Der
Weg aus dem Krieg verlangt A-B-C-Antworten – jetzt!
(mit
einem Anhang zur Panzer-Debatte)
Der
Russland-Ukraine-Krieg hat sich längst entwickelt und ausgewachsen
-
zu einem Hunderte Milliardengrab an Kriegskosten, vom Wiederaufbau
irgendwann ganz zu schweigen;
-
zu einer internationalen Aufrüstung in gigantischem Ausmaß, für
die dieser Krieg als Vorwand dient („Zeitenwende“) und zum Motor
geworden ist;
-
zum Massenanfall und Massengrab für (vorsichtig) geschätzt bisher
etwa 200.000 Kriegsopfer – verwundete und gefallene Soldaten auf
beiden Seiten, verletzte und getötete Zivilist:innen, Männer,
Frauen, Kinder, Alte, Kranke;
-
zur humanitären Katastrophe der Vertreibung und Flucht von bis zu 15
Millionen Menschen;
-
zur Zerstörung eines ganzen Teils der Ost-Ukraine in eskalierender
Weise und in großem Maßstab auch landesweiter Energieversorgung,
Infrastruktur und Substanz an Wohnungen; die Ukraine ist immer mehr
nur noch ein Provisorium;
-
zu großer materieller Not und schierem Leid, zu ständiger Angst,
seelischer Zerrüttung, Depression und Verderben für die überlebende
Bevölkerung;
-
zur verbrecherischen Verrohung und Demoralisierung von Soldaten, vor
allem russischen, die plündern, morden, foltern und vergewaltigen;
-
zum Versagen auf breiter Linie einer eindimensionalen internationalen
Kriegs- und Waffenpolitik, statt trotz allem Bereitschaft zu
Diplomatie, Verständigung durch Verhandeln und Suche nach zivilen
Lösungen, der alle Kraft und Aufmerksamkeit gehören sollte;
Dieser
Krieg, jeder Krieg, ist ein Verstoß gegen das christliche Gebot, Du
sollst nicht töten Es
ist darum überfällige Zeit, diesen Krieg sofort ohne Wenn und Aber
zu beenden, um die sich abzeichnende militärische und zivile
humanitäre Totalkatastrophe noch zu verhindern, die sonst ziemlich
sicher früher oder später eintreten wird. Wer trägt dann alles die
Schuld daran, was an Zerstörung und Opfern bis dahin noch hinzu
käme? Wer übernimmt die Verantwortung für all das wirre und
gedankenlose, ideologische Kriegsgerede und Kriegstreiben in der
veröffentlichten Meinung?
Wie
sähe ein gewaltfrei orientierter „Aktionsplan Frieden“ für die
Ukraine aus?
A.
Bedingungen
müssen sein:
Ein
Schweigen der Waffen und der Rückzug der russischen Streitkräfte
hinter die Linien im besetzten Donbass (Donezker und Luhansker
Gebiet) sowie aus der übrigen Süd-Ukraine (Städte, Häfen und
Gebiete am Asowschen Meer und in den Regionen Cherson und
Saporischschja südlich des Dnjepr). Russland muss einräumen, seine
militärischen Operationsziele gegen heftigen und verbissenen
bewaffneten Widerstand nicht erreichen zu können. Die sehr
schwierige Krim-Frage muss zunächst ausgeklammert bleiben. Sämtliche
westliche Waffenlieferungen, Logistik-Unterstützung und strategische
militärische Geheimdienst-Beratung des CIA müssen sofort
zurückgenommen und eingestellt werden. Die
Nato muss sich
auf ganzer Linie komplett aus ihrer Kriegsunterstützung und
indirekten Kriegsparteilichkeit zurücknehmen! Ende der
wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland und durch Russland
(Gaspipeline, Erdöl, Weizen-Boykott und Beschlagnahme von
Ernte-Vorräten im Donbass). Die UNO muss unter Hinzuziehung von Kräften der internationalen Friedens- und
Konfliktforschung, NGOs und unverdächtiger sicherheitspolitischer
Think-Tanks federführend eingreifen (tätig werden) und die
Verhandlungshoheit übernehmen (zurückgewinnen). Einrichtungen der
Friedens- und Konfliktforschung dürfen nicht im „Wir-Stil“
parteilich auftreten für Waffen und Kriegsunterstützung, wie dies
die Leiterin der HSFK (Hess. Stift. Friedens- u. Konfliktforschung),
Nicole Deitelhoff, ungeniert tut. Der deutsche wissenschaftliche
Experte für Sicherheitspolitik, Professor Johannes Varwick
(Universität Halle), sollte z. B. einem solchen UN-Gremium
angehören, ebenso Ex-Nato-General Erich Vad, die Militärexpertin
und Pro-Waffen-Lobbyistin, Claudia Major (Stiftung Wissenschaft und
Politik, Berlin) hingegen nicht. Keine Beteiligung von
Vertreter:innen des kriegsparteilichen European Council on Foreign
Relations. Rücktritt aller Militär-„Expert:innen“ vom
involvierten „Wir“-Standpunkt und moralischer Kriegs-„Hetze“,
Entzerrung der Medien-Verwicklung aus ihrer ideologischen Waffen- und
Kriegspräferenz. Kritische Distanz zum beiderseitigen
Kriegsgeschehen. Rückgewinnung des Friedensprimats bei allen
Überlegungen und Erwägungen.
B.
Mindestens
10.000 Blauhelme und 900 Friedenskorps-Akteure für die Ukraine
Unverzichtbar
ist die geltende Souveränität der Ukraine und ihre territorial
unverletzliche Integrität, auch wenn sie jetzt teilbesetzt ist.
Beginn der Entminung der Kampfgebiete durch Spezialeinheiten. Das
Land muss einen garantierten neutralen Status in einem europäischen
Sicherheits-Gesamtkonzept unter Einschluss Russlands erhalten.
