10.01.2023

CDU-Hardliner Kiesewetter fordert: "Russland muss verlieren lernen"

Von Gert Ewen Ungar

Deutsche Politiker fordern die Bestrafung Russlands und verheddern sich in eigener Desinformation. Den deutschen Traum von einem Sieg über Russland bezahlen ukrainische Soldaten derzeit mit ihrem Leben. CDU-Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Kiesewetter zeigen mangelndes ethisches und historisches Bewusstsein.


Quelle: www.globallookpress.co


m © IMAGO/Frederic Ke


Roderich Kiesewetter (CDU), MdB, hofft auf einen Sieg über Russland unter deutscher Beteiligung. Er meint, Russland müsse verlieren lernen (Archivbild)


Auf die aktuelle Politikergeneration kommen absehbar schwere Zeiten zu, denn sie werden sich für ihre Haltung im Ukraine-Konflikt irgendwann rechtfertigen müssen. Sie werden sich dafür rechtfertigen müssen, dass sie verfügbare Informationen nicht zur Kenntnis genommen haben, stattdessen aber Desinformation mit dem Ziel verbreitet haben, eine immer weiter gehende militärische Eskalation in der Ukraine zu fordern und zu fördern. Der Grund dafür ist der reaktionäre deutsche Wunsch – nach all den historischen Niederlagen –, endlich einen Sieg über Russland zu erringen. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter äußert das unverhohlen.


Aktuell fordert er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, Russland müsse verlieren lernen, und weist gleichzeitig jede Verantwortung Deutschlands für die Eskalation des Konflikts in der Ukraine zurück. Allein Russland trage für die Eskalation die Verantwortung, Deutschland habe "immer defensiv" gehandelt, ist Kiesewetters faktenwidrige Behauptung. Das entspricht nicht den Tatsachen. Das Gegenteil ist der Fall.


Treten wir einen Schritt zurück: Der Grund für den Beginn der Militäroperation in der Ukraine war das Scheitern des vierseitigen und von der UNO akzeptierten Abkommens Minsk 2, der stattdessen zunehmende Beschuss des Donbass durch ukrainische Verbände und deren drohender Überfall auf die selbsternannten Volksrepubliken im Donbass durch ukrainisches Militär. Auch gab es noch unmittelbar nach der Eskalation des Krieges Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, die vom Westen energisch sabotiert wurden.


Sieg und Niederlage: Was versteht der Westen und was versteht Russland darunter?




Meinung

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Damals war die Führung der Ukraine sogar zum Kompromiss bereit, und man hatte sich früh auf eine Friedensformel einigen können. Der Konflikt hätte also bereits im Frühjahr 2022 wieder zu Ende sein können. Der Westen hatte daran definitiv kein Interesse. Noch während die Verhandlungen liefen, hat die EU der Ukraine kostenlose Waffenlieferungen zugesagt. Die USA und Großbritannien haben Selenskij nach russischen Erkenntnissen dazu gedrängt, die bereits getroffene Vereinbarung mit Russland zu widerrufen. Seitdem pumpt der Westen in einem historisch ungekannten Ausmaß die Ukraine mit Waffen voll und zeigt dadurch klar sein Bestreben nach Eskalation.


All dies erfordert eine Aufarbeitung, denn vom ersten Moment an war es der Westen, der diesen Konflikt befördert hatte. Selbst Kiesewetter muss das mittlerweile wissen, denn seine CDU-Kollegin und Ex-Kanzlerin Merkel machte es inzwischen öffentlich, dass es auch Deutschland niemals um eine Beilegung des acht Jahre lang schwelenden Konflikts, sondern um die Militarisierung der Ukraine ging. Kiesewetter täuscht seine Zuhörer also absichtlich.


Die Mehrheit der deutschen Politiker leugnet die deutsche Verantwortung, wie es auch der CDU-Abgeordnete Kiesewetter oder – ganz exemplarisch – die FDP-Politikerin und Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann tut. Sie versuchen sich in Schuldumkehr, wenn sie Russland faktenwidrig unterstellen, an der Eskalationsschraube zu drehen und nicht zu Verhandlungen bereit zu sein. Es ist der Westen und es ist insbesondere auch Deutschland, die sich verweigern und die Verhandlungen ablehnen.


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Man sollte sich angesichts der Behauptungen Kiesewetters zu den angeblichen Kriegsgründen, die er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk vorträgt, immer wieder vor Augen führen, was keine Kriegsgründe waren.


Es geht Russland nicht um eine imperialistische Ausdehnung, sondern um Sicherheitsgarantien, die der Westen auch Ende 2021 und Anfang 2022 immer wieder verweigert hat. Russland reagiert auf die tatsächlich imperialistische Ausdehnung des Westens, der NATO und der EU seit dem Untergang der UdSSR, die legitime Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation seit drei Jahrzehnten verletzt.


Kiesewetter leugnet diese Fakten, bedient stattdessen uralte antirussische Klischees und schürt Ressentiments. Er bedient sich des typischen deutschen Rassismus vom angeblich unzivilisierten, "wilden Russen". Das ist ein Zeichen erschreckender Geschichtsvergessenheit und zeugt von mangelndem ethischem Bewusstsein. Kiesewetter redet von angeblichen russischen Kriegsverbrechen und verschweigt, dass es der Westen ist, der eine unabhängige und neutrale Untersuchung der ungeheuerlichen Anschuldigungen gegen Russland hintertreibt.


Konkrete Beweise für Kriegsverbrechen gibt es lediglich mit Blick auf die Ukraine. Deren Bombardement von Zivilisten in den Republiken des Donbass mittels jetzt auch westlicher Waffensysteme wird jeden Tag aufs Neue belegt. Man muss dazu nur in sozialen Medien Berichte von Zeugen zur Kenntnis nehmen oder einen russischen Fernsehsender anschalten – aus genau diesem Grund wurden letztere in Deutschland und der ganzen EU verboten. Die Verbrechen der Ukraine sollen dem deutschen Publikum verheimlicht werden.


Russische Botschaft in Berlin verurteilt Marder-Lieferungen an Kiew: "Ein Schritt zur Eskalation"





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Weder Kiesewetter noch andere Kriegsbefürworter wie Strack-Zimmermann nehmen zu diesen dokumentierten Verbrechen Stellung. Auch zu den "kulturellen Säuberungen" in der Ukraine, zur Vernichtung von russischer Kultur, zum Abriss von Denkmälern und Kulturstätten durch das Kiewer Regime schweigen deutsche Politiker ebenso wie zur Unterdrückung der Pressefreiheit, der politischen Opposition, der grassierenden Korruption und der verbreiteten Lynchjustiz in ihrem Herrschaftsbereich.


Kiesewetters Forderung, die er öffentlich vorträgt, lautet dagegen, Russland habe nun gefälligst das Verlieren zu lernen. Aus diesem Grund fordert er die verstärkte Militarisierung der Ukraine. Ziel sei es, der Ukraine zu einem militärischen Vorteil zu verhelfen, so dass sie aus einer Position der Stärke in Verhandlungen mit Russland eintreten könne. Das ist die modernisierte Fassung der Frage von Joseph Goebbels nach dem totalen Krieg. Die vergangenen Monate zeigen, dass Russland das Potential und den Willen hat, die Eskalation durch den Westen und auch durch Deutschland mitzugehen. Politiker wie Kiesewetter befördern die weitere Eskalation in der Ukraine und tragen die Verantwortung für den Tod von Tausenden ukrainischer Soldaten, die den deutschen Traum von einem Sieg über Russland mit ihrem Leben bezahlen werden.


Mehr zum Thema – Auf Marder folgt Leopard ‒ Deutsche Medien fordern Eskalation  


RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.

Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/meinung/159274-cdu-politiker-fordert-russland-muss-verlieren-lernen


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

09.01.2023

text:


09.01.2023

Habeck gesteht: Deutschland droht "der wirtschaftliche Zusammenbruch"

Von Dagmar Henn

All die Monate hieß es, das alles sei kein Problem, man müsse sich keine Sorgen machen um die Zukunft der deutschen Wirtschaft. Wenn alle nur genügend frieren und verdunkeln würden, werde in Deutschland alles gut gehen. Aber jetzt bestätigt Habeck selbst, was er zuvor immer als "russische Propaganda" beschimpfte.


Quelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfel



Robert Habeck in Oslo am 5. Januar 2023 (Bild)


Zitat: Hat der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sein Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz inzwischen so weit von jeder Kompetenz gesäubert, dass nicht einmal mehr jemand übrig ist, der einen Redeentwurf auf Englisch wenigstens Korrektur lesen könnte? Wenn man seinem Vortrag in Oslo lauscht, drängt sich einem dieser Eindruck auf. Selbst eine mittelmäßige Fremdsprachensekretärin müsste imstande sein, ihm zu erklären, dass das nicht "dependency of Russian gas" oder "need of the battlefield" heißt – außer, man wolle darüber reden, wovon das russische Gas abhängt, oder erklären, dass man das Schlachtfeld brauche.


"Von Anfang an falsch" – Habeck verleumdet Nord Stream und hofft auf Norwegen



"Von Anfang an falsch" – Habeck verleumdet Nord Stream und hofft auf Norwegen






Wobei auch solche Gedanken bei Habeck durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Denn immerhin sind die historischen Erinnerungen des Herrn Ministers "etwas" verzerrt, um es milde zu formulieren: "Wir waren uns sicher, dass Gewalt und Imperialismus als Mittel der Politik abgeschafft worden wären. Zumindest in Europa." Das ist schwer nachvollziehbar aus dem Mund eines Politikers eben jener Partei, für die der NATO-Angriff auf Jugoslawien am Ende des vergangenen Jahrhunderts eine große politische Zerreißprobe war; aber nahe genug an der Gegenwart, dass auch das Gedächtnis eines Robert Habeck Details noch kennen müsste. Das bombardierte Belgrad liegt bekanntlich ebenfalls in Europa, und die Bombardierung war eindeutig ein Akt der Gewalt als Mittel der Politik.


Nein, Details sind Habecks Sache nicht. 2015 soll Putin eine Gegend namens Krimenja besetzt und "seinen Krieg in der Ukraine begonnen" haben. Dabei war es die Putschregierung in Kiew, die Proteste mit den gleichen Mitteln, wie sie sie zuvor in der Westukraine zur Anwendung brachte – wie die Erstürmung und Besetzung von Verwaltungsgebäuden – plötzlich zum Anlass nahm, einen Bürgerkrieg zu beginnen. Dass sich solch ein Bürgerkrieg auf der Krim nicht entfaltete, hätte eigentlich ganz Westeuropa mit Erleichterung zur Kenntnis nehmen sollen, denn die Alternative zum russischen Eingreifen wäre die Gefahr gewesen, dass die teils nukleare Bewaffnung der russischen Schwarzmeerflotte womöglich in die Hände neonazistischer Milizen fällt; aber so punktgenau hat die Risiken im Zusammenhang mit der Krim niemand in Deutschland ausgesprochen. Da ist es keine besondere Verfehlung von Habeck, dass auch er das nicht begriffen hatte.


Allerdings, nachdem seine Parteigenossin, die derzeitige Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, daran beteiligt war, den Friedensplan der Minsker Vereinbarungen endgültig zu entsorgen, wäre eine gewisse Wahrnehmung auch der eigenen Verantwortung durchaus angebracht gewesen. Immerhin hätte noch fast den ganzen Februar des vergangenen Jahres die Chance bestanden, die ukrainische Krise in Richtung Frieden zu lösen – wenn, ja wenn nur die Deutschen und die Franzosen ihren entsprechenden Verpflichtungen nachgekommen wären oder auch nur hätten nachkommen wollen.


Zehn Monate "präzedenzlose" Sanktionen gegen Russland – eine Revision ihrer Auswirkungen




Analyse

Zehn Monate "präzedenzlose" Sanktionen gegen Russland – eine Revision ihrer Auswirkungen





Wie und warum das Ausbleiben russischer Erdgaslieferungen für Deutschland zu einem Problem wurde, erkennt oder benennt er ebenfalls nicht. Kein Wunder, war er es doch selbst, der sich seit Langem mühte, Nord Stream 2 gar nicht erst in Betrieb gehen zu lassen; waren es doch die westlichen Sanktionen, die dazu führten, dass Nord Stream 1 nicht mehr mit betriebsfähig gewarteten Kompressoren ausgerüstet werden konnte. Das wurde dann ausgerechnet aus dem Land, das den TÜV erfunden hat, als übertriebene russische Pingeligkeit dargestellt – ganz so, als dürfte in Deutschland jemals ein Kompressor für eine Gaspipeline ohne vollständig eingehaltene technische Dokumentation in Betrieb genommen werden. Habeck und seine Partei waren es auch, die auch Anfang 2022 noch davon tönten, eigentlich dürfe man gar kein russisches Gas brauchen. Deshalb nahm vermutlich auch Habeck erfreut zur Kenntnis, als die Sprengung der Pipelines in der Ostsee im September endlich dafür sorgte, dass es auf lange Sicht gar nicht mehr geliefert werden konnte.


Das alles muss einfach irgendwie geschehen sein, vermutlich war es Putin. Habeck jedenfalls hat mit all dem nichts zu tun. Auch wenn er an anderer Stelle dann betont, "ein gewisses Maß an Rücksichtslosigkeit schaffe Gelegenheiten". Auf diese Einleitung folgt eine Zukunftsfantasie, der jede reale Basis abgeht: "Dekarbonisierter Wasserstoff", der per Pipeline aus Norwegen nach Deutschland fließen solle, werde zukünftig gar mit Hilfe von Offshore-Windparks erzeugt.

Dabei hat man mittlerweile verblüfft festgestellt, dass die Turbinen in Offshore-Windparks eine kürzere Lebensdauer als jene an Land haben – Menschen, die schon einmal die Gelegenheit hatten, das Zusammenspiel von Metall, Salzwasser und Luft länger zu beobachten, hätten das vorhersagen können. Diese Anlagen würden daher ein noch ungünstigeres Kosten-Nutzen-Verhältnis liefern als jene an Land. Und dass ein Pipeline-Transport von Wasserstoff immer noch unerprobt ist und schon allein deshalb auf große Probleme stößt, weil H2 – aus zwei Wasserstoffatomen – nun einmal das kleinste Molekül der kleinsten Atome des ganzen Periodensystems ist. Aber das ficht Habeck nicht an: "Vielleicht ist die Lektion, die gelernt wurde, ja, dass das Leben in einer Zeit der Krise das neue Normal ist."


Auf Twitter fanden User den passenden Begriff, um Habecks Verhältnis zu seinem Ressort zu kennzeichnen: Transkompetenz.


Einzig an einer Stelle sagte Habeck überraschenderweise die Wahrheit und widersprach damit deutlich der Zuversicht, die er den Deutschen all die Monate über einreden wollte: Deutschland habe "vor der Herausforderung eines drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs" gestanden. "Nichts weniger stand damals auf dem Spiel. Und ein wirtschaftlicher Zusammenbruch in Deutschland hätte zweifellos zu einer wirtschaftlichen Apokalypse in Europa geführt."


2023 geht es ums Brot, nicht um die Butter – Inflation, Energiekrise und Rezession





Meinung

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War das nicht bisher stets "böse russische Propaganda", von einem wirtschaftlichen Zusammenbruch (in Deutschland!) zu reden? "So herausfordernd, wie diese Bedrohungen waren und noch sind ..." wagte es Habeck weit genug entfernt vom heimischen Publikum, das nach seinen Anleitungen durch Frieren und Stinken vermeintlich sicher durch den Winter kommen sollte, die Dinge zumindest ein einziges Mal so zu benennen, wie sie sind. Auch wenn er sofort wieder behauptet, für den Moment sei alles sicher – durch mehr norwegisches Erdgas – und sogar die Inflation sei ja noch "milder als erwartet".


Hiermit ist es also amtlich aus dem Mundes eines Bundesministers des zuständigen Ressorts, wenn auch in erbärmlichstem Englisch hinausgestolpert: die Politik der "Ampel"-Koalition und insbesondere jene des Bundeswirtschaftsministers hat eine dermaßen große Gefahr eines wirtschaftlichen Kollaps erzeugt, dass selbst Habeck dies eingestehen musste. Eigentlich wäre das der Moment, an dem der dafür verantwortliche Minister still und mit gesenktem Kopf seinen Hut nimmt.


Doch Habeck ist nicht nur transkompetent – außer vielleicht bei der Bestellung und Bestallung eines Hoffotografen. Er ist auch transverantwortlich.


Mehr zum Thema - Deutsche Wirtschaft sieht Gefahr einer schleichenden Deindustrialisierung


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Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/meinung/159259-habeck-gesteht-deutschland-droht-wirtschaftlicher-zusammenbruch


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09.01.2023

Kriegstreiberei: Panzer-Debatte treibt bizarre Blüten

Für alle, die sich noch eigene gedanken machen.

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nachdenkseiten.de, 09. Januar 2023 um 11:52 Ein Kommentar von: Tobias Riegel

Die aktuelle Meinungsmache für Waffenlieferungen aus Deutschland nimmt immer groteskere Formen an. Diese Waffenlieferungen in den Ukrainekrieg sind aus politischen und moralischen Gründen strikt abzulehnen, so auch die aktuell beschlossenen Panzerlieferungen. Wer sie dennoch fordert, macht sich der versuchten Verlängerung des Leids schuldig und stellt sich gegen die Interessen der Bevölkerung. Ein besonders schräges Beispiel liefert aktuell die FDP.

Waffenlieferungen Deutschlands in den Ukrainekrieg sind scharf abzulehnen, die offiziellen politisch-moralischen Begründungen für diese gefährlichen Handlungen sind nicht akzeptabel. Verweise zu diesem Standpunkt folgen weiter unten.


Ein besonders abwegiges Zeichen für die aktuelle Debatte um Panzerlieferungen haben gerade die „Jungen Liberalen“ anlässlich des traditionellen Dreikönigstreffens der FDP in der Stuttgarter Staatsoper gesetzt (siehe Titelfoto). Unter der Überschrift „Krieg beenden, Panzer senden!“ forderten sie die Bundesregierung und Bundeskanzler Scholz dazu auf, die angekündigte Lieferung der Marder-Panzer zu einem umfangreichen Kurswechsel auszubauen, wie die Jugendorganisation der FDP mitteilt.


Sprachverdrehung und rechtsradikale Slogans

Die Veranstaltung und ihr Slogan ist innerhalb der aktuellen politischen und medialen Propaganda für Waffenlieferungen nur ein Beispiel unter vielen – aber ein besonders schrilles: Die in jeder Beziehung irreführende Losung „Krieg beenden, Panzer senden!“ muss als eine geradezu Orwell’sche Sprachverdrehung bezeichnet werden. Zusätzlich scheuten sich die „Jungen Liberalen“ nicht, bei der Veranstaltung unter der rechtsradikalen Losung „Slawa Ukrajini!“ aufzutreten. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder sind sie gefährlich ahnungslos (schwer vorstellbar). Oder sie haben keine Skrupel, jene Heuchelei zu befeuern, bei der Rechtsradikale in Deutschland (zu Recht) als gesellschaftliches Problem dramatisiert werden, während Nazis in der Ukraine verniedlicht werden. Die „Jungen Liberalen“ mögen als Gruppe irrelevant sein, aber die für ihre Kundgebung gewählte Botschaft ist (in Abstufungen) in der deutschen Parteienlandschaft erschreckend weit verbreitet – und auch in zahlreichen Medien. So verbindet auch etwa die „Welt am Sonntag“, beispielhaft für viele Medien, unrealistische Kriegsziele mit der Forderung nach mehr deutschen Waffen:

Man kann nicht immer wieder betonen, alles tun zu wollen für einen ukrainischen Sieg, und dann wichtige Waffen zurückhalten. Deshalb kann die Wende dieser Woche nur ein Anfang sein. Denn die nun zugesagten Panzer werden allein nicht ausreichen zur Befreiung aller besetzten ukrainischen Gebiete.“

Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP reklamierte die Verantwortung für die nun beschlossenen gefährlichen deutschen Panzerlieferungen für ihre Partei und drohte bei dem Anlass:

Der Einsatz der Freien Demokraten hat gewirkt. Ein großer Dank geht an alle, die nicht aufgehört haben, daran zu arbeiten, die Ukraine zu unterstützen. Damit endet aber unser Einsatz noch längst nicht. Denn klar muss sein: Nach dem Marder kommt der Leopard. Wir bleiben dran.“

Grüne und FDP: Radikale Gruppierungen

Wie gesagt, das Versagen beim Thema Ukraine ist bei den deutschen Parteien weit verbreitet. Doch es gibt Schattierungen bei der Verantwortungslosigkeit: Die FDP ist nach den Grünen die Partei in Deutschland, die am heftigsten für deutsche Waffenlieferungen eintritt. Man kann beide Parteien zumindest teilweise als radikale Gruppen einordnen, die sich ohne Skrupel transatlantischen Wünschen unterwerfen, um eine Politik zu verfolgen, die sowohl gegen die Interessen der deutschen Bevölkerung gerichtet ist, als auch das Leid der Ukrainer nicht lindert. Das bezieht sich nicht nur auf Waffenlieferungen, sondern auch auf die Wirtschaftssanktionen.

Das muss immer wieder betont werden: Die aktuelle Politik der Bundesregierung lindert nicht das Leid der ukrainischen Zivilisten – weder durch die Sanktionen noch durch die Waffenlieferungen noch durch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten. Eher ist das Gegenteil festzustellen. Die Gleichung, „Wer gegen die Sanktionen ist, ist gegen die Ukraine“, hält nicht stand, wie wir in diesem Artikel beschrieben haben. Dass Waffenlieferungen in Kriegsgebiete politisch und moralisch nicht haltbar sind, wurde bereits im Artikel „Kriegsverlängerung – Und die ‚Moral’ der grünen Sofa-Soldaten“ beschrieben.

Dann sollen die Russen eben die Ostukraine verlassen…“

Häufig erklingt das Argument: „Dann sollen die Russen eben die Ostukraine verlassen, dann ist doch Frieden.“ Diese Sichtweise lässt die zur seriösen Beurteilung des Konfliktes unerlässliche Vorgeschichte des Ukrainekrieges unter den Tisch fallen und ist in dieser simplen Form nicht haltbar. Aber selbst wenn die moralische Beurteilung des Ukrainekrieges so einfach und so klar wäre, wie das vor allem von den Grünen dargestellt wird: Auch das würde nichts an der Entschlossenheit Russlands und an der verbissenen Fortführung des Krieges in der Ostukraine ändern. Zu diesem Aspekt haben die NachDenkSeiten im Artikel Rückschläge für die Russen erhöhen die Gefahr eines „großen Kriegs“ geschrieben:

Die aktuellen Erfolge der ukrainischen Armee können auch Gefahren bergen: Da es trotz der Erfolgsmeldungen keine realistische Perspektive eines ‚Sieges‘ der ukrainischen Streitkräfte über Russland im Donbas gibt, können die aktuell verkündeten Geländegewinne auch folgende Dinge bedeuten: Der Krieg wird verlängert, es sterben mehr Soldaten und Zivilisten, die jetzigen Durchhalteparolen könnten die realen und langfristigen Entwicklungen überdecken, Russland könnte bei zunehmender Bedrängnis durch NATO-Waffen den Kreis der Gegner und der eigenen Waffen erweitern.


Oder kann die ukrainische Armee Russland doch aus der Ostukraine vertreiben, wenn wir nur genug ‚westliche Waffensysteme‘ in die Gefechte pumpen? Spekulationen zum detaillierten Kriegsverlauf sind nicht zielführend, eine Ausnahme soll hier aber gemacht werden. Möglicherweise irre ich mich: Aber ich sehe – trotz der aktuellen Erfolgsmeldungen der ukrainischen Armee – langfristig kein einziges realistisches Szenario, bei dem Russland in den Fragen Donbas und Krim klein beigeben würde. Stattdessen könnte die Härte und Verbissenheit beider Seiten zunehmen.“

Macht die Regierung Deutschland zur Kriegspartei?

Im Artikel Deutsche Panzer, die auf Russen schießen – Diese Regierung führt uns an den Abgrund“ hatten wir kommentiert, wie gefährlich und moralisch abwegig bereits die Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine durch Deutschland sind. Ein noch über die Waffenlieferungen hinausgehender Punkt ist die Ausbildung von Ukrainern an Waffen in Deutschland, da diese Ausbildung völkerrechtlich eine andere, noch gefährlichere Qualität haben kann, wie etwa im Artikel “Verfassungsbeschwerde gegen Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland” beschrieben wird. Im Artikel “Panzer-Ausbildung: Wird Deutschland Kriegspartei gegen Russland?” heißt es:

Mit den Waffenlieferungen und der Ausbildung daran werden verantwortungslos die Grenzen hin zu einer möglichen Ausweitung des Kriegs ausgetestet. Selbst wenn dieses ‚Spiel’ gutgehen sollte, also Deutschland von Russland vorerst nicht als aktiver Kriegsgegner definiert werden sollte, obwohl hier gegnerische Soldaten geschult werden: Das würde nicht bedeuten, dass das riskante Handeln der Regierung, das die deutsche Bevölkerung in Mithaftung nimmt, gerechtfertigt wäre. Denn durch die Bundesregierung wird bezüglich des Status eines möglichen Kriegsgegners Russlands eine Verantwortung ‚übernommen‘, die gar nicht zu übernehmen ist: Wenn die riskante Gratwanderung schiefgeht, nützt es den Bürgern überhaupt nichts, wenn die Regierung dafür gönnerhaft die ‚Verantwortung übernimmt’.“

Titelbild: Twitter @ulrikeguerot


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=92256


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Deutschland als Kriegspartei

Deutsche Panzer an die Ostfront – Teil 3


anti-spiegel.ru, 9. Januar 2023 14:27 Uhr

Polen macht einen Vorstoß, eine "symbolische Anzahl" von Leopard-Panzern an die Ukraine liefern. Das soll anscheinend die Zurückhaltung bei der Lieferung von schweren Panzern - unter anderem in der deutschen Regierung - brechen.


Zitat: In meinem Artikel „Deutsche Panzer an die Ostfront“ über die Entscheidung, deutsche Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern, habe ich vor einigen Tagen die Prognose abgegeben, dass Deutschland der Ukraine auch bald Leopard-Panzer liefern wird. Bundeskanzler Scholz ist nämlich nicht grundsätzlich gegen die Lieferung jeder Art von Waffen an die Ukraine, er will nur nicht der erste sein, der das beschließt, so meine Analyse. Daher dürfte auch die Lieferung von schweren Kampfpanzern von Typ Leopard nur eine Frage der Zeit sein.


Zu diesem Schluss bin ich gekommen, weil das Mantra des deutschen Kanzlers Scholz in den letzten Monaten eindeutig war: „Bei Waffenlieferungen an die Ukraine wird es keine deutschen Alleingänge geben!“


Nachdem Frankreich und die USA die Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine beschlossen haben, hat es nur zwei Tage gedauert, bis Deutschland als drittes Land die Lieferung von Schützenpanzern genehmigt hat, was meine Interpretation bestätigt.


Danach hat auch SPD-Chef Klingbeil im Grunde wiederholt, was Scholz gesagt hat, und unterstrichen, der Bundesregierung sei es immer wichtig gewesen, keine deutschen Alleingänge zu haben, wie ich in meinem zweiten Artikel zu dem Thema berichtet habe.


Offensichtlich ist es nun Polen, dass die Sorge vor „deutschen Alleingängen“ zerstreuen möchte und daher die Lieferung einer „symbolische Anzahl von Leopard-Panzern an die Ukraine“ ins Spiel bringt. Daher bin ich sicher, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Bundesregierung auch schwere Panzer an die Ukraine liefern wird. Deshalb berichte über jede Entwicklung dieses Prozesses, um ihn zu dokumentieren.


Die aktuelle Meldung habe ich bei der russischen Nachrichtenagentur TASS gefunden und sie übersetzt.


Beginn der Übersetzung:


Polen wird möglicherweise eine symbolische Anzahl von Leopard-Panzern an die Ukraine liefern


Der Sprecher des polnischen Präsidialamtes, Jakub Kumoch, bezeichnete die Gespräche über die Lieferung einer großen Anzahl von Panzern an die Ukraine als „absolute Desinformation“.


Die polnische Regierung erwägt die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit anderen westlichen Ländern eine kleine symbolische Anzahl von Leopard-Panzern an die Ukraine zu liefern. Dies erklärte Jakub Kumoch, Vertreter des polnischen Präsidialamtes für internationale Angelegenheiten, am Montag auf die Frage nach Medienberichten über Pläne Warschaus, Kiew Panzer zu übergeben.


„Die Sache wird geprüft“, sagte er dem Radiosender Zet und betonte, dass der „Vorschlag, dass Polen an einer gewissen Koalition von Ländern, die den Leoparden haben, teilnimmt“, diskutiert wird.


