aus e-mail von Doris Pumphrey, 21. Juni 2022, 16:01 Uhr
https://pressefreiheit.rtde.tech/meinung/141544-bedrohliche-frage-werden-usa-ihren/
21.6.2022
*Bedrohliche Frage: Werden die USA ihren Niedergang hinnehmen oder den
Rest der Menschheit mitreißen?
*/von Dagmar Henn/
Am vergangenen Wochenende haben sowohl Scott Ritter als auch Gonzalo
Lira vor einem US-amerikanischen Einsatz von Atomwaffen gewarnt; sie
beide befürchten, dass die USA so auf eine unvermeidliche Niederlage
reagieren werden. Darin läge die größte Gefahr im derzeitigen globalen
Machtkampf.
Es ist schwierig, den Berichten über die Lage in der Ukraine zu folgen,
die durch die deutschen Medien rauschen. Denn das, was dort erzählt wird
und auch, was die deutschen Politiker dazu äußern, ist in sich
widersprüchlich. Da soll, wird, muss einerseits die Ukraine siegen, da
wird von zusätzlichen Waffenlieferungen alles Mögliche erwartet, da
sollen nach wie vor die russischen Truppen am Rande ihrer Niederlage
wanken, und gleichzeitig äußert
<https://www.tagesspiegel.de/politik/der-kanzler-beim-katholikentag-scholz-schwarzer-kater-namens-mohrle-und-seine-botschaft-an-putin/28379736.html>
Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Katholikentag Ende Mai: "Wir bereiten
uns darauf vor, dass ein großflächiger Angriff auf das Territorium der
NATO und unseres Landes stattfinden kann." Wie man diese Erzählungen mit
ein und demselben Gehirn glauben kann, ist mir ein Rätsel.
Gut, dass es im Grunde egal ist, was Scholz denkt und erwartet, so wie
es egal ist, wenn noch mehr NATO-Kriegsgerät irgendwo in der Ukraine
durch Raketen zerlegt wird; es ist sogar egal, wenn ein deutscher
Luftwaffengeneral gar bedrohlich die Faust schüttelt
<https://de.rt.com/international/141482-nato-generale-schworen-truppen-auf/>
– wider die bösen Russen. Nichts davon wird die Tatsache ändern, dass
die ukrainische Armee gerade langsam und gründlich zermalmt wird,
obendrein sinnlos, weil das Ergebnis seit Wochen feststeht. Da kann sich
die EU noch so sehr spreizen und erklären: "Ich esse meine Suppe nicht,
nein, meine Suppe ess' ich nicht." Oder weiter von einem Kiewer Sieg
raunen. Oder meinen, jetzt auf einmal eine Verhandlungsfähigkeit
wiederentdecken zu wollen, die im Dezember gefragt gewesen wäre.
Aber diese Tatsachen sind das eine; etwas anderes sind die Risiken, die
nach wie vor entlang der Strecke lauern. Und am vergangenen Wochenende
erschienen gleich zwei Videos von zwei Kommentatoren, die bisher eine
sehr vernünftige Sicht auf die Entwicklung hatten und beide, wenn auch
mit unterschiedlichen zugrunde gelegten Szenarien, ein und dieselbe
Befürchtung äußerten: Dass die NATO, also die USA letztlich zu
Nuklearwaffen greifen werden, wenn ihre Niederlage unausweichlich und
für alle sichtbar ist.
Scott Ritter, das ist einer
<https://www.youtube.com/watch?v=SvVC1VBiWKM> der beiden, war nicht nur
für seine Verhältnisse ungewöhnlich aufgeregt, er relativierte sogar
jeden Hinweis auf mögliche künftige Entwicklungen mit dem Satz "wenn wir
2023 noch erleben." Es war aber nicht die Ukraine, die in seinen Augen
diese Gefahr auslöste, weil er diesen Krieg als im Grunde bereits
entschieden betrachtet. Und er beschrieb das Ergebnis sehr detailliert.
"Es wird keinen Waffenstillstand geben. Es wird keine
Waffenstillstandslinie geben. Es wird kein ukrainisches Militär geben.
