Führen Verluste in Ukraine und Konflikt mit China zu imperialer Überdehnung der USA?
seniora.org, vom 21. Januar 2023 von Dr. Peter F. Mayer - tkp.at, 23. Januar 2023
Die USA und ihr NATO-Gefolge sind offenbar dabei verschiedenste Waffensysteme an die Ukraine zu liefern. Analysten sehen das eher als Verzweiflungstat an, denn als für die Armee der Ukraine hilfreiche Maßnahme. Die unterschiedlichen Systeme werfen eine Reihe von Problemen auf bezüglich Ausbildung, Logistik und Wartung. All das müsste erst geschaffen werden, was aber Monate dauert. Die Lage insgesamt und die geopolitische Lage könnte sich ebenfalls gegen den Westen gewandelt haben, meinen Analysten.
Zitat: Einer der meistrespektierten Analysten ist der frühere Geheimdienstoffizier des US Marine Corps Brian Berletic. In einem Video analysiert er die geplanten Waffenlieferungen des Westens und erklärt, warum sie nur geringe Wirkung haben werden. Die alte Ausrüstung der Ukraine aus Sowjetzeiten mit knapp 1000 Panzern, Raketen, Drohnen und Geschützen scheint weitgehend vernichtet oder einfach kaputt geworden zu sein.
Änderungen in der geopolitischen Lage
Noch interessanter sind aber die geopolitischen Folgen der Verluste der Ukraine und die offensichtlichen Probleme in der westlichen Produktion mit dem Tempo der Vernichtung der Waffensystem und dem Verbrauch an Munition Schritt zu halten. Die USA sind nun gezwungen, Munition aus ihren Geheimlagern in Israel und Südkorea an das Kiewer Regime zu liefern.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Welt mit der Auflösung der bipolaren Weltordnung und dem Aufstieg Amerikas zur „einzigen Supermacht“ dramatisch gewandelt. In letzter Zeit hat dieser Prozess eine weitere Wendung genommen: Die unipolare Welt weicht dem Aufstieg der Multipolarität. Auch wenn diese Umgestaltung noch nicht abgeschlossen ist, handelt es sich doch um einen laufenden Prozess, der nur mehr durch ein Ereignis katastrophalen Ausmaßes gestoppt werden kann. Erwartungsgemäß gibt die unipolare Welt nicht auf, und die Vereinigten Staaten, die Hauptträger dieses Systems, das euphemistisch als „regelbasierte Weltordnung“ bezeichnet wird, versuchen ihr Bestes, um das Aufkommen der Multipolarität zu verhindern.
Die neoliberalen Kriegsherren tappen jedoch in dieselbe Falle wie viele andere Imperien vor ihr – imperiale Überdehnung. Dieses Stadium haben die USA vermutlich erreicht, als sie zur einzigen Supermacht wurden und glaubten die ganze Welt beherrschen zu können. Der überstürzte Abzug aus Afghanistan in Vorbereitung auf den Krieg in der Ukraine ist ein starker Beleg dafür. Knapp vor dem Eingreifen Russlands hatte die Ukraine ein Heer mit etwa 150.000 Mann vorbereitet, das dem Donbass die im Minsker Abkommen garantierte Unabhängigkeit entreißen sollte und die Krim erobern.
Seit dem Untergang von Weltreichen in der Antike wissen wir, dass ein ungezügeltes Streben nach globaler Vorherrschaft unweigerlich zur Erschöpfung der Ressourcen führe. Genau das passiert jetzt mit dem politischen Westen unter Führung der USA.
Durch die Gier des Finanzkapitals und der neoliberalen Globalisten nach Extra-Profiten und Ausweitung ihre Macht, wurde die Weltwirtschaft langsam nach Asien verlagert, wobei China die zentrale Rolle in diesem Prozess spielte. Mit der fortschreitenden Auslagerung der Produktionsstätten in Billiglohnländer mit den entstehenden komplexen Lieferketten und hohen Anforderungen an Transportkapazitäten, hat sich der Westen massive Problem in der ebenfalls globalistisch organisierten Militärproduktion geschaffen.
Die Corona Maßnahmen, die dem Ausbau der Herrschaft und der Vernichtung des Mittelstandes dienen sollte, brachte die Lieferketten und Logistiksysteme noch zusätzlich durcheinander. Da hatte man mit den militärischen Abenteuern in der Ukraine und in Taiwan entweder früher beginnen und Corona auf danach verschieben sollen, oder noch ein Jahr abwarten bis sich die globalistische Wirtschaft konsolidiert hat. Aber wie Haiphong und Berletic im Video unten analysieren, glaubt man insbesondere beim Konflikt mit China ein sich rasch schließendes Fenster der Gelegenheit (window of opportunity) zu haben.
Am 17. Januar berichtete die New York Times, dass Amerika nun gezwungen ist, Munition aus seinen geheimen Lagerbeständen in Israel an das Kiewer Regime zu liefern, das nun zunehmend auf westliche Waffen angewiesen ist. Da das Pentagon vorhersagt, dass sich Russland in der Endphase der Vorbereitungen für eine Großoffensive befindet, wird die ukrainische Armee Hunderttausende von Artilleriegranaten und andere Waffen benötigen. In dem Bericht heißt es, dass ein Großteil der bisher geheim gehaltenen Bestände bereits nach Europa verschifft wurde und demnächst an das Kiewer Regime übergeben werden soll. Es ist nicht das erste Mal, dass Amerika auf Waffenreserven in Übersee zurückgreift, denn ein ähnliches Lager in Südkorea wird ebenfalls angezapft.
Sowohl Israel als auch Südkorea haben offiziell dementiert, der Ukraine so genannte „tödliche Hilfe“ zukommen zu lassen, was die Sache höchst umstritten macht, da Russland darin einen feindlichen Akt sehen könnte. Dies könnte die geopolitische Lage im Nahen Osten und im asiatisch-pazifischen Raum verkomplizieren, da Israel mit der russischen Präsenz in Syrien konfrontiert ist, während Südkorea häufig auf Moskau angewiesen ist, um die Spannungen mit seinem nuklear bewaffneten nördlichen Nachbarn abzubauen. Die Beteiligung beider Länder an der westlichen Aggression gegen Russland könnte zu einer unkontrollierbaren Eskalation in diesen Gebieten führen, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass Russland Ländern hilft, die es als feindlich betrachtet. Dies wiederum könnte Amerikas Fähigkeiten zur Machtprojektion in beiden Regionen weiter aushöhlen.
Da Amerikas globale Macht schwindet, wird seine Abhängigkeit von regionalen Verbündeten und Satellitenstaaten unweigerlich zu Problemen führen, da diese weniger geneigt sein werden, dem Diktat Washingtons blindlings zu folgen. Israel, Südkorea und andere werden versuchen, schlechte Beziehungen zu Moskau und Peking zu vermeiden, während die Europäische Union immer zu langsam sein wird, um in den meisten wichtigen Fragen einen Konsens zu finden. Extremistische Regime wie die in der Ukraine und nichtstaatliche Akteure (d.h. zahlreiche von USA und NATO unterstützte Terrorgruppen) werden immer schwieriger zu kontrollieren sein und immer mehr Ressourcen benötigen, was die imperiale Überforderung der USA weiter verschärft.
Ein Beispiel dafür ist die Aktivierung Japans die als fernöstliche Militärmacht die USA im Kampf gegen China unterstützen soll. Das hat kürzlich ein hoher US-Militär ganz offen zugegeben. Der Oberbefehlshaber des US Marine Corps für Japan, Generalleutnant James Bierman, ist der Meinung, dass es „zahlreiche Parallelen“ zwischen der Ukraine und Taiwan gibt, und räumt ein, dass die USA ein „Anti-China-Theater“ vorbereiten, indem sie die Koordination mit ihren regionalen Satellitenstaaten verstärken.
Das alles und mehr bespricht Brian berletic mit dem unabhängigen US-Journalisten Danny Haiphong, dem Host von //youtube.com/@theleftlens">The Left Lens:
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Peter F. Mayer ist Publizist im Bereich Science & Technology. Nach dem Physikstudium war er einige Jahre in der IT-Branche und Softwareentwicklung tätig. Danach wechselte er in den Journalismus als Herausgeber und Chefredakteur bei Telekom-Presse und pfm – Magazin für Infrastruktur und Technologie und arbeitete in der Chefredaktion der HighTech Presse. Er verfasste Beiträge für Die Presse, Salzburger Nachrichten, ORF, Profil, Wienerin und andere. Er ist überzeugter Vater zweier Töchter.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
23.01.2023
Die Mitverantwortung des Westens am Ukraine-Krieg
Eben meldet die deutsche Rüstungsfirma Hensoldt die Lieferung zweier TRML-4D high-performance Radarsysteme an die Ukraine, Reichweite 250 km. (Vertragsdatum 18. Januar 2023). CEO Thomas Müller: «Die Radare für die ukrainische Luftverteidigung schützen Menschenleben, und wir sind stolz darauf, dass wir so kurzfristig dringend benötigte Ausrüstung liefern können.» Siehe dazu am Ende des Artikels den Hinweis auf ein Interview mit General a.D. Harald Kujat, der darauf hinweist, dass Waffenlieferungen den Krieg nur verlängern. (Photo Hensoldt)
(Red.) Auch wenn sie im Vergleich zu den großen Konzernmedien vergleichsweise kleine Auflagen haben, es gibt Publikationen, in denen man hervorragende politische Analysen lesen kann. Eine solche Publikation ist die Schweizer Zeitschrift «Zeitgeschehen im Fokus» (Details siehe am Ende des hier folgenden Artikels.) Dem in der neusten Ausgabe abgedruckten Artikel von Thomas Kaiser ist nichts beizufügen, man kann jeden Satz unterschreiben.(cm)
Während sich die offizielle Berichterstattung über den Ukraine-Krieg an das schwarz-weiss Schema klammert – im Sinne von Ukraine, Selenskij und Nato gut, Russland und Putin schlecht – , gibt es zum Glück immer wieder Stimmen, die die Dinge nüchtern, ohne moralische Überhöhung und politische Arroganz betrachten. Man muss sie suchen, aber man findet sie. Als Kriegstreiberin steht jedoch die grüne (im doppelten Sinne des Wortes) deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock unangefochten an der Spitze. Doch wer von «Panzerschlachten im 19. Jahrhundert» fabuliert und von Ländern, die «Hunderttausende von Kilometern entfernt liegen», hat entweder keine Bildung oder den Bezug zur Realität verloren.
Bei ihrem kürzlichen Besuch in der Ukraine versprach sie weitere Waffenlieferungen. Neben den bereits gelieferten Marder-Panzern plädiert sie für die Lieferungen von Leopard-Kampfpanzern. Es hat den Anschein, als ob Annalena Baerbock als «erste stramme weibliche Militaristin» in die Geschichte eingehen möchte.
Es ist ein Irrsinn, denn dadurch vermittelt man der Ukraine das Gefühl, sie könnte mit ein paar Schützen- und Kampfpanzern Russland besiegen, was nach Auskunft verschiedener ehemaliger und aktiver hochrangiger Militärs in das Reich der Phantasie gehört. Der Oberbefehlshaber der US-Armee, Mark Milley, stellte klar: «Die Wahrscheinlichkeit eines ukrainischen militärischen Sieges – definiert als der Rauswurf der Russen aus der gesamten Ukraine, einschliesslich der von ihnen beanspruchten Krim – ist militärisch gesehen in naher Zukunft nicht sehr hoch.» Auch der ehemalige ranghöchste General und Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, in der Schweiz mit dem Chef der Armee vergleichbar, hält es für eine gefährliche Illusion, zu glauben, die Ukraine könnte den Krieg militärisch für sich entscheiden, wenn man ihr nur ordentlich Waffen liefert: «Die Aussicht auf einen totalen Sieg über Russland ist völlig ausgeschlossen, man kann eine Nuklearmacht nicht besiegen.»
Obwohl es Experten gibt, die diesen Titel aufgrund ihrer fundierten Kenntnisse und militärischen Erfahrungen zu Recht tragen und nicht, weil sie den Mainstream vertreten, scheren sich vor allem westliche Regierungen nicht im geringsten um die Warnungen professioneller Militärexperten. Der ehemalige Oberst der Schweizer Armee und Mitarbeiter des strategischen Nachrichtendienstes Jacques Baud, ein Warner der ersten Stunde, wird von offiziellen Stellen in der Schweiz ignoriert.
Im Eilverfahren die westlichen Armeen aufrüsten
Der Krieg läuft jetzt bald seit einem Jahr, und es gehört zu den Aufgaben eines seriösen Journalismus und einer Regierung, die Ursachen dieses Konflikts sorgfältig zu analysieren, bevor man irgendwelche «Wahrheiten» in die Welt setzt. Häufig war zu lesen, dass Putin aus heiterem Himmel diesen Krieg vom Zaun gebrochen habe und seine finsteren Pläne umsetzen wolle. Die einen warnten vor dem angeblichen Plan Putins, das alte zaristische Russland wieder zu etablieren und alles einnehmen zu wollen, was damals zum Territorium des Russischen Reichs gehörte; andere wiederum wollen die Wiederherstellung der alten Sowjetunion als Ziel des russischen Angriffs sehen. Meist im gleichen Atemzug berichten die Medien, dass die russische Armee in einem desolaten Zustand sei, die Soldaten reihenweise desertierten und die Strategie der Russen völlig veraltet sei. So titelte das Wochenmagazin «Focus»: «Dokumente offenbaren den katastrophalen Zustand der Putin-Truppen.» Auch die deutsche Tageszeitung «Frankfurter Rundschau» wird nicht müde, Russlands Vorgehen als dilettantisch zu bezeichnen: «Russland benutzt veraltete Strategien aus dem Zweiten Weltkrieg in der Ukraine.» Wenn der Zustand der russischen Armee so desaströs ist, warum muss man dann im Eilverfahren die westlichen Armeen aufrüsten? Scholz hat 100 Milliarden Euro gesprochen, um die deutsche Armee kampffähig zu machen. Auf der anderen Seite wird die ukrainische Armee für ihre angebliche Kampfkraft bejubelt. Wenn die medialen Aussagen alle stimmen sollten, dann hätte die ukrainische Armee die Russen schon längst aus dem Land geworfen oder die Russen müssten schon längst das Baltikum, Polen (als Teil des zaristischen Russlands) und weitere Länder mit Krieg überzogen haben. Was stimmt nun?
Nichts davon ist bisher geschehen, und es gibt auch keine Anzeichen dafür. Wir werden hingehalten, an der Nase herumgeführt und mit allen propagandistischen Tricks auf einen antirussischen (Kriegs-)Kurs eingespurt. Dass das nicht erst heute geschieht, sondern die antirussische Stimmung über einen Zeitraum von Jahren gelegt wurde, ist Inhalt einiger Bücher, die bereits 2014 oder 2015, also kurz nach den Unruhen auf dem Maidan und dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten, Viktor Janukowitsch, publiziert wurden. Unter anderen hat Wilfried Scharnagl, langjähriger Chefredaktor des Bayernkuriers und Vertrauter von Franz-Joseph Strauss, bereits 2015 eine kritische Betrachtung mit dem vielsagenden Titel: «Am Abgrund – Streitschrift für einen anderen Umgang mit Russland» publiziert (7). Der Inhalt ist erschreckend und erhellend zugleich.
Zerrbild von Russland und seinem Präsidenten
Man kann Scharnagl als Konservativem sicher keine antiamerikanische oder anti-EU-Einstellung vorwerfen, sondern seine Darstellung orientiert sich wie in anderen Büchern auch (vgl. Adleheid Bahr: Warum wir Frieden und Freundschaft mit Russland brauchen, Frankfurt 2018), an den realen Gegebenheiten. Wilfried Scharnagl leistet eine historische Aufarbeitung der Beziehung zwischen Deutschland und Russland. Dabei erwähnt er im ersten Kapitel das eigens von einem russischen Soldaten komponierte Lied zum Abschied der russischen Truppen aus dem Osten Deutschlands. Am 31. August 1994 hat sozusagen der letzte russische Soldat gemäss den Verträgen Deutschland verlassen, und zu diesem Ereignis fand am Treptower Denkmal in Berlin eine Abschiedsparade statt. Das Lied, das von Tausenden russischer Soldaten gesungen wurde, hat auf Deutsch folgenden Wortlaut: «Deutschland, wir reichen dir die Hand / und kehr’n zurück ins Vaterland / Die Heimat ist empfangsbereit / Wir bleiben Freunde allezeit / Auf Frieden, Freundschaft und Vertrauen / sollen wir unsere Zukunft bauen. / Die Pflicht erfüllt! Lebwohl Berlin! / Unsere Herzen heimwärts zieh’n.» (S. 71) Das Lied musste die Herzen der Menschen bewegen, und es schien, dass tatsächlich eine neue Ära zwischen beiden Staaten beginnen könnte. Doch wenn man die Lage heute betrachtet, so muss man doch mit einer gewissen Ernüchterung feststellen, dass nichts davon zu sehen ist, und zwar nicht erst seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Schon seit Jahren dominiert ein Zerrbild von Russland und seinem Präsidenten in unseren Medien und in der Politik. Man denke nur an Biden, der sagte, Putin sei «ein Killer.» Ob er seine Vorgänger im Amt und sich selbst auch so bezeichnen würde…?
Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon
Zieht man Putins Rede vor dem deutschen Bundestag am 25. September 2001 als Quelle heran, ist unschwer zu erkennen, dass der junge Präsident, wie es einst der letzte Staatschef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, formulierte, die Vision einer versöhnlichen Welt durch eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur und einen gemeinsamen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon vertrat: «Niemand bezweifelt den grossen Wert der Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands vereinigen wird.» Mit dieser Rede hat Putin zu Beginn seiner Präsidentschaft seine aussenpolitischen Ziele formuliert. Was ist danach geschehen? Nichts, was ernsthaft den weitsichtigen Überlegungen Putins Rechnung getragen hätte.
An der Münchner Sicherheitskonferenz sechs Jahre später wird Putin deutlicher. Inzwischen war die Nato- und EU-Osterweiterung trotz starker russischer Sicherheitsbedenken durchgezogen worden. Mit dem Beitritt der baltischen Staaten 2004 zur Nato rückte das Kriegsbündnis bis an die russische Grenze vor. Im Gleichschritt mit der Nato erfolgte die Aufnahme der Länder in die EU. Dass Russland das nicht als freundliche Umarmung erleben konnte, müsste allen auf der politischen Bühne klar gewesen sein. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 machte Putin diesen Schritt zum Thema, indem er an die Abmachungen im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gemahnte. «Ich denke, es ist offensichtlich, dass der Prozess der Nato-Osterweiterung keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa hat. Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt. Nun haben wir das Recht zu fragen: Gegen wen richtet sich diese Erweiterung?» Weiter führte der russische Präsident aus: «Ich möchte ein Zitat von einem Auftritt des Generalsekretärs der Nato, Herrn Wörner, am 17. Mai 1990 in Brüssel bringen. Damals sagte er: ‹Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die Nato-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion Sicherheitsgarantien.› Wo sind die Garantien?» (9)
Keine Absicht, das Nato-Verteidigungsgebiet auszudehnen
Doch nicht nur der damalige Nato-Generalsekretär, Klaus Wörner, machte diese Zusage. Der damalige Aussenminister, Hans-Dietrich Genscher, äusserte sich bei einem Treffen mit dem US-Aussenminister James Baker in Washington noch deutlicher und versprach: «Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das Nato-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell.»
Dieses Versprechen, auf das sich die russische Regierung bis heute beruft, wird vom Westen umgedeutet als nicht so gemeint, und weil nirgends schriftlich festgehalten, für obsolet erklärt. Ein Diplomat, der damals in seinen jungen Jahren Aussenminister Genscher begleitet hatte, meinte 30 Jahre später, dass Genscher als Aussenminister gar nicht die Kompetenz gehabt hätte, so etwas zu sagen und dass die Russen das auch gewusst hätten. Damit sei die Aussage nicht relevant. Tatsächlich aber hatte der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl und damit der Regierungschef etwas Ähnliches gesagt. «Unstrittig ist, dass Helmut Kohl seinem Partner Michail Gorbatschow gegenüber davon sprach, dass die Wiedervereinigung Deutschlands keineswegs eine Ausdehnung des Atlantischen Bündnisses in Richtung Osten bedeute.» (11) Es erstaunt, dass ein Diplomat sich dahingehend äussert. In der Nato gilt zumindest bis heute das Prinzip der Einstimmigkeit. Auch wenn die USA die Osterweiterung gewollt haben, wäre eine Umsetzung nicht möglich gewesen, denn Deutschland hätte sehr wohl die Kompetenz gehabt, mit seinem Veto die Osterweiterung der Nato zu verhindern. Dass das auch möglich gewesen wäre, zeigt das aktuelle Beispiel Schwedens. Die Türkei lehnt den Beitritt Schwedens zur Nato ab, und solange die Türkei auf ihrem Standpunkt beharrt, wird es keinen Beitritt Schwedens geben.
Russland von der Nato eingekreist
Wenn man den Frieden erhalten möchte und mit den Nachbarländern ein gutes Auskommen anstrebt, dann muss man auf die Sicherheitsbedürfnisse seiner Nachbarländer Rücksicht nehmen. Das ist im Falle Russlands nicht geschehen, im Gegenteil. Das Land wurde immer stärker von der Nato eingekreist. Selbst der ehemalige Nato-Oberbefehlshaber, Philip Breedlove, sicher kein Freund Russlands, hat doch erkannt, welche Befindlichkeit ein immer stärkeres Heranrücken der Nato an die russische Grenze bewirkt: «Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich Präsident Putin offensichtlich von der Nato bedrängt fühlt.» (12)
Der gescheiterte Versuch von George W. Bush, die Ukraine und Georgien auf dem Gipfel von Bukarest 2008 als Kandidaten für die Nato zu nominieren, scheiterte am Widerstand Frankreichs und Deutschlands. Auch ein Beweis dafür, dass einzelne Mitgliedstaaten der Nato sehr wohl Möglichkeiten haben, negative Entwicklungen zu verhindern. Dennoch haben die USA kontinuierlich daran gearbeitet, die Ukraine näher an das Bündnis heranzubringen. Russische Bedenken ignorierend, spielte auch die EU unter dem Kommissionspräsidenten José Emanuel Barroso eine wenig konstruktive Rolle, indem er strikt ein Entweder – Oder (entweder eine Annäherung an die EU – oder die Zusammenarbeit mit Russland) dem damaligen Staatspräsidenten Janukowitsch abverlangte. Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der für seine klaren Worte und scharfsinnigen Gedanken bekannt war, äusserte sich im Mai 2014 zu den Vorgängen in der Ukraine und der Haltung der EU. «Die Politik der EU-Kommissare sei ‹grössenwahnsinnig›, liess er in einem Interview 2014 wissen. Brüssel mische sich in die Weltpolitik ein und provoziere damit die Gefahr eines Krieges. Die Bürokraten der EU hätten die Ukraine vor die ‹scheinbare Wahl› gestellt, sich zwischen Ost und West entscheiden zu müssen.» (13) Doch die EU im Verbund mit der Nato führte ihre Politik weiter. Höhepunkt der Entwicklung war der Putsch gegen den Staatspräsidenten der Ukraine, bei dem die USA unbestritten die Finger im Spiel hatten. Das abgehörte Telefonat, in dem die Aussenbeauftrage der USA, Victoria Nuland, mit dem amerikanischen Botschafter in Kiew, Goeffrey Pyatt, die neue Regierung in der Ukraine besprachen, als der gewählte Präsident noch in Amt und Würden war, legt ein beredtes Zeugnis von US-amerikanischer Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates ab. Dies stellt einen Verstoss gegen die Uno-Charta, also einen Völkerrechtsbruch, dar. Danach nahm die Geschichte ihren Lauf.
