27.10.2021

Die neue Aufrüstungskoalition                                                                                       Die mutmaßliche künftige Regierungskoalition ist offen für die Beschaffung von Kampfdrohnen und wohl auch für nukleare Teilhabe. Kramp-Karrenbauers Drohung mit Nuklearschlag führt zu Eklat.

german-foreign-policy.com, 28. Oktober 2021
BERLIN(Eigener Bericht) - Die Beschaffung von Kampfdrohnen durch die mutmaßliche künftige Regierungskoalition und voraussichtlich auch die Bestätigung der "nuklearen Teilhabe" durch SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen rücken näher. Wie sich aus einem neuen Positionspapier einer SPD-Projektgruppe ergibt, zieht die Partei ihre bisherige Weigerung, Kampfdrohnen zu beschaffen, zurück und öffnet sich dem Vorhaben - unter dem Vorwand, es diene nur dem Schutz deutscher Soldaten. Mit dieser Begründung hatten bereits Bündnis 90/Die Grünen ihren Widerstand gestoppt. Auch bei der "nuklearen Teilhabe" haben längst Rückzugsmanöver begonnen: Während die SPD in all den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung an der Option festgehalten hat, deutsche Tornados im Kriegsfalle auch US-Atombomben abwerfen zu lassen, hieß es bei Bündnis 90/Die Grünen zuletzt, man könne "nicht einfach sagen, wir schicken die US-Atomwaffen mal eben zurück in die USA". Die scheidende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat mit ihrer Ankündigung, bei Bedarf nukleare "Mittel" gegen Russland einzusetzen, einen diplomatischen Eklat ausgelöst.



Zitat: Schutzbehauptungen

Die Beschaffung und der Einsatz von Kampfdrohnen durch die Bundeswehr rücken näher. Das ergibt sich aus einem Positionspapier, das eine eigens gegründete Projektgruppe der SPD kürzlich fertiggestellt und veröffentlicht hat. Hintergrund ist das stetige Drängen aus der Bundeswehr und aus einem wachsenden Teil des politischen Establishments in Berlin, den Widerstand gegen die Nutzung bewaffneter Drohnen durch die deutschen Streitkräfte aufzugeben. Bereits vor der Wahl zum Bundestag hatten Bündnis 90/Die Grünen beschlossen, keinerlei grundsätzliche Einwände gegen Kampfdrohnen mehr zu erheben; zur Legitimation diente die Behauptung, "solche Systeme" könnten "Soldat*innen in gewissen Situationen besser schützen".[1] Auf dieses Argument, das öffentlich auch von der FDP vorgebracht wird, greift nun auch die SPD zurück. "Wir unterstützen die Soldatinnen und Soldaten, die ... in oftmals gefährliche Auslandseinsätze geschickt werden", heißt es in dem Positionspapier; "bewaffnete Drohnen" aber dienten "dem Schutz". "Daher sollten diese", heißt es weiter, "den Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung stehen".[2] Man gelange deswegen "zu der Empfehlung, dass eine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr ... in Erwägung gezogen werden kann".


"Mord verbieten"

Gewisse Einschränkungen nimmt das SPD-Papier mit der "Ablehnung von vollautomatisierten Drohnen" vor, die ohne jedes menschliche Zutun über den Einsatz von Waffen entscheiden. Auch fordert es ein "ausdrückliches Verbot von extralegalen Tötungen", also von Mord.[3] Derartige Morde sind bei den Streitkräften mancher westlicher Staaten, etwa der USA, üblich. Am Beispiel von US-Drohnenoperationen wurde zudem nachgewiesen, dass Angriffe mit Kampfdrohnen viel mehr unbeteiligte Zivilisten das Leben kosten, als sie ursprünglich ins Visier genommene Zielpersonen töten.[4] Das SPD-Papier erwähnt dies nicht; es warnt nur, "der Einsatz bewaffneter Drohnen" solle "nicht zu einer anhaltenden Bedrohung für die Zivilbevölkerung werden, aus der Verunsicherung, Verbitterung und Traumatisierung wie auch Antagonisierung entstehen" könnten. Eine "Antagonisierung" der Zivilbevölkerung, wie sie etwa in Afghanistan und Teilen Pakistans beobachtet werden konnte, stellt den Erfolg einer Militärintervention in Frage. Nach der jüngsten Öffnung von Bündnis 90/Die Grünen und SPD für eine Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr kann ein Nein zu den Waffensystemen in den aktuellen Koalitionsverhandlungen als unwahrscheinlich gelten.


Steadfast Noon

Der Form nach offen ist hingegen noch die Zukunft der "nuklearen Teilhabe", also der Lagerung von US-Atombomben am Fliegerhorst Büchel in der Eifel, die im Kriegsfall von deutschen Jets an ihr Ziel geflogen und dort abgeworfen werden sollen. Die FDP stimmt der nuklearen Teilhabe zu; die SPD hat in all den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung faktisch an ihr festgehalten. Zuletzt fand vergangene Woche das jährlich abgehaltene Manöver Steadfast Noon [5] statt, bei dem die NATO erneut den Einsatz der Atombomben probte, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Europa gelagert werden - in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Italien; ob die USA noch an der Bereitstellung von Nuklearwaffen auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt İncirlik festhalten, gilt wegen der zunehmenden Spannungen zwischen dem Westen und Ankara als ungewiss. Der Schwerpunkt von Steadfast Noon lag in diesem Jahr Berichten zufolge auf Operationen in Italien; allerdings wurden auch in Büchel einschlägige Aktivitäten beobachtet.[6] Aktuell wie auch auf absehbare Zeit einzig denkbarer Einsatzort der US-Atombomben - auch derjenigen, die in Büchel lagern - ist Russland.


Worte statt Taten

Noch nicht unmittelbar zur nuklearen Teilhabe bekannt haben sich Bündnis 90/Die Grünen. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt die Partei weiterhin als Atomwaffengegnerin. Real hat sie sich aber längst für die nukleare Teilhabe geöffnet - ebenso wie während der Zeit der rot-grünen Koalition in den Jahren von 1998 bis 2005. So heißt es im Grundsatzprogramm der Partei, "am Ziel eines atomwaffenfreien Europas" solle in Zukunft "gemeinsam mit den internationalen und europäischen Partnern ... gearbeitet werden". Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock äußerte im Herbst, über den "Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland" wolle man "mit unseren Bündnispartnern sprechen"; freilich könne man "nicht einfach sagen, wir schicken die US-Atomwaffen mal eben zurück in die USA".[7] Im Januar sprach sich Ellen Ueberschär, Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, dafür aus, die Bundesrepublik solle die "nukleare Schutzzusage" der USA "durch die Nukleare Teilhabe unterstützen", solange es "Nuklearwaffenstaaten außerhalb der Nato" gebe.[8] In einem von der Böll-Stiftung beworbenen sowie von Ueberschär mitunterzeichneten Papier hieß es zu Jahresbeginn ebenfalls, Deutschland müsse "an der Nuklearen Teilhabe festhalten und nötige Modernisierungsschritte umsetzen".[9]


Deutsche Atomwaffenjets an der "Ostflanke"

Was der abstrakt-verschleiernde Begriff "nukleare Teilhabe" konkret bedeuten kann, war in der vergangenen Woche Andeutungen in einem Bericht eines zuweilen in intime Details eingeweihten Journalisten zu entnehmen. Darin war von "strategischen Überlegungen" in der Nuklearen Planungsgruppe der NATO die Rede, die am vergangenen Freitag in Brüssel zusammenkam. Laut dem Bericht ist etwa denkbar, "dass mit Atombomben bestückte Bundeswehr-Tornados bei einer bestimmten Konfliktschwelle an die Ostflanke" der NATO "verlegt werden".[10] Näher führte der Bericht die "Überlegungen" nicht aus. Die scheidende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte allerdings, befragt nach derartigen Szenarien: "Wir müssen Russland gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende ... bereit sind, auch solche [nukleare, d.Red.] Mittel einzusetzen"; "das ist der Kerngedanke der NATO".[11] In Reaktion auf die Drohungen bestellte Russlands Verteidigungsministerium am Montag den Berliner Militärattaché in Moskau ein. Kramp-Karrenbauers Äußerungen seien nicht geeignet, zu einer "Normalisierung der Lage" beizutragen, hieß es; sie provozierten eine "Zunahme der Spannungen in Europa".[12]

 

[1] Thomas Wiegold: Knappe Mehrheit billigt im Grünen-Wahlprogramm mögliche Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr. augengeradeaus.net 13.06.2021.

[2], [3] Abschlussbericht der SPD-Projektgruppe zur Frage der Bewaffnung von Drohnen vom 12. Oktober 2021.

[4] S. dazu Die Ära der Straflosigkeit.

[5] S. dazu Die Atomkriegsübung der Bundeswehr.

[6] René Heilig: Nato übt den Massenmord. nd-aktuell.de 21.10.2021.

[7] Baerbock zur Bundeswehr: "Wir dürfen uns nicht wegducken". sueddeutsche.de 30.11.2021.

[8] Ellen Ueberschär, Patrick Keller: "Wir brauchen eine neue Übereinkunft!" tagesspiegel.de 19.01.2021.

[9] Transatlantisch? Traut euch! Für eine Neue Übereinkunft zwischen Deutschland und Amerika. anewagreement.org. S. dazu Der Kern des Westens.

[10] Thomas Gutschker: Die Kunst flexibler Abschreckung. Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.10.2021.

[11] Kramp-Karrenbauer (CDU): "Russland ist eine große Herausforderung geworden". deutschlandfunk.de 21.10.2021.

[12] Ekaterina Nikolaeva: Russisches Verteidigungsministerium bestellt deutschen Militärattaché ein. snanews.de 25.10.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8747

27.10.2021

Europa in die Abhängigkeit des US-Finanzsystems zu treiben: Unbezahlbar

nachdenkseiten.de, vom 26. Oktober 2021 um 13:00, Ein Artikel von Jens Berger

Der US-Finanzkonzern Mastercard stellt sein Produkt „Maestro“ im nächsten Jahr ein – die Brisanz dieser Meldung dürfte den allermeisten Lesern nicht bewusst sein. Hinter den Kulissen haben die US-Finanzgiganten Mastercard und Visa schon länger zum Angriff auf die bargeldlosen Bezahlsysteme geblasen, die in Europa und insbesondere in Deutschland noch weitestgehend unabhängig existieren. Das dürfte sich bald ändern und die Folgen wären verheerend. Schon in wenigen Jahren könnte das US-Finanzsystem bei jedem bargeldlosen Einkauf eine Art „zweite Umsatzsteuer“ abschöpfen und würde zudem die Macht über die dazugehörigen Daten haben. Wenn die EU digital souverän werden will, dann ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, aktiv zu werden. Morgen könnte es schon zu spät sein.


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Zitat: Wir alle benutzen unsere Geldkarten. Zum Abheben von Bargeld am Automaten und oft auch zum Bezahlen im In- und im Ausland. Wie dabei hinter den Kulissen abgerechnet wird, interessiert uns in der Regel nicht. Das ist verständlich, sind die finanztechnischen Zusammenhänge doch recht komplex. Um die Brisanz des Themas zu verstehen, ist jedoch ein kleiner Einstieg in das Thema unumgänglich.


Auch wenn die weitverbreitete EC-Karte, um die es hier geht, oft noch umgangssprachlich als Eurocheque-Karte bezeichnet wird, gibt es Eurocheque-Karten bereits seit fast 20 Jahren nicht mehr. Der Begriff „EC“ ist heute markenrechtlich geschützt und gehört dem Finanzkonzern Mastercard. Dessen Dienstleistungen sind auch auf den meisten EC-Karten implementiert, spielen in Deutschland selbst jedoch kaum eine Rolle. Unsere „EC-Karte“ ist eine sogenannte Debit-Karte – das heißt vereinfacht ausgedrückt, dass beim Bezahlen nicht wie bei einer echten Kreditkarte ein Kredit gewährt und nebenbei Geld geschöpft wird, sondern dass bei der Benutzung in einem Geschäft eine elektronische Lastschrift vom Konto des Käufers auf das Konto des Verkäufers vorgenommen wird. Die Dienstleister im Umfeld sorgen lediglich dafür, dass die Gültigkeit der Karte und die Deckung des damit verbundenen Kontos überprüft und die Lastschrift dann gebucht wird. In Deutschland wird dies bei den Debitkarten der deutschen Banken in der Regel über das Girocard-System erledigt. Beim Geldautomaten kommt das Electronic Cash System zum Einsatz, das sich zwar auch EC abkürzt, aber nichts mit der gleichlautenden Marke von Mastercard zu tun hat.


Electronic Cash und Girocard sind Produkte, die von einem Zusammenschluss der deutschen Banken betrieben werden. Das Girocard-System ist in Deutschland dabei der unangefochtene Marktführer und kommt bei fast allen Bezahlvorgängen zum Einsatz. Dieses Verfahren hat viele Vorteile – die Gebühren sind niedrig, die Akzeptanz im Land ist groß und die Daten fließen nicht in die USA. Ein Nachteil ist, dass das Girocard-System für den stationären Gebrauch entwickelt wurde und daher beim Onlinehandel in der jetzigen Form nicht einsetzbar ist. Doch da dieses System ein rein deutsches Abrechnungssystem sind, hat es einen weiteren gravierenden Nachteil: Im Ausland lassen sich reine Girocard-Karten nicht benutzen. Daher haben die ausgebenden Banken fast allen EC-Karten eine Zusatzfunktion der beiden Finanzgiganten Mastercard und Visa spendiert – und die heißen Maestro (Mastercard) und v-pay (Visa) und sind für den Kunden eigentlich nur an den entsprechenden Symbolen auf der Karte erkennbar. Maestro ist auf den meisten Karten der Sparkassen implementiert, während die Volksbanken meist auf v-pay setzen. Diese beiden Funktionen kommen jedoch im Inland nur selten zum Einsatz. Wenn Sie aber im Ausland ihre EC-Karte am Automaten oder in einem Geschäft benutzen, wird die Abrechnung ganz automatisch über eines dieser beiden Systeme abgewickelt. Manchmal verlangen die Banken oder Geschäfte dafür Gebühren, oft sind diese Gebühren aber auch ganz einfach bereits auf die Preise umgelegt, so dass sie im Endeffekt alle Kunden, egal wie sie bezahlen, querfinanzieren.


Und diese Gebühren sind nicht gering. Für den Geschäftsbetreiber fallen hier je nach Kondition zwischen 0,3% und 3,0% an. Das heißt, wenn sie 100 Euro bezahlen, fließen dabei zwischen 30 Cent und drei Euro an Gebühren an den Finanzsektor ab. Das ist extrem viel, kostet die reine Überweisung den Dienstleister doch nur ein bis zwei Cent. Im Vergleich zu anderen Abwicklungsmethoden ist das jedoch sogar noch günstig. Wenn Sie nämlich nicht mit Maestro oder v-pay, sondern mit den „großen“ Produkten dieser Finanzkonzerne, also der Mastercard oder der Visa-Karte bezahlen, fallen zwischen 0,8% und 5,0% des Preises als Gebühren an. Sowohl die Mastercard als auch die Visa-Karte gibt es dabei sowohl als Debitkarten, bei denen die Lastschrift zeitnah vorgenommen wird, als auch als „echte“ Kreditkarten, bei denen technisch dem Kunden ein „revolvierender Kredit“ gewährt wird, der zu einem vereinbarten Datum wieder zurückgezahlt werden muss. Vor allem Letzteres lassen sich die Finanzkonzerne fürstlich bezahlen. Aus ökonomischer Sicht ist es also verständlich, dass die Kunden von den „preiswerten“ Debit- in teure Kreditprodukte getrieben werden sollen und noch verständlicher ist es, dass man es auf dem europäischen Markt darauf abgesehen hat, noch preiswertere Produkte wie die deutsche Girocard aus dem Markt zu drängen.


Vor diesem Hintergrund ist die Einstellung von Maestro strategisch schlau. Es wird in Fachkreisen davon ausgegangen, dass auch Visa diesem Schritt folgen wird und sein v-pay ebenfalls demnächst einstellt. Wenn deutsche Banken diese beiden Produkte nicht mehr anbieten können, wird das konkrete Folgen für die Kunden haben. Um die Nutzbarkeit der EC-Karte im Ausland zu gewährleisten, müssten die deutschen Banken entweder die Debitkarten-Funktionalität von Mastercard oder Visa parallel zur Girocard-Funktionalität implementieren – doch das ist technisch sehr aufwändig und von Mastercard und Visa auch nicht wirklich erwünscht. Die wahrscheinlichere Alternative wäre es, die EC-Karten gar nicht mehr als Girocard, sondern komplett als Debitkarte von Mastercard oder Visa auszugeben. Einige Direktbanken, die von Mastercard dafür Sonderkonditionen bekommen haben, sind diesen Weg bereits gegangen.


Wenn Mastercard und Visa als Monopolisten die Girocard erst einmal verdrängt haben, fließt nicht nur bei jeder einzelnen Transaktion ein Teil des Umsatzes als eine Art „zweite Umsatzsteuer“ in die USA, sondern sie haben dann auch die Marktmacht, ihre Gebühren neu aufzustellen und Konditionen durchzusetzen, die nur Monopolisten durchsetzen können. Deutschland und letztlich die gesamte EU wären dann bei der bargeldlosen Bezahlung mit Karte voll und ganz abhängig von zwei US-Konzernen. Mastercard und Visa hätten dann auch auf diesem Sektor ein marktbeherrschendes Monopol und könnten ihre Regeln durchsetzen, ohne dass die EU ernsthaft etwas dagegen unternehmen könnte. Oder will die EU-Kommission ihren Bürgern erklären, dass diese von morgen an nicht mehr mit ihren EC-Karten bezahlen können?


Unter diese Regeln fällt auch der Datenschutz. Sämtliche Transaktionsdaten würden dann in die USA abfließen und der gesamte Datenschutz der EU wäre ein stumpfes Schwert. Sowohl Mastercard als auch Visa sind US-Unternehmen, die der US-Politik Folge leisten. Was das konkret heißt, konnte man zum Beispiel beim Kampf der USA gegen Wikileaks und Julian Assange beobachten – damals hatte Visa Wikileaks auf Anweisungen der US-Regierung ganz einfach vom Zahlungsverkehr abgeschnitten.


Wenn Ursula von der Leyen über Europa spricht, skizziert sie immer wieder die „digitale Souveränität“ Europas als eines ihrer Kernprojekte. Sich beim bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht in die totale Abhängigkeit zweier US-Finanzkonzerne zu begeben, ist geradezu ein Musterbeispiel für digitale Souveränität. Doch zur Abwehr der drohenden Marktübernahme des gesamten Sektors durch Mastercard und Visa gibt es in Brüssel keinen Masterplan.


Dabei ist es nicht so, dass dieses Problem in Europa ignoriert wird. Erst im letzten Sommer gründeten 16 europäische Großbanken mit der „European Payments Initiative“ (EPI) ein Projekt, dass ganz direkt als europäische Konkurrenz zu den Debitkarten-Systemen von Mastercard und Visa aufgestellt werden soll. Dieses Projekt wird auch von der EZB und der Europäischen Kommission unterstützt. Es ist jedoch zurzeit nur ein Plan, der weit davon entfernt ist, konkret umgesetzt zu werden. Dies im Hinterkopf überrascht der Zeitpunkt der Einstellung von Maestro nicht. Mastercard setzt darauf, dass die EPI bis zum Auslaufen von Maestro kein konkurrenzfähiges System entwickelt und umgesetzt haben wird. Dann hätten die Banken kaum eine sinnvolle Alternative zur Debitkarte von Mastercard oder dem Konkurrenzprodukt von Visa.


Die Uhr tickt und ohne eine europäische Großanstrengung spielt die Zeit den US-Finanzgiganten in die Hände. Die EU müsste EPI nun höchste Priorität einräumen und mit geballter Energie und Macht verwirklichen. Doch davon ist leider nicht auszugehen. Das gesamte Thema führt ein Schattendasein und auch auf nationaler Ebene gibt es offenbar noch nicht einmal das nötige Problembewusstsein.


Dabei muss erwähnt werden, dass auch EPI eine zwar realistisch umsetzbare, aber alles andere als wünschenswerte Entwicklung darstellt. Es wäre gewissermaßen das kleinere von zwei Übeln. Die Vorteile wären, dass das Geld und die Daten in Europa bleiben und europäische Gesetze die Rahmenbedingungen bilden würden. Der Umstand, dass der Finanzsektor eine „zweite Umsatzsteuer“ erhebt und bei jeder Transaktion seinen „Zehnt“ einbehält, bleibt jedoch auch bei EPI gegeben – nur dass hier die EU-Banken abkassieren dürfen und nicht die US-Banken.


Dabei hat die EZB sogar bereits ein Abrechnungssystem in Entwicklung, das zumindest theoretisch eine echte Revolution sein könnte. Das TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) ist eine Schnittstelle, über die eine „echte“ Überweisung binnen maximal fünf Sekunden durchgeführt werden kann. Und dies zu einer Transaktionsgebühr von 0,2 Cent pro Überweisung. Würde man diese Funktion in eine Debitkarte implementieren, könnte man in der gesamten EU als Kunde am Tresen (oder online) in Echtzeit mit einer Karte den fälligen Betrag auf das Konto des Anbieters überweisen. Es gibt kein Kreditrisiko, Dienstleister wie Visa oder Mastercard werden schlicht nicht mehr benötigt. Theoretisch braucht es dafür noch nicht einmal die Banken, da eine TIPS-Transaktion auch über eine Smartphone-App abgewickelt werden könnte. Man braucht jedoch nicht viel Fantasie, um zu erkennen, dass diese Vorteile für den Finanzsektor eher Nachteile sind. Daher wird diese Revolution wohl ausbleiben.


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=77347

27.10.2021

Aufruf der Drohnen-Kampagne anlässlich der Koalitionsverhandlungen —
KEINE BEWAFFNETEN DROHNEN!
AUFKLÄRUNGS- UND AKTIONSMONAT NOVEMBER 2021

aus E-Mail von Elsa Rassbach, vom 26. Oktober 2021

Während der Koalitionsverhandlungen rufen wir zu einem dezentralen Aufklärungs- und Aktionsmonat im November 2021 auf!

-- gegen die Terrorisierung und Ermordung durch Drohnen!

-- gegen die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr!

-- für internationale Kontrolle und Ächtung von Killer-Drohnen!


Warum der kurzfristige Aufruf?


Wir fürchten, dass sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP auf eine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr im Koalitionsvertrag einigen werden. Falls bewilligt, könnten fünf durch Airbus 2018 geleaste israelische Heron TP Drohnen bald im Einsatz der Bundeswehr sein. Allein schon der Einsatz der deutschen "Killer"-Drohnen terrorisiert die Bevölkerung im Einsatzgebiet!  


Das Verteidigungsministerium behauptet jedoch, dass bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nur zum "Schutz" der Soldat*innen und unter restriktiven Einsatzregeln ("Rules of Engagement") eingesetzt würden. Sie würden allein durch Pilot*innen auf Militärbasen in den Einsatzgebieten (wie in Afghanistan oder Mali) gesteuert, die erst nach juristischer Beratung das Recht erhielten, eine Rakete abfeuern zu dürfen.


VORSICHT! Das ist eine Täuschung!

  1. Einsatzregeln sind änderbar. Sie bieten keine langfristige Sicherheit gegen Missbrauch, weil die Bundeswehr die jeweiligen Einsatzregeln immer je nach Mandat gestaltet. Spätestens nach den nächsten Bundestagswahlen könnten jetzt beschlossene Einsatzregeln geändert werden.
  2. Die vom Verteidigungsministerium vorgeschlagenen Einsatzregeln sind fast identisch mit den Einsatzregeln der US-Streitkräfte zum "Schutz" der NATO-Soldat*innen, z. B. beim Einsatz in Afghanistan am 29. August 2021, wobei zehn unbeteiligte Zivilisten ermordet wurden.
  3. Es gab in der deutschen Drohnen-Debatte keine Aufklärung der Ursachen der wiederholt bewiesenen riesigen "Fehlerquote" beim US- und NATO-Einsatz von bewaffneten Drohnen. Zum Beispiel sind Aussagen von Drohnenopfern und Drohnen-Whistleblower*innen nicht berücksichtigt worden. Es gibt bisher keinen Beweis und kein Argument, dass die Aufklärungsdaten der Bundeswehr vor Ort akkurater sein werden. Im digitalen System mit Bildschirm "sieht" ein/e Drohnenpilot/in, die/der zwei Kilometer weg vom Ziel ist, nicht besser als ein/e Drohnenpilot/in, die/der zwanzigtausend Kilometer weg ist. Gleichfalls "sieht" ein deutscher Kommandeur oder Anwalt auch nicht besser.
  4. Wenn die Tür erstmal so geöffnet wird, kommen ziemlich sicher in den nächsten Jahren die Bewaffnung und der Export der Eurodrohnen und des Future Combat Air Systems (FCAS) -- beide vom deutschen Generalunternehmer Airbus hergestellt -- sowie weitere schreckliche Waffen durch.
  5. Fast alle digitalen Waffensysteme, auch Heron TP und Eurodrohnen, könnten nachträglich durch Software-Austausch zu autonomen Waffensystemen ("Killer-Robotern") gemacht werden.

 

JEDOCH WIRD EINE ABRÜSTUNGSPOLITISCHE OFFENSIVE VERSPROCHEN!


SPD, Bündnis 90/Die Grünen, und FDP haben im Sondierungspapier  <https://www.tagesspiegel.de/downloads/27709590/1/sondierungspapier-15-10-21.pdf>(S.12) folgendes festgelegt: "Wir brauchen eine abrüstungspolitische Offensive und wollen eine führende Rolle bei der Stärkung internationaler Abrüstungsinitiativen und Nichtverbreitungsregimes einnehmen. Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik brauchen wir verbindlichere Regeln und wollen daher mit unseren europäischen Partnern eine entsprechende EU-Rüstungsexportverordnung abstimmen."


Um ernsthaft offensiv gegen die rasche Ausbreitung von tödlichen digitalen Waffensystemen vorzugehen, muss die neue Bundesregierung auf die Bewaffnung von Drohnen verzichten. Statt die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen zu erlauben, fordern wir, dass die neue Bundesregierung endlich die Drohnen-Debatte ermöglicht, diese selbst vorantreibt und auch alle EU-, NATO-Länder und weitere Verbündete dazu auffordert. Auch der Export tödlicher digitaler Waffensysteme durch Firmen in Deutschland und in anderen Ländern muss in die Drohnen-Debatte einbezogen werden.


(Ihr findet unter anderem zu den oben ausgeführten Punkten zeitnah ein ausführliches Fact-Sheet auf drohnen-kampagne.de <http://drohnen-kampagne.de/>)


Für den MONAT NOVEMBER 2021 ermutigen wir alle Gegner*innen der Bewaffnung von Drohnen


  1. eine oder auch mehrere Veranstaltungen zur Aufklärung und/oder zum Protest gegen die Anschaffung von Bundeswehr-Killer-Drohnen zu organisieren;
  2. sich mit Stellungnahmen, Pressemitteilungen und Leserbriefen gegen die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen öffentlich zu positionieren;
  3. die Abgeordneten des neuen Bundestags sowie die Koalitionsverhandelnden der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP per Brief, Telefonat oder Abgeordnetenwatch.de <http://abgeordnetenwatch.de/>  zu kontaktieren.


RESSOURCEN: Was tun?


AUDIO-VISUELL:

*Dokumentarfilm "National Bird" (2016), ein preisgekröntes Portrait von drei kritischen US-Veteran*innen und Whistleblowern des "Drohnenkrieges" auf Afghanistan, u. a. mit Daniel Hale, der neulich durch die US-Regierung zu 45 Monaten Haft verurteilt worden ist, und Lisa Ling, die nach der Pensionierung Drohnenopfer in Afghanistan besucht hat.

Phoenix: https://www.youtube.com/watch?v=-EsrRVb4weg  <https://www.youtube.com/watch?v=-EsrRVb4weg>

Öffentliche Vorführung (50 Euro): Katholisches Filmwerk, (069) 9714360, info@filmwerk.de  <mailto:info@filmwerk.de>


*Aus der Webinar-Reihe Deutschland und Europa am Scheideweg (März 2021)

--"Einsatzort Afghanistan: Bewaffnete Drohnen um Soldat*innen zu schützen?”

(Lisa Ling, US-Whistleblower Cian Westmoreland, afghanischer Zeuge Emran Feroz)

Deutsch: https://vimeo.com/608320584  <https://vimeo.com/608320584>       Englisch: https://vimeo.com/608359233  <https://vimeo.com/608359233>   


-- "Kampfdrohnen in Deutschland verhindern: eine Chance für internationale Ächtung?”

(KI-Forscher Dr. Jakob Foerster, emeritierter Prof. Dr. Norman Paech, Carolyn Horn (UNO-Vertreterin)

Deutsch: https://vimeo.com/597292376  <https://vimeo.com/597292376>       Deutsch & Engl.: https://vimeo.com/608441054  <https://vimeo.com/608441054>


KUNSTAUSSTELLUNG:

*The Drones Quilt Project (www.drohnen-quilts.de <http://www.drohnen-quilts.de/>) kann von der Drohnen-Kampagne für Events und Ausstellungen ausgeliehen werden. Das Kunstprojekt der US-Friedensbewegung besteht aus sechs einzigartigen handgemachten Patchworkdecken, jeweils 1,65 x 1,65 Meter, die sich auf verschiedene Weise aufhängen lassen. Jeder Stoffblockwurde durch einen Mensch in den USA per Hand erstellt und gedenkt namentlich an ein durch eine US-"Killer"-Drohne getötetes Kind. Plakat-Vorlagen und Infotafeln sind vorhanden.


KONTAKTIERT DIE NEUE BUNDESTAGSABGEORDNETEN!

 

<https://drohnen-kampagne.org/images/docs/2021GrueneBundestagsAbgMail.txt>

<https://drohnen-kampagne.org/images/docs/2021LinkeBundestagsAbgMail.txt>

<https://drohnen-kampagne.org/images/docs/2021SPD-BundestagsAbgMail.txt>

<https://drohnen-kampagne.org/images/docs/2021FDP-BundestagsAbgMail.txt


(Bitte schreibt uns eure Aktivitäten an kontakt@drohnen-kampagne.org  <mailto:kontakt@drohnen-kampagne.org>, damit wir sie sammeln und als Anregung und Ermutigung für andere auf unsere Homepage stellen können.)


E-Mail: kontakt@drohnen-kampagne.org 

<http://www.drohnen-kampagne.org/>  &  <http://www.drohnen-kampagne.de/>

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NACHTRAG: Erst heute, den 26.10.2021, wurden die eventuell wichtigen Ergebnisse einer SPD-Projektgruppe zur Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen in dem Blog "Augen geradeaus” veröffentlicht.

Siehe: <https://augengeradeaus.net/2021/10/dronewatch-die-empfehlungen-der-spd-projektgruppe-zu-bewaffneten-drohnen-dokumentation>

27.10.2021

Das Schwinden des eurozentrierten Blicks                    Die Krise um die Einmischung westlicher Diplomaten in innere Angelegenheiten der Türkei ist beigelegt. Ankara orientiert sich immer weniger an der EU, weil diese sich im Abstieg befindet.

german-foreign-policy.com, 27. Oktober 2021
BERLIN/ANKARA(Eigener Bericht) - Die Regierung der Türkei verzichtet auf die Ausweisung von zehn westlichen Botschaftern, darunter derjenige der Bundesrepublik. Wie Präsident Recep Tayyip Erdoğan konstatiert, haben sich die Botschafter dazu bekannt, in Zukunft das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen zu respektieren und "sich nicht mehr in innere Angelegenheiten" der Türkei einzumischen. Zuvor hatte ein Appell der zehn Botschafter, den inhaftierten Geschäftsmann und Stiftungsaktivisten Osman Kavala umgehend freizulassen, eine diplomatische Krise ausgelöst. Kavala ist aus offenkundig politischen Gründen im Gefängnis; der Fall bietet damit den westlichen Staaten einen Anlass, in Ankara politisch zu intervenieren - also etwas zu tun, was sie sich selbst strikt verbitten, so etwa im Falle des inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange. Um eine Dämpfung der Konflikte mit der Türkei ist insbesondere die Bundesrepublik bemüht - aus strategischen Gründen. Experten rechnen dennoch auch künftig mit Streit mit Ankara - nicht zuletzt, weil dort der Niedergang des Westens klar erkannt und eine Umorientierung nach Asien vorgenommen wird.



Zitat: Personae non gratae

Der aktuelle Konflikt um die Botschafter Deutschlands und neun weiterer westlicher Staaten hatte sich Anfang vergangener Woche daran entzündet, dass die Diplomaten in einem Appell verlangt hatten, den inhaftierten Geschäftsmann und Stiftungsaktivisten Osman Kavala freizulassen. Kavala wird seit etwa vier Jahren ohne Urteil und unter wechselnden Vorwürfen offenbar willkürlich in Haft gehalten; der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits 2019 seine Freilassung gefordert, und der Europarat hat im September Strafmaßnahmen gegen Ankara in Aussicht gestellt, sollte Kavala Ende November immer noch inhaftiert sein.[1] Auf den Appell reagierte Ankara zunächst, indem es die Botschafter, darunter den deutschen, ins Außenministerium einbestellte; der nächste Schritt bestand darin, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ankündigte, die zehn Diplomaten würden "so schnell wie möglich" zur persona non grata erklärt. Damit wäre ihre unverzügliche Ausweisung verbunden gewesen.[2] Eilige diplomatische Aktivitäten der westlichen Staaten haben Anfang dieser Woche schließlich zum Erfolg geführt: Erdoğan hat eingelenkt; die drohende Ausweisung der Botschafter scheint damit abgewendet zu sein.[3]


Die Souveränität der Türkei

Während kaum Zweifel daran besteht, dass der Prozess gegen Kavala in der Tat politisch motiviert ist, ging es bei dem Konflikt in der vergangenen Woche um mehr: darum, dass die westlichen Staaten es sich jederzeit herausnehmen, offen in innere Angelegenheiten gegnerischer oder auch schwächerer Staaten zu intervenieren, während sie sich zugleich jegliche Einmischung in ihre eigenen inneren Angelegenheiten verbitten. So ist kaum vorstellbar, dass ein deutscher Botschafter in Washington die US-Justiz dazu aufrufen würde, das Verfahren gegen WikiLeaks-Gründer Julian Assange einzustellen oder andere US-Whistleblower umgehend freizulassen. Ankara drang in der vergangenen Woche darauf, auch westliche Botschafter müssten alle Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen einhalten, die unter anderem eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes, in dem sie stationiert sind, ausdrücklich untersagen. Nach der stellvertretenden Ankündigung der US-Botschaft, sich künftig an die einschlägigen Bestimmungen zu halten, zog Erdoğan die Ausweisungsdrohung zurück: Man gehe nun davon aus, erklärte er, "dass diese Botschafter ... die Souveränität der Türkei, ihre Gesetze ... respektieren und sich nicht in innere Angelegenheiten einmischen werden".[4]


Pufferstaat und Landbrücke

Die - zumindest vorläufige - Beilegung des Konflikts entspricht deutschen Interessen. Berlin ist gleich aus mehreren Gründen bemüht, eine Eskalation der Spannungen mit Ankara zu verhindern. Besondere Bedeutung besitzt dabei das Bestreben, dieTürkei auch weiterhin als Pufferstaat gegen die unerwünschte Einreise von Flüchtlingen aus den nah- und mittelöstlichen Kriegs- und Krisenregionen nach Deutschland zu nutzen. Gewicht besitzt auch die Wirtschaftskooperation mit dem Land, das deutschen Unternehmen als Absatzmarkt und als Investitionsstandort - auch zur Belieferung des Nahen und Mittleren Ostens - dient. Hinzu kommt, wie es in einer aktuellen Analyse der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heißt, dass die Türkei "wegen ihrer Lage im Süden Russlands und als Brücke zum Nahen Osten" geostrategisch "von entscheidender Bedeutung" ist.[5] So betreibt die NATO, wie die SWP feststellt, "in Zentralanatolien (Kürecik) ... einen für ihr Ballistic Missile Defense System unverzichtbaren Radar". Die Bundeswehr nutzte Stützpunkte in İncirlik und Konya im Krieg gegen den Islamischen Staat (IS). Außerdem befindet sich, ruft die SWP in Erinnerung, "im ägäischen İzmir das Nato-Landcom, das bei gemeinsamen Einsätzen die Heereseinheiten der Verbündeten koordiniert".


