Vor ungefähr einem Jahr sprach ich zufällig mit einem Teenager, der Tochter eines Freundes, bei einer Versammlung des „Widerstands“. Sie ist wie ihre Mutter Musikerin und besucht eine private Mädchenoberschule hier in Wellington. Ich fragte nach der Schule und insbesondere nach den Romanen, die sie in ihrer Abschlussklasse in ihrem Englischunterricht las. Ich war überrascht zu hören, dass derzeit keine Romane zugewiesen wurden … also habe ich weiter nachgefragt. „Wir bekommen Auszüge“, informierte sie mich, „aber im Laufe des letzten Jahres haben wir ein ganzes Buch gelesen.“
Während ihrer Junior- und Senior-Jahre an einer renommierten Mädchenschule in einem angeblich westlichen Bildungssystem der Ersten Welt war der Lehrplan fast frei von Literatur.
Es schauderte mich, nach ihrem Geschichtsunterricht zu fragen, aber ich nahm mir die Freiheit, ihr ein Exemplar von Orwells 1984 zu versprechen . Zu meiner Freude, aber nicht zu meiner Überraschung, denn sie ist eine neugierige und wissbegierige Person, hat sie den außerschulischen Roman innerhalb von zwei Wochen verschlungen. Vielleicht auch, weil sie nicht gestochen wurde und eine der ganz wenigen war, die sich weigerten, an ihrer Schule eine Maske zu tragen, umgeben von einem Meer gedankenloser, unterwürfiger Mitschüler, war sie umso motivierter.
Ich erinnere mich, dass diesem ernsthaften jungen Mädchen die Möglichkeit verweigert wurde, an einem Musikcamp im Sommer teilzunehmen, wegen ihres Jab-Status dank des von der damaligen Premierministerin Jacinda Ardern auferlegten Apartheid-Systems. Die Musikfakultät, die die Sommerschule leitete, hatte weder den Mut noch die Weisheit, einen gesunden jungen talentierten Spieler, der in der Vergangenheit ein eifriger Teilnehmer gewesen war, in ihr „geimpftes“ Ensemble aufzunehmen.
Ich selbst, nachdem ich Orwell gespendet hatte, beschloss, ein Werk erneut zu lesen, das ich seit Jahren nicht gelesen hatte, und ich war beeindruckt, wie ergreifend und zart die Liebesszenen des großen Autors wiedergegeben wurden. Der größte Teil des letzten Drittels des Buches, das einer akribischen Darstellung psychischer und physischer Folter gewidmet war, schien didaktisch und weniger ansprechend, obwohl es quälend wahr war.
Ich fragte mich, wie ein junger Geist sich mit einem so herausfordernden Buch auseinandersetzen, es interpretieren und verstehen würde, ein Buch, das mit dem unendlich traurigen Verrat der Liebhaber-Protagonisten endete, nachdem sie zerbrochen waren.
Ich fragte mich, wie ein junger Geist die unterdrückende Kraft eines Staates verstehen würde, der die Bedeutung von Wörtern in ihr Gegenteil verkehrte und die Geschichte veränderte, um sie seinen vorherrschenden politischen Bedürfnissen anzupassen.
Ich fragte mich, ob dieser Teenager die Konzepte der freien Meinungsäußerung und der offenen Debatte verstand, da er in einer Corona-Kultur der Absage, Unterdrückung, Ignoranz und Ächtung steckte.
Ich fragte mich, was und wie ihr beigebracht wurde.
Das Unterrichten selbst kann, wie die meisten Formen menschlicher Interaktion, zwanghaft sein. Überall sind wir von Versuchen umgeben, uns zu überreden, zu schmeicheln, zu verführen, zu verführen oder, wie wir in den letzten drei Jahren so deutlich gesehen haben, uns einfach zu einem bestimmten Ziel zu zwingen . Werbetreibende nutzen die leichteren Künste der Verführung, um unsere Gelder zu ihren Produkten zu bringen; Regierungen greifen auf Mandate zurück, wenn ihre eigenen leichten Berührungen hinter ihren Zielen zurückbleiben. Die freie Wahl, wie auch das freie Denken, wird ständig angegriffen. Ist das Unterrichten wieder einer dieser Angriffe? Kann man lehren, ohne auf Formen, Formen, Zwang zurückzugreifen?
Die sokratische Methode wird im Allgemeinen als eine Methode des Fragens, des Forschens auf der Suche nach Wahrheiten verstanden. Der von Plato dargestellte Sokrates behauptete, praktisch nichts zu wissen, erkundigte sich aber unermüdlich bei seinen Zuhörern. Am besten zeigt sich das im Dialog Theaetetus – meiner Meinung nach in seiner idealen Form, da ich aus vielen anderen Dialogen den allgemeinen Eindruck gewonnen habe, dass der bescheidene unwissende Sokrates seine Schüler ganz zielstrebig zu seiner eigenen Vorbestimmung geführt hat Überzeugungen über philosophische Dinge. Im Theaetetos, jedoch definiert unser Sokrates – oder zumindest Platons Sokrates – seine Rolle als die einer Hebamme. Es ist eine schlagende und großartige Analogie, denn der Lehrer – Sokrates, der übrigens Sohn einer Hebamme ist – ist einer, der nur hilft, das hervorzubringen, was seinem Schüler immanent ist. Er erleichtert die Geburt von Wissen, das in ihm wohnt. Wie er sagt:
„Ich bin so sehr wie die Hebamme, dass ich selbst keine Weisheit gebären kann … obwohl ich andere befrage, kann ich selbst nichts ans Licht bringen, weil es keine Weisheit in mir gibt … Diejenigen, die meine Gesellschaft besuchen … haben nie etwas von mir gelernt; Die vielen bewundernswerten Wahrheiten, die sie hervorbringen, wurden von ihnen selbst von innen heraus entdeckt. Aber die Lieferung ist das Werk des Himmels und meins“ ( Cornford , S. 26)[1].
Jahrhunderte später führte der viel missverstandene und oft verleumdete Sigmund Freud die Technik der freien Assoziation ein, nachdem er mit Versuchen der Hypnose – einer Form der Suggestion – zur Behandlung von Neurosen frustriert war. Die freie Assoziation war eine von Freuds großartigsten Errungenschaften und eine der Säulen, auf denen die Psychoanalyse gründet. Man kann die Einzigartigkeit einer Umgebung kaum überschätzen, in der eine Person ermutigt wird, einfach alles zu sagen,was ihnen in den Sinn kommt, ohne Selbstzensur, Einmischung oder Bewertung, egal wie bizarr, pervers, abstoßend oder beängstigend. Freud entwickelte im Wesentlichen eine Hebammenmethode ähnlich Sokrates – die die Geburt von verborgenem Wissen im Inneren erleichtert.
Ohne in die Komplexitäten und Feinheiten der freien Assoziation innerhalb des Behandlungsparadigmas der Psychoanalyse abzuschweifen, was das bedingungslose Vertrauen des Patienten in den Analytiker erfordert, das kaum jemals vollständig ist, und die unvermeidliche Selbstunterdrückung durch beschämendes, zweifelhaftes oder heikles Material beinhaltet, Die Einführung dieser Technik, ihr erstaunliches Potenzial und die inhärenten Annahmen von Freiheit und Autonomie in ihrem eigentlichen Gefüge sind kaum vorstellbar.
Die freie Assoziation stellt einen Höhepunkt der sokratischen Methode dar und ist ein leuchtendes Beispiel für die Antithese zu Gewalt und Zensur. Freud selbst widmete sein ganzes Leben lang täglich eine halbe Stunde der Selbstanalyse mittels freier Assoziation, ein Beispiel, ironisch genug, das von seinen psychoanalytischen Anhängern durch den Bruch weit mehr geehrt wurde als durch die Einhaltung.
Sokrates und Freud waren Geschöpfe ihrer Zeit und Sitten und Kultur. Doch die von ihnen entwickelte Methode bot genau das Werkzeug, um die kulturellen, moralischen und politischen Beschränkungen ihrer jeweiligen Gesellschaften zu überwinden. Das ist ein Punkt, den ich nicht genug betonen kann, und das gleiche gilt für die amerikanischen Gründer, die trotz ihrer eigenen gesellschaftlichen Vorurteile ein Dokument verfassten, dessen Grundprinzipien die Mittel zur Überwindung solcher Beschränkungen bereitstellten.
Praktisch alles in diesen letzten drei Jahren der Fäulnis im Schatten des Corona-Krieges hat es gewagt, die Freiheit zu ersticken und zu beseitigen. Die „Wissenschaft“ wurde angerufen, um die Debatte zum Schweigen zu bringen: Sie wurde zu etwas, das keinen Zweifel, keine Diskussion oder Kritik tolerierte – eigentlich keine wirkliche Wissenschaft. Personen, die versuchten, abweichende Meinungen zu äußern, wurden aus den sozialen Medien eliminiert. Ärzte, die Beweise für repressive Restriktionen und Diktate der öffentlichen Gesundheit forderten, wurden verfolgt. Diejenigen, die es wagten, sich durch die Verweigerung des Stoßes für die körperliche Autonomie einzusetzen, wurden abgesondert.
Tatsächlich ist alles schal und langweilig geworden, wie es sich für das graue, erstickende Miasma der versklavenden Kontrolle gehört.
Ich habe es satt.
Wenn wir nichts anderes aus diesen letzten drei dystopischen Jahren gelernt haben, dann, dass sich unsere einst vertrauenswürdigen Autoritäten – in Regierung, Medien, „Wissenschaft“, Wirtschaft und sogar Sport – als völlig korrupt und feige erwiesen haben. Ihre Unterdrückung von Debatten, ihre völlige Weigerung, sich an einem offenen Austausch zu beteiligen, Fragen und Nachforschungen zuzulassen, und das unerbittliche Beharren auf ihrem „Einweg“ – das alles wäre lächerlich, wenn es nicht so giftig wäre.
Aber was ist mit der Jugend von heute? Sie scheinen wenig Geschichtsbewusstsein zu haben und noch weniger Verständnis für die Unermesslichkeit der Kämpfe zur Verwirklichung unseres unveräußerlichen Rechts auf freie Meinungsäußerung – nicht aus eigener Schuld, sondern aus der Schuld der Institutionen, die sie betrügen.
Die Tochter meiner Freundin, die den Mut hatte, dem Druck von Gleichaltrigen und der Schule standzuhalten, und die Neugier, nach Büchern zu suchen – ganze Bücher, nicht Bruchstücke –, ist eine Ausnahme. Ich hatte das Vergnügen, mehrere andere mutige und außergewöhnliche Jugendliche zu treffen, die einem enormen Druck standgehalten haben, sich zu verkleiden, sich anzupassen, ihre körperliche Autonomie aufzugeben, die Ächtung und Spott ertragen mussten, aber ihre Würde und Unabhängigkeit bewahrt haben.
Diese wunderbaren Ausnahmen geben mir große Hoffnung, dass wir tatsächlich eine Zukunft schaffen können, die von Vitalität, Autonomie und Wahlmöglichkeiten gesegnet ist, eine Zukunft, die den wahrhaftigsten und unanfechtbarsten Beitrag des Westens zum menschlichen Fortschritt nährt: Freiheit.
Und vielleicht kann ich in dieser winkenden Zukunft diese jungen, sich bildenden Seelen sanft fragen, was sie von Sokrates, Freud und dem Schicksal von Julia und Winston im Jahr 1984 halten …
*
Dr. Garcia ist ein in Philadelphia geborener Psychoanalytiker und Psychiater, der 2006 nach Neuseeland ausgewandert ist. Er hat Artikel verfasst, die von der Erforschung psychoanalytischer Techniken, der Psychologie der Kreativität in der Musik (Mahler, Rachmaninoff, Scriabin, Delius) und Politik reichen. Er ist auch Dichter, Romanautor und Theaterregisseur. Er zog sich 2021 aus der psychiatrischen Praxis zurück, nachdem er im öffentlichen Sektor in Neuseeland gearbeitet hatte. Besuchen Sie seinen Substack unter https://newzealanddoc.substack.com/
Er schreibt regelmäßig Beiträge für Global Research.
Notiz
1 „ Plato's Theory of Knowledge : the Theaetetus and the Sophist of Plato“, übersetzt und mit laufendem Kommentar von Francis Macdonald Cornford, London: Routledge and Kegan Paul, Ltd. 1915.
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Die ursprüngliche Quelle dieses Artikels ist Global Research
Dieser Artikel behandelt Platons Dialog Theaitetos. Für den gleichnamigen Mathematiker siehe Theaitetos (Mathematiker).
Der Anfang des Theaitetos in der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Handschrift, dem 895 geschriebenen Codex Clarkianus (Oxford, Bodleian Library, Clarke 39)
Der Theaitetos (altgriechisch Θεαίτητος Theaítētos, latinisiertTheaetetus, eingedeutscht auch Theätet) ist ein in Dialogform verfasstes Werk des griechischen PhilosophenPlaton. Darin wird ein fiktives, literarisch gestaltetes Gespräch wörtlich wiedergegeben. Beteiligt sind Platons Lehrer Sokrates und zwei Mathematiker: der junge Theaitetos, nach dem der Dialog benannt ist, und dessen Lehrer Theodoros von Kyrene.
Das Thema bilden Kernfragen der Erkenntnistheorie. Erörtert wird, worin Erkenntnis besteht und wie man gesichertes Wissen von wahren, aber unbewiesenen Behauptungen unterscheidet. Dabei stellt sich die Frage, ob eine solche allgemeine Unterscheidung überhaupt möglich ist und überzeugend begründet werden kann. Es soll geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen man den Anspruch erheben kann, etwas zu wissen und darüber nachweislich wahre Aussagen zu machen. Benötigt wird ein unanfechtbares Kriterium für erwiesene Wahrheit.
Im Verlauf der Diskussion scheitern alle Versuche, den Unterschied zwischen Wissen und richtigem Meinen zu bestimmen. Wenn sinnvolle Aussagen überhaupt möglich sind, muss es objektive Wahrheit geben, denn jeder Diskurs setzt die Unterscheidung von „wahr“ und „falsch“ voraus. Es gelingt aber nicht, mittels eines allgemein anwendbaren Kriteriums mutmaßlich richtige von nachweislich richtigen Vorstellungen abzugrenzen. Jede der vorgeschlagenen Definitionen von „Wissen“ trifft auch auf eine richtige, aber unbewiesene Annahme zu. Damit erweist sich die Verwendung des Begriffs „Wissen“ als grundsätzlich problematisch. Anscheinend kann man zwar wahre Aussagen machen, aber nicht wirklich wissen, dass sie wahr sind. Der Dialog endet in einer Ratlosigkeit (Aporie).
In der philosophiegeschichtlichen Forschung haben die erkenntnistheoretischen Erörterungen im Theaitetos zu lebhaften Debatten geführt, die weiterhin andauern. Dabei geht es vor allem um die Frage nach Platons eigener Position. Einer Hypothese zufolge hat er die erkenntnistheoretische Skepsis, die sich aus dem Fehlschlag der Bemühungen im Dialog zu ergeben scheint, zumindest zeitweilig selbst vertreten, nachdem er mit seiner Ideenlehre in unüberwindlich scheinende logische Schwierigkeiten geraten war. Die Gegenmeinung besagt, er habe die pessimistische Einschätzung der Möglichkeit von Wissen nicht geteilt. Vielmehr habe er sie im Theaitetos nur dargelegt, um die Leser dazu anzuregen, das Problem zu erfassen und zu lösen.
Die Gesprächssituation ist wahrscheinlich von Platon frei erfunden. Die Dialoghandlung ist in eine ebenfalls fiktive Rahmenhandlung eingebettet. Zwei ehemalige Schüler des schon vor langer Zeit hingerichteten Sokrates, Eukleides und Terpsion, führen das Rahmengespräch. Sie treffen in ihrer Heimatstadt Megara im äußersten Westen der Landschaft Attika zusammen. Eukleides erzählt, dass er von Sokrates viel über dessen denkwürdige Unterredungen mit dem damals noch sehr jungen Theaitetos gehört hat. Diese Gespräche fanden in Athen, der Heimatstadt von Sokrates und Theaitetos, statt. Eine solche Diskussion hat Eukleides, dem Bericht des Sokrates folgend, aus dem Gedächtnis in einem Buch aufgezeichnet. Dort gibt er den Gesprächsverlauf durchgängig in direkter Rede wieder. Auf Terpsions Wunsch lässt er nun das Buch vorlesen. Dessen Inhalt macht die Binnenhandlung des Theaitetos aus.
Für die Zeit der Rahmenhandlung bieten die Angaben des Eukleides einen wichtigen Anhaltspunkt. Er hat soeben im Hafen von Megara Theaitetos getroffen, der kürzlich in einem Kampf bei Korinth verwundet worden ist und nun nach Athen gebracht wird. Gemeint ist anscheinend eine militärische Auseinandersetzung im Rahmen des Korinthischen Krieges, aber nicht die Schlacht von Korinth im Jahr 392 v. Chr., sondern möglicherweise ein Gefecht zwischen athenischen und spartanischen Truppen im Frühjahr 391 v. Chr. Demnach liegt der Tod des Sokrates, der 399 v. Chr. hingerichtet wurde, zur Zeit der Rahmenhandlung schon acht Jahre zurück. Allerdings ist diese Datierung umstritten; nach einer alternativen, von vielen Forschern akzeptierten Hypothese fällt die Teilnahme des Theaitetos an Kämpfen bei Korinth in das Jahr 369 v. Chr. Damals unterlag eine Allianz, an der die Athener beteiligt waren, einer Streitmacht des thebanischen Feldherrn Epameinondas.[1]
Der Theaitetos ist der erste Teil einer Trilogie, einer Gruppe von drei inhaltlich und szenisch verknüpften Dialogen, die sich innerhalb von zwei Tagen abspielen. Am ersten Tag findet das Gespräch von Sokrates, Theaitetos und Theodoros statt, das die Handlung des Theaitetos bildet. Der folgende Tag beginnt mit der in Platons Dialog Sophistes dargestellten Diskussion, in der sich Sokrates ganz zurückhält. Dort tritt ein neuer Gesprächsteilnehmer auf, der „Fremde aus Elea“, der mit Theaitetos und Theodoros Definitionsfragen untersucht. Dabei kommt die schon im Theaitetos behandelte Wahrheitsproblematik wiederum ins Blickfeld, diesmal unter einem anderen Gesichtspunkt. Am gleichen Tag folgt der dritte Dialog, der Politikos („Staatsmann“). Dort wird die Vorgehensweise beim Definieren anhand des Beispiels der Definition des Begriffs „Staatsmann“ erprobt.
Der Zeitpunkt der drei Diskussionen ist das Frühjahr 399 v. Chr.; der Prozess gegen Sokrates, in dem er zum Tode verurteilt wird, steht bevor. Im Theaitetos wird erwähnt, dass die Anklage gegen ihn bereits erhoben ist.[2] Die zeitliche Nähe zur Hinrichtung des Philosophen, einem Platons Zeitgenossen vertrauten Ereignis, bildet unausgesprochen den Hintergrund des Geschehens. Sie trägt zu der Wirkung bei, die Platon bei den Lesern erzielen will. Die Auseinandersetzung mit diesem für die Sokratiker und Platoniker erschütternden Vorgang ist ein wesentlicher Aspekt von Platons schriftstellerischer Tätigkeit.[3]
Der Schauplatz der Handlung des Theaitetos ist die Palaistra – ein für Ringkämpfe bestimmter Übungsplatz – in einem athenischen Gymnasion. Die Gymnasien dienten damals in erster Linie der körperlichen Ertüchtigung; außerdem war eine Palaistra auch ein sozialer Treffpunkt der Jugend. Aus den Schilderungen in Platons Dialogen geht hervor, dass sich Sokrates gern an solchen Orten aufhielt. Dort bot sich ihm Gelegenheit zu fruchtbaren philosophischen Gesprächen mit jungen Männern und Jugendlichen. Neben den drei Gesprächspartnern Sokrates, Theaitetos und Theodoros sind noch zwei Freunde des Theaitetos anwesend,[4] die schweigend zuhören. Einer von ihnen ist Sokrates der Jüngere.[5]
Die Teilnehmer
Büste des Sokrates (1. Jahrhundert, Louvre, Paris)
Sokrates
Wie in vielen anderen Dialogen Platons übernimmt auch hier Sokrates die Rolle des Gesprächslenkers. In der Kunst der philosophischen Untersuchung ist er den beiden Mathematikern weit überlegen. Er zeigt ihnen, dass ihre bisherigen Vorstellungen einer Nachprüfung nicht standhalten. Die Ratlosigkeit, in die er seine Gesprächspartner stürzt, ist von ihm beabsichtigt; sie ist ein didaktisches Mittel, mit dem er zu weiteren Anstrengungen anspornen will. Um diese Wirkung zu erzielen, bringt er die Unzulänglichkeit der Ansätze der anderen ans Licht und vermeidet es dabei sorgfältig, sich zu einer eigenen Auffassung zu bekennen. Auf den Grund für diese Zurückhaltung, die ein Hauptmerkmal seiner gewohnten Vorgehensweise ist, geht er im Theaitetos näher ein. Er beschreibt sich als Geburtshelfer, der zwar selbst unwissend sei, aber anderen zur „Geburt“ ihrer Einsichten verhelfen könne.
Nach einer verbreiteten, früher allgemein vorherrschenden Interpretation fungiert Sokrates hier wie auch in anderen Werken Platons als „Sprachrohr“ des Autors; das heißt, er gibt dessen Sichtweise oder zumindest einen Teil des platonischen Konzepts wieder. Allerdings wird diese Gleichsetzung von manchen Philosophiehistorikern abgelehnt oder nur mit erheblichen Einschränkungen akzeptiert. Hinzu kommt, dass manche Äußerungen des platonischen Sokrates nicht oder nur teilweise ernst gemeint sind. Unklar und strittig ist, inwieweit die Positionen von Platons Dialogfigur mit denen des historischen Sokrates übereinstimmen. Ein analoges Problem besteht hinsichtlich der Lehre des berühmten SophistenProtagoras, die Sokrates im Theaitetos beschreibt und bekämpft: Die Frage, wie getreu Platons Darstellung die Denkweise des historischen Protagoras wiedergibt, ist umstritten. Deutlich erkennbar ist jedenfalls Platons Absicht, Protagoras in ungünstigem Licht erscheinen zu lassen.[6]
Theodoros
Der Mathematiker Theodoros ist keine erfundene Gestalt; an seiner historischen Existenz besteht kein Zweifel und Platons Angaben zu ihm gelten großenteils als glaubhaft. Er stammte aus Kyrene, einer griechischen Stadt im heutigen Libyen. Dass er zur Generation des Sokrates gehörte, ergibt sich nicht nur aus Platons Darstellung, sondern geht auch aus der Geschichte der Geometrie des Eudemos von Rhodos hervor.[7] Die Angaben der Quellen führen zur Datierung seiner Geburt um 475/460 v. Chr.[8] Da er Sokrates überlebte, ist er frühestens 399 v. Chr. gestorben. Er war ein Schüler und Freund des Protagoras,[9] doch wandte er sich schon früh von der Sophistik ab und der Geometrie zu.[10] Nach Platons wohl zutreffenden Angaben war er nicht nur Mathematiker, sondern galt auch in der Astronomie und Musik als hervorragender Fachmann[11] und erteilte in diesen Fächern Unterricht.[12] Vielleicht zählte Platon selbst zu seinen Schülern.[13] Allerdings ist ungewiss, ob Theodoros jemals in Athen war. Der Philosophiegeschichtsschreiber Diogenes Laertios behauptet, Platon habe ihn in Kyrene aufgesucht.[14] Möglicherweise ist sein Aufenthalt in Athen, von dem im Theaitetos berichtet wird, eine Erfindung Platons zu dem literarischen Zweck, ihn mit Sokrates zusammentreffen zu lassen.[15] Der spätantike Philosoph Iamblichos zählte Theodoros zu den Pythagoreern,[16] doch wird die Glaubwürdigkeit dieser Nachricht in der Forschung bezweifelt.[17]
Zur Zeit der Handlung des Theaitetos ist Theodoros ebenso wie Sokrates bereits ein alter Mann. Nach der Darstellung im Dialog betrachtet er sich nicht als Philosophen, sondern beschränkt sich bewusst auf sein Fach, die Geometrie, in die er sich nach seinen Worten „gerettet“ hat.[18] Somit gehört er in Platons Augen nicht zur Elite der Weisheitsliebenden. An philosophischen Untersuchungen will er sich nicht beteiligen, da er sich auf diesem Gebiet für unzuständig hält und auch meint, dafür zu alt zu sein.[19] Trotz seines Sträubens wird er aber von Sokrates in die gemeinsame philosophische Wahrheitssuche einbezogen.[20]
Theaitetos
Auch bei Theaitetos handelt es sich um eine historische Person. Platons Angaben, wonach er Mathematiker und Schüler des Theodoros war und als Jugendlicher kurz vor dem Tod des Sokrates in den Kreis von dessen Gesprächspartnern eintrat, treffen wohl zu. Auch die Darstellung im Dialog, der zufolge er bei Korinth verwundet wurde, überdies dort an einer Seuche schwer erkrankte und daher auf der Heimreise dem Tode nahe war, gilt in den Grundzügen als glaubhaft. Strittig ist aber, bei welchen Kampfhandlungen – 391 oder 369 v. Chr. – dies geschah. Aus Platons Darstellung lässt sich erschließen, dass Theaitetos um 415 v. Chr. geboren wurde. Falls er 391 trotz seines sehr schlechten Gesundheitszustands überlebte oder falls er erst 369 bei Korinth kämpfte, kann er – wie manche Forscher vermuten – der Platonischen Akademie angehört haben, die um 387 gegründet wurde.[21]
Platon schätzte Theaitetos offenbar sehr. Im Dialog zeichnete er ein außerordentlich vorteilhaftes Bild vom Intellekt und Charakter des noch sehr jungen, hochbegabten und für philosophische Fragen aufgeschlossenen Mathematikers. Als Dialogfigur ist Theaitetos das Muster eines vielversprechenden künftigen Philosophen, der sich für eine staatsmännische Führungsaufgabe in einem Idealstaat qualifizieren könnte. Äußerlich war er allerdings nach Platons Schilderung unansehnlich, was seinen sozialen Rang bei den schönheitsbewussten Athenern minderte. Wegen seines Mangels an körperlicher Attraktivität kam er für die homoerotischen Beziehungen, die im Milieu des Kreises um Sokrates eine wichtige Rolle spielten, nicht in Betracht.[22]
Eukleides und Terpsion
Eukleides von Megara, dem Platon in der Rahmenhandlung die Rolle des Berichterstatters zuweist, war der Begründer einer philosophischen Richtung, die unter der Bezeichnung „Megariker“ bekannt wurde. In Platons Dialog Phaidon wird er unter den Freunden des Sokrates genannt, die bei der Hinrichtung des Philosophen anwesend waren. Als Platon und einige andere Sokratiker nach dem Tod des Sokrates Athen verließen, nahm sie Eukleides in Megara auf.[23]
Terpsion ist der einzige der fünf namentlich genannten Sprecher des Dialogs, dessen historische Existenz unsicher ist, denn sie ist nur in Schriften bezeugt, die von Platon stammen oder deren Autoren von seinen Angaben ausgingen. Ebenso wie Eukleides war er nach Platons Bericht im Phaidon beim Tod des Sokrates unter den Anwesenden.[24]
Inhalt
Die Rahmenhandlung
In Megara treffen sich zwei Bürger, Eukleides und Terpsion, die beide einst in Athen Schüler des vor Jahren hingerichteten Philosophen Sokrates waren. Eukleides kommt vom Hafen, wo er Theaitetos begegnet ist, einem Athener, der früher ebenfalls zum Umkreis des Sokrates gehörte. Er erzählt, dass Theaitetos, der an einem Feldzug teilgenommen hat, bei Korinth schwer verwundet worden ist, außerdem an der im Heer grassierenden Ruhr erkrankt ist und jetzt dem Tode nahe scheint. Diese Begegnung hat Eukleides daran erinnert, dass Sokrates Theaitetos sehr schätzte und von fruchtbaren Unterredungen erzählte, die er mit ihm hatte. Darüber machte Eukleides damals aus dem Gedächtnis Aufzeichnungen, die er später in Buchform zusammenstellte. In dem Buch gibt er einen Dialog des Sokrates mit Theaitetos und dem Mathematiker Theodoros von Kyrene in direkter Rede wieder. Gern erfüllt er Terpsions Wunsch, ihm den Inhalt mitzuteilen. Die beiden begeben sich in das Haus des Eukleides, der das Buch sogleich vorlesen lässt.[25]
Das einleitende Gespräch
Sokrates fragt Theodoros, der sich offenbar schon einige Zeit in Athen aufhält und Mathematikunterricht erteilt, wer von den jungen Leuten ihm durch besondere Begabung aufgefallen sei. Theodoros nennt einen, Theaitetos, den er als seinen begabtesten Schüler betrachtet. Theaitetos sei ihm nicht nur durch seine vorzügliche Auffassungsgabe aufgefallen, sondern auch durch seinen vortrefflichen Charakter, seine Gelassenheit und Ausdauer. Eine solche Verbindung von Scharfsinn und Tugend sei selten. Körperlich sei Theaitetos allerdings keine anziehende Erscheinung, vielmehr sehe er dem für sein unattraktives Äußeres bekannten Sokrates ähnlich. Auf Wunsch des Sokrates wird Theaitetos gebeten heranzutreten.[26]
Theaitetos erzählt, dass er unter der Anleitung des Theodoros auf mathematischem, astronomischem und musikalischem Gebiet sachkundig wird. Unter Sachkunde (sophía) versteht er, wie er auf Nachfrage des Sokrates erklärt, nichts anderes als Wissen (epistḗmē); diese beiden Begriffe seien gleichbedeutend. Für Sokrates ist dies aber nicht selbstverständlich, sondern begründungsbedürftig; er verlangt nach einer Bestimmung des Begriffs „Wissen“.[27]
Die Frage nach dem Wissen
Theaitetos, dem die philosophische Suche nach dem Allgemeingültigen nicht vertraut ist, versucht den Begriff zu erläutern, indem er Beispiele nennt. Unter Wissen versteht er sowohl das, was Theodoros in der Mathematik und den anderen Fächern lehrt, als auch die beruflichen Kenntnisse, über die Handwerker verfügen. Sokrates macht ihn darauf aufmerksam, dass sich alle diese Kenntnisse jeweils auf ein bestimmtes Fachgebiet beziehen. Gefragt wird aber nicht nach einzelnen Wissensgebieten, sondern nach dem Wissen an sich. Gesucht ist eine Begriffsbestimmung, die auf jede Art von Wissen zutrifft.[28]
Theaitetos merkt, dass es nicht um eine Veranschaulichung, sondern um eine allgemeine Definition geht. Dazu fällt ihm ein mathematisches Beispiel ein. Auch in der Geometrie kommt es darauf an, nicht nur für einzelne Figuren die Richtigkeit einer Behauptung zu prüfen, sondern Allgemeingültiges zu finden. Theodoros konnte mathematisch beweisen oder zumindest anhand einer Konstruktion zeichnerisch demonstrieren, dass die Seitenlänge eines Quadrates vom Flächeninhalt 3 Quadratfuß (die Quadratwurzel aus 3) mit der Längeneinheit 1 Fußinkommensurabel und somit eine irrationale Zahl ist. Dies zeigte er auch für die Quadratwurzeln der natürlichen Zahlen, die keine Quadratzahlen sind, von 5 bis 17. Dann brach er aber ab. Davon ausgehend formulierten Theaitetos und Sokrates der Jüngere das allgemeine Gesetz für die Quadratwurzeln aus nichtquadratischen natürlichen Zahlen und für die Kubikwurzeln aus nichtkubischen natürlichen Zahlen. Sokrates lobt diese Entdeckung und ermuntert Theaitetos, nun auch hinsichtlich des Wissens das Allgemeingültige zu suchen und sich nicht von der Schwierigkeit der Aufgabe entmutigen zu lassen.[29]
Die mäeutische Vorgehensweise
Theaitetos bekennt, dass die Frage nach der Natur des Wissens ihn schon oft beschäftigt hat und ihn weiterhin nicht loslässt. Seine bisherigen Klärungsversuche haben aber zu nichts geführt. Sokrates vergleicht diese geistige Konstellation mit einer Schwangerschaft: Theaitetos ist mit einem Konzept, einer Lösungsidee „schwanger“ und leidet nun unter „Geburtsschmerzen“. Für solche Situationen ist Sokrates Spezialist. Seine Mutter war Hebamme, und er selbst praktiziert auf geistigem Gebiet die „Hebammenkunst“, die Mäeutik.[30]
Hebammen sind stets ältere Frauen, die diesen Beruf ausüben, wenn sie selbst keine Kinder mehr bekommen können. Sie wissen, wie man die Wehen beeinflusst, eine schwere Geburt bewältigt oder auch eine Abtreibung durchführt. Außerdem wären sie dank ihrer vorzüglichen Menschenkenntnis auch die besten Heiratsvermittlerinnen, doch halten sie sich bei der Ehestiftung zurück, um nicht als Kupplerinnen in Verruf zu geraten.[31]
Analog verhält es sich in mancherlei Hinsicht mit der Mäeutik, der Hebammenkunst des Sokrates. Er steht nicht Frauen bei, sondern Männern, und ihm geht es nicht um körperliche, sondern um geistige Geburten. Sich selbst hält er für unfruchtbar, das heißt unweise. Ihm kommen, wie er behauptet, keine eigenen Einfälle, aber anderen hilft er dabei, das in ihnen geistig Herangereifte ans Licht zu bringen, es gleichsam zu gebären. Mit den geistigen Wehen kennt er sich bestens aus. Die Geburtshilfe leistet er mit zielführenden Fragen, die er den „Schwangeren“ stellt; damit ermöglicht er ihnen die Klärung ihrer noch unausgereiften oder falschen Vorstellungen und Gedanken. Da er sich darauf beschränkt, in diesem Sinne Hilfestellung zu bieten, ist er kein Lehrer im eigentlichen Sinn, denn er gibt kein Wissen weiter. Die Hebammenkunst bringt nichts hervor als das, was im „Schwangeren“ bereits vorhanden ist und ans Licht drängt. Auch die Beratung bei der „Partnersuche“ weiß Sokrates zu übernehmen: Wenn jemand für seine Art der Wahrheitssuche ungeeignet ist und daher unter seiner Anleitung keine Fortschritte machen würde, dann empfiehlt er ihm einen Lehrmeister, der zu ihm passt und ihn auf konventionelle Weise belehrt.[32]
Allerdings besteht, wie Sokrates ausführt, auch ein wesentlicher Unterschied zwischen der philosophischen Mäeutik und der Tätigkeit der Hebammen: Diese haben es nur mit echten Kindern und wirklichen Geburten zu tun, während bei den geistigen Schwangerschaften auch Trugbilder zur Welt kommen. Daher ist die Mäeutik des Philosophen anspruchsvoller als der Hebammenberuf: Der geistige Geburtshelfer muss nicht nur während der Wehen Beistand leisten, sondern auch die Natur dessen, was hervorgebracht wird, einschätzen können. Die Unterscheidung zwischen brauchbaren Erkenntnissen und abwegigen Gedanken ist der wichtigste Teil seiner Arbeit und die größte Herausforderung. Er bringt seine Gesprächspartner dazu, vorhandene irrige Vorstellungen zu durchschauen und aufzugeben. Dabei stößt er allerdings oft auf Unverständnis, wenn die von ihm Betreuten nicht erkennen, dass es zu ihrem Besten geschieht. Nun soll sich Theaitetos der Führung des erfahrenen Geburtshelfers anvertrauen, indem er dessen Fragen beantwortet.[33]
Die erste Begriffsbestimmung des Wissens
Der erste Versuch des Theaitetos, die Natur des Wissens zu bestimmen, geht von der Wahrnehmung (aísthēsis)[34] aus, das heißt von der Unmittelbarkeit der Evidenz. Der junge Mathematiker meint, Wissen (epistḗmē) beruhe auf Wahrnehmung. Somit könne man es mit deren Inhalt, dem Wahrgenommenen und daher Offenkundigen, gleichsetzen; zwischen Wahrnehmung und Erkenntnis oder Wissen bestehe kein Unterschied. Sokrates weist darauf hin, dass der berühmte Sophist Protagoras auch so denke. Von Protagoras stammt der bekannte Spruch „Der Mensch ist das Maß aller Dinge: der seienden, dass sie sind, und der nichtseienden, dass sie nicht sind.“ Demnach sind die Dinge so, wie sie jeweils dem Betrachter erscheinen; der Wahrnehmende legt fest, dass etwas so ist, wie es ihm erscheint, und das ist der einzige Zugang zur Wirklichkeit, den er haben kann. Diese Theorie führt zur Konsequenz, dass es keine objektiv wahren Aussagen über Sachverhalte gibt, sondern nur Aussagen über Eindrücke. Man kann also nicht behaupten, etwas sei groß oder schwer, sondern nur, es erscheine einer bestimmten Person zu einem bestimmten Zeitpunkt so. Einem anderen mag es klein oder leicht vorkommen. Was ein Frierender als kalt empfindet, ist für jemand, der nicht friert, nicht kalt. Dieser Relativismus ist nach Sokrates’ Vermutung eine Geheimlehre des Protagoras, die der Sophist nur seinen (zahlenden) Schülern offenbart hat. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, über den fast alle Denker – Sokrates hebt hier Heraklit und Empedokles namentlich hervor – einig sind:[35] Da alles in unablässigem Wandel begriffen ist, gibt es nichts, was „ist“, denn Sein würde eine Beständigkeit voraussetzen, die es nicht gibt. Alles verändert sich; es „ist“ nicht, sondern es wird („flux theory“). Dieser Wandel allein ist produktiv; Stillstand wäre Vernichtung, so wie das Weltall unterginge, wenn die Sonne stillstünde. Somit gibt es keine objektive, absolute Wahrheit, sondern nur relative Gegebenheiten und zutreffende Aussagen über momentane Verhältnisse. Unterschiedlich sind sowohl die Wahrnehmungen verschiedener Betrachter als auch diejenigen desselben Betrachters zu verschiedenen Zeiten.[36]
Angesichts der Schilderung der Relativität aller Dinge und Verhältnisse gerät Theaitetos ins Staunen. Sokrates macht ihn darauf aufmerksam, dass die Verwunderung – die Fähigkeit, Tatsachen nicht einfach als selbstverständlich hinzunehmen – den Anfang der Philosophie bildet.[37]
Anschließend beschreibt Sokrates ausführlich die Sichtweise der Denker, die sowohl in der Außenwelt als auch innerhalb der Seele nur Vorgänge annehmen und klassifizieren. In ihrem Weltbild existiert nirgends ein „Dieses“ oder „Jenes“ als wirkliches, fortbestehendes „Ding“. Es gibt nur ein Zusammenwirken von Faktoren, das die wechselnde Beschaffenheit der Wahrnehmungsobjekte verursacht. Theaitetos kann sich diesem Gedankengang nicht verschließen, weiß aber nicht, was er davon halten soll.[38]
Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Wahrnehmungen können unzuverlässig und irreführend sein. Sinnestäuschungen, Träume, Fieberphantasien und Wahnsinn erzeugen Eindrücke, die keine Gegenstücke in der äußeren Wirklichkeit haben. Der Träumende glaubt den Trauminhalt wirklich wahrzunehmen und zu erleben. Es ist unmöglich zu beweisen, dass man im gegenwärtigen Augenblick weder träumt noch phantasiert, sondern etwas Wirkliches wahrnimmt. Damit ist die Wahrnehmung als Wissensquelle diskreditiert, denn auf sie ist kein Verlass.[39]
