31.01.2023

Die Welt fängt an, die NATO als Konfliktpartei in der Ukraine zu sehen

Von Oleg Isajtschenko

In der UNO wurde auf der höchsten Ebene die Entscheidung der NATO-Länder kritisiert, Panzer an die Ukraine zu liefern. Außerdem wird die Lieferung von offensiven Waffen als Verstoß gegen die UN-Charta angesehen. Weshalb haben Vertreter der internationalen Organisation jetzt zum ersten Mal eine dem Westen entgegengesetzte Meinung geäußert?


Quelle: Legion-media.ru © Steinac




Symbolbild


Die Situation, die sich um die schweren Waffenlieferungen an die Ukraine entwickelt, führt nicht zu Frieden, sagte der ständige Vertreter des UN-Generalsekretärs, Stéphane Dujarric, am Donnerstag in New York. Auf diese Weise kommentierte er die Entscheidung einiger westlicher Länder, die Ukraine mit deutschen Leopard- und amerikanischen Abrams-Panzern zu versorgen.

"Was wir sehen wollen, ist Frieden, gerechten Frieden in Übereinstimmung mit der UN-Charta. Was wir aber jetzt sehen, führt uns nicht in diese Richtung",

betonte Dujarric.


Experten zufolge ist dies tatsächlich das erste Mal, dass ein Vertreter des UN-Sekretariats die Bewaffnung der Ukraine mit offensiven Waffen kritisiert. UN-Generalsekretär António Guterres selbst hält sich in der Regel mit Kritik zurück und wiederholt vielfach antirussische Narrative.


Das Schweigen der Lämmer – Die UNO und der Betrug von Minsk





Meinung

Das Schweigen der Lämmer – Die UNO und der Betrug von Minsk





Vor diesem Hintergrund erläuterte Deutschland die Aussage der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock über den "Krieg gegen Russland", die für einen lauten Skandal sorgte. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, die Unterstützung der Ukraine bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf Selbstverteidigung, das in der UN-Charta verankert ist, mache Deutschland nicht zu einer Konfliktpartei.


Derselbe Gedanke wurde mehrfach in anderen Hauptstädten der NATO-Länder geäußert. Dabei hält NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg eine beschleunigte Versorgung der Ukraine mit weittragenden und modernen Waffensystemen für den "einzigen Weg zum Frieden". Seine Worte stehen damit im völligen Gegensatz zu denen von Stéphane Dujarric.

"Auf diese Weise zeigen die UNO und die NATO unterschiedliche Auffassungen. Interessanterweise greifen Dujarric und die Vertreter der NATO-Staaten die Frage auf, ob die Maßnahmen der Allianz mit der UN-Charta vereinbar sind. Die Rede ist vom Recht des Staates auf Selbstverteidigung",

kommentiert Stanislaw Tkatschenko, Professor an der Fakultät für Internationale Beziehungen der Staatlichen Universität St. Petersburg und Experte des Waldai-Clubs.

"Die Anwendung dieses Rechts ist nur vage definiert, sodass die Auslegung der Selbstverteidigung von den Interessen eines bestimmten Akteurs abhängen kann. Es handelt sich um ein großes Problem für die gesamte internationale Gemeinschaft. Moskau war sich dessen bewusst und ist diesem Thema seit den 1930er Jahren nachgegangen, indem es versuchte, die Begriffe 'Aggression' und 'indirekte Aggression' in das Völkerrecht einzuführen", erklärt der Experte.

Buchauszug: Wolfgang Bittner über das Recht Russlands auf Selbstverteidigung





Meinung

Buchauszug: Wolfgang Bittner über das Recht Russlands auf Selbstverteidigung





Diese Bemühungen waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt, räumt Tkatschenko ein. Die rechtliche Unsicherheit, die mit dem Begriff der Selbstverteidigung verbunden ist, bestehe nach wie vor. Dieser Umstand verursache bis heute viele Probleme in den internationalen Beziehungen. Obwohl sich die Ukraine und der Westen auf die "nicht ganz klare Sprache der UN-Charta" berufen, ließen die Worte von Dujarric hoffen, dass "immer mehr Menschen in der internationalen Gemeinschaft einen anderen Standpunkt als den des Westens vertreten werden", hofft Tkatschenko.


Senator Wladimir Dschabarow vermutet im Gespräch mit Wsgljad, dass mit den Fortschritten Russlands bei seiner militärischen Spezialoperation weltweit immer mehr Stimmen laut werden, die das NATO-Bündnis für das "absichtliche Schüren des Feuers" verurteilen werden. Der Senator hofft, dass sich unter europäischen Politikern irgendwann die Vernunft durchsetzen wird und sich die Haltung des deutschen Außenministeriums der Position von Dujarric angleicht. Die europäischen Eliten seien ihrer Subjektivität verlustig geworden, was bei den einfachen Bürgern der Europäischen Union für Unzufriedenheit sorge, sagt er und fügt hinzu:

"Es wäre ja auch in Ordnung, wenn die Rede davon wäre, defensive Systeme zu liefern. Doch Raketensysteme und Artillerie werden dazu eingesetzt, das Offensivpotenzial auszubauen. Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, egal ob sowjetisch oder westlich, sind auf jeden Fall offensiv. Die Rede ist nun schon von Kampfjets des Typs F-16. Und anschließend behaupten sie noch, sie seien keine Konfliktpartei, sondern setzten lediglich das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung um. Obwohl sie selbst die militärische Spezialoperation unausweichlich gemacht haben."

Den Amerikanern sei es in der Anfangsphase des Konflikts gelungen, große Teile der Welt durch finanzielle und politische Einflussnahme zum Schweigen zu bringen, so Dschabarow. Dies könne jedoch nicht dauerhaft funktionieren. Die Worte des UN-Vertreters seien ein Zeichen dafür. 

In der Folge reagierte auch das Außenministerium Russlands auf Äußerungen westlicher Politiker, dass die NATO-Staaten nicht an dem Konflikt in der Ukraine beteiligt seien. So richtete die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, diese Frage an Stoltenberg:

"Möchten Sie ernsthaft behaupten, dass Sie durch die Bereitstellung von Panzern, die vom geübten Personal bedient werden sollen, das an ukrainischen Botschaften im Ausland rekrutiert wird, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, immer noch nicht Konfliktpartei sind? Was sind Sie sonst?"

Ihren Worten nach werde die Versorgung mit westlichen Panzern die Situation sicherlich nicht kriegsentscheidend beeinflussen, doch führe sie die Konfrontation zwischen dem Westen und Russland auf eine neue Ebene. Darüber hinaus sei die Frage der Selbstverteidigung der Ukraine schon lange vom Tisch, weil der Westen bereit sei, alles zu tun, um Russland maximalen Schaden zuzufügen, fügte sie hinzu. Und: 

"Die Bürger der NATO-Länder sollten wissen, dass ihr Block vollumfänglich in eine Konfrontation mit unserem Land verwickelt ist. Und diese Konfrontation ist am Eskalieren."

Übersetzt aus dem RussischenZuerst erschienen bei Wsgljad.


Mehr zum Thema - Wir sind Kriegspartei – Allein Moskau entscheidet, wann entsprechend darauf reagiert wird


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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.

Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/161457-nato-als-konfliktpartei-in-ukraine


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

31.01.2023

Frieden mit Russland! – Zwei ehemalige Generäle der DDR rufen zum Protest auf

meinungsfreiheit.rtde.life, 31 Jan. 2023 08:04 Uhr, Von Rainer Rupp

Zwei offene Briefe an die russische Botschaft schlagen bereits erste Wellen in der Zivilgesellschaft im Osten Deutschlands. Generäle der Nationalen Volksarmee der DDR protestieren darin gegen den Kriegskurs der Bundesregierung – und fordern "Frieden mit Russland!"


Quelle: www.globallookpress.com © Agentur Voller Ernst/dpa-Zentralbil


Frieden mit Russland! – Zwei ehemalige Generäle der DDR rufen zum Protest auf

Berlin im April 1945


Gestern, am 30. Januar, wurden dem Verteidigungsattaché bei der Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland, Sergej Tschuchrow, zwei offene Briefe von zwei ehemaligen Generälen der Nationalen Volksarmee der DDR übergeben.

In diesen beiden Briefen, die sich gut ergänzen, legen Generalleutnant a.D. Manfred Grätz, ehemaliger stellvertretender Minister, und Generalmajor a.D. Sebald Daum ihre Standpunkte zur aktuellen Kriegshysterie in Deutschland und der NATO dar. Im Gegensatz zum gefährlichen Geschwurbel der politischen und medialen Eliten "im besten Deutschland, das es je gab", mangelt es diesen beiden Briefen weder an Klarheit noch an analytischer Schärfe. Zugleich reflektieren sie bewegende persönliche Erinnerungen an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges.


Kriegshysterie im Westen – Russen unaufgeregt und gelassen




Meinung

Kriegshysterie im Westen – Russen unaufgeregt und gelassen






Unter der Überschrift "Deutsche Panzer gegen Russland ‒ Aufruhr meines Gewissens" schreibt Generalleutnant a.D. Manfred Grätz zum Beispiel, dass es bei dem "häufigen Geschwätz über die Frage, ob wir denn nun schon Kriegspartei sind oder nicht", oft darum geht, "auszuloten, ob wir (in der Eskalation) nicht noch einen Schritt weiter gehen dürfen oder nicht". Für General Grätz sind die Fronten jedoch längst klar. "Wir sind mittendrin (im Krieg). Was sollte man denn sonst noch tun müssen, wenn man schon Panzer und andere schwere Waffen geliefert hat, mit dem 'hehren' Ziel, Russland zu besiegen?"


Besonders gefährlich seien Politiker und sogenannte Experten, die in Talkshows oder bei anderen Gelegenheiten vollkommen ahnungslos und leichtsinnig über das Thema "Eskalation" sinnieren, vielleicht mit Kernwaffen, mit "kleinen taktischen" zunächst. Hiroshima und Nagasaki sind offensichtlich vergessen. Sollen wir alle lernen, die Atombombe zu lieben.


Unter dem Titel "Protest gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland" fragt Generalmajor a.D. Sebald Daum: "Hat man vergessen, dass nicht Russland an die Grenzen Deutschlands oder der EU herangerückt ist, sondern die NATO-Truppen heute an den Grenzen Russlands stehen?". Dann erinnert er daran, dass es die USA und die NATO waren, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich organisiert haben, den gewählten Präsidenten außer Landes vertrieben und die Ukraine militärisch aufgerüstet und gegen Russland in Stellung gebracht haben, damit sie acht Jahre Krieg gegen das eigene Volk führen konnte und geführt hat. Und er fragt weiter:

"Ist das jetzt der Dank für all das, was die Sowjetunion und Russland für Deutschland getan haben?"

Und diese Liste der guten Taten ist beeindruckend, vor allem deshalb, weil man so etwas in unseren sogenannten "Qualitätsmedien" nie zu sehen bekommt, denn die tun alles, um Positives über Russland möglichst schnell im Gedächtnisloch verschwinden zu lassen. So wird zum Beispiel nie thematisiert, dass trotz der 27 Millionen sowjetischen Opfer der deutschen Faschisten die Rote Armee und das sowjetische Volk nach 1945 "nicht Gleiches mit Gleichen vergolten und Deutschland nicht mit Hass überzogen haben, wie es zurzeit schon wieder in Deutschland gegen Russland getan wird".


Am Ende seines Briefes ruft Generalleutnant a.D. Manfred Grätz alle Ehemaligen und deren Freunde und Sympathisanten dazu auf, persönlich Flagge zu zeigen: "Schreibt, in welcher Form und in welchem Medium auch immer, und vergesst Name und Dienstgrad nicht", heißt es da. Und weiter:

"Sucht und findet unsere Verbündeten, besucht auch deren Veranstaltungen."

Bemerkenswert ist, dass bei diesen Ausführungen jegliche parteipolitische Orientierung fehlt. Wahrscheinlich soll damit betont werden, dass all diejenigen Verbündete sind, die sich für Frieden mit Russland einsetzen, wobei es keine Rolle spielt, mit welchen im Bundestag vertretenen politischen Parteien sie sympathisieren oder welchen sie sich noch zugehörig fühlen. Dieser Standpunkt scheint vor allem in den östlichen Ländern ein Trend zu werden, wo sich Menschen nicht länger von Kriegstreiber-Parteien und -Medien vorschreiben lassen wollen, mit wem sie auf der Straße für Frieden mit Russland demonstrieren.


Deutschland und die Frage von Schuld und Sühne gegenüber Russland





Meinung

Deutschland und die Frage von Schuld und Sühne gegenüber Russland





Die beiden Briefe der zwei Generäle haben im Osten Deutschlands bereits Wellen geschlagen. So hat beispielsweise das Ostdeutsche Kuratorium von Verbänden (OKV) mit seinen knapp 30 Verbänden, von denen einige im ganzen Land verbreitet sind und noch vieltausendköpfige Mitgliederschaften haben, alle Mitglieder, Sympathisanten und andere besorgte Bürger aufgerufen, analog ihre Stimme zu erheben und ihre Meinung kundzutun.


Die beiden Briefe dokumentieren wir hier im Wortlaut:


Brief eins:


Deutsche Panzer gegen Russland ‒ Aufruhr meines Gewissens

Von Manfred Grätz, Generalleutnant a.D.

"Es ist wieder so weit. Von ungezählten Menschen befürchtet, von einer geschichtsvergessenen oder die Geschichte arrogant missachtenden Minderheit, die sich berufen fühlt, unser Land zu regieren und in Vasallentreue dem transatlantischen Bündnispartner folgt, herbeigesehnt und -geredet, von einer einmalig gleichgeschalteten Medienlandschaft eifrig unterstützt und nunmehr vom Bundeskanzler offiziell verkündet. Panzer gen Osten ist beschlossenen Sache.

Bei vielen Menschen sträuben sich die Haare, werden ungute Erinnerungen wach, auch bei mir. Damals waren es noch kindliche Erinnerungen.


Geboren 1935 bin oder war ich faktisch noch ein Kind des 2. Weltkrieges. Zu jung, um schon für den Waffengang des deutschen Faschismus missbraucht zu werden, aber alt genug, um zu verstehen, dass Krieg nur unermessliches Leid, Elend und menschenverachtende Vernichtung bedeutet. Ich verlor meinen Vater. Ein herzlos kalter Brief seines Kompaniechefs vermeldete, dass er offensichtlich 'in heldenhaften Abwehr-Kämpfen gegen den bolschewistischen Feind für Führer, Volk und Vaterland gefallen sei…'.


Gelegentlich tauchen auch schlaglichtartig Erinnerungen auf, wie wir als halbwüchsige Jungen am Bahndamm saßen und die vielen Militärtransporte beobachteten, mit riesigen weißen Lettern beschriftet: 'Räder müssen rollen für den Sieg.' Heute heißt es: 'Deutsche Panzer Richtung Russland.' Parallelen, Ähnlichkeiten sind wohl unschwer zu erkennen. Bombennächte, Fliegeralarm, das brennende Chemnitz unweit meines Dorfes vor Augen, all das trug dazu bei, dass ich schon als Kind den Krieg hassen lernte und den Frieden herbeisehnte. Das Ende des Krieges erlebte ich schließlich als Befreiung Deutschlands vom Faschismus durch die Sowjetarmee.

Seit jenen Ereignissen sind nahezu acht Jahrzehnte vergangen. Aus dem damals halbwüchsigen Jungen ist ein 88-Jähriger geworden, in ereignisreicher geschichtsträchtiger Zeit ein erfülltes Leben hinter sich.


Der Tag, an dem die Wehrmacht zerschlagen wurde und die Sowjets die Oberhand gewannen




Meinung

Der Tag, an dem die Wehrmacht zerschlagen wurde und die Sowjets die Oberhand gewannen





38 Dienstjahre für die Erhaltung des Friedens in unserer Nationalen Volksarmee, davon sechs Jahre Studium in der SU, gehören dazu. Ich bekenne mich freimütig, ich liebe dieses Land, wohl wissend, dass das heutige Russland nicht mehr mit der SU vergleichbar ist. Aber die Menschen, deren Väter und Großväter für ihr Vaterland gegen den deutschen Faschismus gekämpft und auch uns befreit haben, sind geblieben. Warmherzige, liebenswerte Menschen, Freunde!

All das und noch viel mehr geht mir durch den Kopf vor dem Hintergrund all dessen, was sich gegenwärtig ereignet. Der Geist ist noch wach, auch nach 88 Jahren.


Es ist eine ganze Gemengelage an Gefühlen und Empfindungen, die mich bewegt, dominiert von Wut und Enttäuschung. Wut kocht in mir hoch, wenn ich die völlig haltlose einseitige Schuldzuweisung an Russland, in der Regel personell an Putin verfolgen muss, an Putin, den Aggressor, Putin den Kriegsverbrecher. Putin ist an allem schuld, was gegenwärtig in der Welt passiert. Vergessen oder bewusst verschwiegen die gesamte Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine, vergessen der Wortbruch des Westens bezüglich der NATO-Osterweiterung, vergessen die Rede Putins vor dem Bundestag anno 2001, in der er die Hand ausstreckte, friedliche Zusammenarbeit anbot und dann mit standing ovations verabschiedet wurde, vergessen auch die Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, als er die NATO-Osterweiterung als Bedrohung russischer Sicherheitsinteressen ansprach.


Wut kommt auf, wenn Frau Baerbock, immerhin Außenministerin unseres Landes und höchste Diplomatin, völlig ahnungslos und bar jeglichen diplomatischen Geschicks oder gar Anstands vom Leder zieht 'Wir werden Russland ruinieren'.


Auf etwa der gleichen Ebene liegt das häufige Geschwätz über die Frage, ob wir denn nun schon Kriegspartei sind oder nicht, oft dabei den Anschein erweckend, zu suchen und auszuloten, ob wir denn nicht noch einen Schritt weiter gehen dürfen oder nicht. Für mich brotlose Kunst. Längst sind die Fronten klar. Wir sind mittendrin. Was sollte man denn sonst noch tun müssen, wenn man schon Panzer und andere schwere Waffen geliefert hat mit dem 'hehren' Ziel, Russland zu besiegen?

Faktencheck "Holodomor" − Gefälschte Zahlen, verkannte Ursachen




Analyse

Faktencheck "Holodomor" − Gefälschte Zahlen, verkannte Ursachen






Gefährlich auch, wenn Politiker und sog. Experten in Talkshows oder bei anderen Gelegenheiten über das Thema Eskalation, vielleicht mit Kernwaffen, mit 'kleinen taktischen' zunächst, sinnieren, ahnungslos und leichtsinnig. Vergessen schon Hiroshima und Nagasaki, jene zwei japanischen Städte, die das Opfer des ersten Atombombenabwurfes auf bewohntes Territorium wurden, ohne jede militärische Notwendigkeit. Zu diesem Zeitpunkt war der 2. Weltkrieg längst entschieden, in Europa, wie auch in Fernost. Und das waren bekanntlich nicht die Russen! Vergessen all das Leid und Elend, all die nach Zehntausenden zählenden Toten, und die Jahrzehnte währenden Langzeitwirkungen, die diese nach heutigen Maßstäben 'zwei kleinen Kaliber' bewirkten. Unvorstellbar und verantwortungslos ein solches Spiel mit dem Feuer in der Gegenwart! Da sage ich als ehemaliger Militär all jenen, die an ein solches Abenteuer nur denken: Kriegsverbrechen!


Apropos Kriegsverbrechen! Spricht da noch jemand davon im Zusammenhang mit Hiroshima und Nagasaki? Vergessen! Zu den Akten gelegt, das bis dato größte Kriegsverbrechen der Menschheitsgeschichte, begangen von den USA.


Nicht nur bedauerlich, sondern auch besorgniserregend finde ich, dass unsere in Regierungsverantwortung stehenden Politiker auch noch beratungsresistent sind. Ich denke hier dabei an die Tatsache, wie die Meinung erfahrener Militärs, Spezialisten ihres Berufes, mehr und mehr in den Hintergrund tritt, besser getreten wird, sie nicht mehr für die Öffentlichkeit wahrzunehmen ist. Muss es nicht bedenklich stimmen, wenn ein General Kujat, exzellenter Kenner der Materie, auch oder besonders der NATO, seine beachtenswert realen Einschätzungen der Lage in einem Schweizer Journal unterbreiten muss? Oder wenn sich ein General Vad, ehemaliger militärischer Berater von Frau Merkel, im Journal EMMA von Alice Schwarzer äußert (nicht missverstehen, Respekt für Frau Schwarzer!).


Oder wenn sogar der Generalstabschef der US-Armee, General Milley, für seine reale Einschätzung der Lage in der Ukraine von der Biden-Administration einen Rüffel einstecken musste und über seine Erkenntnisse der Mantel des Schweigens ausgebreitet wird?


Von anderen Militärs, gar von Ehemaligen aus der NVA, will ich hier gar nicht sprechen, die könnten ja die Russen gut kennen!


Alles nach dem Motto 'Es kann nicht sein, was nicht sein darf'. Es bleibt dabei, mit deutscher Vasallentreue folgen wir getreu der auf die Weltherrschaft ausgerichteten Kriegspolitik der USA, unseres wichtigsten transatlantischen Verbündeten. Quo vadis, Deutschland? Frage ich mich da. Oder um es mit Heinrich Heine zu sagen: 'Denk ich an Deutschland in der Nacht, so werd' ich um den Schlaf gebracht!'.


Noch ein Wort an alle Mitglieder und Sympathisanten unseres Verbandes, an meine Genossen und Freunde.

Erhebt Eure Stimme, versteckt Euch nicht.

Schreibt, in welcher Form und in welchem Medium auch immer, und vergesst Name und Dienstgrad nicht.

Sucht und findet unsere Verbündeten, besucht auch deren Veranstaltungen.

Gemeinsam sind wir stärker.

Geht mit auf die Straße, sofern Ihr noch rüstig und mobil seid. Redet mit den Leuten, trotz unterschiedlicher Interessen, die dort vertreten sind.

Krieg will von den Demonstranten keiner.

All das sagt mir mein Gewissen. Bitte, prüft auch das Eure."


Junkers im Sturzflug – Wie ein Sechsjähriger die Stalingrader Schlacht und Okkupation überlebte




Junkers im Sturzflug – Wie ein Sechsjähriger die Stalingrader Schlacht und Okkupation überlebte






Brief zwei:


Protest gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland


Von Sebald Daum, Generalmajor a.D.


"Mit der Entscheidung des Bundeskanzlers der BRD Herrn Scholz und seiner Regierung, nun doch der Ukraine 14 'Leopard-2' Panzer zu liefern und den anderen Ländern der NATO es zu gestatten, auch diese Leopard-Panzer der Ukraine zur Verfügung zu stellen, tritt Deutschland in eine neue Phase der Kriegsbeteiligung gegen Russland ein und verwirklicht so die Aussage seiner Außenministerin, im Krieg mit Russland zu stehen.


Mit dieser Entscheidung verlängert Deutschland nicht nur das Sterben in der Ukraine, sondern wird Kriegspartei. Gleichzeitig wird Russland immer mehr zum Feind des deutschen Volkes aufgebaut und man zerstört endgültig all das, was einmal wichtig war in den freundschaftlichen Beziehungen zu Russland, insbesondere im Osten sowie in der BRD insgesamt.


Wie sah das komplett zerstörte Stalingrad vor dem Zweiten Weltkrieg aus? (FOTOS)





Wie sah das komplett zerstörte Stalingrad vor dem Zweiten Weltkrieg aus? (FOTOS)






Ich möchte deshalb nur an einige wichtige Fakten erinnern:

- dass die Sowjetunion den größten Anteil an der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus hat mit über 27 Millionen Toten,

- dass nach 1945 die Rote Armee und das sowjetische Volk nicht Gleiches mit Gleichen vergolten und Deutschland mit Hass überzogen haben, wie es zurzeit schon wieder in Deutschland gegen Russland getan wird,

- dass die Sowjetunion und Russland entscheidend waren für die Wiedervereinigung Deutschlands, denn ohne ihre Zustimmung hätte es kein 'Einig Deutsches Vaterland' gegeben,

- dass Russland seine Besatzungstruppen freiwillig, im guten Glauben an gute nachbarliche Beziehungen, abgezogen hat, während die amerikanischen Besatzungstruppen weiter im Lande sind,

- dass Russland zugestimmt hat, dass Deutschland nicht neutral, sondern in der NATO bleiben darf,

- dass nicht Russland an die Grenzen Deutschlands oder der EU herangerückt ist, sondern die NATO-Truppen heute an den Grenzen Russlands stehen,

- und letztlich sei daran erinnert, dass es die USA und die NATO waren, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich organisiert, den gewählten Präsidenten außer Landes vertrieben und die Ukraine militärisch aufgerüstet und gegen Russland in Stellung gebracht haben, damit sie 8 Jahre Krieg gegen das eigene Volk führen konnte und geführt hat.


Hat man das alles vergessen, ist das jetzt der Dank für all das, was die Sowjetunion und Russland für Deutschland getan haben, oder sind wir schon wieder so weit, ein drittes Mal gegen Russland in den Krieg zu ziehen? Sollen deutsche Panzer 'Leopard', wie einst deutsche 'Tiger', gegen Russland rollen. Hat man die Ergebnisse von Stalingrad und Kursk so schnell vergessen, oder will man diese Niederlagen revidieren?