Um Schonung bemüht

Das erhebliche deutsche Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit der Türkei sorgt zuverlässig dafür, dass sich die Bundesrepublik in der EU für einen schonenden Umgang mit Ankara einsetzt. So hat die Bundesregierung, wie die SWP schreibt, "entscheidend dazu beigetragen, dass die EU nicht mit empfindlichen Sanktionen auf die expansive Strategie der Türkei im östlichen Mittelmeer und die dazugehörigen militärischen Drohgebärden gegen die EU-Mitglieder Griechenland und Republik Zypern reagiert hat".[6] Zudem hat die EU im März dieses Jahres ihre "positive Agenda" mit der Türkei "unter maßgeblichem Einfluss Deutschlands beschlossen", konstatiert die SWP. Die Bundesregierung habe sogar die weitere Lieferung deutscher U-Boote an die türkische Marine genehmigt, obwohl diese "aufgrund ihrer weiterentwickelten Antriebstechnik die Machtbalance im östlichen Mittelmeer weiter zugunsten der Türkei" verschöben. Dennoch geht die SWP davon aus, dass "die augenblickliche Strategie der EU wohl nicht funktionieren" wird; "zu unterschiedlich" seien die Interessen der Mitgliedstaaten, als dass sie eine geschlossene Türkeipolitik umsetzen könnten. "Ankara wird deshalb darin fortfahren", prognostiziert die SWP, "die Schmerzgrenzen der EU auszutesten".


Europa in Randlage

Diese Vorhersage kann sich nicht zuletzt darauf stützen, dass der Abstieg des Westens inklusive Europas [7] auch in Ankara klar wahrgenommen wird. In der Türkei sei die Überzeugung "längst etabliert ..., der Westen befinde sich in einem unaufhaltbaren Niedergang", berichtet die SWP; es herrsche daher die Ansicht, man müsse die "Erwartungen" des Westens bzw. der EU "nicht (länger) erfüllen und sich stattdessen mittel- und langfristig nach Asien orientieren".[8] Ähnliches wurde Anfang vergangener Woche auf einer gemeinsamen Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Dort schilderte der einstige Bundesverteidigungs- und -innenminister Thomas de Maizière (CDU), wie er einmal - bei einem türkischen Amtskollegen zu Besuch - an der Wand eine Landkarte betrachtet habe, auf der "Ankara als Zentrum der Welt und Europa allenfalls in Randlage dargestellt" gewesen seien.[9] De Maizière erläuterte dazu: "Der eurozentrierte Blick nimmt ab". Mit ihm schwindet zugleich die gewohnte Macht Deutschlands und der EU, andernorts den Gang der Dinge bestimmen zu können.

 

[1] Türkei lädt deutschen Botschafter vor. tagesschau.de 19.10.2021.

[2] Erdogan erklärt Botschafter zu unerwünschten Personen. tagesschau.de 23.10.2021.

[3], [4] Filiz Kükrekol: Botschafter-Eklat vorerst abgewendet. tagesschau.de 26.10.2021.

[5], [6] Günter Seufert: Die Türkeipolitik der künftigen Bundesregierung: Konfliktlinien und Kooperationsfelder. SWP-Aktuell Nr. 65. Berlin, Oktober 2021.

[7] S. dazu Der beginnende Abstieg des Westens und Abstiegskämpfe.

[8] Günter Seufert: Die Türkeipolitik der künftigen Bundesregierung: Konfliktlinien und Kooperationsfelder. SWP-Aktuell Nr. 65. Berlin, Oktober 2021.

[9] Wo bleibt Europa? Frankfurter Allgemeine Zeitung 20.10.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8745

26.10.2021

Debatte:  Daniela Dahn:                                                                                                     Was ich bei Ungeimpften in meinem Umfeld beobachte

berliner-zeitung.de, 25.10.2021, aktualisiert 26.10.2021 - 16:52 Uhr, Daniela Dahn,
Die Schriftstellerin Daniela Dahn beobachtet, dass eine Minderheit diskriminiert und ausgegrenzt wird. Sie sieht eine gefährliche Stigmatisierung.


Zitat: Es gibt eine neue, diskriminierte und ausgegrenzte Minderheit im Lande. Gerade die öffentlich-rechtlichen Medien erzählen gern das Märchen von den Guten und den Bösen. Das geht in Ordnung, denn es dient der staatlichen Ordnung. In der die Atmosphäre offenbar noch nicht gereizt und unsolidarisch genug war. Nur einige couragierte Schauspieler, Wissenschaftler und wenige Autoren ergreifen dagegen Partei. Denn wer jetzt noch widerspricht, wird immer öfter gelöscht – in den Orkus der unsozialen Medien. Die inquisitorische Stigmatisierung des Zweifels muss als Form struktureller Gewalt empfunden werden.

Die Pandemie geht nicht so herdenmäßig zurück wie erhofft. Die Gründe sind unklar, aber klar ist, wer Schuld hat: die Ungeimpften. Dass auch Geimpfte infektiös sein können, ist tabu. Der Deutschlandfunk, ein der Dissidenz sonst unverdächtiger Sender, fragte am 31. August 2021: „Können Geimpfte andere Menschen anstecken?“ Und antwortete: „Gerade bei der Delta-Variante wirken die Impfstoffe nicht so gut. Man kann sich infizieren und das heißt, man kann auch wieder andere anstecken.“ Dummerweise haben wir es in Deutschland fast ausschließlich mit der Delta-Mutation zu tun.


Was nicht zu unterschätzen ist und für die Impfung spricht: Offensichtlich schützt sie eine Zeitlang vor schweren Verläufen. Allerdings werden die „Einzelfälle“, bei denen diese Zeit kurz ist, von Tag zu Tag mehr.

Die 2G-Experimente im Szeneclub Berghain oder in Clubs in Kreuzberg und anderen Städten haben allesamt zu beachtlichen Infektionszahlen geführt. Auch die sich untereinander infiziert habenden Spieler vom Eishockey-Klub München waren alle doppelt geimpft.

Ein doppelt Geimpfter steckt seine doppelt geimpfte Frau an

Obwohl die Wirksamkeit der restriktiven 2G-Methode als widerlegt angesehen werden kann, gehen viele Einrichtungen, darunter gern auch linke mit ihrem Zero-Covid-Trugbild, jetzt zu dieser demonstrativen Ausgrenzung über. Schließlich seien die Ungeimpften selbst schuld, wenn sie sich nicht immunisieren lassen, macht der DLF in der Presseschau vom 24. Oktober seine Schlappe wieder gut. Dabei ist die Illusion von einem zuverlässigen Schutz vor Ansteckung längst widerlegt. Und regelmäßige Booster-Auffrischungen könnten bei Veranlagung auch zu „Immunerschöpfung“ führen.

Zunehmende „Impfdurchbrüche“ beobachte ich auch in meinem Umfeld. Ein ganzer, durchgeimpfter Verlag ist zur Zeit in Quarantäne und konnte nicht an der Messe teilnehmen. Ein jüngerer, prominenter Kollege von mir, doppelt Astrazeneca-geimpft, hat sich auf einer Lesereise infiziert, diese wegen eindeutiger Symptome abgebrochen und dann seine mit Biontech doppelt geimpfte Frau angesteckt. Er sagt, er würde den Verlauf weder mit „mild“ noch mit „kurz“ beschreiben.

Ratlos macht selbst das weltweite Musterbeispiel für schnelles Impfen. Nochmal die nachdenkliche Sendung des DLF: „Aktuell beunruhigen in dem Zusammenhang Meldungen aus Israel. Mehr als die Hälfte der Covid-Patienten in Israels Kliniken waren vollständig geimpft.“ Falls ich noch bis drei zählen kann, heißt das, in dem Land mit der etwa gleichen Impfquote wie bei uns, aber dem größeren Erfahrungsvorsprung, liegen derzeit mehr geimpfte als ungeimpfte Pandemie-Fälle in den Krankenhäusern. Müsste man nicht zugespitzt fragen, ob von den Geimpften derzeit sogar die größere Gefahr ausgeht, weil ihnen eingeredet wurde, dass sie geschützt und für andere unbedenklich sind, also zu ihrem „normalen Leben“ zurückkehren können? Während die meisten Ungeimpften von sich aus vorsichtig sind.

Es ist verletzend, sich für eine Nicht-Impfung rechtfertigen zu müssen

Für Großbritannien hieß es in besagter Sendung, dass Geimpfte andere Personen „nur halb so häufig“ anstecken. Bedenklich genug, immerhin sind dort 80 Prozent doppelt geimpft. Bei uns geht angeblich nur jede zehnte Ansteckung auf einen Geimpften zurück. Es ist, als ob das Virus mit seiner Unlogik uns spottend vor sich hertreibt. Denn unsere Impfquote ist vermutlich genauso hoch wie die britische. Aber wer weiß das schon so genau, allein das Zählen hat uns überfordert. Die häufigsten Redewendungen der DLF-Sendung waren dann auch: Es besteht die Hoffnung …, deuten alle bisherigen Erkenntnisse in Richtung …, ist aktuell noch nicht klar …, fehlen dazu ausreichend belastbare Daten.

Immerhin reichen die Daten, um an der Gefährlichkeit des Virus keinen Zweifel zu haben, um diese Krankheit durchaus nicht haben zu wollen. Um wahrzunehmen, dass derzeit vor allem jüngere Ungeimpfte auf den Intensivstationen liegen. Wie mir von einer Pflegekraft auf einer Intensivstation, die aber nicht genannt werden möchte, berichtet wird, sind vor allem Personen aus sozial benachteiligten Umfeldern betroffen, Patienten mit angeschlagenem Immunsystem, wie starke Raucher oder Übergewichtige. Warum sollte auch das Kriterium der Vorerkrankung nur auf Ältere zutreffen?

Warum bin ich nicht geimpft? Es ist verletzend genug, sich für eine so persönliche Entscheidung rechtfertigen zu müssen, weil man sonst gleich in die „radikale Querdenker-Szene“ entsorgt wird. Ja, ich war vor drei Jahren unmittelbar nach einer Grippeschutz-Impfung ein halbes Jahr lang mit einer schweren Bronchitis und chronisch erhöhtem Fieber sehr belastend erkrankt. Ja, das ist vielleicht kein hinreichender Grund, Analogien zu anderen Impfungen zu vermuten. Vielleicht aber doch. Erst jetzt las ich in der Nature vom 14. Oktober 2021, dass es die Veranlagung geben kann, auf Influenza-Viren „verzerrt“ zu reagieren, insbesondere, wenn man einer Impfung ausgesetzt ist. Die Fachwelt nennt das „antigene Erbsünde“ und erforscht jetzt (!), ob dieses Phänomen auch bei Sars-CoV-2 auftritt. Die verschiedenartigen Reaktionen des Immunsystems sind offenbar „eines der großen Rätsel der Pandemie“. Kein Grund für Hellhörigkeit?

Wann entfällt die Legitimation für „bedingte Zulassung“ der Impfstoffe?

So gibt es für verschiedene Menschen viele verschiedene Gründe für Hellhörigkeit. Etwa den, dass alle in der EU zugelassenen Impfstoffe derzeit nur eine „bedingte Zulassung“ haben. Das heißt, sie haben ein beschleunigtes Verfahren durchlaufen, in dem fehlende Daten ausnahmsweise nachgereicht werden können und nicht, wie normalerweise, alle vor der Zulassung vorliegen müssen. Das betrifft etwa das komplette Fehlen von Studien zu Langzeitfolgen, was bisher immerhin eingeräumt wurde. Plötzlich heißt es, Langzeitfolgen von Impfungen seien generell inexistent, was einigen Erklärungsbedarf hinterlässt. Die EU hat damals eine Experten-Taskforce gebildet, die für die Marktzulassung letztlich abwägen sollte, ob der Nutzen die Risiken überwiegt. Aber das ist schwierig, wenn man nicht recht weiß, wie lange der Impfstoff wirkt und auch Antikörper bald nach der Krankheit zugunsten von Gedächtniszellen verschwinden. Die schwer nachweisbar sind, von denen aber zu hoffen ist, dass sie bei einer Neuinfektion Botenstoffe aussenden, die die benötigten Antikörper produzieren.

Besonders problematisch scheint mir, dass Widersprüchliches darüber bekannt ist, ob die Aktivierung der Immunabwehr gegen Sars-Cov-2 die Abwehr anderer Viren und Bakterien bremst. Der Virologe Alexander Kerkulé geht davon aus, dass man gegen anderes „dann weniger gut immun“ ist. Wie steht es also um das Nutzen-Risiko-Verhältnis für die 95 Prozent aller Krankheiten, an denen sonst noch so gestorben wird?

Die totale Fokussierung auf eine, wenn auch ansteckende Krankheit, hat etwas Irrationales. Ist es noch erlaubt zu fragen, ob es unter diesen Bedingungen wirklich eine gute Idee war, möglichst die gesamte Weltbevölkerung möglichst jedes Jahr durchimpfen zu wollen? Wäre die Pharmaindustrie nicht besser beauftragt gewesen, sie hätte den weitaus größten Teil der staatlichen und privaten Investitionen auf die Erforschung eines therapeutischen Medikaments konzentriert? Also besser gezielt Erleichterung und Heilung bringen – so wie es ja auch mit Antibiotika gegen bakterielle Erkrankungen gelungen ist?

Das ist komplizierter, aber wirksame Substanzen waren bekannt und sollen vielversprechend in der Erprobungsphase sein. Von Schnellverfahren war da allerdings keine Rede. „Alle menschlichen Verhältnisse stellen sich in den Interessen dar“, habe ich einst bei Friedrich Engels gelernt. Warum sollte das gerade in diesem Fall anders sein? Die professionellen Wachhunde des Kapitals haben es verstanden, jegliches Nachdenken über Interessen als „Verschwörungstheorie“ wegzubeißen. Genial.

Ist der Kampf gegen die Pandemie wirklich ein Kampf um Leben und Tod?

Ich will abschließend nicht das inflationäre Plädoyer für Andersdenkende bemühen. Selbst der Verweis auf Marxens Lieblingsmotto: An allem ist zu zweifeln, könnte hier unterkomplex ausfallen. Zu schwierig sind die ethischen Fragen, vor denen wir stehen. Die Behauptung der Politik, es gehe beim Kampf gegen diese Pandemie um Leben oder Tod, war von Anfang an eine irreführende Anmaßung. Die Herrschaft über den Tod ist uns nun mal nicht gegeben. Wir bleiben der Natur unterworfene Wesen. Aber je mehr künstliche Intelligenz wir kreieren, je mehr natürliche scheinen wir zu opfern.

Die Hoffnung auf Erlösung ist divers, das weiß man doch seit 2000 Jahren. Zwar hat die Zivilisation die Lebenserwartung weit über die biblische Vorhersage hinausgestreckt, aber sie hat sie mit Kriegen, Klimabelastungen, Hunger und Zivilisationskrankheiten auch wieder eingeschränkt. Wir arbeiten bestenfalls daran, einen unwürdigen, vorzeitigen Tod zu vermeiden. Aber ist nicht jeder Tod, der etwas anderes war als das friedliche Einschlafen aus Altersschwäche, ein vorzeitiger Tod? Weil er von einer Krankheit ausgelöst wurde, die zu behandeln nicht erfolgreich oder noch nicht möglich war?

Sich fortschrittlich gebende Mitstreiter wären gut beraten, Krankheit nicht in einen Zusammenhang mit Schuld zu bringen. Impfen als Akt der gesellschaftlichen Solidarität? Von da ist es nicht weit bis zur patriotischen Pflicht. Impfen fürs Vaterland. Demokratie trägt die Versuchung zu Totalitarismus immer in sich. Die biologistische Ausgrenzung aus dem „gesunden Volkskörper“ ist noch nicht so lange her.

Ich empfinde die neuerdings ausgestellte Rechnung vom Testzentrum wie einen Strafzettel vom Ordnungsamt. Zu Veranstaltungen, bei denen die Zweifler, Fragesteller und Andersdenkenden zuvor ausgesondert wurden, gehe ich allerdings sowieso nicht.

Info:  https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/daniela-dahn-was-ich-bei-ungeimpften-in-meinem-umfeld-beobachte-li.190726


Weiteres:


Zitat aus: Daniela Dahn "Westwärts und nicht vergessen - Vom Unbehagen in der Einheit
Rowohlt-Berlin Verlag, Berlin 1996, Seite 11

Kap.

Und wehre dich täglich - Mein Unbehagen als Autorin


Die DDR ging unter, als sie gerade anfing, Spaß zu machen. Und zwar nicht nur für ein paar Dutzend Bürgerrechtler, sondern für Millionen Menschen, die endlich ihr Schicksal in die Hand genommen hatten: demonstrieren gingen, auf Versammlungen sprachen, Resolutionen verfaßten, sich neuen Gruppen anschlossen, Plakate malten, Häuser besetzten, Parteien und Verbände gründeten, Menschenketten bildeten, unabhängige Studenten, und Betriebsräte wählten, Flugblätter druckten, die alten Chefs absetzten, in Städten und Dörfern Runde Tische einrichteten. So viel Selbstbestimmung war nie. Und damit so viel neues Selbstbewusstsein. Das darf nicht vergessen werden, wenn man sich wundert, wie hartnäckig viele Neubundesbürger ihre Erfahrungen und Biografien verteidigen.



Weiteres:


Die Misshandlung der Genesenen schreit nach einer Klage.


nachdenkseiten.de, 26. Oktober 2021 um 11:58Ein Artikel von: Albrecht Müller

Wer von Covid 19 schwer erfasst wurde, wird in diesem unserem Lande dreifach bestraft: zum Ersten durch die Krankheit selbst, die lebensgefährlich sein kann und bei einem schweren Verlauf deutliche Spuren hinterlässt, zum Zweiten durch die willkürliche zeitliche Begrenzung des Status als Genesene/r auf 6 Monate und zum Dritten durch den dadurch ausgeübten Druck zur Impfung in einem labilen gesundheitlichen Zustand. Der Immunitätsstatus ist bei vielen Genesenen weit über die 6 Monate hinaus besser als bei geimpften Personen. Es wäre nicht sonderlich aufwändig, würde man den Status des Genesenenseins flexibel handhaben, also mehrmals, zum Beispiel im Dreimonatsrhythmus verlängern, wenn die Ausstattung mit Antikörpern dies als gerechtfertigt erscheinen lässt. Da ich persönlich betroffen bin, kann ich klagen. Das werde ich nach Prüfung der rechtlichen Lage durch einen kundigen Rechtsanwalt tun.

Zitat: Wenn Sie in ähnlicher Weise betroffen sind oder von einem ähnlichen Vorstoß Kenntnis haben oder wenn Sie die Klage unterstützen wollen, dann schicken Sie eine kurze (!) Information an recherche@nachdenkseiten.de.


Es sind in letzter Zeit einige einschlägige Texte zum Status der Genesenen, auch im Vergleich zu Risiken und Gefahren der Geimpften, erschienen. Die Widersprüche häufen sich. Fünf einschlägige Hinweise und Links sind hier angefügt:


Aktualisierte Stellungnahme zur Immunität von Genesenen

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Immunantwort, die durch eine SARS-CoV-2 Infektion oder eine COVID-19 Impfung ausgelöst wird, und Beobachtungsstudien zur Häufigkeit von Zweitinfektionen mit SARS-CoV-2 erlauben eine Neubewertung der Dauer der Immunität nach durchgemachter SARS-CoV-2 Infektion. …


Schlussfolgerungen:
  • Die nachgewiesene Dauer des Schutzes nach durchgemachter SARS-CoV-2 Infektion beträgt mindestens ein Jahr. Aus immunologischer Sicht ist von einer deutlich längeren Schutzdauer auszugehen, die auf Grund des begrenzten Beobachtungszeitraum aber noch nicht durch entsprechende Studien belegt ist.
  • Auf Grund dieser aktuellen Erkenntnisse sollten Genesene bei Regelungen zur Pandemie-Bekämpfung (z.B. Testpflicht) den vollständig Geimpften zunächst für mindestens ein Jahr gleichgestellt werden.
  • Eine Überprüfung des empfohlenen Zeitpunktes einer Impfung nach überstandener SARS-CoV-2 Infektion wird angeraten.

g-f-v.org/2021/09/30/4411/


Wie lange sind Geimpfte und Genesene geschützt?

Nach den Erleichterungen für die Gruppen der Geimpften und Genesenen stellt sich noch einmal dringlicher die Frage: Wie lange hält ihr Schutz überhaupt?

VON GISELA GROSS, KATRIN ANDRE UND DPA, AKTUALISIERT AM 08.09.2021 …

apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/coronavirus/wie-lange-sind-geimpfte-und-genesene-geschuetzt-779339.html


GENESEN

Der Bundesrat anerkennt: Natürliche Immunität schützt besser als die Impfung

Der Bundesrat hat zugewartet, doch nun behandelt er Genesene wie Geimpfte. Wissenschaftlich war der Schutz längst bewiesen. Und noch mehr: Genesenen sind sogar besser geschützt.
Das ist eigentlich keine überraschende Erkenntnis: Das Immunsystem muss länger und auf ein komplettes Virus reagieren, als wenn es nur einen Bauplan-Abschnitt für die Antikörper erhält wie bei den mRNA-Impfungen oder unschädliche gemachte Viren wie bei traditionellen Impfungen. Doch gerade bei den mRNA-Impfungen wurden anfänglich hohe Antikörper-Level festgestellt, so dass vermutet – und gehofft – wurde, die Impfung könnte sogar besser schützen als eine durchgemachte Krankheit.


Doch die Zahl der langanhaltenden Gedächtniszellen der Immunabwehr scheint bei Genesenen doch grösser zu sein. Jedenfalls zeigten in den vergangenen Monaten verschiedene Studien, dass Genesene deutlich seltener erneut an Covid-19 erkranken als Geimpfte.

Schon im Juli zeigte beispielsweise eine Studie aus Vò in Norditalien die in der Fachzeitschrift «Nature» erschien, dass in dieser Gemeinde, wo das Virus das erste italienische Todesopfer gefordert hatte, die Konzentration der Antikörper in den Genesenen auch nach neun Monaten noch hoch war.


Sieben mal besser vor Spitaleinweisung geschützt als Geimpfte ….

tagblatt.ch/leben/genesen-der-bundesrat-anerkennt-natuerliche-immunitaet-schuetzt-besser-als-die-impfung-ld.2204019


Sind Corona-Genesene wirklich nur etwa sechs Monate geschützt?

„2G“ bedeutet, dass in Corona-Zeiten nur Geimpfte und Genesene ins Restaurant dürfen. Für Genesene endet diese Gleichstellung sechs Monate nach der nachgewiesenen Infektion. Ist das gerechtfertigt?


VON MARC FLEISCHMANN, DPA, AKTUALISIERT AM 05.10.2021

Ob Reisen oder Restaurant: Corona-Genesene genießen die gleichen Freiheiten wie vollständig Geimpfte – allerdings nur bis zu sechs Monate nach der Infektion. Dann heißt es: testen oder sich impfen lassen. Ist diese zeitliche Begrenzung wirklich sinnvoll und notwendig?

Nein, sagt Sebastian Ulbert, Abteilungsleiter Impfstoffe und Infektionsmodelle am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig. „Diese Sechs-Monats-Regel entbehrt mittlerweile einer wissenschaftlichen Grundlage.“

apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/coronavirus/sind-corona-genesene-wirklich-nur-etwa-sechs-monate-geschuetzt-808033.html


Osthofen und Hamburg als Beispiele

DRITTIMPFUNGEN DER NICHT-INFIZIERTEN


Inzwischen sieben Tote nach Corona-Ausbruch in Seniorenheim in Osthofen

In einem Seniorenheim in Osthofen haben alle nicht infizierten Bewohner am Montag eine Drittimpfung erhalten. Mehr als 60 Menschen hatten sich dort mit dem Coronavirus angesteckt, sieben sind inzwischen gestorben.


Nach Angaben der Heimleitung wohnen in dem Seniorenheim um die 100 Menschen. Alle, die nicht aktuell positiv getestet wurden, haben am Montag ihre Auffrischungsimpfung erhalten. Das teilte die Heimleitung auf SWR-Anfrage mit. Die Lage sei immer noch angespannt, es gehe aber ruhig und geordnet zu. Die Versorgung der Bewohner sei gewährleistet.

Zwei weitere Bewohner am Wochenende verstorben


Am Wochenende seien außerdem zwei weitere infizierte Bewohner verstorben – ob an oder mit Corona könne noch nicht gesagt werden. Neue Infektionen gab es laut Heimleitung keine. Nach Angaben der Kreisverwaltung Alzey-Worms ist weiterhin unklar, wie genau das Corona-Virus in das Heim gelangt ist und warum es sich dort so schnell ausgebreitet hat. Dies sei auch möglicherweise nicht mehr aufzuklären.


Bei vier der sieben Verstorbenen sei eindeutig geklärt, dass sie an Corona gestorben seien. Nahezu alle Infizierten seien im Februar vollständig geimpft worden. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass bei der Impfaktion Fehler passiert seien. Diese sei unter Aufsicht des Impfkoordinators des Kreises korrekt durchgeführt worden.


Ansteckung mit Coronavirus schwer nachzuvollziehen

Auch der Virologe Bodo Plachter von der Universitätsmedizin Mainz hält es für schwierig, genau nachzuvollziehen, wieso sich im Seniorenheim in Osthofen so viele Bewohner und Bewohnerinnen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Einen Grund sieht er in den Wohnverhältnissen. In Altenheimen würden die Seniorinnen und Senioren auf verhältnismäßig engem Raum zusammenleben. Außerdem würden ältere Menschen nicht immer auf den nötigen Abstand achten, unter anderem, weil sie vergesslich oder schwerhörig seien.

Grundsätzlich hätten Ältere auch oft viele Grunderkrankungen, die zum Tod führen könnten. Wenn dann noch eine Infektion hinzukomme, könne das unter Umständen lebensbedrohlich werden.


Stiko empfiehlt Drittimpfung ab 70 Jahren

Nach Worten des Virologen Plachter fehlen immer noch ausreichend Erkenntnisse darüber, wie gut die Corona-Impfung bei sehr alten Menschen wirkt. Da betrete man Neuland, da gebe es noch viele Fragezeichen. Abgesehen davon gebe es bei keiner Impfung einen 100-prozentigen Schutz. Aus diesem Grund habe die Ständige Impfkommission auch empfohlen, alle Menschen ab 70 Jahren ein drittes Mal zu impfen.


Virusanalyse nach Corona-Ausbruch in Osthofen3 Min

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Mitarbeitende arbeiten bis an ihre Grenzen

“Den Mitarbeitenden gebührt Respekt!”


Manuela Haller, Leiterin des Seniorenheims in Osthofen

Wie die Heimleiterin sagt, arbeiten die Mitarbeitenden derzeit über das normale Maß hinaus: “Ständig müssen sie ihre Schutzkleidung wechseln und trotz der Umstände verbreiten sie gute Stimmung bei unseren Bewohnern und Bewohnerinnen.”


Liveblog: Corona in Rheinland-Pfalz

Die aktuellsten Informationen zur Corona-Pandemie in Rheinland-Pfalz finden Sie in unserem Liveblog.


Virusvarianten deuten auf Delta hin

Die Virusanalysen, die das Gesundheitsamt des Kreises Alzey-Worms durchgeführt hat, deuten darauf hin, dass sich die Infizierten mit der Delta-Variante angesteckt haben. Die Mitarbeitenden des Heims hoffen nun, dass nicht noch weitere Todesfälle hinzukommen.

swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/mainz/corona-ausbruch-in-seniorenheim-osthofen-wird-geprueft-100.html


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=77340
26.10.2021

Europaabgeordnete geben Pressekonferenz, und die Medien schweigen: „Wir werden für Ihre Rechte kämpfen“.Schlagzeile

uncut-news.ch, vom 24. Oktober 2021

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben sich gegen die Impfpflicht und gegen den Gesundheis-Pass, das sogenannte grüne Zertifikat, ausgesprochen. Mitglieder des Europäischen Parlaments haben am Mittwoch auf einer Pressekonferenz auf die zunehmenden Menschenrechtsverletzungen in der EU aufmerksam gemacht.


Die Grundrechte der EU-Bürger werden durch die Zwangsimpfung und den Missbrauch des Covid-Pass unter Druck gesetzt, so die Europaabgeordneten. Hunderte von Mitarbeitern des Europäischen Parlaments laufen Gefahr, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, weil sie keine Covid-Pass haben.


Die Pressekonferenz wurde von Christine Anderson, Francesca Donato, Ivan Vilibor Sincic und Cristian Terhes gehalten. Sie gaben den Millionen von Europäern, die in der gesamten EU für ihre Grundrechte kämpfen, eine Stimme.


Eine schreckliche Situation


„Ich habe keine Angst vor dem Virus. Ich fürchte mich davor, dass Regierungen jede Krise nutzen, um die Rechte der Bürger zu verletzen oder ihnen diese zu nehmen“, sagte die Europaabgeordnete Christine Anderson. „Was wir in dieser Krise erlebt haben, ist, dass Bürgerrechte und Freiheiten zu Privilegien geworden sind, die Regierungen nach eigenem Ermessen gewähren oder entziehen.


„Ich rufe alle Europäer auf, gegen jede Regierung aufzustehen, die versucht, uns unsere Freiheiten und Bürgerrechte zu nehmen“, so die Abegordneten.


Die Anwältin und Europaabgeordnete Francesca Donato sprach von einer „schrecklichen Situation“ in Europa, da die Menschenrechte nicht geachtet und friedliche Proteste überall in Europa gewaltsam unterdrückt würden.


Wir müssen es gemeinsam tun, und wir müssen es jetzt tun

Sie sagte auch, dass Menschen, die nach der Corona-Impfung unter schweren Nebenwirkungen leiden, keine kostenlose Hilfe erhalten und dass die Zahl der Berichte über Nebenwirkungen unterschätzt wird.


„Wir müssen die Menschenrechte in Europa verteidigen“, sagte Donato. „Wir müssen das gemeinsam tun, und wir müssen es jetzt tun.


Der Europaabgeordnete Ivan Sincic sagte: „Sie sind nicht allein und wir kämpfen für Ihre Rechte! Wir kämpfen Seite an Seite mit Ihnen!“


Cristian Terhes wies darauf hin, dass Hunderte von Mitarbeitern des Parlaments Gefahr laufen, entlassen zu werden, weil sie keinen Covid-Pass haben. „Aber sie haben nichts falsch gemacht. Das ist die absurde Situation. Das ist nicht fair. Wir sind für euch da und wir werden für euch kämpfen“.


QUELLE: PRESSEMITTEILUNG: VERTEIDIGUNG DER GRUNDRECHTE GEGEN DEN MISSBRAUCH DES DIGITALEN COVID-ZERTIFIKATS


Info: https://uncutnews.ch/europaabgeordnete-geben-pressekonferenz-und-die-medien-schweigen-wir-werden-fuer-ihre-rechte-kaempfen

26.10.2021

Gemeinsam gegen Tesla              Der US-Elektroautohersteller Tesla entwickelt sich rasant und hängt die deutsche Kfz-Konkurrenz ab. Diese denkt über einen Schulterschluss gegen Tesla nach.

german-foreign-policy-com, 26. Oktober 2021
WOLFSBURG/PALO ALTO(Eigener Bericht) - Deutsche Kfz-Konzerne sehen sich zunehmend durch den Markterfolg des US-Elektroautoherstellers Tesla bedroht. Man müsse "effizienter, schneller" werden, um mit Tesla mithalten zu können, forderte VW-Chef Herbert Diess Berichten zufolge kürzlich bei einer internen Managerkonferenz: Das US-Unternehmen sei die einzige Branchenfirma, die "trotz Covid wächst". Tesla hat VW nicht nur auf dem Weltmarkt abgehängt, sondern holt auch auf dem deutschen Markt auf und lag mit seinem Model 3 zuletzt bei den Absatzzahlen in der Bundesrepublik nur noch knapp hinter dem VW Golf. Als Vorteil gilt dabei, dass Tesla nicht auf diverse Zulieferer, sondern auf eine "vertikale Integration" der Produktion setzt und deshalb viel weniger von den aktuellen Schwierigkeiten in den globalen Lieferketten betroffen ist. Hinzu kommt, dass der US-Konzern sich im Umgang mit dem Halbleitermangel als weitaus flexibler als die deutsche Konkurrenz erwiesen hat. Deutsche Kfz-Hersteller denken inzwischen über den Aufbau einer Abwehrkooperation gegen den US-Rivalen nach.


Zitat: 30.000 Arbeitsplätze in Gefahr

Deutsche Kfz-Manager zeigen sich zunehmend besorgt über den Markterfolg des US-Elektroautoherstellers Tesla in der Bundesrepublik. Wie berichtet wird, hat VW-Chef Herbert Diess bei einer internen Konferenz das Management des Autobauers auf einen "härteren Wettbewerb mit Tesla" eingeschworen.[1] Man müsse "effizienter, schneller" werden; Tesla stelle eine "Gefahr" für VW dar, warnte Diess. Der Abstand beim Absatz von Elektroautos vergrößere sich; Tesla werde schneller, könne immer bessere, "vollvernetzte" Autos bauen und sei die einzige Marke, die "trotz Covid wächst". Man müsse "diesen Wettbewerb annehmen", forderte Diess vor rund 200 Managern. Der VW-Chef beteuerte überdies, die verschärfte Konkurrenz mit dem innovativen US-Konzern solle "zunächst" keinen Arbeitsplatzabbau zur Folge haben. Er habe, wenn er an Wolfsburg denke, "nicht den Abbau von Arbeitsplätzen im Kopf", erklärte Diess; es gehe vielmehr um eine Reorganisation der Produktionsabläufe bzw. der Art und Weise, "wie wir miteinander arbeiten". Der VW-Chef spielte dabei auf Medienberichte an, laut denen bei Volkswagen umfassende Planungen zum Arbeitsplatzabbau diskutiert werden. Bis zu 30.000 Mitarbeiter könnten demnach an deutschen Standorten entlassen werden. Zwar beteuerte die Konzernleitung nach empörten Reaktionen im Aufsichtsrat, es seien keine "konkreten Kürzungen" geplant. Dennoch müsse die "Kostensituation und Auslastung einiger Standorte" intensiv diskutiert werden. VW leide unter den aktuellen Produktionsstillständen, unter einer "Lieferkrise bei Mikrochips" und unter der Konkurrenz mit dem Tesla-Konzern, dessen Fabrik bei Berlin bald in Betrieb gehen werde.


