»Kaum vorstellbare« Herausforderungen Pistorius warnt vor »Worst Case« für Europa nach US-Wahl
spiegel.de, vom 01.04.2023, 10.35 Uhr
2024 finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt. Die Auswirkungen für Deutschland und die Nato könnten weitreichend sein, sagt Verteidigungsminister Pistorius – und die Probleme der Bundeswehr sind bis dahin nicht gelöst.
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Viele US-Republikaner sehen die Unterstützung der Ukraine kritisch. Auch der mögliche Präsidentschaftskandidat Donald Trump hält von Joe Bidens Ukrainekurs ebenso wenig wie von der Nato. Gut möglich also, dass nach der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2024 die Amerikaner ihr Engagement in Europa deutlich zurückfahren. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat nun in einem Interview über diesen aus seiner Sicht »Worst Case« gesprochen. »Sollte ein amerikanischer Präsident ins Weiße Haus einziehen, der sich von Europa und der Nato distanzierte, dann hätten wir Herausforderungen, die derzeit kaum vorstellbar wären«, sagte Pistorius der »Welt am Sonntag« .
Europa müsse geringeres US-Engagement ausgleichen. »Dann muss dieses Weniger der Verantwortung für die Bündnisverteidigung von den Europäern innerhalb der Nato ausgeglichen werden«, sagte der SPD-Politiker. »On top zu dem, was wir heute schon tun.«
Selbst ein europafreundlicher US-Präsident wird sich nach Ansicht von Pistorius aber mehr um den Indopazifik kümmern müssen. Auch Deutschland müsse sich dort engagieren. »Deswegen planen wir für das kommende Jahr eine weitere Präsenzfahrt unserer Marine in die Region«, sagte der Verteidigungsminister.
Lücken der Bundeswehr bis 2030 nicht geschlossen
Bei den Ausrüstungsproblemen der Bundeswehr setzt Pistorius auf eine Priorisierung der Vorhaben. »Wir wissen alle, dass die vorhandenen Lücken bis 2030 nicht vollends geschlossen werden können«, sagte der SPD-Mann der Zeitung. »Eine dieser Prioritäten ist der Schutz der Ostflanke der Nato.« Schon im Gespräch mit dem SPIEGEL im März hatte Pistorius klargemacht, dass die Verpflichtungen der Bundeswehr weitere Waffenlieferungen an die Ukrainer erschwerten. Deutschland habe noch ein Patriot-Flugabwehrsystem, sagte Pistorius damals. »Wenn ich das jetzt auch noch rausgebe, kann ich nicht mal mehr üben.«
Der Minister lehnte eine »Kriegswirtschaft« aber ab, wie sie etwa der ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, gefordert hatte. »Kriegswirtschaft hieße, dass wir die gesamte Ökonomie so umstellen, als wäre Deutschland Kriegspartei«, sagte Pistorius der »Welt am Sonntag«. »Das sind wir nicht und deswegen steht dies nicht zur Debatte.« Bei der Rüstungsindustrie würden seinem Eindruck nach aber derzeit alle Hebel in Bewegung gesetzt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
02.04.2023
"Putin, ein Tankstellenwart mit einem Haufen Atomwaffen" – Trump zerpflückt Kriegsrhetorik
gegenzensur.rtde.life, vom 30 Mär. 2023 21:43 Uhr
"Wer Russland als Tankstelle mit einem Haufen Atomwaffen bezeichnet, oder Putin als, Zitat: "einen autoritären Tankwart mit einem Haufen Atomwaffen aus der alten Sowjetunion", demonstriert genau die Art von einfältigem Denken, das jahrzehntelang zu gescheiterter Diplomatie und schließlich zu Krieg geführt hat. Und wohin soll dieser Krieg noch führen?", fragte der ehemalige US-Präsident und erneute Präsidentschaftskandidat Donald Trump und forderte "einen Friedensstifter im Weißen Haus".
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02.04.2023
Irak und die Pathologie der US-Vorherrschaft
Die Zwei-Monats-US-Fachzeitschrift «Foreign Affairs» erscheint seit 1922 (Cover)
(Red.) Die US-amerikanische Zwei-Monats-Zeitschrift «Foreign Affairs» ist in Sachen US-Außenpolitik die maßgebende Fachzeitschrift. Wenn US-Außenminister Antony Blinken oder sein Busenfreund Robert Kagan, der politische Vordenker der Neokonservativen, aus welchem Grund auch immer in die Tasten greifen, zum Beispiel um der Welt zu erklären, warum eine friedliche Welt nur unter der Vorherrschaft der USA möglich ist, dann erscheint das in den «Foreign Affairs». Kurz: «Foreign Affairs» ist nicht nur sehr prominent, sondern auch ziemlich US-regierungsfreundlich. So ist es fast eine kleine Sensation, dass in der neusten Ausgabe eine ausführliche Analyse publiziert ist, in der detailreich aufgezeigt wird, wie die USA mit ihrem – mit nichts zu rechtfertigenden – Anspruch auf die Weltvorherrschaft immer tiefer in militärische Konflikte hineinrutscht. Globalbridge.ch hat sich – gegen einen nicht ganz kleinen Betrag – das exklusive Recht erworben, diese hochinteressante Analyse in die deutsche Sprache zu übersetzen und hier zu publizieren. (cm)
Vor zwanzig Jahren marschierten die USA in den Irak ein. Sie haben ein Jahrzehnt damit verbracht, das Land zu zerstören und dann zu versuchen, es wieder aufzurichten. Ein weiteres Jahrzehnt verbrachten sie mit dem Versuch, das Ganze zu vergessen. „Wir sind unserer Verantwortung gerecht geworden“, sagte US-Präsident Barack Obama 2010 der Nation, als er das kurzzeitige Ende des US-Kampfeinsatzes im Irak verkündete. „Jetzt ist es an der Zeit, das Blatt zu wenden.“
Für Obama bedeutete dies, den Kampf gegen Al-Qaida und die Taliban in Afghanistan durch eine Aufstockung der US-Truppen fortzusetzen. Obamas Kritiker fanden ihrerseits bald einen weiteren Grund, den Amerikanern zu sagen, sie sollten den Irak hinter sich lassen: Das Debakel habe den Präsidenten und die Öffentlichkeit zusehr zurückhaltend gemacht, um militärische Gewalt anzuwenden, diesmal zur Beilegung des 2011 ausgebrochenen syrischen Bürgerkriegs. Obama sah davon ab, Damaskus anzugreifen, entsandte aber 2014 Truppen in den Irak und nach Syrien, um den Islamischen Staat (auch bekannt als ISIS) zu bekämpfen, der aus den Wirren der ursprünglichen Invasion der USA hervorgegangen war.
Im Jahr 2021 war Präsident Joe Biden an der Reihe, sein Land aufzufordern, die Debakel nach 9/11 hinter sich zu lassen. „Ich stehe heute zum ersten Mal seit 20 Jahren hier, und die Vereinigten Staaten befinden sich nicht im Krieg“, erklärte er im September 2021. Biden hatte gerade die US-Truppen aus Afghanistan abgezogen. Die USA führten jedoch weiterhin Terrorismusbekämpfungsmaßnahmen in mehreren Ländern durch, darunter auch im Irak, wo 2 500 Bodentruppen verblieben sind. „Wir haben das Blatt gewendet“, sagte Biden.
Haben wir das? Zwei Jahrzehnte lang haben sich die Amerikaner hartnäckig geweigert, den Irak hinter sich zu lassen. Das liegt zum Teil daran, dass das US-Militär dort und an vielen anderen Orten immer noch kämpft. Vor allem aber kann das Land die Seite nicht umblättern, ohne sie zu lesen und zu verstehen – ohne sich wirklich mit den Ursachen des Krieges auseinander zu setzen. Es mag schmerzhaft sein, sich noch einmal vor Augen zu führen, was die amerikanische Führung dazu veranlasst hat, auf parteiübergreifender Basis in ein Land einzumarschieren, das die USA nicht angegriffen hatte und auch nicht vorhatte, dies zu tun – eine Tatsache, die damals allgemein anerkannt wurde. Doch ohne einen Blick zurück werden die USA nicht mit Zuversicht und Einigkeit voranschreiten können.
Sicherlich hat Washington einige hart erarbeitete Lehren aus dem Konflikt gezogen. Amerikanische Entscheidungsträger, Politiker und Experten lehnen heute Kriege zwecks Regimewechsel oder zum Wiederaufbau von Nationen generell ab. Beim Abwägen des Einsatzes von Gewalt haben sie die Tugend der Besonnenheit wiederentdeckt. Und sie wissen jetzt, dass Demokratie nur selten mit Waffengewalt durchgesetzt werden kann und harte Arbeit erfordert, um sie zu etablieren und zu erhalten – selbst in tief verwurzelten Demokratien wie den Vereinigten Staaten selbst.
Dies sind notwendige Lektionen, aber sie reichen nicht aus. Sie reduzieren den Irak-Krieg auf einen politischen Fehler, der korrigiert werden könnte, während die USA weiterhin die hegemoniale Rolle in der Welt ausüben, die sie sich nach dem Ende des Kalten Krieges selbst zugewiesen haben. Tatsächlich war die Entscheidung, in den Irak einzumarschieren, auf das Streben nach globaler Vormachtstellung zurückzuführen. Die eigene Vormachtstellung veranlasst die Vereinigten Staaten, ein massives Militär zu finanzieren und es über den ganzen Globus zu verstreuen, und zwar zu einem im Wesentlichen präventiven Zweck: andere Länder davon abzuhalten, aufzusteigen und die amerikanische Vorherrschaft herauszufordern. Mit dem Versprechen, die Kosten niedrig zu halten, ging die Regierung davon aus, die Hegemonie der USA werde keinen Widerstand hervorrufen – und sie schlägt hart zu, um jeden aufkommenden Widerstand auszulöschen. Sie sieht die globale Vorherrschaft fast als Selbstzweck an und lässt die zahlreichen strategischen Alternativen außer Acht, die weite Ozeane, befreundete Nachbarn und nukleare Abschreckung den USA bieten.
Der Einmarsch in den Irak ist aus dieser Logik heraus entstanden. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wollten die Architekten der Invasion die militärische Vormachtstellung der USA im Nahen Osten und darüber hinaus festigen. Indem sie mutig handelten und einen ärgerlichen Gegner ins Visier nahmen, der nicht an den Anschlägen vom 11. September 2001 beteiligt war, wollten die USA die Sinnlosigkeit des Widerstands gegen die amerikanische Macht demonstrieren.
Als „Shock and Awe“ – Schrecken und Furcht – dem Chaos, den Aufständen, der Zerstörung und dem Tod wich, hätte der Krieg das Projekt der Vormachtstellung, das ihn hervorgebracht hatte, eigentlich diskreditieren müssen. Stattdessen hält das US-Streben nach Vorherrschaft an. Die Macht der USA stößt überall auf der Welt auf zunehmenden Widerstand, aber Washington möchte fast allen Widerständen begegnen, überall, wobei es immer noch die Machtprojektion der USA mit amerikanischen Interessen verwechselt und immer noch versucht, seine Rivalen zu übertrumpfen und die Ambitionen der USA ja nicht zu bremsen. Die Ergebnisse waren während des unipolaren Moments der USA verheerend genug. Gegen atomar bewaffnete Großmächte könnten sie allerdings viel schlimmer werden.
DER TYRANN IM BLOCK / The bully on the block
Die ideologischen Grundlagen für den Irak-Krieg entstanden, lange bevor die amerikanischen Panzer 2003 in Bagdad einrollten. Etwas mehr als ein Jahrzehnt zuvor arbeiteten drei der Männer, die zu den einflussreichsten Beamten in der Regierung von George W. Bush werden sollten – Dick Cheney, Colin Powell und Paul Wolfowitz – im Pentagon an einem neuen Konzept für die US-Strategie in der Welt nach dem Kalten Krieg. Obwohl die Sowjetunion zusammengebrochen war, wollten sie, dass die USA weiterhin eine überlegene militärische Macht in der ganzen Welt ausüben. Im Jahr 1992 formulierte Powell, damals Vorsitzender der Generalstabschefs, das Ziel klar und deutlich. Die Vereinigten Staaten müssten über „genügend Macht“ verfügen, um „jeden Herausforderer davon abzuhalten, jemals auch nur davon zu träumen, uns auf der Weltbühne herauszufordern“, sagte er dem Kongress. „Ich will der Tyrann im Block sein.“
Das tat auch Cheney, der zu dieser Zeit als Verteidigungsminister von Präsident George H. W. Bush amtierte. Er beauftragte seinen Stellvertreter Wolfowitz mit der Überwachung des Entwurfs der Verteidigungsplanungsrichtlinien, eines umfassenden Rahmens für die amerikanische Sicherheitspolitik, der 1992 verfasst wurde. Auf 46 Seiten erläuterten Wolfowitz und seine Kollegen, wie die globale Vorherrschaft der USA in Ermangelung ernstzunehmender Rivalen aufrechterhalten werden könne. Der Schlüssel, so argumentierten sie, liege darin, präventiv zu denken und zu handeln. In Ermangelung von Herausforderern, die gegen die USA ein Gleichgewicht herzustellen versuchen könnten, sollten die Vereinigten Staaten neue Herausforderer schon vom Entstehen abhalten. Die USA müssten darauf hinarbeiten, „potenzielle Konkurrenten davon abzuhalten, eine größere regionale oder gar globale Rolle anzustreben“. Zu diesem Zweck würden die USA ein massives Militär aufrechterhalten, dessen Größe alle anderen in den Schatten stelle und das in der Lage sei, zwei große Kriege gleichzeitig zu führen. Zu diesem Zweck würden die USA Allianzen und Garnisonstruppen in allen Regionen der Welt unterhalten, die von Washington als strategisch wichtig erachtet werden. Kurz gesagt, so sollte das Gleichgewicht der Kräfte durch ein amerikanisches Übergewicht der Kräfte ersetzt werden.
In dieser Vorstellung von US-amerikanischer Hegemonie könnten die USA durchaus wohlwollend sein. Sie würden die Kerninteressen ihrer Verbündeten verinnerlichen und zum Wohle eines Großteils der Welt beitragen. Bei der Formulierung ihrer eigenen Außenpolitik, so empfahlen die Pentagon-Planer, sollten die Vereinigten Staaten „die Interessen der fortgeschrittenen Industrienationen ausreichend berücksichtigen, um sie davon abzuhalten, unsere Führungsrolle in Frage zu stellen oder zu versuchen, die etablierte politische und wirtschaftliche Ordnung umzustürzen“. Die Vorrangstellung der USA würde somit die Sicherheitsrolle von Verbündeten und Gegnern der USA unterdrücken. Jede Nation, bis auf eine, hätte nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren, wenn sie eine eigene Militärmacht aufbauen sollte. Auf diese Weise könnten die USA für immer an der Spitze bleiben und globale Sicherheit zu vernünftigen Kosten gewährleisten.
Es gab zwei Hauptprobleme mit dieser Theorie, und sie traten zutage, als Wolfowitz‘ Entwurf im März an Reporter durchsickerte. Die erste Schwachstelle bestand darin, dass das Streben der USA nach Hegemonie andere dazu veranlassen könnte, zurückzuschlagen. Anstatt sich einem ewigen Frieden zu Washingtons Bedingungen zu unterwerfen, könnten andere Länder Fähigkeiten entwickeln, um der US-Macht etwas entgegensetzen zu können. Da Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion noch immer schwächelte und China immer noch arm war, würden die USA in den kommenden Jahren nicht mit einer entschlossenen Opposition rechnen müssen. Doch je mehr die einzige Supermacht ihr Verteidigungsengagement und ihre militärische Reichweite ausweitete, desto mehr könnte sie auf Widerstand stoßen oder diesen sogar noch anregen. Mit der Zeit könnten sich die USA überfordert fühlen und Kriege riskieren, die nichts mit den Interessen der USA zu tun hätten, mit Ausnahme jener Interessen, die durch das Streben nach weltumspannender Vorherrschaft überhaupt erst entstehen. Cheneys Pentagon wollte, dass die amerikanische Vormachtstellung jeglichen Widerstand sinnlos machen würde. Was aber, wenn umgekehrt der Widerstand die amerikanische Vormachtstellung sinnlos machen würde?
Es war auch unklar, ob das amerikanische Volk bereit war, die Kosten der globalen Vorherrschaft zu tragen, insbesondere wenn diese Kosten ansteigen würden. Das Dokument des Pentagons löste sofort Reaktionen aus. Der konservative Kommentator Pat Buchanan prangerte den Plan inmitten seiner aufrührerischen Präsidentschaftskampagne als eine „Formel für endlose amerikanische Interventionen“ an. Das unverblümte Streben nach Vorherrschaft stieß auch führende Demokraten ab, die eine Friedensdividende für die Amerikaner und kollektive Sicherheit für die Welt befürworteten. Der damalige US-Senator Biden spottete: „Die Vision des Pentagons kehrt zu der alten Vorstellung der USA als Weltpolizist zurück – eine Vorstellung, die nicht zufällig ein großes Verteidigungsbudget erfordert.“ Der Konsens des Kalten Krieges zugunsten der Eindämmung des sowjetischen Kommunismus war als Reaktion auf eine bestehende Großmachtbedrohung entstanden. Die Überwachung der Welt nach dem Kalten Krieg, in der es zwar verschiedene Herausforderungen, aber keinen großen Feind gab, war ein neues und unerprobtes Vorhaben, das nicht wenige Amerikaner für zweifelhaft hielten.
Der Rest der 1990er Jahre war die Blütezeit der amerikanischen Unipolarität, doch gab es immer wieder Anzeichen für internationalen Widerstand und innenpolitische Apathie. China und Russland bemühten sich um die Beilegung ihrer bilateralen Streitigkeiten und begannen, die spätere Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit zusammenzustellen. Gemeinsam warben sie für die „Multipolarisierung der Welt“. In einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat erklärten Peking und Moskau 1997: „Kein Land sollte nach Hegemonie streben, Machtpolitik betreiben oder internationale Angelegenheiten monopolisieren.“ Selbst einige amerikanische Verbündete äußerten ähnliche Bedenken. Zwei Jahre später bezeichnete der französische Außenminister Hubert Vedrine die USA als „Hypermacht“ und forderte „echten Multilateralismus gegen Unilateralismus, für einen ausgewogenen Multipolarismus gegen Unipolarismus“.
Am ärgerlichsten waren damals die so genannten Schurkenstaaten Iran, Libyen, Nordkorea und vor allem der Irak. Nachdem das US-Militär 1991 die irakischen Streitkräfte aus Kuwait vertrieben hatte, versuchte es nicht, den irakischen Diktator Saddam Hussein abzusetzen, aber die US-Beamten hofften, dass Saddam stürzen würde, und ermutigten die schiitische Mehrheit im Süden und die kurdische Minderheit im Norden des Landes zu Volksaufständen. Auch als Saddam diese Aufstände unterdrückte und dabei Tausende von Irakern umbrachte, ließen die USA nicht locker. Für den Rest des Jahrzehnts hielten sie den Irak durch Flugverbotszonen, Routinebombardements, Waffeninspektionen und Wirtschaftssanktionen in Schach. Unter anderem zu diesem Zweck stationierten die USA zum ersten Mal in der Geschichte Zehntausende von Truppen auf unbestimmte Zeit im Persischen Golf, darunter auch in Saudi-Arabien.
Der Irakkrieg war nicht nur ein politischer Fehler
Präsident Bill Clinton machte sich das Hegemonieziel seines Vorgängers im Nahen Osten zu eigen und verfolgte die „doppelte Eindämmung“ von Iran und Irak. Dies reichte jedoch nicht aus, um die politisch rechtslastigen Vorherrschaftspolitiker zufrieden zu stellen. Im Jahr 1997 gründeten die Intellektuellen William Kristol und Robert Kagan das „Project for the New American Century“, eine Denkfabrik, die sich einer Außenpolitik der „militärischen Stärke und moralischen Klarheit“ verschrieben hat. Für sie war Saddams Irak eine unvollendete Angelegenheit. Der Diktator sei sich „fast sicher“, in den Besitz von lieferbaren Massenvernichtungswaffen zu gelangen und diese auch zu nutzen, um die US-Streitkräfte und Partner in der Region herauszufordern, so der offene Brief der Gruppe von 1998, der von Donald Rumsfeld, Wolfowitz und einer Handvoll anderer angehender Beamter der Regierung George W. Bush unterzeichnet war. Die USA, so argumentierten sie, müssten einen Regimewechsel im Irak anstreben – ein Ziel, das etwas später im selben Jahr mit dem „Iraq Liberation Act“ als US-Politik verankert wurde. Die Resolution wurde vom Repräsentantenhaus mit einer überwältigenden Mehrheit von 360 zu 38 Stimmen und vom Senat einstimmig angenommen. Die Entstehung dieses „Regimewechsel-Konsenses“, wie der Historiker Joseph Stieb schreibt, machte eine umfassende Invasion – notabene noch vor dem 11. September – nicht zu einer ernsthaften Möglichkeit. Aber er delegitimierte die alternative Politik, Saddam an der Macht zu lassen und ihn einfach unter Kontrolle zu halten. Washington hatte sein gewünschtes Ziel festgelegt: Saddam musste gestürzt werden.
Die Mittel dazu waren eine andere Sache. Nachdem er den Golfkrieg gewonnen und zur Wiedervereinigung Deutschlands innerhalb der NATO beigetragen hatte, war Präsident George H. W. Bush 1992 aus dem Amt gejagt worden. Die Wähler bevorzugten einen Vietnamkriegsverweigerer, der versprach, sich „wie ein Laserstrahl auf die Wirtschaft zu konzentrieren“. Clinton hatte sich seinerseits bemüht, die Zahl der US-Opfer so gering wie möglich zu halten, auch wenn er häufig militärische Gewalt einsetzte und die amerikanischen Bündnisse ausbaute. Der Tod von 18 US-Rangern in Mogadischu im Jahr 1993 veranlasste ihn, sich vollständig aus Somalia zurückzuziehen, und dies brachte den Begriff „mission creep“ (die unbemerkte Ausweitung der Mission, Red.) in das amerikanische Lexikon. Clintons gewagteste Intervention, mit der er die ethnische Säuberung im Kosovo stoppen wollte, stützte sich allein auf die Luftwaffe. Die NATO-Flugzeuge flogen hoch genug, um jedes Risiko für die Piloten auszuschalten, auch wenn dadurch die Zielgenauigkeit abnahm.
Madeleine Albright, Clintons Außenministerin, ist dafür bekannt, dass sie die Vereinigten Staaten als „die unverzichtbare Nation“ bezeichnete. Oft wird vergessen, dass sie dies 1998 bei einer im Fernsehen übertragenen Bürgerversammlung in Columbus, Ohio, tat, bei der ihre Verteidigung der amerikanischen Irak-Politik auf kritisch-feindselige Fragen stieß und gelegentlich von Zwischenrufern übertönt wurde. Das erste Jahrzehnt nach dem Kalten Krieg hatte aber gezeigt, dass eine solche Opposition nicht zu einer entschlossenen politischen Kraft anschwellen würde, solange die USA ihre globale Hegemonie auf billige Weise hochhalten konnten. Aber was, wenn die Kosten steigen würden, wer konnte das schon sagen? Wie könnte ein „gleichgültiges Amerika“, wie Kristol und Kagan beklagten, dazu gebracht werden, „die Option nationaler Größe zu umarmen und einen Sinn für das Heroische wiederherzustellen“?
Selbst innerhalb des Beltway – der schützenden Ringstrasse um das Zentrum, Red. – war die Unterstützung für eine muskulöse US-Außenpolitik fraglich. Als sich die Clinton-Regierung dem Ende zuneigte, prahlte Wolfowitz zu Recht damit, dass die Ideen in seinen Verteidigungsplanungsrichtlinien, die bei ihrer Einführung Jahre zuvor stark kritisiert worden waren, in beiden politischen Parteien zur konventionellen Weisheit geworden waren. In einem Artikel in „The National Interest“ im Jahr 2000 räumte er allerdings ein: „In Wirklichkeit ist der heutige Konsens oberflächlich und selbstgefällig“. Wolfowitz beklagte, das Land zeige einen „Mangel an Besorgnis über die Möglichkeit eines weiteren großen Krieges, ganz zu schweigen vom Mangel eines Konsenses in der Frage, wie man einen solchen großen Krieg verhindern kann“. Der größte Teil Washingtons sang nun aus demselben Gesangbuch, aber in Wolfowitz‘ Augen gab es erschreckend wenige wahre Gläubige.