'Nie wieder Krieg' galt in Deutschland als ungeschriebenes Gesetz. Nie wieder darf in Deutschland deshalb Hass und Kriegsgeschrei gegen Russland die Oberhand gewinnen, nie wieder darf ein 'Wollt ihr den totalen Krieg'-Geschrei uns gegen die Völker Russlands aufhetzen.


Deshalb erhebe ich meine Stimme zum Protest, gegen diese Lieferung von Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland, die für die Verlängerung des Krieges und des Mordens in der Ukraine stehen. Mögen die Stimmen der Vernunft die Oberhand gewinnen und mögen Unzählige in diesem Sinne mithelfen, den Krieg zu verhindern."


Mehr zum Thema - Über 13 Millionen ermordeter Zivilisten – Die vergessenen Opfer der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.

Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/inland/161471-frieden-mit-russland-zwei-ehemalige-ddr-generaele


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

31.01.2023

«In diesem Krieg geht es um Deutschland» Ein Interview von Jürg Altwegg (Weltwoche) mit Emmanuel Todd


seniora.org, 30. Januar 2023, Jürg Altwegg 07.01.2023 übernommen mit Dank von Weltwoche.ch

Der französische Historiker Emmanuel Todd sagte den Zusammenbruch der Sowjetunion voraus. Heute sieht er die USA im Niedergang. Frankreich werde ausgelacht, die Briten handelten kopflos. Am schlimmsten stehe es um die Deutschen, die zur Zielscheibe der Amerikaner geworden seien. Russland hingegen gehe es besser, als viele westliche Beobachter meinen.


Emmanuel Todd (2014)* (Bild)


Zitat:

Weltwoche: Vielen Dank, cher Emmanuel, für die Bereitschaft zu diesem Gespräch. Sie haben sich in letzter Zeit in der Öffentlichkeit nicht geäussert.


Emmanuel Todd: Ich war in Japan, wo ein Buch von mir erschienen ist. Es ist ein Bestseller, von dem es keine französische Originalausgabe gibt. Sein Thema ist der Krieg in der Ukraine. In Frankreich habe ich mich nicht in die Debatten eingemischt. Ihnen gebe ich das erste Interview, denn Sie schreiben auf Deutsch. In diesem Krieg geht es um Deutschland.


Weltwoche: Bevor wir über den Ukraine-Krieg sprechen, interessiert mich Ihre Einschätzung zu einer Nachricht, die jüngst die Runde machte: Die Weltbevölkerung hat die Marke von acht Milliarden Menschen überschritten. Was sagt der Demograf zu dieser Zahl?


Todd: Sie macht mir keine Angst. Beunruhigend ist die Tatsache, dass die Geburtenzahlen in allen entwickelten Ländern zurückgehen. In Deutschland und Japan sind sie seit langem unterdurchschnittlich: 1,4 und 1,5 Kinder pro Frau. Für die Erneuerung der Bevölkerung reicht das nicht. Jetzt sind die anderen Länder auch auf dieses Niveau zurückgefallen. In den USA hatte eine Frau zwei Kinder, inzwischen sind es 1,6; in China 1,3.


Weltwoche: Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung.


Todd: Wir haben eine schwierige Zeit mit vielleicht zehn Milliarden Menschen vor uns. Aber sie wird nicht lange dauern. Wirklich gravierend ist die demografische Depression. Taiwan und Korea produzieren die meisten Halbleiter auf der Welt. In Südkorea bringen die Frauen 0,8 Kinder zur Welt. In den produktivsten Industrieländern bricht die arbeitende Bevölkerung zusammen. In China, der Fabrik der Welt, geht in den nächsten zwanzig Jahren die Zahl der Arbeitskräfte um 35 Prozent zurück. Das ist einer der Gründe für die Inflation.


Weltwoche: Und die Bevölkerungsexplosion in Afrika?


Todd: Vielleicht wird man in Kürze ganz froh sein, dass es afrikanische Arbeitskräfte gibt.

Weltwoche: 1976 prophezeiten Sie den Zusammenbruch der Sowjetunion aufgrund der demografischen Entwicklung. Welche Rolle spielt die Demografie im Krieg in der Ukraine?


Todd: Wie in den ersten beiden Weltkriegen geht es um das Gleichgewicht zwischen den Grossmächten. Der Unterschied: Damals hatten wir es mit einer demografischen Expansion zu tun, heute mit einer Depression. Ein Jahrhundert lang hatten die Bevölkerungszahlen zugenommen: um 110 Prozent in Grossbritannien, 160 Prozent in Deutschland, 166 Prozent in Russland und 525 Prozent in den USA. In Frankreich beschränkte sich das Wachstum auf 16 Prozent. Das Land war im Bereich des Automobils, des Baus von Flugzeugen, in der Film- und Atomindustrie führend.


Weltwoche: Worauf bezog sich Ihre Gewissheit, dass die Sowjetunion zusammenbrechen würde?

Todd: Auf die Zunahme der Kindersterblichkeit. Ich war damals 25. Heute benutze ich die gleichen Parameter. Als Putin an die Macht kam, ging die Kindersterblichkeit rapide zurück. Heute ist die Kindersterblichkeit in den Vereinigten Staaten höher als in Russland. Nicht Russland   – Amerika steckt in der Krise.


Weltwoche: Diesen Niedergang beschrieben Sie 2002 in «Weltmacht USA: Ein Nachruf».

«Der Westen hat die Russen völlig unterschätzt, sein intellektuelles Defizit ist erschreckend.»


Todd: Er hat sich bestätigt. Die USA zogen sich aus Afghanistan und dem Irak zurück. Den Aufstieg des Iran konnten sie nicht stoppen. Genauso wenig wie jenen Chinas. Die Saudis nehmen die USA nicht mehr ernst. In Amerika steigt die Sterblichkeit, die Lebenserwartung sinkt. Alle Zeitungen schreiben: Der Westen ist normal und Putin geisteskrank. Die Russen sind blutrünstige Monster. Die Demografie sagt etwas anderes: Russland ist stabiler und seine Gesellschaft zivilisierter geworden. Was in Russland passiert, ist mir völlig klar. Ich verstehe Putins Denken und Handeln und kann es in drei Minuten erklären. Die Russen sind brutal und rational, sogar ihre Lügen sind quasi vernünftig. Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich völlig anders denke und fühle als meine Zeitgenossen. Darum habe ich mich nicht mehr geäussert.


Weltwoche: Sie sprachen vor ein paar Tagen, als Sie auch dieses Interview absagen wollten, ziemlich verzweifelt von der «westlichen Irrationalität».


Todd: Das Verhalten des Westens ist für mich ein einziges Rätsel. Die Implosion der Sowjetunion konnte ich damals nur verstehen, weil ich ein leidenschaftlicher Leser von Science-Fiction-Romanen bin. Jetzt, in diesem Krieg, kommt es mir vor wie in Philip K. Dicks «Ubik»: Man weiss nie, wo man ist. Die Zeitungen erzählen uns, wie die Russen auf Gefängnisse schiessen, die sie besetzt haben. Dass sie Atomkraftwerke beschiessen, die sie vor Ort kontrollieren. Dass sie Pipelines in die Luft jagen, die sie selber gebaut haben.


Weltwoche: Wer ist für die Sabotage von Nord Stream verantwortlich?


Todd: Natürlich die Amerikaner. Aber das ist völlig unwichtig. Es ist normal. Wichtig ist die Frage: Wie kann eine Gesellschaft glauben, dass es die Russen gewesen sein könnten? Wir haben es hier mit einer Umkehrung der möglichen Realität zu tun. Das ist viel schlimmer. Das Studium einer solchen Gesellschaft ist faszinierend. Darüber schreibe ich jetzt ein Buch. Es wird mein letztes sein. Meine Tätigkeit als Autor begann mit dem Essay über den Zusammenbruch der Sowjetunion. Ich will sie mit einem Werk der Vernunft über den dritten Weltkrieg abschliessen. Ich verweigere mich dem herrschenden Realitätsverlust, unter dem vor allem die Europäer leiden, und will versuchen, ihn zu verstehen. Eine meiner Hypothesen ist der Zusammenbruch der protestantischen Welt.


Weltwoche: Der Realitätsverlust unterscheidet Europa von den Russen?


Todd: Auch von den Amerikanern, die sehr wohl wissen, was sie tun. Ihre Vorstellung von Macht ist klar und zynisch. Zur Durchsetzung ihrer Interessen haben sie immer wieder Kriege geführt   – auch angezettelt. Sie können Putin sehr wohl verstehen. Auch die Russen sprechen von Machtverhältnissen, aber ihre Sprache ist defensiv. Die Europäer schwadronieren von Frieden und der Verbreitung ihrer humanistischen Werte ohne Armee. Das geopolitische Denken ist ihnen abhandengekommen. Zwischen der offensiven Strategie der Amerikaner und der defensiven Strategie der Russen befinden sich die Europäer in einem atemberaubenden Zustand der geistigen Verwirrung. Das gilt ganz besonders für Deutschland.


Weltwoche: Wie erklären Sie sich ihre Verwirrung? Mit Schuldgefühlen und dem Bemühen, in diesem dritten Weltkrieg auf der guten Seite zu stehen?


Todd: Nein. Nein! Ganz und gar nicht. Ich habe sehr viel Mitgefühl mit den Deutschen. Frankreich spielt in diesem Krieg keine Rolle. Sein Gewicht ist null. Macron redet, Macron reist   – alle lachen über Macron. Er ist nicht der Schlimmste, denn er ist bei weitem nicht der Russenfeindlichste. Deutschland ist ein Land, das sich vom Krieg losgesagt hat. Ein Land praktisch ohne Armee. Das so wenig Kinder zeugt, dass seine hauptsächlichste Sorge darin besteht, Arbeitskräfte für die Erhaltung seiner Industrie ins Land zu holen. Es befand sich in der gleichen Lage wie Japan. Aber Japan hat sich anders entschieden. Japan will keine Einwanderer, Japan will Japan bleiben. Dafür war es bereit, viel Macht zu verlieren und seine Industrie nach China auszulagern. Deutschland hingegen hat seine Industrie aufrechterhalten. Es interessiert sich nur für die Wirtschaft. Seine Logik war: Russland liefert Gas, unsere beiden Länder sind komplementär. Und seit 1945 sorgt Amerika in einer Welt, für die wir keine Bedrohung mehr sein wollen, für unsere Sicherheit. Aus dieser durch und durch rationalen Überlegung heraus entstand das Projekt Nord Stream. Es ging darum, die von der Ukraine und Polen erhobenen Abgaben zu umgehen. Deutschlands Tragödie besteht darin, dass es noch immer daran glaubte, von den Vereinigten Staaten beschützt zu werden.


Weltwoche: Und das ist nicht mehr der Fall?


Todd: Zbigniew Brzezinski hatte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in «Die einzige Weltmacht» Eurasien als neues «grosses Schachbrett» der Weltpolitik bezeichnet. Die russischen Nationalisten und Ideologen wie Alexander Dugin träumen tatsächlich von Eurasien. Auf diesem «Schachbrett» muss Amerika seine Vorherrschaft verteidigen   – das ist die Doktrin Brzezinskis. Also die Annäherung von Russland und China verhindern. Die Finanzkrise von 2008 hat deutlich gemacht, dass Deutschland mit der Wiedervereinigung zur führenden Macht in Europa wurde und damit auch ein Rivale der USA. Bis 1989 war es politisch ein Zwerg. Nun liess Berlin seine Bereitschaft erkennen, sich mit den Russen einzulassen. Der Kampf gegen diese Annäherung wurde zu einer Priorität der amerikanischen Strategie. Dass sie das Gasabkommen torpedieren wollten, hatten die USA stets deutlich gesagt. Der Ausbau der Nato in Osteuropa war nicht in erster Linie gegen Russland gerichtet, sondern gegen Deutschland. Deutschland, das seine Sicherheit Amerika anvertraut hatte, wurde zur Zielscheibe der Amerikaner. Ich empfinde sehr viel Mitgefühl für Deutschland. Es leidet an diesem Trauma des Verrats durch den beschützenden Freund   – der 1945 auch ein Befreier war.


Weltwoche: Und Putin hatte keine andere Wahl, als die Ukraine zu überfallen!?


Todd: Der Westen hat Russland provoziert. Der amerikanische Politologe John Mearsheimer hat nüchtern festgehalten, dass die Zusammenarbeit der Briten und Amerikaner mit seiner Armee die Ukraine faktisch zum Nato-Mitglied machte. Sie wurde aufgerüstet, um Russland anzugreifen. Putins Angriff war eine defensive Invasion. Er hatte diese Reaktion angekündigt und mit Krieg gedroht.

«Russlands Wirtschaft ist nicht zusammengebrochen. Kein Mensch kann das erklären.»


Weltwoche: Und so ist es gekommen?


Todd: Mearsheimer argumentierte, dass die Ukraine für Russland von existenzieller Wichtigkeit sei. Den Sieg Putins hielt er für eine Gewissheit. Er dachte aber auch, dass die USA die Ukraine aufgeben würden. In diesem zweiten Punkt irrte er sich. Dieser Krieg ist auch für sie von existenzieller Wichtigkeit: Falls Russland gewinnt, bricht das imperiale System der Vereinigten Staaten zusammen. Ihre Verschuldung ist phänomenal. Zur Erhaltung ihres Wohlstands sind die USA auf den Tribut der anderen Länder angewiesen.


Weltwoche: Aber plante die Ukraine wirklich einen Angriff auf Russland?


Todd: Er war in Vorbereitung. Zusammen mit Amerika, Grossbritannien und Polen wollte die Ukraine die russischen   – wirklich russischen!   – Gebiete im Donbass zurückerobern. Auch die Krim.


Weltwoche: Der Donbass und die Krim waren Teile des souveränen Staats Ukraine.


Todd: Lassen Sie mich ausreden.


Weltwoche: Bitte! Wir kommen auf die Frage zurück.


Todd: Ich leide wegen der Ukraine, es ist schrecklich, was ihr angetan wird. Sie war nie wirklich das Problem. Am Anfang ging es darum, die europäische Wiedervereinigung unter deutscher Vorherrschaft zu vereiteln. Die geostrategischen Beziehungen belegen es. Die Wahrheit der Nato sieht so aus: Sie besteht aus der Achse Washington  –London  –Warschau  –Kiew. Deutschland und Frankreich sind ihre Juniorpartner, mit ihrer vorherrschenden Stellung in Europa ist es vorbei. Die Polen und die Ukrainer beschimpfen und beleidigen permanent die Deutschen. Für sie ist das unerträglich. Die Macht, die sie zu beschützen vorgab, hat nichts unversucht gelassen, um die vorherrschende Stellung Deutschlands in Europa zu zerschlagen. Deutschland befindet sich in einer Lage, die es in kognitiver Hinsicht überfordert.


Weltwoche: Wie meinen Sie das?


Todd: Die Deutschen wollten nicht in den Krieg. Scholz, der mir ein sehr vernünftiger Mensch zu sein scheint, wurde kritisiert, weil er sich nicht engagieren wollte. Krieg ist grauenhaft, scheusslich, ekelhaft, schrecklich. Die Deutschen wissen nur zu genau, dass Nord Stream von den Amerikanern zerstört wurde. Durch eine gemeinsame militärische Aktion der Amerikaner, Briten und Polen. Gegen Deutschland. Aber sie können es nicht sagen. In Tat und Wahrheit sind die Deutschen von den Amerikanern angegriffen worden. Man wollte sie vom russischen Gas abkoppeln. Immerhin   – Deutschland hat nicht völlig kapituliert: Scholz reiste nach Peking. Deutschland verweigert den Amerikanern die Abnabelung von China.


Weltwoche: Das klingt ziemlich verrückt.


Todd: Nur so   – rational   – kann man die bizarren und widersprüchlichen Verhaltensweisen in diesem Krieg verstehen. Einerseits ist das Zusammenspannen der chinesischen und deutschen Wirtschaft vernünftig. Und weil China langfristig ein Verbündeter der Russen bleiben wird, bedeutet es auch, dass Deutschland nicht vollständig im westlichen Lager aufgeht. Gleichzeitig wird diese provozierende Reise nach China durch die Anerkennung des Holodomor als Genozid kompensiert. Das ist grotesk. Im Kontext eines beginnenden dritten Weltkriegs will das deutsche Parlament darüber bestimmen, was ein Genozid ist und was nicht. Die Deutschen sind sich der Tragweite dieses Schritts nicht bewusst. Sie setzen damit den Holodomor   – der, nebenbei gesagt, proportional weniger Tote forderte als die Grosse Hungersnot in Irland   – auf eine Stufe mit der Shoah. Mit ein bisschen Boshaftigkeit könnte man die Abstimmung im Bundestag als antisemitisch bezeichnen. Dass sie Auschwitz relativiert. In diesem Krieg hat man den Eindruck, als wolle die Welt Deutschland in den Wahnsinn treiben.


Weltwoche: Diesen Wahn meinte ich mit der Bemerkung, dass sich Deutschland dieses Mal auf der guten Seite fühlt: Es hat sich ohne äusseren Zwang in diesen Zustand versetzt. Als Kompensation seiner historischen Schuld.

«Deutschlands Tragödie besteht darin, dass es glaubte, von den USA beschützt zu werden.»


Todd: Nein. Nein! Natürlich gibt es eine Mitverantwortung. Aber in diesem Krieg geht es um Interessen, zu deren Durchsetzung schon immer Kriege geführt wurden: Gas, Machtansprüche, Territorien.


Weltwoche: Der Westen   – Europa   – spricht von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten, die in der Ukraine verteidigt würden, und vergleicht Putin mit Hitler. Putin sagt, er kämpfe für die Entnazifizierung der Ukraine. Er sieht dort Neonazis am Werk, die sich 2014 an die Macht geputscht hätten und seither einen Genozid an den Russen im Osten des Landes begehen würden. In jeder Kriegsrede verhöhnt er den Niedergang der westlichen LGBT-Zivilisation. Auch das ist nicht besonders rational.


Todd: Die Art und Weise, wie sich die LGBT-Thematik in die rhetorische Kriegsführung eingemischt hat, ist in der Tat sehr bemerkenswert. Der Westen wirft den Russen Homophobie vor, und die Duma reagiert mit noch strengeren Gesetzen gegen die LGBT-Propaganda. An dieser Front wird der Bruch zwischen dem Westen und dem Rest der Welt deutlich sichtbar. Letzterem sind die westlichen Werte und seine Demokratie gleichgültig, gegen seine moralischen Lektionen verwahrt er sich. Der Krieg in der Ukraine interessiert ihn nicht. Man kann diesen Graben auch mit anthropologischen Argumenten erklären. Im Westen sind die bilateralen Verwandtschaftssysteme vorherrschend: Die Seiten der Väter und Mütter sind gleich wichtig. Die dominierende Lebensform ist die Kleinfamilie, der Individualismus prägt die Gesellschaft. Im Rest der Welt herrscht die Kultur der Patrilinearität: Der soziale Status des Kindes hängt einzig vom Vater ab. So ist es in Russland, China, in der arabischen Welt und in Afrika. Das ist der vielleicht gefährlichste Aspekt dieses Kriegs: Unter dem Diskurs der Werte gibt es ein unterschiedliches anthropologisches Unbewusstsein. Bezüglich der LGBT-Frage können sich die beiden Welten nicht verstehen und einigen.


Weltwoche: Das heisst, die moralische Beurteilung dieses Kriegs führt in die Ausweglosigkeit?


Todd: Ich unterschätze die Bedeutung der Moral keineswegs. Ich hasse den Krieg. Ich wollte ihn nicht kommentieren, weil ich mich nicht besonders kompetent oder gar berufen fühle, ethische Werte zu predigen. Allerdings wünschte ich mir, dass die Deutschen begreifen würden: Die Seite des Guten, auf der sie stehen möchten, ist diesmal nicht jene der Vereinigten Staaten. Das Gute bedeutet: diesen Krieg beenden. Aber als Historiker analysiere ich ihn ohne Sentimentalität. Und da stellt sich die Frage: Wer wird gewinnen?


Weltwoche: Und   – Ihrer Ansicht nach?


Todd: Mit Weltkriegen ist es immer dasselbe: Es kommt völlig anders, als man denkt. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren alle überzeugt, dass er sehr schnell vorbei sein würde. 1940 galt die Maginot-Linie als unüberwindbar und Frankreichs Armee als stärkste der Welt. Diesmal herrschte die Vorstellung von den übermächtigen Russen. Völlig unerwarteterweise hat die ukrainische Armee dem Angriff standgehalten   – dank der Unterstützung. Die Sanktionen wurden in der Überzeugung erlassen, dass sie Russland in die Knie zwingen würden. Aber seine Wirtschaft ist nicht zusammengebrochen. Kein Mensch kann das erklären. Das Bruttosozialprodukt von Russland   – Belarus inbegriffen   – beträgt 3,3 Prozent des gesamten Bruttosozialprodukts des Westens. Gegenüber dem Dollar hat der Rubel seit Ausbruch des Kriegs um 23 Prozent zugelegt, 36 Prozent gegenüber dem Euro. Inzwischen stellt sich nicht mehr die Frage, ob die russische Wirtschaft widerstehen kann. Sondern die europäische. Darum rede ich so wenig über die Ukraine.


Weltwoche: Sie hat den Holodomor und den Holocaust erlebt. Jetzt ist sie der Schauplatz des dritten Weltkriegs.


Todd: Vergessen Sie das. Mir ist der Preis, den die Ukraine bezahlt, sehr wohl bewusst. Die Zerstörung des Landes. Die Toten und Verletzten. Das Leben im Krieg ist fürchterlich. Es ist zunehmend ein Zermürbungskrieg, ein Abnützungskrieg, in dem die militärische und industrielle Macht konvergieren. Gerade bezüglich der industriellen Potenz der Kontrahenten hatten wir völlig falsche Vorstellungen. Obwohl eine nüchterne Analyse eine andere Einschätzung aufgedrängt hätte. Nach dem Zweiten Weltkrieg betrug der Anteil der USA an der weltweiten Industrieproduktion 45 Prozent. Inzwischen sind es noch maximal 27 Prozent. Im Bereich des Maschinenbaus ist China mit 29 Prozent führend. Es folgen Deutschland und Japan mit je ungefähr 15 Prozent. Um den vierten Platz rivalisieren Italien und die USA mit je 7 Prozent. China hat die amerikanische Arbeiterschaft zerstört, und weil Trump das erkannt und gesagt hat, wurde er Präsident.


Weltwoche: Wie steht es um die industrielle Stärke und Reserven der Russen?›››


Todd: Auf beiden Seiten kommen zusehends weniger hochentwickelte Waffen zum Einsatz, man kann nicht abschätzen, welche Seite zuerst aufgeben wird. Der Krieg macht das fundamentale Problem der Amerikaner bewusst: Es fehlt ihnen an Ingenieuren. In den USA werden 7 Prozent der Studenten zu Ingenieuren ausgebildet. In Russland sind es 25 Prozent.


Weltwoche: Bei einem vergleichbaren intellektuellen Niveau?

Todd: Es ist in Russland zweifellos höher. Die Amerikaner kompensieren ihr Defizit mit der Einwanderung. Die Hälfte der amerikanischen Wissenschaftler und Ingenieure kam ausserhalb des Landes zur Welt. Es handelt sich vor allem um Inder und Chinesen. Man kann sich ausrechnen, was passiert, falls China die Auswanderung seiner Studenten verbietet. Die Waffenindustrie ist auf Ingenieure angewiesen. Auch eine moderne Armee besteht aus Ingenieuren. Ich habe Putins Texte gelesen. Er weiss um die Schwäche der Amerikaner und die Deindustrialisierung. Ihm ist bewusst, dass ihre Wirtschaft zum Teil auf fiktiven Werten beruht und sie ihren Wohlstand der Notenpresse verdanken. Deshalb hat er es gewagt, sie anzugreifen. Ich habe keine Ahnung, wie es sich mit dem gegenwärtigen Kräfteverhältnis verhält. Die Nato ist dabei, ihre Bestände zu verbrauchen. Russland genauso. Trotz seines lächerlich kleinen Bruttosozialprodukts ist es in der Lage, den Amerikanern zu widerstehen. Der Westen hat die Russen völlig unterschätzt, sein intellektuelles Defizit ist erschreckend.

«Ich verstehe Putins Denken und Handeln und kann es in drei Minuten erklären.»


Weltwoche: Putin und die Russen sind intelligenter?


Todd: Ihre Strategie setzt auf die «longue durée» des amerikanischen Niedergangs. Amerika kompensiert ihn mit dem Druck auf seine alten Protektorate. Die Kontrolle über Europa   – vor allem Deutschland   – und Japan ist zu seiner Priorität geworden. Gegen seinen Krieg im Irak hatten Chirac, Schröder und Putin an einer gemeinsamen Pressekonferenz protestiert. Seither hat Amerika das erreicht, was man auf Deutsch die «Gleichschaltung» Europas nennt. Der Rest der Welt aber hält es mit Russland. Als es kommunistisch war, verbreitete es Angst und Schrecken. Es war atheistisch, imperialistisch. Heute steht Russland für eine konservative Weltsicht und verteidigt die Souveränität der Völker und Nationen, die alle ein Recht auf Existenz haben.