Erforderlich ist eine großangelegte UN-Blauhelm-Mission mit mindestens 10.000 Soldaten aus Nicht-Nato-Staaten, robust
ausgestattet mit leichter Infanterie, gepanzerten Fahrzeugen,
Schützenpanzern, leichter MG-Bewaffnung, Transporthubschraubern, um
in Polizeifunktion die Verkehrswege für Flüchtlinge offenzuhalten, Frontlinien zu
überwachen, Zivilisten zu schützen und die Waffenruhe zu
garantieren. Ein Srebrenica 1995 darf sich nicht wiederholen, als gut
bewaffnete niederländische Blauhelme gegen das serbische Gemetzel in
den Wäldern an über 8.000 bosnischen Männern nicht einschritten.
Eine dänische Blauhelm-Panzereinheit bewies damals Mut und
Durchsetzung, als sie sich gegen serbischen Beschuss mit Panzern und
Artillerie von den Höhen auf eine wehrlose bosnische Stadt stellte
und dies unter Drohung, sonst das Feuer zu eröffnen, stoppte (die
Nomos-Zeitschrift ‚Sicherheit und Frieden‘, S + F, des Instituts
für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität
Hamburg, damaliger Leiter, Dieter S. Lutz, berichtete den
spektakulären Fall).
Die
internationale Friedensbewegung muss sich viel aktiver als nur mit
Manifesten für Frieden, Waffenkritik und Protest-Kundgebungen in den
langen Friedensprozess nach dem Russland-Ukraine-Krieg einbringen und
darauf vorbereiten. Teil der UN-Mission müssten gewaltfreie sog. Europäische Friedenscorps sein. Deutschland könnte bis zu 150 gewaltfrei geschulte
Aktivist:innen und Moderator:innen in bis zu 30 Einsatzgruppen mit je
5 Trainer:innen zur Verfügung stellen, plus Koordinierungs- und
Kontaktpersonen (Kontingent erhöhbar) und UN-gekennzeichneter
Mobilität, die die ukrainische Bevölkerung mit Geist und Gehalt der
UN-Charta vertraut machen, in Methoden und Mitteln der gewaltfreien
Kommunikation, zivilen sozialen Konfliktbearbeitung,
zwischenstaatlichen Konfliktlösung und Prinzipien der Sozialen
Verteidigung zu unterweisen beginnen, die wiederum selbst dann im
Schneeballeffekt weitere Ukrainer:innen ausbilden. Leitkonzept wäre
z. B. Gene Sharps Schrift „Von der Diktatur zur Demokratie. Ein
Leitfaden für die Befreiung“ (2008), das den politischen Akteuren
in Myanmar, des Arabischen Frühlings und des Maidan-Widerstands in
der Ukraine schon eine wertvolle Hilfe war und Nikolaus Kochs Gedanke
der „zivilen Art, Krieg zu führen“, wie er ihn im Kapitel über
„Das neue Kriegsbild und seine zivilen Konsequenzen“ seiner
Schrift „Blockfreies Europa“ (Essen 1982) ausführlich dargelegt
und auseinandergesetzt hat. Dafür könnten der Bund für Soziale
Verteidigung (BSV) und die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung die
Koordination und Federführung übernehmen. Jedes Nato-Mitglied wäre
außerdem dazu zu bringen, mindestens 25 Friedenscorps-Leute zu
entsenden, das wären 750 zusätzliche Akteure. Das sind keineswegs
unrealistische Zahlen und Ziele. Die „Informationsblätter“ des BSV mit dem Titel „Anregungen zur Überwindung
des Stillstands im Ukraine-Konflikt: Weiter so bis zur Erschöpfung?“ (Rundbrief 3-4/2022, S. 9-12)
nennen einen Katalog weiterer „realpolitischer Möglichkeiten“,
den Konflikt bereits jetzt zu deeskalieren (Stand: November 2022,
Autorin: Christine Schweitzer; > www.soziale-verteidigung.de).
Wenn
man ukrainische Soldaten an West-Waffen ausbilden kann, kann man als
Minimum auch das tun und versuchen. Auch das alles wird fürs Erste
Hunderte Millionen bis über eine Milliarde US-Dollar kosten. Summen,
die bisher sinnlos für Waffen ausgegeben wurden. Nato-Mitgliedschaft
und EU-Aufnahme sind keine Optionen, und wegen ihrer
Beistandsklauseln schon gar keine Friedensgaranten. Alle Pläne, die
bisher zur Kriegsbeendigung existieren (Italien-Plan, Vermittlung
durch Naftali Bennet, Bemühung um Frieden zwischen der Ukraine und
Russland noch bis März/April 2022, Istanbul-Treffen), müssen auf
den Tisch, die Minsker Abkommen I/II müssen hinsichtlich ihrer
Tauglichkeit und Tragfähigkeit von Grund auf überprüft, ggfs.
revidiert oder ganz ersetzt werden durch neue Vereinbarungen.
Das
etwa wäre eine Liste
essenzieller naheliegender nächster Schritte für eine erste wichtige Kriegs-Zäsur und längerfristige
Orientierung auf Frieden. Sie beansprucht nicht, vollständig zu
sein. Vieles bliebe zunächst unberührt, etwa die Frage der
Kriegsverbrechen (durch Russland), Wiedergutmachung und Reparationen
(durch Russland), des vollständigen Rückzugs durch Russland von der
Krim. Wiederherstellung des Status quo ante 2014 gemäß internationalem Recht zwischen Russland und der Ukraine unter Klärung der notwendigen
Sicherheitslage für beide Länder. Der Konflikt darf nicht
„eingefroren“, sondern muss aktiv bearbeitet und gelöst werden.
Die Lösung liegt zu großen Teilen in Washington und Moskau, zu
einem weiteren Teil in Kiew. Putin sagt, er verhandle nur mit den
USA. Alle anderen Erwartungen oder Ziele, etwa Kriegsgewinn (der
Ukraine), Regime-Change in Russland, Eindämmung und Niederhaltung
Russlands, Abdankung (oder Abgang) Putins sind obsolet, weil derzeit
unrealistisch und überdies kontraproduktiv. Putin muss sich
verantworten für sein Handeln. Russlands einziger Gewinn aus seinem
Rückzug besteht im friedvollen Auskommen mit seinem Nachbarn und in
politisch garantierter Sicherheit.
C.