Es wird keine rechtsextremen ukrainischen Parteien geben. Das endet
nicht, ehe Russland alles gewonnen hat." Poroschenkos verräterische
Aussagen zu den Minsker Vereinbarungen hätten belegt, dass der Westen
kein Verhandlungspartner ist, weil er nur verhandelt, um Zeit zu
gewinnen. "Diese Niederlage, die geschieht, während wir reden, müsste
das Ende der NATO sein."
Das wirkliche Risiko sieht er in der US-Politik Taiwan betreffend. Wie
Russland, so habe auch China klar und deutlich erklärt, was nicht
akzeptabel sei, und die USA würden dennoch weiter Bestrebungen einer
taiwanesischen Unabhängigkeit unterstützen. Sie wären nicht imstande
wahrzunehmen, dass weder aus Russland noch aus China politische
Absichtserklärungen erfolgen, deren mögliche Umsetzung nicht bereits bis
ins letzte Detail vorbereitet sei.
Wenn China in Reaktion auf diese US-Politik Taiwan einnehme, werde die
US-Regierung schon allein angesichts der bevorstehenden Wahlen versucht
sein, "Stärke" zu demonstrieren und eine Flugzeugträgergruppe
auszuschicken – die dann versenkt würde. Und dann könnten die
innenpolitischen Zwänge dazu führen, dass die USA Atomwaffen einsetzen,
um diese Niederlage vergessen zu machen: "Lasst uns eine Hafenstadt in
Hunan bombardieren. Bumm, eine Atomrakete explodiert in Hunan. Und dann
die Chinesen: das ist okay, keine große Sache. Und Boom! Los Angeles ist
weg. Und Boom! Schanghai ist weg. Und Boom! Seattle und Denver sind weg.
Und dann ist es vorbei ... und ich sehe die Wahrscheinlichkeit, dass das
passiert, bei über siebzig Prozent."
Übertreibt er? Nun, wenn man sich den monatelangen, nein, jahrelangen
Vorlauf zum russischen Militäreinsatz in der Ukraine vor Augen führt,
muss man sich zumindest eingestehen, dass ein solcher Ablauf denkbar
ist. Ende vergangenen Jahres lagen von russischer Seite alle Karten auf
dem Tisch. Klar, verständlich und für alle sichtbar. Aber alle
westlichen Politiker und die zugehörigen Medien beschäftigten sich
damit, irgendetwas hineingeheimnissen zu wollen und in den russischen
Angeboten und Forderungen Rätsel zu suchen, wo keine waren ("Was will
Putin?"), statt zumindest ernsthaft über die vorgelegten Forderungen zu
diskutieren. So ging es die ganzen Jahre über schon mit den Minsker
Vereinbarungen, einem klaren, verständlichen und sogar realistischen
Plan, wie eine Wiedereingliederung des Donbass in die Ukraine möglich
gewesen wäre. Aber statt an einer Umsetzung mitzuwirken, wurden
irgendwelche unausgesprochenen Absichten unterstellt, wegen derer man
dann den Text dieser Vereinbarungen vollkommen ignorierte.
Man kann es ja sogar ein wenig nachvollziehen. Schließlich ist es in der
ganzen westlichen Politik so üblich, dass Erklärungen mit den
eigentlichen Absichten und Zielen gar nichts zu tun haben, dass man von
Menschenrechten redet und Unterwerfung meint; von Werten redet, während
man Putsche inszeniert, um freien Zugriff auf Rohstoffe zu erhalten; von
Sicherung der Renten, wenn Renten gekürzt werden, und von
Gesundheitsreform, wenn es darum geht, die Leistungen der
Krankenversicherung zurückzufahren.
So ist das in jedem Bereich der Politik und auf jeder Ebene. Es gibt die
Werbung, die nach außen betrieben wird, und dann die wirklichen
Handlungen und Ziele. Eine Übereinstimmung von Äußerung und Handlung ist
für die meisten Beteiligten in diesem System schlicht nicht mehr denkbar
... weshalb die russische Ankündigung, man werde, falls die NATO auf die
Forderung nach ukrainischer Neutralität nicht eingehe, mit
militärisch-technischen Maßnahmen reagieren, nur auf zwei Weisen
gedeutet werden konnte: als hohle Prahlerei oder als Ankündigung von
etwas noch viel Schlimmeren. Denn wenn eine Rentensicherung in Wahrheit
eine Kürzung ist, was sind dann militärisch-technische Maßnahmen?