Weltwoche: Ausser der Ukraine. Ihr hat Putin nicht nur dieses Recht abgesprochen. Er hat ihre Existenz geradezu negiert.


Todd: Putin hatte verlangt, dass in den russischsprachigen Gebieten die Sprache respektiert wird. Und er wollte, dass die Ukraine nicht der Nato beitritt. Dieser Krieg hätte vermieden werden können.


Weltwoche: Ganz einfach: Niemand hat Putin zum Überfall gezwungen.


Todd: Deutschland und Frankreich sind mitverantwortlich. Man war ständig in Kiew. Europa träumte von seiner Ausdehnung nach Osten, in die Ukraine. Ausgelöst hat die russische Reaktion die militärische Aufrüstung, Ausbildung und «Beratung» der ukrainischen Armee. Wenn die Nato darauf verzichtet hätte, die Ukraine zu einem Teil ihres militärischen Dispositivs zu machen, hätte es diesen Krieg nicht gegeben.


Weltwoche: Das alles geschah mit Einwilligung der Ukraine, und niemand hat Putin gezwungen, dieser Provokation in die Falle zu gehen.


Todd: Donezk befindet sich hundert Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Die Distanz zu Washington beträgt 8400 Kilometer. Der Krieg spielt sich an der Grenze Russlands ab. Auch deshalb ist es ein defensiver Krieg   – ein Verteidigungskrieg. Ich stelle die Existenzberechtigung der Ukraine nicht in Frage. Und als Anthropologe habe ich gute Argumente, ihre Existenz zu untermauern: Die Familienstrukturen in der Ukraine sind der liberalen und individualistischen Tradition Europas sehr viel näher als dem patriarchalen, autoritären System Russlands.


Weltwoche: Was sagt die Demografie über die Ukraine aus?


Todd: Es hat seit 2001 keine Volkszählung gegeben. Die Bevölkerung nimmt rapide ab. Welche Regionen sind betroffen, wer ist ausgewandert, wer ist geblieben? Man weiss es nicht. Heute wird das Land als angehende Demokratie verklärt. Zu Beginn des Kriegs war es ein failed state und völlig korrupt. Die Ukraine wird fremdfinanziert, sie ist kein klassischer Staat mehr. Das wenige, was ich weiss: Das Land ist fähig, Krieg zu führen. Aber ich habe keine Ahnung, wie es funktioniert. Kaum war es befreit, weigerte es sich, die Kontrolle über die russischen Gebiete abzugeben. Das ist ein bekanntes Verhalten, diesen Fall hat es zwischen den Weltkriegen mehrfach gegeben. Der Anspruch der Ukraine, zwei relativ kleine Regionen gegen deren Willen und jenen des zehnmal mächtigeren Nachbarn Russland behalten zu wollen, ist nicht vernünftig. Er ist absurd. Russland verlangte Garantien für seine Sicherheit. Und es forderte für die russischen Bevölkerungen im Donbass und auf der Krim, die wirklich russisch sind, ein Leben, das ihre kulturelle Autonomie respektiert. Dieser Krieg hätte nicht ausbrechen dürfen. Wie alle Kriege.


Weltwoche: Und jetzt ist es ein Weltkrieg.


Todd: Wenn Russland überlebt, den Donbass und die Krim behält, wenn seine Wirtschaft weiterhin funktioniert und es seine Handelsbeziehungen neu gestalten kann, mit China und Indien   – dann hat Amerika den Krieg verloren. Und in der Folge wird es seine Alliierten verlieren. Deshalb werden Amerika und die Nato weitermachen. Und darum handelt es sich um einen Weltkrieg, der andauern wird. Seine hauptsächlichste Ursache ist die Krise des Westens.


Weltwoche: Die sie mit der Demografie und der Desindustrialisierung begründen.


Todd: Der Westen besteht aus den Atlantikstaaten USA, Grossbritannien und Frankreich. Sie haben der Welt die Aufklärung, die Vernunft, den Liberalismus beschieden. Die Abwicklung der Industrie zugunsten einer Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft ist ihnen gemein. In diesem Sinn sind Japan und Deutschland, die weiterhin auf die Industrie setzen, keine westlichen Staaten. In Deutschland ist die Emanzipation der Frauen weniger weit fortgeschritten und die Rollenverteilung der Geschlechter traditioneller als in Frankreich und England. Und weil die Frauen weniger studieren, gibt es mehr Ingenieure. 1933, als Hitler an die Macht kam, wäre niemand auf die Idee gekommen, Deutschland als westliches Land zu bezeichnen.


Weltwoche: Diese Zugehörigkeit kam mit der Niederlage 1945?


Todd: Die Zugehörigkeit von Japan und Deutschland zum Westen ist die Folge einer militärischen Eroberung. Die Japaner sind sich dessen völlig bewusst. Ich kenne das Land, ich war mehr als zwanzigmal in Japan, wo ich wirklich bekannt bin. Die Japaner reden ganz normal darüber. Aber sie haben keine Lust, zum Westen zu gehören. Sie sind sehr modern, doch gleichzeitig halten sie an ihrer Tradition und Kultur fest. Die Deutschen tun so, als würden sie zum Westen gehören. Auch das ist Teil ihrer Neurose. Durch den Krieg ist die führende europäische Wirtschaftsmacht wieder zu einem verängstigten, bevormundeten Protektorat geworden. Aber ich kann die Deutschen sehr wohl verstehen. Auch mich hat dieser Krieg in eine tiefe Sinnkrise gestürzt. Ich darf Ihnen das erzählen, weil wir uns schon so lange kennen. Ich dachte immer, wir, die Franzosen, seien Dummköpfe. Und ich tröstete mich mit England, wo drei meiner Enkel leben. Ich habe in Cambridge studiert, es ist meine geistige Heimat. Aber heute ist England ein verwirrtes Land im Untergang. Seine Presse und seine Regierung frönen einem Kriegsdelirium, wie es nicht einmal in Deutschland zu beobachten ist. Bei allem, was ich in den letzten Jahrzehnten geschrieben habe, auch zum Irakkrieg: Nie habe ich die Engländer auch nur mit einem einzigen Wort kritisiert. Jetzt bringen sie mich zur Verzweiflung.


Weltwoche: Wie sehen Sie die Welt von morgen?


Todd: Der Westen hat seine Werte verloren und befindet sich in einer Spirale der Selbstzerstörung. Europa gerät wieder unter die amerikanische Herrschaft. Wegen seiner schwachen Demografie wird nicht China die Welt beherrschen, sondern Indien zur Supermacht aufsteigen. Russland ist im Begriff, sich als kulturell konservative, in technischer Hinsicht fortschrittliche Grossmacht neu zu bestimmen. Doch obwohl es die traditionellen Werte der Familie verteidigt und die LGBT-Bewegung bekämpft, wird seine Geburtenrate nicht besser. Das bedeutet, dass es bereits in der gleichen metaphysischen Krise steckt wie der Westen. In der Ukraine führen sie gegeneinander Krieg. Wenn er nicht gestoppt wird, werden ihn alle verlieren.


Quelle: https://weltwoche.ch/story/in-diesem-krieg-geht-es-um-deutschland/?postcomments


Mit freundlicher Genehmigung von WELTWOCHE


*Emmanuel Todd ist Soziologe, Anthropologe und Historiker, er absolvierte das Institut d'études politiques de Paris und promovierte in Cambridge in Geschichte. Von 1977 bis 1984 war er Literaturkritiker für die französische Zeitung Le Monde , seitdem arbeitet er am Institut national d'études démographiques.


Info: https://seniora.org/wunsch-nach-frieden/der-wunsch-nach-frieden/in-diesem-krieg-geht-es-um-deutschland?acm=3998_1626


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

31.01.2023

Verheerende Menschenrechtsbilanz der Übergangsregierung

pressenza.net, vom 30.01.23 - poonal - Pressedienst lateinamerikan. Nachrichtenagenturen



(Bild von Die peruanische Nationale Menschenrechtskoordination beschreibt in ihrem neuen Bericht schwerste Menschenrechtsverbrechen der Übergangsregierung. Foto: Servindi)


Die peruanische Nationale Menschenrechtskoordination (CNDDHH) hat einen Bericht zur Menschenrechtslage in Peru veröffentlicht. Demnach wurden in den bisherigen 50 Tagen der Regierung Boluarte zahlreiche Menschenrechtsverletzungen registriert.


Zitat: Die Situation „fordert eine politische Lösung, wie den Rücktritt (von Boluarte) und Neuwahlen, betonte die Generalsekretärin der CNDDHH, Jennie Dador. Der Bericht „50 Tage Repression in Peru. Menschenrechtsverletzungen bei Protestaktionen“ beklagt eine exzessive Repression seitens der peruanischen Regierung. Dieser sind demnach bis zum 26. Januar 56 Menschen zum Opfer gefallen, davon sieben Minderjährige. 46 davon wurden durch staatliche Akteure getötet. Außerdem wurden 912 Verletzte registriert.


Der Bericht dokumentiert auch Fälle von außergerichtlichen Hinrichtungen während der sozialen Proteste und den Einsatz verbotener Waffen wie Kalashnikov-Sturmgewehre seitens der Sicherheitskräfte.


56 Tote in 50 Tagen

Damit widerspricht der Bericht der offiziellen Version, der zufolge sich „die Demonstrant*innen untereinander umgebracht haben“. Der Bericht spricht auch von willkürlicher Gewaltanwendung gegen friedlich demonstrierende Bürger*innen.


Dokumentiert wurden auch Fälle von Folter durch die Polizei. So sei eine Gruppe von acht Personen am 12. Dezember in Andahuaylas festgenommen und in Haft brutal verprügelt worden. Die CNDDHH erwähnt auch willkürliche Massenfestnahmen wie bei dem Überfall auf die Universität von San Marcos in Lima, bei dem 193 Menschen verhaftet wurden.


Die Protestierenden würden des „Terrorismus“ bezichtigt, heißt es weiter. Laut dem Bericht behindert die Polizei die juristische Verteidigung der Verhafteten sowie die Medienberichterstattung.


Vorgehen der Polizei „von tiefem Rassismus geprägt“

„Das Vorgehen der Polizei ist von tiefem Rassismus geprägt“, betonte zudem Mar Pérez, Anwältin der CNDDHH. So sei es kein Zufall, dass die Todesfälle alle in indigen geprägten Regionen des Landes verzeichnet wurden, während es in der Hauptstadt Lima bislang keine Toten gegeben habe, so Pérez.


An der Pressekonferenz nahm auch María Ysabel Samillán Sanga teil, die Schwester von Marco Antonio Samillán Sanga. Der junge Arzt aus Puno wurde am 9. Januar bei dem Versuch, Verletzten zu helfen, erschossen. Auch Ruth Bárcena war anwesend, die Witwe von Leonardo Hancco, der am 15. Dezember in Ayacucho außergerichtlich hingerichtet wurde.


Die Angehörigen der Opfer berichteten, unter welchen Umständen ihre Verwandten getötet wurden. Sie wiesen jegliche Verwicklung in terroristische Aktionen ab, betonten, dass sie bedroht würden und forderten Gerechtigkeit.


Hier findet ihr den Bericht (auf Spanisch)


Hier findet ihr Fotos und Zeug*innenaussagen


Der Originalartikel kann hier besucht werden



Info: http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/01/verheerende-menschenrechtsbilanz-der-uebergangsregierung

31.01.2023

RAND-Studie: Gedankenspiele zu Verhandlungen oder Eingeständnis der Niederlage?

meinungsfreiheit.rtde.life, vom 30 Jan. 2023 19:18 Uhr, Von Dagmar Henn

"Einen langen Krieg in der Ukraine vermeiden" heißt der Titel der neuesten Studie der RAND Corporation. Sie spricht viele Dinge aus, die man so nicht in der Zeitung lesen wird – und entwirft einen Weg, wie die USA sich zu Siegern erklären und aussteigen könnten.


RAND-Studie: Gedankenspiele zu Verhandlungen oder Eingeständnis der Niederlage?Quelle: Sputnik © Viktor Antonju


Soledar, 13. Januar 2023



Die Texte der US-Denkfabrik RAND Corporation sind es meist wert, beachtet zu werden. Nicht, weil sie wesentlich klüger sind als anderes, das aus dem Neocon-Umfeld kommt, sondern weil sie manchmal direkte Vorlagen für die US-Außenpolitik liefern und gelegentlich Einblicke in die inneren Widersprüche der außenpolitischen Blase bieten. Die Studie mit dem Titel "Overextending Russia", die 2019 veröffentlicht wurde, liest sich geradezu wie ein Drehbuch der letzten Jahre. Die neue Studie mit dem Titel "Avoiding a Long War", einen langen Krieg in der Ukraine vermeiden, zeigt, dass zumindest in Teilen des Washingtoner Establishments Überlegungen anfangen, dass man aus dem Projekt Ukraine allmählich aussteigen sollte.


Kreml zu Konditionen für Rücknahme von US-Sanktionen: "Mangelnde Flexibilität"




Kreml zu Konditionen für Rücknahme von US-Sanktionen: "Mangelnde Flexibilität"






Dabei beruht auch diese Studie zu weiten Teilen noch auf Illusionen; so wird beständig betont, wie erfolgreich die Sanktionen gegen Russland doch gewesen wären. Allerdings erweisen sich diese Illusionen im Gesamtzusammenhang letztlich als nützlich, aber dazu am Schluss der Betrachtung.


"Dieser Krieg", stellen die Autoren fest – zwei Politologen, worüber sich Andrei Martjanow in seiner gewohnten Weise lustig machte –, "ist der bedeutendste zwischenstaatliche Konflikt in Jahrzehnten." Das ist das erste Eingeständnis, das sich in diesem Bericht findet. Das zweite bezieht sich auf das in der Politik stetig wiederholte Mantra, die Ukraine müsse siegen: "dieses optimistische Szenario ist unwahrscheinlich." Und der dritte Punkt, dessen Erwähnung tatsächlich ein erstaunliches Moment von Realismus darstellt: "Es gibt Belege dafür, dass der Kreml diesen Krieg als beinahe existentiell wahrnimmt."


Aufmerksame Leser hätten das Detail, dass es für Russland um existenzielle Fragen geht, bereits den russischen Forderungen im Dezember 2021 entnehmen können, aber im Westen wird weitgehend so getan, als handele es sich nur um eine Rechtfertigung für Aggression und nicht um eine Befürchtung mit handfesten materiellen Grundlagen. Dreh- und Angelpunkt der ganzen Auseinandersetzung um eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ist die Tatsache, dass im Falle einer Stationierung atomwaffenfähiger Raketen auf ukrainischem Gebiet die Vorwarnzeit für Moskau auf wenige Minuten schrumpft.


Liveticker Ukraine-Krieg: Russische Truppen festigen Positionen nach Gebietsgewinnen bei Saporoschje





Liveticker Ukraine-Krieg: Russische Truppen festigen Positionen nach Gebietsgewinnen bei Saporoschje





Zu Zeiten des Kalten Kriegs, als das Bewusstsein für die Risiken einer nuklearen Auseinandersetzung noch höher waren, hätte der Westen noch erkannt, dass eine solche Verkürzung für ihn selbst kontraproduktiv ist, weil das Risiko von Fehlentscheidungen umso höher ist, je kürzer die für eine Entscheidung gegebenenfalls verbliebene Zeit ist. Und während nach Hiroshima und Nagasaki nie wieder ein Befehl zum Einsatz solcher Waffen gegeben wurde, gab es eine ganze Reihe von Ereignissen, bei denen die Menschheit nur mit viel Glück einer versehentlichen Aktivierung des nuklearen Arsenals entging.


Aber zurück zur Studie. Die Ziele werden in solchen Papieren üblicherweise offen, also ohne die ganze "Werte"-Dekoration benannt, und das Ziel der US-Strategie ist, davon wird auch in diesem Papier ausgegangen, die Schwächung Russlands. Dieses Ziel wird als teilweise erreicht betrachtet, weil "Russlands konventionelle Fähigkeiten in der Ukraine dezimiert wurden" und die Sanktionen die russische Wirtschaft geschwächt hätten.


Es müsse sorgfältig abgewogen werden, ob eine längere Fortsetzung des Krieges in der Ukraine mehr nutze oder mehr schade. Dabei bestehe ein Risiko in zweierlei Hinsicht: Zum einen bestehe die Gefahr, dass es doch zu einem offenen Konflikt zwischen Russland und der NATO komme, und zum anderen steige mit der Länge des Konflikts auch das Risiko einer nuklearen Eskalation durch Russland. Das Risiko einer direkten Konfrontation wird dabei als hoch eingeschätzt: "Das Ausmaß, in dem NATO-Alliierte indirekt in den Krieg involviert sind, ist atemberaubend."


Die große Panzerlüge





Meinung

Die große Panzerlüge







Jedes Endergebnis unterhalb der ukrainischen Grenzen von 2014 würde das Ziel nicht erreichen, die "russischen Verletzungen internationaler Normen" aufzuheben. "Und die Kontrolllinie vom Dezember 2022 beraubt Kiew keiner wirtschaftlich bedeutenden Gebiete, die die Existenzfähigkeit des Landes dramatisch beeinflussen würden."


Ausgangspunkt der gesamten folgenden Überlegungen ist also die Kontaktlinie vom vergangenen Dezember; einer der Punkte, die diese Studie so ungewöhnlich machen. "Angesichts der nachlassenden Geschwindigkeit der ukrainischen Gegenoffensive im Dezember 2022 wird es Monate, wenn nicht Jahre dauern, die Kontrolllinie vor dem Februar 2022 – ganz zu schweigen von dem territorialen Status quo vor 2014 – wiederherzustellen."


An diesem Punkt ist die Sicht ungewohnt realistisch. Ebenso, was die Frage der Krim betrifft: "Mehr noch, wenn die Ukraine über die Kontrolllinie vor dem Februar 2022 hinaus vordringt und es ihr gelingt, Gebiete zurückzuholen, die Russland seit 2014 besetzt hält (insbesondere die Krim, wo die russische Schwarzmeerflotte stationiert ist), wird das Risiko der Eskalation – entweder eines Einsatzes von Atomwaffen oder eines Angriffs auf die NATO – einen Gipfel erreichen."

Es geht nicht darum, ob die Begründung realistisch ist oder nicht; entscheidend ist – es wird zumindest offen thematisiert, dass die Krim unter keinen Umständen zu haben ist. Beim gegenwärtigen Geisteszustand des Westens ist das schon härtester Realismus.


Enkelin von Holocaust-Opfer: "Russland wurde von den USA zu diesem Krieg gezwungen"




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Ohnehin sei eines der Hauptziele bereits erreicht: "Es wird Jahre, vielleicht Jahrzehnte dauern, bis sich das russische Militär und die russische Wirtschaft von dem Schaden erholen, der ihnen bereits zugefügt wurde." Auch das Ziel, die europäischen Länder von der russischen Energieversorgung abgeschnitten zu halten, benötige keine weitere Verlängerung des Krieges: "Es ist wahrscheinlich, dass die europäischen Länder diese Politik beibehalten, gleich, wie lange dieser Krieg dauert."


Auf der anderen Seite stünden die zunehmenden Belastungen durch die militärische Unterstützung. "Die Intensität der militärischen Unterstützungsbemühungen könnte nach einiger Zeit auch nicht mehr aufrechtzuerhalten sein. Schon jetzt wird berichtet, dass die Vorräte einiger Waffen in den USA und Europa gering sind. Es gibt also Grund, sich zu fragen, ob ein längerer Krieg zu weiteren ukrainischen Gewinnen führt – Verluste sind ebenfalls möglich."

Gleiches gilt für die finanziellen Leistungen, um die Ukraine am Laufen zu halten: "Die Kosten für die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, den ukrainischen Staat wirtschaftlich liquide zu halten, werden sich mit der Zeit vervielfachen, da der Konflikt Investitionen und Produktion verhindert; ukrainische Flüchtlinge können weiter nicht zurückkehren, und im Ergebnis fallen Steuereinnahmen und Wirtschaftsaktivität weit tiefer als vor dem Krieg."


Kriegshysterie im Westen – Russen unaufgeregt und gelassen




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An einem Punkt liefert dieses Papier sogar eine Schätzung für die menschlichen Kosten, die Westeuropa auferlegt wurden: "Allein die Erhöhung der Energiekosten wird wahrscheinlich zu 150.000 zusätzlichen Todesfällen (4,8 Prozent über dem Durchschnitt) in Europa im Winter 2022/23 führen."


Das nächste Argument, das gegen einen langen Krieg ins Feld geführt wird, bezieht sich auf China: "Die Fähigkeit der USA, sich auf ihre anderen globalen Prioritäten zu konzentrieren – insbesondere die Konkurrenz mit China –, wird solange begrenzt bleiben, solange der Krieg die Zeit führender Politiker und militärische Ressourcen der USA absorbiert. (…) Ein längerer Krieg, der Russlands Abhängigkeit [von China] erhöht, könnte China Vorteile in seiner Konkurrenz mit den Vereinigten Staaten verleihen."


Zu guter Letzt wird auch noch die Erwartung eines Regimewechsels in Russland angesprochen und verworfen: "Es gibt wenige historische Belege, die nahelegen, dass ein Regime Change in Russland die notwendige Folge von Fehlschlägen auf dem Schlachtfeld wäre. (...) Mehr noch, es gibt keine Garantie, dass ein neuer russischer Staatschef in irgendeiner Weise eher geneigt wäre, mit der Ukraine Frieden zu schließen, als Putin. Mehr noch, ein Regimewechsel in Moskau muss die Intensität des Wettbewerbs zwischen den Vereingten Staaten und Russland auf anderen Feldern nicht verringern."


Ein Bataillon für Kiew: Warum Joe Biden Abrams-Panzer an die Ukraine übergibt




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Auf dieser Grundlage kommt das Papier zu dem Schluss, dass eine längere Fortsetzung des Konflikts in der Ukraine den Vereinigten Staaten mehr Nachteile als Vorteile brächte, und daher eine Beendigung durch Verhandlungen anzustreben wäre, wobei sowohl die Variante Waffenstillstand als auch die Variante Friedensschluss betrachtet werden.


Eines der Hauptprobleme dabei wäre die Frage der ukrainischen Neutralität. "Russland würde vermutlich in einem Frieden, in dem die Ukraine eine glaubwürdige Zusicherung macht, sich nicht der NATO anzuschließen, einen bedeutenden Nutzen sehen. Aber Russland hat wenig Glauben, dass irgendeine ukrainische Zusage von Neutralität eingehalten würde. Moskau hat Verschiebungen in der ukrainischen Außenpolitik erlebt und hat eine düstere Sicht auf die Fähigkeit der ukrainischen Eliten, Versprechen langfristig zu halten."


In Wirklichkeit ist das Vertrauen in die Führungen der westlichen Staaten auch nicht höher, spätestens seit den Aussagen von Angela Merkel und François Hollande, die im Grunde einen Zustand herbeigeführt haben, in dem es im gesamten Westen keinen vertrauenswürdigen Verhandlungspartner mehr gibt; denn wenn selbst Verträge, die durch den UN-Sicherheitsrat bestätigt wurden, das Papier nicht mehr wert sind, auf dem sie stehen. Aber diese Bemerkung ist das erste Zeichen, dass irgendwo innerhalb der Blase, die die US-Außenpolitik steuert, wahrgenommen wird, dass es da ein Problem gibt.


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Meinung

Nukleare Abschreckung: In Russland sucht man nach Wegen, sie wieder glaubhaft werden zu lassen





Die ukrainische Seite müsse mit entsprechendem Druck überzeugt werden: "Hilfe mit der ukrainischen Bereitschaft zu Verhandlungen zu verknüpfen, war in der westlichen Politikdebatte ein Anathema, und das aus gutem Grund: Die Ukraine verteidigt sich gegen eine unprovozierte russische Aggression. Die Berechnungen der USA mögen sich jedoch ändern, wenn Kosten und Risiken des Kriegs steigen."


Inzwischen sind wir mit den Überlegungen von RAND genau bei den Punkten angekommen, die im vorletzten Dezember auf dem Tisch gelegen hatten, und noch ein Stück darüber hinaus – bis Ende Februar hatten für Russland die Minsker Vereinbarungen als Richtschnur gegolten. Es hätte nie einen russischen Militäreinsatz gegeben, hätte sich irgendeine der westlichen Mächte ernsthaft für diese Vereinbarungen eingesetzt, beispielsweise, indem Hilfe von ukrainischer Verhandlungsbereitschaft abhängig gemacht worden wäre. Nach elf Monaten, nachdem zwei komplette ukrainische Armeen aufgerieben wurden, kommt ein US-Thinktank darauf, man könnte das russische Verlangen nach ukrainischer Neutralität ernst nehmen.


Sogar die Verhandlungen in Istanbul, die damals von Boris Johnson sabotiert wurden, werden erwähnt: "Als Teil des Istanbuler Kommuniqués hätte Russland eine völkerrechtliche Verpflichtung der Vereinigten Staaten und mehrere NATO-Alliierter auf ukrainische Neutralität erhalten, zusätzlich zur eigenen Verpflichtung der Ukraine. Eine entsprechende Verpflichtung auf die Neutralität der Ukraine durch die USA und ihre Verbündeten würde eine größere zusätzliche Hürde – einen Wechsel in der westlichen Politik oder sogar dem Recht, abhängig von der Natur der Verpflichtung – für einen Beitritt der Ukraine schaffen. Ein solches Versprechen könnte das Problem lösen, das für Russland in der Glaubwürdigkeit dieser Zusicherung besteht."