Fernziele: Anklage Russlands, Verhandlung des Russland-Ukraine-Krieges vor dem Internationalen
Gerichtshof in Den Haag.
Ermittlung und Definition der Kriegsschuld. Ermittlung und Verurteilung aller verantwortlichen Täter und
Befehlsgeber für Kriegsverbrechen. Entschädigungen für Angehörige
der Opfer von Kriegsverbrechen und für verlorenen und zerstörten
Besitz. Die Situation ist völlig vertrackt und hoch kompliziert. Es
bedarf menschlicher ziviler,
taktvoller und juristischer Höchstanstrengung! Es gibt historisch kaum vergleichbare Beispiele, die helfen könnten.
Vielleicht unter bestimmtem Blickwinkel der Zweite Weltkrieg, wenn
damals auch viele Faktoren, Koordinaten, Kräfte noch ganz anders
lagen. Hitlers bedenken- und skrupellose europäische Zerstörung und
beispiellose jüdische Volksvernichtung konnte nur mit vereinten
Waffenkräften zu Luft, Land und Wasser niedergerungen werden, ohne
politisch zu fragen, mit wem man sich verbündete.
DIE
Koalition der Waffen reichte bis zum jüdischen Aufstand im
Warschauer Ghetto, zu den Begleit-Jagdstaffeln der polnischen Piloten
in der britischen RAF, zu Tschechoslowaken im bewaffneten Widerstand,
zur Résistance in Frankreich, zu den christlichen und
kommunistischen Partisanen in Italien, zu den Partisanen-Saboteuren
des Kroaten Josip Tito auf dem Westbalkan und zu den kommunistischen
Freischärlern im NS-besetzten Griechenland. Trotz auch Beispielen
waffenlosen zivilen Widerstands und Ungehorsams wie in Norwegen.
Dennoch ist der Zweite Weltkrieg kein Präzedenzfall. Das ist heute
anders: Präsident Putin weiß anders als Hitler sehr wohl, was
Frieden bedeutet und was Waffen anrichten. Das ist ihm in seiner
völlig verrannten Fixierung auf „Militär-Operationen“, um
politische Großmachtziele zu erreichen, erneut bewusst zu machen.
Ihm ist deutlich zu machen und zu versichern, dass es eines
russischen Großmachtgehabes nicht bedarf. Die 1941 angegriffene
Sowjetunion trug mit über 25 Millionen Kriegstoten und zahlreichen
zerstörten Städten und verbrannten Erden die Hauptlast an Opfern
und Folgen von Verwüstung. Auch beim verlustreichen Vorstoß bis auf
Berlin und die Elbe-Linie. Damals hießen die schweren Panzer der
NS-Wehrmacht „Tiger“, nicht „Leopard“. Das bindet und
verpflichtet die Deutschen bedingungslos zu NIE
WIEDER KRIEG! Und zum Kampf
um Frieden, nicht für
militärische Ziele. –
Retrospektiver
Blick in die (Kriegs-) Geschichte:
DER
Vergleich mit „Appeasement“, wenn man gegen Putin nicht zu den
Waffen greift, hinkt vollkommen und ist zudem falsch. Die damalige
englische und französische Strategie der „Beschwichtigung“
gegenüber dem unersättlichen NS-Diktator, um Zeit für die eigene
Aufrüstung und Kriegsformierung zu gewinnen, hat mit vermeintlicher
Schwäche und Fatalität eines „Pazifismus“ nicht das Geringste
zu tun. Chamberlain und Daladier waren keine Pazifisten, sondern
Realpolitiker. Hätte man Hitler damals aus Gründen des
Friedenserhalts einen Krieg androhen können im Falle des
Überschreitens „roter Linien“, statt ihn von Mal zu Mal gewähren
zu lassen (Anschluss Österreichs ans „Reich“, Sudetenfrage;
Besetzung der Tschechoslowakei; Danzig-Korridor) hätte dies Wirkung
gezeigt.
DENN
auch Hitlers Rüstungsmaschine und Mobilisierung war früh 1939 noch
nicht auf Krieg vorbereitet und eingestellt. Am meisten haderte das
Gros der Wehrmachts-Generäle mit Hitlers Vabanque-Kriegsspiel. Doch
der im zivilen Leben gestrauchelte Weltkriegs-Gefreite mit Hang zur
Trivialkunst und Lektüre von Schlachtenliteratur konnte es kaum
erwarten, setzte sich über alle Militärbedenken hinweg. Die neue
Göring-Luftwaffe scheiterte als Erste bereits im Sommer 1940 in der
„Luftschlacht um England“ kläglich. Etwa 15.000 englische
Zivilistinnen verloren im Luft- und V-Waffenkrieg ihr Leben. Eine
größere offensive Rolle bei Fehlen von Fernbombern spielte sie nur
noch anfänglich im Blitzfeldzug gegen Frankreich, beim Überfall auf
Südosteuropa (Balkan, Griechenland) und auf die Sowjetunion und der
Bombardierung russischer Städte sowie im Nachschub. Für den Rest
des Krieges war sie im eigenen Land den massiven alliierten
englisch-us-amerikanischen Bomber-Verbänden hoffnungslos unterlegen
und hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen außer Nadelstichen da und
dort, „Vergeltungs“-Raketenwaffen und neuentwickelten
Düsenjagdflugzeugen.
IHRE
erbeutete Technik legte den Grundstein für den nach dem Krieg
erlangten US-Vorsprung bei der Düsenantriebs-Flugtechnik. Ab 1956
erhielt die Luftwaffe der neuen Bundeswehr mit dem weiterentwickelten
amerikanischen F-86-Kampfjet in der FIAT-Version zum Teil das zurück,
was NS-Flugingenieure noch als erstem Düsenjagbomber der Welt,
Me-262, mit konstruiert hatten. Ausgewertetes
NS/SS-Atombomben-Know-How wurde noch mitverarbeitet für die
Endentwicklung der US-Atombomben gegen japanische Städte, die
eigentlich gegen deutsche Reichsstädte und Industriereviere
(Ruhrgebiet, Mannheim-Ludwigshafen) gedacht und gerichtet waren.