DOMINANZ DEMONSTRIEREN
Das begann sich am 11. September 2001 zu ändern. Die Anschläge vom 11. September 2001 vermittelten ein Gefühl der existenziellen Bedrohung, das der amerikanischen Macht nach jahrzehntelanger Suche jetzt einen Sinn gab. Doch die Anschläge hätten auch ganz anders interpretiert werden können: als schrecklicher Fall von Rückschlag und als Vorzeichen des Widerstands gegen die amerikanische Hegemonie. In den Tagen und Wochen nach dem 11. September zogen nicht wenige Amerikaner diese Möglichkeit in Erwägung, als sie zu verstehen versuchten, warum 19 Terroristen ihr Leben herzugeben bereit waren, um Menschen am anderen Ende der Welt zu töten. Die Schriftstellerin Susan Sontag meinte, die Anschläge seien „eine Folge bestimmter amerikanischer Allianzen und Aktionen“. Schließlich hatte Osama bin Laden den Vereinigten Staaten schon Jahre zuvor den Krieg erklärt und dabei drei Hauptkritikpunkte angeführt: die US-Truppenpräsenz in Saudi-Arabien, die amerikanische Nötigung des Irak und die US-Unterstützung von Israel. In der „New York Times“ wies der Journalist Mark Danner damals darauf hin: „Die amerikanischen Truppen und Kriegsschiffe am Golf, die Unpopularität unserer Präsenz dort, die Fragilität der Regime, die wir unterstützen – diese Fakten sind keine Geheimnisse, aber unter Amerikanern sind sie nicht allgemein bekannt.“
Nach dem 11. September 2001 wären diese Fakten vielleicht besser bekannt geworden, vor allem, wenn sich die USA auf den konkreten Feind konzentriert hätten, der sie angegriffen hatte: Al-Qaida. Die Amerikaner wären vielleicht zu dem Schluss gekommen, dass der Weg, sich vor Terroristen im Nahen Osten zu schützen, letztlich darin bestand, die Region nicht länger zu besetzen und dort keine Menschen mehr umzubringen. Als die USA Vergeltung für den 11. September 2001 übten, hätten sie sich fragen sollen, ob das Streben nach globaler Vorherrschaft nicht sogar ihre eigene Sicherheit beeinträchtigte.
Für Präsident George W. Bush und seine außenpolitischen Vordenker war es entscheidend, dass das Land zu einem anderen Schluss kam: Das Problem war nicht zu viel amerikanische Macht, sondern zu wenig. Die Angreifer, so versicherten sie der amerikanischen Bevölkerung, seien durch das reine Böse motiviert und keineswegs durch irgendetwas, was die USA getan haben könnten. „Die Amerikaner fragen sich: Warum hassen sie uns?“ sagte Bush in einer Ansprache an die Nation neun Tage nach 9/11. Seine Antwort: „Sie hassen unsere Freiheiten.“
Ebenso wichtig ist, dass es sich bei „ihnen“ nicht nur um die Dschihadisten von Al-Qaida handelte. Sich nur auf die Gruppe zu konzentrieren, die New York und Washington angegriffen hatte, würde den größeren Einsatz verfehlen, nämlich den Kampf um die Aufrechterhaltung der globalen Hegemonie der USA gegen alle Arten von Widerstand. Wie Wolfowitz, inzwischen stellvertretender Verteidigungsminister, am 4. Oktober 2001 vor dem Kongress erklärte, „wollen Osama bin Laden, Saddam Hussein, Kim Jong Il und andere Tyrannen Amerika aus wichtigen Regionen der Welt heraushalten.“ Die Anschläge vom 11. September seien nur ein Beispiel für den Widerstand gegen die USA, dem man als Ganzes entgegentreten müsse. „Deshalb ist unsere Herausforderung heute größer als der Sieg im Krieg gegen den Terrorismus“, so Wolfowitz weiter. „Die heutige terroristische Bedrohung ist ein Vorbote noch größerer Bedrohungen, die kommen werden.“
So gesehen boten die Anschläge vom 11. September 2001 der Bush-Regierung eine Chance. Durch eine spektakuläre Reaktion konnten die USA den aufkommenden internationalen Widerstand schon im Keim ersticken. Sie konnten eine Vielzahl potenzieller Gegner davon abhalten, eine größere Rolle anzustreben, wie es in den Verteidigungsplanungsrichtlinien von 1992 gefordert wurde. Diesmal konnten die Staats- und Regierungschefs auch die Unterstützung der Öffentlichkeit gewinnen. Endlich würde das amerikanische Volk die einst abstrakte Forderung nach Vorherrschaft positiv annehmen und nicht nur passiv akzeptieren.
Für solche Zwecke würde nicht einmal ein „globaler Krieg gegen den Terror“ ausreichen. Die USA müssten „massiv vorgehen“, sagte Rumsfeld vier Stunden nach dem Fall der Zwillingstürme zu einem Berater. Den Gesprächsnotizen des Adjutanten zufolge sagte Rumsfeld: „Fegt alles zusammen. Zusammenhängende und nicht zusammenhängende Dinge.“ Das bedeutete, „S.H.“ zu treffen, zur gleichen Zeit, nicht nur OBL“ (gemeint waren Saddam Hussein und Osama bin Laden). Die US-Geheimdienste identifizierten Al-Qaida umgehend als Urheber der Flugzeugentführungen, doch Rumsfeld begann zusammen mit Wolfowitz und anderen Beamten, einen Angriff auf den Irak zu befürworten. Der Koordinator für Terrorismusbekämpfung des Nationalen Sicherheitsrats, Richard Clarke, hielt diese Idee für unsinnig. „Nachdem wir von Al-Qaida angegriffen worden sind, wäre eine Bombardierung des Irak als Antwort darauf so, als würden wir in Mexiko einmarschieren, nachdem die Japaner uns in Pearl Harbor angegriffen haben“, sagte Clarke später am 12. September. Während sich das Land in Afghanistan in einen unsicheren Krieg gegen einen schattenhaften Feind stürzte, der durchaus wieder zuschlagen konnte, war es bemerkenswert, dass hochrangige Beamte auch eine Invasion des Irak in Erwägung zogen, ganz zu schweigen davon, innerhalb von 18 Monaten 130.000 Soldaten für diese Aufgabe bereitzustellen.
Die Bush-Administration führte mehrere Gründe für einen Angriff auf den Irak an, aber im Mittelpunkt standen die Behauptungen (von denen einige, aber nicht alle, durch US-Geheimdienstinformationen gestützt wurden), dass Saddam chemische und biologische Waffen horte und versuche, Atomwaffen zu entwickeln. Die USA wären vielleicht nicht einmarschiert, wenn die Behörden gewusst hätten, dass Saddams Waffenprogramm eine Fata Morgana war, ein Bluff, um die Macht des Diktators zu stärken und Feinde wie den Iran abzuwehren. Es ist jedoch schwer zu sagen, wie viel Gewicht der Befürchtung beizumessen war, dass Saddam eines Tages Massenvernichtungswaffen an Terroristen weitergeben könnte, die sie dann gegen die USA einsetzen könnten – ein Alptraumszenario, das von vielen Befürwortern des Krieges heraufbeschworen wurde. Diese Aussicht war immer rein spekulativ, obwohl die politischen Entscheidungsträger nicht ein weiteres „Versagen der Vorstellungskraft“ erleiden wollten, nachdem sie nicht vorausgesehen hatten, wie Verkehrsflugzeuge entführt und in Raketen verwandelt werden konnten.
Aber während Saddam vielleicht niemals Massenvernichtungswaffen gegen die USA selbst eingesetzt hätte, war es sicherer, dass seine vermuteten Waffen ein Hindernis für die amerikanischen Pläne im Nahen Osten darstellen konnten. „Ein wahrscheinlicheres Problem war, dass sie unsere Bereitschaft, die Interessen der USA zu verteidigen, beeinträchtigen konnten“, schrieb Douglas Feith, der im Vorfeld des Krieges als Unterstaatssekretär für Verteidigung fungierte, später. Bezeichnenderweise tat Feith die Möglichkeit, dass Saddam nicht die Absicht hatte, die USA anzugreifen, als „nebensächlich“ ab. „Saddam würde es vielleicht sogar vorziehen, uns in Ruhe zu lassen“, räumte er ein. „Die Frage ist, ob die irakischen Massenvernichtungswaffen uns dazu zwingen könnten, ihn in Ruhe zu lassen – und damit frei zu sein, die Amerikaner und unsere Freunde und Interessen anzugreifen.“ Das heißt, ein gut bewaffneter Saddam würde die Hegemonie der USA im Nahen Osten behindern. Ihn auszuschalten dagegen würde die amerikanische Vorherrschaft sicherer machen, unabhängig davon, ob es der beste Weg war, die USA selbst zu schützen oder nicht.
Manchmal scheint der Irak-Krieg ganz aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden zu sein.
Rückblickende Darstellungen, darunter ein kürzlich erschienenes Buch des Historikers Melvyn Leffler, konzentrieren sich zu sehr auf die Frage der Massenvernichtungswaffen, die als Grund für die Invasion bei weitem nicht ausreicht. Selbst wenn Beamte der Bush-Administration einige der Geheimdienstinformationen über die irakischen Programme nicht falsch dargestellt hätten, wäre der Wunsch, Saddam zu entwaffnen, kein Grund für den Kriegseintritt gewesen. Die Angst vor Saddams Waffenarsenal ist eine unzureichende Erklärung dafür, warum die Bush-Administration nach dem 11. September 2001 so schnell zum Angriff auf den Irak überging, von dem man nicht annahm, dass er kurz davor stand, einen wichtigen neuen Waffentyp zu erwerben. Die Angst vor Saddams Waffenarsenal kann auch nicht erklären, warum die Bush-Regierung die UN-Waffeninspektoren im März 2003 aus dem Irak abzog, obwohl das UN-Team zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 550 Inspektionen ohne Vorankündigung durchgeführt hatte und überzeugt war, weitere Fortschritte zu machen und die Inspektionen deshalb auch fortsetzen wollte. Wäre die Entwaffnung Saddams das vorrangige Motiv gewesen, hätte die Bush-Regierung die Inspektionen fortsetzen und möglicherweise einen Krieg vermeiden können. Aber im Gegenteil, einige Befürworter einer Invasion, wie z. B. Cheney, wollten den Waffeninspektionen gar nie eine Chance geben.
Der überstürzte Kriegseintritt lässt sich besser mit dem Wunsch erklären, die Vormachtstellung der USA zu festigen, kurz nachdem die USA von einem verheerenden Angriff heimgesucht worden waren. „Der Demonstrationseffekt“, so charakterisierte Cheneys damaliger stellvertretender nationaler Sicherheitsberater, Aaron Friedberg, später die Überlegungen. Die Regierung wollte „nicht nur ein harter Kerl sein, sondern die Abschreckung wiederherstellen“, sagte er dem Journalisten Barton Gellman. „Wir wurden sehr hart getroffen, und wir mussten denjenigen, die diejenigen, die diese Taten in Erwägung zogen, möglicherweise unterstützten oder ihnen Unterschlupf gewährten, die Kosten deutlich machen.“ Es war unbedingt notwendig, etwas Großes zu tun, um ein allgemeines Gefühl der Angst wiederherzustellen, ohne das die globale Hegemonie der USA einen endlosen Antagonismus hervorrufen könnte. „Wenn der Krieg die politische Landkarte der Welt nicht wesentlich verändert, werden die USA ihr Ziel nicht erreichen“, schrieb Rumsfeld am 30. September an Bush. Die USA sollten unter anderem „neue Regime in Afghanistan und einen weiteren Schlüsselstaat (oder zwei)“ anstreben.
Von diesem Standpunkt aus gesehen spielte es kaum eine Rolle, ob der Irak mit den Anschlägen vom 11. September in Verbindung stand, wie der genaue Stand seines Waffenprogramms war oder ob die US-Regierung sich auf einen Plan einigen konnte, um den Irak zu regieren, bevor sie sein Regime auflöste. Was zählte, war die „Größenordnung des notwendigen Wandels“, wie es Rumsfeld formulierte. Wie der Politikwissenschaftler Ahsan Butt argumentiert, ging es darum, dass die USA einen Gegner vernichten und eine Botschaft aussenden würden: Unterschätzt nicht unsere Macht oder unsere Bereitschaft, sie einzusetzen!
Die Architekten des Krieges glaubten zweifellos, dass sie die nationale Sicherheit der USA schützen würden. Doch was sie unmittelbar zu erreichen versuchten, war etwas anderes: die Festigung der herausragenden Machtposition der Vereinigten Staaten durch einen Präventivkrieg. Obwohl sie davon ausgingen, dass eine solche Vormachtstellung für die amerikanische Sicherheit notwendig sei, hätte das Argument für den Irak-Krieg eigentlich etwas anderes nahelegen müssen. Um Saddam zu stürzen, mussten die USA im Vorfeld Kosten in Form von Menschenleben und Schätzen zahlen, um im Gegenzug einen höchst spekulativen Nutzen zu erzielen. (Wenn die Kosten anfangs minimal erschienen, dann nur, weil die Befürworter des Krieges die Möglichkeit ausschlossen, dass die US-Streitkräfte als Invasoren und Besatzer behandelt werden würden. „Wir werden in der Tat als Befreier begrüßt werden“, versprach Cheney im März 2003). Die potenziellen Vorteile einer Beseitigung Saddams würden Israel, Saudi-Arabien und anderen Sicherheitspartnern der USA in der Region zugute kommen. Die Vereinigten Staaten würden nur insoweit profitieren, als sich die Aufrechterhaltung der US-Hegemonie im Nahen Osten lohnen würde. Aber konnten die USA durch eine Verringerung ihres Engagements in der Region mehr Sicherheit für sich selbst erreichen? Diese Frage blieb ungeprüft, da das Streben nach Vormachtstellung ironischerweise von den tödlichen Kosten ablenkte, indem es neue und tödlichere Missionen hervorrief.
RÜCKSCHLAG IM INLAND
In den nächsten zehn Jahren sollten die Amerikaner immer wieder hören, warum der Krieg im Irak schief gelaufen ist: Die Bush-Regierung hat es versäumt, den Wiederaufbau nach dem Krieg zu planen. Sie ließ den irakischen Staat im Bürgerkrieg versinken. Demokratie lässt sich nur selten mit einer Waffe durchsetzen. Nationenbildung funktioniert nicht.
All diese Einsichten sind richtig und sinnvoll. Sie sind aber gleichzeitig auch unzureichend. Eine Parade kleinerer Lektionen ließ die größeren unbeachtet – und ermöglichte es den Befürwortern des Krieges, die Überprüfung ihrer wichtigsten Fehlannahmen zu vermeiden. Ein Jahr nach Beginn des Krieges räumten Kristol und Kagan ein, dass Bush beim Wiederaufbau des Irak „nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen“ habe, während sie gleichzeitig darauf drängten, dass die US-Streitkräfte „so lange wie nötig“ bleiben sollten. In einem einflussreichen Buch über den Krieg aus dem Jahr 2005 warf der Schriftsteller George Packer dem Bush-Team „kriminelle Nachlässigkeit“ vor. Seiner Ansicht nach lag das Problem der Invasion weniger in ihrer Konzeption als in ihrer Durchführung. „Der Irak-Krieg war immer zu gewinnen; er ist es immer noch“, schloss er. „Gerade deshalb ist die Rücksichtslosigkeit seiner Urheber umso schwerer zu verzeihen.“
Kein Wunder, dass die Adressaten von Packers Kritik eine ähnliche Haltung einnahmen, um die Entscheidung für den Krieg zu retten und die laufende Kampagne zur Bekämpfung von Aufständischen und Terroristen und zur Errichtung eines lebensfähigen irakischen Staates zu retten. Im Jahr 2006 räumten Bush und Außenministerin Condoleezza Rice „taktische Fehler“ ein – „Tausende davon, da bin ich mir sicher“, fügte Rice wenig hilfreich hinzu. Nichtsdestotrotz bezeichneten sie die Invasion als strategisch sinnvoll.
Zu diesem Zeitpunkt wandte sich die amerikanische Öffentlichkeit bereits gegen den Krieg und Washingtons Ausreden. Im Laufe des nächsten Jahrzehnts erlebten die Wähler drei Wahlüberraschungen, die das Ausmaß ihrer Unzufriedenheit offenbarten. Der Einmarsch in den Irak sollte die amerikanische Macht und den Willen Washingtons demonstrieren, die Welt zu gestalten, ohne sich von internen Zweifeln oder externen Normen einschränken zu lassen. Als die politischen Eliten dazu übergingen, den Krieg als taktischen Fehler abzutun, der auf fehlerhafte Geheimdienstinformationen oder unzureichende Planung zurückzuführen war, beseitigten sie nicht das Gefühl des existenziellen Zwecks, mit dem sie die Invasion ursprünglich versehen hatten. Stattdessen versuchten sie, den tieferen Sinn des Krieges zu überspielen, nur um dann im In- und Ausland von Rückschlägen getroffen zu werden.
Die erste Überraschung gab es bei den Kongresswahlen im Jahr 2006. Bushs Weißes Haus erwartete, den Krieg zum Vorteil der Republikanischen Partei nutzen zu können, und warf den Demokraten „Rückzug und Defätismus“ vor, wie Cheney es ausdrückte. Am Wahltag war es die GOP (die Grand Old Party, die Republikanische Partei, Red.), die sich aus der Debatte zurückgezogen hatte. Angeführt von Nancy Pelosi, die die Invasion als „grotesken Fehler“ bezeichnete, gewannen die Demokraten nach zwölf Jahren republikanischer Herrschaft das Repräsentantenhaus. Eine Mehrheit der Wähler betrachtete den Irak-Krieg als das wichtigste Thema der Wahl und erwartete, dass die Demokraten das militärische Engagement der USA in dem Land reduzieren oder beenden würden.
Bush ordnete jedoch eine Truppenverstärkung im Irak an, um das Land in letzter Minute zu stabilisieren. Die nächste Wahl im Jahr 2008 brachte eine noch größere Überraschung: den Sieg des jungen, schwarzen und liberalen Obama über die älteren Senatoren Hillary Clinton und John McCain. Sowohl Clinton als auch McCain hatten für die Genehmigung des Irakkriegs gestimmt. Obama zeichnete sich dadurch aus, dass er ihn im Oktober 2002 als „dumm“ und „unüberlegt“ ablehnte. Seine Haltung zum Irak war vielleicht sein größter Vorteil im Vorwahlkampf. „Ich will nicht nur den Krieg beenden“, erklärte er. „Ich will die Mentalität beenden, die uns überhaupt erst in den Krieg geführt hat“. Obama schien nicht nur einen sauberen Bruch mit der Bush-Regierung anzubieten, sondern auch mit einer „außenpolitischen Elite, die größtenteils auf den Zug des Krieges aufgesprungen ist“, wie er es auf der Wahlkampftour ausdrückte.
Der saubere Bruch erwies sich als falsch. Im Amt behandelte Obama die „Denkweise“, die hinter dem Krieg stand, hauptsächlich als psychologisches Manko. Während Bush impulsiv gehandelt hatte, schien Obama sorgfältig nachzudenken. Er schien die Konsequenzen abzuwägen, bevor er das Feuer eröffnete. Obama zog 2011 die US-Streitkräfte aus dem Irak ab, hielt aber den Krieg in Afghanistan aufrecht und schickte schließlich 2014 erneut Truppen in den Irak. In der Zwischenzeit hielt er die Sicherheitspartnerschaften aufrecht, die er geerbt hatte, und erweiterte und routinierte ein Programm zur Tötung von Terroristen durch Drohnen und Spezialkräfte (bei deren Einsätzen auch unzählige Unschuldige zu Tode kamen. Red.). Obama verstrickte sich im Nahen Osten, vielleicht wider besseres Wissen, aus demselben Grund, aus dem sein Vorgänger den Krieg im Irak begonnen hatte: Die USA wollten die dominierende Macht in der Region sein und, wie Obama es wiederholte, die „unverzichtbare Nation“ weltweit bleiben.
Bei den nächsten Präsidentschaftswahlen ging man in Washington davon aus, dass der jüngere Bruder von George W. Bush, Jeb, der Spitzenkandidat der Republikaner sein würde. Der ehemalige Gouverneur von Florida wurde ein politisches Opfer des Krieges seines Bruders. Auf die Frage, ob er in den Irak einmarschiert wäre, auch „wenn er gewusst hätte, was wir jetzt wissen“, antwortete er zunächst mit Ja. Dann versuchte er, Folgefragen auszuweichen. Schließlich entschied er, dass er doch nicht einmarschiert wäre. Es war nun an Donald Trump, aus der unkontrollierten Empörung der Öffentlichkeit Kapital zu schlagen. Der Demagoge versetzte dem politischen Establishment den dritten Schock, als er 2016 den Krieg als die möglicherweise „schlechteste Entscheidung“ in der amerikanischen Geschichte bezeichnete. Trump hat gelogen, als er behauptete, die ganze Zeit gegen die Invasion gewesen zu sein, aber zumindest hat er im Nachhinein erkannt, dass der Krieg eine Katastrophe war. Das war für einige Wähler Beweis genug, ihm als Oberbefehlshaber zu vertrauen und den Chor der Eliten zu ignorieren, die ihn für ungeeignet hielten, die Führung zu übernehmen.
UNVOLLENDETE AUFGABEN
Heute versuchen die politischen Führer erneut, das Blatt zu wenden. Vielleicht können sie durch den Anschein, dass es sich um unliebsame Gegner handelt, Erfolg haben, wo frühere Bemühungen gescheitert sind. Angesichts des Aufstiegs Chinas und der Aggression Russlands haben die USA ein neues Ziel für ihre globale Macht gefunden. Dabei spielt es keine Rolle, dass das ausgleichende Verhalten der Großmächte genau das war, was die globale Vormachtstellung der USA verhindern sollte: Jetzt, da die Theorie der notwendigen Vorherrschaft nicht aufgegangen ist, will Washington nach vorne und nicht zurück schauen. Manchmal scheint der Irakkrieg ganz aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden zu sein. Biden bezeichnete kürzlich den Krieg Russlands gegen die Ukraine als die einzige groß angelegte Invasion, die die Welt in acht Jahrzehnten erlebt habe. „Die Vorstellung, dass über 100.000 Soldaten in ein anderes Land einmarschieren – so etwas hat es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben“, erklärte Biden im Februar. Er sprach diese Worte einen Monat vor dem 20. Jahrestag der US-Invasion im Irak, einem Krieg, den der damalige Senator Biden mit seiner Stimme genehmigt hatte.
Der Versuch zu vergessen ist der einzige Weg, der garantiert, nichts zu lernen. Wenn die USA auf gleichwertige Konkurrenten denselben Willen zur Dominanz anwenden, der sie in den Irak, ein weitaus schwächeres Land, geführt hat, werden die Folgen schwerwiegend sein. Der „nächste Irak“ könnte durchaus die Form eines Großmächtekrieges annehmen. Nur wenige Amerikaner würden einen solchen Konflikt anstreben, aber es gab auch damals nicht viele, die vor dem 11. September 2001 für eine direkte Invasion des Irak plädierten oder das Ausmaß und die Dauer der „Operation Iraqi Freedom“ vorhersahen, bevor sie begann. Die Pathologien der US-Vorherrschaft ließen den Krieg als notwendig und lohnenswert erscheinen, und diese Pathologien bringen die USA weiterhin auf Kollisionskurs mit anderen Ländern. Erstens vermengt Washington die Interessen der USA mit ihren weit verstreuten militärischen Positionen und Bündnisverpflichtungen und schließt dabei die Möglichkeit, dass die Abgabe einiger Verantwortlichkeiten die amerikanische Sicherheit sogar erhöhen und die amerikanische Strategie verbessern könnte, fast von vornherein aus. Zweitens lässt Washington systematisch außer Acht, wie seine Macht andere bedroht, die dann auch entsprechend handeln. Zusammengenommen zwingen diese Fehler die US-Außenpolitik dazu, gegen jene Macht-Tendenz anzutreten, die ein Gleichgewicht der Kräfte herstellen möchte, und das gerade dann, wenn die überforderten USA diese Tendenz nutzen müssten.
Seit Februar 2022 haben die USA der Ukraine zu Recht geholfen, sich gegen die brutale Invasion Russlands zu verteidigen. Dennoch haben sie sich einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Fehlern der US-Politik entzogen, die den Boden für diesen Konflikt und möglicherweise weitere Konflikte geschaffen haben. Durch die Erweiterung der NATO im Rahmen eines ergebnisoffenen Prozesses mit offenen Türen bauten die USA ihre Vorherrschaft in europäischen Sicherheitsfragen aus und hofften gleichzeitig, dass Russland sich nicht feindselig verhalten würde. Diese Hoffnung war von Anfang an naiv. Die Schaffung einer Trennlinie innerhalb Europas, die immer näher an Moskau heranrückt, macht die Länder, die (noch) nicht in der NATO sind, besonders verwundbar.