Deutschland: Tesla knapp hinter dem VW Golf

Auch ohne einen deutschen Produktionsstandort konnte Tesla zuletzt laut Branchenberichten in der Bundesrepublik einen Höhenflug beim Absatz seines günstigen Model 3 verzeichnen.[2] Demnach setzte der US-Konzern im September in der Bundesrepublik 6.828 Elektro-Pkw ab, die noch "per Frachtschiff aus den USA" importiert werden mussten. Damit habe Teslas Model 3 fast das "Lieblingsauto der Deutschen", den VW Golf, entthront, der im September mit gerade einmal 58 Zulassungen mehr seine Spitzenposition beim Absatz gehalten habe, hieß es. Insgesamt sind demnach im September 33.665 elektrisch betriebene Fahrzeuge in der Bundesrepublik verkauft worden - ein Zuwachs von 58,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Anteil der Elektromobilität an allen Neuzulassungen summiert sich damit inzwischen auf 17,1 Prozent. Das Tesla-Werk bei Berlin soll bereits Ende dieses Jahres die Produktion aufnehmen, während das Elektroauto Trinity, das als Elektrogroßprojekt von Volkswagen gilt, erst ab 2026 in Wolfsburg vom Band rollen soll. VW investiert in diesem Zusammenhang eine hohe zweistellige Milliardensumme.


Weltmarkt: Tesla hängt VW ab

Auf dem Weltmarkt hingegen hängt Tesla den größten deutschen Fahrzeughersteller bereits deutlich ab. So konnte der US-Elektroautobauer im dritten Quartal 2021 mit rund 241.300 ausgelieferten Fahrzeugen einen neuen Rekord verzeichnen; die Zahl entspricht einer Produktionssteigerung im Jahresvergleich von rund 73 Prozent. Gegenüber dem Vorquartal konnte Tesla den Ausstoß um 15 Prozent steigern. VW und Porsche hingegen "schwächeln" auf dem US-Markt, heißt es. Mehr noch: Der Abstand zwischen Tesla und VW vergrößert sich auf dem "Zukunftsmarkt" Elektromobilität zusehends. Die Wolfsburger konnten zwar im dritten Quartal 2021 rund 122.000 reine Elektroautos verkaufen - ein Absatzplus von 109 Prozent gegenüber dem Vorjahr.[4] Dies waren allerdings nur rund 50 Prozent des Absatzrekordes, den Tesla erreichte. Insgesamt produzierte Volkswagen in diesem Jahr 293.100 elektrisch betriebene Pkw, was nur knapp 47 Prozent der 627.350 E-Fahrzeuge entspricht, die Tesla fertigte. Der US-Elektroautokonzern konnte im dritten Quartal mit 1,6 Milliarden Dollar auch einen Rekordgewinn erzielen, während der Umsatz um 57 Prozent auf 13,8 Milliarden Dollar kletterte.[5]


Produktion in der Ära der Versorgungsprobleme

Indessen diskutieren deutsche Medien die Gründe für den Erfolg von Tesla gegenüber der deutschen Konkurrenz.[6] Der US-Hersteller sei vor allem deswegen erfolgreicher als die deutschen Konzerne, weil er einer Strategie des "Do it yourself" folge, die sich angesichts der zunehmenden Lieferengpässe und Versorgungslücken besonders gut bewähre, heißt es. Während deutsche Autohersteller in der Ära der Globalisierung viele Fertigungsschritte ausgelagert haben und nun auf eine Vielzahl von Zulieferern - etwa bei elektronischen Komponenten - angewiesen sind, weist Tesla eine hohe "vertikale Integration" auf, bei der viele Komponenten in Eigenregie produziert werden. Tesla fertige vieles "aus einer Hand" und habe dadurch "fast alle Teile der Wertschöpfungskette" unter Kontrolle, heißt es; dies stelle einen Gegensatz zur branchenüblichen "horizontalen Integration" dar. Angesichts des Zusammenbruchs vieler Lieferketten gingen nun auch viele deutsche Konzerne dazu über, die "Produktion von immer mehr Teilen zurück von Zulieferern in ihre eigenen Fabriken" zu integrieren. Da der US-Konzerne etwa eigene Batteriefabriken unterhält und Elektromotoren selbst herstellt, werden von der Konkurrenz nun ähnliche Schritte geplant. Damit kopiert die Branche in Reaktion auf die zunehmende Krisenintensität ein industrielles Organisationsmodell, das in der Endphase des real existierenden Sozialismus weit verbreitet war: Das industrielle Kombinat war ebenfalls bemüht, möglichst viele Fertigungsschritte und Vorprodukte in Eigenregie zu fertigen, um so den zunehmenden Versorgungsproblemen im Staatssozialismus zu begegnen.


Wo das Wertschöpfungspotenzial liegt

Volkswagen investiert überdies massiv in die Softwareentwicklung, um die "vertikale Integration" nach Tesla-Vorbild zu beschleunigen.[7] Der US-Konzern sei von dem Chipmangel, der die deutschen Hersteller plage, nicht im selben Maße betroffen, weil er beim Ausbruch der Pandemie seine Aufträge bei den asiatischen Zulieferern nicht storniert habe, wird berichtet. Letzteres sei ein schwerer Fehler der deutschen Autobauer gewesen: "Wer einmal streicht, den beliefert man später vielleicht nicht als Erstes". Stattdessen habe Tesla seine Bestellungen aufrechterhalten und werde nun, als "kontinuierlicher Abnehmer" geltend, "bevorzugt beliefert". Überdies habe der US-Elektroautohersteller auch Chips bei Firmen aufgekauft, die die Branche ansonsten nicht beliefern; die Halbleiter, die vielseitig eingesetzt werden können, wurden dann einfach umprogrammiert. Diese "Flexibilität", die durch eine leistungsfähige IT-Abteilung erreicht wurde, habe dazu beigetragen, dass "die Lieferfähigkeit auf verhältnismäßig hohem Niveau aufrechterhalten" werden konnte, heißt es. Neben der Batteriefertigung liege inzwischen das "größte Wertschöpfungspotenzial eines Elektroautos in der Software". Die deutschen Hersteller würden allerdings nur "langsam begreifen", dass es wichtig sei, "in allen Bereichen der Wertschöpfung eigene Kompetenzen aufzubauen". Sollten die Lieferengpässe bei elektronischen Komponenten anhalten, sei bei Tesla, wo selbst die Autositze konzernintern gefertigt werden, sogar der Aufbau einer eigenen Chipfertigung oder die Beteiligung an IT-Konzernen denkbar.


Der deutsche Schulterschluss

Angesichts des zunehmenden Vorsprungs des innovativen US-Herstellers gegenüber der deutschen Konkurrenz, die jahrzehntelang mit Unterstützung der Bundesregierung [8] wichtige Innovationen europaweit torpedierte, mehren sich die Stimmen, die ein geschlossenes deutsches Vorgehen gegenüber Tesla fordern.[9] Er sei offen für eine Kooperation mit deutschen Konkurrenten, um im Softwarebereich rasch aufzuholen, erklärte VW-Chef Diess im Oktober. Ähnlich äußerten sich jüngst BMW-Chef Oliver Zipse, der erst vor wenigen Monaten mit Daimler eine "Partnerschaft im Bereich des automatisierten Fahrens eingegangen" war, sowie Audi-Chef Markus Duesmann. Es gehe den angeschlagenen deutschen Hersteller darum, "Kosten zu senken und im technologischen Wettlauf mitzuhalten", heißt es. Entsprechende Sondierungen zum Aufbau einer deutschen Softwareentwicklung samt gemeinsamen Betriebssystem waren in den vergangenen Jahren noch gescheitert. Die gemeinsame Abwehr gegen Tesla könnte nun zum Durchbruch führen.

 

Mehr zum Thema: Der Tesla-Schock und Globaler Führungskampf in der Elektroautobranche.

 

[1] "Der Abstand vergrößert sich" - Diess schwört VW-Manager auf Wettbewerb mit Tesla ein. handelsblatt.de 14.10.2021.

[2] Tesla entthront fast den Golf: Das sind die meistverkauften E-Autos. efahrer.chip.de 19.10.2021.

[3] Tesla mit Auslieferungsrekord - VW und Porsche schwächeln in den USA. handelsblatt.de 02.10.2021.

[4] VW verdoppelt reine Elektroauto-Verkäufe in Q3 - aber Abstand zu Tesla vergrößert sich. teslamag.de 19.10.2021.

[5] Teslas Quartal der Rekorde. tagesschau.de 21.10.2021.

[6] Warum ist Tesla gerade erfolgreicher als die hiesige Konkurrenz? br.de 21.10.2021.

[7] Dirk Kunde: Wie Tesla dem Chipmangel trotzt. zeit.de 21.10.2021.

[8] Tomasz Konicz: Klimapolitischer Schwindel für Fortgeschrittene. heise.de/tp 04.11.2018.

[9] Alle gegen Tesla: VW-CEO Diess zu Kooperation mit Konkurrenten bereit. cash.ch 20.10.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8744

25.10.2021

Die Fregatte Bayern auf Kolonialfahrt (II)        Die Fregatte Bayern hat Übungen vor Guam durchgeführt, einem Brennpunkt des US-Aufmarschs gegen China. Die Pazifikinsel ist bis heute US-Kolonie; Unabhängigkeitsforderungen werden ignoriert.

german-foreign-policy. com, 25. Oktober 2021
BERLIN/WASHINGTON(Eigener Bericht) - Die Fregatte Bayern hat in der vergangenen Woche Übungen in einem zentralen Brennpunkt eines möglichen Kriegs zwischen den Vereinigten Staaten und China durchgeführt. Die gemeinsamen Übungen mit US-Kriegsschiffen fanden vor der Pazifikinsel Guam statt, deren Marine- und Luftwaffenstützpunkte die letzten auf US-Territorium auf dem Weg aus den USA über den Pazifik nach China sind. Guam galt bereits im Zweiten Weltkrieg als "Speerspitze" der US-Streitkräfte für ihre Operationen gegen Japan und wurde dann im Vietnamkrieg als zentrale militärische Drehscheibe genutzt. Heute wird die US-Militärpräsenz dort für einen etwaigen Waffengang gegen China aufgestockt; die Manövertätigkeit schwillt an. Zuvor hatte die Fregatte Bayern einen Tankstopp in Palau eingelegt, wo Washington ebenfalls neue Militäreinrichtungen baut. Palau war einst US-Kolonie; der Inselstaat befindet sich bis heute in hochgradiger Abhängigkeit von Washington, da die USA offiziell seine Verteidigung übernehmen. Guam wiederum wird von der UNO bis heute als Kolonie eingestuft. Seit Jahren erstarken dort Forderungen nach Unabhängigkeit.


Zitat: Im Dienst der US-Streitkräfte

Nach ihrem Tankstopp im nordaustralischen Darwin [1] hatte die Fregatte Bayern auf ihrer Fahrt nach Guam zunächst einen weiteren Tankstopp in Palau eingelegt. Der Inselstaat, nördlich von Westneuguinea sowie östlich der Philippinen im Pazifischen Ozean gelegen, war früher eine deutsche Kolonie; dorthin hatten deutsche Truppen Aufständische verschleppt, die sich im Jahr 1910 auf der zu Mikronesien gehörenden Insel Pohnpei - sie stand ebenfalls unter deutscher Kontrolle - gegen die deutsche Kolonialmacht erhoben hatten.[2] Palau wurde 1914 von Japan besetzt und nach dem Zweiten Weltkrieg von den Vereinigten Staaten übernommen, die es 1994 schließlich in die formale Unabhängigkeit entließen. Von einer echten Unabhängigkeit kann allerdings keine Rede sein. Die USA hatten sich im Gegenzug zur formalen Entkolonialisierung mittels eines Assoziierungsvertrags ("Compact of Free Association") zusichern lassen, die Verteidigung des Inselstaats zu übernehmen; damit ist Palau mit seinen rund 22.000 Einwohnern militärpolitisch faktisch Washington unterstellt. Bürger des Pazifikstaates können, wenn sie es wünschen, Militärdienst in den US-Streitkräften leisten. Ungefähr 500 tun das aktuell; nach Abschluss ihrer Dienstzeit erhalten zahlreiche ehemalige Soldaten führende Posten in Regierung und Wirtschaft von Palau.[3]


Hinter der "ersten Inselkette"

Die Regierung von Palau, eines der letzten Staaten weltweit, die diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhalten und dafür auf diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China verzichten, hat Washington im vergangenen Jahr offiziell gebeten, US-Militärstützpunkte in ihrem Land zu errichten - Häfen, Flugplätze und weitere Einrichtungen.[4] Darüber hinaus hat sie die U.S. Coast Guard eingeladen, in den Gewässern des Inselstaates zu patrouillieren, sowie eine ständige US-Militärpräsenz in Palau ins Gespräch gebracht. Militärstrategen stufen die Lage des Inselstaats als sehr vorteilhaft ein. Zum einen könne eine Militärpräsenz dort helfen, die chinesische Marine an einem Ausbruch aus der "ersten Inselkette" zu hindern. Die erste Inselkette reicht von Japan einschließlich seiner südlichen Insel Okinawa, Taiwan und den Philippinen bis Borneo; Palau, das von China aus gesehen hinter der Inselkette liegt, könnte dabei helfen, etwaige Lücken in ihr zu schließen.[5] Darüber hinaus bieten US-Flugplätze in Palau die Chance, Startbahnen für mögliche Luftangriffe auf die Volksrepublik zu diversifizieren und es China zu erschweren, sie zu Beginn eines etwaigen Krieges umfassend zu zerstören, um Angriffe auf chinesisches Territorium zu verhindern.


Guam als "Speerspitze"

Von Palau aus ist die Fregatte Bayern Anfang der vergangenen Woche in Guam eingetroffen. Der Insel wird herausragende strategische Bedeutung zugeschrieben; gut 6.000 Kilometer westlich von Hawaii und nur noch 4.000 Kilometer von Beijing entfernt, ist sie für die US-Streitkräfte die letzte Station auf US-Gebiet auf dem Weg aus den USA in Richtung Volksrepublik. Sie beherbergt eine Luftwaffen- und eine Marinebasis (Anderson Air Force Base, Naval Base Guam), die während des Korea- und des Vietnamkriegs als zentrale Drehscheibe für US-Truppen dienten.[6] Zusätzlich ist am 1. Oktober vergangenen Jahres der Aufbau einer neuen Basis für das U.S. Marine Corps gestartet worden; in den kommenden Jahren sollen dort rund 5.000 Marines stationiert werden.[7] Guam sei "absolut entscheidend für die Aufrechterhaltung von Abschreckung und Stabilität in der Region", urteilte im März Admiral Philip Davidson, damals noch Kommandeur des U.S. Indo-Pacific Command: "Es ist unser bedeutendster Operationsstandort westlich der Datumsgrenze."[8] Guam hatte bereits im Zweiten Weltkrieg, als es eine zentrale Rolle im Krieg der US-Streitkräfte gegen Japan spielte, den Beinamen "Speerspitze" für Kämpfe gegen eine ostasiatische Macht erhalten.


"Defender Pacific"

Guam ist zuletzt - entsprechend seiner strategischen Bedeutung - Schauplatz und Ausgangspunkt zahlreicher Manöver der US-Streitkräfte und ihrer Verbündeten gewesen. Im Sommer verlegten unter anderem zehn Jagdbomber F-15E und mehr als zwei Dutzend Tarnkappenjäger F-22 auf Guam sowie auf nahe gelegene Inseln; in der Übung "Pacific Iron" trainierten sie unter anderem, sich rasch auf verschiedene Startbahnen zu verteilen, um im Kriegsfall potenziellen chinesischen Raketenangriffen ausweichen und angriffsfähig bleiben zu können. Im Rahmen von "Defender Pacific" führten Einheiten aus den USA sowie Japan Ende Juli eine gemeinsame Luftlandeübung auf Guam durch. Ende August hielten die Staaten des Quad-Paktes - die USA, Japan, Australien, Indien - den ersten Teil ihres diesjährigen Malabar-Marinemanövers vor der Küste von Guam ab; geprobt wurden unter anderem Luft- und U-Boot-Abwehr.[9] Die Fregatte Bayern tauschte auf Guam nicht nur Personal und Material aus, darunter ihre Sealynx-Bordhubschrauber; außerdem führte sie gemeinsame Übungen mit der US-Marine durch. Am Freitag legte sie schließlich in Anwesenheit des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium Thomas Silberhorn ab - mit Kurs auf Tokio.


Unabhängigkeitsbestrebungen

Gegen die US-Militärpräsenz auf Guam erhebt sich in der einheimischen Bevölkerung regelmäßig Protest. So werden immer wieder Proteste gegen die Lärm- und die Umweltbelastung durch die US-Truppen laut; auch die Tatsache, dass die Insel wegen der US-Basen zum Ziel etwaiger chinesischer oder nordkoreanischer Angriffe werden könnte, ruft wachsenden Unmut hervor.[10] Dies wird verstärkt dadurch, dass Guam von den Vereinigten Staaten bis heute als Kolonie gehalten wird (german-foreign-policy.com berichtete [11]) und seine Einwohner nicht über volle US-Bürgerrechte verfügen. Heiß diskutiert wird unter anderem, ob die Aufwertung zu einem regulären Bundesstaat der USA oder sogar eine vollständige Unabhängigkeit angestrebt werden soll; dabei verspüren Befürworter einer Entkolonialisierung in die Eigenstaatlichkeit in den vergangenen Jahren Aufwind. Dabei geht es auch um die Frage, ob Guam nicht von engeren Beziehungen zu China profitieren würde, etwa als Urlaubsort für chinesische Touristen.[12] Als US-Kolonie hat Guam keine Möglichkeit, eigenständig darüber zu entscheiden.


Die koloniale westliche Weltordnung

Mit Guam hat die Fregatte Bayern bereits die zweite Insel besucht, die bis heute Kolonialstatus hat. Die erste war Diego Garcia im Indischen Ozean; Diego Garcia wird laut Entscheidungen zweier UN-Gerichtshöfe sowie laut einer Resolution der UN-Generalversammlung völkerrechtswidrig in britischem Kolonialbesitz gehalten und müsste umgehend an Mauritius zurückgegeben werden, ein Schritt, den Großbritannien - nicht zuletzt auf Betreiben der USA, die dort strategisch bedeutende Militärbasen unterhalten - strikt verweigert (german-foreign-policy.com berichtete [13]). Zudem weist Palau, da es seine Landesverteidigung den Vereinigten Staaten übertragen musste, koloniale Narben auf. Die Stationen der Fregatte Bayern auf ihrer Asien-Pazifik-Fahrt rufen damit in Erinnerung, dass die gegenwärtige, in der Hochphase des Kolonialismus geprägte Weltordnung bis heute auf kolonialen Elementen beruht.

 

[1] S. dazu Der AUKUS-Pakt und die Fregatte Bayern.

[2] S. dazu Einflusskämpfe im Westpazifik (II).

[3] Philip Regina: Palau Honors its U.S. Military Veterans for their Legacy of Service. dvidshub.net 12.07.2021.

[4] Gordon Lubold: U.S. Military Is Offered New Bases in the Pacific. wsj.com 08.09.2020.

[5] Paul McLeary: As US Military Moves Into Palau, China Watches Intently. breakingdefense.com 23.10.2020.

[6] Mats Engman, Larissa Stünkel: The Question of Guam: A Pivotal Island's Changing Realities. Institute for Security & Development Policy. Issue Brief, 18.12.2020.

[7] Marine Corps Activates Camp Blaz in Guam. marines.mil 01.10.2020.

[8] James Holmes: Guam: The Foundation of Any U.S. Military Strategy on China. realcleardefense.com 08.03.2021.

[9] Quad navies begin 4-day Malabar exercise off Guam. thehindu.com 26.08.2021.

[10] Mats Engman, Larissa Stünkel: The Question of Guam: A Pivotal Island's Changing Realities. Institute for Security & Development Policy. Issue Brief, 18.12.2020.

[11] S. dazu Die Fregatte Bayern auf Kolonialfahrt.

[12] Gregory Wilpert: Guam's Independence Movement Grows. therealnews.com 07.10.2019.

[13] S. dazu Illegal besetzte Inseln und "Eine gewisse Doppelmoral".


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8743

25.10.2021

George Galloway: Wer gedenkt der 3.000.000 Indonesier, die mit britischem Zutun massakriert wurden?

George Galloway: Wer gedenkt der 3.000.000 Indonesier, die mit britischem Zutun massakriert wurden?

de.rt.com, vom 24. Okt. 2021 17:58 Uhr, Kommentar von George Galloway

Jüngst öffentlich gemachte britische Dokumente enthüllendie Rolle Großbritanniens bei der Abschlachtung von drei Millionen Indonesiern in den 1960er-Jahren. George Galloway fragt sich, wie er das seinen halbindonesischen Kindern erklären soll.

Symbolbild: Panzer fahren am 13. März 1966 in Jakarta ein, nachdem Präsident Sukarno gezwungen worden war, seine Macht an General Suharto abzugeben.


Zitat: Neu veröffentlichte, zuvor geheime Dokumente zeigen: Großbritannien der 1960er-Jahre war als imperialen Macht zwar im Begriff zu schwinden. Doch war es immer noch in der Lage, tödliche Rache an denjenigen zu üben, die als Bedrohung seiner "Interessen" angesehen wurden.


Meine Frau ist Indonesierin – doch wurde sie in Amsterdam geboren, weil ihre Eltern, wie viele andere auch, vor dem Völkermord geflohen waren, bei dem Mitte der 1960er-Jahre bis zu drei Millionen Menschen in Indonesien massakriert worden waren.


Wie der australische Schriftsteller Christopher Koch es ausdrückte, war das Jahr 1965 in und für Indonesien "Ein Jahr in der Hölle". Übrigens wurde das besagte Buch später auch verfilmt, mit Mel Gibson in der Hauptrolle.


Millionen anderer Menschen haben es natürlich nicht überlebt. Jenes Jahr und das Jahr danach sind selbst für diejenigen, die den mit dem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilm "Act of Killing" unter Regie Joshua Oppenheimers gesehen haben, kaum auszumalen. In dem surrealen und doch allzu realen filmischen Rollenspiel des Streifens stellen die tatsächlichen Schlächter die letzten Momente der von ihnen Ermordeten nach und zeigen sich dabei (meist) ungerührt von den Erinnerungen. Einige von ihnen haben es mithilfe der Kultur der Straffreiheit zu hohen Positionen in Staat und Wirtschaft gebracht (was meist ohnehin das Gleiche ist), andere wiederum wandern durch die labyrinthischen Einkaufszentren des modernen Indonesiens, das auf den Massengräbern der Ermordeten – derer da eine schwindelerregende Zahl war – errichtet wurde.

Das war einst so anders.


Zitat: Der Anführer der nationalen Befreiungsbewegung und erster Präsident Indonesiens war Sukarno. Er hatte es auch zu einer leitenden Figur in der Bewegung der blockfreien Staaten geschafft (deren Mitbegründer er zudem war, Anm. d. Red.), die auf der berühmten Konferenz von Bandung im Jahr 1955 gegründet wurde – kurzum, er wurde also zu einer weltpolitischen Größe, was keiner seiner Nachfolger auch nur im Traum von sich selbst behaupten könnte. Alle namhaften Antikolonialisten der Welt strömten in das javanische Juwel Bandung und füllten dessen baumgesäumte Straßen. Vertreter von mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung nahmen an der Konferenz teil.


Sukarnos Geist spukt noch immer in dieser Stadt. Anderswo hingegen gibt es kaum noch Anzeichen dafür, dass die Politik, für die er stand, jemals existierte – selbst wenn seine Parteifreunde (einschließlich seiner Tochter) wieder in ihre Ämter zurückkehren, wenn auch nicht unbedingt an die Macht.


Als das alles passierte, waren noch die Beatles die Nummer eins in der britischen Hitparade – und diese Band existiert schon seit 40 Jahren nicht mehr. Doch obwohl London Welten von Indonesien entfernt ist, hat sich kürzlich herausgestellt, dass es eine weitaus zentralere Rolle bei dem Massenmord gespielt hatte, als wir alle bisher wussten, mich eingeschlossen.


Großbritannien herrschte mit eiserner Faust über Hongkong – ohne jedes Interesse an Menschenrechten




Meinung

Großbritannien herrschte mit eiserner Faust über Hongkong – ohne jedes Interesse an Menschenrechten





Kürzlich zur Veröffentlichung freigegebene, zuvor geheim gehaltene britische Dokumente zeigen: Das Vereinigte Königreich überschlug sich mit seiner umfassenden Propagandaoffensive im Bemühen, "das kommunistische Krebsgeschwür herauszuschneiden" – was schließlich bei dem Staatsstreich, der Sukarno stürzte und das Gemetzel auslöste, auch geschah. Die britische Regierung ließ eine Zeitschrift gründen, die angeblich von Indonesiern im Exil herausgegeben wurde – in Wirklichkeit aber von britischen Beamten in London geschrieben und gedruckt wurde.


Sie ließ auch einen Radiosender gründen, der von Singapur aus pechschwarze Propaganda herauspumpte. Sie vertuschte absichtlich, dass die indonesischen Generäle die Massenmorde koordinierten, indem sie die Lüge verbreitete, zu den Massakern sei es "spontan" gekommen. In der Tat überwachten die Briten die gesamte Kommunikation der indonesischen Armee, einschließlich der des Putschisten und späteren Diktators Suharto.


Die Briten agitierten unablässig für die "vollständige Vernichtung" von Sukarnos Anhängern "für alle Zeiten" – in der "Hoffnung, dass die Generäle es besser hinbekommen als der vorige Sauhaufen". Sukarno und seine Anhänger, hieß es, "müssen bestraft werden", weil sie sich dem Empire entgegengestellt hatten.


"Sturz Sukarnos Propagandasieg Großbritanniens zu minimalen Kosten"

Diese Geheimoperation befehligte ein britischer Spion, ein gewisser Norman Reddaway, der die Massaker von Britisch-Singapur aus unterstützte. Er sollte später in seinen schäbigen, Gin-versifften Londoner Clubs damit prahlen, dass "der Sturz Sukarnos einer der größten Propagandasiege Großbritanniens" war, der auch noch "mit minimalen Kosten erzielt wurde". "Mit minimalen Kosten für London" meinte er natürlich, nicht für die Millionen von Menschen, die dort abgeschlachtet wurden.


Was, abgesehen vom Offensichtlichen – dem schieren Hass der Briten auf die mächtige Kommunistische Partei Indonesiens (PKI), die größte kommunistische Partei der Welt außerhalb Chinas und des Sowjetblocks, der Wut wegen Sukarnos Ausrichtung auf Moskau, der Anziehungskraft der Bewegung der Blockfreien auf die Völker, die sich in den 1950er-Jahren aus dem Kolonialismus befreiten – also, was brachte den Sukarno-Anhängern denn nun die Feindschaft des verblichenen imperialen Großbritanniens ein?


In den freigegebenen Dokumenten werden Reddaway Handelsverluste in Höhe von 250 Millionen britischen Pfund erwähnt, obwohl dieser Umstand nirgends auch nur skizzenhaft umrissen wird.


Höchstwahrscheinlich war es vor allem Sukarnos Weigerung, den Wunsch der Briten zu akzeptieren, ihre Kolonialgebiete in seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu behalten – entweder direkt in Borneo oder aber durch neue Akteure wie Malaysia, von dem die Briten glaubten (fälschlicherweise, wie sich herausstellte), sie könnten es weiterhin manipulieren, auch nachdem dort die Unionsflagge bei der Erklärung der, wie sie dachten, nur Pro-forma-"Unabhängigkeit" heruntergelassen worden war.


Kein Stolperstein für Malaysier

An die Millionen, die dort massakriert wurden, erinnert man sich heute im Westen mit seiner "regelbasierten Ordnung" und allem, was dazugehört, genauso wenig, wie sie damals in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Ihr vergossenes Blut, das Blut, das in den Adern meiner eigenen Kinder fließt, war im Westen damals nur wenig wert – ebenso wenig wie heute.


Sie waren "Schlitzaugen", die es abzuschlachten galt – vor den "Schlitzaugen", die bald darauf in Vietnam, Laos und Kambodscha abgeschlachtet werden sollten, und nach den "Schlitzaugen", die in Korea massakriert worden waren (siehe Picassos Gemälde). Ihr Leben galt nichts.

"Die nun freigegebenen Papiere rufen also Erinnerungen an das britische Weltreich hoch, das einst so groß war, dass in ihm 'die Sonne nie unterging'. Mein irischer Großvater pflegte mir zu erklären, das sei so, 'weil Gott den Briten in der Dunkelheit niemals trauen würde'."

Wäre er heute noch am Leben, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass er dies meinen halbindonesischen Kindern auf gleiche Weise erklären würde.

Übersetzt aus dem Englischen.


George Galloway war fast 30 Jahre lang Abgeordneter im Unterhaus des britischen Parlaments. Er ist Filmemacher, Schriftsteller und ein angesehener Redner. Galloway präsentiert auch Fernseh- und Radiosendungen, unter anderem bei RT International. Seinen englischsprachigen Twitterkanal liest und abonniert man unter @georgegalloway



Info: https://de.rt.com/meinung/126075-george-galloway-wer-gedenkt-der-drei-millionen-indonesier

24.10.2021

Scharfe Kritik an Vorgehen: Israel erklärt sechs Palästinenserverbände zu Terrororganisationen

berliner-zeitung.de, AFP/str, vom 22.10.2021 - 21:37 Uhr
Israel stuft einflussreiche palästinensische Gruppen als terroristisch ein. Der Vorwurf: Zusammenarbeit mit der radikalen Volksfront zur Befreiung Palästinas.


Zitat: Jerusalem - Die israelische Regierung hat sechs einflussreiche palästinensische Nichtregierungsorganisationen als „Terrororganisationen“ eingestuft. Das Quasi-Verbot der Organisationen löste am Freitag scharfe Kritik seitens der palästinensischen Autonomiebehörde sowie von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International aus. Das israelische Verteidigungsministerium wirft den sechs Organisationen eine verdeckte Zusammenarbeit mit der radikalen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) vor. Demnach flossen auch humanitäre Hilfsgelder aus Europa in die Aktivitäten der PFLP.


Betroffen von der Einstufung sind die Union der palästinensischen Frauenkomitees (UPWC), Addameer, Al-Hak, die Union der Komitees für landwirtschaftliche Arbeit (UAWC), das Bisan-Zentrum für Forschung und Entwicklung sowie die palästinensische Sektion von Defense for Children International (DCI-P). Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums bilden die sechs Organisationen ein Netzwerk, das verdeckt „im Namen der PFLP aktiv“ sei, um deren „Aktivitäten zu unterstützen und ihre Ziele voranzubringen“.


Gemeinnützige Gruppen angeblich von Vertretern der PFLP kontrolliert


Vorgeblich seien die Gruppen gemeinnützige Organisationen. Tatsächlich würden sie aber von „ranghohen Vertretern der PFLP kontrolliert“. Unter ihren Mitarbeitern seien zudem zahlreiche PFLP-Mitglieder, „darunter Aktivisten, die an Terroraktivitäten beteiligt waren“.


Laut der Erklärung des Ministeriums nutzten die sechs Organisationen humanitäre Hilfsgelder, die sie von europäischen Regierungen erhielten als „zentrale Quelle zur Finanzierung der PFLP-Aktivitäten“. Verteidigungsminister Benny Gantz rief Regierungen und Organisationen weltweit auf, „vom Kontakt mit Organisationen und Gruppen abzusehen, die die Flammen des Terrors anfachen“.


Scharfe Kritik von Menschenrechtsgruppen


Das palästinensische Außenministerium verurteilte die Einstufung der Organisationen als „terroristisch“ als „verstörenden Angriff auf die palästinensische Zivilgesellschaft und Verteidiger der Menschenrechte“. Auch Amnesty International und Human Rights Watch nannten die Entscheidung der israelischen Regierung „erschreckend und ungerecht“. Durch die Einstufung als „terroristisch“ würden die Aktivitäten der Organisationen „effektiv verboten“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Organisationen.

Auch in Israel ansässige Menschenrechtsorganisationen prangerten die Entscheidung des Verteidigungsministeriums an. Die arabisch-israelische Organisation Adalah sprach von einem „beispiellosen Angriff“, wie er „in totalitären und Kolonialregimen“ üblich sei. Die Einstufung der Organisationen als „terroristisch“ markiere eine „politische Verfolgung unter dem Deckmantel von Anti-Terrorgesetzen“.


Die betroffenen palästinensischen Organisationen befinden sich schon länger im Fokus der israelischen Sicherheitsbehörden. Der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet hatte im Mai erklärt, es gebe Belege dafür, dass die Organisationen europäische Staaten „betrogen und getäuscht“ hätten. So seien Millionen Euro an Hilfsgeldern in die „militanten Terroraktivitäten der PFLP“ geflossen. Die PFLP wird auch von der EU als „Terrororganisation“ eingeordnet.




Info: https://www.berliner-zeitung.de/news/israel-sechs-palaestinenserverbaende-zu-terrororganisationen-erklaert-li.190443


Kommentar: Fortwährendes Besatzungsregime und Demokratie sind nicht vereinbar. Th. Bauer

24.10.2021

Merkel-Verehrung à la Süddeutsche Zeitung – oder: Wenn die Kanzlerin empfängt ...

de.rt.com, vom 24 Okt. 2021 08:30 Uhr,vom von Dagmar Henn

Man muss sie tatsächlich googeln, die drei Journalisten der Süddeutschen Zeitung, die Angela Merkel befragten; nur, um sich zu vergewissern, dass das doch keine Jungspunde sind, die ihr Leben lang nichts anderes kannten als Merkel-Kanzlerschaft. Nein, es ist eine hochkarätige Runde, mit dem gegenwärtigen Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung und einem Vertreter der Verlegerfamilie Fried, allesamt in den 1960ern geboren. Und dennoch schreiben sie einen Satz wie:

"Wenn die Kanzlerin in ihrem Arbeitszimmer ein Stockwerk höher empfängt, gießt sie normalerweise selbst den Kaffee für Gäste ein, diesmal stehen kleine Kännchen zur Selbstbedienung an jedem Platz."