Kumoch bezeichnete das Gerede von der Übergabe „einer großen Anzahl von Leoparden“ als „absolute Desinformation“. Ihm zufolge „geht es um symbolische Unterstützung und die Beteiligung an einer Koalition mehrerer Länder“. „Die Behauptung, Polen werde ein paar Dutzend oder Hunderte von Panzern liefern, ist absurd und schafft eine alternative Realität“, betonte ein Sprecher des polnischen Staatschefs.


„Die Ukraine ist daran interessiert, dass eine Gruppe westlicher Länder ihr eine begrenzte Anzahl von Panzern dieser Art zur Verfügung stellen. Polen hat sie, Polen kann Teil der Koalition werden, aber es wird nichts im Alleingang tun“, fügte er hinzu.


Nach inoffiziellen Informationen des polnischen Rundfunks hat die polnische Regierung mehr als 200 T-72-Panzer und mehrere Dutzend Schützenpanzer in die Ukraine geschickt. Es gibt keine offiziellen Informationen über den Umfang der gelieferten Ausrüstung, aber die Regierung teilte mit, dass eine große Menge an Fahrzeugen an die ukrainische Seite übergeben wurde. Als Ausgleich erwartet Polen deutsche Leopard-Panzer. Die polnische Armee verfügt über 126 solcher Panzer in der Version 2A4 und 105 in der Version 2A5.


Ende der Übersetzung


Nachtrag

Sky News hat kurz nach der Veröffentlichung dieses Artikels gemeldet, dass Großbritannien die Lieferung von 10 Kampfpanzern des Typs Challenger 2 prüft, was meine These, dass es darum geht, der Bundesregierung das Argument der deutschen Alleingänge zu nehmen, bestätigt. Ob das so ist, werden wir sehen, wenn wir wissen, ob Deutschland zu den ersten Ländern gehören wird, die der Ukraine schwere Panzer liefern.


Info:https://www.anti-spiegel.ru/2023/deutsche-panzer-an-die-ostfront-teil-3


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09.01.2023

Never give up Antisemitismus-Vorwürfe

hildevonballuseck.wordpress.com, 4. Januar 2022, Hilde von Balluseck


Never give up

Im Mai 2019 verabschiedete der Bundestag eine Resolution, in der Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung als antisemitisch bezeichnet wurden (vgl. Wetzel 2019: 76). Ich konnte die BDS-Kampagne – Boykott des Kaufes von Waren aus israelischen Siedlungsgebieten – nachvollziehen, daher verunsicherten mich diese Entscheidung und die anschließenden Diskussionen. War ich nun antisemitisch?

Im Juni 2019 trat der Direktor des Jüdischen Museums, Peter Schäfer, zurück. Er hatte angeblich die Interessen und Perspektiven der Palästinenser*innen im Gegensatz zu denen Israels zu stark vertreten. Ich neigte auch in diesem Fall jenen Wissenschaftler*innen und Autor*innen zu, die sich für Peter Schäfer einsetzten (vgl. Bax 2019). Aber wenn so viele Institutionen seine Position als antisemitisch einschätzten – was sollte ich davon halten?

Im Dezember 2020 erklärten eine Vielzahl von renommierten Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Intellektuellen in der Initiative Weltoffenheit den verallgemeinerten Antisemitismus-Vorwurf für falsch, aber auch ihnen gegenüber äußerten anerkannte Persönlichkeiten scharfe Kritik. Ich tendierte zu den in den Medien aufgeführten Argumenten der Initiative, wollte mich aber nicht näher damit beschäftigen.

Bis zu dem Zeitpunkt, als der Antisemitismus-Vorwurf gegenüber Amnesty International erhoben wurde: Amnesty, eine Organisation, die die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die Ausschaltung unerwünschter Stimmen in allen Teilen der Welt anprangert und manchmal auch erreicht, dass mutigen Menschen Gefängnis, Folter, Ermordung erspart bleiben. Im September 2019 hatte Amnesty noch voller Sorge über die Zunahme des Antisemitismus in Deutschland berichtet, Ähnliches äußerte die Organisation im November anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus. Und doch galt Amnesty nach dem Erscheinen des Amnesty-Jahresberichts 2021/22 als antisemitisch. Grund war die Behauptung, Israel praktiziere Apartheid gegenüber den arabischen Bewohner*innen des Staates Israel und der Siedlungsgebiete. Zeit Online, die Welt, die Deutsch-Israelische Gesellschaft und die Bundesregierung empörten sich über den vermeintlichen Antisemitismus. Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte eine Entschuldigung. Amnesty erklärte, dass die gleichen Kriterien für Israel wie für andere Länder gelten und dass daher der Begriff Apartheid für die Behandlung der arabischen Bevölkerung durch Israel korrekt sei. Gleichzeitig betonte die Organisation, wie wichtig eine Sensibilisierung gegen Antisemitismus sei. Diesmal war ich nicht verunichert, sondern empört über den Vorwurf des Antisemitismus. Aber ich wollte nicht in irgendeinen Chor einstimmen, ohne genau zu wissen, worum es eigentlich geht. Zunächst hielt mich der Überfall Russlands auf die Ukraine in Atem, dann kamen die Skandale um die Documenta15.

Ich hatte nur wenig über diese Documenta gelesen, aber das Wenige erweckte in mir den Eindruck, dass in Kassel etwas Großartiges stattfand: Eine Ausstellung auf deutschem Boden, die den ehemals kolonialisierten globalen Süden ohne Kontrolle sprechen, dokumentieren, zeigen ließ, wie die Menschen dort die Welt sahen. In den folgenden erregten Diskussionen über antisemitische Inhalte der Ausstellung verlangten Kritiker*innen nicht nur Rücktritte der Verantwortlichen, sondern auch die Verlegung der Documenta an einen anderen Ort. Viele bekannte Künstler*innen und Autor*innen nahmen Partei für das Konzept (z.B. Menasse 2022; Detjen 2022). Dagegen war die Reaktion von Natan Sznaider erschütternd: „Was für uns Juden bleibt, ist, sich von der Illusion zu verabschieden, dass es für Antisemitismus im öffentlichen Raum Deutschlands keinen Platz mehr gibt. Es gibt diesen Raum und wir Juden müssen lernen, damit umzugehen. Man kann Antisemitismus oder Antiisraelismus nicht einfach wegdenken oder mit der richtigen Pädagogik von Antisemitismusexperten wegzaubern“ (2022:1).

Diese Resignation verstärkte meine Verunsicherung. Denn wie konnte es zu dieser erregten Debatte kommen? Wollten nicht alle das Gleiche, nämlich keinen Antisemitismus?

Von Kindheit an kamen Juden (1) in meinem Leben vor: Menschen, die meinen Eltern oder auch mir persönlich nahestanden, ohne dass ich den Holocaust ständig reflektierte, Da ich nun jedoch erfuhr, dass ich die Meinungen von Antisemit*innen teilte, fühlte ich mich persönlich angegriffen. Ich musste den Vorwürfen nachgehen.

Bei meinen Recherchen fand ich zunächst in den Unterlagen meines Vaters eine unscheinbare Broschüre mit dem Titel „Immer wieder – ‚Die Juden'“. Im Gegensatz zu der durch den Titel geweckten Erwartung, es handle sich bei dem Titel um eine antisemitische Schmähschrift, ist dies eine Verteidigungsrede für die Juden in einer antisemitischen deutschen Gesellschaft. Mein Vater hat sie unter dem Pseudonym Lothar Ball 1953 oder 1954 verfasst. Sie war ein Versuch, nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dem Holocaust, Antisemit*innen die Absurdität ihrer Haltung klar zu machen. Ein hilfloser Versuch, denn es war die Zeit, in der die „Wiedergutmachung“ diskutiert und begonnen wurde. Die überwältigende Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung lehnte sie ab (2). Damals WAR die deutsche Gesellschaft weitgehend antisemitisch.

Aber ich wusste schon als Kind: Wir, das heißt, die autochthone Bevölkerung der BRD, haben mit dem Holocaust eine ungeheure Schuld auf uns geladen. Auch wenn nicht alle Deutschen dafür verantwortlich waren, so haben sie es geschehen lassen. Diese Schuld gehört zu unserer Geschichte und ist auch aus der Gegenwart nicht wegzudenken. Selbst wenn alle Täter*innen und alle Holocaust-Überlebenden gestorben sind, werden Deutsche sich an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes erinnern und der Opfer gedenken müssen.

Und nun die Verunsicherung: Waren meine Einschätzungen von Israel als Kolonialmacht Antisemitismus? War das Etikett „Apartheid“ für Israel ein Ausdruck von Antisemitismus? Konnte meine Gleichgültigkeit gegenüber zwei kleinen Flecken auf einem Stück Stoff bei der Documenta als Judenfeindschaft gelten? Auch wenn die Initiative Weltoffenheit mir aus der Seele sprach – mein Wissen reichte nicht aus, um eine eigenständige Perspektive zu entwickeln. Was ist überhaupt Antisemitismus?

Antisemitismus und Juden in Deutschland

Ich begann mit der Frage, als was Antisemitismus heute angesehen wird. Eine allgemein anerkannte Definition von Antisemitismus gibt es allerdings nicht (vgl. a. Antisemitismus in Deutschland 2011: 10).

In den aktuellen Auseinandersetzungen spielten vor allem zwei Definitionen eine Rolle, die der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) und die Jerusalem Erklärung. Erstere wird dem Antisemitismusbericht der Zionistischen Weltorganisation und der Jewish Agency für 2021 zugrundegelegt. Viele Staaten und Organisationen beziehen sich auf diese Erklärung, so auch der Deutsche Bundestag bei der Resolution zur BDS-Kampagne.

Die Definition des IHRA wurde ebenso kritisiert (z.B. von Holz/Haury 2022: 18; Asseburg 2020: 295; Detjen 2022; Neiman 2022) wie die 2021 veröffentlichte sogenannte Jerusalem-Erklärung (z.B. Antonio Amadeo Stiftung 2022; Grigat 2022b).


Da die meisten Diskussionen sich um die Beziehung zu Israel drehen, konzentrieren sich neuere Publikationen von vorneherein auf den Antisemitismus im Hinblick auf Israel (vgl. Rensmann 2021 und Holz/Haury 2021. ) Während Rensmann die verschiedenen Aspekte von Judenfeindschaft bezogen auf Israel benennt, betrachten Holz und Haury „Antisemitismus als eine Selbst- und Weltsicht, in der die Identität eines Ich und Wir in ein Weltverständnis integriert ist, in dem die angeblichen Übel ‚unserer‘ Welt den ‚Juden‘ zur Last gelegt werden“ (356). Die Autoren insistieren in ihrer grundlegenden Analyse auf der Bedeutung des Kontexts, aus dem heraus und in dem eine Aussage gemacht wird. Aber dazu bedarf es zunächst der Kenntnisse über Juden in Deutschland und über den Staat Israel.


Um zu begreifen, was Antisemitismus bei der jüdischen Minderheit anrichtet, macht es Sinn, zu fragen, wer in Deutschland als Jude lebt und vom Antisemitismus potentiell betroffen ist. Die Gesamtzahl von Juden in Deutschland wurde 2019 auf 225.000 geschätzt. 2021 gehörten in Deutschland 91.839 Menschen jüdischen Gemeinden an, also weniger als die Hälfte der jüdischen Minderheit. Innerhalb der religiösen wie der nicht religiösen Judenschaft gibt es eine große Heterogenität, die sich aus der Diversität jüdischer Schicksale und Lebensentwürfe speist und sich insofern nicht von der Heterogenität anderer Gesellschaften unterscheidet, in denen Diversität zugelassen ist. Die religiösen jüdischen Gemeinschaften, Israel nahestehende Institutionen und israelische Politiker sind es allerdings, die den Diskurs über Juden in Deutschland dominieren. Diese Dominanz fordert die Kritik säkularer Juden heraus (z.B. Amtmann 2022; Neiman 2022). Das „Machtmonopol und die damit verbundene Deutungshoheit zentralisierter Institutionen oder die Idee, diese würden für alle Jüd_innen sprechen“ schließt viele Juden aus (Amtmann 2022: 106). Die Forderung: „Jüdischkeit und Zugang zu jüdischer Kultur und Community sollten nicht an die Bedingung von Religiosität oder religiöser Zugehörigkeit geknüpft sein“ (ebenda:108).
Empirische Untersuchungen könnten Belege für die Einschätzungen von Juden zum Antisemitismus erbringen. Die Befragungen der Europäischen Union von Juden zum Antisemitismus (2012 und 2018) hatten jedoch gravierende methodische Fehler: „Selbstbeteiligung, Überrepräsentanz von Teilnehmern, die durch jüdische Medien motiviert und informiert waren und starke Unterbeteiligung von Nichtmitgliedern jüdischer Gemeinden und Organisationen – etwa die Hälfte der Juden Europas“ (Brecher 2020:55f).“ Sie reproduzierten auf diese Weise „bekannte Wahrnehmungsmuster, ohne die beschränkte Aussagekraft dieser Ergebnisse zu betonen“ (ebenda).


Die jüngste Antisemitismus-Studie des Allensbach-Instituts im Auftrag des American Jewish Committee Berlin unter der deutschen Bevölkerung hat das Ziel, die Meinungen der Bevölkerung zum Antisemitismus zu erheben. Die Ergebnisse zeigen bei den Befragten „eine große Sensiblität gegenüber dem Problem des Antisemitismus“ (S.7). Antisemitische Einstellungen in der Bevölkerung haben nicht stark zugenommen, dieses Ergebnis deckt sich mit dem anderer Untersuchungen (3) , aber zwei Drittel der Befragten glauben dies. Die Forscher*innen vermuten aufgrund der Mediennutzung der Befragten, „dass das Meinungsbild in dieser Frage zumindest teilweise medienvermittelt ist.“ (American Jewish Committee 2022: 6).

Die Besonderheit der Befragung liegt in der Gegenüberstellung von Ergebnissen der Durchschnittsbevölkerung und denen muslimischer Befragter. Die Forscher*innen gingen – vermutlich auf Geheiß der Auftraggeber – davon aus, dass Muslim*innen eine besondere Gruppe von zu Befragenden darstellen, obwohl wir wissen, dass in Deutschland die größte Anzahl von antisemitischen Übergriffen und vor allem von Gewalttaten von Rechtsextremist_innen verübt werden. Vernachlässigt wird ferner, dass Muslim*innen selbst rassistischen Übergriffen und Gewalt ausgesetzt sind. Von daher erscheint die durchgängige Unterscheidung des Samples als Vorurteil gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe. Dabei sind die Unterschiede zwischen beiden Gruppen häufig gering. Das betrifft z.B. die Antworten auf die Fragen, ob Antisemitismus in Deutschland ein Problem sei und ob angemessen darüber gesprochen werde (ebenda, S 8/9). Nur 43 % der Befragten finden Juden sympathisch, aber immerhin noch 37 % der Muslime. Umgekehrt finden 25 % der Befragten Muslime sympathisch, hingegen 76 % der Muslime. In diesen Ergebnissen spiegelt sich der Kontext der muslimischen Minderheit, der „durch ein ‚rassifiziertes System gesellschaftlicher Arbeitsteilung‘ gekennzeichnet (ist), das sie zu Fremden in der Einwanderungsgesellschaft macht “ (Holz/Haury 2021: 206)(4).

Diese Studie unterscheidet sich zwar positiv von den EU-Studien im Hinblick auf Repräsentativität. Ein Online-Fragebogen kann jedoch einem so vielschichtigen Problem wie dem Antisemitismus aus methodologischen Gründen nicht gerecht werden. Differenzierte, qualitative Untersuchungen (5), wie sie derzeit im Forschungsverbund fona21 laufen, werden hoffentlich Aufschlüsse geben, ob und in welcher Weise Juden Antisemitismus erleben.


Der Staat Israel

Die Gründung eines jüdischen Staates war der Traum der zionistischen Bewegung (6), ein Resultat der Erkenntnis, dass die Diskriminierung und damit Gefährdung der Juden auch durch Assimilierungsstrategien nicht verschwand (vgl. Brenner 2020; Sznaider 2022). Die jahrhundertelang erlebte Verfolgung bis hin zur faktischen Ermordung bewirkt auch heute bei in Deutschland lebenden, jüngeren Jüdinnen und Juden das Gefühl der Unsicherheit. Durch Übergriffe bis hin zu Anschlägen wie in Halle wird es dramatisch reaktiviert (vgl. die Beiträge in Cazés 2022). Wer könnte sich anmaßen, den zionistischen Traum von vorneherein zu verurteilen?

Das Problem des Zionismus von Anfang an war der Ort, in dem der Traum realisiert werden sollte. Allmählich schälte sich das in der Bibel als Land Israel beschriebene Palästina als Ziel heraus. Dort lebten Araber*innen, deren Interessen der Zionismus und die damaligen Kolonialmächte nicht primär im Blick hatten. Das war das Verhängnis, das auch heute auf dem Staat Israel lastet: die Lebensform und Kultur der Araber*innen wie auch die schon damals prekäre Lage der Juden in Palästina nicht zu beachten. Dabei hatten doch die Nazis schon dafür gesorgt, dass Hass und Verachtung gegenüber Juden (vgl. dazu Grigat 2022a und b) geradezu gezüchtet wurden: unter anderem durch einen Radiosender speziell für die arabische Welt (vgl. Küntzel 2020).

Dessen ungeachtet wanderten ab 1880 Juden aus Europa in palästinensische Gebiete ein. Nach dem Ersten Weltkrieg übertrug der Völkerbund Großbritannien das Mandat für das Gebiet zwischen Jordan und Mittelmeer und den Auftrag, die Balfour-Deklaration zu verwirklichen, „die aber die Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina nicht beeinträchtigen sollte“. Die Kosten für das Mandat und zunehmende Konflikte zwischen den arabischen Bewohner*innen und der wachsenden Anzahl jüdischer Einwander*innen veranlassten die Briten zu einer restriktiven Einwanderungspolitik, die Juden zwang, illegal nach Israel zu kommen. Die Gründung des Staates Israel war dann das Signal für Juden, zunächst vor allem von Überlebenden aus Europa, legal in Israel einzuwandern. Für die Araber war es der Beginn einer Kolonialisierung durch eine bislang ungeliebte Minderheit (vgl. Grigat 2022a). „Israel kann als eine Formation von weißen Europäern betrachtet werden, die in kolonialistischer Weise den arabischen Raum eroberten. Israel ist aber auch gleichzeitig ein Projekt der Befreiung der Juden, die in und außerhalb Europas von den ‚einheimischen‘ Menschen unterdrückt, verfolgt und schließlich auch ermordet wurden“ (Sznaider 2022:1, vgl. a. Oz 2020).

Diese Widersprüchlichkeit wurde verschärft durch den Sechs-Tage-Krieg 1967, den die Israelis abermals gegen die arabische Übermacht gewannen. Die damals besetzten Gebiete sind ein weiterer Grund, Israel Kolonialismus vorzuwerfen.

Als die Staatsgründung anstand und direkt danach versuchten die arabischen Staaten Ägypten, Irak, Jordanien, Libanon und Syrien den Staat Israel zu verhindern bzw. zu zerstören. Arabische Bewohner*innen Palästinas flohen oder wurden vertrieben. Es handelte sich um 700 000 bis 800 000 Menschen, die das inzwischen israelische Staatsgebiet verließen. Eine etwa gleich große Anzahl von Juden wurde aus arabischen Staaten vertrieben (s.a. Grigat 2022a). Die Vertreibung der Palästinenser*innen wurde als Nakba (Katastrophe) im arabischen Gedächtnis gespeichert. Über die aus arabischen Staaten vertriebenen Juden gibt es kaum Zeugnisse in der Medienwelt (aber bei Grigat 2022a und b). Auch danach blieb die Region ein Krisenherd. Darüber hinaus gab es Unmengen von Angriffen von beiden Seiten in Israel und den besetzten Gebieten , darunter die Aufstände der palästinensischen Bevölkerung in Form der Intifadas. Der Staat Israel ist so mit nicht enden wollenden Herausforderungen einer feindlichen Umwelt konfrontiert.

Die BRD hat den Staat Israel de facto 1952, de jure erst 1962 anerkannt. Seit 1965 liefert die BRD Waffen an Israel. Immer wieder haben deutsche Regierungen die Verbundenheit mit dem Staat Israel bekräftigt. Eine Ablehnung des Existenzrechts Israels wird von der Regierung als Antisemitismus gewertet. Diese Bewertung teilen mit ihr NGOs wie die Antonio Amadeo Stiftung und Forschungsinstitute wie Allensbach. So wird ein negatives Bild von Israel in der Allensbach-Studie als antisemitisch angesehen, ohne den Kontext zu kennen, in dem diese Kritik erfolgt. Auch die Ablehnung der Staatsdoktrin Deutschlands, nach der die Sicherheit Israels verteidigt werden muss, wird als antisemitisch angesehen, ohne dass nach dem Grund für diese Skepsis gefragt worden wäre (S. 39).

Deutschland kann aufgrund seiner Verantwortung für den Genozid, und damit auch für die Stärke des Zionismus, nicht anders, als diesen Staat zu befürworten. Von Muslim*innen aus den arabischen Ländern kann man dies nicht als selbstverständlich erwarten (vgl. a. Holz/Haury). Bei ihnen spielen Narrative aus den Herkunftsländern und auch die eigene Erfahrung als diskriminierte Minderheit eine Rolle. Was bedeuten diese Fakten für die Diskussion über BDS, Amnesty und die Documenta15?


Die Vorwürfe

BDS-Kampagne

Der (jüdische) Politiker Stein und und der (jüdische) Wissenschaftler Zimmermann wiesen auf die Absurdität hin, dass die Resolution gegen BDS aufgrund der AFD initiiert wurde, die die „Altparteien“ beschuldigte, Israel nicht ausreichend zu schützen und damit den Antisemitismus zu fördern (2019:28). Die Autoren warfen den Befürworter*innen der Resolution vor, damit „von den Hauptverfechtern des Antisemitisms abzulenken“ und „dem Kampf gegen Antisemitismus“ zu schaden (S. 31).

Judith Butler, ebenfalls Jüdin, wurde 2012 bei ihrem Besuch in Deutschland zur Entgegennahme des Adorno-Preises scharf angegrifffen, als sie den Zionismus, die geistige Grundlage des Staates Israel in Frage stellte. Diese Bewertung, verbunden mit ihrer Unterstützung für die BDS-Kampagne und Bewertungen der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah als linken Bewegungen führten zu scharfer Kritik, auch der Jüdischen Gemeinde. In einem Gespräch mit Micha Brumlik verdeutlichte Butler ihre Auffassungen: Juden müssten in jedem Fall geschützt werden. Es sei aber ungewiss, ob der Zionismus die beste Lösung dafür darstelle.

Holz/Haury haben die Vertreter*innen des BDS und ihre Botschaften einer genauen Analyse unterzogen. Laut ihren Recherchen sind die Initiator*innen des BDS radikale islamistische Kräfte, darunter die Hamas und die PFLP, die auch Raketenangriffe und Suizidanschläge auf die israelische Zivilbevölkerung zu verantworten haben (S. 217). Inhaltlich impliziert BDS die Forderung, dass Israel allen aus Israel geflohenen Palästinenser*innen die Rückkehr ermöglicht. Sowohl die fehlende Bereitschaft arabischer Staaten, Flüchtlinge zu integrieren wie die demographisch unterschiedliche Entwicklung von Israelis (ohne die orthodoxen Juden) und Palästinenser*innen wird ignoriert. Holz/Haury weisen auch darauf hin, dass nicht alle BDS-Befürworter*innen allen diesen Punkten folgen. Aber die genannten Tatsachen sind Symptome von Antisemitismus, also einer feindseligen, Kriminalität unterstellenden Meinung über Juden in Israel, auch wenn eine Verletzung der Menschenrechte in den palästinensischen Gebieten, also Kolonialismus nicht bestritten werden kann. Dennoch ist der verallgemeinernde Vorwurf des Antisemitismus beim BDS falsch. Im Blick auf diese Organisation zeigt sich die ganze Problematik des Antisemitismus, der sich auf Israel bezieht: „Wir haben es zugleich mit einer in Teilen klar antisemitischen Bewegung BDS und einem instrumentalisierten Antisemitismusvorwurf, mit einem als Israelkritik erscheinenden Antisemitismus und einem inflationären Gebrauch des Antisemitismusbegriffs zu tun“ (Holz/Haury 2022: 223). Diese differenzierende Analyse zeigt, in welchen schwindelerregenden Höhen sich die Diskussion über die BDS-Kampagne in Deutschland verzettelt. Weder der Antisemtismus-Vorwurf allein noch die Kampagne für BDS treffen das Problem. Für mich heißt dies dennoch: Auch eine Befürworter*in eines Boykotts von Waren aus den besetzten Gebieten begibt sich bei einer Solidarisierung mit dem BDS in Gefahr, antisemitischen Forderungen nach der Zerstörung Israels aufzusitzen, weil dieser eben auch judenfeindliche Forderungen erhebt.

Amnesty International

In ihrem Bericht zu Menschenrechtsverletzungen durch Israel beschreibt die Organisation die Vielzahl von Repressionen, die den Begriff „Apartheid“ durch Israel begründen. Der Rassismus gegenüber den Palästinenser*innen und die Zersplitterung der palästinensischen Gebiete werden benannt. Es finden sich aber auch Statements darin, die als Feindseligkeit gegenüber Israel interpretiert werden können: Die Forderung nach Anerkennung des Rechts auf Rückkehr ist mit den gleichen Problemen behaftet wie sie schon für den BDS aufgeführt wurden.

Amnesty ist – zumindest in der Zusammenfassung – in ihrem Bericht teilweise ungenau und missverständlich. Die innerarabischen und -palästinensischen Konflikte, die eine friedliche Lösung mit verhindert haben, werden außen vor gelassen.

Der Begriff der Apartheid für die Behandlung der Palästinenser*innen ist also nicht ganz falsch. Aber er ist eben auch nicht ganz richtig, weil Südafrika und Israel eine sehr unterschiedliche Geschichte haben. Die Diskussion über den Vorwurf trug bei zu einer „Verkürzung, die im Ergebnis dazu dient, Kritik an Besatzung und Ungleichbehandlung zu delegitimieren“ (Asseburg 2020:296).

Documenta 15

Die Antisemitismus-Vorwürfe gegen die Documenta15 unterscheiden sich von denen gegen BDS und Amnesty in einem wesentlichen Punkt: Kritisiert wurde der Blick von Künstler*innen einer anderen Ethnie. Damit war die Kritik ein Angriff auf die Freiheit der Kunst und auf die Wahrnehmung Anderer, die nicht den Holocaust verursacht haben.

Die Antonio Amadeo Stiftung ist eine der Institutionen, die sich um die Benennung und Bekämpfung des Rassismus verdient machen. Beim Streit um die Documenta15 übernehmen sie allerdings Be- und Verurteilungen, die teilweise polemischen Charakter haben. So wird nicht immer unterschieden zwischen Kritik an und Hass auf Israel. Es wird zudem außer acht gelassen, dass die Kritik an Israel sich in vielen Fällen ausschließlich auf die staatliche Politik und nicht auf den Staat als solchen bezieht.

Die Behauptung „Israelhass und Judenhass sind miteinander verwoben“ (Antonio Amadeo Stiftung 2022: 9), die aus den Ergebnissen der Allensbach-Studie abgeleitet wird, ist eine Übertreibung. Denn in keinem der Statements, zu denen Ablehnung oder Zustimmung erfragt wurden, lässt sich Judenhass oder Israelhass erkennen.

Zum Ruangrupa-Kunstwerk schreiben die Autor*innen: „Die Hakennase zur Kennzeichnung von Jüdinnen*Juden ist antisemitisch.“ Dagegen setzt Philippe Pirotte: „Viele hier dargestellten Figuren in der uralten Wyang-Kult-Tradition haben auch Hakennasen, rote Augen und Vampirzähne“ (2022:20) und fügt hinzu, dass das Künstlerkollektiv sich entschuldigt habe, wenn sie Juden beleidigt oder gekränkt hätten.

Ruangrupa hat einen Fehler gemacht, weil sie die deutsche Situation zu wenig berücksichtigt haben. Die Leitung der Documenta hätte einschreiten können, ohne das Poster zu verbieten. Aber die Empörung vieler angeblicher Vertreter*innen jüdischer Interessen geht zum Einen an den schrecklichen Erfahrungen anderer Völker und Minderheiten, zum Anderen an den faktischen Problemen des Antisemitismus in Deutschland wie in Israel vorbei.