Der „nächste Irak“ könnte durchaus die Form eines Großmächtekrieges annehmen
Die Erweiterung der NATO ging also auf Kosten der Ukraine – und der USA. Indem sie ihre Vormachtstellung in der europäischen Verteidigung festigten, gaben die USA ihren Verbündeten reichlich Grund, ihre eigene Sicherheit nach Washington auszulagern. Genau deshalb obliegt es nun in erster Linie den USA, internationale Hilfe für die Ukraine zu organisieren und ihre Soldaten und Städte in die Schusslinie zu nehmen, falls Russland in Zukunft NATO-Staaten angreifen sollte. Der einzige Ausweg aus dieser selbst gestellten Falle besteht darin, mit der Logik der Vorherrschaft zu brechen und die Führung der europäischen Verteidigung schrittweise, aber entschlossen den Europäern zu übertragen, die reichlich Ressourcen zur Abschreckung Russlands und zur Verteidigung ihres Territoriums mobilisieren können.
Während Washington in Europa größere Risiken eingeht, steuert es zusätzlich auf eine Konfrontation mit Peking zu. Es zeichnet sich ein parteiübergreifender Konsens ab, der darauf abzielt, gegenüber der zweitgrößten Weltmacht immer härter durchzugreifen. Doch wie die USA ihre Beziehungen zu China in den kommenden Jahrzehnten gestalten wollen, bleibt unklar und nur oberflächlich überlegt. Eine feindselige Haltung, ohne ein gewünschtes Ziel, ist eine unkluge Politik. Auch wenn die Emotionen nicht mehr so heftig sind und die Öffentlichkeit sich nicht mehr so stark engagiert, ähnelt das Umfeld in Washington jetzt immer mehr der Zeit vor dem März 2003, als Politiker und Beamte, die es unbedingt mit einem Gegner aufnehmen wollten, es versäumten, die möglichen Entwicklungen in einem Irak nach Saddam zu bewerten und damit die Rolle anderer bei der Festlegung des Ergebnisses unterschätzt haben.
Wenn es den USA und China ernst damit ist, einen kalten Krieg oder einen weltumspannenden Krieg mit Waffen zu vermeiden, müssen beide Seiten daran arbeiten, Bedingungen für die Koexistenz zu schaffen. Doch diese Bedingungen werden von Tag zu Tag schwieriger. Inmitten einer Flut von Einwänden gegen die chinesischen Praktiken hat es oft den Anschein, dass die USA Chinas Aufstieg gänzlich ablehnen. Nachdem die Trump-Administration China als Bedrohung eingestuft hat, hat Biden potenziell verhängnisvolle Maßnahmen ergriffen: Er hat die „Ein-China-Politik“ ausgehöhlt, die es Washington und Peking ermöglicht hat, sich in der Taiwan-Frage zu einigen und weitreichende Beschränkungen für Chinas Zugang zu Technologie, einschließlich fortschrittlicher Halbleiter, einzuführen. Wie China reagieren wird, ist noch nicht bekannt, aber seine Möglichkeiten, den USA zu schaden, sind beträchtlich. Bei der Verteidigung ihrer herausragenden Machtposition – die ein Mittel zum Zweck sein sollte – gehen die USA enorme Risiken ein, ohne zu bedenken, wie eine verschärfte Rivalität die Amerikaner ärmer und unsicherer machen könnte.
Es gibt bessere Optionen: Die Vereinigten Staaten sollten sich aus dem Nahen Osten zurückziehen, die Verteidigungslasten auf europäische Verbündete verlagern und eine wettbewerbsfähige Koexistenz mit China anstreben. Auch wenn es manchmal so klingt, als würden die politischen Entscheidungsträger genau das tun, sprechen die Fakten dagegen. Trotz des ganzen Geredes über strategische Disziplin sind heute etwa 50.000 US-Truppen im Nahen Osten stationiert, genauso viele wie am Ende der Obama-Regierung. Washington ist immer noch dem Primat der Macht verfallen und in einer Endlosschleife gefangen, in der es von selbstverschuldeten Problemen zu noch größeren selbstverschuldeten Problemen taumelt, wobei es diese neuen und noch größeren Probleme aufrechterhält, während es die alten selbstverschuldeten Probleme vertuscht. In diesem Sinne bleibt der Irak-Krieg für die USA tatsächlich ein unerledigtes Geschäft.
Zum Autor: Stephen Wertheim is a Senior Fellow in the American Statecraft Program at the «Carnegie Endowment for International Peace» and Visiting Lecturer at Yale Law School and Catholic University. He is the author of Tomorrow, the World: The Birth of U.S. Global Supremacy
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
(Red.) Robert Kagan, 64, Ehemann von Victoria «Fuck EU» Nuland und persönlicher Freund des jetzigen US-Außenministers Antony Blinken, ist einer der profiliertesten US-amerikanischen Polit-Berater und Polit-Autoren und vielleicht der prominenteste Vertreter der sogenannten US-amerikanischen Neocons, der Neokonservativen. Seine Spezialität ist, seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu erklären, dass die USA aus historischen Gründen verpflichtet sind, die ganze Welt zu beherrschen.«Nur die amerikanische Macht kann die Naturgewalten der Geschichte in Schach halten», so Kagan wörtlich. (cm)
«Es ist an der Zeit, den Amerikanerinnen und Amerikanern zu sagen, dass sie ihrer globalen Verantwortung nicht entkommen können und dass sie deshalb über den Schutz des eigenen Landes hinausdenken müssen. Sie müssen begreifen, dass der Zweck der Nato und anderer Bündnisse nicht in der Abwehr unmittelbarer Gefahren für US-Interessen besteht, sondern darin, den Zusammenbruch jener Ordnung zu verhindern, die diesen (US-amerikanischen) Interessen am dienlichsten ist. Man muss den Amerikanern offen und ehrlich sagen, dass die Aufgabe, eine (von den USA gesteuerte, Red.) Weltordnung aufrechtzuerhalten, niemals endet und zwar kostspielig, aber jeder Alternative unbedingt vorzuziehen ist.»
(Diese Aussage Robert Kagans hat Christian Müller schon in einem Artikel über Robert Kagan zitiert, den er am 18. April 2021 auf der Plattform Infosperber.ch publiziert hatte. Sein damaliger Artikel kann hier nachgelesen werden.)
Jetzt hat Robert Kagan in der ersten 2023er Ausgabe der renommierten US-amerikanischen Zeitschrift «Foreign Affairs» erneut einen längeren Beitrag zur US-Außenpolitik veröffentlicht. Darin bestätigt er, dass praktisch alle US-Interventionen sogenannte «Wahl-Kriege» waren, also Kriege, die nicht notwendig gewesen wären, die von den USA aber gewollt waren. Aber er erklärt, dass es einen Weltfrieden nur geben kann, wenn die USA die ganze Welt beherrschen. Seine Argumentation basiert auf der Geschichte der USA seit 200 Jahren, mit etlichen Verweisen auf einzelne Ereignisse. Dabei unterstellt Kagan Russland und China, die ganze Welt beherrschen zu wollen, gerade auch in diesem Punkt allerdings auch mit falschen Informationen. So etwa behauptet auch er, wie die meisten US-Poltiker, im Jahr 2008 habe Russland den Kaukasus-Krieg eröffnet, obwohl eine von der EU in Auftrag gegebene Untersuchung unter der Leitung der Schweizer Spitzendiplomatin Heidi Tagliavini zum klaren Schluss kam, dass es der damalige georgische Staatspräsident Micheil Saakaschwili war, der den ersten Schießbefehl gab.
Hier einige Zitate aus dem neusten Artikel von Robert Kagan in «Foreign Affairs»
«Damals wie heute handelten die Amerikaner nicht, weil ihre Sicherheit unmittelbar bedroht war, sondern um die liberale Welt jenseits der eigenen Küsten zu verteidigen.»
«Die Amerikaner sind auf die vermeintliche moralische Unterscheidung zwischen „Kriegen der Notwendigkeit“ und „Kriegen der Wahl“ fixiert. [ ] Aber alle Kriege der USA waren Wahlkriege, die „guten“ und die „schlechten“ Kriege, die gewonnenen und die verlorenen Kriege. Kein einziger war notwendig, um die unmittelbare Sicherheit der USA zu verteidigen; in allen ging es auf die eine oder andere Weise um die Gestaltung des internationalen Umfelds.»
«Wenn unzufriedene Großmächte wie Russland und China sich so lange an diese Regeln hielten, dann nicht, weil sie sich zum Liberalismus bekehrt hatten oder weil sie mit der Welt, wie sie war, zufrieden waren oder die Regeln von Natur aus respektierten. Es lag daran, dass die USA und ihre Verbündeten im Namen ihrer Vision einer wünschenswerten Weltordnung eine überlegene Macht ausübten und die unzufriedenen Mächte keine andere Wahl hatten, als sich zu fügen.»
«Auch Putins wiederholte Invasionen in Nachbarstaaten waren nicht von dem Wunsch geleitet, Russlands Sicherheit zu maximieren. Russland war an seiner Westgrenze nie so sicher wie in den drei Jahrzehnten nach dem Ende des Kalten Krieges. Russland wurde im 19. und 20. Jahrhundert dreimal von Westen her angegriffen, einmal von Frankreich und zweimal von Deutschland, und musste sich während des gesamten Kalten Krieges auf die Möglichkeit einer westlichen Invasion vorbereiten. Doch seit dem Fall der Berliner Mauer hatte niemand in Moskau Grund zu der Annahme, dass Russland die Möglichkeit eines Angriffs durch den Westen drohte.»
«Trotz häufiger gegenteiliger Behauptungen bestehen die Umstände fort, die die USA vor einem Jahrhundert zum bestimmenden Faktor des Weltgeschehens machten. So wie zwei Weltkriege und der Kalte Krieg bestätigt haben, dass Möchtegern-Autokraten ihre Ambitionen nicht verwirklichen können, solange die USA eine Rolle spielen, so hat Putin die Schwierigkeit entdeckt, seine Ziele zu erreichen, solange seine schwächeren Nachbarn praktisch unbegrenzte Unterstützung von den USA und ihren Verbündeten erwarten können.»
«Die Amerikaner sollten eine freimütige und offene Debatte darüber führen, welche Rolle sie den USA in der Welt zuweisen wollen. Der erste Schritt besteht jedoch darin, zu erkennen, was auf dem Spiel steht. Der natürliche Verlauf der Geschichte in Abwesenheit amerikanischer Führung ist ganz offensichtlich: Er führt nicht zu einem liberalen Frieden, einem stabilen Gleichgewicht der Kräfte oder zur Entwicklung internationaler Gesetze und Institutionen. Stattdessen führt er zur Ausbreitung von Diktaturen und ständigen Konflikten zwischen Großmächten. Darauf hat sich die Welt in den Jahren 1917 und 1941 zubewegt. Sollten die USA heute ihr Engagement in der Welt verringern, sind die Folgen für Europa und Asien unschwer vorauszusehen. Großmächtekonflikte und Diktaturen waren in der Geschichte der Menschheit die Regel, der liberale Frieden eine kurze Verirrung. Nur die amerikanische Macht kann die Naturgewalten der Geschichte in Schach halten.»
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
02.04.2023
Ehemaliger UN-Diplomat: Die Friedensfrage ist das Schicksal der deutschen SPD
gegenzensur.rtde.life, vom 1 Apr. 2023 15:49 Uhr, Von Felicitas Rabe
Bei ihren "Remscheider Gesprächen" der SPD-AG der Über-60-Jährigen erinnerte ein Ex-UN-Diplomat an die Tradition der SPD als Friedenspartei. Das Schicksal der Sozialdemokraten hinge an der Friedensfrage, erklärte er. Wegen des Abgebens dieser Verantwortung auch der Sozialdemokratie im Nachbarland habe die FPÖ in Niederösterreich ein Viertel aller Stimmen erhalten. Auch in Deutschland erhielte die AfD deshalb immer mehr Zustimmung.
Michael von der Schulenburg bei den "Remscheider Gesprächen" der SPD-Arbeitsgemeinschaft "60 plus" am 30. März 2023
Zitat: Es gäbe nur wenige Menschen, die sich mit dem Ukraineproblem wirklich auseinandersetzen würden, meinte der ehemalige UN-Diplomat Michael von der Schulenburg zu Beginn seines Vortrags am Mittwochabend in Remscheid bei der regionalen SPD-Arbeitsgemeinschaft der Über-60-Jährigen (AG "60 plus"). Als früherer Leiter von UN-Friedensmissionen war er im Rahmen der "Remscheider Gespräche" von der SPD Remscheid eingeladen worden, seine Sichtweise zum Thema "Frieden in Europa – ist die Lösung das Problem" zu präsentieren.
Von der Schulenburg sei zutiefst beunruhigt, wie sehr der Westen sich so verhält, als sei er im Konflikt in der Ukraine eine Kriegspartei. Einerseits wüsste Russland, dass sich die NATO nicht offiziell als Kriegspartei an diesem Krieg beteiligen wolle, weil das zu einer unvermeidlichen atomaren Eskalation führen würde. Andererseits sind die westlichen Ländern und insbesondere die USA de facto längst Kriegspartei. Das ukrainische Militär kämpfe mit westlichen Waffen, und dessen Soldaten würden vom Westen finanziert.
Eskalationsgefahr wegen fehlender Definition einer "roten Linie"
Die Legende von der angeblichen Nichteinmischung der NATO in den Krieg in der Ukraine diene der Aufrechterhaltung des atomaren Schutzschilds. Wobei sowohl die USA als auch Russland bemüht seien, hinter ihrem jeweiligen atomaren Schutzschild zu bleiben. Gleichzeitig würde das Kriegsgeschehen immer weiter eskaliert werden. Das Problem sei, dass es keine klar definierte "rote Linie" gebe, ab wann die eine oder die andere Seite Atomwaffen einsetzen würde. In dieser Unklarheit über die "rote Linie", genau darin bestünde die große Gefahr dieses Krieges, erklärte der ehemalige UN-Diplomat.
Es handele sich hier zum ersten Mal um einen Krieg, bei dem Atomwaffen eine solch essenzielle militärische Rolle spielten. Gleichzeitig hätten sowohl der russische Präsident Wladimir Putin als auch der US-Präsident Joe Biden deutlich gemacht, dass sie beide ihr Prestige mit einem Sieg in diesem Krieg verbinden würden. Und trotz dieser großen Gefahr – "es bedeutet die Vernichtung der Welt in der wir leben" – wäre die Friedensbewegung in Deutschland unbedeutend und fragmentiert.
"Man kann hier den Eindruck haben, dass das Problem der Transgender größer ist als das Problem des Weltfriedens", stellte von der Schulenburg fest.
Bei der zersplitterten Friedensbewegung fehle es hierzulande vor allem an einer zusammenführenden Organisation. Die einzige Partei, welche so eine übergeordnete Rolle in der Friedensbewegung spielen könne, sei seiner Meinung nach die SPD. In dieser Situation müsse sich die SPD an ihre Tradition als Friedenspartei besinnen, appellierte der Diplomat an die SPD-Senioren:
"Wenn die SPD aufgibt, Friedenspartei zu sein,dann gibt die SPD sich selbst auf!"
Für die Sozialdemokratie würde dieser Krieg zur Schicksalsfrage werden. Im Moment würde ein SPD-Wähler Panzerlieferungen unterstützen:
"Wenn wir in Deutschland aktuell die SPD wählen, stimmen wir automatisch zu, dass wir die modernsten deutschenPanzer gegen Russland schicken."
In der letzten Wahl in Niederösterreich habe die FPÖ acht Prozent der Stimmen dazugewonnen und repräsentiere nun ein Viertel der österreichischen Wählerschaft. Dieses Wahlergebnis resultiere aus der Friedensposition der FPÖ, kommentierte der in Wien lebende von der Schulenburg den FPÖ-Wahlerfolg. Die FPÖ sei gegen einen Krieg mit Russland. Der Stimmenanteil der österreichischen Sozialdemokraten läge inzwischen hinter dem der FPÖ. Auch in Deutschland würden viele Menschen, die gar keine typischen AfD-Wähler seien, die AfD nur wegen ihrer Antikriegshaltung wählen.
Dieser Krieg ist weder im deutschen noch im Interesse der EU
Schließlich sei dieser Krieg weder im deutschen noch im europäischen Interesse. Deutschland und die EU hätten noch nicht einmal eine eigene Position dazu. Deshalb würde Russland sich auch gar nicht mehr an Europa wenden, sondern nur noch direkt mit den USA kommunizieren. Bundeskanzler Scholz sei überhaupt nicht in der Rolle, hierbei irgendetwas zu verhandeln. Dabei wüsste man noch nicht einmal, was man mit diesem Krieg erreichen wolle oder welche Ziele damit verfolgt würden.
"Wir wollen Euch [die Ukrainer] solange unterstützen, wie es nötig ist", es sei aber gar nicht bekannt, was diese Aussage bedeuten solle, erläuterte von der Schulenburg die Unklarheit der Kriegsziele.
Die deutschen Politiker hätten durchaus große Angst, dass sie ihre Meinungshoheit über diesen Krieg verlören. Insbesondere auch deshalb, weil die Menschen in Deutschland besonders sensibilisiert seien, was Kriegsbeteiligungen betrifft. In Deutschland gäbe es von der Schulenburg zufolge ein Potenzial von Wählern, die gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen sind. Zudem könne es doch nicht sein, dass Deutschland nach den USA mittlerweile der zweitgrößte Waffenlieferant sei – und die Deutschen würden sich dazu nicht äußern.
Es sei auch notwendig, die Russen zu verstehen. Moskau könne nicht zurück. Ansonsten würde es zu einem Genozid in der Ukraine kommen, der das, was im Kosovo passiert sei, bei Weitem übertreffen würde. Man dürfe nicht vergessen, dass nicht nur die Russen die UNO-Charta verletzt hätten. Die USA hätten seit dem Kalten Krieg 251 Mal andere Länder angegriffen.
Anstöße für eine Friedensbewegung in der SPD aus der AG "60plus"
Da es keine relevante politische Bewegung gebe, die gegen diese große Eskalationsgefahr protestiert, sei "der Frieden an die AfD abgeben worden", während die SPD keinerlei Verantwortung übernommen habe. Und selbst wenn man den Waffenlieferungen zustimmt, müsse man gleichzeitig auf Friedensverhandlungen bestehen. Die SPD habe ihre wichtige Tradition verloren, Friedenspartei zu sein. Es sei an der Zeit, sich auf diese Friedenstradition zu besinnen.
An dieser Stelle erinnerte ein Zuhörer daran, dass im SPD-Grundsatzprogramm der Erhalt des Friedens verankert sei: "Frieden in gemeinsamer Sicherheit", hieße es darin.
In der Diskussion stellten die anwesenden SPD-Mitglieder fest, dass es auch auf Bundesebene ihrer Partei Menschen gebe, die für Friedensverhandlungen seien und dass sich die AG "60 plus" bereits dementsprechend geäußert habe. Möglicherweise könne man aus dieser Arbeitsgemeinschaft heraus Anstöße für ein Umdenken in der Partei bewirken, hoffte einer der Teilnehmer.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
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02.04.2023
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Afrika, eine Geschichte zum Wiederentdecken: 19 – Die alten Festungen
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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? – Deutschland und die EU haben harte Beschlüsse zur Klimapolitik gefasst. Von der Leyen leitet eine gefährliche Wende in der China-Politik ein. Und die Ukraine führt Krieg gegen das IOC– mit deutscher und internationaler Hilfe.
Fluch oder Segen? Selten war die Klimapolitik so umstritten! Denn zum einen setzt die Politik zunehmend auf Verbote – Brüssel beim Verbrennungs-Motor, Berlin bei Gas- und Ölheizungen. Zum anderen werden die Zielvorgaben mal verschärft (EU zu Erneuerbaren), mal aufgeweicht (Deutschland bei Emissionen) – ohne dass erkennbar wäre, ob und wie sie zu erreichen sind.
Diese Woche tat sich sogar ein Riß bei den Grünen auf: Während sie sich in Berlin nicht durchsetzen konnten und um die Wählergunst fürchten, feiern sie in Brüssel große Erfolge – zusammen mit Kommissionchefin von der Leyen.
VDL, die Europa-Grüne
Die CDU-Politikerin ist längst zur Europa-Grünen mutiert, was sich auch an ihrer China-Politik zeigt. Dort schwenkt sie auf einen harten Kurs ein, sehr zur Freude von Hardlinern wie dem von Peking sanktionierten Europaabgeordneten Bütikofer (Grüne).
Allerdings führt die in Deutschland gescheiterte Ex-Verteidigungsministerin die EU – wenn sie sich durchsetzt – auf einen gefährlichen Weg. Seit’ an Seit’ mit US-Präsident Biden könnte er in einem Wirtschaftskrieg 2.0 oder gar dem 3. Weltkrieg münden.
Noch ist es nicht so weit. Noch geht es nur um “De-Risking”, nicht um Abkoppelung. Doch es sieht nicht gut aus um die “strategische Autonomie” der EU in der neuen, zunehmend multipolaren Welt – mehr dazu hier und hier (Makroskop).
Derweil hat die ukrainische Führung einen Kleinkrieg um Olympia angezettelt. Nachdem der IOC die Rückkehr (bela-)russischer Sportler empfiehlt, ordnet Kiew einen Boykott an. Der Krieg zieht immer größere Kreise, ein Ende ist nicht in Sicht…
Mehr Chroniken hier. Abonnement per Mail (kostenlos) hier.Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:
Wer bietet mehr? Kurz nach der Abschaffung des Verbrennungs-Motors hat die EU auch noch die Ziele für erneuerbare Energien hochgeschraubt. Selbst Deutschland ist meilenweit von den neuen Vorgaben entfernt.Mehr
Im Ukraine-Krieg droht die nächste Eskalation. Während Kremlchef Putin die Stationierung von taktischen Atomwaffen in Belarus ankündigt, fordert der ukrainische Präsident Selenskyj eine “umfassende Niederlage” Russlands.Mehr
1 Comment
KK 2. April 2023 @ 00:15
Völlig egal, ob die heibeigewünschten Ziele überaupt erreichbar sind – es werden einfach Gesetze gemacht ohne Rücksicht darauf, ob sie überhaupt in der Realität umsetzbar – und somit verfassungsgemäss – sind. Das Heizungsgesetz von Habeck ist ganz sicher verfassungswidrig, weil es an der Geeignetheit und der Angemessenheit mangelt. Solange der Staat noch nicht einmal dafür sorgt, dass überhaupt genügend Strom aus erneuerbaren Energien für all die zwingend auszutauschenden Gerätschaften (Millionen Heizungen und Kfz) zur Verfügung steht, kann der Bürger die gesetzliche Vorgabe “65% aus erneuerbaren Energien” ja gar nicht erfüllen, auch wenn er die geforderten Anlagen einbaut und sein Haus für deutlich mehr als der Neubau mal gekostet hat sanieren würde. Zumal ja auch noch die ganzen E-Autos diesen Strom zwingend erfordern, die ab 2035 ebenfalls zwingend anzuschaffen sind und in Konkurrenz treten. S0lche Gesetze sind wegen Nichterfüllbarkeit verfassungswidrig! Man könnte ja erst mal damit anfangen, dass zunächst einmal Neubauten und energetisch geeignete Gebäude bei entsprechender gelegenheit (Defekt/Fristenregelung mit entsprechenden Übergangsfristen) umzurüsten sind, und erst in weiteren Schritten nach und nach, wenn denn irgendwann mal genügend klimaneutraler Strom für alles zur Verfügung steht, sukzessive an den unsanierten Altbestand herangehen. Hinzu kommt natürlich noch der Widerspruch, das in Bezug auf die Klimaschädlichkeit günstigere Pipelinegas aus Russland durch das wesentlich klimaschädlichere LNG zu ersetzen – allein das wirft die deutsche Klimabilanz um Jahrzehnte zurück. Auch in der vom Deutschen Bundestag herausgegebenen Broschüre “Stichwort Gesetzgebung – Von der Idee zum Gesetz” finden wir auf Seite 7 den folgenden Passus: “Wichtig im Gesetzgebungsverfahren ist zudem, dass die Bürger die Gesetze auch akzeptieren, die ihnen „zugeteilt“ werden. Deshalb muss das Gesetzgebungsverfahren so gestaltet sein, dass alle wichtigen Argumente für und gegen das Vorhaben untersucht und gegeneinander abgewogen werden. Erst dann kann eine Entscheidung für ein Gesetz getroffen werden, das auf einem möglichst breiten Konsens beruht.”