Merkels Abschiedstournee – globalistischer Kuchen statt deutsche Kartoffeln




Meinung

Merkels Abschiedstournee – globalistischer Kuchen statt deutsche Kartoffeln





Für einen solchen Satz wäre die gesamte Redaktion meiner Schülerzeitung vor Scham im Boden versunken. Wie machte man sich in Bayern früher lustig über die Interviews, die der BR mit bayerischen Ministerpräsidenten geführt hatte. "Trifft es zu, Herr Ministerpräsident, dass Sie …" "Sie wollen ja …" Diese devote Haltung, der jedes Nachfassen, jedes Aufgreifen von Widersprüchlichkeiten fremd ist, die in völligem Einverständnis nur Hilfestellung beim Absondern von Presseerklärungen leistet, das war einmal das Musterbild für Antijournalismus, das, was man nie tun, das abschreckende Beispiel, wie man nie werden wollte.


Und Merkel, Kohls Mädchen, das für ihn zwei Funktionen erfüllt hatte, zum einen, einen höheren Frauenanteil, zum anderen, eine demokratische Beteiligung des frisch einverleibten Ostens zu simulieren, eine Person bar jeglicher rhetorischer und intellektueller Strahlkraft, deren gewaltige Intrigenkompetenz es ihr erlaubte, die gesamte innerparteiliche Konkurrenz wegzubeißen, bis ihr als Kollateralschaden der Agenda 2010 das Kanzleramt in den Schoß fiel und sie anfangen konnte, das Politische in der Politik durch calvinistisches Pastorengeschwätz zu ersetzen?


Die drei Interviewer leiden nicht unter diesem Zustand, sie haben sich bestens darin eingerichtet. Was sie schon in ihrer Beschreibung zu Beginn erkennen lassen, gleich nach der Glorifizierung kanzlerischer Demut: Die zu hellen Scheinwerfer, die Madame mit einer Verhörsituation assoziiert, werden selbstverständlich gedämpft. Hier wird nicht verhört. Hier wird verehrt.


Verheerende Folgen falschen Anscheins gesellschaftlicher Stabilität – Germanist über Merkel-Erbe




Verheerende Folgen falschen Anscheins gesellschaftlicher Stabilität – Germanist über Merkel-Erbe






Nur scharfe Gegenstände rutschen auf Teflon nicht ab. Merkels Teflonbeschichtung ist dick. "Die Union hat bei der Bundestagswahl ein miserables Ergebnis geholt. Welchen Anteil haben Sie daran?" lautet eine der Fragen zu Beginn. Und die Antwort ist erwartbar glatt: "Das Ergebnis war nicht gut, das ist klar. CDU und CSU sind gerade dabei, es auch mit Blick auf Lehren für die Zukunft aufzuarbeiten. Ich glaube, dass sie das sehr gut machen werden." Da müsste jetzt nachgehakt werden, mit Schärfe. Immerhin hat Merkel stets Management by Champignon betrieben – die Mitarbeiter im Dunkeln lassen, mit Mist bewerfen und jeden Kopf, der herausgesteckt wird, zurechtstutzen. Darin war ja schon ihr Vorbild Helmut Kohl nicht schlecht. Merkel hat ihm allerdings voraus, nicht nur eine Partei, sondern gleich die gesamte deutsche Politik in ein inhaltliches Vakuum geführt zu haben.


Die Einebnung der CDU, die letztlich ein gewaltiger Ruck nach rechts ist, weil es der Arbeitnehmerflügel, die Kleinunternehmer und die ländlichen Regionen sind, die in der Partei abgemeldet wurden, sodass nur der Einfluss der Großkonzerne übrigblieb, fließt nur in die Frage, ob sie, Merkel, die CDU ausreichend auf die Zeit nach ihrer Kanzlerschaft vorbereitet habe. Personen wie Merkel agieren aber grundsätzlich nach dem Prinzip "Nach mir die Sintflut."


"Man hatte zuletzt den Eindruck, dass Sie ein distanziertes Verhältnis zu Ihrer Partei haben", näher kommen die Interviewer den Tatsachen nicht. Distanziert? Merkels Verhältnis zur CDU war immer funktional, die Partei war ihr Mittel zum Zweck. So wie ihr Verhältnis zur Demokratie.


Vize-Vorsitzender der CDU-Arbeitnehmerorganisation: "Haben die soziale Mitte vernachlässigt"




Analyse

Vize-Vorsitzender der CDU-Arbeitnehmerorganisation: "Haben die soziale Mitte vernachlässigt"





Das zeigt sich beispielsweise in ihrer Antwort zum Thema Flüchtlinge. "In der Flüchtlingskrise zum Beispiel habe ich mit Thomas de Maizière und Thomas Strobl wirklich darum gerungen." Die Entscheidung fällt in der Parteispitze, der Rest darf noch abnicken. Eine demokratische Debatte verläuft anders.


Und natürlich zeigt sich die Nachfrageschwäche auch an dieser Stelle. Merkel sagt zu den Fluchtbewegungen: "Es war also eine große Herausforderung durch das kriminelle Geschäft der Schleuser und aufgrund der Umstände in Syrien oder Jordanien, um die wir uns in den Jahren zuvor nicht genug gekümmert hatten." Hier hätte nachgefragt werden müssen, ob nicht die Unterstützung der syrischen Opposition ein Fehler war. Schließlich sind die damit verbundenen Pläne längst gescheitert. Die Interviewte hat dafür sogar ein Tor geöffnet, mit der Aussage, die Fehler seien weit im Vorfeld des Herbstes 2015 gemacht worden. Aber da ist niemand, der hindurchzugehen vermochte.


Überhaupt wird so getan, als sei die Welt die gleiche. Nichts von dem, was Merkel angerichtet hat, kommt wirklich zur Sprache. Mit der Konfrontationspolitik gegen Russland geht man konform. Mit der transatlantischen Orientierung auch. Und die so folgenreiche Troika-Politik wird ebenfalls nicht angesprochen. Dafür aber befasst sich ein Drittel des Gesprächs in trauter Übereinstimmung mit dem Thema Klimaschutz. Wen interessiert schon Krieg und Frieden?


Dinner im Kanzleramt: Oberster Verfassungsrichter Harbarth schlug Themen vor





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Und dann gibt es noch das Drittel zu Corona. Da überschlagen sich die Frager im Bemühen, Merkel rechts zu überholen. Nein, sie fragen ernsthaft: "Warum sind wir weniger streng mit Impfverweigerern?" Tatsächlich, bei diesem Thema sind sie endgültig beim "Wir" angekommen. Wir, die Journalisten und die Kanzlerin. Wir, die Volksgemeinschaft der Pandemie. Da wird kurz nach Grundrechtseinschränkungen gefragt, und Merkel antwortet, das muss so sein, und es ist gut.


"Sie sind anerkannt als Krisenkanzlerin." Echt? Drei Bankenrettungen und ein europaweiter Kahlschlag der Sozialsysteme, eine massive Aufrüstung und permanente Konfrontation gen Osten, da wäre der Begriff "Krisenmacherin" eigentlich besser. Denn jeder dieser politischen Schritte hat einen krisenhaften Schaden hinterlassen, den irgendwer wird beseitigen müssen.


Selbst aus der Frage, ob in der Blazerfarbe eine politische Botschaft verborgen ist, hätte sich etwas machen lassen. Ich erinnere mich noch an die Bilder aus 2014, als sie zum Besuch bei Poroschenko in Kiew einen weißen Blazer trug, bei Begegnungen mit Putin einen schwarzen. Damals, nach dem Putsch in der Ukraine, wurde debattiert, ob die deutsche Unterstützung dieser braunen Maidan-Truppen eine hiesige Entscheidung war oder nur auf US-Anweisung erfolgte. Die Blazersignale Merkels stützten meine Sicht einer eigenständigen deutschen Entscheidung.


Selbst, wenn Merkel von der CIA kontrolliert würde, so erstreckte diese Kontrolle sich doch niemals auf die Wahl des Kleidungsstücks. Das reichlich triviale Signal, Weiß für den "guten" Poroschenko und Schwarz für den "bösen" Putin, musste auf ihrem eigenen Mist gewachsen sein.


Das ganze geopolitische Schlamassel, das in Berlin angerührt wurde, mit diesen charmanten Verbündeten, die so gern SS-Truppen ehren, sei es in Litauen, sei es in der Ukraine, findet sich ohnehin nur als Frage, ob sie, Merkel, geglaubt habe, zu Putin ein "vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen". Als ginge es um Personen und nicht um Interessen. Und Merkel klagt, sie habe sich bei der Amtsübernahme nicht vorstellen können, "dass er die Krim annektiert". Mal abgesehen davon, dass das mit der Krim weitaus legitimer das Etikett Wiedervereinigung tragen kann als der Anschluss der DDR an die BRD, fragt sich dann doch, ob sich Putin bei der Amtsübernahme vorstellen konnte, dass der Westen Appetit auf die Krim bekommt. Wenn man seine frühen Reden betrachtet, wohl eher nicht.


Merkels Abgang – RT DE-Sperrung auf YouTube nicht die einzige Russlandkrise in ihrem Erbe





Meinung

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Nun, die Süddeutsche Zeitung stand in Bezug auf die Ukraine immer zu den ukrainischen Nazis; das ist auch ein kleiner Kollateralschaden des Erscheinungsorts München, wo sich die Hilfstruppen des Bataillons Nachtigall nach 1945 besonders dicht ansiedelten. Schließlich saß die OUN jahrzehntelang in der Zeppelinstraße, und rund um den BND in Pullach wie um Radio Free Europe/Radio Liberty versammelte sich alles, was an braunen Überresten aus Osteuropa angetrieben worden war. Die Münchner Liberalität verdeckte reichlich nazistischen Bodensatz und ein Gewusel westlicher Dienste. Aber früher, zugegeben, ganz früher, war die Süddeutsche Zeitung eine von wenigen deutschen Zeitungen gewesen, denen Franco als Diktator gegolten und die die Kreaturen der US-Machtpolitik wie Pinochet mit einem gewissen Widerwillen betrachtet hatten.


"Ist das Land gespaltener als 2005?", fragen die Interviewer gegen Ende. Bei dieser Frage gehen mir Sozialstatistiken durch den Kopf, die mehrfachen Wellen, in denen von oben tiefe Keile zwischen die Menschen getrieben wurden, mit Beschimpfungen und Verleumdungen; die Wohnungsnot, die Armut, all dieses reale Zeug. Aber Merkel antwortet mit: "Wir haben mit Rassismus und Antisemitismus zu kämpfen." Womit selbstverständlich weder die koloniale Arroganz gemeint ist, etwa den Bolivianern vorzuschreiben, wen sie zu wählen hätten, noch die Tatsache, dass die 2015 willkommen Geheißenen immer noch in Notunterkünften hausen und im günstigsten Fall Pizza ausfahren dürfen; ganz zu schweigen von all den anderen Missständen sozialer Art, die gar nicht erwähnt werden. Alles kein Problem, weder für die Frager noch für die Befragte.


So geht es dahin, mit Merkel wie mit der Süddeutschen Zeitung. Zum Abschluss gibt es noch einmal Schülerzeitungsprosa:

"Der Weg von Merkels Stuhl bis zur Tür beträgt etwa acht Meter."

Gut, dass wir darüber gesprochen haben.


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Mehr zum Thema - Das Beste, wozu Merkels Vermächtnis führen könnte, ist der Zusammenbruch der EU


Info: https://de.rt.com/meinung/126106-wenn-die-kanzlerin-empfaengt

24.10.2021

Colin Powell hätte leicht Präsident der USA werden können – wenn er kandidiert hätte

de.rt.com, vom 22 Okt. 2021 22:14 Uhr,Ein Kommentar von Scott Ritter

Colin Powell hätte Präsident der Vereinigten Staaten werden können. Stattdessen wird ihn die Geschichte als jenen Mann in Erinnerung behalten, der dem UN-Sicherheitsrat einen falschen Kriegsgrund verkaufte – unter Verletzung aller Prinzipien, für die er einzustehen behauptete.


Zitat: Am vergangenen Montag starb Colin Powell im Alter von 84 an den Folgen von COVID-19. Über das Leben und das Wirken dieser amerikanischen Ikone wird noch viel geschrieben werden. Meine Wertschätzung für diesen Mann stammt aus einer Zeit gemeinsamer Erfahrungen. Von 1987 bis 2002 waren Colin Powell und ich auf einer gemeinsamen Reise durch die amerikanische Geschichte, auf einer Reise, die mein Leben prägte – und auch meine Meinung über diesen Mann, den ich dann als jemanden bewunderte, der meiner Stimme für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten würdig war und der als Person verleumdet wurde, der – als es hart auf hart kam – den Standards, die er anderen auferlegte, nicht entsprechen konnte.


Meinung

Das Schicksal der USA: Entweder Oligarchie oder Autokratie


Ich traf Colin Powell zum ersten Mal 1988 – ich als Kofferträger von Major Paul Trahan, einem Offizier bei der neu gegründeten Inspektionsstelle OSIA. Die war im Februar 1988 gegründet worden, um die Einhaltung des INF-Vertrags umzusetzen, der die USA und die Sowjetunion verpflichtete, zwei komplette Klassen atomar bewaffneter ballistischer Raketen zu beseitigen, die bis dahin als ernste Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in Europa galten. Der Vertrag war im Dezember 1987 unterzeichnet worden. Powell war im November 1987 zum Nationalen Sicherheitsberater von Präsident Ronald Reagan ernannt worden, was zwar nicht bedeutete, dass er in der kritischen Phase der Verhandlungen vor Unterzeichnung des Vertrags die Fäden zog. Aber er hatte bereits von Dezember 1986 bis November 1987 als stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater gedient, was wiederum bedeutete, dass er mit den Herausforderungen bei den INF-Verhandlungen sehr wohl vertraut war.


Während Powell bei der Abfassung des INF-Vertrags keine entscheidende Rolle spielte, war er ein wichtiger Akteur bei der Ratifizierung des Vertrages durch einen skeptischen US-Senat. Die Aufgabe von Major Trahan bestand im März und April 1988 darin, die Senatoren und ihre jeweiligen Stäbe umfassend über die Organisation und Mission der OSIA zu unterrichten, um Vertrauen dafür zu gewinnen, dass diese neue Struktur der Aufgabe gewachsen sein würde, das Vertragsmandat und die Überprüfung der Einhaltung der sowjetischen Abrüstungsverpflichtungen effektiv umzusetzen. Major Trahan war ein Überbleibsel der ursprünglichen Task Force des Generalstabs der Streitkräfte, die vor der Gründung von OSIA ein Büro im ehemaligen Gebäude der Exekutive neben dem Weißen Haus hatte.


Meinung

Ein Platzen der US-Schuldenblase wird die Welt böse treffen – Russland jedoch nicht


Meine Aufgabe war es damals, Major Trahan zu verschiedenen Briefings im US-Senat, im Außenministerium, im Pentagon und im Nationalen Sicherheitsrat zu begleiten, Notizen zu machen und die Präsentationsfolien bei Bedarf zu aktualisieren. Wir informierten viele hochkarätige Persönlichkeiten in Washington. Und für einen jungen, leicht zu beeindruckenden Oberleutnant war dies eine berauschende Erfahrung. Als ich einmal im Gebäude der Exekutive auf Major Trahan wartete, beobachtete ich, wie ein großer schwarzer Mann in Anzug und Krawatte, begleitet von einer Schar Assistenten, einige in Zivil, andere in Militäruniform, durch den Gang schritt. "Das ist Generalleutnant Colin Powell", erklärte mir Trahan. "Diese Leute, die wir briefen, denken, dass sie es sind, die das Sagen haben. Aber er ist der HMFIC" – und er verwendete damit ein Akronym, das jedem, der im Militär gedient hat, ein Begriff und gut bekannt ist – "Head Motherfucker in Charge", zu Deutsch in etwa: "Der verdammte Oberguru, der das Kommando hat".


Powell spielte eine entscheidende Rolle bei der Navigation durch die schwierigen politischen Fahrwasser rund um die Fragen der Ratifizierung des INF-Vertrages und half letztendlich dabei, eine 93:5 Zustimmung im US-Senat zu erzielen. Powell war auch der Hauptarchitekt für die US-amerikanische Position beim Moskauer Gipfeltreffen zwischen Präsident Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow im Juni 1988. Wenn man nach einem Wendepunkt sucht, der den Beginn vom Ende des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion markiert, dann war dies die Zeit zwischen der Unterzeichnung des INF-Vertrages im Dezember 1987 und dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Moskau im Juni 1988. Und Colin Powell war der Mann, der dazu beigetragen hatte.


Medienberichte:

Weißes Haus lehnt Sanktionen gegen Nord Stream 2 ab


Die nächsten zweieinhalb Jahre verbrachte ich in der Sowjetunion in einer Fabrik für ballistische Raketen, um die Einhaltung der Bestimmungen des Vertrags zu überwachen und wurde nebenbei auch Zeuge der Politik von Perestroika und Glasnost, die unter der Führung von Michail Gorbatschow begonnen wurde. Es geschieht jedoch nichts in einem Vakuum, und die Rolle, die Reagans "HMFIC" damals spielte, um in dieser Zeit bedeutsame Verbesserungen in den amerikanisch-sowjetischen Beziehungen herbeizuführen, wurde von Historikern bisher weitgehend ignoriert.


Meine nächste Erfahrung mit Colin Powell sammelte ich im Herbst 1990. Ronald Reagan war aus dem Weißen Haus ausgezogen, George Bush Senior war eingezogen. Und Saddam Hussein war in Kuwait eingefallen, so dass die USA eine militärische Reaktion mit dem Ziel vorbereiteten, die irakischen Streitkräfte wieder aus Kuwait zu vertreiben. Colin Powell war zu diesem Zeitpunkt bereits in den Rang eines Generals befördert worden und inzwischen der Vorsitzende des Generalstabs. Ein anderer General, Norman Schwarzkopf, war dabei, eine Kriegsplanung zu erstellen, die in einer klassischen Konfiguration für Bodenkämpfe zwei Divisionen der Marineinfanterie vorsah, um damit einen Frontalangriff auf die härtesten irakischen Verteidigungsstellungen zu starten. Der Oberkommandierende der Marineinfanterie, General Al Gray, war über diesen Plan ebenso besorgt wie Colin Powell.


Powell autorisierte einen seiner Mitarbeiter, sich an Generalmajor Matt Caulfield zu wenden. Er sollte Caulfield als Direktor des Zentrums für Kriegsführung der Marineinfanterie bei der Entwicklung operativer Konzepte für den Einsatz von Kräften der Marineinfanterie unterstützen, um so ein Abschlachten dieser Kräfte in irakischen Schützengräben zu vermeiden. Matt Caulfield bildete eine "Ad-hoc-Studiengruppe", wie er sie nannte, um alternative Pläne zu definieren, und ich wurde dabei als Offizier für den Nachrichtendienst eingesetzt. Die Ad-hoc-Studiengruppe informierte General Gray über ihre Arbeit, der wiederum ein Team autorisierte, in den Nahen Osten zu reisen, um General Schwarzkopf davon zu überzeugen, seinen Schlachtplan zu ändern. Die Mission scheiterte und der Golfkrieg entfaltete sich, wie es sich Schwarzkopf vorgestellt hatte. Aber ich war beeindruckt von der Sorge Colin Powells um das Leben der Marines und von seinem Bemühen, unkonventionelle Lösungen für schwierige Probleme zu suchen.


Meine nächste Begegnung mit Powell fand mitten in diesem "Zweiten Golfkrieg" statt. Ich war an Operationen zur Bekämpfung irakischer Scud-Raketen beteiligt und suchte nach Möglichkeiten, die Angriffe mit diesen Raketen zu unterbinden, bevor sie auch noch gegen Israel oder auf der Arabischen Halbinsel eingesetzt werden könnten. Es gab einen großen politischen Druck, diese Scud-Raketen zu vernichten oder abzuwehren, auch um Israel aus diesem Krieg herauszuhalten. Einmal bombardierten US-Flugzeuge mutmaßliche Scud-Abschussrampen im Westirak. Die US Air Force behauptete, sieben davon vernichtet zu haben und präsentierte ein Video, um diese Behauptung zu untermauern. Ich war allerdings der zuständige nachrichtendienstliche Offizier, der dafür verantwortlich war, zerstörte Scud-Rampen zu identifizieren und zu erfassen. Und als ich das Video untersuchte, wurde schnell klar, dass die zerstörten Fahrzeuge und Objekte nicht annähernd etwas mit Scud-Abschussrampen zu tun hatten. Schwarzkopf hatte jedoch im nationalen Fernsehen bereits über diesen "Erfolg" geprahlt. Als ich am nächsten Morgen den offiziellen Bericht erstellte, strich ich unter der Spalte "bestätigte Zerstörung" die Zahl sieben durch und schrieb "Null" hin.


Daraufhin wurde ich umgehend mit einem Oberst konfrontiert, der mich anwies, die Zahl wieder zu ändern. Dies konnte ich allerdings nicht in gutem Glauben tun, und so wurde ich in der Folge von meinen Aufgaben entbunden und durch jemanden ersetzt, der es mit den Fakten nicht so genau nahm. Mein erster Bericht hatte es jedoch bis nach Washington geschafft, wo er auf dem Schreibtisch von Colin Powell landete. Er rief Schwarzkopf an und teilte ihm mit, dass die Angaben zu den zerstörten Raketen falsch seien. Später bestätigte eine detailliertere Einschätzung des Nachrichtendienstes der Streitkräfte meine Erkenntnisse, und so wurde mir mein Einsatzkommando zurückgegeben. Wenn man ein junger Hauptmann ist, ist es schön zu erleben, wie der Vorsitzende des Generalstabs sich für einen einsetzt.


Powell war auch der Mann, der dafür verantwortlich war, diesen Golfkrieg vorzeitig zu beenden. Das ursprüngliche Operationskonzept sah die Vernichtung der irakischen Republikanischen Garde vor und identifizierte sie korrekt als das Gravitationszentrum von Saddam Husseins Regime. Das Kriegsgeschehen hatte sich auf eine Weise entwickelt, dass die Republikanischen Garden von den US- und Koalitionstruppen in einen Kessel getrieben wurden. 24 bis 36 Stunden länger und diese irakischen Streitkräfte wären völlig vernichtet gewesen.


Powell hingegen reagierte sensibel auf die politischen Folgen von Bildern der Zerstörung eines flüchtenden irakischen Konvois, außerhalb von Kuwait-Stadt, der infolge einer Bombardierung durch US-Flugzeuge unter hohen irakischen Opferzahlen praktisch komplett aufgerieben wurde. Diese sogenannte "Autobahn des Todes" führte dazu, dass die Menschen begannen, einen ansonsten fehlerfreien Krieg infrage zu stellen. Powell argumentierte, dass die Kämpfe ein Ende haben sollten, selbst wenn dies bedeutete, dass Teile der irakischen Republikanischen Garde überleben würden. Mehr als jede andere Entscheidung hat es diese dem Regime von Saddam Hussein ermöglicht, diesen Krieg zu überleben, und schuf die Bedingungen für ein Jahrzehnt der Instabilität am Persischen Golf.


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Colin Powell blieb nach der Wahl von Präsident Bill Clinton weiterhin Vorsitzender des Generalstabs und war in dieser Funktion tätig, als ich der Sonderkommission der Vereinten Nationen (UNSCOM) beitrat, die nach dem Golfkrieg mit der Entwaffnung des Irak beauftragt wurde. Im Oktober 1991 befanden sich die Beziehungen zwischen den UN-Inspektoren und der US-Regierung in einem Krisenmodus. Ironischerweise wurden jedoch die Bemühungen der UNSCOM von drei US-Amerikanern koordiniert – Doug Englund, dem Stabschef, Tom Brock, dem Direktor für Operationen, und mir als Nachrichtendienstoffizier der UNSCOM. Doug, Tom und ich zogen alle unsere Erfahrungen aus der Zeit des INF-Vertrages zusammen und betrachteten das gesetzliche Mandat für die Inspektionen als unantastbar – in diesem Fall die Resolution 687 des UN-Sicherheitsrates.


Die CIA war jedoch der Meinung, dass die Inspektoren aggressiver vorgehen sollten, dass sie auch außerhalb ihres gesetzlichen Mandats operieren sollten. Doug, Tom und ich hatten bereits einen sehr aggressiven Aktionsplan vorgelegt, den die CIA jedoch ablehnte. Die CIA wandte sich an Colin Powell und forderte die Absetzung dieser drei lästigen Amerikaner. Nach einer kurzen Untersuchung stellte sich Colin Powell jedoch auf die Seite von Doug, Tom und mir. Auch hier war es keine schlechte Sache, dass der Vorsitzende des Generalstabs für einen kämpft. Später im Herbst 1993 leitete ich eine große Inspektion im Irak, um nach möglichen Überresten irakischer Scud-Einheiten zu suchen. Das latente Konfliktpotenzial dieser Mission war enorm. Colin Powell brachte sich persönlich ein und erhielt wöchentlich einen Bericht darüber, wie die Inspektion geplant, trainiert und durchgeführt wurde.


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Powell sorgte für ausreichende US-Unterstützung und entsandte einen Offizier der Abteilung für Spezialoperationen des Generalstabs als Verbindungsmann. Die Inspektion verlief wie geplant und trug dazu bei, zu beweisen, dass der Irak seiner Verpflichtung zum Abbau seiner Scud-Raketentruppen tatsächlich nachgekommen war. Powell hatte dieses Vorhaben unterstützt, trat jedoch im September 1993 zurück, bevor die Mission beendet war. Ohne Powell, der uns unterstützte, war die CIA in der Folge in der Lage, eine Desinformationskampagne zu starten, um die Ergebnisse der Inspektion infrage zu stellen. Und sie erklärte die Schlussfolgerung daraus für ungültig, indem ohne Beweise behauptet wurde, dass der Irak noch bis zu 200 Scud-Raketen in seinem Besitz habe. Die Abwesenheit von Powell war nun für alle deutlich spürbar.


Doch Colin Powell verließ das Militär und trat in den Ruhestand. Ich blieb bis August 1998 bei der UNSCOM, aus der ich schlussendlich aus Protest gegen die Einmischung der USA in diese Inspektionen zurücktrat. Ich sagte vor einer gemeinsamen Anhörung des auswärtigen und des militärischen Ausschusses des US-Senats über die Defizite der US-Politik in dieser Angelegenheit aus. Das war– eine Aktion, die mir eine Einladung zu einer Konferenz einbrachte, die von Forstmann & Little organisiert wurde, einer Private-Equity-Firma, die 1998 zu den einflussreichsten Unternehmen in den Vereinigten Staaten gehörte. Diese Position nutzte das Unternehmen dafür, die von ihr kontrollierten Verwaltungsräte mit einigen der einflussreichsten Personen der USA zu besetzen. Jedes Jahr im September veranstalteten die Forstmann-Brüder Teddy und Nick eine Konferenz in Aspen, Colorado, auf der Podiumsdiskussionen zu Fragen der nationalen Sicherheit und der Innenpolitik behandelt wurden. Diese Veranstaltungen wurden von vielen Verwaltungsräten besucht, zu denen 1998 auch Colin Powell gehörte.


Als frische "Berühmtheit" – angesichts meiner Aussage vor dem Senatsausschuss – wurde ich 1998 zu jener Konferenz eingeladen, zusammen mit zahlreichen Koryphäen, und konnte einige Zeit damit verbringen, mit Powell über eine Vielzahl von Themen einschließlich Irak zu sprechen. Ich war fasziniert von seiner Intelligenz und seiner unvoreingenommenen Persönlichkeit sowie von seiner wohlinformierten Einstellung zu vielen Problemen, mit denen die Welt und die Vereinigten Staaten konfrontiert waren. Dieser Mann, dachte ich, könnte leicht Präsident werden, wenn er denn kandidieren würde. Tatsächlich war Colin Powell bereits 1996 als möglicher Kandidat für das Amt des Präsidenten der USA im Gespräch gewesen, aber Powell entschied sich dagegen. Basierend auf meinen früheren Erfahrungen mit ihm als Kommandeur, hat die Begegnung in Aspen meine Unterstützung für Colin Powell gefestigt, falls er sich jemals entschließen sollte, für das Weiße Haus zu kandidieren.


Die nächste Gelegenheit Colin Powells, für die Präsidentschaft zu kandidieren, kam im Jahr 2000. Als jedoch der Sohn von George Bush Senior, George W. Bush, beschloss, sich selbst ins Rennen zu begeben, stellte Powell seine Loyalität gegenüber der Bush-Familie über seinen persönlichen Ehrgeiz und unterstützte die erfolgreiche Kampagne von Bush Junior. Powell wurde dafür mit der Ernennung zum Außenminister belohnt, der somit zur ersten afroamerikanischen Person wurde, die dieses Amt je innehatte. Ich legte große Hoffnungen in Powell, besonders nach den Terroranschlägen vom 11. September, als sich die USA einem neuerlichen Krieg gegen Irak näherten – einer Nation, die gar nichts mit den Ereignissen des 11. Septembers zu tun hatte.


Aber etwas Entscheidendes hatte sich geändert. Als ich mich im Herbst 2002 gegen den Krieg der Bush-Administration gegen den Irak aussprach, tadelte mich Colin Powell öffentlich, weil ich die Behauptungen der Bush-Administration über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen als faktisch nicht fundiert anzweifelte. Und er sagte zu Journalisten, dass "Scott Ritter schon seit einiger Zeit nicht mehr der Gemeinschaft der Geheimdienste angehört". Powell machte diese Äußerung, obwohl er selbst wusste, dass die CIA wusste, dass es keine neuen Geheimdienstinformationen über irakische Massenvernichtungswaffen gab und dass ihre verfügbaren Informationen nur bis 1998 zurückreichten – in eine Zeit also, in der ich noch sehr wohl im Zentrum des Geheimdienstwissens über irakische Massenvernichtungswaffen stand. Powell scheiterte an diesem ultimativen Test über seine persönliche Integrität, indem er im Februar 2002 eine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat hielt, in der er eine Geheimdienst-Finte präsentierte und der Welt gefälschte "Beweise" verkaufte. Seine gesamte Präsentation beruhte auf Informationen, von denen sowohl er als auch die CIA wussten, dass sie nicht zutrafen – dennoch lieferte er sie gehorsam ab, da er seine Loyalität gegenüber der Familie Bush höher bewertete als sein Pflichtgefühl gegenüber seinem Land.


Leider wird die historische Erinnerung an Colin Powell durch diesen Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat geprägt sein – kein noch so großes Eingeständnis von Schuld kann ihn jemals von seiner Rolle bei der Legitimation dieses illegitimsten aller Konflikte freisprechen, mit der der Weg für die Invasion und Besetzung des Irak durch US-Streitkräfte geebnet wurde, was dazu führte, dass Tausende von US-Amerikanern und sogar Hunderttausende von Irakern ihr Leben lassen mussten. Colin Powell war der Mann, der Präsident hätte werden können, hätte er diesen Ehrgeiz 1996 oder 2000 umgesetzt. Indem er aber dem Druck nachgab, der durch seine persönliche und politische Loyalität erst entstanden war, enthüllte Powell jedoch, dass er sich keineswegs von allen anderen unterschied, die eine Position in der nationalen Führung anstreben, aber bereit sind, dafür das nationale Wohl im Namen des persönlichen Interesses zu opfern.


RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Übersetzt aus dem Englischen.


Scott Ritter ist ein ehemaliger Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterieund Autor von "SCORPION KING: America's Suicidal Embrace of Nuclear Weapons from FDR to Trump". Er diente den USA in der Sowjetunion als Inspektor für die Umsetzung der Auflagen des INF-Vertrags, während des Zweiten Golfkriegs im Stab von General Norman Schwarzkopf und war danach von 1991 bis 1998 als Waffen-Chefinspekteur bei der UNO im Irak tätig. Derzeit schreibt Ritter über Themen, die die internationale Sicherheit, militärische Angelegenheiten, Russland und den Nahen Osten sowie Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung betreffen. Man kann ihm auf Twitter unter @RealScottRitter folgen.


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Info: https://de.rt.com/meinung/126023-colin-powell-haette-us-praesident-werden-koennen

24.10.2021

Antony C. Sutton     -     WALL STREET UND DER AUFSTIEG HITLERS

(Hg.) Andreas Bracher Aus dem Englischen von Peter Geiger – Basel: Perseus Verlag 2008 ISBN 978-3-907564-69-1  Eine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse dieses Buches findet sich in einem mehrteiligen Interview mit Antony Sutton auf you tube: http://www.youtube.com/watch?v=3sCpsq55uic&feature=related


                                             -  H I E R   F O L G E N   A U S Z Ü G E -

S. 10 Vorwort des deutschen Herausgebers

Die Veröffentlichung einer deutschen Übersetzung von Antony Suttons Buch Wall Street and the Rise of Hitler möchte zunächst ein Versäumnis gutmachen. Das Buch, 1976 auf Englisch veröffentlicht, hätte längst auch im Deutschen erscheinen sollen; wäre es früher rezipiert worden, hätte es die Diskussion um das Dritte Reich um eine wesentliche Perspektive erweitern können.


In den zweiunddreissig Jahren seit seiner englischsprachigen Erstveröffentlichung sind Hunderte von Büchern über den Nationalsozialismus beziehungsweise einzelne Aspekte davon aus dem Englischen übersetzt auf Deutsch erschienen, Bücher unterschiedlichster Inhalte und Blickrichtungen, aber kaum eines wohl mit einem so sensationellen Inhalt: Sutton zeigt anhand von allgemein zugänglichem Quellenmaterial, was sonst nur manchmal geraunt und vorschnell in eine politisch anrüchige Ecke abgeschoben wurde: dass es eine bedeutende, willentliche amerikanische Mitwirkung beim Heraufkommen des Dritten Reiches bis 1933 und bei seiner Machtsteigerung nach 1933 gegeben hat. Das Dritte Reich ist, das legt Sutton nahe, bis zu einem gewissen Grade, auch so etwas wie ein amerikanisches Klientelregime beziehungsweise ein Klientelregime der «Wall Street», das heisst der wirtschaftlichen Machtelite der USA, gewesen. Das Bild, das sich einem (über Sutton hinaus) ergibt, wenn man seine Fakten auf sich wirken lässt, ist das des «Dritten Reiches» als einer zeitweiligen, mehr oder weniger notwendigen Metamorphosenform Deutschlands auf dem Weg, der vom Kaiserreich über die Niederlage von 1918 bis schliesslich zur Gründung und Westintegration der Bundesrepublik 1949 bis 1955 führte. Der innere Kompass dieses Weges war es, Deutschland in eine Form zu bringen, in der es einem amerikanisch beziehungsweise angloamerikanisch geführten Weltsystem «kompatibel» sein konnte. Das Steuer auf diesem Weg lenkte eine wirtschaftliche Elitengruppe in den USA – Sutton nennt sie in diesem Buch kurz die Wall Street –, der Transmissionsriemen waren amerikanisch-deutsche Konzern- beziehungsweise Unternehmensbeziehungen. Der Treibstoff waren in der Zwischenkriegszeit die Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg auferlegten unmöglichen Reparationszahlungen und ihre zeitweilige Scheinregelung durch einen gigantischen transatlantischen Finanz- und Kreditkreislauf.