Nicht ernsthaft für das Minsker Abkommen eingesetzt
Heute, 8 bzw. 9 Jahre später, müssen wir konstatieren, dass die warnenden Stimmen vor einer Eskalation im Ukraine-Konflikt bei manchen Akteuren Europas und Nordamerikas wenig Beachtung gefunden haben. Selbst Vorschläge zur Lösung des Konflikts, die verhindern sollten, «dass aus einem lokalen militärischen Brandherd ein Krieg erwächst, der in seiner Ausbreitung und Wirkung nicht gefährlich genug eingeschätzt werden kann», wurden sabotiert (15). Um diese Gefahr, wie sie Wilfried Scharnagl in weiser Voraussicht erkannt hatte, einzudämmen, erhoffte man sich von dem Minsk II-Abkommen, das weitreichende Autonomierechte für die ukrainischen Ostprovinzen vorsah und das nach einer Änderung der ukrainischen Verfassung umgesetzt werden sollte. Doch die Ukraine machte keine Anstalten, dieses Abkommen umzusetzen, sondern spielte auf Zeit. Unterstützt wurde die ukrainische Regierung von alt Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in einem kürzlich veröffentlichten Interview zugab, sich nicht ernsthaft für die Umsetzung des Minsk II-Abkommens eingesetzt zu haben, sondern nur Zeit gewinnen wollte, damit die Ukraine militärisch stärker werde. Wie mies und menschlich verwerflich ist das völkerrechtswidrige Verhalten der deutschen Bundesregierung, denn das Minsk II-Abkommen wurde 2015 vom Uno-Sicherheitsrat in der Resolution 2202 gebilligt, also mit einer Mehrheit der Teilnehmerstaaten und ohne Einspruch einer der Vetomächte. Damit ist Deutschland als Signatarstaat verpflichtet, die Umsetzung des Abkommens zu begleiten. Auch der ehemalige ukrainische Staatpräsident und Oligarch, Petro Poroschenko, liess Gleiches in einer Videobotschaft verlauten. Man war sich darin einig, das Abkommen nicht umzusetzen, sondern die Ukraine aufzurüsten, um Krieg gegen Russland führen zu können. Stattdessen hat die Ukraine die eigene Bevölkerung in den Ostprovinzen täglich mit Artillerie beschossen und damit die Minsker Vereinbarungen gebrochen. Das hat natürlich auch Putin realisiert und die mangelnden Bemühungen des Westens, das Minsker Abkommen durchzusetzen, immer wieder thematisiert und kritisiert. Als immer deutlicher wurde, dass ein Frieden gemäss Minsker Abkommen in weite Ferne gerückt war, die Angriffe der ukrainischen Armee auf die Ostprovinzen eskalierten (OSZE-Berichte) und die Nato damit spielte, die Ukraine doch noch aufzunehmen, hat Putin seinen Entscheid gefällt.
Gehörige Verantwortung des Westens
Es ist richtig, mit dem Beginn seiner «militärischen Sonderoperation» hat Russland die Souveränität der Ukraine und das Völkerrecht verletzt, wie es die USA in den letzten Jahrzehnten zigmal getan haben, als sie sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten eingemischt und Krieg geführt haben (Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien …). Aber, was sich im Vorfeld des Ukrainekriegs alles ereignet hat, und hier ist nur ein kleiner Ausschnitt dokumentiert, zeigt zumindest, dass der Westen eine gehörige Verantwortung an dieser Eskalation trägt, wenn er sie nicht sogar bewusst herbeigeführt hat. Wilfried Scharnagl warnte bereits 2015: «An guten Gründen, sich vor einer antirussischen Einseitigkeit zu hüten, um auch die andere Seite und ihre Position und Motive zu verstehen, fehlt es also nicht. Der amerikanischen, der europäischen und der deutschen Politik ist dringend zu raten, sich von jeder Konfrontation zu verabschieden.» (18) Merkels Bekenntnis zeigt genau das Gegenteil.
Neutralität geopfert
Der Konflikt zwischen dem Westen und Russland, der in der Ukraine ausgetragen wird, hat also eine lange Vorgeschichte, die den wenigsten bekannt sein wird und die auf unseren Informationskanälen, sprich Medien, nicht thematisiert wird. Für neutrale Staaten wie die Schweiz würde das äusserste Zurückhaltung in einseitigen Schuldzuweisungen bedeuten. Leider ist das Gegenteil passiert. Die Schweiz, insbesondere in der Person von Ignazio Cassis, hat sich, unbesehen aller Ereignisse im Vorfeld des Konflikts, in moralischer Überhöhung auf die Seite der Ukraine gestellt und damit die Neutralität schwer geschädigt. Wie in der letzten Zeit mehrmals geschehen, hat sie eine mögliche Chance einer friedlichen Verhandlungslösung und das Verhindern eines anhaltenden Blutvergiessens achtlos vertan. Zum Glück gibt es andere Staaten, die sich ernsthaft bemühen, diesem Krieg ein Ende zu setzen. Die Einstellung Cassis’ hat der Schweiz und ihrer Neutralität einen unermesslichen Schaden zugefügt. Diesen gravierenden Fehler könnte das Parlament oder das Schweizer Volk korrigieren.
In der gleichen Ausgabe der Zeitschrift «Zeitgeschehen im Fokus» ist auch ein langes und äusserst lesenswertes Interview mit dem deutschen General a.D. Harald Kujat abgedruckt:
«Waffenlieferungen bedeuten, dass der Krieg sinnlos verlängert wird.» Siehe dazu unser Aufmacherbild oben und den Kommentar des Hensoldt-CEOs Thomas Müller, der stolz darauf ist, den Krieg zu verlängern. Hier der Link zur ganzen Ausgabe, wo auch die Fußnoten (1) des obigen Beitrages eingesehen werden können.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Ausführlicher:
Räumung in Lützerath Grüne Erfolge, wohin man schaut
Die Sache, um die es geht, ist ein Stück kapitalistischer Alltagspolitik: die per Gesetz verfügte Räumung eines Dorfs für den Braunkohletagebau.
Zitat: Gleichzeitig ist sie ein Beispiel dafür, wie dieser Alltag unter grüner Herrschaft funktioniert. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Note Beeindruckend! Maximale Punktzahl für die Politdarsteller in Grün, die in der Sache kompromisslos das durchsetzen, was der Standort braucht, und es zugleich schaffen, ihre Taten in bester Manier „weisszuwaschen“, so dass die stets grossgeschriebenen WERTE noch als Produktivkraft, als „soft power“, beim Baggern und Räumen wirken. Im Einzelnen.
Eine grüne Ministerin
Mona Neubaur ist die erste grüne NRW-Landesministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Als solche hat sie die Aufgabe, die benötigte Energie für die Wirtschaft, d.h. vor allem für Industrie, bereit zu stellen. Dafür soll – Klimawandel hin, Umweltschutz her – im rheinischen Revier weiter Braunkohle abgebaggert werden; der „Kohledeal“ vom Oktober 2022 sieht dazu vor, dass das bis 2030 weiter gehen und dafür ein weiteres Dorf, Lützerath, geräumt und abgebaggert wird, weil sich gerade hier die Kohle sehr rentabel gewinnen lässt.[1] Nach Auskunft der Regierenden ist das „rechtsstaatlich“ final beschlossen und deshalb umzusetzen, auch wenn eine neue Studie des DIW zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es dafür weder „eine energiepolitische noch eine klimapolitische Rechtfertigung gibt“. So weit, so normal: Man bestellt sich Gutachten, benützt die passenden, ignoriert die unpassenden…
Weil Mona Neubaur aber eine Grüne ist, schafft sie es, die 280 Millionen Tonnen fossiler Brennstoffe, die bis 2030 aus der rheinischen Landschaft gebaggert und anschliessend verstromt werden sollen, im Sinne höherer Werte umzudeuten. Ihre Empfehlung an Klimaschützer lautet, die Sache so zu sehen: Man habe hier nicht 280 Millionen Tonnen mehr Braunkohle vor sich, die in den nächsten Jahren verheizt werden und entsprechende CO2-Emissionen verursachen, sondern 280 Millionen Tonnen weniger als ursprünglich mal geplant und deshalb ist das, was da in den nächsten Jahren an Baggern und Verheizen passiert, ein – Zitat Neubaur in der „Welt“ – „grosser klimapolitischer Erfolg und auch ein Erfolg der Klimaschutzbewegung.“
So geht der Umgang mit der eigenen Wählerbasis, von der man weiss, dass sie beim Kreuzchenmachen auf was anderes gehofft hat. Grossartig, wie die der Sache nach hundertprozentig konträre Praxis ungerührt als Umsetzung der Wahlversprechen zurechtgebogen wird.
Weiter im Text: „Dass die Kohle unterhalb von Lützerath kurzfristig für die Verstromung gebraucht wird, ist schmerzlich, aber auch rechtlich und durch Fachgutachten eindeutig geklärt. Unser Ziel bleibt die Transformation hin zu einer klimaneutralen Produktionsweise, und das ohne Wohlstandsbrüche. (…) Wir müssen den Beschäftigten von RWE Respekt zollen und dafür danken, dass wir in der jetzigen Übergangsphase die notwendigen Stromkapazitäten kurzfristig in den Energiemarkt bekommen!“
Hier kommt die grüne Spezialität mit voller Wucht zum Einsatz: Stets kommt als erstes „die Realität“ mit einem ganz grossen „Leider, leider, leider“; nicht selten verbunden mit Seitenhieben auf die vorgefundene, von anderen zu verantwortende „Lage“. Das „schmerzt“ sehr, Zerknirschung, Dackelblick, Stirn in Falten. Es folgt das mit festen Worten vorgetragene Bekenntnis zu den gemeinsamen Fernzielen im Klimaschutz, dem Ideal, dem man weiterhin mit vollem Herzen verpflichtet ist. Dann, wieder relativierend, der „Respekt“ vor den vielen gesellschaftlichen Interessen und Sachzwängen (wie dem „Energiemarkt“), derentwegen man sich nun mal nicht 1:1 durchsetzen könne: „Wohlstandsverluste“ drohen nämlich, als deren Sinnbild in diesem Fall die RWE-Arbeiter mit ihren national wichtigen Arbeitsplätzen aufmarschieren, mit denen indirekt auch noch die „Versorgungskrise“ „dank Putin“ angespielt wird – all das natürlich wesentlich geschickter als über die Gewinne von RWE zu sprechen, die sich laut Oxfam in 2022 verdoppelt haben.
Wer jetzt noch keine Einsicht zeigt und verstockt auf irgendeinem Schnee von gestern besteht, kann nach so viel vorbildlicher PR keine weitere Unterredung erwarten: „Am 12. Januar besetzten Aktivisten das Grünen-Büro in Düsseldorf. Sie wollten ein Gespräch mit NRW--Wirtschaftsministerin Mona Neubaur über ihr Versprechen, dass Lützerath bestehen bleibe, erzwingen. Neubaur erschien nicht, dafür in den frühen Morgenstunden am 13. Januar ein grosses Polizeiaufgebot, das das Büro kurzerhand räumte.“ (Terz, Düsseldorfer Stattzeitung, Februarausgabe)
Die grüne Ministerin nimmt also die Hilfe der Polizei in Anspruch, um zu verhindern, dass sie mit den Protestierenden reden muss. Gleichzeitig lässt sie verkünden weiter, „gewaltfreien und kreativen“ Protest unterstützen. Dieser Frau ist offenbar nix zu peinlich (und ihrer Anhängerschaft anscheinend auch nicht). Aber sie muss sich ja auch „zeitgleich um die Zukunftschancen dieser Region kümmern, die zwischen den Hochschulstandorten Aachen, Düsseldorf und Köln mit vielen starken Unternehmen traumhaft gelegen ist.“ Ja klar, liebe Mona, zwischen „Hochschulstandorten“ und „vielen starken Unternehmen“ ist eine Region wirklich traumhaft gelegen, schöner könnte es gar nicht sein!
Ein grüner Polizeichef
Federführend beim Einsatz der Polizei in Lützerath ist Dirk Weinspach, Aachener Polizeipräsident und ebenfalls Grüner. Auch er ist im Herzen selbstverständlich ein Klimaschützer, und zwar einer mit grossen Sorgen. Zitat: „Zuallererst ist es mir wichtig festzuhalten, dass ich grosse Achtung vor dem Einsatz derer habe, die sich an dieser Petition beteiligt haben, vor den über 32.000 Unterstützerinnen und Unterstützern und allen, die sich im Klimaschutz engagieren. Ich teile deren Sorge vor einer weiteren Erderwärmung und vor den Folgen, die es haben wird, wenn es nicht gelingt, das völkerrechtlich vereinbarte 1,5-Grad-Ziel einzuhalten“.
Da aber nicht die Polizei, sondern die zuständigen Behörden die Entscheidungen treffen, muss jetzt eben – wir können es uns schon denken: leider, leider, leider und mit viel „Achtung vor dem Einsatz“ der Klimaschützer! – geräumt werden. „Dabei ist für uns das Wichtigste, dass die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet wird.“ Wenn das Bedauern des Polizeichefs vielleicht sogar ehrlich gemeint war, ist es dieser Satz gewiss nicht. Denn natürlich ist der Zweck des Polizeieinsatzes nicht die Gewährleistung der „Sicherheit aller Beteiligten“, sondern die staatlich verfügte Räumung des Geländes. Und dabei setzt die Polizei die Gewaltmittel ein, die ihr Chef für geboten hält, und kalkuliert damit selbstverständlich auch Verletzungen ein – die in aller staatlichen Nüchternheit so genannten „Kollateralschäden“. So rechnet der grüne Staatsdiener und setzt es dann „professionell“ durch – über die Etappen berichtet anschaulich die Süddeutsche Zeitung.
Zehn bis fünfzehn bürgerkriegsmässig ausgerüstete Hundertschaften aus 14 Bundesländern räumen dann seit dem Morgen des 11.1. im Schichtbetrieb 24/7 das Dorf. Die Polizei setzt offenbar auf eine riesige zahlenmässige Überlegenheit, mit der die Besetzer nicht gerechnet haben. Über das Vorgehen berichtet die Düsseldorfer Stattzeitung Terz in ihrer Februarausgabe: „Die Polizeiführung mit ihrer Übermacht an Einsatzkräften hatte jedoch auch ihr Konzept. In kleinen Gruppen sprachen sie einzelne Dorfbesetzer an, klärten sie über die Rechtslage auf und begleiteten sie mit der Drohung, bei Weigerung, das Gelände zu verlassen, Gewalt anzuwenden, hinaus aus dem Dorf.“
Mit anderen Worten: Die Leute, die sich im Dorf aufhalten, werden vor die Wahl gestellt, aufzugeben oder eine Anzeige wegen Landfriedensbruch zu kassieren; wer sich weigert, hat darüber hinaus erst mal mit unmittelbarer Gewaltanwendung durch die massiv ausgerüsteten Polizisten zu rechnen.
Das sieht dann für Dirk Weinspach so aus (Tagesthemen vom 11.1.23): „Überwiegend ist es friedlich verlaufen, über den Tagesverlauf. Darüber bin ich froh und was mich besonders befriedigt, dass über 200 Besetzerinnen und Besetzer das Angebot genutzt haben, hier freiwillig und ohne polizeiliche Massnahmen den Einsatzraum zu verlassen.“
Der Mann hat Humor. „Friedlich“ und „freiwillig“ – das ist wirklich spassig angesichts der polizeilichen Machtdemonstration, die er hat auffahren lassen. Der Aufmarsch seiner gesammelten Polizeikräfte zählt für ihn offenbar nicht als „Massnahme“. Und von Einschüchterung kann bei Tausenden schwer ausgerüsteten Polizisten gegen ein paar Hundert Jugendliche erst recht nicht die Rede sein – so etwas können Grüne nur in den schlimmen „autoritären Regimen“ sehen, aber niemals in unserer bis an die Zähne bewaffneten „wertebasierten“ Demokratie.
Weinspach gibt sich insofern „persönlich sehr befriedigt“ angesichts des Wirkens seiner Deeskalationsstrategie durch eine ungeheure polizeiliche Übermacht, registriert „lediglich“ 124 Festnahmen mit Anzeigen wegen Landfriedensbruch und gibt höchstpersönlich vor den Kameras eine perfekt gegenderte Stellungnahme ab. Das Dorf ist so gut wie geräumt, die Häuser sind schon abgerissen und RWE verhindert mit schnell gebauten Zäunen, dass nochmal jemand aufs Gelände kommt.
Am Samstag verdirbt die Demonstration mit mehr als 35.000 Teilnehmern (die Polizei will allen Ernstes 8.000 gezählt haben! soviel zu Polizeiberichten als „privilegierter Quelle“ für Journalisten) die tolle Bilanz ein wenig. Das macht aber nichts, weil sich daran gleich wieder die gute alte Debatte über die schreckliche „Gewalt“ aufziehen lässt. Damit ist natürlich nicht die Staatsgewalt mit ihren Hundertschaften samt schwerem Gerät gemeint, sondern die „gewaltbereiten Protestierer“, die es gewagt haben, von der vorgeschriebenen Route abzuweichen. Sie „mussten“ mit Polizeiknüppel und Pfefferspray von weiteren Straftaten abgehalten und auch vor Unfällen „an der Abbruchkante“ geschützt werden – in ihrem eigenen Interesse natürlich!
Fazit
Die Staatsgewalt in Grün hat in Lützerath demonstriert, dass sie „es“ kann. Den etwas heiklen Fall dieses „Symbols“ der Klimabewegung, an dem diese zeigen will, wie wenig ernst es Deutschland mit seiner Klimapolitik meint, hat das grüne Duo geschmeidig bewältigt – und das vermutlich durchaus besser als es andere (bei der Klima-Bewegung verhasste) Figuren aus dem liberalen Lager oder von der Christenpartei gekonnt hätten.
Mit ihren ausgereiften PR-Techniken – der schmerzhaften Abwägung von Idealen und Realität, der Äusserung von ganz viel Respekt vor allen betroffenen Interessen, der unverfrorenen Berufung auf das Recht (das sie dauernd ändern) als fixe Grösse usw. – beanspruchen die grünen Staatsfunktionäre in von keinem Zweifel angekränkelter Selbstgerechtigkeit, ihre Wählerbasis bei der Stange zu halten.
Sie lassen den Protest gegen die Durchsetzung der von ihnen ausgemachten Staatsnotwendigkeiten gewaltsam wegräumen und fordern gleichzeitig dazu auf, „gewaltfrei und kreativ“ weiter zu protestieren. Wow! – und Frage an die grünen Wähler, auf wie viel dreiste Heuchelei sie auch in Zukunft noch reinfallen wollen…
PS: Die Mainstream-Medien machen sich wie gewohnt zum kompetenten Helfer bei der Sortierung des Klimaprotestes. Sie behandeln die hehren Anliegen der jugendlichen Klimaschützer wesentlich wohlwollender als manch andere Proteste: Klimaschutz, Rettung der Menschheit und des Planeten – das sind Ziele, die in Ordnung gehen und dem deutschen Führungsanspruch gut zu Gesicht stehen. Dass man dafür demonstriert, auch. Spätestens nach der (erlaubten) Demonstration müssen die Protestierer allerdings auch nach Hause gehen und sich den rechtsstaatlich angeordneten Massnahmen beugen.
Das erwartet man in den deutschen Redaktionen einfach. Wer sich dem nicht beugt und etwa die Klimarettung so ernst nimmt, dass er sich mit erzwungenen Braunkohletagebau unter grüner Regie nicht abfinden will, gehört für sie dann auch sehr schnell zu den „gewaltbereiten Chaoten“, die zurecht die Härte eines Polizeiknüppels oder einer Strafanzeige zu spüren und dann natürlich auch eine ziemlich schlechte Presse bekommen (Tagesthemen vom 11.1.23 / Anne Will vom 15.1.23).
PPS: Die Klimaschützer, die am Samstag noch einmal in grosser Zahl demonstriert haben, könnten an Lützerath eine Menge lernen. Über ihre eigene Rolle als Wähler_innen in einer Demokratie zum Beispiel, deren grüne Repräsentanten keinen Zweifel daran lassen, dass sie die deutsche Staatsräson und die Interessen ihrer Profiteure mit aller (Polizei)Gewalt durchzusetzen bereit sind. Darüber, dass grüner Kapitalismus eben grüner Kapitalismus und grüne Herrschaft vor allem Herrschaft in grün ist.
Dafür müssten sie sich allerdings zunächst von ihrem Lieblings-Gedanken verabschieden, dass es sich ein ums andere Mal um staatliches Versagen handelt, wenn ihre Anliegen unter die Räder ihrer geliebten Herrschaft kommen...
Renate Dillmann
Fussnoten: [1] Der Energiekonzern RWE hat sich auf diesen Vorschlag eingelassen, weil steigende CO2-Preise die Profitabilität bereits vor 2030 gefährden können. https://www.wwf.de/2023/januar/luetzerath-neuer-tiefpunkt-in-sachen-klimaschutz
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Ausführlicher:
Lea Susemichel / Jens Kastner (Hg.): Unbedingte Solidarität
In Erwartung einer alternativen Zukunft
Um die herrschende Ordnung zu überwinden, muss Solidarität als eine Grundhaltung verstanden werden, mit der man einer anderen Person begegnen will.