Es ist geradezu komisch, wie wenig begriffen wird, dass Russland und
China im Einklang handeln. Scott Ritter erwähnt das auch, obwohl die
Zeiträume noch wesentlich länger sein dürften, als er annimmt. Die
chinesische Haltung zum Krieg im Donbass ist seit 2014 klar. Damals gab
es einen Artikel eines Professors an einer chinesischen Militärakademie
in der /Global Times/, in dem dieser davor warnte, der Konflikt in der
Ukraine könne zum Dritten Weltkrieg führen. Das war für westliche Ohren
natürlich viel zu leise.
2015 gab es dann eine höchst symbolische Handlung, die ebenfalls
übersehen wurde. An der russischen Parade zum Tag des Sieges nahm eine
Delegation der chinesischen Volksbefreiungsarmee teil; ordentlich
aufgeteilt auf alle drei Waffengattungen. Und bei der chinesischen
Parade am ersten September desselben Jahres gab es eine entsprechende
russische Teilnehmergruppe; auch hier waren sorgfältig alle
Waffengattungen vertreten. Das fiel in Peking nicht so auf, weil auch
aus anderen Ländern Gruppen vertreten waren, die für alle Ausländer
standen, die auf chinesischer Seite gekämpft hatten; aber nur bei den
mitmarschierenden Russen gab es diese Vertretung aller Truppenteile. Das
war der Moment, an dem es hätte klar sein müssen, dass es ein
militärisches Bündnis gibt. Es mag nicht die Form schriftlicher Verträge
haben, aber es wurde schon 2015 gezeigt.
Und 2022 meint ein US-amerikanischer Außenminister, mal eben nach Peking
zu fliegen und China gegen Russland zu stellen, sieben Jahre später?
Jahre danach, in denen gemeinsame Manöver stattfanden und man davon
ausgehen kann, dass sich die Generalstäbe regelmäßig ausgetauscht haben,
in denen Wirtschaftspolitik koordiniert wurde und sich beide Länder
gemeinsam darauf vorbereiteten, die zu erwartenden Sanktionen des
Westens abzuwehren?
Man hätte es lernen können. Man hätte erkennen können, dass das gemeint
ist, was gesagt wurde; aber das passt nicht zusammen mit einer
Dämonisierung des Gegenübers, ein Dämon muss verschlagen und falsch
sein, wie kann man dann zugeben, dass jeder Satz einfach so gemeint ist,
wie er da steht? Vor dem Hintergrund einer politischen Landschaft, die
aus Lüge besteht, kann die Wahrheit nur eine besonders perfide Form der
Heimtücke sein.
Aber zurück zur ukrainischen Szenerie. Gonzalo Lira ist sich mit Scott
Ritter absolut einig, was die Lage der ukrainischen Armee betrifft. Auch
er betont <https://www.youtube.com/watch?v=ZQB7uWuWpBw>, dass die
Biden-Regierung in Gestalt ihrer ukrainischen Stellvertretertruppen vor
einer kolossalen Niederlage steht. Nur meint er, dass der Westen auf
diese Niederlage mit einer weiteren Eskalation reagieren wird, und der
Ansatzpunkt für diese Eskalation sei die Blockade der Eisenbahnlinie
zwischen Russland und Kaliningrad durch Litauen. Gleichzeitig würden
sowohl in Polen als auch in Litauen Truppen bewegt, und er schließt
daraus, dass das Ziel besteht, Russland zu einer Verteidigung
Kaliningrads zu zwingen.
Auf einen solchen Angriff, so Liras Einschätzung, werde Russland
deutlich härter reagieren als auf den Angriff, den die Ukraine
beabsichtigt hatte. Eine Provokation durch Litauen und Polen mit einer
entsprechenden russischen Antwort würde die gesamte NATO in den Konflikt
ziehen, eingeschlossen die USA. "Man muss kein Genie sein, um zu
erkennen, dass die Gehirne hinter dieser idiotischen Idee amerikanische
Gehirne sind, die Biden-Regierung."