Die Beziehungen grosser amerikanischer Konzerne zum Deutschland des Nazismus haben in den Jahren seit dem Erscheinen von Suttons Buch immer wieder Aufmerksamkeit gefunden. Besonders war das in der Zeit eines verstärkten amerikanischen Drucks erst auf Schweizer und dann auf deutsche Unternehmen seit etwa Mitte der neunziger Jahre der Fall. Damals lösten die Restitutionsforderungen gegen Schweizer Banken (wegen ihrer Einbehaltung von Konten von Holocaustopfern) und gegen deutsche Unternehmen (wegen der Beschäftigung von Zwangsarbeitern) ein neues Interesse am Verhalten 10 Vorwort des deutschen Herausgebers von Unternehmen im Dritten Reich aus, das dann auch nicht vor amerikanischen Unternehmen Halt machte.1 Diese Untersuchungen haben zweifellos viel neues Material zutage gefördert. Ihre Grenze liegt darin, dass sie alle mehr oder weniger von der dogmatisch festgehaltenen Vorstellung ausgehen, dass es nur kurzfristige Profitinteressen, das heisst Gier war, was diese jeweiligen Firmenpolitiken inspiriert hat. Allein Sutton, der selbst ebenfalls das Profitmotiv betont, hat doch auch die Konsequenz aufgebracht, dieses Handeln amerikanischer Konzerne in einem grösseren Muster zu betrachten.


Gegenüber der hundertfältigen NS-Literatur des akademischen «Kartells» (derzeitiger Immer-Noch-Spitzenreiter der gegenseitigen Superlativpreisungen: «Sir» Ian Kershaw mit seiner Hitlerbiographie) ist Sutton daher so etwas wie der ungeliebte Gast auf einer Hochzeitsgesellschaft; derjenige, der an das Tabu rührt, von dem niemand sonst auch nur reden darf. Sein Buch ist ein Buch, das so unmittelbar in einen Bereich des «unberührbaren Unbewussten» des westlichen, transatlantischen Meinungskartells zielt, dass es eigentlich nur ignoriert werden kann. Das ist ihm denn auch tatsächlich passiert: Das Buch ist seit seinem Erscheinen 1976 in akademischen Kreisen kaum rezipiert worden, es wird weder bestätigt noch widerlegt, es wird einfach nicht diskutiert. Manchmal, ganz selten, taucht es verschämt in Bibliographielisten am Ende irgendwelcher Werke, etwa zur Frage der Finanzierung der NS-Bewegung oder zur Frage der Beziehungen von US-Konzernen zum Dritten Reich, auf. Ansonsten fristet es ein gewisses Dasein in Zirkeln historisch Interessierter ausserhalb der Universitäten; Sutton hat dort einen Ruf besonders wegen seiner späteren Bücher über den Orden Skull & Bones. Andererseits sind für diese Zirkel, die oft schnurstracks auf die Lösung der Gesamtweltverschwörung samt genauer Nennung der Hintermänner losgehen, Suttons Wall-Street-Bücher zu mühsam; sie sind methodisch zu sorgfältig und minuziös gearbeitet, um von Beginn an jenen vollen Akkord erklingen zu lassen, der sie für das «preaching to the converted» wirklich brauchbar machen würde.


1 Siehe zum Beispiel Ulrich Völklein, Geschäfte mit dem Feind. Die geheime Allianz des grossen Geldes während des Zweiten Weltkriegs auf beiden Seiten der Front, Hamburg 2002; Edwin Black, IBM and the Holocaust. The Strategic Alliance between Nazi Germany and Americas Most Powerful Corporation, London 2001. Typisch für die aufgewühlte Atmosphäre der Restitutionsverhandlungen waren auch Zeitungsartikel, die sich mit dem Handeln amerikanischer Konzerne befassten. Zum Beispiel: Herbert Reginbogin, «Erträgliches Geschäft mit dem Feind. Amerikanisch-deutsche Wirtschaftsbeziehungen im Krieg», in: NZZ, 22.10.1998; Klaus Wiegrefe, «Orden für Henry», in: Der Spiegel, Nr. 50/1998, S. 184f.; Philipp Gassert, «Handel mit Hitler. Nach den Schweizer Banken geraten nun auch die amerikanischen Unternehmen ins Visier», in: Die Zeit, 14.1.1999, S. 78; Tobias Jersak, «Öl für den Führer. Mit amerikanischem Treibstoff lief die deutsche Kriegsmaschinerie wie geschmiert», in: FAZ, o.D. (um 1999). Ein weiteres, schon in den achtziger Jahren erschienenes bedeutendes Buch zum Thema ist: Charles Higham, Trading with the Enemy. An Expose of the Nazi-American Money Plot 1933-1949, New York 1983.


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Antony Sutton (1925-2002) war der Geburt nach Engländer, lebte aber die meiste Zeit seines Lebens in den USA und fühlte und gebärdete sich als amerikanischer «Patriot».2 Er war professioneller Historiker, der in den sechziger und siebziger Jahren in akademischen Institutionen an der amerikanischen Westküste beschäftigt war. Unter anderem lehrte und forschte er einige Jahre am Hoover Institute an der Stanford University, der bedeutendsten Forschungsinstitution in den USA mit Bezug auf Russland und die russische Geschichte. Sein historisches Interesse konzentrierte sich zunächst auf eine vom Kalten Krieg vorgegebene, im McCarthyismus der fünfziger Jahre vielbesprochene Thematik: die Frage nach der westlichen Unterstützung für die Sowjetunion in Form von Technologietransfer und Wirtschaftshilfe, das heisst, könnte man sagen, die Frage nach dem «Verrat» im Kalten Krieg. In einer dreibändigen, äusserst minuziösen Untersuchung, Western Technology and Soviet Economic Development (Stanford 1968-1973), kam er zu dem Schluss, dass bei weitem der Grossteil der sowjetischen Technologie aus dem Westen kam und dass die Sowjetunion an sich ohne westliche Technologietransfers und anderweitige Hilfe niemals überlebensfähig gewesen wäre. Mit dieser Fragestellung und diesen Forschungsergebnissen manövrierte sich Sutton immer weiter in eine Art Frontstellung gegen die herrschenden Eliten in den USA. Mit der Reihe seiner drei Wall-Street-Bücher 1974-1976 ging er dann auf einen direkten Konfrontationskurs. Er untersuchte die Rolle einer Reihe von Institutionen und Personen der Wall Street bei drei zentralen, bedeutsamen Ereignissen des frühen 20. Jahrhunderts: der Russischen Revolution 1917 (Wall Street and the Bolshevik Revolution), der Wahl Franklin D. Roosevelts zum Präsidenten der USA 1932 (Wall Street and FDR) und dem Aufstieg Hitlers in Deutschland mit der Machtergreifung 1933 (Wall Street and the Rise of Hitler). Diese Bücher stellten ihn ins akademische Abseits. Sutton hatte mit ihnen offenbar eine unsichtbare Linie überschritten, er wurde zu einem Niemand, zu einer geächteten Aussenseiterfigur, zu einem Einzelkämpfer jetzt ausserhalb der geschlossenen Kreise einer vermeintlich seriösen Wissenschaft. Jemand spielte ihm aber dann um 1980 die Mitgliederlisten einer geheimen Gesellschaft zu, und für Sutton wurde das zu einer Offenbarung: in dieser Geheimgesellschaft, dem Orden Skull & Bones (einer sogenannten Senior Society der Yale-Universität), glaubte er nun das eigentliche Zentrum dessen gefunden zu haben, was sich ihm in seinen früheren Büchern als das Zusammenwirken einiger diffuser Elemente aus der Wall Street in der Politik des 20. Jahrhunderts ergeben hatte. Die Bändchen, die er in der ersten Hälfte der achtziger Jahre über das Wirken von Skull & Bones schrieb, wurden zu einer Art Hauptwerk Suttons. Zusammengefasst unter dem Titel Americas Secret Establishment. An Introduction to the Order of Skull & Bones sind sie in den letzten zwan


2 Eine ausführlichere Darstellung von Suttons Leben und Werk findet sich in: Andreas Bracher, «Schädel und Knochen an der Wall Street.» Antony Sutton und die Hintergründe der amerikanischen Weltpolitik im 20. Jahrhundert, in: ders., Europa im amerikanischen Weltsystem. Bruchstücke zu einer ungeschriebenen Geschichte des 20. Jahrhunderts, Basel (Perseus) 2001, S. 49-77. 


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zig Jahren zu einem weltweiten Klassiker der Untergrundliteratur beziehungsweise einer Gegengeschichtsschreibung geworden.3


Sutton fühlte sich als ein Krieger des Worts in einem langwierigen Krieg mit dem amerikanischen Establishment, er fühlte sich als Individuum in einem Kampf gegen antiindividualistische, korrumpierende und unterdrückende Mächte, als ein Ritter der Wahrheit gegen ein Heer der Lüge und der ideologischen Verkleisterung. Er war offenbar bereit, alle Nachteile, die eine solche Rolle mit sich bringt beziehungsweise für ihn mit sich brachte (Verlust des Arbeitsplatzes und von Einkommensmöglichkeiten, Verlust öffentlicher Präsenz und Anerkennung), auf sich zu nehmen. Diese Situation ist in seinen Büchern an einem manchmal aggressiven Ton und an einer Neigung zur Pointierung zu spüren. Sein eigentliches wissenschaftliches Verdienst besteht in der Hartnäckigkeit, mit der er Fragen des Geldflusses und Fragen technologischer Wissenstransfers im 20. Jahrhundert nachgegangen ist; er hat die Wirtschaftseliten der Wall Street mit dem Misstrauen und der Hartnäckigkeit eines Kriminalisten verfolgt und hat einen beträchtlichen Spürsinn dafür entwickelt, wo hinter einer Vielzahl schwer verständlicher oder belanglos scheinender Vorgänge, von Firmengründungen, Finanztransfers, Austausch von Direktorenposten u.Ä., irgendwo ein Muster politischer Manipulationen in grossem Stil durchscheint.


Sutton hat sich selbst als «Libertären» (libertarian) verstanden, das heisst als Mitglied einer Strömung, die in den USA bedeutend, in Europa aber kaum recht verständlich ist. Das hat sich bei ihm kombiniert aus einem Wirtschaftsliberalismus (dessen wichtigster Gewährsmann für ihn der österreichische Ökonom Ludwig von Mises war) und einem für die Jefferson-Tradition in den USA typischen Misstrauen gegen die Zentralregierung und ihr Eingreifen in die verschiedensten Lebensbereiche wie auch in die Hoheitsrechte der Einzelstaaten. Sein grosses Thema war der Kampf gegen die Ausweitung der Zentralgewalt des Staates – etwas, das er als Sozialismus bezeichnet hat – und gegen die Manipulation dieser Staatsgewalt durch kleine, private Interessensgruppen. In diesem Libertarismus ist Sutton zunehmend zu einer Art «Antideutschem» geworden. Die deutsche Philosophie (besonders diejenige Hegels) erschien ihm als Kern des Bösen in der Welt und als Ursprung der modernen Staatsgläubigkeit. Er hat – merkwürdig genug – Skull & Bones, also das Herz des amerikanischen Ostküstenestablishments, als eine Organisation von Leuten betrachtet, die das gesunde, unschuldige Amerika mit dieser vorgeblichen deutschen Staatsgläubigkeit und Staatshörigkeit vergiften. Bei einer solchen


3 Skull & Bones hat seit dem Erscheinen von Suttons Bänden eine recht grosse Publizität erfahren und ist inzwischen kaum mehr geheim. Die Mitgliedschaft beider Bush-Präsidenten – George Sr. 1989-1993; George W. 2001-2009 – in dem Orden wurde recht viel besprochen, ebenso diejenige von Bush Jrs. Gegenkandidaten von 2004, John Kerry. Es gab eine Serie von Hollywood-Spielfilmen über einen Orden, zu dem eindeutig Skull & Bones Pate gestanden hatte (The Skulls I-III,2000-2004) und einen Film von Robert De Niro (The Good Shepherd, 2006), der die Bedeutung von Skull & Bones für die Frühgeschichte der CIA herausstellte.


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Betrachtungsweise bleibt es natürlich umso merkwürdiger, warum diese (vermeintlichen) deutschen «Agenten» zweimal die USA in einen Weltkrieg gegen ihr (angebliches) geistiges Heimatland geführt haben. Dieser Widerspruch scheint Sutton nur noch am Rande bewusst gewesen zu sein. Vielleicht ist aber ein solcher «antideutscher» Hintergrund keine schlechte Voraussetzung, um seinen Ausführungen über das amerikanische Mitwirken am Aufstieg des Nazismus zusätzliche Glaubwürdigkeit zu verleihen.

                                                                          ***

Die Übersetzung des Buches ins Deutsche besorgte dankenswerterweise Herr Peter Geiger.


Anmerkungen, Anhang und Bibliographie wurden von der englischen Ausgabe von 1976 übernommen. In der Bibliographie wurde bei auf Deutsch erschienenen oder im Original deutschen Titeln der deutsche Titel jeweils in Klammern hinzugefügt. Ein paar wenige zusätzliche Anmerkungen des deutschen Herausgebers finden sich jeweils am unteren Seitenrand. Einige wenige offensichtliche Irrtümer des englischen Originals (Schreibweisen von Namen usw.) wurden stillschweigend korrigiert. Zitate wurden normalerweise auch dort aus dem Englischen übersetzt, wo sie ursprünglich Deutsch sind. Im Rahmen dieser Ausgabe war es nicht möglich, die zum Teil schwer zugänglichen Quellenstellen im Deutschen herauszusuchen.


Vorwort des Autors

Dies ist der dritte und letzte Band einer Trilogie, welche die Rolle der amerikanischen korporativen Sozialisten, ansonsten auch bekannt als Wall-StreetElite oder das liberale Ostküstenestablishment, bei drei bedeutenden historischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts beschreibt: bei der Lenin-TrotzkiRevolution von 1917 in Russland, bei der 1933er Wahl Franklin D. Roosevelts in den USA und bei der 1933er Machtergreifung Adolf Hitlers in Deutschland. Jedes dieser Ereignisse etablierte eine Form des Sozialismus in einem wichtigen Land – so den bolschewistischen Sozialismus in Russland, den New-DealSozialismus in den Vereinigten Staaten und den nationalen Sozialismus in Deutschland.


Zeitgenössische akademische Historiker mit vielleicht der einzigen Ausnahme von Carroll Quigleys Tragedy and Hope ignorieren dieses Beweismaterial. Andererseits ist es verständlich, dass Universitäten und Forschungsorganisationen, die von Finanzspritzen von Stiftungen abhängen, die von dieser selben New Yorker finanziellen Elite kontrolliert werden, Forschungen über derartige Aspekte der internationalen Politik kaum unterstützen und veröffentlichen wollen. Auch der tapferste Treuhänder wird kaum die Hand beissen, die seine Organisation unterhält.


Aus dem Beweismaterial dieser Trilogie geht ausserdem überwältigend hervor, dass «zum Dienst an der Öffentlichkeit gestimmte Geschäftsleute» nicht als Lobbyisten oder Regierungsmitglieder nach Washington gehen, um den Vereinigten Staaten zu dienen. Sie sind in Washington, um ihren eigenen Interessen der Profitmaximierung zu dienen. Ihr Ziel besteht nicht darin, ein Wettbewerbssystem des freien Markts zu fördern, sondern darin, ein politisiertes Regime, das man wie auch immer nennen mag, zu ihrem eigenen Vorteil zu manipulieren.


Es ist die Manipulation von Hitlers Machtergreifung im März 1933 durch die Geschäftswelt, die das Thema des Werks Wall Street und der Aufstieg Hitlers bildet.


Antony C. Sutton Juli 1976.



S. 15  Einleitung   Unerforschte Aspekte des Nazismus

Seit den frühen zwanziger Jahren befinden sich unbestätigte Berichte in Umlauf, die besagen, dass nicht nur deutsche Industrielle, sondern ebenso Financiers aus der Wall Street eine Rolle – möglicherweise sogar eine bedeutende Rolle – beim Aufstieg Hitlers und des Nationalsozialismus gespielt haben. Zur Unterstützung dieser Hypothese präsentiert dieses Buch bislang unveröffentlichtes Beweismaterial, das zum grossen Teil den Akten der Nürnberger Militärprozesse entnommen ist. Das volle Ausmass und die Aussagekraft des Beweismaterials lassen sich jedoch nicht allein durch die Lektüre dieses Buches erschliessen. In zwei früheren Bänden aus dieser Reihe, Wall Street and the Bolshevik Revolution1 und Wall Street and FDR2 , wurden die Rollen derselben Firmen wie auch oft derselben Personen und ihrer Mitdirektoren beschrieben, wie sie bei der Manipulation und Unterstützung der bolschewistischen Revolution in Russland 1917 zugange waren und Franklin D. Roosevelt bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten im Jahre 1933 unterstützten und eben Hitlers Aufstieg im Vorkriegsdeutschland Hilfe leisteten. Kurz, dieses Buch ist Teil einer umfassenderen Studie zum Aufstieg des modernen Sozialismus und der korporativen Sozialisten.


Bei dieser politisch aktiven Gruppe aus der Wall Street handelt es sich mehr oder weniger um denselben elitären Kreis, der unter den Konservativen im Allgemeinen als «liberales Establishment», unter den Liberalen (zum Beispiel G. William Domhoff) als «die herrschende Klasse»3 und unter Versehwörungstheoretikem wie Gary Allen4 und Dan Smoot5 als die «Insider» bekannt ist. Doch egal, wie wir diese sich selbsterhaltende Elitegruppe bezeichnen, sie ist anscheinend auf einer Ebene weit hinter und über jener der gewählten Politiker von erheblicher Bedeutung, wenn es um die Richtungsgebung für die Weltpolitik geht.


Der Einfluss und die Arbeit dieser selben Gruppe beim Aufstieg Hitlers und Nazideutschlands ist Gegenstand dieses Buches. Es handelt sich hier um ein in der akademischen Forschung nahezu völlig unerfasstes Gebiet. Es ist ein historisches Minenfeld für die Unvorsichtigen und Oberflächlichen, die sich nicht der notwendigen Komplexitäten der Forschungsverfahren bewusst sind. Die Sowjets haben lange Zeit die Bankiers der Wall Street der Unterstützung des internationalen Faschismus bezichtigt, doch ihre eigene Tradition historischer Wahrhaftigkeit verleiht ihren Anschuldigungen in der westlichen Welt kaum Glaubwürdigkeit. Und sie kritisieren natürlich nicht die Unterstützung für ihre eigene Marke Faschismus.


Der Autor dieses Buches fällt in ein anderes Lager. Früher wurde er wegen seiner übermässigen Kritik am sowjetischen System und am heimischen


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Sozialismus kritisiert, während er Wall Street und den Aufstieg Hitlers überging. Doch dieses Buch wird hoffentlich ein vermutetes und zu Unrecht unterstelltes philosophisches Ungleichgewicht zurechtrücken und das eigentliche Thema in den Vordergrund stellen: Ob man das kollektivistische System nun als sowjetischen Sozialismus, als New-Deal-Sozialismus, korporativen Sozialismus oder Nationalsozialismus bezeichnet, es ist immer der Durchschnittsbürger, der Mann auf der Strasse, der ein Verlierer ist gegenüber den Jungs, die in den oberen Etagen den Betrieb leiten. Jedes System ist auf seine eigene Weise ein System des Plünderns, eine organisatorische Vorrichtung, die versucht, jeden dazu zu bringen, auf Kosten eines anderen zu leben (oder dies zu versuchen), während die Führerelite, die Herrschenden und die Politiker, den Rahm an der Spitze abschöpfen.


Die Rolle dieser amerikanischen Machtelite beim Aufstieg Hitlers sollte auch im Zusammenhang mit einem wenig bekannten Aspekt des Hitlerschen Systems betrachtet werden, der erst jetzt erforscht wird: den mystisch-okkulten Ursprüngen des Nazismus und seinen Beziehungen zur Thule-Gesellschaft und anderen Verschwörergruppen. Der Autor dieses Buches ist kein Fachmann auf dem Gebiet des Okkultismus und der Verschwörung. Dennoch liegt es auf der Hand, dass die mystischen Ursprünge, die neuheidnischen, historischen Wurzeln des Nazismus, die bayrische Illuminati-Geheimgesellschaft und die Thule-Gesellschaft, relativ unbekannte Gebiete sind, die noch von technisch kompetenten Forschern zu erkunden sind. Dazu gibt es schon einige Forschungen, die in französischer Sprache vorliegen; die beste Einleitung in englischer Sprache ist wahrscheinlich die Übersetzung des Buches Hitler et la Tradition Cathare von Jean-Michel Angebert.6


Angebert enthüllt den Kreuzzug des Schutzstaffel-Mitglieds Otto Rahn, der sich auf die Suche nach dem Heiligen Gral begab, der sich angeblich im Katharerkerngebiet in Südfrankreich befand. Die frühe Nazihierarchie (Hitler und Himmler sowie Rudolf Hess und Rosenberg) wateten tief in einer neuheidnischen Theologie, die zum Teil mit der Thule-Gesellschaft zusammenhing, deren Ideale wiederum jenen der bayrischen Illuminaten-Geheimgesellschaft nahe standen. Dies war eine hinter dem Nazismus verborgene Triebkraft, die einen starken mystisch wirkenden Einfluss auf den harten Kem der gläubigen SS-Leute ausübte. Unsere zeitgenössischen Historiker des Establishments erwähnen diesen okkulten Ursprung so gut wie überhaupt nicht, geschweige denn, dass sie ihn erforschen. Folglich fehlt ihnen ein Element, das ebenso wichtig ist wie die finanziellen Ursprünge des Nationalsozialismus.


1950 veröffentlichte James Stewart Martin ein sehr lesenswertes Buch mit dem Titel All Honorable Men7 , das seine Erlebnisse als Vorsitzender der Abteilung Wirtschaftliche Kriegsführung des US-Justizministeriums schildert und die Struktur der Naziindustrie untersucht. Martin stellt die Behauptung auf, dass amerikanische und britische Geschäftsleute sich in diesen Nachkriegsermittlungen selbst in Schlüsselpositionen hievten, um von den Ermittlungen zu Naziindustriellen abzulenken, diese im Keim zu ersticken und einzudäm-


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men und dabei ihre eigene Beteiligung zu verbergen. Ein britischer Offizier wurde von einem Kriegsgericht zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er einen Nazi deckte, und mehrere amerikanische Offiziere wurden aus ihren Positionen entfernt. Warum sollten amerikanische und britische Geschäftsleute Nazigeschäftsleute decken? Vor der Öffentlichkeit argumentierten sie, es handele sich lediglich um deutsche Geschäftsleute, die nichts mit dem Naziregime zu tun hätten und nicht der Komplizenschaft an der Naziverschwörung schuldig seien. Zwar untersucht Martin diese Erklärung nicht näher, jedoch gibt er sich offenbar nicht damit zufrieden und bewahrt seine Skepsis ihr gegenüber. Das Beweismaterial legt den Schluss nahe, dass es sich um einen gemeinsamen Versuch handelte, nicht nur Nazigeschäftsleute zu decken, sondern ebenso die kollaborierenden Elemente der amerikanischen und britischen Geschäftswelt.


Die deutschen Geschäftsleute hätten eine Menge unbequemer Tatsachen offenlegen können. Als Dank dafür, dass sie gedeckt wurden, sagten sie nur sehr wenig aus. Es ist zweifelsohne kein Zufall, dass die Industriellen Hitlers, die in Nürnberg vor Gericht standen, kaum mehr als einen Klaps auf den Hintern erhielten. Wir stellen die Frage danach, ob die Nürnberger Prozesse nicht in Washington hätten abgehalten werden sollen – mit ein paar wenigen prominenten amerikanischen Geschäftsleuten sowie Nazigeschäftsleuten auf der Anklagebank!


Zwei Auszüge aus zeitgenössischen Quellen führen in das Thema ein und legen nahe, es auszuweiten. Der erste Auszug stammt aus Roosevelts eigenen Papieren. Der amerikanische Botschafter in Deutschland, William Dodd, schrieb bezüglich der amerikanischen Industriellen und ihrer Hilfe für die Nazis aus Berlin an Franklin D. Roosevelt am 19. Oktober 1936 (drei Jahre nach Hitlers Machtergreifung):


Obwohl ich sehr an den Frieden als unsere beste Politik glaube, kann ich den Befürchtungen, die Wilson mehr als einmal in Gesprächen mit mir am 15. August 1915 und später äusserte, nicht ausweichen: der Zusammenbruch der Demokratie in ganz Europa wird für die Menschen eine Katastrophe sein. Doch was kann man tun? Gegenwärtig haben mehr als einhundert amerikanische Firmen hier Tochterfirmen oder arbeiten mit hiesigen Firmen zusammen. Die DuPonts haben drei Geschäftspartner in Deutschland, welche die Rüstungen unterstützen. Ihr Hauptverbündeter ist die Firma IG Farben – praktisch ein Teil der Regierung –, die pro Jahr 200.000 Reichsmark für eine Propagandaorganisation ausgibt, die sich mit der Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Amerika befasst. Die Standard Oil Company (beziehungsweise eine New Yorker Unterfirma) hat im Dezember 1933 $ 2.000.000 nach Deutschland geschickt und hat durch ihre Unterstützung der Herstellung von Ersatzgas für Kriegszwecke $ 500.000 Gewinn pro Jahr gemacht; doch die Standard Oil kann ihren Gewinn nicht aus dem Land ausführen, ausser in Form von Gütern. Das macht sie kaum, liefert zu Hause einen Bericht über ihre Gewinne ab, aber erklärt nicht die Fakten. Der Präsident der International Harvester Company erzählte mir, sein Geschäft hier sei um 33% pro Jahr gestiegen (Rüstungsindustrie, wie ich denke),


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doch man könne nichts aus dem Land ausführen. Selbst unsere Flugzeugleute haben geheime Absprachen mit Krupp getroffen. General Motors und Ford machen hier enorme Geschäfte [sic] durch ihre Tochterfirmen und können keinen Gewinn entnehmen. Ich erwähne diese Tatsachen, weil sie die Dinge komplizierter machen und zu den Kriegsgefahren beitragen.8


Zweitens ein Zitat aus dem Tagebuch desselben US-Botschafters in Deutschland. Der Leser sollte dabei im Hinterkopf behalten, dass ein Vertreter der zitierten Vacuum Oil Company – sowie Vertreter anderer amerikanischer Firmen, die die Nazis unterstützten – in die Nachkriegs-Kontrollkommission ernannt wurde, die die Nazis entnazifizieren sollte:


Donnerstag, den 23. Januar. Unser Handelsbotschafter hat Dr. Engelbrecht, den Vorsitzenden der Vacuum Oil Company in Hamburg, zu einem Treffen mitgebracht. Engelbrecht wiederholte, was er vor einem Jahr gesagt hatte: «Die Standard Oil Company aus New York, die Mutterfirma der Vacuum, hat 10.000.000 Reichsmark in Deutschland für den Versuch ausgegeben, Ölressourcen ausfindig zu machen und eine grosse Raffinerie in der Nähe des Hamburger Hafens zu bauen.» Engelbrecht bohrt immer noch Löcher und findet eine Menge Rohöl in der Gegend von Hannover, doch hat er keine Hoffnung auf grosse Vorräte. Er hofft, Dr. Schacht werde seine Firma subventionieren, wie er das bereits bei einigen deutschen Firmen macht, die kein Rohöl gefunden haben. Die Vacuum gibt ihre gesamten Gewinne hier aus, beschäftigt 1.000 Mitarbeiter und schickt nie irgendwelches Geld nach Hause. Ich konnte ihm keine Hoffnung machen ...9


Und weiter:


Kaum waren die Männer aus dem Gebäude, kam der Rechtsanwalt noch einmal herein, um über seine Schwierigkeiten zu berichten. Ich konnte nichts tun, jedoch fragte ich ihn: Warum hat die Standard Oil Company aus New York im Dezember 1933 $ 1.000.000 hierher geschickt, um den Deutschen bei der Herstellung von Benzin aus Steinkohle für Kriegs-Notfälle zu helfen? Warum läuft die Produktion bei der International Harvester in Deutschland weiter, wenn die Firma nichts aus dem Land herausnehmen kann und wenn sie bei der Eintreibung der Kriegsverluste gescheitert ist? Er sah mein Argument ein und stimmte mir zu, dies sei töricht und würde nur grössere Verluste bedeuten, wenn ein neuer Krieg ausbricht.10


Das Bündnis zwischen der politischen Macht der Nazis und dem amerikanischen «Big Business» mag Botschafter Dodd und dem amerikanischen Rechtsanwalt, den er befragte, sehr töricht erschienen sein. In der Praxis ist natürlich «Big Business» alles andere als töricht, wenn es um die eigenen Interessen geht. Investitionen in Nazideutschland (ebenso wie ähnliche Investitionen in die Sowjetunion) spiegelten eine höhere Politik wider. Dabei stand weitaus mehr als ein schneller Gewinn auf dem Spiel, zumal die Gewinne nicht ins Heimatland zurücktransferiert werden konnten. Um dieser «höhe-


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ren Politik» auf die Spur zu kommen, muss man heraufinden, wo die finanzielle Kontrolle der multinationalen Konzerne liegt, weil diejenigen, die die Finanzflüsse steuern, letztendlich auch die tagtägliche Firmenpolitik steuern. Carroll Quigley11 hat gezeigt, dass die Spitze dieses internationalen Finanzkontrollsystems vor dem Zweiten Weltkrieg die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich war, die Vertreter aus den internationalen Bankfirmen Europas und der Vereinigten Staaten hatte, im Rahmen eines Arrangements, das im Zweiten Weltkrieg weiterhin Bestand hatte. Während der Nazizeit war der Vertreter Deutschlands bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Hitlers Finanzgenie und Präsident der Reichsbank, Hjalmar Horace Greeley Schacht.


Hjalmar Horace Greeley Schacht

Die Involvierung der Wall Street im Deutschland Hitlers lässt zwei Deutsche mit Verbindungen zur Wall Street hervorstechen – Hjalmar Schacht und «Putzi» Hanfstaengl. Letzterer war ein Freund Hitlers und Roosevelts, der eine auffällige und massgebliche Rolle bei dem Ereignis spielte, das Hitler auf die Höhe seiner Macht als Diktator brachte: dem Reichstagsbrand von 1933.12


Die frühe Geschichte Hjalmar Schachts, und insbesondere seine Rolle in der Sowjetunion nach der bolschewistischen Revolution von 1917, habe ich in meinem früheren Buch Wall Street and the Bolshevik Revolution beschrieben. Der ältere Schacht war Anfang des 20. Jahrhunderts im Berliner Büro der Equitable Trust Company aus New York tätig gewesen. Hjalmar wurde durch die zufällige Krankheit seiner Mutter, welche die Familie zwang, nach Deutschland zurückzukehren, in Deutschland und nicht in New York geboren. Sein Bruder William war gebürtiger Amerikaner. Die amerikanische Herkunft Hjalmars wurde durch seine mittleren Namen «Horace Greeley» bestimmt, nach dem sehr bekannten Politiker der Demokraten. Folglich sprach Hjalmar ein flüssiges Englisch, und das Verhör Schachts nach dem Krieg im Projekt Dustbin wurde sowohl in deutscher wie in englischer Sprache geführt. Der Punkt hier ist, dass die Familie Schacht aus New York kam und für die renommierte Wall-Street-Firma Equitable Trust (gesteuert von der Morgan-Bank) arbeitete. Hjalmar behielt diese Wall-Street-Verbindungen sein ganzes Leben über bei.13 Zeitungen und zeitgenössische Quellen belegen wiederholte Besuche bei Owen Young von der General Electric, bei Farish, dem Vorsitzenden der Standard Oil of New Jersey und ihren Bankpendants. Kurz: Schacht war Mitglied der internationalen Finanzelite, die ihre Macht hinter den Kulissen mithilfe des politischen Apparats eines Landes ausübt. Er ist ein entscheidendes Bindeglied zwischen der Wall-Street-Elite und Hitlers innerem Kreis.


Dieses Buch ist in zwei grosse Teile unterteilt. Der erste Teil beschreibt den Aufbau der deutschen Kartelle durch den Dawes- und den Young-Plan während der zwanziger Jahre. Diese Kartelle waren die wichtigsten Unterstützer


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Hitlers und des Faschismus und waren direkt dafür verantwortlich, dass die Nazis 1933 an die Macht kamen. Es wird die Rolle der amerikanischen IG Farben, der General Electric, der Standard Oil of New Jersey, Fords und anderer US-Firmen skizziert. Der zweite Teil präsentiert das bekannte dokumentarische Beweismaterial zur Finanzierung Hitlers: vollständig und inklusive fotografischer Reproduktion der Banküberweisungsbelege, die zur Überweisung von Finanzmitteln der Farben, General Electric und anderer Firmen an Hitler durch Hjalmar Schacht verwendet wurden


1. New York, Arlington House Publishers, 1974.

2. New York, Arlington House Publishers, 1975.

3. The Higher Circles: The Governing Class in America, Vintage, New York, 1970.

4. None Dare Call it Conspiracy. Rossmoor, Concord Press, 1971. Für eine andere Perspektive, die auf Insider-Dokumenten beruht, S. Carroll Quigley, Tragedy and Hope, The Macmillan Company, New York 1966; dt. Teilausgabe unter dem Titel Katastrophe und Hoffnung bei Perseus Verlag, Basel, 2007.

5. The Invisible Government, Boston, Western Islands, 1962.

6. Auf Englisch veröffentlicht unter dem Titel The Occult and the Third Reich. (The mystical origins of Nazism and the Search for the Holy Grail. New York, The Macmillan Company, 1974. Siehe auch Reginald H. Phelps, «Before Hitler Came». Thule Society and Germanen-Orden», in: Journal of Modern History, September 1963, Nr. 3.

7. Boston, Little Brown and Company, 1950.

8. Edgar B. Nixon, Hg., Franklin D. Roosevelt and Foreign Affairs, Vol. III, September 1935 -Januar 1937, Cambridge, Belknap Press 1969, S. 456.

9. Herausgegeben von William E. Dodd Jr. und Martha Dodd, Ambassador Dodd's Diary 1933-1938, New York, Harcourt Brace and Company, 1941, S. 303.

10. Ebda.;S. 358.

11. Quigley, l.c.

12. Für mehr Informationen zu Putzi Hanfstaengl siehe achtes Kapitel.

13. S. Sutton, Wall Street and the Bolshevik Revolution, a.a.O., zu Schachts Beziehungen zu den Sowjets und zur Wall Street und bezüglich seines Direktorenpostens bei einer sowjetischen Bank.


S. 161 Kapitel 12   Schlussfolgerungen

Wir haben mittels dokumentarischer Beweismaterialien eine Reihe entscheidender Verbindungen zwischen den internationalen Bankiers der Wall Street und dem Aufstieg Hitlers und des Nazismus in Deutschland aufgezeigt.


Erstens, dass die Wall Street die deutschen Kartelle Mitte der zwanziger Jahre finanzierte, die wiederum Hitler mit an die Macht brachten.

Zweitens, dass die Finanzierung Hitlers und seiner SS-Strassengangster zum Teil den Partner- oder Tochterfirmen von US-Firmen entsprang, wozu Henry Ford 1922, Zahlungen der IG Farben und General Electric (AEG) 1933 zählten, gefolgt von den Zahlungen der Tochterfirmen der Standard Oil of New Jersey und von ITT an Heinrich Himmler bis zum Jahre 1944.