Europa wurde durch die NATO bereits destabilisiert – ist jetzt Asien dran?





Analyse

Europa wurde durch die NATO bereits destabilisiert – ist jetzt Asien dran?





Während die gesamte politische Rhetorik des Westens immer noch auf einen militärischen Sieg der Ukraine gerichtet ist, dessen Möglichkeit in diesem Papier relativ knapp abgefertigt wurden, werden hier auch Geländegewinne als zweifelhaftes Ziel gesehen: "Kontrolle über Territorium ist, auch wenn sie für die Ukraine sehr wichtig ist, nicht die wichtigste Dimension in der Zukunft des Krieges für die Vereinigten Staaten. Wir schließen, dass es für die Vereinigten Staaten, neben der Verhinderung einer möglichen Eskalation in einen Krieg zwischen Russland und der NATO und eines russischen Einsatzes von nuklearen Waffen, eine höhere Priorität hat, einen langen Krieg zu vermeiden, als der Ukraine die Kontrolle über bedeutend mehr Gebiet zu ermöglichen."

Das Gesamtpaket, das in dieser RAND-Studie vorgeschlagen wird, läuft also auf Verhandlungen auf der Grundlage der Frontlinie vom 22. Dezember hinaus, unter Garantien für eine dauerhafte Neutralität der Ukraine. Selbst weitere Zugeständnisse sind möglich: "Die Fähigkeit der USA, im Detail zu beeinflussen, wo die Linie letztlich gezogen wird, ist sehr begrenzt, da das US-Militär nicht direkt an den Kämpfen beteiligt ist."


Natürlich wäre eine solche Kehrtwende nicht leicht zu erreichen: "Eine dramatische Veränderung der US-Politik gleichsam über Nacht ist politisch unmöglich – sowohl innenpolitisch als auch mit den Verbündeten – und wäre in jedem Fall unklug. Aber diese Instrumente jetzt zu entwickeln und die Ukraine und die US-Verbündeten damit vertraut zu machen, mag helfen, den eventuellen Beginn eines Prozesses zu befördern, der diesen Krieg in einem Zeitrahmen zu einem verhandelten Ende bringt, der den US-Interessen nützt. Die Alternative ist ein langer Krieg, der die Vereinigten Staaten, die Ukraine und den Rest der Welt vor größere Herausforderungen stellt."

Wie lautet nach Martjanow die Formel, mit der die USA ihre Kriege beenden? Den Sieg erklären und sich zurückziehen. Dieses Papier der RAND-Corporation ist unverkennbar eine Reaktion auf die drohende westliche Niederlage, das zeigt sich allein an den Unterschieden zu den russischen Vorschlägen vom Dezember 2021: immerhin ganz Lugansk und größere Teile von Donezk, Saporoschje und Cherson. Auch wenn es äußerst unwahrscheinlich ist, dass Russland darauf einginge, schon allein, weil das Vertrauensproblem noch weit größer ist als von den Autoren wahrgenommen – das wirklich Interessante ist, dass in diesem Papier die Linie entwickelt wird, wie die USA ihre Niederlage als Sieg verkaufen könnten. So absurd das klingt, ist es exakt dieser Punkt, der dem Papier durchaus eine gewisse Wirksamkeit verleihen könnte. Es ist das erste Eingeständnis der westlichen Niederlage, mit genug Zuckerguss umhüllt, dass selbst Angehörige des politischen Establishments der USA diese bittere Pille schlucken könnten.


Mehr zum Thema - Koreanisches Szenario: Wo könnte der russisch-ukrainische "38. Breitengrad" verlaufen?


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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.

Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/europa/161201-rand-studie-gedankenspiele-zu-verhandlungen-oder-eingestaendnis-der-niederlage


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

31.01.2023

Die Weltordnung und ihre Profiteure     Kanzler Scholz hat in Argentinien den Bezug von Frackinggas angebahnt. Fracking löst in der Förderregion viele Erdbeben aus. Argentinien sucht westliche Dominanz abzuschütteln.

german-foreign-policy.com, 31. Januar 2023

BUENOS AIRES/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung bemüht sich um den Bezug größerer Mengen an Frackinggas aus Argentinien. Das ist ein Ergebnis der dreitägigen Südamerikareise, von der Bundeskanzler Olaf Scholz am heutigen Dienstag zurückkehrt. Das Gas soll in verflüssigter Form importiert werden und dazu beitragen, russisches Erdgas vollständig zu ersetzen. Es wird aus der Schieferformation Vaca Muerta („Tote Kuh“) im Westen Argentiniens gefördert, wo auch das deutsche Unternehmen Wintershall Dea tätig ist. Einwohner der Region klagen seit Jahren über gravierende Umweltschäden und darüber, dass seit Beginn des Frackings hunderte Erdbeben verzeichnet wurden. Während Berlin sich dort mit Gas eindecken will, unternimmt Buenos Aires neue Schritte, um die überkommene westliche Dominanz abzuschütteln. So hat es etwa die Mitgliedschaft im BRICS-Bündnis beantragt und dies damit begründet, die gegenwärtige „Weltordnung“ sei „erwiesenermaßen von und zum Nutzen einiger weniger geschaffen“ worden. Jüngste westliche Forderungen, Waffen aus russischer Produktion in seinen Beständen an die Ukraine zu liefern, weist Argentinien kategorisch zurück.


Zitat: Vaca Muerta

Argentinien, das Land mit dem größten Erdgasmarkt Südamerikas, fördert Gas seit langer Zeit und hat es über viele Jahre hin auch exportiert – via Pipelines nach Chile, Uruguay und Brasilien.[1] Wegen des gestiegenen Eigenbedarfs waren die Ausfuhren vor gut 15 Jahren allerdings dramatisch geschrumpft; erst in den vergangenen Jahren hat das Land mit der Steigerung der Förderung von Schiefergas begonnen, wieder Potenzial für Erdgasexporte zu entwickeln. Schwerpunkt der Schiefergasförderung ist die Formation Vaca Muerta („Tote Kuh“), die ihren Mittelpunkt in der Provinz Neuquén im Westen des Landes hat. Vaca Muerta gilt als zweitgrößte Schiefergaslagerstätte weltweit. In der Hoffnung, den Gasexport weiter steigern zu können, treibt Buenos Aires den Ausbau der Transportinfrastruktur voran; so wird derzeit eine Pipeline aus dem Gebiet von Vaca Muerta in die Hauptstadtregion errichtet, wo der Bau von Exportterminals für Flüssiggas geplant ist. Buenos Aires kämpft dabei mit ökonomisch ungünstigen Rahmenbedingungen. So hemmt die exzessive Inflation, die im Dezember bei annähernd 100 Prozent lag, die erforderliche Investitionstätigkeit, während es Schwierigkeiten gibt, genug Frackingausrüstung zu beschaffen.[2]


Wintershall Dea

Zu den Ländern, die künftig argentinisches Flüssiggas erwerben wollen, zählt Deutschland. Mögliche Lieferungen waren bereits Gegenstand der Gespräche, zu denen Präsident Alberto Fernández im Mai 2022 nach Berlin gereist war; Fernández erklärte damals, Buenos Aires wolle „die Welt ... mit LNG beliefern“ und sehe dabei „große Chancen, mit Deutschland zu arbeiten“.[3] Am Samstag bekräftigte Argentiniens Präsident nach seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in der argentinischen Hauptstadt, man habe nicht zuletzt „über Erdgas“ geredet, „das wir mit dem Vorkommen in Vaca Muerta haben“. Scholz bestätigte, man werde sich zukünftig bei der „Nutzung von Flüssiggas“ eng miteinander abstimmen.[4] Das ist auch deshalb von Interesse, weil die deutsche Wintershall Dea in Argentinien Erdgas fördert. Das Unternehmen hat seine Tätigkeit in dem Land 1978 aufgenommen, also in der Zeit der Militärdiktatur. Heute zählt es zu den fünf größten Erdgasförderern im Land.[5] Unter anderem ist es daran beteiligt, Schiefergas aus der Formation Vaca Muerta zu fracken. Wintershall Dea gibt an, bis 2026 bis zu 350 Millionen Euro in Argentinien investieren zu wollen – in Projekte in den Provinzen Tierra del Fuego (Feuerland) und Neuquén.[6]


Hunderte Erdbeben

Das Fracking ruft in den Gebieten, unter denen sich die Vaca Muerta-Formation erstreckt, erhebliche Schäden hervor und hat immer wieder Proteste ausgelöst. Schon vor Jahren wurde von Lecks an den Bohrstellen berichtet und davon, dass die Einwohner und die Nutztiere in der Region gesundheitliche Schäden davontrugen. Unfälle verstärkten die Probleme, hieß es; allein im Jahr 2018 seien 934 Pannen an insgesamt 95 Bohrstellen geschehen.[7] Darüber hinaus treten vermehrt Erdbeben auf. Wurden in der Region vor 2015 keine Erdbeben registriert, so waren es seit 2018 rund 400; 90 Prozent davon ereigneten sich laut einer neuen wissenschaftlichen Untersuchung zur selben Zeit wie größere Frackingoperationen.[8] Die Erschütterungen beschädigen regelmäßig Gebäude und versetzen die Bewohner in Angst und Schrecken. Ein argentinischer Aktivist konstatiert mit Blick darauf, dass auch die deutsche Wintershall Dea an der Schiefergasförderung beteiligt ist: „Das Unternehmen begeht Umweltverbrechen mit Fracking, was es im eigenen Land nicht praktizieren darf.“[9] Die aktuelle Ausweitung des Frackings wiederum kommt dem Plan der Bundesregierung zugute, auf russisches Erdgas gänzlich zu verzichten und dafür anderes Gas, etwa Frackinggas aus Argentinien, zu erwerben. Den Preis für den deutschen Wirtschaftskrieg gegen Russland zahlen die Bewohner der Vaca Muerta-Region.


BRICS als Alternative

Berlin treibt die Pläne zur Ausweitung des Frackinggasbezugs aus Argentinien zu einer Zeit voran, zu der Buenos Aires die westliche Dominanz abzuschütteln sucht und sich anderweitig zu orientieren beginnt. Bereits im September hatte der argentinische Botschafter in China mitgeteilt, Präsident Fernández habe soeben in einem Schreiben an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, den damaligen BRICS-Vorsitzenden, seine Mitgliedschaft in dem Bündnis beantragt: „Für uns“, erläuterte der Botschafter, „ist die Gruppe eine ausgezeichnete Alternative zur Kooperation angesichts einer Weltordnung, die erwiesenermaßen von und zum Nutzen einiger weniger geschaffen wurde.“[10] Zusätzlich zu den Plänen für eine BRICS-Mitgliedschaft hat Buenos Aires begonnen, an der Seite von Brasília über eine gemeinsame brasilianisch-argentinische Währung zu diskutieren, um seine erdrückend starke Abhängigkeit vom US-Dollar abzuschütteln. Entsprechende Überlegungen wurden in der vergangenen Woche bei einem Treffen von Fernández und dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva bekannt. Beobachter weisen auf ökonomische Schwierigkeiten hin, die das Vorhaben mit sich bringt, räumen aber ein, die beiden südamerikanischen Länder könnten von größerer Unabhängigkeit vom US-Dollar erheblich profitieren.[11]


Keine Waffen

Entsprechend weist Buenos Aires auch das Ansinnen, sich am Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland zu beteiligen oder gar der Ukraine Waffen zu liefern, kategorisch zurück. Die Biden-Administration ist gegenwärtig bemüht, einzelne Staaten Lateinamerikas, die Waffen aus sowjetischer bzw. russischer Produktion besitzen, dazu zu bewegen, entweder diese Waffen direkt an die Ukraine zu liefern oder sie gegen modernste US-Waffen auszutauschen – mit dem Ziel, das sowjetische oder russische Kriegsgerät nach Erhalt an Kiew weitergeben zu können. In US-Medien ist davon die Rede, Staaten wie Mexiko, Kolumbien, Peru oder Argentinien besäßen beispielsweise russische Transporthubschrauber vom Typ Mi-17, die die Ukraine dringend benötige. Washington rechne sich Chancen aus, heißt es, zumindest einige der betreffenden lateinamerikanischen Staaten zur Kooperation in der Sache bewegen zu können.[12] Am Samstag hat Argentiniens Präsident dem Ansinnen nun eine Absage erteilt. Man stimme „in der Notwendigkeit überein“, erklärte Fernández nach einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz, „so bald wie möglich wieder Frieden herzustellen“. Doch gelte auch: „Argentinien und Lateinamerika denken nicht daran, Waffen zu schicken, weder an die Ukraine noch an einen anderen Konfliktort.“[13]

 

[1] Roberto Carnicer, Ieda Gomes: Will Argentina Become a Relevant Gas Exporter? OIES Paper: NG 167. Oxford, May 2021.

[2] Analysis: Argentina’s Vaca Muerta shale boom is running out of road. brazilenergyinsight.com 27.12.2022.

[3] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und Präsident Fernández zum Empfang des Präsidenten der Republik Argentinien in Berlin am 11. Mai 2022.

[4] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem argentinischen Präsidenten Alberto Ángel Fernández am 28. Januar 2023 in Buenos Aires.

[5] Argentinien: Engagement für Erdgas. wintershalldea.com.

[6] Argentinien: Mit Gas in die Zukunft. wintershalldea.com 24.03.2022.

[7] Uki Goñi: Indigenous Mapuche pay high price for Argentina’s fracking dream. theguardian.com 14.10.2019.

[8] Fracking in Argentina’s Vaca Muerta leads to earthquakes. gasoutlook.com 09.12.2022.

[9] Fracking – Wintershall und die tote Kuh. npla.de 23.12.2021.

[10] Argentina Formally Requests China to Join BRICS. telesurenglish.net 08.09.2022.

[11] Lucinda Elliott, Bryan Harris, Michael Stott: Brazil and Argentina’s joint currency plan raises economic concerns. ft.com 27.01.2023.

[12] Jeff Seldin: US Pushing Central, South American Countries to Give Ukraine Quick Military Boost. voanews.com 20.01.2023.

[13] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem argentinischen Präsidenten Alberto Ángel Fernández am 28. Januar 2023 in Buenos Aires.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9147

30.01.2023

Friedensgruppen rufen zu Antikriegs-Aktionen zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine auf

friedenskooperative.de, 30.01.2023 10:38 Uhr

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Stoppt das Töten in der Ukraine!



16 Friedensorganisationen rufen für das Wochenende vom 24. bis 26. Februar 2023 zu gewaltfreien und vielfältigen Protesten für das Durchbrechen der Gewaltspirale, für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen, gegen den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sowie gegen das Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung auf. Anlass ist der erste Jahrestag des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine. In möglichst vielen Städten soll es Aktionen gegen den andauernden Krieg geben. Geplant sind bereits Aktionen in beispielsweise Berlin, Bonn, Frankfurt und Stuttgart.


„Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen“, so ist der Aufruf (vollständig – auch auf Englisch, Ukrainisch, Russisch und Italienisch – zu finden auf www.stoppt-das-toeten.de) überschrieben. „Wir verurteilen nachdrücklich den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der seit dem 24. Februar 2022 zu hunderttausenden Toten und Verletzten sowie Millionen Geflüchteten geführt hat“, heißt es im Aufruf.


„Wir sind solidarisch mit den Menschen in der Ukraine. Wir erkennen ihr Recht auf Selbstverteidigung an. Wir stehen an der Seite derer, die die Logik des Krieges durchbrechen wollen, zum Beispiel durch zivilen Widerstand, gewaltfreie Aktionen, Desertion oder Kriegsdienstverweigerung. Alle Menschen, die sich dem Krieg entziehen möchten, müssen Schutz durch humanitäre Visa und Asyl finden“, heißt es im Aufruf weiter.


Das Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert dabei diplomatische Initiativen seitens der Bundesregierung, EU, UN und OSZE für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen unter Einbeziehung aller relevanten Akteure sowie den Rückzug des russischen Militärs aus der Ukraine. Eine weitere Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg müssten verhindert werden. Vielmehr sollte der UN-Atomwaffenverbotsvertrag endlich auch von den Atommächten unterzeichnet werden.


„Krieg bedeutet Tod, Gewalt, Flucht, Vergewaltigung und Folter für die unmittelbar Betroffenen. Er bedeutet auch Nahrungsmittelknappheit, Hunger und Armut für die mittelbar Betroffenen, vor allem im Globalen Süden. Eine Erhöhung der Rüstungsausgaben, militärische Sondervermögen, Drohungen und weitere Eskalation dürfen keine Antworten darauf sein“, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf.


Eine Liste der geplanten Proteste, den vollständigen Aufruf sowie Materialien gibt es auf derAktionswebsite.

 

Aufrufende Organisationen

Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden | attac | Bund für soziale Verteidigung | church and peace | Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen | Forum Friedensethik | Frauennetzwerk für Frieden | Friedensregion Bodensee | Lebenshaus Schwäbische Alb | Naturfreunde Deutschlands | Netzwerk Friedenskooperative | Ohne Rüstung Leben | pax christi | Sant’Egidio | Sicherheit neu denken | Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

 

Pressemitteilung des Bündnisses für das Aktionswochenende „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“, 30. Januar 2023.


Thema Friedensbewegung

Jahrestag Ukraine-Krieg

Ukraine


Info: https://www.friedenskooperative.de/aktuelles/friedensgruppen-rufen-zu-antikriegs-aktionen-zum-jahrestag

30.01.2023


Screenshot_2023_01_30_at_23_54_22_Aufgaben_der_Friedensbewegung___Thomas_R_dl___260123___W_rzburg

youtube.com, 30.01.2023, 43 Aufrufe, 102 Abonnenten, DFG-VK Bayern PazifistInnen

Vor welchen Aufgaben steht die Friedensbewegung Veranstalter: H-M-V-Bildungswerk, DFG-VK Würzburg / Attac Würzburg http://h-m-v-bildungswerk.de https://wuerzburg.dfg-vk.de https://www.attac-netzwerk.de/wuerzburg


Neue Bedingungen - Politische Perspektive - Hintergründe - Aufgaben - Pazifismus Zeitstempel 0:00:00 T.R über sich 0:01:55 Überblick / Themenschwerpunkte 0:02:15 Über die Friedensbewegung / Gemeinsame Forderungen und Grundgedanken 0:03:00 Friedensbewegung: Keine gemeinsamen Programme und Strategien, keine gemeinsamen politischen Einschätzung, keine gemeinsamen Handlungsperspektiven 0:04:33 Vorgeschichte Krieg in der Ukraine und anderswo (Einstieg für weitere Ausführung) 0:05:00 Neue Bedingungen / politische Kriegsziele und -beteiligung, Parolen der Medien und Parteien / Positionen und Umgang mit dem Krieg in der Friedensbewegung, Pazifismus in der Friedensbewegung (Einstiegsgedanken für weitere Ausführung zu) 0:07:30 Realität des Krieges / Bedeutung NATO / Interessenvertretung / Friedensgedanke hat wenig Einfluss auf Politik / Schuldzuweisung - Feindbilder 0:10:35 Vorgeschichte des Ukrainekrieges und Konfliktursachen / Ostexpansion / NATO-Stützpunkte / NATO-Russland-Grundakte con 1997 / Deutsche Verantwortung - deutsche Interessen / NATO-Expansion war nicht im Interesse des Friedens / Aktuelle Propaganda / Zeitenwende 0:15:30 Atomwaffen: Vergeltungsschlag / Verträge / Präventivschlag / modernisierte Waffensysteme und Abwehr- und Angriffs-Strategien / Was sich in Europa und weltweit getan hat / Auflösung der Verträge / 0:23:00 Nationalismus / Vor dem Maidan, während und danach / Selbstbestimmung und Recht auf Selbstbestimmung / Realpolitik; Grenzen verändern sich / Recht des Stärkeren 0:26:40 Krieg gegen den Terrorismus / militärische Interessenpolitik / Regimechance / Auswirkung auf internationale Beziehungen 0:28:15 Wie sollten wir (Pazifisten) uns Positionieren angesichts des Krieges - / Kriegsursachen benennen / Beendigung des Krieges / Schutz des Menschenleben / Waffenstillstand / Ablehnung jeder Art von Kriegsführung / Thema Verteidigen - gewaltfreie Prinzipien, ziviler Widerstand / Neutralität der Ukraine / Blauhelmtruppen - UNO / keine Waffenlieferungen / Entmilitarisierung / Deeskalieren / Verhandlung unerstützen / Innerhalb der Friedensbewegung keine einheitliche Linie - siehe Aufrufe zum Ukrainekrieg 0:35:15 Kritik, Argumente, Aufgaben des Pazifismus / Pazifismus in der DFG-VK / Stärkung der Friedensbewegung durch neue Mitglieder, Mitgliederwerbung / Organisationsstrukturen verbessern / Hauptamtliche werden benötigt / Grundsatzerklärung berücksichtigen (WRI) / Forderungen - Vorstellungen: Abrüstung im Gesamten, Kriegsdienstverweigerung, Kritik an und Abschaffung des Militär (Entmilitarisierung), Pazifismus und Antimilitarismus gehören zusammen / Problematik der Kampagnen - keine Vermittlung unserer Grundpositionen / Auseinandersetzung und Stärkung der pazifistischen Friedensbewegung / Frieden - soziale Gerechtigkeit gehören zusammen / Werben für den Pazifismus / Bildungsarbeit / Online-Plattform schaffen für Information usw... Infos: Der Flyer "Bombenstimmng", daruf wird im Video hingewiesen. (wird 2023 aktualisiert) http://www.no-militar.org/pdfs/Bomben...


Weitere Infoseiten mit Quellenangaben https://www.no-militar.org/index.php?... und https://www.no-militar.org/index.php?... NATO - Russland - Grundakte 1997: Gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit https://www.nato.int/cps/en/natohq/of... Sammlung zum Ukrainekrieg: https://dfg-vk-bayern.de/themensammlu... Im Februar, im Rahmen des Jahrestags des russischen Angriffkrieges, gibt es eine aktuelle Erklärung der DFG-VK Bayern zum Ukrainekrieg. Flyer zur Veranstaltung: https://wuerzburg.dfg-vk.de/wp-conten... Videoaufnahme: Christian Videoschnitt und Grafiken: Martina Redaktion YouTube: Martina und Thomas


Info: video https://www.youtube.com/watch?v=lqXR1WCkvTQ Dauer 45:12 min

30.01.2023

Ergebnisse Politikpanel Deutschland   Umfrage Januar 2023

-------- Weitergeleitete Nachricht --------

Betreff: [Politikpanel Deutschland] Ergebnisse Politikpanel Deutschland

Umfrage Januar 2023

Datum: Mon, 30 Jan 2023 20:21:44 +0100

Von: Politikpanel Deutschland <politikpanel@politik.uni-freiburg.de>

Antwort an: Politikpanel Deutschland <politikpanel@politik.uni-freiburg.de>

An: Politikpanel Deutschland <politikpanel-liste@politik.uni-freiburg.de>


Sehr geehrte Teilnehmerin, sehr geehrter Teilnehmer des Politikpanel

Deutschland,


wir haben die Befragung, die wir vom 13.-23. Januar durchgeführt haben,

nun ausgewertet.

Einige Hauptergebnisse:

- Der Ukraine-Krieg wird weiterhin von den meisten Befragten als

bedrohlich wahrgenommen (77 Prozent). Inflation und Klimakrise folgen

mit etwas Abstand (62 und 61 Prozent). Corona sehen nur noch 11 Prozent

als Bedrohung. - In Bezug auf den privaten Konsum geben 54 Prozent der

Befragten an,

sehr auf Nachhaltigkeit von Produkten zu achten. 20 Prozent sagen dies

nicht von sich. - Bei der Frage, ob ein nachhaltiges Leben für einen

Menschen in

Deutschland überhaupt möglich sei, zeigen sich Frauen deutlich

skeptischer als die Männer. - Die Klimaproteste der „Letzen Generation“

(Straßenblockaden, Aktionen

in Museen) werden von der großen Mehrheit der Befragten abgelehnt.

Allerdings gibt es hier deutliche Unterschiede zwischen den Parteien:

Während Anhänger der Union, der FDP und der AfD Straßenblockaden zu

mehr als 95 Prozent ablehnen, sind es unter den SPD-Anhängern etwa 72

Prozent, unter den Grünen etwa 49 und unter den Linken-Anhängern nur

etwa 45 Prozent, die das Festkleben auf Straßen als Klimaprotestform

ablehnen.

- Eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine wird von 70

Prozent der Grünen-Anhänger befürwortet, unter denen der CDU/CSU und

FDP sind es etwa 60 und bei den SPD-Anhängern 50 Prozent. Unter den

Anhängern der Linken unterstützen dies hingegen nur 25 und unter denen

der AfD nur etwa 15 Prozent.