[Quelle: https://www.btg-bestellservice.de/pdf/20264000.pdf – im pdf auf Seite 9] Eigentlich darf der Bundespräsident ein solches Gesetz gar nicht unterzeichnen, wenn er die Verfassung und seine Aufgabe ernst nimmt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Doch, es gibt sie noch – die guten Nachrichten aus Brüssel. Diese Woche: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Das Europäische Parlament hat den Kommissionsvorschlag zur Lohntransparenz gebilligt. Die neuen Vorschriften werden für mehr Transparenz und eine wirksame Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer sorgen und den Zugang zur Justiz für Opfer von Lohndiskriminierung verbessern.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte das positive Votum: „Wir machen uns dafür stark, dass Europa Wegbereiter für Frauenrechte bleibt. Gleiche Arbeit verdient gleiches Entgelt. Und für Lohngleichheit braucht es Transparenz. Frauen müssen wissen, ob ihre Arbeitgeber sie gleich behandeln und gleich wertschätzen. Wenn das nicht der Fall ist, dann müssen sie sich zur Wehr setzen können, um das zu bekommen, was ihnen zusteht.“
Europäisches Parlament und Rat hatten bereits im Dezember 2022 eine politische Einigung auf die neuen Vorschriften über Lohntransparenz erzielt. Nachdem die Richtlinie vom Rat der EU endgültig angenommen, unterzeichnet und im Amtsblatt veröffentlicht wurde, tritt sie 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
@ european: “Man hat gejubelt über den Export-Weltmeister und den Export-Europameister.”
Und jetzt sind wir Zahl-Welt- und Europameister – für die Ukraine! Denn was nutzt gleiche Bezahlung auf einem Niveau, auf dem es hinten und vorne für Unterkunft, Energie und Essen für viele nicht mehr reicht? Anstatt das unsere Regierungen Geld in Waffen und anderes für ein korruptes und undemokratisches Drittland stecken, sollten erst mal die eigenen Bürger satt und warm gehalten werden. Dann klappts vielleicht auch mal mit der Gerechtigkeit!
Genau so ist es. Sollte bei der nächsten Wahl die CDU wieder drankommen, wird es nicht lange dauern, bis wir wieder Sparprogramme erleben, „wir“ uns die Rente nicht mehr leisten können und überhaupt, die Südländer leben sowieso alle auf unsere Kosten, laber, laber, laber. All dieser alte Schmonzes, der schon die letzten Male nicht gestimmt hat.
Sahra’s letzte Wochenschau ist wieder einmal sehenswert. Ein heruntergehungertes Bildungssystem kann keine gut gebildeten jungen Menschen hervorbringen und schon gar keine Fachkräfte.
Aus eigener Erfahrung mit unseren Kindern im deutschen Schulsystem kann ich nur sagen, dass das alles wahr ist und schon seit Jahrzehnten so ist. Wir haben Deutschland 2009 verlassen. 1998 sind wir von Hessen nach NRW gezogen und da hatten die Hessen gerade beschlossen, dass Eltern oder Großeltern doch sehr gut Vertretungsunterricht machen können, wenn Lehrer krank sind. Die haben doch immer Zeit und so kann dann „verlässliche Schule“ von 9.00 bis 13.00 gewährleistet werden. Gymnasiasten in Klasse 11 hatten auch in NRW gigantischen Stundenausfall, weil die Lehrer von dort regelmäßig entweder in die Unterstufe oder aber in die Oberstufe abgezogen wurden, um dort zu unterrichten. Ach – wer braucht schon Klasse 11?
Das war 2005, da waren die vielen Zuziehenden von 2015 und später natürlich noch nicht eingerechnet, erst recht nicht der pädagogische Mehraufwand für Sprachunterricht und Traumatherapie.
Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie sehr doch die ungleiche Entlohnung immer wieder nur auf die Geschlechter bezogen wird. Dabei ist der bereinigte Pay-Gap ca. 7%. Der größte Teil der unterschiedlichen Entlohnung kommt durch die Branchen. Der Dienst am Menschen wird eben schlechter bezahlt, als ein technischer Beruf.
„Wir machen uns dafür stark, dass Europa Wegbereiter für Frauenrechte bleibt. Gleiche Arbeit verdient gleiches Entgelt.“
Nur zur Erinnerung: Ungleiche Bezahlung war in den letzten Jahren das Erfolgsmodell Deutschlands, auch Leiharbeit genannt. Betraf überwiegend Männer in der Produktion, z.B. bei Autos. Sie standen an den gleichen Bändern, haben exakt die gleiche Arbeit verrichtet, allerdings zu deutlich niedrigeren Löhnen, teilweise jahrelang. Fanden alle toll. Sieh doch mal, wie schlau die Deutschen alle anderen Euroländer ausbooten. Je mehr billige Leiharbeiter umso niedriger die durchschnittlichen Herstellungskosten. Irgendwoher müssen ja die 5 Euro Dividende pro Daimler-Aktie herkommen.
Niemand hat sich je darüber aufgeregt. Das Gegenteil war der Fall. Man hat gejubelt über den Export-Weltmeister und den Export-Europameister. Ist doch egal, dass über 40% der Deutschen nicht sparfähig sind.
Wenn die Frauen tatsächlich mit den gleichen Löhnen wie Männer zufrieden sind, dann streben sie ja nicht gerade hohe Ziele an Baron von Münchhausen wünscht allen einen schönen “Lügentag”. ????
Dann stellt sich jetzt die Gretchenfrage: Werden dann die Löhne der schlechter bezahten Frauen nach oben oder die der besser bezahlten Männer nach unten korrigiert? So, wie ich unsere neoliberale und arbeitgeberfreundliche Politik kennenlernen musste, tippe ich auf letzteres. Die Regeln des Marktes gelten ja überall, nur nicht auf dem Arbeitsmarkt – würde entsprechend Angebot und Nachfrage entlohnt, gäbe es weder “Fachkräftemangel” noch “Pflegenotstand”.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Der IWF hat die eherne Regel gebrochen, keine Kredite an ein Land zu vergeben, das sich im Krieg befindet. Am Freitag wurde ein Kreditpaket für Ukraine in Höhe von 14,4 Milliarden Euro bewilligt. Es soll für vier Jahre gelten. Der IWF genehmigt damit erstmals ein größeres Paket für ein Land im Krieg. Westliche Gläubiger – darunter Deutschland – räumten vor etwa einer Woche Hürden für IWF-Hilfen aus dem Weg. Zuvor hatte Deutschland ein Milliardenpaket für Waffen genehmigt. – Mehr dazu hier
5 Comments
Monika 1. April 2023 @ 12:55
Was schert mich Recht, wo ich doch Macht habe… sagte schon der alte Vanderbilt
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
02.04.2023
Diether Dehm: Sozialstaat gibt es nur im Nationalstaat
gegenzensur.rtde.life, 1 Apr. 2023 18:47 Uhr,
Im Interview legt der frühere Abgeordnete der Partei Die Linke Dr. Diether Dehm dar, welche Rolle die deutsche Regierung bei Entscheidungen über Gesundheits- und Kriegspolitik spielt und inwieweit die Politik von anderen Akteuren bestimmt wird. Er erklärt, warum der Nationalstaat – auch von links – verteidigt werden sollte, und spricht über Spektrum und Chancen der Friedensbewegung.
Diether Dehm spricht auf der Demo des NRW-Friedensbündnis in Düsseldorf (25. März 2023)
Zitat: Häufig herrscht Unklarheit über die tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse und die Macht der Politiker in Deutschland. Beispielsweise empören sich Kritiker der Corona-Maßnahmen und der aktuellen Kriegspolitik in Deutschland über die Entscheidungen der deutschen Regierung. Sie fürchten einen übermächtigen Staat, der die Grundrechte der Bürger und mehrheitliche Friedenswünsche der Bevölkerung ignoriert.
Einige prominente Kritiker, wie zum Beispiel auch der Wirtschaftswissenschaftler Ernst Wolff, warnen in ihren Vorträgen in Bezug auf die Staatsmacht regelmäßig vor angeblich chinesischen oder kommunistischen Verhältnissen, die hierzulande vermeintlich "drohen". Andererseits gibt es Stimmen, die erklären, dass die deutsche und die europäische Politik von den Lobbyisten internationaler Konzerne bestimmt wird, die offensichtlich keinerlei kommunistischen Ambitionen haben.
Herr Dehm, inwieweit können deutsche Politiker (z. B. über Corona-Maßnahmen oder Kriegsbeteiligung und Waffenlieferung) eigenständig entscheiden und sollten dementsprechend auch als Verantwortliche solcher Entscheidungen von den Kritikern adressiert werden? Oder sollten Kritiker sich besser an ganz andere Verantwortliche wenden?
Diether Dehm: Es ist unverständlich, den Kritikern zuzurufen: Wendet euch an euch selbst. Obwohl Brecht einst riet: "Erwarte keine andere Antwort als die deine!" Um aber eine Selbstvergewisserung im Protest zu erreichen, ist es immer gut, zunächst nationalstaatlich Regierende als Adressaten anzurufen. Zum Beispiel: "Wir fordern von der Regierung, keine weiteren Milliarden Steuergelder Selenskij in den NATO-Arsch zu blasen, sondern sie in eine pünktliche, preiswerte und klimaschonende Bahn zu investieren!" Selbst, wenn wir wissen, dass wir dem Ochsen oft nur ins Horn petzen.
Unter welchen Zwängen steht die Bundesregierunggegebenenfallsbei ihren Entscheidungen zur Kriegspolitik gegenüber Russland und bei ihrem diplomatischen Vorgehen?
Die großen Profiteure der Aufrüstung und des Ukrainekrieges sind einerseits US-amerikanische Gaskonzerne und andererseits Rheinmetall, BlackRock und Lockheed. Und die pressen natürlich auch ihre Regierungen mit der Drohung von Arbeitsplatzabbau für das Ausbleiben großer Rüstungsaufträge. Oder sie locken und lügen, entsprechend den Waffenproduktionen auch höhere Steuern zu zahlen. Das ist einer der Strukturen, aus welchen im staatsmonopolistischen Kapitalismus Regierungen staatsmonopolistische Kapital-Entscheidungen bevorzugen.
Aber das ist nicht die einzige Ursache. Denn in jedem Falle besitzen die Geheimdienste wie BND, CIA und Mossad auch brutale Druckpotenziale, einzelne Regierende, die sich zum Beispiel nicht NATO-konform verhalten, in ihrer Intimsphäre auszuspionieren – von Sexvorlieben, finanziellen Verhältnissen, früheren gewagten Aussagen bis zum Verbellen von Drogenkonsum – und dann zu skandalisieren und der Shitstorm-Meute zum Fraß vorzuwerfen.
Viele Kritiker der Corona-Maßnahmen haben sich bezüglich der Anordnungen der Politik über einzelne Politiker ganz besonders geärgert, zum Beispiel über die Gesundheitsminister Jens Spahn oder Karl Lauterbach. Welche Entscheidungsvollmacht hat ein deutscher Gesundheitsminister? Wer bestimmt Ihrer Meinung nach die Gesundheitspolitik in Deutschland?
Natürlich liegt auf der Hand, dass die sogenannten NATO-Impfstoffe von BioNTech und Co. Vorrang hatten und irrsinnige Lockdowns und Verbote, während Sputnik, kubanische oder chinesischen Impfstoffe – obwohl viel weniger lebensgefährlich – im Westen faktisch verboten waren. Aber der eigentliche Grund ist natürlich, dass alle Regierenden – und überhaupt die meisten Herrschenden – jede Situation nutzen, die Untergebenen in einen Drill einzuschleifen. Diese Versuchung ist sozusagen strukturell in der Art einer monopolkapitalistischen Herrschaft angelegt. Im Zweifelsfalle nicht für die Freiheit, sondern für die Unfreiheit!
Trotz mancher Zweifel an der tatsächlichen Macht der Regierung im deutschen Nationalstaat: Gibt es dennoch Stimmen, die den Nationalstaat als quasi letzten Rest demokratischen Potenzials und bürgerlicher Mitbestimmung erhalten wollen, weil Entscheidungen der EU-Kommission noch wesentlich undemokratischer seien? Wie bewerten Sie den deutschen Nationalstaat in Bezug auf seine demokratischen Merkmale?
Nationalstaaten sind mittlerweile ins Visier der NATO und der transnational operierenden Konzerne gekommen. Nicht nur, dass sie Failed States produziert haben wie in Libyen, Syrien, im Irak, im Kosovo, im Jemen und anderswo. Sie wollen heute selbst das bisschen Umverteilung in einem kapitalistischen Nationalstaat von oben nach unten – ohne diese kleine Umverteilung würde kein Staat nämlich eine gesicherte Finanzierungsgrundlage haben – mit sämtlichen Grenzen der Nationalstaaten einreißen.
Übrigens: Sozialstaat ist ausschließlich in Nationalstaaten zu fördern! Marx hat sehr früh gesagt, dass die Grenzen der Nationalstaaten vom Kapital tendenziell eingerissen werden. Umso mehr muss die Linke heute für den Nationalstaat eintreten, auch wenn es ihr zum Beispiel nicht schmecken mag. Das gilt für die Nationalstaaten im Allgemeinen und ist immer antinationalistisch zu verstehen.
Im Besonderen gibt es natürlich Unterschiede: Der deutsche Nationalstaat hat den Nachteil, alle revolutionären Ansätze seit 1848 zerschlagen zu haben, während der französische Nationalstaat seine Freiheit und Frechheit in die Gene gebracht bekam, als der Kopf eines Königs gerollt ist – wie es der Tübinger Philosoph Ernst Bloch einst so schön formuliert hatte.
Auf der Demonstration des NRW–Friedensbündnisses in Düsseldorf haben Sie am letzten Samstag erklärt, mit wem sie ungern gemeinsam für den Frieden demonstrieren und mit wem sie gerne demonstrieren. Könnten Sie das noch mal zusammenfassen?
Ich möchte möglichst niemanden auf dem Platz sehen, der Auschwitz leugnet oder mit mir darüber feilschen möchte, dass weniger Juden ermordet wurden. Oder der vielleicht herumschwadroniert, die Polen und die Sowjetunion seien zu einem Teil selber schuld gewesen, vom deutschen Faschismus überfallen worden zu sein.
Wer aber aus welchen Motiven auch immer bei der letzten Bundestagswahl Die Linke oder aus links mitverschuldeten Gründen AfD, Tierschützer, Die Basis oder Team Todenhöfer gewählt hat, oder auch sogar die CDU oder vielleicht gar nicht, die und der sind mir herzlich willkommen. Auch während einer Demonstration will ich dann über die Widersprüche zwischen uns diskutieren. Insofern bin ich natürlich nach rechts offen, weil links von mir ohnehin nur die Wand ist und ich mit Demokraten rechts von mir gerne freundschaftlich streite.
Würde eine wachsende und große Friedensbewegung das Verhalten der Bundesregierung in Bezug auf Waffenlieferungen und in Bezug auf ihre Politik gegenüber Russland beeinflussen?
Ich würde sogar noch weitergehen: Hätten wir über die letzten acht Jahre des verschwiegenen Krieges der ukrainischen Asow-Milizen und anderer Nazi-Bandera-Fans in der Kiewer Regierung bei ständiger Verletzung des Minsker Abkommens mehr aufgeklärt, und hätten wir mehr aufgeklärt über die 13.000 dort ermordeten Menschen durch rechte Scharfschützen und Mörser-Granaten zerfetzter Menschen sowie davon die Fotos gezeigt, dann wäre vielleicht sogar der Krieg vermieden worden.
Auch müssen wir die Deutschen aufklären über die Hyperschallraketen wie "Dark Eagle", die – in der Ukraine stationiert – in 90 Sekunden in Moskau wären. Da gibt es keinen Run mehr in Bunker, keine Gegenwehr. Das wäre die ultimative NATO-Erstschlagsdrohung, mit der die USA die Herrschaft über russische Gas- und Bodenschätze gewinnen.
Der Komponist und Autor von Romanen, Theaterstücken, Liedern, aber auch psychologischen Fachbüchern Dr. Diether Dehm war für die SPD in der Frankfurter Staatsregierung und im Bundestag und dann von 1999 bis 2003 stellvertretender Vorsitzender der PDS-Partei, von 2004 bis 2010 Landesvorsitzender der Linken Niedersachsen und bis 2016 Schatzmeister der Europäischen Linkspartei. Seit 2005 war er Mittelstandspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, Europapolitischer Sprecher und seit 2013 Sprecher für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Von 2005 bis 2021 war er Abgeordneter des Deutschen Bundestags.
Seit 2010 ist er Bundesvorsitzender der "Linken Unternehmer" (BAG LiU)".
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
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02.04.2023
Die Angst des Westens vor neuen russischen Eliten oder: Wie die Deutsche Welle Skandale erfindet
gegenzensur.rtde.life, vom 1 Apr. 2023 20:10 Uhr, Von Wladislaw Sankin
Die Deutsche Welle macht aus einem geleakten Privatgespräch zweier reicher russischer Unternehmer einen Riesenskandal – ohne dass das Thema in Russland irgendjemanden interessiert. Dabei werden die beiden Gesprächspartner eifrig den "Eliten" zugerechnet. Das hat einen Grund.
Zitat: Am Donnerstag hat die Deutsche Welle einen achtminütigen Beitrag über ein geleaktes privates Telefonat unter dem Titel "Geleaktes Telefonat in Russland: Laute Kritik an Putin und dem Ukraine-Krieg" auf dem YouTube-Kanal "DW Deutsch" veröffentlicht. Der deutsche Staatssender ist sich sicher: Das Gespräch sei eine Sensation, die in Russland für "Wirbel sorgt". Gleich im Teaser heißt es:
"Ein explosiver Telefon-Mitschnitt macht in Russland die Runde. Darin soll zu hören sein, wie zwei prominente Männer aus dem Showbiz und der Wirtschaft sich mächtig auslassen: über Präsident Putin und auch über den Ukraine-Krieg. Die Wirkung des geleakten Telefonats ist enorm."
Durch die Auswahl der Kommentatoren aus den Reihen der russischen Exil-Oppositionellen wird im Beitrag eine Atmosphäre der Angst und Unterdrückung suggeriert. Die Veröffentlichung komme einer öffentlichen Exekution gleich, ist sich der Ex-Abgeordnete Dmitri Gudkow sicher. "Dann haben die Anderen Angst und trauen sich nicht einmal, in ihren Küchen darüber zu sprechen."
Weiter fällt auf: Die beiden Gesprächspartner werden eindringlich und mehrfach pauschal den "Eliten" zugerechnet, obwohl der Musikproduzent Iosif Prigoschin, der sich während des Gesprächs in einem teueren Hotel in Dubai aufhält, und der im aserbaidschanischen Baku ansässige Unternehmer Farchan Achmedow über gar keinen politischen Einfluss verfügen. Die Hälfte der Zeit in dem 35-minütigen Mitschnitt schimpfen sie einfach in Stammtisch-Manier über die wirklichen Entscheidungsträger im inneren russischen Machtzirkel. Dennoch blendet der Sender immer wieder den Schriftzug ein:
"Rückhalt für Putin in russischer Elite bröckelt."
An dieser Stelle zählt der DW-Korrespondent Juri Rescheto auf, was die "Eliten" bereits alles verloren haben: ihre Jachten, ihre Bankkonten im Ausland, ihre Besitztümer und Geschäftspartner. Es scheint fast so, dass Rescheto diese "Eliten" bemitleiden würde.
Zudem beschweren sich die Männer über den Westen, der völlig willkürlich "wie zu stalinistischen Zeiten" (Achmedow) ohne jegliche rechtliche Grundlage und lediglich aufgrund von Denunziationen aus Kiew Menschen ihrer ehrlich verdienten (davon sind die beiden Unternehmer überzeugt) Besitztümer beraubt. Der Name des Milliardärs Achmedow steht auf der Sanktionsliste: "Ich kann keine Kreditkarten nutzen", klagt er und kommt zu dem Schluss: "Die Politik ist eine schmutzige Sache."
Doch dieser Umstand ist für den deutschen Sender uninteressant. Auch nicht die Tatsache, dass die beiden nichts dagegen gehabt hätten, wenn Russland am Anfang seiner Invasion im Februar 2022 durch einen vernichtenden Angriff auf die ukrainische Kommandozentrale in Kiew einen schnellen Sieg errungen hätte. Auf obszöne Weise lästern sie über das Versagen und die Gier der korrumpierten Militärführung, die die Armee ausgeplündert haben soll. Nun ziehe sich der Krieg in die Länge und bringe den einfachen Menschen viel Leid. Die Unterhaltung ist kein politisches Manifest, sondern ein privates Küchengespräch zweier gereizter Wut-Bürger.
Trotzdem nahm es die Deutsche Welle zum Anlass, einen Sturm im Wasserglas zu produzieren. In der ganzen Länge des Beitrags bringt der Sender keinen einzigen Beleg dafür, dass das Telefonat in Russland Wellen geschlagen hätte, etwa in Form von Reaktionen aus dem Kreml – weil es einfach keine gab, ebenso wenig wie Kommentare großer Medien. Vor allem fehlte jeglicher Anhaltspunkt, dass den beiden Beteiligten irgendwelche Repressionen vonseiten der von ihnen beschimpften Staatsmacht drohen. Nur beiläufig erwähnt der Korrespondent, dass der FBS "angeblich dran" sei.
Aber was könnte denn FSB an dem Mitschnitt interessieren, wenn die Moderatorin gleich zu Beginn des Beitrags zu verstehen gibt, dass die Abhörung und Veröffentlichung des Gesprächs durch den Kreml und die Geheimdienste erfolgt sein könnte ("Kreml und Geheimdienste hören mit")? Zum Ursprung der Veröffentlichung sagt die Moderatorin lediglich:
"Das heikle Telefonat wurde geleakt. Nun ist es raus und in der Öffentlichkeit."
Dass das Telefonat bereits seit Anfang März durch ukrainische Telegram- und YouTube-Kanäle geistert, verschweigt die Deutsche Welle. Erst am 25. März wurde er vom ukrainischen Fünften Kanal noch mal gepusht. Seitdem ist dieses Privatgespräch das Thema – vor allem in den russischsprachigen ausländischen Medien. Aber selbst sie berichten viel differenzierter und vermuten etwa ukrainische Geheimdienste oder andere Akteure hinter dem Leak.
Warum hat die Deutsche Welle aber so unsauber berichtet und so viele wichtige Informationen ausgelassen? Vermutlich ist die Manipulation nicht aus einem Kalkül entstanden, sondern einfach aus einem westlichen Wunschdenken heraus – und aus Ängsten. Aus Angst davor, dass in Russland nun einfach neue funktionale Eliten immer mehr am Einfluss gewinnen und die alten – zu denen auch der zweifelnde Produzent gehört, der sich bevorzugt in Dubai aufhält und der reiche Unternehmer, der um seine Jacht (im Gespräch "Boot" genannt) besorgt ist – immer stärker marginalisiert werden. Und dafür ist nicht der Kreml verantwortlich, sondern das ist einfach der derzeitige Lauf der Dinge.
Zwei Vertreter dieser alten Eliten haben also im Ausland über Putin gelästert – na und? Ein weiterer Grund für die Internet-Community, sich mit zahlreichen Memes darüber lustig zu machen, dass für eine kurze Zeit nicht der Wagner-Chef Jewgenij Prigoschin, dessen Truppe jetzt das Bollwerk der ukrainischen Armee in Artjomowsk stürmt, von sich reden macht, sondern auch Josif, sein Namensvetter aus dem Showbiz. Und das auch nur für ein, zwei Tage. Denn für solche Belanglosigkeiten gibt es jetzt in Russland keine Zeit.
Die Deutsche Welle zeigt diese neuen Eliten in seinem Beitrag dennoch – für wenige Sekunden und mit dem abschätzigen Kommentar:
"Mit der Einschüchterung der Kritiker versucht der Kreml gleichzeitig immer diejenigen zu loben, die sich hinter seine Politik stellen. Mit Zuckerbrot und Peitsche soll Stimmung im Land gemacht werden."
Die Worte werden mit Ausschnitten aus einer feierlichen Zeremonie untermalt, bei der der Präsident aktive Vertreter aus Politik, Medien und Gesellschaft mit dem Orden "Verdienste für das Vaterland" auszeichnet. Diese fand am 20. Dezember statt. Zu sehen waren unter anderem der langjährige Chef der Donezker Volksrepublik, Denis Puschilin, und der Interims-Gouverneur des Gebiets Cherson, Wladimir Saldo. Diese Menschen besitzen keine Reichtümer wie Achmedow und Prigoschin, sorgen aber mit ihrer Energie und ihrem Elan für die Entwicklung der neuen russischen Regionen.
Ihr Einsatz erfordert Mut, denn sie sind das ständige Ziel des ukrainischen Terrors, der sich gegen alle Verwaltungskräfte richtet, die mit Russland kooperieren. Auf Puschilin wurden bereits mehrere Attentate vereitelt, sein Vorgänger Alexander Sachartschenko wurde bei einem Attentat 2018 ermordet.