Nicht überall und nicht einmal innerhalb der ganzen Europäischen Union wird der Holocaus als universelles Zeichen verstanden. Wenn dies nicht einmal an herausragenden Schauplätzen der Shoah der Fall ist, „.. wie können wir dann von Menschen auf anderen Kontinenten und in anderen historischen Erfahrungswelten verlangen, die Singularität des Holocaust anzuerkennen?“(Wiedemann 2022: 147) Erst die Geschichte mit den Augen des jeweils Anderen zu sehen ermöglicht Empathie auch für die andere Seite (ebenda).


Fakten und Debatten

Die Meldestellen des Bundesverbandes Rias e.V. haben im Jahr 2021 2738 antisemitische Vorfälle erfasst. Darunter befanden sich 2182 Vorfälle verletzenden Verhaltens, 101 Bedrohungen, 204 gezielte Sachbeschädigungen und 182 Massenzuschriften. Mit Gewalt gingen laut dem Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt 2021 51 antisemitische Vorfälle einher. Das heißt: Auch wenn der Antisemitismus in der Gesamtbevölkerung wie auch bei Muslim*innen keine so bedeutende Rolle spielt, wie es manchmal in den Medien erscheint, gibt es Übergriffe bis hin zu Gewalt. Und jeder Übergriff ist einer zuviel in einem Land, das einzigartig in der Welt ist, was die Vernichtung von Juden angeht.


Aber die Keule Antisemitismus gegenüber Organisationen und Kulturschaffenden zu schwingen, die nicht 100prozentig auf der Linie der wahrgenommenen jüdischen Sprecher*innen liegen, lenkt von den tatsächlichen Problemen von Juden in Deutschland ab und dient einer Selbstvergewisserung als „Wir sind die Guten“ mehr als den Betroffenen.

Die Entwicklung im und um den Staat Israel wäre ein Grund, die Position der Selbstgerechtigkeit zu verlassen, denn Israel ist in Gefahr. Die Palästinenser*innen sind zwar gespalten, was die Gegnerschaft zu Israel angeht: Während die Fatah-Anhänger*innen eine friedliche Lösung anstrebten, zielt die Hamas nach wie vor auf die Vernichtung Israels, auch mit Terroranschlägen. Aber das israelische Militär und die israelische Verwaltung üben die Macht in den palästinensischen Gebieten aus. Die Situation dort ist für die Bewohner*innen eine ständige Bedrohung (vgl. Zang 2021: 18 f., 50 f., 64 f). Und auch Juden in Israel sind immer wieder Gewalt und Terrorrismus ausgesetzt.

Nicht nur in seinen Romanen hat Oz das Leiden der Israelis an dem Konflikt zum Ausdruck gebracht: „Die schon über hundert Jahre andauernden Auseinandersetzungen zwischen uns und den Palästinensern sind eine blutende Wunde, nicht nur eine blutende Wunde, sondern eine infizierte Wunder voller Eiter. Sie ist inzwischen schon zu einem Abszess geworden. So eine Wunde heilt man nicht so leicht. Das funktioniert nicht“ (Oz 2020: 12). Diese Wunde wurde durch die israelische Politik immer weiter verschärft: „Israelische Schriftsteller und jüdische Intellektuelle sehen eine ‚Erosion der Demokratie, ein Erstarken des Rassismus, das Aushöhlen des Rechtsstaates und einen immer rücksichtsloseren Einsatz von Gewalt‘ in Israel“ (Bartov 2019: 58).

Der damalige israelische Regierungschef Lapid sprach sich im September 22 bei der UN-Vollversammlung wieder für eine Zweistaatenlösung aus. Er bot sogar den PalästinenserInnen im Westjordanland an, gemeinsam die Wirtschaft aufzubauen. Nach der letzten Wahl in Israel gibt es jedoch keine Hoffnung für eine Lösung, die beide Seiten – die israelische und die arabische- zufriedenstellt.Die Zweitstaatenlösung ist durch die israelische Siedlungspolitik vom Tisch. Wie Israel überleben soll mit einer extrem rechten Regierung, die die Auflösung der Gewaltenteilung plant und Straftäter zu Ministern macht, weiß niemand.

Weder die Bundesregierung noch die jüdischen Repräsentant*innen ziehen ausreichende Konsequenzen aus der Gefahr, in der Israel sowohl von außen wie von innen schwebt. Die Bedrohungen von außen sieht Grigat (2022a, b) sehr deutlich, zumal die derzeitige Rebellion im Iran die Gefahr noch verstärkt. Aber auch von innen ist die Existenz Israel gefährdet: durch das Hintanstellen der bislang geltenden liberalen Werte und die Politik gegenüber den Palästinenser*innen.

Es ist zu befüchten, „dass Israel die jüdischen Mehrheitspositionen weltweit schwächt, gegen solche verstößt und einen Keil zwischen die jüdischen Gemeinschaften treibt. Israel bekommt eine Regierung, die rechtsextremer sein könnte als Kräfte in Europa. Entstanden ist das nicht über Nacht, sondern Resultat einer jahrelangen Entwicklung, die oft hinter anderen vorgelagerten Diskursen, wie Antisemitismus, verschwand“ (Kugelmann 2022).

Der Antisemitismus ist nicht das einzige Thema, bei dem die Welt in „Die Guten“ (=wir) und die Bösen (=die Anderen) eingeteilt wird, Gleiches geschieht z.B. bei der Debatte um Black Lives Matter (vgl. McWhorter 2022). Es bilden sich in der Ablehnung einer universalistischen Perspektive (Holz/Haury 2022) immer mehr Gemeinschaften, in denen „man sich wechselseitig der eigenen Vortrefflichkeit versichert, wie Hegel das in einer wunderbaren Formulierung genannt hat“ (Charim 2022:63). Gegenargumente müssen jedoch zugelassen werden, Ambiguität muss ausgehalten werden, um der Komplexität menschlichen Handelns und Denkens gerecht werden zu können (vgl. auch die Grundthesen von Holz/Haury 2022).

Es dürfte deutlich geworden sein, dass die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus ein Feld darstellt, in dem höchste Achtsamkeit vor Rechthaben und Selbstgewissheit stehen muss. Wird die Energie stattdessen auf die Streitkultur verlegt, wird großer Schaden angerichtet: für alle in Deutschland, aber vor allem für die Menschen in Israel.


Anmerkungen

(1) Obwohl Gender-Befürworterin verwende ich das Wort „Juden“, um Aussagen über beide bzw. mehrere Geschlechter zu machen. Sowohl vom Sprachlichen wie vom Schriftlichen her ist „Jüd*innen“ aufgrund eines im Begriff „Juden“ fehlenden Umlauts m.E. keine Lösung des sprachlichen Gender-Problems. Mit dem Wort „Juden“ sind im Folgenden alle Geschlechter gemeint. Sofern es sich ausschließlich um männliche oder weibliche Juden handelt, wird dies mit dem Zusatz eines Adjektivs kenntlich gemacht.

(2) „Lediglich 11 Prozent der Bundesbürger befürworteten das Wiedergutmachungsgesetz. 44 Prozent lehnten es rundheraus als überflüssig ab und bedienten sich hierzu eines ganzen Arsenals antisemitischer Ressentiments…“(Holz/Haury 2021: 88, Anmerkung 5). vgl. auch die erschütternden Ergebnisse zum fehlenden Schuldbewusstsein der Deutschen in Adorno/Horkheimer 1954.

(3) Die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert Stiftung ergibt einen nicht eindeutigen Befund. Die Autoritarismus-Studie der Heinrich Böll-Stiftung stellt sogar eine Reduzierung des geäußerten Antisemitismus fest. Die Unterschiede der Ergebnisse können hier nicht analysiert werden.

(4) Zitat im Zitat: Stender, Wolfram (2010): Konstellationen des Antisemitismus.

Die Ablehnung bestimmter Bevölkerungsgruppen ist laut den Ergebnissen der Studie in einigen Fällen bei der deutschen Bevölkerung ausgeprägter als bei den Muslimen (z.B. Nordafrikaner*innen, Schwarze, Türk*innen). Bei den Sinti und Roma unterscheiden sich beide Gruppen kaum. Der gemeinschaftliche Rassismus und der der deutschen Bevölkerung wird nicht thematisiert (S. 17/18).

(5) Eine tiefer gehende wissenschaftliche Arbeit würde vermutlich schon bestehende qualitative Untersuchungen zutage fördern.

(6) Einige ultraorthodoxe jüdische Gruppierungen glaubten an die Diaspora als Lebensraum für Juden bis zur Ankunft des Messias. Chassidische Juden, die in Israel leben, entwickeln auch heute gegenüber dem Staat, der ihnen Schutz gewährt, eine ignorierende Haltung. . Das ändert sich allerdings zur Zeit, da radikal orthodoxe Juden Minister geworden sind.

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Wetzel, Juliane (2020): Kampagnen um die Deutungshoheit über Antisemitismus. In: Benz 61-81

Wiedemann, Charlotte (2022): Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis. Berlin: Propyläen

Zang, Johannes (2021): Erlebnisse im Heiligen Land. Wien: Promedia

4. Januar 2022


Info: https://hildevonballuseck.wordpress.com/2023/01/04/antisemitismus-vorwurfe

09.01.2023

Nachrichten von Pressenza - 09.01.2023


Die Freude des Südens: Wir wurden nicht geboren, um zu leiden


Argentiniens Fussballteam besiegte Frankreich im Finale der Weltmeisterschaft 2022. In einem atemberaubenden Fussballspiel, welchem es weder an spektakulären Emotionen noch Fussballtalenten fehlte, errangen die Albicelestes einen wohlverdienten Sieg gegen ein Team, welches vorher als einer der Hauptfavoriten für den Titel&hellip;

http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/01/die-freude-des-suedens-wir-wurden-nicht-geboren-um-zu-leiden/


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GAIA begrüßt Januar 2023 als Internationalen Zero-Waste-Monat


Zero Waste für 0% Emissionen Die Global Alliance for Incinerator Alternatives (GAIA) Asia Pacific nutzt die Stärke der Bewegung, um den Internationalen Null-Abfall-Monat im Januar zu feiern. Durch die Nutzung ihres weitreichenden internationalen Netzwerks übernimmt GAIA mutig die Führung, um&hellip;

http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/01/gaia-begruesst-januar-2023-als-internationalen-zero-waste-monat/


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Antisemitismus-Vorwürfe Teil 3


Die Diskussion um Antisemitismusvorwürfe hilft bislang nicht den Juden, weder in Deutschland noch in Israel. Hier gehts zum Antisemitismus-Vorwürfe Teil 1 und Teil 2 Fakten und Debatten Die Meldestellen des Bundesverbandes Rias e.V. haben im Jahr 2021 2738 antisemitische Vorfälle&hellip;

http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/01/antisemitismus-vorwuerfe-teil-3/


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Vivienne Westwood war weitaus mehr als eine bahnbrechende Modedesignerin


Wir betrauern den Verlust einer brillanten Künstlerin und unermüdlichen Aktivistin. Mit großer Trauer haben wir vom Tod von Vivienne Westwood im Alter von 81 Jahren erfahren. Westwoods revolutionäre Rolle in der Mode in den 1970er und 1980er Jahren ist allgemein&hellip;

http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/01/vivienne-westwood-war-weitaus-mehr-als-eine-bahnbrechende-modedesignerin/


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Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


09.01.2023

text:


09.01.2023

FFL | Umfrage-Ergebnisse zu Panzer-Lieferungen

aus e-mail vom FFL, 9. Januar 2023, 6:22 Uhr


Liebe Freundinnen und Freunde des Friedensforums Lahr!


Hier eine aktuellen Umfrage-Ergebnisse zu den Panzer-Lieferungen ans

ukrainische Militär. Da bleibt Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann (KMW)

und Konsorten noch viel Propaganda-Arbeit... Wie hatte der 'spiegel'

(Nr. 47 v. 20.11.2006) so hübsch auf der Titelseite gefordert: "Die

Deutschen müssen das Töten lernen."


Einen herzlichen Gruß

    Klaus Schramm

    für das

    Friedensforum Lahr


    www.friedensforum-lahr.de


+++

Die "rot-grün-gelbe" Bundesregierung hatte ihre Entscheidung, rund 40

Marder-Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern, am Donnerstag, 5.

Januar, verkündet. Diese Lieferungen finden 49 Prozent der Menschen in

Deutschland einer Umfrage zufolge eher falsch. 40 Prozent finden sie

laut der Befragung des Meinungsforschungsinstitutes Insa eher richtig.

Die Lieferung von Kampfpanzern lehnen 50 Prozent ab, 38 Prozent sind dafür.a

09.01.2023

Das Buch der guten Werke 1914-1918

seniora.org, 09. Januar 2023

Die Jahrzahl 1914-1918  – furchtbarstes Datum neuerer Geschichte!  – macht es uns bitter schwer, an Gute Werke dieser Zeit zu denken.

Mit einem Vorwort zusammengestellt und herausgegeben von Bernhard Diebold 1932 im Societäts-Verlag Frankfurt am Main

Zitat: Denn eine ganz andere fatale Art von Werken wurde damals in der Welt getan, vor deren Zahl die guten Werke winzig klein geworden sind. Aber wie nur zehn Gerechte die tausend Verbrechen der Stadt Sodom entsühnen könnten, um durch ihr Beispiel unseren Glauben an das Menschliche im Menschen zu erhalten, so geschahen auch im Weltkrieg ein paar gute Werke als Gegenbeispiel und Ausnahme zur Regel des Krieges.


Bernhard Diebold

Dieses Buch enthält als Auswahl aus einer vielfachen Fülle einhundertsechsundsechzig Beiträge von Zeitgenossen des großen Krieges, die es für ihren schwer erschütterten Menschenglauben als einen bescheidenen Trost erachten, daß sie während der Jahre der Vernichtung von 1914 bis 1918 einmal ein gutes Werk an sich erleben durften. Es sind Leute aus allen Lagern der Nation, des Standes, der Rasse und Partei, die dieses Trostes bedürftig sind: Kaufleute, Arbeiter, Beamte, Lehrer, Handwerker, Angestellte. Offiziere.


Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Freunde, "Gute Werke" klingt religiös und trifft nicht den wahren Kern der Sache: Es geht um menschliche, menschenfreundliche Reaktionen im Kriegsgeschehen des Ersten Weltkriegs. Im WW1 waren ja die Gegner genauso blindwütig und idiotisch gegeneinander aufgestachelt worden, wie das jetzt wieder im Ukrainekonflikt gemacht wird, insbesondere von deutscher Seite. Der Autor Bernhard Diebold verfasste sein Werk 'der Völkerversöhnung statt Krieg' 1932, ist Schweizer und Jude. Er verstarb 1945 in Zürich. Wir erhielten den Hinweis zu diesem Buch mit Dank von unserem treuen Seniora-Leser und Mitdenker Wolf Gauer aus Südamerika, der sich über unsere Idee gefreut hatte, in Zukunft vermehrt auch Texte zu bringen, die das mitmenschliche Zusammengehörigkeitsgefühl ansprechen und den oft angsterzeugenden Kriegs- und Katastrophenberichten etwas entgegensetzen. Herzlich Margot und Willy Wahl


Dieses Buch beweist mit seinen vielen Stimmen, daß ein Mensch inmitten der entsetzlichsten Gefährdung seiner Menschlichkeit, nämlich im Kriege, dennoch die Stimme seines Herzens zu hören vermag in dem Getöse, das alle Ohren des Gefühls betäuben sollte. Und es ist sonderbar und wunderbar, daß diese leise Stimme von innen oft noch vernehmlicher zu unserem Krieger redet als die Todesgefahr, als das lauteste Kommando und die nur harte Pflicht gebietende Uniform.


So geschahen denn neben den Taten der soldatischen Pflichterfüllung und gegen alle Kriegsvernunft auch jene regelwidrigen Werke der Aufopferung und der kameradschaftlichen Gesinnung, die nicht nur geschehen sind von Kamerad zu Kamerad der eigenen Nation, sondern von Feind zu Feind. In Etappe, Gefangenschaft und Lazarett, ja selbst im Niemandsland zwischen den blutigen Gräben haben die offiziellen Feinde sich plötzlich nicht mehr als Feind erkennen können, sobald sie nicht als namenlose Massen gegen sich anstürmten, sondern auf einmal als mitleidender Einzelmensch dem leidenden Einzelmenschen von der anderen Seite gegenüber standen.


Und nichts beleuchtet krasser die seelische Zwiespältigkeit des Kriegers, der den beim Sturmangriff soeben noch mit schwerer Verwundung niedergekämpften Feind einen Augenblick später in die Arme nimmt, labt und die selbstgeschlagenen Wunden verbindet. Im einzelnen Erlebnis wird die krasse Sinnlosigkeit dieser doppelten Moral noch zur viel größeren seelischen Verblüffung als in dem riesigen Kontrast von Kriegs-Maschinerie und Sanitäts-Maschinerie, die beide der gleichen obersten Befehlsgewalt unterstellt sind: die mit der einen Hand mit aller Sorgfalt zu heilen sucht, was die andere Hand soeben noch brutal vernichten wollte.


So widersinnig müht sich der moderne Kriegsgott um Tod und Leben. Er ist kein großer Gott mehr, dieser alte Mars, der mit dem roten Kreuz geschmückt auf blutigroten Tod ausgeht. In der Mechanik seiner Massenarbeit kennt er den Feind nicht mehr als Krieger, nur als Zahl. Und vor der Zahl der Massen steht er nun ohne den echten Haß von Feind zu Feind im Zwange seiner Uniform. Und nur die Uniform kennzeichnet ihn dem Gegner als den Feind, den man vernichten soll.


Aber in dieser Uniform stecken zu gleicher Zeit zwei ganz verschiedene Seelen des nämlichen Mannes. Die eine Seele gehört dem Soldaten und untersteht der allgemeinen Pflicht: das Herz wird unempfindlich in der Disziplin, um all das Grauenhafte zu ertragen. Man tötet jenseits seiner anderen Seele. Ein toter Soldat ist eine tote Uniform. Die andere Seele aber bleibt die private des Mannes im Zivilanzug, der außerhalb der zwingenden Regel des Krieges sich vor den eigenen Waffentaten seiner Hand entsetzen würde. Zweierlei Mensch lebt in der Uniform, sofern ihr Träger nicht als soziales Menschgeschöpf entartet ist. Ach so oft nur vergaß der Mann der Uniform den Doppelgänger seiner nackten Seele!


Dieses Buch hat keine Tendenz; denn es gilt nur der Versöhnung. Jede Tendenz erzeugt eine Gegentendenz: neuen Krieg. Dieses Buch ist nicht »gegen«! Dieses Buch ist nur »für«! Und zwar für die Versöhnung jener, die nach diesem Kriege sich immer noch zu nationalem oder politischem Haß, um eben dieses Krieges willen, verpflichtet glauben. Bücher des Friedens, Filme der Abschreckung vom Kriege, treiben gegen ihre tiefere Absicht die feindlichen Gruppen gegeneinander. Dieses Kriegsbuch aber versucht die » positive Methode«, die nicht abschreckt vom Gegner, sondern ihn uns verbindet. Es will den unvermeidlichen Streit der Gesinnungen an jener Stelle überbrücken, wo jeder politische Gegner dem Gegner die Hand reichen darf in jenen Ernstfällen der Menschenprüfung, wo selbst der nationale Feind dem Feinde   – unter weit schlimmerer Bedrängnis   – Gutes tat.


Es sind zum größten Teil nicht unerhörte Heldentaten der Humanität, die hier gesammelt werden konnten. Auch die Liebeswerke der neutralen Länder, des Roten Kreuzes und der Quäker, die während dieser Schreckensjahre die einzige Vermittlung von Feind zu Feind und die Fürsorge für die Notleidenden im Hinterland auf sich nahmen, bleiben hier unerwähnt, weil hier die Tat von Mensch zu Mensch, von Feind zu Feind verzeichnet werden soll. O diese Tat ist oft nur klein und wäre unter friedlichen Verhältnissen nicht mehr als selbstverständlich.


Aber es herrschten 1914-1918 die für keine Situation und kein Gefühl mehr selbstverständlichen Verhältnisse des Krieges! In vielen dieser Geschichten ist oft das gute Werk nur eine winzige Kleinigkeit, die aber riesengroß wird in der Seele eines Unglücklichen und wie ein kleiner Stern ihm aus der schwarzen Welt herausleuchtet. Ein paar gute Worte eines Lagerkommandanten empfinden die Gefangenen als größte Wohltat an ihrem verlorenen Selbstgefühl. Doch nur: weil dieses arme kleine Wort des Feindes im Zwang des Kriegs nicht statthaft, ja vielleicht verboten, auf jeden Fall ganz außerordentlich und verblüffend war. Ein paar Zitronen für ein krankes Kind aus einer feindlichen Soldatenhand können für einen Augenblick das Evangelium der Liebe bedeuten.


So groß ist der Kontrast der Liebe und des Krieges. Das Unerwartete schafft Wunder. Aus der Wüste quillt ein Quell. Halbwilde Beduinen schenken verschmachtenden Gefangenen in Afrika ein paar Säcke Datteln. Feindliche Flieger werfen einen Kranz über die Linien zur Ehrung des gefallenen Kameraden von drüben. Ein Rabbiner hält dem sterbenden Gegner stundenlang das Kreuz Christi vor die erlöschenden Augen. Württembergische Soldaten stehlen in der Lombardei aus ihrem eigenen Lager Holz für ein altes frierendes Mütterchen. Ein deutscher Major sorgt für Tierschutz im besetzten Belgien. Für einen Schluck aus der Feldflasche küßt ein verwundeter Russe seinem Feind dreimal die Hand und macht ein Kreuz darüber, weil er sie segnen will mit dem heiligsten Zeichen, das er kennt   – so riesengroß und wunderbar erscheint ihm diese kleine, kleine Tat. Denn er ist namenlos verwundert und in seiner primitiven Welt erschüttert, daß der »Unmensch aus höherer Pflicht«   – ganz gegen jeden Sinn des Krieges der Soldaten gegen die Soldaten   – auf einmal ein völlig anderes Gesicht erhält: es ist das Antlitz jenes seelischen Doppelgängers ohne Uniform.


Der widersinnige Kontrast von Vernichtung und Rettung wird ihm zum unvergleichlichen Wunder. So mancher Begleitbrief dieser Einsendungen schließt im Bewußtsein seines kleinen Inhalts mit den Worten: »Das war zwar keine Heldentat, aber ...« Und dieses »aber« weist in oft ungelenken Worten hin auf die Unbegreiflichkeit der Güte eines Menschen, der doch töten muß; auf die wunderbare Verwandlung des Menschen aus einem Töter des Lebens in einen Helfer des Lebens. Durch dieses Wunder der Verwandlung wird alle Großheit oder Kleinheit einer guten Tat auf bösem Schauplatz relativ und untersteht einem äußerlich nicht wägbaren Maß der Seele.

Die gute Tat ist nicht allein zu messen nach dem Geber, sondern auch nach der Gesinnung des Empfängers. Denn die empfangene Wohltat war oft unendlich größer als die gegebene Gabe. Und Geben macht oft seliger als nehmen. Die gute Tat hat zwei Hände: die des Empfängers und die des Gebers. Die Hand des Gebers schenkt durchaus nicht immer aus dem Impuls einfachsten Menschgefühls. Wir kennen die Handlungen der soldatischen Ritterlichkeit, das echte Sportsgefühl der Fairneß, das auf Erziehung und Kultur beruht.


Es sind Taten einer bewundernswerten Disziplin, vor denen aber die nicht minder »fairen« Taten jener einfachen und namenlosen Muschiks, Landser, Poilus und Tommys, die jener Erziehung zum Gentleman hier nicht bedurften, nur noch erstaunlicher erscheinen. Und es gibt auch Taten der nackten Eitelkeit des Edelmuts   – die aber immer noch weit besser ist als jene Eitelkeit der muskelstarken Brutalität im Sinne der Kaserne, die »die Vernichtung des Feindes um jeden Preis« befahl und sie an armen Kriegsgefangenen übte. Frontkrieger, die der tödlichen Vernichtung nahe waren, verstanden jene Art von Heroismus nicht mehr   – vom echten Major bis zum echten »Mann«. Auf den echten Mann kommt es an! Die Uniform ist eine Haut mit Dienstabzeichen. Darunter steckt der »Kamerad« oder der Unmensch.


Dieses Buch ist eine Auswahl von vielen hundert Bekundungen des Dankes an den feindlichen Helfer oder des Dankes an das Schicksal: daß unter Tausenden von Greueln die eine gute Tat geschehen durfte. Es ist kein Buch der Literatur   – denn kaum ein Dutzend Schriftsteller hat sich gemeldet   – sondern ein Buch der Erlebnisse und Bekenntnisse. Wenige davon sind in gepflegtem Stil gehalten; manche Schriftstücke zeigten eine ungeübte Hand und eine Rechtschreibung, die von der geistigen Einfachheit des Autors deutlich Kunde gab.


Auch erfahren wir, daß die Ausdrücke des Krieges sich immer noch erhalten haben: die Gulaschkanone; der Affe (Tornister); der Pudel (Bouteille, Feldflasche); das tote Niemandsland zwischen den Fronten; das Nix bum-bum! des Mannes, der nicht mehr schießen will; der Ausruf Guerre finie! zwischen zwei Feinden; und endlich jene geheimnisvolle »Sanitätsstunde«, während der die beiden Feinde ihre Verwundeten und Toten sammelten in der Stille zwischen den Schlachten. Manche baten den Herausgeber, er möge ihr schlechtes Deutsch in gutes Deutsch verwandeln.

Aber diesen Gefallen hat ihnen der Herausgeber durchaus nicht da getan, wo das ungelenke Deutsch viel weniger schlecht als schlicht war. Er hat zwar manches in der Erzählungsfolge umstellen müssen; hat manchen großen Strich durch die Schilderung der Schlacht gemacht; hat auch manchen Ort, manche Regimentsangabe und leider auch manchen Namen eines guten Täters streichen müssen, um einer überstrammen Militärbehörde und zivilem Denunziantentum nicht durch dies »Buch der Guten Werke« noch vierzehn Jahre nach dem Krieg womöglich einen Fingerzeig zu geben: daß hier ein Mensch gegen die höhere Disziplin sich ganz privat das einzig Menschenwürdige an vorschriftswidriger Humanität geleistet hat.


Bis auf solche Art von Aenderung und Kürzung der Berichte sollte der persönliche Ausdruck dieser »guten Krieger« von 1914-1918 möglichst bewahrt werden   – auf die Gefahr hin, daß gerade die literarischen Leser so manchen Satz sentimental, aufschneiderisch und romantisch finden werden. Aber der Literat hat es kraft seiner Hebung so viel leichter, sein eigenes Bedürfnis nach Sentiments und nach romantischer Selbstbespiegelung in die vornehmste Sprache der Gefühlsdistanz und der Bescheidenheit zu übersetzen; und er bedarf nicht wie die einfachen Gemüter der Ausdrucks-Muster aus dem sentimentalen Zeitungs- und Romanstil. Nicht jede Sentimentalität ist falsches Gefühl. Nicht alles Fabulieren ist Aufschneiderei. Auch die unglaublichsten Geschichten von Zufällen können so wahr sein   – ja so wahr wie das Leben.


Natürlich gab es unter den Abgewiesenen auch Erzähler aus purer Ichsucht und Eitelkeit. Da schrieb wahrhaftig ein Neutraler: wie er im Schnellzug zwischen Basel und Frankfurt für einen Schwerverwundeten von seinem wohlerworbenen Sitzplatz aufgestanden sei! und meint nun, diese außerordentliche Opfertat müsse im »Buch der Guten Werke« für die Ewigkeit und einen Platz im Himmel aufgehoben werden. Und aus dem ehemals deutschen Polen beginnt ein Brief: »Hiermit sende ich Ihnen einige Heldentaten, welche ich während des Weltkrieges als aktiver Soldat geleistet habe«. Und ein anderer schreibt im Wahne seines Selbstgefühls: »Da sprang ich aus dem Graben, um dem Kriege ein Ende zu machen!«


Aber auch bei diesen Beispielen ist eine üble Selbstbespiegelung zu unterscheiden von dem naiven Selbstgefühl des Mannes, der sein Erlebnis zwischen Feind und Feind sich und dem anderen hier verewigen wollte; oft nur damit auf diesem Wege sein ehemaliger Schützling oder Wohltäter von ihm erfahre. Immer wiederholt sich dieser Wunsch in den Begleitbriefen, dem Feindes-Kameraden von damals den schuldigen Dank zu erstatten, da ja der Name und die Adresse vergessen, oder der Zettel mit der Bleistiftaufschrift im Kriegsbetrieb verloren worden sei. Es kamen Dankesbriefe vom Bürgermeister eines besetzten Dorfes an Stabsärzte, die sich für die »feindlichen« Einwohner aufgeopfert haben. Es kamen Briefe von ehemaligen Gefangenen an ihre Quartierleute. Auf einer Visitenkarte danken die Offiziere eines französischen Brigadestabs dem bayrischen Unteroffizier, der sie auf dem Verwundetentransport in gute Obhut nahm, wobei der Dank genau so ehrt wie die Hilfe.