  Eine ausführlichere Auswertung finden Sie unter

https://www.politikpanel.uni-freiburg.de/docs/Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf

     Herzlichen Dank an die knapp 8.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der

Umfrage! Insbesondere Danke, da die Umfrage dieses Mal vergleichsweise

lang war.

Wir hoffen, dass Sie die Ergebnisse spannend finden und auch beim

nächsten Mal wieder dabei sind, wenn wir Sie zu einer Befragung

einladen - dann wird die Umfrage auch wieder kürzer ausfallen als

dieses Mal!

  mit besten Grüßen aus Freiburg,


Ihr Team vom Politikpanel Deutschland


----


Politikpanel Deutschland

https://www.politikpanel.uni-freiburg.de

Prof. Dr. Uwe Wagschal

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Seminar für Wissenschaftliche Politik

Werthmannstraße 12

79085 Freiburg

E-Mail: politikpanel@politik.uni-freiburg.de


Auswertung Auszug S. 5


Screenshot_2023_01_30_at_21_51_38_Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf


Auswertung Auszug S. 21


Screenshot_2023_01_30_at_21_59_28_Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf

Info: https://www.politikpanel.uni-freiburg.de/docs/Auswertung_PPD_Januar_2023.pdf

30.01.2023

Lehren aus der Geschichte Der Westen, Polen und das Overton-Fenster

Im russischen Fernsehen wurde ein Kommentar ausgestrahlt, der für viele in Deutschland schwere Kost sein dürfte, weil er Dinge anspricht, die in deutschen Geschichtsbüchern verschwiegen werden.


anti-spiegel.ru, 30. Januar 2023 13:00 Uhr

Ich will dem Kommentar, der am Sonntag im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens ausgestrahlt wurde, nicht zu viel vorausschicken. Nur zwei Dinge: Erstens wird der Kommentar für all jene, die sich bisher weitgehend im Mainstream und in deutschen Schulgeschichtsbüchern informiert haben, schwere Kost sein, weil er auf die Rolle Polens vor dem Zweiten Weltkrieg eingeht und dabei Fakten erwähnt werden, die man in deutschen Dokus und Schulgeschichtsbüchern nicht erfährt.


Zweitens geht es in dem Kommentar um das „Overton-Fenster“, das nur wenigen ein Begriff sein dürfte. Die Theorie vom Overton-Fenster besagt vereinfacht gesagt, dass politische Maßnahmen nur eine bestimmte Zeitlang umsetzbar sind, man könnte vereinfacht gesagt auch von einem Zeitfenster sprechen, aber ich bin bei der Übersetzung bewusst bei dem Begriff des Overton-Fensters geblieben, um den russischen Kommentar so korrekt wie möglich zu übersetzen. Eine etwas ausführlichere Erklärung der Theorie Overton-Fenster finden Sie im Anschluss an die Übersetzung.


Beginn der Übersetzung:


Der Westen fliegt durch die Overton-Fenster

Verständlicherweise haben die Amerikaner Polen eine besondere Rolle in dem Panzerepos zugedacht. Die Polen haben den meisten Druck auf Scholz gemacht, er solle deutsche Leoparden an die Ukraine liefern. Es waren nicht nur aktiven Politiker, sondern auch Veteranen, die sich darum bemüht haben. Lech Walesa, Polens ehemaliger Präsident und Friedensnobelpreisträger, forderte in diesem Sommer, unser Land zu zerstückeln und die russische Bevölkerung auf 50 Millionen zu reduzieren. (Anm. d. Übers.: Diese – de facto einen Völkermord an den Russen fordernde – Aussage hat Walesa tatsächlich Anfang Juli 2022 in einem Interview mit dem französischen Sender LCI gemacht)


In dieser Woche rief er die Deutschen in der Zeitung Fakt dazu auf, ein für alle Mal mit Russland aufzuräumen: „Man muss den Deutschen sagen, dass es schon immer Probleme mit Russland gab, und wir Polen wissen das besonders gut, und deshalb haben wir in dieser Generation die Chance, ein für alle Mal mit Russland aufzuräumen. Wir werden die Chance, dass die ganze Welt das unannehmbare Verhalten Russlands sieht, dass die Welt einen Wandel in Russland will, nicht noch einmal haben. Künftige Generationen werden uns nicht verzeihen, wenn wir diesen Fehler Putins nicht ausnutzen. Ich würde die Deutschen davon überzeugen, dass wir mit Russland aufräumen müssen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder in Zukunft in Frieden leben.“


Lech Walesa veräppelt die Deutschen, wie man so schön sagt. Es ist nichts Neues. Polen verhält sich heute genauso wie vor dem Zweiten Weltkrieg. Und Walesa hat ausgesprochen, was die Politiker an der Macht sich nicht zu formulieren trauen, aber sie handeln aus dem Traum der Zerstückelung Russlands heraus.


Für Warschau ist das wie eine Besessenheit, von der schon Marschall Józef Piłsudski träumte: „Eingeschlossen in den Grenzen des 16. Jahrhunderts, abgeschnitten vom Schwarzen Meer und der Ostsee und ohne das Land und die Bodenschätze des Südens und Südostens, könnte Russland leicht zu einer zweitklassigen Macht werden, die nicht in der Lage wäre, die neu gewonnene Unabhängigkeit Polens ernsthaft zu bedrohen. Polen hingegen könnte sich als größtes und stärkstes der neuen Länder ohne weiteres eine Einflusssphäre sichern, die von Finnland bis zum Kaukasus reicht“, betonte er. (Anm. d. Übers.: Piłsudski war polnischer Regierungschef und faktischer Diktator, der Polen 1926 bis zu seinem Tod 1935 regiert hat. Leider sind die Großmachtträume der polnischen Regierungen zwischen den Weltkriegen kein Thema in den deutschen Geschichtsbüchern, denn sie spielen eine wichtige Rolle in der Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs, die in Deutschland weitgehend unbekannt ist)


Und es war Piłsudski, der im Januar 1934 einen Nichtangriffspakt mit dem Dritten Reich schloss, der in der Geschichte als „Piłsudski-Hitler-Pakt“ bezeichnet wurde. Polen setzte alles daran, auch militärisch ein Verbündeter Nazi-Deutschlands zu werden. Der Hass auf Russland, die Russophobie machte Polen schon damals blind. Nach dem Abschluss des Abkommens mit dem faschistischen Deutschland begann Polen, Europa gegenüber eine regelrechte Arroganz an den Tag zu legen. Bereits im Sommer 1934 erklärte der polnische Außenminister Jozef Beck: „Das französisch-polnische Bündnis interessiert Polen nicht mehr. Was Russland anbelangt, so kann ich nicht genug Begriffe finden, um den Hass zu beschreiben, den wir ihm entgegenbringen.“

Und auch die Nazis haben Polen mitgerissen. Hitlers engster Mitarbeiter Hermann Göring war unter anderem auch Chefjäger im Dritten Reich – sein Amt hieß Reichsjägermeister. Und so kam der Gründer und erste Leiter der Gestapo nach Beloweschskaja Puschtscha, um dort zu jagen, als es noch innerhalb der polnischen Grenzen lag. Dort – in Beloweschskaja Puschtscha – erklärte Göring dem polnischen Außenminister Jozef Beck 1935 freundlich, dass Polen und Deutschland Seite an Seite stehen müssten. Es sei notwendig, sich gemeinsam gegen die Sowjetunion zu stellen, und dann würde Deutschland den Nordwesten der UdSSR bekommen. Was ist mit Polen? Polen bekommt die Ukraine. Verständlich, dass Polen sich unter diesen Umständen direkt Deutschland angeschlossen hat. Der polnische Generalstab plante bereits 1937 die gemeinsame Zerschlagung der UdSSR und sogar die polnisch-deutsche Siegesparade auf dem Roten Platz, was in Dokumenten bestätigt wird…


Die „Hyäne Europas“, das sagte Churchill über Polen. Die „Hyäne Europas“, so heißt auch die Dokumentation des russischen History Channel, die demnächst auf Rossija 1 ausgestrahlt wird. Aber warum „Hyäne“? Weil sie den offenen Kampf fürchtet, aber bereit ist, sich die Beute von anderen zu schnappen, wie es in der tschechoslowakischen Provinz Teschen geschah, nachdem das Land infolge des berüchtigten Münchner Abkommens von Deutschland besetzt worden war. Hitler hat der „Hyäne Europas“ erlaubt, auch ein Stück abzubeißen. Damals sind polnische Truppen in Teschen einmarschiert. Aber natürlich war der wichtigste Traum immer noch Russland. (Anm. d. Übers.: In deutschen Geschichtsbüchern und Dokus wird das verschwiegen, aber es stimmt: Nach dem Münchner Abkommen hat Hitler Polen erlaubt, sich einen Teil der Beute zu nehmen. Am 2. Oktober 1938 sind polnische Truppen in das vorher zur Tschechoslowakei gehörende Teschen einmarschiert und haben das Gebiet besetzt)


So heißt es im Bericht der 2. Aufklärungsabteilung des Hauptstabs der polnischen Armee: „Die Zerschlagung Russlands ist die Grundlage der polnischen Ostpolitik. Daher läuft unsere mögliche Position auf folgende Formel hinaus: Wer wird sich an der Aufteilung beteiligen? Polen darf in diesem hervorragenden Moment der Geschichte nicht passiv bleiben. Die Aufgabe besteht darin, sich vorher sowohl physisch als auch geistig gut vorzubereiten. Das Hauptziel ist es, Russland zu schwächen und zu zerschlagen.“


Kommt Ihnen das bekannt vor? Es ist geradezu ein Déjà-vu. Schon sehr bald werden wir deutsche Panzer im Visier haben. Das ist auch ein Déjà-vu. Wie auch die Vorbereitungen für eine weitere Militärkampagne gegen Russland ein Déjà-vu sind. Und wie viele solcher Fälle hat es in unserer Geschichte gegeben? Im 17. Jahrhundert mussten die Polen direkt aus dem Kreml vertrieben werden. Im 18. Jahrhundert wurde der schwedische König Karl XII., der es auf Moskau abgesehen hatte, von Zar Peter in Poltawa aufgehalten. Im 19. Jahrhundert erreichte Napoleon Moskau, aber unser Krieg mit ihm endete in Paris. Im 20. Jahrhundert ist Deutschland zweimal über uns hergefallen, im Großen Vaterländischen Krieg mit der Unterstützung von fast ganz Europa. Wir haben dem faschistischen Abschaum in Berlin den Garaus gemacht. Auch das 21. Jahrhundert ist kein friedliches mehr. Der Westen hat sich lange Zeit auf den Kampf gegen Russland vorbereitet und jetzt geht die Eskalation weiter. Niemand weiß, wo er aufhören wird.


Für den Westen ist Russland ein Objekt des Neids und der Begierde. Schließlich haben sie immer auf Kosten von Kolonien gelebt und eine Weltordnung zu ihrem Vorteil geschaffen. Jetzt, wo es einfach keine Rohstoffe mehr gibt, um den früheren Lebensstandard der „goldenen Milliarde“ aufrechtzuerhalten, wird Russland als Quelle für diese Rohstoffe gebraucht. Bildlich gesprochen, wollen sie uns fressen. Die Existenz Russlands selbst ist in der Logik des Westens nicht vorgesehen. Deshalb kämpfen sie nicht mehr für die Ukraine, sondern gegen Russland. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat das sogar ausdrücklich gesagt: „Wir müssen mehr tun, um die Ukraine zu verteidigen, wir müssen mehr tun, was die Panzer betrifft. Aber das Wichtigste und Entscheidendste ist, dass wir es gemeinsam tun und nicht mit Schuldzuweisungen in Europa spielen, denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“


Gesagt hat sie das, jedoch hat das deutsche Außenministerium seine Ministerin sofort korrigiert, dass Deutschland auch bei der Lieferung von Panzern an die Ukraine „keine Konfliktpartei ist“. Das Land befindet sich im Krieg mit Russland, ist aber nicht an dem Konflikt beteiligt. Das klingt wie ein Kinderrätsel. Es ist im Krieg, ist aber keine Konfliktpartei. Welcher Staat ist das? Keine Konfliktpartei, aber im Krieg. Sie wissen es nicht? Das ist Deutschland! Und auch Polen. Und Amerika und Großbritannien und sogar Schweden. Kinder kann man so täuschen. Aber wir sind doch keine Kinder!


Der Westen liefert der Ukraine immer mehr und immer ausgefeiltere und schwerere Waffentypen. Da ist nur ein Problem: die Ukrainer gehen aus. Die Mobilisierung findet dort seit langem unter Zwang statt – sie greifen sich jeden, den sie auf der Straße erwischen. Trotzdem gibt es immer noch keine Fortschritte an der Front.


Aber der Westen hat beschlossen hat, dass er nicht verlieren kann. Wie soll die „goldene Milliarde“ ohne die Rohstoffe leben, die jetzt Russland hat? Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, die eigenen Armeen an die Front zu schicken. Man könnte zum Beispiel mit den Polen beginnen, die am arrogantesten sind und den geringsten Wert haben. Man verspricht ihnen natürlich Unterstützung und ihren Anteil an der Beute. Irgendwie so.


Auf dem Weg dorthin durchläuft der Westen sehr schnell diese Overton-Fenster. Von einem zum anderen. Und was früher unmöglich schien, ist heute Normalität. Aber Russland ist nicht bereit, kleinlaut zur Schlachtbank zu gehen. Wie stellen die sich das vor? Hätten wir uns in der Geschichte jemals so verhalten, dann gäbe es dieses Land auf der Weltkarte gar nicht. Aber es gibt es! Und es wird es geben! Es sollten sich also alle besser vorbereiten.


Ende der Übersetzung


Die Overton-Fenster

Die Theorie der Overton-Fenster besagt, dass Themen eine Zeitlang politisch umsetzbar sind und dass man diesen Prozess lenken kann. Dabei durchläuft ein Thema verschiedene „Fenster“, in denen eine Maßnahme zunächst als „undenkbar“ und dann als „radikal“ angesehen wird, dann „akzeptabel“ wird, um anschließend als „sinnvoll“ und dann als „populär“ zu erscheinen, um dann zur „Staatspolitik“ zu werden. Das will ich am Beispiel der deutschen Panzerlieferungen veranschaulichen.


Noch vor einem Jahr war es – wegen der deutschen Geschichte und der Angst vor einem Atomkrieg – „undenkbar“, dass Deutschland der Ukraine Panzer für den Kampf gegen Russland liefert. Aufgrund der massiven medialen Beschallung wurde diese Frage einige Zeit später nur noch als „radikale“ Lösung betrachtet, die nur von durchgeknallten Falken gefordert werden kann. Dann ging es ganz schnell und medial wurden Panzerlieferungen an Kiew als „akzeptabel“ dargestellt, um danach als „sinnvoll“ präsentiert zu werden, die Frage wurde „populär“ und plötzlich hat die Bundesregierung die Lieferung der Leoparden genehmigt und damit wurden Panzerlieferungen an die Ukraine zur „Staatspolitik“.


Das meint der russische Kommentator, wenn er mit Blick auf den Einsatz zum Beispiel polnischer Soldaten gegen Russland sagt: Auf dem Weg dorthin durchläuft der Westen sehr schnell diese Overton-Fenster. Von einem zum anderen. Und was früher unmöglich schien, ist heute Normalität.


Dass das so funktioniert, haben wir bei der Frage der Panzerlieferungen gerade erlebt und wahrscheinlich werden wir es auch bald bei der Frage von Kampfjets für die Ukraine erleben. Ob wir es auch bei der Entsendung polnischer Soldaten erleben werden, wird sich zeigen.


Übrigens ist ein Problem bei der Theorie der Overton-Fenster, dass der Prozess auch umschlagen kann und dass eine „aktuelle“ Maßnahme auch wieder den Weg zurück gehen kann. Daher ist es bei der Theorie der Overton-Fenster wichtig, die durch Medien und Politik „populär“ gewordene Maßnahme als „Staatspolitik“ umzusetzen, bevor die Öffentlichkeit von anderen Themen abgelenkt wird oder sie aus anderen Gründen ihre Meinung ändert und der öffentliche Rückhalt für eine Maßnahmen wieder schwinden könnte.


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/der-westen-polen-und-das-overton-fenster


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Ost-West-Konflikt Wie die Lösung des Ukraine-Konfliktes aus russischer Sicht aussehen könnte

anti-spiegel.ru, 30. Januar 2023 16:34 UhrDas russische Außenministerium hat auf eine Presseanfrage zu den Möglichkeiten einer Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt geantwortet.


Zitat: Westliche Politiker und Medien behaupten, dass Russland Verhandlungen über eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konfliktes ablehnt. Das ist bekanntlich gelogen, denn es war Kiew, das die im März 2022 laufenden Verhandlungen abgebrochen und im April 2022 verkündet hat, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen. Zusätzlich hat der ukrainische Präsident Selensky etwas später Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret unter Strafe gestellt. Unabhängig davon, wen man für den Ukraine-Konflikt verantwortlich macht, ist es unbestreitbar, dass es Kiew und nicht Moskau ist, das Verhandlungen ablehnt.

Im Anschluss an die Übersetzung der Presseanfrage und der Antwort des russischen Außenministeriums werde ich noch einmal die Chronologie des Entstehung des Konfliktes und des Abbruchs der Verhandlungen durch Kiew im April 2022 zeigen.


Beginn der Übersetzung:


Frage: Jeder Konflikt endet mit Verhandlungen. Mit wem ist derzeit auf ukrainischer Seite ein Dialog grundsätzlich möglich? Mit wem kann man reden – gibt es auf der Seite echte Verhandlungsführer? Werden europäische Staats- und Regierungschefs in Verhandlungen einbezogen? Und können wir den Europäern, die uns betrogen haben und stolz darauf sind, überhaupt vertrauen? Wer kann in der gegenwärtigen Situation als Garant auftreten? Wem kann man trauen?

Antwort: Der Standpunkt Russlands zu Verhandlungen mit der Ukraine ist bekannt. Sie wurde von Sergej Lawrow ausführlich erläutert, unter anderem auf der Pressekonferenz am 18. Januar über die Ergebnisse der russischen Diplomatie im Jahr 2022.


Wir möchten daran erinnern, dass wir bereits im Februar und April 2022 Gespräche mit Kiew geführt haben. Kiew bat unmittelbar nach Beginn der Militäroperation darum, setzte den Dialog dann aus und ließ unsere Vorschläge vom 15. April 2022 unbeantwortet. Später hat Selensky die Wiederaufnahme der Kontakte juristisch verboten, indem er am 30. September 2022 ein Dekret über die „Unmöglichkeit“ von Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten erließ. Wir haben wiederholt bekräftigt, dass wir für Verhandlungen offen sind, die nun natürlich den neuen geografischen und politischen Gegebenheiten Rechnung tragen müssen.


Was die europäischen Staats- und Regierungschefs betrifft, so ist nach Merkels und Hollandes selbstentlarvenden Geständnissen über den wahren Zweck des Minsker Abkommens von 2015 praktisch kein Vertrauen mehr geblieben. Wir erinnern uns noch gut daran, wie die EU-Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich als Teilnehmer des Normandie-Formats, mehr als acht Jahre lang systematisch die Geschehnisse im Donbass ignoriert und Kiews Sabotage seiner Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen geduldet haben. Sie gaben vor, nicht zu bemerken, dass die ukrainischen Streitkräfte und nationalistischen Einheiten täglich Völkermord begingen, indem sie die zivile Infrastruktur im Donbass beschossen, wodurch Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet wurden. Sie haben auch nicht bemerkt, dass alle Russen in der Ukraine totaler Diskriminierung ausgesetzt werden, obwohl sie bei bilateralen Kontakten auf direkte Fragen die Unzulässigkeit der Verletzung der Rechte bestimmter Kategorien von Menschen in der Ukraine eingeräumt haben.

Die Betrogenen sind letztlich die Bevölkerungen Westeuropas und der Ukraine, die ihren Politikern naiv geglaubt haben, die behaupteten, dem Frieden verpflichtet zu sein. Tatsächlich geschah nichts dergleichen, sondern das Ziel war es, Zeit zu gewinnen und dem neonazistischen Kiewer Regime die Möglichkeit zu geben, sich auf einen Krieg vorzubereiten.


Wenn es um die Fähigkeit geht, mit dem Westen Vereinbarungen zu finden, haben die EU und die USA leider die Kultur der Diplomatie und des Verhandelns verloren. Sie versuchen, allen etwas aufzuzwingen, um einseitig Vorteile zu erlangen, ohne die Interessen der anderen Seite zu berücksichtigen. Aus diesem Grund haben sie die Vorschläge, die wir im Dezember 2021 zu Sicherheitsgarantien vorgelegt haben, nicht so ernst genommen, wie nötig. Sie haben sich dafür entschieden, auf Kosten der Stabilität und der Sicherheit auf dem europäischen Kontinent enorme politische, wirtschaftliche, militärische und menschliche Ressourcen in eine offene Konfrontation mit Russland zu werfen.


Wir haben den gleichberechtigten Dialog mit den europäischen Partnern und die Suche nach Wegen zur Lösung von Sicherheitsproblemen nie aufgegeben. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es früher oder später politische Kräfte in Europa geben wird, die sich von ihren eigenen nationalen Interessen und nicht dem Wunsch leiten lassen, jemandem „jenseits des Ozeans“ zu gefallen. Dann wird es auch jemanden geben, mit dem man eine Einigung finden kann.

Ende der Übersetzung


Die Chronologie der Eskalation

Nun will ich zur Erinnerung noch einmal die Chronologie der Eskalation in der Ukraine aufzeigen.


Anfang Dezember 2019 fand der letzte Normandie-Gipfel in Paris statt. Selensky kam danach zurück nach Kiew und verkündete seinen Leuten hinter verschlossenen Türen, dass er das Abkommen von Minsk nicht umsetzen wird. Allen Beteiligten in der Ukraine war damit klar, dass ein Krieg mit Russland unvermeidbar geworden war und Kiew begann mit konkreten Kriegsvorbereitungen. Das hat der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexej Danilow, im August 2022 in einem Interview offen erzählt.


Im Januar 2021 wurde Joe Biden US-Präsident. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Trump, der keine Eskalation in der Ukraine wollte, gab Biden Selensky grünes Licht. Daraufhin begann Selensky im Februar 2021 gegen die Opposition vorzugehen, woraufhin der Chef der größten Oppositionspartei unter Hausarrest gestellt und alle oppositionellen Medien wurden verboten wurden.


Im März 2021 setzte Selensky die neue Militärdoktrin der Ukraine in Kraft, in der ein Krieg mit Russland mit dem Ziel festgeschrieben wurde, die Krim gewaltsam zurückzuerobern und den Konflikt im Donbass gewaltsam zu entscheiden.


Mitte April 2021 verkündete die Biden Regierung den Abzug aus Afghanistan bis zum 11. September.


Im April und Mai 2021 stand die Ukraine kurz vor einem Krieg mit Russland, wurde aber von den USA noch einmal zurückgepfiffen. War der Grund, dass die US-Truppen noch in Afghanistan und damit verwundbar waren, oder dass die USA die Ukraine nicht so umfänglich unterstützen konnten, solange sie noch in Afghanistan gebunden waren?


Mitte Juni 2021 fand ein Gipfeltreffen der Präsidenten Putin und Biden statt, bei dem es aber keine Annäherung gab.


Im August 2021 fand die überstürzte Flucht der NATO- und US-Truppen aus Afghanistan statt.

Während Kiew die Situation im Donbass ab Ende 2021 wieder eskaliert hat und die NATO ihre Truppenpräsenz in der Ukraine unter dem Vorwand von Manövern und Ausbildungsmissionen erhöht hat, haben Deutschland und Frankreich das Minsker Abkommen im November 2021 offiziell beerdigt, worüber es in westlichen Medien allerdings keine Berichte gab.


Die Russland-Sanktionen wurden, wie Politico im Oktober 2022 berichtet hat, bereits mindestens ab November 2021 in Gesprächen zwischen Washington und Brüssel vorbereitet. Das war drei Monate vor dem Beginn der russischen Intervention in der Ukraine und just zu dem Zeitpunkt, als Berlin und Paris das Minsker Abkommen beerdigt haben. Dass die Abkehr vom Minsker Abkommen zum Krieg in der Ukraine führen würde, war den Entscheidungsträgern in Washington und Brüssel (und wahrscheinlich auch in Berlin und Paris) offenbar klar, weshalb sie parallel die entsprechenden Sanktionen vorbereitet haben. Afghanistan war Vergangenheit und damit hatten die USA die Hände frei für einen neuen Konflikt.


Im Dezember 2021 forderte Russland von den USA und der NATO ultimativ gegenseitige Sicherheitsgarantien und den Abzug der NATO-Truppen aus der Ukraine und erklärte, dass es im Falle einer Ablehnung gegenseitiger Sicherheitsgarantien gezwungen sei, „militärtechnisch“ zu reagieren. Damit war klar, dass Russland auf weitere Bestrebungen, die Ukraine in die NATO zu ziehen, militärisch reagieren würde. Das war der Moment, in dem allen verantwortlichen Politikern bewusst war, dass eine Ablehnung von Verhandlungen mit Russland zu einem Krieg in der Ukraine führen würde. Der Krieg und all das Elend hätte verhindert werden können, wenn die USA bereit gewesen wären, einen neutralen Status der Ukraine dauerhaft zu akzeptieren und zu garantieren.