Menschen wie Puschilin und Saldo gestalten die Zukunft Russlands hier und jetzt – eine Zukunft, die der Westen verhindern will. Sie werden zu Menschen des öffentlichen Lebens, zu Abgeordneten und Senatoren. Journalisten, die die Militäroperation in den Kategorien des Kampfes gegen den ukrainischen Nazismus und die US-Hegemonie bewerten, werden zu Mitgliedern der Gesellschaftlichen Kammer, aus der liberal-prowestliche Meinungsführer zunehmend ausscheiden. Der Elitenwechsel, der in Russland gerade stattfindet, schließt immer mehr Bereiche ein.
Mit ihrem einseitigen Beitrag hat die Deutsche Welle eindrücklich gezeigt, wie der Westen den Abgang und die Ausgrenzung der alten Eliten betrauert. Mit diesen Eliten hat die langjährige Täuschungspolitik funktioniert. Durch immensen Druck auf ihren luxuriösen Lebensstil hoffte er nach dem Beginn des Sanktionskrieges, sie gegen Putin aufzubringen und auf seine Seite zu bekommen, verlor aber durch die Willkür der Sanktionspolitik jegliches Vertrauen.
Mit den neuen Eliten, die über keine Besitztümer im Westen verfügen und die schon von vornherein kritisch gegenüber dem Westen eingestellt sind, weiß er schon gar nichts mehr anzufangen. Der Westen hat in Russland kaum mehr Einflussmöglichkeiten und klammert sich nur noch hilflos an die Idee, irgendjemand könnte Wladimir Putin in Russland doch noch stürzen.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
02.04.2023
Rede des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, auf der Sitzung mit ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats der Russischen Föderation, Moskau, 31. März 2023
mid.ru, vom 31 März 2023 14:44
601-31-03-2023
Sehr geehrter Herr Putin,
sehr geehrte Kollegen,
wie Sie gesagt haben, handelt es sich um ein Dokument der strategischen Planung, das von unserem Ministerium zusammen mit anderen föderalen Exekutivorganen ausgearbeitet wurde. Es entwickelt die außenpolitischen Grundlagen der Nationalen Sicherheitsstrategie, die von Ihnen im Jahr 2021 gebilligt wurde.
Im Konzept ist ein hohes Niveau der Nachfolgeschaft mit der vorherigen Fassung aus dem Jahr 2016 fixiert, was die grundlegenden Prinzipien unserer Außenpolitik, vor allem ihre Selbstständigkeit und Ausrichtung auf die Schaffung der günstigen Außenbedingungen für eine kontinuierliche Entwicklung Russlands, Gewährleistung seiner Sicherheit und Erhöhung des Wohlstandes unserer Staatsbürger betrifft.
Die Logik des Dokuments, wie Sie es erwähnt haben, widerspiegelt die sich ändernden geopolitischen Realitäten, de facto revolutionäre Änderungen an den Außenkonturen, die mit Beginn der militärischen Spezialoperation sichtbar beschleunigt wurden.
So wird ein seit den letzten zehn Jahren beispielloses Niveau der internationalen Spannung festgestellt. Es wird ein existenzieller Charakter der Bedrohungen für die Sicherheit und Entwicklung unseres Landes, die durch Handlungen der unfreundlichen Staaten geschaffen werden, zugegeben. Als größter Initiator und Vollzieher des antirussischen Kurses wurden direkt die USA bezeichnet und die Politik des Westens im Ganzen, die auf eine allumfassende Abschwächung Russlands abzielt, als Hybridkrieg eines neuen Typs eingestuft.
Es wurde eine Kennzeichnung für die wichtigsten langfristigen Tendenzen der internationalen Entwicklung, darunter die Krise der wirtschaftlichen Globalisierung, die bis vor kurzem nach US-Regeln durchgeführt wurde, gegeben.
Einer der Faktoren ist, dass die Weltwirtschaft einen gravierenden strukturellen Umbau erlebt und zu einer neuen technologischen Grundlage wechselt. Die Umverteilung des Entwicklungspotenzials zugunsten neuer Wachstumszentren führt zur Bildung einer multipolaren Weltordnung, das ist die größte Tendenz der internationalen Beziehungen auf der modernen Etappe. Wir legten im Konzept unsere Vision der Prinzipien einer ausgewogeneren und gerechteren Weltordnung dar. Dazu gehören polyzentrische Ausrichtung, souveräne Gleichheit der Staaten, Gewährleistung ihres Rechtes, Entwicklungsmodelle zu wählen. Verteidigung der kulturell-zivilisatorischen Vielfalt der Welt. Die Förderung des Aufbaus einer multipolaren Weltordnung ist als Rahmenaufgabe für alle Richtungen der Außenpolitik festgestellt.
Es wurde der Schwerpunkt auf die Notwendigkeit der Gewährleistung der Legitimität in internationalen Beziehungen gelegt. Es wurde erklärt, dass die fortgeschrittene Entwicklung des Völkerrechts die Realien der heutigen Welt berücksichtigen soll. Unter Bedingungen akuter äußerer Bedrohungen wird unsere Bereitschaft, das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit bestätigt, aber nur gegenüber den Staaten und ihrer Vereinigungen, die die Gegenseitigkeit bei dieser Frage zeigen.
Das Herangehen zur Arbeit in der UNO ist auf die Erhöhung der Effizienz dieser Organisation, Neubestätigung der grundlegenden Ziele und Prinzipien ihrer Charta fokussiert, die der Westen in seinen praktischen Handlungen zu torpedieren versucht.
Wichtige Neuheiten sind darin festgeschrieben, was die Bedingungen der Gewaltanwendung für die Ziele der Selbstverteidigung im Rahmen des unbedingten Befolgens der entsprechenden Anforderungen des Artikels 51 der UN-Charta betrifft.
Im Konzept wird die Möglichkeit der symmetrischen und asymmetrischen Maßnahmen als Antwort auf unfreundliche Handlungen gegen Russland vorgesehen.
Es wird eine These über die Nutzung der Streitkräfte zur Abwehr bzw. Vorbeugung eines bewaffneten Angriffs auf Russland und seine Verbündeten eingeführt. Damit erklären wir eindeutig, dass wir das Recht des russischen Volkes auf Existenz und freie Entwicklung verteidigen werden.
Es werden Punkte dargelegt, die den Schutz der russischen traditionellen geistigen Werte, den Aufbau der Zusammenarbeit mit Stütze auf eine einheitliche geistig-sittliche Richtlinie, die für alle Weltreligionen gemeinsam ist, betreffen.
Eine absolute Inakzeptanz der neokolonialen Praktiken und Hegemonismus.
Zu den eindeutigen Prioritäten gehören die Gewährleistung der Rechte unserer Staatsbürger und Organisationen im Ausland, Unterstützung der Landsleute, Bekämpfung der Russophobie, Festigung der Positionen der russischen Sprache in der Welt, Kampf für die historische Wahrheit, Schutz unserer Kultur, Entpolitisierung von Sport, Aufnahme neuer Formen der Sportkooperation.
Im regionalen Abschnitt des Konzeptes wird der Schwerpunkt auf die strategischen Interessen Russlands im Kontext der Vertiefung der eurasischen Integration mit Stütze auf den Unionsstaat Russlands und Belarus, Eurasische Wirtschaftsunion, OVKS, GUS, Bildung einer großen eurasischen Partnerschaft, weitere Festigung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und BRICS gelegt.
Als wichtigste Ressource wird der Kurs auf den Ausbau des Potentials der strategischen Partnerschaft mit unseren großen Nachbarn – Volksrepublik China, Republik Indien, Ländern der islamischen Welt sowie ASEAN-Staaten, Staaten des Afrikanischen Kontinents, Lateinamerikas und Karibik gefestigt.
Es wird die Anhänglichkeit an eine friedliche Regelung aller Probleme, die in der Arktis-Region entstehen, bestätigt.
Die Punkte des Konzeptes sehen vor, dass antirussische Schritte der unfreundlichen Staaten kontinuierlich und bei Bedarf hart bekämpft werden.
Es wurde der Gedanke eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass wir uns nicht von angelsächsischen Ländern und kontinentalen Europa isolieren, haben gegenüber ihnen keine ursprünglich feindseligeт Absichten. Aber sie müssen begreifen, dass ein pragmatisches Zusammenwirken mit Russland nur unter Bedingungen des Begreifens der Aussichtslosigkeit der konfrontativen Politik und des Verzichts auf diese Politik in praktischen Handlungen möglich ist. Wir werden selbst darüber entscheiden, inwieweit der Westen bereit sein wird, diesen Empfehlungen zu folgen.
Im Ganzen steht uns eine nicht einfache Arbeit zur Umsetzung des außenpolitischen Kurses unter prinzipiell neuen Bedingungen bevor. Wir werden dazu alle Anstrengungen der russischen Diplomatie bei einer engen ressortübergreifenden Koordinierung unternehmen und über den Verlauf dieser Arbeit auf Grundlage des von Ihnen unterzeichneten Erlasses und über eventuelle zusätzliche Schritte in einzelnen Richtungen berichten.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
01.04.2023
Russland hat ein außenpolitisches Konzept, Deutschland hat Baerbock
gegenzensur.rtde.life/meinung, 1 Apr. 2023 08:00 Uhr, Von Dagmar Henn
Das neue russische Dokument ist erfrischend logisch und klar. Die Ziele der Außenpolitik sind definiert, ebenso wie die Grundsätze, von denen sie sich ableiten. Und sie sind konsistent mit den Handlungen. Aus Deutschland kann man das nur mit Wehmut betrachten.
Eigentlich war hier beabsichtigt, das neue außenpolitische Konzept der Russischen Föderation dem des Auswärtigen Amtes gegenüberzustellen. Dieser Versuch beginnt mit einer Enttäuschung – es gibt schlicht kein deutsches Gegenstück. Selbst wenn man versucht, auf der Seite des Auswärtigen Amts eine Definition des aktuellen Kernbegriffs der "regelbasierten Weltordnung" zu finden, kann man zwar durch eine Reihe von Themen hüpfen, die eines wie das andere frei von offiziellen Dokumenten sind, und findet darunter so erstaunliche Punkte wie die NATO, aber nirgends gibt es Richtlinien, ein Konzept, eine überprüfbare Ausrichtung.
Das führt unmittelbar zur ersten Feststellung: Die Festlegung der russischen Außenpolitik erfolgt demokratischer als die der deutschen. Warum? Weil ein klares, veröffentlichtes Dokument zum einen ermöglicht, einzelne Punkte konkret zu kritisieren, und zum anderen Rechenschaftslegung und Überprüfung möglich sind. Man würde gerade von einer Nation mit einer derart exportorientierten Wirtschaft wie Deutschland erwarten, dass die außenpolitischen Festlegungen diese Tatsache widerspiegeln; das taten sie in früheren Jahren auch, wenn auch auf eher unangenehme Weise, wie in der Rede des damaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier vor dem Industrieforum der Süddeutschen Zeitung im Jahr 2015 – was natürlich immer noch kein außenpolitisches Grundsatzdokument war, aber zumindest in die Richtung ging. Das Ministerium unter Außenministerin Annalena Baerbock liefert einzig ein Dokument zur "feministischen Außenpolitik", und selbst ihre Aussagen in Reden sind völlig frei von irgendeiner nüchternen Andeutung nationalen Interesses, aber bis zum Rand angefüllt mit "Werten".
Wer immer je in politischen Strukturen tätig war, weiß, dass das Ringen zwischen Unten und Oben, zwischen Parteimitgliedern und Abgeordneten, zwischen Abgeordneten und Regierung, stets eines um Genauigkeit der Formulierung ist. Wenn mir jemand verspricht, 20 Flaschen Wasser zu liefern, kann ich sie nachzählen und monieren, sollten es nur 15 geworden sein. Wenn die Aussage lautet: "Ich werde dir mal was zu trinken vorbeibringen", kann das am Ende auch eine Flasche bedeuten, oder gar keine, weil mit "mal" kein Zeitpunkt festgeschrieben ist. Je nebulöser die Formulierung, desto größer die Handlungsfreiheit außerhalb des demokratisch kontrollierten Rahmens. Man stelle sich einmal vor, es gäbe ein außenpolitisches Grundsatzpapier, in dem wie in Punkt 17.12 des russischen stünde: "Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft stärken, die nationalen Entwicklungsziele erreichen, für wirtschaftliche Sicherheit sorgen, das ökonomische Potenzial des Staates realisieren" – die gute Frau Baerbock hätte doch glatt gegen die Sprengung von Nord Stream protestieren müssen.
Und nein, auf Ebene der EU sieht das nicht besser auch. Wobei die nur scheinbar demokratisch verfasste EU sich schon allein deshalb um solche grundsätzliche Dokumente drücken kann, weil der Kommission eben kein Parlament mit Kontrollbefugnissen gegenübersteht. Wenn man eine prinzipielle Festlegung sucht, muss man bis auf den Lissabon-Vertrag zurückgehen, jenes Dokument, das als Verfassung in mehreren Staaten abgelehnt worden war und darum dann unter Umgehung der Referenden als Vertrag etabliert wurde. Aber leider stammt der Lissabon-Vertrag aus dem Jahr 2007, und das Schlüsselwort der "regelbasierten Weltordnung" kommt in ihm noch nicht vor. Stattdessen wird die Außenpolitik der ökonomisch wie politisch eher nicht friedfertigen EU so definiert: "In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen und trägt zum Schutz ihrer Bürger bei. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen."
Damit kommt man nicht wirklich weiter, diese Formulierungen sind so viel wert, wie es die Verurteilung des Angriffskriegs im deutschen Grundgesetz seit den Luftangriffen auf Jugoslawien ist. Die Wirklichkeit sieht anders aus, vor allem bei "gerechtem Handel" und "Beseitigung der Armut"; als Beleg dafür reichen die Freihandelsverträge, die die EU so gerne afrikanischen Staaten aufzwingt, deren Landwirtschaft dann mit gefrorenen europäischen Hühnerflügeln geplättet wird. Und ja, dass die Breschen für europäische – und damit auch deutsche – Exportwalzen unter dem Etikett der EU geschlagen werden, kann vorzüglich darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Außenpolitik sehr wohl von ökonomischem Interesse geleitet wird. Die bösen Taten werden nur gerne im europäischen Rudel begangen. Und selbstverständlich wirkt das deutsche Außenministerium in Gestalt des Ministerrats daran mit, auch wenn man über das Interesse an der kolonialen Ordnung in Deutschland so wenig spricht wie im Haus des Gehängten über den Strick.
Ein Wort scheint die deutsche Außenpolitik ganz besonders zu scheuen (außer es geht um die Ukraine, die davon gegenwärtig noch deutlich weniger hat als Deutschland) – Souveränität. Genau das ist der Begriff, der im russischen Dokument eine dominante Rolle spielt. Beziehungen zwischen souveränen Staaten, bei denen die Achtung der Souveränität an erster Stelle steht, das ist im deutschen Außenministerium unmöglich, es werden sofort die Werte ausgegraben und dann die Demokratie. Und man hat sich in ganz EU-Europa so sehr an Demokratie als Worthülse gewöhnt, dass der Widerspruch gar nicht mehr auffällt, der zwischen der ständigen Betonung, wie wichtig Demokratie sei, und der Geringschätzung der Souveränität besteht.
Auch das ist ein Zustand, der sich von den höchsten bis in die niedrigsten Ebenen findet. Man kann Wahlkreuzchen malen, bis die Finger taub sind, das politische System ist voller Mechanismen, die jede Wirksamkeit verhindern. Das beginnt bereits bei den Kommunen, in denen eigentlich das demokratische Leben blühen müsste; aber in Deutschland haben viele davon gar keine frei verfügbaren Haushaltsmittel, über die entschieden werden könnte. Lokale Wirtschaftspolitik ist auch dank der Ausschreibungspflichten kaum möglich, schon gar nicht über längere Zeiträume; Infrastrukturmaßnahmen scheitern an EU-Verordnungen und so weiter und so weiter ... Wobei man bei den Regelungen oft nicht weiß, ob sie aus Versehen oder aus Bösartigkeit die Funktion der lokalen Strukturen untergraben. Aber wenn man, weil das örtliche Handwerk durch die Ausschreibungspflichten dezimiert wurde, bei einem Wasserrohrbruch keinen Klempner mehr bekommt, kann man sich ja mit einem hübschen Faltblatt über LGBTQ-Rechte darüber hinwegtrösten.
In Wirklichkeit ist der Begriff der Demokratie untrennbar mit Souveränität verbunden. Die Souveränität ist die Voraussetzung dafür, dass es etwas zu entscheiden gibt, und die Demokratie ist der Modus, in dem die Entscheidungen getroffen werden sollten. Es gibt zwar Souveränität ohne Demokratie, aber keinesfalls Demokratie ohne Souveränität, denn der zweite Wortteil lautet Herrschaft, und diese kann es ohne etwas, das beherrscht wird, nicht geben. Wenn man nun ernsthaft davon ausgeht, dass alle Menschen gleich sind, kann man für sich selbst nur beanspruchen, was man auch anderen zugesteht; damit wird die Anerkennung der Souveränität anderer notwendiges Gegenstück der eigenen.
Ein Gedankengang, der Baerbock fremd ist. In Ermangelung eines Grundsatzdokuments hier ein Zitat aus ihrer ersten Rede nach Amtsantritt: "Es mag sich zwar gut anfühlen, normativ eine bessere Welt zu beschwören, und Normativität ist wichtig. Sie bringt uns allein aber nicht ans Ziel. Stattdessen müssen wir nüchtern analysieren, dass Akteure wie China, Russland, aber auch andere Staaten, die der Economist kürzlich 'Midsized Meddlers' nannte, ihre Vorteile auf andere Weise suchen, als wir das für tragfähig halten." Diese Sätze stammen sicher nicht von ihr; aber der subtil-koloniale Tonfall ist ihr nicht wesensfremd.
"Normativität" übersetzt sich mit Verbindlichkeit, Geltung. Um die volle Bandbreite dieser Aussage zu verstehen, muss man den Unterton der Formulierung "Midsize Meddlers" offenlegen. Das englische Wörterbuch spricht von Personen, die Dinge verändern oder beeinflussen wollen, die sie nichts angehen. Mittelgroße Störenfriede also, die den wirklich großen ins Handwerk pfuschen wollen. Die großen dürfen, das wird impliziert, selbstverständlich verändern und beeinflussen, und sie dürfen auch darüber entscheiden, was sie "für tragfähig halten" und was nicht, und zwar – hier kommt die "Normativität" ins Spiel – jenseits der völkerrechtlichen Normen. Ganz nebenbei erklärt die Dame auch noch, dass sie selbstverständlich zu den Großen gehört, die den aufmüpfigen Emporkömmlingen mit dem Lineal auf die Finger schlagen.
Damals immerhin sagte sie noch: "Wir können uns einen Zerfall der Weltgemeinschaft in unversöhnliche Lager nicht leisten." Nur, um kurz darauf – wir befinden uns im Herbst 2021 – mit aller Kraft dazu beizutragen, dass ebendies geschah. Ohne dass irgendwo sichtbare Überlegungen stattfanden, ob diese Entwicklung überhaupt im deutschen Interesse liegt. Im Interesse der Bevölkerung jedenfalls nicht.
An einem Punkt gibt es eine Übereinstimmung zwischen beiden Dokumenten; auch Baerbock stellte fest: "In den vergangenen Jahren hat sich die weltpolitische Lage tiefgreifend verändert." Im russischen Papier steht: "Die Menschheit erlebt eine Phase revolutionären Wandels." Nur die Reaktion darauf ist genau entgegengesetzt. Während die russischen Leitlinien die Entwicklung begrüßen und versuchen, den Beitrag zu definieren, den Russland zu einer Welt ohne Kolonialismus leisten kann (und daran erinnern, welchen Beitrag die Sowjetunion in diese Richtung geleistet hat), verfällt Baerbock in die Klage: "Wir leben in einer Welt ohne wirkliche globale Führung", um dann nachzusetzen: "In einer solchen Welt muss die europäische Rolle weiter gestärkt werden." Da ist sie, die Resonanz auf Steinmeiers "Europa führen, um die Welt zu führen".
Das, was auch die deutsche Außenpolitik in diesem Zusammenhang ausmacht, hat das russische Dokument ebenfalls treffend beschrieben: "Eine große Auswahl illegaler Mittel und Methoden wird genutzt, einschließlich des Einsatzes erzwingender Maßnahmen (Sanktionen) unter Umgehung des UN-Sicherheitsrats, der Provokation von Umstürzen, bewaffneten Konflikten, Drohungen, Erpressungen, Manipulation des Bewusstseins bestimmter sozialer Gruppen und ganzer Nationen, offensive und subversive Handlungen im Informationsraum."
Der bewaffnete Konflikt in der Ukraine ist Teil dieser Liste, angerührt und aufgekocht von der EU und den Vereinigten Staaten, unter besonders tatkräftiger Mithilfe der deutschen Außenpolitik, auf die Baerbock mit ihrer Zurückweisung der Minsker Abkommen Ende 2021 nur noch das Sahnehäubchen setzte. "Die Kultur des Dialogs in der internationalen Sphäre zerfällt, die Wirksamkeit der Diplomatie als Mittel friedlicher Beilegung von Disputen nimmt ab", beschreibt das russische Dokument die augenblickliche Lage. Baerbock ist geradezu dieser Satz in Fleisch gegossen.
"Die Bedingungen zu schaffen, dass jeder Staat neokoloniale und hegemoniale Ansprüche zurückweisen kann", das ist eines der Ziele des langen und ausführlichen russischen Dokuments. Und: "Der Mechanismus für die Bildung universeller völkerrechtlicher Normen sollte auf dem freien Willen souveräner Staaten beruhen." Das ist etwas anderes als die "regelbasierte Ordnung", die auch Baerbock gern im Munde trägt und die ihren völlig arbiträren Charakter in den letzten Jahren deutlich genug bewiesen hat. Man könnte fast versucht sein, hinter dieser Geringschätzung des Völkerrechts eine tiefer liegende Ablehnung zu vermuten, die daher rührt, dass beim letzten großen Schritt seiner Entwicklung Deutschland einzig als abschreckendes Beispiel mitwirkte, denn die Wurzel der UN-Charta sind die Nürnberger Prozesse.
In Wirklichkeit rührt ihre Arroganz aber aus einer zerfallenden kolonialen Ordnung, die gerade die deutschen Grünen, aus denen Baerbock stammt, mit einer "raffinierten neokolonialen Politik", in diesem Fall mit dem Etikett "Klimaschutz", zu sichern suchen; einer Ordnung, die Russland, das wird im neuen Dokument in aller Deutlichkeit formuliert, zu beenden sucht. Wobei die deutsche Außenpolitik gerade durch ihre Orientierung auf diese koloniale Ordnung den objektiven deutschen Interessen inzwischen sogar zuwiderhandelt, außer, man hielte eine Handvoll Milliardäre für die einzigen Deutschen, die berechtigt sind, Interessen zu haben.
Richtlinien für eine deutsche Außenpolitik jedenfalls, die nur rein qualitativ mit den russischen mithalten könnten, also auf einer Analyse der eigenen Interessen wie der globalen Situation beruhen und daraus die erforderlichen Schlüsse ziehen, und die tatsächlich, frei vom Bestreben, andere zu unterwerfen, nach Möglichkeiten wechselseitigen Nutzens suchten, kämen zu einem völlig anderen Ergebnis, als es das Auswärtige Amt derzeit liefert. Momentan muss man sich mit dem Versprechen trösten, Russland werde, sofern sie wieder zu Sinnen kommen, "den europäischen Staaten helfen, ihren rechtmäßigen Platz in der Größeren Eurasischen Partnerschaft und der multipolaren Welt finden".
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01.04.2023
Kroatien zwischen Pazifismus und Verpflichtung zur Gewährung der Sicherheit
gegenzensur.rtde.life, 31 Mär. 2023 22:31 Uhr, Eine Analyse von Marinko Učur
Kroatien zwischen Pazifismus und Verpflichtung zur Gewährung der Sicherheit des eigenen Landes in einer Lage, in der die NATO andere Prioritäten hat.
Zitat: In dem Augenblick, als die ersten Einberufungen an die Adressen der Reservisten in Kroatien verschickt werden – mit der Verpflichtung, sich bei den zuständigen Militärbüros zu melden –, fragt sich die Öffentlichkeit, was das eigentlich soll. Die Regierung bereitet nämlich einen Kriegsplan für Wehrpflichtige vor, was bei Pazifisten Zweifel und Unglauben hervorruft, weil dieses Land 2007 den regulären Militärdienst abgeschafft hat und bereits 2009 Vollmitglied der NATO wurde.
Die Erinnerung an die Bürgerkriege der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, nach dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens, erweckt bei den Bürgern Argwohn und lässt sie glauben, dass etwas ohne ihr Wissen vorbereitet wird.