Ähnlich verhielt es sich beim Ausschlachten des bei Kriegsende
modernsten deutschen U-Boot-Typs XXI für den US-U-Bootbau nach 1945.
Rüstungs- und Kriegstechnik Besiegter findet immer Eingang in das
Rüstungspotenzial der Sieger.
HITLERS
Programm war, wer es in „Mein Kampf“ (1925) zu verstehen und
deuten verstand, von Beginn seines Auftretens an in den 1920er Jahren
auf Krieg, Eroberung von Lebensraum und der kaspischen Ölfelder im
Osten und „Rassen“-Verfolgung angelegt, was er dann 1 zu 1
umsetzte. Das war der historische Moment, Hitler als Kulmination von
deutschem Militarismus, Nationalismus und Revanchismus demokratisch zu verhindern und politisch
auszuschalten, der ungenutzt verstrich. Stattdessen zerfleischte sich
der Parlamentarismus der Weimarer Republik antidemokratisch selbst.
Putin war nicht von Anfang an ein Verheerer und purer
Geheimdienst-Apparatschik. Er signalisierte, ob echt oder aus Kalkül,
Annäherung und Verständigung mit dem Westen, setzte Hoffnungen in
eine deutsche Vermittlerrolle. Er kennt (Ost-) Deutschland, redete
auf Deutsch im Deutschen Bundestag. Politiker:innen wie SPD-Kanzler
Schröder und CDU-Kanzlerin Merkel hatten einen persönlichen Draht
zu ihm. Sogar die Überlegung wurde angestellt, Russland als
kooperierenden Partner in die Nato aufzunehmen. Das wäre eine echte
Nato-Leistung gewesen und hätte sie sogar überflüssig machen
können. Soll das alles vergessen und falsch gewesen sein?
ES
gab die Energie-Gas-Kooperation, die im Prinzip und angesichts der zu
schaffenden Energiewende nicht falsch war. Sie erwies sich erst als
falsch, als Putin seine Strategie gegenüber der Nato änderte, die
nicht auf ihn einging (Bsp. Plan 2008 eines Nato-Beitritts der
Ukraine) und für Russland immer mehr zu einer wahrgenommenen
Bedrohung von außen wurde. Es wäre zu klären und gründlich
aufzuarbeiten, was sich zwischen jenem „Friedens“-Putin und dem
heutigen, verteufelten Kriegs-Putin von welcher Seite ereignet und
wie und warum verändert hat. (Man lese zum besseren Verständnis
dazu vor allem die Bücher „Der Zerfall der Sowjetunion“ (1992)
und „Das neue Russland. Der Umbruch und das System Putin“ (2015)
des verstorbenen, ehemaligen sowjetischen Generalsekretärs, Michail
Gorbatschow). Der aktuelle Beitrag „Der Ukrainekrieg und unsere
Verpflichtung zum Frieden“ des Diplomaten und ehemaligen
Mitarbeiters der OSZE, Michael von der Schulenburg, in „Makroskop“,
Magazin für Wirtschaftspolitik vom 18. Februar, bringt und erörtert
auf den Punkt die zu beachtenden sensiblen Aspekte und Zusammenhänge
des Ukrainekrieg-Frieden-Komplexes (> Anhang zur Rundmail vom 23.
Februar 2023).
ZUM
Zweiten versagten vor 1933 die beiden großen Arbeiterparteien SPD
und KPD vor der Herstellung einer kämpferischen Einheitsfront durch
ihre tiefe Gespaltenheit und Kampf ihrer Führungen gegeneinander.
Das zusammen mit dem dritten Faktor des enormen Erstarkens der
NS-Bewegung binnen kurzem aus sich heraus (Unterstützung durch
extrem rechtsnationalistische Kräfte; Anziehung der Arbeiterschaft
durch pseudosozialistische Parolen; paramilitärische SA im Saal- und
Straßenkampfeinsatz; Finanzierung durch Großindustrie; Zuspruch im
Groß- und Kleinbürgertum), brachte Hitler und den deutschen
Nationalsozialismus an die Macht und mündete alsbald direkt in den
Krieg. Diese Vorgeschichte zeigt fast schulbuchmäßig den Anteil zivilen Politikversagens,
das im Vorlauf zu jedem Krieg steht, auch unter anderen Parametern
und Vorzeichen zum Russland-Ukraine-Krieg. Wenn dann das Kind in den
Brunnen gefallen ist, schreit man allseits nach Waffen und immer mehr
Waffen.
ZUGLEICH
ist klar: Es ging den Alliierten damals zwar auch um Demokratie,
Freiheit und Befreiung, vor allem aber führten imperialistische
Mächte (USA, Großbritannien, Deutschland, Italien, Japan) und
Konkurrenten 1939 bis 1945 Krieg gegeneinander. Die Potsdamer
Beschlüsse von 1945, das Zerbrechen der Anti-Hitler-Koalition mit
der Sowjetunion, die amerikanische Atombombe, führten nach
Kriegsende direkt in den „Kalten Krieg“ (Berlin-Blockade;
Marshallplan; Koreakrieg), in ein atomares Wettrüsten und unter dem
Drohszenario eines Atomkriegs zu weiteren Stellvertreterkriegen in
der „Dritten Welt“ Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und im Nahen
Osten. Und sie führten im West-Ost-Gegensatz zu Grundlinien und
Grundlagen einer an Geostrategie und Supermachtinteressen
orientierten Weltordnungspolitik, die bis zur Epochenwende 1989/90
bestimmend blieben. Aktive
Blockfreiheit (nicht
„Neutralität“) und eine Vierte
Revolution, hätten das
vereinte Deutschland jenseits von Nato und Westbindung in eine andere
Position und Mittler-Rolle für eine neue zivile Weltverantwortung
gebracht. Das wäre auch Russland zugutegekommen.
AUCH
diesen Moment verspielten leichtfertig und geschichtsvergessen die
transatlantisch eingenordeten, herrschenden politischen Eliten gegen
zu schwachen politischen Protest bei Fehlen einer einenden linken
Oppositions-Kraft. Die West-Grünen flogen aus dem Parlament, es zog
1990 nur Bündnis ’90-Ost für vier Jahre in den Bundestag ein. Sie
sind heute die schlimmsten treibenden Kriegs- und Waffenfürsprecher.