Am 8. Januar 2022 wurde Scott Miller zum US-Botschafter in der Schweiz berufen. In einem Interview vom November 2022 erzählte er ganz offen, dass die USA „Geheimdienstinformationen über die Invasion“ gehabt hätten und er diese sofort, also Anfang Januar 2022, der Schweizer Regierung gezeigt hätte. Da die Gespräche zwischen Russland und den USA über die Frage, ob es zu Verhandlungen über die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien kommen würde, zu diesem Zeitpunkt noch liefen, belegt die Aussage von Miller, dass die USA bereits beschlossen hatten, nicht in Verhandlungen einzutreten und sich der Folgen, nämlich der russischen Intervention in der Ukraine, in vollem Umfang bewusst waren. Miller bestätigte damit außerdem indirekt den Bericht von Politico darüber, dass die Sanktionen schon Monate vorher ausgearbeitet wurden, was Bundeskanzler Scholz und andere westliche Politiker später auch bestätigt haben, als sie sagten, dass die Russland-Sanktionen „von langer Hand vorbereitet“ waren.

Ende Januar 2022 wurde in den USA das Lend-Lease-Gesetz für die Ukraine eingebracht, über das bei seiner Einreichung in den Kongress geschrieben wurde:

„Mit diesem Gesetzentwurf wird vorübergehend auf bestimmte Anforderungen im Zusammenhang mit der Befugnis des Präsidenten, Verteidigungsgüter zu verleihen oder zu leasen, verzichtet, wenn die Verteidigungsgüter für die ukrainische Regierung bestimmt sind und zum Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine vor der russischen Militärinvasion erforderlich sind“

Das bestätigt ein weiteres Mal, dass die USA sich bereits auf den Krieg vorbereitet haben, während sie offiziell noch immer mit Russland über mögliche Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien gesprochen haben, denn das Gesetz zur Unterstützung der Ukraine gegen die „russische Militärinvasion“ wurde einen Monat vor der russischen Intervention in den Kongress eingebracht.


Fast gleichzeitig mit der Einreichung des Gesetzes haben die USA und die NATO Ende Januar 2022 die von Russland vorgeschlagenen Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien abgelehnt.


Am 19. Februar 2022 hat Selensky auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter dem Applaus der hochrangigen westlichen Zuhörer die atomare Bewaffnung der Ukraine angedroht. Damit war das russische Eingreifen nicht mehr zu verhindern, denn dass sich die Ukraine, die in ihrer Militärdoktrin offen einen Krieg gegen Russland vorbereitet hat, sich dazu auch noch mit Rückendeckung des Westens nuklear bewaffnen könnte, war für Russland eine inakzeptable Bedrohung der eigenen Sicherheit.


Am 21. Februar 2022, also nur zwei Tage später, hat Putin die Donbass-Republiken anerkannt und Beistandsabkommen mit ihnen geschlossen. In seiner Rede dazu hat Putin Kiew deutlich vor den Folgen einer weiteren Eskalation gewarnt. Kiew hat den Beschuss auf zivile Ziele im Donbass danach aber noch einmal demonstrativ erhöht.


Am 24. Februar 2022 hat Putin in einer weiteren Rede den Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine verkündet.


Am 29. März 2022 gab es bei Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau einen Waffenstillstand. Kiew selbst machte dabei den Vorschlag, die Krim als russisch anzuerkennen und eine Verhandlungslösung für den Donbass zu finden. Darüber hinaus hat Kiew zugesagt, keine ausländischen Truppen mehr in seinem Land zu stationieren und nicht NATO-Mitglied zu werden. Ein EU-Beitritt der Ukraine war hingegen möglich. Außerdem erklärte Russland als Zeichen des guten Willens, seine Truppen aus der Region Kiew abzuziehen, was westliche Medien sofort als militärische Niederlage Russlands umdeklarierten, obwohl der russische Rückzug ohne Kampfhandlungen stattgefunden hat.


Am 3. April 2022 erschienen die Meldungen von angeblichen Massakern der russischen Armee in Butscha, die sich jedoch schnell als False-Flag-Operation herausstellten. Dennoch wurde Butscha als russisches „Verbrechen“ bezeichnet und in den Medien breit behandelt, während die mögliche Verhandlungslösung, die nur Tage zuvor erreicht worden war, kein Thema in den Medien war.


Großbritannien ist ebenfalls nicht auf die erreichte Verhandlungslösung eingegangen, sondern hat der Ukraine stattdessen am 8. April 2022 Militärhilfe in Höhe von 100 Millionen Pfund für die Fortsetzung des Kampfes gegen Russland versprochen.


Einen Tag später, am 9. April 2022, reiste der britische Premierminister Johnson nach Kiew und sprach mit Selensky, der das ukrainische Angebot im Anschluss an diese Gespräche zurückzog und stattdessen verkündete, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen.


Am 30. September 2022 hat der ukrainische Präsident Selensky Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret und Strafe gestellt.


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/wie-die-loesung-des-ukraine-konfliktes-aus-russischer-sicht-aussehen-koennte


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Geplanter Krieg Boris Johnson: Das Minsker Abkommen war eine „diplomatische Imitation“

anti-spiegel.ru, 30. Januar 2023 15:00 UhrNach Angela Merkel und Francois Hollande hat nun auch Boris Johnson offen in einem Interview gesagt, dass der Westen das Minsker Abkommen nie umsetzen wollte. Er nannte es eine "diplomatische Imitation".


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Zitat: Das Minsker Abkommen ist 2015 angeblich geschlossen worden, um einen Frieden im Donbass zu erreichen. Der Westen hat Russland danach Jahre lang vorgeworfen, dass Russland das Abkommen nicht umsetzt und erklärt, dass die Russland-Sanktionen daher nicht aufgehoben werden können. Dass das gelogen war, wird bis heute als „russische Propaganda“ bezeichnet, dabei war es von Beginn an offensichtlich, denn im Minsker Abkommen wird Russland gar nicht erwähnt und es werden darin keine Forderungen an Russland gestellt, die es erfüllen (oder nicht erfüllen) könnte. Stattdessen war es Kiew, dass gegen zehn der 13 Punkte des Abkommens verstoßen hat, die Details und den Text des Abkommens finden Sie hier.


Das Minsker Abkommen wurde im Februar 2015 in Minsk von Bundeskanzlerin Merkel, dem französischen Präsidenten Hollande und dem russischen Präsidenten Putin als Vermittler zwischen dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko und den Rebellen im Donbass ausgehandelt.

Heute geben alle damals von westlicher Seite Beteiligten offen zu, dass das alles gelogen war. Der Sinn des Minsker Abkommens war es nicht, einen Frieden im Donbass zu erreichen, sondern der Ukraine Zeit zur Aufrüstung für einen Krieg gegen Russland zu geben.


Der Westen wollte das Minsker Abkommen nie umsetzen

Der ehemalige ukrainische Präsident Poroschenko hat im Sommer 2022 offen gesagt, dass er nie vorhatte, das Minsker Abkommen umzusetzen, sondern dass das Abkommen der Ukraine nur Zeit für die Aufrüstung geben sollte. Und er fügte hinzu, dass das Abkommen seine Aufgabe aus dieser Warte erfüllt habe. Niemand habe vorgehabt, das Abkommen umzusetzen.

Auch Merkel hat sich ähnlich geäußert. Anfang Dezember 2022 hat sie in einem Interview mit der „Zeit“ gesagt:

„Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie hat diese Zeit hat auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht. Die Ukraine von 2014/15 ist nicht die Ukraine von heute. Wie man am Kampf um Debalzewe (Eisenbahnerstadt im Donbass, Oblast Donezk, d. Red.) Anfang 2015 gesehen hat, hätte Putin sie damals leicht überrennen können. Und ich bezweifle sehr, dass die Nato-Staaten damals so viel hätten tun können wie heute, um der Ukraine zu helfen.“

Danach hat auch der ehemalige französische Präsident Hollande in einem Interview mit ukrainischen Medien offen gesagt, dass das Minsker Abkommen Kiew nur Zeit für die Vorbereitung eines großen Krieges mit Russland geben sollte. Damit bestätigen alle westlichen Beteiligten das, was acht Jahre lang als russische Propaganda diskreditiert wurde, nämlich dass es dem Westen und der Ukraine beim Minsker Abkommen nie um einen Frieden im Donbass ging, sondern darum, die Ukraine für einen Krieg gegen Russland aufzurüsten.


Die „diplomatische Imitation“

Nun hat das auch der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson bestätigt. In einem Interview mit dem ukrainischen Fernsehsender Rada, dem Sender des ukrainischen Parlaments, sagte er, dass das Minsker Abkommen und auf die dessen Basis abgehaltenen Gespräche im Normandie-Format eine „diplomatische Imitation“ waren:

„Wir haben damals einige Sanktionen verhängt, wir haben diese diplomatische Imitation – den Normandie-Prozess – gestartet und nichts erreicht“

Das konsequente Schweigen der westlichen Medien

Die westlichen Medien leisten beachtliches, wenn es darum geht, ihren Lesern und Zuschauern unangenehme Wahrheiten zu verheimlichen, denn ich fand auf Deutsch keine und auf Englisch nur wenige Berichte über Johnsons Interview. Auf Englisch fand ich dazu beispielsweise eine Meldung in Pakistanischen Medien, ansonsten gab es natürlich viele Veröffentlichungen auf Russisch und Ukrainisch. Vor allem in Russland war Johnsons Erklärung ein großes Thema.


Es ist faszinierend, wie gründlich westliche Medien den Skandal, dass alle westlichen Teilnehmer an den Verhandlungen inzwischen offen sagen, dass es beim Minsker Abkommen nicht um Frieden, sondern um die Vorbereitung eines Krieges gegen Russland ging, verschweigen. Merkel hat ihre Aussage zwar in einem Interview mit der „Zeit“ gemacht, aber eigene Artikel war Merkels Aussage deutschen Medien nicht wert. Gleiches gilt für Hollandes Aussage, die in der Ukraine immerhin auf Englisch veröffentlicht wurde.


Außerhalb der westlichen Medienblase haben die Aussagen von Merkel und Hollande hingegen Schlagzeilen gemacht und Aufmerksamkeit erregt und in vielen nicht-westlichen Hauptstädten wird man sich fragen, ob es überhaupt noch Sinn macht, mit dem Westen Verträge abzuschließen, wenn der Westen schon bei der Unterschrift beschließt, dass er sie nie umsetzen, sondern brechen wird.


Dass das nun auch Boris Johnson bestätigt hat, zeigt einmal mehr, was mit dem Westen getroffene Absprachen und sogar geschlossene Verträge wert sind. Das Minsker Abkommen wurde vom UNO-Sicherheitsrat sogar in den Status des Völkerrechts erhoben. Aber der Westen tritt bekanntlich auch das Völkerrecht mit Füßen, wie dieses Beispiel ein weiteres Mal zeigt.

Der Vollständigkeit halber übersetze ich noch die Meldung der russischen Nachrichtenagentur TASS über Johnsons Aussage.


Beginn der Übersetzung:


Johnson nennt Normandie-Format zur Beilegung des Ukraine-Konflikts eine diplomatische Imitation


Er fügte hinzu, dass die Verhängung von Sanktionen gegen Russland keine Ergebnissen gezeigt habe


Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson hat zugegeben, dass das Normandie-Format, das zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Südostukraine ins Leben gerufen wurde, eine „diplomatische Imitation“ war.


„Wir haben damals einige Sanktionen [gegen Russland] verhängt, wir haben diese diplomatische Imitation – den Normandie-Prozess – gestartet und nichts erreicht“, sagte er in einem Interview mit dem Fernsehsender Rada.


Das Normandie-Format waren Gespräche über die friedliche Beilegung der Situation in der Südostukraine, an denen Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich teilgenommen haben. Das Format wurde nach dem Ort des ersten Treffens der vier Staatschefs nach dem Beginn der Krise in der Ukraine benannt. Auf einem der Treffen wurde im Jahr 2015 das Maßnahmenpaket zur Umsetzung des Minsker Abkommens verabschiedet.


In einem Interview mit der deutschen Zeitung Die Zeit bezeichnete Merkel das Minsker Abkommen im Dezember 2022 als „Versuch, der Ukraine Zeit zu geben, stärker zu werden“. Ihr zufolge war „allen klar“, dass der Konflikt eingefroren und das Problem nicht gelöst war, „aber das hat der Ukraine unschätzbare Zeit verschafft“. Sie bezweifelte, dass die NATO-Länder Kiew damals in dem Maße hätten unterstützen können, wie sie es heute tun. Der ehemalige französische Präsident François Hollande, der an der Aushandlung des Maßnahmenpakets zur Umsetzung des Minsker Abkommens im Jahr 2015 beteiligt war, bestätigte Merkels Worte. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte später, Merkels Äußerungen zum Minsker Abkommen seien für ihn völlig unerwartet und enttäuschend.


Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/boris-johnson-das-minsker-abkommen-war-eine-diplomatische-imitation


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Kapitalismus in der Klimakrise

oxiblog.de, 30.01.2023, Ökologie, Geschrieben von: Alfred Müller Agrarökonom


Ein Schaufelradbagger im EinsatzFoto: Albert HyseniKapitalverwertung im Vollzug


Wer die Klimakrise beheben will, kommt am Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft nicht vorbei.

Die Klimaschutzversprechen und -maßnahmen aus Politik und Wirtschaft sind unfähig, die erforderlichen Klimaziele zu erreichen. Anstatt abzunehmen steigt der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen und treibt die Klimakatastrophen voran. Nach 2022 wird dieses Jahr bei den klimaschädlichen Emissionen ein erneuter Rekord erwartet – mit dramatischen Folgen für die Menschheit. Die Klimakrise und deren Verursachung durch Treibhausgase ist seit mindestens fünfzig Jahren bekannt, ohne dass Maßnahmen getroffen wurden, die die Welt vom Kurs auf eine erhebliche Klimaerwärmung hätten abbringen können.


Woran liegt dieses klimapolitische Versagen? Es beginnt mit der Fehleinschätzung der Ursache und endet mit der Erfolgslosigkeit der systemkonformen Maßnahmen. So lenkt die geläufige These »Die Erderwärmung sei menschengemacht«, wie sie auch führende Klimaforschungsinstitute vertreten, von der wahren Ursache ab und führt zum falschen und wirkungslosen Maßnahmeneinsatz. Die gegenwärtige gewaltige Erderwärmung begann nicht mit der Menschheit, sondern mit der kapitalistischen Industrialisierung und wird seitdem durch unser Wirtschaftssystem vorangetrieben. Der Klimawandel ist auf den Ausstoß von Treibhausgasen zurückzuführen, die durch kapitalistische Aktivitäten verursacht werden. Die Steuerungsmechanismen kapitalistischer Gesellschaften weisen Macht-, Eigentums- und Anreizstrukturen auf, die eine Erderwärmung bewirken und die den notwendigen globalen Klimaschutz verhindern. Kapitalistische Ökonomien sind auf Expansion fossiler Energieträger angelegt. Wachstum, Marktkonkurrenz und Profitorientierung führen zur Ausbeutung klimaschädlicher fossiler Ressourcen und damit zur Erderwärmung. Die Schäden der Naturverwertung werden aufgrund der privaten Eigentumsstrukturen des Systems nicht als Kosten eingepreist; sie bleiben in den Marktpreisen unberücksichtigt. Der Staat kann zwar gegenlenken, aber er versagt aufgrund der Macht des Kapitals und seiner beschränkten Regulierungsmöglichkeiten.


Die Macht von Unternehmen lässt sich am Beispiel der Öl- und Gasindustrie beschreiben. Der Ölkonzern ExxonMobil wusste schon seit den 1970er Jahren, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe eine gewaltige Erderwärmung verursachen wird. Trotzdem setzte er aus Gewinn-gründen ungebrochen die klimaschädliche Ölförderung fort. Seit Beginn der Klimakrise spielen die Energiekonzerne die Risiken der Erderwärmung herunter und versuchen aufgrund der hohen Gewinne die erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern und zu verzögern. Allein die fünf größten westlichen Ölkonzerne gaben 2019 gemeinsam 200 Millionen Dollar für Lobbyismus aus, damit die politischen Rahmenbedingungen für die weitere Extraktion der fossilen Brennstoffe erhalten bleiben und klimapolitische Schutzmaßnahmen verhindert werden1.


Die Unterstützung der fossilen Energiegewinnung geht in den nachgelagerten Industrien weiter. Die deutsche Autoindustrie verteidigte über Jahre mit erheblichem Lobbyismus den Verbrennungsmotor und verhinderte die Entwicklung des Elektroantriebs, nur um profitable Geschäftsstrategien zu schützen. Zur Medienmaschine der Klimaschädiger gehören nicht nur die Energie- und Autokonzerne, sondern fast alle Wirtschaftsbereiche, die vom Ausstoß der Treibhausgase profitieren. Hierzu gehören neben den Energie- und Auto-, die Flug-, Chemie-, Agrar-, Glas-, Papier-, Stahl-, Metall- und die Bergbaukonzerne. Mit einem global weit gefächerten Netzwerk versuchen diese Unternehmen ihre klimaschädigenden Interessen in der Politik durchzusetzen. »Sie wollen,« so Götze und Joeres, »effektiven Klimaschutz verhindern, um ihre wirtschaftlichen, ideologischen oder politischen Interessen nicht zu gefährden«2.


Aber nicht nur die kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnisse treiben die Erderwärmung voran. Es ist ebenfalls die Unfähigkeit der Politik, innerhalb des Kapitalismus die notwendigen Klimaziele zu erreichen. Die gepriesene Gegenmaßnahme, die CO2-Bepreisung, ist ein völlig untaugliches Instrument3, um die Treibhausgasemissionen auf das erforderliche Maß zu reduzieren. Ihr fehlt die Lenkungswirkung und weltweit werden nur 20 Prozent der Treibhausgase von einer CO2 – Bepreisung erfasst4. Selbst die bürgerlichen Medien bezeich-nen den praktizierten Emissionshandel als globalen Skandal und Greenwashing, weil der erlaubte CO2-Ausstoß zu 90 Prozent nicht mit entsprechenden Einsparungen von CO2 einhergeht5. So schreibt auch Jens Becker vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln: Dieses Instrument ist in seiner Steuerung »langsam, unpräzise und unvollständig«6. »Von den 187 Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens ist derzeit kein einziger auf dem Weg zur Einhaltung des in Paris vereinbarten 1,5-Grad-Ziels7


Auch der empfohlene Konsumverzicht führt in die Sackgasse, weil die Werbung und die Märkte über den Preis- und Wachstumsmechanismus diese Konsumeinschränkungen wieder aufheben. Nicht der Konsument regiert die Wirtschaft, sondern das Kapital mit seinen Herrschafts- und Verwertungsinteressen. Der Konsument wird mit seiner Unkenntnis über die Produktinhalte, seiner Kaufpräferenzprägung durch das Angebot, seiner Isoliertheit und Machtlosigkeit und seiner Manipulations- und Täuschungsmöglichkeit von den Systemstrukturen gesteuert und folgt, abgesehen von Einzelfällen, den Verwertungs- und Marktmechanismen des kapitalistischen Systems. Die Macht des Verbrauchers ist ein Märchen und lenkt von den klima- und umweltschädlichen Ursachen ab. Konsumenten sind nicht die Täter, sondern die Opfer. Sie sind Opfer der kapitalistischen Wirtschaft, die das Klima und die Umwelt zerstört. Wenn bei flexiblen Marktpreisen eine Gruppe von Verbrauchern aus Einsicht und Überzeugung auf den Verbrauch fossiler Rohstoffe verzichtet und dieser Nachfrageausfall bei gegebenem Angebot zu fallenden Preisen führt, sorgt der globale Markt dafür, dass woanders mehr verbraucht wird.8 Wer glaubt, er könne mit seinem verantwortungsbewussten Verhalten das Klima retten, rettet keineswegs das Klima. Irgendwo auf der Erde verwenden andere mehr fossile Brennstoffe und heben das gewünschte Ergebnis wieder auf.  Die Machtlosigkeit der Verbraucher zeigt sich beim Fleischverzehr. So geht zwar in Deutschland der Fleischkonsum zurück, aber er expandiert zusammen mit der Fleischproduktion weltweit. Das größte Wachstum des Fleischkonsums findet in Asien und Afrika statt. Mehr als die Hälfte dieses Anstiegs ist auf einen höheren Verbrauch von Geflügelfleisch zurückzuführen.9 Es wird in der kapitalistischen Massentierhaltung billig produziert und teilweise von den Konzernen zu Dumpingpreisen angeboten. Niedrige Fleischpreise kurbeln gemeinsam mit den Marketingmaßnah-men der Agrar- und Lebensmittelkonzerne, dem Wirtschafts- und dem Bevölkerungswachstum die globale Fleischnachfrage an. Der Wachstumszwang, klimaschädlicher Konsum und ein steigender fossiler Energiebedarf sind wesentliche Merkmale kapitalistischer Ökonomien und werden durch den Konkurrenz- und Profitdruck und die Weckung von Konsumbedürfnissen mithilfe des Marketings ständig befeuert. Zunehmende Treibhausgasemissionen sind so unvermeidlich. Die erneuerbaren Energien reichen für den explodierenden Energiebedarf nicht aus und eine absolute Entkopplung bleibt ein Wunschtraum der Kapitalvertreter. Da die kapitalistische Wirtschaft auf der Basis fossiler Energie betrieben wird und aufgrund enormer Gewinne das Weltmarktangebot an fossilen Energieträgern hoch bleibt, erreichen wir in diesem System die Klimaziele nicht.


Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Klimakatastrophen sich nur verhindern lassen, wenn die kapitalistische Wirtschaftsweise so schnell wie möglich durch eine nachhaltige und solidarische Wirtschaft ersetzt wird. Viele Kapitalismusgläubige sehen zwar die Schwächen des heutigen Wirtschaftssystems, aber zukünftig keine bessere Systemalternative. Doch wer heute auf die Systemumwandlung verzichtet, ist für die Zerstörung der natürlichen und der menschlichen Lebensgrundlagen mitverantwortlich. In meinem Buch «Eine Wirtschaft die tötet. Über den Kapitalismus, seine Überwindung und die Zeit danach«10 zeige ich, wie die kapitalistische Produktionsweise über den direktdemokratischen Weg überwunden werden kann. Es ist die Verbindung von basisdemokratischen Kämpfen der Arbeiter-, Öko-, Frauen- und Friedensbewegung, die notwendigerweise eine kommunistisch-umweltschonende Gesellschaft schaffen und zur Überwindung der Klimakrise führen wird. Ohne Druck von der Straße und einer direktdemokratischen Systemumwandlung passiert nichts.


Einen anderen Weg bietet die TAZ-Redakteurin Ulrike Herrmann11 in ihrem Buch »Das Ende des Kapitalismus« an. Nicht die Bevölkerung, sondern ganz keynesianisch soll der Staat mit seinen Machtmitteln den Kapitalismus in eine Schrumpfungswirtschaft transformieren. Nur über eine Schrumpfung der Wirtschaft ließe sich die Klimaneutralität erreichen. Hier wird das gewünschte Ziel mit den falschen Mitteln angestrebt. Die kapitalistischen Markt- und Wettbewerbsmechanismen erzwingen, abgesehen von Krisen, ein Wirtschaftswachstum und  diese Dynamik  kann auch der kapitalistische Staat, dessen Aufgabe es ist, die Grundstrukturen des Kapitalismus zu schützen, nicht aufheben.


Wer aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, die Klimakrise beheben und die Natur nachhaltig nutzen will, kommt am Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft nicht vorbei. Eine kapitalismuskonforme Klimaschutzpolitik landet notwendigerweise in der Sackgasse.


Alfred Müller, Dr.rer.pol., 1946, studierte Agrarökonomie und Volkswirtschaft in Berlin, Göttingen und Berkeley. Er lebt als politischer Publizist in Hildesheim. Zuletzt erschien von ihm zur Klimakrise »Eine Wirtschaft, die tötet« im PapyRossa-Verlag.