Die Öffentlichkeit war offenbar in einer Art Täuschung, dass der NATO-Schirm ein Garant für einen dauerhaften Frieden und Wohlstand für das weniger als 4 Millionen Einwohner zählende Balkanland sei. Aber in der Erkenntnis, dass die Allianz jetzt offensichtlich vor anderen Herausforderungen steht, mit sich selbst und der speziellen russischen Militäroperation in der Ukraine beschäftigt ist, haben die Militärbehörden dieses Landes beschlossen, ihre eigenen militärischen Kapazitäten und Ressourcen zu überprüfen.
So sollten wir auch die Absicht betrachten, dass bis Ende dieses Jahres bis zu 10.000 Bürger zum Militär einberufen werden, damit ihre Aufstellung festgelegt wird. Das Verteidigungsministerium dieses Landes versucht, der Öffentlichkeit zu versichern, dass dies keine Mobilisierung, sondern eine übliche und geplante Aktivität sei:
"Reserveeinheiten stärken die Fähigkeiten der Armee in Friedenszeiten, indem sie zivilen Einrichtungen Hilfe leisten, sofern Gott verhüte, dass es einen Krieg gibt. Sie helfen Berufssoldaten bei der Verteidigung des Landes. Nur diejenigen, die eine militärische Ausbildung durchlaufen haben, entweder durch den obligatorischen Militärdienst oder durch eine freiwillige militärische Ausbildung, und es gibt mehr als 10.000 von ihnen, können zur Reserve eingezogen werden.
Das ist nichts Ungewöhnliches", rechtfertigt sich Ivan Jušić, Leiter der Personalabteilung im Verteidigungsministerium, und erklärt, dass diese Aktivität "nichts mit dem Krieg in der Ukraine" und mit der Angst, dass es auch in der Balkanregion zu Spannungen kommen könnte, zu tun habe. "Niemand zieht in den Krieg, und auch in absehbarer Zeit wird niemand in den Krieg ziehen", schlussfolgert dieser Beamte.
Dennoch regte sich die Stimmung, und anlässlich der Ankündigung, 10.000 Einberufungen an Reservisten zu versenden, tauchten in Zagreb Antikriegs- und Pazifismus-Plakate auf, die zur Beruhigung der Spannungen und zur Deeskalation der Kriegspsychose aufriefen. Auf einem davon steht geschrieben: "Nie wieder Soldaten! Nie wieder Krieg für das Land und die Reichen!", was eine Art Protest gegen jegliche Militarisierung des Landes darstellt.
Ohne die zahlreichen Herausforderungen der internationalen Umstände, die russischen spezielle Militäroperation in der Ukraine und die Tatsache, dass sich die Welt unaufhaltsam in Richtung Multipolarität bewegt, hätte dies keine besondere Aufmerksamkeit erregt. Aber unter den neuen Umständen und der Tatsache, dass die NATO-Allianz ein absoluter Friedensgarant in den Mitgliedsländern ist und sein kann, ist klar, dass die Regierung solch unpopuläre Schritte unternimmt, die für viele nach Militarisierung und Waffenrasseln aussehen.
Erinnerungen an frühere Bürgerkriege in Jugoslawien und daran, dass die Marionettenschöpfung "Unabhängiger Staat Kroatien" (NDH) im Zweiten Weltkrieg als Verbündeter der Nazis und Faschisten Verbrechen und Völkermord an Serben, Juden und Roma begangen hat, erregen bei Menschen ein Gefühl der Angst, unvorbereitet zu sein, dass sich die Geschichte in ihrer hässlichsten Form wiederholt. Allein im Konzentrationslager Jasenovac tötete der NDH 700.000 überwiegend serbische Opfer.
Andererseits haben internationale Umstände und der Druck des Westens Kroatien gezwungen, sich als Mitglied der EU und der NATO in die Reihe der Länder einzureihen, die die Ukraine im aktuellen Konflikt uneingeschränkt unterstützen. Und dies ist bereits ein Umstand, auf den kroatische Bürger keinen großen Einfluss haben. Gleichzeitig sind sie sich bewusst, dass sie bei der bevorstehenden Umgestaltung der monopolaren in eine multipolare Welt die größten Verlierer wären, weil sie sich unfreiwillig wieder auf der falschen Seite der Geschichte wiederfinden würden.
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01.04.2023
Katja Kipping wird das Team der NachDenkSeiten verstärken
nachdenkseiten.de, 01. April 2023 um 8:00
Ein Artikel von: Redakteur
Mit Freude und auch ein wenig Stolz dürfen die NachDenkSeiten vermelden, dass die ehemalige Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, unser Team ab heute verstärken wird. Die NachDenkSeiten vollziehen damit einen längst überfälligen Schritt, der uns von vielen Leser*innen nahegelegt wurde –wir wollen uns verjüngen und weiblicher und diverser werden. Katja Kipping wird künftig die neuen Ressorts „Lifestyle“ und „Diversität“ als Redakteur*in vertreten und ihre frischen Ideen bei den NachDenkSeiten als Gleichstellungsbeauftragte verwirklichen.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Katja Kipping dürfte vielen unserer Leser*innen bekannt sein. Als eifrige Streiterin für das bedingungslose Grundeinkommen und ruhender Pol in der Parteispitze der Linken hat sie jahrelang ihr Bestes gegeben, um die Partei zu den Erfolgen zu bringen, die sie heute feiern kann. Leider lief es in jüngster Zeit nicht ganz so erfolgreich für die 45-jährige Dresdnerin. Trotz eines grandiosen Wahlerfolgs der Linkspartei in Berlin entschied sich die SPD, dem Erfolgsmodell Rot-Rot-Grün eine Absage zu erteilen und lieber mit der CDU zu koalieren. Ihren Job als Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales wird Katja Kipping daher leider nicht fortsetzen können. Aber Katja Kipping wäre nicht Katja Kipping, wenn sie sich jetzt eine wohlverdiente Auszeit gönnen würde. Voller Tatendrang bewarb sie sich stattdessen bei dem Medium, das sie und ihre politischen Positionen wohl so sehr geprägt hat wie kein anderes – den NachDenkSeiten.
Wir, die Macher*innen der NachDenkSeiten, freuen uns über diese Personalie, die auch mit längst überfälligen programmatischen Reformen verbunden ist. Wir sind uns sehr bewusst, dass unser Image als „Alte-Weiße-Männer-Postille“ uns den Zugang zur attraktiven jüngeren, wohlsituierten Zielgruppe in den Großstädten verbaut. Daher haben wir uns vorgenommen, künftig jünger, diverser und politisch korrekter zu werden. Wir sind fest davon überzeugt, dass die neue Kolleg*in Katja Kipping die Richtige ist, um uns auf diesem Weg nicht nur zu begleiten, sondern ihn aktiv mitzugestalten. Dass sie eine gute Teamworker*in ist, hat sie ja bereits tatkräftig in ihrer politischen Laufbahn unter Beweis gestellt.
In diesem Sinne – willkommen, liebe Katja Kipping!
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01.04.2023
»Der Staat ist Schutzengel des Finanzkapitals«
eloxyblog.de, 14.03.2023Fabio Vighi über die Rettung der Wirtschaft durch Covid und die damit einhergehenden sozialen Verwüstungen. Aus OXI 3/23.
Fabio Vighi ist Professor für Kritische Theorie und Italienisch an der Universität Cardiff, Großbritannien. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Ideologiekritik, politische Ökonomie, theoretische Psychoanalyse, Hegel’sche Dialektik und Film. Lena Bollinger sprach mit ihm.
Während der Pandemie schien der Kapitalismus plötzlich ein menschliches Antlitz zu bekommen: Der Staat rettet Menschenleben, selbst wenn es der Wirtschaft schadet!Sie sagen: Es war genau umgekehrt. Die Lockdowns haben die Wirtschaft gerettet und menschlich eine Verwüstung angerichtet. Wie kommen Sie darauf?
Der Grund ist ganz einfach: Der eigentliche Patient in dieser Krise ist der Kapitalismus. Unmittelbar bevor Covid auftauchte, standen wir vor einer weiteren großen Finanzkrise, deren Ausmaß die Krise von 2008 zu übertreffen drohte. Im Sommer 2019 veröffentlichten die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und der Vermögensverwalter Blackrock mehrere Berichte und Arbeitspapiere, in denen sie vor einem Crash warnten. Sie forderten »beispiellose Maßnahmen« und eine »unkonventionelle Geldpolitik«. Die Idee war, den Finanzsektor mit ungeheuerlichen Mengen Geld zu fluten, um einen Kollaps zu verhindern, wenn die Blasen anfangen zu platzen. Blasen entstehen, wenn die Vermögenswerte, nichts mehr mit dem tatsächlichen Wert zu tun haben. Man wettet bloß die ganze Zeit mit billigen Krediten auf künftige Gewinne. Irgendwann fliegen diese leeren Wetten auf. Der folgende Dominoeffekt reißt dann alles in den Abgrund. Es genügt ein kleiner Vorfall, zum Beispiel eine kleine Erhöhung der Zinsen, also der Kreditkosten, um die Blasen zum Platzen zu bringen. Im September 2019 geschah genau das. Die Zinsen im Repo-Markt – einem wichtigen Markt für sehr kurzfristige Kredite – stiegen sprunghaft an. Der Patient lag sozusagen schon auf der Intensivstation. Die Zentralbanken begannen sofort, riesige Summen Geld in den Finanzsektor zu pumpen. Zentralbanken haben dieses Privileg, Geld zu erzeugen, indem sie einfach eine Zahl in einen Computer tippen. Es war klar, dass keine Summe zu hoch sein würde, um den Patienten zu retten.
Aber was hat das alles mit den Lockdowns zu tun, die der Staat verschrieben hat?
Wenn man so viel Geld per Mausklick aus dem Nichts in die Finanzökonomie pumpt, entsteht die Gefahr einer Hyperinflation in der Realökonomie mit unabschätzbaren Folgen. Diese Gefahr kann man kontrollieren, wenn man die Realökonomie drosselt. Je weniger produziert und konsumiert wird, desto weniger Geld ist im Umlauf und desto geringer die Inflation. Die Lockdowns hatten genau diesen Effekt. Sie zögerten die Inflation hinaus, die man durch die monetäre Flutung der Finanzmärkte verursacht hatte. Die Folgen der Geldschwemme ließen sich so besser kontrollieren. In dieser Hinsicht kam Covid mehr als gelegen. Man konnte die tickenden Bomben im Finanzsektor entschärfen und gleichzeitig den Inflationsschub hemmen.
Gleichzeitig hat der Staat aber auch viele Unterstützungsprogramme auf den Weg gebracht. Da ging es weder um die Rettung der Finanzindustrie, noch machte man sich allzu viele Sorgen um die Inflation.
In der Tat dachten viele Menschen, vor allem auch viele Linke, der Staat stehe in dieser Krise schützend an ihrer Seite. Diese Vorstellung impliziert aber, dass der Staat irgendwie unabhängig vom Kapital sei. Das ist eine falsche und sehr naive Einschätzung, geradezu eine Fetischisierung des Staates. Unter Linken ist das leider kein neues Phänomen. In Wirklichkeit ist der Staat schon seit langer Zeit eine Art Schutzengel des Kapitals, insbesondere des Finanzkapitals. Der Staat und das Finanzkapital sind heute lediglich zwei Seiten derselben Medaille. Wir nennen das dann euphemistisch Private-Public-Partnership. Das ist bereits eine ideologische Verdrehung. Ihren Höhepunkt hat diese ideologische Manipulation aber in dem Kunststück gefunden, die Leute davon zu überzeugen, dass die Pandemiepolitik ethisch gut und im Interesse der Bevölkerung gewesen sei.
Und die Rettungspakete?
Man darf nicht vergessen, dass parallel zu diesen Hilfen kleine und mittlere Unternehmen dauerhaft pleitegingen. Ich spreche auch von einer kontrollierten Zerstörung. Da wurde nichts gerettet. Die Hilfen für die Bevölkerung sind ein paar Krümelchen, wenn man sie mit den gigantischen Summen vergleicht, die in den Finanzsektor gepumpt wurden. Es war also ein großer Fehler, vor allem der Linken, eine solche Hoffnung in den Staat zu setzen.
Die Linken haben versagt, weil sie die Krise falsch interpretiert haben?
Nicht nur das. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass paradoxerweise die Finanzindustrie beziehungsweise die Politik, die ihr in Krisenzeiten zu Hilfe eilt, ideologisch auf ehemals linke Slogans und Forderungen zurückgreifen. Solidarität, Schutz der Schwachen, Opfer bringen für das Gute – all diese Selbstbeschränkungen, moralischen Erpressungen und die Erzeugung von Schuldgefühlen weisen eine große Schnittmenge zur zeitgenössischen Linken auf. Es braucht diese humanitäre, ethische Rhetorik, um solch drastische Maßnahmen wie einen Lockdown durchzusetzen. In diesem Sinne haben die Linken nicht einfach nur etwas falsch verstanden, sondern sie spielten das kapitalistische Spiel, und zwar oft noch besser als die Rechten. Die Linken sind zu Komplizen einer neuen Form des Kapitalismus geworden, die ich Notfall-Kapitalismus nenne. Dieser Notfall-Kapitalismus hangelt sich von Katastrophe zu Katastrophe. Das gegenwärtige System bekämpft diese allgegenwärtigen Katastrophen nicht, es braucht sie.
Katastrophen waren seit jeher eine lukrative Angelegenheit für den Kapitalismus. Auch Krisen sind so alt wie der Kapitalismus selbst. Was ist so neu an dem, was Sie »Notfall-Kapitalismus« nennen?
Dazu müssen wir uns anschauen, was seit den 1970er Jahren passiert ist. Hier wurde das Ende der Arbeitsgesellschaft und des Konsumkapitalismus eingeläutet. Aus zwei Gründen: Erstens waren die Grenzen der Profitsteigerung erreicht, die lukrative Kombination aus Massenproduktion, Massenkonsum und Wohlfahrtsstaat rentierte sich nicht mehr, das Wachstum stagnierte. Zweitens begann zu diesem Zeitpunkt die Dritte industrielle Revolution. Die sogenannte Digitalisierung führte zu einer sukzessiven Ersetzung menschlicher Arbeitskraft. Diese Entwicklung trifft uns heute mit voller Wucht. Es stehen immer weniger Menschen am Fließband. Die Arbeit wird von Maschinen gemacht. Sie montieren Autos in Fabriken, führen Operationen in Krankenhäusern durch, sortieren Bücher in Bibliotheken oder kassieren in Supermärkten. Das ist ein Problem, nicht nur für die Leute, die ihre Jobs verlieren, sondern auch für das Kapital. Denn Profite im klassischen Sinne entstehen nur dort, wo menschliche Arbeitskraft verwertet wird und das Kapital Mehrwert abzwacken kann. Maschinen sparen zwar Lohnkosten, erzeugen aber keinen Mehrwert. Es findet keine Wertschöpfung statt. Das Kapital kann also in der Realökonomie keine Profite mehr machen und flüchtet sich in die Finanzspekulation.
Und dort entstehen dann die Notfälle?
Sozusagen. Der heutige Kapitalismus investiert nicht in Arbeit, sondern in Finanzprodukte. Aber die Spekulation erzeugt natürlich auch keinen »echten Wert«. Stattdessen bilden sich Blasen. Drohen sie zu platzen, intervenieren die Zentralbanken mit einer Geldschwemme. Aus der Geldschwemme folgt die Gefahr einer Hyperinflation, die sich nur mit irgendwelchen Notfallmaßnahmen oder Ausnahmezuständen bewältigen lässt. Es geht nicht darum, punktuell aus irgendwelchen Notständen Profit zu schlagen. Vielmehr muss der Notfall möglichst durch immer neue Katastrophen auf Dauer gestellt werden, um den Finanzmarktkapitalismus künstlich am Leben und die Inflation im Zaum zu halten. Das ist eine Verlängerung der Agonie, ein Kollaps in Zeitlupe. In einer solchen Situation sind Katastrophen, Ausnahmezustände und Lockdowns keine wirtschaftliche Gefahr, sondern nützlich für das Inflationsmanagement. In den 1960er Jahren, als der Konsumkapitalismus noch boomte, hätte man sich angesichts einer Gesundheitskrise niemals entschlossen, eine florierende Wirtschaft zu gefährden. Das Virus konnte eine solche Wirkung nur im Finanzmarktkapitalismus entfalten.
Manche sagen, Big Data biete einen Ausweg aus der leeren Finanzmarktspekulation. Die Digitalisierung, so das Argument, schaffe neue Branchen, die auch der Realökonomie zu einem Aufschwung verhelfen könnten.
Ich denke, die Bewirtschaftung von Daten hätte im Konsumkapitalismus sehr gut funktioniert. Die ganze Datenverwertung hängt von Konsumgewohnheiten und Werbung ab. Das heißt, man braucht eine Bevölkerung, die viel konsumiert. Genau das ist heute aber nicht mehr der Fall. Die Leute werden immer ärmer und können sich immer weniger Produkte leisten. Warum dann viel Geld für personalisierte, zielgenaue Werbung ausgeben? Aus meiner Sicht geht es bei der Digitalisierung nicht so sehr ums Geschäft, sondern eher um Überwachung. In einer digitalisierten Gesellschaft lässt sich die Bevölkerung sehr viel leichter kontrollieren – und das wird nötig sein, wenn sie immer weniger Jobs und Konsumgüter in Aussicht hat und immer mehr verelendet. Es kann allerdings auch sein, dass sich die Leute mit Freude ihre eigenen Fesseln anlegen, wenn sie das Gefühl haben, es diene einer guten Sache. Man sieht ja, wie begeistert sich viele in die Selbstisolation begeben haben, die Heizung runterdrehen oder die eigene Armut als nachhaltige Selbstgenügsamkeit gutheißen.
Das sind düstere Aussichten.
Ja, wir befinden uns in einer Sackgasse. Aus kapitalistischer Sicht gibt es keinen Ausweg. Wenn man noch mehr Geld in den Finanzsektor pumpt, hat man ein Problem mit der Inflation oder sogar Hyperinflation und muss irgendwie die Realökonomie runterfahren. Wenn man hingegen die Zinsen erhöht, also Geld teurer macht, wie es derzeit vorsichtig versucht wird, riskiert man einen Crash, denn das ganze System basiert auf billigen Krediten. Es ist also eine Lose-lose-Situation. Der Patient kann sich lediglich aussuchen, welchen Tod er sterben will. Falls man in einer solchen Lage überhaupt noch etwas tun kann, gilt es zu verstehen, was vor sich geht. Erst dann kann man sich der großen Frage widmen, wie das gesellschaftliche Leben anders organisiert werden könnte – jenseits der kapitalistischen Kategorien, die obsolet geworden sind.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
unser weiterer Kommentar: Zitat: Denn Profite im klassischen Sinne entstehen nur dort, wo menschliche Arbeitskraft verwertet wird und das Kapital Mehrwert abzwacken kann. Maschinen sparen zwar Lohnkosten, erzeugen aber keinen Mehrwert. Es findet keine Wertschöpfung statt. Das Kapital kann also in der Realökonomie keine Profite mehr machen und flüchtet sich in die Finanzspekulation. (Zitatende)
Es ist also nicht allein damit getan, wenn die Maschinen auch noch selbst die Nachfrage nach Konsumartikeln hervorrufen würden, weil sie diese als Produkte auch nicht selbst konsumieren könnten undwarum müssten sie das denn überhaupt, d.h. warum läuft das System nicht von selbst? Weil wirschaften ohne Produkte und Dienstleistungen für Menschen zu generieren sinnfrei ist. Und das unverzichbare Tauschequivalent Geld ist hierbei in einer arbeitsteiligen Gesellschaft wegen seines Liquiditätsvorteils schon im Wertschöpfungsprozess der Produktion erforderlich und pervertierte zusätzlich zum Preis des Geldes über den Zins und Zinseszins, seitdem es im Finanzmarktkapitalismus selbst zur profitabelsten aller Handelswaren geworden ist und begonnen hat mit der Realwirtschaft um die Profite zu konkurrieren!
Zu kurz gedacht oder vergessen?
Selbstverständlich erzeugen Maschinen, Automaten und auch die sog. KI´s Mehrwert, wenn z. B. die geringen Lohnstückkosten eine Zusatzinvestition zur Verlagerung der gesamten Produktion in Billiglohnländer oder/und den Neubau der Produktionsstätte rentabel erscheinen lassen! Deshalb gehörte eine den technischen Fortschritt begleitende Maschinensteuer alsAutomatisierungssteuerzur dieExistenz sicherndenEntschädigung für die Menschen, die aus dem volkswirtschaftlichen Produktionsprozess herausgenommen also frei werden, in eben einer solchen Volkswirtschaft immer mit dazu. Vorallem wenn Unternehmen dadurch ihre Produktivität und in Folge ihren daraus geschöpften Mehrwert erhöhen und das sollte nicht unterschlagen werden.
01.04.2023
Joe Biden erklärt den US-Bürgern: "Transgender-Amerikaner prägen die Seele unserer Nation"
gegenzensur.rtde.life, vom 31 Mär. 2023 10:31 Uhr
Am 31. März wird weltweit der "Transgender-Tag der Sichtbarkeit" gefeiert. In den USA erfährt die Transgender-Community seit geraumer Zeit sehr breite medial-politische Aufmerksamkeit und Unterstützung, bis zu Interview-Empfängen im Weißen Haus.
Joe Biden erklärt den US-Bürgern den "Transgender-Tag der Sichtbarkeit".
Joe Biden persönlich äußerte sich in einem Video auf dem YouTube-Kanal des Weißen Hauses zum "Transgender-Tag der Sichtbarkeit" (Transgender Day of Visibility). Parallel erfolgte die offizielle Mitteilung des US-Präsidenten auf der Webseite der US-Regierung. Biden lässt die US-Bürger wissen:
"Der Transgender Day of Visibility feiert die Freude, die Stärke und den absoluten Mut einiger der mutigsten Menschen, die ich kenne – Menschen, die zu oft ihre Arbeit, ihre Beziehungen und ihr Leben aufs Spiel setzen mussten, nur um ihr wahres Ich zu sein."
Im zweiten Absatz heißt es dann im Original-Wortlaut:
"Transgender-Amerikaner prägen die Seele unserer Nation – sie dienen mit Stolz im Militär, heilen tödliche Krankheiten, bekleiden gewählte Ämter, führen florierende Unternehmen, kämpfen für Gerechtigkeit, ziehen Familien auf und vieles mehr."
Das jüngste Ereignis eines erneuten bewaffneten Amoklaufs in den USA, im Bundesstaat Texas, mit mehreren Toten, darunter auch Kindern, wird in den US-Medien dahin gehend differenzierter diskutiert, da laut den Ermittlungen und Aussagen des leitenden Polizeichefs von Nashville die Täterin "sich als Transgender identifiziert hat, aber wir befinden uns noch in der Anfangsphase der Ermittlungen, um herauszufinden, ob dies tatsächlich eine Rolle bei diesem Vorfall gespielt hat", so der Beamte gegenüber dem US-Sender NBC News.
In der Mitteilung des US-Präsidenten zum "Transgender Day of Visibility" heißt es weiter:
"Heute zeigen wir Millionen von transgender und nicht-binären Amerikanern, dass wir sie sehen, dass sie dazugehören und dass sie mit Würde und Respekt behandelt werden sollten. Ihr Mut hat unzähligen anderen Menschen Kraft gegeben, aber niemand sollte mutig sein müssen, nur um er selbst zu sein. Jeder Amerikaner hat diese Freiheit verdient."
Im Jahr 2022 empfing Joe Biden die in der US-Gesellschaft kritisch beäugte Transgender-Aktivistin Dylan Mulvaney im Weißen Haus. Mulvaney dokumentiert ihren Prozess und ihre individuelle Wahrnehmung sehr medienwirksam in regelmäßigen TikTok-Videos.
Der weltweite "Transgender-Tag der Sichtbarkeit", soll "trans Menschen feiern und ihre Kämpfe für Selbstbestimmtheit und Akzeptanz würdigen", so das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erläuternd. Weiter heißt es im diesbezüglichen Artikel, dass dabei "auch nicht binäre Menschen mit eingeschlossen" würden, die sich "keiner Geschlechteridentität eindeutig zuordnen" ließen. Ziel des Aktionstages sei es, "sowohl auf Diskriminierung in der Gesellschaft als auch durch die Politik" aufmerksam zu machen.
Biden erinnert in der Mitteilung des Weißen Hauses:
"An meinem ersten Tag als Präsident habe ich eine Durchführungsverordnung erlassen, die die Bundesregierung anweist, die Diskriminierung von LGBTQI+ Menschen und ihren Familien zu beenden. Wir haben eine Rekordzahl offener LGBTQI+-Führungskräfte ernannt, und ich war stolz darauf, das Verbot für offen transsexuelle Menschen im Militär aufzuheben."