Die SPD sah sich mit einem (verbittert) national einstimmenden Willy
Brandt durch Kohl/Genscher als liberalkonservativ Erntende um die
Früchte ihrer öffnenden Ost-, Entspannungs- und Versöhnungspolitik
gebracht (Wandel durch Handel). Der Links-Emigrant Brandt war dem
transatlantischen Westen, besonders Washington und London, immer
suspekt. Im Entspannungsklima einen DDR-Spion auf ihn und die
sozialliberale BRD-Regierung anzusetzen, war einer von Ost-Berlins
Honecker/Mielke-Führung größten politischen Fehlern mit
verheerenden Folgen des vor allem von Herbert Wehner mit betriebenen
Kanzler-Sturzes („Rücktritts“) und Endes des
Entspannungsprozesses unter Brandt/Bahr. Wehner wollte die politische
Führung durch Helmut Schmidt, es folgte mit ihm und Genscher alsbald
die Nato-Nachrüstung. Der 1990 statt eines umfassenden
Friedensvertrags vereinbarte „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ spricht
aller historischen Erfordernis Hohn.
DIE
neue „Partei des demokratischen Sozialismus“ (PDS) bemühte sich,
die Eierschalen ihrer ideologischen SED-Abkunft aufzubrechen und sich
auf ein positives sozialistisches und DDR-Erbe zu beziehen, was
legitim und geboten war, da keine andere politische Kraft sich dazu
positiv stellte. Die gleichgeschalteten sog. Blockparteien der DDR,
Ost-CDU, LDPD, Demokratische Bauernpartei, NDPD wurden von ihren
West-Pendants samt Vermögen eingesackt. Der bereits genannte
Dortmunder Philosoph und Friedensakteur, Nikolaus Koch, wandte sich
dokumentiert in seinem Arbeitstext II „Staatsapparat und
Gewissensprimat“ (1988) unter der Prämisse ihrer Rolle in der
„vierten Revolution“ (s. o.) in Offenen
Briefen gleichermaßen „an die
Parteien in Bundestag (christliche Doppelpartei, SPD. FDP, Grüne)
und Volkskammer“, wobei die Dialoge mit letzteren als
„West-östliche Phantomgespräche“ stattfanden.
BEDEUTENDE
kommunistische Theoretiker wie Nikolai Bucharin, die Linksopposition
in der UdSSR, wurden rehabilitiert. Man besann sich bei der Linken
neu auf den Wert der politischen
Theorie eines August
Thalheimer (KPD-Mitgründer),
auf die Fähigkeit der verfemten KPD-Opposition (ab 1928) zur
richtigen Faschismus-Analyse und Strategie der Einheitsfrontpolitik
mit dem sozialdemokratischen Teil der deutschen Arbeiterbewegung. Die
ehrliche historische Aufarbeitung der SED-PDS und anderer reichte
aber dennoch nicht zur Begründung einer gesamtdeutschen linken
Partei als Alternative. Zu weit lagen für viele die Dinge teilweise
schon zurück. Zu stark differierten Ost und West. Sie blieb bis 2005
(Vereinigung mit der WASG) ein reiner Ost-Konstrukt und kämpft
heute, personalpolitisch in sich zerstritten und ihre besten
denkenden Köpfe demontierend, um ihren Fortbestand in Umfragen als
4-bis-6-Prozentpartei. Wie „dumm“ und naiv
TV-Talk-Moderator:innen sind, zeigt Frau Maischbergers insistierende
Frage an Sahra Wagenknecht, ob sie die Absicht habe, eine „neue
Partei“ zu gründen? Sie werde wenn, dann es rechtzeitig erfahren,
gab die Befragte solcher Festlegung genervt zur Antwort.
IN
der Nötigung der Sieger, sich gegen einen DDR-„Unrechtsstaat“ von unerträglicher
Stasi-Kontrolle bis in den Alltag der Menschen, permanenter
Überwachung der Arbeitsstätten, Observierung der Person und
privater Wohnungen bei geringsten Verdachten, allgegenwärtigem
IM-Spitzelsystem, Mauer-Todesgrenze, allgemeiner politischer
Entmündigung und Gängelung, Schikanen bis zu Gefängnis für
„Opponierende“ und gegen Ausreisewillige usw. zu erklären, sich
davon zu distanzieren und das Verhältnis zur Nato zu „klären“,
wirkte alter westdeutscher Antikommunismus nach und blühte
inquisitorisch neu auf. Bis hin zum bestellten üblen Schmähauftritt
eines Wolf Biermann gegen die LINKE 2014 im Deutschen Bundestag. Die
DDR hatte ein funktionierendes Rechtssystem und war zugleich ein Überwachungsstaat.
DIE
Partei DIE LINKE tut gut daran, sich auf derartige, geforderte
„Kniefälle“ nicht einzulassen ohne aus der BRD-Geschichte
folgendes miteinzubeziehen und kritisch mitzubedenken: liquidierte
Entnazifizierung, verschleppte historische und prozessuale
Aufarbeitung der NS-Herrschaft und des Holocaust (verspätete,
„milde“ Auschwitz-Prozesse), ehemalige Nazis in hohen
Staatsämtern (Globke, Lübke, Kiesinger), Wiederaufrüstung und
Nachrüstung gegen breiten besorgten Bürger:innenprotest,
antirevolutionäre Staatsreligion der BRD und „demokratische“
Selbstaushöhlung der westdeutschen Demokratie, Antikommunismus,
KPD-Verbot, kein NPD-Verbot, allgemeiner Sozialstaatsabbau,
Manipulation des Grundgesetzes (Gewissensfreiheit) und Inquisition
gegen Kriegsdienstverweigerer, staatliche Repression, Bespitzelung
und politische Justiz gegen links, rigorose Atomstaats-Politik und
atomarer Energiewirtschaftszwang, Berufsverbote, lange verweigerte
Rehabilitierung und Entschädigung für Wehrmachts-deserteure, keine
oder nur lächerliche Entschädigung für Millionen
Zwangsarbeiter:innen im Hitlerkrieg, allgemeine, paranoide
polizeistaatliche Hatz gegen RAF-Sympathisantenszene im „Deutschen
Herbst“ (einschließlich Stammheim-Gerichts-komplex und staatlich
überwachter Duldung der „Selbstmorde“ der Köpfe der RAF) und
innerstaatliche Feinderklärung gegen alles, was sich in der
radikalen deutschen Linken und demokratisch dagegen protestierend
regte, kalter Anschluss und Übernahme der DDR, asoziale
Treuhand-Rechtswillkür, ... – da kommt ein stattliches
BRD-Unrechtskonto zusammen.