Die Hausbesetzer der Villa an der Herner Strasse 131 erfahren Solidarität der Studierenden in Bochum. Foto: StagiaireMGIMO(CC-BY-SA 4.0 cropped)
Solidarität ist in aller Munde: Eingefordert, proklamiert, postuliert und getwittert wird der Begriff jedenfalls auf inflationäre Weise – und dies umso mehr, als Regierungen ihn zur Durchsetzung der Massnahmen der Pandemiebekämpfung für sich entdeckten. Den meisten Linken muss dies wahrscheinlich nicht erklärt werden – denn sie haben von sich aus ein Bedürfnis nach solidarischem Handeln. Das unterscheidet sie von jenen Menschen, deren postfaktisches, Ressentiment geladenes und oft esoterisches Weltbild eine eminent anti-moderne Reaktion auf emanzipatorische Errungenschaften darstellt.
Zugleich kann man sich fragen, ab welchem Punkt die Selbstvergewisserung, solidarisch zu sein, nicht in problematischen Gehorsam umschlägt. Denken wir etwa an die fatale Bewilligung der Kredite für den Kriegseintritt des Deutschen Reichs durch die Sozialdemokratie. Auch hinsichtlich der „internationalen Solidarität“ können sich Widersprüche und Probleme auftun. Etwa, wenn sozial-revolutionäre Guerilla-Gruppen mafiöse Strukturen annehmen; gleich denen, die sie bekämpfen. Schliesslich sollten sich Linke die Frage stellen, inwiefern sie das, was sie gross auf ihre Banner schreiben, selbst praktizieren können. Oder ob die Anrufung von Solidarität nicht gelegentlich bedeutet, Schritte von anderen einzufordern, die man selbst nicht zu tun bereit ist.
Ein wichtiger Sammelband zur richtigen Zeit
Dies sind nur einige wenige Beispiele für die Bedeutung des Solidaritätsbegriffs, der weiterhin diskutiert werden muss. Doch was verstehen wir überhaupt unter Solidarität? Lea Susemichel und Jens Kastner gaben zu dieser Frage im Sommer 2021 einen Sammelband heraus, in dem sie 15 Beiträge verschiedener Autor*innen mit intersektionaler Herangehensweise versammeln. Um den linken Solidaritätsbegriff zu unterfüttern, beziehen sich Susemichel und Kastner in ihrem einleitenden Beitrag auf das Konzept der groundless solidarity, wie es die feministischen Denkerin Diane Elam entwickelte. Im Wesentlichen betonen sie damit, dass Solidarität anhand von Differenzen entsteht.
Aus diesem Grund sind weder die gegenseitige Unterstützung von Mitgliedern einer homogenen Gemeinschaft, noch paternalistische Wohltätigkeit oder sozialstaatliche Verwaltung von Armut oder diskriminierten Gruppen als solidarisch zu begreifen. Vielmehr wird Solidarität in Anerkennung der Unterschiedlichkeit möglich und stellt dennoch einen reziproken Prozess dar; einen Prozess, welcher Veränderungen bei den jeweils Beteiligten bewirkt. Solidarität ist demnach nicht hauptsächlich als Entscheidung für ein bestimmtes Handeln zu begreifen, sondern als eine Grundhaltung, mit der man einer anderen Person begegnen will. Haltungen oder Einstellungen von Personen können nicht als abstrakte Lippenbekenntnisse stehen bleiben, wo sie selbst erfahren und verinnerlicht wurden. Daher gilt es, praktisch solidarisch zu werden und sich selbst in einer Verbundenheit mit den anderen zu begreifen.
Echte Solidarität sprengt damit die Grenzen derjenigen Herrschaftsordnungen, die Menschen auferlegt werden und trennen. Doch dies geschieht nicht durch harmonisches „Gutmenschentum“, sondern gerade durch Konflikt und Auseinandersetzung. Darüber hinaus soll mit dem von Kastner und Susemichel beschriebenen Solidaritätsbegriff die problematische Abspaltung von Emotionalität aufgehoben werden, welche – allen Rationalisierungen zum Trotz – ja der Ausgangspunkt dafür ist, gesellschaftliche Verhältnisse verändern zu wollen. Als „Kampfsolidarität“ richtet sie sich nicht nur gegen den gemeinsamen Gegner, um eine kämpfende Bewegung zusammenzuschweissen, sondern ebenso nach innen, um die eigenen Ansprüche umzusetzen und immer weiterzuentwickeln. Daran anschliessend, liesse sich ergänzen, dass Solidarität „präfigurativ“ ist: Mit ihr wird also die angestrebte alternative Gesellschaftsordnung – nennen wir sie Sozialismus von unten – bereits vorweggenommen und experimentell verwirklicht.
Die Bedeutung des Solidaritätsbegriffs
Wie erwähnt, ist es unter aktuellen Bedingungen enorm wichtig, dass Menschen, die in linken Bewegungen aktiv sind oder mit ihnen sympathisieren, über ihre Grundbegriffe nachdenken. Die Debatte über den Solidaritätsbegriff zielt letztlich auf die Frage ab, wie, in einer heterogenen und sich rasend schnell wandelnden Gesellschaft, emanzipatorische soziale Bewegungen entwickelt werden können, die pluralistisch, offen und schlagkräftig zugleich sind. Kontroversen, Konflikte und Streits sind unabdingbar, um ein sozial-revolutionäres Kollektivsubjekt zu formieren. Die entscheidende Frage ist aber, ob diese vor allem geführt werden, um sich seiner eigenen Identität zu versichern und den Führungsanspruch von bestimmten Gruppierungen zu bekräftigen, welche bereit sind, dominant Macht auszuüben. Oder, ob sie darauf abzielen, in der Vielfältigkeit Gemeinsames herzustellen. Solidarität kann eine Chiffre für das Bestreben sein, Spannungen auszuhalten und gemeinsam revolutionäre Projekte zu entwickeln.
Dies gilt insbesondere in Zeiten, in denen sich ein liberaler Individualismus tiefer in den Menschen verankert hat als je zuvor; während zunehmend bewusst ist, dass eine umfassende Gesellschaftstransformation im Gange ist. Ob sie allerdings emanzipatorischen Anliegen gerecht wird, ist eine offene Frage. Auf sie eine Antwort zu suchen, setzt voraus, sich aufeinander beziehen und miteinander kooperieren zu können. Dies verlangt allerdings ebenso, die eigenen Grenzen klar zu haben. Denn aus den Feldern von Klimagerechtigkeit, Antirassismus, Feminismus, Alternativökonomie oder Gewerkschaftsarbeit werden dahingehend bereits gute Anregungen formuliert.
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23.01.2023
Pressekonferenz zur Strafanzeige beim IStGH in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Strafanzeige beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingereicht
Vortrag und Pressekonferenz am 21. Januar 2023 in Wuppertal¹
Düsseldorf, 22. Januar 2023.Im November und Dezember 2020 unterstützen der Landesverband dieBasis NRW sowie diverse weitere Initiativen Sarah Luzia Hassel-Reusing aus dem Stadtverband Wuppertal bei ihrem Aufruf zu Zeugenaussagen für eine Strafanzeige beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag². Am 26.11.2022 reichte Hassel-Reusing – Menschenrechtsverteidigerin i.S.d. UN-Resolution 53/144 – nach mehr als zwei Jahren ehrenamtlicher Recherchen eine internationale Strafanzeige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Corona-Schockmaßnahmen gemäß Artikel 7 des Römischen Statuts (RS) in Den Haag ein. Die mit Schwerpunkt auf Haupttäter orientierte Strafanzeige richtet sich gegen über 400 Tatverdächtige/Beschuldigte und unbekannte Täter weltweit.
Der Einladung zur Pressekonferenz folgten etwa 60 Gäste vor Ort. Von den 450 Redaktionen und Journalisten deutschsprachiger Medien in Deutschland, Schweiz und Österreich nahmen Pressevertreter von alternativen Medien, wie apolut oder AUF1, sowie ein Vertreter der öffentlich-rechtlichen Medien teil, die der Veranstaltung überwiegend online zugeschaltet waren. Die Teilnehmer erfuhren zu Beginn der Pressekonferenz am 21.01.2023 in Wuppertal in einem etwa 70-minütigen Vortrag von den Beweggründen des Ehepaars Reusing, ihrer Herangehensweise bei der Analyse der Sachverhalte und der Auswertung der über 600 Zeugenaussagen aus Deutschland, Griechenland, Kanada und zahlreichen weiteren Ländern, die Basis für die 720 Seiten umfassende Strafanzeige sind. Ihr persönliches Fazit:
Das Verbrechen konnte nur deshalb ein solch globales Ausmaß annehmen, weil verschiedene private Organisationen und Netzwerke international zusammenwirkten, um in den letzten Jahrzehnten Bevölkerungen zu manipulieren und Entscheidungsträger in Schlüsselpositionen zu setzen oder zu beeinflussen. Zu den bisherigen kriminalistischen Phänomenbereichen wie politisch motivierte Kriminalität (PMK), organisierte Kriminalität (OK) oder Terrorismus (§ 129a StGB) kristallisierte sich ein neuer Phänomenbereich heraus: geostrategisch organisierter Terrorismus (GOT). (Folie 29 der unten verlinkten Präsentation)
Hierzu musste die Definition für Organisierte Kriminalität hinsichtlich ihrer Eigenschaft der Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft um drei weitere Elemente – Sozialverbände, Wissenschaft und Medizin – erweitert werden. Die Planung der terroristischen Taten folgte nach ihrer Auffassung zudem durch geostrategische Konzepte unter Ausnutzung staatlicher Strukturen.
Zwar waren bereits vor Beginn des Verbrechens ideologische und finanzielle Einflüsse auf Personen in Schlüsselpositionen vorhanden. Die Mehrzahl der Entscheidungsträger – ebenso wie unzählige gewöhnliche Menschen – ist jedoch dadurch in die Taten hineingezogen worden, als dass ihre Wahrnehmung durch gezielt gesetzte Schocks – unterstützt durch Medien, Wissenschaften und Appelle an niedrige Beweggründe – gewaltsam verschoben wurde.
Nach ihrem Vortrag stellten sich die Reusings den Fragen der anwesenden Journalisten insbesondere zur Motivation. Neben Abschreckung und der Beendigung der Taten, werde natürlich eine Verurteilung der Täter angestrebt. Vor allem dürfe sich ein derartiges Verbrechen nicht wiederholen. Auf die Frage, welche Chancen die Reusings tatsächlich für die Verfolgung durch den internationalen Strafgerichtshof sehen, wo es bisher bei 32 Verfahren lediglich in einem Fall zu einer Verurteilung gekommen sei, erklärten sie:
„Bekanntermaßen gibt es beim IStGH Ressourcenprobleme. Daher ist es schwer einschätzbar, wo und wie Den Haag den Hauptschwerpunkt setzen wird. Es ist eher wahrscheinlich, dass sich der Strafgerichthof selbst auf einzelne Beschuldigte konzentrieren und darüber hinaus um Amtshilfe bei den nationalen Staatsanwaltschaften bitten wird. Der Fokus könnte auch dorthin gelegt werden, wo wir in unserer Betrachtung gar nicht so tief hingeschaut haben. Mit der Vergabe des Aktenzeichens am 30. Dezember 2022 wurde zumindest deutlich signalisiert, dass die Zulässigkeit der Strafanzeige geprüft wird. Die Aufnahme der Ermittlungen wird in jedem Fall für eine deutliche Abschreckung sorgen und in dem ein oder anderen Land – auch Deutschland – nicht nur zu Beendigung von Taten, sondern im Optimalfall auch zu einem breiten, öffentlichen Diskurs führen“.
Dieses Verfahren könne durchaus auch wegweisend in anderen völkerrechtlichen Kontexten mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein.
Nachträge zur laufenden Strafanzeige (Zeugenaussagen) können gerichtet werden an:
²Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist ein ständiges internationales Strafgericht mit Sitz in Den Haag (Niederlande) außerhalb der Vereinten Nationen. Seine juristische Grundlage ist das multilaterale Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998. Er nahm seine Tätigkeit am 1. Juli 2002 auf und ist für 123 Staaten (60 % aller Staaten der Erde mit etwa 30 % der Weltbevölkerung) zuständig. (Quelle: Wikipedia)
Grün ist der Untergang – Teil 3: Die Liebe zum transatlantischen Herrchen
test.rtde.tech, vom 4 Juli 2022 06:45 Uhr, von Dagmar Henn (Teil 1 finden Sie hier, Teil 2 hier.)
Seit über vierzig Jahren gibt es die Partei der Grünen, und sie hat die deutsche Politik weit stärker geprägt, als ihre Regierungsbeteiligungen vermuten lassen. Jetzt macht sie sich daran, den Untergang dieses Landes zu inszenieren. Zeit für eine Bilanz.
Rebecca Harms mit Maidan-Aktivistin, 25. Februar 2014
Zitat: Eine wiedergewonnene Liebe
Was momentan die schlimmsten Befürchtungen auslöst, ist diese transatlantische Nibelungentreue. Man könnte natürlich sagen, bei einer Partei, deren Stiftung nach einem Schriftsteller benannt ist, der für die CIA tätig war (wenn auch ohne sein Wissen), ist das kein Wunder. Dennoch – im Programm dieser Partei stand einmal "Raus aus der NATO". Noch 1990 wäre wohl die Mehrheit in dieser Partei für ein neutrales Deutschland gewesen. Was hätte alles anders sein können damals; was wäre alles anders gekommen, wäre nicht während des Wahlkampfes dieser Anschlag auf Lafontaine … Hätte Kohl die Wahlen verloren, und das hätte er, gäbe es heute überhaupt noch eine NATO?
Acht Jahre später jedenfalls war der Anschluss gelaufen, der Osten ruiniert, und die Grünen längst bereit, alles und jeden zu verraten, um endlich mitregieren zu dürfen. Man muss sich das vorstellen wie einen großen sabbernden Hund. Da rinnt die Spucke die Lefzen herunter und hinterlässt eine Pfütze auf dem Fußboden, so sehr lockt der Fressnapf. Ein wenig so, wie bei den Resten der Linkspartei heute, nur dass deren Chancen wesentlich schlechter sind, weil so wenig übrig ist, das noch zu verraten wäre. Die jetzige Koalition hat da eigentlich für eine ganze Generation abgeräumt.
Zumindest bei den Wählern der Grünen dürfte die Liebe zu den USA zum Teil dem Clinton-Effekt geschuldet sein. Ein US-Präsident, der nicht aus dem Geheimdienst oder sonst irgendwelchen stramm antikommunistischen Vereinen kam, der endlich nicht mehr vom "Reich des Bösen" schwadronierte, der für die Baby-Boomer-Generation eine Identifikationsfigur war. Dass Clinton außenpolitisch aggressiver agierte als Bush zuvor, dass er eine Anpassung der Rhetorik vornahm, die es ermöglichte, die gegen den Vietnamkrieg sozialisierten wieder einzufangen, dass mit ihm die Osterweiterung der NATO begann, das wurde gut übertüncht mit all dem Gerede von Change und Menschenrechten, und dass unter seiner Ägide der Gefängnis-Industrie-Komplex in den USA zur Blüte gelangte und damit eine ganz neue Ära von institutionellem Rassismus begann, das musste man in Europa nicht wissen.
Clinton galt als Guter, schließlich gab es keinen Kalten Krieg mehr, und irgendwie war es doch erleichternd, mal mit dem Strom zu schwimmen. Die neue Zuckerhülle um den alten Imperialismus namens Menschenrechte schmeckte deutlich besser, und endlich stand My Lai der Liebe zu Woodstock, Jeans und Hollywood nicht mehr im Wege. Der Vietnamkrieg hatte diese Liebe enttäuscht; dass ein einstiger Gegner dieses Krieges jetzt dort regierte, schien alle Wunden zu heilen.
Die Wirklichkeit wurde keinen Deut besser, aber die Werbefassade war hip und die Überreste der politisch bewegten Siebziger waren, in die Jahre gekommen, auf der verzweifelten Suche nach einem Feld, auf dem trotz der neoliberalen Dogmen politische Siege zumindest vorgetäuscht werden konnten. Menschenrechte klingt immer gut, und dass die Ursprungsversion der Vereinten Nationen auch soziale Rechte benennt – nun, man kann nicht alles haben. Es war nicht die eigene Klientel, die unter dem industriellen Kahlschlag im Anschlussgebiet zu leiden hatte, und nicht die eigene Klientel, denen Hartz IV das Leben zur Hölle machte. Immerhin war Politik jetzt quotiert und es gab Frauenparkplätze.
Grüne Normalität
Das plätscherte lange Zeit so hin; der Unterschied zwischen dem gewollten Guten und dem erzielten Schlechten wurde hingenommen und das inzwischen sehr gutbürgerliche Publikum holte sich seine Sündenvergebung per Wahlzettel treulich weiter. Die Grünen, das war so etwas wie Stammesnarben oder Giraffenhälse – schmerzhaft, nicht wirklich nützlich, aber irgendwie identitätsstiftend.
Inzwischen hatten sich weite Teile der politischen Landschaft an dieses Politikmodell angepasst. Es boten sich ja auch praktische Ausreden. Nach wie vor wird nicht wirklich etwas gegen den Wohnungsmangel unternommen; die realistischen Antworten, wie "das ist uns egal" oder "dafür gibt es keine Baukapazitäten" oder "die Bodenpreise sind zu hoch" könnten doch den einen oder anderen verärgern und erkennen lassen, wie tief unsozial die politische Szene inzwischen ist. So etwas wie "wir sind gegen weitere Bodenversiegelung" oder "dann würden wir unsere Klimaschutzziele verfehlen" wirkt weit unschuldiger.
Natürlich verbirgt sich dahinter derselbe Kunstgriff des permanenten Notstands. So, wie die Flut im Ahrtal eigentlich auch die Klimahysterie verstärken sollte, aber dann dummerweise das Versagen der politischen Ebene bekannt wurde, ehe die Erzählung vom bösen Klimawandel weit genug etabliert war. So, wie Waldbrände in Brandenburg immer Klimafolge sind und niemand mehr nachfragt, warum sich in den privatisierten Wäldern zehn Jahre lang das Totholz sammelt und man selbst aus dem durchfahrenden Zug den Bruch mehrerer Stürme sehen kann.
Aus dem grünen Labor wurden weiter neue "Fortschritte" ausgeworfen, die den Verfall, der sich immer tiefer in die Infrastruktur und das Sozialsystem grub, verdeckten. Sie verdrängten selbst die Erwähnung der sozialen Zustände aus den Medien und halfen, eine Kulisse fortwährender Besserungen zu schaffen, die desto lauter propagiert wurden, je weniger Relevanz sie für die Gesellschaft insgesamt besaßen. Und dann? Dann legte der simulierte Fortschritt seinen Griff ums Herz.
Der antideutsche Beitrag
Dass ausgerechnet die Ukraine den Moment bringt, an dem die tribalistische Zier zur existentiellen Bedrohung wird, hängt an einem weiteren Punkt, der die Versuchung zum simulierten Gutsein so stark machte. Die Bundesrepublik war nie entnazifiziert worden, und diese Tatsache war einer der Auslöser für die starken politischen Bewegungen der 1970er. Denen es dennoch nicht gelang, daran etwas zu ändern. Die historischen Untersuchungen, die in den folgenden Jahrzehnten entstanden, belegen für die Bundesrepublik einen derart hohen Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder in den Ministerien, dass er während des Hitlerfaschismus kaum höher gelegen haben dürfte.
Aber zu Beginn der 1980er verschwanden zumindest die Personen, wenn auch nicht die Traditionen, in Pension. Und dann kam 1989 und die einzigartige Gelegenheit, sich ein für alle Mal dieser Verstrickung zu entledigen, indem man auf der einen Seite mit dem Finger auf die böse DDR wies und sich auf der anderen durch Überidentifikation mit den US-Amerikanern quasi rückwirkend selbst befreite.
Es war ausgerechnet die Bewegung der Antideutschen, deren Gründungsimpuls ursprünglich die Befürchtung war, die erweiterte Bundesrepublik könne wieder Großmachtpläne hegen, die genau dafür den Weg freimachte. Denn die ganze Phase der Auseinandersetzung von Globke bis Seidl hatte einen Bereich nicht berührt – den Krieg im Osten. Eine Aufarbeitung dieser Verbrechen hatte noch nicht einmal begonnen. Die Antideutschen, ebenfalls eine Bewegung, bei der sich die Frage stellt, wie viel davon echt und wie viel davon erzeugt war, identifizierten sich erst mit dem Staat Israel (als Vertretung der Opfer) und dann mit den USA. Sie lösten für sich das Problem, in der nicht beendeten Auseinandersetzung mit dem deutschen Faschismus eine Position zu beziehen, indem sie sich gewissermaßen aus der Nation entfernten.
Man möge sich nur einmal, einen Augenblick lang, vorstellen, die Antideutschen hätten sich in die andere Richtung gewandt und die deutschen Verbrechen in der Sowjetunion zum Kernstück ihrer Ideologie gemacht. Die letzten Jahre wären völlig anders verlaufen. Nicht, dass es erstrebenswert wäre, aber allein der Gedanke, "Correctiv" und ähnliche Zensurtrupps würden tagtäglich antisowjetische Verschwörungstheorien anprangern … und die Verbundenheit mit Russland würde als Konsequenz aus der deutschen Geschichte zur Staatsdoktrin …
Aber so ist die Geschichte nicht verlaufen. Die Verleugnung der Nation an sich, die der ökologischen Notstandsideologie und dem Menschenrechtsimperialismus das antideutsche Element hinzufügte, wurde zum Schlussstein einer Entwicklung, die jede soziale Verantwortung verleugnete und sich zum willigen Instrument geopolitischen Machtstrebens machte.
Heroischer Verrat
Vielleicht hat der Verlust eines zur Zeit des Kalten Krieges notwendigen Realismus dazu beigetragen, dass heute die Grünen zur Speerspitze der Preisgabe nationaler Interessen wurden. Denn so tief die Westorientierung auch in die bundesdeutsche Politik eingegraben war, es blieb immer noch die objektive Tatsache, dass ein kleiner Fehltritt, eine simple Idiotie US-amerikanischer Politik bedrohlich werden konnte. Ein existentielles Misstrauen war in diesem Verhältnis also unverzichtbar.
Dann war, über Jahrzehnte hinweg, die US-Politik etwas, dem man, von gelegentlicher moralischer Empörung abgesehen, entspannt zusehen konnte, denn bei der Unterwerfung Osteuropas war man sich einig, und die Kolonialkriege waren weit weg. Die ökonomische Konkurrenz wurde zwar nach wie vor erbittert ausgetragen, zumindest auf dem Feld der industriellen Produktion (Siemens gegen General Electric und Airbus gegen Boeing), aber man sprach nicht darüber. Zum ersten Mal in der bundesdeutschen Geschichte war das Verhältnis zu den USA tatsächlich entspannt.