Drittens, dass multinationale US-Firmen unter der Kontrolle der Wall Street einen stattlichen Gewinn aus Hitlers militärischem Aufbauprogramm der dreissiger Jahre bis mindestens 1942 zogen.

Viertens, dass dieselben internationalen Bankiers ihren politischen Einfluss in den USA dazu benutzten, ihre Kollaboration während des Krieges zu verschleiern, und zu diesem Zweck den US-Kontrollrat für Deutschland unterwanderten.


Unser Beweismaterial für diese vier grossen Behauptungen lässt sich wie folgt zusammenfassen:


Im ersten Kapitel haben wir Beweise dafür vorgelegt, dass der DawesPlan und der Young-Plan zu den deutschen Reparationszahlungen von Wall Streetern formuliert wurden, die zwischenzeitlich als Regierungsleute auftraten, und dass diese Darlehen einen Geldregen für diese internationalen Bankiers in Umlauf brachten. Owen Young von der General Electric, Hjalmar Schacht, A. Voegler und andere eng im Zusammenhang mit der Machtergreifung Hitlers stehende Personen waren zuvor die Verhandlungsführer für die amerikanische beziehungsweise die deutsche Seite gewesen. Drei Häuser aus der Wall Street – Dillon, Read & Co., Harris, Forbes und die National City Company – handhabten drei Viertel der Reparationsdarlehen, die zum Aufbau des deutschen Kartellsystems verwendet wurden, zu dem die beherrschende IG Farben und die Vereinigten Stahlwerke zählten, die zusammen 95 Prozent der Sprengstoffe für die Nazis im Zweiten Weltkrieg herstellten.


Die zentrale Rolle der IG Farben beim Staatsstreich Hitlers wurde im zweiten Kapitel besprochen. Die Direktoren der amerikanischen IG Farben wurden als prominente amerikanische Geschäftsleute identifiziert: Walter Teagle, ein enger Verbündeter und Geldgeber Roosevelts sowie ein Verwalter der National Recovery Administration; der Bankier Paul Warburg (dessen Bruder Max Warburg im Vorstand der IG Farben in Deutschland sass) und Edsel Ford. Die IG Farben spendete 400.000 RM direkt an Schacht und Hess zur Verwendung


S. 162

bei den entscheidenden Wahlen von 1933 und anschliessend stand die IG Farben an vorderster Stelle bei der militärischen Entwicklung Nazideutschlands. Eine Spende von 60.000 RM an Hitler kam von der deutschen General Electric (AEG), bei der vier ihrer Direktoren und eine Beteiligung von 25 bis 30 Prozent von der amerikanischen Mutterfirma, der General Electric Company, kamen. Diese Rolle wurde im dritten Kapitel beschrieben, und wir haben festgestellt, dass Gerard Swope, ein Begründer von Roosevelts Politik des New Deal (beziehungsweise ihrem National-Recovery-Administration-Segmerd), gemeinsam mit Owen Young von der Federal Reserve Bank in New York und Clark Minor von der International General Electric die beherrschenden Figuren aus der Wall Street bei der AEG waren und dort den bedeutendsten einzelnen Einfluss hatten.


Wir haben ausserdem keine Beweise gefunden, welche die deutsche Elektrofirma Siemens belasten würden, die nicht unter der Kontrolle der Wall Street stand. Im Gegensatz dazu gibt es aber dokumentarische Belege dafür, dass sowohl die AEG wie auch Osram, die weiteren zentralen Elemente der deutschen Elektroindustrie – beide mit Beteiligungen und Kontrolleinfluss aus den USA –, Hitler wirklich finanzierten. In der Tat waren fast alle Direktoren der deutschen General Electric Geldgeber Hitlers – entweder direkt durch die AEG oder indirekt durch andere deutsche Firmen. Die General Electric rundete ihre Unterstützung für Hitler durch die technische Zusammenarbeit mit Krupp ab, die auf eine Beschränkung der Entwicklung von Wolframkarbid in den USA abzielte, was den USA im Zweiten Weltkrieg zum Schaden gereichte. Wir haben die Schlussfolgerung gezogen, dass es den Fabriken der AEG in Deutschland durch ein bislang unbekanntes Manöver gelang, den Bombenangriffen der Alliierten zu entgehen.


Eine Untersuchung der Rolle der Standard Oil of New Jersey (die von den Interessen Rockefellers gesteuert wurde und wird) wurde im vierten Kapitel unternommen. Die Standard Oil finanzierte Hitlers Machtergreifung 1933 anscheinend nicht (dieser Teil des «Sidney-Warburg»-Mythus ist nicht erwiesen). Auf der anderen Seite wurden bis 1944 von der Standard Oil of New Jersey Zahlungen für die Entwicklung synthetischen Benzins zu Kriegszwecken zugunsten der Nazis geleistet und auch durch die hundertprozentige Tochterfirma Zahlungen an Heinrich Himmlers Freundeskreis der SS zu politischen Zwecken. Die Rolle der Standard Oil bestand in der technischen Hilfestellung für die Nazis zur Entwicklung von synthetischem Gummi und Benzin durch ein amerikanisches Forschungsunternehmen, das unter der Leitung der Standard Oil stand. Die Ethyl Gasoline Company, im gemeinsamen Besitz der Standard Oil of New Jersey und der General Motors, war das Instrument bei der Lieferung des unbedingt notwendigen Äthylbleis an Nazideutschland. Das erfolgte gegen die schriftlichen Proteste des US-Kriegsministeriums mit dem vollen Wissen, dass Äthylblei den militärischen Zwecken der Nazis diente.


Im fünften Kapitel haben wir dargestellt, dass die International Telephone and Telegraph Company, eines der berüchtigteren multinationalen Schlussfolgerungen 163 Unternehmen, durch Baron Kurt von Schröder von der Schroder-BankingGruppe im Zweiten Weltkrieg für beide Seiten tätig war. Die ITT hatte auch eine Beteiligung von 28 Prozent an der Flugzeugfirma Focke-Wolfe, die vorzügliche deutsche Kampfflugzeuge herstellte. Wir haben auch festgestellt, dass die Texaco (Texas Oil Company) durch den deutschen Anwalt Westrick in die Bestrebungen der Nazis verwickelt war, jedoch ihren Vorstandsvorsitzenden Rieber entfernte, als diese Bestrebungen publik wurden.


Henry Ford war ein früher Geldgeber Hitlers (1922), und Edsel Ford führte die Familientradition 1942 fort, als er Ford Frankreich dazu ermunterte, von der Ausrüstung der deutschen Wehrmacht zu profitieren. Später wurden diese von Ford produzierten Fahrzeuge gegen amerikanische Soldaten verwendet, als diese 1944 in Frankreich landeten. Ford erhielt 1938 für seine frühe Beachtung und seine frühzeitige Hilfe für die Nazis eine Medaille der Nazis. Die Belege von Ford Frankreich legen die Vermutung nahe, dass die Ford Motor nach 1940 von den Nazis mit Samthandschuhen angefasst wurde.


Die erwiesenen Fäden der Finanzierung Hitlers laufen im siebten Kapitel zusammen und beantworten durch konkrete Namen und Figuren die Frage, wer Adolf Hitler finanzierte. Dieses Kapitel ist eine Anklage an die Wall Street und interessanterweise niemand anderen von Bedeutung in den Vereinigten Staaten ausser noch der Familie Ford. Die Familie Ford wird normalerweise nicht mit der Wall Street in Zusammenhang gebracht, doch sie ist mit Sicherheit ein Teil der «Machtelite».


In vorangegangenen Kapiteln haben wir mehrere Verbündete Roosevelts zu Wort kommen lassen, u.a. Walter Teagle von der Standard Oil, die Familie Warburg und Gerard Swope. Im achten Kapitel gingen wir der Rolle Putzi Hanfstaengls, eines weiteren Freundes Roosevelts und einem Beteiligten beim Reichstagsbrand, auf den Grund. Die Zusammensetzung des inneren Kreises der Nazis im Zweiten Weltkrieg und die finanziellen Spenden von Tochterfirmen der Standard Oil of New Jersey und der ITT werden im neunten Kapitel ergründet. Dokumentarische Beweise dieser Geldspenden werden vorgelegt. Kurt von Schröder wird als Schlüsselvermittler bei diesem SS-Fonds für «Bestechungsgelder» identifiziert.


Schliesslich haben wir im zehnten Kapitel ein 1934 unterdrücktes Buch und den «Sidney-Warburg»-Mythus besprochen. Das unterdrückte Buch klagte die Rockefellers, Warburgs und die grossen Ölfirmen an, Hitler finanziert zu haben. Zwar war der Name «Sidney Warburg» zweifelsohne eine Erfindung, doch es bleibt die aussergewöhnliche Tatsache, dass das, was in dem unterdrückten Buch von «Sidney Warburg» behauptet wird, dem hier vorgelegten Beweismaterial erstaunlich nahe kommt. Ebenso bleibt es ein Rätsel, weswegen James Paul Warburg fünfzehn Jahre später den Versuch unternehmen sollte, in einer ziemlich durchschaubar schlampigen Art den Inhalt des Buches von «Warburg» zu widerlegen, von einem Buch, das er behauptet nie zu Gesicht bekommen zu haben. Es ist vielleicht sogar ein noch grösseres Rätsel, warum Warburg die Memoiren des Nazis von Papen als Vehikel zur Präsentation seiner Widerlegung verwenden sollte.


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Schliesslich haben wir im elften Kapitel die Rolle der Banken Morgan und Chase im Zweiten Weltkrieg untersucht – speziell deren Kollaboration mit den Nazis in Frankreich, zurzeit, als ein grosser Krieg im Gange war. Mit anderen Worten, wir finden ein beweisbares Muster der Unterstützung und politischen Manipulation – wie in unseren zwei früheren Untersuchungen der Verbindungen zwischen den New Yorker internationalen Bankiers und bedeutenden historischen Ereignissen.


Der durchdringende Einfluss der internationalen Banker

Wenn wir uns die breitgefächerte Anordnung der Tatsachen betrachten, die in den drei Bänden der Wall-Street-Reihe vorgelegt werden, stellen wir eine konsequente Wiederkehr derselben Namen fest: Owen Young, Gerard Swope, Hjalmar Schacht, Bernard Baruch usw.; dieselben internationalen Banken: J.P. Morgan, Guaranty Trust, Chase Bank und dieselbe Adresse in New York: in der Regel Broadway 120.


Diese Gruppe internationaler Bankiers unterstützte die bolschewistische Revolution und zog nachfolgend Gewinne aus der Gründung eines sowjetischen Russland. Diese Gruppe war der Geldgeber Roosevelts und zog Gewinn aus dem Sozialismus des New Deal. Diese Gruppe war ebenso der Geldgeber Hitlers und zog mit Sicherheit Gewinn aus der deutschen Rüstung in den dreissiger Jahren. Während das Grosskapital in den Firmen Ford Motor, Standard Oil of New Jersey usw. seine normalen Geschäfte hätte betreiben sollen, finden wir es aktiv und tief in politischen Umwälzungen, Krieg und Revolutionen in drei wichtigen Ländern involviert.


Die hier präsentierte Version der Geschichte besagt, dass die Finanzelite wissentlich und vorsätzlich die bolschewistische Revolution 1917 im Zusammenspiel mit deutschen Bankiers unterstützte. Nachdem sie ansehnliche Gewinne aus dem Elend der Hyperinflation in Deutschland 1923 gezogen hatte und daran ging, die Last der deutschen Reparationszahlungen dem Rücken amerikanischer Investoren aufzubürden, stellte die Wall Street fest, dass sie die Weltwirtschaftskrise 1929 herbeigeführt hatte.


Damals wurden zwei Männer als Führer grosser westlicher Länder unterstützt: Franklin D. Roosevelt in den Vereinigten Staaten und Adolf Hitler in Deutschland. Roosevelts Politik des New Deal und Hitlers Vierjahresplan hatten grosse Ähnlichkeiten aufzuweisen. Die Vorhaben Roosevelts und Hitlers waren Pläne für faschistische Machtübernahmen in ihren jeweiligen Ländern. Während Roosevelts Wirtschaftsreformadministration (NRA) aufgrund damals wirksamer konstitutioneller Einschränkungen scheiterte, hatte Hitlers Vorhaben Erfolg.


Warum wollte die Elite der Wall Street, die internationalen Bankiers, dass Roosevelt und Hitler an die Macht kommen? Dies ist ein Gesichtspunkt, den wir noch nicht erkundet haben. Dem «Sidney-Warburg»-Mythos gemäss wollte die Wall Street eine Politik des Revanchismus, das heisst sie wollte Krieg in


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Europa zwischen Frankreich und Deutschland. Wir wissen aus der herrschenden Geschichtsauffassung, dass sowohl Hitler wie auch Roosevelt Politik betrieben, die zum Krieg führte.


Die Verbindungen zwischen Menschen und Ereignissen aus dieser dreibändigen Reihe würde ein weiteres Buch erfordern. Doch ein einziges Beispiel weist vielleicht schon auf die bemerkenswerte Machtbündelung innerhalb relativ weniger Organisationen und auf die Anwendung dieser Macht hin.


Als die Bolschewisten am 1. Mai 1918 nur einen kleinen Teil Russlands unter ihrer Kontrolle hatten (und selbst diesen Teil im Sommer 1918 beinahe verlieren sollten), wurde die amerikanische Liga zur Hilfe und Zusammenarbeit mit Russland {American League to Aid and Cooperate with Russia) in Washington D.C. zur Unterstützung der Bolschewisten gegründet. Es handelte sich hierbei nicht um die typische Art von «Hände-weg-von-Russland»- Komitee, wie es von der amerikanischen Kommunistischen Partei oder ihren Verbündeten gegründet wurde, sondern um ein Komitee, das von der Wall Street geschaffen wurde, mit George P. Whalen von der Vacuum Oil Company als Schatzkanzler und mit Coffin und Oudin von der General Electric, mit Thompson vom Federal Reserve System, Willard von der Eisenbahngesellschaft Baltimore & Ohio Railroad und verschiedenen Sozialisten als Mitgliedern.


Wenn wir den Aufstieg Hitlers und des Faschismus betrachten, stellen wir fest, dass dabei die Vacuum Oil und die General Electric gut dabei vertreten sind. Botschafter Dodd in Deutschland war perplex über die sowohl finanziellen als auch technischen Beiträge der unter der Kontrolle Rockefellers stehenden Vacuum Oil Company, die Benzinanlagen zur militärischen Verwendung für die Nazis aufbaute. Der Botschafter versuchte, Roosevelt zu warnen. Dodd glaubte in seiner anscheinenden Naivität hinsichtlich weltbewegender Angelegenheiten, dass Roosevelt eingreifen würde, doch wurde Roosevelt selbst von denselben Ölinteressen unterstützt und Walter Teagle von der Standard Oil of New Jersey und der NRA sass zugleich im Vorstand von Roosevelts Warm Springs Foundation. Somit stellen wir fest, dass die unter der Kontrolle von Rockefeller stehende Vacuum Oil Company, als nur ein Beispiel, eine wichtige Rolle spielte bei der Schaffung des bolschewistischen Russland, der militärischen Aufrüstung Nazideutschlands und der Unterstützung der New-Deal-Politik Roosevelts.


Werden die Vereinigten Staaten von einer diktatorischen Elite regiert?

Ein stetiger Fluss an Literatur hat etwa während des letzten Jahrzehnts, sicherlich seit den sechziger Jahren, die These vertreten, dass die Vereinigten Staaten von einer sich selbst perpetuierenden und nicht gewählten Machtelite beherrscht werden. Mehr noch, die meisten dieser Bücher vertreten die Meinung, dass diese Elite sämtliche Entscheidungen in der auswärtigen wie in


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Wall Street und die Gelder für Hitler der inneren Politik steuert oder zumindest stark beeinflusst und dass in den Vereinigten Staaten keine Idee ohne die stillschweigende Billigung beziehungsweise die fehlende Missbilligung dieses Elitekreises zu Ansehen kommt oder veröffentlicht wird.


Offenbar bezeugt gerade der stete Fluss der Anti-Establishment-Literatur selbst, dass die Vereinigten Staaten nicht gänzlich unter der Fuchtel einer einzigen Gruppe oder Elite stehen. Auf der anderen Seit findet die Anti-Establishment-Literatur in Wissenschafts- und Medienkreisen keine volle Anerkennung oder vernünftige Besprechung. Meistens besteht sie in einer begrenzten Auflage, die von Privatpersonen produziert wird und mehr oder weniger dadurch in Umlauf kommt, dass sie von Hand zu Hand weitergereicht wird. Sicher, es gibt einige Ausnahmen, doch nicht genug Ausnahmen, um die Beobachtung zu bestreiten, dass die gegen das Establishment gerichteten Kritiker keinen leichten Zugang zu den normalen Informations- und Distributionskanälen haben.


Während Anfang und Mitte der sechziger Jahre jede Idee über die Herrschaft einer Verschwörungselite, ja jedweder Elite ausreichend Grund war, denjenigen, der sie äusserte, sofort als «verrückt» abzutun, hat sich das Klima für derartige Ideen radikal geändert. Die Watergate-Affäre hat wahrscheinlich die letzten Mosaiksteine zu einer langwierigen Entwicklung von Skepsis und Zweifeln hinzugefügt. Wir sind fast am Punkt angelangt, wo jeder der zum Beispiel den Bericht der Warren Commission akzeptiert oder glaubt, dass Rücktritt und Fall Mr. Nixons keinerlei Verschwörungsaspekte beinhalten, suspekt ist. Kurz, heute schenkt keiner mehr dem Informationsprozess des Establishments wirklich Glauben. Und es gibt eine grosse Palette alternativer Darstellungen zu Ereignissen, die Interessierten jetzt zur Verfügung stehen.


Mehrere hundert Bücher aus der ganzen Bandbreite des politischen und philosophischen Spektrums fügen Beweisstücke, weitere Hypothesen und Anklagen hinzu. Was vor noch nicht allzu langer Zeit noch als eine überkandidelte Idee galt, über die man gegen Mitternacht hinter verschlossenen Türen leise und mit verschwörerischem Flüstern sprach, wird heute offen debattiert – natürlich nicht in den Zeitungen des Establishments, aber sicherlich in privaten Radio-Talkshows, in der Untergrundpresse und von Zeit zu Zeit sogar in Büchern, die von angesehenen Verlagshäusem des Establishments herausgegeben werden.


Stellen wir also noch einmal die Frage: Steckt hinter der US-Regierung eine nicht gewählte Machtelite?


Eine grundlegende und oft zitierte Informationsquelle ist Carrroll Quigley, Professor für internationale Beziehungen an der Georgetown Universität, der 1966 ein monumentales Werk zur jüngeren Geschichte mit dem Titel Tragedy and Hope veröffentlicht hat.1 Quigleys Buch setzt sich von anderen der revisionistischen Art durch die Tatsache ab, dass es auf einer zweijährigen Studie interner Dokumente eines der Machtzentren gründet. Quigley geht der Geschichte der Machtelite nach:


S. 167

... die Mächte des Finanzkapitalismus hatten ein weiteres weitreichendes Ziel: nichts Geringeres als die Schaffung eines Weltsystems der finanziellen Kontrolle in privaten Händen, das das politische System eines jeden Landes und die Wirtschaft der gesamten Welt beherrschen können sollte.


Quigley führt ebenso an, dass der Council on Foreign Relations, die National Planning Association und weitere Gruppen «halb geheime» Einrichtungen zur politischen Planung sind, die unter der Kontrolle dieser Machtelite stehen. In der folgenden tabellarischen Aufstellung haben wir fünf dieser revisionistischen Bücher aufgeführt, darunter dasjenige Quigleys. Die grundlegenden Thesen dieser Bücher und ihre Vereinbarkeit mit den drei Bänden der «Wall-Street»- Reihe werden zusammengefasst. Es ist erstaunlich, dass Carroll Quigleys Buch bei den drei grossen historischen Ereignissen, die aufgeführt werden, nicht mit den in der Reihe der «Wall-Street»-Bücher vorgelegten Beweisen übereinstimmt. Quigley tut sehr viel, um Beweise zur Existenz der Machtelite vorzulegen, durchdringt jedoch nicht die Aktionen dieser Elite.


Möglicherweise waren die von Quigley verwendeten Akten gesäubert und enthielten keine Dokumente zur Manipulation etwa der bolschewistischen Revolution, Hitlers Machtergreifung und der Wahl Roosevelts 1933 seitens der Elite. Es ist wahrscheinlicher, dass diese politischen Manipulationen überhaupt nicht in den Akten der Machtgruppen belegt sind. Es könnte sich um nicht belegte Aktionen eines kleinen Ad-hoc-Segments der Elite gehandelt haben. Es sollte festgehalten werden, dass die vom Autor dieses Buches verwendeten Dokumente aus Regierungsquellen kamen, wo die täglichen Handlungen Trotzkis, Lenins, Roosevelts, Hitlers, J.P. Morgans und der verschiedenen involvierten Firmen und Banken aufgezeichnet wurden.


Auf der anderen Seite stimmen die Werke von Autoren wie Jules Archer, Gary Allen, Helen P. Lasell und William Domhoff, die aus weit auseinandergehenden politischen Standpunkten heraus geschrieben wurden2 , tatsächlich mit den durch die «Wall-Street»-Bücher vorgelegten Beweisen überein. Diese Schriftsteller legen die Hypothese vor, dass eine Machtelite die US-Regierung beeinflusst. Die «Wall-Street»-Reihe führt vor, wie diese hypothetische «Machtelite» bestimmte historische Ereignisse manipuliert hat.


Offenbar ist jede derartige Ausübung uneingeschränkter und übergesetzlicher Macht verfassungswidrig, auch wenn sie in das Gewand gesetzeskonformer Handlungen verpackt wird. Daher kann die legitime Frage gestellt werden, ob eine subversive Kraft tätig ist, die die durch die Verfassung garantierten Rechte beseitigen will.


Info: https://ia801700.us.archive.org/12/items/wall-street-und-der-aufstieg-hitlers/wallstreet_und_der_aufstieg_hitlers.pdf

24.10.2021

*Aborted Post War II Opportunities and How to Resurrect Hope*

*Reflections by Irene Eckert*, 23.10.2021 19:58


*Where there is danger, the healing forces are growing, too*. (Hölderlin)


Zitat: Friedrich Schiller’s  more than 200 years old  ideas about the development of better notions, purer principles and customs more noble, promise healing from the infirmities of our own times. Noble literature laureate Thomas Mann had expressed this view in 1955, when commemorating the dead poet of the German classical period in Stuttgart and Weimar. The two cities belonged to conflicting parts of then divided Germany. 1955 was a crucial year when only ten years after World War II the Federal Republic of Germany had just joined NATO. Several Soviet offers for a neutral, non aligned but unified Germany had been equally rejected as was a strong anti rearmament sentiment among the German population in both parts of the country.


This fateful rapprochement to an anti Soviet military alliance should cast a long shadow into the future. Thomas Mann’s attitude to challenge the hysteric  Red Scare atmosphere of those days can only be called brave in this context. But then the  novelist was 75 years of age. He died only a

month after his critical *„Essay on Schiller“ *which he had devoted to his dead colleague *„in love“*. The  speech of the author of „Buddenbrooks“, „Dr. Faustus“ and „Joseph and His Brothers“ was just one other lost opportunity for a more reconciliatory approach to foreign policy betweenEast and West.


*Black Plague, Fascism and War*


Again, in 2021 humankind is in danger of sliding down an abyss. We arethreatened with yet another era of Black Plague, an epoch of fascism andglobal war. *„The womb is fertile still from which this monster crawled“* . This metaphor was coined by Bert Brecht another dead classical poet, who passed away in 1956 at the age of 58.  As early as in 1948 in the epilogue of  his play „Arturo Ui“ he had warned against more monstrous wars on the horizon.  And in deed, devilish forces have been actively at work to promote them ever since. In their elitist  intentions they assume that by pushing the rest of us back into another  Dark Age they will e the ones who profit. And they might succeed if we  as a species are not capable to pinpoint those evil doers and to analyse their activities adequately. But the good message is, that proper understanding, will give us, the people,  the power to stand up and go for cooperation instead of confrontation this time.


Adequate analytical instruments, purer principles and customs more noble will  - just like Schiller and Thomas Mann had predicted - provide us with the necessary means to heal the infirmities of our days.


*Green Warriors*


In Germany the recent relative success of the Atlanticist Greens as kingmakers in German policy brings back black memories of 1999 - another pivotal year - when the first Green Foreign Minister Joschka Fischer had ushered the country into Europe’ s first post WWII military engagement. It was under a seemingly promising  Red-Green coalition that Germany’s participation in the unprovoked and  illegal war against the Republic of Yugoslavia was made possible. Only two years later in 2001 the next unprovoked NATO war against Afghanistan saw another substantial German Bundeswehr army involvement. Both times the wars had been accompanied  by a massive media fire promoting human rights, in the latter case ironically women’s rights. The era of a free press had come to an end in those days.


*Make Up For Hitler, Participate in Wars For Human Rights.*


Other than post war generations  of Germans have been perversely told, the drive to the twin sisters of fascism and war has never been an intrinsic characteristic of the German people. On the contrary, in an utterly perverse distortion of reality it has been hammered unto our collective psyche, that in order to make up for Hitler we must participate in wars for human rights. We were  lectured not  to shy away but take on responsibility by joining the Anglo-Saxon wars.


Let us not forget, the Green Party set off towards the end  of the 1970s under a false pacifist flag and their first leader was a woman named Petra Kelly, trained in the USA. She eventually died under peculiar circumstances in 1992. The Greens were the Atlanticist’s  answer to a  newly born

antinuclear peace movement that had sprung up after 1979  as an answer to the latest NATO nuclear rearmament decision to deploy new nukes on German soil.  This popular movement bore enormous potentials during the early 80s of the last century. However, the Fall of the Berlin Wall put the ultimate death nail to it.


*DER  SPIEGEL:„Germans have to learn how to kill“*


But the antiwar sentiment just would not go away. In November 2006 the German intellectual magazine ‚Der Spiegel‘ run a cover story: „Germans have to learn how to kill“


Let us recall *Russian historian *Andrey Fursov* who once reiterated Winston Churchill  words from 1940  that “Great Britain was fighting not against Hitler but against the spirit of the German people, against the spirit of Schiller, so that this spirit would never be reborn.”  * Fact is that Schiller's works are not highly appreciated in Germany today.  Among other things the once  popular author has been denigrated because  for a moment the NAZIS had tried to use him for their evil purposes. Such poor efforts continue to this very day.  In November 2020 the* German PCR pope Dr. Drosten* was hypocritically honouring  his ‚colleague‘, medical doctor  Friedrich

Schiller by suggesting *„Schiller would wear the mask“.*


Schiller’s love for the ordinary man and woman, his high esteem for liberty, his outright rejection of being a prince's servant in "Don Carlos"  and the antiwar attitude of his drama trilogy  „Wallenstein“ as well as his  anti authoritarian patriotism in "Wilhelm Tell“ have never been appreciated by the powers that still hold the reigns over my country in their filthy  hands.


Why mention Schiller first and his orator Mann when talking about the potentials of the post World War II era? Why not in the first place mention the high expectations of the post war generation for a world without conflict expressed in the  people’s consultation against rearmament, which was declared illegal by the Western allies. This was done in spite  or better due to the fact that two thirds of the West Germans would refuse to ever wear a gun again. Another thing was the widespread longing for social justice, as so clearly  expressed in the first post war CDU program, under the name “Ahlener Programm“. It is stated  there in plain words that capitalism has failed the needs of the people.


Another big issue was  the strength of the communists even in  post war Germany, of course due to their blood toll in the Resistance struggle. It is little known to the world that Nazi plagued Germany had seen a well organised Resistance movement, not to speak about Italy, France, Greece. As is well documented, these movements have all been crushed with brutal force on a global scale by waving hypocritically a Red Scare flag.


*Wars Begin in the Minds of Men*


Why not mention first the Atlantic Charter, forerunner of  the UN-Charter, why not mention the bond between FDR and Stalin, who both have been demonised and both paid with a premature death for their commitment for a better future for humankind?


Here comes why:


*"Since wars begin in the minds of men it is in the minds of men that the defence of peace has to be constructed"* (UNESCO Charter)


*"All human beings are born free and equal in dignity and rights. They are endowed with reason and conscience and should act towards one another in a spirit of brotherhood.“ *Declaration of Human Rights of 1948 article 1


The spiritual values expressed in  these words contain ideas of the greatest writers of the German classical period and beyond. Intellectuals like Goethe, Schiller, Lessing, Kant, poets and philosophers of the 18th, the 19th and the 20th century have expressed them. But my people has been so down trodden and humiliated that it seems overdue to remind ourselves that German ideas have contributed to human progress and world culture as enshrined here in the greatest documents of International Law.  The writings of inspiring poetical, political, philosophical and spiritual frontrunners, the works of Heinrich Heine, Ludwig Börne, Frederick Engels, Karl Marx, Thomas and Heinrich  Mann, Bertolt Brecht, Ernst Bloch with *‚Principle Hope‘* to name only a few of our great thinkers, the  filmmaker Fritz Lang with  ‚*Metropolis‘*, an actress like Marlene Dietrich,  engineers and scientists of Einstein’s  caliber, too continue to shape the world.  All of

those great individuals have been driven out of their home country, their writings were burnt in Hitler’s Germany. But no flames can ever destroy them.


When  Nobel prize laureate Thomas Mann came back to Europe from exile as a US-citizen and friend of FDR and eventually spoke in 1955 in Stuttgart (FRG) and Weimar (GDR)  to commemorate the 150th anniversary of Schiller’s untimely death his efforts were certainly not appreciated by the occupying Western powers and their mouthpieces in the media.


*Germany, pale mother*


Many German writers like Anna Seghers, author of  *„The Seventh Cross“*, B. Brecht with his insightful anti-Hitler play  *„Arturo Ui“*, his calling for enlightenment  and social responsibility in *„Galileo Galilei“* or his beautiful children’s anthem of 1950 *„Anmut sparet nicht noch Mühe“*: Do not spare grace nor effort to help build a better Germany. Above all his anti war play  *„Mother Courage“* that owes everything to Schiller’s *‚Wallenstein‘*,  all these writings contributed tremendously to the international antiwar sentiment of the post war period. Many intellectuals

who had survived the Nazi era in exile wanted to  return home. They wished to help build a better Germany, in the  West they were rejected. This goes for the Mann brothers and even more so for a poet like Johannes R. Becher,  the first  Minister of Cultural affairs  in the GDR who had survived in Moskau or a composer like Hans Eisler who both chose the GDR for a  new home.


*You sit among the peoples as a matter of scorn and fear*


*The Heritage of  Resistance cannot be destroyed*


Resistance fighters,  incarceration  and torture camp survivors had a hard time in the Western part of Germany after the forceful separation of  the country by the Western allies in 1949. Their situation got worse after Marshall plan profiteer and therefore economically soon powerful FRG had joined NATO in 1955. Critical writers and intellectuals were discouraged in the Western hemisphere, even when they compromised like Günther Grass and Heinrich Böll. It also affected great Swiss writers of German tongue like Max Frisch and Friedrich Dürrenmatt who certainly were not honoured the way they should have been.


This goes to prove that the spirit of freedom and poetry loving German patriots, the spirit of Schiller was still alive after the Second Great War in which Germany was tragically involved. Friedrich Schiller’s ideas hadsurvived in the humanist heritage of the resistance fighters. Hitler’s ax couldn’t kill this spirit. Their high ethical standards are expressed in a comprehensive collection of last letters. Women of all ages and all social strata leave messages like: *The cause for which I die is a just one, a sacred one. I want my comrades to know that I never doubted its final

success.*


*Life is not the highest of all goods*


In his foreword to this  beautiful collection under  the title „The flame will not destroy you“  Thomas Mann praises the human instinct that leads individuals to devote their lives to a good cause. Noble humans search for the reasonable Mann says, they look for a spiritual aspect, they want to contribute to a better future for humankind. The novelist underlines the hope that shines through all the letters that none of the victims shouldhave died in vain.


The founders of the German Democratic Republic, most of them back from their Nazi-forced exile in the Soviet Union, had pledged to keep this heritage alive. In the West however, they were blamed and shamed for up keeping an antifascist heritage, they were  scolded as preposterous

hypocrites. But it was in the GDR that  progressive and revolutionary thinkers then hardly known any more in West Germany were published first. Writers like Heinrich Heine,  Ludwig Börne, Georg Büchner, Ferdinand  Freiligrath, many of them Jewish like Lion Feuchtwanger, author of best selling historic novels in the 1920s and 30s, see "Weapons for America“or  Stefan Heym  „The Crusaders“ to name only a few were treated with exceptional respect.


*No more blaming and shaming of the German nation as Barbarians*


The cynical blaming and shaming of the German nation as Barbarians - after our cultural heritage had been almost wiped out by the externally controlled Nazis - must no longer be tolerated. The world must learn about the barbaric act of destroying  the publishing companies of the GDR and all of their libraries after the so called reunification. In reality it was an early, highly successful  regime change operation accompanied by an effective psyop strategy. Germany’s‚ re unification‘  was another lost opportunity.


But, in spite of all the  odds our classical heritage is of immaterial nature. It can be tapped. Some of our greatest  poets and thinkers like Brecht and J.R. Becher and above all Schiller might have passed away prematurely, but their works are eternal.


*Unknown Barbarism: Schiller’s Funeral and Ignorance towards His Important Ideas*


When Schiller died at the age of 45 the famous author left behind four small kids, a young widow but no last will. Thomas Mann recalls in his essay how the great man was buried hurriedly in a mass grave by night, without family or friends to accompany him. His bones are lost forever. On

Schiller’s desk, where he had been working to last moment, there  was a much promising unfinished drama under the title  „Demetrius“ dealing with issues topical to this very day. Rumours go that Goethe who had wished to finish the play was prevented from doing so.


We  Germans have to be reminded that Schiller’s influence in the world is still of enormous importance.  Great, all humanity embracing ideas cannot be lost forever. „Brecht is at home in Asia“  and Marx and Engel’s works  are being studied scientifically in  today’s China.


In 1945 Schiller’s  spirit was still very much alive all over Germany. The poet of ‚The Bell‘ „Die Glocke“ and „Wilhelm Tell“ was known by every German child. Schiller was most popular among ordinary people, much more so than the „prince’s servant“ Johann Wolfgang von Goethe.


*The Evil Russians and the Good Churchill’s Fulton Speech. *


The Russians, who liberated Berlin were well acquainted with the German spiritual heritage. They had not come as exploiters or  occupiers. The first thing they did, was to  mend the  destroyed infrastructure of war ridden Berlin, to feed the  starving citizens and to reopen the theatres and opera houses. I know this from the horses mouth. My own father, grand father, and my husband  had all survived the Western allied bombings of Berlin. The first Soviet City Commander Nikolai E. Berzarin still is honorary citizen of the German capital. On June 16th 1945, after only 55 days in office, he was miraculously killed in a motorcycle accident when he collided with a truck convoy near his office in Berlin-Friedrichsfelde <https://en.wikipedia.org/wiki/Friedrichsfelde>, aged only  41. Rumors go that scattered Nazi *Werwolf* <https://en.wikipedia.org/wiki/Werwolf>  forces had assassinated him says Wikipedia. Well, just another untimely death! Another buried  opportunity.