DIE demokratische Revolution in der DDR der authentischen Bürger:innen-Opposition (Neues Forum,
Demokratie jetzt!, Vereinigte Linke, Kirchengruppen,
Kriegsdienst-/Totalver-weigerer/Bausoldaten, „Schwerter zu
Pflugscharen“, „Umweltbibliothek“, „Offene Arbeit“ Erfurt
u. a.) wies politisch unerfahren kaum eine Verbindung zu Resten der
DDR-Arbeiterklasse auf. Die vielleicht wichtigsten
Schriften-Dokumente zum Verständnis des deutsch-deutschen Umbruchs
sind: Rudolf Bahros „Die Alternative“, Rolf Henrichs „Der
vormundschaftliche Staat“ und Hans-Joachim Maaz‘
Kollektiv-Psychogramm „Der Gefühlsstau“. Die Opposition wurde
mit der von West-Parteien gepuschten, sich durchsetzenden nationalen
Vereinigungslosung „Wir
sind ein Volk“ abgewürgt und über
„Runde Tische“ ideologisch-pragmatisch in die
Spielregeln-Demokratie Marke West transformiert. So konnten sie ohne
nennenswerte koordinierte Gegenwehr ihr mächtigstes ökonomisches
Exekutiv-Instrument, die „Treuhand“, in Bewegung setzen, um eine
ganze Gesellschaft mit immerhin solidarisch grundfesten Strukturen
und sozialen Sicherheiten im Kahlschlag aus den Angeln zu heben,
abzuwickeln und in den westdeutschen Finanzkapitalismus zu
integrieren. Auf der Strecke blieben die vielen Millionen Menschen,
die ihre Arbeit verloren und zum Teil ihre sozialen Wurzeln und
Identitäten einbüßten, die in nicht unwesentlicher Zahl nach
rechts abdrifteten. Eine nach 1953 über Jahrzehnte vom
SED-Funktionärsstaat bürokratisch kontrollierte und politisch
bevormundete, zwangsvereinheitlichte DDR-Arbeiterschaft, sah sich
nicht mehr in der Lage, ihr ‚Volkseigentum‘ zu verteidigen. Das
sind in einem fatalen zweiten Akt der „Wende“ (E. Krenz) neue, zu
den alten, hinzukommende gravierende Geburtsfehler des vereinten
Deutschland 1990, die nach 1945 in einer unvollendeten
„Entnazifizierung“, rein monetären Geld-Währungsreform,
Grundgesetz-Manipulation und westintegrierter Remilitarisierung
bestanden, die ihre Spätfolgen hatten (s. Literatur).
ES
muss zu einer völlig neuen Sprache
des Friedens gefunden
werden. Friedensdenken muss wieder Kriegsdenken radikal ablösen. Ende der Clausewitz-Logik.
Ideologische Entfeindung steht oben an und die Wiederherstellung des Primats
internationaler Zivilität.
Niemals hätte es zur westlichen Einmischung in dem Kriegsausmaß
kommen dürfen. Die Folgen waren absehbar. Ein Zurück vom
eingeschlagenen Weg ist immer weniger möglich. Wir sind heute
friedenstheoretisch und friedenspraktisch weiter, es gibt das Konzept
und Verständnis der Gewaltfreien
Kommunikation und der Sozialen
Verteidigung als unmilitärischer
Gegenwehr. Wir sind an zivilen Mitteln nicht wehrlos. Das moderne
totale Kriegsbild zwingt zu zivilen Konsequenzen. Soldaten müssen
lernen, was es heißt, Frieden
schaffen ohne Waffen. Die
stärkste, jemals formulierte pazifistische Losung neben Gustav
Heinemans mahnendem Ruf vom Ernstfall
Frieden. Die
Friedensbewegung hat ein Profil und eine eigene Geschichte zu
verteidigen.
DIESE
Aspekte und Dinge gälte es jetzt von jedermensch zu reflektieren und diskutieren überall, wo und wann immer sich Gelegenheiten dazu
ergeben, Für eine Diskurs-Offensive, privat, berufsmäßig in Büros
und an den Arbeitsstätten, in politischen Kreisen, in Schulen,
Berufsschulen und an Universitäten, auf Partys, in Salons, Clubs und
Cafés, in Kirchen, Gemeindekreisen und unter Brücken, in Print- und
TV-Medien, bei allen möglichen kulturellen Anlässen... Spontan auf
öffentlichen Plätzen Bildung von Foren a la ‚Speakers-Corner‘.
Massendesertion vom Kriegs- und militärischen Katastrophenzwang.
Kriegsverrat ist Friedenstat, sagte der letzte bekannte
Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann (1921-2018). Die Zeit dafür
drängt absolut. © Elmar
Klink/Gruppe Solidarische Ökonomie, D-Bremen, 22. Februar 2023
| Literatur:
Olaf L. Müller: Pazifismus. Eine Verteidigung. Ditzingen 2022. [Der Autor ist Jg.
1966 und Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität zu
Berlin. Wikipedia notiert: „In der Ethik kritisiert Müller den
Utilitarismus und bemüht sich um eine Theorie des Pazifismus“. Das
Reclam-Bändchen hat 116 S. und kostet 6,00 €. Auch als eBook
erhältlich. Zum Inhalt siehe die Reclam-Website]; Die
Waffen nieder! Kleine theologische Anstöße. Hrsg. vom Institut für Theologie und
Politik (ITP). Münster 2022; Elmar
Klink:
70 Jahre atomare Bedrohung. Atomrüstung, Politik mit Atomwaffen,
Kalter Krieg. 3-teilige Artikelserie in „Arbeiterstimme“ Nrn.