Das schließt natürlich ein langfristiges Wirken entsprechender Dienste nicht aus, zumal sie sich auch hinter den diversen Stiftungen verbergen können, so, wie das in Deutschland auch der Fall ist – der Übergang zwischen privater Stiftung, Industriespionage und politischer Agententätigkeit ist fließend. Es sind aber immer vorhandene Widersprüche, die genutzt werden, und das war im Fall der Grünen nun einmal die enttäuschte Liebe der 68er-Generation.
Und jetzt? Hüllt sich dieses Grün in Blau-Gelb, posiert als das absolute Gute und predigt den Heroismus des Verzichts. Das transatlantische Liebedienern vereint sich mit dem Wunsch, das heimische Volk zu züchtigen, für seinen Benzinverbrauch, seinen Fleischkonsum, seine Sündhaftigkeit. Gut vorstellbar, dass die grünen Akteure den Verrat jeglichen deutschen Interesses gar nicht als solchen wahrnehmen können, sondern dass sie eher die Verlockung am Horizont aufsteigen sehen, dem Land das präindustrielle Ideal, das ihnen immer noch vorschwebt, durch einen gewaltsamen Glücksgriff aufnötigen zu können.
Der Anblick, wie den transatlantischen Betschwestern Marie-Luise Beck und Rebecca Harms in der Nähe ukrainischer Faschisten im Jahr 2014 Tränen der Rührung in die Augen schossen, hätte vielleicht davor warnen müssen, dass die Dynamik, die von den verschwiegenen Verbrechen gegen die Sowjetunion ausgeht, nicht weniger komplex und gefährlich ist als jene, die einmal vom Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung Europas ausging (dass sie in der DDR bekannt waren, ist einer der Gründe, warum die antirussische Propaganda dort nicht so gut funktioniert).
Während Letzteres durch die immerwährende Heiligsprechung der Opfer gelöst wurde, endete Ersteres in der Identifikation mit den Tätern. Ein Melnyk darf deshalb ungestraft herumpöbeln, weil er die unbewussten Wünsche ausspricht, die aus dieser Identifikation entspringen. Die Mischung aus Heldenmut und Untergang, die Kamikaze-Mentalität, die erzeugt wird, um die für Deutschland verheerenden Sanktionen zu stützen, sollte eigentlich aufmerken lassen. Die Begeisterung für außergesetzliche Macht, die die Grünen immer noch lauter zeigen als der folgsame Rest, ebenfalls. Die Bewunderung für eine ukrainische Kriegsführung, die die eigenen Truppen so bedenken- wie sinnlos opfert, lässt ahnen, wie viel Mitgefühl die deutschen Rentner in einem heizungslosen Winter erwartet.
Um die Grünen wirklich als das zu erkennen, was sie heute sind, muss man sich nur noch ins Gedächtnis rufen, dass auch die rassistischen und eugenischen Theorien, die die Nazis umsetzten, zu ihrer Zeit modern waren, geradezu als Stand der (westlichen) Wissenschaft galten. Es gibt nur einen Weg, solchen Sirenengesängen zu entrinnen: das konkrete Wohl konkreter Menschen, die Menschlichkeit, als Maßstab anzulegen.
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
23.01.2023
Die strategische Souveränität der EU Berlin und Paris streben größere Eigenständigkeit der EU gegenüber den USA an und rüsten massiv auf – auch, weil Deutschland in der Rivalität mit Washington schwere Rückschläge verzeichnet.
german-foreign-policy.com, 23. Januar 2023
PARIS/BERLIN (Eigener Bericht) – Deutschland und Frankreich streben nach größerer „europäischer Souveränität“ und wollen die EU „als geopolitischen Akteur ... stärken“. Dies geht aus einer Deutsch-Französischen Erklärung hervor, die gestern in Paris anlässlich der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages veröffentlicht wurde. Die Erklärung sieht weitere militärische Unterstützung für die Ukraine vor, „solange dies nötig ist“, kündigt neue Aufrüstungsschritte an und sieht deutsch-französische Manöver „im Indo-Pazifik“ vor. Hintergrund sind unter anderem gravierende Rückschläge der Bundesrepublik in der Rivalität mit den Vereinigten Staaten, darunter eine zunehmende militärische Abhängigkeit sowie die drohende Deindustrialisierung durch die Abwanderung von Produktionsstandorten in die USA. Wie der französische Publizist Emmanuel Todd urteilt, gehe es in den gegenwärtigen globalen Machtkämpfen – einem „beginnenden dritten Weltkrieg“ – auch „um Deutschland“. Bundeskanzler Olaf Scholz geht von der Entstehung einer „multipolaren Welt“ aus; in ihr sollen sich Deutschland und die EU als militärisch schlagkräftige Mächte eine führende Stellung sichern.
Zitat: Rückschläge in der transatlantischen Rivalität
Anlass für die gestrigen Forderungen nach „europäischer Souveränität“ bietet in hohem Maß die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. Berlin hat in der Rivalität mit Washington im vergangenen Jahr mehrere schwere Rückschläge erlitten. Zum einen haben beim Vorgehen des transatlantischen Bündnisses im Ukraine-Krieg auf militärischer Ebene die NATO und mit ihr die USA klar das Kommando inne. Es kommt hinzu, dass auf ökonomischer Ebene die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom US-Geschäft mit dem Abbruch aller ökonomischen Beziehungen zu Russland gestiegen ist; das schließt die neue Abhängigkeit von US-Flüssiggas ein.[1] Letztere wird durch die Sprengung der Nord Stream-Pipelines, die mittlerweile selbst Berliner Regierungsmitarbeiter in Hintergrundgesprächen einer westlichen Macht anlasten, auf Dauer verfestigt.[2] Parallel hat wiederum die Biden-Administration mit ihren Hunderte Milliarden US-Dollar schweren Investitionsprogrammen begonnen, Industrie aus Europa sowie vor allem aus Deutschland im großen Stil abzuwerben; Wirtschaftskreise warnen längst vor einer Deindustrialisierung der Bundesrepublik.[3] Weitere Faktoren kommen hinzu, nicht zuletzt die Tatsache, dass ein Großteil des Berliner 100-Milliarden-Euro-Militärpakets nicht deutschen, sondern vielmehr US-Rüstungskonzernen zugute kommt.[4] Berlin verliert, Washington gewinnt.
Washington gegen Berlin
Zugespitzt skizziert hat die Lage kürzlich der französische Publizist Emmanuel Todd, der sich unter anderem mit seiner im Jahr 2002 publizierten Schrift „Après l’empire“ (deutscher Titel: „Weltmacht USA: Ein Nachruf“) einen Namen gemacht hat.[5] Todd urteilt in einem Gespräch mit Jürg Altwegg, einem Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das unlängst das rechtsgerichtete, derzeit stark auf die Schweizer Neutralität orientierte Wochenmagazin Weltwoche abdruckte, in den gegenwärtigen internationalen Kämpfen, einem „beginnenden dritten Weltkrieg“, gehe es nicht zuletzt „um Deutschland“.[6] Der französische Publizist erläutert – unter Bezug auf US-Strategen wie Zbigniew Brzezinski [7] –, Washington lege es seit Jahren darauf an, jegliche „Annäherung“ zwischen Berlin und Moskau zu unterbinden. Dem entspreche das US-Bestreben, Deutschland „vom russischen Gas ab[zu]koppeln“, dem mit der Sprengung der Nord Stream-Pipelines Rechnung getragen worden sei. Insgesamt werde Berlin von einer US-dominierten „Achse Washington – London – Warschau – Kiew“ unter Druck gesetzt; mit seiner „vorherrschenden Stellung in Europa“ sei es inzwischen „vorbei“. Nur in einer Frage bäume sich die Bundesregierung noch auf: Deutschland, das beweise die Reise von Kanzler Olaf Scholz nach Beijing, „verweigert den Amerikanern die Abnabelung von China“.
Die multipolare Welt
Verbal hat sich Scholz in den vergangenen Monaten immer wieder bemüht, Alternativen zu einer wachsenden einseitigen Abhängigkeit von den USA in den Blick zu nehmen. So urteilte er beispielsweise im Dezember in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag über die aktuellen weltweiten Kräfteverschiebungen: „Die Vorstellung einer bipolaren Ära, in der sich alles um die USA und China dreht, geht an der globalen Wirklichkeit vorbei.“[8] Bereits im September hatte er in einem Interview geäußert, die Welt werde „multipolar“; es werde „viele mächtige Nationen geben“, darunter asiatische Staaten wie Japan, Indien, Indonesien oder Vietnam, aber auch „erfolgreiche Nationen in Afrika und im Süden Amerikas“.[9] Zu Jahresbeginn hatte Scholz in einem international aufmerksam rezipierten Beitrag in der US-Zeitschrift Foreign Affairs erklärt, in der aktuell neu in Entstehung begriffenen „multipolaren Welt“ strebe „Deutschland danach“, sich in der EU als „Verfechter multilateraler Lösungen für globale Probleme“ zu positionieren: „Nur so kann Deutschland erfolgreich die geopolitischen Stürme unserer Zeit überstehen.“[10] In diesem Kontext fügte Scholz hinzu, „Chinas Aufstieg“ liefere „weder eine Rechtfertigung für die Isolation Pekings noch für eine Einschränkung der Zusammenarbeit“. Die Äußerung bezieht offen gegen die US-Eindämmungspolitik gegenüber der Volksrepublik Position.
„Die internationale Ordnung gestalten“
Für Berlin und die EU vordringlich ist es laut Scholz in der entstehenden „multipolaren Welt“, sich größere Eigenständigkeit zu bewahren: Man müsse „gewährleisten, dass Europa noch souveräner wird und über die geopolitischen Kapazitäten verfügt, die internationale Ordnung zu gestalten“, heißt es in einem Namensbeitrag von Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der am Wochenende unmittelbar vor den gestrigen Pariser Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages erschien.[11] In einer Deutsch-Französischen Erklärung, die anlässlich der Feierlichkeiten veröffentlicht wurde, heißt es, man arbeite an einer Europäischen Union, „die widerstandsfähiger, nachhaltiger und stärker zu unabhängigem Handeln fähig“ sei als heute [12]; es gehe darum, die „strategische Souveränität Europas [zu] stärken“ sowie „die wirtschaftliche, industrielle und technologische Basis Europas widerstandsfähiger, wettbewerbsfähiger und effizienter [zu] machen“. Ziel sei, heißt es resümierend, „eine echte europäische Souveränität“.
„Die stärkste Armee in der EU“
Das Streben nach „europäischer Souveränität“ ist dabei verbunden mit einer klaren Kriegs- und Aufrüstungspolitik. So heißt es in der Deutsch-Französischen Erklärung, man werde „der Ukraine weiterhin unerschütterliche Unterstützung“ leisten in allen Bereichen von der Politik über die Wirtschaft bis zur Kultur.[13] Militärische Unterstützung ist explizit eingeschlossen; diplomatische Unterstützung zum Erreichen einer Verhandlungslösung wird nicht genannt. „Von entscheidender Bedeutung“ sei insbesondere auch „die Stärkung der europäischen Verteidigungskapazitäten“. Dies knüpft an neue Bestrebungen zur Aufrüstung der jeweiligen nationalen Streitkräfte an. Präsident Macron hat soeben angekündigt, die Militärausgaben des Landes dramatisch aufzustocken – auf insgesamt 400 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2024 bis 2030.[14] Im Vergleichszeitraum von 2019 bis 2025 hatte sich der Etat auf 295 Milliarden Euro belaufen. Damit folgt Paris Berlin, das seinen Militäretat gleichfalls massiv erhöht; mittlerweile wird sogar seine Aufstockung nicht um 100, sondern um 300 Milliarden Euro gefordert.[15] Zu Berlins Aufrüstungsplänen äußert Verteidigungsminister Boris Pistorius, Deutschland sei „die größte Volkswirtschaft in Europa“: „Deswegen sollte es auch unser Ziel sein, die stärkste und am besten ausgestattete Armee in der EU zu haben.“ Sein „Job“ sei es, „die Weichen dafür zu stellen, dass die Zeitenwende gelingt“.[16]
[5] Emmanuel Todd: Après l‘empire. Essai sur la decomposition du système américain. Paris 2002.
[6] Jürg Altwegg: „In diesem Krieg geht es um Deutschland“. weltwoche.ch 07.01.2023.
[7] Vgl. Zbigniew Brzezinski: The Grand Chessboard. American Primacy and Its Geostrategic Imperatives. New York 1997.
[8] Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz zum Europäischen Rat am 15. und 16. Dezember 2022 vor dem Deutschen Bundestag am 14. Dezember 2022 in Berlin.
[9] Scholz: Deutsche Waffen haben Erfolge der Ukraine ermöglicht. deutschlandfunk.de 18.09.2022.
[10] Olaf Scholz: The Global Zeitenwende. Foreign Affairs, January/February 2023.
[11] Emmanuel Macron, Olaf Scholz: Sieben Ziele zur Stärkung der EU. Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.01.2023.
[12], [13] Deutsch-Französische Erklärung. Paris, 22. Januar 2023.
[14] Regierung in Frankreich kündigt deutliche Erhöhung der Militärausgaben an. deutschlandfunk.de 20.01.2023.
meinungsfreiheit.rtde.life, vom 24 Sep. 2022 20:52 Uhr, Von Thomas Frank
Die einstige Friedenspartei ist zum größten Kriegshetzer geworden. Auch ihre Wähler: Während nur 49 Prozent der Gesamtbevölkerung für Waffenlieferungen in die Ukraine sind, befürworten 76 Prozent der Grünen-Wähler die Kriegsverlängerung mit Tausenden von Toten. Auch schon in der Vergangenheit taten sich die Grünen mit Zustimmung zu Kriegen hervor.
Als die Grünen noch "Nein zur NATO" sagten; Bonn 1981
Die meisten Grünen-Wähler votieren für die Fortsetzung des Krieges durch Waffenlieferungen
Die Grünen, die "Erben der Friedensbewegung", wollten noch vor nicht allzu langer Zeit das "bündnisgrüne friedenspolitische Erbe" bewahren. Im Jahr 1980 sprachen sie sich in ihrem Bundesprogramm dafür aus, die NATO aufzulösen, einseitig abzurüsten und die Bundeswehr abzubauen. Im sogenannten "Friedensmanifest" von 1981 lehnten die Grünen den Einsatz der Bundeswehr sogar dann ab, wenn die Bundesrepublik angegriffen werden würde. Bei der Bundestagswahl 1987 forderten sie den Austritt aus der NATO, weil es mit dem Militärbündnis "keinen Frieden" geben könne.
Das hat sich radikal geändert. Die Grünen sind, meiner Ansicht nach, längst von einer Friedens- zu einer Kriegspartei mutiert. Und auch ihre Wähler sind bei Weitem keine Pazifisten mehr. Das zeigt eine aktuelle Civey-Umfrage für den Spiegel vom 13. bis 15. September 2022, bei der rund 5.000 Beteiligten folgende Frage gestellt wurde: "Sollte Deutschland die Ukraine umgehend mit weiteren schweren Waffen wie Kampf- und Schützenpanzern unterstützen?"
Insgesamt sagten 49 Prozent der Befragten "Ja", 41 Prozent lehnten das ab. Bei den SPD-Wählern lag der Zuspruch für die Lieferung von schweren Waffen bei 45 Prozent, bei den Grünen-Wählern allerdings bei 76 (!) Prozent.
Damit votierten über zwei Drittel der Grünen-Wähler de facto für eine Kriegsverlängerung und für mehr Tote.
Baerbock macht Deutschland zur Kriegspartei
Auch das Grüne "Aushängeschild" Annalena Baerbock, ihres Zeichens jetzt deutsche Außenministerin, befürwortet die Lieferung von schweren Waffen wie keine andere im Kabinett. Sie sieht keine Alternative dazu. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung faselte die Ministerin, sie habe Verständnis für die Forderung der Ukraine nach modernen Kampfpanzern. Die Entscheidung solle man nicht auf die lange Bank schieben. Auch die Lieferung von deutschen Leopard-2-Panzern scheint für sie kein Tabu mehr zu sein.
Mit diesen unbedachten Tönen bereitet die grüne Ex-Pazifistin den ideologischen Nährboden dafür, dass der Kreml Deutschland endgültig als Kriegspartei einstufen und dementsprechend reagieren könnte. Doch die Deutschen scheinen ihr sowieso egal, denn ihre Solidarität mit den Ukrainern geht scheinbar ins Unendliche, unabhängig davon, was ihre deutschen Wähler darüber denken.
Baerbock ist ein Elefant im Porzellanladen
Baerbock scheint auf internationalem Parkett unfähig zu sein und ist für mich die größte Fehlbesetzung seit Bestehen der Bundesrepublik. Sogar der Spiegel, weiß Gott kein Grünen-kritisches Blatt, zählte ein paar (bei Weitem nicht alle!) ihrer außenpolitischen Fauxpas auf:
Sie verprellte ihren türkischen Amtskollegen mit der großmäuligen Ankündigung, dass sein Land keinerlei Anspruch auf griechische Inseln erheben dürfe.
Sie nannte den Umgang der Chinesen mit Taiwan im gleichen Atemzug mit dem Ukraine-Krieg und brachte damit die Pekinger Führung gegen sich auf.
Sie redete mit dem russischen Außenminister vor der UNO wie mit einem Schüler.
Baerbock benimmt sich auf internationaler Bühne also wie ein Elefant im Porzellanladen. Der Spiegel schrieb passend: "Baerbock lässt es scheppern."
Aber nicht nur sie: Der größte Teil der Grünen und viele ihrer Wähler sind geradezu hysterisiert von der Fortsetzung des Krieges. Viele mag das überraschen, aber wenn wir in die Vergangenheit blicken, ist es das nicht mehr. Hier einige Beispiele:
Jugoslawien (1990–1995)
Der jugoslawische Bürgerkrieg kostete von 1990 bis 1995 über 160.000 Menschenleben. Er war einer der brutalsten Kriege in Europa. Im August 1992 forderten die damalige Europaabgeordnete Claudia Roth (jetzt Kulturstaatsministerin) und das damalige Bundesvorstandsmitglied Helmut Lippelt öffentlich und ziemlich früh ein militärisches Eingreifen.
Die Mitbegründerin der Grünen, Jutta Ditfurth, schrieb: "Niemand hatte sich vorstellen können, dass ausgerechnet eine vormals pazifistische und antimilitaristische Partei namens Die Grünen der deutschen Beteiligung an diesem NATO-Krieg gegen Jugoslawien den Weg ebnen würde." Und weiter: "Die grünen Realos wussten längst, dass sie niemals an die Regierung kommen würden, wenn sie nicht den Kapitalismus und die NATO akzeptierten. Dazu war auf allen Fronten ein bisschen Unterwerfung nötig."
Kosovo (1999)
Im März 1999 – mit den NATO-Bomben auf Belgrad – begann der erste Krieg mit deutscher Beteiligung nach dem Zweiten Weltkrieg, und der war auch noch völkerrechtswidrig, da ohne UN-Mandat. Demzufolge waren die Bombardierungen ein Angriff auf den Bundesstaat Jugoslawien – kurz: ein Angriffskrieg. In den darauffolgenden 78 Tagen flog die NATO 38.000 Lufteinsätze, bei denen insgesamt 9.160 Tonnen Bomben abgeworfen wurden. Zum Kriegsende waren 2.500 Zivilisten durch Splitterbomben und Raketen getötet, mehr als 10.000 verletzt, 800.000 Menschen geflohen.
Möglich gemacht hatten dies auch die Grünen, die selbst propagierte "Friedenspartei": Bei der Bundesdelegiertenkonferenz vom 5. bis 7. März 1999 in Erfurt stimmten die Grünen, die an der Regierung beteiligt waren, dem Kriegseinsatz zu und verrieten wieder einmal ihre eigenen Werte. Die Zustimmung für Krieg bedeutete schlichtweg, an der Regierung bleiben zu können. Noch im April 1998, also ein Jahr zuvor, hatten die "grünen Gandhis" in Magdeburg beschlossen, Kampfeinsätze der Bundeswehr abzulehnen.
Auch Jürgen Trittin lehnte die deutsche Beteiligung an Kampfeinsätzen bis ins Wahljahr 1998 strikt ab. Doch als Minister im Kabinett Schröder stimmte er der Kosovo-Intervention dann zu.
Afghanistan (2001)
Am 11. September 2001 wurden vier Flugzeuge entführt und mit ihnen Selbstmordattentate auf wichtige zivile und militärische Gebäude in den USA verübt. Zwei Flugzeuge krachten in die Türme des World Trade Centers in New York und eines in das Pentagon in Arlington. Das vierte Flugzeug stürzte nach Kämpfen mit Passagieren vom Piloten der Entführer bei Shanksville ab. Rund 3.000 Menschen starben an diesem Tag. Die Täter wurden der islamistischen Terrororganisation al-Qaida zugeordnet, die in Afghanistan ihre Hauptbasis hatte. Die USA reagierten mit einem Krieg in Afghanistan, um die Terrororganisation zu zerschlagen.
Die Worte der "uneingeschränkten Solidarität" kamen Bundeskanzler Schröder und seinem grünen Außenminister Fischer viel zu schnell über die Lippen. So kam es, wie es kommen musste: ein neuer Krieg mit deutscher Beteiligung.
Am 24. November 2001 votierte die Mehrheit der Grünen auf ihrem Bundesparteitag in Rostock für einen Verbleib in der rot-grünen Koalition (Machterhalt!) und für einen Bundeswehreinsatz in Afghanistan.
Im Leitantrag des Vorstandes hieß es noch heuchlerisch: "Bündnis 90/Die Grünen bleiben eine militärkritische Partei mit hoher Friedenskompetenz." Claudia Roth glänzte – nach der linken Wochenzeitung jungleworld – wieder einmal mit einem Redeschmankerl: "Sind wir für oder gegen diesen Krieg – diese Frage stellt sich nicht. (...) Wir sind und bleiben eine Antikriegspartei" (die gerade den Kriegseinsatz beschlossen hatte)!
So stimmte die rot-grüne Koalition mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) im Bundestag am 22. Dezember 2001 der Entsendung von bis zu 1.200 Bundeswehrsoldaten im Rahmen der ISAF (International Security Assistance Force) zu.
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik – und mit tatkräftiger Unterstützung der Grünen – standen damit Bundeswehrsoldaten vor einem Kampfeinsatz außerhalb Europas.
Ukraine (2015)
Bereits im Februar 2015 schloss die Osteuropa-Expertin und damalige Abgeordnete der Grünen, Marieluise Beck, Waffenlieferungen an die ukrainische Armee nicht aus. Die Zeit schrieb: "Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck hat sich dafür ausgesprochen, die Ukraine auch mit militärischer Ausrüstung zu unterstützen. Die ethische Frage, ob man einem klar Angegriffenen jede Aufrüstungshilfe grundsätzlich verweigern könne, beantworte sie 'mit einem klaren Nein'."