Humanist ideas, reconciliatory ideas, ideas of cordiality and  social justice run still high in the Western hemisphere when early in 1946 Churchill’s Fulton speech dropped an Iron Curtain across Europe. A mental wall was set up alongside ancient conflict lines. Speaking of an „Iron

Curtain“ Churchill used a red flag metaphor. The wording  had been originally coined by Goebbels propaganda ministry in an accusatory anti-Bolshevist sense against the eternally evil Russians. It was aimed against the spirit of Yalta. Churchill's speech was formulated in Fulton/Missouri/USA, after the British people had dismissed the man as Prime Minister. There across the Atlantic he worked in liaison with Harry Truman on  one of the most devastating pamphlet of vicious Red-Scare ideology. Their satanic mindset would destroy many precious  individuals and sow harmful hatred among peoples across the globe. The Cold War ideology  let loose  by Churchill's inflammatory Fulton speech  did rekindle the Nazi ideology against  the phantom of a Bolshevist Mongolian enemy.


*Front line City of Berlin and the Congress for Cultural Freedom*


Soon the Cold War front city of West-Berlin was  created and chosen for starting up the CIA operation „Congress of Cultural Freedom“ in 1950. Its brainwashing machinery was effectively designed to destroy any left overs of an  allegedly  „communist“ ideology. Enormous sums of money helped create a most  destructive intellectual network with publications, invitations, exhibitions, the founding of publishing houses and magazines, promoting intellectuals who sometimes went along without even knowing whose business they were fulfilling. But the satan was let out of the bottle. In this context the pessimistic anti-human spirit of Existentialism was created. Camus, Sartre, Simone de Beauvoir contributed greatly to a misanthropic vision for humankind offering also unhealthy relationships as progressive life style models for future generations. The Frankfurt School of Social Sciences contributed, Adorno proclaimed the end of poetry with

Auschwitz. Paul Celan from Czernowitz  was scorned at and not treated respectfully  when he read out his „Death Fugue“, a poem of high artistic value which he wrote in 1945.


All of these ideological distractions were meant to destroy a positive, enlightened heritage that was still in the air. „No more fascism, no more war“ was the sacred pledge of the organised resistance fighters from the concentration camp Buchenwald near Weimar. Amongst hunger, torture and daily losses,  the camp inmates had never lost their sense for human needs and cooperative assistance.  They did what the circumstance allowed  them to do for easing each others’ lot. With evil intent the Nazis had established incarceration centres on sacred places like the Ettersberg near Weimar, home of the German classics Goethe, Schiller, Herder, Wieland. Willy Bredel’s documentary novel „Naked Under Wolves“ reflects the humanist attitudes  of the  Buchenwald inmates.


„Goethe in Dachau“ by Nico Rost is another important document picturing the eternal flame of spiritual values even under torture and extreme barbarism. Rost  was a Dutch journalist, a survivor of  the evil  camp of Dachau near Munic in Bavaria. He  had been able to document the political and spiritual discussions that had taken place among the mostly academic inmates of that specific incarceration locus. His colleagues had creatively helped him to get hold of paper slips and pencil ends, so that he could keep track of the hilosophical and political discussions  under most extreme circumstances.


Under the auspices of Richard von Weizäcker (CDU), president of the Federal Republic (1984- 1994) the social and ideological  breadth of the German resistance against the NS regime was finally documented in the Museum for German Resistance in Berlin’s Stauffenbergstraße. The Bendler Block Building which was chosen as its site had been the centre of command of Hitler’s Wehrmacht, the place were the military opposition leaders  had been executed. Today the building hosts the Federal Ministry of Defense. A historic  map within the exhibition shows the ten thousand concentration camps placed all over Germany during the NS area. Mostly political

dissenters were incarcerated there. That goes to show the critical importance of resistance among all social, ideological and political groups. Post war concepts of the various oppositional networks can be studied in the museum, too. „Cooperation“ was  the magic unifying formula

of those days. The concentration camp survivors were hungry not only for food but  for ideas  a better future. Still starving after the war, they offered  their assistance willingly for reconstructing the country in  a democratic manner. But in West Germany  under the tutelage of the Western

Allies, upright humanists would soon have a very difficult time.


*Truth and  Freedom Loving, Law Abiding Gustav Heinemann*


One high ranking political personality representing the spirit of truthfulness, freedom and legality in a most remarkable way remains lawyer Gustav Heinemann, minister in several cabinets and later President of the ederal Republic during Willy Brandt’s detente area. Heinemann  had fiercely opposed the German rearmament from the get go, its integration into the NATO pact  and later the plans for nuclear armament. On March 13th in 1952 Heinemann spoke in West-Berlin <https://de.wikipedia.org/wiki/West-Berlin> to  thousands of people on the  Stalin-Note

<https://de.wikipedia.org/wiki/Stalin-Noten>s  of March 10th in 1952. He asked to  seriously consider the Soviet offer proposing  a military neutral but unified Germany. But Adenauer who had won the elections with one voice only, the Chancellor of the US forces, as people would call him in those days, preferred ‚half of Germany entirely to an entire Germany in  parts only‘.


The rejection of the so called Stalin note was another lost opportunity, but those handlers over West Germany would not allow any Soviet note to even be discussed.


Ín order to prevent this a mob was organised to disturb Heinemann’s speech.


Later Heinemann would point out to JFK as  a role model, a politician with a realistic vision. Such political realism would mark the  short detente period from 1969 to 1974. A coalition between ex-resistance fighter Willy Brandt, his Social Democrats and the Liberal Party (FDP) opened up a

reconciliatory process with Eastern Europe. Brandt’s famous knee fall in Auschwitz was a telling metaphor. His treaties with the East were the counterpart to Adenauer’s ‚Elysee Treaty‘ with De Gaulle's France. These treaties gave pathway for West Germans and Berliners to visit their relatives in the Eastern part of Germany. However the prize that had to be paid for such policies was the Berufsverbot, the Radical Decree in 1972 for alleged Reds. Gustav Heinemann had  opposed this decree in the name of emocracy. However,  spirit of humanism, of liberty  and the rule of law as still not fully re-established when Brandt’s cabinet stumbled over the Guillaume spy affair in 1974.


Gustav Heinemann’s daughter, first female professor of catholic theology, Uta-Ranke-Heinemann continued to work on her father’s footsteps. In 1999 she would  oppose the illegal NATO war against the Republic of Yugoslavia and she ran,  although unsuccessfully, as a candidate for the Federal Presidency.


Another famous opposer to that war was the Social Democrat Finance Minister Oskar Lafontaine, married today to Sahra Wagenknecht, Die Linke. With the Fall of the Berlin Wall in 1989 and the German reunification  the post war era had ended and another epoch of lost opportunities began.


But ever since the temporary  end  of fascism and war in Europe  people had resisted  its re-emergence. To some degree such opposition was reflected even in the highest ranks of office as we have seen. However the pressure from the occupying forces, above all the US, who still keeps a substantial nuclear arsenal in Büchel, Rhineland-Palatinate together with an all out brainwashing propaganda machine  defeated over and over again a more just and peaceful policy designs. The Marshall Plan money for reconstruction after the war, the US market for West German machinery and cars and the possibility to acquire wealth after the devastating war corrupted many individuals. But ever so often the Germans have resisted against aggressive policies against her neighbours.


*Constructive Alternatives to Disasterous Green Policies*


It was  only due  to the  camouflage of  Atlanticist Green Foreign Minister Joschka Fischer,, that Germany was shovelled into the wars against Yugoslavia (1999) and Afghanistan (2001). Whereas even CDU’s Chancellor Kohl’s  chosen ‚maiden‘, Angela  Merkel, could not avoid helping to coin

the Minsk Peace  Agreement. She also promoted the North Stream II pipeline, both  against heavy pressure from her Western „partners“. She did not go out of her way however, to help implement the more cooperative policies, that  she  had signed.


But her  swaying shows that other than the chancellor’s  repetitive saying:

„This policy is without alternative“ - there are always several  possibilities. It is of crucial importance that we the people become aware of the alternative realities at hand.


At this moment in history we must strongly oppose the influence of Greens in the next German government. These young and mostly unexperienced Greenhorn politicians are prepared to sacrifice our future on the altar of Gaia.  Behind the veil of a pandemic scenario they welcome the

Davos Reset Agenda for de-humanisation. For  the alleged saving of the climate the Greens are ready to do away with humans. They consider the human species as a burden for mother earth. They completely  ignore the fact that the mRNA vaccines  contain poisonous substances. Their Green New Deal program is  bound to destroy our industrial capacities, Their foreign policy strategies are viciously anti-Russian. I call them  brownies brushed over with a green frosting. These ideologues have no  family values, their environmental attitude is full of hypocrisy and contradictions and their alleged climate policy will put us back into the dark ages if not their perverse love for  Nato will bring us closer to the brink of a lethal nuclear exchange.


But there is still time to resist. The geostrategic balance of forces is shifting at great pace. New allies are on the horizon. The transatlantic powers on their self destructive course for too long offer no help any more. The Chinese-Russian bond of survival is set out to bear constructive solutions beyond anything that might have seemed possible in the past. Investments in real economy, in great infrastructure projects, becoming partners in the Belt and Road Initiative are ways out of the road to disaster.


In order to sincerely  fight back  ignorant  Green cultural barbarism that has already brought us to the brink of extinction, a return to the political spirit of  classical writers like Friedrich Schiller is overdue. It does imply a call for mutual respect and  for international law. The spirit of patriotism and internationalism are no adversaries, on the contrary, they are  only two sides of one coin. Respect for each others riches, other cultures and customs  come with a deeper look into ones own cultural heritage.


The struggle for our democratic and social  rights and  for peace has been a long one and it has only begun. But a just cause can never be defeated, even less  if accompanied with the spirit of joy and optimism as expressed in Schiller’s Ode to Joy, beautifully set in tone by another great German, the composer Ludwig van Beethoven.

24.10.2021

Ökologische Plattform bei DER LINKE      Wandern in Russland

oekologische-plattform.de, vom 22.10.2021


Antikriegstag 2021


Am 1.9.2021, dem 82. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges, veröffentlichte Ted – tenders electronic daily https://ted.europa.eu/" rel="footnote" >1 folgende Ausschreibung

Deutschland-Koblenz: Datenerfassung
2021/S 169-443189
Bekanntmachung vergebener Aufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit
Dienstleistungen


https://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:443189-2021:TEXT:DE:HTML&src=0" rel="footnote" >2


Sie enthält die

Kurze Beschreibung des Auftrags oder Beschaffungsvorhabens:

Q/U2CA/MA134/GA224 – Vektordaten hohe Auflösung
Das gegenständliche Projekt befasst sich mit der Herstellung und Lieferung von Vektordaten in der hohen Auflösung – i.d.R. im Maßstab 1:50.000 – im Produktionsgebiet Russland.


Darüber berichtete die Welt am 30.9.21https://www.welt.de/wirtschaft/plus234119738/Bundeswehr-bestellt-hochaufloesende-Russlandkarten.html" rel="footnote" >3.

und kommentiert:

„Weitere Details aber verweigern die Auftraggeber auch auf Nachfrage. Es ist kein Wun-

der, dass das deutsche Militär nicht gern über solche Aufträge redet.

Wozu braucht das deutsche Militär „Wanderkarten“https://de.wikipedia.org/wiki/Wanderkarte" rel="footnote" >4 für das Gebiet Russlands?

Die „Informationen zur Deutschen Außenpolitik“ (german-foreign-policy.com) ordnen diese Ausschreibung im Artikel „Russland im Militärmaßstab“https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8721/" rel="footnote" >5 ein als

„Maßnahmen, die die DGAP6 begleitend zu einer aggressiveren deutschen Außenpolitik

vorschlägt“.

Deutlicher wird RT deutsch im Artikel „Bundeswehr will „Karten“ von Russland – die für Verteidigungszwecke unnütz sind“https://de.rt.com/europa/125131-bundeswehr-will-karten-von-russland-die-fuer-verteidigungszwecke-unnuetz-sind/" rel="footnote" >7. Nach der Betrachtung der technischen Möglichkeiten wird festgestellt:

Interessant sind Karten mit einer solchen Informationsdichte nur dann, wenn man in

dem dargestellten Gebiet tatsächlich militärisch handeln will. Es ist kaum anzunehmen, dass

sich die Bundeswehr Karten der Zentralafrikanischen Republik erstellen lässt.

Die aktuellen Auslassungen der deutschen Kriegsministerin im DLF-Interview bestätigen beide Einschätzungen:


Frage: Die Agentur Reuters berichtet heute8 Früh, dass die NATO über regionale Abschreckungsszenarien für die baltische und auch die Schwarzmeer-Region nachdenke, auch möglicherweise im Luftraum mit Nuklearwaffen. Ist das der Weg der NATO?


Kramp-Karrenbauer: Das ist der Weg der Abschreckung. Wir müssen Russland gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende – und das ist ja auch die Abschreckungsdoktrin – bereit sind, auch solche Mittel einzusetzen, damit es vorher abschreckend wirkt und niemand auf die Idee kommt, etwa die Räume über dem Baltikum oder im Schwarzmeer NATO-Partner anzugreifen. Das ist der Kerngedanke der NATO,…https://www.deutschlandfunk.de/nato-strategie-kramp-karrenbauer-cdu-russland-ist-eine.694.de.html?dram:article_id=504531" rel="footnote" >9


Nur: Der atomare Erstschlag gehörte schon immer zur NATO-Doktrin – während die Sowjetunion selbst zur Zeit des kalten Krieges mehrfach vorgeschlagen hat, auf den Ersteinsatz von Kernwaffen zu verzichten. Inzwischen schließt Russland diesen auch nicht mehr aus.


  1. https://ted.europa.eu/ 

  2. https://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:443189-2021:TEXT:DE:HTML&src=0 

  3. https://www.welt.de/wirtschaft/plus234119738/Bundeswehr-bestellt-hochaufloesende-Russlandkarten.html 

  4. siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Wanderkarte 

  5. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8721/ 

  6. Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik 

  7. https://de.rt.com/europa/125131-bundeswehr-will-karten-von-russland-die-fuer-verteidigungszwecke-unnuetz-sind/ 

  8. 21.10.21 

  9. https://www.deutschlandfunk.de/nato-strategie-kramp-karrenbauer-cdu-russland-ist-eine.694.de.html?dram:article_id=504531 



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Info: https://www.oekologische-plattform.de/2021/10/wandern-in-russland

24.10.2021

ÖKUMENE.DIALOG.FRIEDE!


Einladung zum 1. Ökumenischen Friedensdialog Friede in Europa ohne Religionen?

Zum Friedensbeitrag der Religionen in Deutschland und Europa am 24. Oktober 2021

von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr im Friedenssaal Osnabrück

(Markt 30, 49074 Osnabrück) und im Livestream unter: https://youtu.be/zLlO8Nr_DV0a


Die Friedensverantwortung der Religionen spielt im außenpolitischen und entwicklungspolitischen Diskurs Deutschlands und der EU eine immer wichtigere Rolle. Vor diesem Hintergrund soll über die Bedeutung religiöser Akteure für den Frieden im eigenen Haus–in Deutschland und Europa–reflektiert werden. Es diskutieren:


Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ

Bischof von Hildesheim und Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax


Renke Brahms

Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland und Direktor der Evangelischen

Wittenbergstiftung


Prof. Dr. Azza Karam

Generalsekretärin von „Religions for Peace“ und Professorin für Religion und Entwicklung an der

Freien Universität Amsterdam


Botschafter Dr. Volker Berresheim

Leiter des Referats Religion und Außenpolitik im Auswärtigen Amt



Aufgrund der begrenzten Kapazitäten im Friedenssaal ist eine Teilnahme an der Veranstaltung nur nach voriger Anmeldung unter mp@jupax.de und einer Bestätigung durch die Veranstalter möglich. Anmeldeschluss ist der 08. Oktober 2021


Kommentar: Zu späte Kenntnisnahme.   Thomas Bauer

23.10.2021

RNA-protein Nanostructures for Synthetic Biology      
„Origami“-Technik als neues Werkzeug für die synthetische Biologie

cordis.europa.eu, angesehen am 23. Oktober 2021

Angelehnt an die japanische Kunst des Papierfaltens gelang einem europäischen Forschungsprojekt das Falten von RNA-Strängen und damit die „Umprogrammierung“ von Zellen. Dies könnte vor allem in der synthetischen Biologie und Medizin den Weg für wichtige neue Anwendungen ebnen.




Zitat: Die synthetische Biologie, bei der lebende Organismen durch computergestützte und biotechnologische Verfahren modifiziert werden, birgt enormes Potenzial für die industrielle Biotechnologie und Medizin.


Obwohl man damit noch am Anfang steht, können Zellen bereits so zu „Fabriken“ umprogrammiert werden, dass sie die erforderlichen Medikamente oder Biokraftstoffe produzieren. Demnächst könnte durch eine solche zelluläre Programmierung sogar die Erkennung und Zerstörung von Tumoren gelingen.


„Ein Hemmnis ist allerdings noch, dass sich genetische Elemente nicht in jedem Fall wie Bausteine hin- und herschieben lassen“, erklärt Ebbe Sloth Andersen, Koordinator des Projekts RNA-ORIGAMI und Dozent an der Universität Aarhus, Dänemark. „Da biologische Systeme sehr komplex sind, ist es nicht immer möglich, genetische Elemente einfach aus ihrer Umgebung zu reißen.“


Neu von Anfang an


Andersen zufolge ließe sich das Problem zum Beispiel lösen, indem genetische Elemente völlig neu zusammengebaut werden, und zwar mithilfe der Schlüsseltechnologie RNA-Origami.


„Die RNA-Origami-Methode orientiert sich an der japanischen Kunst des Papierfaltens“, sagt Andersen, „nur, dass statt Papier ein einzelner RNA-Strang gefaltet wird. Mit dieser Methode lassen sich RNA-Nanostrukturen genetisch kodieren und in Zellen exprimieren.“


Andersen leistete Pionierarbeit auf diesem Gebiet. Inspiriert durch seine Zusammenarbeit mit Paul Rothemund – einem Vorreiter der DNA-Origami-Technik – am kalifornischen Technologieinstitut Caltech, wollte er dies nun im eigenen Labor an RNA-Molekülen ausprobieren. Nach den ersten Erfolgen wurde sein Projekt RNA-ORIGAMI über den Europäischen Forschungsrat finanziert.


In dem Projekt sollte Andersen seine Grundlagenforschung für die synthetische Biologie praktisch anwendbar machen, u. a., um computergestützte Werkzeuge zu entwickeln, mit denen sich RNA-Nanostrukturen erzeugen lassen.


„Voraussetzung für das Projekt war, kombinierte Expertise aus mehreren Forschungsbereichen anzuwerben“, erklärt Andersen. „Zunächst waren dies Bioinformatik, biophysikalische Analysemethoden, RNA-Biochemie und synthetische Biologie. Gemeinsam erstellten wir ein kohärentes Entwicklungskonzept, angefangen beim Computerdesign über Synthese und Charakterisierung bis hin zu angewandter synthetischer Biologie.“


RNA-Wirkstoffe


So wurden Softwareinstrumente entwickelt, mit denen größere und komplexere RNA-Origami-Strukturen gefaltet werden können, und die für die Forschung bereits kostenfrei verfügbar sind.


„Wir hoffen, Forschenden damit Anreize zu geben, die Technologie anzuwenden“, sagt Andersen. „In diesem Projekt konnte ich meine Ziele verwirklichen, d. h. die RNA-Technologie und Software weiterzuentwickeln und neue Anwendungen für RNA-Nanotechnologien zu erschließen.“


Wie demonstriert wurde, eignen sich synthetisch erzeugte RNA-Moleküle als Werkzeuge in der synthetischen Biologie. Insbesondere könnten laut Andersen RNA-Origami-Strukturen wie Gerüste fungieren, um molekulare Zellkomponenten zu binden und zu organisieren.


So wurden bereits genetisch kodierte Sensoren konstruiert, die die Metabolitenkonzentration in der Zelle messen, oder es wurden RNA-Origami-Gerüste in Zellen platziert, die Stoffwechselprozesse regulieren.


Ein Schlüsselbereich für weitere Anwendungen wäre laut Andersen die Medizin. „Mit den neuen RNA-Impfstoffen, die gegen COVID-19 entwickelt wurden, ist die RNA-Medizin ins Blickfeld gerückt“, fügt er hinzu.


„Und die Technologie hat enormes Potenzial, etwa, um RNA in Zellen zu exprimieren, Zelleigenschaften zu verändern oder RNA im Körper als therapeutische Partikel einzusetzen.“


Andersen will nun theoretische Grundlagenforschung betreiben, um die Technologie weiterzuentwickeln und ihre Funktionalität zu verbessern. „Grundlagenforschung zur RNA-Faltung bleibt für mich ein Schwerpunkt. Zudem möchte ich herausfinden, was mit RNA-Origami-Technologie noch alles möglich ist“, sagt er.


Schlüsselbegriffe


RNA ORIGAMI, RNA, biologisch, Zellen, Biotechnologie, Medizin, Nanostrukturen, synthetisch


Info: https://cordis.europa.eu/article/id/435196-origami-technique-provides-new-tools-for-synthetic-biology/de




Weiteres:





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Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union


Info: https://ted.europa.eu/ 

23.10.2021

Nato vs. Russland                                                                                                                             "Worüber kann man mit solchen Leuten reden?"   Das russische Außnmimnisterium über das Verhältnis zur Nato

anti-spiegel.ru, 23. Oktober 2021 07:00 Uhr. von Anti-Spiegel

Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und der Nato war das beherrschende Thema bei der wöchentlichen Pressekonferenz des russischen Außenministeriums, weshalb ich die Pressekonferenz ausführlich übersetzt habe.


Zitat: Dass Russland die diplomatischen Beziehungen zur Nato de facto abgebrochen hat, war der geopolitische Donnerschlag der Woche. Die kurze Erklärung des russischen Außenministers dazu habe ich bereits übersetzt, Sie können sie hier nachlesen. Das war aber auch das beherrschende Thema auf der wöchentlichen Pressekonferenz von Maria Sacharova, der Sprecherin des russischen Außenministeriums. Sie hat dazu eine Erklärung abgegeben und am Ende der Pressekonferenz haben Journalisten weitere Fragen gestellt. Ich habe die Erklärung, die Fragen und Sacharovas Antworten komplett übersetzt.


Beginn der Übersetzung:

In letzter Zeit gab es viele Fragen zum Thema NATO-Russland. Es gab viele Kommentare dazu und eine Erklärung des russischen Außenministeriums. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat sich zu diesem Thema ausführlich geäußert, aber es werden immer noch Fragen gestellt. Zusammenfassend zu allen Fragen, die ich erhalten habe, möchte ich noch ein paar Worte zu den Beziehungen zur NATO sagen. Alle ausführlichen Erläuterungen der russischen Position dazu sind auf der Website des russischen Außenministeriums zu finden.


Der Nordatlantikblock – und sein Generalsekretär Jens Stoltenberg persönlich – haben ihr Bestes getan, um unsere Beziehungen auf einen Stand zu bringen, den sie nicht einmal in den härtesten Tagen des Kalten Krieges hatten. Ihre mangelnde Bereitschaft, nach Wegen der Deeskalation zu suchen, hat den NATO-Russland-Rat praktisch begraben. Unter diesen Bedingungen ist es unmöglich und sinnlos, mit der Allianz an den Herausforderungen und Bedrohungen der regionalen und globalen Sicherheit zu arbeiten. Das Bündnis hat selbst jede praktische Zusammenarbeit mit Russland und die militärischen Kontakte aufgegeben.


Wir haben eine weitere Aussage Stoltenbergs über seine angebliche Bereitschaft gehört, Sicherheitsfragen mit Russland zu erörtern. Praktisch gesehen steckt nichts dahinter, die Worte haben keinen Sinn mehr. Russische Diplomaten ausweisen und gleichzeitig vom Wunsch zum Dialog mit Moskau sprechen? Diese Diplomaten waren bei der NATO ja gerade deshalb akkreditiert, um einen Dialog auf der Arbeitsebene zu führen. Mit wem wollen sie in Brüssel denn reden, wenn sie alle russischen Diplomaten in mehreren Etappen „gekürzt“ haben, so dass ein Dialog mit der NATO unmöglich ist?


Alles, was wir jetzt hören, nicht nur von der NATO als Block, sondern vom Generalsekretär dieser Struktur selbst, kann man einfach nicht mehr ernst nehmen. Er erklärt die Notwendigkeit des Dialogs und weist russische Diplomaten aus Brüssel aus. Der Grund für die Ausweisung der russischen Diplomaten seien angebliche „geheimdienstliche Aktivitäten“, die mit nichts zu vereinbaren seien. Gleichzeitig sagt er, dass er keine Beweise vorlegen wird. Wir verstehen, warum. Wegen des Mangels an Beweisen. Worüber kann man mit solchen Leuten reden?


Wenn wir im Zusammenhang mit Russland immer wieder hören, dass es irgendwelche Hinweise auf eine „nachrichtendienstliche Tätigkeit“ unserer Diplomaten gibt, dann habe ich eine direkte Frage an Jens Stoltenberg: Wie sieht es mit der nachrichtendienstlichen Tätigkeit der Diplomaten der NATO-Mitgliedstaaten aus? Haben die Geheimdienste aufgehört, nachrichtendienstliche Aktivitäten unter dem Deckmantel der diplomatischen Immunität, unter dem Deckmantel des Titels „Auslandskorrespondent“ durchzuführen? Gibt es irgendwelche Signale aus dem NATO-Hauptquartier in Brüssel an ihre Länder, dass sie ihre Spione, die Vertreter ihrer Nachrichtendienste und so weiter nach Hause holen sollen? Was unternimmt das Nordatlantische Bündnis in dieser Richtung? Könnten wir etwas Konkretes hören, da wir in letzter Zeit so viele unbegründete Anschuldigungen gegen unser Land gehört haben? Eine einfache Frage: Wie verhält sich das Bündnis in dieser Richtung? Wenn das NATO-Hauptquartier in Brüssel, der Generalsekretär selbst, schon begonnen hat, dieses Thema proaktiv anzusprechen, lassen Sie uns konkret darüber sprechen: Wie viele Vertreter welcher Geheimdienste und welcher NATO-Länder arbeiten wo, in welchen Ländern? Sie wollen doch einen Dialog über dieses Thema, nicht wahr? Bitte beantworten Sie diese Fragen.


(Soweit die Erklärung, es folgen die Journalistenfragen, die am Ende der Pressekonferenz gestellt wurden)


Frage: Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat gesagt, dass die NATO den ersten Schritt machen muss, wenn das Bündnis die Beziehungen zu Russland verbessern will. Welche Schritte sollte die NATO unternehmen? Unter welchen Bedingungen ist Russland bereit, einen Dialog zu führen? Gibt es irgendwas konkretes?


Antwort: Es gibt viel konkretes. Wir sprechen ständig darüber. Alles hängt von der Antwort auf die wichtigste Frage ab: Was will die NATO? Welchen Standpunkt vertritt das Bündnis? Wenn sie einen Dialog will, muss es einen geben. Aber ein Dialog ist gleichzeitig mit dem „Abschneiden der unmöglich. Sie werden in einen „leeren Hörer“ sprechen. Ist das ein Dialog? Aber genau das geschieht jetzt. Daher müssen diese Fragen an die Allianz gerichtet werden.


Selbst in den schwierigsten Zeiten haben wir die „diplomatische Tür“ für einen Meinungsaustausch und einen Verhandlungsprozess offen gelassen. Wir sind von der Annahme ausgegangen, dass Probleme durch Dialog gelöst werden sollten. Leider beschränken sich in letzter Zeit alle Kontakte darauf, abgedroschene Thesen zu hören, die nichts mit der Realität zu tun haben und die Sichtweise unseres Landes nicht berücksichtigen. Dieselbe „Platte“ wird wieder und wieder abgespielt. Die Begegnungen, ihre Orte, ihre Dauer ändern sich, aber wir hören immer dasselbe. Nur in einer anderen Geschwindigkeit.


Wenden wir uns nun, im übertragenden Sinne, der Infrastruktur dieses Dialogs zu. Die Diplomaten haben gearbeitet, aber Kontakte wurden unmöglich. Die Allianz hat jegliche Infrastruktur für normale Kommunikation und Dialog zerstört. Was muss getan werden? Das ist eine Frage für die NATO. Jetzt verstehen wir, dass sie die Beziehungen vollständig zerstören wollten. Wenn sie etwas anderes wollen, müssen wir verstehen, was es ist. Das Bündnis muss das selbst formulieren. Vielleicht wollen sie, dass es uns nicht gibt? So funktioniert das nicht. Alles andere erfordert Analyse, Diplomatie, Geschick, Professionalität, Cleverness und mehr.


Frage: Aus Brüssel kommen zahlreiche Anzeichen von Feindseligkeit gegenüber unserem Land und unserem Verbündeten Weißrussland. Man hat den Eindruck, dass das Außenministerium und der Kreml es nicht mit zwei getrennten Organisationen, der NATO und der EU, zu tun haben, sondern mit einer konsolidierten EU-NATO-Union. Der Faden zur NATO ist bereits abgerissen, was kann man von den Beziehungen zur EU erwarten?


Antwort: Wir haben heute viel über die NATO gesprochen. Wenn wir über diesen Faden sprechen, den Sie als Beispiel genannt haben, ist das im Falle der NATO wirklich nicht weit von der Realität entfernt. Sie sehen die Entwicklung der Situation selbst.


Nach dem erfolglosen Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan, mit dem die NATO ihre Existenz gerechtfertigt hat, begann das Nato-Brüssel, diese höchst mystische „russische Bedrohung“ mit verdoppelter Energie aufzublähen und die verbleibenden Kanäle unserer Kontakte gezielt zu zerstören. Offenbar ist die Zusammenarbeit mit Russland für die NATO in ihrer jetzigen Form unnatürlich. In ihrer konzeptionellen Entwicklung ist es der Organisation nicht gelungen, die Logik des Kalten Krieges zu überwinden. Sie ist im Großen und Ganzen ein Relikt des Kalten Krieges. Mit der Beendigung jeglicher Zusammenarbeit mit Russland und der Aussetzung der militärischen Beziehungen hat sich das Abgleiten des Bündnisses in konfrontative Schemata nur noch verstärkt.

Washingtons Politik zur Eindämmung Russlands durch die NATO hat sicherlich auch Auswirkungen auf die EU-Politik. Wir haben mehr als einmal über dieses Thema gesprochen. Leider gibt es im politischen Kontext eine Substitution von Begriffen. Das politische Wort und das politische Gewicht der EU werden immer kleiner. Sie befindet sich in einer gefährlichen Phase der Unterdrückung ihres politischen Willens durch den Willen der NATO.


Wer spielt in diesem Prozess die Schlüsselrolle? Es handelt sich um eine „Kampfgruppe“ aus mehreren EU-Mitgliedstaaten, die mit ihren irrationalen historischen Phobien gegenüber unserem Land nicht klar gekommen sind. Wir haben heute über einige davon gesprochen. Sie beuten ihre Phobien nicht nur aus, sie erfinden in ihrem opportunistischen Interesse und im Interesse ihres globalen „Auftraggebers“, den auch wir kennen, sogar anti-russische Mythen. Aber das wichtigste ist: als „Antwort“ für ihre zerstörerischen Aktivitäten versuchen sie, den anderen EU-Mitgliedstaaten ihre fehlerhafte Ideologie aufzuzwingen und ihnen einzuimpfen. Leider nutzen sie dabei die der EU eigenen Entscheidungsmechanismen. Das Projekt war mal die Euro-Integration, die darauf abzielte, eine „Freundschaft“ zu schaffen, aber nicht gegen andere. Die Bemühungen dieser Ländergruppe haben die institutionelle Verknüpfung zwischen der EU und der NATO konsequent gestärkt. Im Großen und Ganzen ist das die Vorherrschaft des Bündnisses über die EU. Infolgedessen lässt sich die EU in Bezug auf Russland nach wie vor von überholten, unkonstruktiven Haltungen leiten und knüpft die gesamte Bandbreite unserer Beziehungen an die Umsetzung des Minsker Abkommens, das bekanntlich von Kiew systematisch sabotiert wird.


Es gibt ein Beispiel, einen Beweis dafür, woher die EU kommt. Sie ist aus der EG hervorgegangen, also aus der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die Grundlage der Zusammenarbeit ist natürlich mit der Wirtschaft verbunden. Worüber spricht die Wirtschaft aus allen Richtungen? Über die Priorität, das Interesse und den direkten Nutzen der Zusammenarbeit mit unserem Land.


Aber die EU handelt gegen ihre eigenen Interessen, gegen die nationalen, wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitgliedsstaaten. Diese anti-russische politische Aufladung überwiegt. Hat sie sich innerhalb der EU auf einer Art konsolidierter gemeinsamer Grundlage entwickelt? Nein, natürlich nicht. Warum? Weil die Meinung der Bürger der EU-Mitgliedstaaten überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Das sind politische Doktrinen, die von oben auferlegt wurden: eine Gruppe von Ländern, die von außen für ein solches Vorgehen eingesetzt wurden, dieser Druck der NATO, haben die einheitlichen Konzepte geschaffen, die alle diese Länder verbinden.


Der Dreiklang der Prinzipien „in die Schranken weisen, Grenzen setzen und gleichzeitig zusammenarbeiten„, den die europäischen Strukturen in diesem Jahr erfunden haben, droht zu einem echten „Bermuda-Dreieck“ zu werden, in dem die Voraussetzungen für ein konstruktiveres Umdenken in den Beziehungen zu Russland endgültig verloren gehen könnten. Wie werden „in die Schranken weisen, Grenzen setzen und gleichzeitig zusammenarbeiten“ diesen Grundlagen der EU gerecht? Wie können sich Länder integrieren und gleichzeitig mit einem anderen Land zusammenarbeiten, von dem sie abhängig sind und mit dem sie seit Jahrzehnten in einer Reihe von Bereichen eine wechselseitige Beziehung unterhalten? All dies geschieht auf der Grundlage von „in die Schranken weisen, Grenzen setzen und gleichzeitig zusammenarbeiten„.


Es ist jedoch anzumerken, dass die Mehrheit der EU-Staaten – 21 von 27 – Mitglieder der NATO sind, was jedoch weder in der Theorie noch in der Praxis bedeuten sollte, dass die Strukturen identisch sind. Trotz unserer anhaltenden Differenzen bleibt die EU nicht nur unser geografischer Nachbar, sondern auch unser größter Handelspartner. Die Kontakte zwischen Russland und der EU werden fortgesetzt, auch auf höchster Ebene, und betreffen eine breite Palette von Themen. Sergej Lawrow hatte kürzlich ein Treffen mit Vertretern europäischer Unternehmen.


Lesen Sie noch einmal, was dabei über den gegenseitigen Nutzen und die Priorität unserer Zusammenarbeit gesagt wurde. Diese Dinge sind offensichtlich. Beide Seiten zeigen Interesse an einer Zusammenarbeit in vielversprechenden Bereichen wie der Gesundheitsversorgung, der Bekämpfung des Klimawandels und anderer neuer Herausforderungen und Bedrohungen sowie am Dialog über aktuelle internationale und regionale Themen.