Die große Masse solcher kleinsten Züge der Humanität ergeben schließlich die ganze Erkenntnis: daß unter tausend Teufeln des Krieges neunhundert nur gezwungene arme Teufel waren.

Die im Kriege menschen-mögliche gute Tat besteht nur in wenigen Grundformen: Hilfe an Verwundeten, Schutz eines Schwachen, Fürsorge für Zivilbevölkerung, Milderung des Gefangenenschicksals. Diese Grundformen variieren je nach Schauplatz, Land, See, Luft; je nach Nationalität; je nach Rasse und Temperament der Beteiligten. Aber trotz dieser Aehnlichkeit der meisten kleinen oder großen Werke, sind sie im Einzelnen doch so verschieden wie alle Handlungen des Alltags, die sich auch täglich immer wiederholen und dennoch niemals seelisch gleich sind.


Immer wieder ist es der Trunk aus der Feldflasche, die Bergung im Geschützhagel, die letzte Zigarette im gemeinsamen Granatloch, die Münze oder der Ring als Dank für Hilfe in höchster Not. An dieser Aehnlichkeit der Situationen erkennt man, wie die Menschen in der ganzen Welt sich plötzlich gleich werden: wenn sie nur guten Herzens sind und sich in gleicher Not und gleicher Primitivität der peinlich anspruchlosesten Bedingungen des Lebens zusammenfinden.


Vor dem kostbaren Schluck aus der Feldflasche wird dem Verdurstenden der Wert von Aktienkapital oder »Weltanschauung« so völlig unwertbar wie dem, der arm ist an materiellen oder geistigen Gütern. In letzter Bedrängnis werden Brot und Wasser, oder ein Päckchen Verbandzeug zum größeren Friedensstifter als alle Garantieverträge. Diese Versöhnung von Mann zu Mann und Feind zu Feind gilt es in diesem »Buch der Guten Werke 1914-1918« festzuhalten.


Allerdings: der Krieg besteht durchaus nicht aus den Guten Werken. Sondern die guten Werke geschahen trotz des Krieges! Und für die allerwenigsten ward die Disziplin des Krieges auch zur moralischen Anstalt und zu jenem Stahlbad pflichtfreudiger Männlichkeit. Es wurden Tausende von guten Werken getan. Aber auf zehntausend gute Werke kamen zehn Millionen Tote, die nicht an guten Werken sterben mußten. Und wenn ein guter Feind dem eben blutig bezwungenen Gegner mitleidig das Bajonett aus den Eingeweiden zog, so war die entsetzliche Voraussetzung der guten Tat, daß man sich eben vorher Bajonette in den Leib gestoßen hatte. Und von zehn steckenden Bajonetten wurde wohl nur eines herausgezogen!


Die »Regel« des Krieges ist die grausamste, die je aufgestellt wurde, und was hier »gutes Werk« genannt wird, geschah im allgemeinen außerhalb der Kriegesregel; geschah meistens sogar gegen den harten Anspruch an die Entherztheit des Menschen, die in der militärischen Sprache so gerne zur Beherztheit umgedeutet wird. Dies stille Buch verlangt ganz stille und langsame Leser, damit sie vor der Kleinheit der guten Geschehnisse im großen Weltkrieg sich jederzeit die allgemeine und allmächtige Not vergegenwärtigen, vor der so unscheinbare gute Dinge zu sichtlich Guten Werken wachsen konnten. Hinter diesen kleinen Geschichten des Friedens aber tobt der rohe Krieg und der böse Tod. Nur vor dem blutigen Vorhang gewinnt das kleine Spiel der guten Krieger seine menschliche Bedeutung.


Dies Buch dient allen Nationen und ist doch ein deutsches Buch. Von Hundertsechsundsechzig Stücken stammen in dieser Auswahl hundertfünfundfünfzig Berichte von deutsch sprechenden und deutsch schreibenden Kriegsteilnehmern. Von diesen deutschen Schreibern redet nur etwa ein Drittel von Taten deutscher Soldaten, während die doppelte Zahl die Humanität des einstigen Feindes rühmt! Franzosen, Engländer, Russen und die weitere Entente vom Amerikaner bis zum Neger. Nachdem allein von deutscher Seite aus die guten Werke aller ehemals feindlichen Nationen willig gerühmt und dankbar geschildert werden, darf dieses aus dem Volke heraus entstandene Buch als wahres Dokument des Friedens gelten.


Quelle: https://www.projekt-gutenberg.org/diebold/gutwerke/chap001.html


Bernhard Diebold

Geboren am 6. 1. 1886 in Zürich; gestorben am 9. 8. 1945 in Zürich.

Nach einem abgebrochenen Jurastudium war Diebold bis 1908 Schauspielvolontär in Wien; danach studierte er Philologie und Theaterwissenschaft in Wien, Berlin und Bern (dort Promotion 1912). 1913-1917 arbeitete er als Dramaturg in München, anschließend in Berlin als Feuilletonredakteur der »Frankfurter Zeitung«. 1935 zog er als Jude sich nach Zürich zurück.

Quelle: Killy Literaturlexikon

 

Bernhard Diebold

Als das Theater der Kaiser, Toller und Brecht in den zwanziger Jahren seine grosse Zeit erlebte, war dies zugleich auch die Sternstunde der deutschen Theaterkritik. Und einer der bedeutendsten Kritiker neben Julius Bab, Alfred Polgar und Alfred Kerr war damals der Berliner Redaktor der Frankfurter Zeitung, Dr. Bernhard Diebold. Der gebürtige Zürcher galt nicht bloss als unbestrittener Fachmann für das expressionistische Drama, er sprach auch in Sachen Film ein gewichtiges Wort mit, und seine Haltung war politisch ebenso kompromisslos wie künstlerisch unbestechlich. 1928 nahm er den Fall Wagner vor den nationalistischen und rassistischen »Verehrern« in Schutz, und noch 1932 wagte er es, ein Buch der guten Werke herauszugeben, das mit allem Nachdruck Völkerversöhnung statt Krieg forderte. Keine Frage, dass Diebold, der dazu noch jüdischer Konfession war, nach 1933 Deutschland verlassen musste. So kam er, halb Heimkehrer, halb Emigrant, nach Zürich zurück, und wer den imposanten Mann, der auf demütigende Weise das Romanische Café mit dem Odéon hatte vertauschen müssen, nach 1935 näher kannte, der wusste, dass er in seinem besten Streben innerlich gebrochen war.

Quelle: http://www.linsmayer.ch/autoren/D/DieboltBernhard.html


Info: https://seniora.org/wunsch-nach-frieden/der-wunsch-nach-frieden/das-buch-der-guten-werke-1914-1918

09.01.2023

Anton Hofreiter erfindet sich neu

taz.de, vom 31. 12. 2022, Von Tobias Schulze

Vor einem Jahr war der Grüne der große Verlierer der neuen Ampelkoalition: Statt in einem Ministerium, landete Hofreiter in der dritten Reihe. Dann begann der Krieg in der Ukraine

Fordert Waffen für die Ukraine und kann das auch begründen: Hofreiter vor der russischen Botschaft in Berlin Foto: Amin Akhtar/laif


Als Anton Hofreiter zum Jahresende Bilanz zieht, trifft er eine erfreuliche und eine niederschmetternde Feststellung. Die erfreuliche zuerst: „Mir als Person geht es gut.“

Hätte anders kommen können. Vor zwölf Monaten war Hofreiter die tragische Figur der Ampel. Jetzt aber, an seinem vorletzten Arbeitstag des Jahres, als er im Bundestag zum Gespräch empfängt, macht er einen aufgeräumten Eindruck. Alleine stehen lassen will er den Satz trotzdem nicht. Er fügt ein „aber“ an und es folgt der niederschmetternde Teil: „Die Weltlage ist nicht schön und man kann die Sorge haben, dass das nächste Jahr noch schlimmer wird.“ Damit ist er schon wieder bei seinem neuen großen Thema: Er befürchtet, dass Russland keines seiner Kriegsziele aufgegeben hat, einen neuen Angriff auf Kiew plant und zuschlägt, sobald die neuen Rekruten ausgebildet sind – falls nicht vorher genug Waffen an die Ukraine geliefert werden.

Man sollte immer mit dem Schlimmsten rechnen: Das, sagt Hofreiter, hat er in diesem Jahr gelernt. Nicht noch mal soll ihn etwas so überraschen wie der russische Angriff am 24. Februar, den er so großflächig, an drei Fronten, nicht erwartet hatte; der im Großen die Weltlage und das Leben von Millionen Ukrai­ne­r*in­nen durcheinandergewirbelt hat, im Kleinen aber auch seine Pläne.

Im Januar sieht es für den Oberbayern nach einem ruhigen Jahr aus. Er ist neu in seinem Job als Vorsitzender des Europa-Ausschusses, der in der Hierarchie des Bundestags nicht weit oben steht. Ein beschauliches 2022: Vielleicht wäre das für Hofreiter auch nicht schlecht nach acht Jahren als Fraktionschef und der Enttäuschung bei der Regierungsbildung. Verkehrsminister oder Landwirtschaftsminister, beide Ämter waren nach der Bundestagswahl in Reichweite – bevor Robert Habeck in letzter Minute den Realo Cem Özdemir als Minister durchsetzte. Für Hofreiter ging es statt nach oben in die dritte Reihe.

Bis zum 24. Februar. „Die anderen Sachen waren erst mal völlig weggeblasen“, sagt er über die Zeit nach Kriegsbeginn. Innerhalb weniger Wochen entsteht in der Öffentlichkeit ein neues Bild von Anton Hofreiter. Schnell ist der 52-Jährige ein Symbol, der Inbegriff der neuen Grünen, die von allen Parteien am leidenschaftlichsten für Militärhilfe werben.

Es ist eine Rolle, die Hofreiter für die Medien wieder interessant macht. Auf die Aufmerksamkeit, die ihm als Fraktionschef sicher war, muss er jetzt nicht verzichten. Als Maßstab kann man die Nachrichtenagentur dpa nehmen: In 190 ihrer Meldungen kommt Hofreiter in diesem Jahr vor, nur 30 weniger als im Vorjahr.

Man sollte aber nicht glauben, dass ihn das Verlangen nach Aufmerksamkeit so eifrig nach Panzern rufen lässt. Zumindest ist es das nicht allein. Es ist kein Zufall, dass es bei den Grünen kaum Kontroversen über die Waffenlieferungen gibt. Die Partei hat sich über Jahrzehnte ans Militärische rangerobbt, Hofreiter war die ganze Zeit dabei. Als Vorsitzender des Kreisverbands München-Land nahm er 1999 am Parteitag zum Kosovokrieg teil. Er stimmte für den Antrag des Vorstands, der es der Bundeswehr erlaubte, weitere Angriffe zu fliegen. Später erlebte er in den langen Oppositionsjahren in Berlin, wie die Grünen Kriterien für Militäreinsätze erarbeiteten, denen sie zustimmen würden.

Das ist der Hintergrund, vor dem man Anton Hofreiters Neuerfindung betrachten muss. Allerdings: Als besonders stürmisch fiel Hofreiter in all diesen Debatten nie auf, auch intern nicht. Was kam also dieses Jahr dazu?

Vieles hat mit seinem Ausschuss zu tun. Wer im Bundestag für die Europapolitik zuständig ist, hat naturgemäß viel mit Ver­tre­te­r*in­nen anderer EU-Staaten zu tun. „Es weitet den Blick“, sagt Hofreiter über den Austausch mit ihnen. „Dann fällt einem auf, dass Deutschland ein ähnliches Problem hat wie die USA: Wegen der eigenen Größe und Bedeutung berücksichtigt man die internationalen Debatten zu wenig und die nationalen zu stark.“

Manches hat man dann früher auf dem Schirm als andere. Der russische Truppenaufmarsch beschäftigt Fach­po­li­ti­ke­r*in­nen schon Wochen vor dem Krieg. Am Abend des 23. Februar ist klar, dass es ernst wird. Hofreiter erzählt, dass er sich den Wecker damals extra früh stellt. Um 5 Uhr liest er in den Eilmeldungen, dass der Angriff massiver ausfällt, als er beim Schlafengehen erwartet hat. Als sich wenige Stunden später die Grünen-Fraktion zu einer Videokonferenz trifft, fordert er schon Waffen. So weit sind noch nicht alle Abgeordneten. Ab jetzt ist Hofreiter oft vorne dran.

Auch mit den Reisen. Als einer der ersten Bundespolitiker fährt er im April in die Ukraine. Im November folgt eine zweite Reise. In Kiew steht ein Abendessen mit befreiten Kriegsgefangenen auf dem Programm. Einer erzählt, wie er im Gefecht einen Arm verlor, in die Hände der Russen geriet und gefoltert wurde. „Ich habe danach nichts mehr runterbekommen“, sagt Hofreiter.

Natürlich nimmt er von solchen Reisen auch mit, welche Waffen sich die Ukrainer wünschen. In Deutschland hat er sich Ex­per­t*in­nen gesucht, die er bei militärischen Fachfragen anruft. Hofreiter stürzt sich gern in Fakten – früher bei der Biodiversität, jetzt eben bei den Panzern. Eigentlich eine gute Angewohnheit. Es kann aber befremdlich wirken, wenn Hofreiter jetzt Waffengattungen runterrattert, statt bedrohte Tierarten. Er lerne so was nicht gern, beteuert Hofreiter. „Man sollte das als Ausschussvorsitzender nicht wissen müssen“, sagt er. „Traurigerweise muss man es aber doch, weil einem aus der Regierung immer wieder Argumente vorgehalten werden, die sich als falsch herausstellen, wenn man sie überprüft.“

Man kommt dann schnell zu Olaf Scholz, mit dem sich Hofreiter in diesem Jahr kein einziges Mal persönlich getroffen hat, der aber doch zu seinem Antagonisten wurde. Sein Verhältnis zum Kanzler stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. 2019 verhandelten Winfried Kretschmann und Hofreiter vor einer Bundesratssitzung mal mit Scholz über den CO2-Preis. Die FAZ schrieb, der damalige Finanzminister habe ein Konzept der beiden demonstrativ in den Müll geschmissen. Hofreiters Erinnerung weicht nur im Detail ab: Das Papier sei unterm Tisch gelandet.

Dabei haben die beiden Männer eines gemeinsam: Immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, ist in der Ukraine-Politik auch zu einer Prämisse des Kanzlers geworden.

Am Abend des 23. Februar ist klar, dass es ernst wird. Hofreiter erzählt, dass er sich den Wecker damals extra früh stellt

Bei Scholz ist das Schlimmste ein Atomschlag der Russen. Er will das nicht provozieren. Damit begründet der Kanzler, warum er der Ukraine keine Kampfpanzer gewährt. Bei Hofreiter dagegen ist ein Atomschlag kaum vorstellbar, zu gravierend wären die Folgen für Russland selbst. Das Schlimmste ist für ihn ein russischer Sieg und ein neuer Krieg an anderer Stelle. Folgt man dem Gedanken, dürfte man bei Kampfpanzern noch nicht mal aufhören. Es sind zwei konträre Perspektiven, und aus jeder wirkt die andere brandgefährlich.

In einem Punkt nimmt sich Hofreiter inzwischen zurück. Er mosert zwar gelegentlich weiter über den Kanzler und dessen EU-Politik. „Wenn man in Europa unterwegs ist, merkt man, dass es da einfach an Gespür für die anderen Länder mangelt“, sagt er zum Beispiel. Er geht Scholz aber seltener so frontal an wie noch im April. „Das Problem ist im Kanzleramt“, sagt er damals in einem RTL-Interview.

Spitzen-Grüne lassen in den Tagen danach kaum eine Gelegenheit aus, sich von Hofreiter zu distanzieren. Er hat gegen einen Grundsatz verstoßen, mit dem die Grünen gut gefahren waren und den sie jetzt gerne auf die Koalition ausdehnen würden: Konflikte intern austragen, nach außen geschlossen auftreten. Nur hat Anton Hofreiter darauf keine Lust mehr. Als Fraktionschef musste er lange genug Rücksicht nehmen. Minister durfte er trotzdem nicht werden. Also redet er jetzt offener – was die Partei nicht mehr gewohnt ist. „Wenige reden noch gut über ihn“, schreibt der Spiegel im Sommer.

Am Jahresende hat sich das gelegt. Die Grünen haben in der Zwischenzeit festgestellt, dass in der Ampel gar nicht alle so nett über sie reden, wie sie über die Ampel. Hofreiter ist nicht mehr der Einzige, der gelegentlich zurückschlägt. Auf der anderen Seite hat er eben einen halben Gang zurückgeschaltet. Er sagt nicht, dass er es übertrieben hat. Er sagt, dass im Bundestag das Maximum erreicht sei, seitdem die Abgeordneten Ende April für die Lieferung schwerer Waffen stimmten.

Auf jeden Fall ist er heute nicht der Paria der Grünen. Trifft man als Reporter auf den Fluren des Bundestags zufällig den Grünen-Vorsitzenden Omid Nouripour, wenn man gerade auf dem Weg zum Gespräch mit Hofreiter ist, weiß der bei der Ankunft ein paar Minuten später schon, was man den Parteichef gefragt hat („Wird der noch mal was?“) und was der Parteichef geantwortet hat (leider vertraulich).

Die Frage ist nicht abwegig. 2023 müssen die Grünen ihre Spit­zen­kan­di­da­t*in­nen für die Europawahl bestimmen. 2024 dürfen sie vielleicht einen EU-Kommissar bestimmen. Hat Hofreiter Interesse? Hätte er den nötigen Rückhalt? Hofreiter will nicht den Eindruck erwecken, dass ihn solche Fragen sonderlich beschäftigen. Zu seinen Chancen sagt er nur: „Man wird schauen, was die Zeit bringt.“ Auch das vergangene Jahr sei ja anders verlaufen, als man dachte.


Info: https://taz.de/Portraet-Anton-Hofreiter/!5901694&SuchRahmen=Print


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

09.01.2023

NATO: vom Verteidigungsbündnis zum Angriffspakt

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg will künftig auch präventiv angreifen dürfen: Im Bild online mit der University South-Florida © NATO (Bild)

globalbridge.ch, 07. Januar 2023 Autor: Christian Müller in Geschichte, Medienkritik, Militär

(Red.) Unter diesem Titel hat Christian Müller am 2. April 2021 transparent gemacht, was NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in einer Zoom-Konferenz mit der Florida-University in den USA verraten hat: Die NATO hat vor, den Paragraphen 5 ihrer Statuten so abzuändern, dass sie auch Präventiv-Schläge durchführen kann. Zum damaligen Artikel:

NATO: vom Verteidigungsbündnis zum Angriffspakt


Christian Müller / 2.04.2021  Die NATO wurde 1949 als Verteidigungsbündnis gegen die Sowjetunion gegründet. Jetzt will sie auch präventiv angreifen dürfen.

1949, vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, haben die USA, Kanada und zehn westeuropäische Länder die NATO gegründet, die Nordatlantik-Pakt-Organisation. Ihre Aufgabe war klar: die gemeinsame Verteidigung im Falle eines Angriffs der Sowjetunion. 1952 traten auch Griechenland und die Türkei bei. Und am 9. Mai 1955, also drei Jahre später, trat auch Westdeutschland der NATO bei. Erst jetzt reagierten die Sowjetunion und die neun in ihrem Einfluss stehenden Staaten Mittel- und Osteuropas und gründeten, am 14. Mai 1955, also fünf Tage später, den Warschauer Pakt.


Der Zweck der NATO wurde im Artikel 5 der Gründungsurkunde klar definiert: 

Artikel 5

«Die Parteien vereinbaren, daß ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird; sie vereinbaren daher, daß im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.

Vor jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen und zu erhalten.»

Artikel 6 

Im Sinne des Artikels 5 gilt als bewaffneter Angriff auf eine oder mehrere der Parteien jeder bewaffnete Angriff

– auf das Gebiet eines dieser Staaten in Europa oder Nordamerika, auf die algerischen Departements Frankreichs, auf das Gebiet der Türkei oder auf die der Gebietshoheit einer der Parteien unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses;

– auf die Streitkräfte, Schiffe oder Flugzeuge einer der Parteien, wenn sie sich in oder über diesen Gebieten oder irgendeinem anderen europäischen Gebiet, in dem eine der Parteien bei Inkrafttreten des Vertrags eine Besatzung unterhält oder wenn sie sich im Mittelmeer oder im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses befinden.»

Die Kurzversion dieser Bestimmungen: Wenn auf ein Mitglied der NATO ein bewaffneter Angriff stattfindet, ist das wie ein bewaffneter Angriff auf mehrere oder alle Staaten der NATO, weshalb dann alle NATO-Mitglieder gemeinsam den bewaffneten Angriff abwehren.


Jetzt ist alles anders …

Am 25. März 2021 führten die US-amerikanische «University South Florida» in Tampa Florida und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg eine gut einstündige Online-Konferenz durch. Die Dozenten und Studierenden hatten Gelegenheit, Stoltenberg Fragen zu stellen, Stoltenberg war bereit zu antworten. Dabei erklärte Stoltenberg Folgendes (ab Minute 24): Früher war es einfach, es herrschte entweder Friede oder Krieg. Deshalb steht in Artikel 5 des Gründungsvertrages, dass die NATO bei bewaffneten Angriffen reagieren muss. Heute ist das ganz anders: Es gibt die Desinformation, die Cyber-Attacken, den hybriden Krieg. Deshalb muss die NATO den Artikel 5 umformulieren: Die NATO soll auch reagieren dürfen auf solche, also nicht bewaffnete Angriffe im ursprünglichen Sinn des Wortes. Und Jens Stoltenberg legte auch Gewicht darauf, dass die NATO nicht nur ein militärisches Bündnis sei, sondern vor allem auch ein politisches.


Mit diesem neuen, von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg propagierten Verständnis des «bewaffneten Angriffs» gibt sich die NATO den Freipass, ein anderes Land – konkret also vor allem Russland oder China – auch schon präventiv anzugreifen. Denn Desinformation, Cyber-Attacken und hybrider Krieg, das alles existiert bereits, seit Jahren und in allen Richtungen. Und klar dabei ist nichts: Wenn etwa – supponiert – ein Mitglied des israelischen Geheimdienstes Mossad aus einem Hotel in Moskau das IT-System des Schweizer Technologie-Konzerns RUAG hackt, dann kann das problemlos als russische Cyber-Attacke «identifiziert» werden.


Stoltenberg verdreht auch die Geschichte

Wenig überraschend in dieser Online-Konferenz war auch, dass der NATO-Generalsekretär einmal mehr betonte, die Osterweiterung der NATO sei keine Provokation gegenüber Russland und für Russland keine Bedrohung (im Video ab Minute 8.30). Dass der hochrenommierte US-amerikanische Historiker und auf Russland spezialisierte US-Diplomat George F. Kennan im Februar 1997, wenige Tage nach dem zweiten Amtsantritt Bill Clintons, in der «New York Times» ausdrücklich davor warnte, in Europa die NATO nach Osten zu erweitern, das weiss auch NATO-General Stoltenberg. Kennan 1997: «Unsere Meinung ist, offen herausgesagt, dass eine NATO-Erweiterung der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der ganzen Zeit seit dem Kalten Krieg wäre.» Doch US-Präsident Bill Clinton liess sich nicht beeindrucken und gab für die Osterweiterung grünes Licht. Mit genau den von George F. Kennan vorausgesagten Folgen.


Und was bedeutet der Klimawandel für die NATO?

Natürlich wollte eine USF-Studentin auch wissen, wie sich die NATO dem Klimawandel stellen werde. Stoltenberg bestätigte, dass der Klimawandel auch für die NATO eine «Herausforderung» – das euphemistische Synonym für das Wort «Problem» – sei.  Zum Beispiel, so Stoltenberg, müssten wegen des Anstiegs des Meeresspiegels die von den Kriegsschiffen der NATO benützten Meereshäfen umgebaut werden (im Video ab Minute 44). (Drei Tage vorher hatte Stoltenberg schon an einer Medienkonferenz in Brüssel und in Anwesenheit von US-Staatssekretär Antony Blinken erklärt, dass der Klimawandel eine grosse Herausforderung für die NATO sei, zum Beispiel auch für die Kampfanzüge, die auf extremere Wetterkonditionen angepasst werden müssen.) Und was mit den Millionen von Menschen, deren heutiger Lebensraum aufgrund der Erhöhung des Meeresspiegels unter Wasser gerät? Kein Thema für die NATO.


Die Strategie-Änderungen der NATO laufen unter dem Titel «NATO 2030» (siehe Aufmacherbild oben). Frage: Wer hat die Kompetenz, diese schwerwiegenden Änderungen gutzuheissen? Die Kriegs- und Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten? Die Regierungen der Mitgliedstaaten? Oder werden da dann auch die Parlamente der Mitgliedstaaten noch ein Wort mitzureden haben, was dringend nötig wäre?


Es lohnt sich, genau hinzuhören, wenn NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Politikern, Medienvertretern oder auch Studierenden im Gespräch ist. Besser schlafen kann man danach allerdings nicht.


Bis hier der damalige Artikel von Christian Müller auf Infosperber.ch.

Und heute, was hat sich seit dem 24. Februar geändert?

Es wird immer klarer, dass Putin nichts anderes entschieden hat, als was die NATO propagiert und programmiert hat: präventiv mit militärischen Mitteln angreifen zu dürfen, auch wenn man erst mit nicht-militärischen Mitteln provoziert und angegriffen worden ist (siehe dazu unbedingt Jens Stoltenberg im März 2021 ab Minute 24):


– Die USA haben sich, man weiss es dank einem abgehörten Telefon der US-amerikanischen Ukraine-Verantwortlichen Victoria «Fuck EU» Nuland, schon vor dem Putsch auf dem Kiever Maidan mit einem Einsatz von über fünf Milliarden US-Dollar in die ukrainische Politik eingemischt.

– Die USA haben 2013/14 auf dem Maidan intensiv Einfluss genommen, inkl. einem persönlichen Auftritt des damals prominentesten US-Senators McCain auf der Maidan-Rednerbühne.


– Die USA haben nach dem Putsch auf dem Maidan mit der Vertreibung des demokratisch gewählten Präsidenten Wiktor Janukowytsch de facto entschieden, wie die neue Regierung zusammengesetzt wurde (inkl. vier Mitglieder der Neonazi-Partei Swoboda).


– Die USA haben anschließend im großen Stil mitgeholfen, die ukrainische Armee auszurüsten und die Truppen zu schulen, wie US-Generäte es heute nicht nur bestätigen, sondern sogar stolz darauf sind.


– Die von den USA gesteuerte NATO ist schon lange vor 2014 mit der Ukraine eine «Partnerschaft» eingegangen. Die Ukraine wurde von der NATO in Dutzenden von speziellen Programmen unterstützt (im Detail hier nachzulesen). Es ging immer um die sogenannte «interoperability», die NATO-Armee und die Armee der Ukraine «kompatibel» zu machen, so, dass sie im Kriegsfall perfekt zusammenarbeiten können. So etwa wurden die Hierarchiestufen in der ukrainischen Armee den NATO-Hierachiestufen angeglichen und die ukrainischen Offiziere mussten Englisch lernen, um die NATO-Befehle zu verstehen.


– In Polen und in Rumänien wurden Raketen-Abschuss-Basen erstellt, die dazu dienen können, Russland mit nuklear-geladenen Raketen zu beschiessen.


– Immer mehr gigantische NATO-Manöver mit Tausenden von aus den USA eingeflogenen Soldaten wurden im Norden wie im Süden gezielt an der russischen Grenze durchgeführt.

– Wie jetzt in der Ukraine immer konkreter sichtbar wird, wurden im Südosten der Ukraine an der Grenze zu den sich unabhängig erklärten Regionen von Donezk und Lugansk immense militärische Installationen erstellt.


– Die Bombardierungen der Russland-freundlichen Regionen Donezk und Lugansk wurden 2021 immer massiver.


– Die aufgrund all dieser Entwicklungen von Russland im Dezember 2021 verlangten Sicherheitsgarantien wurden von den USA und von der NATO pauschal verweigert.

Um es in den Worten von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu sagen: Die NATO hat bis am 24. Februar 2022 Russland zwar noch nicht mit traditionellen militärischen Mitteln angegriffen, aber mit x schwerwiegenden Massnahmen massiv provoziert und bedroht: Sie hat genau die Situation geschaffen, bei der die NATO gemäß den künftigen NATO-Statuten berechtigt sein will, schon präventiv anzugreifen. Sie will das Recht haben, so Stoltenberg, selber zu entscheiden, wann sie selber angreifen darf. (Minute 27: «Wir werden unseren Feinden nie bekanntgeben, wann wir Artikel 5 ‹aktivieren›.»)