Werner Schulz, damaliger Grünen-Abgeordneter im Europäischen Parlament, Vizevorsitzender des parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Russland und Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten forderte in der Sendung Menschen bei Maischberger im Februar 2015 ebenfalls Waffenlieferungen an die Ukraine.
So schließt sich der Kreis. Auch heute fordern die grünen Kriegstreiber immer mehr Waffen für die Ukraine. Aus der ehemaligen Friedenspartei ist eine Kriegspartei geworden.
Quellen:
Die Grünen, Friedensmanifest. Verabschiedet von der 4. Ordentlichen Bundesversammlung der Grünen vom 2. bis 4.10.1981 in Offenbach, Bonn 1981.
Angelika Beer/Reinhard Kaiser: Die Grünen und die NATO – eine Frage, die keine ist, in: Jochen Hippler/Jürgen Maier (Hrsg.): Sind die Grünen noch zu retten? Köln 1988, S. 198ff.
Civey-Umfrage für den SPIEGEL vom 13. bis 15. September 2022, in: DER SPIEGEL 38/2022, S. 32.
Civey-Umfrage für den SPIEGEL vom 13. bis 15. September 2022, in: DER SPIEGEL 38/2022, S. 32.
DER SPIEGEL 38/2022, S. 32.
Klaus Neumann: Der nächste Konflikt wird kommen, in: Europäische Sicherheit Nr. 11 vom 1. November 1999
Ludger Vollmer: Die Grünen, München 2009, S. 392ff., 396
Jochen Buchsteiner: Edel leiden (Die Zeit vom 29. April 1999), in: Christoph Amend/Patrik Schwarz (Hrsg.:) Die Grünen – Das Buch, Hamburg 2011, S. 217
Matthias Geis: Der Triumph des ewigen Zweiten (Die Zeit vom 13. September 2007), in: Christoph Amend/Patrik Schwarz (Hrsg.:) Die Grünen – Das Buch, Hamburg 2011, S. 365
Gunter Hofmann: Die Zerreißprobe (Die Zeit vom 27. September 2001), in: Christoph Amend/Patrik Schwarz (Hrsg.:) Die Grünen – Das Buch, Hamburg 2011, S. 223
Matthias Geis: Der Handlanger des Kanzlers (Die Zeit vom 22. November 2001), in: Christoph Amend/Patrik Schwarz (Hrsg.:) Die Grünen – Das Buch, Hamburg 2011, S. 226
Markus Bickel: Kriech und Frieden, in: Jungle World Nr. 49 vom 28. November 2001
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
*Südafrika kündigt großes Marine-Manöver mit China und Russland an
*Südafrika plant mit der russischen und chinesischen Marine gemeinsame
Militärübungen. Die Übungen mit dem Namen „Operation Mosi“, was in der
Lokalsprache Tswana „Rauch“ bedeutet, sollen vom 17. bis 27. Februar vor
der südöstlichen Hafenstadt Durban stattfinden, teilte das Militär am
Donnerstag mit. Die Marineübungen fallen mit dem einjährigen Jahrestag
des Beginns des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zusammen (24.
Februar). Sie werden die „bereits blühende Beziehung zwischen Südafrika,
Russland und China stärken“, hieß es von der Armee.
Rund 350 südafrikanische Soldaten sollen an den Übungen teilnehmen. Ziel
sei es der Armee zufolge, „operationelle und informative Fähigkeiten“
mit den Marineeinheiten aus Russland und China auszutauschen.
*
*Südafrikas Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA) hat die
geplanten Übungen scharf kritisiert. Der regierende Afrikanische
Nationalkongress (ANC) stelle sich damit de facto auf die Seite Moskaus,
sagte ein Sprecher der DA. Die Beziehungen Russlands zur regierenden
ANC-Partei existieren schon seit Jahrzehnten, als der African National
Congress von der Sowjetunion unterstützt wurde.
Südafrika, das gemeinsam mit Russland, China sowie Indien und Brasilien
der BRICS-Gruppe von aufstrebenden Schwellenländern angehört, hat
bislang eine neutrale Position zum Krieg in der Ukraine eingenommen. Bei
einer Abstimmung der Vereinten Nationen zur Verurteilung des Krieges
hatte sich Südafrika vergangenes Jahr enthalten. Die geplanten
Marineübungen folgen einer ähnlichen Operation von Russland und
Südafrika 2019 in den Gewässern vor Kapstadt.
Am Montag wird gleichzeitig Russlands Außenminister Sergej Lawrow für
bilaterale Gespräche in Südafrikas Hauptstadt Pretoria erwartet. Es ist
Lawrows erster Besuch im Land an der Südspitze Afrikas seit Russlands
Invasion in die Ukraine.
Russland und China hatten ihren Einfluss in Afrika in den vergangenen
Jahren ausgebaut. Während Russland dazu vornehmlich auf
Rüstungsgeschäfte setzte, bauten die Chinesen im Rahmen ihres
Seidenstraßen-Projekts bedeutende Infrastrukturanlagen in afrikanischen
Ländern. ABC News zufolge stellt der anstehende Besuch der
amerikanischen Finanzministerin Janet Yellen in Südafrika auch einen
Versuch da, den eigenen Einfluss auszubauen. „Die Verbesserung der
Beziehungen zu Südafrika steht im Mittelpunkt der Bemühungen der USA,
den russischen und chinesischen Einfluss zu begrenzen. Um dies zu
unterstreichen, wird auch US-Finanzministerin Janet Yellen nächste Woche
Südafrika besuchen, um eine Drei-Länder-Tour durch Afrika abzurunden.
Yellens Südafrika-Besuch beginnt zwei Tage nach Lawrows Treffen mit dem
südafrikanischen Außenminister.“
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
22.01.2023
Große Militärübung startet in Grafenwöhr und
Hohenfels
br.de, 18.01.2023, 19:16 Uhr, von Margit Ringer
Mit rund 2.500 Soldaten auf dem
Truppenübungsplatz Grafenwöhr hat eine große Militärübung der
US-Armee begonnen. Fahrzeuge, Hubschrauber und Flugzeuge sind bei
"Dragoon Ready 23" nun einen Monat im Einsatz. Danach folgt
direkt die nächste Großübung.
Mit rund 2.500 Soldaten der US-Armee
hat auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr eine große Militärübung
begonnen. Fahrzeuge, Hubschrauber und Flugzeuge sind bei "Dragoon Ready 23" nun einen Monat im
Einsatz. Danach folgt direkt die nächste Großübung.
Auf dem Oberpfälzer Truppenübungsplatz Grafenwöhr im Landkreis Neustadt an der Waldnaab hat die US-Armee am Mittwoch eine große Übung mit dem Namen "Dragoon Ready 23" gestartet. Rund 2.500 Soldaten der US-Armee aus Italien und Großbritannien sind daran beteiligt. Die Übung dauert bis zum 14. Februar.
Fahrzeuge, Hubschrauber und Flugzeuge im Einsatz
Insgesamt sind rund 900 Militärfahrzeuge daran beteiligt, darunter 600 Radfahrzeuge. Auch 42 Hubschrauber und zehn Flugzeuge sind im Einsatz. Sie wechseln in den kommenden Tagen in rund 40 kleineren Militärkonvois zwischen den Truppenübungsplätzen Hohenfels und Grafenwöhr, teilte ein Sprecher der US-Garnison Bavaria mit. Demnach können die Konvois zwischen 7 und 19 Uhr auch in den Landkreisen Amberg-Sulzbach oder Neumarkt in der Oberpfalz unterwegs sein.
Da sich die Militärfahrzeuge aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts langsam bewegen und eine eingeschränkte Sicht haben, bittet die US-Armee Verkehrsteilnehmer um Rücksicht auf den Straßen. Die Übung findet zum Teil auch außerhalb des Truppenübungsplatzes statt, deshalb kann es vermehrt zu Lärm kommen in den angrenzenden Landkreisen.
Nächste Großübung folgt im März
Mit der Übung soll die Einsatzbereitschaft der Truppe sichergestellt und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit NATO-Verbündeten trainiert werden. Nach "Dragoon Ready 23" startet am 17. Februar gleich die nächste jährliche Großübung. Sie trägt den Namen "Allied Spirit 23" und soll bis Mitte März dauern.
Bei den Übungen handelt es sich um jährliche Übungen mit NATO-Verbündeten oder auch NATO-Partnerländern. Die Ausbildung von ukrainischen Soldaten findet unabhängig von den geplanten Übungen und nur innerhalb des Truppenübungsplatzes statt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
22.01.2023
Deutsche Kriegstreiber drehen durch: MDR-Kommentar fordert Nein zu Panzerlieferungen
Es ist eine für die in Deutschland herrschende geistige Enge bezeichnende Diskussion. Ein Kommentar im MDR forderte ein "Nein" zu Panzerlieferungen an die Ukraine. Der folgende Aufschrei war enorm. Es werden berufliche Konsequenzen für die Sprecherin gefordert.
Zitat: Mit einem Kommentar zu der Frage, ob Deutschland der Ukraine Kampfpanzer liefern solle, durchbrach der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) die mediale Einheitsfront, denn die Kommentatorin meinte: "Auf keinen Fall". Die sich daran anschließende Diskussion auf Twitter sagt viel über die in Deutschland herrschende geistige Enge.
Zwar deckt sich der Kommentar in seiner inhaltlichen Aussage mit dem Empfinden der Mehrheit unter den Deutschen. Laut einer aktuellen, repräsentativen Umfrage lehnt die Mehrzahl weitere Waffenlieferungen ab. Er deckt sich aber nicht mit den Forderungen des medialen und politischen Establishments in Deutschland.
Das wird für die ausscherende Kommentatorin Rommy Arndt absehbar zum Problem, denn ihr Kommentar rührt an die in Deutschland aktuell festgelegte Grenze der Meinungsfreiheit. In diesen Tagen ist es in der Bundesrepublik Deutschland absolut unzulässig, die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine öffentlich zu hinterfragen. Zugelassen in Deutschland und dann auch mit Applaus bedacht werden im öffentlichen Diskurs nur Positionen, die einer weiteren Eskalation und Ausdehnung des Konflikts dienen können. Alle anderen Positionen werden niedergeschrien, verunglimpft und deren Vertreter werden mit Scheinargumenten diffamiert.
Rommy Arndt hat in ihrem Kommentar ihre ganz persönliche Sorge darüber ausgedrückt, Deutschland könnte durch immer neue Waffenlieferungen nach und nach in den Krieg in der Ukraine hineingezogen werden. Diese Sorge ist berechtigt. Sie darf diese ihre Sorge jedoch nicht öffentlich und gar im Namen eines öffentlich-rechtlichen Mediums äußern, weil sie dadurch "Putin in die Hände spielt", glauben zahlreiche Kritiker.
Einer, der hier die Grenze der Meinungsfreiheit erreicht sieht, ist der ehemalige Korrespondent des ARD-Studios Moskau Udo Lielischkies. Er sieht mit dem Kommentar die Grenze zur "Kreml-Propaganda" überschritten und bezeichnet den Kommentar als "Desinformation à la RT".
Die Gedanken sind frei, ja. Meinungsvielfalt im ÖR ist gut, ja. Aber hochdosierte Kreml-Propaganda und Desinformation à la RT in einem ARD-Sender mit dem Siegel „Kommentar“ tut dann doch weh. https://t.co/X2ZROwzdMe
Lielischkies verdeutlicht damit, wie eng die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland inzwischen gesteckt sind. Sich Sorgen zu machen, beunruhigt zu sein angesichts der Entwicklung und dies öffentlich zu äußern, überschreitet bereits die Grenze zur Propaganda, macht Lielischkies' Tweet – stellvertretend für die weit vorherrschende Position im deutschen Journalismus deutlich.
Arndt erntete für ihren Kommentar zwar auch viel Lob und Zuspruch. Viele fühlen sich in diesem Kommentar mit ihrer persönlichen Meinung bezüglich der Sorge vor einer weiteren Eskalation abgebildet.
Auch die Politikwissenschaftlerin und Publizistin Ulrike Guérot schließt sich dem Inhalt des Kommentars an. Allerdings steht Guérot selbst unter Druck – wie all die anderen, die einen reflektierten und nicht reflexartigen Umgang mit der Frage von Waffenlieferungen fordern. So hat sich die Universität Bonn zuletzt von Guérot distanziert, wobei dies einigen deutschsprachigen Medien noch nicht weit genug ging.
Der MDR jedenfalls sah sich gezwungen, den Kommentar von Rommy Arndt mit einem Hinweis zu versehen. Durch zahlreiche kritische Rückmeldungen wurde der Sender offensichtlich unter Druck gesetzt und sah sich veranlasst, sich zu distanzieren. In seiner ursprünglichen Fassung sei derzeit dieser Kommentar lediglich noch aus "Gründen der Transparenz" online, teilt der Sender mit.
Auch dem Journalisten Matthias Meisner geht das noch nicht weit genug. Meisner, ehemals beim Tagesspiegel und inzwischen beim Thinktank "Zentrum liberale Moderne" auf Kosten der Steuerzahler damit beschäftigt, kritische Journalisten zu verunglimpfen, fährt sein gut eingeübtes Diffamierungsprogramm auf. Er nennt Arndt eine "Kreml-Propagandistin" und "Corona-
Verharmloserin" und deutet damit an, dass sie journalistisch mindestens zu exkommunizieren sei. Meisner fällt immer wieder dadurch auf, dass er Meinungs- und Pressefreiheit dadurch verteidigen will, indem er sie radikal einschränkt. Eine kleine Elite soll stellvertretend für seine Zunft über diese Grundrechte verfügen und der Mehrheit mitteilen, was sie zu denken, was sie für richtig und für falsch zu halten habe. Selbstverständlich zählt sich Meisner selbst zu diesem elitären Kreis.
Ein Blick in den Twitter-Kanal von @ArndtRommy genügt: Hier ist nicht nur eine Kreml-Propagandistin am Werk, sondern auch eine Corona-Verharmloserin. Es wäre spannend zu wissen, was @mdrde@MDRpresse dazu denkt https://t.co/ffM9FrBRsc
Stein des Anstoßes sind unter anderem auch Äußerungen etwa zur Lobbyisten-Tätigkeit der FDP-Abgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die zugleich Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages ist. Strack-Zimmermann ist Mitglied in mehreren Organisationen, welche ganz offen die Interessen der Rüstungsindustrie vertreten, unter anderem im "Förderkreis Deutsches Heer".
Strack-Zimmermann wehrt sich gegen den Vorwurf, ihr Einsatz für Waffenlieferungen an die Ukraine hänge mit ihren Verbindungen zur deutschen Rüstungsindustrie zusammen. Offenbar gilt es als anrüchig, diese Tatsache in einem Meinungsbeitrag zu erwähnen.
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck von Bündnis 90/Die Grünen empfiehlt dem MDR in einer Erwiderung auf Strack-Zimmermann arbeitsrechtliche Schritte.
Ich würde die Dame abmahnen lassen.
— Volker Beck ???? ???????????????? (@Volker_Beck) January 21, 2023
Dabei ist es offenkundig, dass die Vorschläge Strack-Zimmermanns vor allem der Rüstungsindustrie dienen, anstatt dem Frieden. Strack-Zimmermanns unverhohlenes Ziel ist ein Sieg der Ukraine über Russland. Ob der überhaupt möglich ist, daran gibt es von Expertenseite erhebliche Zweifel. Im deutschen Medien-Mainstream hingegen ist für eine derartige Sicht aktuell kein Platz.
Was sich in der Diskussion um den Kommentar des MDR vor allem zeigt, ist die geistige Enge, in der Deutschland inzwischen wieder angekommen ist. Die Forderungen nach beruflichen und persönlichen Konsequenzen für die genannte Kommentatorin müssen jeden demokratisch gesinnten Bürger erschrecken. Diejenigen, die glauben, dass mit Waffenlieferungen an die Ukraine westliche Werte wie Meinungsfreiheit und Demokratie gegen Russland verteidigt werden, führen solche Behauptung mit den damit verbundenen Forderungen nach Einschränkungen, nach Zensur und Verboten ad absurdum.
Die Diskussion um den Kommentar von Rommy Arndt zeigt, wie weit sich große Teile der deutschen Gesellschaft von Demokratie und "westlichen Werten" bereits entfernt haben. Mehrheitlich lassen sich solche Personen augenscheinlich unter Politikern und Medienvertretern finden.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
Abschied von der Meinungsfreiheit: Die Beispiele NachDenkSeiten und Twitter
meinungsfreiheit.rtde.life, vom 4. Dez. 2022 17:21 Uhr, Von Gert Ewen Ungar
Es ist schlecht bestellt um die demokratischen Werte in Deutschland und der EU. Die Presse- und Meinungsfreiheit wird immer unverhohlener und offener mit Füßen getreten. Deutschland ist ebenso wenig wie die EU an Meinungsvielfalt und breiter Diskussion interessiert.
Mit Ablauf des Jahres endet die Anerkennung des kritischen Medienportals NachDenkSeiten als gemeinnützig. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der NachDenkSeiten ist zweifellos ein weiterer Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit. Die NachDenkSeiten liefern seit 20 Jahren Beiträge zu vor allem wirtschaftspolitischen und gesellschaftspolitischen Themen aus einer linken, aufgeklärten Perspektive. Das macht sie in einem positiven Sinne diskussionswürdig. Genau darin liegt ihr gesellschaftlicher Wert, dies macht sie im eigentlichen Wortsinn gemeinnützig. Die NachDenkSeiten nehmen an der gesellschaftlichen Debatte teil, positionieren sich regelmäßig gegen den Mainstream und die konzertierte Haltung in den großen Leitmedien. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung und stützen damit die demokratische Kultur. Das ist ihr Verdienst, und das ist in Deutschland unerwünscht.
Das Finanzamt Landau hat den NachDenkSeiten nun die Gemeinnützigkeit aberkannt. In einem Interview in der Zeitung Junge Welt nimmt der Gründer der NachDenkSeiten zum Vorgang Stellung. Gefragt nach der Begründung für die Aberkennung sagt Müller:
"Der Verein würde mit dem 'Betrieb dieser Internetseite' ... nicht den gemeinnützigen Zweck der 'Volksbildung' verfolgen. Übrigens: Wir glauben nicht, dass unser Finanzamt in Landau eine solch seltsame Feststellung trifft. Der Entzug der Gemeinnützigkeit kam von oben. Man kennt das ja schon von Fällen wie Attac."
Damit hat er natürlich recht. Auch wenn sich der Nachweis schwierig gestaltet, ist die Evidenz doch ganz auf Seiten der Argumentation Müllers. Inzwischen schon ganz regelmäßig greift der Staat zu Mitteln schwer nachweisbarer Formen von Zensur: Konten werden gekündigt, die Gemeinnützigkeit wird aberkannt. Kurz: Staatliche Gewalt macht unliebsamen Medien das Leben möglichst schwer und zielt darauf, ihre finanziellen Möglichkeiten und damit ihre Performance einzuschränken. Es geht um Einschüchterung und Zermürbung. Es sind Versuche, mundtot zu machen.
Aber es gibt natürlich auch die etwas offenere Zensur. Das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) beispielswiese öffnete der Willkür Tür und Tor. All diese Vorgänge sind einer Demokratie absolut unwürdig. Solche Praktiken haben vor allem in einem Land, das meint, der Welt ein Beispiel zu sein, und mit seinem angeblichen Liberalismus und seinen Freiheitswerten prahlt, absolut nichts verloren. Es ist eine Schande, was in Deutschland passiert − gerade angesichts der deutschen Selbstdarstellung und der moralischen Selbstüberhöhung gegenüber dem Ausland.
Begleitet wird die bedenkliche Entwicklung vom zustimmenden Geraune in den deutschen Leitmedien, wobei das Geraune sich von Zeit zu Zeit auch konkret artikuliert und nach Verbot, Zensur und Einschränkungen ruft. Gegenüber den NachDenkSeiten tut sich der ehemalige Redakteur des Tagesspiegels, Matthias Meisner, besonders hervor. Er arbeitet inzwischen für den reaktionären Thinktank Zentrum Liberale Moderne und beteiligt sich dort an der Diffamierungskampagne gegen die NachDenkSeiten im Rahmen des staatlich finanzierten Projekts "Gegneranalyse". Auch das Verbot von RT in Deutschland und der EU wurde von den großen deutschen Medien weitgehend einheitlich begrüßt. Bedenken? Keine!
Unter anderem der Deutsche Journalisten-Verband, eine der Interessenvertretungen der Journalisten in Deutschland, wurde regelrecht euphorisch und versuchte sich in einer Definition, was guten deutschen Journalismus von russischer Desinformation unterscheiden soll. Das Vorhaben ist kläglich gescheitert, aber der Deutsche Journalisten-Verband hat sein geistiges Scheitern selbst nicht bemerkt und glaubt weiterhin, es gebe auf der einen Seite deutschen Qualitätsjournalismus und auf der anderen Seite Desinformation und Propaganda. Mit seiner Haltung hat der Deutsche Journalisten-Verband seinen Beitrag zur Erosion der Pressefreiheit in Deutschland geleistet. Er dient nicht dem Schutz der Arbeit aller Journalisten, sondern lediglich derer, die er nach eigener Einschätzung für schützenswert hält.
Eingelassen ist diese Abkehr von den Grundprinzipien des demokratischen Staates in ein gesellschaftliches Klima, das Meinungsvielfalt und unterschiedlichen Blickwinkeln skeptisch gegenübersteht. Die Corona-Krise förderte die aktuelle Unfähigkeit der deutschen Öffentlichkeit zutage, sich auseinandersetzen zu können. Streit, inhaltliche Kritik und Auseinandersetzung wurden und werden als Bedrohung für eine homogene, geschlossene, gesunde Gesellschaft wahrgenommen. Aus diesem Grund kommt der Ruf nach dem autoritären Staat, nach Verbot und Zensur direkt aus der ganz weit nach rechts gerutschten Mitte der deutschen Gesellschaft.
In Krisen zeigt sich ein deutsches Kontinuum besonders deutlich: Die deutsche Gesellschaft hat in ihrer Gesamtheit ausgesprochen wenig Resilienz gegen totalitäre Tendenzen. Die Rufe nach Repression, staatlicher Aufsicht und Kontrolle kommen aus ihrer eigenen Mitte, zeigte die Corona-Krise. In dieser Sehnsucht nach starker Führung äußert sich eine tiefe Sehnsucht nach Stabilität und festen Bezugsgrößen in einer sich schnell wandelnden Welt − vor allem bei jenen, die sich als links und liberal, urban und weltoffen wahrnehmen.