Die ukrainische Armee, führt er aus, war im Verlauf der letzten acht
Jahre in einem solchen Maß ausgebildet und aufgerüstet worden, dass sie
die am besten ausgebildete Truppe der gesamten NATO war, ohne selbst
Mitglied zu sein. "Was, glaubt ihr, würde mit litauischen, polnischen
oder amerikanischen Truppen passieren, die gegen die Russen marschieren?
Sie werden genauso ausgelöscht."
Und wie Scott Ritter sieht Lira die besondere Gefahr in der Niederlage:
"Und danach wird die Biden-Regierung, aus Panik und in der hochmütigen
Meinung, das sei keine große Sache, Atomwaffen einsetzen. Sie werden es
tun. Die Vereinigten Staaten haben die Erstschlags-Option nie aus ihrem
Auswahlmenü gestrichen."
Die Biden-Regierung sei unfähig, einen Rückzieher zu machen oder zu
deeskalieren; sie könne immer nur noch einen draufsetzen. Man müsse
begreifen, dass der Auslöser für den russischen Militäreinsatz in der
Ukraine schließlich der ukrainische Aufmarsch im Donbass war, bei dem
ein Angriff mit über hunderttausend Mann gegen die Donbass-Republiken
und womöglich Russland selbst vorbereitet wurde.
Noch ist nicht klar, ob die Blockade der Eisenbahnverbindung nach
Kaliningrad tatsächlich auf die Provokation abzielt, die Lira
befürchtet. Aber auch hier sind die Muster bekannt. Über all die Jahre
seit 2014 reihte sich eine Provokation an die andere, und bereits beim
Massaker von Odessa stellt sich die Frage, ob das nicht Teil einer
Strategie war, Russland mit allen Mitteln zum Eingreifen zu zwingen.
In beiden Szenarien ist es die konventionelle Niederlage von USA und
NATO, auf die die unterlegene Macht mit nuklearer Eskalation reagiert.
Beide Kommentatoren machen sich ernsthafte Sorgen, dass das jeweilige
Szenario eintritt. Und keinen der beiden Fälle kann man von der Hand
weisen – im Gegenteil. Seit Beginn der globalen Auseinandersetzung um
eine Weltordnung, die nicht mehr von den USA dominiert wird, lautete die
einzige gewaltige, bedrohliche Frage: werden die USA ihren Niedergang
hinnehmen oder werden sie den Rest der Menschheit in ihren Untergang
hineinziehen?
Das ist der Punkt, an dem eine US-Regierung unter Biden von Anbeginn an
gefährlicher schien als eine Regierung Trump. Und es stellt sich die
Frage, ob es Faktoren gibt, die die Wahrscheinlichkeit dieses Resultats
verringern können. Denn die Niederlage des einstigen Hegemonen ist so
unabwendbar, wie sie nötig ist.
Einer der wenigen Faktoren, die vielleicht das Risiko vermindern
könnten, wäre tatsächlich ein massiver Anfall von Vernunft bei den
europäischen Verbündeten der Vereinigten Staaten. Ein Ausstieg mehrerer
europäischer Länder aus der NATO – verbunden damit, eventuell dort
stationierte US-Truppen sofort nach Hause zu expedieren – wäre fast die
einzige Möglichkeit, selbst der von ihrem "Auserwähltsein" überzeugten
US-Regierung unter Joe Biden genug Kontakt mit der Realität zu
verschaffen, um sie an dieser Eskalation zu hindern. Das wäre immer noch
keine Garantie, aber es könnte gerade reichen, um das Selbstbild
ausreichend zu erschüttern.
Von den jetzigen Regierungen in Deutschland, Frankreich, Italien oder
Großbritannien ist solches leider nicht zu erwarten. Keine davon hätte
die Vernunft und den Mut, einen solchen Schritt mit der erforderlichen
Geschwindigkeit und Härte zu gehen. Dazu muss man nur in Erinnerung
rufen, wie folgsam sie all die Sanktionen abgenickt haben, die
Westeuropa tatsächlich ruinieren können.
*Kiew mit Atomwaffen auszustatten, wäre eine Katastrophe für die ganze Welt
*/Ein Kommentar von Scott Ritter:/
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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.