Fußnoten:

  1. Vgl. McCarthy, Niall. 2019. »Oil and Gas Giants Spend Millions Lobbying To Block Climate Change Policies [Infographic]«. Forbes, 25. März.
    https://www.forbes.com/sites/niallmccarthy/2019/03/25/oilandgasgiantsspendmillionslobbyingtoblockclimatechangepoliciesinfographic/?sh=1bed0ebf7c4f (13.1.23)
  2. Götze, Susanne/Joeres, Annika: Die Klima-Schmutzlobby. Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen, Piper Verlag München, 2020, S.16
  3. Unter einer CO2 – Bepreisung versteht man ein Instrument der Energiepolitik, welches zum Ziel hat, klimaschädliche CO2 – Emissionen zu reduzieren, indem es die damit verbundenen Kosten für die Verursacher (Emittenten) erhöht.
  4. Vgl. Schiffer, Hans-Wilhelm: Bepreisung von CO2 im internationalen Vergleich, https://www.energie.de/fileadmin/dokumente/et/Archiv_Zukunftsfragen/2019/Zukunftsfragen_2019_09.pdf (13.1.23)
  5. Vgl. Fischer, Tin/Knuth, Hannah: CO2 – Zertifikate. Grün getarnt, in: www.zeit.de/2023/04/co2-zertifikate-betrug-emissionshandel-klimaschutz/komplettansicht (19.1.23)
  6. Becker, Jens: Warum reagieren wir zu langsam auf die Klimakrise? In: Die Zeit
  7. Becker, Jens, dito
  8. Vgl. Flassbeck, Heiner: Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft. Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen? Westend Verlag 2020
  9. Vgl. Fleischatlas: Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel, Heinrich-Böll-Stiftung 2021, S.10 – 11
  10. Müller, Alfred: Eine Wirtschaft, die tötet. Über den Kapitalismus, seine Überwindung und die Zeit danach, PapyRossa Verlag 2019
  11. Vgl. Herrmann, Ulrike: Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in der Zukunft leben werden, Kiepenheuer & Witsch, 2022


Info: https://oxiblog.de

30.01.2023

medico-Newsletter: Zeitenwende und Kriegsregime

medico.de, 30. Januar 2023, 19.18 Uhr, medico-Newsletter<info@medico.de

###USER_address###,

in wenigen Wochen ist es ein Jahr her, dass mit dem russischen Überfall der Krieg in der Ukraine begann. Seitdem unterstützen wir gemeinsam mit Partnerorganisationen in der Ukraine und in Nachbarländern die Not- und Flüchtlingshilfe. Erst vor wenigen Tagen sind die medico-Kolleg:innen Katja Maurer und Riad Othman von einer Reise nach Charkow/Charkiw im Osten der Ukraine zurückgekehrt, wo wir die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Lebensmitteln unterstützen. Einen ersten Teil des Reiseberichts von Riad Othman können Sie hier lesen.

Jenseits der praktischen Hilfe beschäftigen uns viele Fragen: Wie kann der Schrecken des Ukraine-Krieges analysiert werden, ohne in falsche Vereinfachungen zu verfallen? Wie könnten die Konturen einer emanzipatorischen Politik in Zeiten eines weltweiten Kriegsregimes aussehen?

Weil uns der kritische Diskurs um die Hintergründe und Auswirkungen des Krieges zu kurz kommt, untersützen wir die deutschsprachige Veröffentlichung des Buches "Dieser Krieg endet nicht in der Ukraine" von Raúl Sánchez Cedillo im Verlag transversal texts. Darin setzt er sich mit dem Völkerrecht, der globalen Ökonomie und dem postsowjetischen Raum, aber auch der Europapolitik und der Verbindung von Krieg und Klimakrise auseinander. Das gibt auch Anstoß für die längst überfällige Debatte, wie eine zeitgemäße Anti-Kriegs-Position aussehen kann.

Auf einer Veranstaltung in Berlin am 19. Februar diskutiert Raúl Sánchez Cedillo darüber mit dem taz-Journalist Stefan Reinecke und am 21. Februar spricht er in Frankfurt mit dem ukrainischen Soziologen Volodymyr Ishchenko. Beide Veranstaltungen moderiert Katja Maurer und wir möchten Sie herzlich dazu einladen!

Bereits im letzten Rundschreiben hatten wir ein Interview mit Raúl Sánchez Cedillo abgedruckt, das ich Ihnen noch einmal empfehlen möchte ebenso wie den Kommentar von Mario Neumann zur "moralischen Mobilmachung" in Zeiten des Krieges.

Mit besten Grüßen
Moritz Krawinkel


Info: https://www.medico.de/newsletter/medico-newsletter-zeitenwende-und-kriegsregime?mid=1093&aC=92b70738&jumpurl=-1


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

30.01.2023

Französischer Geheimdienstoffizier: Selenskij zieht NATO in einen Krieg mit Russland

meinungsfreiheit.rtde.life, 30.01.2023

  • Verteidigungsminister: Ungarn liefert keine Waffen an die Ukraine

    Ungarn liefert keine Waffen an die Ukraine und nimmt in dieser Hinsicht die gleiche Position wie Österreich ein. Dies erklärte der ungarische Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky bei einem Treffen mit seiner österreichischen Amtskollegin Klaudia Tanner. Nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti sagte er:

    "Ungarns Position ist klar: Wir liefern keine Waffen in den Konflikt, weil wir seine Eskalation vermeiden wollen. In dieser Hinsicht stehen wir auf einer Plattform mit Österreich. Das neutrale Österreich liefert ebenfalls keine Waffen in den Krieg."

    Ungarns Parlament hatte Anfang März 2022 eine Resolution verabschiedet, die Waffenlieferungen in die Ukraine von ungarischem Gebiet aus verbietet. Außenminister Péter Szijjártó hatte erklärt, dass dies zum Schutz des von ethnischen Ungarn bewohnten Gebiets Transkarpatien geschehe, da Waffenlieferungen über dieses Gebiet zu einem militärischen Ziel werden könnten.

  • 15:44 Uhr

    Ukrainische Truppen beschießen Gorlowka mit NATO-Granaten

    Die ukrainische Armee hat innerhalb einer halben Stunde zwölf Granaten vom NATO-Kaliber 155 Millimeter auf den Stadtteil Nikitowski in Gorlowka abgefeuert. Dies berichtet die Vertretung der Donezker Volksrepublik beim Gemeinsamen Zentrum für die Kontrolle und Koordinierung von Fragen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen der Ukraine.

  • 15:39 Uhr

    Kroatischer Präsident nennt westliche Position zur Ukraine unmoralisch


    Die Haltung des kollektiven Westens im Konflikt in der Ukraine ist unmoralisch, die Kämpfe werden das Land ohne männliche Bevölkerung zurücklassen, so der kroatische Präsident Zoran Milanović. Er erklärte bei einem Briefing, über das der kroatische Rundfunk und das Fernsehen berichteten:

    "[Die Chefin der EU-Kommission] Ursula von der Leyen sagte vor zwei Monaten, dass 100.000 ukrainische Soldaten getötet wurden, was bedeutet, dass weitere 250.000 verwundet sind. Wenn das stimmt, sind jetzt 150.000 Militärs tot. Die Russen sind im Vorteil, was Munition, Artillerie und eine unbegrenzte Zahl von Soldaten angeht, und was ist die Lösung – dass die Ukraine völlig ohne Männer dasteht? Ich bin nicht der Präsident der Ukraine, aber ich habe Sympathie für dieses Land."

    Milanović zufolge wollen die Pazifisten und Friedensaktivisten von gestern im Westen heute "das Blut anderer trinken", ohne sich selbst zu gefährden. Er betonte:

    "Das ist zutiefst unmoralisch, was wir als kollektiver Westen tun."

    "Die Lösung liegt nicht in einem Machtwechsel in Russland. Und deutsche Panzer in Charkow werden die Russen noch mehr einen und sie näher an die VR China heranführen, das ist bereits der Fall. Dies ist politisch irrational und schädlich für den Westen."

    Ihm zufolge führt die derzeitige Entwicklung des bewaffneten Konflikts zu einer Taktik der verbrannten Erde. Der Präsident erklärte seine Bereitschaft, humanitäre Hilfe zu leisten und Aggressionen zu verurteilen, ohne sich militärisch engagieren zu müssen.

    Im Jahr 2022 hatte Kroatien nach Angaben der Behörden 16,5 Millionen Euro für die Ausrüstung von vier Brigaden der ukrainischen Streitkräfte bereitgestellt und Kiew Maschinengewehre, Sturmgewehre und Munition geliefert.

  • 15:34 Uhr

    Ukrainische Gerichte fällen erste Urteile wegen Mobilmachungsverweigerung

    Nach Angaben des ukrainischen Parlamentsabgeordneten Alexander Dubinski haben die Gerichte in der Ukraine damit begonnen, Urteile wegen Mobilisierungsverweigerung zu fällen. In der Ukraine wird die Verweigerung des Wehrdienstes während der Mobilmachung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet.

    Mehrere ukrainische Medien berichteten im Winter über landesweite Razzien bei Wehrpflichtigen. Das ukrainische Militär soll Krankenwagen eingesetzt haben, um die Wehrpflichtigen zu Sammelplätzen zu transportieren. Mitarbeiter von Versorgungsunternehmen sollen beauftragt worden sein, Vorladungen zu verteilten. Das ukrainische Militär erklärte, dass die häufigere Verteilung von Vorladungen an öffentlichen Orten darauf zurückzuführen sei, dass die Bürger nicht bereit seien, den Kommissaren zu Hause die Tür zu öffnen. Medienberichten zufolge meiden Ukrainer aus Angst vor einer Vorladung am Arbeitsplatz eine offizielle Anstellung.

    Die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden berichten regelmäßig, dass sie Kanäle für die Überstellung von Steuerhinterziehern ins Ausland abbauen und Männer festnehmen, die mit gefälschten Dokumenten oder unter dem Deckmantel von Behinderten oder Freiwilligen versuchen, das Land zu verlassen.

    Das Kriegsrecht und die allgemeine Mobilisierung in der Ukraine wurden im November bis zum 19. Februar 2023 verlängert.

  • 15:25 Uhr

    Ukrainische Truppen feuern fünf NATO-Granaten auf Donezk

    Die ukrainischen Streitkräfte haben fünf 155-Millimeter-Granaten auf den Bezirk Kiewski in Donezk abgefeuert. Dies berichtet die Vertretung der Donezker Volksrepublik beim Gemeinsamen Zentrum für die Kontrolle und Koordinierung von Fragen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen der Ukraine.

  • 15:03 Uhr

    Russische Luftabwehr schießt einen ukrainischen Hubschrauber im Gebiet Saporoschje ab


    In seiner täglichen Frontübersicht berichtet das russische Verteidigungsministerium, dass die Einheiten der Luftstreitkräfte, der Raketentruppen und der Artillerie der russischen Streitkräfte 73 Artillerieeinheiten des ukrainischen Militärs auf ihren Feuerstellungen sowie Personal und Militärausrüstung in 138 Kreisen bekämpft haben.

    Die russische Luftabwehr schoss einen ukrainischen Hubschrauber vom Typ Mi-8 in der Nähe des Dorfes Nowodarowka im Gebiet Saporoschje ab. Außerdem wurden im Laufe des Tages zwei Drohnen in der Nähe der Siedlungen Kolomyjtschicha und Kremennaja in der Volksrepublik Lugansk abgeschossen.

    Vier HIMARS- und Uragan-Mehrfachraketenwerfer wurden in der Nähe der Dörfer Konstantinowka, Nikolskoje und Blagoweschtschenka in der Volksrepublik Donezk und Trudoljubimowka im Gebiet Saporoschje zerstört. Dazu fing die Luftabwehr bei Siedlungen Proletarka und Winogradowo im Gebiet Cherson zwei Anti-Radar-Raketen US-amerikanischer Herstellung vom Typ HARM ab.

  • 14:55 Uhr

    Russisches Verteidigungsministerium: USA experimentierten mit HIV-Infektion an ukrainischen Soldaten

    Die USA führten Experimente mit HIV-Infektionen an Militärangehörigen der Ukraine durch. Dies verkündete Generalleutnant Igor Kirillow, der Leiter der russischen Truppen für Strahlen-, chemische und biologische Verteidigung. Er erklärte:

    "Die völkerrechtlich umstrittensten Forschungen werden von den Vereinigten Staaten außerhalb ihres Hoheitsgebiets durchgeführt. Ein Beispiel sind die Experimente zur HIV-Infektion, die seit 2019 von US-Spezialisten in der Ukraine durchgeführt werden."

    Seinen Angaben zufolge wurden im Laufe der russischen Spezialoperation mehr als 20.000 Dokumente entdeckt sowie Zeugen und Teilnehmer militärischer und biologischer US-Programme befragt. Diese Materialien bestätigen das Ziel des Pentagons, Komponenten biologischer Waffen herzustellen und an der Bevölkerung der Ukraine und anderer Nachbarstaaten Russlands zu testen.

    Er wies darauf hin, dass es sich bei den Zielgruppen nicht nur um Strafgefangene oder Drogenabhängige, sondern auch um Kämpfer der ukrainischen Armee handelte.


  • Darüber hinaus habe das russische Verteidigungsministerium Beweise für den Konsum von Psychostimulanzien und Drogen durch ukrainische Soldaten sowie für den Schmuggel von Morphium an die Front erhalten.


  • Der General wies darauf hin, dass die USA derzeit ihre Biowaffenaktivitäten in der Ukraine einstellen und nach Polen und ins Baltikum verlagern. Einige nicht abgeschlossene Programme werden auf zentralasiatische Länder übertragen, während gleichzeitig die Zusammenarbeit mit Kenia, Singapur und Thailand ausgebaut wird. Und die Spezialisten, die an diesen Studien teilgenommen haben, werden in den Westen abgezogen und in den USA, Kanada und der Europäischen Union beschäftigt, damit Russland von ihnen keine Beweise für ihre illegale Arbeit und Verstöße gegen internationale Verpflichtungen erhält.

  • 14:41 Uhr

    Französischer Geheimdienstoffizier: Selenskij zieht NATO in einen Krieg mit Russland

    Der ukrainische Machthaber Wladimir Selenskij, der von der NATO Kampfjets und Raketen fordere, versuche, das Bündnis in einen militärischen Konflikt mit Russland hineinzuziehen, denn die westlichen Länder erreichten bereits eine neue Stufe der Eskalation der Konfrontation mit Russland. Darauf wies der ehemalige Leiter des französischen Militärgeheimdienstes (DRM) General Christophe Gomart hin. In einem Interview mit Valeurs Actuelles erklärte er:

    "Ich weiß nicht, was das Jahr 2023 für uns bereithält, aber wir sehen schon jetzt, dass der ukrainische Präsident viele Kampfjets will. Um das Kräfteverhältnis zu ändern, will er angreifen und wieder in die Offensive gehen. Ich glaube, er würde die NATO in diesen Krieg hineinziehen. Wir sehen schon den nächsten Schritt – warum nicht morgen Kriegsschiffe und schließlich Soldaten anfordern?"

    "Wir begannen mit der Lieferung leichter Waffen und sind bei der Lieferung schwerer Panzer angelangt. Die westlichen Länder werden langsam in den Krieg hineingezogen."


  • Info: https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/131481-liveticker-ukraine-krieg


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Israel – Palästina – Täglicher Tod

    nachdenkseiten.de, 30. Januar 2023 um 9:00 Ein Artikel von Karin Leukefeld

    Zum dritten Mal im Januar hat sich der UN-Sicherheitsrat am Freitag (27.01.2023) mit der „Lage im Mittleren Osten, einschließlich der Palästinensischen Frage“, befasst. Das Treffen fand hinter verschlossenen Türen statt. Beantragt worden war die Diskussion von den Sicherheitsratsmitgliedern China, Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Berichterstatter war der Sonderkoordinator für den Friedensprozess im Mittleren Osten, der norwegische Diplomat Tor Wennesland. 


    Zitat: Am 5. Januar hatte sich der Sicherheitsrat in New York getroffen, weil der neue israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvier, demonstrativ die al-Aqsa-Moschee, den Haram al-Sharif, wie die Muslime sagen, den Tempelberg, wie es bei den Juden heißt, aufgesucht und damit einen Sturm der Entrüstung bei den Palästinensern, bei arabischen und muslimischen Staaten ausgelöst hatte. Ben-Gvir ist ein bekannter Rassist und juristisch verurteilter rechtsextremer Politiker, der seit langem den Status des Haram al-Sharif zugunsten der Juden verändern will. Israel hatte versucht, die Sitzung des Sicherheitsrates am 5. Januar zu verhindern, konnte sich aber nicht durchsetzen.


    Am 18. Januar fand die turnusmäßig alle drei Monate stattfindende UNSR-Debatte über die „Lage im Mittleren Osten, einschließlich der Palästinensischen Frage“, statt. Am 27. Januar war das Thema das „Massaker in Jenin“, die „tödlichste israelische Razzia in dem Lager Jenin seit zwei Jahrzehnten“, wie u.a. die britische BBC und der libanesische Nachrichtensender Al Mayadeen berichteten. Bei dem militärischen Einsatz am 26. Januar waren 9 Personen getötet und mehr als 20 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt worden.


    Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas nannte das Vorgehen der israelischen Armee ein „Massaker“, als er eine dreitägige nationale Trauerzeit für die 9 Menschen anordnete, die getötet worden waren. Medien zitierten das palästinensische Gesundheitsministerium, wonach zwei der Toten, darunter eine 61-jährige Frau, zivile Opfer gewesen seien. Sieben der Toten gehörten palästinensischen bewaffneten Gruppen an, hieß es in einer Mitteilung des UN-Sicherheitsrates. An Gebäuden und Fahrzeugen sei großer Schaden entstanden.

    Am Sonntag (29.1.23) meldete das palästinensische Gesundheitsministerium, eine zehnte Person, ein junger Mann, sei seinen Verletzungen erlegen. Eine weitere Person, die an einer Protestdemonstration gegen die Jenin-Razzia (in Al Ram) teilgenommen hatte, wurde von israelischen Soldaten so schwer angeschossen, dass sie den Verletzungen erlag. Die israelische Armee sprach von einer „Anti-Terror-Operation zur Ergreifung einer Terroreinheit des Islamischen Jihad“. Die Gruppe sei an der Planung und Ausführung von „zahlreichen schweren terroristischen Anschlägen“ gegen Israelis beteiligt gewesen.


    Die palästinensische Autonomiebehörde setzte die Sicherheitskoordination mit Israel aus. In einem Brief, den der „Ständige Beobachter des Staates Palästina bei den Vereinten Nationen“, Riyad Mansour, noch am Tag der Razzia, am 26.01.2023, übergab, wurde die „großangelegte militärische Invasion in das Flüchtlingslager Jenin“ verurteilt. Die medizinische Versorgung der Verletzten sei von den israelischen Besatzungstruppen wiederholt blockiert und hinausgezögert worden, sie hätten auf die Ambulanzfahrzeuge und auf das medizinische Personal das Feuer eröffnet. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums habe die israelische Armee Tränengas in die Kinderstation des staatlichen Krankenhauses von Jenin gefeuert. Die Weltgesundheitsbehörde erklärte ihre „Solidarität mit dem medizinischen Personal in Jenin“, das geschützt werden müsse.


    Doch Worte schützen die Palästinenser nicht und mehr als Worte wurden im UN-Sicherheitsrat – wieder einmal – nicht gefunden. Die Schweiz – seit Januar Mitglied im UN-Sicherheitsrat für zwei Jahre – forderte alle Seiten auf, „Zivilisten zu schützen“. Die „unverhältnismäßige Gewalt der israelischen Sicherheitskräfte“ müsse untersucht werden. Großbritannien forderte Israel zur Zurückhaltung auf, „wenn es seine legitimen Sicherheitsinteressen“ schütze, China wandte sich „gegen die exzessive Gewalt von Sicherheitskräften“.


    Aus dem Gazastreifen wurden noch am Abend des Geschehens Raketen auf den Süden Israels abgefeuert, die die israelische Luftabwehr abfing. Die ganze Nacht hätten Sirenen im Süden Israels vor weiteren Angriffen gewarnt, berichteten Medien. Die Angriffe blieben aus, doch die israelische Luftwaffe stieg auf und bombardierte nach eigenen Angaben „Hamas-Ziele“ und „unterirdische Raketenfabriken“. Die Sicherheitsratsmitglieder verfolgten „die Situation in Israel, in der West Bank (Westjordanland) und Gaza genau“, hieß es in dem zitierten UN-Bericht.


    Inzwischen hält sich US-Außenminister Antony Blinken in der Region auf. Sein Besuch in Ägypten, Israel und im Westjordanland war seit einer Woche bekannt. Das US-Außenministerium appellierte an alle Seiten, „Schritte zur Deeskalation zu unternehmen“. Der „historische Status-Quo des Haram al-Sharif/Tempelbergs“ müsse aufrechterhalten bleiben. Blinken sagte im saudischen Nachrichtensender Al Arabia bei einem Interview in Kairo, alle Seiten müssten miteinander reden. Mit anderen Worten: aus Washington nichts Neues. Zur Frage, ob es einen Krieg gegen Iran geben werde, meinte Blinken: „Alle Optionen liegen auf dem Tisch.“


    Junge Palästinenser griffen zur Waffe, um Vergeltung zu üben. Am Samstag (28.01.2023) erschoss ein 21-jähriger Palästinenser 7 Menschen, als sie nach dem Gebet eine Synagoge verließen, drei weitere Personen wurden verletzt. Der junge Einzeltäter wurde von israelischen Sicherheitskräften nach eigenen Angaben „neutralisiert“, d.h. erschossen. Bei einem weiteren Angriff am gleichen Abend auf Gläubige vor einer anderen Synagoge (in Silwan) wurden zwei Männer verletzt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, der ebenfalls junge palästinensische vermutliche Schütze sei erschossen worden.


    International wurden die Angriffe auf die Synagogen und Gläubigen mit scharfen Worten verurteilt. Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte den „grauenhaften Terrorangriff in Ost-Jerusalem“. Die Terroristen wollten „Hass säen und Frieden unmöglich machen“, heißt es, dieses Kalkül dürfe nicht aufgehen. Man sei mit „Gedanken (…) bei den Angehörigen der Toten“, den zahlreichen Verletzten wünsche man „rasche Genesung“. Zu dem „Massaker in Jenin“ (Mahmud Abbas) fand die Autorin keine Erklärung des Auswärtigen Amtes. Offenbar fehlten die Worte.


    Das israelische Sicherheitskabinett beschloss, die Truppen entlang der Grenze zum Gazastreifen und an der völkerrechtswidrigen Mauer, die Israel eine „Sperranlage“ nennt, zu verstärken. Der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, forderte ein Gesetz, wonach mehr Bürger zum Selbstschutz Waffen tragen dürfen. Die Häuser der palästinensischen Angreifer sollen zerstört, die Angehörigen bestraft werden. U.a. soll ihnen ihre Sozialversicherung entzogen werden. Der völkerrechtswidrige Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland soll ausgeweitet werden.


    Doch die Regierung Netanyahu operiert auf unsicherem Boden. Seit Amtsantritt vor vier Wochen demonstrieren in Israel Zehntausende jeden Samstag, um den Rücktritt von Ministern der rechtsradikalen Allianz zu fordern. Die Demonstranten wollen eine Justizreform verhindern, mit der die neue Regierung das Justizwesen schwächen und die Macht des Obersten Gerichtshofs brechen will. Die Protestbewegung sieht die „israelische Demokratie“ in Gefahr. Angesichts der Gewalt und Rechtlosigkeit allerdings, mit der der Staat Israel seit 75 Jahren ungestraft gegen die Palästinenser und andere arabische Nachbarstaaten und gegen die Kritiker seiner „Politik“ vorgeht, scheint Demokratie nicht die richtige Bezeichnung für das politische System des Staates Israel zu sein.


    Nach UN-Angaben wurden im Jahr 2022 mehr als 150 Palästinenser von der israelischen Armee und Siedlern im Westjordanland und Israel erschossen. Im gleichen Zeitraum wurden 20 Israelis getötet. Seit Anfang des Jahres 2023 wurden 30 Palästinenser von der israelischen Armee zumeist bei Razzien, aber auch an Kontrollpunkten erschossen, heißt es in einem Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte. Sieben Israelis wurden getötet.


    Am Tag vor der Militäroperation in Jenin wurde ein 17-jähriger Jugendlicher bei einer Razzia im Lager Shuafat (Ostjerusalem) von einem israelischen Soldaten getötet. Am gleichen Tag wurde ein 22-Jähriger am Kontrollpunkt Qalqiliya (Westjordanland) erschossen. Es gibt Fotos der erschossenen jungen Palästinenser. Geboren in den Lagern unter israelischer Besatzung wuchs diese Jugend unter menschenunwürdigen Bedingungen auf. Alle haben mit der Hoffnung auf ein besseres Leben gelebt, hatten sie eine Chance?


    Es gibt auch ein Foto aus Jenin vom Abend des 26. Januar 2023. Zu sehen ist eine dichte Menschenmenge – alles sind Männer, die Aufnahme ist aus der Vogelperspektive aufgenommen. Die Männer stehen so eng nebeneinander, dass viele Gesichter nicht zu erkennen sind. Über ihren Köpfen schweben acht Tote auf Bahren, die von Händen nach oben gestemmt und getragen werden. Einige der Leichen sind in palästinensische Fahnen gehüllt, andere in die Fahne ihrer Kampfeinheit. Ein Leichnam trägt seine Kleidung und ist nur mit wenigen Tüchern bedeckt. Um den Kopf trägt er die Kefiyeh, das schwarz-weiß karierte Tuch der Araber.


    Rubriken:

    Innere Sicherheit Israel

    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=93165

    30.01.2023

    Extended Russia - Rand Corporation 2019

    Competing from Advantageous Ground

    James Dobbins, Raphael S. Cohen, Nathan Chandler, Bryan Frederick, Edward Geist, Paul DeLuca, Forrest E. Morgan, Howard J. Shatz, Brent Williams

    Library of Congress Cataloging-in-Publication Data is available for this publication.
    ISBN: 978-1-9774-0021-5
    For more information on this publication, visit www.rand.org/t/RR3063
    Published by the RAND Corporation, Santa Monica, Calif.
    © Copyright 2019 RAND Corporation


    Auszug:

    This report examines a range of possible means to extend Russia. As the 2018 National Defense Strategy recognized, the United States is currently locked in a great-power competition with Russia. This report seeks to define areas where the United States can compete to its own advantage.