Das Lebensgefühl der Neunziger soll konserviert werden. Das Lebensgefühl der Leichtigkeit der Wohlstandsgeneration Love-Parade, eines nach allen Seiten abgesicherten "Anything goes" im Lifestyle, das Gefühl, Teil des siegreichen Westens zu sein, der als einzige und verbleibende Macht obsiegte, soll gegen den Einbruch der Realität des Abstiegs verschlossen gehalten werden. Es geht um Realitätsflucht. An ihrem historischen Ende machen nahezu alle Systeme das Gleiche auf eine ähnliche Weise falsch. Sie fallen ins Totalitäre, leugnen die Realität, wenden sich ab von Rationalität und beschleunigen dadurch ihren Abstieg. Es gibt davon nur wenige Ausnahmen, und die kollektive deutsche Mentalität ist völlig ungeeignet, zu einer Ausnahme von dieser Regel zu werden.
Das, was den NachDenkSeiten widerfährt, ist daher symptomatisch. Es wiederholt sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen: regional, national und auch auf der Ebene der EU.
Aktuell droht die EU ganz offen Elon Musk, der Twitter gekauft hat. Auch unter Twitter müssen die strengen Zensurvorgaben der EU erfüllt werden, teilt Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Musk per Tweet mit. "Der Vogel fliegt nach unseren Regeln."
Der Tweet ist entlarvend. Eines der Argumente, mit der die strenge und vor allem sehr einseitige Zensur auf Twitter legitimiert und relativiert wurde, war das Argument, Twitter sei ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das seine Regeln selbst macht. Mit staatlicher Zensur habe dies alles nichts zu tun. Dies entlarvt der Tweet Bretons als unrichtig. Twitter zensierte auf Anordnung der EU.
Die Lockerungen, die erst durch die Übernahme durch Musk möglich wurden, rufen die EU auf den Plan. Der Korridor des Sagbaren soll weiter eng gehalten werden. Die EU und Deutschland geraten bei dem Gedanken an eine breite Diskussion politischer Themen mit einer Vielfalt an unterschiedlichen Meinungen regelrecht in Panik.
Insbesondere die Abkehr vom transatlantischen Bündnis darf auf keinen Fall als mögliche Option im offenen Diskursraum stehen. Nahezu alle relevanten Positionen in der EU und vor allem in Deutschland sind an das Bekenntnis zum Transatlantizismus geknüpft. Diese wären im Fall einer Abkehr dann auch die großen Verlierer. Also wird der Diskursraum verengt, Zensur eingeführt und immer weiter ausgeweitet sowie unabhängiger Journalismus unterdrückt, diskriminiert und zersetzt. Das ist der bedauernswerte Zustand, in dem sich Deutschland und die EU befinden.
Die EU und Deutschland sind in einem Zustand der Agonie. Der politisch-mediale Komplex, die Eliten in den Leitmedien und in den politischen Entscheidungszentren wissen, ein bloßes "Weiter so" führt in den Untergang. Ein Umbau ist unausweichlich − je länger er aufgeschoben wird, desto disruptiver wird der Abbruch mit der bestehenden transatlantischen Ordnung. Notwendig wäre eine breite Diskussion darüber, wie man sich künftig positionieren möchte, welche Allianzen man eingehen möchte, wenn die alten Sicherheiten und Partner wegbrechen. Und natürlich ist klar, dass jene, die jetzt die Diskussion verengen und die Narrative bestimmen, zu den großen Verlierern eines fundamentalen Wandels gehören werden. Die immer repressiver werdenden Maßnahmen gegen freie Medien, wie die NachDenkSeiten, oder freie Rede in den sozialen Netzwerken sind der Versuch, Zeit zu gewinnen. Darin unterscheiden sich Gesellschaften im Umbruch nicht.
Der Fehler der NachDenkSeiten war, zu einflussreich geworden zu sein. Es liegt im Interesse der Mehrheitsgesellschaft, dass alternative Medien wie sie weiter an Einfluss gewinnen.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Feinde der Demokratie: Das Zentrum Liberale Moderne diskutiert über Desinformation
meinungsfreiheit.rtde.life, vom 30 Nov. 2022 20:16 Uhr, Von Gert Ewen Ungar
In Berlin veranstaltete das Zentrum Liberale Moderne eine Podiumsdiskussion zum Thema "Alternative Medien und wie diese die Demokratie gefährden". Schon in den ersten Minuten wird klar: Die echten Feinde demokratischer Kultur befanden sich an diesem Abend auf dem Podium.
Pia Lamberty bei der Bundespressekonferenz zur "Jahresbilanz rechte Gewalt 2021 und Coronaleugner-Gewalt" in Berlin, 10.05.2022.
Auf einer vom Zentrum Liberale Moderne organisierten Podiumsdiskussion in der taz-Kantine, die per Stream live auf YouTube übertragen wurde, diskutierten die Gegner einer breiten und vielfältigen Presselandschaft: Pia Lamberty, Buchautorin, Matthias Meisner, freier Journalist und Mitarbeiter beim staatlich finanzierten Internetpranger "Gegneranalyse" des Zentrums Liberale Moderne, Michael Nattke, Fachreferent beim Kulturbüro Sachsen, und Sara Bundtzen, Analystin.
Der im Internet übertragene Live-Stream hatte zu seiner besten Zeit etwas mehr als 40 Zuschauer. Wir witzelten unter Kollegen, die Hälfte davon sei vermutlich von RT DE. Man könnte die Veranstaltung daher mangels Publikumswirksamkeit eigentlich unter den Tisch fallen lassen. Allerdings ist sie ein Zeitdokument, das die Fehlentwicklungen in Deutschland sehr gut aufzeigt und einer nachfolgenden Generation die Frage beantworten helfen kann, "wie es dazu kommen konnte".
Ich versprach mir vom Abend ein Stückchen Aufklärung über die Frage, was russische Propaganda und Desinformation konkret sind, denn ich gelte vielen als russischer Propagandist. Dass Medien immer mal wieder mit Falschbehauptungen aufwarten, kann es nicht sein, denn das ist das Geschäftsmodell von Bild und inzwischen auch vom Spiegel. Trotz all der Faktenchecker, die auf RT DE und andere "alternative Medien" angesetzt sind, ist die Ausbeute doch erstaunlich mau.
Ich mache absichtlich keine Falschbehauptungen, aber es ist mir natürlich schon passiert, dass ich etwas korrigieren musste. Aber so etwas wie syrische Waisenkinder, die von Merkel träumen, habe ich noch nicht erfunden und werde es im Zusammenhang mit meiner journalistischen Arbeit auch nicht tun. Das halte ich für unlauter und einen Verstoß gegen das journalistische Selbstverständnis. In den Verlagshäusern in Hamburg und Berlin ist man da großzügiger.
Dessen ungeachtet wird mir und selbstverständlich auch den Kollegen regelmäßig vorgeworfen, wir würden russische Propaganda betreiben und Desinformation des Kremls verbreiten. Ich sei ein Knecht Putins, wird mir häufig vorgehalten. Es wird in diesem Zusammenhang viel beleidigt. Was dagegen niemals getan wird, ist, inhaltlich zu bestimmen, was denn Desinformation und russische Propaganda genau sind.
Propaganda ist alles, was aus Russland kommt
Das blieb auch an diesem Abend aus. Würde man es versuchen, würde man schnell merken, es ist schwierig. Man gerät schnell ins Schwimmen. Eine genaue Abgrenzung ist nicht möglich, wenn man sie aus veröffentlichten Beiträgen herleiten will. Allerdings kann man es sich auch einfach machen und sie nicht aus den Artikeln, sondern geographisch bestimmen. Die Diskutanten in der taz-Kantine taten genau das. Russische Propaganda und Desinformation ist einfach alles, was aus Russland kommt.
Manche eignen sich russische Propaganda bewusst an, suchen auf dubiosen Telegram-Kanälen regelrecht danach. Es sind Täter. Manche fallen unfreiwillig auf russische Desinformation rein und plappern sie nach, weil sie nicht wissen, dass es sich um Propaganda handelt. Es sind Opfer. Andere wiederum machen einfach Denkfehler, wenn sie durch eigenes Nachdenken auf etwas kommen, was auch der Kreml so geäußert hat. So einfach, so schlicht ist das. Jede Behauptung aus Russland ist falsch. Und jede Behauptung, die einer Behauptung aus Russland ähnelt, ist eine weiterverbreitete russische Desinformation.
Inhaltlich muss man nicht diskutieren. Es ist von absoluter geistiger Bescheidenheit, was vor allem Lamberty und Meisner vortragen. Es ist primitiv und für Demokratie sowie alles, was es zur Demokratie braucht, absolut gefährlich. Es ist ein reaktionärer, autoritärer Diskurs, den Lamberty und Meisner für Deutschland und die Deutschen einfordern. Das ist kein Zufall, denn der Veranstalter, das Zentrum Liberale Moderne, betreibt unter dem Deckmantel der Verteidigung der liberalen Moderne gegen autoritäre Tendenzen faktisch den Umbau der deutschen Gesellschaft weg von Demokratie und Freiheitsrechten hin zum autoritären Obrigkeitsstaat. Das Zentrum ist damit nicht allein, aber es ist eine der treibenden Kräfte in Deutschland für einen immer weitergehenden Rechtsrutsch.
Da geklärt ist, was russische Propaganda ist, stellt sich die Frage, was keine Propaganda, was wahr und richtig ist. Auch darauf geben die Experten auf dem Podium eine Antwort.
Durch die Entwicklung der letzten Monate, die steigenden Preise, die zunehmende Unsicherheit sind viele Menschen in Deutschland beunruhigt und das mache sie offen für russische Propaganda, sind sich die Teilnehmer weitgehend einig. Das mache sie anfällig dafür, beispielsweise zu glauben, die Inflation und die Steigerung der Energiepreise seien nicht durch den russischen Angriffskrieg ausgelöst worden, sondern durch die vom Westen verhängten Sanktionen. Diese Behauptung sei russische Propaganda und Desinformation. Sogenannte alternative Medien würden diese Verunsicherung nutzen, um zum Protest gegen die Regierung zu mobilisieren und ganz allgemein gegen die Demokratie. Wahr dagegen ist, dass der russische Angriffskrieg die Preissteigerungen angetrieben hat.
Wow! Da haben sich die Teilnehmer auf dem Podium von Zusammenhängen völlig verabschiedet. Natürlich ist die Teuerung den Sanktionen geschuldet und nicht dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Die Sanktionen sollten Russland ruinieren, wie es die deutsche Außenministerin auf den Punkt brachte, sie gingen jedoch nach hinten los und lösen jetzt in der EU das aus, was sie eigentlich in Russland auslösen sollten. Offenbar haben diejenigen, die sich zu Protest zusammenfinden, von ökonomischen Zusammenhängen deutlich mehr Ahnung als Lamberty und Meisner. Dass die Sanktionen in Deutschland umfassendere Auswirkungen haben als in Russland, ist übrigens ebenfalls Desinformation und russische Propaganda.
Klar wurde damit aber auch, was die Experten für wahre und richtige Informationen halten. Es ist das, was die Bundesregierung und die mit ihr vernetzten großen Medien behaupten. Desinformation dagegen ist das, was den Informationen der Bundesregierung und der großen Medien nicht entspricht. Dieser geistige Rückfall ins Biedermeier, der sich da vor vierzig Zuschauern auf YouTube vollzieht, lässt jeden aufgeklärten Geist staunend zurück.
Wahrheit wird von der Bundesregierung und den Leitmedien verkündet
Lamberty macht deutlich, dass es zu ihren Postulaten auch keine Diskussion geben wird. Man diskutiert nicht über die Frage, was die Teuerung in Deutschland ausgelöst hat. Putin war's und jeder, der etwas anderes behauptet, ist entweder ein Opfer russischer Propaganda oder ein Kreml-Propagandist. Dass er einfach ein bisschen mehr Ahnung von makroökonomischen Zusammenhängen haben könnte, kommt auf dem Podium niemandem in den Sinn. Es gibt über die regierungsoffiziellen Postulate keine Diskussion, keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung, macht vor allem Lamberty deutlich.
Es gibt auch keine Diskussion über Kriegsverbrechen in Butscha. Der Russe war's. Dass es nie eine offizielle, unabhängige Untersuchung gegeben hat, ist völlig schnuppe. Es gibt auch keine Diskussion darüber, ob der Westen zumindest eine Mitschuld an der Entwicklung hin zum Krieg trägt. Putin hat mit einem brutalen Angriffskrieg die Ukraine barbarisch überfallen. Punkt! Keine weitere Diskussion.
Wichtig ist lediglich, dass jeder, der auf das Defizit der Argumentation Lambertys verweist, sofort als Desinformant markiert werden muss. Es ist ein absolut autoritärer Obrigkeitsdiskurs, den Lamberty führt. Es ist die vollkommene Abkehr von einer aufgeklärten Tradition und im Kern die Wiederkehr des Geistes der Inquisition. Es gibt eine absolute Wahrheit. Sie wird von der Kanzel verkündet und jeder, der sie infrage stellt, ist ein Ketzer. Die Kanzel wurde lediglich durch den politisch-medialen Komplex ersetzt, das in den letzten Dekaden wohl eingeübte Zusammenspiel der großen Leitmedien und Think-Tanks mit der Politik.
Die Konsequenzen für Abweichler sind ebenfalls entsprechend. Meisner fordert faktisch die gesellschaftliche Ächtung und Ausgrenzung. Seine Aufgabe sieht er darin, Medienkonsumenten einen Leitfaden an die Hand zu geben, mit dem sie sich besser zurechtfinden können, der ihnen dabei hilft, Information von Desinformation zu unterscheiden. Es ist eine dreiste Anmaßung. Auch bei seinen Ausführungen erscheint vor dem geistigen Auge sofort die Kanzel, von der Meisner zu den Seinen herabpredigt, was sie in der kommenden Woche zu glauben haben.
Vor diesem Hintergrund eines doch sehr eingeschränkten Zugangs zu demokratischen Ideen wundert es nicht, dass sowohl Lamberty als auch Meisner es als Skandal empfinden, dass alternative Medien Einfluss auf die Debatte nehmen wollen. Ja, das ist so. Demonstranten übrigens auch. Sie wollen nicht gemaßregelt, sondern mit ihrem Anliegen wahrgenommen werden. Derartige Vorgänge sind in einer Demokratie nicht nur normal, sondern erwünscht. Sind sie es nicht, stimmt etwas nicht im System.
Interessanterweise glauben sowohl Lamberty als auch Meisner mit ihren tief reaktionären Positionen, auf der Seite der Demokratie und Freiheitsrechte zu sein. Reflexion der eigenen Position und ihrer Implikationen − absolute Fehlanzeige. An dem, was sie sagen, wird deutlich, wie falsch ihre Selbsteinschätzung ist. Es wird auch deutlich, wie verschoben und verschroben die Wahrnehmung von Rechts und Links auf dem Podium ist. Die tatsächlich rechten und demokratiefeindlichen Positionen werden von den vermeintlichen Beschützern der Demokratie vertreten − insbesondere Lamberty und Meisner überbieten sich geradezu in der Zurschaustellung ihres antidemokratischen Gedankenguts. Lamberty skizziert gar eine Art sozialpädagogisierte Republik mit betreutem Denken und einem System von erzieherischen Belohnungen und Strafen für Aufmüpfige mit falscher Meinung.
Am Ende der Demokratie angelangt
Denkt man das zu Ende, was Meisner und Lamberty fordern, bleibt von Demokratie, Presse- und Meinungsfreiheit nichts übrig. Es würde dann ein System strenger Zensur, der Gängelung und der Repression geben, das die Podiumsteilnehmer ihren Zuhörern als eine gut beschützte Demokratie verkaufen wollen. Was auf dem Podium als Maßnahmen zum Schutz der Demokratie und der Meinungsfreiheit vorgeschlagen wird, ist der unmittelbare Weg zu Totalitarismus und Diktatur.
Dass ausgerechnet das Zentrum Liberale Moderne derart selbstherrlichen Positionen breiten Raum gibt, ist keine Verfehlung, kein Unfall. Es steht zwar auf den ersten Blick im Widerspruch zum Namen des Think-Tanks, aber eben nicht im Widerspruch zu seiner inhaltlichen Ausrichtung. Die Ideologie des Zentrums ist ebenso tief reaktionär wie die der Teilnehmer an der Podiumsdiskussion. Das Zentrum will Kontroverse, Diskussion, die Suche nach Kompromiss − kurz: alles, was demokratische und aufgeklärte Kultur auszeichnet − zurückdrängen und ein durchweg autoritäres, neoliberales System errichten, in dem grundlegende wirtschaftliche und politische Fragen jedem Diskurs entzogen werden. Drauf steht dann in großen Leuchtbuchstaben "Demokratie" und "freier Westen". Drin ist aber reine, düstere Repression.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
22.01.2023
Pistorius: Bundeswehr muss stärkste Armee Europas werden
Als neuer Minister musste er am Donnerstag einen Kaltstart hinlegen:
Eine Viertelstunde nach Amtsappell im Verteidigungsministerium traf
Boris Pistorius (62, SPD) seinen amerikanischen Kollegen Lloyd Austin
(69), sprach mit ihm über Waffenlieferungen für die Ukraine.
Am Freitag flog Pistorius nach Ramstein, auf dem US-Stützpunkt in
Rheinland-Pfalz koordinierte der Westen seine Hilfe für Kiew. BILD am
SONNTAG erreichte Pistorius am Freitagabend im Auto. Da war er gerade
mal 32 Stunden im Dienst.
*BILD am SONNTAG: Herr Pistorius, was war Ihr erster Gedanke, als Ihnen
der Kanzler am Montag den Job des Verteidigungsministers angeboten hat?*
*Boris Pistorius:* „Ich habe mich sehr gefreut. Was für ein
Vertrauensvorschuss. In Europa tobt ein Krieg. Die Bedeutung des Amtes
ist riesig. Das flößt mir Respekt und Demut ein.“
*Gibt es etwas, vor dem Sie als Verteidigungsminister Bammel haben?*
*Pistorius: *„Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe, aber keinen Bammel.“
*Liegt Ihr Handy jetzt nachts auf laut gestellt neben dem Bett?*
*Pistorius: *„Ja. Schon als Innenminister musste ich sicherstellen, dass
mich beispielsweise das Lagezentrum und der Landespolizeichef nachts
erreichen können. Für alle anderen war das Handy stumm geschaltet. Das
geht nicht mehr. Jetzt lasse ich mein Handy einfach auf laut. Als
Verteidigungsminister bin ich rund um die Uhr im Dienst. Das ist auch in
Ordnung. In Europa herrscht ein Krieg.“
*Was braucht die Bundeswehr am dringendsten?*
*Pistorius: *„Es muss jetzt alles gleichzeitig passieren: die
Beschaffung von Waffen und Ausrüstung, die Modernisierung der Kasernen,
die Personalgewinnung. Und: Die Truppe muss spüren, dass man ihr
Vertrauen entgegenbringt und dankbar ist für das, was sie leistet.“
*Bekommt die Bundeswehr von den Deutschen den nötigen Respekt?*
*Pistorius: *„Dafür setze ich mich ein. Die Bundeswehr gehört in die
Mitte der Gesellschaft. Da war sie mal. Und da gehört sie wieder hin.“
*Was ist Ihr Ziel für die Truppe?*
*Pistorius: *„Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa,
deswegen sollte es auch unser Ziel sein, die stärkste und am besten
ausgestattete Armee in der EU zu haben. Das ist allerdings nicht in drei
Jahren zu erledigen, dafür braucht es noch ein paar Jahre länger. Mein
Job ist es, jetzt die Weichen dafür zu stellen, dass die Zeitenwende
gelingt.“
*Was hat sich seit Ihrem Wehrdienst vor 42 Jahren geändert?*
*Pistorius: *„So viel, das kann man kaum aufzählen. Was mir aber gleich
am ersten Tag aufgefallen ist: dass mir die Sprache und der Umgang in
der Truppe noch immer vertraut sind. Das macht es leicht, emotional und
mental anzukommen.“
*Kennen Sie die Dienstgrade noch?*
*Pistorius: *„Die meisten ja. Ein paar, die seltener vorkommen, präge
ich mir gerade wieder ein. Im Ministerium haben wir vereinbart, uns mit
Namen anzureden. Aber beim Truppenbesuch werde ich die Männer und Frauen
mit ihrem Dienstgrad ansprechen.“
*Wissen Sie schon, wohin Sie als Erstes reisen werden?*
*Pistorius: *„Das steht noch nicht endgültig fest. Sicher ist aber, dass
ich schnell in die Ukraine reisen werde. Vermutlich sogar schon
innerhalb der nächsten vier Wochen. In Ramstein habe ich am Freitag
meinen ukrainischen Kollegen zu einem intensiven Austausch getroffen.
Oleksij Resnikow ist ein ausgesprochen zugewandter, offener Mann, der
genau weiß, was er will.“
/Was die Ukraine dringend will, sind Leopard-2-Kampfpanzer. Doch beim
Treffen in Ramstein wurde die Entscheidung über eine Lieferung vertagt.
Das Kanzleramt wartet noch ab, gibt dem Druck u. a. aus Polen nicht
nach. Pistorius ordnete aber zumindest an, dass in seinem Ministerium
jetzt durchgezählt wird, wie viele deutsche Leos bei Bundeswehr und
Industrie einsatzfähig sind./
*Wann wird über die Leoparden entschieden?*
*Pistorius: *„Wir sind mit unseren internationalen Partnern, allen voran
mit den USA, in einem sehr engen Dialog zu dieser Frage. Um auf mögliche
Entscheidungen bestens vorbereitet zu sein, habe ich am Freitag mein
Haus angewiesen, alles so weit zu prüfen, dass wir im Fall der Fälle
nicht unnötig Zeit verlieren.“
*Wie viel Einarbeitungszeit haben Sie?*
Pistorius: „Keine. Ich muss lernen und gleichzeitig machen. Bis auf
Weiteres werde ich kaum zu Hause in Osnabrück sein. Am Samstag hole ich
nur kurz frische Kleidung für die nächste Woche ab.“
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Zu Gast im Studio: Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm.
Sie ist seit 2008 Inhaberin des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. 2020 wurde sie in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Die Wirtschaftsweisen") berufen.
Ein Gespräch über Veronikas Kindheit, Jugend und Werdegang, das Volkswirtschaftsstudium für sie als Studentin und als Professorin, Spieltheorie und die Arbeit in der Gaspreisbremse-Kommission, ihre ökonomische Ideologie und ihre Modelle, Kapitalismus als bestes System, das Ende des Kapitalismus, Wirtschaftswachstum als Ursache für den Klimawandel, ihre Expertise bei Energiewende und Nachhaltigkeit, ihre offensichtliche Nähe zur Politik von rechts, ihr Eintreten für Atomkraftverlängerung, Erdgas und ihr Wunsch nach einer "offen und ehrlichen" Diskussion über das Fracking, CO2-Preis, die neuesten Vorschläge des Club of Rome zu einer klimaneutralen Welt und zur Beseitigung von Armut und Herstellung von Gleichheit, Umverteilung, Vermögens- und Erbschaftssteuer sowie die Konzentration von Vermögen in Deutschland + eure Fragen feat. @Maurice_Hoefgen
unser Kommentar: Aufschlussreiches Interview auch zur Missfunktion von Regierungspraxis allgemein, wenn wissenschaftlichesund selbst denkschulenunabhängiges Denkenzu Gunsten politischer Absichtengebeugt wird.