So wurde Karine Jean-Pierre als LGBTQ-Person und erste farbige Frau die leitende Pressesprecherin des Weißen Hauses. Zudem wurde Rachel Levine als erste Transgender-Beamtin in einer Position als Vier-Sterne-Admiralin vereidigt.
Zuletzt geriet im Rahmen dieser Realität, der von Biden in der US-Atom-Behörde und mittlerweile entlassene US-Regierungsbeamte Sam Brinton in den Fokus der Justiz und Medien. Dieser stahl in seiner Freizeit Koffer von Transportbändern an US-Flughäfen, entfernte die Namensschilder und entfernte sich samt Gepäck und Inhalt, um Kleidungsstücke später vollkommen ungeniert in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Biden fordert die US-Bürger in seiner jüngsten Mitteilung auf, "sich uns anzuschließen, um das Leben und die Stimme von Transgender-Personen in unserer Nation zu erheben und auf die Beseitigung von Gewalt und Diskriminierung gegen alle Transgender, geschlechtsuntypischen und nicht-binären Menschen hinzuarbeiten".
NEW - Biden says transgender Americans "shape our nation's soul" in an official proclamation.https://t.co/BnAGAggAzL
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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
01.04.2023
Simbabwe, Südafrika und Russland
aus e-mail von Doris Pumphrey, 31. März 2023, 18:26 Uhr
*Senatspräsidentin Simbabwes:
Engagement Russlands für unabhängiges Afrika sorgt für frischen Wind
*Am Mittwoch hat es ein Treffen in Moskau zwischen der Präsidentin des
Senats der Republik Simbabwe, Mabel Chinomona, und dem Sprecher der
russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, gegeben. Dabei betonte
Wolodin, dass die Beziehungen beider immer dem gegenseitigen Beistand
Der Internationale Strafgerichtshof hatte den Haftbefehl letzte Woche
Freitag ausgestellt. Das Gericht in Den Haag verfügt über keine eigenen
Polizeikräfte und ist darauf angewiesen, dass seine Mitgliedsstaaten
Verdächtige festnehmen und in die Niederlande überstellen. Südafrika
gehört zu den 123 Staaten, die den Strafgerichtshof tragen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
01.04.2023
Das Land der Ahnungslosen – der chinesische Friedensplan und seine mediale Reflektion
nachdenkseiten.de, vom 31. März 2023 um 13:00
Ein Artikel von Bernd Liske
Schon seit März vergangenen Jahres betrachte ich die Medien als sechste Teilstreitkraft des gegenwärtigen Krieges zwischen den USA und Russland. Sie bereiten mit ihren medialen Flächenbombardements den Boden für die Sanktionen, die Waffenlieferungen und generell die politische Ausrichtung Deutschlands, indem sie den Journalismus durch eine russophob geprägte Propaganda ersetzen, die durchaus erfolgreich zu einer monokulturellen Verblödung der Bevölkerung führt. Wenn man zu DDR-Zeiten Gebiete wie Sachsen als Tal der Ahnungslosen bezeichnete, weil man dort kein Westfernsehen empfangen konnte, so können wir inzwischen von Deutschland als Land der Ahnungslosen sprechen, denn die mediale Ausrichtung geht einher mit vielfältigen Bemühungen, noch vorhandenes Unkraut aus der medialen Landschaft zu tilgen oder dessen Inhalte als giftig zu diskreditieren.
Die Natur der Demokratie: Die Dialektik aus Pressefreiheit – die Freiheit der Journalisten, zu schreiben, was sie wollen, doch alle schreiben das gleiche – und freier Meinungsäußerung – jeder kann sich äußern, aber nicht alle dürfen es hören.
Nicht wenigen mag eine solche Lagebeschreibung suspekt erscheinen, gehört doch die in ihr verankerte Pressefreiheit zu den Narrativen der Demokratie. In einer Welt, in der zunehmend der Schein das Sein bestimmt, macht es jedoch Sinn, sich immer wieder aus nächster Nähe anzuschauen, wie postulierte Werte gelebt werden. Eine aktuelle Möglichkeit dafür bietet die Friedensinitiative Chinas vom 24. Februar – also dem Tag, an dem vor einem Jahr die Bemühungen, Russland vor die Wahl zwischen Pest und Cholera zu stellen, dahingehend erfolgreich waren, dass Russland sich leider für die Pest entschied.
Schauen wir uns das mediale Echo auf die chinesische Initiative in den deutschen Medien an. Die Tagesschau meint, dass es „Keinesfalls ein umfassender Friedensplan“ wäre und China die Position Russlands unterstützen würde. Im ZDF heute journal liefert Marietta Slomka Außenministerin Annalena Baerbock die Vorlage für deren einseitige Interpretation des Konflikts, indem sie von einem „sogenannten Friedensplan“ spricht, der aber im Westen und der Ukraine auf große Skepsis stoßen würde. DER SPIEGEL spricht von einem „nutzlosen Plan“ und einem „mauen Dokument“, das zeigt, „dass die chinesische Regierung als Vermittler im Ukraine-Konflikt völlig unbrauchbar ist“. ZEIT ONLINE betrachtet China als Komplizen des Aggressors und meint, es wäre „kein glaubwürdiger Friedensstifter“. Die Süddeutsche Zeitung lässt ihre Leser wissen, dass es Peking nicht um den Frieden in der Ukraine geht, „sondern um die angestrebte eigene Vorherrschaft“ – wobei man in Sorge ist, dass manche auf den Plan reinfallen könnten. Die FAZ sieht ein „dürres Friedenspapier“, das der Imagepflege dient und „Chinas bekannte Positionen und Allgemeinplätze enthält“. Allen Beiträgen ist eigen, dass sie gegen die Initiative polemisieren, ohne sich mit den konkreten Vorschlägen journalistisch zu beschäftigen – also objektiv, knapp und präzise. Eine Ausnahme stellt die WELT dar. Sie verlinkt zu dem Friedensplan, suggeriert dem Leser aber schon mit der Überschrift „Chinas Zwölf-Punkte-Plan für die Ukraine im Detail“, man könne sich eine Auseinandersetzung mit ihm ersparen, weil man ihn ja im Detail diskutieren würde – um dann mit einigen dem Papier entnommenen Phrasen die Behauptung zu stützen, China würde nur die Position Russlands vertreten: Was, wenn man als solche in Betracht zieht, dass Russland um eine umfassende Lagebeurteilung bemüht ist, sicher nicht ganz falsch wäre.
Wenden wir uns nun den wesentlichen Aspekten des Zwölf-Punkte-Papiers zu, und ich rege an, sich das Papier danebenzulegen. Wenn im ersten Punkt gefordert wird, die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder müsse wirksam gewahrt werden, kann das nicht als einseitige Botschaft an Russland verstanden werden, denn die sich seit Jahren vollziehende ungehemmte Aufrüstung der Ukraine sowie ihre angedachte Mitgliedschaft in der NATO stellen eine Gefahr für Russland dar. Nicht zuletzt wird das durch die Einbeziehung des zweiten Punktes deutlich, in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten eines anderen gewährleistet und eine Konfrontation zwischen den verschiedenen Blöcken vermieden werden sollte.
Wenn im dritten Punkt empfohlen wird, alles zu vermeiden, mit dem die Spannungen weiter verschärft werden können, so kann sich der Westen mit seinen Waffenlieferungen direkt angesprochen fühlen. Der Hinweis, man müsse verhindern, dass die Krise sogar außer Kontrolle gerät, lässt durchaus den Schluss zu, China würde sich vorbehalten, Russland mit Waffenlieferungen zu unterstützen, weil ansonsten die Gefahr besteht, es könnte sich ab einem bestimmten Punkt gezwungen sehen, Atomwaffen einzusetzen. Generell kann von der Sorge Chinas um eine nachhaltige Schwächung im Konflikt mit den USA ausgegangen werden, wenn die im Westen kolportierte Absicht, die Ukraine müsse diesen Krieg gewinnen, erfolgreich ist. Schon in meinen Neujahrswünschen von Anfang 2022 führte ich aus:
„Während sich die Welt in der größten Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg befindet – mit inzwischen über 5,3 Millionen Toten – werden die westlichen Demokratien durch die USA darauf fokussiert, Russland in der Ukraine ein Bein zu stellen.
Betrachtet man das als Schachspiel, in dem der Gewinn des schwarzen Königs die Herrschaft über die Welt bedeutet und alle Beobachter davon ausgehen, dass die schwarze Dame (China) angegriffen wird, konzentriert sich Weiß asymmetrisch darauf, einen schwarzen Läufer (Russland) zu schwächen, indem es dessen – schon schwache – Verteidigung durch einen Bauern (Ukraine) durchbricht. Durch die Schwächung dieses Läufers möchte Weiß im Vorbeigehen auch noch die beiden Springer schwächen: Deutschland und Europa.
Weiß hat diese Spielentwicklung schon lange vorbereitet, sodass es mit dem Angriff auf die schwarze Dame noch eine Weile dauern könnte – zumal ein Bauer neutralisiert erscheint (Hongkong) und ein weiterer als chinesisches Kuba erst entwickelt werden muss. Es führt an dieser Stelle zu weit, auszuführen, welcher Aufwand allein für die Stärkung eines weißen Bauern betrieben wurde (@Die_Gruenen), und wichtig ist natürlich, die Entwicklung eines anderen Bauern zu sehen (Ukraine): vom – vermeintlich – ersten Zug hin zu dessen weiterer Entwicklung durch Waffen, Manöver und Sanktionen. Letztere dienen der Legitimierung des eigenen und der Blockierung des gegnerischen Spiels. Passend dazu das Bild von Theo Sommer in @ZEITonline am 07. Dezember: Die Ukraine als unsinkbarer Flugzeugträger der Amerikaner – wenige Hundert Meilen vor Moskau. Die Ukraine als das Kuba Russlands.“
Der fünfte Punkt widmet sich humanitären Einsätzen, die den Grundsätzen der Neutralität und Unparteilichkeit zu folgen hätten. Humanitäre Fragen sollten nicht politisiert werden – was auf Erfahrungen schließen lässt, für die mir die Kompetenz fehlt. Der Hinweis im sechsten Punkt, die Konfliktparteien mögen sich an das humanitäre Völkerrecht halten und die Grundrechte der Kriegsgefangenen achten, kann als Verarbeitung von Meldungen über die Misshandlung und Erschießung von Kriegsgefangenen durch die Ukraine betrachtet werden. In ähnlicher Weise dürfte die Ukraine im siebenten Punkt gemeint sein, wenn China zum Ausdruck bringt, es würde Angriffe auf Atomkraftwerke ablehnen. Die massenhaften Meldungen über den Beschuss des von Russland seit März 2022 besetzten Atomkraftwerkes in Saporischschja durch die Russen war für mich Veranlassung zu einigen Tweets, die ich unter @BerndLiske blöde Russen veröffentlichte.
Im achten Punkt dürften sich insbesondere die USA angesprochen fühlen, denn der Hinweis auf die Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen kann als Reaktion auf die Rede von Präsident Selenskyj auf der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Jahr gewertet werden, in der er über den Ausstieg aus dem Budapester Moratorium sinnierte, und der Hinweis, China würde die Erforschung, die Entwicklung und den Einsatz chemischer und biologischer Waffen ablehnen, führt geradewegs zu den Biowaffenlaboren der USA in der Ukraine.
Auch die nächsten beiden Punkte weisen darauf hin, dass China den Konflikt sehr aufmerksam verfolgt. Im neunten Punkt geht es um das von Russland, der Türkei, der Ukraine und den Vereinten Nationen unterzeichnete Getreideabkommen. Hinsichtlich dessen fordert es eine „vollständige“ Umsetzung des Abkommens. Die vollmundigen Behauptungen, Russland würde den Hunger als Waffe einsetzen und mit dem Abkommen würde ein bedeutender Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt geleistet werden, sind inzwischen nicht nur dadurch ad absurdum geführt, dass der größte Teil der Lieferungen nach Europa geht: Gravierend ist die Torpedierung von Aspekten des Abkommens durch den Westen – mit der Folge, dass der sehr viel größere Getreideexporteur Russland bei der Bekämpfung des Hungers überwiegend ausfällt. Im zehnten Punkt fordert China eine generelle Beendigung einseitiger Sanktionen, weil sie nur neue Probleme schaffen würden. Insbesondere lehnt es Sanktionen ab, die nicht durch den UN-Sicherheitsrat genehmigt wurden.
Fassen wir zusammen: Der Friedensplan Chinas berücksichtigt die Natur dieses Krieges und seine konkreten Ausprägungen. Er ist durchaus geeignet, entlang der Vorstellungen von Albert Schweitzer und Papst Franziskus auf den Frieden hinzuarbeiten, und ich könnte mir vorstellen, dass sich Länder wie Indien und Brasilien mit ihren Vorstellungen in dem Papier wiederfinden. Doch ohne Zweifel gibt es zwei wesentliche Probleme: Der Westen hat sich durch seine mediale und politische Interpretation dieses Krieges derart in ein Abseits manövriert, dass es schwer wird, ihn dort ohne bedeutenden Gesichtsverlust herauszuholen und noch dazu sicherzustellen, dass er nicht mit weiteren Abenteuern den Weltfrieden und sogar den Untergang der Menschheit gefährdet. Hinzu kommt gerade im Zusammenhang mit Letzterem ein spätestens mit diesem Krieg auch vernichtetes Vertrauen Russlands in Abstimmungen mit dem Westen – dem Altbundeskanzlerin Angela Merkel einen geradezu finalen Stoß versetzt hat.
Widmen wir uns noch den inhaltlichen Unterschieden zwischen meiner Interpretation des Zwölf-Punkte-Papiers und dem medialen Echo. Ich meine, sie dürften auffällig sein, doch zeichnet sich der vorliegende Artikel noch in einem weiteren Punkt aus – ausgenommen hier die WELT: Im Gegensatz zu den genannten Beiträgen gibt es hier einen Link zu dem Originalpapier – oft zum Ausdruck gebracht: ich liebe Links –, und jedem Leser ist es möglich, Sinn und Unsinn meiner Interpretation kritisch zu prüfen. Das ist auch empfehlenswert, da sich die Frage, wie objektiv und substanziell ich auf dieses Papier schaue, erst durch die konkrete Prüfung klärt und der ergänzende Blick auf das Original zusätzliches Futter für die grauen Zellen ist.
Pressefreiheit ist also spätestens seit der „Zeitenwende“ als intellektuelle Freiheit zu sehen, sich nur entlang der propagandistischen Ziele austoben zu können, womit sie quasi eine Unfreiheit ist. Dafür hat sich aber inzwischen ein eigener Markt gebildet, in dem die Schlauheit in Gestalt ungezählter Russland-Experten ihre Intelligenz missbraucht, um den vorgegebenen russophoben Grundton in großer Varianz zu interpretieren, sodass dem normalen Bürger in einem der bildungsstärksten Länder der Welt überwiegend nicht auffällt, welchen Einheitsbreit er serviert bekommt. Die Folge dessen ist ein zunehmender Mangel an kognitiver Diversität, der sich für den Wirtschafts- und Technologiestandort Deutschland sicher auch auf andere Bereiche auswirkt, und so ist der vorliegende Beitrag ein weiteres Bemühen, das Unkraut in Deutschland trotz der zunehmend klimatisch schlechter werdenden Bedingungen zu stärken, sodass es seine heilende Wirkung auf das Land hoffentlich noch entfalten kann und ich nicht irgendwann formulieren muss: Deutschland seine Tragik.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Seit einigen Jahrzehnten trage ich einen Mitgliedsausweis mit mir herum. Nämlich den der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK). Daran liegt es, daß ich lange gezögert habe, diese Zeilen zu veröffentlichen. Im Stillen hatte ich gehofft, meine Empörung über den nachfolgend geschilderten Skandal werde sich mit der Zeit legen. Der Zorn ist jedoch keinesfalls verraucht, und ich glaube, Ossietzky ist die richtige Adresse, ihn zu äußern.
Der Sachverhalt: Mitte Februar fand in München die NATO-gestützte sogenannte »Konferenz für Sicherheitspolitik« statt, bekanntermaßen ein hochrangig besetztes Treffen von Firmen und Politikern, die am Rüstungsgeschäft und infolgedessen an möglichst weiter Verbreitung und schnellem Verbrauch von Massenmord-Artikeln interessiert sind.
Parallel zu dieser traditionell unter massivem Polizeischutz im noblen Ambiente der Superreichen-Absteige »Bayerischer Hof« durchgeführten gemeingefährlichen Zusammenrottung hatten als Gegengewicht 60 Friedensgruppen nun schon im dritten Jahr eine »Internationale öffentliche Friedenskonferenz« angesetzt. Planung und Organisation wurden unter allgemeiner Zustimmung – was läge näher – dem Landesverband Bayern der DFG-VK anvertraut.
So weit so gut. Auf den ersten Blick sogar noch besser: Die rotgrün regierte Stadt München zeigte sich bereit, dem Friedenskongreß ihren traditionsbeladenen Festsaal des Alten Rathauses zu überlassen, und stellte überdies »einen kleinen finanziellen Zuschuß« in Aussicht.
Geschehen noch Zeichen und Wunder? Nein, natürlich nicht, und wer das meint, hat noch nie etwas von Haken und Pferdefüßen gehört. SPD-Oberbürgermeister Christian Ude nämlich stellte schon bald seine Bedingungen. Saal und Zuschuß könnten nur dann bewilligt werden, wenn die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) von der Unterstützerliste der Konferenz gestrichen werde. Auch müsse der Text des Aufrufs geändert werden. Hatte es in der Originalfassung noch geheißen: »Nach den Völkerrechtswidriger AngriffskriegKriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan und den Irak…«, so sollte nach den Vorstellungen des spezialdemokratischen Stadtoberhauptes die Passage nun lauten: »Nach den( Völkerrechtswidrigen Angriffskriegen)Kriegen im ehemaligen Jugoslawien, in Afghanistan und im Irak…« (Hervorhebungen von mir; D.K. ).
Daß es sich bei diesem Ansinnen keinesfalls um den stilistischen Verbesserungsvorschlag eines fürsorglichen Rathausgermanisten handelte, sondern um den unverfrorenen Versuch erpresserischer Einflußnahme seitens eines Regierenden auf den Inhalt politischer Meinungsäußerungen anderer, muß angesichts der Durchsichtigkeit des Verlangens kaum groß erklärt werden: Völkerrechtswidriger Angriffskrieg, was ist das?
Statt nun aber auf Artikel 5 des Grundgesetzes zu verweisen (»Eine Zensur findet nicht statt«) oder die gebotene Strafanzeige wegen Nötigung gegen den Oberbürgermeister zu erstatten, fügt sich der in Sachen Friedenskongreß federführende Landesverband Bayern der DFG-VK in Gestalt seines Vorsitzenden Tommy Rödl der Zumutung widerspruchslos!!!
Ohne alle unterstützenden und mitarbeitenden Gruppen und Organisationen zu befragen oder auch nur zu informieren, verfügt er die »Streichung« der DKP und läßt die inkriminierte Textstelle eilfertig und wunschgemäß verfälschen.
Ist der Herr Rödl so geil auf den Renommier-Saal im Rathaus, daß er dafür alle demokratischen Grundregeln über Bord wirft und entgegen den Tatsachen flugs selber befindet, was die Bündnispartner unterschrieben haben sollen? Die Vokabel Manipulation wäre hier untertrieben. Gibt es in München sonst keine Säle? Es muß ja nicht gleich das Hofbräuhaus sein. Für wie viele und welche Textänderungen hätte man vielleicht sogar den »Bayerischen Hof« als Tagungsort bekommen, zusammen mit den Kollegen von der NATO?
Vielleicht sollte man das Grundgesetz ändern? Artikel 5: »Eine Zensur findet jederzeit durch den Herrn Oberbürgermeister Ude zu München statt. Und zwar persönlich.« Der Herr hat ja nicht einmal seinen Stadtrat befragt.
Und was den »kleinen Zuschuß« betrifft – eine genaue Höhe war bei Nachfragen nicht zu erfahren –, ab welcher Summe ist unsere Meinung käuflich? Abgesehen von der Schofeligkeit des Verfahrens im Falle DKP (wurde die überhaupt selbst von der obrigkeitlich gewünschten Eliminierung unterrichtet?): Soll die Deutsche Friedensgesellschaft allfällige Unterschriftensammlungen oder Spendenaufrufe etwa zukünftig mit der Formel abschließen: »Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung – vorbehaltlich der Zustimmung staatlicher Stellen«? Denkbar wäre auch die Formulierung: »Wir bitten um Unterschrift unter den obenstehenden Text, der sich nach Intervention eines Bürgermeisters oder aufgrund von Geldzahlungen interessierter Kreise später allerdings inhaltlich noch erheblich ändern kann.«
Wäre es nicht erwägenswert, durch noch mehr Unterwürfigkeit noch mehr staatliche Sponsoren zu gewinnen? Wenn man etwa dem Bundeskriegsministerium das Recht auf kritische Durchsicht und verbindliche Änderungswünsche für alle Texte der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen gewährte, wäre aller Wahrscheinlichkeit durchaus mit Zuschüssen aus dem Hause Struck zu rechnen.
Möglicherweise dürfte der nächste Friedenskongreß dann sogar auf einer NATO-Luftbasis stattfinden? Als sinnvoll erweisen könnte sich bei Neuaufnahme von Mitgliedern wohl auch eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst oder gleich beim Hausmeister des Münchner Rathauses. Dringend notwendig wäre aber auf jeden Fall eine Umbenennung des Verbandsblättchens Zivilcourage (!!!) in »Der Opportunist«.
*
Bis hierher der erste Teil des Skandals. Wer nun allerdings glaubt, die Affäre ließe sich durch scherzhafte Übersendung einiger blauer Pillen zur Stärkung des Rückgrats gewisser Münchner Friedensfunktionäre abschließen, der irrt nachhaltig. Entgegen allen Regeln dramatischer Kunst folgt der Tragödie diesmal nämlich nicht das Satyrspiel, sondern ein zusätzlicher Akt, in dem sich die Perfidie des Schurkenstücks noch steigert.
Empört über die geschilderten Machenschaften verließ ein großer Teil der Gruppen, darunter beispielsweise das »Münchner Friedensbündnis«, Attac oder der Münchner Kreisjugendring, den Unterstützerkreis. Die Friedensbewegung war damit gespalten, ganz so wie der Herr im Rathaus sich das wohl gedacht hatte. Nachfragen bei Mitgliedern des DFG-VK-Sprecherrats – dem nebenher auch Christian Rödl angehört – ergaben bestenfalls butterweiche Statements. Alles war offensichtlich auf Aussitzen geschaltet.
Unter den Mitgliedern muß es dann aber doch erhebliche Unruhe gegeben haben, denn in München ging ein beschwichtigender Rundbrief »An die UnterstützerInnen der Münchner Friedenskonferenz 2005« heraus, der ausdrücklich davor warnt, »die Diskussion über die Schwierigkeiten im Vorfeld der Konferenz im Rahmen des internationalen Forums zu führen…«. Logisch: Demokratisch legitimierte Kongresse zeichnen sich bekanntermaßen stets dadurch aus, daß die Erörterung unbequemer Themen verboten ist.
Zum Ausgleich gab es dann unter dem Stichwort Bündnispolitik im Verbandsmagazin ein Interview mit Sprecherrat Rödl. Der legt fix noch ein Schäufelchen nach und äußert sich emphatisch über die Notwendigkeit der »Abgrenzung von linken Parteien, die sich von den herrschenden Parteien u.a. dadurch unterscheiden, daß sie noch keine Gelegenheit hatten, einen ›gerechten Krieg‹ zu führen.«
Das ist natürlich Rabulistik; oder wären die Kriegsabstimmungen im Deutschen Bundestag etwa einstimmig verlaufen? Da hätten Abgeordnete linker Parteien doch durchaus Gelegenheit gehabt, einen Krieg mitzuführen. Sie wollten aber leider nicht. Und: Wie wäre es denn mit der Abgrenzung von den Berliner Blockparteien, die bisher mehrfach die Gelegenheit wahrgenommen haben, tatsächlich ihrer Auffassung nach »gerechte Kriege« zu führen? Na?! – Im Gegenteil: der Herr Ude als Repräsentant einer wirklich Kriege befürwortenden Partei darf die Friedensbewegung auf seine aufdringliche Art mitgestalten. Denn, so Rödl: »Die Friedenskonferenz in München …wäre ohne die politische Unterstützung durch die rotgrüne kommunale Mehrheit nicht möglich gewesen.« Mehr noch, meine ich: Sie wäre ohne rotgrüne Berliner Kriegspolitik gar nicht so dringend notwendig gewesen.