Diese Überlegungen haben Konsequenzen für die Frage nach Wahrheit, Erkenntnis und Wissen. In einer Welt, in der nichts beständig ist, sind überzeitliche Wahrheiten und immer gültige Urteile unmöglich. Somit muss die Annahme, es gebe eine erkennbare objektive Wahrheit, einen Sachverhalt „an sich“, verworfen werden. An die Stelle einer objektiven Wahrheit tritt eine subjektive und zeitabhängige. Das, was einem Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt als real erscheint, ist für ihn zu dieser Zeit die ganze Wirklichkeit, und nur in dieser Form kann es Wirklichkeit geben. Das, was sich dem Wahrnehmenden zeigt, ist wahr, aber nur bezogen auf ihn und auf den jeweiligen Zeitpunkt. Jede Konstellation ist einmalig. So macht sich jeder zum Richter über seine eigene momentane Wahrheit, die dann in diesem begrenzten Rahmen unbedingt gilt. Damit ist die Ausgangsthese des Theaitetos gerettet und sogar untermauert: Alles Wahrgenommene ist per Definition so, wie es jeweils erscheint, wahr. Dank dem konsequenten Verzicht auf jeden objektiven Wahrheitsanspruch kann das subjektive Urteil zu einer unfehlbaren Instanz erhoben werden. Aus dieser Perspektive fallen Wahrnehmung und Wissen in eins zusammen.[40]
Kritik an der ersten Begriffsbestimmung
Mit Unterstützung des Geburtshelfers Sokrates hat Theaitetos sein geistiges Kind zur Welt gebracht. Nun muss geprüft werden, was es taugt. Sokrates übt fundamentale Kritik am Konzept des Protagoras. Zugleich übernimmt er aber auch die Verteidigung der Position, die er angreift, denn der bereits verstorbene Protagoras kann seiner Lehre nicht „zu Hilfe kommen“. Den Angriff eröffnet Sokrates mit dem Argument, es gebe für Protagoras keinen Grund, den Menschen und nicht etwa den Affen oder das Schwein zum Maß aller Dinge zu machen. Wenn alle Meinungen als subjektive Wahrheiten gleichberechtigt nebeneinander stünden, werde jeder Diskurs sinnlos, denn eine Diskussion habe immer den Zweck, Aussagen zu vergleichen und nach ihrem Wahrheitsgehalt zu bewerten. Dies setze einen überindividuellen Maßstab voraus. Allerdings könnte, wie Sokrates sogleich hinzufügt, Protagoras einwenden, die Wahl des Menschen als Maßstab sei tatsächlich willkürlich und man könne ebenso ein Tier wählen. Das sei nur für die dünkelhafte Menge eine schockierende Vorstellung. Auch gegen den Einwand, die Bestreitung einer objektiven Wahrheit verunmögliche einen vernünftigen Diskurs, könnte sich Protagoras leicht verteidigen. Er könnte vorbringen, er verfüge durchaus über ein Bewertungskriterium, an dem sich der Diskurs orientieren könne: Es gehe nicht darum, ob etwas objektiv wahr oder falsch sei, sondern nur darum, was besser und was schlechter sei. Darüber könne man sinnvoll reden und andere belehren.[41]
In der Rolle des Kritikers zeigt Sokrates jedoch, dass die Gleichsetzung von Wahrgenommenem und Gewusstem der Realität nicht gerecht wird. Man kann etwas wahrnehmen, ohne es zu verstehen. Wissen ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Sehen oder Hören, sondern aus der Fähigkeit zur Verarbeitung der Eindrücke, die Verständnis ermöglicht. Beispielsweise muss man, um eine Mitteilung aufzunehmen, die Sprache des Mitteilenden verstehen. Man benötigt die Erinnerung, und diese ist eine auch ohne aktuelle Wahrnehmungen aktive Funktion. Eine weitere Kritik des Sokrates, der nun auch Theodoros in die Untersuchung einbezieht, zielt auf mangelnde Konsistenz der Position des Protagoras. Hier geht Sokrates von folgenden Überlegungen aus: Protagoras gerät in einen Selbstwiderspruch, wenn er das Gegenteil seiner Auffassung ausschließt, denn dieses ist nach seinem Konzept ebenso wahr wie seine Lehre, solange jemand es vertritt. Auch sein Grundsatz, es gebe keine Wahrheit schlechthin, sondern nur Wahrheit „für jemand“, ist nicht an sich richtig, sondern nur weil und solange ihn jemand für zutreffend hält. Die Ersetzung von „wahr“ und „falsch“ durch „besser“ und „schlechter“ oder „nützlicher“ und „schädlicher“ scheitert daran, dass gerade dort, wo es um die Nützlichkeitsfrage geht, die Relativierung der Wahrheit nicht überzeugen kann. Dies kann man etwa in der Medizin oder in der Politik sehen. In diesen Bereichen gibt es Berater, die zu beurteilen haben, was nützlich ist. Die Berater sind aber untereinander verschiedener Meinung; manchmal sind sie und die von ihnen beratenen Entscheidungsträger im Irrtum. Somit würde ein objektives Kriterium für die Einschätzung des Nutzens von Ratschlägen benötigt. Das ist aber mit einem konsequenten Relativismus unvereinbar.[42]
Abschweifung über die philosophische Lebensweise („Digression“)
Theodoros meint, es schade nichts, wenn man von einer Untersuchung zu einer anderen, umfassenderen voranschreite, denn Zeit zum Diskutieren sei zur Genüge vorhanden. Daran anknüpfend vergleicht Sokrates den philosophischen Diskurs mit dem juristischen. Da er damit vom ursprünglichen Thema des Dialogs abschweift, werden diese Ausführungen als „Digression“ oder „Exkurs“ im Theaitetos bezeichnet. Auch die Bezeichnung „Episode“ wird verwendet.[43]
Ausführlich schildert Sokrates, was die Lebensweise und den Diskurs der Philosophen von der Haltung und dem Verhalten der Nichtphilosophen unterscheidet. Im Brennpunkt des Interesses der gewöhnlichen Bürger stehen im demokratischen Staat der Athener zwei Bereiche des öffentlichen Lebens: die in den Volksversammlungen ausgetragenen politischen Auseinandersetzungen und das in Athen stark politisierte Justizwesen. Der Philosoph hält sich von beiden fern. Für Sokrates gleicht der Nichtphilosoph einem Sklaven, da er Zwängen unterliegt, von denen der Philosoph frei ist.[44]
Wer als Prozessbeteiligter vor Gericht aufzutreten hat, steht immer unter Druck. Seine Redezeit ist begrenzt; er darf seine Themen nicht frei wählen, sondern muss sich darauf beschränken, auf die Argumentation der Gegenseite zu erwidern. Inhaltlich geht es nicht um sachliche Gesichtspunkte, sondern nur um die Durchsetzung persönlicher Interessen. Es kommt nur darauf an, die Richter zu beeinflussen, und dazu benötigt man List, Lüge und Schmeichelei. Die Wahrheit interessiert nicht. Daher werden die Bürger, die sich von Jugend auf mit dem Gerichtswesen befassen, seelisch verkrüppelt. Sie haben kein Rückgrat, sondern sind Knechte derer, denen sie zu dienen haben. Ähnlich verhält es sich im sonstigen öffentlichen Leben, wo es darauf ankommt, einen Gegner mit Schmähungen anzugreifen oder einen Mächtigen zu loben. Ein zentrales Anliegen ist dabei die Wahrung des eigenen sozialen Rangs, der einerseits vom Vermögen, andererseits vom familiären Hintergrund abhängt. Besonders wichtig ist die Abstammung, die man genealogisch über zahlreiche Generationen bis zu mythischen Gestalten wie Herakles zurückverfolgt.[45]
Ganz anders ist das Leben der Philosophen ausgerichtet. Der Politikbetrieb und das Gerichtswesen sind ihnen so gleichgültig, dass sie nicht einmal wissen, wo sich das Gericht, das Rathaus oder Versammlungsstätten befinden. Machtkämpfe um Ämter nehmen sie nicht zur Kenntnis. Wer von wem abstammt, interessiert sie ebenso wenig wie fremde Besitztümer und die Privatangelegenheiten ihrer Nachbarn. Über die Gesetzgebung und die Volksbeschlüsse wissen sie nicht Bescheid. Ihre Aufmerksamkeit gilt nur der Erforschung der Natur der Dinge, insbesondere der menschlichen Natur, und der richtigen Lebensführung. Für diese Themen haben sie beliebig viel Zeit. Dabei ist ihre Richtschnur das Göttliche; ihr Ziel ist, der Gottheit möglichst ähnlich zu werden, indem sie die göttlichen Tugenden kultivieren.[46]
Aus diesem Gegensatz zwischen den Philosophen und der Masse der unphilosophischen Bürger ergibt sich eine gegenseitige Geringschätzung. Jede der beiden Seiten erscheint der anderen lächerlich und für wichtige Aufgaben untauglich; jede hält das, was aus der Sicht der anderen das Wichtigste ist, für belanglos. Vor Gericht ist ein Philosoph hilflos, da ihm die dortigen Verhaltensregeln völlig fremd sind. Sokrates veranschaulicht die gegensätzlichen Haltungen mit der Anekdote von Thales, einem vorsokratischen Philosophen, der die Himmelskörper betrachtend in einen Brunnen fiel. Eine thrakische Magd, die das sah, verspottete ihn: Er wolle den Himmel erkunden, kenne aber nicht einmal das, was vor seinen Füßen liege. Die Weltfremdheit der Philosophen wird von Sokrates positiv bewertet, er sieht sie als Zeichen ihrer inneren Freiheit. Außerdem meint er, man könne jeden Verächter der Philosophie mit Argumenten in Verlegenheit bringen, wenn er bereit sei, einen solchen Dialog durchzuhalten.[47]
Das Scheitern der ersten Begriffsbestimmung
Nach der Abschweifung kehrt Sokrates zur Widerlegung der subjektivistischen Gegenauffassung zurück. Wie er nun darlegt, steht der Ersetzung von „wahr“ und „falsch“ durch subjektive Werturteile über den Nutzen der Umstand entgegen, dass Nützlichkeitserwägungen auch auf die Zukunft ausgerichtet sind. Die Zukunft wird zeigen, ob Annahmen über den Nutzen von etwas zutreffen oder nicht, etwa bei einem Gesetz, das sich bewährt oder seinen Zweck nicht erfüllt. Oft wird der Zweck verfehlt. Daher kann die Behauptung nicht stimmen, der Mensch trage das Kriterium für das, was für ihn nützlich ist, stets in sich. Vielmehr muss er sich darüber von einer Zukunft, die er noch nicht kennt, belehren lassen.[48]
Auch die andere Stütze des Subjektivismus, die Bestreitung jeder Beständigkeit, hält der Nachprüfung nicht stand. Zahlreiche Weltdeuter behaupten, es gebe nichts Seiendes und Ruhendes, sondern nur Werdendes und Bewegtes. Die Prozesse, die nach ihrer Meinung die gesamte Wirklichkeit ausmachen, zerfallen in zwei Hauptarten: Ortswechsel und Änderung der Beschaffenheit. Demnach müssen sie, wie Sokrates nun feststellt, annehmen, dass alles immer gleichzeitig beiden Arten der Veränderung unterliege, da es sonst zumindest in einer Hinsicht Beständigkeit gäbe. Wenn dies aber so ist, wird nicht nur das Sein aufgehoben, sondern auch die Basis eines rationalen Diskurses. Wenn beispielsweise etwas Weißes in jedem Augenblick einer farblichen Veränderung unterliegt, kann der Begriff „weiß“ nicht zeitunabhängig definiert und verwendet werden. Das heißt, er ist unbrauchbar. Jede Äußerung, mit der etwas als „so“ bezeichnet wird, fixiert einen angenommenen Sachverhalt und ist damit in einer Welt, die nichts Gleichbleibendes aufweist, unangemessen.[49]
Schließlich kehrt Sokrates zur Prüfung der Ausgangsthese des Theaitetos zurück, wonach Erkenntnis auf Wahrnehmung reduzierbar ist. Er legt dar, dass man stets mittels der einzelnen Sinnesorgane wahrnimmt, von denen jedes einer bestimmten Art von Wahrnehmung zugeordnet ist. Weder kann das Auge das Ohr ersetzen noch umgekehrt, denn Sehen und Hören sind zwei völlig getrennte, verschiedenartige Vorgänge. Wenn aus den Sinneswahrnehmungen Kenntnis eines Sachverhalts werden soll, wird eine Instanz benötigt, welche die Informationen der einzelnen Sinnesorgane aufnimmt, zusammenfasst und auswertet. Man kann diese Instanz „Seele“ nennen. Die Auswertung geschieht durch Vergleichen und Folgern, was eine Kenntnis von Eigenschaften wie „gleich“ und „verschieden“, „ähnlich“ und „unähnlich“, „schön“ und „hässlich“ voraussetzt. Somit erfordert Erkenntnis den Besitz von Begriffen, die nicht zum Inhalt der Wahrnehmungen gehören. Also ist es nicht möglich, Erkenntnis und Wissen restlos auf Wahrnehmung zurückzuführen und entsprechend zu definieren.[50]
Die zweite Begriffsbestimmung und die Frage nach dem Irrtum
Nach dem Fehlschlag der ersten Begriffsbestimmung schlägt Theaitetos eine neue vor. Da die Reduzierung des Wissens auf materielle Vorgänge, die Sinneswahrnehmungen, missglückt ist, nimmt er diesmal einen geistigen Vorgang zum Ausgangspunkt: die Meinungsbildung, das Vorstellen. Vorstellungen können korrekt oder irrig sein. Daher definiert Theaitetos das Wissen als richtige Meinung (alēthḗs dóxa). Dann stellen sich aber, wie Sokrates zu bedenken gibt, sogleich die Fragen, was den Irrtum ausmacht und wie eine falsche Meinung überhaupt zustande kommen kann.[51]
Die erste Schwierigkeit besteht darin, dass ein Irrtum theoretisch unmöglich scheint. Zwischen Wissen und Nichtwissen scheint es kein Mittleres zu geben; man kann etwas nicht zugleich wissen und nicht wissen. Wenn man etwas kennt, kann man sich keine falsche Vorstellung darüber bilden, und wenn man etwas nicht kennt, kommt man nicht auf den Gedanken, sich darüber eine Vorstellung zu bilden. Wer beispielsweise Sokrates und Theaitetos nicht kennt, dem käme es nicht in den Sinn, Sokrates für Theaitetos zu halten.[52]
Die zweite Schwierigkeit ergibt sich, wenn man den Irrtum als Annahme definiert, deren Gegenstand in Wirklichkeit nicht existiert. Demnach ist eine Vorstellung dann falsch, wenn sie sich auf etwas Nichtseiendes bezieht. Man kann sich aber nur Seiendes vorstellen. Eine Vorstellung, die sich auf etwas bezieht, was nicht ist, bezieht sich nicht auf etwas, sondern auf nichts. Somit ist sie selbst nicht etwas, sondern nichts. Da es aber Irrtümer gibt, ist die Definition unbrauchbar.[53]
Ein Ausweg könnte darin bestehen, dass man den Irrtum nicht als Annahme von Nichtseiendem bestimmt, sondern als Verwechslung von Seiendem (fachsprachlich „Allodoxie“). Zwei Dinge oder Eigenschaften, die tatsächliche Gegebenheiten sind, werden irrtümlich in Gedanken vertauscht. Aber auch dann scheint es unerklärlich, wie es zu einem Irrtum kommen kann. Die Seele kennt die gegensätzlichen Qualitäten, die nicht zugleich im selben Objekt vorhanden sein können. Es ist nicht einsichtig, wie sie dazu kommen sollte, das Schöne für hässlich zu halten, das Langsame für schnell, das Rind für ein Pferd oder zwei für eins.[54]
Das Gedächtnis als Wachsblock
Darauf wird eine andere mögliche Erklärung des Irrens geprüft, die das Gedächtnis einbezieht und die strikte Trennung von Wissen und Nichtwissen aufgibt. Aus der Ferne kann man Sokrates mit einem Unbekannten verwechseln, also in Unkenntnis sein, obwohl man weiß, wie Sokrates aussieht. Urteile beruhen auf der Verknüpfung von Wahrnehmungen mit Gedächtniseindrücken. Das Gedächtnis ist mit einem wächsernen Block vergleichbar, der Abdrücke aufnimmt. Dieser ist bei jeder Person anders: bei manchen größer, bei anderen kleiner, bei den einen von reinerem Wachs, bei den anderen von schmutzigerem; auch die Härte und Feuchtigkeit variiert. Die Qualität der Abdrücke ist sehr unterschiedlich, wobei die jeweilige Beschaffenheit des Wachses die Rahmenbedingungen für Gelehrigkeit und Vergesslichkeit setzt. Irrtümer kommen zustande, wenn bereits vorhandene Abdrücke den späteren Wahrnehmungen falsch zugeordnet werden. Wenn eine Wahrnehmung nicht deutlich genug ist, etwa wenn jemand aus der Ferne gesehen wird, kann der passende Abdruck verfehlt werden. Diesem Erklärungsvorschlag des Sokrates stimmt Theaitetos begeistert zu, doch bald verflüchtigt sich seine Erleichterung, denn Sokrates trägt sogleich eine Widerlegung vor. Die Erklärung ist unzulänglich, denn es gibt auch mathematische Irrtümer, und diese beruhen nicht auf fehlgeschlagenen Verknüpfungen von Wahrnehmungen mit Gedanken und Gedächtniseindrücken.[55]
Das Gedächtnis als Taubenschlag
Schließlich schlägt Sokrates eine Vorgehensweise vor, die er selbst als unverschämt bezeichnet: Es soll versucht werden, die Beschaffenheit des Wissens zu klären, obwohl es noch nicht gelungen ist, den Bedeutungsumfang dieses Begriffs abzugrenzen. Das findet Sokrates zwar methodisch bedenklich, doch wagt er diesen Schritt nun angesichts des aktuellen Dilemmas. Dabei führt er eine Unterscheidung zwischen dem „Haben“ und dem „Besitzen“ von Wissen ein. Wissen sei erst dann wirklich vorhanden, wenn man es habe, nicht schon wenn man es nur besitze. Dies veranschaulicht Sokrates durch den Vergleich mit einem Kleid, das man besitzt, wenn man es gekauft hat, aber erst „hat“, wenn man es auch trägt. Der persönliche Wissensschatz lässt sich mit einem Taubenschlag vergleichen, in dem jemand Tauben oder andere Vögel hält, die er gejagt und gefangen hat. Die Vögel entsprechen den einzelnen Kenntnissen. Wenn der Besitzer nun einen bestimmten Vogel benötigt, muss er sich innerhalb des Taubenschlags nochmals auf die Jagd nach ihm machen. Erst wenn er ihn dann in den Händen hält, „hat“ er ihn. Greift er versehentlich in dem Durcheinander nach einem falschen Vogel, so hat er den gewünschten nicht, obwohl er ihn schon besitzt. Dies entspricht dem Verwechseln von gespeicherten Wissensinhalten, das die Ursache von Denkfehlern wie etwa der mathematischen Irrtümer ist.[56]
Wiederum stimmt Theaitetos zu, und er ergänzt, dass nicht alle Vögel Wissensinhalten entsprechen müssen; manche von ihnen können auch Fehlinformationen sein, die ebenfalls in der Seele herumfliegen. Dann ist ein Irrtum nicht auf eine Verwechslung von Wissensstücken, sondern auf das Ergreifen einer gespeicherten Fehlinformation zurückzuführen. Doch auch diesen Ansatz lässt Sokrates sogleich scheitern. Er macht darauf aufmerksam, dass sich hier wiederum die Schwierigkeit einer paradoxen Vermischung von Wissen und Nichtwissen erhebt: Der Besitzer des „Taubenschlags“ hält die Fehlinformation, die er erwischt hat, für Wissen. Demnach fehlt ihm diesbezüglich die Fähigkeit, Wissen von Nichtwissen zu unterscheiden. Wenn er aber ein Wissensstück und ein Nichtwissensstück nicht auseinanderhalten kann, hat er in Wirklichkeit keine Kenntnis von dem Wissensstück, also ist es kein solches. Wenn er sie auseinanderhalten könnte, so hätte er ein Wissen über das Nichtwissensstück; dann aber wäre dieses kein solches, sondern ein Wissensinhalt. Man muss also, wenn man dem Paradox entgehen und die Möglichkeit von Irrtümern erklären will, eine gesonderte Wissensart einführen, das Wissen über das Wissen und das Nichtwissen. Dieses muss sich dann in einem separaten „Taubenschlag“ befinden, wobei der Besitzer wiederum die dortigen „Vögel“ zwar besitzt, aber nicht immer „hat“. Damit gerät man aber in einen infiniten Regress, da der übergeordnete Speicher, in dem sich das Wissen und das Nichtwissen über Wissen und Nichtwissen befinden, seinerseits einen weiteren, ihm übergeordneten Speicher erfordert.[57]
Die Unzulänglichkeit der zweiten Begriffsbestimmung
Schließlich kehrt Sokrates zur zweiten Begriffsbestimmung zurück, zur Gleichsetzung des Wissens mit einer richtigen Meinung, und zeigt ihre Untauglichkeit. Vor Gericht kann man durch geschicktes Auftreten die Richter davon überzeugen, dass ein Angeklagter eine Straftat begangen hat, auch wenn es keine Zeugen gibt. Das führt dann zur Verurteilung. Der Richter kann aber, auch wenn die Tat tatsächlich begangen wurde, dies nicht wissen, denn er war nicht dabei und es gibt keinen Beweis. Er fällt dann also ein korrektes Urteil aufgrund einer richtigen Meinung, die er hat, obwohl er keinerlei Wissen über den Tathergang besitzt.[58]
Der dritte Bestimmungsversuch und sein Misslingen
Nun unterbreitet Theaitetos seinem kritischen Gesprächspartner eine ergänzte neue Version seines Definitionsvorschlags: Wissen sei eine „mit einer Erklärung (lógos) verbundene“ richtige Meinung, das heißt eine, deren Richtigkeit durch eine vernünftige Argumentation nachgewiesen sei. Nicht alle richtigen Aussagen seien „erklärt“, und Unerklärtes sei kein Gegenstand von Wissen.[59] Sokrates trägt dazu ergänzend eine Theorie vor, die er als „Traum“[60] bezeichnet. Dem „Traum“ zufolge gibt es Grundbestandteile oder Urelemente (prṓta stoicheía) von allem, die zwar wahrgenommen[61] und benannt, aber auf nichts anderes zurückgeführt werden können und daher unerklärbar sind. Erst aus der Verbindung dieser Urelemente zu Strukturen entstehen erklärbare Dinge. Erkenntnis bezieht sich immer nur auf die Zusammensetzungen, nicht auf deren Grundbestandteile. Die Grundbestandteile können prinzipiell kein Gegenstand von Wissen sein.[62] Mit der Einführung von Urelementen kann die Zirkularität vermieden werden, die sich aus der Forderung ergibt, jeden Begriff durch eine Erklärung zu bestimmen. Diese Forderung könnte nur durch Rückgriff auf andere Begriffe, die als bekannt vorausgesetzt werden müssten, erfüllt werden. Dadurch entstünde ein System, dessen Bestandteile aufeinander zurückgeführt würden. Ein solches System wäre selbst auf nichts zurückführbar, also ohne Begründung. Die Forderung, alles zu erklären, ist daher unerfüllbar.
Wiederum findet die von Sokrates vorgetragene Theorie den Beifall des Theaitetos, und ein weiteres Mal widerlegt Sokrates seinen eigenen Vorschlag. Wenn das aus Elementen Zusammengesetzte nichts als die Summe seiner Elemente ist, ist es unerklärbar, da sich aus der Zusammenfügung von lauter Unerklärbarem nichts Erklärbares ergeben kann. Ist aber das Zusammengesetzte etwas anderes als die Summe seiner Teile, nämlich eine Form mit eigenständiger Beschaffenheit, so muss diese Form ebenfalls unerklärbar sein, da sie weder auf die Elemente noch auf etwas anderes zurückgeführt werden kann. Somit bildet die Annahme von undefinierbaren Urelementen keine Basis für eine Theorie des Wissens, sie schließt sogar die Möglichkeit von Wissen aus. Erkenntnis über Verknüpfungen setzt voraus, dass deren Elemente erklärbar sind.[63]
Hier stellt sich für Sokrates die Frage, was es eigentlich bedeutet, etwas zu erklären. Man kann das Erklären bestimmen als vollständiges Erfassen und analytische Beschreibung aller Elemente der Zusammensetzung, die erklärt werden soll, oder als Angabe des charakteristischen Unterscheidungsmerkmals für den Begriff, der zu erklären ist. Beide Bestimmungen sind aber für die Lösung der Aufgabe, die Besonderheit des Wissens zu benennen, nutzlos. Weder die eine noch die andere ermöglicht eine klare Abgrenzung des Wissens vom richtigen Meinen. Überdies enthält die Definition des Wissens als richtige Meinung mit „Erklärung“ einen logischen Zirkel, wenn die „Erklärung“ darauf beruht, dass der Erklärende das charakteristische Merkmal des Wissensobjekts kennt. Die Kenntnis des Merkmals ist ein Wissen, sie setzt also das, was zu definieren ist, bereits voraus.[64]
Die Schlussbilanz
Es ergibt sich eine ernüchternde Schlussbilanz: Was Wissen ist, bleibt offen. Mehr als irrige Meinungen hat die Hebammenkunst bei Theaitetos nicht zutage fördern können. Theaitetos räumt das ein. Dennoch wertet Sokrates den Dialog nicht als Fehlschlag, sondern sieht in der gewonnenen Einsicht einen Fortschritt. Da ein Verständnis der Problematik erreicht wurde, wird ein künftiger neuer Lösungsvorschlag besser sein als die bisherigen, und auf jeden Fall weiß Theaitetos jetzt, wie es mit seinem Kenntnisstand bestellt ist.[65]Info:https://de.wikipedia.org/wiki/Theaitetos
03.02.2023
Theaitetos (Wikipedia II von III)
Interpretation und philosophischer Gehalt
Die Frage nach Platons erkenntnistheoretischer Position
Im Theaitetos gibt Platon ebenso wie auch in seinen anderen Dialogen nicht direkt zu erkennen, wie er selbst über die aufgeworfenen Fragen denkt. Auch wenn man von der traditionell herrschenden Auffassung ausgeht, wonach Sokrates als das „Sprachrohr“ des Autors zu betrachten ist, bleibt manches unklar. Platon lässt seinen Sokrates eine subjektivistische, phänomenalistische und sensualistische Erkenntnistheorie bekämpfen, die er als Konsequenz von Behauptungen Heraklits und des Protagoras darstellt. Sokrates bringt aber auch Gegenargumente zugunsten der von ihm abgelehnten Position vor. Unklar ist, ob Platon beabsichtigt hat, die kritisierten Thesen gänzlich zu widerlegen, oder ob er nur ihren Geltungsbereich einschränken wollte. Die letztere Interpretation wird in der Forschungsliteratur seit Myles Burnyeat (1990)[66] „Reading A“ genannt, die andere „Reading B“. Nach „Reading A“ hat Platon den Lehren Heraklits und des Protagoras einen auf die Welt der wandelbaren Dinge beschränkten Wahrheitsgehalt zugebilligt. Verworfen hat er nach dieser Interpretation nur eine starke, relativistische Version der kritisch untersuchten Thesen, welche die Existenz eines erkennbaren überzeitlichen Seins bestreitet und eine Erkenntnis objektiver Wahrheit ausschließt. Umstritten ist auch die Stichhaltigkeit einzelner Argumente, die im Dialog hierzu vorgebracht werden.[67]
Eine weitere Interpretation lautet, der Theaitetos sei eher eine methodische Übung als ein Plädoyer für eine bestimmte Lehre. Die Diskussion werde ergebnisoffen geführt und es werde vom Leser nicht erwartet, eine der typischen Lehrmeinungen Platons aus seiner mittleren Schaffensperiode zu akzeptieren. Eine andere Deutungsrichtung betont den erzielten Erkenntnisfortschritt; es finde im Verlauf der Diskussion eine wirkliche Annäherung an die von Platon für richtig gehaltene Erkenntnistheorie statt. Somit seien die Bemühungen der Gesprächspartner nur scheinbar fehlgeschlagen. Einer Forschungshypothese zufolge soll der Leser dazu angeregt werden, anhand der im Dialog gewonnenen Einsichten die Antwort auf die Frage nach dem Wissen selbst zu finden.[68] Jörg Hardy meint, Platon gebe deutliche Hinweise darauf, wie die Probleme zu lösen seien. Er lasse die Dialogpartner vom Prinzip der Problemlösung durch Fehleranalyse Gebrauch machen. Dieses könne man auch als hermeneutisches Prinzip für das Verständnis des Dialoges fruchtbar machen.[69] Auch Dorothea Frede nimmt an, Platon habe einen Ausweg gesehen. Sie glaubt, er habe angedeutet, wo man danach suchen solle.[70] Eugenio Benitez und Livia Guimaraes interpretieren den Ausgang des Dialogs zwar als tatsächliches Scheitern bei der Beantwortung der Ausgangsfrage nach dem Wissen, machen aber geltend, die Erfahrungen bei der Wahrheitssuche hätten einen Ertrag erbracht, der diesen Fehlschlag aufwiege.[71]
Unterschiedliche Meinungen gibt es auch darüber, ob Platon selbst der Überzeugung war, über eine stichhaltige Begriffsbestimmung des Wissens zu verfügen, oder ob er seine Bemühungen auf diesem Gebiet für gescheitert hielt und im Dialog die Bilanz seiner vergeblichen Suche nach einer Antwort auf die Ausgangsfrage vorgelegt hat.[72]
Interpretationsprobleme ergeben sich bei der Klärung der Frage, was Platon eigentlich unter „Wissen“ verstanden hat. In der modernen Erkenntnistheorie wird zwischen „propositionalem“ Wissen („wissen, dass“) und Wissen mit einem direkten Objekt („kennen“) unterschieden. In der altgriechischen Sprache gibt es keine Begriffe, die eine solche Differenzierung ausdrücken. Daraus ergibt sich eine Doppeldeutigkeit, die das Verständnis des erkenntnistheoretischen Diskurses im Theaitetos behindert.[73]
Die Frage der Lehrentwicklung Platons
Die Frage, ob Platon im Rahmen einer Entwicklung seiner Lehre seine Haltung zu Hauptfragen der Metaphysik und Erkenntnistheorie grundlegend geändert hat, gehört zu den umstrittensten Themen der Platonforschung. Die Auffassung der „Unitarier“, die meinen, er habe durchgängig eine kohärente Sichtweise vertreten, steht der „Entwicklungshypothese“ der „Revisionisten“ entgegen, die einen gravierenden Sinneswandel annehmen. Als wichtiges Argument zugunsten der Entwicklungshypothese gilt aus revisionistischer Sicht der Umstand, dass Platon im Theaitetos die Frage nach der wissenschaftlichen Erkenntnis ins Zentrum stellt, ohne dabei seine Ideenlehre ins Spiel zu bringen. Die Ideenlehre hatte er zu der Zeit, als er den Theaitetos schrieb, bereits konzipiert und im Dialog Politeia dargelegt. Sie besagt, dass Ideen als eigenständige, dem Bereich der sinnlich wahrnehmbaren Objekte ontologisch übergeordnete Entitäten existieren. Solche „platonische Ideen“, beispielsweise „das Schöne an sich“ oder „der Kreis an sich“, sind nach der Ideenlehre eine objektive metaphysische Realität. Sie bilden die Voraussetzung für die Existenz und Erkennbarkeit der einzelnen Sinnesobjekte, deren Urbilder sie sind. Somit müsste die Ideenlehre bei der Beantwortung der im Theaitetos erörterten Frage nach dem Wesen des Wissens eine wichtige Rolle spielen. Ihre dortige Nichterwähnung ist für die Revisionisten ein Beleg dafür, dass Platon von seiner Ideenlehre abgerückt ist, nachdem er bei ihrer Ausarbeitung auf unüberwindlich scheinende Hindernisse gestoßen war. Die gegenteilige Auffassung der Unitarier lautet, Platon habe im Theaitetos zeigen wollen, dass der Versuch, eine stichhaltige Begriffsbestimmung des Wissens zu finden, ohne die Annahme von platonischen Ideen zum Scheitern verurteilt sei. Damit habe er den Leser zur Erkenntnis führen wollen, dass die Ideenlehre für die Erarbeitung einer Erkenntnistheorie unabdingbar sei.[74]
Ein spezieller Aspekt der Auseinandersetzung zwischen Unitaristen und Revisionisten ist die Frage, ob Platon im Theaitetos an seiner früheren Überzeugung festgehalten hat, wonach hinsichtlich des Bereichs der Sinnesobjekte kein Wissen möglich ist, sondern nur ein Meinen, und nur metaphysische Entitäten als Wissensobjekte in Betracht kommen. In diesem Modell besteht zwischen Wissen und Meinen eine unaufhebbare Diskontinuität. Es gibt nichts, was zu einer richtigen Meinung hinzukommen könnte, sodass aus ihr Wissen wird. Nach einer insbesondere von Myles Burnyeat vorgetragenen revisionistischen Deutung verwarf Platon im Theaitetos diese erkenntnistheoretische Position, die er im Dialog Politeia vertreten hatte, und nahm nunmehr an, dass es ein Wissen über sinnlich Wahrgenommenes geben kann und somit Wissen und Meinen dieselben Objekte haben können. Die gegenteilige unitarische Interpretation, wonach Platon die Erkenntnistheorie der Politeia beibehielt und im Theaitetos bekräftigte, verteidigt Lloyd P. Gerson.[75]
Einer der namhaftesten Revisionisten war Gilbert Ryle. Er zählte den Theaitetos zu einer Gruppe von späten Dialogen, in denen Platon seine Ideenlehre nicht mehr für die Argumentation herangezogen habe, nachdem er ihre Problematik erkannt habe.[76]
Anne Balansard weist darauf hin, dass die Einteilung der Philosophiehistoriker in die zwei „Lager“ der Unitarier und der Revisionisten zu grob ist und der Meinungsvielfalt innerhalb der beiden „Lager“ nicht gerecht wird.[77]
Die Einschätzung des logischen Atomismus
Die im „Traum“ des Sokrates formulierte Annahme, es gebe letzte Einheiten als unmittelbare Gegebenheiten, die auf nichts zurückführbar seien, wird im modernen philosophischen Diskurs als „atomistisches“ Konzept bezeichnet. Gilbert Ryle hielt den „Traum“ für eine Vorwegnahme des modernen logischen Atomismus, den Platon kritisch analysiert habe.[78]
Nach der Interpretation von Michael-Thomas Liske hat Platon im Theaitetos noch atomistisch gedacht, das heißt, er hat das Wissen eines Sachverhalts als Vertrautheit mit einem einzelnen, nicht weiter aufzuschlüsselnden Gegenstand, als Kennen eines isolierten Objekts aufgefasst. Er hat dort aber bereits die Schwierigkeiten des Atomismus erkannt und damit gegenüber seiner mittleren Schaffensperiode einen Fortschritt erzielt. Erst später hat er im Dialog Sophistes die atomistische Position überwunden.[79]
Unwissenheit und Mäeutik
Oft diskutiert wird in der Forschung das Paradox des sokratischen Nichtwissens: Platons Sokrates betont seine eigene Unwissenheit, er behauptet „unfruchtbar“ zu sein und nichts „als das Seinige“ vorzubringen, erhebt aber zugleich den Anspruch, anderen mit der Mäeutik bei der Erkenntnissuche wirkungsvoll beistehen zu können. Bei der Deutung dieser Aussagen ist zu beachten, dass es unterschiedlich enge Definitionen des Begriffs „Wissen“ (epistḗmē) gibt. Wenn Sokrates von seiner eigenen Unfruchtbarkeit und Unwissenheit spricht, hat er eine sehr enge Definition im Sinn. Er denkt dann an ein unumstößliches Wissen im Sinne einer auf zwingender Beweisführung basierenden Wahrheitskenntnis. Nur ein solches Wissen, über das er nach seinen Worten nicht verfügt, könnte ihn befriedigen. Da er es nicht hat „gebären“ können, hält er sich für geistig unfruchtbar. Er kennt auch niemand, der es besitzt. Mit den Geburten, zu denen er anderen verhilft, meint er nur Ergebnisse, die er zwar für gut begründet und richtig hält, deren Richtigkeit er aber nicht beweisen kann. Diese Ergebnisse sind zwar wertvoll, stellen aber kein Wissen im strengen Sinn dar.[80]
Das philosophische Leben
Auffällig ist das in der Digression gezeichnete Bild eines weltfremden und radikal unpolitischen Philosophen, den Sokrates dort als vorbildlich darstellt. Die Haltung dieses Philosophen kontrastiert mit dem Eindruck von Sokrates’ eigener Lebensweise, den Platon in anderen Werken vermittelt. Dort erscheint Sokrates – für Platon das Ideal eines Philosophen – als kritischer, aber loyaler Staatsbürger. Der platonische Sokrates ist über die Entwicklungen im öffentlichen Leben gut informiert, kennt sich sowohl in der Politik als auch im Gerichtswesen und in der Rhetorik aus und hat sich Verdienste um das Gemeinwohl erworben. Daher ist die in der Digression gebotene Schilderung eines angesichts konkreter Herausforderungen hilflosen, sozial ahnungslosen Theoretikers erklärungsbedürftig. Einer Deutungsrichtung zufolge handelt es sich dabei um eine karikierende Darstellung, die keineswegs dem platonischen Ideal eines auch zur Staatslenkung befähigten Philosophen entspricht; vielmehr kritisiert Platon dieses Extrem einer unpraktischen Lebensführung.[81] Andere Forscher betrachten die Beschreibung des philosophischen Lebens in der Digression nicht als Karikatur, sondern als von Platon ernst gemeintes Konzept.[82]
Oft wird das Philosophenbild in der Digression im Sinne einer zwingenden Forderung nach Abkehr von der Alltagswelt gedeutet. Platon sei der Ansicht gewesen, ein Philosoph habe sich ausschließlich mit dem Allgemeinen zu befassen; das Einzelne, Besondere sei der Beachtung nicht wert und stelle nur eine Störung dar. Nach einer anderen Interpretation, die andere Texte Platons einbezieht, wertete er die Beschäftigung mit dem Besonderen neutral: Er verwarf sie nicht, sondern meinte, dass sie den Philosophen beim Streben nach seinem Ziel weder fördere noch behindere, sofern sie ihn nicht davon ablenke.[83]
Die angebliche Selbstwiderlegung des Relativismus
Ein oft erörtertes Thema der Forschung ist das von Platons Sokrates gegen den Relativismus vorgebrachte Argument, er sei logisch selbstwiderlegend. Diese Kritik an der relativistischen Erkenntnistheorie ist in der Fachliteratur unter der englischen Bezeichnung „exquisite argument“ bekannt; daneben wird auch die von Sextus Empiricus eingeführte Bezeichnung peritropḗ („Umschwung“) verwendet. Das Argument wird seit Platon in verschiedenen Abwandlungen angeführt und in Diskussionen über den Skeptizismus erörtert. Im Theaitetos richtet es sich gegen eine Lehre, die dort auf Protagoras zurückgeführt wird. Der Gedankengang lautet zunächst:[84]
P: Jedes Urteil ist für den Urteilenden wahr (Behauptung des Protagoras). P’: Viele urteilen, dass P falsch sei. C: Da P’ nach P wahr ist, ist P falsch.
In dieser Form ist das Argument fehlerhaft, da der Schluss C unzulässig ist. In C liegt eine Aussage über die absolute Geltung von P vor. Eine solche wird aber im relativistischen Konzept ausgeschlossen: P soll nur für den jeweils Urteilenden wahr sein. Dennoch wird im Argument eine überindividuelle Geltung von Aussagen stillschweigend unterstellt und damit ein scheinbarer Selbstwiderspruch der Gegenposition konstruiert.
Diesem Einwand gegen das Argument kommt Sokrates zuvor, indem er darauf hinweist, dass die Gegner des Relativismus, die P für falsch halten, ihre eigene Position für objektiv richtig halten.[85] Ihre Meinung über die Richtigkeit ihrer Position ist aber auch ein Urteil, auf das P anwendbar ist, und daher nach P nicht weniger zutreffend als P. Das Argument lautet somit:
P: Jedes Urteil ist für den Urteilenden wahr. P’’: Viele urteilen, dass das Urteil, P sei falsch, nicht nur für den Urteilenden, sondern auch an sich wahr sei. C: Da das Urteil P’’, die Falschheit von P sei an sich wahr, tatsächlich von jemand gefällt wird, ist es nach P nicht weniger zutreffend als P selbst. Demnach ist P selbstwiderlegend.