Nicht nur in dieser Demokratie stellen sich selbst überfordernde Experten die Weichenzu Lasten ihrer Volkswirtschaftenund versuchen obendrein, die sich davon distanzierenden Menschen mittels eines libertären Paternalismus mitzunehmen bzw. folgsam zu halten.
Dafür gibt es künftig noch mehr grüne Anstriche, die den vermeintlich nachhaltigeren Kapitalismus durchsetzen sollen, der perspektivisch auch mit klimafreundlichen Energien weiter wachsen soll, wie bisher. Und das wird dann auch ohne die Akzeptanz einer zunehmend systemkritisch eingestellten Gesellschaft geschehen.
Das ist ein demokratiezerstörender Prozess:Individualinteressen und deren Rechte werden überdie des Gemeinwohlsgestellt, weil ja z. B. per KlimaschutzGutes für alle geschieht. So werden auch gute Ansätze und Entwicklungen, hin zu einer notwendigen Gemeinwirtschaft, weiterhin ausgehebelt.
Autokratie und Faschismus gedeihen im liberalen Individualismus. Thomas Bauer
21.01.2023
Lieferung westlicher Angriffswaffen an Kiew: Duma-Vorsitzender warnt vor "globaler Katastrophe"
Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Leopard-Lieferungen an die Ukraine warnt der Chef der russischen Staatsduma vor einer Eskalation im Ukraine-Konflikt. Wjatscheslaw Wolodin zufolge können Lieferungen von Offensivwaffen an Kiew in einer Katastrophe enden.
Auf dem Archivbild: Wjatscheslaw Wolodin bei einer Sitzung der russischen Staatsduma.
Zitat: Der Vorsitzende der Staatsduma, des Unterhauses des russischen Parlaments, hat am Sonntagmorgen auf Telegram den Westen vor Lieferungen von Offensivwaffen an die Ukraine gewarnt. Wjatscheslaw Wolodin zufolge würde dieser Schritt zu einer "globalen Katastrophe" führen. Sollten die NATO-Länder dem Kiewer Regime Waffen liefern, die bei Angriffen auf Städte und bei Versuchen, Russlands Territorien zu ergreifen, zum Einsatz kommen könnten, würde Russland als Gegenmaßnahme auf schlagkräftigere Waffen zurückgreifen.
"Die Kongress-Mitglieder, die Abgeordneten des Bundestages, der Nationalversammlung Frankreichs und anderer europäischen Parlamente müssen sich ihrer Verantwortung vor der Menschheit bewusst werden."
Mit ihren Entscheidungen führten Washington und Brüssel die Welt zu einem furchtbaren Krieg, schrieb das hochrangige Mitglied der Regierungspartei Einiges Russland. Westliche Lieferungen von Offensivwaffen an die Ukraine würden die Kampfhandlungen "ganz anders" als heute machen. Wolodin wies darauf hin, dass die russische Armee bislang ausschließlich Objekte der militärischen und kritisch wichtigen Infrastruktur angreife, die das Kiewer Regime nutze.
"Eingedenk der technischen Überlegenheit der russischen Bewaffnung müssen die ausländischen Politiker, die solche Entscheidungen treffen, begreifen: Dies kann in einer Tragödie globalen Ausmaßes münden, die ihre Länder zerstören wird."
Das Argument, dass die Atommächte bislang in lokalen Konflikten keine Massenvernichtungswaffen eingesetzt hätten, sei haltlos, da diese Staaten noch nie mit einer Bedrohung für die Sicherheit ihrer Bevölkerung oder für ihre territoriale Integrität konfrontiert worden seien, resümierte Wolodin.
Zuvor hatte sich Deutschland auf der Ukraine-Konferenz am Freitag im rheinland-pfälzischen Ramstein trotz erheblichen Drucks der Verbündeten noch nicht für eine Lieferung von Kampfpanzern an die Regierung in Kiew entschieden. Die rot-grün-gelbe Bundesregierung erteilte auch noch keine Liefererlaubnis an andere Länder für die in Deutschland produzierten Panzer. Mehrere Politiker in Deutschland und in anderen NATO-Staaten zeigten sich enttäuscht.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag und Rüstungslobbyistin, griff Bundeskanzler Olaf Scholz öffentlich an. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wies die Kritik der FDP-Politikerin an Scholz zurück und erklärte, eine Politik in Zeiten eines Krieges in Europa mache man nicht im Stil von Empörungsritualen oder mit Schnappatmung, sondern mit Klarheit und Vernunft.
Der frühere Generalinspekteur und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses Harald Kujat erklärte in einem Interview mit dem Schweizer Medium Zeitgeschehen im Fokus, dass es einigen "Verbündeten" der Bundesrepublik in der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern auch darum gehe, Deutschland zu exponieren. Wörtlich sagte der General:
"In der deutschen Diskussion werden diese Zusammenhänge nicht verstanden oder ignoriert. Dabei spielt auch die Art und Weise eine Rolle, wie einige Verbündete versuchen, die Bundesregierung öffentlich nun auch zur Lieferung von Leopard 2-Kampfpanzern zu drängen. Das hat es in der Nato bisher nicht gegeben. Es zeigt, wie sehr Deutschlands Ansehen im Bündnis durch die Schwächung der Bundeswehr gelitten hat und mit welchem Engagement einige Verbündete das Ziel verfolgen, Deutschland gegenüber Russland besonders zu exponieren."
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
21.01.2023
Der andere Blick Deutschland setzt seinen Ruf aufs SpielSchlagzeile
nzz.ch, 20.01.2023, 05.30 Uhr, Eric Guje
Die Deutsche Bahn und die Bundeswehr haben viel gemeinsam. Beide sind in jämmerlichem Zustand. Beide sind Opfer einer postmodernen Politik, die Deutschland wie ein Entwicklungsland aussehen lässt. Das Ausland wundert sich.
Die Bundesrepublik war einmal ein Land, in dem die Züge pünktlich fuhren. Die Verwaltung war preussisch: manchmal obrigkeitsstaatlich, aber meistens effizient. Das Land in der Mitte des Kontinents besass eine dichte öffentliche Infrastruktur, die zu der zentralen Lage passte. Seine Streitkräfte galten als der stärkste europäische Pfeiler in der westlichen Allianz.
Manche Anschlusszüge verwandeln sich in Geisterzüge. Sie werden angekündigt, treffen aber nie ein. Die Informationen sind spärlich. Die Deutsche Bahn liebt es, mit ihren Passagieren heitere Ratespiele zu veranstalten – auch wenn diesen nicht immer danach zumute ist. Auf der Heimreise nach Hamburg in Basel zu stranden, ist nicht jedermanns Sache.
Steht der Zug, schneeweiss und beinahe eine überirdische Erscheinung, dann doch irgendwann am Gleis, lautet die Ansage todsicher: «Wegen einer Stellwerkstörung zwischen Basel Badischer Bahnhof und Freiburg kann es zu Verspätungen kommen.» Die Deutsche Bahn schätzt die Möglichkeitsform. So behalten ihre Passagiere einen Rest an Hoffnung.
Die Effizienz erodiert, und die Bürokratie triumphiert
Sich mit der Deutschen Bahn zu beschäftigen und keine Satire zu verfassen, ist eine Herausforderung. Aber hat man die Reise einmal überstanden und ist der erste Ärger verraucht, findet man seinen Humor wieder. Je häufiger man dann seine Abenteuer erzählt, umso mehr verwandeln sie sich in Heldentaten, nicht völlig unähnlich einer Zugfahrt in Indien, wenn schon lange vor der Abfahrt in Mumbai alle Wagen so überfüllt sind, dass sich die Reisenden mit einem Stehplatz im Freien begnügen müssen.
Willkommen in der Dritten Welt, willkommen in Deutschland.
Über die Bundeswehr kann man keine Satire schreiben, auch wenn es manchmal als die passendste Form erscheinen mag. Es geht um die Sicherheit Deutschlands, in letzter Konsequenz um Leben und Tod. Kein angemessener Anlass für Witze also.
Aber es muss ein Witz sein, wenn die Bundeswehr in einer Verordnung festlegt, wie gross die Sandkörner auf den Schiessbahnen eines Schiessstandes sind. Es ist sicher ein Witz, dass das deutsche Kontingent in Afghanistan Fahrzeuge stilllegte, sobald der Abgastest abgelaufen war. Einen TÜV gab es in Kunduz nicht. Und es muss ein Scherz sein, dass im Lager in Kunduz die deutsche Mülltrennung peinlich genau eingehalten wurde.
Die andere Seite ist weniger offensichtlich. Sie lässt sich nicht in süffigen Anekdoten erzählen, ist aber für die Funktionsfähigkeit der Armee nicht weniger verheerend.
Nach dem Kalten Krieg wurde die Bundeswehr von 500 000 Mann auf 180 000 Männer und Frauen verkleinert. Die Streitkräfte schrumpften, aber die Bürokratie blieb gleich. Überdies treffen das Ministerium und seine nachgeordneten zivilen Ämter heute Entscheidungen, die vor 1989 der Truppe überlassen waren. Dieser Wasserkopf lähmt jede Initiative, er verlangsamt alle Prozesse und produziert dabei Vorschriften, die Laien für einen Witz halten.
Natürlich fiel diese Entwicklung nicht nur den Generälen, sondern auch vielen Politikern auf. Sie wollten die Situation verbessern und verschlimmerten sie nur. Seit dem Ende des Kalten Krieges musste die Bundeswehr eine Reform nach der anderen erdulden.
Das Resultat ist Wirrnis. So versuchte Verteidigungsminister Rudolf Scharping, die träge Bürokratie zu umgehen, indem er Aufgaben wie das Management des Fuhrparks an externe Unternehmen vergab. Seine Nachfolger machten das Outsourcing wieder rückgängig. Jeder «Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt» hat neue Ideen und leistet so seinen Beitrag zur Vergrösserung der Orientierungslosigkeit. Ursula von der Leyen jagte Nazis und forderte mehr Familienfreundlichkeit der Streitkräfte. Christine Lambrecht konzentrierte sich auf praktikable Kleidung.
Deutschland sind die eigenen Stärken suspekt
Der Zickzackkurs setzt sich im Grossen fort. Was ist die Aufgabe der Bundeswehr? Auf diese einfache Frage erhielten die Streitkräfte fundamental unterschiedliche Antworten. Zunächst war ihr Auftrag die Bündnisverteidigung, dann die Auslandeinsätze ausserhalb des Nato-Gebiets, inzwischen wieder der Schutz Deutschlands und der Allianz. Je mehr sich die Streitkräfte mit sich selbst beschäftigen mussten, umso weniger waren sie in der Lage, die Aufträge zu erfüllen.
Die Bundeswehr hat inzwischen in der Nato einen Ruf wie die Deutsche Bahn im zivilen Leben. Das Ausland blickt auf die Bundesrepublik und fragt sich, was aus ihren Tugenden wie Tüchtigkeit und Organisationsgabe geworden ist. Ist Deutschland eigentlich noch Deutschland oder längst eine Villa Kunterbunt?
Der allmähliche Abstieg hat sicher etwas damit zu tun, dass die so geschätzten wie gefürchteten deutschen Stärken Mitte der achtziger Jahre als Sekundärtugenden verhöhnt wurden, mit denen man ein KZ betreiben könne. Die Bundesrepublik fand damals zu sich selbst und befreite sich von vielen Traditionen – allerdings auch von manchen guten.
Jede Stadtverwaltung wollte plötzlich locker und mediterran sein und vergass, wie es in einer Amtsstube auf Sizilien wirklich aussieht. Richtig heiter wurde die Stimmung in Berliner Bürgerämtern dadurch nicht, dafür herrschen dort inzwischen süditalienische Verhältnisse.
Zugleich verlor die Politik den Sinn für Prioritäten. Kernaufgaben des Staates wie die öffentliche Infrastruktur und die Verteidigung waren nicht mehr so wichtig. Es sind nicht nur die Sozialdemokraten und die Grünen, die sich in Quotendiskussionen und Genderdebatten verlieren. Auch die Unionsparteien, die sich so viel auf ihre angebliche Regierungsfähigkeit einbilden, tragen das ihre dazu bei.
So verzettelte sich die viele Jahre für das Verkehrsministerium zuständige CSU mit ihrem Lieblingsprojekt einer Maut für Ausländer. Die EU machte dem Spuk schliesslich ein Ende, während zugleich die Zustände auf der Schiene immer katastrophaler wurden.
In der «Ampel» geht es im gleichen Trott weiter. Statt alle Kraft auf die Sanierung der maroden Schienenwege zu konzentrieren, verschärfte die Koalition die Überlastung durch das Neun-Euro-Ticket. Die Bahn balanciert ohnehin auf vielbefahrenen Strecken am Rande des Kollapses. Dafür muss man nicht noch zusätzlich Geld ausgeben.
Der Staat wird mit Aufgaben überlastet, die er dann nur schlecht erfüllt
Schliesslich blähte sich der Anteil der Sozialausgaben am Bundeshaushalt auf. Damit richtete sich die Aufmerksamkeit der Politik überproportional auf diesen Bereich. Die Politik debattiert ständig über Hartz IV, Mütterrente, Baukindergeld, Elternzeit, Doppelwumms und Bürgergeld, aber nur sehr selten über die Streitkräfte oder den Zustand der Infrastruktur.
Um das zu ändern, genügt es nicht, eine Zeitenwende auszurufen oder die überforderte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht durch Boris Pistorius zu ersetzen. Es reicht auch nicht, den denkfaulen Pazifismus der Nachwendezeit zu überwinden. Die Politik muss ihren postmodernen Modus spielerischer Beliebigkeit aufgeben.
Der Krieg in der Ukraine sollte allen in Erinnerung gerufen haben: Es gibt Dinge, die kein Witz sind; bei denen es um Leben und Tod geht oder zumindest um die Zukunft des Landes.
Politik muss nicht beständig neue Schlagworte wie «Wissensgesellschaft» der «Chancengesellschaft» als inhaltsleere Kulissen hin und her schieben, sondern ein paar Dinge gründlich tun. Sie sollte der Versuchung widerstehen, jedem Trend und jeder Minderheit hinterherzulaufen.
Man muss den Staat auch nicht durch immer neue Aufgaben überlasten, die er im Zweifel dann doch nicht ordentlich erfüllt. So können die Bürger schon selbst entscheiden, wann sie eine Maske aufsetzen. Sie brauchen keine Gouvernante, um ihr Leben zu führen.
Weniger wäre mehr. Dann würden internationale Beobachter Deutschland auch wieder für Deutschland halten.
Der CEO des Online-Vermittlungsdienstes für Fahrdienstleistungen Uber, Travis Kalanick, spricht am 08.06.2016 in Berlin bei der Internet-Konferenz NOAH. (Foto: dpa)
Der amerikanische Fahrdienst Uber sorgt für jede Menge Ärger bei Taxifahrern und Nutzern. Im September vergangenes Jahr versammelten sich Fahrer aus Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und der Schweiz in Brüssel auf der Straße und demonstrierten, um die EU-Kommission aufzufordern, Lehren aus den sogenannten Uber-Files zu ziehen. Die Dokumente der Uber-Files hatten verdeutlicht, wie Uber nationale Gesetze zum eigenen Profit manipuliert oder missachtet. Die Rechercheabteilung des Schweizer Tamedia-Verlags wertete die Daten aus und veröffentlichte in einem Artikel des Schweizer Tagesanzeigers vom 7. Januar die Ergebnisse.
Techkonzern wollte gegen alle Regeln durchstarten
Hauptquelle für die Uber-Files ist der ehemalige Cheflobbyist von Uber, Mark MacGann. MacGann war für Europa zuständig, bis er sich entschloss, die Methoden des Fahrdienstunternehmens nicht mehr mitzumachen. Er leitete 120.000 interne Uber-Dokumente an den Guardian und das International Consortium for Investigative Journalism (ICiJ) weiter. Rückblickend sagt MacGann zum Tagesanzeiger: „Wir haben den Menschen eine Lüge verkauft und wir haben die Demokratie massiv untergraben.“
Die Uber-Dokumente verdeutlichen das Ziel des Unternehmens. Der kalifornische Techkonzern wollte gegen alle Hürden durchstarten, den europäischen Markt erobern und überging dabei geltende Regeln in der Schweiz und in der EU. So wird aus den Dokumenten klar ersichtlich, dass Uber jahrelang sich dagegen wehrte, seine Fahrer als Arbeitnehmer anzusehen. Thomas Geiser, emeritierter Professor für Privatrecht der Universität St. Gallen erklärt, was mit den Uber-Mitarbeitern passierte: „Sie verloren sämtlichen Sozialschutz, hatten keine bezahlten Ferien, keinen Kündigungsschutz, keine automatischen Einlagen in die zweite Säule, nichts. Eine Baufirma aus dem Ausland wäre damit wohl nie durchgekommen.“
Millionen sparen auf Kosten des Schweizer Staates
Für Uber war dieses Vorgehen sehr vorteilhaft. Man sparte Millionen von Franken, nicht nur auf Kosten der eigenen Angestellten, sondern auch zum Nachteil des Schweizer Staats. Roman Künzler, Sekretär der Gewerkschaft Unia zufolge handelte es sich bei dem Vorgehen um einen Fall von organisierter Schwarzarbeit historischen Ausmaßes: „Das ist schlicht und einfach der größte Schwarzarbeit-Skandal, den die Schweiz je gesehen hat. Das ging nur, weil sich alle haben blenden lassen von der trendigen Firma aus dem Silicon Valley.“
Die Uber-Files verdeutlichen, wie das Unternehmen jahrelang Nutzer über die App überwachen konnte und wie Uber nicht davor zurückschreckte, Gewalt gegen die Mitarbeiter für interne Zwecke zu missbrauchen. Insbesondere ermöglicht das Datenleck aber auch einen Blick auf das Lobbying-Geschehen in der Schweiz, welchen man sonst nicht bekommt.
So baute sich der kalifornische Techkonzern mit Hilfe von PR-Firmen ein profitables Netzwerk auf. Um die öffentliche Meinung in der Schweiz zu kontrollieren, nahm der Konzern Kontakt mit Politikern, Beamten, Journalisten, Wissenschaftlern und Polizisten auf. Durch diese Kontakte wollte Uber die Meinung positiv zu beeinflussen. Ziel war dabei ein Unternehmenskonzept ohne Sozialabgaben durchzubekommen.
Uber sah sich als Vermittler, nicht als Arbeitgeber
Alles fing im Jahr 2013 an. Wie aus dem Nichts tauchen Uber-Fahrer auf Schweizer Straßen auf. Zuerst startete man mit Fahrern in Zürich, dann erweiterte man auf Genf, Basel und Lausanne. Heute ist man auch in Bern und Zug aktiv. Ohne Markenlogo, ohne Leuchtanzeigen auf dem Dach ging es los. McGann erklärt, dass das Mantra des Unternehmens war, einfach zu starten, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten. Das Uber-Modell war sehr simpel. Jeder kann sich über App einen Fahrer ordern, die Bezahlung erfolgt über das Smartphone. Man kann aber auch einfach selbst zum Fahrer werden. Uber verlangt dafür nicht einmal nach einer Lizenz. Die List dabei: Uber sah sich nicht als Arbeitgeber, man fühlte sich in der Vermittlerrolle wohler. So können attraktiv Kosten und Arbeitgeberpflichten gespart werden und man kann die Preise senken.
Das Problem bei der ganzen Sache: Rechtlich gesehen sind die Fahrer doch Mitarbeiter, wie das Bundesgericht im Sommer 2022 mindestens für den Kanton Genf entschied. Auf den Richterspruch dürfte Uber gut vorbereitet sein, wie McGann schildert: „Wir kannten die Regeln und wir wussten, dass wir kein erfolgreiches Business haben würden, wenn wir sie befolgen. Also haben wir sie einfach zur Seite geschoben.“ Dieser Satz passt laut Tagesanzeiger zum Verhalten des ehemaligen Uber-CEO Travis Kalanick. Die Schuld sah Kalanick bei der Taxibranche und nicht bei Uber. So sagte er 2014 während seiner Zeit als Chef über die rechtliche Lage in der Schweiz: „Es ist Zeit, an alten Strukturen zu rütteln und Gesetze aus dem letzten Jahrhundert anzupassen.“
Beratungsfirma lieferte Kontakte in die Politik
Den Kontakt in die Schweizer Welt lieferte Uber die strategische Beratungsfirma Hirzel Neef Schmid Konsulenten. Die Firma hat eine enge Verbindung in die Chefetagen der Bundesämter und zu den Vorzimmern der Bundesräte. Für dieses Netzwerk gibt Uber viel Geld aus. Alleine im Juli 2014 erfolgt eine Transaktion von 30.000 Franken an die Beratungsfirma. Die Lobbyisten hatten einen Stundensatz von bis zu 500 Franken. Als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung haben die Berater die Aufgabe, für Uber Stakeholder (Interessensvertreter) aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen zu ermitteln und weiterzuleiten.
Ziel dabei ist, einen proaktiven Ausgleich zu fördern. Es soll darum gehen, Uber als innovatives Unternehmen zu preisen, steht es in einer E-Mail von Uber. Der Fahrdienst hatte den Plan, Botschafter aufzubauen, die den kalifornischen Konzern verteidigen sollten, wenn es Schwierigkeiten gibt.
Schon im Sommer 2014 konnten die Kontakte verwendet werden. Zu diesem Zeitpunkt geht beim Bundesrat eine erste Aufforderung zu neuen Onlinediensten wie Uber ein. Darin stand geschrieben, dass die Regierung in einem Bericht mögliche Gesetzesänderungen aufweisen solle, welche Pflichten den Internetplattformen verordnet werden könnten. Einer der Berater wies Uber in einer Mail darauf hin, wer beim Bund für die Meinungsbildung verantwortlich sei. Der damalige Generalsekretär des Finanzdepartement, Jörg Gasser, wurde genannt.