Man erinnert sich: Am 5. Juni 1967 haben die israelischen Luftstreitkräfte in einem Präventivschlag (!) gegen die ägyptischen Air Bases den als «Sechstagekrieg» in die Geschichte eingegangenen damaligen Krieg begonnen – und Israel wurde für diesen «cleveren» Präventiv-Schlag international bejubelt. Die USA haben mehrere Kriege präventiv begonnen, oft waren andere NATO-Staaten mit dabei. Aber wenn Putin – gemäss der NATO-Doktrin, sie selber müsse entscheiden können, wann ein Präventivschlag fällig sei – wenn Putin entscheidet, es sei zu gefährlich, abzuwarten, bis die NATO Russland angreift, jetzt sei ein Präventivschlag von russischer Seite angemessen, dann schreien alle westlichen und nicht zuletzt alle NATO-Staaten, dass Putin «unprovoked» die Ukraine angegriffen habe – unterstützt von den meisten westlichen großen Medien. Das ist auf gut Deutsch die reine Heuchelei.


PS: Seit heute können auf der Schweizer Plattform Infosperber.ch, auf der der oben wiedergegebene Beitrag von Christian Müller am 2. April 2021 erstmals erschienen ist, die folgenden drei Sätze des Redaktionsleiters Urs P. Gasche gelesen werden (siehe die gelbe Box): «Wenn Historiker die Vorgeschichten analysieren und sich fragen, ob diese Kriege vielleicht hätten verhindert werden können, stellen sie damit die Verantwortung der Kriegsführenden nicht in Frage. Auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine lange Vorgeschichte. Über sie gilt es – aufgrund der heutigen Quellenlage – ebenfalls zu informieren, ohne die Verantwortung Russlands für den Krieg in Frage zu stellen.» So einfach ist es: Die Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine kann sein wie sie will, die Verantwortung für den Krieg in der Ukraine trägt sowieso allein Russland. Die Frage zu stellen, wer mindestens mitverantwortlich ist – und dies notabene in hohem Masse – ist nicht erlaubt. – Globalbridge.ch nimmt sich das Recht, auch diese Frage zu stellen. (cm)


Meinungen in Beiträgen auf Globalbridge.ch entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.


Info:https://globalbridge.ch/nato-vom-verteidigungsbuendnis-zum-angriffspakt



unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

09.01.2023

„Das Gerede von roten Linien”  In Berlin werden Forderungen nach der Lieferung von Kampfpanzern und Kampfjets an die Ukraine laut. Westliche Militärs unterstützen deren Pläne, die Krim zurückzuerobern.

german-foreign-policy.com, 9. Januar 2023

BERLIN/KIEW (Eigener Bericht) – Nach der Ankündigung der Bundesregierung, der Ukraine Schützenpanzer zu liefern, werden in Berlin weiterreichende Forderungen nach der Lieferung von Kampfpanzern und Kampfflugzeugen laut. Er „wünsche“ sich „eine europäische Initiative für die Lieferung von Leopard 2“, erklärt der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter. Vizekanzler Robert Habeck schließt Leopard 2-Lieferungen an Kiew nicht aus. Carlo Masala, Professor an der Münchner Bundeswehr-Universität, spricht sich dafür aus, den ukrainischen Streitkräften auch Kampfjets zur Verfügung zu stellen; diese benötige man für „Gegenoffensiven“. Masala und andere plädieren dafür, Russlands rote Linien nicht zu beachten. Zu den Gegenoffensiven, die zur Zeit diskutiert werden, gehört auch der Versuch, die Krim militärisch zurückzuerobern. Ein pensionierter US-General hält das bis August dieses Jahres für möglich. Freilich sei es dazu nötig, dass der Westen noch mehr Waffen an die Ukraine liefere, erklärt ein Ex-Berater des US-Generalstabs. Pläne, die Krim zurückzuerobern, sind in Kiew bereits im März 2021 per Präsidialdekret in Kraft gesetzt worden. Bei einer Realisierung könnten hunderttausende Russen zwangsvertrieben werden.


Zitat: Vom Marder zum Leopard

Die Ankündigung der Bundesregierung, der Ukraine Schützenpanzer vom Typ Marder zu liefern, wird von Hardlinern unmittelbar mit weiterreichenden Forderungen quittiert. Berlin hatte Kiew in der vergangenen Woche zugesagt, bis Ende März 40 Marder zur Verfügung zu stellen und ukrainische Soldaten an der Waffe auszubilden. Gleichzeitig hatte Washington der Ukraine US-Schützenpanzer vom Typ Bradley versprochen, Paris einen Tag zuvor französische Spähpanzer vom Typ AMX-10 RC.[1] Nun werden Forderungen lauter, auch Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in den Krieg zu schicken. So erklärt etwa die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard. Ich bleibe dran.“[2] Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, äußert: „Ich würde mir wünschen, dass wir als Hauptherstellungsland für den Leopard 2 eine europäische Initative starten für die Lieferung von Leopard 2“.[3] Auch die Vizepräsidentin des Bundestags Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) plädiert für die Übergabe von Kampfpanzern: „Stehen zu bleiben, wäre falsch.“[4] Vizekanzler Robert Habeck schließt Leopard 2-Lieferungen an Kiew nicht mehr aus.[5]


Vom Panzer zum Kampfjet

Sogar noch weiter reichende Schritte werden inzwischen diskutiert. Bereits Ende Dezember hatte Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München, konstatiert, bezüglich der Waffenlieferungen an die Ukraine werde inzwischen „von Schützenpanzern und Kampfflugzeugen geredet, die bisher weitgehend tabu waren“.[6] Masala befürwortete dies: „Panzer und Flugzeuge sind die einzige Lösung.“ Eine Lieferung von Kampfjets hatte bereits Mitte Dezember die Slowakei angekündigt. Nach Mitteilung von Außenminister Rastislav Káčer bereitete sich damals eine ukrainische Delegation auf eine Reise in die Slowakei vor, um gemeinsam mit slowakischen und US-amerikanischen Spezialisten die Übergabe der Flugzeuge vorzubereiten. „Ich bin optimistisch“, sagte Káčer, „dass die Flugzeuge bald in der Ukraine erscheinen werden“.[7] Masala erklärt jetzt nach der Entscheidung, Schützenpanzer zu liefern: „In zwei Monaten reden wir möglicherweise über Kampfflugzeuge“.[8] Noch ein Stück weiter geht der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk, der während seiner Amtszeit als Botschafter in Deutschland mit der Forderung vorgeprescht war, schwere Waffen zu liefern. Melnyk wünscht nun neben Kampfflugzeugen auch „Kampfdrohnen, Kriegsschiffe, U-Boote, ballistische Raketen“ – und zwar „schon morgen“.[9]


Nötig für „Gegenoffensiven“

Laut Masala sind inzwischen Hemmungen weitgehend gefallen, die bislang die Lieferung schwerer Waffen verhindert hatten – Hemmungen, man könne damit Russlands rote Linien überschreiten und nicht mehr nur verdeckt, sondern auch offen zur Kriegspartei werden. Bereits zuvor hatte etwa Strack-Zimmermann gefordert, die roten Linien zu ignorieren: „Wer von der Sorge fabuliert“, es werde mit bestimmten Waffenlieferungen „eine rote Linie gegenüber Russland überschritten“, der erzähle „die Geschichte des Aggressors, nicht die der Opfer“, behauptete Strack-Zimmermann.[10] Häufig zitiert wird in diesen Tagen ein Beitrag in der New York Times, in dem sich ein Experte des International Institute for Strategic Studies (IISS) aus London offen dafür aussprach, Moskaus rote Linien zu missachten: „Rote Linien sind fast immer weich, veränderlich und bedingt“.[11] Masala urteilt nun: „Dieses ganze Gerede von ‘Putin eskaliert, wenn wir bestimmte Waffensysteme liefern‘, ist jetzt endgültig vom Tisch“; dies öffne nun in der Tat „die Tür für andere Waffenlieferungen“.[12] Über den Zweck der Lieferung von Kampfpanzern, womöglich auch Kampfjets und mehr äußert Masala, „kriegsentscheidend“ sei diese zwar noch nicht; sie erleichtere allerdings „Gegenoffensiven der Ukrainer im Osten und im Süden“.


Die Rückeroberung der Krim

Zu den ukrainischen Offensiven, die in jüngster Zeit immer wieder diskutiert werden, zählt eine Offensive zur Rückeroberung der Krim. Sie erhält unter westlichen Militärs zunehmend Unterstützung. So geht Ben Hodges, Ex-Oberkommandierender der US-Landstreitkräfte in Europa, davon aus, die Ukraine werde die Krim bis August dieses Jahres einnehmen können. Dazu müssten zunächst die zwei Versorgungswege für die Halbinsel unbrauchbar gemacht werden – die Krim-Brücke und der Landweg über Mariupol.[13] Damit werde die Krim „unhaltbar“, sagt Hodges voraus. Mick Ryan, ein Ex-Generalmajor aus Australien, der in der Vergangenheit unter anderem die U.S. Joint Chiefs of Staff beraten hat, hat Voraussetzungen skizziert, die es der Ukraine ermöglichen sollen, die Krim militärisch unter Kontrolle zu bekommen.[14] Demnach müsse die Ukraine zuerst die Gebiete Cherson und Saporischschja zurückerobern, um sodann die Krim über die schmale Landbrücke anzugreifen. Der Westen wiederum müsse bei seiner Unterstützung für die Ukraine Geschlossenheit wahren und seine Waffenlieferungen aufstocken. Kiew habe eine Liste der benötigten Waffen schon längst zusammengestellt, berichtet Ryan: Es handle sich um „Panzer, panzerbrechende Geschosse, Hubschrauber, Kampfjets“. Die Pläne seien da; es gehe nur noch „um politischen Willen“.


Zwangsvertreibungen

Die Rückeroberung der Krim hat die ukrainische Regierung bereits rund ein Jahr vor dem russischen Überfall zu planen begonnen. So hat Präsident Wolodymyr Selenskyj am 24. März 2021 eine Strategie per Dekret verbindlich gemacht, die zuvor vom Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine erarbeitet worden war und die „De-Okkupation und Reintegration“ der Krim vorsieht. Dazu seien eine Reihe verschiedenster Maßnahmen auf den Feldern von Politik, Diplomatie und Wirtschaft notwendig, aber auch militärische Schritte, hieß es. Versucht die Ukraine tatsächlich, die Krim auf militärischem Wege zurückzuerobern, dann könnte sie auf diese Pläne zurückgreifen. Im Rahmen der „De-Okkupation“ müssten unter anderem, das fordert die Krim-Beauftragte der ukrainischen Regierung, Tamila Taschewa, die 800.000 Russen, die seit 2014 auf die Krim umgezogen seien, zwangsweise vertrieben werden.[15]

 

[1] Eckart Lohse, Markus Wehner, Michaela Wiegel: Eine neue Dimension der Unterstützung. Frankfurter Allgemeine Zeitung 06.01.2023.

[2] Markus Decker, Jan Emendörfer: Von „hätte früher kommen müssen“ bis „Riesenfortschritt“: Reaktionen auf die deutschen Waffenlieferungen. rnd.de 05.01.2023.

[3] Hofreiter: Müssen auch Kampfpanzer Leopard 2 liefern. daserste.de 06.01.2023.

[4] Rufe nach Leopard-Panzern für die Ukraine werden nach Marder-Zusage lauter. welt.de 08.01.2023.

[5] Habeck schließt Leopard-Lieferung nicht aus. welt.de 08.01.2023.

[6] „Panzer und Flugzeuge sind die einzige Lösung“. Süddeutsche Zeitung 27.12.2022.

[7] MiG-29 für die Ukraine. Frankfurter Allgemeine Zeitung 13.12.2022.

[8] Markus Decker, Jan Emendörfer: Von „hätte früher kommen müssen“ bis „Riesenfortschritt“: Reaktionen auf die deutschen Waffenlieferungen. rnd.de 05.01.2023.

[9] Can Merey: Melnyk: Ukraine braucht von Verbündeten auch Kampfjets, Kriegsschiffe und U-Boote. rnd.de 06.01.2023.

[10] Sven Christian Schulz: „Putin kennt keine roten Linien“. fr.de 08.01.2023.

[11] Nigel Gould-Davies: Putin Has No Red Lines. nytimes.com 01.01.2023.

[12] Markus Decker, Jan Emendörfer: Von „hätte früher kommen müssen“ bis „Riesenfortschritt“: Reaktionen auf die deutschen Waffenlieferungen. rnd.de 05.01.2023.

[13] When another military offensive might happen in Ukraine, and what it would look like. npr.org 02.01.2023.

[14] Fabian Sommavilla: Sehnsucht nach der Krim: Gelingt 2023 die Rückeroberung? derstandard.at 31.12.2022.

[15] Andrea Jeska: Droht den Krim-Russen die Vertreibung? NZZ am Sonntag 18.12.2022.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9125

09.01.2023

Exklusiv Korruption durch Kredit?: Lindner droht Strafverfahren wegen Bank-Grußwort

tagesspiegel.de, 08.01.2023, 16:09 Uhr, Von Jost Müller-Neuhof

Der Minister hielt eine Video-Rede für die Bank, die seinen Hauskauf finanziert. Nun prüft die Staatsanwaltschaft die Aufhebung von Lindners Abgeordneten-Immunität.


Zitat: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bei der Erstellung eines Minister-Grußworts für eine Karlsruher Privatkundenbank im Mai 2022 offenbar verschwiegen, dass er bei dem Institut einen Kredit für seinen privaten Hauskauf aufgenommen hat. Weil er sich nach dem Grußwort bei derselben Bank einen weiteren Kredit geben ließ, droht ihm jetzt ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme.


Wie der Tagesspiegel erfuhr, prüft die Korruptionsabteilung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft derzeit die Aufhebung von Lindners Immunität als Abgeordneter, um förmlich ermitteln zu können. Ein Sprecher betonte, dies sei „in solchen Fällen üblich und ohne dass damit schon eine Aussage über das Vorliegen eines Anfangsverdachts getroffen wird“. Eine Entscheidung wird zeitnah erwartet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ist – wie in solchen Fällen üblich und ohne dass damit schon eine Aussage über das Vorliegen eines Anfangsverdachts getroffen wird – aufgrund der Berichterstattung des „Spiegel“ in eine bei Abgeordneten in Hinblick auf deren Immunität übliche Vorprüfung eingetreten, die noch andauert.

Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft

Lindners Handeln könnte strafbar sein, wenn die zweite Kreditvergabe mit dem dienstlichen Grußwort in Zusammenhang steht. Das ist eine Frage der näheren Umstände. Für eine Vorteilsannahme ist allerdings kein Bezug zu einer konkreten Diensthandlung erforderlich. Es soll verhindert werden, dass durch Amtsträger der bloße Anschein von Käuflichkeit erweckt wird. Daher könnten nun auch Ermittlungen wegen Vorteilsgewährung gegen die BBBank drohen.


Lindner bestreitet eine Verbindung zwischen Kredit und Grußwort

Lindner bestritt auf Anfrage, dass es eine Verbindung zwischen seiner Immobilienfinanzierung und dem Grußwort gebe. Es habe aus seiner Sicht zudem keine Pflicht bestanden, die private Geschäftsverbindung zur BBBank im Ministerium offen zu legen.


Anlass für das Prüfverfahren der Staatsanwaltschaft waren Medienberichte des „Spiegel“ im vergangenen Oktober über Lindners privaten Hauskauf . Der Politiker hatte im Januar 2021 eine Immobilie in Berlin-Nikolassee für insgesamt 1,65 Millionen Euro erworben. Zugleich ließ er bei der BBBank, offenbar auch mit Blick auf hohe Sanierungskosten, eine Grundschuld über 2,35 Millionen Euro eintragen, die regelmäßig zur Absicherung von Krediten dienen.


Lindner war schon als Abgeordneter für Werbebotschaften der BBBank aufgetreten und hatte als Redner auf Abendveranstaltungen mehrere zehntausend Euro kassiert. Als die badische Genossenschaftsbank ihn um ein Grußwort für das 100-jährige Firmenjubiläum bat, beschied Lindner, nunmehr im Amt des Bundesfinanzministers, dies positiv und ließ im Mai 2022 eine Videoansprache produzieren.


2,8

Millionen ist die Höhe der Grundschulden, die Lindners Kredite bei der BBBank absichern sollen.


Wenige Wochen später, Anfang Juli 2022, lieh Lindner sich erneut Geld bei der BBBank und ließ eine weitere Grundschuld eintragen, diesmal über 450.000 Euro. Ob Linder dies bereits bei der Produktion des Minister-Grußworts beabsichtigte, ist unklar. Entsprechende Anfragen des Tagesspiegels an seinen Anwalt bleiben unbeantwortet.


Auch wollen weder Lindner persönlich noch das Bundesfinanzministerium bisher konkrete Angaben dazu machen, ob Lindner seine private Geschäftsbeziehung im Zusammenhang mit seinem dienstlich erstellten Grußwort intern transparent gemacht hat, etwa durch einen Vermerk oder Angaben gegenüber Beteiligten. Das Ministerium verweigert Auskünfte zu dieser Frage ganz, obwohl es als öffentliche Stelle dazu rechtlich verpflichtet wäre.


Lindner persönlich teilte über seinen Anwalt mit, es entbehre jeglicher Grundlage, dass „Dinge verheimlicht“ worden seien, da es diesbezüglich keine Offenlegungspflicht gegeben habe. Die Frage der Heimlichkeit kann allerdings eine herausgehobene Rolle bei der Frage spielen, ob in solchen Fällen eine strafbare Vorteilsannahme liegt.




Info: https://www.tagesspiegel.de/politik/korruption-durch-kredit-lindner-droht-strafverfahren-wegen-bank-grusswort-9145764.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE




Weiteres:




Korrumpierungseffekt


de.wikipedia.org, abgerufen am 9. Januar 2023 um 11:05 Uhr

 Beim Korrumpierungseffekt verdrängt sekundäre Motivation die vorherige primäre Motivation. Vorher hat die Tätigkeit selbst motiviert (intrinsisch), nachher motivieren vor allem Ergebnisse, die außerhalb der Tätigkeit liegen (extrinsisch, z. B. versprochene Belohnungen). Fällt nun der äußere Anreiz weg, geht das ursprünglich gerne und freiwillig gezeigte Verhalten zurück.


Andere Namen sind Korruptionseffekt, Verdrängungseffekt, Effekt der übermäßigen Rechtfertigung oder Selbst-Korrumpierung. Im Englischen heißt es overjustification effect (etwa: Überrechtfertigungs-Effekt).

Der Effekt kann auftreten, wenn Menschen bewusst oder unbewusst ihr eigenes Verhalten zunächst mit äußerem Druck (zwingende Umstände) oder einer Belohnung begründen, obwohl die wahre Ursache des Verhaltens in eigenen Wünschen oder Interessen lag (zum Beispiel Neugier). Auf das tatsächliche Verhalten bezogen kann es durch die Gabe eines äußeren Anreizes zu einer kurzfristigen Steigerung des bestärkten Verhaltens kommen.[1] Fällt der Anreiz dann aber weg, sinkt die Häufigkeit des entsprechenden Verhaltens jedoch unter das ursprüngliche Ausgangsniveau.[2][3] Intrinsische Motivation kann nur korrumpiert werden, wenn sie vorhanden und groß genug ist. Ist das Anfangsinteresse ohnehin gering, funktionieren äußere Anreize hingegen.[4]


Inhaltsverzeichnis

Theorie

Selbstwahrnehmungstheorie

Daryl Bem[5] leitete diesen Effekt aus seiner Selbstwahrnehmungstheorie ab. Der Effekt wird zusammenfassend so erklärt: Die Person nimmt wahr, dass sie für eine Tätigkeit, die sie bisher gern ausgeübt hat, eine Belohnung erhält. Daraus resultiert eine kognitive Neubewertung der Tätigkeit. Die Person nimmt nunmehr an, dass sie die Tätigkeit doch nicht so gerne tut, denn sie wird ja dafür so belohnt, wie sie es von anderen, von ihr weniger gern getanen Tätigkeiten kennt. Die bisherige Bewertung der Person über die Gründe für ihr Handeln wird korrumpiert und es kann darüber zu einer Änderung der Motivation kommen, was sich nachteilig auf die Leistungen in der ehemals gern ausgeübten Tätigkeit auswirken kann.

Diese Theorie hat unter anderem in der Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie (ABO) kontroverse Diskussionen ausgelöst. Vor allem wegen ihrer Voraussage, dass eine (finanziell höhere) Belohnung nicht in allen Fällen angebracht sei, insbesondere dann nicht, wenn sich die Person engagiert mit einer Tätigkeit beschäftigt. Denn dieses Engagement stellt den Optimalzustand in vielen kommerziellen Tätigkeitsfeldern dar und sollte deshalb auch höher belohnt werden. Es ist schwer vertretbar, warum eine Person, die intrinsisch motiviert arbeitet und dabei mehr leistet, nicht höher belohnt werden sollte als andere Personen, die die ihnen übertragenen Arbeiten aus extrinsischen Motiven lediglich zufriedenstellend oder routiniert erledigen. Dies führte zu Kritiken und zu weitergehenden Forschungen.


Kognitive Evaluationstheorie

Neuere Forschungsbefunde[2][6][7][8][9] konnten die kognitive Evaluationstheorie nach Deci und Ryan (1980; 1985)[10][11] untermauern, wonach das Auftreten eines Korrumpierungseffekts davon abhängig ist, wie eine Person einen äußeren Anreiz (zum Beispiel eine materielle Belohnung) im Hinblick auf die eigene Kompetenz und Selbstbestimmung wahrnimmt. Aus der Selbstbestimmungstheorie hervorgehend, können drei zentrale Vorbedingungen (engl. Basic Needs) für die Entwicklung von intrinsischer Motivation identifiziert werden: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Wird das Streben nach Autonomie und Kompetenz durch äußere Anreize untergraben, kommt es zum Korrumpierungseffekt.

Es hängt somit davon ab, wie ein äußerer Anreiz wahrgenommen wird.[6][2] Wird das Autonomieerleben gestärkt bzw. wird eine Belohnung als nicht kontrollierend wahrgenommen, kann die intrinsische Motivation gesteigert werden. Derselbe Effekt tritt auf, wenn die Belohnung gleichzeitig als Anerkennung eigener Kompetenz wahrgenommen wird. Ist dies jedoch nicht der Fall und eine Belohnung führt zu einer Reduzierung eigenen Kompetenzerlebens oder wird als kontrollierend erlebt, kommt es zum Korrumpierungseffekt. Laut der kognitiven Evaluationstheorie kann ein äußerer Anreiz somit einerseits informatorische (d. h. Steigerung der Autonomie und des Kompetenzerlebens) und andererseits kontrollierende (d. h. Verringerung des Autonomieerlebens) Eigenschaften beinhalten. Weiterhin wird zwischen verbalen (positivem Leistungsfeedback) und materiellen Belohnungen unterschieden. Materielle Belohnungen werden unterteilt in erwartete und nicht erwartete Belohnungen (je nach vorherigem Wissen der betreffenden Person, ob nach der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine Belohnung erfolgen wird). Belohnungen werden nach der kognitiven Evaluationstheorie noch zusätzlich nach ihrer Kontingenz in Bezug auf die Tätigkeit kategorisiert. Besteht keine Kontingenz (engl. task-noncontingent rewards) wird eine Belohnung vollkommen losgelöst von der eigentlichen Tätigkeit vergeben (beispielsweise lediglich für die Teilnahme an einem Experiment). Wird die Belohnung jedoch für die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit gewährt – unabhängig davon, wie gut die Tätigkeit ausgeführt wird – handelt es sich um eine aufgabenkontingente Belohnung (engl. task-contingent reward). Wenn die Belohnung nur bei Erreichen eines bestimmten Leistungsniveaus vergeben wird, handelt es sich um eine leistungskontingente Belohnung (engl. performance-contingent reward). Für alle diese verschiedenen Formen von Belohnungen können mit Hilfe der kognitiven Evaluationstheorie Vorhersagen für Effekte auf die intrinsische Motivation getroffen werden. So findet bei leistungskontingenten Belohnungen ein erhöhtes Ausmaß an Verhaltenskontrolle statt, welches sich negativ auf die intrinsische Motivation auswirken sollte. Bei nicht erwarteten Belohnungen sollte jedoch kein negativer Effekt auftreten. Verbale Belohnungen sind stark mit einer Anerkennung eigener Kompetenz verknüpft und sollten daher eher als informatorisch wahrgenommen werden. Trotzdem kann es auch Kontexte geben, in denen solches positives Leistungsfeedback als kontrollierend erlebt wird.


Forschungen zum Korrumpierungseffekt

In der häufig zitierten Feldstudie von Lepper, Greene und Nisbett (1973)[3] sollten Kleinkinder mit sogenannten „Magic Markers“ Bilder malen. Alle Kinder wurden in drei Gruppen aufgeteilt. In der „expected award“-Gruppe wurde jedes Kind in jedem Fall belohnt, wenn es überhaupt anfing zu malen. Die Kinder wussten somit, dass sie für das Malen von Bildern belohnt werden würden. In der „unexpected award“-Gruppe wurde den Kindern nach dem Malen eine unerwartete Belohnung gegeben. In der „no- award“-Gruppe wurde keine Belohnung vergeben. Nach ungefähr zwei Wochen wurden die Kinder nochmals untersucht, um eine eventuelle Veränderung der intrinsischen Motivation beim Malen zu erfassen. Kinder in der „expected award“-Gruppe verbrachten weniger Zeit mit Malen und erstellten Bilder in schlechterer Qualität als Kinder in den anderen Gruppen.

Greene, Sternberg und Lepper (1976)[12] gaben Grundschülern neue Mathematikspiele und maßen 13 Tage lang, wie viel Zeit die Kinder freiwillig mit den Spielen verbrachten. In den folgenden 11 Tagen erhielten die Kinder Belohnungen für dieselbe Tätigkeit. Nach Absetzen der Belohnung sank, wie vorhergesagt, die Beschäftigungsdauer unter das Anfangsniveau und unter das Niveau der Kontrollgruppe.

Deci[13] lieferte 1971 erste experimentelle Bestätigungen zum Korrumpierungseffekt. Auch eine Metaanalyse von 1999 mit 128 Studien[2] zeigte bedeutsame negative Effekte von Belohnungen und damit einhergehender eingeschränkter Autonomie durch externe Verhaltenskontrolle auf die intrinsische Motivation. Materielle und erwartete Belohnungen hatten sowohl auf das selbstberichtete Interesse als auch auf eine freiwillige, an das Experiment anschließende Aufnahme der Tätigkeit einen negativen Effekt. Gleiche negative Effekte resultierten nach aufgabenkontingenten Belohnungen. Auch leistungskontingente Belohnungen führten nach Wegfall der Belohnung zu weniger Beschäftigung mit der Tätigkeit. Es fand sich jedoch kein Einfluss auf das selbstberichtete Interesse. Bei Belohnungen ohne Kontingenz (vgl. kognitive Evaluationstheorie) war kein Effekt auf die intrinsische Motivation zu verzeichnen. Besonders interessant war der Befund, dass sich verbale Belohnungen positiv auf die intrinsische Motivation auswirkten.