Hier wird allerdings derselbe Fehler wie in der einfacheren Fassung des Arguments begangen, denn auch die Behauptung, P sei an sich falsch, ist in einem relativistischen Modell nur für diejenigen wahr, die dieses Urteil fällen. Somit ist die These des Protagoras rein logisch betrachtet nicht selbstwidersprüchlich. Sie ist gegen Widerlegung immun. Allerdings ist Protagoras inhaltlich außerstande, für den Relativismus einen höheren Wahrheitsgehalt zu beanspruchen als den, den er auch nichtrelativistischen Positionen zubilligen muss. Die Konsequenzen aus diesem Sachverhalt sind so gravierend, dass nach einer Forschungsmeinung die Argumentation des Sokrates die Befürworter des Relativismus zumindest in beträchtliche Schwierigkeiten bringt.[86]
Die mathematische Untersuchung
Wurzelschnecke
Nach der Darstellung im Dialog hat Theodoros geometrisch gezeigt, dass die Quadratwurzeln aus den nichtquadratischen natürlichen Zahlen von 3 bis 17 irrational sind, und Theaitetos hat diese Entdeckung verallgemeinert. Wie Theodoros den Beweis führte, ist nicht überliefert;[87] in der Forschung wird sogar bezweifelt, dass es sich tatsächlich um einen mathematischen Beweis handelt. Holger Thesleff, der eine schon 1941 von Jakob Heinrich Anderhub vorgetragene Idee aufgreift, meint, Theodoros habe seine Annahme nicht bewiesen, sondern nur anhand einer Konstruktion zeichnerisch demonstriert, und er habe bei 17 abbrechen müssen, weil die spiralförmige Zeichnung nur für 17 Dreiecke Platz bietet. Es handelt sich um die zur Konstruktion von Wurzeln verwendete „Wurzelschnecke“, die „Rad des Theodorus“ oder „Spirale des Theodorus“ genannt wird.[88]
Im Dialog behauptet Theaitetos, ihm und Sokrates dem Jüngeren sei eine Verallgemeinerung des Satzes seines Lehrers Theodoros gelungen. Eine Reihe von Forschern meinen, diese Angabe sei im Kern historisch glaubwürdig, wenn auch von Platon in einer seinem literarischen Zweck dienenden Gestalt dargeboten. Anderer Ansicht ist Árpád Szabó. Nach seiner Hypothese war Theaitetos nicht der Entdecker der verallgemeinerten Geltung des Satzes, sondern hat sich nur naiv eingebildet, einen wesentlichen Beitrag zur mathematischen Forschung geleistet zu haben. In Wirklichkeit hat ihn sein Lehrer im Unterricht zu einer Erkenntnis angeleitet, die ihm – Theodoros – und anderen Mathematikern längst geläufig war.[89] Gegen diese Ansicht wendet sich Myles Burnyeat. Er hält an der traditionellen Deutung fest, wonach der Darstellung im Dialog zu entnehmen ist, dass Theaitetos eine echte Forschungsleistung vollbracht hat, und diese Leistung eine historische Tatsache ist.[90]
Chronologisch wird der Theaitetos nach stilistischen Kriterien noch zur mittleren Gruppe der Dialoge Platons gezählt, doch unter inhaltlichem Gesichtspunkt gehört er eher schon zum Spätwerk. Man kann ihn daher einer Übergangsphase zwischen diesen beiden Schaffensperioden des Philosophen zuweisen, während die beiden anderen Dialoge der Trilogie, der Sophistes und der Politikos, unter die späten Werke eingeordnet werden.[91] Vermutlich fällt der Abschluss der Arbeit am Theaitetos in die frühen 360er Jahre.[92]
Möglicherweise hat Platon den Prolog, der die Rahmenhandlung enthält, überarbeitet. Den Anlass zu dieser Vermutung bietet eine Bemerkung eines unbekannten Kommentators, der wohl in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. tätig war. Er berichtet, dass zu seiner Zeit auch eine andere, „eher frostige“ Fassung des Prologs im Umlauf war. Zwar hielt der Kommentator die überlieferte Fassung für die allein authentische, doch ist in der Forschung die Möglichkeit erwogen worden, dass beide Prologe von Platon stammen. Die meisten Befürworter dieser Hypothese halten die überlieferte Version für die jüngere. Sie bietet jedenfalls nach dem heutigen Forschungsstand den definitiven Text.[93]
Eine Randbemerkung auf einer Seite der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Theaitetos-Handschrift, des Codex Clarkianus
Textüberlieferung
Die antike Textüberlieferung besteht aus einigen auf Papyrus geschriebenen Fragmenten aus der römischen Kaiserzeit. Das älteste stammt aus dem 2. Jahrhundert, das jüngste aus dem 5. oder 6. Jahrhundert.[94] Ferner bietet der Anfang eines Kommentars zu dem Dialog, der in einer Papyrus-Handschrift aus dem 2. Jahrhundert erhalten ist, eine Reihe von Lesarten, die für die Textkritik relevant sind.[95]
Über die Nachwirkung des Theaitetos in der Antike ist relativ wenig bekannt. Die Spärlichkeit der Belege kann aber auf die ungünstige Überlieferungslage zurückzuführen sein und erlaubt nicht die Folgerung, dass die Thematik auf geringes Interesse stieß.
Platons Schüler Aristoteles muss den Theaitetos gekannt haben, wie einigen Anspielungen bei ihm zu entnehmen ist, doch ist nicht überliefert, wie er dieses Werk aufgefasst hat.[97]
Der Begründer der Stoa, Zenon von Kition, scheint bei der Formulierung seiner Erkenntnislehre Material aus dem Theaitetos aufgegriffen zu haben, das er allerdings als Gegner des Platonismus in unplatonischem Sinn verwertete.[98]
In der Epoche der Jüngeren („skeptischen“) Akademie, die zwischen 268 und 264 v. Chr. begann und bis ins frühe 1. Jahrhundert v. Chr. dauerte, wurde der Theaitetos anscheinend bei den Akademikern besonders geschätzt, da er ihren erkenntnistheoretischen Skeptizismus stützen konnte. Es fehlt aber an zeitgenössischen Belegen für eine solche Rezeption.[99]
In der Tetralogienordnung der Werke Platons, die anscheinend im 1. Jahrhundert v. Chr. eingeführt wurde, gehört der Theaitetos zur zweiten Tetralogie. Der Philosophiegeschichtsschreiber Diogenes Laertios zählte ihn zu den „prüfenden“ Schriften und gab als Alternativtitel Über das Wissen an. Dabei berief er sich auf eine heute verlorene Schrift des Gelehrten Thrasyllos.[100]
Ein Fragment des Theaitetos-Kommentars in dem ägyptischen Papyrus Berlin, Staatliche Museen, P. 7982 (2. Jahrhundert)
Aus der Epoche des Mittelplatonismus (1. Jahrhundert v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.) liegen nur wenige Belege für die Nachwirkung des Theaitetos vor. Der frühe Mittelplatoniker Eudoros von Alexandria, der im 1. Jahrhundert v. Chr. lebte, befasste sich in seinem nur fragmentarisch erhaltenen Werk Einteilung der Lehre der Philosophie mit dem Ziel des ethischen Handelns. Dabei griff er den in der Digression des Theaitetos vorgetragenen Gedanken der „Angleichung an Gott im Rahmen des Möglichen“ auf.[101] Das weitaus umfangreichste Zeugnis für die mittelplatonische Theaitetos-Rezeption ist ein Kommentar, dessen Anfang – die Kommentierung von etwas über einem Fünftel des Dialogtextes – erhalten geblieben ist. Diese Schrift ist vermutlich in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. – jedenfalls nicht früher – entstanden und stellt somit den ältesten aller erhaltenen Platon-Kommentare dar. Der Verfasser ist ein unbekannter Mittelplatoniker. Er verteidigt seine Interpretation des kommentierten Textes gegen andere Deutungen und erwähnt mit impliziter Zustimmung die Argumentation von Platonikern, die sich gegen stoische Kritik am Platonismus wenden. Außerdem bekämpft er eine Theaitetos-Interpretation, der zufolge dieser Dialog eine erkenntnistheoretische Skepsis Platons belegt. Von den Vorschlägen, den anonymen Kommentator mit Eudoros von Alexandria, Albinos oder Alkinoos zu identifizieren, hat sich keiner in der Forschung durchgesetzt.[102]Plutarch befasste sich in der ersten seiner zehn Platonischen Fragen mit der Mäeutik. Er stellte und beantwortete dort die Frage, warum die Gottheit Sokrates anwies, als Geburtshelfer für andere zu fungieren, aber ihm eigene Fruchtbarkeit versagte.[103] Der Mittelplatoniker Alkinoos, der vermutlich im 2. Jahrhundert lebte, behandelte in seinem Lehrbuch (didaskalikós) der Grundsätze Platons das Ziel der Angleichung an die Gottheit. Er ging auch auf die Überlegungen des platonischen Sokrates zum Verhältnis von Erinnerung und Meinung ein und erwähnte dabei den Vergleich des Gedächtnisses mit einem Wachsblock.[104]
Die Angleichung an Gott als Ziel fand auch außerhalb des Platonismus Anklang. Der einflussreiche AristotelikerAlexander von Aphrodisias ging darauf ein. Er befand, es sei das höchste Gut für den Menschen, der Gottheit ähnlich zu werden. Dies werde den Denkern durch die Betrachtung und die Erkenntnis des Wahren, die durch den Beweis zustande komme, zuteil. Solche Betrachtung werde zu Recht göttlich genannt, wenn man das betrachte, was am ehrwürdigsten sei.[105]
Auch die Neuplatoniker, eine im 3. Jahrhundert entstandene, in der Spätantike den philosophischen Diskurs dominierende Richtung, griffen Überlegungen aus dem Theaitetos auf. Sie beschäftigten sich vor allem mit Metaphysik, mit der religiösen Dimension des Platonismus und mit der Thematik der philosophischen Lebensweise. Daher war für sie die Digression im Theaitetos von besonderem Interesse. Die dort von Platons Sokrates erhobene Forderung, ein Philosoph solle sich auf die Aufgabe konzentrieren, der Gottheit möglichst ähnlich zu werden, fiel auf fruchtbaren Boden.[106] Sie wurde schon von Plotin, dem Begründer des Neuplatonismus, erörtert.[107]Iamblichos († um 320/325), der für den spätantiken Neuplatonismus eine wegweisende Rolle spielte, ließ in seiner Philosophenschule den Theaitetos als fünften der zwölf aus seiner Sicht wichtigsten Dialoge Platons studieren, wie der Verfasser der anonym überlieferten spätantiken Prolegomena zur Philosophie Platons berichtet.[108] Der berühmte Neuplatoniker Proklos (412–485), der die Philosophenschule in Athen leitete, kommentierte den Theaitetos, doch ist von seiner Beschäftigung mit dem Dialog nur wenig bekannt.[109]
In der römischen Kaiserzeit wurde Platons Ideal der Angleichung an Gott im Rahmen des Möglichen nicht nur von paganen Platonikern vertreten, sondern fand auch bei christlichen Autoren Anklang. Der stark vom Platonismus beeinflusste KirchenvaterClemens von Alexandria, der im späten 2. und frühen 3. Jahrhundert tätig war, zitierte die einschlägige Theaitetos-Stelle oft und sah darin einen Beleg für die Nähe des Platonismus zum Christentum.[110] Auch in die patristische Literatur der Spätantike fand das Motiv Eingang. Im 4. Jahrhundert griff der Kirchenvater Ambrosius von Mailand Platons berühmte Formulierung auf.[111] Beachtung fand bei den Kirchenvätern auch die in verschiedenen Versionen kursierende Thales-Anekdote.[112]
Der Anfang des Theaitetos in der Erstausgabe, Venedig 1513
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Im Mittelalter war der Theaitetos manchen byzantinischen Gelehrten zugänglich, doch bei den lateinischsprachigen Gelehrten des Westens und im arabischsprachigen Raum war er unbekannt. Im Westen wurde er erst im Zeitalter des Renaissance-Humanismus wiederentdeckt. Die erste lateinische Übersetzung erstellte der Humanist Marsilio Ficino. Er veröffentlichte sie 1484 in Florenz in der Gesamtausgabe seiner Platon-Übersetzungen und machte den Dialog damit einem breiteren Lesepublikum zugänglich. Der Übersetzung stellte er eine Einleitung (argumentum) voran, aus der hervorgeht, dass er den Text durchweg als Darstellung von Platons eigener Lehre auffasste. Er betonte, dass der Körper keinerlei Beitrag zur Erkenntnis leisten könne. Der „Wachsblock“ sei in der Seele, nicht im Körper; er dürfe nicht mit dem Gehirn gleichgesetzt werden.[113]
Die Erstausgabe des griechischen Textes erschien im September 1513 in Venedig bei Aldo Manuzio als Teil der ersten Gesamtausgabe der Werke Platons. Der Herausgeber war Markos Musuros.
In den folgenden Jahrhunderten zeigten die Philosophen relativ wenig Interesse am Theaitetos. Gottfried Wilhelm Leibniz fertigte 1676 eine lateinische Zusammenfassung des Dialogs an.[114]George Berkeley ging in seiner 1744 publizierten Schrift Siris mehrmals auf Stellen in dem antiken Werk ein. Er fand darin eine Vorwegnahme von Grundsätzen seiner eigenen empiristisch geprägten Erkenntnistheorie.[115]
Moderne
Philosophische Aspekte
In der Moderne hat das anfänglich relativ geringe Interesse am philosophischen Gehalt des Werks seit dem frühen 20. Jahrhundert stark zugenommen. Paul Shorey äußerte 1933 die Meinung, man könne den Theaitetos als den gedankenreichsten Dialog Platons betrachten.[116] Als Meilensteine der Erforschung des Theaitetos gelten die 1935 publizierte Untersuchung von Francis Macdonald Cornford über die Erkenntnistheorie Platons[117] und der Kommentar von Myles Burnyeat (1990).[118]
Das Interesse der Philosophiehistoriker gilt hauptsächlich dem erkenntnistheoretischen Ertrag des Werks. Einem breiteren gebildeten Publikum sind in erster Linie der Abschnitt über die Hebammenkunst und die Digression über die philosophische Lebensform mit der Anekdote über Thales bekannt. Sie gehören zu den berühmtesten Passagen in Platons Gesamtwerk.[119]
Der Philosoph Victor Cousin veröffentlichte 1824 eine französische Theaitetos-Übersetzung. Er verteidigte sein metaphysisches Modell gegen empiristische und sensualistische Kritik und griff dabei auf die Argumentation des platonischen Sokrates im Theaitetos zurück.[120]
Der NeukantianerPaul Natorp äußerte sich 1903 in seiner Monographie Platos Ideenlehre. Er befand, der Gedankengang im Theaitetos sei „zwingend und unmittelbar überzeugend“, wenn man „des inneren Planes der Schrift sich einmal bemächtigt hat“. Nach Natorps Verständnis verwendete Platon, als er die Bestimmung des Wissens als wahre Meinung mit Erklärung untersuchte und verwarf, den Begriff dóxa („Meinung“) nicht im Sinne von „Urteil“, sondern im Sinne von „Vorstellung“. Der antike Denker bekämpfte den Dogmatismus der „wahren Vorstellung“, dem zufolge es nur darauf ankommt, eine gegebene Vorstellung mit gegebenen Dingen in die richtige Beziehung zu setzen, damit aus der „richtigen“ oder „wahren“ Vorstellung Erkenntnis wird. Natorp meinte, der Dialog enthalte eine tief angelegte, „für alle Zeit grundlegende Kritik der Sinnlichkeit“. Platon habe „klar die Bewusstseinseinheit als Grundfunktion der Erkenntnis ausgesprochen“. Er habe erkannt, dass das Bewusstsein die allgemeinen Bestimmungen wie Sein und Nichtsein, Identität und Verschiedenheit nicht mit Hilfe körperlicher Organe, sondern durch sich selbst auffasse. Die Erkenntnis beruhe auf den Relationsurteilen des von Platon als „Seele“ bezeichneten Bewusstseins.[121]
Ferdinand C. S. Schiller veröffentlichte 1908 den Aufsatz Plato or Protagoras?, in dem er die Verteidigung der Auffassung des Protagoras im Theaitetos untersuchte. Er sah darin die authentische Position des antiken Sophisten, den er als frühen Humanisten und Vorläufer seines eigenen Pragmatismus betrachtete. Aus moderner Sicht habe sich der Ansatz des Protagoras als richtig erwiesen, Platons Kritik daran sei verfehlt.[122]
Für Martin Heidegger zählte der Theaitetos zu den wenigen Dialogen, die ihm die Textbasis für seine Interpretation der Philosophie Platons lieferten. Im Wintersemester 1931/1932 setzte er sich in einer Freiburger Vorlesung eingehend mit dem Werk auseinander. Dabei nahm er nicht die Haltung des „bloßen Lesers“ ein, sondern die eines mitfragenden Zuhörers. Heidegger meinte, es sei ein gravierendes Missverständnis, die Leitfrage „Was ist das Wissen?“ als Frage nach der Wissenschaft aufzufassen. Es handle sich auch nicht um eine erkenntnistheoretische Frage, sie beschränke sich nicht auf das Wissen als theoretische Erkenntnis und Beschäftigung der Gelehrten. Platons Thema sei vielmehr das „den ganzen Bereich und die Weite menschlichen Verhaltens durchherrschende und haltende und zugleich vielfältige Sich-auskennen“. Dazu gehöre auch „Wissen“ im Sinne von Ausdrücken wie „Jemand weiß sich zu benehmen“ oder „Er weiß sich durchzusetzen“. Gefragt werde, wie „der Mensch selbst in seinem Grundverhalten, dem Sich-auskennen in den Dingen, sich selbst nehmen will und soll, (...) wenn er ein Wissender sein soll“. Damit werde in einem ursprünglichen Sinn nach dem Menschen gefragt, und diese Frage sei „ein Angriff des Menschen auf sich selbst und sein vorläufiges Beharren im zunächst Geläufigen und seine Versessenheit auf das fürs erste Genügende“.[123] Es gehe um Wissen als Besitz von Wahrheit. Allerdings habe Platon Wahrheit und Unwahrheit als Richtigkeit der Aussage und Unwahrheit als deren Unrichtigkeit aufgefasst. Damit habe er die Einsicht verbaut, „daß und wie zum Wesen der Wahrheit die Unwahrheit gehört“. Wahrheit sei Unverborgenheit des Seienden. Unwahrheit bestehe im „Verstellen des Aussehens“ des Seienden, wobei aber das Seiende nicht schlechthin verborgen werde, denn es zeige sich ja. Es sei ein „Sich-verbergen im und durch das Sich-zeigen“, und das sei das Scheinen: eine Unverborgenheit, die „zugleich in sich, und zwar wesensmäßig, Verborgenheit“ sei.[124]
Ludwig Wittgenstein nahm in seinen ab 1936 entstandenen, aber erst 1953 postum veröffentlichten Philosophischen Untersuchungen auf den „Traum“ des platonischen Sokrates Bezug. Er identifizierte die dort eingeführten Urelemente, die „einfachen Bestandteile, aus denen sich die Realität zusammensetzt“, mit den „Gegenständen“ in seiner eigenen Terminologie und mit den „individuals“ bei Bertrand Russell.[125] In seiner Auseinandersetzung mit den Thesen des platonischen Sokrates problematisierte Wittgenstein den Begriff „zusammengesetzt“ als Gegenteil von „einfach“, der unterschiedlich definiert werde; man müsse sich erst über die Definition verständigen. Die These des Sokrates, man könne den Urelementen weder Sein noch Nichtsein beilegen, brachte Wittgenstein mit der Muster-Funktion von Elementen in Zusammenhang. Ein Muster sei ein Instrument der Sprache und als solches nicht ein Dargestelltes, sondern ein Mittel der Darstellung im Sprachspiel. Diese Überlegung veranschaulichte Wittgenstein mit dem Beispiel der Länge des Urmeters. Man könne über das Urmeter weder sagen, es sei 1 m lang, noch es sei nicht 1 m lang. Der Grund dafür sei dessen „eigenartige Rolle im Spiel des Messens mit dem Metermaß“. Analoges gelte für die Elemente des Sprachspiels, beispielsweise das „R“.[126] In seinem „Blauen Buch“ kritisierte Wittgenstein die Vorstellung des platonischen Sokrates, man müsse, um sich über die Bedeutung einer allgemeinen Bezeichnung klar zu werden, das gemeinsame Element in allen Anwendungen der Bezeichnung finden. Diese Vorstellung wirke bei philosophischen Untersuchungen hemmend. Man übergehe dann wie Sokrates konkrete Fälle als irrelevant, obwohl allein solche Fälle helfen könnten, den Gebrauch der allgemeinen Bezeichnung zu verstehen.[127]
Bertrand Russell behandelte das Verhältnis von Erkenntnis und Wahrnehmung nach dem Theaitetos ausführlich in seiner Philosophie des Abendlandes (A History of Western Philosophy, 1945). Er trug Argumente gegen die von Platons Sokrates geforderte Trennung von Wahrnehmung und Erkenntnis vor. Schlüssig sei die Beweisführung des Sokrates nur für die formalen Erkenntnisse in Logik und Mathematik, die nicht aus der Wahrnehmung abgeleitet seien.[128]
Karl Popper, ein scharfer Kritiker Platons, bezeichnete den Theaitetos als großartigen Dialog. Er zählte ihn zu einer Gruppe von Dialogen, deren Gedankengut eher dem historischen Sokrates zugehöre als Platon.[129]
Paul Feyerabend befürwortete in seiner Schrift Erkenntnis für freie Menschen den im Theaitetos dargestellten und bekämpften Relativismus. Feyerabend befand, der Relativismus von Platons Protagoras sei vernünftig und klug, da er eine Vielzahl von Traditionen und Werten beachte und keine objektiven Wertsätze einführe. Er sei auch zivilisiert, da Protagoras nicht annehme, „dass das winzige Dorf, in dem man wohnt, am Nabel der Welt liegt und dass seine seltsamen Sitten Maßstäbe für die ganze Menschheit sind“.[130]
Hans-Georg Gadamer nannte den Theaitetos einen der schwierigsten und tiefsinnigsten Dialoge Platons. Er werde wie das Grundbuch der antiken Erkenntnistheorie gelesen, doch sei der moderne Begriff der Erkenntnistheorie von dem Primat des Bewusstseins und Selbstbewusstseins bestimmt und weise damit in eine ganz andere Richtung als die Überlegungen im Theaitetos. Gadamer betonte die Bedeutung des Umstands, dass Sokrates in diesem Dialog mit Mathematikern diskutiert. Er meinte, man könne die Gesprächsführung des Sokrates, die Anwendung der „Hebammenkunst“ sowie das Verhalten von Theodoros und Theaitetos besser verstehen, wenn man die mathematische Denkweise als Hintergrund berücksichtige.[131]
Hans Blumenberg veröffentlichte 1987 seine Untersuchung Das Lachen der Thrakerin. Eine Urgeschichte der Theorie. Darin nahm er die Anekdote vom Sturz des Thales in der Digression des Theaitetos zum Ausgangspunkt. Er thematisierte den Gegensatz zwischen dem Theoretiker Thales und der Thrakerin mit ihrem Misstrauen gegen die „theoretischen Umtriebe“ und ihrem Lachen über den „Rückschlag der Theorie auf ihren Betreiber“. Dieses Grundverhältnis werde nicht aus der Welt verschwinden, „selbst wenn eines Tages die Vermehrung der Theoretiker zu ihrer Mehrheit ausarten sollte“. Die modernen Erzeuger des Produkts „Theorie“ seien viel komischer als ihr antiker Urahn Thales. Auch sie würden ihre „Thrakerinnen“ finden, wo sie sie nicht erwarteten.[132]
Die im Theaitetos erörterte Irrtumsthematik ist für die moderne Analytische Philosophie unter dem Gesichtspunkt der logischen Problematik interessant, die sich bei irrigen Identitätsannahmen („false identity beliefs“) ergibt. Dabei geht es um Kombinationen von Aussagen des Typus (1) Sokrates glaubt (irrtümlich), dass die Person, die er in der Ferne erblickt, Theaitetos sei (obwohl es in Wirklichkeit Theodoros ist); (2) Sokrates glaubt, Theodoros sei Theaitetos; (3) Sokrates kennt sowohl Theodoros als auch Theaitetos sehr gut; (4) Sokrates glaubt nicht, Theodoros sei Theaitetos. Wenn sich die Annahme in (1) auf die Personen bezieht, auf die sie sich nach der Ansicht des Sokrates bezieht (die erblickte Person und Theaitetos), dann folgt (2) aus (1). (1) und (3) können zugleich wahr sein. Wenn aber (3) der Fall ist, folgt aus (3) die Aussage (4), also das Gegenteil von (2). Die Ursache des Problems scheint darin zu liegen, dass die Richtigkeit der Aussage (5) „Die Annahmen des Sokrates beziehen sich auf das, worauf sie sich nach seiner Ansicht beziehen“ unterstellt wird. Ob daher (5) falsch ist, wie Logiker der Gottlob Frege folgenden Richtung meinen, ist strittig.[133]
Literarische Aspekte
Der einflussreiche Platon-Übersetzer Friedrich Schleiermacher äußerte sich 1805 über die literarische Qualität anerkennend. Er befand, die „gleichförmig durchgeführte Bauart des Ganzen und der einzelnen Teile“ sei wunderbar kunstvoll.[134]
1919 tadelte der renommierte Gräzist und Platon-Kenner Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff die Komposition des Dialogs, die er für unausgearbeitet hielt. Die Digression zeichne sich durch Fülle und Glanz aus und sei schön eingerahmt, ein Teil des Dialogs sei reichbewegt und witzig, doch im Schlussteil seien lange Strecken dürr und farblos. Dort dozierte Sokrates trotz seiner Behauptung, nur Helfer für die Entbindung fremder Gedanken zu sein. Das Werk mache einen unfertigen Eindruck.[135]
Die neueren Urteile über die literarische Qualität sind meist positiv ausgefallen. 1974 befand Olof Gigon, das Zusammenspiel von Sokrates, Theodoros und Theaitetos sei mit überlegener Kunst gestaltet. Die beiden Mathematiker seien daran, ebenbürtige Partner des Sokrates zu werden.[136] Auch Ernst Heitsch (1988) äußerte sich lobend. Er meinte, man gewinne erst beim zweiten Lesen einen Blick für die kunstreiche Anlage des Dialogs. Allerdings sei die Gesprächsführung außerordentlich verwickelt und schwerlich sogleich zu durchschauen. Gerade auch als literarische Komposition bedürfe der Theaitetos der Erläuterung.[137]Michael Erler (2007) stimmte Heitsch zu, er hielt die Komposition ebenfalls für durchdacht.[138]
Ausgaben und Übersetzungen
Ausgaben (teilweise mit Übersetzung)
Alexander Becker (Hrsg.): Platon: Theätet. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-518-27009-7 (Abdruck der Ausgabe von Auguste Diès, Paris 1926, ohne den kritischen Apparat, mit einer von Becker überarbeiteten Fassung der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher und einem Kommentar von Becker)
Gunther Eigler (Hrsg.): Platon: Werke in acht Bänden. Bd. 6, 4. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-19095-5, S. 1–217 (Abdruck der kritischen Ausgabe von Auguste Diès mit der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, 2. Auflage, Berlin 1818)
Winifred F. Hicken (Hrsg.): Theaitetos. In: Elizabeth A. Duke u. a. (Hrsg.): Platonis opera, Bd. 1, Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-19-814569-1, S. 277–382 (maßgebliche kritische Edition)
Ekkehard Martens (Hrsg.): Platon: Theätet. Durchgesehene und ergänzte Ausgabe, Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-006338-5 (unkritische Ausgabe mit Übersetzung)
Übersetzungen
Otto Apelt: Platon: Theätet. In: Otto Apelt (Hrsg.): Platon: Sämtliche Dialoge, Bd. 4, Meiner, Hamburg 2004, ISBN 3-7873-1156-4 (mit Einleitung und Erläuterungen; Nachdruck der 4. Auflage, Leipzig 1923)
Rudolf Rufener: Platon: Spätdialoge I (= Jubiläumsausgabe sämtlicher Werke, Bd. 5). Artemis, Zürich/München 1974, ISBN 3-7608-3640-2, S. 3–124 (mit Einleitung von Olof Gigon S. XI–XXVI)
Friedrich Schleiermacher: Theaitetos. In: Erich Loewenthal (Hrsg.): Platon: Sämtliche Werke in drei Bänden, Bd. 2, unveränderter Nachdruck der 8., durchgesehenen Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-17918-8, S. 561–661
Mi-Kyoung Lee: The Theaetetus. In: Gail Fine (Hrsg.): The Oxford Handbook of Plato. Oxford University Press, Oxford 2008, ISBN 978-0-19-518290-3, S. 411–436
Michel Narcy: Théétète. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, CNRS Éditions, Paris 2012, ISBN 978-2-271-07335-8, S. 686–700.
Kommentare
Anne Balansard: Enquête sur la doxographie platonicienne dans la première partie du Théétète. Academia Verlag, Sankt Augustin 2012, ISBN 978-3-89665-552-3
Alexander Becker (Hrsg.): Platon: Theätet. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-518-27009-7, S. 225–381
Seth Benardete: The Being of the Beautiful. Plato’s Theaetetus, Sophist, and Statesman. The University of Chicago Press, Chicago/London 1984, ISBN 0-226-67037-6, S. I.85–I.191
Myles Burnyeat: The Theaetetus of Plato. Hackett, Indianapolis/Cambridge 1990, ISBN 0-915144-81-6
Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus. Academia Verlag, Sankt Augustin 2004, ISBN 3-89665-315-6
Ronald M. Polansky: Philosophy and Knowledge. A Commentary on Plato’s Theaetetus. Bucknell University Press, Lewisburg 1992, ISBN 0-8387-5215-2
Paul Stern: Knowledge and Politics in Plato’s Theaetetus. Cambridge University Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-88429-7
Untersuchungen
Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten. Bedeutung und Kontinuität des Tugendwissens in den Dialogen Platons. Grüner, Amsterdam 2003, ISBN 90-6032-368-8, S. 226–258
Rosemary Desjardins: The Rational Enterprise. Logos in Plato’s Theaetetus. State University of New York Press, Albany 1990, ISBN 0-88706-837-5
Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-25225-0 (Digitalisat)
David Sedley: The Midwife of Platonism. Text and Subtext in Plato’s Theaetetus. Clarendon Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-926703-0
Aufsatzsammlungen
Giovanni Casertano (Hrsg.): Il Teeteto di Platone: struttura e problematiche. Loffredo, Napoli 2002, ISBN 88-8096-884-X
Dimitri El Murr (Hrsg.): La mesure du savoir. Études sur le Théétète de Platon. Vrin, Paris 2013, ISBN 978-2-7116-2495-9
Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense. Oikoumene, Prag 2008, ISBN 978-80-7298-391-9
Giuseppe Mazzara, Valerio Napoli (Hrsg.): Platone. La teoria del sogno nel Teeteto. Atti del Convegno Internazionale Palermo 2008. Academia Verlag, Sankt Augustin 2010, ISBN 978-3-89665-498-4
Michel Narcy: Théétète. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, Paris 2012, S. 686–700, hier: 688 f.; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 232; Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 275–277, 320 f.; Holger Thesleff: Platonic Patterns, Las Vegas 2009, S. 301–303.
Platon, Theaitetos 210d.
Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 320.
Platon, Theaitetos 144b–c.
Platon, Theaitetos 147c–d.
Gustav Adolf Seeck: Platons Theaitetos. Ein kritischer Kommentar, München 2010, S. 9 f., 28 f., 81 f.; Thomas Alexander Szlezák: Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen, Berlin 2004, S. 92, 98, 114 f., 126 f.; zum Protagoras-Bild Joachim Dalfen: Der Homo-mensura-Satz des Protagoras in seinem historischen Umfeld. In: Otto Neumaier (Hrsg.): Ist der Mensch das Maß aller Dinge?, Möhnesee 2004, S. 1–16, hier: 1–5, 16; Daniel Babut: Platon et Protagoras: l’„Apologie“ du sophiste dans le Théétète et son rôle dans le dialogue. In: Revue des études anciennes 84, 1982, S. 49–86; Edward N. Lee: „Hoist with His Own Petard“: Ironic and Comic Elements in Plato’s Critique of Protagoras (Tht. 161–171). In: Edward N. Lee u. a. (Hrsg.): Exegesis and Argument, Assen 1973, S. 225–261.
Siehe dazu Kurt von Fritz: Theodoros (31). In: Pauly-Wissowa RE, Bd. 5 A/2, Stuttgart 1934, Sp. 1811–1825, hier: 1811; Leonid Zhmud: Theodoros aus Kyrene. In: Hellmut Flashar u. a. (Hrsg.): Frühgriechische Philosophie, Basel 2013, S. 420 f., hier: 420; Leonid Zhmud: Pythagoras and the Early Pythagoreans, Oxford 2012, S. 128.
Siehe dazu Anne Balansard: Enquête sur la doxographie platonicienne dans la première partie du Théétète, Sankt Augustin 2012, S. 24 f.
Platon, Theaitetos 165a.
Platon, Theaitetos 145a, 169a.
Platon, Theaitetos 145c–d.
Diogenes Laertios 2,103; 3,6.
Diogenes Laertios 3,6.
Kurt von Fritz: Theodoros (31). In: Pauly-Wissowa RE, Bd. 5 A/2, Stuttgart 1934, Sp. 1811–1825, hier: 1811; Leonid Zhmud: Theodoros aus Kyrene. In: Hellmut Flashar u. a. (Hrsg.): Frühgriechische Philosophie, Basel 2013, S. 420 f., hier: 420.
Iamblichos, De vita Pythagorica 267.
Kurt von Fritz: Theodoros (31). In: Pauly-Wissowa RE, Bd. 5 A/2, Stuttgart 1934, Sp. 1811–1825, hier: 1811 f.; Bartel Leendert van der Waerden: Erwachende Wissenschaft, 2., ergänzte Auflage, Basel 1966, S. 233–240, hier: 233. Zu einer anderen Einschätzung gelangt jedoch Leonid Zhmud: Theodoros aus Kyrene. In: Hellmut Flashar u. a. (Hrsg.): Frühgriechische Philosophie, Basel 2013, S. 420 f.
Platon, Theaitetos 165a.
Platon, Theaitetos 146b.
Zur Dialogfigur Theodoros siehe Thomas Alexander Szlezák: Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen, Berlin 2004, S. 98–103; Anne Balansard: Enquête sur la doxographie platonicienne dans la première partie du Théétète, Sankt Augustin 2012, S. 22–31; Eugenio Benitez, Livia Guimaraes: Philosophy as Performed in Plato’s Theaetetus. In: The Review of Metaphysics 47, 1993/1994, S. 297–328, hier: 303–305, 314.
Siehe zum historischen Theaitetos Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 274–278.
Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 275; Thomas Alexander Szlezák: Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen, Berlin 2004, S. 103–109; Jill Gordon: Plato’s Erotic World, Cambridge 2012, S. 125–130; Anne Balansard: Enquête sur la doxographie platonicienne dans la première partie du Théétète, Sankt Augustin 2012, S. 32–38; Eugenio Benitez, Livia Guimaraes: Philosophy as Performed in Plato’s Theaetetus. In: The Review of Metaphysics 47, 1993/1994, S. 297–328, hier: 301–303.
Siehe zu Eukleides Klaus Döring: Sokrates, die Sokratiker und die von ihnen begründeten Traditionen. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 2/1, Basel 1998, S. 139–364, hier: 207–212; Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 144 f.; Robert Muller: Euclide de Mégare. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 3, Paris 2000, S. 272–277.
Siehe zu Terpsion Michel Narcy: Théétète. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, Paris 2012, S. 686–700, hier: 689 f.; Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 274.
Platon, Theaitetos 142a–143c. Vgl. Zina Giannopoulou: Plato’s Theaetetus as a Second Apology, Oxford 2013, S. 20–26.
Platon, Theaitetos 143c–144d.
Platon, Theaitetos 144d–146c.
Platon, Theaitetos 146c–147c. Vgl. David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 19–27; Zina Giannopoulou: Plato’s Theaetetus as a Second Apology, Oxford 2013, S. 29–33.
Platon, Theaitetos 147c–148d. Vgl. Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 28–39; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 27 f.; Zina Giannopoulou: Plato’s Theaetetus as a Second Apology, Oxford 2013, S. 33–37; Ivor Bulmer-Thomas: Theodorus of Cyrene. In: Dictionary of Scientific Biography, Bd. 13, New York 1976, S. 314–319.
Platon, Theaitetos 148e–149a.
Platon, Theaitetos 149b–150a.
Platon, Theaitetos 150a–151b.
Platon, Theaitetos 150a–151d.
Siehe zu diesem Begriff Michael Hoffmann: Die Entstehung von Ordnung, Stuttgart 1996, S. 41 f., 47–55; Hans-Georg Gadamer: Gesammelte Werke, Bd. 7, Tübingen 1991, S. 297.
Zum philosophiegeschichtlichen Hintergrund siehe Uvo Hölscher: Der Herakliteer in Platons Theätet. In: Reiner Wiehl (Hrsg.): Die antike Philosophie in ihrer Bedeutung für die Gegenwart, Heidelberg 1981, S. 37–53.
Platon, Theaitetos 151d–155c. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 53–71; Rosemary Desjardins: The Rational Enterprise, Albany 1990, S. 16–27; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 51–60; Mi-Kyoung Lee: The Secret Doctrine: Plato’s Defence of Protagoras in the Theaetetus. In: Oxford Studies in Ancient Philosophy 19, 2000, S. 47–86. Zum Text von 155b1–2 siehe Denis O’Brien: Platon, Théétète 155 B 1–2: Une correction du texte. In: Revue des Études grecques 124, 2011, S. 137–151.
Platon, Theaitetos 155c–d.
Platon, Theaitetos 156a–157d. Vgl. Rosemary Desjardins: The Rational Enterprise, Albany 1990, S. 34–54.
Platon, Theaitetos 157e–158e.
Platon, Theaitetos 158e–160e. Siehe dazu Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten, Amsterdam 2003, S. 234 f.
Platon, Theaitetos 160e–171d. Vgl. Alex Long: Refutation and Relativism in Theaetetus 161–171. In: Phronesis 49, 2004, S. 24–40; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 54–62; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 73–82.
Platon, Theaitetos 163a–164d, 169d–172b. Vgl. Timothy D. J. Chappell: Reading the περιτροπή: Theaetetus 170c–171c. In: Phronesis 51, 2006, S. 109–137; Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 94–102, 108–120; Gail Fine: Plato on Knowledge and Forms, Oxford 2003, S. 184–212; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 83–96.
Platon, Theaitetos 172b–c.
Siehe dazu Zina Giannopoulou: The Digression in Plato’s Theaetetus: Observations on its Thematic Structure and Philosophical Significance. In: Elenchos 23, 2002, S. 75–88.
Platon, Theaitetos 172c–175b.
Platon, Theaitetos 172d–177a. Vgl. zur „Angleichung an Gott“ Dietrich Roloff: Gottähnlichkeit, Vergöttlichung und Erhöhung zu seligem Leben, Berlin 1970, S. 198–206; Florian Finck: Platons Begründung der Seele im absoluten Denken, Berlin 2007, S. 243–247, 262–264; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 74–81; Zina Giannopoulou: Socrates and Godlikeness in Plato’s Theaetetus. In: Journal of Philosophical Research 36, 2011, S. 135–148.
Platon, Theaitetos 173c–177b.
Platon, Theaitetos 177c–179b. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 129–132; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 86–88; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 104–116.
Platon, Theaitetos 179c–183c. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 133–140; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 89–99; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 117–124.
Platon, Theaitetos 183c–186e. Siehe dazu Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 141–149; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 125–158.
Platon, Theaitetos 187a–d. Siehe dazu Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 150–157.
Platon, Theaitetos 187e–188c. Vgl. Timothy Chappell: The puzzle about the puzzle of false belief: Theaetetus 188a–c. In: Bulletin of the Institute of Classical Studies 45, 2001, S. 97–111; Timothy Chappell: 188a–c: The Key to the Theaetetus. In: Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense, Prag 2008, S. 203–216; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 120–125; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 162–171.
Platon, Theaitetos 188c–189b. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 163–165; László Bene: False Judgement and the Puzzles about Not-Being: Theaetetus 188c–189b. In: Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense, Prag 2008, S. 217–249; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 125–127; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 172 f.
Platon, Theaitetos 189b–190e. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 166–171; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 127–134; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 173–175; Jan Szaif: Platons Begriff der Wahrheit, Freiburg 1996, S. 363–374.