Wir schließen die Möglichkeit des Aufbaus normaler und gutnachbarschaftlicher Beziehungen zur Europäischen Union auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der gegenseitigen Berücksichtigung der Interessen nicht aus. Schließlich entwickeln wir die Zusammenarbeit mit einzelnen EU-Mitgliedsstaaten nicht nur in den von mir genannten Bereichen, sondern in der Tat in großen Integrations-, Wirtschafts- und Energieprojekten, die ein großes Beispiel für alle anderen sein können. Es wäre gut, wenn diese „Gruppe“, die die anderen mit dieser Russophobie unter Druck setzt, ihren eigenen Nutzen erkennen, von den „festgelegten“ Haltungen abkehren und sich daran machen würde, wirklich etwas zum Wohle der Völker ihrer Länder zu tun.


Frage: Es scheint, dass die Hauptverantwortung für „Vorhersehbarkeit und Stabilität“ in den Beziehungen Russlands mit dem kollektiven Westen nun bei Washington liegt, da Brüssel sich selbst ausgeschlossen hat. Kann das als „Gesichtsverlust“ nicht nur für die NATO, sondern auch für die EU betrachtet werden?


Antwort: Der kollektive Westen hat mehr als einmal „sein Gesicht verloren“, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der Entwicklung der Beziehungen zu unserem Land. Sie haben schon oft „ihr Gesicht verloren“. Wenn wir über uns sprechen – die Dinge, in die wir verwickelt waren -, dann war das 2014, als in der Ukraine ein gewaltsamer und verfassungswidriger Staatsstreich mit Unterstützung westlicher Länder durchgeführt wurde. Angesichts der geografischen Nähe, der historischen Einheit unserer Länder und Völker, der wirtschaftlichen Verflechtung und der langfristig angelegten Pläne und Projekte wurde uns damals in der Praxis alles klar. Alle „Masken“ wurden fallen gelassen, zusammen mit dem „Gesicht“. Wir hatten keine Illusionen mehr über die wahren Werte unserer Partner. Wir erwarteten und erwarten kein Wohlwollen gegenüber Russland, wenn die Dinge auf diese Weise ablaufen.


Aber das ist nicht das einzige Beispiel. Es wäre ein Fehler zu glauben, dass der Westen nur im Zusammenhang mit den Beziehungen, den gegenseitigen „Reibereien“ mit unserem Land „sein Gesicht verloren“ hat. Der Nahe Osten, der so genannte Arabische Frühling, die Experimente im Irak, der Versuch, die gesamte Landkarte des Nahen Ostens und Nordafrikas im Prinzip zu verdrehen – siehe Syrien und Libyen -, das Aufzwingen ihrer eigenen Vision davon, wie sich ganze Regionen entwickeln sollten.


Lateinamerika. Hat es da keinen „Gesichtsverlust“ gegeben? Das betrifft nicht so sehr den kollektiven Westen, sondern in erster Linie Washington.


Kuba ist ein weiteres Beispiel für den kollektiven „Wahnsinn“ des Westens und den Widerspruch zu seinen eigenen Prinzipien. So viele Jahre krimineller Aktivitäten: Wirtschaftsblockade, endlose politische Anschuldigungen, Druck von allen Seiten. Sobald die Obama-Regierung irgendeine Art von Konjunktur ankündigte, begannen die Dinge plötzlich anders zu laufen. Dann kam die Trump-Administration, und wieder einmal kehrten nicht nur die schärfere Rhetorik, sondern auch Aktionen gegen Kuba zurück.


Ich muss Ihnen wahrscheinlich nichts über Venezuela erzählen, da wir uns oft dazu äußern. Es gibt sowohl eine Einmischung in innere Angelegenheiten als auch den Versuch, dieses Land mit den übelsten Methoden unter Druck zu setzen. Trotz der ernsten Lage, die durch die COVID-19-Pandemie entstanden ist, hat der Westen nicht eine Sekunde lang aufgehört, seine eigenen Ambitionen zu verfolgen. Denken Sie an die endlosen „Projekte“ von Pseudostaatsfiguren wie Juan Guaido und so weiter.


Afghanistan ist der Zusammenbruch von allem. Das ist nicht nur ein „Gesichtsverlust“, da haben sie alles verloren. Wie Sie sehen können, gibt es viele Beispiele.


Unsere Außenpolitik, auch in Richtung Westen, beruht nicht auf Emotionen oder Ideologie, sondern auf nationalen Interessen. Man fragt uns oft: Habt Ihr überhaupt keine Ideologie? Natürlich haben wir eine und sie ist als nationales Interesse formuliert. Es handelt sich um die Ideologie des Pragmatismus, der Verwirklichung nationaler Interessen auf der Grundlage des Völkerrechts, unter Berücksichtigung all dessen, was es in Bezug auf die Staaten impliziert. Unser nationales Interesse beruht auf dem Schutz der Bürger und der Schaffung günstiger äußerer Bedingungen für eine nachhaltige innere Entwicklung Russlands. In diesem Sinne verweigern wir uns auch im Rahmen der vom Westen verursachten Vertrauenskrise nicht dem Dialog über die uns interessierenden Fragen mit denjenigen, die ein gegenseitiges Interesse an einem solchen Dialog zeigen. Leider erleben wir derzeit das Gegenteil. Diese kohärente und vielfältige Arbeit nur auf die Kontakte zu einer einzigen westlichen Hauptstadt oder Ländergruppe zu reduzieren, würde dieser Logik natürlich widersprechen.


Ende der Übersetzung

In meinem neuen Buch „Abhängig beschäftigt – Wie Deutschlands führende Politiker im Interesse der wirklich Mächtigen handeln“ habe ich mich sehr intensiv mit weiteren Themen rund um die komplexen Zusammenhänge der gesteuertern Politik im Westen und deren brisanten Verstrickungen mit einer ganzen Reihe von Organisationen beschäftigt und dabei einiges zu Tage gefördert.


Das Buch ist aktuell in diesem Monat erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.


Info:

23.10.2021

"Unerwünschte Personen": Erdoğan weist zehn Botschafter aus der Türkei aus

de.rt.com, 23 Okt. 2021 16:04 Uhr
Die türkische Regierung hat heute zehn westliche Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt und damit ausgewiesen. Unter ihnen waren auch die Botschafter Deutschlands und der USA. Dem vorausgegangen war ein gemeinsamer Appell, den türkischen Millionär und Medienmogul Osman Kavala freizulassen, der in der Türkei inhaftiert ist.


Zitat: Die Türkei hat die Botschafter Deutschlands, der USA und mehrerer anderer Staaten zu unerwünschten Personen erklärt. Dazu habe der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan das Außenministerium angewiesen, erklärte dieser am Samstag in Eskisehir:

"Ich habe unserem Außenminister den Befehl gegeben. Ich sagte: Kümmern Sie sich darum, diese zehn Botschafter so schnell wie möglich zur 'Persona non grata' zu erklären."

Zuvor hatte Erdoğan den Botschaftern bereits wegen einer Forderung zur Freilassung des Millionärs Osman Kavala indirekt mit der Ausweisung gedroht. Es war zunächst unklar, ob Erdoğans neueste Aussagen nun unmittelbar zu einer Ausweisung der Diplomaten aus insgesamt zehn Ländern führen würden.


"Wir können ihnen nicht den Luxus bieten, sie in unserem Land willkommen zu heißen", hatte Erdoğan am Donnerstag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge mit Blick auf die Diplomaten erklärt und betont:

"Steht euch zu, der Türkei so eine Lektion zu erteilen? Wer seid ihr schon? Deutschland oder die USA lassen Ganoven, Mörder und Terroristen auch nicht einfach frei."

Wer ist Osman Kavala?

Osman Kavala, 1957 in Paris als Sohn eines 1923 aus Griechenland vertriebenen Tabakhändlers geboren, von den rechten türkischen Medien "der rote Millionär" genannt, war eine Zeit lang sogar ein Verbündeter der AKP im Kampf gegen die alten kemalistischen Eliten. Das änderte sich nach den Gezi-Park-Protesten 2013; da Kavala diese unterstützte, wurde ihm vorgeworfen, sie angeleitet und finanziert zu haben.


Erdoğan verkündet Ende der "Hegemonie des Westens" in neuem Buch





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2017 wurde er deshalb inhaftiert. Nach seiner Freilassung im Februar 2020 wurde er erneut festgenommen, diesmal unter dem Vorwand, in den Putschversuch gegen Erdoğan im Jahr 2016 verwickelt zu sein.


In einem Artikel aus dem Jahr 2017 schrieb die türkische Zeitung Hürriyet dazu: "Nach dem Putschversuch des Militärs im Jahr 2016 begann Erdoğan, die Vermutung zu verbreiten, dass die Gezi-Proteste, der Putschversuch und die Partnerschaft der USA mit dem syrischen Ableger der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) gegen den verbotenen Islamischen Staat des Irak und der Levante (ISIL) alle Teil eines Masterplans seien, ihn zu stürzen und die Türkei zu zerstören."

Kavala hat die türkische Niederlassung der Open Society Foundation von Soros mitgegründet und diverse Menschenrechtsorganisationen gesponsert.


Zuletzt hatte der Ministerrat der EU seine Freilassung gefordert und der Türkei eine Frist bis Dezember gesetzt. Andernfalls würden Sanktionen über die Türkei verhängt.

Die Botschafter, die vor wenigen Tagen den Aufruf zu seiner Freilassung unterzeichnet haben und nun zu unerwünschten Personen wurden, vertreten neben Deutschland und den USA die Länder Frankreich, Kanada, Dänemark, die Niederlande, Norwegen, Schweden, Finnland und Neuseeland.


Die Beziehungen zwischen Erdoğan und den USA sind seit dem Putschversuch des Jahres 2016 angespannt. Dieser war damals aufgrund einer Warnung Russlands gescheitert. Danach kaufte Erdoğan trotz US-amerikanischer Proteste das russische Luftabwehrsystem S400, woraufhin die USA damit drohten, künftig keine modernen Kampfflugzeuge an die Türkei zu verkaufen.

Gespräche zwischen Erdoğan und Biden im September endeten unbefriedigend. In den letzten Wochen haben die USA ein neues militärisches Abkommen mit Griechenland geschlossen, das den US-Marinestützpunkt auf Kreta erweitert und eine zusätzliche Stationierung auf der Insel Skyros vorsieht. Griechenland und die Türkei befinden sich im Konflikt um Gasreserven im Mittelmeer.



Mehr zum Thema – Signalschuss für Regime Change? US-Neocons gründen Denkfabrik für "Türkische Demokratie"


Info: https://de.rt.com/europa/126111-turkei-zehn-botschafter-landes-verwiesen

23.10.2021

Die Verteidigungsministerin empfiehlt, Russland den Einsatz militärischer Mittel anzudrohen

nachdenkseiten.de, 22. Oktober 2021 um 8:51Ein Artikel von: Albrecht Müller

Die Außen- und Sicherheitspolitik unseres Landes und der NATO ist auf den Hund gekommen. Das wird summarisch und auf den Punkt gebracht in einem Interview deutlich, das Ministerin Kramp-Karrenbauer am 21. Oktober mit dem Deutschlandfunk geführt hat. Wir geben den Text dieses Interviews im Anhang voll wieder. Es enthält viel Schlimmes.


Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

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Am schlimmsten ist diese Passage:

„Weg der Abschreckung“

Engels (Deutschlandfunk): Die Agentur Reuters berichtet heute Früh, dass die NATO über regionale Abschreckungsszenarien für die baltische und auch die Schwarzmeer-Region nachdenke, auch möglicherweise im Luftraum mit Nuklearwaffen. Ist das der Weg der NATO?

Kramp-Karrenbauer:

Das ist der Weg der Abschreckung. Wir müssen Russland gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende – und das ist ja auch die Abschreckungsdoktrin – bereit sind, auch solche Mittel einzusetzen, damit es vorher abschreckend wirkt und niemand auf die Idee kommt, etwa die Räume über dem Baltikum oder im Schwarzmeer NATO-Partner anzugreifen. Das ist der Kerngedanke der NATO, dieses Bündnisses, und das wird angepasst auf das aktuelle Verhalten Russlands. Wir sehen insbesondere Verletzungen des Luftraums über den baltischen Staaten, aber auch zunehmende Übergriffigkeiten rund um das Schwarze Meer.
Die politische Debatte über die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 ist teilweise ins Stocken geraten. Mit einem neuen Format will die Ukraine die Krim-Frage nun aber wieder weltweit in den Fokus rücken. Das Ziel: die Wiedereingliederung der Halbinsel.

Was geht hier vor?

Anmerkungen zu bemerkenswerten Äußerungen in diesem Interview und zur erkennbaren Strategie des Westens:

  1. Es wird schon gar nicht mehr der Versuch gemacht, an die Idee der Sicherheitspartnerschaft/gemeinsamen Sicherheit und der abgestimmten Abrüstung anzuknüpfen.
  2. DLF-Fragestellerin und Bundesverteidigungsministerin fallen voll in das Denken des Kalten Krieges zurück. Damals galten „Abschreckung“ und „Politik der Stärke“ als die Pfeiler der äußeren Sicherheit. Dort sind die heutigen Verantwortlichen und auch viele Medien wie zum Beispiel der Deutschlandfunk wieder angelangt.
  3. Jetzt soll sogar im grenznahen Luftraum mit Nuklearwaffen hantiert werden.
  4. Die deutsche Verteidigungsministerin plädiert für einen harten Kurs gegenüber Russland.
  5. Es wird kräftig am Bild eines aggressiven Russlands gemalt: Luftraumverletzung, von „Annexion“ der Krim ist die Rede – ohne jegliche Differenzierung, Cyberangriffe – Russland ist der Aggressor. Das ist die Hauptbotschaft der Erzählungen. Die Erzählenden bauen offensichtlich darauf, dass die Manipulationsmethode, die Geschichte verkürzt zu erzählen, also zum Beispiel die Ausdehnung der NATO bis an die Grenze Russlands und die „Umrüstung“ der Ukraine mit 5 Milliarden $ vergessen zu machen, funktioniert.
  6. Dann wird auch noch die Flüchtlingsbewegung von Weißrussland nach Polen und Deutschland den Russen in die Schuhe geschoben. Kramp-Karrenbauer ganz auf der Linie von Innenminister Seehofer, der sich gestern in gleicher Weise geäußert hat und auch noch erzählt, im Berliner Kabinett habe dieser Version niemand widersprochen. Klar, diese Version ist offensichtlich dort so abgesprochen. Der eskalierende Feindbild-Aufbau der Regierung Merkel hat Schwung.
  7. Kramp-Karrenbauer freut sich darüber, dass die Wiedereingliederung der Krim in die Ukraine weltweit „in den Fokus gerückt“ wird. Vermutlich ist sie so dumm – Verzeihung! – dass sie nicht kapiert, wie leichtsinnig sie hier mit dem Feuer spielt.
  8. Im Interview wird auch eine frühere Beobachtung, über die die NachDenkSeiten schon mehrmals berichtet haben, bestätigt: das Afghanistan-Desaster wird zum Plädoyer für mehr militärische Tätigkeit und insgesamt zum Aufbau europäischer Fähigkeiten zu effizienter militärischer Intervention „umgefummelt“.
  9. Die Noch-Verteidigungsministerin bedenkt nicht, welche Folgen ihre Redensarten, einschließlich der militärischer Drohungen, in Russland haben werden. Dieser Geist der Konfrontation führt in der russischen Führung und beim Militär selbstverständlich zum bestimmenden Eindruck, dass mit diesem Westen nicht friedlich zusammengelebt werden kann. Und die Völker, die zusammengeschlossen in der Sowjetunion vor 80 Jahren rund 27 Millionen Menschen geopfert haben, werden sich merken, was hier von offizieller deutscher Seite angedroht wird. Hier tritt ein, was ich einmal in Umkehrung der guten Einsicht „Wandel durch Annäherung“ den „tödlichen Wandel durch Konfrontation“ genannt habe. Siehe hier am 02. Oktober 2018 um 12:04 Tödlicher Wandel durch Konfrontation – Was uns vermutlich ins Haus steht und hier am 21. September 2020 um 17:09 Tödlicher Wandel durch neue Konfrontation (Fortsetzung).

Unsere armen Kinder und Enkel sind solchen Politikerinnen und Politikern ausgesetzt.


Nachtrag:

Die folgende Meldung kam nach Abschluss meines Textes und passt zum Thema:

Treffen der NATO-Verteidigungsminister

Neuer Masterplan zur Abschreckung Russlands

Stand: 21.10.2021 21:40 Uhr

Wie könnte man auf Angriffe aus Russland reagieren? Die NATO-Verteidigungsminister haben eine Strategie definiert, die Russland abschrecken soll. Zuvor hatte Moskau für den Fall eines Ukraine-Beitritts zur NATO mit Konsequenzen gedroht.

tagesschau.de/ausland/europa/russland-nato-ukraine-103.html

Die Spirale der Eskalation dreht sich immer weiter und immer schneller. Allein in den letzten Tagen kann man das mit Händen greifen: Erst verlangt die NATO, dass Russland Personal von seiner NATO-Botschaft abzieht, dann entscheidet Russland, die Botschaft bei der NATO zu schließen, dann verleiht das Europäische Parlament den Sacharow-Preis an Nawalny, dann entwirft die NATO einen Masterplan zur Abschreckung Russlands, usw.


An der Spirale von Rüstung und Konflikt wird behänd gedreht. So entstehen Kriege. Dass so viele Beobachter des Zeitgeschehens diese Gefahr nicht sehen – oder noch schlimmer – Kriege nicht für so schlimm halten, ist nicht zu mehr begreifen. Oder sehen Sie das anders?


Anhang

Der Wortlaut des Deutschlandfunk-Interviews vom 21.10.2021 mit der Bundesverteidigungsministerin:

NATO-Strategie

Kramp-Karrenbauer (CDU): „Russland ist eine große Herausforderung geworden“

Russland teste mit vielen kleinen Maßnahmen, wie weit es gehen kann, sagte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im Dlf. Die NATO müsse hier aufrüsten und für mehr Abschreckung sorgen, beispielsweise im Luftraum über den baltischen Staaten, den Moskau regelmäßig verletze.


Annegret Kramp-Karrenbauer im Gespräch mit Silvia Engels

Hören Sie unsere Beiträge in der Dlf Audiothek


Am 21.10.2021 kommen die Verteidigungsminister der 30 NATO-Staaten zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren in Brüssel zusammen, darunter Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Dabei wollen sie neben der Weiterentwicklung von Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten und den Folgen des Truppen-Abzugs aus Afghanistan auch über das Verhältnis zu Russland beraten.


Die NATO hatte Anfang Oktober acht Mitgliedern der russischen Vertretung bei der NATO wegen Spionagevorwürfen die Akkreditierung entzogen. Zudem wurde die Anzahl der Personen, die im NATO-Hauptquartier arbeiten dürfen, deutlich reduziert. Russland will ab November seine Mission bei der NATO in Brüssel aussetzen.


Kramp-Karrenbauer: Russland verletzt fortlaufend den Luftraum von NATO-Staaten

Kramp-Karrenbauer sprach sich im Dlf für einen harten Kurs der NATO gegenüber Russland aus. Man müsse der Führung in Moskau sehr deutlich machen, dass man am Ende bereit sei, auch militärische Mittel einzusetzen. Niemand dürfe auf die Idee kommen, im Baltikum oder im Schwarzen Meer NATO-Partner anzugreifen, so die CDU-Politikerin.


Insbesondere die Lufträume müssten besser geschützt werden. Russland verletze fortlaufend den Luftraum von NATO-Staaten. Zudem gebe es Cyberangriffe und Menschen, die über die Grenze von Belarus in die EU gelangten, um Europa zu destabilisieren. Das geschehe in Kenntnis und mit Zustimmung Moskaus.


Der belarussische Machthaber Lukaschenko hat absichtlich Menschen ins Land geholt, um sie über die Grenze zur EU zu schleusen und die Regierungen im Westen unter Druck zu setzen. Das wird aber auch für ihn zu einem immer gefährlicheren Spiel.


Initiative für schnelle Eingreiftruppe der EU


Zudem äußerte sich die Bundesverteidigungsministerin zur Initiative Deutschlands und vier weiterer Staaten, eine schnelle militärische Eingreiftruppe der Europäischen Union zu bilden. Man habe festgestellt, dass die europäischen Staaten innerhalb der NATO ohne die Unterstützung der USA nicht handlungsfähig seien. Deshalb bringe man nun Vorschläge ein, wie man Strukturen und Prozesse verbessern könne.


Eine solche Eingreiftruppe sei kein Ersatz für die NATO, sondern eine Ergänzung, sagte Kramp-Karrenbauer. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen die bereits existierenden „EU-Battlegroups“ zu kurzfristig einsetzbaren Krisenreaktionskräften weiterentwickelt werden. Die jüngsten Ereignisse in Afghanistan hätten erneut gezeigt, dass die EU in der Lage sein müsse, robust und zügig zu handeln, heißt es in dem von Deutschland, den Niederlanden, Portugal, Finnland und Slowenien verfassten Papier. Konkret schlagen die fünf Länder vor, über den noch nie genutzten Artikel 44 des EU-Vertrags Einsätze von „Koalitionen von Willigen“ zu ermöglichen.


Die Lage in Afghanistan beunruhigt die Nachbarstaaten des Landes aus verschiedenen Gründen. Deshalb hat Russland erneut eine Konferenz in Moskau ausgerichtet und die Taliban aufgefordert, für Frieden zu sorgen. Welche Ziele verfolgt der Kreml damit? Ein Überblick.


Das Interview im Wortlaut:


Silvia Engels: Sie arbeiten den NATO-Einsatz in Afghanistan auf. Ist aber nicht jetzt schon klar, dass es einen solch langwierigen Einsatz im Ausland mit dem ambitionierten Ziel eines demokratischen Staatsaufbaus so nie wieder geben wird?


Annegret Kramp-Karrenbauer: Das ist noch nicht klar aus meiner Sicht. Es ist wichtig, dass wir in die Aufarbeitung einsteigen. Das tut die NATO. Der Prozess insgesamt, was Resolute Support anbelangt, soll im Dezember abgeschlossen sein. Da werden die Außenminister noch einmal drüber reden. Wir werden heute sicherlich in der Runde in die Debatte einsteigen. Wir werden uns sicherlich auch noch mal um die Fragen der Evakuierung selbst kümmern, von der man ja sagen muss, dass sie am Ende vor allen Dingen von den Nationen selbst getragen worden ist und weniger durch die NATO-Strukturen.


Engels: Da gab es ja auch in diesem Zusammenhang der Evakuierung im August Kritik an den US-Amerikanern. Fehlende Vorabsprachen waren da das Thema. Wird das auch noch mal auf den Tisch kommen?


Kramp-Karrenbauer: Wir werden ganz sicherlich über die Abläufe noch mal reden, auch über die Frage, warum wir alle, inklusive der Amerikaner, insbesondere von dem schnellen Fall von Kabul so überrascht waren, was am Ende ja der entscheidende Faktor mit war, dass sich die militärische Evakuierungsmission so schwierig gestaltet hat.


Engels: Sehen Sie da Schuld bei den US-Amerikanern?


Kramp-Karrenbauer: Wir werden uns austauschen, was an Erkenntnissen vorlag, wie was gewertet worden ist, und insofern bin ich sehr gespannt, was die amerikanische Seite, der amerikanische Kollege heute dazu in der Konferenz noch mal beitragen wird.

Probleme der Evakuierungsmission der Ortskräfte aus Afghanistan


Engels: Wie steht es denn mittlerweile um die Evakuierung der beim Abzug in Afghanistan im Land verbliebenen Ortskräfte?


Kramp-Karrenbauer: Alle NATO-Partner – und das gilt auch für die Mitarbeiter der NATO – stehen vor den gleichen Herausforderungen, dass mit der Evakuierungsmission bei weitem nicht alle Ortskräfte aus Afghanistan evakuiert worden sind. Das gilt im Übrigen in Deutschland vor allen Dingen für die Ortskräfte, die in der internationalen Entwicklungshilfe tätig waren. Zurzeit laufen bei allen die Bemühungen auch auf diplomatischer Ebene in Gesprächen und Verhandlungen mit den Taliban, diese Menschen aus dem Land zu bekommen.


Wir haben das auch in der Bundesregierung koordiniert. Wir kommen Schritt für Schritt voran, in kleinen Schritten. Das sind mühsame Verhandlungen. Aber ich habe gesagt, unsere Aufgabe ist erst dann beendet, wenn wir insbesondere unsere Ortskräfte der Bundeswehr – das gilt für das BMVG – sicher aus Afghanistan raus haben.


Schon vor der Machtübernahme der Taliban war das Leben vieler Menschen in Afghanistan alles andere als einfach. Der Westen müsse sich deshalb darauf konzentrieren: die Menschen im Land und die Nachbarländer zu unterstützen, kommentiert Marcus Pindur.


Engels: Sie sagen, mühsam, kleine Schritte. Haben Sie denn Zahlen, wie vielen Menschen im Moment überhaupt durch kleine, durch nicht so prominente Kanäle geholfen werden kann, die wirklich herauskommen?


Kramp-Karrenbauer: Ich kann es im Moment abschließend über alle nicht sagen. Es hängt wie gesagt von den Verhandlungen ab. Es hängt davon ab, ob die Fluglinien bedient werden. Da gab es immer wieder Sicherheitsprobleme der Flugsicherheit am Flughafen Kabul. Da werden Flüge gebucht, dann wieder kurzfristig abgesagt, weil sie auch über andere Länder provided werden. Insofern ist das eine sehr dynamische Entwicklung und ich kann Ihnen, Stand jetzt, die genaue Zahl, die wir zurzeit erreicht haben, noch nicht sagen.


Chinesen und Taliban mögen ein verbindendes Interesse an den großen Rohstoffvorkommen Afghanistans haben, doch Peking fürchtet das Eindringen von Terrorismus ebenso wie Russland.

„Wir müssen mehr in den Schutz der Lufträume investieren“


Engels: Dann wechseln wir das Thema. Russland hat ja in dieser Woche angekündigt, die bestehenden institutionalisierten Kontakte zur NATO abzubrechen. Außenminister Maas sprach danach davon, nun werde sich die Eiszeit zwischen beiden Seiten verlängern. – Das sind Sprachbilder wie zu Zeiten des Ost-West-Konflikts. Sind wir da schon wieder angekommen, Kalter Krieg?


Kramp-Karrenbauer: Zuerst muss man sagen, dass die Entscheidung Russlands nicht wirklich überraschend kommt. Sie ist die Reaktion darauf, dass die NATO ja acht russische Diplomaten, von denen ja festgestellt worden ist, dass sie geheimdienstlich tätig waren, ausgewiesen hat. Das ist eine übliche Reaktion, dass das Verhalten Russlands uns vor zunehmende Herausforderungen und Probleme stellt. Das ist allerdings unbestritten, das aber schon seit einer geraumen Zeit, und das ist ja auch der Grund, weshalb wir heute in unserem Treffen unsere Planungen, die Defence-Planungen weiter vorantreiben, weil Russland für uns wirklich eine große Herausforderung geworden ist und weil Russland aus meiner Sicht in vielen kleinen Maßnahmen probiert, wie weit es gehen kann und wo es auf einen entschiedenen Widerstand trifft.


Engels: Machen wir es konkret. Was schwebt Ihnen denn da gerade in Bezug auf Russland und strategische Ausrichtung der NATO vor?


Kramp-Karrenbauer: Wir refokussieren ja seit geraumer Zeit wieder sehr viel stärker auf Bündnis- und Landesverteidigung. Das heißt, wir müssen mehr investieren zum Beispiel in den Schutz der Lufträume. Wenn man sich alleine die baltischen Staaten anschaut, wenn man sieht, wie oft Russland dort den Luftraum verletzt, ist zum Beispiel ein Air-Policing wichtig. Es ist unsere Präsenz in Litauen wichtig. Wir sehen aber – Jens Stoltenberg hat das auch schon angekündigt – auch hybride Bedrohungen und Cyber-Bedrohungen, Cyber-Angriffe.


Wir sehen im Moment ganz aktuell auch eine hybride Bedrohung in Form von Menschen, die genutzt werden, die staatlich genutzt werden von Belarus und ganz sicherlich auch in Kenntnis und, ich würde auch sagen, in Zustimmung von Russland, die Druck ausüben auf die Grenzen, die für Instabilitäten sorgen sollen. Darüber haben wir gestern in der Gruppe der Nordstaaten auch uns wieder ausgetauscht.


„Weg der Abschreckung“


Engels: Die Agentur Reuters berichtet heute Früh, dass die NATO über regionale Abschreckungsszenarien für die baltische und auch die Schwarzmeer-Region nachdenke, auch möglicherweise im Luftraum mit Nuklearwaffen. Ist das der Weg der NATO?


Kramp-Karrenbauer: Das ist der Weg der Abschreckung. Wir müssen Russland gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende – und das ist ja auch die Abschreckungsdoktrin – bereit sind, auch solche Mittel einzusetzen, damit es vorher abschreckend wirkt und niemand auf die Idee kommt, etwa die Räume über dem Baltikum oder im Schwarzmeer NATO-Partner anzugreifen. Das ist der Kerngedanke der NATO, dieses Bündnisses, und das wird angepasst auf das aktuelle Verhalten Russlands. Wir sehen insbesondere Verletzungen des Luftraums über den baltischen Staaten, aber auch zunehmende Übergriffigkeiten rund um das Schwarze Meer.


Die politische Debatte über die russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 ist teilweise ins Stocken geraten. Mit einem neuen Format will die Ukraine die Krim-Frage nun aber wieder weltweit in den Fokus rücken. Das Ziel: die Wiedereingliederung der Halbinsel.


Engels: Eine knallharte Abschreckung, die verstärkt werden soll. – Was tun Sie auf der anderen Seite, um den Austausch mit Moskau am Leben zu halten?


Kramp-Karrenbauer: Wir laden immer wieder ein zum Dialog mit Russland. Das ist die zweite Medaille auch von NATO-Politik. Das ist im Übrigen auch die andere Seite der Medaille immer von deutscher Politik gegenüber Russland gewesen. Es gibt dazu Foren, die aus meiner Sicht auch wiederbelebt werden könnten. Auch da steht die Einladung an Russland. Es laufen die Rüstungskontrollgespräche weiter. Auch da ist Russland eingeladen.


Und wir sehen ganz aktuell etwa bei militärischen Großübungen wie Zapad 21, die gerade abgeschlossen wird. Da gibt es Vereinbarungen, etwa die Vereinbarung von Wien, wie man sich gegenseitig informiert, wie man damit umgeht. Auch hier stellen wir fest, dass Russland die aus unserer Sicht gebotene Transparenz nicht wahrt, sondern eher weniger wahrt. Das sind Möglichkeiten und Plattformen genug, auf denen man den Dialog wieder aufnehmen kann, wenn man es ernsthaft will.


„NATO ohne die Unterstützung der Amerikaner nicht so handlungsfähig“

Engels: Soviel zum Stichwort Russland. – Daneben geht es auch immer wieder um interne Verfasstheit der NATO und auch die Frage, wie sehr man sich mit der EU verzahnen kann. Dazu haben Sie Pläne, konkret zur EU-Eingreiftruppe. Was haben Sie im Sinn?

Kramp-Karrenbauer: Wir haben, ausgehend von der Situation der Evakuierungsmission in Kabul, festgestellt, dass die Europäer, auch die europäischen Mitglieder in der NATO ohne die Unterstützung der Amerikaner nicht so handlungsfähig sind, wie wir uns das alle selbst wünschen. Das war Gegenstand eines letzten Treffens der europäischen Verteidigungsminister. Deutschland hat jetzt gemeinsam mit Portugal und Slowenien, mit Finnland und den Niederlanden ein Gedankenpapier vorgelegt, wie man hier Strukturen und vor allen Dingen Prozesse verbessern kann. Es geht weniger darum, neue eigenständige europäische Strukturen aufzubauen, als das, was wir haben, besser einzusetzen.


Das sind zum Beispiel „European Battle Groups“, das ist zum Beispiel die Tatsache, dass wir regional unterschiedliche Federführung und Verantwortung für schnelle Prozesse generieren können. Und es ist die Frage der Entscheidungsfindung, der berühmte Artikel 44. Das heißt, Staats- und Regierungschefs entscheiden sich, wir wollen eingreifen, und definieren quasi eine Gruppe von EU-Staaten, die das federführend in die Hand nehmen. Das sind sehr praktische Vorschläge, die wir jetzt einbringen und von denen wir hoffen, dass sie in die Debatte um den strategischen Kompass und um die Resilienz der EU Eingang finden. Für uns gerade in Deutschland ist wichtig, nie in Ersatz zur NATO, sondern immer in Ergänzung zur NATO und in der Frage, wie stärken wir die Europäer in der NATO vor allem.


Die USA und ihre Verbündeten ziehen sich aus Afghanistan zurück, die Taliban sind auf dem Vormarsch und könnten die Macht in Kabul schon bald übernehmen. Was also ist für Afghaninnen und Afghanen das Ergebnis von 20 Jahren „Krieg gegen den Terror“?


Engels: Frau Ministerin, wir müssen noch kurz auf ein anderes Thema zu sprechen kommen, was mehr innenpolitisch fokussiert ist. Gestern hat die Bundesanwaltschaft zwei ehemalige Bundeswehrsoldaten unter Terrorverdacht festnehmen lassen. Die beiden hätten geplant, eine Söldnertruppe zu bilden, auch indem sie andere ehemalige Bundeswehrsoldaten versuchten anzuwerben. Ihr Ministerium hat gestern schon erklärt, dass der Militärische Abschirmdienst hier geholfen habe aufzuklären und die beiden Verdächtigen seit über 20 Jahren schon aus der Truppe ausgeschieden seien. Zudem gebe es für eine Sicherheitsfirma bereits ein Beschäftigungsverbot für Bundeswehrangehörige. Aber reicht das?


Kramp-Karrenbauer: Ob das reicht? – Sie haben Die Maßnahmen zurecht angesprochen und wir stehen auch hinter diesen Maßnahmen und prüfen immer und laufend, ob zu diesen Maßnahmen noch weitere hinzukommen müssen. Ob das der Fall ist, das werden insbesondere jetzt – das erhoffen wir uns – die entsprechenden Ermittlungen und das Verfahren bei der entsprechenden Staatsanwaltschaft ergeben. Für uns ist ganz klar, je nachdem, wie die Erkenntnisse laufen und die Ergebnisse sind, werden wir die Maßnahmen weiter anpassen, beziehungsweise wenn wir selbst in der Arbeit etwa des MAD auf weitere Kenntnisse stoßen, wird darauf immer sofort reagiert. Das ist Teil der Null-Toleranz-Politik, die wir insbesondere gegenüber extremistischen Umtrieben im BMVG betreiben.


Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.


Rubriken:

Außen- und Sicherheitspolitik Audio-Podcast Kampagnen / Tarnworte / Neusprech

Schlagwörter:


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=77227

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