Auch die Verhaltensökonomen Ernst Fehr und Armin Falk haben in einer Studie 2002 zeigen können, dass sich finanzielle Anreize kontraproduktiv auf die Motivation auswirken können.[14]

Bruno S. Frey und Iris Bohnet zeigten auf, dass die Verdrängung der intrinsischen Motivation durch monetäre Anreize und Regulierungen dann von besonderem Interesse ist, „wenn die intrinsische Motivation nicht vollständig substituiert und so das Verhalten der Individuen nicht mehr in gleichem Ausmaß beeinflußt werden kann“.[15]


Anwendung

Pädagogik

Wie können Eltern und Lehrer den Effekt der übermäßigen Rechtfertigung vermeiden? Entscheidend ist, welche Botschaft beim Kind ankommt.[16] Wenn man es schon dafür belohnt, sich mit der gewünschten Aufgabe bloß zu beschäftigen und diese Belohnung auch zuvor ankündigt (wie in der Studie von Greene, Sternberg und Lepper, 1976.[12]), tritt der Effekt mit größerer Wahrscheinlichkeit auf, als wenn man es unerwartet dafür belohnt, die Aufgabe bewältigt zu haben.[11] Leistung zu belohnen darf aber nicht dazu führen, dass sich das Kind unter ständiger kritischer Beobachtung fühlt, weil die dadurch ausgelösten negativen Gefühle („Bewertungsangst“) eine vorher vorhandene intrinsische Motivation ebenfalls zerstören können.[17] Vermeiden sollte man den Vergleich mit Anderen (zum Beispiel Mitschülern); gelobt werden sollte die individuelle Verbesserung.[4] Vor allem sollten Erzieher die Botschaft vermeiden, dass das jeweilige Gebiet (Sportart, Schulfach oder ähnliches) Fähigkeiten erfordert, die man entweder hat oder nicht hat.[18] Optimal ist die Botschaft, dass Anstrengung funktioniert, dass Üben hilft, dass das Kind sich also auf jedem Gebiet verbessern kann, wenn es sich Mühe gibt. Wie häufig gelobt wird, muss auch an den kulturellen Kontext angepasst werden. In fernöstlichen Kulturen werden Kinder viel seltener gelobt als in Westlichen,[19] während der intrinsische Wunsch, die eigene Leistung zu verbessern, bei Kindern aus westlichen Kulturen stärker ist[20][21]


Anreizsysteme in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst

Ein Korrumpierungseffekt, verursacht durch finanzielle Anreizsysteme, darf nicht unterschätzt werden.[1] Dabei geht es nicht um die Entlohnung zur Grundsicherung. Häufig werden aber neben einem Grundgehalt zusätzlich noch leistungsabhängig Zuschüsse und Boni ausgezahlt. Viele Unternehmen und öffentliche Behörden setzen monetäre Anreize als Mittel zur Steigerung der Motivation ein. Solch ein stark monetär ausgerichtete System birgt jedoch das Potential eines Korrumpierungseffekts. Zur Aufrechterhaltung intrinsischer Motivation sollten auch andere Möglichkeiten der Belohnung (wie beispielsweise positives Leistungsfeedback zur Steigerung eigenen Kompetenzerlebens) nicht unterschätzt werden. Haben Angestellte eine gute Leistung erbracht, so sollte dies lobend erwähnt und ein Dank dafür ausgesprochen werden.

Ganz wesentlich ist auch der Arbeitskontext, in dem solche zusätzlichen Belohnungen stattfinden.[22] Eine Belohnung soll das Bedürfnis nach Autonomie befriedigen, wenn sie nicht Gefahr laufen soll, intrinsische Motivation zu korrumpieren. Wird ein Anreiz – egal ob finanziell oder verbal – jedoch so vermittelt, dass er als kontrollierend erlebt wird (beispielsweise bei verbalen Feedback: "Das haben Sie sehr gut hinbekommen. Genauso wie es von Ihnen verlangt war. Sie sollten weiter so machen!") kann das Bedürfnis nach Autonomie untergraben werden. Ein Korrumpierungseffekt wird wahrscheinlich. Belohnungen, die informatorischen Charakter haben (zum Beispiel verbales Feedback in Form eines Dankes für sehr gute Umsatzzahlen) sind an dieser Stelle geeigneter. Denn diese stellen eine Anerkennung der Bemühungen der betreffenden Person dar, ohne dabei jedoch weitere Bedingungen an die Person zu stellen und so zu erlebter Kontrolle zu führen. Auch Sonderleistungen, die dieses Bedürfnisse nach Autonomie und Kompetenzanerkennung befriedigen (beispielsweise eine Kostenerstattung für einen PC-Kurs oder für eine Reise zu einer Tagung) kommt auf diese Weise eine wichtige Bedeutung zu.[2][23]

Werden unerwartet Prämien für eine besonders gute Leistung vergeben, so ist kein Korrumpierungseffekt zu erwarten.[2]




Kontroverse


Die Forschungen zum Korrumpierungseffekt wurden insbesondere von verhaltensanalytischer Seite kritisiert.[24][25][26] Vor allem wird darauf verwiesen, dass darin nicht zwischen dem "Belohnen" einer Person und dem "Verstärken" eines Verhaltens differenziert wird (zu den Unterschieden siehe bei Verstärkung). Die Kritik gilt auch dem Konzept der intrinsischen Motivation, das in sich widersprüchlich und unempirisch sei.[27]

Cameron und Pierce (1994)[28] konnten in einer der ersten Metaanalysen zu den Einflüssen von Belohnungen und Verstärkern auf die intrinsische Motivation keinen Korrumpierungseffekt finden. Es trete lediglich ein minimaler, negativer Effekt auf die intrinsische Motivation auf, wenn eine Belohnung erwartet und nur für die Aufnahme einer bestimmten Tätigkeit vergeben wurde (vgl. kognitive Evaluationstheorie: Task-contingent reward). Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass Belohnungen und Verstärker keine wirklich schädigenden Effekte auf die intrinsische Motivation hätten.

Nach einer in den Folgejahren durchgeführten Metaanalyse von 2001[29] mit 145 Studien (teilweise nochmals analysiert aus vorhergehenden Metaanalysen) lässt sich ein Absinken der intrinsischen Motivation infolge von Belohnungen in der Regel auf den falschen Einsatz von Verstärkern zurückführen. Negative Effekte von Belohnungen würden nur dann gefunden, wenn bei zunächst hohem Interesse materielle, erwartete (vorher angekündigte) und von der Leistung unabhängige Belohnungen erteilt wurden (vgl. kognitive Evaluationstheorie: Aufgabenkontingente Belohnungen). Wenn leistungskontingente Belohnungen vergeben wurden, stiege die intrinsische Motivation sogar an. War das Interesse bereits von Anfang an gering, wurde die intrinsische Motivation durch eine Belohnung jedoch verstärkt. Weiterhin konnten verbale Belohnungen bei hohem anfänglichen Interesse die intrinsische Motivation ebenfalls verstärken. Alles in allem fassen die Autoren zusammen, dass ihre Metaanalyse keinen Hinweis auf schädliche Wirkungen von Belohnungen erbracht hätte ("In terms of the overall effects of reward, our meta-analysis indicates no evidence for detrimental effects of reward on measures of intrinsic motivation", S. 21). Der Korrumpierungseffekt wird von den Autoren als Mythos bezeichnet.

Deci, Ryan und Koestner kritisierten in einer Antwort ihrerseits Fehler in den Metaanalysen von Cameron et al. Die Auswahl der von ihnen ausgewerteten Studien sei einseitig. Unter anderem seien auch Gruppen enthalten, die anfänglich keine starke intrinsische Motivation hatten. In diesen Fällen sei von Anfang an zu erwarten, dass kein nennenswerter Korruptionseffekt eintreten würde.[30][31]


Siehe auch


Literatur

  • Bruno S. Frey: Markt und Motivation. Wie ökonomische Anreize die (Arbeits-) Moral verdrängen. Vahlen, München 1997, ISBN 3-8006-2168-1.
  • J. M. Harackiewicz, A. M. Durik, K. E. Barron: Multiple goals, optimal motivation, and the development of interest. In: Joseph P. Forgas, Kipling D. Williams, Simon M. Laham (Hrsg.): Social Motivation: Conscious and Unconscious Processes. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-83254-3, S. 21–39.


Weblinks



Einzelnachweise


  1. H. J. Snelders, S. G. Lea: Different kinds of work, different kinds of pay: An examination of the overjustification effect. In: The Journal of Socio-Economics. 25(4), 1996, S. 517–535.
  2. E. L. Deci, R. Koestner, R. M. Ryan: A meta-analytic review of experiments examining the effects of extrinsic rewards on intrinsic motivation. In: Psychological Bulletin. 125(6), 1999, S. 627–668; rug.nl (PDF; 7 MB)
  3. M. R. Lepper, D. Greene, R. E. Nisbett: Undermining childrens intrinsic interest with extrinsic reward: A test of the “overjustification” hypothesis. In: Journal of Personality and Social Psychology, 28(1), 1973, S. 129–137.
  4. E. Aronson, T. D. Wilson, R. M. Akert: Sozialpsychologie. 6. Auflage. Pearson Studium, München 2008, ISBN 978-3-8273-7359-5, S. 142.
  5. D. J. Bem: Self-perception. An alternative interpretation of cognitive dissonance phenomena. In: Psychological Review. 74, 536 – 537 1967.
  6. E. L. Deci, R. Koestner, R. M. Ryan: Extrinsic rewards and intrinsic motivation in education: Reconsidered once again. In: Review of Educational Research. 71(1), 2001, S. 1–27.
  7. A. Rummel, R. Feinberg: Cognitive evaluation theory: A meta-analytic review of the literature. In: Social Behavior and Personality. 16, 1988, S. 147–164.
  8. S.-H. Tang, V. C. Hall: The overjustification effect: A metaanalysis. In: Applied Cognitive Psychology. 9, 1995, S. 365–404.
  9. U. J. Wiersma: The effects of extrinsic rewards in intrinsic motivation: A meta-analysis. In: Journal of Occupational and Organizational Psychology, 65(2), 1992, S. 101–114.
  10. E. L. Deci, R. M. Ryan: The empirical exploration of intrinsic motivational processes. In: L. Berkowitz (Hrsg.): Advances in experimental social psychology. Academic Press, New York 1980, S. 39–80.
  11. E. L. Deci, R. M. Ryan: Intrinsic motivation and self-determination in human behavior. Plenum, New York 1985.
  12. D. Greene, B. Sternberg, M. R. Lepper: Overjustification in a token economy. In: Journal of Personality and Social Psychology, 34(6), 1976, S. 1219–1234.
  13. E. L. Deci: Effects of externally mediated rewards on intrinsic motivation. (PDF; 223 kB). In: Journal of Personality and Social Psychology. 18(3), 1971, S. 105–115.
  14. E. Fehr, A. Falk: Psychological foundations of incentives. In: European Economic Review. 46, 2002, S. 687–724.
  15. Bruno S. Frey, Iris Bohnet: Die Ökonomie zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. In: Homo oeconomicus. Band XI, Nummer 1, ACCEDO Verlagsgemeinschaft, München 1994, S. 2. bsfrey.ch (PDF)
  16. J. Henderlong, M. R. Lepper: The effects of praise on children’s intrinsic motivation: A review and synthesis. In: Psychological Bulletin. 128(5) 2002, S. 774–795.
  17. J. M. Harackiewicz: Performance evaluation and intrinsic motivation processes: The effects of achievement orientation and rewards. In: D. Buss, N. Cantor (Hrsg.): Personality Psychology: Recent trends and emerging directions. Springer, New York 1989, S. 128–137.
  18. C. S. Dweck: Self-theories: Their role in motivation, personality, and development. Psychology Press, Philadelphia 1999.
  19. F. Salili: Learning and motivation: An Asian perspective. In: Psychology and Developing Societies. 8, 1996, S. 55–81.
  20. S. J. Heine: Is there a universal need for positive self-regard? In: Psychological Review, 106(4), 1999, S. 766–794.
  21. C. C. Lewis: Educating hearts and minds: Reflections on Japanese preschool and elementary education. Cambridge University Press, Cambridge UK 1995.
  22. R. M. Ryan, V. Mims, R. Koestner: Relation of reward contingency and interpersonal context to intrinsic motivation: A review and test using cognitive evaluation theory. In: Journal of Personality and Social Psychology. 45(4), 1983, S. 736–750.
  23. R. M. Ryan, V. Mims, R. Koestner: Relation of reward contingency and interpersonal context to intrinsic motivation: A review and test using cognitive evaluation theory. In: Journal of Personality and Social Psychology. 45(4), 1983, S. 736–750.
  24. Alyce M. Dickinson: The detrimental effects of extrinsic reinforcement on "intrinsic motivation". In: The Behavior Analyst. Band 12, Nr. 1, 1989, S. 1–15., PMC 2742036 (freier Volltext)
  25. "social scientists who warn that high pay will ruin the interest and motivation of … workers, rarely counsel low reward of professional services and creative efforts", Albert Bandura: Social foundations of thought and action. A social cognitive theory. Prentice-Hall, Englewood 1986, ISBN 0-13-815614-X, S. 236.
  26. Falko Rheinberg: Intrinsische Motivation und Flow-Erleben. In: Jutta Heckhausen, Heinz Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 365–387.
  27. Steven Reiss: Extrinsic and intrinsic motivation at 30: Unresolved scientific issues. In: The Behavior Analyst. Band 28, Nr. 1, 2005, S. 1–14., PMC 2755352 (freier Volltext)
  28. Judy Cameron, W. David Pierce: Reinforcement, reward, and intrinsic motivation: A meta-analysis. In: Review of Educational Research. Band 64, Nr. 3, 1994, S. 363–423, doi:10.3102/00346543064003363., rer.sagepub.com (Memento des Originals vom 25. Februar 2016 im Internet Archive; PDF; 7,1 MB)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  29. Judy Cameron, Katherine M. Banko, W. David Pierce: Pervasive negative effects of rewards on intrinsic motivation. The myth continues. In: The Behavior Analyst. Band 24, Nr. 1, 2001, S. 1–44., PMC 2731358 (freier Volltext).
  30. Edward L. Deci, Richard M. Ryan, Richard Koestner: The Pervasive Negative Effects of Rewards on Intrinsic Motivation: Response to Cameron (2001). In: Review of Educational Research. Band 71, Nr. 1, Frühling 2001, S. 43–51, doi:10.3102/00346543071001043.
  31. auch Edward L. Deci, Richard M. Ryan, Richard Koestner: Extrinsic Rewards and Intrinsic Motivation in Education: Reconsidered Once Again. (PDF; 1,5 MB). In: Review of Educational Research. Band 71, Nr. 1, Frühling 2001, S. 1–27, doi:10.3102/00346543071001001.


Diese Seite wurde zuletzt am 9. Juni 2021 um 11:21 Uhr bearbeitet.



Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Korrumpierungseffekt

08.01.2023

Klasse gegen Klasse KP Chinas entmachtet Jack Ma

jungewelt.de, Ausgabe vom 09.01.2023, Von Jörg Kronauer, Kommentar


imago images/VCG

Jack Ma, Gründer der Alibaba Group, spricht während des China Green Companies Summit am 29. September 2020 in Haikou


Der Abstieg des Jack Ma setzt sich fort. Noch vor wenigen Jahren war der Gründer des chinesischen Internetriesen Alibaba ein international gefeierter Star: Im Jahr 2014 schaffte er in New York mit seinem Unternehmen den bis dahin größten Börsengang der Geschichte; im Jahr 2017 plazierte ihn das US-Wirtschaftsblatt Fortune auf Platz zwei seiner Liste der »Greatest Leaders«. Kurz zuvor, im Januar 2017, hatte er persönlich mit Donald Trump über Pläne für sein US-Geschäft diskutiert. Dann kam sein Wendepunkt: Am 24. Oktober 2020 brüskierte er in einer Rede auf einem Finanzforum in Shanghai Chinas Staatsbanker – und nun schlug Beijing zurück. Ma tauchte ab, wurde lange nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Im November hieß es, er habe sich nach Tokio abgesetzt. Im Dezember verlor er den Vorsitz in einem einflussreichen Unternehmerforum in der Provinz Zhejiang, und am Wochenende musste er seine Kontrolle über die Ant Group preisgeben, Alibabas Finanzarm. Zu den zehn reichsten Chinesen zählt er immer noch; seine Macht aber schwindet schnell.


Der Grund? Nun, eines liegt nahe: Ma war schlicht zu mächtig geworden. Der Milliardär kontrollierte ein Konzerngeflecht, das großen Einfluss in der Finanzbranche hatte, über Daten von Hunderten Millionen Kunden verfügte und seit 2016 mit der South China Morning Post eine Tageszeitung besaß, die international wahrgenommen wird. Wer sich unter solchen Bedingungen mit der herrschenden Partei anlegt, kann ihr gefährlich werden. Ma ist zuweilen mit Michail Chodorkowski verglichen worden, der sich ab 2001, damals der reichste Russe, mit der Regierung anlegte, Kontakte in den Westen pflegte sowie politische Ambitionen entwickelte. Die Geschichte seines Absturzes ist bekannt.


Ist Ma also nichts anderes als ein chinesischer Chodorkowski? Ja und nein. Ja – siehe oben. Nein: Sein Fall hat weitere Dimensionen. Als Ma sich im Oktober 2020 mit den Staatsbankern anlegte, ging es ihm darum, eine Option zu hochriskanten Finanzgeschäften zu eröffnen – im Interesse seines Konzerns, aber gegen das klare Interesse der Allgemeinheit, die bei einem Finanzcrash ja gewöhnlich die Zeche zahlt. Dass sich derlei Partikularinteressen durchsetzen, dass damit die Herrschaft der Partei letztlich gebrochen und das politische System auch für den Zugriff von außen geöffnet wird: Darauf haben lange Zeit Politik und Wirtschaft im Westen gehofft. Mas Abstieg zeigt: Ihre Hoffnung hat getrogen.


Und: Ma wird nicht einfach durch konkurrierende Milliardäre ausgetauscht. In der Leitung der Ant Group stärkt die Partei systematisch ihren Einfluss. Als das Unternehmerforum in Zhejiang Mas Ablösung an seiner Spitze bekanntgab, hielt ein Parteivertreter die Hauptrede und bekräftigte den Führungsanspruch der Partei. Parallel schrumpft in China die Zahl der Milliardäre – im vergangenen Jahr um rund ein Fünftel. Mit Ma wurde nicht einfach ein rivalisierender Milliardär ausgeschaltet, sondern ein Vertreter seiner Klasse, der daran ging, der Partei die Macht abzuringen.


Info: https://www.jungewelt.de/artikel/442423.klasse-gegen-klasse.html


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

08.01.2023

Wie Lieferungen westlicher Panzer an die Ukraine die Frontlage verändern – eine Analyse

meinungsfreiheit.rtde.life, 8 Jan. 2023 18:59 Uhr, Von Michail Mokschin und Andrei Restschikow

Nach der Zusage des französischen Präsidenten Macron, Radpanzer des Typs AMX-10 RC an die Ukraine zu liefern, fordert Kiew mehr und schwerere Panzer. Der Beginn der Lieferungen westlicher Maschinen zeuge aber auch vom Ende sowjetischer Panzerbestände im Westen, erklären Experten.


Quelle: Gettyimages.ru © Anadolu Agency



Der Westen beabsichtigt, mit Lieferungen von Panzern an die Ukraine eine rote Linie zu überschreiten. Dieses Thema wird bereits von Großbritannien und Deutschland mit ihren Partnern besprochen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versprach, Kiew Radpanzer vom Typ AMX-10 RC zu liefern, doch die ukrainische Regierung besteht auf der Übergabe schwererer Maschinen, darunter des US-amerikanischen M1 Abrams und des deutschen Leopard 2. Warum bittet die Ukraine um NATO-Panzer und wie können sie den Verlauf der Kampfhandlungen beeinflussen?


Großbritannien und Deutschland verhandeln mit internationalen Partnern über militärische Hilfen an Kiew, deren Teil Panzer werden können. Dies gab der britische Außenminister James Cleverly bekannt. Demnach benötige die Ukraine diese Lieferungen "für das nächste Stadium der Selbstverteidigung". Die Frage, "woher sie kommen werden und wer unter den Alliierten sie liefern" werde, sei allerdings offen.


"Vielleicht alt, aber leistungsstark": Frankreich will der Ukraine "leichte Panzer" liefern





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Zuvor hatte Macron am 4. Januar versprochen, Radpanzer vom Typ AMX-10 RC an die Ukraine zu liefern. Als Reaktion darauf behauptete der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij, dass diese Lieferung das Fehlen von "rationalen Gründen" gegen Lieferungen westlicher Kampfpanzer belege. Selenskij bezeichnete Macrons Entscheidung als ein klares Signal an alle Verbündeten der Ukraine.


Diese Entscheidung war der erste Fall von Lieferungen von Panzern westlicher Bauart an Kiew. Wie viele Maschinen übergeben werden, wurde nicht berichtet. Nach Schätzungen französischer Experten könnte Paris 30 solcher Panzer übergeben, weil sie durch modernere Maschinen ersetzt werden.


Der AMX-10 RC war in den 1970er Jahren als Spähpanzer entwickelt worden. Er wurde von französischen Truppen zur Aufklärung und Panzerbekämpfung eingesetzt, darunter während der Operation "Barkhane" in Afrika, die offiziell im November des vergangenen Jahres beendet wurde. Nach Schätzungen westlicher Experten kann der AMX-10 RC dank seiner Manövrierfähigkeit und Geschwindigkeit schnell zuschlagen. Die Maschine kann bei Militäroperationen vor Kolonnen von Kampfpanzern eingesetzt werden. Allerdings sei ihre vergleichsweise leichte Panzerung ein bedeutender Nachteil angesichts der schweren russischen Geschütze.


Im Herbst des vergangenen Jahres übergab Australien an die Streitkräfte der Ukraine 90 gepanzerte Fahrzeuge vom Typ Bushmaster, die gegen Personenminen und weitere Bedrohungen geschützt sind. Darüber hinaus stellte das Pentagon der Ukraine über 2.000 militärische Fahrzeuge, darunter 477 MRAP und über 1.200 Humvee, zur Verfügung.


Leopard 2 für Kiew? Konzertierter politisch-medialer Druck auf Berlin





Analyse

Leopard 2 für Kiew? Konzertierter politisch-medialer Druck auf Berlin





Doch Kiew bittet den Westen um schwerere Panzer, darunter US-amerikanische M1 Abrams und deutsche Leopard 2. Die Rede ist auch von französischen Leclerc-Panzern, die schwerer, leistungsstärker und besser geschützt sind als der AMX-10. Diese Frage wird in Paris unter anderem wegen Schwierigkeiten bei der Ausbildung ukrainischer Panzerbesatzungen erst untersucht.


Die Administration von Joe Biden schließt Lieferungen von Abrams-Kampfpanzern an die Ukraine aus. Diese Panzer wiegen 55 Tonnen und werden von einer Turbine angetrieben, die Treibstoff äußerst schnell verbraucht. Diese Angaben machte eine anonyme Quelle aus US-amerikanischen offiziellen Kreisen gegenüber der Zeitung The Washington Post. Abrams-Panzer fallen oft aus und erfordern eine große Erfahrung bei ihrer Wartung, so die Meldung. Allerdings erklärte Biden am 4. Januar, dass Washington Lieferungen von Schützenpanzern des Typs Bradley an die Ukraine erwäge.


Diese Maschine ist mit einer leistungsfähigen Kanone ausgestattet und war seit den 1980er Jahren das wichtigste Transportmittel der US-Infanterie am Schlachtfeld. Die US-amerikanische Armee verfügt über Tausende von Bradleys. Der Bradley ist ein gepanzertes Fahrzeug, das auch als Transporter eingesetzt und bis zu zehn Personen, Munition und Funkgeräte befördern kann. Die Maschine wird durch Ketten angetrieben, ist aber viel leichter und manövrierfähiger als ein Kampfpanzer.


Im ersten Quartal des laufenden Jahres wird Deutschland der Ukraine 40 Marder-Schützenpanzer übergeben, wie der Sprecher der Bundesregierung Steffen Hebestreit am Freitag bekannt gab. Dieser Schützenpanzer war in den 1970er Jahren für die Panzergrenadiere der Bundeswehr entwickelt worden und bleibt bis heute die Hauptmaschine in seiner Klasse.

Indessen behauptete der Pressesprecher des Pentagon, Brigadegeneral der Luftwaffe Patrick Ryder, in Bezug auf die Möglichkeiten, der Ukraine Abrams-Panzer zu liefern, dass er über keine weiteren Angaben dazu verfüge. Er merkte an, dass die USA ein neues Militärhilfspaket ankündigen wollen. Mittel- und langfristig erwäge Washington "alle verfügbaren Varianten".

Nach Angaben der US-amerikanischen Zeitung Politico werde das neue Militärhilfspaket erstmals radargesteuerte Flugabwehrraketen vom Typ Sea Sparrow zum Abfangen von Flugzeugen und Marschflugkörpern beinhalten. Wie die Zeitung berichtete, sei es den ukrainischen Militärs bereits gelungen, sowjetische Raketensysteme vom Typ Buk für neue US-amerikanische Munition umzubauen.


USA schließen Lieferung von Abrams an die Ukraine aus technischen Gründen aus





USA schließen Lieferung von Abrams an die Ukraine aus technischen Gründen aus






Zuvor hatte der US- Militärexperte Peter Suciu in einem auf dem Portal 1945 veröffentlichten Kommentar den Panzer M1 Abrams unter den drei Waffensystemen genannt, die die USA niemals der Ukraine übergeben würden. Die beiden weiteren Waffensysteme seien F-16-Jäger und Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS. Das Erscheinen dieser Flugzeuge und Raketen im Dienst der ukrainischen Armee sei als eine direkte Beteiligung der NATO am Krieg gegen Russland ausgelegt worden, so Suciu. Der Grund für das Verweigern der Abrams-Panzer sei allerdings ein anderer. Nach Meinung des Experten vermutet das Pentagon, dass eine Ausbildung der ukrainischen Soldaten an diesem Panzer zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde.


Auf die gleiche Weise begründete der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu die Unmöglichkeit, Leclerc-Panzer an die Ukraine zu übergeben. Deren Wartung sei für das ukrainische Militär zu kompliziert. Lecornu erklärte dies in einem Interview mit der Zeitung Le Figaro vor dem neuen Jahr gleich nach seinem Besuch in Kiew und dem Gespräch mit Selenskij.

Der Doktor für Militärwissenschaften Konstantin Siwkow sagte:

"Den westlichen Partnern der Ukraine sind die Vorräte sowjetischer Panzer, die an die ukrainischen Streitkräfte übergeben wurden, ausgegangen."

Siwkow erinnerte an das vom Pentagon im November des vergangenen Jahres angekündigte Militärhilfspaket. Damals wurde gemeldet, dass die USA im Rahmen des weiteren, 400 Millionen US-Dollar schweren Pakets 45 Panzer vom Typ T-72 der Ukraine bereitstellen werden. Er erklärte:

"Was jetzt kommt, ist eine Kompilation sowjetischer T-72-Panzer, genauer gesagt, jener Exportversion, die im Dienst der ehemaligen Tschechoslowakei stand. Ihre Panzerung ist im Vergleich zu Kampfpanzern der sowjetischen Armee schwächer, sie sind mit ausländischen Triebwerken und einigen weiteren ausländischen Bauteilen ausgestattet. Diese Panzer, 45 an der Zahl, werden im Kampfgebiet erscheinen. Doch wie Sie verstehen, werden sie keinen bedeutenden Einfluss auf den Kampfverlauf nehmen."

Unter substanziellen Lieferungen seien einige Hunderte Kampffahrzeuge zu verstehen, so Siwkow:

"Genau deswegen fordert Kiew Panzer, egal welche. Doch weil den Europäern sowjetische Maschinen ausgegangen sind, wird die Rede von Waffen westlicher Bauart sein. Dabei sehen wir den Unwillen der USA, der Ukraine Panzer vom Typ M1 Abrams zu liefern, und auch die Verbündeten der USA zeigen bei Lieferungen von Panzern keine besondere Eile."

Die Radpanzer AMX-10 RC seien im Grunde keine vollwertigen Panzer, sagte Siwkow. Es handele sich um Panzerjäger oder Spähfahrzeuge mit Radantrieb. Ihre Panzerung sei schwach und schütze nur gegen Kugeln und Splitter, die 105-Millimeter-Kanone entspreche nicht den modernen Anforderungen an Panzerdurchschlagskraft. Solche Maschinen können durch einfachste Geschosse eines Kampfpanzers vernichtet werden, so Siwkow.


Der Militärexperte Wladislaw Schurygin stimmte Siwkows Einschätzung des französischen Radpanzers AMX-10 RC zu. Er erklärte:

"Sie stellen keine Gefahr dar – im Grunde ist es eine Kanone mit Selbstantrieb, ein selbstfahrendes Geschütz, das wie eine Haubitze schießen kann."

Doch werden die Lieferungen westlicher Panzer anstelle von sowjetischen auch bedeutendere "Geschenke" umfassen, vermutete Schurygin:

"In dem Maße, wie solche leichten Panzer 'ausgeschaltet' werden, werden über den eingeschlagenen Weg Lieferungen von etwas wie den deutschen Leopard-Panzern beginnen. Möglicherweise werden auch die Engländer etwas übergeben."

"In jedem Fall werden die Panzer kommen, denn für den Westen ist es unmöglich, solche Technik der Ukraine nicht zu übergeben", versicherte Schurygin. Daher würden die ukrainischen Streitkräfte alle geforderten Kampfpanzer erhalten: "Natürlich wird das Erscheinen von westlichen Panzern bei der ukrainischen Armee die Frontlage beeinflussen. Während der Spezialoperation schalteten die russischen Streitkräfte über 2.000 gegnerische Panzer aus, darunter solche, die von den USA in den ehemaligen Ostblockstaaten aufgekauft und dem ukrainischen Militär übergeben wurden. Man kommt nicht umhin, weitere auszuschalten."