Platon, Theaitetos 190e–196d. Siehe dazu Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 172–183; Paolo Crivelli: Plato’s Waxen Box. In: Wolfgang Detel u. a. (Hrsg.): Ideal and Culture of Knowledge in Plato, Stuttgart 2003, S. 175–200; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 134–140; Ernst Heitsch: Überlegungen Platons im Theaetet, Stuttgart 1988, S. 114–122; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 176–189.
Platon, Theaitetos 196d–199c. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 184–191; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 140–145; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 190–197.
Platon, Theaitetos 199c–200d. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 184, 191 f.; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 145–149; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 199–205.
Platon, Theaitetos 200d–201c. Vgl. Franco Trabattoni: Theaetetus, 200d–201c: Truth without Certainty. In: Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense, Prag 2008, S. 250–273; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 149–151; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 206–215.
Platon, Theaitetos 201c–d. Siehe dazu Ernst Heitsch: Theaetet 203c4–205e8. In: Hermes 119, 1991, S. 74–83, hier: 76–78.
Siehe zu dieser Bezeichnung Myles F. Burnyeat: The Material and Sources of Plato’s Dream. In: Phronesis 15, 1970, S. 101–122, hier: 103–106. Vgl. auch zum Motiv des Traums und seiner Bedeutung Piotr Pasterczyk: Der sokratische Traum und das Problem der Dialektik im Theaitetos, Freiburg 2007, S. 15–30.
Zum Verständnis des Begriffs „Wahrnehmen“ in diesem Zusammenhang siehe Gerold Prauss: Platon und der logische Eleatismus, Berlin 1966, S. 171–173.
Platon, Theaitetos 201c–202c. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 202–212; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 153–163; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 217–237.
Platon, Theaitetos 202c–206b. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 213–222; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 163–168.
Platon, Theaitetos 206c–210a. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 223–235; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 168–178; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 267–288, 290 f.
Platon, Theaitetos 210a–d.
Myles Burnyeat: The Theaetetus of Plato, Indianapolis 1990, S. 8 f.
Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 48–52; Robin A. H. Waterfield (Übersetzer): Plato: Theaetetus, 2., ergänzte Auflage, London 2004, S. 159–163, 181–183; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 235; Ernst Heitsch: Überlegungen Platons im Theaetet, Stuttgart 1988, S. 44–47; Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten, Amsterdam 2003, S. 233 Anm. 109; Jane M. Day: The Theory of Perception in Plato’s Theaetetus 152–183. In: Oxford Studies in Ancient Philosophy 15, 1997, S. 51–80; Denis O’Brien: How Tall is Socrates? In: Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense, Prag 2008, S. 55–119, hier: 68–119.
David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 4 f.; Rosemary Desjardins: The Rational Enterprise, Albany 1990, S. 7 f.; Mary Louise Gill: Why Does Theaetetus’ Final Definition of Knowledge Fail? In: Wolfgang Detel u. a. (Hrsg.): Ideal and Culture of Knowledge in Plato, Stuttgart 2003, S. 159–173.
Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 15.
Dorothea Frede: The soul’s silent dialogue. A non-aporetic reading of the Theaetetus. In: Proceedings of the Cambridge Philological Society New Series 35, 1989, S. 20–49.
Eugenio Benitez, Livia Guimaraes: Philosophy as Performed in Plato’s Theaetetus. In: The Review of Metaphysics 47, 1993/1994, S. 297–328, hier: 299, 327 f.
Siehe dazu die Forschungsübersicht bei Rosemary Desjardins: The Rational Enterprise, Albany 1990, S. 8–13. Vgl. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 22 f.; David Bostock: Plato’s Theaetetus, Oxford 1988, S. 273 f.; Franco Trabattoni: Fondazionalismo o coerentismo? In margine alla terza definizione di ἐπιστήμη del Teeteto. In: Giuseppe Mazzara, Valerio Napoli (Hrsg.): Platone. La teoria del sogno nel Teeteto, Sankt Augustin 2010, S. 295–317.
Siehe dazu Ernst Heitsch: Überlegungen Platons im Theaetet, Stuttgart 1988, S. 9–17, 47–51; Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 31 f.; Catherine Osborne: Knowledge is Perception. A Defence of Theaetetus. In: Wolfgang Detel u. a. (Hrsg.): Ideal and Culture of Knowledge in Plato, Stuttgart 2003, S. 133–158, hier: 141–150; Robin A. H. Waterfield (Übersetzer): Plato: Theaetetus, 2., ergänzte Auflage, London 2004, S. 211–215, 235–237; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 233 f.
Übersichten über die Forschungsdebatten bieten Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 16–21 und Wolfgang Detel: Platons Beschreibung des falschen Satzes im Theätet und Sophistes, Göttingen 1972, S. 11–29. Siehe auch Denis O’Brien: How Tall is Socrates? In: Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense, Prag 2008, S. 55–119, hier: 70–78, 102 f., 118 f.; Franco Ferrari: Prädikate oder Ideen: Der ontologische Status der koina im Theaitetos. In: Aleš Havlíček, Filip Karfík (Hrsg.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense, Prag 2008, S. 160–179; Gokhan Adalier: The Case of Theaetetus. In: Phronesis 46, 2001, S. 1–37; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 234–236; Dennys Garcia Xavier: Con Socrate oltre Socrate. Il Teeteto come esempio di teatro filosofico, Casoria 2011, S. 55–66, 136–150 (Darstellung aus unitarischer Sicht); Henry Teloh: The Development of Plato’s Metaphysics, University Park 1981, S. 204–209 (Darstellung aus revisionistischer Sicht); Allan Silverman: Flux and Language in the Theaetetus. In: Oxford Studies in Ancient Philosophy 18, 2000, S. 109–152; Robin A. H. Waterfield (Übersetzer): Plato: Theaetetus, 2., ergänzte Auflage, London 2004, S. 239–246; Samuel C. Wheeler III: The Conclusion of the Theaetetus. In: History of Philosophy Quarterly 1, 1984, S. 355–365.
Siehe zu dieser Forschungsdebatte Lloyd P. Gerson: Knowing Persons, Oxford 2003, S. 194–238.
Gilbert Ryle: Plato’s Progress, Cambridge 1966, S. 14–17.
Anne Balansard: Enquête sur la doxographie platonicienne dans la première partie du Théétète, Sankt Augustin 2012, S. 9–15 (Forschungsübersicht).
Gilbert Ryle: Logical Atomism in Plato’s Theaetetus. In: Phronesis 35, 1990, S. 21–46.
Michael-Thomas Liske: Das veritative ‚ist‘ und der logische Atomismus in Platons Theaitetos. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 70, 1988, S. 147–166, hier: 162–166.
Siehe zu dieser Unterscheidung Klaus Döring: Sokrates, die Sokratiker und die von ihnen begründeten Traditionen. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Sophistik, Sokrates, Sokratik, Mathematik, Medizin (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 2/1), Basel 1998, S. 139–364, hier: 159f., 164. Vgl. David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 30–35; Zina Giannopoulou: Plato’s Theaetetus as a Second Apology, Oxford 2013, S. 40–47.
Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten, Amsterdam 2003, S. 243–253; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 100–103; Rachel Rue: The Philosopher in Flight: The Digression (172 C – 177 C) in Plato’s Theaetetus. In: Oxford Studies in Ancient Philosophy 11, 1993, S. 71–100.
Zina Giannopoulou: Socrates and Godlikeness in Plato’s Theaetetus. In: Journal of Philosophical Research 36, 2011, S. 135–148, hier: 136 f.; Thomas Alexander Szlezák: Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen, Berlin 2004, S. 121–124. Vgl. Maria Schwartz: Der philosophische bios bei Platon, Freiburg 2013, S. 245–248.
Anna Lännström: Socrates, the philosopher in the Theaetetus digression (172c–177c), and the ideal of homoiôsis theôi. In: Apeiron 44, 2011, S. 111–130.
Platon, Theaitetos 171a–b.
Platon, Theaitetos 171b.
Alexander Becker (Hrsg.): Platon: Theätet, Frankfurt am Main 2007, S. 293–295; Luca Castagnoli: Protagoras Refuted. In: Topoi 23, 2004, S. 3–32; Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 111–117; Richard Bemelmans: Why Does Protagoras Rush Off? Self-Refutation and Haste in Plato, Theaetetus 169a–171d. In: Ancient Philosophy 22, 2002, S. 75–86; Margarita Kranz: Das Wissen des Philosophen, Tübingen 1986, S. 22–25; Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im „Theaitet“, Göttingen 2001, S. 83–96; Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten, Amsterdam 2003, S. 239 f.; Zina Giannopoulou: Objectivizing Protagorean Relativism: The Socratic Underpinnings of Protagoras’ Apology in Plato’s Theaetetus. In: Ancient Philosophy 29, 2009, S. 67–88; Gail Fine: Relativism and Self-Refutation. In: Jyl Gentzler (Hrsg.): Method in Ancient Philosophy, Oxford 1998, S. 137–163.
Zur Diskussion dieser Frage siehe Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 282; Ludger Hellweg: Mathematische Irrationalität bei Theodoros und Theaitetos. Ein Versuch der Wiedergewinnung ihrer Theorien, Frankfurt am Main 1994, S. 5–87; Bartel Leendert van der Waerden: Erwachende Wissenschaft, 2., ergänzte Auflage, Basel 1966, S. 233–240; Walter Burkert: Weisheit und Wissenschaft, Nürnberg 1962, S. 439 Anm. 105.
Holger Thesleff: Theaitetos and Theodoros. In: Arctos 24, 1990, S. 147–159, hier: 151–153.
Árpád Szabó: Anfänge der griechischen Mathematik, München/Wien 1969, S. 69–111.
Myles F. Burnyeat: The Philosophical Sense of Theaetetus’ Mathematics. In: Isis 69, 1978, S. 489–513 (zur Forschungsgeschichte S. 490 f.). Vgl. Holger Thesleff: Theaitetos and Theodoros. In: Arctos 24, 1990, S. 147–159, hier: 154.
Michel Narcy: Théétète. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, Paris 2012, S. 686–700, hier: 687; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 1–3.
Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 232; Holger Thesleff: Platonic Patterns, Las Vegas 2009, S. 300.
Michel Narcy: Théétète. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, Paris 2012, S. 686–700, hier: 687 f.; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 232; Antonio Carlini: Il commento anonimo al ‚Teeteto‘ e il testo di Platone. In: Storia, poesia e pensiero nel mondo antico, Napoli 1994, S. 83–91, hier: 83–87; William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 5, Cambridge 1978, S. 62; Holger Thesleff: Platonic Patterns, Las Vegas 2009, S. 328 f.
Corpus dei Papiri Filosofici Greci e Latini (CPF), Teil 1, Bd. 1***, Firenze 1999, S. 466–474.
Corpus dei Papiri Filosofici Greci e Latini (CPF), Teil 1, Bd. 1***, Firenze 1999, S. 521–523 und Teil 3, Firenze 1995, S. 244–246.
Oxford, Bodleian Library, Clarke 39 (= „Codex B“ der Platon-Textüberlieferung).
Alexander Becker (Hrsg.): Platon: Theätet, Frankfurt am Main 2007, S. 382.
Anthony A. Long: Zeno’s epistemology and Plato’s Theaetetus. In: Theodore Scaltsas, Andrew S. Mason (Hrsg.): The Philosophy of Zeno, Larnaca 2002, S. 115–131.
Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 22; Alexander Becker (Hrsg.): Platon: Theätet, Frankfurt am Main 2007, S. 382 f.; Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Bd. 3, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, S. 200.
Diogenes Laertios 3,56–58.
František Novotný: The Posthumous Life of Plato, Den Haag 1977, S. 98 f.
Siehe dazu Corpus dei Papiri Filosofici Greci e Latini (CPF), Teil 3, Firenze 1995, S. 227–562 (mit kritischer Edition, Untersuchung sowie einer umfangreichen Bibliographie von Guido Bastianini und David N. Sedley).
Plutarch, Platonicae quaestiones 1. Zu Plutarchs Theaitetos-Rezeption siehe Harold Tarrant: Plato’s First Interpreters, Ithaca 2000, S. 173–175.
Alkinoos, Didaskalikos 2,2; 4,5; 28.
Gyburg Radke-Uhlmann: Philosophieunterricht und Hermeneutik im Neuplatonismus. In: Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.): Argumenta in dialogos Platonis, Teil 1, Basel 2010, S. 119–148, hier: 123–125.
Alexander Becker (Hrsg.): Platon: Theätet, Frankfurt am Main 2007, S. 386; David Sedley: The Midwife of Platonism, Oxford 2004, S. 62 f. und Anm. 11.
Hubert Merki: Ὁμοίωσις θεῷ. Von der platonischen Angleichung an Gott zur Gottähnlichkeit bei Gregor von Nyssa, Freiburg (Schweiz) 1952, S. 18–25. Zu Plotins Verhältnis zum Theaitetos siehe Sara Magrin: Plotin et la „doctrine secrète“. In: Dimitri El Murr (Hrsg.): La mesure du savoir, Paris 2013, S. 335–378, hier: 335–373.
Prolegomena zur Philosophie Platons 26, hrsg. von Leendert G. Westerink: Prolégomènes à la philosophie de Platon, Paris 1990, S. 40.
Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Bd. 3, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, S. 201.
František Novotný: The Posthumous Life of Plato, Den Haag 1977, S. 137.
František Novotný: The Posthumous Life of Plato, Den Haag 1977, S. 196 f.
Siehe zur Rezeption der Anekdote im christlichen Milieu Hans Blumenberg: Das Lachen der Thrakerin, Frankfurt am Main 1987, S. 42–56.
Die Einleitung ist herausgegeben von Burkhard Mojsisch: Marsilius Ficinus: In Theaetetum Platonis vel De scientia ad Petrum Medicem, patriae patrem, Epitome. In: Bochumer Philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter 1, 1996, S. 179–194 (anschließend S. 195–215 Übersetzung).
Benson Mates: Leibniz and the Phaedo. In: Akten des II. Internationalen Leibniz-Kongresses Hannover, 17.–22. Juli 1972, Wiesbaden 1973, S. 135–148, hier: 144.
George Berkeley: Siris 253, 304 f., 311, 348, 367.
Paul Shorey: What Plato said, Chicago 1933, S. 269.
Francis M. Cornford: Plato’s Theory of Knowledge, London 1935.
Myles Burnyeat: The Theaetetus of Plato, Indianapolis/Cambridge 1990.
Olof Gigon: Einleitung. In: Platon: Spätdialoge I (= Jubiläumsausgabe sämtlicher Werke, Bd. 5), Zürich 1974, S. V–LI, hier: XI, XIX.
Michel Narcy: Platon, Victor Cousin et la philosophie française. In: Michael Erler, Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.): Argumenta in dialogos Platonis, Teil 2, Basel 2012, S. 103–126, hier: 111–114, 118.
Paul Natorp: Platos Ideenlehre, 3. Auflage, Darmstadt 1961 (Erstveröffentlichung 1903), S. 97, 101, 111–113, 115 f. Vgl. zu Natorps Theaitetos-Interpretation Alan Kim: Plato in Germany, Sankt Augustin 2010, S. 104–114.
Ferdinand C. S. Schiller: Plato or Protagoras?, Oxford/London 1908.
Martin Heidegger: Vom Wesen der Wahrheit. Zu Platons Höhlengleichnis und Theätet (= Martin Heidegger: Gesamtausgabe, Bd. 34), Frankfurt am Main 1988, S. 149–158.
Martin Heidegger: Vom Wesen der Wahrheit. Zu Platons Höhlengleichnis und Theätet (= Martin Heidegger: Gesamtausgabe, Bd. 34), Frankfurt am Main 1988, S. 318–322.
Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen 46 f. Vgl. Ludwig Wittgenstein: Das Blaue Buch. Eine Philosophische Betrachtung (Das Braune Buch), Frankfurt am Main 1984, S. 121; Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus, Sankt Augustin 2004, S. 35 f
Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen 47–50.
Ludwig Wittgenstein: Das Blaue Buch. Eine Philosophische Betrachtung (Das Braune Buch), Frankfurt am Main 1984, S. 40 f.
Bertrand Russell: A History of Western Philosophy, New York 1945, S. 149–159.
Paul Feyerabend: Erkenntnis für freie Menschen, veränderte Ausgabe, Frankfurt 1981, S. 69.
Hans-Georg Gadamer: Mathematik und Dialektik bei Plato (1982). In: Hans-Georg Gadamer: Gesammelte Werke, Bd. 7, Tübingen 1991, S. 290–312.
Hans Blumenberg: Das Lachen der Thrakerin. Eine Urgeschichte der Theorie, Frankfurt am Main 1987, S. 1.
Terry Penner: The Wax Tablet, logic and Protagoreanism. In: George Boys-Stones u. a. (Hrsg.): The Platonic Art of Philosophy, Cambridge 2013, S. 186–220.
Friedrich Schleiermacher: Theaitetos. Einleitung. In: Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Über die Philosophie Platons, hrsg. von Peter M. Steiner, Hamburg 1996, S. 194–206, hier: 199.
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Platon. Sein Leben und seine Werke, 5. Auflage, Berlin 1959 (1. Auflage Berlin 1919), S. 405 f., 414 und Platon. Beilagen und Textkritik, 4. Auflage, Dublin/Zürich 1969 (1. Auflage Berlin 1919), S. 230–232, 235–237.
Olof Gigon: Einleitung. In: Platon: Spätdialoge I (= Jubiläumsausgabe sämtlicher Werke, Bd. 5), Zürich 1974, S. V–LI, hier: X.
Ernst Heitsch: Überlegungen Platons im Theaetet, Stuttgart 1988, S. 19, 30.
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(Red. Scott Ritter ist ein ehemaliger Offizier des US-Marine Corps, der auf verschiedenen US-Plattformen, nicht zuletzt auf der Plattform «Consortium News», immer wieder erklärt, warum Russland aufgrund der militärischen Situationden Krieg in der Ukraine gewinnen wird. Nun hat er sich auch zur Kriegsschuldfrage geäussert und er erklärt, wie sich Deutschlands Außenpolitik seit der Politik des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt doch geändert hat: Man erinnert sich an Brands Kniefall 1970 in Warschau. Scott Ritter heute wörtlich: «Mit der Entscheidung, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, durchbricht Olaf Scholz die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs selbst auferlegte Beschränkung der Rolle des Militärs in der deutschen Außenpolitik.»
Zitat: Zwei Tage vor dem Holocaust-Gedenktag vergangene Woche kündigte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz unter starkem Druck aus Washington und kriegsbefürwortenden Mitgliedern seiner eigenen Regierung an, dass Deutschland 14 Kampfpanzer des Typs Leopard 2A6 in die Ukraine schicken werde.
Auf Medienanfragen im Deutschen Bundestag erklärte Scholz: „Es ist richtig, dass wir in enger Abstimmung mit unseren internationalen Partnern die Ukraine unterstützen – finanziell, mit humanitärer Hilfe, aber auch mit Waffenlieferungen. Jetzt können wir sagen, dass wir und Großbritannien in Europa die meisten Waffen für die Ukraine zur Verfügung gestellt haben. Deutschland wird immer an vorderster Front stehen, wenn es um die Unterstützung der Ukraine geht.“
Zwei Tage später, auf ihrer eigenen Pressekonferenz, antwortete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa: „Wir alle erinnern uns, was deutsche Panzer sind. Das sind Maschinen, die zu einem Symbol wurden, nicht nur des Todes, nicht nur einer tödlichen Ideologie. Sie wurden zu einem Symbol für Menschenfeindlichkeit, für eine globale existenzielle Bedrohung des Planeten. Wenn man über den Nationalsozialismus und den Faschismus aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs liest, denke ich, dass diese SS-Uniformen und diese deutschen Panzer und diese Symbole des Dritten Reiches zu einem globalen Symbol für den Sturz der Menschheit in den Abgrund des Hasses, des Grauens und des Massakers geworden sind.“
Zakharova hatte noch mehr zu sagen: „Es waren genau die deutschen Panzer, die zu dem Symbol – dem Anti-Symbol, würde ich sagen – wurden, das für immer im Gedächtnis der ganzen Menschheit bleiben wird. Jetzt werden diese deutschen Panzer wieder auf unserem Land stehen. Was erwartet Berlin also? Dass diese gepanzerten Fahrzeuge, mit all ihren Symbolen damals und heute, durch unsere Dörfer und Siedlungen fahren? Wir erinnern uns an das Ende dieser Zeiten. Erinnert sich auch Berlin?“
Nach den schrecklichen Gräueltaten, die Nazi-Deutschland der Welt angetan hatte, waren viele der Meinung, dass Deutschland kein moralisches Recht mehr auf Existenz hatte.
Der Finanzminister von Präsident Franklin D. Roosevelt, Henry Morgenthau Jr., war einer dieser Menschen. Im Jahr 1944 verkündete er einen Plan, der später als „Morgenthau-Plan“ bekannt wurde und die Entmilitarisierung und Zerstückelung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg vorsah. „Es sollte das Ziel der alliierten Streitkräfte sein“, schrieb Morgenthau, „die vollständige Entmilitarisierung Deutschlands in der kürzest möglichen Zeit nach der Kapitulation zu erreichen. Dies bedeutet die vollständige Entwaffnung der deutschen Armee und des deutschen Volkes (einschließlich der Beseitigung oder Zerstörung allen Kriegsmaterials), die totale Zerstörung der gesamten deutschen Rüstungsindustrie und die Beseitigung oder Zerstörung anderer Schlüsselindustrien, die für die militärische Stärke grundlegend sind.“
Morgenthau hob das Ruhrgebiet als besonders wichtig hervor. „Hier liegt das Herz der deutschen Industriekraft, der Kessel der Kriege“, schrieb er. „Dieses Gebiet sollte nicht nur von allen gegenwärtig existierenden Industrien befreit, sondern so geschwächt und kontrolliert werden, dass es in absehbarer Zeit nicht wieder zu einem Industriegebiet werden kann.“
Morgenthau zielte nicht nur auf die industriellen Möglichkeiten ab, sondern auch auf das menschliche Potenzial, das diese aufrechterhält. „Allen Menschen in diesem Gebiet sollte klar gemacht werden, dass dieses Gebiet nicht wieder zu einem Industriegebiet werden darf. Dementsprechend sollten alle Menschen und ihre Familien in dem Gebiet, die über besondere Fähigkeiten oder eine technische Ausbildung verfügen, ermutigt werden, das Gebiet dauerhaft zu verlassen, und sie sollten so weit wie möglich verstreut werden“, sagte er.
Neues Sicherheitsmodell
Diese Geschichte scheint Armin Papperger, der Vorstandsvorsitzende der Rheinmetall AG, dem Hersteller des Leopard 2-Panzers, entgangen zu sein. Der Hauptsitz der Rheinmetall AG befindet sich in Düsseldorf, der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, dem Epizentrum des Ruhrgebiets, auf das der Morgenthau-Plan abzielte. Papperger und sein Rüstungskonzern sind die Profiteure der Zeitenwende-Politik von Bundeskanzler Olaf Scholz, die am 27. Februar 2022 – drei Tage nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine – mit großem Tamtam verkündet wurde. (Und der Aktienkurs der Rheinmetall stieg darauf innerhalb weniger Tage um 150 % ! Red.)
In dieser Rede wandte sich Scholz von den deutschen Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs ab, in denen der ungezügelte deutsche Militarismus in Zusammenarbeit mit der deutschen Industrie massive militärische Kapazitäten aufgebaut hatte, die dann mit einer aggressiven deutschen Außenpolitik verbunden wurden, die zu einem globalen Konflikt führte.
Scholtz verkündete nun die militärische Abschreckung als nationales Sicherheitsmodell für Deutschland, einschließlich einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die die Gewinnspannen von Unternehmen wie Pappergers Rheinmetall AG drastisch erhöhen würde.
Scholz‘ Zeitenwende, so Papperger, sei in der Tat eine Zäsur für Deutschland gewesen, die es vielen Deutschen ermöglicht habe, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs selbst auferlegten Beschränkungen für die Rolle des deutschen Militärs in der deutschen Außenpolitik zu überwinden. „Früher wurden wir beschimpft und manchmal bedroht“, sagte Papperger einem Reporter. „Heute sagen und schreiben mir die Leute: ‚Gott sei Dank, dass es Sie gibt.'“
Papperger zeigt sich unschuldig über die Rolle, die er und sein Unternehmen bei der Entsendung deutscher Panzer in die Ukraine gespielt haben. „Ich denke darüber nach, was Waffen anrichten können“, sagte er. „Aber ich denke auch darüber nach, was passieren kann, wenn man keine Waffen hat. Das sieht man ja gerade in der Ukraine.“
Scholz, Papperger und ihresgleichen täten gut daran, sich ein Beispiel am ehemaligen deutschen Bundeskanzler Willie Brandt zu nehmen. Im Bewusstsein der moralischen Verantwortung, die er gegenüber der Geschichte Deutschlands mit den Polen trug, legte er am Denkmal für die Helden des Ghettos in Warschau einen Kranz nieder. Doch Brandt verneigte sich nicht einfach nur, sondern kniete nieder, was heute als „Warschauer Kniefall“ bekannt ist, und verharrte dort für mehr als eine Minute.
Aus der symbolischen Handlung des „Warschauer Kniefalls“ entwickelte sich das, was als Ostpolitik bekannt wurde, der Prozess der Normalisierung der Beziehungen und der Öffnung zwischen Westdeutschland und „dem Osten“– Russland und den Nationen und Gebieten, die in ihrer Gesamtheit die Hauptopfer der gesetzlosen Angriffskriege Nazi-Deutschlands darstellten.
Elemente der Ostpolitik finden sich in der Politik der langjährigen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 16 Jahre lang an der Spitze der deutschen Regierung stand und schließlich 2021 nach den Wahlen zurücktrat, bei denen ihre Partei, die Christlich-Demokratische Union, von einer Koalition unter Führung des Sozialdemokraten Scholz und der Grünen-Chefin Annalena Baerbock besiegt wurde.
Merkel, die fließend Russisch spricht, warb offen für eine Politik, die auf der Förderung des Handels mit Russland aufbaut, und wies darauf hin, dass Deutschland angesichts seiner Größe den großen Nachbarn im Osten nicht einfach ignorieren könne.
Merkels Verrat
Doch Merkels Russlandpolitik hatte auch eine dunkle Seite, die sich in Form von Betrug und Verrat manifestierte, sowohl an Brandts Ostpolitik als auch an Russlands offensichtlich aufrichtiger Suche nach einer friedlichen Lösung für die Gewalt, die 2014 im Donbass ausgebrochen war, nachdem der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch durch einen prowestlichen Putsch abgesetzt und durch eine handverlesene, von ukrainischen Nationalisten dominierte Regierung ersetzt worden war. „Das Minsker Abkommen von 2014“, räumte Merkel kürzlich gegenüber deutschen Medien ein und bezog sich dabei auf ein Waffenstillstandsabkommen, das sie gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, dem französischen Präsidenten François Hollande und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgehandelt hatte, „war ein Versuch, der Ukraine Zeit zu geben“, um stärker zu werden.
Merkels Eingeständnis wurde sowohl von Poroschenko als auch von Hollande geteilt, die beide zugegeben haben, dass die Minsker Vereinbarungen kaum mehr als ein Täuschungsmanöver waren, um der NATO Zeit zu verschaffen, ein ukrainisches Militär aufzubauen, das in der Lage ist, die von Russland unterstützten Kräfte im Donbass zu besiegen.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Ankündigung des damaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014, dass „Deutschland bereit sein muss, sich früher, entschiedener und substanzieller in der Außen- und Sicherheitspolitik zu engagieren“, kaum mehr als die Ankündigung einer Politik, die Deutschland und Russland auf den Weg zum Krieg führen soll.
Die derzeitige deutsche Außenministerin Annalena Baerbock macht keinen Hehl mehr daraus, was die wahre Politik Deutschlands gegenüber Russland ist. In einer Grundsatzrede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg in Frankreich erklärte Baerbock letzte Woche: „Wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.„
Baerbock wollte Recht, Demokratie und Menschenrechte als Antwort auf „Russlands mörderischen Angriff auf die Menschen in der Ukraine“ verteidigen.
Baerbocks Ehrlichkeit widerspricht jedoch der erklärten Politik ihrer eigenen Partei, der deutschen Grünen, die in ihrem Manifest 2021, in dem sie ihre Positionen am Vorabend der Bundestagswahl darlegt, ausdrücklich ein Verbot des „Exports von Waffen und Rüstungsgütern“ in Kriegsgebiete forderte. „Deutschland sollte eine treibende Kraft bei der politischen Deeskalation von Konflikten sein“, heißt es in dem Manifest.
Die Heuchelei von Baerbock und den Grünen wird nur noch übertroffen von der Heuchelei von Scholz und vor ihm von Merkel, die beide einen Weg des deutschen Militarismus und außenpolitischen Aktivismus eingeschlagen haben – genau die Politik, die Deutschland in beiden Weltkriegen in die Katastrophe geführt hat.
Verlust der Eigenständigkeit
Es war diese politische Richtung, über die Sacharova sprach, als sie die deutschen Staats- und Regierungschefs auf ihrer Pressekonferenz am Sonntag beschwor, „nicht die gleichen Fehler der deutschen Vorfahren zu begehen, für die das deutsche Volk einen hohen Preis gezahlt hat.“
Sacharova blickte in die Kamera und wandte sich an das deutsche Volk: „Der Tag, an dem erlaubt wurde, dass Leopard-Panzer in die Ukraine geschickt werden, ist historisch, weil er das zementiert hat, worüber wir gesprochen haben, dass Deutschland seine Souveränität (zugunsten einer totalen Abhängigkeit von den USA, Red.) völlig verloren hat. Und Scholz hat gerade den Verlust der unabhängigen deutschen Außenpolitik für immer unterschrieben.“
Sacharova brauchte keine Hilfe, um ihren letzten Punkt zu bekräftigen – sie bekam alle Hilfe, die sie brauchte, von der US-Unterstaatssekretärin für politische Angelegenheiten Victoria Nuland, die während ihrer Aussage vor dem US-Senat am Freitag gegenüber dem texanischen Senator Ted Cruz prahlte: „Wie Sie bin ich, und ich glaube, auch die Regierung, sehr erfreut zu wissen, dass Nord Stream 2 jetzt, wie Sie gerne sagen, ein Stück Metall auf dem Meeresgrund ist.“
Nord Stream 2 war ein wichtiger Teil der kritischen Energieinfrastruktur, der gemeinsam von deutschen und russischen Unternehmen für mehr als 12 Milliarden US-Dollar gebaut wurde, um jährlich etwa 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland zu liefern. Am 26. September 2022 wurde die Nord Stream 2-Pipeline durch von Menschen verursachte Explosionen zerstört. Kein Land hat sich zu den Anschlägen bekannt, obwohl Russland die USA und Großbritannien beschuldigt. Nulands dreiste Äußerungen lassen vermuten, dass die Russen Recht haben.
Nulands Äußerungen kommen auf den Tag genau ein Jahr nach ihren ähnlichen Aussagen vor demselben Senatsausschuss. „Wir haben weiterhin eine starke, klare Kommunikation mit unseren deutschen Verbündeten“, sagte Nuland. „Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird Nord Stream 2 so oder so nicht vorankommen.“
Trotz extremer Zurückhaltung, der gleichen Zurückhaltung, die er gegenüber der Verschiffung der Leoparden zeigte, hat Scholz Nord Stream 2 im vergangenen Jahr kurz vor der Eröffnung abgeschaltet. Das war ein klares Bekenntnis zur Kapitulation der deutschen Souveränität vor den politischen Interessen der USA.
Schade für die deutsche Nation, die die Lehren aus ihrer Geschichte vergisst.
Meinungen in Beiträgen auf Globalbridge.ch entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Zum Original-Beitrag von Scott Ritter auf «Consortium News» hier anklicken.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
03.02.2023
Spieglein, Spieglein an der Wand – Scholz, Habeck, Baerbock und die feudale Eitelkeit
meinungsfreiheit.rtde.life, 3 Feb. 2023 06:45 Uhr, Von Dagmar Henn
Dass Baerbock in die Kamera blickt, als könne sie kein Wässerlein trüben, geschieht auf Kosten des Steuerzahlers. Auch wenn Habeck lässig die Wirtschaftskrise beiseite wedelt, berechnet sich die Gestaltung dieser Lässigkeit in Euro. Selbst Scholz lässt sich die Platte pudern.
Zitat: Es ist schon ein paar Tage her, dass herauskam, wie viel deutsche Spitzenpolitiker für die Pflege ihrer persönlichen Eitelkeit ausgeben. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beispielsweise ließ sich für über 136.000 Euro schminken. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz verbrauchte 39.900 Euro dafür, und eine weitere halbe Million für Leibfotografie. Der Fotograf hatte es auch Wirtschaftsminister Robert Habeck angetan, dessen schwiegersohngerecht in Szene gesetztes Antlitz 83.000 Euro kostete (Ursula von der Leyen hat in Brüssel sicher ebenfalls einen Haushaltsposten für den, der ihre Frisur betoniert).
Das wurde genüsslich berichtet, aber es wurde nicht zum Skandal. Zugegeben, die Kosten der Visagistin haben es auch schwer, sich gegen Baerbocks beiläufige Kriegserklärung durchzusetzen. Aber im Grunde haben beide Dinge dieselbe Wurzel.
Politisch müsste man erst einmal sagen, dass diese Art der Ausgaben nicht zulässig sein dürfte. Denn einen optisch guten Eindruck machen zu wollen, gehört zum Wahlkampf und nicht zur Ausübung eines politischen Amtes. Den Wahlkampf einzelner Personen in solchem Umfang aus der Staatskasse zu bestreiten, ist unzulässig. Und ob eine Außenministerin hübsch ist, wenn sie Staatsbesuche macht, ist reichlich unwichtig, sie sollte eher klug und diplomatisch sein; sicher, das ist bei Baerbock nicht zu haben, nur lässt sich dieses Loch durch keine Foundation überdecken. Fachliches Versagen bleibt fachliches Versagen. Und persönliche Eitelkeiten sind aus dem persönlichen Budget zu begleichen.
Wobei, wenn Frau Baerbock ihre Visagistin selbst zahlen müsste, bliebe von ihrem Ministerinnengehalt von 16.600 Euro im Monat nicht mehr allzu viel übrig. Vielleicht könnten die Damen ja die Rollen tauschen? Schlechter als Baerbock wird die Visagistin den Job auch nicht erledigen.
Nein, was daran wirklich unappetitlich ist, ist die Selbstverständlichkeit, mit der solche Sperenzchen staatlich finanziert werden. Und das hat wieder eines gemein mit Baerbocks Bademänteln und ihren verbalen Entgleisungen (der Allzeitkracher "es ist mir egal, was meine Wähler denken" hat ja schnell ernste Konkurrenz bekommen). Es ist die feudale Attitüde, das Aristokratische, das "l'état c'est moi"; die Selbstverständlichkeit, mit der sich da eine private Person auf einem Platz breitmacht, der einem Amt gehört.
Das edle Make-up ändert nichts an der völligen Verantwortungslosigkeit, mit der diese geschminkten Lippen vom Krieg gegen Russland plappern, und an der Leichtfertigkeit, mit der Handlungen vollzogen werden, die Einfluss auf das Leben von Millionen haben; die noch von einem Habitus unterstrichen wird, der ewige Sommerfrische oder Ferienhaus assoziieren soll, das Leben der Reichen und Schönen; die hingerotzte Verachtung für Verantwortung und damit für die Demokratie, wie sie auch die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin zeigt, mit ihren Diskoabenden, zwischen denen sie ihr Land mal eben in die NATO bugsieren will.
Immer und immer wieder ist da der Anspruch, etwas Besseres zu sein. Besser als der Pöbel. Wohlriechender. Und eben, weil man sich für etwas Besseres hält, mit diesem Pöbel auch verfahren zu dürfen, wie es einem eben in den Sinn kommt. Es ist mir egal, ob meine Wähler einen Krieg gegen Russland führen wollen.
Es ist gerade so, als wäre es etwas Unanständiges, wenn sie aussähen, als lastete da Verantwortung; wenn sie den Eindruck erweckten, als dächten sie nach vor dem Handeln. Sie können das nicht einmal verstehen, dieses Gefühl von Verantwortung, und was es mit einem Menschen macht. Deshalb ist es für sie so natürlich, den russischen Präsidenten Wladimir Putin als eine Art Dämon oder Finsterling zu sehen.
Wer nachdenkt, was er tut, und warum, wem man anmerkt, dass er all die anderen Menschen mitdenkt, die von diesem Tun betroffen sind, der kann nur böse sein. Gute Menschen sind ganz spontan und locker, und lassen sich vor dem Drücken des roten Knopfes noch mal schnell die Nägel machen. Gute Menschen machen sich keinen Kopf, wenn sie eben mal hunderttausend Ukrainer für "europäische Werte" verheizen. Und nur nicht nachfragen, was diese Werte bitte sein sollen. Das ist nicht gut für die Stirnfalten.
Es wirkt fast so, als wäre ihr ganzes Dasein in der Politik nur auf die persönliche Eitelkeit zurückzuführen; weil sie weder superreich sind, noch es zum Popstar geschafft haben, musste es eben die Politik sein, mit der kommt man auch ins Fernsehen und in die Zeitungen. Inhalte können es nicht gewesen sein. Die Bereitschaft, den Menschen des Landes zu dienen, auch nicht. Wo kämen wir denn da hin, Diener; wenn, dann schon Herr oder Herrin; und wirklich traurig, dass der Bückling so aus der Mode gekommen ist. Das letzte Mal, dass Deutschland in einem solchen Maß unter eitlen Minderbemittelten leiden musste, war vermutlich unter Wilhelm II.
Fast noch schlimmer ist allerdings, dass diese Herrschaften in Seelenruhe Skandale sammeln können, als seien es Briefmarken, und sie immer noch nicht zum Teufel gejagt werden, wenn das Dutzend voll ist; dass die Dreistigkeit dieses feudalen Gehabes keine Welle von Zorn auslöst. Schon die Art und Weise, wie Baerbock im Ausland kleine Kinder streichelt oder Wassereimer trägt, wirkt so, als wären Berichte des Goldenen Blatts ihr Vorbild, und sie spielte jetzt überall die besuchende Majestät. Und die letzten Reste selbst des Geists von 1848 sind so weit ausgetrieben, dass Prinzesschen und Möchtegernfürsten das Land fast widerstandslos in den Abgrund bugsieren können.
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03.02.2023
Polit-Star Baerbock? Die Fassade bröckelt
meinungsfreiheit.rtde.life, 2 Feb. 2023 20:19 Uhr,Von Gert Ewen Ungar
Seit ihrer "Kriegserklärung" an Russland ist es etwas stiller geworden um die deutsche Außenministerin. Sie schweigt sich aus, und selbst die deutschen Medien – bisher die größten Fans Annalena Baerbocks – gehen auf Distanz. Sie wird sich absehbar auch für ihre Ukrainepolitik verantworten müssen.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) in Straßburg kurz vor ihrer "Kriegserklärung" an Russland
Zitat: Sie hatte eigentlich Kanzlerin werden wollen. Die Zustimmungswerte zu den Grünen einige Monate vor der Bundestagswahl hätten das hergegeben. Die Grünen, geführt von Annalena Baerbock, waren auf dem Weg, stärkste Kraft in einer neuen Regierung zu werden. Falschangaben im Lebenslauf haben ihr und den Grünen dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Skandalbedingt sank vor der Bundestagswahl die Zustimmung zur ehemaligen Friedenspartei. Baerbock landete nicht im Kanzleramt, was wohl gut für Deutschland war. Sie landete im Außenministerium, denn sie kommt "vom Völkerrecht her", wie sie von sich selbst glaubt. Das war wiederum schlecht für Deutschland und Deutschlands Ansehen auf der Welt.
Inzwischen wird Baerbock selbst vom Koalitionspartner in die Ecke gestellt. Die Zustimmung zu Panzerlieferungen durch Bundeskanzler Olaf Scholz war mit dem Auswärtigen Amt gar nicht abgestimmt, wie aus Medienberichten hervorgeht. Baerbocks aggressive und undiplomatische Haltung, ihr unabgesprochenes Vorpreschen in Verbindung mit einer durchweg ideologischen und wenig pragmatischen Haltung scheint selbst dem Kanzler inzwischen unangenehm aufzustoßen. In der Folge wird das Außenministerium einfach übergangen.