    Drawing on quantitative and qualitative data from Western and Russian sources, this report examines Russia’s economic, political, and military vulnerabilities and anxieties.


    It then analyzes potential policy options to exploit them—ideologically, economically, geopolitically, and militarily (including air and space, maritime, land, and multidomain options). After describing each measure, this report assesses the associated benefits, costs, and risks, as well as the likelihood that measure could be successfully implemented and actually extend Russia.


    Most of the steps covered in this report are in some sense escalatory, and most would likely prompt some Russian counter-escalation. Some of these policies, however, also might prompt adverse reactions from other U.S. adversaries—most notably, China—that could, in turn, stress the United States.


    Ultimately, this report concludes that the most attractive U.S. policy options to extend Russia—with the greatest benefits, highest likelihood of success, and least risk—are in the economic domain, featuring a combination of boosting U.S. energy production and sanctions, providing the latter are multilateral.


    In contrast, geopolitical measures to bait Russia into overextending itself and ideological measures to undermine the regime’s stability carry significant risks.


    Finally, many military options—including force posture changes and development of new capabilities—could enhance U.S. deterrence and reassure U.S. allies, but only a few are likely to extend Russia, as Moscow is not seeking parity with the United States in most domains



    übersetzt mit Deepl. Translate


    In diesem Bericht wird eine Reihe möglicher Maßnahmen zur Ausweitung Russlands untersucht. Wie die Nationale Verteidigungsstrategie 2018 anerkannt hat, befinden sich die Vereinigten Staaten derzeit in einem Großmächte-Wettbewerb mit Russland. Dieser Bericht versucht, Bereiche zu definieren, in denen die Vereinigten Staaten zu ihrem eigenen Vorteil konkurrieren können. Dieser Bericht stützt sich auf quantitative und qualitativen Daten aus westlichen und russischen Quellen und untersucht Russlands wirtschaftliche, politische und militärische Schwachstellen und Ängste.


    Er analysiert dann potenzielle politische Optionen, um diese auszunutzen - ideologisch, wirtschaftlich, geopolitisch und militärisch (einschließlich Luft- und Raumfahrt, See-, Land- und Multidomain-Optionen). Nach der Beschreibung der einzelnen Maßnahmen bewertet dieser Bericht die damit verbundenen Vorteile, Kosten und Risiken sowie die Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahme erfolgreich umgesetzt werden und Russland tatsächlich erweitern könnte.


    Die meisten der Schritte die in diesem Bericht behandelt werden, sind in gewisser Weise eskalierend, und die meisten würden wahrscheinlich eine gewisse russische Gegen-Eskalation auslösen. Einige dieser Maßnahmen könnten jedoch auch aber auch negative Reaktionen anderer US-Gegner - vor allem Chinas - hervorrufen, die ihrerseits die Vereinigten Staaten unter Druck setzen könnten.


    Letztlich kommt dieser Bericht zu dem Schluss, dass die die attraktivsten politischen Optionen der USA zur Ausweitung der Beziehungen zu Russland - mit den größten Vorteilen, der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit und dem geringsten Risiko - im wirtschaftlichen Bereich liegen, mit einer Kombination aus der Förderung der US-Energieproduktion und Sanktionen, sofern letztere multilateral sind.


    Im Gegensatz dazu sind geopolitische Maßnahmen, die und ideologische Maßnahmen, die die Stabilität des Regimes untergraben sollen, mit erheblichen Risiken verbunden.


    Schließlich sind es viele militärische Optionen - einschließlich der Entwicklung neuer Fähigkeiten - sie könnten die Abschreckung der USA verbessern und die Verbündeten der USA beruhigen, aber nur wenige davon werden Russland wahrscheinlich weiter bringen, da Moskau in den meisten Bereichen keine Parität mit den Vereinigten Staaten anstrebt.


    Info: https://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_reports/RR3000/RR3063/RAND_RR3063.pdf

    30.01.2023

    Skandal-Urteil in Berlin: Amtsgericht verurteilt Friedensaktivisten wegen Rede „Nie wieder Krieg gegen Russland

    nachdenkseiten.de, 25. Januar 2023 um 9:00 Ein Artikel von: Florian Warweg

    Das Berliner Amtsgericht hat den bekannten Berliner Friedensaktivisten Heiner Bücker zu einer vierstelligen Geld- oder ersatzweise 40-tägigen Haftstrafe verurteilt. Sein Vergehen? Er hatte bei einer Rede anlässlich des 81. Jahrestages des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 2022 erklärt, man müsse „offen und ehrlich versuchen, die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen“. Diese Aussage, so die Begründung im Strafbefehl vom 3. Januar 2023, welcher den NachDenkSeiten vorliegt, billige „den völkerrechtswidrigen Überfalls Russland (sic!) auf die Ukraine“ und hätte „das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima in der Bevölkerung aufzuhetzen.“ Eine rechtsstaatliche Farce, die von der verbrieften Rede- und Meinungsfreiheit nur noch Trümmer übriglässt. 


    Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

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    Heiner Bücker betreibt seit Jahrzehnten das „Coop Anti-War Café“ in Berlin-Mitte, ein Treffpunkt für linke Friedensaktivisten und lateinamerikanische Soli-Gruppen. Zudem engagiert er sich in der Friedensbewegung sowie bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.).


    Strafanzeige wegen Rede, die „friedliche Nachbarschaft mit Russland“ zum Leitmotiv hatte

    Am 22. Juni 2022 hatte Bücker auf einer Gedenkveranstaltung der Friedenskoordination zum Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park eine sehr ruhige, getragene Rede gehalten, in welcher er einen historischen Bogen vom Vernichtungskrieg der Wehrmacht gegen die UdSSR bis zum Ukraine-Krieg spannte und angesichts von über 20 Millionen getöteten Sowjetbürgern auf die besondere Verantwortung Deutschlands verwies sowie zu einer „gedeihlichen, vernünftigen und friedlichen Nachbarschaft mit Russland in Europa“ aufrief. Zudem betonte er in diesem Zusammenhang:

    „Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein.

    Vier Monate später, im Oktober 2022, erhielt der Friedensaktivist ein Schreiben vom Landeskriminalamt Berlin. Gegen ihn sei ein Ermittlungsverfahren wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“ nach Paragraph 140 Strafgesetzbuch eingeleitet worden, welches mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden könne. Angezeigt wurde Bücker laut dem Schreiben von einem Berliner Rechtsanwalt. Der konkrete Vorwurf: Er hätte mit seiner Rede am 22. Juni 2022 den Krieg Russlands gegen die Ukraine gebilligt.


    Verurteilung wegen „Billigung von Straftaten nach Paragraph 140 Strafgesetzbuch“

    Drei Monate später erging der Strafbefehl des Berliner Amtsgerichts Tiergarten. Dort heißt es zunächst allgemein, er sei angeklagt, „ein Verbrechen der Aggression (§13 des Völkerstrafgesetzbuches) in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich in einer Versammlung gebilligt zu haben“.


    Der verantwortliche Richter Pollmann am Amtsgericht, der allem Anschein nach uneingeschränkt der Argumentation der Staatsanwaltschaft folgte, zitiert dann in dem Schreiben den Auszug aus Bückers Rede, welcher laut der hauptstädtischen Justiz eine Zustimmung zum „völkerrechtswidrigen Überfalls Russland (sic!) auf die Ukraine“ impliziere.


    Der vom Gericht zitierte Redeausschnitt, auf dessen Grundlage die rechtskräftige Verurteilung zur Geldstrafe von 2.000 Euro oder ersatzweise 40 Tage Haft plus Übernahme der Verfahrenskosten beruht, lautet:

    „Mir ist unbegreiflich, dass die deutsche Politik wieder dieselben russophoben Ideologien unterstützt, auf deren Basis das Deutsche Reich 1941 willige Helfer vorfand, mit denen man eng kooperierte und gemeinsam mordete.


    Alle anständigen Deutschen sollten vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, der Geschichte von Millionen ermordeter Juden und Abermillionen ermordeter Sowjetischer Bürger im 2. Weltkrieg jegliche Zusammenarbeit mit diesen Kräften in der Ukraine zurückweisen. Auch die von diesen Kräften in der Ukraine ausgehende Kriegsrhetorik müssen wir vehement zurückweisen. Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein.


    Wir müssen uns zusammenschließen und uns diesem Irrsinn gemeinsam entgegenstellen.

    Wir müssen offen und ehrlich versuchen, die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen und warum die überwiegende Mehrheit der Menschen in Russland ihre Regierung und ihren Präsidenten darin unterstützen.

    Ich persönlich will und kann die Sichtweise in Russland und die des russischen Präsidenten Wladimir Putin sehr gut nachvollziehen.


    Ich hege kein Misstrauen gegen Russland, denn der Verzicht auf Rache gegen Deutsche und Deutschland bestimmte seit 1945 die sowjetische und danach auch die russische Politik.“

    Damit stimme Bücker, so die Argumentation des Gerichts, „dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine“, um dessen Rechtswidrigkeit er wisse, zu.


    Richterliche Begründung verweist auf „psychisches Klima in der Bevölkerung“

    Weiter heißt es in der Begründung, die die NachDenkSeiten aus Gründen der Transparenz und Dokumentation im Wortlaut wiedergeben:

    „Ihre Rede hat – wie Sie jedenfalls billigend in Kauf nahmen – angesichts der erheblichen Konsequenzen, die der Krieg auch für Deutschland nach sich zieht, der Drohungen seitens der russischen Staatsführung konkret gegenüber Deutschland als NATO-Mitglied für den Fall der Unterstützung der Ukraine und nicht zuletzt angesichts der Präsenz Hunderttausender Menschen aus der Ukraine, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben, das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima in der Bevölkerung aufzuhetzen.“

    Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Allein der Aufruf eines Friedensaktivisten, auch mal zu versuchen, die russische Perspektive in dem Konflikt einzunehmen („die russischen Gründe für die militärische Sonderoperation in der Ukraine zu verstehen“), wird als Billigung eines „Verbrechens der Aggression“ gewertet, welches „das psychische Klima in der Bevölkerung“ aufhetze.


    Mal abgesehen vom sprachlichen Murks, des angeblichen Aufhetzens eines psychischen Klimas (hä?), kann man sich nur der Einschätzung von Rüdiger Göbel anschließen, der in einem Beitrag für die junge Welt die richterliche Begründung mit Verweis auf das „psychische Klima in der Bevölkerung“ als „hanebüchen“ charakterisierte.


    Noch absurder erscheint allerdings der zweite Argumentationsstrang, die Rede Bückers hätte „das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern“. Ich wage die These, nicht die Rede des Berliner Friedensaktivisten, sondern das Urteil des Berliner Amtsgerichts hat das Potenzial, das Vertrauen in den Rechtsstaat (noch weiter) zu erschüttern.


    Die gesamte 12-minütige Rede Bückers in Wort und Bild kann man hier einsehen:

    https://www.google.com/search?q=%22Wir+vergessen+nicht!+Sowjetisches+Ehrenmal+Berlin+%E2%80%93+Heiner+B%C3%BCcker,+Coop+Anti-War+Caf%C3%A9%22&rlz=1C5CHFA_enDE908DE908&oq=%22Wir+vergessen+nicht!+Sowjetisches+Ehrenmal+Berlin+%E2%80%93+Heiner+B%C3%BCcker,+Coop+Anti-War+Caf%C3%A9%22&aqs=chrome..69i57.1849j0j4&sourceid=chrome&ie=UTF-8


    Werte Leser, wie bewerten Sie den Vorfall? Schreiben Sie uns gerne: leserbriefe@nachdenkseiten.de


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    Audio-Podcast Erosion der Demokratie Friedenspolitik


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    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Forderung für zentrale Demo dahin wo die neue Leo-Kriegseskalation trainiert wird: Kriegszentrale Munster!

    aus e-mail von Heinz-Dieter Braun, 30. Januar 2023, 2:12 Uhr


    Bitte JETZT n der Friedensbewegung weiterleiten - diskutieren - und zeitnah organisieren !!


    liebe FriedensfreundInnen 


      z.Z. wird die Nord-Friedenskonferenz für 25.2.23 in Bremen vorbereitet. Es ist richtig dort wichtige Fragen zu diskutieren.  Und diese Konferenz muss ein praktisches Ergebnis haben:  gemeinsam dort zu protestieren, wo ganz besonders die nächste Eskalationsstufe trainiert wird.     Das ist im größten BW-Heeresstandort Munster. Dort sollen in Kürze ukrainische Soldaten am Leopard 2 geschult werden.   Wir schlagen vor, baldmöglichst alle gemeinsam in der Militärstadt Munster zu demonstrieren.


    Die Landkreise Celle und Heidekreis sind die am stärksten militarisierte Region Deutschlands: "Seit dem 1. Weltkrieg dreht sich hier viel um Panzer. Rheinmetall in Unterlüß produziert die Mordfahrzeuge, die Panzertruppenschule im größten BW-Heeresstandort Munster ist die Fahrschule, Europas größter Truppenübungsplatz zwischen Bergen und Bad Fallingbostel ist der Kriegstrainingsplatz und ausgediente Exemplare sind nach erfolgtem Kriegseinsatz im Panzermuseum Munster zu bewundern."


    Seit 1992 fordern Gewerkschaften und Bürgerinitiativen für Europas größten TrÜbPlatz eine neue soziale ökologische nicht-militärische Wirtschaftsstruktur und es gibt ein Konzept hier viele zivile Arbeitsplätze zu schaffen. "Abrüstung JA - arbeitslos NEIN !"


     Stattdessen sollen jetzt - finanziert aus der 100 Mrd Sonderverschuldung - in Oerbke/ Bad Fallingbostel 2 neue Panzerbataillione stationiert werden. Und dazu soll auch die dortige zentrale Flüchtlingsaufnahme geschlossen werden.   Hier sind entscheidende Orte für Aufrüstung, Kriegseskalation und übler Propaganda: Rheinmetall Unterlüß, Panzertruppenschule Munster, TrÜbPlatz bei Bad Fallingbostel.      Liebe FriedensfreundInnen im Norden:  Führen zeitnah eine zentrale Demo in Munster durch! Tragen wir Frieden in die ewige Kriegsstadt Munster !!


    P.S:  da ist obendrein der ehem. Kriegsdienstverweigerer und heutige SPD-Vors. MdB Lars Klingbeil zuhause.


    H-D Charly Braun Gewerkschaftliche Initiative für Frieden und Militär- und Rüstungskonversion

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    Initiator dieser Aufforderung ist Fritz Patzelt von der Friedensaktion Lüneburger Heide:


    Hallo Friedensbewegung! Ich habe den Eindruck: je mehr der Krieg in der Ukraine eskaliert,je mehr rote Linien überschritten werden,je größer die Gefahr eines Weltkrieges wird, umso weniger hört man/frau von der (einstmals?) existierenden Friedensbewegung. Ich weiß, dass es vielen so geht wie mir:  ohnmächtig, ja fast gelähmt, wartet man/frau auf die nächste Eskalationsstufe. Es ist ja gar nicht mehr die Frage, ob noch "schwerere" Waffen wie Jagdbomber, U-Boote oder Langstreckenraketen in die Ukraine geliefert werden, sondern die Frage ist, wann werden diese Waffen geliefert. Dabei ist eine Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land gegen das Liefern von Panzern und ähnlichem "Gerät". Und weil diese Mehrheit medial nicht stattfindet, ist es umso mehr die Aufgabe der Friedensbewegung, dieser Mehrheit eine Stimme zu geben. Als ich las, dass in Munster in der Heide ukrainische Soldaten am Leopard 2 trainiert werden sollen, war mein erster Gedanken, genau dort, im Herzen des deutschen Militarismus, eine Demonstration zu organisieren, um die Ablehnung solch direkter Kriegsbeteiligung auf die Straße zu bringen. Ich appelliere an alle, die es Ernst damit meinen, diesen Krieg zum Stillstand zu bringen, zu überlegen, ob wir so eine Demo in Munster zusatnde bringen. Nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Auf der Straße, nicht in Hinterzimmern, ist der Platz der Friedensbewegung.

    Fritz Patzelt, Walsrode


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    30.01.2023

    Pazifismus heute

    das-blaettchen.de, 30. Januar 2023, 26. Jahrgang | Nummer 3 | von Stephan Wohanka


    Zitat: Jürgen Grässlin muss man nicht kennen. Und das trotz der Zuschreibung, er sei der „bekannteste Pazifist und Rüstungsgegner des Landes“. Als solcher war er Gegenstand eines Textes in einer der letzten Ausgaben eines Nachrichtenmagazins. Ein Reporter begleitete ihn über Monate und schreibt, Grässlin sei gegen jeden Krieg; auch gegen solche, die den Segen der UNO hätten und solche, die das Völkerrecht brächen. Sozusagen als Quintessenz Grässlinschen Denkens kommt der Autor des Beitrages zum Schluss, „Grässlin hätte wohl auch Adolf Hitler gewähren lassen…“. Dieser Gesinnungspazifismus, jegliche Form von Gewalt ablehnend, will folglich Kriege verbieten, Streitkräfte abbauen, Rüstungsproduktion und Waffenexporte einstellen. Keine Gewalt. Nie und nirgends. Da irritiert beinahe, dass manche in Grässlin einen „militanten“ Pazifisten sehen.


    Die Geister schieden und scheiden sich so immer noch an Hitler, seinem Vernichtungskrieg gegen „Untermenschen“ und Juden; der Name des zur Metapher geronnenen Todeslagers Auschwitz steht dafür. Es war der damalige CDU-Familienminister Heiner Geissler, der 1983 darauf bestand, dass „der Pazifismus der 30er-Jahre – der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben – dieser Pazifismus der 30er-Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht“. Dass diese Behauptung Blödsinn ist, liegt auf der Hand. Ideeller Anknüpfungspunkt der Vernichtung war und ist auch heute noch, leider, Menschenhass, Antisemitismus und nicht Pazifismus. Geisslers Unworte brachten darüber hinaus damals Pazifisten und namentlich junge Menschen der Friedensbewegung gegen die anstehende Nachrüstung („Pershing 2“) in eine gedankliche Nähe des Geschehens um Auschwitz.


    Auch Joschka Fischer, damaliger bündnisgrüner Außenminister, begründete 1999 den Kosovo-Einsatz der Bundeswehr mit Auschwitz: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“ Er führte die deutschen Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg als Rechtfertigung für einen Krieg an – vorher galten sie eher als Argument gegen Krieg. Sowohl die Nachrüstungsdebatte als auch der Kosovo-Einsatz veränderten, wie in Deutschland über Krieg und Frieden gesprochen wird – nämlich häufig mit ethischem Impetus, mit einem emotionalisierten Moralismus.


    In der Konklusion kann man sicherlich festhalten, dass entgegen dem Gesinnungspazifismus Grässlinscher Prägung es richtig und geboten war, Hitler mit überlegener militärischer Macht in den Arm zu fallen und ihm und seinen Mordbuben den Garaus zu machen. Und ob eine derartige bewaffnete Intervention nicht hätte viel früher erfolgen müssen; mindestens schon 1939 nach dem Überfall auf Polen ist eine Frage, die ich hier nicht weiter verfolgen will…


    Pazifisten hatten und haben es heute auch deshalb schwer, Stellung zu beziehen, weil sich das Wesen der Kriege und der (internationalen) Gewaltanwendung seit Ende des Kalten Krieges verändert haben; man muss nur einige Namen aufrufen, von denen einige schon wieder dem Vergessen anheim fielen, wie Osttimor, Srebrenica, Ruanda, Afghanistan. Innerstaatliche Krisen nahmen zu, Konfliktlinien verschwammen und machten es schwerer zu erkennen, wer Täter ist, wer Opfer. International agierende Terrornetzwerke verüben Anschläge; Kriege wurden unübersichtlicher. Aber deshalb nicht weniger grausam für Zivilisten. Was sagten Pazifisten den Syrern, die nach militärischer Unterstützung des Westens riefen oder heute den gegen das Mullah-Regime protestierenden Iranern? – war und ist es angesichts solcher Massaker nicht feige und naiv zu glauben, jeder Konflikt lasse sich gewaltfrei lösen? Und setzt Frieden nicht voraus, dass Menschen nicht getötet werden und nicht vertrieben werden, dass Frauen nicht vergewaltigt werden, dass Kinder nicht entführt werden?


    Nun gibt es einen Krieg, bei dem eindeutig Opfer und Täter auszumachen sind. Ob der Eindeutigkeit der russischen Aggression gegen die Ukraine argumentieren die unterschiedlichen politischen Milieus – bis auf Ausnahmen – politisch; Raum für einen politischen Pazifismus. Dieser geht vom Primat der Politik aus; das heißt, er strebt grundsätzlich diplomatische Lösungen an. Er erkennt aber auch an, dass es Bedrohungen gebe, die einen Waffengang, als ultima ratio, nötig machten. Der Begriff der ultima ratio stammt aus dem Dreißigjährigen Krieg – und in diesem Zusammenhang wurde er meist auch in der Folgezeit verstanden. Der preußische König Friedrich II. verfügte 1742, alle Kanonen mit dem Schriftzug „Ultima ratio regis“ – das letzte Mittel des Königs – zu versehen; was den politischen Charakter der Sentenz unterstreicht. Konflikte sollten mit politischen und rechtlichen Instrumenten gelöst werden; das Völkerrecht, der Internationale Strafgerichtshof und Organisationen wie das Internationale Rote Kreuz sind solche Instrumente. Beispielsweise hatten Genozide wie der in Ruanda politische Folgen in Gestalt der „responsibility to protect“, einer Verabredung der internationalen Staatengemeinschaft, Menschen zu beschützen. Sie erlaubt kollektive Maßnahmen, um Völkermord und vergleichbar schwere Verbrechen zu verhindern und wird als Rechtfertigung für humanitäre Interventionen und Einsätze zum Schutz von Menschenrechten bemüht, aber auch missbraucht.


    Es zeichnen sich, grob gesagt, zwei ernst zu nehmende Lager ab; abseits dieser existieren natürlich extreme Auffassungen, die jedoch nach heutiger (militärischer) Lage kaum Realisierungschancen haben. Beide Lager eint, dass sie grundsätzlich für eine politische Lösung, ein Ende des Krieges am Verhandlungstisch eintreten. Wobei das in gewisser Weise eine Binsenweisheit ist, denn solange eine Kriegspartei nicht kapitulieren muss und so ihr die Friedensbedingungen diktiert werden können – Deutschland „durfte“ ja zweimal dieses Prozedere durchmachen –, bleibt nur ein über Gespräche erreichter Kompromiss als Ausweg aus dem Krieg.


    Die Differenz zwischen beiden Auffassungen liegt in den Maßnahmen, die den Weg zu der politischen Lösung eröffneten. Das eine Lager plädiert als Voraussetzung für eine politische Lösung für Waffenlieferungen an die Ukraine, die hinreichend umfangreich sein sollten, um die russische Besatzung vom ukrainischen Territorium (weitgehend) zurückzudrängen. Namentlich CDU und FDP, aber auch Teile der Bündnisgrünen vertreten das. So entstand ein Druck, aus dem heraus sich immer mehr Staaten für Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden. Diese Haltung folgt der Maxime, dass „Kriege fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden (werden)“. Die ultima ratio dominiert, das pazifistisch-politische Moment tritt dahinter zurück.


    Das andere Lager ist der Auffassung, der Ukraine keine Waffen zu liefern, sie humanitär zu unterstützen. Vertreten wird diese Sicht namentlich von kulturellen und zivilgesellschaftlichen Milieus. Es sollten alle diplomatischen Chancen zur schnellen Beendigung des Krieges ergriffen werden. Unterschwellig schwingt in mancher der Appelle mit, die Ukraine möge sich doch ergeben und in eine „soziale Verteidigung“, so Grässlin, übergehen; also in einen „klugen und gut organisierten zivilen Widerstand“. Etwas ratlos zeigt man sich, da gegenwärtig keine der beiden Kriegsparteien zu diplomatischen Gesprächen bereit ist. Darüber hinaus gibt es Stimmen, die davon ausgehen, bei Russlands Ukrainekrieg handele es sich um einen Stellvertreterkrieg; Stimmen, die im Osten Deutschlands besonders präsent sind; Noten wie „kremlnah“ oder „putinfreundlich“ werden vorschnell erteilt. Das pazifistisch-politische Moment ist alleinige Maxime.

    Welchem Lager man zuneigt, liegt wohl auch darin begründet, wie man persönlich den Ukrainekrieg wahrnimmt – als russischen Angriff zur Vernichtung der Ukraine, desgleichen auf die europäische Friedensordnung, auf die „freie“ Welt, der die Ukraine schon zugeschlagen wird oder aber als Krieg, der möglichst schnell zu beenden wäre bei einem Interessenausgleich zwischen den Parteien oder gar nur als „schlichten“ Krieg zwischen zwei Nachbarländern, der uns wenig oder gar nichts anginge. Man muss diese Frage nicht auf die Höhe von „Hitler gewähren lassen“ heben; eine brisante ist sie dennoch… denn die Konsequenzen können größer sein als die Kampfhandlungen in der Ukraine.


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    Info: https://das-blaettchen.de/2023/01/pazifismus-heute-64574.html


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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