Anders als der mediale Mainstream: Deutsche lehnen Panzerlieferung an Kiew mehrheitlich ab




Anders als der mediale Mainstream: Deutsche lehnen Panzerlieferung an Kiew mehrheitlich ab






Ergänzend könnte hinzugefügt werden, dass der Sekretär des ukrainischen Nationalsicherheits- und Verteidigungsrats Alexei Danilow dem Bundeskanzler Olaf Scholz mit "Kämpfen gegen Russen bei Berlin" drohte, sollte die BRD keine Kampfpanzer an Kiew liefern. Laut einer Umfrage, die vom soziologischen Institut YouGov im Auftrag der dpa durchgeführt wurde, lehnt eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung Panzerlieferungen an die Ukraine ab.


Der Leiter des Zentrums für globale Forschungen und internationale Beziehungen des Instituts für aktuelle internationale Probleme der Diplomatischen Akademie des russischen Außenministeriums Wadim Kosjulin merkte ebenfalls an, dass Kiew nach Ersatz für sowjetische Technik suchen muss. Er erklärte:

"Momentan sehen wir aber nur, dass der Westen nur altes Gerät und keine leistungsfähigen modernen Waffen liefert. Und dieser Vorgang wird sich fortsetzen."

Kosjulin zufolge seien für Russland Lieferungen von modernen Kampfpanzern eine der roten Linien. Im Westen wisse man nicht, welche Waffenlieferungen Russland für ein Überschreiten der roten Linie erachten werde, und versuche, Moskaus Reaktion durch "kleine Schritte" abzutasten. Der Experte vermutete:

"Ich denke, dass Lieferungen moderner Waffen zum Überschreiten der roten Linie werden könnten. Für Russland würde dies signalisieren, dass die NATO sich am Konflikt direkt beteiligt."

Wie Kosjulin erklärte, würden Panzerlieferungen an die Ukraine das Kräfteverhältnis verändern, weil zu deren Vernichtung Ressourcen und Waffen erforderlich werden. Gegenwärtig beteilige sich die NATO am Ukraine-Konflikt vergleichsweise zurückhaltend. Moderne Panzerfahrzeuge, Luftabwehrsysteme, Raketensysteme sowie Flugzeuge und leistungsstarke Drohnen würden nicht geliefert. Allerdings verfüge das ukrainische Militär bereits über fortschrittliche Fernmelde- und Spähmittel, so Kosjulin.


Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei Wsgljad.


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Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/europa/159262-wie-lieferungen-westlicher-panzer-frontlage-veraendern


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08.01.2023

Bidens Existenzangst in der Ukraine - Biden’s existential angst in Ukraine

seniora.org, 08. Januar 2023, Von M. K. Bhadrakumar, Januar 8, 2023 - indianpunchline.com

"Aus einer gesamtstrategischen Perspektive kann man gar nicht genug betonen, welch verheerende Folgen es hätte, wenn Putin sein Ziel, die Ukraine zu übernehmen, erreichen würde".


Zitat: Der parteiübergreifende Konsens im Beltway darüber, dass die Vereinigten Staaten die "unverzichtbare" Weltmacht sind, wird in der Regel den Neocons zugeschrieben, die seit den 1970er Jahren die treibende Kraft der US-Außen- und Sicherheitspolitik sowohl in den Regierungen der Demokraten als auch der Republikaner waren.


President Vladimir Putin attending Christmas Mass, Annunciation Cathedral, Kremlin, Moscow, January 7, 2023 (Bild)


Der Artikel in der Washington Post vom Samstag mit dem Titel Die Zeit ist nicht auf der Seite der Ukraine, der von Condoleezza Rice, der ehemaligen Außenministerin unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush, und Robert Gates, der sowohl unter Bush als auch unter seinem Nachfolger Barack Obama von der Demokratischen Partei tätig war, mitverfasst wurde, verdeutlicht dieses Paradigma.


Rice und Gates unterstützen den Krieg von Präsident Biden gegen Russland. Sie vertreten jedoch die These, dass die USA und die NATO-Verbündeten in der Ukraine "drastisch" eingreifen sollten, um eine direkte militärische Intervention zu verhindern, die andernfalls unvermeidlich werden könnte.


Die Stellungnahme erinnert an die beiden Weltkriege, die den Aufstieg der USA zur Weltmacht markierten, und warnt, dass die von den USA geführte "regelbasierte Ordnung" - ein Codewort für die globale Hegemonie der USA - in Gefahr ist, wenn Biden in der Ukraine versagt.


Rice und Gates räumen indirekt ein, dass der hybride Krieg, den Russland führt, im Gegensatz zur bisherigen triumphalistischen Darstellung des Westens auf der Siegesstraße ist. Offensichtlich zerrt die erwartete russische Offensive an ihren Nerven.


Die Stellungnahme steht auch im Zusammenhang mit der amerikanischen Politik. Die Pattsituation um den Sprecher des Repräsentantenhauses und ihre dramatische Zuspitzung in einem erbitterten politischen Kampf zwischen den Republikanern lässt einen dysfunktionalen Kongress bis zu den Wahlen 2024 erahnen.


Der Sprecher Kevin McCarthy, der übrigens die Unterstützung des ehemaligen Präsidenten Donald Trump hatte, hat schließlich gewonnen, aber erst nachdem er eine Reihe von Zugeständnissen an den populistischen Flügel gemacht hat, was seine Autorität geschwächt hat. Die AP berichtete: "Es wurde mit dem Finger gezeigt, Worte wurden gewechselt und Gewalt wurde offenbar gerade noch abgewendet... Es war das Ende einer bitteren Pattsituation, die die Stärken und die Zerbrechlichkeit der amerikanischen Demokratie gezeigt hatte."


Ein hochrangiger Kreml-Politiker hat sich interessanterweise bereits dazu geäußert. McCarthy selbst nannte in seiner Erklärung nach der Wahl zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses bei der Bekanntgabe seiner Prioritäten für die kommenden Monate das Engagement für eine starke Wirtschaft, die Bekämpfung der illegalen Einwanderung über die mexikanische Grenze und den Wettbewerb mit China, ließ aber jeden Hinweis auf die Lage in der Ukraine oder die Bereitstellung von Mitteln für Kiew aus.


Noch im November hatte er erklärt, die Republikaner im US-Repräsentantenhaus würden sich einer unbegrenzten und ungerechtfertigten Finanzhilfe für die Ukraine widersetzen.


Nun sind Rice und Gates Republikaner, die sich weigern, im Gleichschritt mit Trump zu marschieren. Aber auch wenn er an Einfluss verloren hat, ist Trump immer noch ein aktiver Akteur, der eine massive Präsenz und funktionale Kontrolle ausübt und bei weitem die größte Stimme in der Republikanischen Partei ist. Was die GOP heute ausmacht, ist zweifellos Trump. Daher wird seine Unterstützung für McCarthy von entscheidender Bedeutung sein.


Biden ist sich dessen bewusst. Es ist denkbar, dass der Meinungsartikel von Rice und Gates vom Weißen Haus in Auftrag gegeben, vom US-Sicherheitsapparat unterstützt und von den Neocons geschrieben wurde. Tatsächlich erschien der Meinungsartikel am Tag nach der gemeinsamen Erklärung von Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz vom 5. Januar, in der sie ihre "unerschütterliche Solidarität" mit der Ukraine betonten.


Unter dem immensen Druck von Biden haben sich Deutschland und Frankreich letzte Woche den USA angeschlossen, um der Ukraine Schützenpanzer zu liefern. Scholz ließ sich auch dazu überreden, sich gegenüber Biden zu verpflichten, dass Deutschland gemeinsam mit den USA eine zusätzliche Patriot-Luftabwehrbatterie an die Ukraine liefern wird. (Ein SPD-Spitzenpolitiker hat inzwischen Vorbehalte geäußert.)


Am selben Tag, an dem der Meinungsartikel unter der Überschrift von Rice und Gates erschien, arrangierte das Pentagon - ungewöhnlich für einen Samstag - ein Pressebriefing von Laura Cooper, stellvertretende Verteidigungsministerin für Russland, die Ukraine und Eurasien, für internationale Sicherheitsfragen. Cooper wies ausdrücklich darauf hin, dass der Krieg in der Ukraine die globale Stellung der USA selbst bedroht. Sie sagte u.a.:

"Aus einer gesamtstrategischen Perspektive kann man gar nicht genug betonen, welch verheerende Folgen es hätte, wenn Putin sein Ziel, die Ukraine zu übernehmen, erreichen würde. Dies würde die internationalen Grenzen in einer Weise neu definieren, wie wir es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt haben. Und unsere Fähigkeit, diese Errungenschaften rückgängig zu machen und die Souveränität einer Nation zu unterstützen und ihr beizustehen, ist etwas, das nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt Anklang findet."


Die Katze ist endlich aus dem Sack - die USA kämpfen in der Ukraine, um ihre globale Hegemonie zu bewahren. Ob Zufall oder nicht, der ukrainische Verteidigungsminister Oleksii Reznikov hat am Wochenende in einem aufsehenerregenden Interview in Kiew zugegeben, dass Kiew sich bewusst von der NATO in ihrem Konflikt mit Moskau benutzen lässt!


Zitat Reznikov: "Auf dem NATO-Gipfel in Madrid" im Juni 2022 "wurde klar umrissen, dass die Hauptbedrohung für die Allianz im kommenden Jahrzehnt die Russische Föderation sein würde. Heute ist die Ukraine dabei, diese Bedrohung zu beseitigen. Wir führen heute die Mission der NATO aus. Sie vergießen nicht ihr Blut. Wir vergießen das unsere. Deshalb sind sie verpflichtet, uns mit Waffen zu versorgen."


Reznikov, ein ehemaliger Offizier der sowjetischen Armee, behauptete, dass er persönlich kürzlich Urlaubsgrußkarten und Textnachrichten von westlichen Verteidigungsministern in diesem Sinne erhalten hat.


Der Einsatz könnte nicht höher sein, wenn Reznikov Klartext redet, nicht wahr? Am Samstag kündigte das Pentagon das bisher größte Sicherheitspaket der Biden-Administration für die Ukraine im Rahmen des Presidential Drawdown an.


Offensichtlich zieht die Biden-Regierung alle Register. Eine weitere Sitzung des UN-Sicherheitsrats ist für den 13. Januar angesetzt.


Aber Putin hat deutlich gemacht, dass "Russland für einen ernsthaften Dialog offen ist - unter der Bedingung, dass die Kiewer Behörden die wiederholt gestellten klaren Forderungen erfüllen und die neuen territorialen Gegebenheiten anerkennen."


Was den Krieg anbelangt, so sind die Nachrichten aus dem Donbass äußerst besorgniserregend. Soledar ist in russischer Hand und die Wagner-Kämpfer ziehen die Schlinge um Bakhmut, einen strategischen Kommunikationsknotenpunkt und Dreh- und Angelpunkt der ukrainischen Einsätze im Donbass, immer enger.

Andererseits zeigt sich Moskau wider Erwarten unbeeindruckt von sporadischen, theatralischen ukrainischen Drohnenangriffen innerhalb Russlands. Die russische öffentliche Meinung steht weiterhin fest hinter Putin. Der Befehlshaber der russischen Streitkräfte, General Sergej Surowikin, hat der Befestigung der so genannten 'Kontaktlinie' Priorität eingeräumt, die sich als wirksam gegen ukrainische Gegenangriffe erweist.


Das Pentagon ist sich über Surovikins Gedankengang nicht sicher. Nach dem, was sie von seinem brillanten Erfolg bei der Vertreibung von NATO-Offizieren aus dem syrischen Aleppo im Jahr 2016 wissen, ist der Zermürbungskrieg Surovikins Stärke. Aber man weiß ja nie. Man sollte sich also auf eine Panzerschlacht wie bei Kursk im 2. Weltkrieg vorbereiten!


In der Zwischenzeit rüstet Russland in Weißrussland immer weiter auf. Die Raketensysteme S-400 und Iskander sind dort stationiert worden. Ein Angriff der NATO (Polen) auf Weißrussland ist nicht mehr realistisch. Am 4. Januar begrüßte Putin das neue Jahr, als die gewaltige Fregatte Admiral Gorschkow mit dem "hochmodernen Hyperschall-Raketensystem Zircon, das keine Entsprechung hat", zu einer "Langstrecken-Mission über den Atlantik, den Indischen Ozean und das Mittelmeer" aufbrach.

Eine Woche zuvor wurde das sechste raketenbestückte strategische Atom-U-Boot der Borei-A-Klasse, die Generalissimus Suvorov, in die russische Marine aufgenommen. Diese U-Boote können 16 ballistische Interkontinentalraketen vom Typ Bulava transportieren. 


Der Nebel des Krieges umhüllt die russischen Absichten. Rice und Gates haben gewarnt, dass die Zeit für Russland arbeitet: "Die militärischen Fähigkeiten und die Wirtschaft der Ukraine hängen jetzt fast vollständig von den Lebensadern des Westens ab - in erster Linie von den Vereinigten Staaten. Ohne einen weiteren großen ukrainischen Durchbruch und Erfolg gegen die russischen Streitkräfte wird der westliche Druck auf die Ukraine, einen Waffenstillstand auszuhandeln, mit den Monaten des militärischen Stillstands zunehmen. Unter den derzeitigen Umständen würde jeder ausgehandelte Waffenstillstand den russischen Streitkräften eine starke Position verschaffen."


Bidens Telefonat mit Scholz am Freitag zeigt, wie besorgt er ist. Angesichts der Zersplitterung der politischen Klasse im eigenen Land kann sich Biden auch keine Risse in der Einheit der Verbündeten leisten.


Seltsamerweise war dies auch die Hauptaussage eines Artikels, den ein führender russischer Experte, Andrej Kortunow, vor zwei Wochen in der Tageszeitung der Kommunistischen Partei Chinas, Global Times, unter dem Titel US domestic woes could push Ukraine to sidelines of American public discourse veröffentlichte.


Kortunov schrieb: "Wenn man die Emotionen beiseite lässt, muss man akzeptieren, dass der Konflikt nicht nur für die Ukraine und Russland, sondern auch für die USA bereits existenziell geworden ist: Die Biden-Administration kann eine Niederlage in der Ukraine nicht hinnehmen, ohne große negative Auswirkungen auf die Positionen der USA in der ganzen Welt zu befürchten."

Kortunow schrieb dies gut eine Woche, bevor Rice und Gates die gleiche metaphysische Wahrnehmung der Realität bekamen.


Quelle: https://www.indianpunchline.com/bidens-existential-angst-in-ukraine /


Übersetzung mit deeple pro von seniora.org

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 Biden’s existential angst in Ukraine

By M. K. Bhadrakumar

January 8, 2023

https://www.indianpunchline.com/bidens-existential-angst-in-ukraine/

The bipartisan consensus in the Beltway on the United States being    the ‘indispensable’ world power is usually attributed to the neocons who have been the driving force of the US foreign and security policy in both Democratic and Republican administrations through the decades since the 1970s.

The op-end in the Washington Post on Saturday titled Time is not on Ukraine’s side, coauthored by Condoleezza Rice, former Secretary of State under a Republican president George W. Bush, and Robert Gates, under both Bush and his successor Barack Obama from the Democratic Party, highlights this paradigm.

Rice and Gates are supportive of President Biden’s war against Russia. But their thesis is that the US and NATO allies should ‘dramatically’ step up in Ukraine to forestall a direct military intervention that may otherwise become inevitable. 

The op-ed harks back to the two world wars that marked the US’ ascendance as world power and warns that the US-led ‘rules-based order’ — code word for US global hegemony — is in peril if Biden fails in Ukraine. 

Rice and Gates indirectly acknowledge that the hybrid war that Russia has been waging is actually on a winning streak, contrary to the western triumphalist narrative so far. Evidently, the expected Russian offensive is rattling their nerves. 

Equally, the op-ed is contextual to American politics. The House speaker stalemate and its dramatic denouement in a bare-knuckle political fight among Republicans presages a dysfunctional Congress between now and 2024 election. 

The are speaker, Kevin McCarthy, who, incidentally, had former president Donald Trump’s backing, finally won but only after making a series of concessions to the populist wing, which has weakened his authority. The AP reported, “Fingers were pointed, words exchanged and violence apparently just averted… It was the end of a bitter standoff that had shown the strengths and fragility of American democracy.”

senior Kremlin politician, interestingly, already commented on it. McCarthy himself, in his statement after election as the new House speaker, while announcing his priorities in the months ahead, listed commitment to a strong economy, counteracting illegal immigration through the Mexican border and competing with China, but omitted any reference to the situation in Ukraine or providing funds to Kiev. 

Indeed, earlier in November, he had asserted that the Republicans in the US House of Representatives would resist unlimited and unjustified financial aid to Ukraine. 

Now, Rice and Gates are borderline Republicans who refuse to march in lockstep with Trump. But, although a diminished player, Trump still remains an active player, a massive presence and exercises functional control and is by far the largest voice in the Republican Party. Arguably, what defines the GOP today is Trump. Therefore, his backing for McCarthy is going to be consequential.

Biden understands that. Conceivably, the Rice-Gates op-ed was mooted by the White House, sponsored by the US security establishment and scripted by the neocons. In fact, the op-ed appeared on the day after the January 5 joint statement by Biden and German Chancellor Olaf Scholz underscoring their ‘unwavering solidarity’ with Ukraine. 

Under immense pressure from Biden, Germany and France joined the US last week to provide Ukraine with Infantry Fighting Vehicles. Scholz also was persuaded to commit to Biden that Germany will join the US in supplying an additional Patriot air defense battery to Ukraine. (A top SPD politician has since voiced reservations.) 

On the same day as the op-ed appeared under the byline of Rice and Gates, Pentagon arranged, unusually for a Saturday, a Press briefing by Laura Cooper, Deputy Assistant Secretary of Defense, International Security Affairs for Russia, Ukraine, Eurasia. Cooper noted explicitly that the war in Ukraine threatens the US’ global standing itself. She Sais, inter alia: 

“From an overall strategic perspective, it is hard to emphasise enough the devastating consequences if Putin were to be successful in achieving his objective of taking over Ukraine. This would rewrite international boundaries in a way that we have not seen since World War II. And our ability to reverse these gains and to support and stand by the sovereignty of a nation, is something that resonates not just in Europe, but all around the world.” 

The cat is out of the bag, finally — the US is fighting in Ukraine to preserve its global hegemony. Coincidence or not, in a sensational interview in Kiev, Ukrainian Defence Minister Oleksii Reznikov also admitted over the weekend that Kiev has consciously allowed itself to be used by NATO in the bloc’s wider conflict with Moscow! 

To quote Reznikov, “At the NATO Summit in Madrid” in June 2022, “it was clearly delineated that over the coming decade, the main threat to the alliance would be the Russian Federation. Today Ukraine is eliminating this threat. We are carrying out NATO’s mission today. They aren’t shedding their blood. We’re shedding ours. That’s why they’re required to supply us with weapons.” 

Reznikov, an ex-Soviet army officer,  claimed that he personally recently received holiday greeting cards and text messages from Western defense ministers to this effect.

The stakes couldn’t be higher, isn’t it, with Reznikov doing some plain speaking? On Saturday, Pentagon announced the Biden Administration’s single biggest security assistance package for Ukraine so far from the Presidential Drawdown.

Evidently, the Biden Administration is pulling out all the stops. Another UN Security Council meeting has been scheduled for Jan. 13.

But Putin has made it clear that “Russia is open to a serious dialogue   – under the condition that the Kiev authorities meet the clear demands that have been repeatedly laid out, and recognise the new territorial realities.”

As for the war, in immediate terms, the tidings from Donbass are extremely worrisome. Soledar is in Russian hands and the Wagner fighters are tightening the noose around Bakhmut, a strategic communication hub and linchpin of Ukrainian deployments in Donbass. 

On the other hand, contrary to expectations, Moscow is unperturbed about sporadic theatrical Ukrainian drone strikes inside Russia. The Russian public opinion remains firmly supportive of Putin. The commander of the Russian forces, Gen. Sergey Surovikin has prioritised the fortification of the so-called ‘contact line.’ which is proving effective against Ukrainian counterattacks.

Pentagon is unsure of Surovikin’s thought process. From what they know of his brilliant success in evicting NATO officers from Syria’s Aleppo in 2016, attrition war is Surovikin’s forte. But one never knows. So, one had better prepare for a tank battle as in Kursk in World War 2!

Meanwhile, a steady Russian build-up in Belarus is underway. The S-400 and Iskander missile systems have been deployed there. A NATO (Polish) attack on Belarus is no longer realistic. On January 4, Putin hailed the New Year, as the formidable frigate Admiral Gorshkov carrying “cutting-edge Zircon hypersonic missile system, which has no analogue” embarked on a “a long-distance naval mission across the Atlantic and Indian Oceans, as well as the Mediterranean Sea.”

A week earlier, the sixth missile-carrying strategic nuclear-powered submarine of the Borei-A class, The Generalissimus Suvorov, joined the Russian Navy. Such submarines are capable of carrying 16 inter-continental ballistic missiles Bulava.   

The fog of war envelops Russian intentions. Rice and Gates have warned that time works in favour of Russia: “Ukraine’s military capability and economy are now dependent almost entirely on lifelines from the West — primarily, the United States. Absent another major Ukrainian breakthrough and success against Russian forces, Western pressures on Ukraine to negotiate a cease-fire will grow as months of military stalemate pass. Under current circumstances, any negotiated cease-fire would leave Russian forces in a strong position.” 

Biden’s call to Scholz on Friday shows the angst in his mind. With the fragmentation of the political class at home, Biden can ill afford cracks in allied unity as well.

Curiously, this was also the main thrust of an article a fortnight ago by a top Russian pundit Andrey Kortunov in the Chinese Communist Party daily Global Times titled US domestic woes could push Ukraine to sidelines of American public discourse

Kortunov wrote, “Putting emotions aside, one has to accept that the conflict has already become existential not only for Ukraine and Russia, but for the US as well: the Biden administration cannot accept a defeat in Ukraine without facing major negative implications for the US positions all over the world.”

Kortunov was writing well over a week before Rice and Gates began getting the same metaphysical perception of the reality.


Info: https://seniora.org/politik-wirtschaft/bidens-existenzangst-in-der-ukraine-biden-s-existential-angst-in-ukraine?acm=3998_1609


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08.01.2023

Die Philippinen: Für China und USA von zentraler strategischer Bedeutung

meinungsfreiheit.rtde.life, 8 Jan. 2023 10:40 Uhr, Von Timur Fomenko

Die Philippinen unterhalten wichtige Handelsbeziehungen zu Peking, aber Washington sieht in dem Archipelstaat einen militärischen Stützpunkt bei potenziellen Feindseligkeiten gegen China in der Taiwan-Frage. Auf welche Seite wird sich Manila schlagen?


Quelle: Legion-media.ru © KTSDESIGN (Bild)


Ferdinand Marcos Jr., der Präsident der Philippinen, eröffnete das Jahr 2023 mit einem Besuch in China, bei dem 14 bilaterale Abkommen zwischen Manila und Peking unterzeichnet wurden.


Die Falken im US-Kongress treiben die USA in einen Konflikt um Taiwan hinein





Analyse

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Zwischen den beiden Ländern ist diese Art der Diplomatie nichts Ungewöhnliches. Sie sind enge Wirtschaftspartner, wobei China der größte Exportmarkt der Philippinen und eine wichtige Quelle für eingehende Investitionen ist, vor allem im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI). Die beiden Staaten haben natürlich einige Meinungsverschiedenheiten, insbesondere wenn es um das Südchinesische Meer geht, aber sie haben sich entschieden, das Gesamtbild der bilateralen Beziehungen zumindest vorerst nicht zu trüben.


Es gibt jedoch einen Elefanten im Raum, der seinen Schatten auf die Beziehung zwischen Manila und Peking wirft. Dieser Elefant ist das Land, das sich selbst als den wahren und rechtmäßigen Beherrscher der Philippinen betrachtet – die Vereinigten Staaten von Amerika. Während Marcos Jr. die Zusammenarbeit mit China entwickelt, sieht sich der neugewählte Präsident erheblichem Druck aus Washington ausgesetzt, den USA zu erlauben, ihre militärische Präsenz im Land zu erhöhen, und möglicherweise – aufgrund der kritischen geostrategischen Lage der Philippinen – in einen potenziellen Taiwan-Konflikt verwickelt zu werden. Das hat die Außenpolitik des Archipelstaats zu einer Gratwanderung werden lassen, die im Falle eines Misserfolgs leicht im Desaster enden könnte


Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping am 4. Januar 2023 bei einer Begrüßungszeremonie für den philippinischen Präsidenten Ferdinand Romualdez Marcos Jr. in der Großen Halle des Volkes in Peking.Shen Hong / www.globallookpress.com (Bild)



Die Philippinen sind ein Grundpfeiler der amerikanischen Macht im asiatisch-pazifischen Raum. Das liegt daran, dass der Inselstaat das zweifelhafte Etikett trägt, das einzige Land in Asien zu sein, das buchstäblich eine Kolonie der USA war. Einst ein Herrschaftsgebiet des königlichen Spaniens, wurden die Inseln nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 von Washington annektiert. Dieser Krieg ermöglichte es den USA, eine Großmacht im Pazifik zu werden, und die Philippinen blieben bis 1946 in ihrem Besitz, nachdem die USA die Japaner von den Inseln vertreiben konnten.


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Infolge der Erlangung der Unabhängigkeit blieben die Philippinen weiterhin ein Verbündeter der USA. Als eine Reihe von Inseln vor der Küste Südostasiens ermöglichen die Philippinen den USA, militärische Macht auf den asiatischen Kontinent zu projizieren – zum Beispiel durch die Nutzung von Marinestützpunkten während des Vietnamkriegs. Im Norden der Inseln liegen Taiwan und Festlandchina. Angesichts dieser strategischen Lage betrachten die USA die Philippinen als entscheidendes Element auf dem Schachbrett bei jedem zukünftigen Konflikt mit China. Die Philippinen sind unerlässlich, um China daran zu hindern, seine Ansprüche auf das gesamte Südchinesische Meer auszudehnen und sich gegen eine Eventualität in der Taiwan-Frage zu wehren. Die USA hätten das mit ihren jüngsten Annäherungsversuchen an Manila nicht deutlicher machen können.


Aber so einfach sind die Dinge nicht. Obwohl es zwischen Manila und Peking Meinungsverschiedenheiten über umstrittenes Territorium im Südchinesischen Meer gibt – und man wegen der jüngsten Geschichte instinktiv pro-amerikanisch ist –, ist die Realität, dass die Philippinen auch eine arme Nation sind und die Annäherung an die USA diesen Zustand nicht lindert. Die Philippinen brauchen einen Exportmarkt, sie brauchen Investitionen in die Infrastruktur und sie brauchen den chinesischen Tourismus. China ist nicht nur ein Nachbar, sondern das am besten positionierte Land der Welt, um all diese Dinge bereitzustellen. Dies hat die bilateralen Beziehungen trotz Momenten der Spannungen stabil gemacht. Infolgedessen verhalten sich die Philippinen in ihrer Außenpolitik nicht wie ein offener Verbündeter der USA, wie es ein Land wie Japan tut, sondern versuchen, zwischen Washington und Peking sorgfältig auszugleichen.


Diese Neuausrichtung der philippinischen Außenpolitik begann mit der Präsidentschaft von Rodrigo Duterte im Jahr 2016, welcher versuchte, die geopolitische Autonomie des Landes zu behaupten, indem er Peking aktiv umwarb, während er Washington auf Abstand hielt. Dies lag daran, dass das Verständnis von Duterte darüber, was nationale Interessen ausmacht, und seine Herangehensweise an Themen wie Kriminalität und Wirtschaft, nicht mit den Visionen der USA übereinstimmten. Obwohl Duterte die USA nicht vollständig aus dem Land geworfen hat – wie seine Entscheidung zeigt, das "Abkommen über die Truppenbesuche" nicht zu kündigen –, positionierte er sein Land so, dass es nicht als Rammbock der USA gegen Peking benutzt werden könnte, weil er verstand, dass China in vielerlei Hinsicht ein nützlicher Partner ist.


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Es wird angenommen, dass der neugewählte Präsident, Ferdinand Marcos Jr., möglicherweise mehr zu den USA neigt als Duterte, insbesondere angesichts der Erblast, die er durch seinen Vater trägt. Seine Entscheidung, das Jahr mit einem offiziellen Besuch in China zu beginnen, um in den bilateralen Beziehungen einen "Gang höher zu schalten", wie er es nannte, ist jedoch ein Hinweis darauf, dass die Strategie des Ausgleichs zwischen Washington und Peking in der philippinischen Außenpolitik fortgesetzt wird. Es ist klar, dass Marcos Jr. bei seinem Besuch nicht nur versucht hat, den Aspekt der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu stärken, sondern auch China zu versichern, dass die Philippinen nicht zu einer militärischen Plattform für die USA werden.