Unmittelbar nach ihrer Einführung ins Amt im Dezember 2021 gab sich die frisch gekürte Außenministerin kämpferisch. Im Januar absolvierte sie ihren Antrittsbesuch in Russland, zog eine Schnute, mahnte in Russland die "Fressefreiheit" an und wurde nach allen Regeln der diplomatischen Kunst abserviert. Es war ihr erster und einziger Besuch in Russland, ihr erstes und einziges Zusammentreffen mit ihrem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow.
Die deutsche Außenministerin wurde ungeachtet ihres offenkundigen Scheiterns von den deutschen Medien mit viel Lob bedacht. In den deutschen Medien hatte Baerbock bisher ein gutes Standing. Das erklärt ihre Beliebtheit trotz des Ausbleibens politischer Erfolge. Baerbock wurde zum Polit-Star hochgeschrieben – ein relevanter Teil ihrer Wähler sitzt offenkundig in den Redaktionen deutscher Medien.
Ein Misserfolg, den sie allerdings nicht allein zu verantworten hat, war das Vorhaben, mit massiven Sanktionen Russland zu ruinieren. Bei der Pressekonferenz, bei der sie die Sanktionen der EU erläutert, ist der deutschen Außenministerin anzumerken, wie sie sich emotional leiten lässt. Offensichtlich hasst sie Wladimir Putin und auch ihren Kollegen Lawrow. Das macht sie für das Amt, das sie bekleidet, ungeeignet. Große Gefühle sind in der Diplomatie fehl am Platz. Man sollte trotz ganz grundlegend unterschiedlicher Ansichten miteinander reden können. Baerbock kann das nicht und wird damit zum Problem.
Der für 2022 für Russland prognostizierte Wirtschaftseinbruch im zweistelligen Bereich blieb dann auch aus. Die russische Wirtschaft kontrahierte zwar, aber deutlich geringer als erwartet beziehungsweise von Baerbock und Co. erhofft. Die nach Baerbocks Sprachregelung "präzedenzlosen Sanktionen" bescherten der russischen Wirtschaft nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Einbruch um 2,2 Prozent. Inzwischen hat der IWF seine Prognose für Russland für dieses und das kommende Jahr nach oben korrigiert. 0,3 Prozent wächst die russische Wirtschaft 2023 und 2,6 Prozent im Jahr 2024, sagt der IWF voraus. Damit ist die Prognose für Russland deutlich besser als für Deutschland, auf dessen Wirtschaft die Sanktionen zurückwirken. Das Sanktionsregime der EU, das Baerbock nicht nur mitträgt, sondern immer weiter forciert, wird für die deutsche Wirtschaft gefährlich. Es wirkt insgesamt undurchdacht und selbstmörderisch. Es drohen irreparable Schäden für den Standort Deutschland. Die Sanktionen stehen für Baerbock dennoch nicht in Frage.
Baerbock ist Außenministerin und reist daher viel. Von ihren Reisen bringt sie vor allem schöne Bilder mit. Erfolge kann sie nicht vorweisen. Ihr Hauptanliegen ist, den Ländern, die sie besucht, die deutsche Sprachregelung im Hinblick auf Russlands "brutalen Angriffskrieg" aufzuzwingen und sie dazu zu bringen, sich dem westlichen Sanktionsregime anzuschließen. Auch damit scheitert sie regelmäßig, und das aus gutem Grund. Die Sicht Baerbocks auf den Konflikt ist einseitig und verkürzt. Jeder außerhalb der medialen deutschen Blase weiß das.
Ihre Gesprächsverweigerung gegenüber Russland, die Absage an Verhandlungen und ihr Wille zur militärischen Eskalation des Konfliktes lassen Deutschland zudem als Konfliktpartei erscheinen. Deutschland ist an Frieden nicht interessiert. Niemand macht das so deutlich wie Baerbock.
Gleichzeitig zeichnen sich ihre Auftritte durch Belehrungen und Besserwisserei gegenüber den Gastgeberländern aus. Kultursensibilität, Respekt vor Traditionen und eine echte Akzeptanz von Vielfalt sind Baerbock fremd. Man soll auch im Ausland das denken, was und vor allem wie man in Deutschland denkt, und danach handeln. Baerbocks Außenpolitik ist von neokolonialem Geist getragen. Dass sie sich ständig veranlasst sieht, zu beteuern, das wäre nicht so, man suche die Begegnung auf Augenhöhe, verstärkt den Eindruck, dass es eben genau so ist.
Inzwischen nehmen selbst die größten Unterstützer Baerbocks von ihr Abstand: die deutschen Medien. Bereits am 21. Januar fragte der Tagesspiegel, der bisher nicht mit großer Kritik an den Grünen und vor allem nicht an Baerbock aufgefallen war: "Was macht eigentlich die Außenministerin?" und gibt ihr den Tipp, sie müsse eine "Generalin der Tat" werden.
Die Kritik ist umfassend: Baerbock habe bisher noch nicht einmal die zentralen Begriffe und Säulen ihrer Außenpolitik erklären können. Was "feministische Außenpolitik" sein soll, was genau die Kriterien für "wertegeleitete Außenpolitik" sind, erschließt sich nicht, meint der Autor des Meinungsbeitrags Stephan-Andreas Casdorff. Damit ist er nicht allein. Nach über einem Jahr in Amt ist es Baerbock nicht gelungen, diese Begriffe, die angeblich die tragenden Säulen ihres außenpolitischen Konzepts bilden, mit konkretem Inhalt zu füllen. Es sind und bleiben Phrasen und leere Worthülsen.
Heribert Prantl kritisiert in der Süddeutschen Zeitung Baerbocks Forderung nach einem Sondertribunal zur Verurteilung Putins. Selbst die Tagesschau, sonst im Verschweigen unangenehmer Meldungen immer große Meisterin, berichtet über die Absage, die die EU-Justizminister Baerbocks Tribunal-Vorschlag erteilt haben. Die Idee ist nicht nur unausgegoren, sondern würde ein internationales Zwei-Klassen-Recht schaffen, denn die Kriegsverbrechen westlicher Länder blieben nach Baerbocks Vorstellung ungestraft. Das Sondertribunal wäre nicht zuständig. Auch die Idee des Sondertribunals gegen Russland auf Grundlage ukrainischen Rechts verdeutlicht, wie sehr ein reaktionäres koloniales Denken Baerbock antreibt.
Dieses koloniale Denken wird auch in ihrer Ukrainepolitik deutlich. Es ist die Aufgabe der Ukraine, sich für westliche Werte und Demokratie in diesem Systemkonflikt zu opfern. Dafür bekommt das Regime in Kiew alle erdenkliche Unterstützung. So lässt sich Baerbocks Position zur Ukraine zusammenfassen. Sie steht damit in Deutschland sicherlich nicht allein, aber sie gehört zu den wichtigsten und kompromisslosesten Verfechtern dieser zynischen Eskalationspolitik. Diese Politik führt absehbar zur völligen Zerstörung der Ukraine und zu Hunderttausenden von toten Ukrainern für die Ziele einer seelenlosen, unethischen deutschen Außenpolitik. Der Ukraine wird sich die Außenministerin daher künftig zu verantworten haben.
Gestolpert ist sie im Moment wohl über ihre persönliche Kriegserklärung an Russland im Europarat. Da wurde deutlich, wie gefährlich die geistige Schlichtheit Baerbocks ist. Zwar versuchte das Auswärtige Amt noch Schadensbegrenzung mit einer sehr gewagten rhetorischen Volte: Wer Baerbocks Aussage zitiere, spiele der russischen Propaganda in die Hände.
Seitdem ist es still geworden. Baerbock ist seit ihrer "Kriegserklärung" abgetaucht. Vielleicht lernt sie in ihrer Klausur dazu. Vielleicht dämmert es ihr in ihrem Rückzug in die Stille, dass auch ihre bedingungslose Unterstützung des Kiewer Regimes ihr eines Tages schwer auf die Füße fallen wird. Vielleicht dämmert ihr auch, dass das Kiewer Regime zu unterstützen das Gegenteil von Solidarität mit den Ukrainern bedeutet. Vielleicht weiß sie das aber auch schon lange und findet das Sterben der ukrainischen Soldaten auf dem Schlachtfeld sowie die Zerstörung der Ukraine den Preis wert.
Der von Baerbock präferierte Kurs eines Siegs über Russland auf dem ukrainischen Schlachtfeld macht sie nämlich mitverantwortlich für das Sterben und den völligen staatlichen Zerfall des Landes. Sie wird sich dafür rechtfertigen müssen. Der militärische Teil des Konflikts nähert sich seinem Ende, und die Ukraine verliert ihn. Das wird für die EU, für Deutschland, aber auch für Baerbock als eine der lautstärksten Verfechterinnen dieser Politik Konsequenzen haben.
Hier zeigt sich auch der große Unterschied zu Baerbocks großem Vorbild Madeleine Albright. Die schied aus dem Leben, noch bevor sie hätte zur Rechenschaft gezogen werden können. Die historische Situation ist jetzt eine andere. Die geopolitische Machtverschiebung findet statt. Baerbock wird sich verantworten müssen. Man darf gespannt sein, mit welchen Argumenten sie dann ihre zynische Politik begründen wird.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
03.02.2023
Wie man Opfer zu Tätern macht
brandenburgerfreiheit.de, vom 29. Januar 2023
Am 10.01.23 wurde ein Rentnerehepaar (beide 77 Jahre) in Oranienburg zu mehrmonatigen Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Der Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im Rahmen einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen. Der Vorfall ereignete sich bereits ein Jahr zuvor in Hennigsdorf. Die aufwühlenden Ereignisse im Gerichtssaal waren für Michaela Klaukien Anlass zu einem sehr persönlichen und emotionalen Rückblick auf die Corona-Krise.
Es ist Januar 2023. Ich sitze im Amtsgericht Oranienburg im Saal 1 als Zuhörerin bei einer öffentlichen Verhandlung, in der ein Rentnerehepaar wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt auf einer Demonstration gegen die allgemeine Impfpflicht angeklagt wird. Ihnen wird vorgeworfen, drei Polizisten verletzt zu haben.
Die Frau ist Ärztin und praktizierte über lange Zeit in eigener Praxis. Auch ihr Mann ist für sein hohes soziales Engagement, bis weit über die Grenzen der Stadt Hennigsdorf hinaus bekannt. Beide haben ein aufregendes Berufsleben hinter sich, in dem sie der Gesellschaft gedient haben. Sie haben sich ein Leben lang um Opfer gegen Diktatur und Gewalt gekümmert und bekamen so ein bedeutendes gesellschaftliches Ansehen.
Die Verhandlung, die von ca. 20 Zuhörern aufmerksam und angespannt verfolgt wird, dauert über vier Stunden. Meine erste emotionale Regung spüre ich, als ich sehe, dass eine voll maskierte sehr junge Richterin, ohne ausreichend Lebens- und Berufserfahrung über zwei 77-jährige Menschen urteilen darf. Auslöser der vorgeworfenen Straftat war die Durchsetzung der Maskenpflicht während der Demonstration. Fünf junge Männer in Polizeiuniform werden sowohl als Geschädigte, als auch als Zeugen gehört.
Es sind vier Stunden Demütigung. Absurde, zum Teil lächerlich wirkende Aussagen der Polizisten werden gehört, vom Anwalt der Angeklagten hinterfragt und protokolliert. Ich frage mich, wo sind Zeugen, die für das Recht der beiden Rentner gehört werden könnten? Es ist nicht zu ertragen, mein Herz rast vor Empörung darüber, wie weit Rechtsprechung und Gerechtigkeit entfernt sind. Moral und Gerechtigkeit gibt es in dieser Verhandlung nicht, stattdessen darf eine Richterin mit ihrer Körpersprache ihre Verachtung gegenüber den Angeklagten und dessen Anwalt ausleben. Beide Rentner bewahren Contenance. Nur ihre Körper lassen von ihrer Aufgebrachtheit und emotionalen Erregung erahnen. Ich fühle mit Ihnen, was mich ab nun nicht mehr ruhig auf meinem Stuhl sitzen lässt. Ich sehe zwei starke Persönlichkeiten, die gerade durch die Justiz gebrochen werden sollen und fühle mich mit gedemütigt, verzweifelt und ohnmächtig.
Schilderungen darüber, dass vom Angeklagten die Maske nicht korrekt über die Nase gezogen wurde, führten dazu, dass der Angeklagte deshalb, erwähnenswerter Weise während der Auflösung der Demonstration, des Platzes verwiesen werden sollte. Durch seinen geleisteten Widerstand – er lief nicht mit den Beamten mit wie ein treuherziger Hund – wurde eine Polizeimaßnahme ergriffen, welche sich, ich zitiere wortwörtlich die Aussage eines Polizisten: „ bei Abführungen von Asylanten bewährt hat“, in deren Verlauf er durch mehrere Polizisten am Boden gefesselt wurde.
Die Richterin, mit ihrer schwarzen Maske, die sie bis kurz unter die Augen zog, konnte nicht besser ihre Befangenheit zu diesem Fall zum Ausdruck bringen. Sie zeigte während der gesamten Verhandlung keinerlei Interesse an Aufklärung. Die Verurteilung beider Rentner ist dermaßen unverhältnismäßig, nein, sie ist falsch und beruht meines Erachtens auf Unwahrheiten.
Meine emotionale Aufgebrachtheit veranlasste mich, kurz vor der Urteilsverkündung das Gespräch mit den gehörten Polizisten zu suchen, was diese auch zugelassen haben. Ich habe sie gebeten, sich bewusst zu machen, in welchem Ausmaß sie bei Einsätzen als Instrument der Politik agieren und ab welchem Moment sie als Mensch handeln. Ich bekam mit dem Gespräch die Möglichkeit, ihnen meine Wahrnehmung, meine Wahrheit und Sicht zu diesem Fall zu schildern. Und ich nutzte die Gelegenheit, um mein zum Teil zerstörtes Vertrauen in die Polizei zu begründen. Und vor allem machte ich meine Zeugenaussage von Angesicht zu Angesicht.
Wenn Emotionen eine Sprache bekommen
Irgendwann bekam ich ein metakognitives Signal und ich begann über mein Denken nachzudenken. Was löste in mir diesen Zustand der emotionalen Verwirrung aus, so dass ich ständig damit beschäftigt bin, meine Gedanken und Gefühle zu sortieren und zu reflektieren? Wann wurde mir bewusst, dass wir Menschen uns inmitten eines sozialen und gesellschaftlichen Chaos befinden?
Um mir diese Fragen beantworten zu können begann ich zu schreiben und blickte zunächst auf Ende des Jahres 2019…..
Schon längst besitze ich keinen Fernseher mehr und ein Radio benutze ich hauptsächlich um Musik zu hören. Auch Zeitungen habe ich nicht abonniert und trotzdem erreichen mich Nachrichten aus Deutschland und aller Welt… anscheinend die wichtigsten Geschehnisse. Und so erreichen mich auch Schlagzeilen und Bilder aus China. Ein „neuer“ Virus hat dort die Menschen befallen. Er heißt Corona. Videos, in denen Menschen in China auf den Straßen reihenweise umfallen bekomme ich gesendet. Meist lösche ich sie unkommentiert und wenn es mich zu sehr bedrängt bzw. irritiert, lösche ich sie mit dem Kommentar: „so eine Panikmache…was soll das?..“
Anfang 2020 hörte ich davon, dass erste Menschen in Deutschland nun auch mit dem Corona-Virus infiziert seien. Dann ging es Schlag auf Schlag…. Schulschließungen, Maskenpflicht, Grenzschließungen und Menschen, die einen schief anschauen oder gar Abstand nehmen, wenn man mal hustet, weil die Flimmerhärchen im Hals ihren Dienst leisten. Überall hat sich Corona aufgedrängt, es ist in aller Munde, so dass nun bei Treffen mit Familie und Freunden das Abkommen geschlossen wird, das Thema Corona auszusparen und es doch nie gelang. Es herrschen Maßnahmen zur Bekämpfung eines Virus in bisher unvorstellbaren Ausmaß. Aber wo sind die kranken Menschen? Ich kenne zu diesem Zeitpunkt keinen einzigen Menschen persönlich, der an dieser Grippe erkrankt ist und ich kenne keinen einzigen Menschen, der einen Menschen persönlich kennt, der an dieser Grippe erkrankt ist.
Mein Bauch sagt, hier scheint irgendwas nicht zu stimmen!
Ende 2020. Während ich mich in einer Ausbildung befinde, treffe ich regelmäßig auf andere gesunde Kommilitonen, auf intelligente Menschen, die sich nun ein Teststäbchen tief in die Nase schieben, um zu erkennen, ob sie krank oder gesund sind. Positiv ist plötzlich negativ. Gesunde Menschen wollen in einer Präsenz – Coaching – Ausbildung plötzlich ihre Module online fortsetzen. Dozenten aus Wien und München ziehen es aus Sicherheitsgründen vor, nicht nach Berlin zum Unterrichten in Präsenz zu kommen. Kommilitonen aus Hamburg, Palma de Mallorca, Mexico ziehen es aus Sicherheitsgründen vor, nicht nach Berlin zu kommen, sondern die Ausbildung stattdessen online fortzusetzen.
Mein Bauch sagt, hier stimmt doch irgendwas nicht!!
Es ist Frühjahr 2021. Negativ getestete Menschen sollen sich mit den Tragen von Masken vor Ansteckung schützen. Hier reicht eine OP Maske und 3 km weiter schützt nur noch eine FFP2 Maske. Verkäufer in Einkaufsmärkten werden abgestellt, um Menschen wie Schwerverbrecher zu stellen, die eine „falsche“ Maske tragen. Menschen beim Einkaufen geben sich als Mitarbeiter vom Gesundheitsamt aus, um andere Einkäufer zur Disziplin und Gehorsam zu ermahnen, weil die Maske nicht korrekt über die Nase gezogen wurde. Und längst sprechen wir von einer gefürchteten Spaltung zwischen Nachbarn, Kollegen, selbst zwischen Freunden und gar Familien. Wir sind in einen Werte -Clash geraten. Die gespaltenen Ansichten werden mit der sogenannten Impfung gegen SARS-COV2 immer deutlicher. Ich sehe wie Kommilitonen ihre Freude über den Austausch ihrer Impftermine teilen und erkenne, dass ich zu einer hinterfragenden Minderheit gehöre, die zwar gehört, aber nicht verstanden wird. Ich rede über ein starkes Immunsystem, über gesunde Ernährung und gesunde Lebensweise, über das Vertrauen in unser natürliches Abwehrsystem, über Durchseuchung des Volkes und ich frage, wer glaubt tatsächlich ein Virus bekämpfen zu können ? In diesem Kreis bleibe ich mit meiner Ansicht allein.
Juli 2021. Zwei Wochen nach Beendigung meiner Ausbildung erfahre ich vom plötzlichen und unerwarteten Tod einer mir liebgewonnenen 30-jährigen Kommilitonin. Schockstarre! Es ist unfassbar und ich fühle mich zu tiefst traurig. Sie war gesund, lebenshungrig, voller Elan und glücklich und musste jung sterben. Drei Wochen vor ihrem Tod, an einem der letzten Tage unserer Ausbildung kam sie morgens etwas später. Sie freute sich an diesem Tag darüber, dass sie ihre Impfung gegen SARS-COV2 erhielt.
Aus meinem engen und weiteren Bekanntenkreis erfuhr ich mehr und mehr von Todesfällen jüngerer Menschen; mehr, als von Corona – Erkrankten.
Mein Bauch sagt: Hier stimmt was nicht!!!
Ende 2021. 3-G Regel, 2-Regel. Ich werde ausgegrenzt, diskriminiert, mit meiner Meinung nicht mehr gehört und nicht akzeptiert. Der dadurch entstandene Verzicht war nicht groß, allerdings der Schmerz bei der Erkenntnis, von welchen Menschen ich umgeben bin! Jene Menschen, die unsere, die meine Gesellschaft bilden, in der ich lebe. Die Verabschiedung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die Diskussion um die allgemeine Impfpflicht machten nun all meine Zweifel, Enttäuschungen, Traurigkeit, Ärger und das Bedürfnis nach Gerechtigkeit, Frieden und Selbstbestimmung endgültig zum Widerstand.
Dezember 2021. Meine erste Demonstration für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung war in Oranienburg, zusammen mit über 2000 Menschen. Von nun an trug ich meinen Protest über die Corona – Politik auf die Straße. (Bild)
Januar 2022. An einem frostigen Freitagabend habe ich mich in Hennigsdorf einer Demonstration für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung sowie gegen die allgemeine Impfpflicht und vorherrschenden Corona – Maßnahmen angeschlossen. Das Tragen einer Maske unter freiem Himmel war während dieser Veranstaltung behördlich auferlegte Pflicht. Wir wurden von jungen übereifrigen Polizisten begleitet, die eigentlich hauptsächlich für die Sicherheit, während des Umzugs der Teilnehmer zu sorgen haben. Sie hielten es jedoch viel mehr für nötig die Teilnehmer permanent über Lautsprecher auf die Maskenpflicht hinzuweisen, was auf mich sehr provokativ wirkte. Am Ende des Umzuges, als sich die Versammlung auflöste, stand ich am Rand des Postplatzes, am Eingang des Einkaufszentrums, um auf meine Freundin zu warten, die noch zur Toilette ging, bevor wir uns auf den Heimweg machen wollten. In diesem Moment versammelten sich unmittelbar neben mir mehrere Polizisten mit einem älteren Herrn, der ihnen seine Personalien aushändigen musste. Ein junger Polizist, der mit dem älteren Herrn sprach, war sichtlich emotional erregt und wirkte auf mich alles andere als souverän. Immer wieder wurde der Herr von den Polizisten aufgefordert seine Maske aufzusetzen, währenddessen ich selbst unmittelbar daneben ohne Maske stand. Andere Polizisten sicherten den Bereich ringsherum, ein weiterer Polizist filmte diese Szene. Ich fragte mich, welche Gefahr die Polizisten sahen, um für mein Gefühl solch ein unangemessenes Aufgebot zu installieren. Nachdem sich der Herr ordnungsgemäß ausgewiesen hatte, ging er in Richtung Denkmal und die Polizisten in eine andere Richtung, als dann aber plötzlich der junge Polizist noch einmal sehr aufgeregt zu dem älteren Herrn wollte. Ich konnte sehen wie er von einem älteren Kollegen am Ärmel zurückgehalten wurde. Kurz darauf, nur Sekunden später, als ich Ausschau nach meiner Freundin hielt, richtete ich meinen Blick wieder zurück zum Postplatz zu lautem Geschrei. Ich sah, wie der ältere Herr plötzlich von den Polizisten zu Boden gebracht wurde und gewaltvoll gefesselt wurde. Eine Frau schrie: „Ich bin Ärztin, lassen sie meinen Mann los, er ist Bluter, jede Verletzung für ihn ist lebensgefährlich.“ Die ebenfalls ältere Frau wurde von Polizisten mit Gewalt zurückgehalten, so dass auch sie zu Boden fiel. Eine weitere anwesende Ärztin wurde ebenfalls von Polizisten so sehr zurück gedrängt, dass sie auf dem Rücken landete. Minuten vergingen, der ältere Mann lag immer noch auf dem eiskalten Boden und Polizisten knieten auf seinem Rücken. Etliche Polizisten umringten diesen Bereich und sicherten ihn ab, damit ihre Kollegen mit grober und gewaltvoller Vorgehensweise einen Rentner zu dritt fixieren und wie einen Schwerverbrecher abführen konnten. Sie hinterließen eher einen überforderten, als einen professionellen Eindruck. Mein Innerstes wollte dem Mann instinktiv zu Hilfe eilen und ihn retten. Mein Verstand sagte, damit greifst du die Staatsgewalt an und machst dich strafbar. Ich verstand die Welt nicht mehr und schrie stattdessen, zusammen mit anderen anwesenden Menschen: Pfui… schämt Euch!
Ich wollte am liebsten Polizisten angreifen um zu helfen. Mein Verständnis bisher war, wenn ich Hilfe brauche, um mein Leben fürchte, rufe ich die Polizei. Mein Verständnis bisher war auch, dass die Polizei für Deeskalation sorgt. Ab diesem Abend war nun alles anders!
Ich wusste: Hier stimmt was nicht!!!!
Ein Jahr später, im Januar 2023 wurden der ältere Herr und die ältere Frau, als gemeinschaftliches bandenmäßiges Gespann am Amtsgericht Oranienburg zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten bzw. 10 Monaten auf Bewährung, wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung dreier Polizeibeamter, verurteilt.
Sehr viele Menschen wissen längst: Hier stimmt was nicht! Schaut bitte hin und beendet das Schweigen!!!
Wir befinden uns NICHT im Krieg gegen Russland! Annalena Baerbock (Außenministerin, Bündnis 90/Die Grünen) war da anderer Meinung und erzählte, dass wir uns ian einem Krieg gegen Russland befinden würden. Eine solche Aussage kann zu einem dritten Weltkrieg führen! Olaf Scholz (Bundeskanzler, SPD) und unser neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (Verteidigungsminister, SPD) waren sich kurz nach dem Ramstein-Treffen einig: Vorerst keine Leopard 2 Lieferungen an die Ukraine. Der Druck von den Grünen und von der FDP war aber scheinbar so groß, dass man sich hat umstimmen lassen.
Andrij Melnyk (Vize-Außenminister der Ukraine) kam nach der Leopard 2 Meldung kaum noch aus dem Freudentaumel heraus und stellte gleich die nächsten Forderungen: Man brauche nun auch Kampfjets! Bitte, was? Wann werden die ersten deutschen Soldaten gefordert? Wann dürfen unsere Kinder in den Krieg ziehen? Wir sagen gemeinsam als Friedensbewegung: Unsere Kinder bekommt ihr nicht! Die Zahl der Menschen, die für den Frieden auf die Straße gehen, steigt rasant an. So auch in Aachen am 28. Januar 2023!
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
03.02.2023
Der perverse Ringtausch von Kampfpanzern auf Kosten der Menschen | Von Hermann Ploppa
apolut.net, vom Veröffentlicht am: 28. Januar 2023 | Anzahl Kommentare: 84 Kommentare
Ein Kommentar von Hermann Ploppa.
Frau Baerbock erklärt Russland den Krieg. Also schicken wir jetzt Kampfpanzer und demnächst selbstverständlich Kampfhubschrauber und schließlich auch Atomwaffen an die ausgelaugte Rumpf-Ukraine. Doch zunächst einmal knallen bei Rheinmetall und Konsorten die Sektkorken.
Heißa, das wird ein freudiges Wiedersehen bei der jährlich stattfindenden internationalen Rüstungsmesse IDEX in Abu Dhabi vom 19. bis zum 23. Februar <1>! Nachdem die diversen Rüstungs-Werbefachleute aus Politik, Wissenschaft und Industrie sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz vom 17. bis zum 19. Februar bereits Küsschen austauschend am Kalten Buffet angewärmt haben <2>, wird es dann in Abu Dhabi konkret: neue Waffensysteme werden präsentiert. Natürlich. Die Minister können schon mal Probetermine für die neuen Wunderwaffen verabreden. Oder auch schon mal Optionsverträge abschließen. Wie wäre es mit einer Prise Streubomben? Und zum Nachtisch abgereichertes Uran? Lange haben die Hersteller von großen Waffen neidisch auf ihre Kollegen von der Kleinkaliber-Industrie geschaut. Denn für Kleinwaffen gibt es immer was zu tun <3>. Allein im Jahre 2021 tobten mitten in der Corona-Lähmung immerhin stolze 355 bewaffnete Konflikte auf dieser Welt <4>. Für Hersteller von kleinen Distanzwaffen wie Heckler & Koch ein nie enden wollendes Festessen! Das schafft Arbeitsplätze! Wer will sich denn dieser kaufmännischen Vernunft widersetzen?
Aber in all diesen goldenen Zeiten für Kleinwaffendealer guckten die Hersteller von Großwaffen buchstäblich in die Röhre. Es gab bis zum Jahre 2022 einfach viel zu wenig offene Feldschlachten mit großem Mordgeschirr: Bodenraketen, Kettenfahrzeuge, schöne Granaten. Vor allen Dingen wichtig ist in dieser Branche, den Kaufinteressenten der diversen perversen Horror-Regierungen die Kampftauglichkeit des eigenen Produktes unter Beweis zu stellen. Die Besucher der IDEX in Abu Dhabi werden natürlich genau schauen, ob die angebotenen Spitzenprodukte der Todesindustrie das Prädikat combat proven tragen. Also das Zertifikat, dass sie sich in einem realen Krieg bewährt haben. Da sah das für unsere Freunde von der Großwaffengilde in letzter Zeit etwas mau aus. In Afghanistan herrscht jetzt Friedhofsruhe. Im Irak tut sich auch schon lange nichts Aufregendes mehr. Und in Syrien ist dank der Lufthoheit der russischen Flieger auch gerade tote Hose.
Das hat sich ja nun dank des Ukraine-Krieges grundlegend geändert. Jetzt konnten die heißen Krieger dank Elon Musks Starlink-Satelliten für längere Zeit ganz reale Panzerschlachten in Feinauflösung analysieren. Das Langweilige daran war nur: russische und ukrainische Familienväter saßen bislang in demselben Panzertyp: nämlich meistens im weltweit meistverkauften Panzer T-72, der noch zu Sowjetzeiten entwickelt, gebaut und vermarktet wurde. Doch die westlichen Panzer-Dealer wittern Morgenluft. Denn jetzt sind besonders die ukrainischen Panzervorräte soweit aufgebraucht, dass neu Panzer aus westlicher Fertigung endlich zum Zuge kommen. Man spricht von 7.500 zerstörten ukrainischen Panzern. Die Ukraine ist pleite. Also bezahlen wir Steuerzahler aus den NATO-Ländern die neuen ukrainischen Panzer westlicher Fertigung. Wir zahlen bekanntlich gerne und ohne mit der Wimper zu zucken. So gerne wie wir für die Freiheit frieren. Und füllen damit natürlich auch gerne die Kassen der einschlägigen Rüstungskonzerne. Die einschlägigen Konzerne: General Dynamics.
Lockheed Martin, Northrop Grumman, BAE Systems, Boeing, Ratheon, Rheinmetall, Diehl, Krauss-Maffei, Nexter und wie sie alle heißen, verzeichnen satte Kursgewinne. Und das schon länger. Denn selbstverständlich war der Ersatz der antiken T-72-Panzer auf ukrainischer Seite durch westliches Geschirr schon lange beschlossen. Es ist immer wieder nur eine Frage, wie man so etwas Unpopuläres den Menschen draußen im Lande verkaufen kann. Der Soziologe Roland Barthes sprach von der Serum-Methode: die da oben bringen schon mal eine richtig fette Provokation. Alle regen sich auf und mobilisieren gegen die Bedrohung. Dann passiert erst mal wieder eine ganze Zeit lang gar nichts. Und dann kommt die angedrohte Schweinerei mit einem Federstrich und ohne nennenswerten Widerstand aus der Bevölkerung. Ja, wo sind nach der Verkündung, dass Scholz die Lieferung von Leopard-Panzern aus eigenen Beständen und aus den Beständen anderer Länder genehmigt, die lautstarken Spontan-Demos gewesen? In München gab es wohl Straßenproteste. Aber sonst? Stumm wie die Fische im Aquarium. Dabei geht es um unser nacktes Überleben. Man hat eben ein gutes Kriegs-Marketing betrieben. Ich glaube, dass Scholz es mit seinem Widerstand ehrlich meinte. Aber das Sagen haben nun einmal grünschnäbelige Flügelstürmer im Auswärtigen Amt. Die dauerpubertäre Sprechpuppe, durch deren Mund mal eben das Tonband abgespielt wurde: „Wir befinden uns im Krieg mit Russland!“ Proteste? Aufschreie? Mir nicht bekannt. Ein bisschen Murren in den asozialen Medien. So what?
Ob es zu dem von Baerbock herbeigesehnten heißen Krieg kommt, entscheiden ja auch nicht wir Deutschen, sondern unsere Freunde und Helfer aus Wa(r)shington. Die bevorzugen die Paten-Methode. Sie wollen sich nicht die Finger schmutzig machen. Europa soll sich mal wieder im Bruder- und Schwesterkrieg selber zerlegen und schwächen. Das hatten wir ja schon mal in zwei vorangegangenen Weltkriegen. Bewährt sich doch. Oder? Und damit sind wir schon bei der aktuellen Panzerfrage. Panzer westlicher Bauart sollen ab jetzt an die Front geschickt werden. Beim Treffen in Ramstein am 20. Januar versprachen die NATO-Verbündeten der Ukraine auf die Schnelle 100 Panzer zu liefern. Und dann schrittweise immer mehr. Der Bedarf für einen echten Krieg gegen Russland erfordert mehrere tausend neue Panzer. Nachdem Frau Lambrecht aus dem Weg geräumt war, werden jetzt 14 Leopard-Panzer von der Bundeswehr abgezogen. Und nun beginnt tatsächlich ein Wettlauf von Panzerherstellern aus unterschiedlichsten Ländern. Alle wollen dabei sein, und ihren Panzern endlich ein aktuelles combat proven-Zertifikat verpassen lassen. Da rufen die Engländer: „Hier! Unser Challenger-2-Panzer soll auch dabei sein!“ Seltsamerweise will eigentlich keiner die englischen Challenger-Panzer haben. Es mutet schon etwas seltsam an, dass der Challenger 2 an seiner Heckpartie zwei Kraftstofftanks außen ohne Panzerung trägt. Könnte vielleicht schon für Taliban-Krieger in Sandalen ein leichtes Ziel sein. Auch die Vorder-Armierung ist lückenhaft. So ist es des Sandalen-Kriegern schon öfter gelungen, mit selbstgebastelten Bömbchen die Challenger-Panzer zu knacken. Aber dafür hat der Challenger eine Kaffe- und Teeküche. Der englische Gentleman-Panzerführer kann also in der offenen Feldschlacht ungestört seinen Five-O’-Clock-Tea zelebrieren. Neulich hat der französische Präsident Macron im Stil des klassischen Kriegs-Marketings verlauten lassen, der Einsatz des französischen Leclerc-Panzers sei „nicht mehr ganz auszuschließen“. Fragt sich nur, ob jemand den wenig kampferprobten französischen Leclerc-Panzer überhaupt haben will.
Dagegen wollen alle den Ukrainern den Leopard-2-Panzer Made in Germany andrehen. Da weiß man was man hat. Dem Hersteller Krauss-Maffei läuft schon das Wasser im Mund zusammen. Der „Leo“ ist ein altvertrauter Kampfgenosse seit den Zeiten als Helmut Schmidt noch Bundeskanzler war. Selbstverständlich wurde Leo seitdem immer wieder den neuesten technischen Entwicklungen angepasst. Die stählerne Großkatze von Krauss-Maffei ist für den Westen so ein Renner wie der sowjetische T-72-Panzer für den Osten. Bislang konnten 3.600 Stück in alle Welt verkauft werden. Ein Leo kostet heutzutage etwa sieben Millionen Euro. Dabei kam der Leo relativ selten in die Nähe von realen Kampfgebieten. Umso alarmierender waren die Befunde, als der Leo von der türkischen Armee auf syrischem Territorium gegen Kurden eingesetzt wurde. Reihenweise gingen die Leopard-2-Panzer in Syrien in Flammen auf. Bärtige Barfußkrieger erwiesen sich beim Leo wieder einmal als wahre Panzerknacker. Wieder einmal agierten die Gegner mit selbst gebastelten Wurfgeschossen, oder sie benutzten erbeutete russische Boden-Boden-Raketen. Diese Blamage des Leopard-2 hat man in westlichen Medien lieber nicht auf Seite eins berichtet. Aber ein Bericht im online-Magazin Telepolis spricht Klartext:
„Anderen Leopard 2 wurden den Fotos nach ein relativ schwach gepanzerter Unterboden und verletzliche Seiten zum Verhängnis. Das konnte anscheinend auch deshalb geschehen, weil das Munitionsmagazin (anders als beim russischen T-14 Armata) vorne links in einem dieser relativ schwach gepanzerten Bereiche untergebracht wurde. Schlägt eine Lenkwaffe dort ein, dann zerstört sie den Leopard 2 buchstäblich ‚mit seinen eigenen Waffen‘. Wie ein Judo-Kämpfer, der die Kraft des Gegners für sich nutzt.“ <5>
Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Panzer vielleicht nicht gerade als Garantieschein für eine ukrainische Rückeroberung der Krim-Halbinsel angesehen werden kann. Die russische Luftwaffe hat genug Erfahrung und genug Kenntnisse der Schwächen des Leo. Und so hat auch die polnische Regierung keine Probleme, sich in größerem Maßstab von den unsicheren Leopard-Beständen in ihren eigenen Streitkräften zu trennen. Polen will die Leo-Vorräte so schnell wie möglich komplett loswerden und hat bereits angefangen, das Heer mit K2 Black Panther-Panzern aus südkoreanischer Fertigung aufzufüllen. Insgesamt hat Polen einen Optionsvertrag über 1.000 Black Panther unterzeichnet, und will zudem auch noch etwa 200 Abrams M1-Panzer kaufen. Der koreanische Schwarze Panther ist vermutlich das modernste und effektivste Kriegsgeschirr für die Feldschlacht, das momentan auf dem westlichen Markt zur Verfügung steht. Das zynische Kalkül der polnischen Regierung: unter dem Deckmantel der Solidarität Schrott-Panzer in die Ukraine entsorgen und zulassen, dass die ukrainischen Panzerfahrer skrupellos verheizt werden in einer Schlacht gegen überlegene russische Kampfpanzer.
Und dann sind da noch die sagenhaften US-amerikanischen Abrams M1-Panzer. „Sleepy Joe“ Biden verkündete ja vor kurzem, auch die USA würden sich an der Selenski-Rettungsaktion mit insgesamt 31 Abrams-Panzern beteiligen. War schon überraschend. Denn das US-Verteidigungsministerium hatte sich bislang mit Händen und Füßen gegen eine milde Gabe von Abrams-Panzern an die Ukraine verwahrt. Dass die US-Regierung jetzt doch selber Panzer schicken will, hat wohl nur damit zu tun, dass Bundeskanzler Olaf Scholz gesagt hat: „Ich schicke nur Leos, wenn Ihr auch Abrams schickt!“ Die Abrams-Bescherung ist wohl nur eine symbolische Geste, damit Olaf Scholz nicht schon jetzt seinen Hut als Kanzler nehmen muss. Man braucht den Olaf noch ein bisschen. Dabei muss man sagen, dass das verteidigungspolitische Establishment in Washington durchaus rationale Gründe für eine Nicht-Entsendung des Abrams-Panzers vorzuweisen hat. Zum Einen war die Rede davon, dass das eine enorme logistische Herausforderung darstellt, diese Boliden nach Zentraleuropa zu verschiffen. Und dann müssen die ukrainischen Panzerfahrer zeitaufwendig ausgebildet werden. Nun, das ließe sich alles bei gutem Willen noch bewältigen. Aber hinzu kommt, dass Abrams kein gewöhnliches Dieselöl schluckt, sondern teures Kerosin, was sonst nur von Düsenflugzeugen verschlungen wird. Abrams nimmt auch andere Kraftstoffe, ist aber dann bei weitem nicht so leistungswillig wie eben mit Flugbenzin. Wo soll man das in der Ukraine so schnell hernehmen? Er schluckt 700 Liter Kerosin auf hundert Kilometer Strecke. Leo braucht „nur“ 520 Liter, und zwar gewöhnliches Dieselöl. Der Abrams hat übrigens, genau wie der britische Challenger-Panzer, eine Dorchester-Spezial-Ummantelung aus abgereichertem Uran. Strahlende Panzer sozusagen. Wer einen Abrams kaufen will, muss etwa neun Millionen Dollar auf den Tisch legen.
Die russische Propaganda macht sich derweil über Vadder Abraham lustig: er sei gar nicht wintertauglich. Will Abraham den Berg hochfahren, rutscht er gleich wieder runter. Außerdem sei Abrams mit seinen 55 Tonnen Gewicht zu schwer für den ukrainischen Matsch. Im Vergleich zu russischen Panzern stimmt das. Der T-72 wiegt gerade mal 41,5 Tonnen. Aber alle westlichen Panzer mit Ausnahme des Black Panther sind alle deutlich schwerer als der Abrams.