189/190/192, Herbst 2015 bis Sommer 2016, 44./45. Jg.;
Das Zeitalter der Bombe. Die Geschichte der atomaren Bedrohung von Hiroshima bis heute. Hrsg.
von Michael Salewski. München 1995; Joanna
Macy: Mut in der Bedrohung. Psychologische Friedensarbeit im Atomzeitalter.
Ein Selbsterfahrungsbuch. München 1986; Gwendolyn
Sasse: Der Krieg gegen die Ukraine. Hintergründe, Ereignisse, Folgen.
München 2022; Wolfgang
Gehrcke, Christiane Reymann (Hg.): Ein willkommener Krieg? NATO, Russland und die Ukraine. Köln 2022; Stefan Engel,
Gabi Fechtner, Monika Gärtner-Engel: Der Ukrainekrieg und die offene Krise des kapitalistischen
Weltsystems. Essen 2022; Jürgen
Wagner: Im Rüstungswahn. Deutschlands Zeitenwende zu Aufrüstung und
Militarisierung. Köln 2022; Siegmund
Freud: Warum Krieg? Zeitgemäßes über Krieg und Tod. Warum Krieg? Der
Briefwechsel mit Albert Einstein. Stuttgart 2012; Reiner
Steinweg (Red.): Die
neue Friedensbewegung. Analysen aus der Friedensforschung.
Frankfurt/M. 1982; Ders.
(Red.): Lehren aus der Geschichte? Historische Friedensforschung.
Frankfurt/M. 1990; Der
Faschismus in Deutschland, Bd. 1. Analysen und Berichte der KPD-Opposition 1928-1933. Hrsg. u. eingel.:
Gruppe Arbeiterpolitik 1973. O. O., 2. erw. Aufl. 1981; August
Thalheimer: Die Potsdamer Beschlüsse. Eine marxistische Untersuchung der
Deutschlandpolitik der Großmächte nach dem zweiten Weltkrieg 1945.
Hrsg. u. eingel. von der Gruppe Arbeiterpolitik. (Bremen 1950); Ders.: Grundlinien und Grundbegriffe der Weltpolitik nach dem 2. Weltkrieg.
Hrsg. von der Gruppe Arbeiterpolitik. Havanna (Exil) 1948; Zur
Diskussion: „Warum hat die DDR-Arbeiterschaft 1989/90 ihr Volkseigentum nicht
verteidigt?“ Beilage zum Heft Arbeiterpolitik Nr. 1/2, 20.4.2013,
Jg. 54 (alle aufgeführten Arpo-/Arsti-Materialien sind zu beziehen
über: www.arbeiterstimme.org); Klaus
Huhn: Raubzug Ost. Wie die Treuhand die DDR plünderte. Berlin 20103; Nikolaus
Koch: Europa zwischen Weltrevolution und Konterrevolution. Hamburg 1980; Ders.: Die vier Geburtsfehler der Bundesrepublik Deutschland und die
Spätfolgen. Dortmund 1984; Ders.: Blockfreies Deutschland im blockfreien Europa – Unsere
revolutionäre Aufgabe: Dortmund 1986; Ders.:
Die Deutschen in der vierten Revolution. Witten-Bommern 1989 |
Anhang:
Mit
Deutschland-Tempo-30: Die westliche Panzer-Allianz steht. Was folgt
noch alles? Dissidente Überlegungen zur Panzer-Debatte und ihren
Folgen
ES
ziemt sich vom pazifistisch-antimilitaristischen Standpunkt wenig,
sich in militärstra-tegische Aspekte zu vertiefen. Das können
Militärs und Militärpolitiker „besser“ (oder sollten es).
Stimmen wie die des früheren Nato-Brigadegenerals, Erich Vad, sind
noch mit die besonnensten und vorsichtigsten. Sie trugen als Generäle
die Verantwortung für viele Soldaten. Pazifist:innen und
Antimilitarist:innen haben als Hauptaufgabe, aus dem gewandelten Bild
des modernen Fünfkriegs
(militärisch-politisch-wirtschaftlich-psycho-logisch-ideologisch)
radikal die zivilen Konsequenzen zu ziehen und geltend zu machen.
Nicht, sich für mehr Waffen für ein angegriffenes Land ins Zeug zu
legen. Dennoch soll einmal die Panzerfrage in ihrem Hintergrund
erörtert werden. Etwas mehr Strategie- und Militärwissen hat noch
niemandem aus dem pazifistischen Lager geschadet. Aus der
Panzer-Debatte in den Nato-Reihen war mittlerweile längst eine sich
immer weiter zuspitzende Panzer-Kontroverse geworden. So wie von den
Deutschen beabsichtigt, scheint es aber mit der Bündnisbeschaffung
bis zum Frühjahr nicht zu funktionieren. Bisher gibt es von BRD und
Portugal lediglich die Zusagen, insgesamt 17 Leopard-2A6-Panzer zu
liefern, das ist ungefähr ein halbes ukrainisches Panzer-Bataillon.
DIE
Münchner Sicherheitskonferenz (msc) vom 17. bis 19. Februar, die
wichtigste militär- und rüstungspolitische/militärstrategische
Info- und Gesprächsplattform der Welt, widerspiegelte die
Gemengelage von weltpolitischen Interessen und Gegeninteressen, die
von der Ukraine bis Israel/Palästina und China reichen. Chinas
Bemühen, sich als „Friedensmacht“ in spe darzustellen, hat kaum
mehr als propagandistisch-ideologischen Wert. Das Land hat aktuell
sein Rüstungspotenzial um weitere 7 Prozent gesteigert, es verfolgt
akut aggressive Invasionspläne gegenüber Taiwan, dem vermutlich
nächsten großen Kriegsschauplatz im ostasiatischen Pazifik und
Peking steht als strategischer Verbündeter und Wirtschaftspartner
eng an Moskaus Seite. Der US-Außenminister Blinken will zudem
geheimdienstliche Kunde davon erhalten haben, dass China Waffen- und
Munitionslieferungen an Russland vorhabe. Von dieser Seite ist also
nichts als heiße Luft zu erwarten. 47 Prozent glauben laut
ZDF-Politbarometer (17.2.), dass China künftig die bestimmende Macht
in der Welt sein wird (USA: 33 %, Europa 8 %, Russland 1 %).
