhindern. Der jetzt erfolgende Verteidigungskrieg gegen Frankreich und Russland sei „Ergebnis eines seit langen Jahren tätigen Übelwollens … In auf gedrungener Notwehr mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert.“


    Karl Liebknecht kritisierte seine sozialdemokratischen Parteigenossen wegen der Unterstützung der Kriegskredite in der Reichstagsfraktion: “Selbst vom denkbar ‘nationalsten’ Standpunkt aus hat unsere Fraktion einen ungeheuerlichen Fehler gemacht. Durch ihre Zustimmung hat sie zugleich alle Dämme niedergerissen …“


    Karl Liebknecht war der Einzige seiner Fraktion, der gegen die Kredite stimmte.

    Der Spiegel berichtete am 24.9.2013: „Im Januar 1916 entzog die Mehrheit der SPD-Abgeordneten im Reichstag Liebknecht die Rechte eines Fraktionsmitglieds, um den – aus ihrer Sicht wie jener der Militärs – gefährlichsten Kriegsgegner zu isolieren.“

    Die Propaganda einer vermeintlichen ‚Unschuld‘ des Deutschen Reiches kann nur unter Ausblendung der Archivforschung vertreten werden.


    Die heutige Entwicklung der SPD erinnert fatal an die Zeit vor über einem Jahrhundert. Nicht nur die Bündnisgrünen haben weitgehend friedensorientierte Positionen verlassen, sondern auch die SPD. Die SPD verlässt Egon Bahrs, Willy Brandts, Klaus von Dohnanyis und Erhard Epplers Position, dass es eine Friedensordnung in Europa nur im Sinne der KSZE-Schlussakte von 1975 und der Charta von Paris von 1990 sowie des 2+4-Vertrages zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten nur mit und nicht gegen Russland gibt. Diese völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarungen brach die Nato-Osterweiterung, die verbunden ist mit der Aufrüstung der neuen Nato-Staaten auch mit nuklearfähigen Potentialen.


    Aktuell exerziert die Nato, was sie ihrem Rivalen in Osteuropa schon in der Kuba-Krise verweigert hatte: Eine Stationierung nuklearfähiger sowjetischer Raketen führte 1962 zur Warnung von J.F.Kennedy, einen Atomschlag vorzunehmen, sollten diese Systeme dort nicht wieder verschwinden. Die USA würden solche Potentiale der Sowjetunion ‚vor der eigenen Haustür keineswegs hinnehmen‘. Diese Situation nennen Historiker den gefährlichsten Augenblick der Geschichte.


    Die transatlantischen Kräfte von den Ampel-Parteien über Nationalisten bis zu den Militärs betreiben heute eine Propaganda des Vergessens und der doppelten Standards. Was die USA nicht zulassen, praktizieren sie nach dem Unrecht des Stärkeren selbst. Dabei überspielt die Nato ihre Verletzungen völkerrechtlich relevanter Verträge, auf die Russland in seinen vor dem 24.2.2022 von der Nato barsch abgelehnten Forderungen nach Sicherheitsgarantien Wert legte.


    In den Wochen vor dem 24.2.2022 gab Angela Merkel der ZEIT ein Interview, nach dem der de-eskalierende Vertrag Russlands und der Ukraine im Normandie-Format von westlicher Seite nicht auf die Einhaltung der Vereinbarung hin intendiert war. Der Vertrag verlangte von der Regierung in Kiew, mit den Separatisten in der Ostukraine in Verhandlungen über einen Autonomie-Status zu treten. Das lag nie in der Absicht dieser Kräfte, wobei sie vom Westen Unterstützung erfuhren: Nato-General Kujat verdeutlichte kürzlich, dass Frau Merkels Interview-Äußerungen bedeuteten, es sei dem Westen nicht um die Erfüllung des Minsk-II-Vertrages gegangen, sondern darum, Zeit zu haben, die neue Regierung in Kiew aufzurüsten.


    Die Eskalationsschritte vor der russischen Invasion in die Ukraine überspielend weist die Nato Russland die Alleinverantwortung für den Krieg zu, und sie legitimieren auf der Basis dieser Schuldzuweisung ihre gesteigerte Hoch- und Atomrüstung, die auch ökologisch nicht zu verantworten ist.


    Das Archivstudium führt zu der Aussage des damaligen Präsidenten G. W. Bush aus seiner ‚State oft he Union‘-Rede vom 28. Januar 1992, also fast auf den Tag genau vor dreißig Jahren: „…das Größte, was …in der Welt geschehen ist, ist dies: Durch die Gnade Gottes hat Amerika den Kalten Krieg gewonnen.”


    Diese Sichtweise bricht mit den völkerrechtlich relevanten Texten wie der Charta von Paris, in der der epochale Satz steht: „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden“.


    Die gleiche Anforderung an die internationale Politik, eine Friedensordnung der gemeinsamen Sicherheit aufzubauen, befindet sich in der KSZE-Schlussakte für eine Sicherheitsordnung in Europa von 1975, im Vertrag über die Bildung der Deutschen Einheit von 1990 und sogar in der Nato-Russland-Akte von 1997. Die Nato wusste, was sie mit den Rechtsbrüchen der Nato-Osterweiterung um 14 Staaten tut: Die Nato-Strategie-Schmiede ‚Joint Air Power Competence Centre‘ bekundete auf ihrer Jahrestagung im November 2014, es sei anzuzweifeln, dass es keinen großen Krieg (major war) mehr in Europa gebe, wie es im Tagungsmaterial ‘Future Vector’ auf Seite 141 hieß. Als Ausgangspunkt für diese Entwicklung machte das Manuskript Gebiete direkt westlich der russischen Westgrenze aus, Regionen, bis wohin die Nato ihre Osterweiterung durchführt und immer weiter plant. Seite 70 gibt Antwort der Militärs auf dieses Szenario: ‚ein angemessener Mix aus nuklearen und konventionellen Kapazitäten‘ (Übersetz.: B.T.). Im November 2021 drohte dann Nato-Generalsekretär Stoltenberg auf dem Nato-Talk der Deutschen Atlantischen Gesellschaft mit der Stationierung von Atomwaffen in Osteuropa.