Wie sich das aber letztendlich auswirken wird, bleibt abzuwarten. Es wird angenommen, dass die USA im Jahr 2023 versuchen werden, die Spannungen in der Straße von Taiwan weiter zu verschärfen. Das Ziel dabei wird natürlich sein, jegliche Einheit und harmonische Beziehungen zwischen China und den asiatischen Ländern zu brechen, mit der Absicht, die eigene militärische Macht tiefer zu projizieren, so wie man es im Fall der Ukraine auch getan hat. Wie wird Manila diese Krisen meistern? Wie wird man den Anfragen der USA nach mehr Zugang für die amerikanischen Streitkräfte begegnen? Und wie wird China mit dieser Situation umgehen? Während der Staatsbesuch von Ferdinand Marcos Jr. an der diplomatischen Front vielversprechend war, sagt er wenig darüber aus, was letztendlich folgen wird.


Aus dem Englischen


Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.


Mehr zum Thema - Die militärisch-strategische Dynamik des neuen Kalten Krieges im asiatisch-pazifischen Raum


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08.01.2023

Ziel: Dritter Weltkrieg? – CNN rekrutiert Washingtons schlimmsten Kriegstreiber

meinungsfreiheit.rtde.life, 7 Jan. 2023 20:38 Uhr, Von Caitlin Johnstone

CNN hat fast Lichtgeschwindigkeit erreicht und innerhalb einer Millisekunde den ehemaligen Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses, Adam Kinzinger, als Experten rekrutiert, kaum dass dieser von seinem politischen Amt abgetreten war.


Quelle: Legion-media.ru © Olekcii Mach (Bild)


Zitat: Adam Kinzinger, der vor seinem Abgang aus dem Repräsentantenhaus stattliche Wahlkampfspenden von den Waffenherstellern Lockheed Martin, Boeing, Raytheon und Northrop Grumman erhielt, galt wohl als der ungeheuerlichste Kriegshetzer auf dem Capitol Hill.


Neue Twitter-Bombe: Wie US-Geheimdienste die Tech-Giganten gefügig machten





Analyse

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Niemand im Kongress setzte sich so aggressiv dafür ein, den Dritten Weltkrieg loszutreten, wie Kinzinger es im vergangenen Jahr tat. Er versuchte, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der einen heißen Krieg gegen Russland ermöglicht hätte, falls Moskau bestimmte "rote Linien" in der Ukraine überschreiten sollte, fand aber keine Unterstützer dafür, weil selbst seine Kollegen in der Fraktion der Falken den Vorstoß für zu verrückt hielten. Kinzinger war die lauteste Stimme im US-Kongress, die bereits in den ersten Kriegswochen nach einer Flugverbotszone über der Ukraine rief, eine Forderung, die selbst von den Massenmedien kritisiert wurde, da dies zwangsläufig dazu geführt hätte, dass das US-Militär russische Kriegsflugzeuge hätte abschießen müssen, was auf aggressive Weise einen Atomkrieg provoziert hätte.


Kinzinger war im Jahr 2022 ein dermaßen wahnsinniger und gemeingefährlicher Verrückter, dass er noch während seiner Amtszeit offizielles Mitglied der vom Imperium geförderten Online-Trollfarm namens "NAFO" (North Atlantic Fellas Organization) wurde, die von einem regelrechten Neonazi gegründet wurde, der von Kinzinger sowohl vor als auch nach der Enthüllung dieser Tatsache offen unterstützt wurde – selbst nachdem Enthüllungen über den Hass des Gründers auf Juden und seine Zuneigung zu Hitler im Netz auftauchten. Noch als amtierender Kongressabgeordneter hetzte er mit dem entsprechenden Hashtag seine Mitstreiter bei "NAFO" auf Twitter-User, um deren Kritik an einer US-Außenpolitik, die seiner psychopathischen Kriegstreiberei entgegenstand, in den sozialen Medien anzugreifen und mit Kommentaren zu überfluten.



Vor dem Krieg in der Ukraine forderte Kinzinger, unmittelbar nach dem Abzug der US-Truppen, die erneute Invasion Afghanistans und tobte über den öffentlichen Widerstand gegen einen "endlosen Krieg". Davor bejubelte er Trumps Ermordung des iranischen Militärführers Qasem Soleimani, forderte US-Interventionismus in Venezuela, verteidigte den von den USA unterstützten Krieg gegen den Jemen, rief zur Invasion Syriens auf und drängte ganz allgemein bei jeder Gelegenheit auf mehr Krieg und Militarismus. Davor half er dem Imperium, als Mitglied der US Air Force, Iraker zu töten. Kinzinger ist online ein derartig unausstehlicher Kriegstreiber, dass selbst ich ihn "den schlimmsten Twitter-Account aller Zeiten" genannt habe.


Kein Wunder also, dass er umgehend von einem kriegstreibenden Propagandanetzwerk aufgegriffen wurde, sobald er verfügbar wurde, um sicherzustellen, dass seine Kriegstreiberei eine möglichst große Plattform erhält. So witzelte Dave DeCamp von Antiwar über das Engagement von Kinzinger bei CNN: "All seine Appelle für den Dritten Weltkrieg müssen ihm diesen Job eingebracht haben."


Die USA haben Europa erfolgreich aus dem Zug in die Zukunft geworfen





Analyse

Die USA haben Europa erfolgreich aus dem Zug in die Zukunft geworfen





Die Eingliederung von Kinzinger in die Industrie der Kriegspropaganda war so vorhersehbar, dass Glenn Greenwald sie im vergangenen Oktober in eine Twitter-Umfrage mit einbezog und sein Publikum fragte, wohin die Karriere von Kinzinger nach seinem Ausscheiden aus dem Kongress voraussichtlich führen werde, wobei CNN eine der Optionen war. Wie einer seiner Twitter-Follower es ausdrückte: "Die Drehtür vom Kongressabgeordneten zum Medienkommentator zum Lobbyisten dreht sich in Washington so schnell, dass sie tatsächlich die Rotation der Erde relativ zur Sonne beeinflusst."


Krieg ist der Kitt, der das US-Imperium zusammenhält, und um diesem Zweck zu dienen, bedarf es endloser Kriegspropaganda. Kriegspropagandisten trennt bei den endlosen militärischen Massakern, die sie unterstützen, nichts mehr von jenen Menschen, die tatsächlich den Abzug betätigen. Wir sehen dies in der Art und Weise veranschaulicht, wie Kinzinger in der Lage war, nahtlos vom Abwerfen von Bomben als Pilot der Air Force zur Verabschiedung von Gesetzen zum Abwerfen von Bomben im US-Kongress hin zum Erzeugen von Zustimmung zum Abwurf von Bomben bei CNN übergehen konnte.


Wir leben unter dem Joch eines Imperiums, das von Lügen und dem Blut von Menschen angeheizt und von den fortwährenden Bemühungen mörderischer Kriegsschlampen wie Adam Kinzinger vorangetrieben wird.


CNN ist der perfekte Arbeitsplatz für ihn.


Aus dem Englischen


Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin aus Melbourne, Australien. Ihre Website findet sich hier und man kann ihr auf Twitter unter @caitoz folgen.


Mehr zum Thema - "Erneuerung der Demokratie": Hillary Clinton bekommt neuen Job an Universität


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08.01.2023

Putins Grußbotschaft an Indien: Die Stärke der russisch-indischen Partnerschaft

meinungsfreiheit.rtde.life, 8 Jan. 2023 14:37 Uhr, Von Andrew Korybko

Aus Putins prägnanter Grußbotschaft zum neuen Jahr an Indien lässt sich viel extrapolieren, was die Absicht der vorliegenden Analyse ist. Es soll kurz umrissen werden, was Präsident Putin in jedem Teil seiner Grußbotschaft gemeint hat, um dem Leser ein solides Verständnis über die Zukunft der russisch-indischen strategischen Partnerschaft zu vermitteln.







Quelle: Legion-media.ru © Mattia Dantonio


Präsident Putin entsandte zum Jahreswechsel Grußbotschaften an alle Staatsführer der engsten Partner seines Landes, zu denen natürlich auch Indien gehört. Die Grußbotschaft, die er an Präsidentin Droupadi Murmu und Premierminister Narendra Modi schickte, enthielt mehr, als man zwischen den Zeilen vielleicht zu lesen vermag. Der nachfolgende Text gibt den Inhalt der Mitteilung des russischen Staatschefs an die indischen Amtskollegen wieder:


"In der Grußbotschaft an die Präsidentin der Republik Indien, Droupadi Murmu, und an den Premierminister Indiens, Narendra Modi, betonte Präsident Putin, dass Russland und Indien im Jahr 2022 den 75. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen begingen und – sich auf die positiven Traditionen der Freundschaft und des gegenseitigen Respekts stützend – beide Länder ihre besonders privilegierte strategische Partnerschaft weiter ausbauen, nebst Energie, Militärtechnologie und anderen Bereichen der Zusammenarbeit, groß angelegte Handels- und Wirtschaftsprojekte verfolgen und ihre Bemühungen koordinieren, um wichtige Angelegenheiten regionaler und globaler Herausforderungen anzugehen. In seiner Botschaft unterstrich Präsident Putin, dass er zuversichtlich sei, dass Indiens kürzlich angetretene Präsidentschaften bei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und bei der G20 neue Möglichkeiten für den Aufbau einer mehrdimensionalen russisch-indischen Zusammenarbeit zum Nutzen beider Völker eröffnen werden, im Interesse der Stärkung von Stabilität und Sicherheit in Asien und der ganzen Welt."


Indiens Außenminister zu Lawrow: Neu-Delhi will Vorteile seiner Kooperation mit Moskau beibehalten



Indiens Außenminister zu Lawrow: Neu-Delhi will Vorteile seiner Kooperation mit Moskau beibehalten






Aus dem obigen Text kann vieles extrapoliert werden, was die Absicht dieser Analyse ist. Es soll kurz umrissen werden, was Präsident Putin in jedem Teil seiner Grußbotschaft gemeint hat, um dem Leser ein solides Verständnis über die Zukunft der russisch-indischen strategischen Partnerschaft zu vermitteln.


Die Grußbotschaft eröffnete damit, die drei Vierteljahrhunderte währenden Beziehungen zwischen beiden Ländern hervorzuheben, was betont, wie weit diese Beziehungen formal bereits zurückreichen. Putin hielt es auch für angebracht, Beobachter daran zu erinnern, dass Russland und Indien einander immer mit gegenseitigem Respekt begegnet sind, was im Gegensatz dazu steht, wie gewisse andere Länder diesem südasiatischen Staat entgegentreten. Auf dieser Grundlage konnte man strategisch erfolgreiche Beziehungen aufbauen, die Präsident Putin ebenfalls kurz angesprochen hat.


Die "groß angelegten Handels- und Wirtschaftsprojekte", auf die er sich bezog, stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Nord-Süd-Transportkorridor (NSTC), auf den sich der russische Präsident im vergangenen Monat mehrmals bezog. Das erste Mal während eines Treffens mit dem Rat für strategische Entwicklung und nationale Projekte am 15. Dezember, das zweite Mal eine Woche später am 22. Dezember während einer spontanen Pressekonferenz und zum letzten Mal zwei Tage später am 24. Dezember während eines informellen Gipfeltreffens mit den Staatsoberhäuptern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).


Die Dimension im Bereich der Energie der russisch-indischen strategischen Partnerschaft ist diejenige, die im vergangenen Jahr am stärksten skaliert wurde, nachdem Russland zu Indiens führendem Öllieferanten wurde. Diese Beziehung ist für beide Seiten von Vorteil, da Moskau zuverlässig Einnahmen generieren kann, aus denen heraus es seine Haushaltspläne formuliert, während Neu-Delhi zuverlässig Lieferungen erhält, um seine Wirtschaft, die im vergangenen Jahr doppelt so schnell gewachsen ist, weiter anzukurbeln. Beide Länder arbeiten auch sehr eng im Bereich der Kernenergie zusammen, während Flüssigerdgas (LNG) ebenfalls ein vielversprechender Vektor bleibt.


Und es wird wieder nichts! Baerbocks Abfuhr in Indien





Meinung

Und es wird wieder nichts! Baerbocks Abfuhr in Indien






Zum Thema der militärischen Zusammenarbeit: Russische Waffen helfen Indien, die Glaubwürdigkeit seiner Abschreckungsfähigkeiten gegenüber China und Pakistan aufrechtzuerhalten, was wiederum das Risiko eines heißen Konflikts zwischen diesen Ländern verringert und damit die Chancen auf politische Lösungen bei Streitigkeiten erhöht. Darüber hinaus versorgt Moskau Neu-Delhi mit hochmoderner Technologie, bei der man auch bereit ist, diese in Indien herstellen zu lassen, was kein anderer Partner Indiens im militärischen Bereich auch nur in Erwägung ziehen würde.


Der vage Hinweis von Präsident Putin auf "andere Bereiche der Zusammenarbeit" impliziert wahrscheinlich Russlands Forderung an Indien, seine Exporte nach Russland um das satte Fünffache zu steigern. Damit soll nicht nur das Handelsdefizit zwischen beiden Ländern ausgeglichen werden, das dadurch entstanden ist, dass Neu-Delhi im vergangenen Jahr außerordentlich viel Öl aus Russland bezogen hat, sondern es sollen durch die Exportsteigerung auch die Wirtschaftsbeziehungen umfassend diversifiziert werden, um dem NSTC mehr Gewicht zu verleihen.

Indem Putin in seiner Grußbotschaft dazu übergeht, wie Russland und Indien weiterhin "ihre Bemühungen koordinieren, um wichtige Angelegenheiten regionaler und globaler Herausforderungen anzugehen", spielt Präsident Putin auf den Wunsch an, gemeinsam mit dem Iran ein drittes Einflusszentrum zu schaffen, um der Bi-Multipolarität zum Durchbruch zu verhelfen.


"Definitiv keine Kolonie" – Indien fährt souveränen Kurs und trotzt antirussischen Sanktionen





Analyse

"Definitiv keine Kolonie" – Indien fährt souveränen Kurs und trotzt antirussischen Sanktionen




Der letzte Satz über die persönlichen Hoffnungen des russischen Staatschefs in Bezug auf die strategische Partnerschaft kann als Bekräftigung der Unterstützung seines Landes für die angestrebte Führung Indiens im Globalen Süden durch seinen Vorsitz in der G20 und seine langjährige Forderung nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat interpretiert werden. Präsident Putin drückt auch seine Zuversicht aus, dass Indiens rascher Aufstieg zu einer global bedeutenden Großmacht im vergangenen Jahr auch für Russland weiterhin von beiderseitigem Vorteil sein wird.


Alles in allem lässt sich also der Schluss ziehen, dass die Grußbotschaft des russischen Staatsoberhauptes an Indien zur Jahreswende tatsächlich viel aussagekräftiger ist, als viele Beobachter vielleicht gedacht hätten. Putin bewegte sich prägnant entlang der Bandbreite der russisch-indischen Beziehungen und lobte die neu entdeckte Rolle seines strategischen Partners in globalen Angelegenheiten. Niemand sollte daher daran zweifeln, dass sich die besondere und privilegierte russisch-indische strategische Partnerschaft auch in diesem Jahr als eine der einflussreichsten entwickeln wird.


Aus dem Englischen


Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe. Er spezialisiert sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien, Chinas "Neue Seidenstraßen"-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt sowie hybride Kriegsführung.


Mehr zum Thema - Telefonat statt Treffen: Putin sprach mit Indiens Premierminister Modi


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Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/159252-putins-grussbotschaft-an-indien


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08.01.2023

Lebenshaus-Newsletter, 8. Januar 2023

Liebe Freundinnen und Freunde,


diesen Newsletter möchte ich einleiten mit einem kurzen Gedanken von Ammon Hennacy (1893 - 1970), US-amerikanischer christlicher Pazifist, Anarchist und prägende Persönlichkeit der Catholic-Worker-Bewegung.


Nur zwischen den Kriegen

ein Pazifist zu sein, ist so,

wie nur zwischen den Mahlzeiten

ein Vegetarier zu sein.


(Ammon Hennacy - zit. nach: Frieden stiften - jeden Tag)


Mehr über Ammon Hennacy ist hier zu finden: https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=c1672bcf6a&e=51d2a34ef5


An dieser Stelle möchte ich mich nochmals bei all den Menschen bedanken, die "Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie" im vergangenen Jahr mit einer Spende unterstützt haben! Selbst die Finanzierungslücke, die zu Weihnachten noch bestand, konnte bis zum Jahresende geschlossen werden. Herzlichen Dank!!!


Ich wünsche einen guten Start in das Jahr 2023 sowie genügend Kraft und Hoffnung angesichts der Herausforderungen, die sich uns stellen!


Ihr / Euer

Michael Schmid


Die Texte und Informationen in unserem Newsletter und auf unseren Websites dienen der Information und sollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen. Sie entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autor*innen und geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.


Wir freuen uns, wenn unsere Newsletter an andere Menschen weitergeleitet werden.

Artikel



** Warum ein US-Friedensaktivist in Deutschland ins Gefängnis muss

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Während die Atomkriegsgefahr in Europa steigt, wird der US-Amerikaner LaForge in ein Hamburger Gefängnis geschickt. Bei einem Protest gegen US-Atomwaffen betrat er den Fliegerhorst Büchel. Er sagt: Nuklearwaffen sind das Verbrechen. Von David Goeßmann. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=b46d88ab65&e=51d2a34ef5



** Mit Fehlern behaftete Würdigung des Zivilen Ungehorsams in Mutlangen von 1983-1987

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Es gibt Bücher, die einen als Rezensenten in einen Konflikt bringen. Was tun, wenn das Thema des zu besprechenden Buches in der eigenen Lebensgeschichte eine herausragende Rolle spielte, aber beim Lesen immer mehr falsche Darstellungen und sehr fragwürdige Interpretationen ins Auge springen? Es handelt sich um Richard Rohrmosers Promotion, in der er sich dem Zivilen Ungehorsam gegen die Atomrüstung im baden-württembergischen Mutlangen in den 1980er Jahren widmet. Von Michael Schmid. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=9ccab96b62&e=51d2a34ef5



** Ja zur Hilfe für die Menschen in der Ukraine! Nein zu Waffenlieferungen!

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Die "Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen" (DFG-VK) kritisiert die geplante Lieferung von Panzern an die Ukraine: "Statt endlich die zivile Hilfe auszuweiten, werden immer mehr und immer größere Waffensysteme in den Krieg geliefert. Damit wird die Eskalationsspirale angeheizt und der Krieg ausgeweitet", kritisiert der DFG-VK-Bundessprecher Jürgen Grässlin, Experte für Waffenexporte: "Deutschland muss mit aller Kraft zivil helfen!" >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=b61ba5e09a&e=51d2a34ef5



** "Ruhm für die Ukraine!"

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Am 28. Dezember 2022 hielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor dem hauseigenen Parlament in Kiev eine Rede, die auf seiner Plattform - der Plattform des ukrainischen Präsidenten - in Ukrainisch, Russisch und Englisch zum Lesen zur Verfügung steht. Globalbridge.ch hat die ganze Rede in die deutsche Sprache übersetzt und hat sich zusätzlich erlaubt, zur Abkürzung der Lesezeit die bemerkenswertesten Sätze darin in fette Schrift zu setzen. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=403827262f&e=51d2a34ef5



** Ukraine: Chronik der westlichen Einmischung

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Die Intervention des Westens im Umsturz von 2014 wird oft heruntergespielt. Sie passt nicht ins NATO-Narrativ von diesem Krieg. Von Helmut Scheben. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=e9236e62cf&e=51d2a34ef5



** Ukraine: "Ohne Hilfe der USA hätte es keinen Staatsstreich gegeben"

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Kein westliches Land hätte einen solchen Gewalt-Aufstand wie auf dem Maidan toleriert, sagte der damalige Ministerpräsident Asarow. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=8304b95ce7&e=51d2a34ef5



** Aushungern, Belagern: Politik im 21. Jahrhundert

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Aserbaidschan sperrt seit bald drei Wochen die Lebensader Bergkarabachs. Abertausende sind ohne Lebensmittel und Medikamente. Von Amalia van Gent. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=1d726fc496&e=51d2a34ef5



** Atomkraft: Schluss jetzt! Streckbetrieb ist nutzlos und gefährlich

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Der Atomkonsens sah ein Aus der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke (AKW) Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland zum 31. Dezember 2022 vor. Doch mit der Entscheidung zum Streckbetrieb bis April 2023 haben die Bundesregierung und der Bundestag diesen breiten gesellschaftlichen Kompromiss aufgekündigt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert diese Entscheidung aufs Schärfste und warnt vor den atomaren Gefahren auch im Streckbetrieb. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=bcb73ca710&e=51d2a34ef5 (https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=114e547e61&e=51d2a34ef5)



** 2022 sind weltweit die Zahl der AKW und die Atomstromproduktion gesunken

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Ende 2022 erzeugten weltweit laut der Statistiken der amtlichen IAEA (International Atomic Energy Agency) nur noch 422 Atomreaktoren Strom. 20 Jahre früher im Jahr 2002 waren es noch 444. Nachdem schon im Jahr 2021 die weltweite Atomstromproduktion mit 2.653 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) kleiner war als fünfzehn Jahre zuvor im Jahr 2006 mit 2661 TWh (IAEA), wird im Jahr 2022 durch den Stillstand vieler alter und defekter AKW gerade in Frankreich die Atomstromproduktion nochmal gesunken sein. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=0c3305f5b0&e=51d2a34ef5



** Fallstricke des gewaltfreien Reformismus

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Mit aufsehenerregenden gewaltfreien Aktionen setzt die "Letzte Generation" klare Zeichen gegen den drohenden Klimakollaps. An vielen Punkten zeigen sich allerdings eine erschreckende Naivität und Staatsgläubigkeit der Organisation, die Lou Marin in seinem Kommentar ebenso kritisiert wie die banalen Minimalforderungen und fragwürdige interne Strukturen. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=31995799ee&e=51d2a34ef5



** Gemeinsame Erklärung: Klimaschutz statt Repression: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt auch im Umgang mit der "Letzten Generation"!

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Mit dem Vorwurf der "Bildung einer kriminellen Vereinigung" nach § 129 StGB fahren die Strafverfolgungsbehörden schweres Geschütz gegen gewaltfreien Klimaprotest auf, der mit der Einhaltung der Klimaschutzziele ein verfassungs- und völkerrechtlich legitimiertes Anliegen verfolgt. Angesichts der weitreichenden Grundrechtseingriffe, die durch diesen Vorwurf gerechtfertigt werden, halten wir die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Neuruppin nach § 129 StGB gegen Menschen aus der Bewegung "Letzte Generation" für unverhältnismäßig. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=6ff90448b1&e=51d2a34ef5



** Eine Erde, Eine Gesundheit – Samen der Freiheit gegen Hunger, Mangelernährung und Krankheit ausbringen

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Das industrielle Landwirtschaftsmodell basiert auf Gewalt und Krieg – Krieg gegen die Erde und gegen unsere Körper. Es hat zu strukturellem Hunger, Mangelernährung und Krankheit geführt. Wir müssen zu gewaltfreien Alternativen übergehen, die die Gesundheit des Planeten und der Menschen schützen, die die biologische Vielfalt regenerieren und gesunde Böden und gesunde Lebensmittel schaffen. Von Vandana Shiva. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=6459b29492&e=51d2a34ef5



** Kältestrom und Wärmestrom: Ernst Bloch und die Gaspreisbremse

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"Wärmestrom - Kältestrom": Was Ernst Bloch mit der gegenwärtigen Angst vor dem Frieren, der Gaspreisbremse der Bundesregierung und dem Ende der Weimarer Republik zu tun hat. Eine Analyse. Von Michael Jäger. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=bf9ca70001&e=51d2a34ef5



** Es gibt nur eine Menschenwürde - Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

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In einem von PRO ASYL, BAfF e.V. und Flüchtlingsrat Berlin initiierten Appell fordern 62 Organisationen das gleiche Recht auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Leistungsempfänger*innen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz müssen in das reguläre Sozialleistungssystem und damit auch in das Bürgergeld integriert werden. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=cc231fd25c&e=51d2a34ef5

Hinweise



** Rendite für die Rüstungsindustrie: "Die Wunschlisten beim Militär sind lang"

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Neue Bomber, neue Bomben: Ampelkoalition rüstet Bundeswehr auf. Friedensbewegung fordert Ende "nuklearer Teilhabe". Gespräch mit Martin Singe >> ogy.de/zj7b



** Bundeswehr: Zahl der Kriegsdienstverweigerer hat sich 2022 fast verfünffacht

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Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer ist im vergangenen Jahr stark gestiegen. Das hat vor allem mit dem Ukrainekrieg zu tun. Viele Antragsteller gaben an, nicht mit einer kriegerischen Auseinandersetzung gerechnet zu haben. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=66d85fce20&e=51d2a34ef5


Zur Kriegsdienstverweigerung siehe ebenfalls:

* Mehr zum KDV-Verfahren und Beratung bei der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=1ceaf52323&e=51d2a34ef5

* Aktion: Nein – meine Kinder gebe ich nicht. Nein – schießen werde ich nicht! "Jetzt den Kriegsdienst verweigern!" >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=24863b08a0&e=51d2a34ef5

* Zu persönlichen Erfahrungsberichten und Hintergrundinformationen zur Kriegsdienstverweigerung in Deutschland West und Ost: "Kriegsdienstverweigerer. Unsere Geschichten" >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=9ae6b637ab&e=51d2a34ef5



** Petition: Russland, Belarus, Ukraine: Schutz und Asyl für Deserteure und Verweigerer

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Zeigen wir unsere Solidarität mit Verweigerern und Deserteuren! Unterzeichne jetzt! Fordere die Europäische Union mit uns auf:

* Geben Sie Deserteuren und Verweigerern aus Belarus und der Russischen Föderation Schutz und Asyl!

* Fordern Sie die ukrainische Regierung auf, die Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern einzustellen und ihnen ein umfassendes Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu garantieren!

* Öffnen Sie die Grenzen für diejenigen, die sich unter hohem persönlichen Risiko in ihrem Land gegen den Krieg stellen!


Link zur Petition >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=1c16db18a4&e=51d2a34ef5

Die Unterschriftensammlung läuft noch bis März 2023. Die Petition wurde initiiert von: Connection e.V., Internationaler Versöhnungsbund, War Resisters‘ International und dem Europäischen Büro für Kriegsdienstverweigerung.

Weitere Organisationen, welche die Petiton unterstützen, finden sich hier >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=b94a228906&e=51d2a34ef5


Siehe ebenfalls: Rudi Friedrich: Kriegsdienstverweigerung in Russland, Ukraine und Belarus, in: FriedensForum 1/2023 >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=38e4a17f93&e=51d2a34ef5



** Mit Wärme-Rekord ins neue Jahr

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In Europa ist der Jahreswechsel wärmer als je zuvor, und in Nordamerika bricht ein arktischer Wintersturm alle Rekorde. Das Wetter-Rekordjahr 2022 bleibt sich bis zum Ende treu.>> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=bdd4299f08&e=51d2a34ef5



** Deutschland verfehlt Klimaziel für 2022

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Obwohl Haushalte und Industrie 2022 weniger Energie verbrauchten, hat Deutschland sein Klimaziel verfehlt. Hauptursache ist der Mehreinsatz fossiler Brennstoffe, so die Jahresbilanz von Agora Energiewende. Der Thinktank warnt vor Trends, die das Erfüllen der Klimaziele auch in den nächsten Jahren infrage stellen. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=015fac48c3&e=51d2a34ef5



** Lage in Lützerath spitzt sich zu

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Die Auseinandersetzung um den Erhalt des von Abbaggerung bedrohten Ortes Lützerath im Rheinland wird schärfer. Während sich die Polizei in Richtung des Ortes vorarbeitet, um die Räumung vorzubereiten, mobilisieren Klimabewegte und Umweltverbände für den Erhalt des Ortes und einen sofortigen Kohleausstieg. >> https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=ff78807e22&e=51d2a34ef5


Demo am 14. Januar 2023, 12 Uhr, in Lützerath: "Lützerath schützen – Kohle stoppen – Räumung verhindern" >> ogy.de/56f7

Veranstaltungstermine finden sich u.a.:

* Netzwerk Friedenskooperative (https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=fcaf77a483&e=51d2a34ef5)

* Die AnStifter (https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=e2bf215e5b&e=51d2a34ef5)

* Bessere Welt Links. Norbert's Bookmarks für engagierte Leute (https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=b383e0c9b0&e=51d2a34ef5)

* Plattform Zivile Konfliktbearbeitung (https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=299a1b32e3&e=51d2a34ef5)

* .ausgestrahlt Termine (https://lebenshaus-alb.us2.list-manage.com/track/click?u=38051d55d1f126d064e4cd1f4&id=1e2b4c7344&e=51d2a34ef5)


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