Fazit aus Rödls Interview: Diffamierung linker Friedensfreunde ist jetzt nicht mehr allein Sache der CDU/CSU, der Bundesregierung, des Bundesverbandes der Rüstungsindustrie, der NPD, des Reservistenverbandes oder gar der »Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik« der NATO. Auch Friedensfunktionäre mischen da schon kräftig mit. Meinen Mitgliedsausweis werde ich – vorläufig – behalten, solange mein Verein noch gegen Kriege ist. Und solange es noch Chancen gibt, Skandale wie den oben geschilderten verhindern zu helfen. Oder bis der Landesverband Bayern beim Herrn Ude nachfragen läßt, ob ich nach dessen maßgeblicher Meinung als Mitglied noch tragbar bin.
Erschienen in Ossietzky 9/2005
Dietrich Kittner (1935 – 2013) war ein Satiriker, Kabarettist und Liedermacher
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01.04.2023
„Ich liebe das Leben und ich will nicht, dass es kaputtgemacht wird“
nachdenkseiten.de, vom 31. März 2023 um 11:29
Ein Artikel von Tilo Gräser
Laura von Wimmersperg ist seit 1980 in der Friedensbewegung aktiv. Sie engagiert sich in der „Friedenskoordination Berlin“ (Friko) (frikoberlin.de) und ist gewissermaßen deren Gesicht. Am 18. März trat die heute 89-Jährige das erste Mal bei einer Demonstration des „Bündnisses für Frieden Berlin“ auf, das aus der maßnahmenkritischen Bewegung entstand. Am Rand der Veranstaltung sprach Tilo Gräser mit ihr.
Frau von Wimmersperg, Sie sind seit 43 Jahren in der Friedensbewegung aktiv. Was war der erste Impuls, für Frieden einzutreten? Und warum treten Sie immer noch für Frieden ein?
Ich habe erst sehr spät begriffen, wie der Zweite Weltkrieg entstanden ist. Ich war Lehrerin in der Sekundarstufe 1, ich unterrichtete Jugendliche. Ich habe immer gedacht, ich will nicht, dass diese Kinder wieder in irgendeinen Krieg hineingeraten. Und dann kam 1980 die Sache mit der Stationierung der Mittelstreckenraketen. In dem Bezirk, in dem ich arbeitete, gab es einen Info-Abend zu Atomwaffen. Ich ging hin. An diesem Abend gründeten wir eine Friedensinitiative, die erste in Westberlin, und sehr schnell entstanden weitere Initiativen, in anderen Bezirken, Kirchengemeinden, in Gewerkschaften, verschiedenen Berufsbereichen.
Der Schock über die Stationierung war riesig. Man sagt ja, Friedensbewegung sei eine Angstbewegung. Zwar erfuhren wir in der ersten Zeit unserer Informationsarbeit auf der Straße viel Gegenwind, oft hieß es: „Wenn es Euch hier nicht passt, dann geht doch nach drüben!“ – womit Ostberlin gemeint war. Dann aber wuchs die Bewegung rasant und war interessant und sehr kreativ. Man muss auch wissen, dass vor 1980 eigentlich nur Langhaarige, also Studenten oder Hausbesetzer, auf die Straße gingen, um zu demonstrieren, gelegentlich die Gewerkschaften und Kommunisten, aber nicht der „normale“ Bürger. Das änderte sich nun.
Das wuchs ja zu einer Millionen-Bewegung in den Anfängen der Achtziger an. Danach ging es aber wieder abwärts.
Ja, trotz dieser gewaltigen Proteste beschloss die Regierung gegen die Mehrheit der Gesellschaft die Stationierung. Das hatte zur Folge, dass viele Menschen sich enttäuscht zurückzogen. Bei uns in Westberlin blieb die Friedensbewegung verhältnismäßig stabil. Wir gründeten die Kampagne „Unsere Stadt gegen Atomwaffen“ und setzten uns damit für eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa ein. Innerhalb eines Jahres sammelten wir in dem kleinen Westberlin 110.000 Unterschriften, die wir als unser Mandat benutzten und mit denen wir zu internationalen Abrüstungskonferenzen reisten, zum Beispiel nach Helsinki, Oslo und Genf. Und es gelang uns über die UNO, mit den jeweiligen Vertretern aus den USA und der Sowjetunion zu sprechen. Wir haben auch mit dieser Kampagne den Friedensfilmpreis gegründet und die Akkreditierung für eine eigene Jury bekommen. Wir haben auch das Deutsch-Japanische Friedensforum gegründet, um nur einiges zu nennen.
Wie haben Sie das 43 Jahre lang bis heute durchgehalten, sich für Frieden einzusetzen? Was gibt Ihnen die Kraft dafür bei all diesen wechselnden Zeiten und den wechselnden Reaktionen darauf?
Die Menschen, mit denen ich diese Arbeit mache, sind meist ganz wunderbare Leute. Das ist wirklich bereichernd. Auch wenn ich mit fremden Menschen auf der Straße rede, um zu wissen, was sie bewegt, sind sie für den Frieden oder warum sind sie es nicht, und wie werden wir da aufgenommen. Und dann treibt mich auch an: Ich liebe das Leben und ich will nicht, dass das mal irgendwann alles kaputt ist. Das trägt mich eigentlich.
Was erleben Sie bei dem, was Sie tun, wenn Sie Flugblätter verteilen, gegenwärtig in der Situation mit dem Kriegsgeschehen in der Ukraine, mit der Stimmungsmache in Deutschland? Wie erleben Sie die Stimmungsmache hier in Deutschland und wie erleben Sie die Stimmung der Menschen?
Sehr unterschiedlich. Bei Zufallsgesprächen auf der Straße oder bei Taxifahrten zum Beispiel und in ähnlichen Situationen bin ich oft erstaunt, wie politisch und kritisch die Menschen diskutieren. Aber dann wieder in der eigenen Familie oder im engsten Freundeskreis werden Gespräche über die Ukraine gemieden, weil es uns sonst zerreißen würde, so groß sind die Differenzen. Es fehlt sehr oft die Bereitschaft, sich mit den bedrohlichen Realitäten auseinanderzusetzen. Und es fehlt Geschichtsbewusstsein, sodass die Informationen über die Medien nicht kritisch beurteilt werden können. Was weiß zum Beispiel der Durchschnittsbürger vom Krieg im Donbass? Was davon, dass der britische Premier nach einem Monat Krieg laufende Friedensgespräche verhindert hat, was über den Verrat von Angela Merkel und Francois Hollande am Minsker Abkommen? Wer erinnert sich, dass der Irak-Krieg auch völkerrechtswidrig war? Argumentiert man, dass die Russen ein starkes Sicherheitsbedürfnis als Folge der noch sehr wachen Erinnerung an den Krieg haben, wird das oft mit „Putins Propaganda“ abgetan.
Ist das etwas, was Sie schon in den Achtzigern erlebt haben?
Ja, das Feindbild Russland, damals Sowjetunion, machte uns in der Friedensarbeit ganz schön zu schaffen. Der Abbau des Feindbildes Russland stand im Zentrum unserer Arbeit. Die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion waren weitgehend unbekannt, für uns genauso wie für die meisten unserer Mitbürger. Wir arbeiteten dazu und informierten darüber. Erst mit der Politik Michail Gorbatschows verblasste das Feindbild langsam. Das Bild vom „gemeinsamen europäischen Haus“ spielte dabei eine wichtige Rolle. Der Fall der Mauer, die deutsche Wiedervereinigung und die Auflösung des Warschauer Vertrages hatten zur Folge, dass die Friedensbewegung nicht mehr so eine bedeutende Rolle spielte. Für eine kurze Zeitspanne schien die Welt sicherer. Strukturen, die uns heute fehlen, gingen verloren, die so nicht wieder entstehen konnten.
Es heißt, die Friedensbewegung sei eine Angstbewegung. Nun warnen viele Experten heute davor, dass diese Situation in der Ukraine und der Konflikt mit China tatsächlich zu einem Atomkrieg führen können. Wäre da nicht der Moment wieder da, dass die Angst vor dem Atomkrieg die Menschen wieder auf die Straße bringen könnte?
Könnte man annehmen. Aber es ist nicht so. Es gibt natürlich mehrere Gründe dafür. Ein wichtiger ist die Erfahrung der Menschen, dass ihr großes Engagement nicht zum Erfolg geführt hat, nicht nur auf dem Gebiet der Friedensarbeit. Die Menschen auf der Straße sagen ganz oft: „Das ist ganz toll, dass es Euch immer noch gibt. Aber das hat doch alles keinen Zweck, die machen ja doch, was sie wollen. Ich will meine Lebenszeit für Dinge nehmen, die mir was bringen.“ Ich glaube, vielen mangelt es in vieler Hinsicht an Phantasie, beziehungsweise, sie sind an das Grauen durch die Bilder im Fernsehen abgestumpft. Man guckt weg, ist nicht mehr interessiert, man will das Leben genießen. Letztendlich ist aber trotzdem der Wurm drin: Die Menschen sind unzufrieden, Glücksversprechen aller Art haben Konjunktur. Das Leben ist für die meisten nicht einfach, sondern fordert von uns mehr Kraft als noch in den Jahren vor 1989, und damit wird auch Kraft für gesellschaftliches Engagement weggenommen. Es gibt eine diffuse Angst. Sich ein Hiroshima wirklich vorzustellen, das überfordert uns.
Die Friedensbewegung scheint derzeit gespalten und sich mehr auf das Trennende statt auf das Gemeinsame zu konzentrieren. Wo kommt das her, und gibt es eine Chance, diese Spaltung zu überwinden?
Ja, das ist so. Obwohl wir einerseits feststellen können, dass wieder mehr Menschen sich an der Friedensbewegung beteiligen, ist sie dadurch nicht gestärkt. Im Gegenteil, sie wirkt eher kraftlos. Die Ursache dafür sehen wir darin, dass es uns nicht gelungen ist, uns auf eine einheitliche Einschätzung der Ursachen des Krieges in der Ukraine zu einigen. Der größere Teil der Friedensbewegung argumentiert moralisch, Krieg darf nicht sein, er verstößt gegen das Völkerrecht, und teilt damit – um mal das Modewort zu benutzen – das Narrativ der Regierung und der etablierten Medien. Der andere Teil der Friedensbewegung, der kleinere Teil, bezieht sich in seiner Beurteilung des Krieges auf Fakten, was geschah vor dem Krieg. Schon Machiavelli sagte: „Nicht, wer zuerst zu den Waffen greift, ist der Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt.“ Und genau das trifft auf den Ukraine-Krieg zu.
Die westlichen Staaten haben mit verbrecherischer Ignoranz die Sicherheitsforderungen Russlands, die auf dem einfachen Satz basieren, „Meine Sicherheit darf nur soweit reichen, wie ich deine Sicherheit nicht gefährde“, ignoriert. Sie sehen schon, auf welcher Seite der Friedensbewegung ich stehe. Dazu fordern wir die schnelle Beendigung des Krieges und keine weiteren Waffenlieferungen. Die Tatsache, dass genau diese Forderungen im Bundestag lautstark von der AfD erhoben werden und leider nicht von der Partei Die Linke, wird dazu benutzt, die Friedensbewegung, die eben das auch vertritt, ebenfalls in die rechte Ecke zu stellen und sie zu diffamieren. Das passiert vielen Teilen der Friedensbewegung in unserer Republik. Wer hat daran ein Interesse, muss man sich fragen?
Es gibt die alte Friedensbewegung seit Jahrzehnten. Es gibt die neue Friedensbewegung, die aus dieser maßnahmenkritischen Bewegung entstanden ist und sich auch für Frieden einsetzt. Und dann gibt es solche Ereignisse wie am 25. Februar, wo Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer sich hinstellen und die „neue Friedensbewegung“ ausrufen und sagen: „Jetzt geht’s los!“
Ja, das ist etwas problematisch, wahrscheinlich entsprungen aus der Euphorie, so viele Menschen in der heutigen Zeit auf die Straße gebracht zu haben. Mehr Respekt vor denen, die 2003 anlässlich des bevorstehenden Irak-Krieges 500.000 Menschen mobilisierten, aber vor allem die in all den Jahrzehnten ohne jede nennenswerte Unterstützung die Friedensbewegung aktivgehalten haben, das hätten wir schon gut gefunden. Aber ob alt oder neu oder jung oder alt, darauf kommt es jetzt nicht an. Jetzt kommt es darauf an, dass wir mehr werden und aktiv werden, um effektiver gegen diese Kriegspolitik mit den Sanktionen, die nicht zuletzt uns ruinieren, angehen zu können.
Sie erleben, dass die „Antifa“ aktiv auch gegen die Friedensbewegung auftritt. Sie sind seit Jahrzehnten aktiv in der Friedensbewegung. Sie haben auch mit Antifaschisten zusammengearbeitet. Wie können Sie sich erklären, dass die jetzige „Antifa“ so gegen die Friedensbewegung vorgeht?
Antifaschisten habe ich als sehr lebenskluge, mutige, vorurteilsfreie Menschen kennengelernt. Wunderbare Persönlichkeiten. Stellvertretend für viele, die ich kennenlernen durfte, will ich Fritz Teppich nennen, der mich sehr geprägt hat. Er war der erste Moderator der Berliner Friedenskoordination. Unsere Friedensarbeit beinhaltete immer und auch heute noch Auseinandersetzung mit Ungleichheit, Ausgrenzung, Gewalt und autoritären Umgangsformen.
Die sich heute „Antifa“ nennenden jungen Menschen entsprechen diesem Bild nicht. Verleumdungen, Unwahrheiten und nicht mit offenem Visier kämpfen, gehört für mich nicht zu einer antifaschistischen Persönlichkeit. Vielleicht ist es ja die Sorge, die einige von ihnen treibt, dass wir, die alte Friedensbewegung, nicht in der Lage seien, Gefahren von faschistischer Unterwanderung zu erkennen, könnte ja sein. Aber ihre Methoden, uns zu belehren, lassen andere Schlüsse zu.
Nun steht Ostern bevor, und damit der traditionelle Ostermarsch der Friedensbewegung. Was ist da in Berlin geplant und womit rechnen Sie?
Das Motto unseres diesjährigen Ostermarsches lautet: „Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg! STOPP! Wir wollen nicht in einem Atomkrieg sterben! Wir wollen gesund und in sozialer Sicherheit leben, im Frieden mit den Völkern der Welt!“ Die Frage, wie viele wir sein werden, können wir vorher nicht beantworten. Das ist jedes Jahr das Gleiche. Und wenn jetzt kein Shitstorm losgeht und wenn die Presse sich nicht dieser Verleumdungen von der „Antifa“, die es gab, bemächtigt, dann werden wir etwas größer sein als sonst. Aber wie gesagt, es hängt wirklich davon ab. Jedenfalls wurden 20.000 Flugblätter verteilt, und Musikprogramm und Redner stehen. Muss also nur noch das Wetter mitspielen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
01.04.2023
Wie USA und NATO den Spielplan der Jugoslawienkriege der 1990er in der Ukraine neu auflegen wollen
gegenzensur.rtde.life, vom 30 Mär. 2023 22:21 Uhr, Eine Analyse von Nebojša Malić
Wenn uns bestimmte Strategien und Taktiken, die derzeit rund um den Ukraine-Konflikt im Einsatz sind, bekannt vorkommen, liegt das daran, dass sie über 20 Jahre alt sind. Aber das offensichtliche Problem dabei ist, dass das heutige Russland nicht das Serbien der 1990er Jahre ist.
Mitglieder des Komitees für Frieden auf dem Balkan protestieren am 8. Mai 1999 gegen die NATO-Bombardierung Jugoslawiens während des Kosovo-Krieges.
Die emotional aufgeladenen und oft übertriebenen Begriffe, die von den USA und ihren Verbündeten verwendet werden, um den Konflikt in der Ukraine zu beschreiben, vermitteln die Vorstellung, dass es sich hierbei sich um etwas handelt, das seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie da gewesen ist. Aber das ist absolut nicht zutreffend.
Wenn überhaupt zeigen das Verhalten, die Taktiken und sogar die Strategien der Regierung in Kiew und seiner westlichen Sponsoren eine unheimliche Ähnlichkeit mit jenen Konflikten, die Jugoslawien in den 1990er Jahren zerstört haben. Im krassen Gegensatz zu all den Erinnerungen – wenn auch nicht mit annähernd genügend Reue – an den jüngsten Jahrestag der US-Invasion im Irak scheinen sogar die Kritiker des westlichen Establishments den Kosovo-Krieg vergessen zu haben, der am 24. März 1999 begann.
Die Operation "Allied Force" – der offizielle Name der NATO für die Bombardierung Jugoslawiens im Jahr 1999 – ist ein Beweis dafür, dass die Behauptung der NATO, ein "Verteidigungsbündnis" zu sein, eine glatte Lüge ist. Ebenso ist die Vorstellung eine Täuschung, dass gewaltsame Veränderungen von Landesgrenzen Dinge sind, die in der "regelbasierten Weltordnung" einfach nicht geschehen dürfen, während die von den USA geführte Allianz genau das getan hat, als man Serbiens Provinz Kosovo besetzte und 2008 dessen "Unabhängigkeit" anerkannt hat. Der Westen war dabei so prinzipientreu, dass er versuchte, das Ungerechtfertigte zu rechtfertigen, indem er kurzerhand die Doktrin der "Schutzverantwortung" erfand und eine "unabhängige" Kommission einsetzte, um den Krieg für "illegal, aber legitim" zu erklären. Kein Wunder also, dass die "internationale Gemeinschaft" all dies vergessen will, bis zu dem Punkt, an dem sie versucht, Serbien unter Druck zu setzen, diese Vorgänge nachträglich zu legitimieren, indem man Belgrad mit Sanktionen, Isolation und "internen Unruhen" droht.
Im Mai 1999, nachdem es für Wochen nicht gelungen war, Serbien in die Unterwerfung zu bombardieren, versuchte die NATO, ihre Einigkeit und Glaubwürdigkeit zu stärken, indem sie Präsident Slobodan Milošević vom hauseigenen Tribunal in Den Haag wegen Kriegsverbrechen anklagen ließ. Hier eröffnen sich Parallelen zu den Ereignissen der vergangenen Wochen.
Der "Haftbefehl" gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin war wohl der logische Endpunkt des Narrativs, das im Juni 2014 entstand, als zwei "Experten" einer "Denkfabrik" einen Artikel in der New Republic veröffentlichten, in dem Putin beschuldigt wurde, "sich in der Ukraine so zu verhalten wie Milošević in Serbien". Wenn man die tatsächliche derzeitige Politik Washingtons und seiner Vasallen betrachtet, ist es offensichtlich, dass sie sich genau dieses Narrativ zu Herzen genommen haben.
Man nehme zum Beispiel das Gerede in Kiew und in einigen westlichen Hauptstädten über eine "Flugverbotszone". So etwas wurde tatsächlich 1992 über Bosnien eingerichtet und von der NATO im Auftrag der UNO durchgesetzt, nachdem die Serben fälschlicherweise beschuldigt wurden, ein italienisches humanitäres Flugzeug abgeschossen zu haben. Dies wurde schließlich zu einer Hintertür für militärische Interventionen – genauso wie später im Jahr 2011 in Libyen.
Dann gibt es das Narrativ der Ukraine als unschuldiges Opfer einer Aggression und als tapferen Außenseiter, der westliche Werte verteidigt und dafür Geld, Waffen und freiwillige Kämpfer benötigt. Genauso wurden Kroatien und die bosnischen Muslime in den 1990er Jahren von der westlichen Presse dargestellt. Als Schauspieler ist Wladimir Selenskij bloß wesentlich besser darin, dieselben Klagelieder zu rezitieren, die damals der bosnische Führer der Muslime, Alija Izetbegović, von sich gab.
Der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba arbeitet ebenfalls mit einem Spielplan, den er von seinem bosnischen Amtskollegen Haris Silajdžić abgekupfert hat. Auch Silajdžić war eine weltbekannte Medienfigur, forderte alles, von Nahrungsmitteln bis hin zu Waffen, und beschuldigte den "Aggressor" der Kriegsverbrechen, der Vergewaltigungen und des Völkermords. Um Kiew etwas Anerkennung zu zollen, wurde zumindest jene Beamtin entlassen, die falsche Behauptungen über Massenvergewaltigung in die Welt setzte. Silajdžić hingegen hat seine Anschuldigungen nie zurückgenommen. In jeder anderen Hinsicht hat die Ukraine das Verhalten von Bosnien weit übertroffen, zumindest was das Anspruchsdenken betrifft.
Die aktuellen Sanktionen der USA und der EU gegen Russland finden ebenfalls ihren Präzedenzfall in den UN-Sanktionen der 1990er Jahre gegen Serbien und Montenegro, bis hin zum Verbot der Teilnahme an internationalen Sportwettkämpfen. Hätte man damals daran gedacht, serbische Katzen oder Pflanzen von internationalen Wettbewerben zu verbannen, hätte man wahrscheinlich auch das getan.
Die UNO verhängte zudem ein Waffenembargo gegen alle jugoslawischen Republiken. Die USA haben dieses Embargo in den frühen 1990er Jahren umgangen, um Waffen an Muslime und Kroaten zu liefern. Bei den Friedensgesprächen Ende 1995 in Dayton im US-Bundesstaat Ohio versuchte der US-Gesandte Richard Holbrooke, dem widerwilligen Izetbegović einen Deal zu versüßen, indem er ihm anbot, das muslimische Militär nach dem Waffenstillstand "auszubilden und auszurüsten". Der aktuelle Vorstoß, eine westliche Streitmacht in der Ukraine zu schaffen, ist im Grunde derselbe, bloß mit zugeschaltetem Turbo.
Tatsächlich ist Jens Stoltenbergs Argument vom Januar 2023, dass "Waffen der Weg zum Frieden sind", nur ein Echo der Behauptung von Richard Holbrooke vom September 1995, dass "Bomben für den Frieden" durch die NATO-Luftangriffskampagne "die Serben zur Ordnung bringen werden", wie es damals das Time Magazine umschrieb.
Diese NATO-Operation mit dem Namen "Deliberate Force" (Willentliche Kraftanwendung) verzahnte sich mit der kroatischen Operation "Sturm", einem Angriff auf die Krajina im August 1995. Serben, die in den historischen Grenzgebieten des heutigen Kroatiens lebten, gegründeten 1992 ihre eigene Republik, was Zagreb als "serbische Aggression" anprangerte – ähnlich wie Kiew 2014 auf die Unabhängigkeitsansprüche der Donbass-Republiken Donezk und Lugansk reagierte, indem es diese als "russische Aggression" denunzierte. Die USA hatten das kroatische Militär für den Angriff von 1995 beraten, ausgebildet und bewaffnet und Holbrooke enthüllte später sogar, dass Washington Zagreb übermittelt hatte, was wann angegriffen werden soll. Die Parallele zu heute ist die Bereitstellung von Satelliten-Daten durch die USA und die NATO für das Regime in Kiew.
Die Operation "Sturm" endete mit einer erzwungenen "Wiedereingliederung" der Krajina in das Hoheitsgebiet von Kroatien, nachdem Tausende von Menschen getötet und über 200.000 aus ihren Häusern vertrieben worden waren. In den letzten Jahren haben sich Beamte in der Ukraine – vom Präsidentenberater und obersten Staatsanwalt Juri Lusenko bis hin zum Premierminister Wladimir Groisman – öffentlich für eine "kroatische Lösung" des "Donbass-Problems" ausgesprochen.
Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass der Westen darauf bestanden hat, die Grenzen von Kroatien, Bosnien und der Ukraine von 1991 durchzusetzen, obwohl diese von kommunistischen Regierungen gezogen wurden, an deren Sturz derselbe Westen Jahrzehnte lang gearbeitet hat. Falls man glaubt, dass dies auf eine prinzipielle Position hindeutet, so erklärten die USA und ihre Verbündeten eine Ausnahme für die Grenzen Serbiens, als sie 1999 das Kosovo abtrennten. Der springende Punkt der westlichen "regelbasierten Ordnung" ist, dass der Westen derjenige ist, der die Regeln nach Belieben aufstellt.
Das offensichtliche Problem dabei ist, dass Russland heute nicht das Serbien der 1990er Jahre ist und der Begriff des Recyclings nicht für die Politik angewendet werden sollte, weder im Ausland noch im Inland. Doch Washington glaubt weiterhin daran, dass sein unipolarer Moment noch nicht zu seinem Ende gekommen ist und das "Ende der Geschichte" immer noch vor der Tür steht und eine "wohlwollende globale Hegemonie" immer noch in Reichweite ist.
Nebojša Malić ist ein serbisch-amerikanischer Journalist, Blogger und Übersetzer, der von 2000 bis 2015 eine regelmäßige Kolumne für Antiwar.com schrieb und heute Senior Autor bei RT ist. Man kann ihm auf Telegram @TheNebulator und auf Twitter @NebojsaMalic folgen.
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