    Hier kombiniert sich der Bruch internationalen Rechts mit einer umgekehrten Kuba-Krise.

    Hinzu kommt die von allen Seiten in Kauf genommene Steigerung der Havarie-Gefahr an den 15 Atomreaktoren der Ukraine im Krieg. Die offizielle Politik der Nato-Staaten belügt die Weltbevölkerung mit ihrem Propaganda-Begriff, sie betreibe Sicherheitspolitik.


    Der Aufruf zur ersten großen Demonstration der Friedensbewegung vor vier Jahrzehnten machte unter dem Motto ‚Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen‘ mit dem Satz auf, „80er Jahre werden mehr und mehr zum gefährlichsten Jahrzehnt in der Geschichte der Menschheit“.


    Damals standen die Grünen und die Mehrheit der Sozialdemokratie auf der Seite der Friedensbewegung. Die Nato-Propaganda hat seither erfolgreich dazu beigetragen, dass das aktuell nicht mehr so ist. Ein aktueller Appell aus der Friedensbewegung vereint allerdings Persönlichkeiten aus der Grünen Partei, der SPD und Linker sowie Aktiven der Friedensbewegung aus weiteren Spektren der Bewegungen für ein Überleben in einer friedlichen und ökologischen Zukunft.

    Die nächste große bundesweite Aktion der Friedensbewegung wird am 18. Februar in München den Protest gegen die Kriegspropaganda auf der Sicherheitskonferenz in die Öffentlichkeit tragen.


    Rubriken:

    Außen- und Sicherheitspolitik Audio-Podcast Militäreinsätze/Kriege


    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=93093


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    29.01.2023

    Major a.D. Florian Pfaff - Kronzeuge zum Ukraine Krieg - Traunstein Demo und Umzug 28.01.23

    youtube.com, 28.01.2023 TRAUNSTEIN

    In seiner sehr ruhigen und sachlichen Art spricht Major a.D. Florian Pfaff in Traunstein auf dem Stadtplatz als Insider zum Ukraine Krieg, und von seinen Erfahrungen bei der Bundeswehr. In der Rede geht er auch auf die Rolle der Medien ein. Er bezeichnet sich als Kronzeuge für die wahren Ursachen, und schildert auch Interna aus der Bundeswehr. Das Video zeigt seine Rede, die Demo und den Umzug durch die Stadt. Er geht im Anschluss auch auf Fragen einiger Teilnehmer ein, und erläutert die Hintergründe zum Ukraine Krieg.


    Zitat aus der Rede: "Deswegen müssen wir uns die Macht zurückholen."


    Bei den in der Öffentlichkeit umstrittenen Einsätzen der Bundeswehr verweigerte er am 20. März 2003 seine indirekte Mitwirkung am Irakkrieg und bezeichnet sich als Pazifist. Er wurde daraufhin u.a. für eine Woche zwangsweise in eine Psychiatrie eingewiesen. Man versuchte ihn auch zu degradieren. Letztlich blieb auch der Versuch der Bundeswehrführung, ihn fristlos zu entlassen, erfolglos. Am 21. Juni 2005 wurde Florian Pfaff durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) rehabilitiert. Florian Pfaff ruft seither alle Bundeswehrangehörigen im Fall befohlener Teilnahme an solchen Kriegen zur Gehorsamsverweigerung und zur Ablehnung direkter und indirekter Unterstützung, sowie die Öffentlichkeit zur Beendigung der Anstiftung von Soldaten zur ungesetzlichen Mitwirkung an Angriffskriegen auf.


    Wikipedia Eintrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Florian... #Pfaff #Florian #Demo #Umzug #Traunstein #Stadtplatz #Bundeswehr #Ukraine #Krieg #Russland #Medien #Pazifist


    In his very calm and matter-of-fact manner, retired Major Florian Pfaff speaks in Traunstein on the town square as an insider about the war in Ukraine and his experiences in the Bundeswehr. In his speech, he also addresses the role of the media. He describes himself as a key witness. The video shows his speech, the demonstration and the procession through the city. Afterwards, he also answers questions from some of the participants and explains the background to the war in Ukraine.


    Quote from the speech: "That's why we have to take back power."


    On 20 March 2003, he refused to take part indirectly in the Iraq war, describing himself as a pacifist, when the Bundeswehr's missions became controversial in the public eye. As a result, he was forcibly admitted to a psychiatric ward for a week, among other things. They also tried to demote him. In the end, the Bundeswehr leadership's attempt to dismiss him without notice was unsuccessful. On 21 June 2005, Florian Pfaff was rehabilitated by the Federal Administrative Court (BVerwG). Since then, Florian Pfaff has called on all members of the Bundeswehr to refuse to obey orders and to reject direct and indirect support in the event of ordered participation in such wars, as well as on the public to stop inciting soldiers to illegally participate in wars of aggression.


    Video https://youtu.be/wqg-kCA_SG8 Dauer 36:34 min


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    Info: https://www.youtube.com/watch?v=wqg-kCA_SG8


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