Aber der Hauptgrund, der dagegen spricht, den Abrams auch in der Ukraine einzusetzen, ist ein anderer: der Abrams ist im dritten Irak-Krieg im Jahre 2003 eingesetzt worden. Da ist ihm nichts Schlimmes passiert. Denn bevor die US-Landverbände im Irak einfielen, hatte die US-Luftwaffe die irakische Luftwaffe und Luftabwehr komplett vernichtet. In der Ukraine sieht das ganz anders aus. Hier haben die russischen Streitkräfte schon seit dem 24. Februar 2022 die ukrainische Luftwaffe vernichtet und kontrollieren jetzt den Luftraum über der Ukraine. Zudem hat die russische Seite beim elektronischen Krieg die Nase vorn. So können Funk-Kommunikationen der ukrainischen Seite jederzeit gestört werden. Von diesem Kommunikations-Blackout wären selbstverständlich auch die Abrams-Panzerfahrer betroffen. Die Strategen im Pentagon haben deswegen Angst, dass russische Fliegereinheiten die Abrams-Boliden genauso wegputzen könnten wie in Syrien die Leopard-Panzer. Das wäre ein sehr schlechter Eintrag in dem combat proven-Zertifikat bei der übernächsten Waffenmesse IDEX in Abu Dhabi im Jahre 2024! Von daher ist auch noch gar nicht raus, ob die USA tatsächlich ihre Abrams-Panzer in die große ukrainische Blamage schicken wollen, oder ob sich nicht doch noch passende Ausreden finden lassen um den Abram zu hause lassen zu können.
Wenn jetzt tatsächlich der Wettstreit westlicher Panzer-Anbieter in der Ukraine losbrechen sollte, ist ein großes Chaos vorhersagbar. Das wäre für den Westen eine große Blamage, aber für die Menschen, die noch in der Ukraine geblieben sind, eine noch größere Tragödie als sie sich jetzt schon vor unseren Augen abspielt. Sollte dabei Deutschland weiterhin eine lebenswichtige logistische Schlagader des NATO-Krieges bleiben, wird sich die russische Seite irgendwann gezwungen sehen, auch deutsche Ziele anzugreifen. Es bleibt uns nichts anderes übrig als massiv auf die Straße zu gehen und auch im Alltag immer wieder für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen und für die sofortige Aufnahme von Verhandlungen zwischen den kriegführenden Parteien einzutreten. Die Spaltungen in der Friedensbewegung müssen sofort beendet werden. Es geht um unser aller Überleben.
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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Das russische Außenministerium hat auf eine Presseanfrage zu den Möglichkeiten einer Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt geantwortet.
Zitat: Westliche Politiker und Medien behaupten, dass Russland Verhandlungen über eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konfliktes ablehnt. Das ist bekanntlich gelogen, denn es war Kiew, das die im März 2022 laufenden Verhandlungen abgebrochen und im April 2022 verkündet hat, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen. Zusätzlich hat der ukrainische Präsident Selensky etwas später Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret unter Strafe gestellt. Unabhängig davon, wen man für den Ukraine-Konflikt verantwortlich macht, ist es unbestreitbar, dass es Kiew und nicht Moskau ist, das Verhandlungen ablehnt.
Im Anschluss an die Übersetzung der Presseanfrage und der Antwort des russischen Außenministeriums werde ich noch einmal die Chronologie des Entstehung des Konfliktes und des Abbruchs der Verhandlungen durch Kiew im April 2022 zeigen.
Beginn der Übersetzung:
Frage: Jeder Konflikt endet mit Verhandlungen. Mit wem ist derzeit auf ukrainischer Seite ein Dialog grundsätzlich möglich? Mit wem kann man reden – gibt es auf der Seite echte Verhandlungsführer? Werden europäische Staats- und Regierungschefs in Verhandlungen einbezogen? Und können wir den Europäern, die uns betrogen haben und stolz darauf sind, überhaupt vertrauen? Wer kann in der gegenwärtigen Situation als Garant auftreten? Wem kann man trauen?
Antwort: Der Standpunkt Russlands zu Verhandlungen mit der Ukraine ist bekannt. Sie wurde von Sergej Lawrow ausführlich erläutert, unter anderem auf der Pressekonferenz am 18. Januar über die Ergebnisse der russischen Diplomatie im Jahr 2022.
Wir möchten daran erinnern, dass wir bereits im Februar und April 2022 Gespräche mit Kiew geführt haben. Kiew bat unmittelbar nach Beginn der Militäroperation darum, setzte den Dialog dann aus und ließ unsere Vorschläge vom 15. April 2022 unbeantwortet. Später hat Selensky die Wiederaufnahme der Kontakte juristisch verboten, indem er am 30. September 2022 ein Dekret über die „Unmöglichkeit“ von Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten erließ. Wir haben wiederholt bekräftigt, dass wir für Verhandlungen offen sind, die nun natürlich den neuen geografischen und politischen Gegebenheiten Rechnung tragen müssen.
Was die europäischen Staats- und Regierungschefs betrifft, so ist nach Merkels und Hollandes selbstentlarvenden Geständnissen über den wahren Zweck des Minsker Abkommens von 2015 praktisch kein Vertrauen mehr geblieben. Wir erinnern uns noch gut daran, wie die EU-Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich als Teilnehmer des Normandie-Formats, mehr als acht Jahre lang systematisch die Geschehnisse im Donbass ignoriert und Kiews Sabotage seiner Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen geduldet haben. Sie gaben vor, nicht zu bemerken, dass die ukrainischen Streitkräfte und nationalistischen Einheiten täglich Völkermord begingen, indem sie die zivile Infrastruktur im Donbass beschossen, wodurch Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet wurden. Sie haben auch nicht bemerkt, dass alle Russen in der Ukraine totaler Diskriminierung ausgesetzt werden, obwohl sie bei bilateralen Kontakten auf direkte Fragen die Unzulässigkeit der Verletzung der Rechte bestimmter Kategorien von Menschen in der Ukraine eingeräumt haben.
Die Betrogenen sind letztlich die Bevölkerungen Westeuropas und der Ukraine, die ihren Politikern naiv geglaubt haben, die behaupteten, dem Frieden verpflichtet zu sein. Tatsächlich geschah nichts dergleichen, sondern das Ziel war es, Zeit zu gewinnen und dem neonazistischen Kiewer Regime die Möglichkeit zu geben, sich auf einen Krieg vorzubereiten.
Wenn es um die Fähigkeit geht, mit dem Westen Vereinbarungen zu finden, haben die EU und die USA leider die Kultur der Diplomatie und des Verhandelns verloren. Sie versuchen, allen etwas aufzuzwingen, um einseitig Vorteile zu erlangen, ohne die Interessen der anderen Seite zu berücksichtigen. Aus diesem Grund haben sie die Vorschläge, die wir im Dezember 2021 zu Sicherheitsgarantien vorgelegt haben, nicht so ernst genommen, wie nötig. Sie haben sich dafür entschieden, auf Kosten der Stabilität und der Sicherheit auf dem europäischen Kontinent enorme politische, wirtschaftliche, militärische und menschliche Ressourcen in eine offene Konfrontation mit Russland zu werfen.
Wir haben den gleichberechtigten Dialog mit den europäischen Partnern und die Suche nach Wegen zur Lösung von Sicherheitsproblemen nie aufgegeben. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es früher oder später politische Kräfte in Europa geben wird, die sich von ihren eigenen nationalen Interessen und nicht dem Wunsch leiten lassen, jemandem „jenseits des Ozeans“ zu gefallen. Dann wird es auch jemanden geben, mit dem man eine Einigung finden kann.
Ende der Übersetzung
Die Chronologie der Eskalation
Nun will ich zur Erinnerung noch einmal die Chronologie der Eskalation in der Ukraine aufzeigen.
Anfang Dezember 2019 fand der letzte Normandie-Gipfel in Paris statt. Selensky kam danach zurück nach Kiew und verkündete seinen Leuten hinter verschlossenen Türen, dass er das Abkommen von Minsk nicht umsetzen wird. Allen Beteiligten in der Ukraine war damit klar, dass ein Krieg mit Russland unvermeidbar geworden war und Kiew begann mit konkreten Kriegsvorbereitungen. Das hat der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexej Danilow, im August 2022 in einem Interview offen erzählt.
Im Januar 2021 wurde Joe Biden US-Präsident. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Trump, der keine Eskalation in der Ukraine wollte, gab Biden Selensky grünes Licht. Daraufhin begann Selensky im Februar 2021 gegen die Opposition vorzugehen, woraufhin der Chef der größten Oppositionspartei unter Hausarrest gestellt und alle oppositionellen Medien wurden verboten wurden.
Im März 2021 setzte Selensky die neue Militärdoktrin der Ukraine in Kraft, in der ein Krieg mit Russland mit dem Ziel festgeschrieben wurde, die Krim gewaltsam zurückzuerobern und den Konflikt im Donbass gewaltsam zu entscheiden.
Mitte April 2021 verkündete die Biden Regierung den Abzug aus Afghanistan bis zum 11. September.
Im April und Mai 2021 stand die Ukraine kurz vor einem Krieg mit Russland, wurde aber von den USA noch einmal zurückgepfiffen. War der Grund, dass die US-Truppen noch in Afghanistan und damit verwundbar waren, oder dass die USA die Ukraine nicht so umfänglich unterstützen konnten, solange sie noch in Afghanistan gebunden waren?
Im August 2021 fand die überstürzte Flucht der NATO- und US-Truppen aus Afghanistan statt.
Während Kiew die Situation im Donbass ab Ende 2021 wieder eskaliert hat und die NATO ihre Truppenpräsenz in der Ukraine unter dem Vorwand von Manövern und Ausbildungsmissionen erhöht hat, haben Deutschland und Frankreich das Minsker Abkommen im November 2021offiziell beerdigt, worüber es in westlichen Medien allerdings keine Berichte gab.
Die Russland-Sanktionen wurden, wie Politico im Oktober 2022 berichtet hat, bereits mindestens ab November 2021 in Gesprächen zwischen Washington und Brüssel vorbereitet. Das war drei Monate vor dem Beginn der russischen Intervention in der Ukraine und just zu dem Zeitpunkt, als Berlin und Paris das Minsker Abkommen beerdigt haben. Dass die Abkehr vom Minsker Abkommen zum Krieg in der Ukraine führen würde, war den Entscheidungsträgern in Washington und Brüssel (und wahrscheinlich auch in Berlin und Paris) offenbar klar, weshalb sie parallel die entsprechenden Sanktionen vorbereitet haben. Afghanistan war Vergangenheit und damit hatten die USA die Hände frei für einen neuen Konflikt.
Im Dezember 2021 forderte Russland von den USA und der NATO ultimativ gegenseitige Sicherheitsgarantien und den Abzug der NATO-Truppen aus der Ukraine und erklärte, dass es im Falle einer Ablehnung gegenseitiger Sicherheitsgarantien gezwungen sei, „militärtechnisch“ zu reagieren. Damit war klar, dass Russland auf weitere Bestrebungen, die Ukraine in die NATO zu ziehen, militärisch reagieren würde. Das war der Moment, in dem allen verantwortlichen Politikern bewusst war, dass eine Ablehnung von Verhandlungen mit Russland zu einem Krieg in der Ukraine führen würde. Der Krieg und all das Elend hätte verhindert werden können, wenn die USA bereit gewesen wären, einen neutralen Status der Ukraine dauerhaft zu akzeptieren und zu garantieren.
Am 8. Januar 2022 wurde Scott Miller zum US-Botschafter in der Schweiz berufen. In einem Interview vom November 2022 erzählte er ganz offen, dass die USA „Geheimdienstinformationen über die Invasion“ gehabt hätten und er diese sofort, also Anfang Januar 2022, der Schweizer Regierung gezeigt hätte. Da die Gespräche zwischen Russland und den USA über die Frage, ob es zu Verhandlungen über die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien kommen würde, zu diesem Zeitpunkt noch liefen, belegt die Aussage von Miller, dass die USA bereits beschlossen hatten, nicht in Verhandlungen einzutreten und sich der Folgen, nämlich der russischen Intervention in der Ukraine, in vollem Umfang bewusst waren. Miller bestätigte damit außerdem indirekt den Bericht von Politico darüber, dass die Sanktionen schon Monate vorher ausgearbeitet wurden, was Bundeskanzler Scholz und andere westliche Politiker später auch bestätigt haben, als sie sagten, dass die Russland-Sanktionen „von langer Hand vorbereitet“ waren.
Ende Januar 2022 wurde in den USA das Lend-Lease-Gesetz für die Ukraine eingebracht, über das bei seiner Einreichung in den Kongress geschrieben wurde:
„Mit diesem Gesetzentwurf wird vorübergehend auf bestimmte Anforderungen im Zusammenhang mit der Befugnis des Präsidenten, Verteidigungsgüter zu verleihen oder zu leasen, verzichtet, wenn die Verteidigungsgüter für die ukrainische Regierung bestimmt sind und zum Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine vor der russischen Militärinvasion erforderlich sind“
Das bestätigt ein weiteres Mal, dass die USA sich bereits auf den Krieg vorbereitet haben, während sie offiziell noch immer mit Russland über mögliche Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien gesprochen haben, denn das Gesetz zur Unterstützung der Ukraine gegen die „russische Militärinvasion“ wurde einen Monat vor der russischen Intervention in den Kongress eingebracht.
Fast gleichzeitig mit der Einreichung des Gesetzes haben die USA und die NATO Ende Januar 2022 die von Russland vorgeschlagenen Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien abgelehnt.
Am 19. Februar 2022 hat Selensky auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter dem Applaus der hochrangigen westlichen Zuhörer die atomare Bewaffnung der Ukraine angedroht. Damit war das russische Eingreifen nicht mehr zu verhindern, denn dass sich die Ukraine, die in ihrer Militärdoktrin offen einen Krieg gegen Russland vorbereitet hat, sich dazu auch noch mit Rückendeckung des Westens nuklear bewaffnen könnte, war für Russland eine inakzeptable Bedrohung der eigenen Sicherheit.
Am 21. Februar 2022, also nur zwei Tage später, hat Putin die Donbass-Republiken anerkannt und Beistandsabkommen mit ihnen geschlossen. In seiner Rede dazu hat Putin Kiew deutlich vor den Folgen einer weiteren Eskalation gewarnt. Kiew hat den Beschuss auf zivile Ziele im Donbass danach aber noch einmal demonstrativ erhöht.
Am 24. Februar2022 hat Putin in einer weiteren Rede den Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine verkündet.
Am 29. März 2022 gab es bei Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau einen Waffenstillstand. Kiew selbst machte dabei den Vorschlag, die Krim als russisch anzuerkennen und eine Verhandlungslösung für den Donbass zu finden. Darüber hinaus hat Kiew zugesagt, keine ausländischen Truppen mehr in seinem Land zu stationieren und nicht NATO-Mitglied zu werden. Ein EU-Beitritt der Ukraine war hingegen möglich. Außerdem erklärte Russland als Zeichen des guten Willens, seine Truppen aus der Region Kiew abzuziehen, was westliche Medien sofort als militärische Niederlage Russlands umdeklarierten, obwohl der russische Rückzug ohne Kampfhandlungen stattgefunden hat.
Am 3. April 2022 erschienen die Meldungen von angeblichen Massakern der russischen Armee in Butscha, die sich jedoch schnell als False-Flag-Operation herausstellten. Dennoch wurde Butscha als russisches „Verbrechen“ bezeichnet und in den Medien breit behandelt, während die mögliche Verhandlungslösung, die nur Tage zuvor erreicht worden war, kein Thema in den Medien war.
Großbritannien ist ebenfalls nicht auf die erreichte Verhandlungslösung eingegangen, sondern hat der Ukraine stattdessen am 8. April 2022 Militärhilfe in Höhe von 100 Millionen Pfund für die Fortsetzung des Kampfes gegen Russland versprochen.
Einen Tag später, am 9. April 2022, reiste der britische Premierminister Johnson nach Kiew und sprach mit Selensky, der das ukrainische Angebot im Anschluss an diese Gespräche zurückzog und stattdessen verkündete, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen.
Am 30. September 2022 hat der ukrainische Präsident Selensky Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret und Strafe gestellt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
03.02.2023
Offizielle Zahlen: Hohe Impfquote korreliert mit hoher Sterblichkeit
Herausgegeben von Stefan Korinth, Paul Schreyer und Ulrich Teusch
Zitat: Prof. Stefan Homburg hat die offiziellen deutschen Daten zur Sterblichkeit in den einzelnen Bundesländern für die Jahre 2021 und 2022 analysiert und in Beziehung zu den jeweiligen Corona-Impfquoten gesetzt. Multipolar veröffentlicht seine Untersuchung. Die Ergebnisse belegen noch keine Kausalität, sind aber ein weiteres dringliches Sicherheitssignal. STEFAN HOMBURG,
Deutschland ist für Forscher interessant, weil es zu den föderalen Staaten gehört. Infolge einheitlicher Sprache und eines einheitlichen Rechtssystems sind Vergleiche zwischen Bundesländern zuverlässiger als internationale Vergleiche. Dieser Vorteil lässt sich auch zur Klärung der weltweit umstrittenen Frage nutzen, ob die neuartigen (mRNA- und Vektor-) Impfstoffe, die zur Bekämpfung der Coronaerkrankung eingeführt wurden, ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil haben. Bekanntlich darf man bei der Beurteilung von Arzneien nicht nur darauf schauen, ob sie die gewünschte Wirkung erzielen, sondern muss diese gegen unerwünschte Nebenwirkungen abwägen. Ein Krebsmittel etwa, das mehr Krebspatienten tötet als rettet, dürfte wegen seines ungünstigen Nutzen-Risiko-Profils nicht zugelassen werden. Bei der Coronaimpfung kann es analog nicht darauf ankommen, wie sie die Zahl der sogenannten Coronatoten beeinflusst. Entscheidend ist vielmehr, ob sie die Gesamtsterblichkeit erhöht oder senkt. Diese Studie nutzt den Umstand, dass die deutschen Bundesländer in unterschiedlicher Intensität geimpft haben, um sich einer Antwort anzunähern.
Impfstoffhersteller und Behörden bezeichnen die neuartigen Coronaimpfstoffe als wirksam und sicher. Sofern die damit behauptete Kausalität besteht, müsste die Sterblichkeit in Bundesländern mit hoher Impfquote niedriger sein; beide Größen müssten also negativ korrelieren. Die vorliegende Arbeit wurde durch Medienberichte motiviert, die einen negativen Zusammenhang zwischen regionaler Impfquote und regionaler Sterblichkeit tatsächlich annehmen und sich dabei auf eine Presseerklärung der EHA Jena nebst eindrucksvoller Grafik vom Januar 2022 stützen. Allerdings ist die zugrundeliegende wissenschaftliche Arbeit weder als Artikel noch als Preprint erschienen. Nachfragen bei den Autoren blieben unbeantwortet. Im Folgenden wird der empirische Zusammenhang zwischen Sterblichkeit und Impfquote für den gesamten Zeitraum 2021 bis 2022 untersucht, um Zufallsausreißer auszuschließen.
Regionale Sterblichkeit
Das Statistische Bundesamt stellt unter diesem Link Sterbefälle nach Bundesländern zur Verfügung, und zwar getrennt für die vier Altersgruppen 0 bis 64 Jahre, 65 bis 74 Jahre, 75 bis 84 Jahre sowie ab 85 Jahren. Die unterste und die oberste Altersgruppe sind für eine Analyse wenig brauchbar, da Kinder und Jugendliche viel seltener sterben als 64-Jährige; dasselbe gilt beim Vergleich 85- bzw. 100-Jähriger. Daher werden im Weiteren nur die Altersgruppen 65 bis 74 Jahre sowie 75 bis 84 Jahre berücksichtigt. Bevölkerungszahlen nach Bundesländern und Altersjahren erhält man unter diesem Link in Tabelle 12411-0012. Dabei wurden für die noch nicht bekannten Daten aus Dezember 2022 Schätzwerte verwendet. Dividiert man die Sterbefälle eines Jahres durch den Bevölkerungsstand am Jahresanfang, erhält man Sterberaten. Diese Normierung ist wichtig, da die Bevölkerung in den oberen Altersklassen seit Jahren massiv zunimmt und in den unteren Altersklassen eher zurückgeht. Anders als Übersterblichkeiten oder Lebenserwartungen setzen die hier verwendeten Sterberaten keine Modellannahmen voraus, die bei Strukturbrüchen wie der Coronakrise ab 2020 durchaus diskutabel erscheinen, sondern sind rein deskriptive Maße.
Im betrachteten Zeitraum 2021 und 2022 variierten die Sterberaten der Bundesländer in der Altersgruppe 65 bis 74 Jahre zwischen 1,6% in Baden-Württemberg (BW) und 2,1% im Saarland (SL) und Sachsen-Anhalt (ST). In der Altersgruppe 75 bis 84 Jahre lagen die Sterberaten zwischen 4,3% in Baden-Württemberg und 5,3% im Saarland. Die Rangfolge der Bundesländer ist nicht starr, sondern je nach Betrachtungszeitraum verschieden, da Hitze- und Infektionswellen als wichtige finale Todesursachen oft regional begrenzt auftreten.
Regionale Impfquoten
Das Robert-Koch-Institut (RKI) stellt unter diesem Link Impfquoten zur Verfügung, die nach Bundesländern und Altersgruppen aufgeschlüsselt sind. Die oberste Gruppe umfasst Personen im Alter ab 60 Jahren. Der Datenstand zum 30.12.2022 wird im weiteren als Näherungsgröße für die Impfquoten der 65- bis 74-Jährigen bzw. der 75- bis 84-Jährigen verwendet, die sich vermutlich nicht stark unterscheiden, da sie allesamt als vulnerabel deklariert wurden. Ende 2022 lag der Anteil grundimmunisierter (oder nach früherer Terminologie: vollständig geschützter) Personen an der regionalen Ü60-Bevölkerung zwischen 84 Prozent in Sachsen (SN) und 98 Prozent in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass das RKI die Daten nicht nach dem Wohnort gliedert, sondern nach dem Impfort. Da die Stadtstaaten als Oberzentren für die angrenzenden Flächenländer fungieren, werden ihre Impfquoten tendenziell überhöht sein. Die vom RKI für Bremen in der Altersgruppe 18 bis 59 Jahre ausgewiesene „Impfquote“ von 100,7 Prozent belegt das. Aus diesem Grund beschränkt sich die folgende Analyse auf die dreizehn Flächenländer. Unter ihnen weisen das Saarland (SL) mit 93,7 Prozent und Nordrhein-Westfalen (NW) mit 91,1 die höchsten Impfquoten auf.
Impfungen und Gesamtsterblichkeit
Nach diesen Vorüberlegungen kann nun die Frage nach dem Zusammenhang zwischen regionaler Impfquote und regionaler Sterblichkeit beantwortet werden. Das folgende Streudiagramm zeigt auf der Ordinate die durchschnittlichen Sterberaten 2021/22 der Flächenländer für die Altersgruppe 65 bis 74 Jahre. Auf der Abszisse sind die oben definierten Impfquoten abgetragen. Die schwarze Trendlinie verdeutlicht, dass zwischen der Impfintensität und der Sterberate ein positiver Zusammenhang besteht; der Korrelationskoeffizient beträgt +0,19. Je höher also die regionale Impfquote, desto höher die regionale Sterberate.
Abb. 1: Sterberaten und Impfquoten 65 bis 74 Jahre.
In der Altersgruppe 75 bis 84 Jahre ist der Zusammenhang ausgeprägter. Die Sterberaten sind hier natürlich durchgehend höher. Aber auch die positive Korrelation zwischen Impfquote und Sterberate fällt mit +0,28 höher aus als im vorstehend betrachteten Fall.
Abb. 2: Sterberaten und Impfquoten 75 bis 84 Jahre.
Die hiesige Studie umfasst den gesamten Zeitraum Anfang 2021 bis Ende 2022, um kurzfristige Artefakte und insbesondere „dry tinder“ Effekte auszuschließen. „Dry tinder“ bezeichnet die empirische Regularität, dass auf Jahre hoher Sterblichkeit oft Jahre geringer Sterblichkeit folgen, da starke Hitze- oder Infektionswellen viele anfällige Menschen dahinraffen, die damit aus der Population herausfallen; dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt. Durch Herausgreifen kurzer Zeiträume lassen sich sowohl positive als auch negative Korrelationen stützen, die wenig Aussagekraft haben.
Gleichwohl sei abschließend ein Blick auf das Jahr 2022 geworfen, um die Wirkung dritter und vierter Impfungen zu analysieren, die 2021 noch kaum verabreicht wurden. In den Gruppen 65 bis 74 Jahre bzw. 75 bis 84 Jahre betragen die Korrelationen zwischen Doppelboosterquote und Sterberate +0,04 bzw. -0,01. Anders als bei der Grundimmunisierung besteht also so gut wie kein Zusammenhang mit der Sterberate. Auch hier könnte ein „dry tinder“ ursächlich sein, wonach anfällige Personen, die 2021 infolge der Erst- oder Zweiimpfung verstarben, aus der Population herausfielen und als Sterbekandidaten im Jahr 2022 nicht mehr verfügbar waren.
Fazit
Für die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen sind diejenigen beweispflichtig, die sie zulassen, in Verkehr bringen und Menschen zur Verwendung veranlassen. Der politische Rückhalt der neuartigen Impfstoffe beruht auf der Kausalitätsbehauptung „Impfen schützt“, die eine negative Korrelation von Impfquote und Sterblichkeit impliziert. Gefunden wurde beim Vergleich der deutschen Flächenländer im Gesamtzeitraum 2021 bis 2022 aber eine positive Korrelation, die den Verdacht nahelegt, dass unerwünschte Nebenwirkungen der Impfungen mögliche positive Wirkungen überwiegen könnten. Dieser Befund spricht gegen einen wie immer gearteten direkten oder indirekten Impfzwang. Vielmehr sollte die Impfentscheidung dem einzelnen überlassen bleiben. Freilich beschränkte sich die Analyse auf die Altersgruppen 65 bis 74 bzw. 75 bis 84 Jahre, für die geeignete Daten verfügbar waren, und besagt nichts über das Nutzen-Risiko-Profil bei Jüngeren sowie bei Personen ab 85 Jahren. Man kann vermuten, dass die Bilanz bei den wenig gefährdeten Jungen ungünstiger ausfällt als in den betrachteten Altersgruppen.
Über den Autor:Prof. Dr. Stefan Homburg, Jahrgang 1961, hat Volkswirtschaftslehre, Mathematik und Philosophie studiert, habilitierte 1991 in Volkswirtschaftslehre und ist Professor der Leibniz Universität Hannover i.R. Von 1997 bis 2021 war er dort Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen. Als parteiloser Wissenschaftler hat er alle im Bundestag vertretenen Parteien beraten, unter anderem bei Anhörungen des Finanzausschusses, des Haushaltsausschusses und des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags. Im April 2020 veröffentlichte er in der WELT den Artikel: „Warum Deutschlands Lockdown falsch ist – und Schweden vieles besser macht“, im Mai 2020 dann im Handelsblatt den Text: „Nicht Lockerungen müssen begründet werden, sondern die Fortdauer der Beschränkungen“. Er schreibt: „Als aufgeklärter Bürger lasse ich mir nicht von angeblichen Experten diktieren, wie ich zu denken habe, sondern bilde mir eine eigene Ansicht und verbreite sie.“ Homburg ist Autor des Buches Corona-Getwitter. Auf Twitter hat er über 80.000 Follower.
Der Umstand, dass die Altersgruppe 55-65 nicht berücksichtigt wurde spricht Bände. In meinem persönlichen beruflichen und privaten Umfeld kenne ich aus dieser Altersgruppe zwölf Todesfälle im Zusammenhang mit DER Impfung. Alle! waren gesund und starben plötzlich ohne Vorwarnung. Bei den älteren Jahrgängen tritt vermehrt Krebs und SARS auf und dann gibt es noch sicherheitshalber den Booster. Wenigstens "beendete" das die Leidenszeit.
Prof. Dr. Stefan Homburg äußert sich auch in diesen Beitrag wieder in seinem unaufgeregten Stil, in dem er immer wieder mal zum Themenbereich zu hören und zu lesen ist. Eine vorbildliche Herangehensweise trotz der klar herausgearbeiteten gravierenden Fragestellung, ob nämlich die unterschiedlichen Quoten an mit den experimentellen Injektionen misshandelten Menschen - aufgeschlüsselt nach Bundesländern - nicht als ein Warnsignal verstanden werden müssen, das auf tödliche „Nebenwirkungen“ der „Impfkampagne“ hindeutet und behördlich vordringlich untersucht werden muss.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hingegen sieht Anlass für seine ganz unbelegte Vermutung, dass Herzerkrankungen wie Myokarditis und vermehrter Immunschwäche die Folge mehrfacher Corona-Infektionen seien. Anders als der Paniker Karl Lauterbach ist Stefan Homburg auch dann ohne Maske zu sehen, wenn eine Kameralinse in Sichtweite ist.
Stefan Homburg ist als vormalig reputierlicher Experte für die Mainstream-Medien bei letztgenannten in Ungnade gefallen. Damit erging es ihm wie vielen Zeitgenossen, die couragiert und beharrlich abweichende Meinung zu umstrittenen Themenbereichen äußerten. Mit der Veröffentlichung in den neuen Medien, hier bei Multipolar, ist er eine Art Pontifex Maior zwischen den medialen Blasen einer gespaltenen Gesellschaft, die ihre Kontroversen nicht mehr respektvoll und unter Einhaltung der darauf fußenden Spielregeln auszutragen vermag.
Wenn schon der Pontifex Maximus in Rom, der zum vermeintlich volksnahen Franziskus umgeflaggte argentinische Jesuit auf dem Stuhl Petri, als Kollaborateur der skrupellosen selbsternannten Machteliten unterwegs ist, schätze ich den Professore Homburg desto mehr, zumal er auch gelegentlich seinen Humor einfließen lässt. Als weggelaufener Messdiener kommt mir in den Sinn: Gratias agimus tibi propter magnum gloriam tuam.
Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Schweden trotz ähnlicher "Impf"-Quote diese Übersterblichkeit nicht hat, weshalb auch die Panikmache und die Maßnahmen die großen verantwortlichen Faktoren sein könnten, die es ja in Schweden so nicht gab. Die Unterschiede in den Bundesländern sind trotzdem erklärbar. Die Menschen dort haben schlicht verschieden auf die Panikmache und die Maßnahmen reagiert. In Sachsen z.B. haben sich viele nicht an das Kontaktverbot gehalten, außerdem haben sich viele von der durch die Medien geschürten Angst gar nicht erst beeindrucken lassen. Angst, und zwar Dauerangst, macht krank bzw. krankheitsanfällig.
Herausgegeben von Stefan Korinth, Paul Schreyer und Ulrich Teusch
Will Putin ein Imperium errichten – oder die Souveränität und Existenz Russlands sichern? Diese Frage, von deren Antwort die Bewertung des Krieges abhängt, wird in den großen Medien weiterhin kaum diskutiert. Wohl, weil jeder die Antwort schon zu kennen glaubt. Doch diese Gewissheit kann politisch verheerend sein. Eine Spurensuche.
Am 27. Februar 2022, drei Tage nach Kriegsbeginn, erklärte Bundeskanzler Scholz im Bundestag (Video), dass der russische Präsident den Angriff gegen die Ukraine „aus einem einzigen Grund“ führe: „Die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer stellt sein eigenes Unterdrückungsregime infrage.“ Putin wolle daher „ein unabhängiges Land von der Weltkarte tilgen“, „die Verhältnisse in Europa nach seinen Vorstellungen grundlegend neu ordnen“ und „ein russisches Imperium errichten“.
Auf dieser Argumentation des Bundeskanzlers fußt die deutsche Politik seither, die in dieser Woche schließlich in dem Beschluss kulminierte, nun doch schwere Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Deutsche Panzer rollen wieder gegen Russland, wie zuletzt in den Jahren 1941 bis 1945.
Die Scholzsche Argumentation steht im Einklang mit der Interpretation der USA, sie gleicht ihr bis aufs Wort. Sie ist jedoch schlecht bis gar nicht belegt. John Mearsheimer, Jahrgang 1947 und einer der international renommiertesten Politikwissenschaftler, hat darauf im Juni 2022 in einem ausführlichen Essay hingewiesen:
„[Putin] werden imperiale Ambitionen nachgesagt – er wolle die Ukraine und andere Länder erobern, um ein Großrussland zu schaffen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit der ehemaligen Sowjetunion aufweist. Mit anderen Worten: Die Ukraine ist Putins erstes Ziel, aber nicht sein letztes. (…) Dieses Narrativ wird zwar immer wieder in den Mainstream-Medien und von praktisch allen westlichen Staatsoberhäuptern wiederholt, aber es gibt keine Beweise dafür. (…) Um zu belegen, dass Putin die gesamte Ukraine erobern und Russland einverleiben wollte, muss erstens nachgewiesen werden, dass er dies für ein erstrebenswertes Ziel hielt, zweitens, dass er es für ein realisierbares Ziel hielt, und drittens, dass er dieses Ziel zu verfolgen beabsichtigte. Es gibt keine Beweise dafür, dass Putin am 24. Februar, als er seine Truppen in die Ukraine schickte, in Erwägung zog, geschweige denn beabsichtigte, die Ukraine als unabhängigen Staat zu beenden und sie zu einem Teil von Großrussland zu machen. (…)
Man könnte argumentieren, dass Putin über seine Motive gelogen hat, dass er versucht hat, seine imperialen Ambitionen zu verschleiern. Ich habe ein Buch über Lügen in der internationalen Politik geschrieben und für mich ist klar, dass Putin nicht gelogen hat. Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse ist, dass Staatsoberhäupter sich nicht oft gegenseitig anlügen, sondern eher ihre eigene Bevölkerung. Was Putin anbelangt, so ist er, was auch immer man von ihm halten mag, nicht dafür bekannt, andere Staatsführer zu belügen. Obwohl einige behaupten, dass er häufig lügt und man ihm nicht trauen könne, gibt es kaum Beweise dafür, dass er ausländische Zuhörer belogen hat. (…) Er hat nicht ein einziges Mal angedeutet, dass er die Ukraine zu einem Teil Russlands machen will. Sollte dieses Verhalten Teil einer gigantischen Täuschungskampagne sein, so wäre dies ohne Beispiel in der Geschichte. (…)
Erst als im Februar 2014 die Ukraine-Krise ausbrach, begannen die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten plötzlich, Putin als gefährlichen Führer mit imperialen Ambitionen und Russland als ernsthafte militärische Bedrohung zu bezeichnen, die es einzudämmen gelte. Was hat diese Verschiebung verursacht? Diese neue Rhetorik sollte einem wesentlichen Zweck dienen: den Westen in die Lage zu versetzen, Putin für den Ausbruch der Unruhen in der Ukraine verantwortlich zu machen. Und jetzt, da sich die Krise in einen ausgewachsenen Krieg verwandelt hat, muss unbedingt sichergestellt werden, dass er allein für diese katastrophale Wendung der Ereignisse verantwortlich gemacht wird. Dieses Schuldzuweisungsspiel erklärt, warum Putin heute hier im Westen weithin als Imperialist dargestellt wird, obwohl es kaum Beweise gibt, die diese Perspektive stützen.“
Mearsheimers Erörterungen wurden von den großen Medien in Deutschland nahezu vollständig ignoriert – also nicht etwa angegriffen oder gar widerlegt, sondern schlicht totgeschwiegen. Einer der wenigen amtierenden Akteure, der aus dieser Phalanx ausbrach, war der französische Staatspräsident Macron, der Anfang Dezember 2022 erstmals forderte, Russland Sicherheitsgarantien zu geben und so zu einem Friedensschluss zu kommen:
„Einer der wesentlichen Punkte, auf die wir eingehen müssen, (...) ist die Furcht, dass die NATO an die Türen Russlands heranrückt, und die Stationierung von Waffen, die Russland bedrohen könnten. (…) Deswegen müssen wir ausarbeiten, wozu wir bereit sind, wie wir unsere Partner und Mitgliedstaaten schützen – und wie wir Russland Garantien geben, sobald es an den Verhandlungstisch zurückkehrt.“
Macrons Aussage bedroht das herrschende westliche Erklärungsmuster im Kern. Wenn es gerechtfertigt, ja sogar geboten ist, Russland Sicherheitsgarantien zu geben, dann folgt daraus, dass eine existenzielle Bedrohung Russlands durch die NATO keine Fantasie Putins ist – wie gemeinhin in Politik und Medien erklärt –, sondern faktische Realität. Es folgt daraus dann auch, dass Putins Feldzug gegen die Ukraine tatsächlich mit russischen Sicherheitsinteressen zu erklären ist, und nicht mit etwaigen imperialen Ambitionen.
Wenig überraschend wurde Macrons Vorstoß umgehend unter Beschuss genommen. Beispielhaft reagierte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid:
„Die Worte Macrons verwundern. Die Nato hat zu keinem Zeitpunkt Russland bedroht (…) Solange Russland eine imperialistische Außenpolitik verfolgt, ist eine gesamteuropäische Friedensordnung unter Einschluss Russlands nicht möglich.“
Macron verfolgte seinen Vorschlag nicht weiter, sondern reihte sich wieder in die NATO-Position ein und kündigte Anfang Januar Panzerlieferungen an die Ukraine an.
Putin selbst hatte am Tage des Kriegsbeginns die Motivlage Russlands so erläutert:
„Ich beziehe mich auf das, was uns besonders beunruhigt und besorgt, die fundamentalen Bedrohungen, die Schritt für Schritt, Jahr für Jahr, von unverantwortlichen Politikern im Westen gegen unser Land gerichtet werden. Ich beziehe mich auf die Ausdehnung des NATO-Blocks nach Osten, auf die Nähe seiner militärischen Infrastruktur zu den Grenzen Russlands. Es ist bekannt, dass wir seit 30 Jahren hartnäckig und geduldig versuchen, mit den führenden NATO-Ländern eine Einigung über die Grundsätze der gleichen und unteilbaren Sicherheit in Europa zu erzielen. Als Antwort auf unsere Vorschläge sind wir immer wieder entweder auf zynische Täuschungen und Lügen oder auf Druck und Erpressungsversuche gestoßen, während sich das Nordatlantische Bündnis trotz all unserer Proteste und Bedenken immer weiter ausdehnt. Die Kriegsmaschinerie ist in Bewegung und, ich wiederhole das, sie kommt sehr nahe an unsere Grenzen heran. (...)
Trotz allem haben wir im Dezember 2021 erneut versucht, mit den USA und ihren Verbündeten eine Einigung über die Sicherheitsgrundsätze in Europa und über die Nichterweiterung der NATO zu erzielen. Alles umsonst. Der Standpunkt der USA hat sich nicht geändert. Sie halten eine Einigung mit Russland in dieser für uns wichtigen Frage nicht für notwendig, sie verfolgen ihre eigenen Ziele und setzen sich über unsere Interessen hinweg.
Und natürlich stellt sich in dieser Situation die Frage: Was ist als nächstes zu tun, was ist zu erwarten? Wir wissen aus der Geschichte, dass die Sowjetunion 1940 und Anfang 1941 alles getan hat, um den Ausbruch des Krieges zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Dazu gehört auch, dass man buchstäblich bis zur letzten Minute versucht, den potenziellen Angreifer nicht zu provozieren, indem man die notwendigsten und naheliegendsten Schritte zur Vorbereitung auf die Abwehr des unvermeidlichen Angriffs nicht durchgeführt oder aufgeschoben hat. Und die Schritte, die schließlich unternommen wurden, waren katastrophal verspätet.
Infolgedessen war das Land auf den Einmarsch Nazi-Deutschlands, das am 22. Juni 1941 ohne Kriegserklärung unser Land angriff, nicht vollständig vorbereitet. Der Feind konnte gestoppt und dann vernichtet werden, allerdings zu einem kolossalen Preis. Der Versuch, dem Aggressor am Vorabend des Großen Vaterländischen Krieges zu gefallen, war ein Fehler, der unser Volk teuer zu stehen kam. In den ersten Monaten der Kämpfe haben wir große, strategisch wichtige Gebiete und Millionen von Menschen verloren. Wir werden einen solchen Fehler nicht ein zweites Mal machen, dazu haben wir kein Recht. (…)
Das Problem besteht darin, dass auf den an uns angrenzenden Gebieten – wohlgemerkt auf unseren eigenen historischen Territorien – ein 'Anti-Russland' geschaffen wird, das unter vollständige Kontrolle des Auslandes gestellt, von den Streitkräften der NATO-Länder intensiv entwickelt und mit den modernsten Waffen vollgepumpt wird. Für die USA und ihre Verbündeten ist die sogenannte Politik der Eindämmung Russlands eine offensichtliche geopolitische Dividende. Für unser Land ist es jedoch letztlich eine Frage von Leben und Tod, eine Frage unserer historischen Zukunft als Nation. Und das ist keine Übertreibung – so ist es nun einmal. Das ist eine echte Bedrohung nicht nur für unsere Interessen, sondern für die Existenz unseres Staates und seine Souveränität. Das ist die rote Linie, über die immer wieder gesprochen wurde. Sie haben sie überschritten. (...)