Uber hatte die Aufgabe, den Kontakt zu Gasser und dem Chef des Rechtsdienstes zu suchen. Der Plan dabei war, einen regulatorischen Overkill zu verhindern. Der Ansprechpartner bei Hirzel Neef Schmid sei ein ehemaliger Bundesratssprecher. Er kenne Gasser gut und würde bei der Kontaktaufnahme helfen. Zwei Wochen darauf gibt es ein Treffen mit Gasser. Ziel von Uber war, Gasser zu überzeugen und einen direkten Verbündeten in der Regierung zu haben. Eine Woche später gibt es die Antwort auf die Aufforderung an den Bundesrat ganz im Sinne von Uber. Darin hieß es, dass die Auswirkungen neuer Internetplattformen minimal sei und es laut Regierung keinen Handlungsbedarf gebe. Für Uber ein voller Erfolg, denn der regulatorische Overkill wurde so aus dem Weg geräumt. Hirzel Neef und Schmid konstatierten als Beraterfirma in einer E-Mail an Uber, dass der Versuch, Gasser zu beeinflussen und als Verbündeten zu gewinnen, erfolgreich gewesen sei.
Uber überwachte Politiker über die App
Auch zum ehemaligen FDP-Nationalrat Fathi Derder baut Uber einen Kontakt auf. Er hat großes Interesse am Thema „Digitale Innovation“ und hilft Uber dabei Kontakte in die Politik aufzubauen und noch mehr Einfluss nehmen zu können. So trifft Uber 30 Schweizer Politikerinnen und Politiker in Entscheidungsfunktionen aus verschiedenen Parteien und baut so sein Netzwerk weiter aus. Eine Hilfe sei MacGann zufolge das hippe Start-up Image gewesen. Uber galt ihm zufolge damals als unglaublich cool und unglaublich sexy.
Wenn Politiker oder mögliche Kontakte nicht positiv reagierten, dann wurden sie dem Tagesanzeiger zufolge überwacht. Beispiel dafür war der ehemalige Genfer Sicherheitsvorsteher Pierre Maudet (FDP). Über die App überwacht Uber den Politiker bei Aktivitäten mit der App. Ein Deutschschweizer Sicherheitsvorsteher erklärt, dass Uber die App auch so einstellen konnte, dass keine verfügbaren Autos zu sehen gewesen seien. Diese Taktik hatte man auch benutzt, um die Polizei davon abzubringen den Service von Uber zu testen.
Uber nutzte das WEF für eigene Zwecke
Weiterhin versuchte Uber die Wissenschaft auf die Unterstützerseite zu ziehen. So knüpfte man über die Beraterfirma Kontakt zu Cyril Bouquet, Professor des International Institute for Management Development (IMD). Uber konnte Bouqet überzeugen. Einen Monat später erschien ganz im Sinne von Uber ein Artikel auf Forbes, indem Bouqet und eine andere Forscherin traditionellen Taxis vorwarfen, auf einem Kreuzzug zu sein, mit dem Ziel, eigene Interessen zu verteidigen.
Auch zum World Economic Forum (WEF) in Davos knüpfte Uber enge Kontakte. Zwar sei man laut McGann nie offizielles Mitglied des WEF gewesen, dennoch waren alle Türen offen, weil man von einen der mächtigsten Investoren der Welt unterstützt wurde, täglich auf den Titelseiten der Zeitungen stand und als eines der coolsten Tech-Start-ups der Geschichte angesehen wurde.
McGann erklärt rückblickend, wie nützlich das WEF für Uber war: „Das WEF war eine einzigartige Möglichkeit, um sich direkt mit Entscheidungsträgern auszutauschen. Wir hatten keinerlei Hindernisse. Das WEF ist großartig für die Leute, die es sich leisten können, dorthin zu gehen, aber nicht so großartig und nicht so demokratisch für den Rest der Welt.“
Kontakte von Uber gingen bis zur Schweizer Polizei
Die Kontakte von Uber gingen bis zur Polizei und der Konzern musste bei einem Beispiel des Tagesanzeigers nicht mal selbst aktiv werden. Im November 2014 meldet sich beim Westschweizer Uber-Chef ein Brigadier der Genfer Polizei bei Uber. Er war für die Abteilung Personentransporte zuständig. Uber und der Brigardier vereinbaren ein Treffen. Uber war beim Treffen erfolgreich und konnte so Verbindungen zu Entscheidern der Schweizer Polizei aufbauen.
2016 gab es in Basel und Zürich über 100 Strafverfahren gegen Uber-Fahrer. Für die Manager von Uber hingegen kam es zu keinen Konsequenzen. McGann erklärt den Ablauf: „Die Behörden gingen auf die Fahrer los, haben sie bestraft und sie mit rechtlichen Schritten eingeschüchtert. Die tatsächlichen Führungskräfte, die aktiv Regeln ignoriert haben, wurden verschont.“ Bis 2018 lässt die Schweiz Uber mit dem Angebot der Hobbyfahrer zu. Die meisten europäischen Länder und Großstädte setzten ein Verbot von Uber-Pop bereits 2015 oder 2016 durch. Uber muss laut Tagesanzeiger rund 35 Millionen Franken nachzahlen. In den Augen der Gewerkschaft Unia ist diese Entscheidung nicht ausreichend. Sie geht davon aus, dass Uber den Sozialversicherungen und den Arbeitnehmern hunderte Millionen Franken schuldet.
Eine materialistische Deutung der Vorgänge und Ereignisse in der Welt
Wähler bestimmen eine Wahl, nicht jene Kräfte, die nach der Ansicht so mancher Kritiker die Zügel in der Hand zu haben scheinen. Denn niemand wählt mit der Waffe an der Schläfe. Es stellt sich somit die Frage, welches politische Denken sich im Wahlerfolg der Grünen äußert.
Ausdruck politischen Bewusstseins
Wahlergebnisse sind Spiegel der Gesellschaft und des politischen Bewusstseins ihrer Bürger. Das Weltbild der Wähler und der Parteien, die sie wählen, sind weitgehend identisch, sonst würden sie ihnen nicht ihre Stimme geben. Je mehr Menschen an den Wahlen nicht mehr teilnehmen, umso deutlicher wird, dass sie sich von keiner der Parteien vertreten fühlen. Das bedeutet, dass ihr Weltbild und das der Parteien nicht mehr zusammen passen.
Wenn auch am 9.10. in Niedersachsen eine Landtagswahl stattfand, so hatten regionale Themen dennoch eine nur untergeordnete Bedeutung. Angesichts des Kriegs in der Ukraine spielte die Bundespolitik die bestimmende Rolle. Diejenigen, die ihre Wahlzettel abgaben, konnten sich nicht freimachen von den Stimmungen, Ängsten und Bedürfnissen, die ihren Alltag in der letzten Zeit bestimmt hatten. Diese flossen also ein in ihre Wahlentscheidung.
Wenn die Bürger überhaupt wählten, dann jene Parteien, die nach dem eigenen Weltbild Lösungen zu haben schienen, die diesem entsprechen. Denn letztlich sind es immer die Wähler, die eine Wahl bestimmen. Ihr politisches Bewusstsein entscheidet den Ausgang der Abstimmung. Wahlergebnisse sind somit Ausdruck von politischem Bewusstsein, das in einer Gesellschaft herrscht, und seiner Verteilung in den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen.
Wahlergebnis Niedersachsen
Bedeutsam war die geringe Wahlbeteiligung von knapp 60%. Das macht deutlich, dass sich 40% der Wahlberechtigten keine Lösungen für ihre Probleme erwarteten und ihre Stimmabgabe daran nichts ändern würde. Das waren weniger als bei der letzten Landtagswahl, wo immerhin noch 63 Prozent der Wähler zu den Urnen gegangen waren. Wie hoch muss die Frustration sein trotz der schwierigen Zeiten?
Aus dieser Stimmungslage gingen die AfD und die Grünen als die eindeutigen Profiteure hervor. Die Zuwächse der AfD sind angesichts der angespannten Lage durch den Ukraine-Krieg noch am besten nachvollziehbar. Denn sie ist die einzige Partei, die den Kriegskurs der deutschen Regierung ohne Vorbehalte ablehnt. Damit bedient sie am ehesten die Interessen jener, die ein Ende der Sanktionen, die Öffnung von Nordstream 2 und die Aufnahme von Verhandlungen mit Russland fordern.
Als einzige Partei musste sie keine Wählerstimmen an andere abgeben. Im Gegenteil sogar flossen ihr Stimmen aus allen Lagern zu, auch von den Nichtwählern, nicht jedoch von den Grünen. Bei allen anderen Parteien gab es Schnittmengen sowohl mit den Grünen als auch mit der AfD, was die Wählerwanderung verdeutlicht und erklärt. Nur zwischen diesen beiden Parteien selbst fand kein Austausch statt.
Das deutet auf eine grundsätzliche Unvereinbarkeit in politischem Bewusstsein und Weltbild zwischen diesen beiden Lagern hin. Sie stehen für grundsätzlich Verschiedenes.
Einstellung zum Krieg
Es ist nicht die Einstellung zum Krieg, die diesen Unterschied ausmacht. Während alle kriegsbefürwortenden Parteien Stimmen verloren, wuchs gerade bei den Grünen als schärfster Kriegsbefürworterin innerhalb der Regierung die Zustimmung. Sie gewannen in absoluten Zahlen 190 Tausend Stimmen hinzu, was relativ einem Zuwachs von 5,8 Punkten entspricht auf jetzt 14,5 Prozent.
Andererseits aber verlor die FDP mit ihrer Kriegstreiberin Agnes Strack-Zimmermann 120 Tausend Stimmen, was einen relativen Verlust von 2,8 Prozent bedeutet. Die FDP fiel von 7,5% bei der Landtagswahl 2017 auf nunmehr 4,7% und ist damit im Landtag von Niedersachsen nicht mehr vertreten.
Selbst die CDU als größte Oppositionspartei konnte aus dem Kriegskurs der Regierungsparteien keinen Vorteil für sich erringen. Ihr Versuch, die Regierung durch noch schärfere Maßnahmen gegenüber Russland und einer noch stärkeren Unterstützung für die Ukraine an Radikalität zu überbieten, wurde offensichtlich von der Bevölkerung in Niedersachsen überhaupt nicht geschätzt. Als die ausgewiesen schärfste Kriegsbefürworterin verlor gerade die CDU am stärksten von allen Parteien. Ihr Minus betrug 270 Tausend Stimmen, was relativ nur noch 28,1 Prozent entspricht, ein Minus von 5,5 Prozentpunkten.
Es kann also die Einstellung zum Krieg nicht das entscheidende Kriterium für den Sieg der Grünen sein, wenn Kriegsbefürworter wie CDU, SPD und FDP Stimmen einbüßten, während die Grünen als ebensolche Kriegsbefürworterin Stimmen dazu gewannen. Andererseits gewann aber auch die AfD Stimmen dazu, obwohl diese gerade die deutsche Parteinahme auf Seiten der Ukraine ablehnt. Es verzeichneten somit sowohl die stärksten Kriegsbefürworter als auch die stärksten Kriegsgegner Stimmengewinne.
Staatstragender Protest
Die oben erwähnte grundsätzliche Unvereinbarkeit zwischen Grünen und AfD sowie ihren Anhängern gründet auf unterschiedlichen Interessen und Weltbild.
Die Grünen und ihre Anhänger sind zu Haus in den „besseren“ Teilen der Gesellschaft. Sie gehören zu den Besser-Verdienenden mit den formal besseren, in der Regel akademischen Schulabschlüssen. Sie sind die Bewohner der großen Städte, wo sie in der Regel auch sich die eigenen, grün durchdrungenen, meist teuren Wohn-Biotope geschaffen haben. Sie geben sich weltoffen, kulturell interessiert und sozial engagiert. Zum Fahrrad nutzen sie alternativ das Elektroauto. Das ist die Außenwahrnehmung der Gesellschaft auf das grüne Milieu.
In ihrer Selbstdarstellung sind sie werteorientiert und staatstragend. So geben sich nach einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung über die Landtagswahl vom 9.10.22 die Anhänger der Grünen zu 86 Prozent mit der Demokratie zufrieden und 62 Prozent von ihnen sehen in den herrschenden politischen Verhältnissen keinen Anlass zur Beunruhigung.
Auch die aktuellen gesellschaftlichen Themen sind für sie kein Grund zur Sorge. Preissteigerungen spielen nur für 34% eine bedeutende Rolle und bei der Energiesicherheit sind es sogar nur 31 Prozent. Selbst in der Ukraine-Frage sind die Gründenkenden voll auf Regierungskurs. Als selbsternannte Friedenspartei unterstützen sie die Waffenlieferungen zu 68 Prozent, womit sie über dem Durchschnitt der Gesellschaft liegen.
Anhand dieser Werte müssen die Grünen und ihre Anhängerschaft, die sich in ihrer Selbsteinschätzung als kritisch verstehen, eher als unkritisch und angepasst angesehen werden, denn als Protestpartei. Das einzige Politikfeld, in dem sie gegenüber dem Staat auf Distanz gehen, ist Umwelt im weitesten Sinne. In der Grünen-Wählerschaft dominiert mit 58 Prozent das Thema Klima. Dementsprechend befürworten auch nur 16 Prozent von ihnen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken.
Im Gegensatz zu den Grünen gehören die meisten Wähler der AfD nicht zu den Besserverdienern. In Niedersachsen bestand ihre Wählerschaft zu einem Viertel aus Arbeitern, wenn diese denn überhaupt zur Wahl gingen. Der Unterschied der Milieus drückt sich aus in den von den Grünen vollkommen verschiedenen Einstellungen zu den bestimmenden gesellschaftlichen Themen.
Aufgrund ihrer guten wirtschaftlichen Verhältnisse bezeichnen nur 38 Prozent der Grünen-Anhänger ihre Wirtschaftslage als schlecht, innerhalb der Anhängerschaft der AfD beträgt dieser Anteil 79 Prozent. Dementsprechend sind 84 Prozent der Anhänger der AfD über die steigenden Preise beunruhigt, aber nur 34 Prozent der Grünen.
93 Prozent der AfD-Anhänger sind besorgt über die gesellschaftlichen Verhältnisse und nur 17 Prozent von ihnen sind der Meinung, der Bund sollte die Ukraine konsequenter unterstützen. Diese Verschiedenheit in der Lebenslage der AfD-nahen Kreise und grünen prägen deren unterschiedliche und teilweise unversöhnlichen Weltbilder. Sie bestimmen die Wahlentscheidungen.
Woke und sexy
In der Wählerschaft von AfD und Grünen setzen sich alte Klassenmerkmale fort, nur dass diese nicht als solche zutage treten und verstanden werden. Klassenbewusstsein liegt weder bei dem einen noch bei dem anderen Milieu vor. Es kann jedoch von unterschiedlichen Prägungen gesprochen werden. Diese ist besonders bei den Anhängern der AfD eher proletarisch, bei Grünen eher mittelständig und intellektuell-akademisch.
Das grüne Milieu zählt nicht nur wegen seiner wirtschaftliche Lage und seiner formal höheren Bildung zum „besseren“ Teil der Gesellschaft. Sie werden auch in der öffentlichen Darstellung als werteorientiert wahrgenommen, was ihnen den Anstrich moralischer Überlegenheit gibt. Sie setzen sich ein für Minderheitenrechte, für Umwelt, Tierwohl und Klima. Damit versuchen sie, sich vom Rest besonders aber dem rechten Rand der Gesellschaft abzuheben.
Grün zu denken ist modern, gleichsam sexy. Vor allem steht man mit grünem Gedankengut und Wertesystem auf der richtigen, d.h. unangreifbaren Seite der Gesellschaft und Diskussion. Ähnlich dem Katholizismus bietet das grüne Gedankengut für jede gesellschaftliche Verfehlung eine Mischung aus Beichte, Reue und Ablasshandel an.
Man kann bereuen, den umweltbelastenden SUV zu fahren, aber gleichzeitig darauf verweisen, dass man zum Ausgleich meistens Rad fährt oder den elektrisch betriebenen Zweitwagen. Schuldmindernd wirkt auch vegane oder vegetarische Ernährung, weil sie eine positive CO2-Bilanz hinterlässt.
Und wenn schon Fleisch konsumiert wird, dann Biofleisch, keineswegs aus Massentierhaltung wie der prollige Aldi-Käufer. Das hilft vielleicht nicht unbedingt dem CO2-Haushalt der Atmosphäre, wirkt aber sympathisch und schuldmindernd, weil es dem Tierwohl dient. Damit ist das schlechte Gewissen wieder geläutert. Gleiches gilt für die in diesen Kreisen so beliebten Urlaubsreisen. Auch hier kann man Schuldgefühle narkotisieren, indem man bei seinen Flugreisen einen CO2-Ausgleich zahlt.
Es gibt also für jede Verfehlung auch einen Ablass und damit Buße für das Gewissen zu verträglichen Mehrkosten. Zudem schützt dieses Bekenntnis zum eigenverantwortlichen Handeln vor gesellschaftlicher Ächtung. Man bekennt, bereut und zahlt Ablass, der katholische Dreiklang.
Selbst mit seiner Unterstützung für die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine liegt man als Gründenkender richtig. Denn die Kriegsunterstützung im Sinne der NATO erfolgt nicht wie bei den Altparteien, besonders der CDU, aus niederen Motiven wie Revanchismus, Machtgelüsten und Russenhass. Das wäre diskriminierend, rassistisch und in grünen Sinne nicht akzeptabel.
Nein! Als Grüner unterstützt man die Parteinahme für die NATO aus moralisch hochwertigen Gründen. Man tritt ein für das Menschenrecht der Ukrainer, sicher zu sein vor ausländischer Aggression, für das Recht auf nationale Selbstbestimmung und Integrität. So kann man sich immer noch als Friedenspartei verstehen und gleichzeitig Krieg unterstützen. Solche Doppelmoral ist attraktiv für all jene, die öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken und sich dabei im Glauben moralischer Überlegenheit sonnen.
Die faschistoiden Tendenzen der heutigen Gesellschaft äußern sich nicht mehr in Vorstellungen von rassischer sondern in der Selbsttäuschung eigener moralischer Überlegenheit. Zum offenen Faschismus gehört dann nur noch die Überzeugung, aufgrund eigener Überlegenheit höhere Rechte zu haben als andere, wohl möglich sogar höhere Lebensrechte.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
21.01.2023
Resolution des EU-Parlaments: Serbien soll Außenpolitik jener der EU angleichen
Das Europäische Parlament bedauert die geringe Übereinstimmung Belgrads mit der Position der EU gegenüber Russland. In einer nun angenommenen Resolution wird Serbien als Land mit Kandidatenstatus aufgefordert, seine Außenpolitik jener der Europäischen Union anzugleichen.
Archivfoto: Ein Transparent mit der Aufschrift "Kosovo ist Serbien" ist bei einem Protest am 22. April 2013 in Belgrad hinter einer serbischen Flagge zu sehen. Seit Jahren widersteht Belgrad dem Druck aus der EU und den uSA, die Unabhängigkeit seiner abtrünnigen Provinz anzuerkennen.
Zitat: Das Europäische Parlament (EP) hat eine Resolution angenommen, in der Serbien aufgefordert wird, sich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union – GASP – anzuschließen. Und zwar insbesondere, was Sanktionen gegen Drittländer wie Russland betrifft. Das Europäische Parlament betonte, dass Belgrad aufgrund seines Kandidatenstatus für die EU-Mitgliedschaft verpflichtet sei, sich an die Werte und Rechte der Staatengemeinschaft zu halten. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hingegen nannte die EP-Resolution "heuchlerisch".
In der am Mittwoch veröffentlichten Resolution, die sich auf den GASP-Jahresbericht 2022 stützt, wird betont, es sei wichtig, dass die Länder des westlichen Balkans vollständig mit der EU-Politik in Einklang kommen.
Die Autoren des Dokuments lenkten die Aufmerksamkeit besonders auf die Beziehungen Serbiens zu Russland, die fehlende Verurteilung der Handlungen Moskaus in der Ukraine und die "Folgen dieser Beziehungen für den gesamten westlichen Balkan".
Das Parlament bestand zudem darauf, dass neue Kapitel der Beitrittsverhandlungen für die EU-Mitgliedschaft Serbiens erst dann eröffnet werden sollten, wenn Belgrad "sein Engagement für Reformen in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstärkt." Serbien wurde außerdem aufgefordert, die Beziehungen zu Kosovo auf der Grundlage der "gegenseitigen Anerkennung" zu normalisieren. In diesem Zusammenhang rügte die EP-Resolution Belgrad für sein "kontinuierliches Muster eskalierender Handlungen".
Das Europäische Parlament bekräftigte zudem seinen Standpunkt, dass die Unabhängigkeit der abtrünnigen serbischen Provinz Kosovo, die 2008 in Pristina ausgerufen wurde, "unwiderruflich" sei. Zugleich wurden die fünf EU-Mitgliedstaaten Spanien, Slowakei, Zypern, Rumänien und Griechenland, die das Kosovo noch nicht als unabhängigen Staat anerkannt haben, aufgefordert, dies "mit sofortiger Wirkung" zu tun.
Vučić bezeichnete die Resolution als "heuchlerisch" und als Paradebeispiel für das "schamlose" Verhalten des Westens. Der serbische Staatschef sagte am Rande des Weltwirtschaftsforums im schweizerischen Davos:
"Sie organisierten eine gewaltsame Sezession eines Teils unseres Territoriums. Wie weit kann dieses schamlose Verhalten gehen? Mir fehlen die Worte."
Und er fügte hinzu:
"Nach allem, was ich gehört habe, will keiner von ihnen hören oder sehen, dass es da auch einen anderen Standpunkt gibt. Das einzige, was sie interessiert, ist ein unabhängiges Kosovo, Sanktionen gegen Russland, es gibt keine Opposition."
Der serbische Außenminister Ivica Dačić verurteilte den Bericht ebenfalls und erklärte:
"Bevor das Europäische Parlament Serbien wegen seiner mangelnden Anpassung an die EU-Außenpolitik belehrt, sollte es sich mit den grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts zum Schutz der territorialen Integrität der Staaten der Welt auseinandersetzen."
Die NATO übernahm 1999 die Kontrolle über das Kosovo. Zuvor wurde Serbien monatelang seitens der transatlantischen Militärallianz zugunsten der albanischen Separatisten im Kosovo bombardiert, bis die politische Führung in Belgrad schließlich in einen Rückzug der serbischen Streit- und Polizeikräfte aus der Provinz einwilligte.
Die provisorische Regierung der Provinz, dessen Spitzenpolitiker aus den Reihen der kosovo-albanischen Separatisten stammten, erklärte 2008 – mit Unterstützung vor allem der USA, aber auch der EU mit Deutschland an der Spitze – ihre Unabhängigkeit. Mit Unterstützung Russlands und Chinas hat sich Serbien seither dem Druck widersetzt, die Provinz als Staat anzuerkennen. Wie der serbische Präsident nun betonte, sei das Ziel dieser neuen Resolution auch, den "Druck noch mehr zu erhöhen."
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