Bei den heutigen Ereignissen geht es nicht darum, die Interessen der Ukraine und des ukrainischen Volkes zu verletzen. Es geht darum, Russland selbst vor denen zu schützen, die die Ukraine als Geisel genommen haben und versuchen, sie gegen unser Land und seine Bevölkerung einzusetzen.“
Wie auch immer man zu Putin steht: Früher oder später wird es Verhandlungen der USA mit Russland geben – zumindest, sofern der Konflikt nicht in einen Krieg mit Atomwaffen ausarten und große Teile der Welt unbewohnbar machen sollte. In diesen anstehenden Verhandlungen werden die von Putin genannten Punkte diskutiert werden – so wie Macron es im Dezember 2022 vorschlug. Das Ignorieren dieser Punkte ist denn auch der argumentative Schwachpunkt der westlichen Seite: Wenn der Westen, insbesondere die USA, Russland tatsächlich nicht angreifen, schädigen und schwächen wollen – wie sie es bis zum Beginn des Krieges behaupteten –, warum ist es dann unmöglich, dem Land schriftliche Sicherheitsgarantien zu geben und durch praktische Schritte die eigenen guten Absichten glaubhaft zu machen?
Dieser Schwachpunkt wird seit dem 24. Februar 2022 durch ein Übermaß an Rhetorik verdeckt. Man müsse doch der Ukraine gegen den Angriff beistehen, könne solches Unrecht keinesfalls hinnehmen etc. Doch eine solche wohlmeinende Rhetorik hilft allenfalls, sich seiner selbst zu versichern. Sie löst keine Konflikte. Russlands erklärte Interessen zu ignorieren oder offen abzulehnen heißt praktisch nichts anderes als das Land selbst abzulehnen und es der eigenen, westlichen Macht kategorisch unterordnen zu wollen.
Dazu aber, so sollte ein aufgeschlossener Beobachter inzwischen konstatieren können, ist dieses Land nicht nur zu groß und durch seine Rohstoffe zu vermögend, sondern auch international – zumindest abseits der westlichen Kriegsallianz von Washington über London bis Warschau und Vilnius – zu respektiert.
Der fortdauernde Krieg, der sich mit jedem Monat ausweitet und in den Deutschland sich immer unheilvoller verstrickt, wird am Ende den Westen selbst für Jahre und Jahrzehnte kompromittieren und schädigen – selbst wenn die USA und ihre Alliierten ihn „gewönnen“. Eine Verherrlichung des Militarismus, wie aktuell zu beobachten, führt in keine frohe Zukunft, im Gegenteil. Die nun – unter dem Beifall von Grünen, FDP und CDU, aber abseits jedes Parlamentsbeschlusses – dekretierten Panzerlieferungen weisen jedenfalls einen Weg, den Deutschland schon einmal ging – und der direkt in seinen Untergang führte.
Information zum Titelbild: Wolgograd: Soldaten stehen Wache neben der von einer steinernen Hand gehaltenen Ewigen Flamme im Saal des Soldatenruhmes. Das Denkmal befindet sich auf dem Gelände der Kriegs-Gedenkstätte auf dem Mamajew-Hügel, die an die Schlacht von Stalingrad erinnert. An den Wänden hängen Tafeln mit den Namen der auf dem Mamajew-Hügel gefallenen Soldaten. Foto: Andreas Gebert/dpa
Wir (Deutschland) bewegen uns auf dünnem Eis, in einem Krieg, der nicht unser Krieg ist. Wer etwas mehr über den Krieg und Moskaus Ziele wissen möchten, empfehle ich folgendes Buch (keine Angst, nur 80 Seiten) „Der Ukraine Konflikt: Wie Russlands Nachbarland zum Kriegsschauplatz wurde“ von Georg Auernheimer, ISBN 978-3-910568-00-6 Erhältlich unter https://www.hintergrund.de/
Es erklärt anschaulich die Zusammenhänge, nachvollziehbar, dass Putin am 24.02.2022 dem Abschlachten von Zivilisten im Donbass nicht mehr tatenlos zusehen konnte.
Unser Problem ist, dass die MSM und allen voran der ÖRR von Grünen infiltriert sind. Diese Grünen sind offensichtlich US gesteuert. Man erinnere sich an Joschka Fischers dämliches Grinsen, als er der damaligen US-Außenministerin Albright begegnete. Der machte sich damals voll zum Lackaffen. Die Grünen sind seit Fischer transatlantische Kriegshetzer ohne Ende. Dem trägt die einseitige "Berichterstattung" im ÖRR voll Rechnung. Die Menschen werden nicht informiert, sie werden mit US-NATO-Propaganda desinformiert. So ist auch erklärlich, dass ca. 50% der Menschen in Deutschland die Panzelieferungen befürworten. Das ist das Ergebnis jahrelanger, grüner Propaganda.
Multipolar Mitherausgeber Paul Schreyer ist auf einem schmalen Landstreifen an der Ostsee östlich von Rostock aufgewachsen. Der im Fischland aufgewachsene Autor gilt manchen Zeitgenossen bis heute als very fishy. So beurteilte Klaus von Beyme (gest. Dez. 2021) den Journalisten Paul Schreyer als „Putin-Versteher“, wofür ihm auch dieser jüngste Artikel wieder als Beleg gegolten haben würde. Außerhalb des als Sudelplattform zur Diskreditierung Andersdenkender genutzten Wirkungsbereichs der Wikipedia Junta hingegen: man schätzt Paul Schreyers Texte, seine Bücher sind keine Ladenhüter.
Kanzler Scholz hatte es zeitweise mit einem Junktim versucht. Er wolle die deutschen Panzer zunächst nur dann liefern, wenn die USA ihrerseits sich auch auf die Lieferung ihrer schweren Kampfpanzer verbindlich festlegen würden. Ich verstehe es als weitere Demütigung des deutschen Regierungschefs, dass jetzt Scholz zuerst lieferte und die USA erst danach die Lieferung ihrer schweren Abrams Panzer in Aussicht stellten.
Es ist zu Deutschlands Schaden, von einem Kanzler regiert zu werden, der sich an seine Gespräche mit dem Hamburger Bankhaus nach Steuerhinterziehung über berechtige Steuernachzahlungen an das Finanzamt vorgeblich nicht erinnern kann. Denn es könnte sein, dass im Überwachungsstaat andere Seilschaften und alliierte „befreundete“ Dienste aus dem Abhöraufkommen aussagefähigere Auskünfte geben könnten, als dem Kanzler und seiner ihn nominierenden Partei lieb sein kann. Wer sich so angreifbar macht, ist in Ausübung eines hohen Staatsamts absehbar ein Sicherheitsrisiko.
Abschließend will ich mich auch als Putin-Versteher outen. Suspekt ist mir etwa seine Kollusion in der weltweiten „Pandemiebekämpfung“ durch die Impfkampagne auch in Russland und sein Kooperieren beim Thema digitales Zentralbank-Geld. Aber andererseits ist ihm die Begrenzung der Macht von russischen Oligarchen zu danken, denen gegenüber er die Richtlinienkompetenz des Staatschefs für die Interessen seiner Nation durchsetzte und den Ausverkauf der Rechte für die Ausbeutung russischer Bodenschätze an westliche Konzerne unter Jelzin ausbremste.
Der Beschuss des russisch geprägten Donbass durch die Armee der Ukraine lief schon und die Zusagen zur Durchsetzung der Minsk Abkommen durch die Vertragsparteien fruchteten nicht. Die Angriffe nahmen vielmehr zu. Derweil war Putin als geladener Hochzeitsgast im Sommer 2018 in die südliche Steiermark gekommen, um den geschlossenen Ehebund von Dr. Karin Kneissl, die damals als österreichische Außenministerin amtierte, mitzufeiern. Außer seiner Tischrede in deutscher Sprache und einigen Geschenken hatte er im Schlepptau auch den Kosakenchor mitgebracht. Und die hatten zur Vorbereitung auf diesen Auftritt ihre Kosakentracht in die Koffer gepackt und Udo Jürgens Gassenhauer „Siebzehn Jahr - blondes Haar“ von A.D. 1965 einstudiert und zum Besten gegeben.
Bootlegs und Mitschnitte dieses Auftritts werden allenfalls als Bückware unter dem Ladentisch angeboten und würden bei Youtube vermutlich ein Opfer der Cancel Culture. Wer so etwas hinkriegt, dem kann man einen gewissen Witz nicht absprechen, der in der Diplomatie manchmal zur Schaffung geschmeidiger Gesprächskanäle etwas bewirken kann. Ich nehme an, dass ein landeskundiger Wink aus der russischen Ministerialbürokratie Putin diesen Einfall auf den Schreibtisch brachte und er Gefallen daran fand. Mit so jemandem als Staatschef müsste sich auch über unterschiedliche staatliche Interessen entspannt mal reden lassen. Es wäre kein Nachteil für die durch den Stellvertreterkrieg geschundene Ukraine und das Leid ihrer Bevölkerung, aber auch der russischen Soldaten.
Vollkommen anders als im letzten Krieg gegen Russland wusste die deutsche Regierung noch die applaudierende, kriegsgeile Masse hinter sich. (Historisch vergleichend könnte man auch feststellen: Was hat der Goebbels sich im Sportpalast noch Mühe gegeben!)
Baerbocks heutige und beiläufige Kriegserklärung hingegen fiel bei den Anwesenden auf gedämpften Beifall. In der Bevölkerung dürften fernab frisierter Umfragen mehrheitlich andere Alltagsprobleme und Sorgen schwerer wiegen und allenfalls ein Schulterzucken hervorrufen, wenn nicht sogar Angst.
Diesen Krieg wird nämlich die Partei gewinnen, die den stärkeren Nachschub an Mann und Material sicherstellen kann. Ob es die NATO sein wird, darf man getrost bezweifeln, da sie — derzeit noch in der Ukraine — ihre eigenen Bestände demilitarisiert und noch nicht einmal auf Kriegswirtschaft umgestellt hat, während Russland bis heute Ressourcenschonung betreibt.
Und was westliche Garantien und Halluzinationen angeht: Joe Biden hat erst heute wieder behauptet, die Rüstungshilfe für die Ukraine stelle keine Gefahr für Russland dar. Letzteres würden die USA wohl selbst dann behaupten, während sie Atombomben über Moskau abwerfen. Die westliche Eskalation gerät außer Kontrolle — erst schleichend, dann plötzlich.
Und völlig unfassbar, die Außenministerin von Deutschland erklärt „öffentlich“, dass wir, also unser Deutschland, sich im Krieg (!) befindet mit Russland. Mit welcher Überheblichkeit und Verblendung darf diese Frau unser Land überhaupt vertreten? In welche Zukunft manövrieren unsere Politiker die Menschen in diesem Land? Mit welcher Autorität entscheiden die so etwas?
Von den Wahlberechtigten von 61.181.072 Bürgern vertreten z.B. die Grünen mit einem Stimmenanteil von 6.852.206 gerade einmal 11,20 % der wahlberechtigten Bürger, die FDP 8,7% (5.319.953 wahlberechtigte Bürger), die SPD 19,52% (11.955.434 w.B.). In ihrer Gesamtheit vertritt die Ampelregierung also gerade einmal 39,4% der wahlberechtigten Bürger dieses Landes (24.127.592 w.B.). Bezogen auf die Gesamtbevölkerung von ca. 83 Mio Menschen bedeutet das einen Anteil für die Grünen von 8,26 % und für die Regierung von 29,1%.
In welch einer Selbstüberschätzung zerstören diese Politiker die Zukunft dieser Menschen? Mit welchem Recht tun sie das? Das sind doch gebriefte Hofnarren! Man kann in diesem Land nur noch Angst um die Zukunft haben .....
JAN, 29. Januar 2023, 10:05 UHR
Die deutsche Außenministerin erklärt Russland den Krieg. Das Auswärtige Amt ist bemüht, den Kreis zu quadrieren und diese Äußerung ihrer Ministerin entsprechend abzufedern. Nun ist zu lesen, dass der Bundeskanzler wohl auf Distanz zu seiner Außenministerin und deren Verbalitäten geht. Wie gut, dass hierbei nicht wesentliche Bereiche unserer Landesinteressen betroffen sind. Es ging ja nur um eine beiläufige Kriegserklärung. Schlimmer wäre es, den Beginn des Karnevals zu verschieben, einen verkaufsoffenen Sonntag zu canceln oder sich politisch inkorrekt über die Nationalität von Messerangreifern in Regionalbahnen zu ergehen.
Doch da es nur um eine kleine Erklärung ging, Schwamm drüber. Herr Scholz warb ja in diesem Zusammenhang um Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Wie gut, dass alles unter der Sonne schon da war. Daher dürfte Frau Annalena B., insbesondere weil sie aus dem Völkerrecht kommt, die folgenden alten Worte kennen und verstehen - si tacuisses.
Mir scheint es nicht allzu schwer zu sein, das Motiv zu benennen. Man denke nur an die diplomatischen Versuche Russlands im Herbst/Winter 21/22, den Westen zur Anerkennung seiner Sicherheitsinteressen zu bewegen, und mit welcher Herablassung die entsprechenden Vorstöße Lawrows vom Tisch gewischt wurden. Auch dürften die Beschlüsse der US-Administration zur Aufrüstung der Ukraine im Januar (Lend and Lease) als weitere Eskalation des Donbas-Kriegs für Nervosität im Kreml gesorgt haben, zusammen mit der Geheimdienst-Information über einen Großangriff auf Donezk und Lugansk noch im Februar 22. Das nachfolgende Verfahren zur Anerkennung der Donbas-Republiken und der Abschluss eines Beistandspakts wurde im Eilverfahren durchgezogen (Putin ist Jurist und daher für Ordnung) und die „Militärische Sonderaktion“ gestartet (was die Amis vorher schon wussten).
Warum hat man aber nicht schon nach dem Maidan-Putsch reagiert, die Donbas-Bevölkerung unter dauerndem Beschuss im Stich gelassen, so daß das ukrainische Militär sich in den Bergwerken von Soledar und Ugledar sowie in der alten sowjetischen Infrastruktur einbunkern konnte? Hoffnung auf Verständigung mit dem Westen? Noch fehlende russische Kampfkraft? Geschäftemacherei? Diplomatische Naivität? Jetzt sagt man: Merkel hat uns betrogen! Peinlich aber, daß man sich so lange hat hinters Licht führen lassen. Immerhin hat Putin 2007 schon das Verhältnis des Westens zu Russland klar erkannt.
Indessen ist er auch ein Freund des kapitalistischen Geschäftsmodells. Verwunderlich finde ich, daß man hierzulande „den Kreml“ für eine in sich geschlossene Macht hält. Die großen Ausplünderer der Jelzin-Ära sind eben immer noch da, abgesehen von Chodorkowski, der jetzt von Britannien aus agitiert, und haben Einfluss. Immerhin zahlen sie jetzt Steuern. In den Ministerien, in der Bürokratie, im Kultursektor, im Militärapparat bis in die höchsten Ränge sitzen Leute, die von westlichen Eliten gesteuert sind. Und dann gibt es noch die „Moskau ist weit“-Fraktion in den Regionen. Putin ist durchaus nicht mächtig, er laviert zwischen den Feuern, so gut er kann (aktuell die wiederholte Umbesetzung im Generalstab). Aber kann er verhindern, daß beispielsweise der Konzern Lukoil der Ukraine über eine rumänische Raffinerie russische Ölprodukte liefert?
Doch auf die Frage zurückzukommen, ob Putin ein Imperium errichten wolle: Nach Brzezinskis „The Grand Chessboard“ und den Studien der Rand-Corporation zur Destabilisierung Russlands (die dortigen Empfehlungen werden fahrplanmäßig umgesetzt) und dem mit 5 Milliarden Dollar finanzierten Putsch in Kiew stellt sich eher die Frage nach dem US/UK-Imperium. Die Pläne zur Zerschlagung der russischen Föderation liegen ja vor.
Liebe Kinder, es wieder soweit: Ein Hoch auf den glorreichen Panzerkampf!
Zwei Divisionen seien erst der Anfang. Man zählt und kruschtelt im Moment durch die Depots, Museen und Kolonien und schaut auf die Einlagerungs- und Endverbleibdokumente. In ein paar Monaten könnte es dann soweit sein. Dann ist: Sommer. Na hoffentlich ist man dann noch so weit bei Bewusstsein, den 22. Juni als Stichtag auszulassen... es wären sonst exakt 82 Jahre.
„Neben Deutschland und den USA kündigten zahlreiche weitere Länder an, Kampfpanzer zu liefern. Unter anderem wollen die Niederlande die von Deutschland bisher geleasten Panzer kaufen und dann der Ukraine zur Verfügung stellen. Großbritannien hat bereits angekündigt, 14 Kampfpanzer des britischen Modells "Challenger 2" in die Ukraine zu liefern. Die polnische Regierung will 14 "Leopard 2"-Panzer in die Ukraine liefern. Auch Finnland erklärte, sich einer Panzerlieferung anderer Länder anzuschließen. Frankreich erwägt, Panzer des Typs "Leclerc" zu liefern. Spanien ist bereit zur Lieferung von "Leopard"-Panzern an die Ukraine, wie das Verteidigungsministerium der Nachrichtenagentur EFE zufolge erklärte. Auch Norwegen will der Ukraine "Leopard"-Kampfpanzer zur Verfügung stellen.“(1)
So, wie man sich in der Hauptstadtkorrespondenz gerade warmläuft (2), wäre es ja geradezu zu begrüßen, wenn das Schattenministerium für Öffentlich-Rechtliche Uniformierung und Uninformation, ARD, auch einen Liveticker dezidiert zum Panzerkampf führt! Der vertrauende, hilfsbereite, abwrackende, sein Besteck zu Rheinmetall (AG) gebende Deutsche will doch sicherlich mitfiebern, wenn mit "unseren" Panzern – die militaristisch übrigens auch als die „männliche“ Variante bezeichnet werden, weil sie eine großkalibrige Wumme haben, nicht nur MG – wenn Tötungsmaschinen deutscher Bauart auf ukrainischem Boden wiedermal zügellos „russischen Unrat zu Dünger“ machen sollen, darf das kein Deutscher verschnarchen, denn das „Z“ wurde ja unlängst verboten, womit auch der Friedensbewegung Waffenstillstandsassoziationen per Panzerpiktogramme mit übergestellter comichafter Schlafblase verwehrt bleiben, denn das legitimiert eine als Angriffskrieg eingestufte Gewalthandlung: die russische!
Dabei waren die Begeisterungsbekundungen und Rückhalte pro der damals neuen Gattung Panzerfahrzeug eher recht verhalten. So wie ich das verstehe, können das aber auch Bedenken jener Militärs gewesen sein, welche die Vormacht und Kampfführungsbelange der von ihnen befehligten Soldaten-Bataillone zurückgedrängt sahen: strategisch hatte sich die Infanterie dem Fahrzeugverbund im Einsatz nachzuordnen, die Panzer vorweg, dann die Eliteeinheiten. Das ist mittlerweile komplett anders ausentwickelt und selbstverständlich machen Panzerfahrzeuge einen Unterschied im Rahmen einer bewaffneten Anfeindung.
Die Briten setzten erstmals 49 "Tanks" am Frontabschnitt Flers gegen Stellungen der Deutschen ein – es war der 15. September 1916, der erste Panzerangriff der Geschichte. Von den 49 eingesetzten Tanks hatten 32 das Gefechtsfeld überhaupt erreicht, der Rest war vorher steckengeblieben. 9 wurden von deutschen Stellungen kampfunfähig geschossen, 5 liefen sich in Granattrichtern fest, 9 hatten Motorpannen. Am Nachmittag kehrten 9 zur Ausgangsstellung zurück. Wie das wohl heutzutage laufen wird? Aktuell scheinen die Bodenverhältnisse eher kriegsunfreundlich, fast zögerlich mitzuwirken... Die deutsche Oberste Heeresleitung entschloss sich seinerzeit noch am selben Tage zum Bau von derartigen Kampfwagen. Ab dann wurde ja bekanntlich alles nur noch besser und allerlei Konflikte konnten fortan schnell und unblutig gelöst werden.
Spaßfakt am Rande: Die Mannschaft des ersten deutschen Panzers "A7V" trug Asbestanzüge, Lederhelme, und Splittermasken; Meldungen an den Gefechtsstand wurden per Brieftaube abgegeben. Dafür hatte jeder Panzer im Heck einen Verschlag für die Nachrichtenvögel.
Doch zurück zu Putin!
Der Allerweltsmachthaber Joe „NoStream“ Biden meint, Russland könne den Krieg jederzeit beenden und seine Truppen aus der Ukraine abziehen. Biden meint aber auch im selben Vortrag; „Deutschland hat mich nicht gezwungen, meine Meinung zu ändern“. (3)
So einfach werden heute Kriege beendet: Der Aggressor nimmt sich einem freizügigen Ratschlag des erbitterten Gegners an und zieht seine Truppen aus dem besetzten Gebiet ab – fertig, gute Laune! Der alte Mann beeindruckt mit profaner Konfliktlösungsweisheit – möge man es ihm zu gedenken in Marmor versenkt irgendwo auf The Hill noch mit unterbringen. Putin wird ihm da nicht widersprechen, sondern das ganz genau so sehen, fürchte ich. Und nicht nur der:
„In der finalen Erklärung [der G20 Abschlusserklärung] finden sich schließlich die Worte "Krieg in der Ukraine“. Dieser werde zudem von den "meisten Mitgliedern aufs Schärfste verurteilt". Allerdings gibt es durch die Gipfelteilnehmer keine direkte Schuldzuweisung gegenüber Russland. Lediglich eine Erwähnung einer früheren UN-Resolution findet Eingang, die die russische Aggression thematisiert. Zudem findet sich der Hinweis, dass es unter den G20-Mitgliedern auch andere Sichtweisen auf die aktuelle Situation und die Sanktionen gebe.“ (4)
Was auch immer die Eskalation sein wird, gutheißen kann man die Bestrebungen und Erkenntnisse in der ganzen Menschheitsfamilie, dass Gewaltpolitik, Überfall und Sanktionierung, Krieg und Morden als Verhandlungsverstärker im Internationalen Gefüge scharf abzulehnen sind – und zwar, Achtung: generell, einzuhalten - wennschondennschon - von jedem! Darum hat sich eine Annalena ja barfußlaufend in die Welt aufgemacht, dahin, wo man noch nicht wertewestlich differenzieren kann! Eine Grußnachricht ereilte Sie jüngst von einem gewissen Olaf S., der übermitteln ließ, Sie solle dabei den Planeten bitte nicht verlassen, er müsse ja schließlich auch auf dem Boden bleiben.
Da passt es, oder auch nicht, das für Cum-Ex Verhandlungen offenbar gerade die Räumlichkeiten gebaut werden und jene für Putin und seine Horde sich noch in Skizzierung befinden, man bezüglich der baldigen Errichtung zweiterer aber weitaus zuversichtlicher und mit mehr Herzblut dabei sei. Die Zeitenwende macht vor keinem Halt, ist ja Alternativlos und so. Und tatsächlich, die Wahrheit nebst dem gesamten Kriegstagebuch brechen sich jetzt schon Bahn im gemeinfinanzierten Qualitätsjournalismus – erstere aber in nur drei (Zahl: 3) Zeilen:
„Konfliktparteien als Quelle Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.“ (5)
Es kann diesmal nicht schiefgehen, nur weil all' das schon mal schiefgegangen war, nein, diesmal wird es funktionieren, weil die Deutschen heuer gemeinsam mit anderen europäischen und US-amerikanischen Ausbildern und Servicetechnikern ihre Verhandlungsgeschicke gegen das bestial-aufmüpfige Russland aufbringen. Da man diesmal vorher aber keinen Krieg erklärt, sondern klargestellt hat, letztendlich nicht vorzuhaben, Russland auf allen Ebenen zu isolieren und zu ruinieren, soll es sich auch mal nicht so bedroht fühlen und lieber einlenken. Die schonende Prozedur der Demokratisierung von außen hat noch keinem Land geschadet! Haben Sie Vertrauen in die Regierung! (6) Moment... Haben Sie grundsätzlich nur Vertrauen in ihre Regierung!
Meine Buchempfehlung hierzu:
"Der Mensch ist gut" von Leonhard Frank, geschrieben den kommenden Generationen in 1916 bis 1917, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
03.02.2023
Wie Pfizer und die Medien das Skandalvideo zu Pfizers Virenmutationsforschung begruben
Zitat: Pfizer ist ein US-Pharmakonzern, dessen experimenteller mRNA-Covid-Impfstoff milliardenfach verkauft und verimpft wurde. Am Mittwoch den 25. Januar veröffentlichte die US-amerikanische Enthüllungsplattform Project Veritas ein Video, in dem Jordon Trishton Walker, ein Pfizer-Angestellter mit dem Titel „Director of Research and Development, Strategic Operations – mRNA Scientific Planner“ in offenbar angeheitertem Zustand in einer Bar oder verschiedenen bei einem Treffen über seine Arbeit spricht. Der Chef des Chefs von Walker berichtet an Pfizer-CEO Albert Bourla.
Das vermeintliche Treffen ist ein verdeckter Journalist von Project Veritas, das regelmäßig mit solchen, in Deutschland vor allem durch Günter Wallraff angewendeten Methoden arbeitet und unter anderem dafür umstritten ist.
Was in dem Video zu hören ist
Walker redet davon, dass man bei Pfizer darüber diskutiert, das Covid-Virus zielgerichtet zu mutieren, um bei einer Verbreitung des mutierten Virus schon den passenden Impfstoff parat zu haben. Im (von mir übersetzten) Original:
„Ich weiß nicht, ob ich das sagen sollte. Eines der Dinge, die wir erforschen, ist die Frage, warum wir es [Coronavirus] nicht einfach selbst mutieren, damit wir präventiv neue Impfstoffe entwickeln können, richtig? Das müssen wir also tun. Wenn wir das tun, besteht allerdings das Risiko, dass, wie Sie sich vorstellen können, niemand eine Pharmafirma haben will, die die verdammten Viren mutiert.“
Dabei ist er sich offenbar bewusst, wie heikel das ist:
„Sag es niemandem. Versprich, dass Du es niemandem erzählen wirst. Die Art und Weise, wie es [das Experiment] funktionieren würde, ist, dass wir das Virus in Affen einschleusen und sie nacheinander dazu bringen, sich gegenseitig anzustecken, und wir sammeln Serienproben von ihnen.“
Er gibt sich überzeugt, dass das COVID-Virus in einem Labor in Wuhan auf diese Weise entstanden ist:
„“Man muss sehr kontrolliert vorgehen, um sicherzustellen, dass dieses Virus, das man mutiert, nicht zu etwas führt, das sich einfach überall verbreitet. Ich vermute, dass das Virus in Wuhan auf diese Weise entstanden ist, um ehrlich zu sein. Es ergibt keinen Sinn, dass dieses Virus aus dem Nichts aufgetaucht ist. Das ist Blödsinn.“
Und weiter:
„Man sollte keine Gain-of-Function-Forschung mit Viren betreiben. Normalerweise nicht. Wir können diese ausgewählten Strukturmutationen vornehmen, um sie stärker zu machen. Daran wird derzeit geforscht. Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Ich hoffe, dass es keine weiteren Ausbrüche gibt, denn, Oh mein Gott.“
Gain-of-function bedeutet, dass man Viren gezielt bestimmte Eigenschaften anzüchtet.
Er spricht auch über die Drehtür zwischen Pharmakonzernen und Regulierungsbehörden. Diese führe dazu, dass diejenigen, die die Pharmafirmen beaufsichtigen sollen, besonders nachsichtig seien, weil sie hinterher hervorragend bezahlte Frühstücksdirektorenjobs dort haben möchten und wie toll das für die Branche sei.
Wie die Medien (nicht) reagierten
Das Video und der Bericht dazu wurden innerhalb kurzer Zeit vielmillionenfach gesehen und gelesen. Aber die etablierten Medien berichteten nicht.
Eine vorübergehende Ausnahme war das Boulevardblatt Daily Mail mit Millionenauflage. Doch zwei Stunden später verschwand der Bericht einfach. In dem Bericht hatte gestanden, dass Pfizer um Stellungnahme gebeten worden sei. Die Stellungnahme scheint so ausgefallen zu sein, dass der Bericht ohne Erklärung vom Netz genommen wurde.
Das Webportal MSN (Microsoft Network) zweitpublizierte zunächst den Dail-Mail-Bericht und ließ diesen dann ebenso schnell verschwinden. Stattdessen wurde von MSN am Folgetag ein „Factcheck“ Newsweek verbreitet.
Andere Berichte großer etablierter Medien waren bis Sonntag mittels der gängigen Suchmaschinen nicht zu finden. Lediglich alternative Medien berichten. In Deutschland wird zuoberst ein Bericht von Tichys Einblick gefunden.
Der einen Tag nach dem Video veröffentlichte „Factcheck“ von Newsweek ist tendenziös desinformierend.
Die ersten vier Absätze befassen sich mit Project Veritas und sollen die Plattform diskreditieren. Der fünfte behauptet, das Video zeige nicht das, was Project Veritas hineininterpretiere. Später stellt sich heraus, dass diese Behauptung selbst nur eine Hypothese ist, die auf der Unterstellung beruht, dass durch gezielte Schnitte der Eindruck erweckt werde, es werde über etwas geredet (COVID), über das möglicherweise gar nicht geredet wurde.
Im Hauptteil listet der „Factcheck“ die vielen Schnitte im Video auf, die tatsächlich routinemäßig ein Grund für ein gewisses Misstrauen sein sollten, sollange das ungeschnittene Video nicht verfügbar ist.
Auf dieser Basis kommt Newsweek zu dem „vorläufigen“ Ergebnis, die Behauptungen seien unbewiesen. Im Prinzip ist das gerade noch legitim, aber:
Es wird zwar erwähnt, dass Pfizer kontaktiert wurde, aber mehr nicht. Wenn Pfizer weder den Status des plaudernden Mitarbeiters bestätigen oder dementieren, noch eine Stellungnahme zu den Vorwürfen von Project Veritas abgeben wollte, dann hätte diese Information zwingend in den Beitrag gehört. Der Verdacht liegt nahe, dass man Pfizer die Peinlichkeit einer ausdrücklichen Erwähnung eines fehlenden Dementis ersparen wollte. Eine kritische Geschichte, die der Betroffene nicht dementiert, obwohl er die Möglichkeit dazu hat, wirkt erheblich glaubwürdiger.
Dieses Unterlassen wird noch perfider dadurch, dass der „Factcheck“, der auch am Sonntag noch unter den obersten Suchergebnissen der Suchmaschinen auftauchte, bis dahin nicht aktualisiert wurde. Das ist hochgradig unseriös.
Wie um den Eindruck seiner hochgradigen Voreingenommenheit zu vervollständigen, erläutert der „Faktenchecker“ Gain-of-function auf eine offen verharmlosende Weise:
„Gain-of-function-Forschung ist ein Begriff, der in der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature wie folgt beschrieben wird: „In der harmlosesten Variante (…) handelt es sich um Mutationen, die einem Gen, einer RNA oder einem Protein neue Fähigkeiten oder Ausdrucksmuster verleihen.““
Und er schließt mit zwei Absätzen, die feststellen, dass Pfizer schon des öfteren Opfer falscher Behauptungen von anderen geworden sei.
Was fehlt, ist jegliche Auseinandersetzung mit dem, was man aus dem Video auf jeden Fall als skandalträchtig herauslesen kann und in Anbetracht eines fehlenden Dementis von Pfizer auch darf. Etwa, was für Leute dort in hohem Rang arbeiten und welche Diskussionen dort geführt werden.
Es wurden keine weiteren „Faktenchecker“ aktiv, wie zum Beispiel die von dpa, oder Tagesschau-Faktenfinder, oder BR-Faktenfuchs oder Correctiv.
Wie Google reagierte
Die Google-Tochter Youtube zensierte das Video mit der skurrilen Begründung, es verstoße gegen die Regeln zu COVID-Falschinformationen.
Die Google-Suchmaschine reagierte schnell mit einem Warnlabel über den Suchergebnissen zu den Suchbegriffen „Pfizer Video“ und „Gain-of-Function“ oder „Project Veritas“, wonach die Nachrichtenlage stark im Fluss sei (was nicht stimmte) und dass man nicht unbedingt glauben dürfe, was man liest.
Die Linkedin-Seite des plaudernden Walker, die seine Funktion bei Pfizer bestätigte, fand man laut einem Bericht von Just the News über Google nicht, aber mit der Suche des Browsers Brave, bevor sie von Pfizer offenbar am Donnerstag gelöscht wurde.
Am Donnerstagabend machte Moderator Tucker Carlson auf Fox News den „Blackout“ der Kontroverse durch Google zum Thema und führte ihn auf „die Macht der Pharmabranche“ zurück. Sein Produzent Gregg Re gab an, ein Google-Mitarbeiter, der früher für Fox News gearbeitet habe, habe ihn angerufen und gedrängt, die Story nicht zu bringen. Nachprüfen lässt sich das nicht. Google nahm keine Stellung dazu.
Wie Regierung und Aufsichtsbehörden nicht reagierten
Die Medizinaufsichtsbehörde Food and Drug Administration (FDA) äußerte sich weder in eigener Initiative noch auf Anfragen von Medien. Dasselbe gilt für andere zuständige Behörden und Regierungsvertreter. Just the News gegenüber verwies die FDA auf Pfizer, die keine Stellungnahme abgaben.
Nur der republikanische Senator Ron Johnson forderte öffentlich eine parlamentarische Untersuchung des Vorfalls und der ebenfalls republikanische Senator Marco Rubio forderte schriftlich von Pfizer-Chef Albert Bourla eine Erklärung.
Wie Pfizer stark verspätet reagieren durfte
Da die etablierten, reichweitenstarken Medien die Sache totschwiegen, konnte sich Pfizer bis Freitagabend um 20 Uhr Ortszeit Zeit lassen, bis das Unternehmen eine indirekte, vage, unvollständige und wohl teilweise irreführende Erklärung veröffentlichte.
Freitagabend ist, wie jeder im Mediengeschäft weiß, die Zeit, die man wählt, wenn man für eine öffentliche Mitteilung möglichst wenig Öffentlichkeit will. Die Zeitungen für Samstag und Sonntag sind im Kasten, die Fernseh- und Radio-Newssendungen für den Tag auch. Ab Samstag beschäftigen sich in der Regel ausgedünnte Wochenend-Notbesetzungen mit der Nachrichtenlage. Am Montag ist die Sache vielen Medien schon zu alt.
Die Pressemitteilung nimmt nur indirekt und vage Bezug auf das Video. Sie beginnt mit:
„Kürzlich wurden Vorwürfe im Zusammenhang mit Gain-of-Function-Forschung und der gezielten Evolutionsforschung bei Pfizer erhoben, und das Unternehmen möchte die Sache richtig stellen.“
Kein Wort dazu, dass diese Vorwürfe von einem hochrangigen Pfizer-Mitarbeiter stammen.
Kernsatz ist, dass Pfizer solche Methoden „bei der laufenden Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs“ nicht angewendet habe. Das widerspricht nicht der von Project Veritas und anderen herausgestellten Aussage des plaudernden Research-Direktors, dass bei Pfizer Diskussion darüber geführt werden, so etwas (künftig) zu tun.
Aufgefüllt wird die Presseerklärung dafür mit für Laien praktisch unverständlichen Beschreibungen der (legalen) Mutationsforschung, die man betreibe, vor allem im Zusammenhang mit dem COVID-Medikament Paxlovid. Ausführlich liest sich das in meiner Übersetzung so:
„In einer begrenzten Anzahl von Fällen, in denen ein vollständiges Virus keine bekannten Funktionsgewinn-Mutationen enthält, kann ein solches Virus so verändert werden, dass eine Bewertung der antiviralen Aktivität in Zellen möglich ist. Darüber hinaus werden in unserem sicheren Labor der Biosicherheitsstufe 3 (BSL3) In-vitro-Resistenzselektionsversuche an Zellen durchgeführt, die mit SARS-CoV-2 und Nirmatrelvir inkubiert wurden, um zu prüfen, ob die Hauptprotease mutieren kann, um resistente Virusstämme zu erzeugen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Studien von den US-amerikanischen und weltweiten Aufsichtsbehörden für alle antiviralen Produkte vorgeschrieben sind und von vielen Unternehmen und akademischen Einrichtungen in den USA und auf der ganzen Welt durchgeführt werden.“
Diese Rechtfertigung mit Regulierungsvorschriften ist nach meinen Informationen aus Expertenkreisen mindestens fragwürdig. Pharmafirmen sind danach lediglich verpflichtet, die Wirksamkeit ihrer COVID-Medikamenten gegen bekannte Variants of Concern (Interessierende Varianten) zu testen, aber nicht Mutationen selbst zu erzeugen. Das wäre ja verrückt.
Die Aufsichtsbehörden könnten das aufklären, wenn sie wollten.
Pfizer schreibt in der Erklärung nichts um dem Eindruck zu begegnen, dass in der Forschungsabteilung des Unternehmens eine verheerende, von absoluter Skrupellosigkeit geprägte Kultur herrscht. Es wird auch keine interne Untersuchung angekündigt und es werden keine Gegenmaßnahmen versprochen falls an dem was Walker sagt, etwas dran sein sollte.
Was uns dieses Stück über Pfizer lehrt
Bis zu einem glaubwürdigen Dementi oder einer ernsthaften Aufarbeitung dieses Einblicks in die Interna bei Pfizer darf man davon ausgehen, dass dort eine von Skrupellosigkeit und Gier geprägte Unternehmenskultur herrscht. Das würde bestätigen, was man aufgrund der vielen Skandale, in die dieses Unternehmen bereits verwickelt war, ohnehin vermutete.
Ferner lernen wir, dass Pfizer offenbar sehr, sehr mächtig ist, wenn öffentliche Stellen und Medien es nach Veröffentlichung eines derartigen Skandalvideos so mit Samthandschuhen bzw. gar nicht anfassen.
Was uns dieses Stück über die Regulierungsbehörden lehrt
Was Pfizer-Direktor Walker in dem Video sagt, wird durch dieses Lehrstück nachdrücklich bestätigt. In den Aufsichtsbehörden will es sich in den höheren Rängen offenbar niemand durch Strenge mit einem Unternehmen verscherzen, von dem man nach dem Ausscheiden aus dem Staatsdienst ein Mehrfaches des gewohnten Gehalts als Belohnung für Wohlverhalten und/oder als Gegenleistung für das Spielenlassen von Beziehungen bekommen könnte.
Was uns dieses Stück über die Medien lehrt
Am gleichzeitig eindrücklichsten und bedenklichsten finde ich die umfassende Nichtreaktion der etablierten Medien auf diesen mutmaßlichen Skandal. Ihre Aufgabe wäre es ganz eindeutig, Pfizer zu einer aussagekräftigen und umfassenden Stellungnahme zu nötigen, indem sie berichten, was auf dem offenbar authentischen Video zu sehen und zu hören ist, und kritisch beleuchten, wie Pfizer damit umgeht.
Dass die Sache hohen Nachrichtenwert hat und auf reges Interesse beim Publikum stoßen würde, steht außer Frage.
Die große offene Frage ist, wie Pfizer und möglicherweise weitere Beteiligte es geschafft haben, einen dermaßen umfassenden Medienblackout zu erwirken. Das riesige Werbebudget von Pfizer wird natürlich helfen, aber allein dürfte es für eine derart umfassende Omerta kaum reichen.
Die Kooperation der WHO und der Regierungen mit Google und anderen sozialen Medienplattformen in Sachen Information über COVID ist bekannt. Auch die Kooperation der WHO mit Pfizer und den anderen Impfstoffherstellern ist eng. Zudem ist die WHO hochgradig abhängig von den freiwilligen Zuschüssen der Großkonzerne und von deren Stiftungen. Die WHO mit ihrem globalen Einfluss käme daher als Akteur in diesem Stück in Frage, ebenso Regierungen und Gesundheitsbehörden, die sich Sorgen um ihre COVID-Impfkampagne und die Akzeptanz von Impfungen im Allgemeinen machen.
Militär und Geheimdienste sind bei der vorgeblichen Abwehr ausländischer Desinformation im Inland stark beteiligt, und neigen dazu, ihren Auftrag sehr weit auszulegen. Gerade erst wurde in Großbritannien bekannt, dass eine Abteilung des Militärs unter diesem Vorwand für die Regierung Kritiker von Corona-Maßnahmen und -Modellierungen umfassend ausspioniert hat, entgegen Dementis der Regierung und in weiter Überdehnung des Auftrags.
Daher würde es mich auch gar nicht sehr wundern, wenn sich irgendwann herausstellen sollte, dass das Pfizer-Video von einem einflussreichen Geheimdienst oder ähnlicher Stelle als russischer Informationsangriff eingestuft worden wäre, so wie das auch beim Hunter-Biden-Laptop mit Erfolg gemacht wurde, um Berichterstattung über den skandalösen Inhalt vor der US-Wahl zu verhindern. Pfizer jedenfalls hätte sicher nicht vergessen, alle anfragenden Medien auf eine solche Klassifizierung hinzuweisen.
Nachtrag (31.1.): Youtubes Zensuranleitung
Project Veritas hat eine „Dringende Richtlinie“ veröffentlicht, die Inhalte-Moderatoren der Google-Tochter Youtube aufträgt, das Pfizer-Skandalvideo zu löschen. Vorwand: Der Undercover-Journalist fragt an einer Stellen den Pfizer-Direktor, wie er dazu stehe, dass die Impfstoffe unwirksam seien. Das sei medizinische Falschinformation.
Nachrichten von Pressenza: Interview mit Gloria Germani: Hinduistische Ökologie, die Verbundenheit mit dem All-Einen Teil II
aus e-mail Nachrichten von Pressenza - 03.02.2023, 7:15 Uhr
Interview mit Gloria Germani: Hinduistische Ökologie, die Verbundenheit mit dem All-Einen Teil II
Hier folgt der zweite Teil des Interviews über Hindu-Ökologie mit Gloria Germani, einer Ökophilosophin, die sich seit jeher für den Dialog zwischen West und Ost einsetzt und Schülerin des Philosophen Serge Latouche, der schwedischen Ökologin Helena Norberg Hodge und von…
Gemeinsames engagiertes Vorgehen von Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft gefordert. Die veröffentlichte Studie „Hamburg Climate Futures Outlook 2023“ der Universität Hamburg sieht die Erreichung des 1,5 Grad Klimaziels als unwahrscheinlich an. Vor diesem Hintergrund warnt die Menschenrechtsorganisation Südwind davor, sich von…
Im Krieg verlieren alle Seiten, bis auf jene, die gut daran verdienen und möglichst weit vom Geschehen entfernt sind. Nein, das ist keine Buchbesprechung. Es geht nicht um den lesenswerten Roman des Louis Begley, der seine Kindheit als Jude im…
Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.
Im Krieg verlieren alle Seiten, bis auf jene, die gut daran verdienen und möglichst weit vom Geschehen entfernt sind.
Zitat: Nein, das ist keine Buchbesprechung. Es geht nicht um den lesenswerten Roman des Louis Begley, der seine Kindheit als Jude im kriegsverwickelten Polen reflektierte (1). Obwohl Polen bei dem aktuellen Anlass ebenfalls eine gewichtige Rolle spielt.
Nebenan, in Frankreich, da existieren noch Menschen, die trotz oder gerade wegen der allgemein im westlichen Europa euphorischen Kriegsstimmung ihre Stimme erheben und sich nicht scheuen, ihre Sichtweise kundzutun.
Erst kürzlich hatte ein Enkel von Charles de Gaulle (2), seinerseits ein erfolgreicher Banker, die geostrategischen Verschiebungen beschrieben, die sich durch die Stellvertreterrolle der EU im Konflikt der USA mit Russland vollziehen. Kurz gesagt, die zumindest vehemente ökonomische Schwächung Europas und Russlands.
Das Kalkül der USA beschrieb er so, dass die Lahmlegung Europas als Ganzem, und dazu gehört eben auch Russland, den USA den Rücken freimache, um den aus ihrer Sicht Hauptfeind China ins Visier nehmen zu können. Und dass bei der Achse der Willigen eine Machtlinie von Washington über London nach Warschau entstanden sei, bei der weder Paris noch Berlin eine größere Rolle spielen, sei mittlerweile mehr als deutlich geworden.
Nicht allen, könnte man schlussfolgern, bevor man noch den französischen Historiker Emmanuel Todd zitierte, der ebenfalls kürzlich in einem langen Interview an prominenter Stelle seine Sichtweise zu Protokoll gab, ohne auf die zunehmend schwächere Disposition nicht nur Europas, sondern auch der USA zu verzichten.
Die weltweit zu beobachtenden neuen Allianzen, die in gewisser Weise an die Bewegung der Blockfreien aus dem letzten Jahrhundert erinnern, sind insofern für die Hegemonie der USA gefährlicher, als dass sie über nicht zu unterschätzende Mittel verfügen, um den US-Dollar als Weltwährung zu stürzen und damit der grenzenlosen Kreditwürdigkeit der USA ein Ende setzen könnten.
Was aus der Bewegung der Blockfreien geworden ist, steht in den Geschichtsbüchern. Jenseits des unmittelbaren Interesses seitens Europas wurde ein Staat nach dem anderen destabilisiert, durch Putsch, Mord oder direkte militärische Intervention. In Indonesien, Mitbegründerstaat der Bewegung, 1965 durch einen Putsch mit mehr als 1,5 Millionen Toten bis hin zur endgültigen Zerschlagung Jugoslawiens im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Vielleicht auch noch einmal so viel zu dem Argument, man könne den Völkern nicht vorschreiben, welchen Weg sie wählen.
In der öffentlichen Wahrnehmung Deutschlands bleiben diese Stimmen ungehört. Genauso wenig wird darüber berichtet, was nicht in die Serie der Erfolgsmeldungen passt. Jedes Revirement im russischen Militärapparat wird als Indiz der dortigen Probleme gewertet. Dass nun gleiches in der Ukraine geschieht und oberste Militärs gar wegen Korruption entfernt werden müssen, ist den Propagandaabteilungen hierzulande keine Meldung wert.
Ebenso wenig die Tatsache, dass die Türkei trotz williger Auslieferung von Kurden seitens des NATO-Anwärterlandes Schweden nach wie vor ihr Veto zur Aufnahme Schwedens einlegt. Wohl weil der Menschenpreis bis dato zu niedrig ist. Und deshalb wird in Finnland darüber nachgedacht, alleine und nicht zusammen mit Schweden der NATO beitreten zu wollen.
Lügen in Zeiten des Krieges haben den Zweck, auf Biegen und Brechen die Illusion des eigenen Sieges so lange wie nur möglich aufrecht zu erhalten. Ist diese Illusion in Gefahr, dann erhält die einzige Wahrheit, die Kriege hervorbringt, die Möglichkeit, ans Licht zu kommen: Im Krieg verlieren alle Seiten, bis auf jene, die gut daran verdienen und möglichst weit vom Geschehen entfernt sind.
Quellen und Anmerkungen
(1) Louis Begley (Jahrgang 1933) ist Schriftsteller und Anwalt polnisch-jüdischer Herkunft. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte seine Familie in die USA. Begley trat mit dem Roman „Lügen in Zeiten des Krieges“ Anfang der 1990er-Jahre erstmals literarisch in Erscheinung.
(2) Charles de Gaulle (1890 bis 1970) war Soldat, General im Zweiten Weltkrieg und Staatsmann. Als Chef der „Freien Französischen Streitkräfte“ führte aus dem Exil in London den Widerstand des Freien Frankreichs gegen die Nazi-Besatzung an. Von 1944 bis 1946 war Charles de Gaulle Präsident der Provisorischen Regierung. Ende der 1950er-Jahre setzte er eine Verfassungsreform durch, mit der die Fünfte Republik begründet wurde, deren Präsident er von 1959 bis 1969 war. Die auf ihn zurückgehende politische Ideologie des Gaullismus, eine Weltanschauung, die einen kulturell konservativen, wirtschaftlich aufgeschlossenen, aber zentralistischen Staat anstrebt, hat bis in die Gegenwart Einfluss auf die französische Politik.
(3) Emmanuel Todd (Jahrgang 1951) ist ein französischer Anthropologe, Demograf und Historiker. Als Autor hat Todd insbesondere zu Fragen der Bevölkerungsentwicklung und der Familienstrukturen in international vergleichender und historischer Perspektive publiziert.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
03.02.2023
Datenteilung Ein Datenclub als Booster für die digitale Transformation
makronom.de, vom 2. Februar 2023, MARKUS OVERDIEK & THOMAS SCHWAB
Viel zu oft werden Daten als private Güter gehandelt und nicht über Ländergrenzen miteinander geteilt. Dadurch entsteht ein gesamtwirtschaftlich suboptimales Ergebnis – das sich durch einen internationalen Datenclub zumindest teilweise beheben ließe.
Die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft hängt von der Verfügbarkeit kontextuell geeigneter Daten ab. Egal, ob einfacher Algorithmus oder komplexes KI-System: kein Mehrwert ohne passende Daten als Input. Das ist beim schraubensortierenden Industrieroboter ebenso der Fall wie bei der Corona-Warn-App oder bei einer Software zur Tumor-Diagnostik.
Daten sind also inmitten unseres Alltags angekommen, indem sie jene Anwendungen überhaupt erst ermöglichen, die uns tagtäglich unterstützen. Diese Anwendungen kommen jedoch meist aus den USA oder China, die fernab der Akronyme ihrer berühmten Großkonzerne – GAMAM oder BAT – längst auch die zweite Reihe der wichtigsten Digitalunternehmen stellen.
Europa dagegen hinkt hinterher. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die eingeschränkte Verfügbarkeit von Daten, die allzu oft innerhalb der Grenzen der EU-Mitgliedsstaaten verbleiben. Der Data Act kann zur Besserung der Situation beitragen: Doch selbst mit einer weniger fragmentierten Datenlandschaft kann die EU in puncto Datenverfügbarkeit perspektivisch nicht mit den USA und ihren datensammelnden Großkonzernen sowie mit China und Indien als bevölkerungsreichste Länder der Erde auf Augenhöhe bleiben. Denn auch wenn nicht bei allen Anwendungen große Datenmengen benötigt werden, so können die bedeutendsten Anwendungen insbesondere im Bereich künstlicher Intelligenz erst mit einer hinreichender Datengrundlage ihre volle Wirkung entfalten. Somit gilt bei Daten ganz grundsätzlich: Mehr ist besser.
Teilt nur ein Akteur seine Daten, profitieren alle anderen – er selbst jedoch nicht
Europa ist also auf das Teilen von Daten angewiesen. Gleichzeitig werden international zu wenig Daten geteilt. Dabei sind die Potenziale immens – und die Kosten eines Verzichts auf ansonsten verfügbare Daten hoch: Alleine die EU könnte es bis 2030 ganze zwei Billionen Euro an Wachstum kosten, wenn internationale Datenströme in größerem Umfang beschränkt werden. Dabei gibt es wenig zu verlieren. Daten werden nicht weniger, wenn man sie teilt und auch die Grenzkosten für Transport und Lagerung sind gering. Das macht Daten – als ökonomisches Gut betrachtet – nicht nur einzigartig, sondern prädestiniert zum Teilen.
Internationaler Datenclub contra Markversagen
Dass Daten international nicht in gesellschaftlich optimalem Maß miteinander geteilt werden, stellt ein Marktversagen dar. Im Sinne des spieltheoretischen Gefangenendilemmas bestehen ökonomische Fehlanreize für die Akteure, die das Teilen von Daten untereinander verhindert. Teilt nur ein Akteur seine Daten, profitieren alle anderen – er selbst jedoch nicht. Alle Akteure antizipieren in der Bildung ihrer Erwartungen deshalb, dass die anderen Akteure vor der Datenteilung zurückschrecken. Im Gesamtergebnis ist deshalb für alle Akteure die beste Strategie, ihre Daten nicht mit den anderen zu teilen. Das ist individuell nachvollziehbar, führt gesamtgesellschaftlich jedoch nicht zum optimalen Ergebnis. Entscheiden sich Akteure dennoch zur Datenteilung, ist die Gefahr der Trittbrettfahrerproblematik groß: Der Nutzen aus verbesserten Datenverfügbarkeit kommt Akteuren zugute, die dafür keine Gegenleistung erbringen müssen.
Ein Lösungsansatz gegenüber diesem Dilemma kann in der Gründung eines internationalen Datenclubs liegen. Dadurch werden Möglichkeiten geschaffen, um die vorliegenden Fehlanreize durch Kooperation zu überwinden. Etwa durch klare Eintrittsbarrieren und kredible Vereinbarungen, Daten zur Verfügung zu stellen. Diese Second-Best-Lösung gegenüber der (nicht stattfindenden) automatischen Kooperation aller Akteure kann auch deshalb funktionieren, da es beim Datenteilen zum wiederholten Spiel kommt – und somit ein langfristiger Anreiz zur Zusammenarbeit besteht.
Vom Klimaclub lernen
Vor dem Hintergrund des menschengemachten Klimawandels findet der Clubgedanke zunehmend Eingang in Diskurse und politische Praxis. Zuletzt Ende 2022, als die G7 die Initiative zur Gründung eines Klimaclubs ergriffen hat. Dabei soll ein internationaler Club auch hier zur Lösung eines Problems beitragen, das im Grunde ähnlich wie beim Datenteilen ist: Für die Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft müssen die einzelnen Staaten die Anpassungskosten in von ihnen produzierten Gütern und Dienstleistungen einpreisen. Doch Klima und Umwelt sind als globales öffentliches Gut anzusehen: Prescht nur ein Staat vor, so kostet ihn das internationale Wettbewerbsfähigkeit – und bringt allen anderen den „Nutzen“ eines abgeschwächten Klimawandels. Wie auch beim Datenteilen, liegt dann ein Gefangenendilemma vor.
Um dem daraus resultierenden Trittbrettfahrerverhalten zu begegnen, wurde vom Nobelpreisträger Wiliam D. Nordhaus die Idee des Klimaclubs entwickelt. Der Klimaclub ist im Kern ein multilaterales Handelsabkommen mit mehreren Instrumenten, um Anreize für Kooperation beim Klimaschutz zu setzen. Dadurch sichern sich die teilnehmenden Staaten in ihrer Wettbewerbsfähigkeit ab und stellen eine Eintrittsbarriere gegenüber Nichtmitgliedern auf. Kooperierende Mitglieder werden entsprechend belohnt und Nichtmitglieder haben zunehmend gute Gründe, dem Club ebenso beizutreten. Die beim Klimaclub gemachten Umsetzungserfahrungen kann sich auch ein internationaler Datenclub zu Nutzen machen.
Einen internationalen Datenclub ausgestalten
Ein internationaler Datenclub müsste wie im Fall des Klimaclubs an verschiedenen Hebeln ansetzen. Ähnlich wie bei CO2-Strafzöllen könnten Abgaben für Datenströme in nicht-kooperierende Länder erhoben werden. Alternativ könnte man auch in Nicht-Mitgliedsländern ansässige Anbieter datenbasierter Services mit einer Abgabe belegen oder überhaupt den Zugang zu Daten des Datenclubs verwehren, sofern sie nicht ihre Daten innerhalb des Datenclubs teilen. Jedenfalls bedarf es einer klugen Ausgestaltung der Differenzierung zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern. Dadurch können etwaige Wettbewerbsnachteile, die durch das einseitige Teilen von Daten entstehen, kompensiert werden. Gleichzeitig wird ein deutlicher Anreiz geschaffen, dem Datenclub beizutreten. Eine funktionierende Differenzierung ist elementar für den Erfolg eines Datenclubs.
Es wäre für die EU ein logischer Schritt bei ihren Regulierungsvorhaben, sich nicht nur nach innen auf den Binnenmarkt zu beschränken, sondern ihr Profil als globale Standardsetzerin auch nach außen zu schärfen
Elementar für einen Datenclub ist neben den richtigen ökonomischen Anreizen auch die technische Ausgestaltung, um die Datennutzung zuverlässig kontrollieren zu können. Es muss sichergestellt werden, dass Daten nicht außerhalb des Clubraums landen. Dazu bietet sich eine zentrale Datenhaltung an. Technisch gesprochen könnte dies ein riesiger Data Lake sein, in dem Daten nach dem Treuhänderprinzip verwahrt werden und den Mitgliedern lediglich Zugriff darauf gewährt wird. Dadurch wird die Datenhoheit gewährleistet und gleichzeitig das Risiko, dass Daten in die Hände von Nicht-Mitgliedern fallen, minimiert. Neben der Verbesserung der Datenverfügbarkeit kann ein Datenclub zudem als Forum fungieren und eine verbindliche Plattform auf internationaler Ebene schaffen, um zu besprechen, welche Daten geteilt werden sollen. Dies betrifft insbesondere eine Harmonisierung von Themen wie Datenschutz, Standards zu Erhöhung der Interoperabilität oder Data Governance im Allgemeinen. Außerdem können verschiedene Datenteilungsmodelle in ihrer Umsetzung genauer erprobt und spezifiziert werden.
Als Initiatorin für einen internationalen Datenclub kommt die EU als aktuell weltweit führende Staatenorganisation im Bereich digitaler Regulierung in Frage. Es wäre für die EU ein logischer Schritt bei ihren Regulierungsvorhaben, sich nicht nur nach innen auf den Binnenmarkt zu beschränken, sondern ihr Profil als globale Standardsetzerin auch nach außen zu schärfen. Und es wäre ein lohnender Schritt für die EU, da sie von einer solchen Initiative tendenziell am stärksten profitieren kann.
Ein Datenclub als Chance für die digitale Transformation – in Europa und weltweit
Ein internationaler Datenclub kann – wenn entsprechend ausgestaltet – dabei helfen, die derzeitige Situation von Marktversagen beim Datenteilen zu überwinden. Gerade die EU kann davon besonders profitieren und ihre Vorreiterrolle bei der Digitalregulierung dazu nutzen, um bei der Gründung eines solchen Clubs die Initiative zu ergreifen. Aber nicht nur für die EU, sondern für alle Staaten ergibt sich daraus ein Mehrwert. Neben höherer Datenverfügbarkeit für die Entwicklung von datengetriebenen Anwendungen entsteht ein verbessertes Level-Playing-Field. Dadurch verlagert sich der Wettbewerb von der Datenvorhaltung hin zur Datennutzung. Dies wiederum trägt zur Entwicklung von algorithmischen Systemen bei, die bestmöglich relevante Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft adressieren. Letztlich ist dies der ureigenste Zweck von Daten.
Zu den Autoren:
Markus Overdiekund Thomas Schwab sind Project Manager im Programm Europas Zukunft der Bertelsmann Stiftung. Markus Overdiek beschäftigt sich mit wirtschaftlichen Abhängigkeiten der EU im Kontext des grünen und digitalen Wandels. Thomas Schwab arbeitet zu den Auswirkungen des grünen und digitalen Wandels auf die wirtschaftliche Entwicklung Europas.
Die Militarisierung der ersten Inselkette Die NATO weitet ihre Zusammenarbeit mit Japan auf breiter Front aus – zu einer Zeit, zu der Tokio aufrüstet wie nie seit 1945. Die USA bereiten die gesamte erste Inselkette vor China auf Krieg vor.
german-foreign-policy.com, 3. Febnruar 2023
TOKIO/WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Die NATO wird die Zusammenarbeit mit Japan gezielt ausbauen und mit ihren traditionellen Streitkräften, in der Cyberabwehr sowie im Weltall enger als bisher mit dem ostasiatischen Land kooperieren. Die Welt sei „an einem historischen Wendepunkt“ angelangt, an dem sich das „Kräftegleichgewicht im Indo-Pazifik schnell verschiebt“, heißt es in einer Gemeinsamen Erklärung, die NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Japans Ministerpräsident Fumio Kishida diese Woche in Tokio unterzeichnet haben. Der Ausbau der Kooperation, den Berlin auch auf nationaler Ebene gezielt vorantreibt, geschieht in einer Zeit, in der Japan eine seit 1945 beispiellose Aufrüstung startet: Es erhöht seinen Militäretat um über 50 Prozent, wird zum Land mit dem drittgrößten Wehrhaushalt der Welt und beschafft ein Raketenarsenal, das Ziele in China geballt angreifen kann. Parallel intensivieren die USA ihre Militärkooperation mit Japan – in einer Weise, die Experten mit dem Aufbau westlicher Militärpotenziale im Umfeld der Ukraine ab 2014 vergleichen. Ähnliche Schritte unternimmt Washington auf der gesamten ersten Inselkette vor China – auch auf Taiwan und in den Philippinen.
Zitat: Die NATO und Japan
Die Kooperation zwischen der NATO und Japan geht letztlich auf erste Kontakte zu Beginn der 1990er Jahre zurück – in der Zeit, als sich Tokio an der „Operation Südflanke“ beteiligte, einem von der deutschen Marine geführten Einsatz zur Minenräumung im Persischen Golf in den Jahren 1990 und 1991.[1] Ab etwa 2007 bauten beide Seiten ihre Zusammenarbeit aus; so fand im April 2008 ein erstes deutsch-japanisches Manöver statt, als Kriegsschiffe der deutschen Marine im Golf von Oman gemeinsam mit Schiffen der japanischen Marine Übungen abhielten. Im Jahr 2013 unterzeichneten beide Seiten eine gemeinsame politische Erklärung, in der sie eine engere Kooperation in den Blick nahmen; im Jahr 2014 folgte der Start eines Programms zum Ausbau der sogenannten Interoperabilität.[2] Im Dezember 2020 nahm Japan – an der Seite Südkoreas, Australiens, Neuseelands, Finnlands und Schwedens – erstmals an einem Treffen der NATO-Außenminister teil; auf dem NATO-Gipfel im Juni 2021 in Brüssel wurde dann der Ausbau der praktischen Zusammenarbeit der NATO mit den verbündeten Staaten in der Asien-Pazifik-Region beschlossen, darunter Japan.[3] Am NATO-Gipfel im Juni 2022 in Brüssel nahm erstmals Ministerpräsident Fumio Kishida persönlich teil.
„An einem historischen Wendepunkt“
Die NATO will nun ihre Beziehungen zu Japan systematisch weiter intensivieren. Am Dienstag traf Generalsekretär Jens Stoltenberg zunächst auf der Iruma Air Base bei Tokio ein; von dort starten japanische Transportflugzeuge mit Versorgungsgütern für die Ukraine.[4] Anschließend kam Stoltenberg in Tokio mit Kishida zusammen, um den Ausbau der Kooperation zu besprechen und eine Gemeinsame Erklärung darüber zu verabschieden. Darin heißt es, die Welt sei „an einem historischen Wendepunkt“ angelangt, an dem sich das „Kräftegleichgewicht im Indo-Pazifik schnell verschiebt“; dabei sei – vor dem Hintergrund der Machtkämpfe gegen Russland wie auch gegen China – „die Sicherheit des Euro-Atlantik und des Indo-Pazifik eng verbunden“.[5] Die NATO und Japan starteten deshalb ein neues Kooperationsprogramm (Individually Tailored Partnership Programme, ITPP) und würden zukünftig nicht nur in Bereichen wie der maritimen Sicherheit, sondern auch in der Cyberabwehr und im Weltraum, bei der Abwehr „hybrider Herausforderungen“ und in der Propaganda („strategische Kommunikation“) und auf weiteren Feldern eng kooperieren. Japan werde von nun an regelmäßig an Treffen des Nordatlantikrats und der NATO-Verteidigungsminister teilnehmen.
Beispiellose Aufrüstung
Der transatlantische Militärpakt baut seine Zusammenarbeit mit dem ostasiatischen Staat zu einer Zeit aus, zu der Japan eine seit 1945 beispiellose Militarisierung eingeleitet hat. Bereits im Jahr 2015 hatte das japanische Parlament einem Gesetz zugestimmt, das es erlaubt, die Verfassung, die militärische Aktivitäten ausschließlich zur Selbstverteidigung zulässt, neu zu interpretieren. Seitdem dürfen die japanischen Streitkräfte auch im Ausland operieren, wenn das einer breit auslegbaren „kollektiven Selbstverteidigung“ dient.[6] Zudem stockt Tokio seinen Militäretat dramatisch auf; im Dezember kündigte die Regierung an, die Mittel für die Streitkräfte im kommenden Fünfjahreszeitraum um 56 Prozent auf 318 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Damit hätte Japan das drittgrößte Wehrbudget weltweit. Darüber hinaus sollen die japanischen Streitkräfte – in Abkehr von tatsächlicher Verteidigung – die Fähigkeit entwickeln, „Gegenschläge“ auf feindliches Territorium durchzuführen; dazu sollen Raketen des US-Modells Tomahawk mit einer Reichweite von mehr als 1.500 Kilometern beschafft und eigene Raketen entwickelt werden.[7] Nicht zuletzt hat Japan im Oktober 2022 ein Verteidigungsabkommen mit Australien geschlossen, das es beiden Seiten gestattet, Truppen in das jeweils andere Land zu entsenden.[8]
„Tödlicher, beweglicher, leistungsfähiger“
Gleichzeitig haben auch Tokio und Washington begonnen, ihre enge Militärkooperation noch weiter zu intensivieren. So werden die Vereinigten Staaten ihre Truppenpräsenz auf Okinawa modifizieren. Dort wird nun ein US-Artillerieregiment durch eine US-Einheit ersetzt, die „tödlicher, beweglicher und leistungsfähiger“ als die bisherige Truppe sein soll.[9] Darüber hinaus sollen Vorkehrungen getroffen werden, um US-amerikanische und japanische Militärs schnell auf weit vorgelagerte Inseln in Japans äußerstem Südwesten bringen zu können; diese liegen nicht weit von Taiwan oder sind – im Fall der Senkaku-/Diaoyu-Inseln, die auch von China beansprucht werden – territorial umstritten. Washington hat kürzlich bestätigt, dass ein bewaffneter Konflikt um die Diaoyu-/Senkaku-Inseln von ihm als Bündnisfall angesehen werde. US-Militärs berichten, die Streitkräfte der USA und Japans seien zur Zeit dabei, ihre Kommandostrukturen zu integrieren und gemeinsame Operationen exponentiell auszudehnen, um sich auf einen Krieg gegen China vorzubereiten. Alles in allem schüfen sie ein Umfeld, wie es die Ukraine ab 2014 erhalten habe – mit Training, dem Aufbau vorgeschobener Nachschublager und der Identifikation von Orten, von denen aus man jeweils Unterstützungsmaßnahmen durchführen könne.[10]
Mögliche Kriegsschauplätze
Ähnlich gehen die Vereinigten Staaten den US-Militärs zufolge auf den Philippinen vor, wo sie ebenfalls Vorkehrungen für einen etwaigen Krieg gegen China treffen. Dort bauen sie militärische Anlagen aus, die für die Unterbringung von US-Truppen genutzt werden können, aber auch zum Einlagern von Kriegsgerät in großer Nähe zu möglichen Kriegsschauplätzen (Army Prepositioned Stock, APS). Befanden sich derlei Einrichtungen bislang meist nahe der Hauptstadt Manila oder auf der von Unruhen erschütterten Insel Mindanao, so sollen nun militärische Einrichtungen in der Provinz Cagayan und auf der Insel Palawan hinzukommen; Cagayan liegt ganz im Norden der Hauptinsel Luzon, nur wenige hundert Kilometer von Taiwan entfernt, während sich vor der Westküste Palawans die zwischen den Philippinen und China umstrittenen Inseln der Spratly-Gruppe befinden.[11] Auf den Philippinen dehnen die Vereinigten Staaten ihre Manövertätigkeit ebenso aus wie die Rüstungslieferungen an die Streitkräfte ihrer ehemaligen Kolonie. Systematisch aufgerüstet wird auch Taiwan.[12]
„Wir werden 2025 kämpfen“
Unterdessen macht ein US-Luftwaffengeneral mit der Einschätzung Schlagzeilen, ein Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und China sei nicht mehr weit entfernt. „Ich hoffe, ich irre mich“, äußerte kürzlich General Mike Minihan, Kommandeur des Air Mobility Command: „Mein Bauch sagt mir, wir werden im Jahr 2025 kämpfen.“[13] Minihan fordert die ihm untergebenen Militärs auf, sich auf ein solches Szenario einzustellen; es werde darum gehen, „innerhalb der ersten Inselkette zu kämpfen und zu gewinnen“. Die erste Inselkette erstreckt sich von Japan und seinen südwestlichen Inseln über Taiwan und die Philippinen bis nach Borneo. Es ist das Gebiet, in dem die USA aktuell ihre Militärpräsenz ausweiten. Die verstärkte Kooperation mit Japan macht die NATO und mit ihr zugleich auch die Bundesrepublik zur Partei in einem etwaigen US-Krieg gegen China – Deutschland umso mehr, als Berlin auch die nationale Militärkooperation mit Japan intensiviert (german-foreign-policy.com berichtete [14]).
[4] Secretary General in Tokyo: No NATO partner is closer or more capable than Japan. nato.int 31.01.2023.
[5] Joint Statement. Issued on the occasion of the meeting between H.E. Mr Jens Stoltenberg, NATO Secretary General and H.E. Mr Kishida Fumio, Prime Minister of Japan. nato.int 31.01.2023.
[13] Courtney Kube, Mosheh Gains: Air Force general predicts war with China in 2025, tells officers to prep by firing ‘a clip’ at a target, and ‘aim for the head’. nbcnews.com 27.01.2023.
Menschlichkeit im Schützengraben? Was die westliche Propaganda verschweigt
Von Dagmar Henn
Brutal, grausam, hemmungslos und verbrecherisch sind die Adjektive, die in Deutschland der russischen Kriegsführung zugeschrieben werden, so wie dies in Verfälschung der historischen Tatsachen auch der Roten Armee unterstellt wird. Die Realität ist anders.
Screenshot aus Video
Zitat: Russland führe einen brutalen, grausamen Krieg in der Ukraine, behauptet die deutsche Presse, und Politiker wie Außenministerin Annalena Baerbock behaupten gar, es ginge um einen Genozid. Brutaler, als Krieg an sich ist, der immer Menschenleben kostet? Brutaler als das, was seit bald neun Jahren im Donbass angerichtet wird?
Schon im Sommer gab es einen Artikel eines US-Marines, der ausführte, dass die Art und Weise, wie die russische Armee vorginge, eher ungewöhnlich schonend sei. Ungeachtet der hohen Verluste des ukrainischen Militärs, bei denen man inzwischen die von Ursula von der Leyen benannten 100.000 Gefallenen als absolute Untergrenze ansetzen kann, sind die Verluste in der Zivilbevölkerung durch russische Kriegshandlungen weit niedriger als in sämtlichen Kriegen seit 1945. Was nichts daran ändert, dass in den deutschen Medien dann eben die Folgen ukrainischer Luftabwehr als russische Gräueltaten verkauft werden, aber auch diese Tatsachen werden sich irgendwann durchsetzen.
Der Grund dafür ist, dass eigentlich niemand in Russland gegen die Ukraine kämpfen will, sondern Russland tatsächlich dazu gezwungen wurde. Ganz zu Beginn des Konflikts, 2014, hatte ich längeren Kontakt zu einer Ukrainerin, die immer von ihrer "kleinen Heimat", der Ukraine, und ihrer "großen Heimat", der Sowjetunion, schrieb. Das ist eine Sicht, die anders herum genauso existiert. Und trotz der abscheulichen Ideologie, die die heutige Ukraine im Griff hat, ist das Verhältnis der Russen zu ihr, so eigenartig das im Moment klingen mag, eher zärtlich.
Wie tief das geht, habe ich erst begriffen, als ich in Moskau der russischen Küche begegnete. Der Spitzname, der lange Zeit im Donbass für die Ukrainer üblich war, lautete "Ukrops", auf Deutsch ist das Dill. Würde man jemanden, den man wirklich hasst, mit dem Wort für ein Gewürz belegen, das in fast allen salzigen Speisen zu finden ist? Das geht ein wenig in die Richtung des Märchens, von dem König, der seine drei Töchter befragt, wie sehr sie ihn lieben, und die dritte, die antwortet, sie liebe ihn wie das Salz, verbannt – bis sie ihm später, als Küchenmagd getarnt, eine Suppe serviert, der das Salz fehlt.
Im letzten Gespräch von The Duran mit Scott Ritter beschreibt dieser eine Szene, die ihn besonders verblüfft hat, aus einem von vielen Videos, die von den Kämpfen kursieren. Er beschreibt zuerst, wie er bei den US-Marines gelernt hat, Schützengräben zu säubern, und betont, zum Glück habe er das nie tun müssen.
"Jede Einheit der Marines, an der ich beteiligt wäre, die über einen Schützengraben hinweg angreift, da gibt es keine einzige lebende Person. Wenn wir etwas sehen, das sich bewegt, töten wir es. Wenn da ein Bunker ist, geht eine Granate rein, wir folgen mit Feuer, wir töten alles, was sich bewegt oder zuckt. Insbesondere, wenn wir selbst ständig unter feindlichem Feuer stehen oder ein möglicher Gegenangriff droht. Es wird keine Gefangenen geben. Nicht, weil wir Kriegsverbrecher sind, wir geben dir nur keine Gelegenheit, dich zu ergeben. Weil unsere Leben in Gefahr sind, und mir liegen meine Marines mehr am Herzen als die Leute in dem Graben. Also heißt es: Töte sie alle und setze den Angriff fort! Wenn es Verwundete gibt, und wir später die Verwundeten herausholen, behandeln wir die Verwundeten gut, aber die Vorstellung 'Hände hoch, ich ergebe mich' – es tut mir leid, du bekommst keine Chance, die Hände zu heben, denn wenn du in dem Graben gegen mich stehst, stirbst du."
Wer das Video auf Englisch ansehen kann, sollte es tun. Der Link oben geht auf die zitierte Stelle, aber auch der Rest des Gesprächs ist sehr spannend. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Gefühl wichtig, das Ritter vermittelt, während er diese Szenen beschreibt, das die Worte nur bedingt wiedergeben:
"Und immer wieder sehe ich diese Russen, die reingehen und die Ukrainer anflehen, sich zu ergeben, sie anflehen, ihnen jede Gelegenheit dazu geben. Die sich selbst Dingen aussetzen, die ich mir nicht einmal vorstellen konnte. Es gibt eines, in dem drei Jungs tatsächlich fünf Ukrainer auf dem Boden haben, angegriffen werden und sich um den Angriff kümmern müssen, und schlicht sagen: 'Bleibt da, bewegt euch nicht' ... und sie lassen sogar die Waffen in deren Nähe ... Ich dachte nur, nein! Nein, so etwas tut man nicht! Du tötest sie, weil sie eine Gefahr für dich darstellen! Sie sind der Feind, sie versuchen, dich zu töten! Die Russen tun das nicht, weil das ihr Bruder ist ... das ist ihr Cousin, das ist wortwörtlich ihr Blut. Und wir begreifen das nicht."
Er hat recht, es gibt eine Menge solcher Videos, und jenes eine, das er beschreibt, erweckt sogar bei völlig unmilitärischen Zuschauern ein Gefühl des Unbehagens, denn die gegnerischen Insassen dieses Grabens sind nicht einmal provisorisch gebunden, und die Russen vertrauen ihnen so sehr, dass sie ihnen sogar den Rücken zuwenden, während sich ihre Waffen noch in der Nähe befinden.
Natürlich sind solche Videos kein Beleg dafür, dass das immer so passiert; doch selbst als Ausnahme ist es bemerkenswert. Nicht nur, weil im Interesse der Menschlichkeit ein hohes persönliches Risiko eingegangen wird; schon allein, weil die Gleichzeitigkeit der fortlaufenden Kampfhandlungen mit dieser Gnade eine ungeheure Disziplin erfordert, denn im Grunde geht es um emotionale Zustände, die einander ausschließen.
Das, was Scott Ritter als Vorgehensweise der Marines beschreibt, ist leichter zu realisieren, weil die Trennung zwischen der normalen Person und jener, die kämpft, einfach durch den Kampf selbst erfolgt; während des Kampfes gilt gewissermaßen Modus A, und wenn Ruhe herrscht, Modus B. Eine Situation, in der das eigene Überleben bedroht ist, ist physiologisch ein absoluter Ausnahmezustand, und der Hormonflut, die das auslöst, die das klare Kommando gibt "ich und nicht er", in diesem Ausmaß entgegenwirken zu können, bedarf tatsächlich einer Anstrengung, und das ganze Kriegsrecht ist danach angelegt, dass das in der Regel erst gelingt, wenn die akute Kampfphase vorüber ist.
Eine emotionale Bindung an das gerade noch feindliche Gegenüber ist sicher etwas, das das Entstehen solcher Momente erleichtert. Während eine Propaganda, die dieses Gegenüber entmenschlicht, der Möglichkeit solcher Augenblicke entgegenwirkt und die Wahrscheinlichkeit von Übergriffen, also tatsächlichen Verstößen gegen das Kriegsrecht, erhöht. In der ukrainischen Propaganda ist das das Leitmotiv. Das begann bereits 2014, als die Anti-Maidan-Demonstranten mit Kartoffelkäfern gleichgesetzt wurden, und setzt sich bis heute fort, da von "Orks" die Rede ist, was die deutsche Presse auch noch begeistert übernimmt.
Auch die russische Propaganda ist da anders. Es gibt eine Reihe von Zeichentrickfilmen, die man tatsächlich als Kriegspropaganda im strengen Sinne bezeichnen kann, deren Hauptfigur eine als Schweinchen dargestellte Ukraine ist, mit Nazi-Tätowierungen. Ihre Gegner sind ein Bär für Russland und ein Büffel für Weißrussland. Inzwischen sind 16 Folgen dieser Filmchen erschienen und werden eifrig im russischen Netz geteilt.
Aber das Schweinchen ist nicht böse, es ist nur dumm. Es wird in jedem dieser Filmchen aufgehalten, aber eher so, wie ein Vater ein Kind aufhält, das aus Übermut oder Wut irgendwelchen Unfug anstellt. Das Schweinchen ist nicht Täter, sondern Opfer.
Womöglich ist das der tiefere Grund, warum jede Darstellung der russischen Sicht unterbunden werden soll, und warum jede Erwähnung des ukrainischen Nazismus zur "russischen Propaganda" erklärt werden muss, obwohl selbst die westlichen Medien in der Vergangenheit darüber berichteten. Denn wenn deutlich wird, dass dieser Punkt keine Propaganda ist, das Verhältnis zu den Ukrainern insgesamt aber dennoch weit mehr von Zuneigung und Sorge geprägt ist als von Hass, entblößt das auch die westliche Darstellung der Russen als die entmenschlichende Kriegspropaganda, um die es sich dabei handelt.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
02.02.2023
Putin warnt Westen: "Unfassbar, aber wieder bedrohen uns deutsche Panzer und Bandera-Milizen"
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich zu der Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, deutsche Panzer an Kiew für den Kampf gegen Russland zu senden, geäußert. Er bezeichnete es als unfassbar, dass heute nach den Schrecken und Lehren des Zweiten Weltkrieges Russland "erneut von deutschen Panzern bedroht wird, von Leopardpanzern, bemannt und mit Kreuzen" und zwar "in den Händen von Hitlers Nachfahren, in den Händen der Bandera-Anhänger."
Zitat: Zwar wisse Russland, dass es viele Freunde in westlichen Ländern hat, er warnte aber die Drahtzieher hinter der anti-russischen Politik.
"Diejenigen, die europäische Länder und darunter Deutschland in einen neuen Krieg gegen Russland verwickeln wollen (...) diejenigen, die darauf hoffen, dass sie Russland auf dem Schlachtfeld besiegen können, verstehen wahrscheinlich nicht, dass ein moderner Krieg gegen Russland für sie was ganz anderes bedeuten wird."
"Wir schicken keine russischen Panzer an die Grenzen der westlichen Länder, aber wir sind zu einer Antwort bereit. Nicht nur Panzer würden dann für uns sprechen. Dessen müssen sich alle bewusst sein."
Putin hat die Rede am Donnerstag anlässlich des 80. Jahrestags zur Zerschlagung der Truppen der Wehrmacht bei Stalingrad durch die Rote Armee gehalten und dafür die Stadt besucht, die heute Wolgograd heißt.
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