Zugleich meinen 61 Prozent, dass von China eine große Bedrohung für
die westliche Demokratie ausgeht.
DIE
msc scheint diesmal das Forum der Ankündigungen gewesen zu sein: Der
deutsche Verteidigungsminister, Boris Pistorius, ist
Rüstungs-Antreiber in Person und stellte sogar eine deutsche
Übererfüllung des Nato-Zwei-Prozent-Ziels vom BIP für Aufrüstung
in Aussicht. Nur dann werde man die gestellten Aufgaben erfüllen
können. Er räumte davor schon ein, dass der
100-Milliarden-Sonderschulden-Fonds für Bundeswehr-Aus- und
Aufrüstung nicht ausreichen würde. Der forsche SPD-Politiker, der
ausspricht, was Scholz nur denkt, steht auf der ZDF-Bewertungsskala
der zehn wichtigsten deutschen Politiker:innen nach Leistung und
Sympathie in einem Rahmen von (-) 5 bis (+) 5 mit +1,6 gegenüber
Januar auf Anhieb an 1. Stelle noch vor Habeck, Scholz und Baerbock.
DIE
auf den Kopf gestellte Logik Krieg
ist Frieden aus George Orwells
Vision „1984“ vom permanenten interkontinentalen Weltkrieg
zwischen Ozeanien, Eurasien und Ostasien kennzeichnet immer mehr den
gegenwärtigen Kampf um Weltordnung. Sie bestimmt auch den
verdrehenden Neusprech eines Kanzlers Olaf Scholz, die sich ständig
steigernde Unterstützung mit Kriegswaffenlieferungen an die Ukraine
sei ein Beitrag zum Frieden. Weiß der Mann noch, wovon er spricht?
Das leistet dem Versuch der Ukraine-Führung Vorschub, die westlichen
Kriegsverbündeten immer tiefer in den Sog der Kriegsverwicklung zu
ziehen. Allgemeines Befremden löste die vom ukrainischen
Außenminister Kuleba in die msc-Debatte gebrachte Erwägung aus, wie
die russische Seite auch international geächtete Streumunition und
Phosphor-Brandwaffen einzusetzen, die verheerende Verwundungen und
Zerstörungen anrichten. Das ist diktional die kriegstreibende
Handschrift des Stellvertreters hinter Kuleba, Andrej Melnyk. Wann,
so fragt man sich, fallen auch hier die Bedenken, wie das schon bei
der Export-Restriktion, keine Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu
liefern, der Fall war? Es ist die falsche moralische Empörung,
diejenigen zu verurteilen, die gegen Waffen für einen Krieg sind.
Die Empörung sollte sich vielmehr gegen die versagende Kriegspolitik
richten, die in diese Lage führte, aus ihr nicht herausführen kann
und sie ständig weiter eskaliert.
- ZUNÄCHST: Russland führt seit dem 24. Februar 2022 in der Ukraine
vor allem die so auch bezeichneten „militärischen Operationen“
durch, das trifft so zu. Alles andere Gerede zielt an diesem Kern
vorbei. Zutreffend ist aber gleichzeitig, dass dies einer
kriegerischen Aggression und internationalen Rechtsverletzung ohne
Kriegserklärung gleichkommt. Der schwere Militärkonflikt wird von
russischer Seite kalkuliert noch immer auf einem sog.
Low-Intensity-Level gehalten. Auch wenn das das bisherige Ausmaß von
Opfern und Zerstörungen nicht ohne weiteres dokumentiert. Einzelne
aktuell heftig umkämpfte Orte und Städte wie Bachmut oder Soledar
im Donbass sind so gut wie dem Erdboden gleichgemacht. Die
ukrainischen Streitkräfte verlieren dort in zermürbenden Stellungs-
und Straßenkämpfen gerade einen nicht unerheblichen Teil ihrer
bestausgebildetsten Soldaten. Was würde es bedeuten, Russland setzte
ein deutliches Mehr an strategischem Potenzial und Man-Power ein,
wozu man von Beginn an in der Lage gewesen wäre? Das
Kräfteverhältnis an Panzern zwischen der Ukraine und Russland
beträgt ungefähr 2.000 zu 12.000 Stück. Die russische Luftwaffe
hätte viel mehr massive Luftschläge ausführen, man hätte viel
mehr Nachdruck auf dem Gefechtsfeld entfalten können. Dies bleibt
bisher in der Hinterhand. Die Bezeichnung „Vernichtungskrieg“ für
das bisherige Kriegs- und Kampfgeschehen ist propagandistisch
irreleitend, ein solcher würde anders aussehen. Zutreffend ist,
Russland führt mit den wahllosen Raketen- und Drohnenschlägen einen
Terrorkrieg gegen die ukrainische Zivilbevölkerung.
EIN
militärischer Großangriff hätte eine flächendeckende Verwüstung
hinterlassen, die den Westen vermutlich viel früher zu einem
massiveren Gegeneingreifen mit gelieferten Waffen veranlasst hätte
oder die USA sogar zu einer direkten militärischen Intervention
geführt hätte. Es wird aber im Zuge der Waffen-Kriegs-Spirale, an
der auch der Westen kräftig mitschraubt, bewirkt, dass Russland nach
ersten Misserfolgen viel mehr von diesem Rückhalte-Potenzial nach
und nach zum Einsatz bringt und seine Militärstrategie dem flexibler
anpasst. Das ist die Lage, die wir gegenwärtig sehen und die Ukraine
gerät immer mehr unter massiven Druck, daher auch der Ruf nach
Westpanzern und anderem schwerem Gerät bis zu Kampfflugzeugen, die
ziemlich sicher kommen werden. Die USA begannen schon lange vor dem
24. Februar, der Ukraine sukzessive vor allem eine umfassende
Aufklärungs-Logistik und direkte Militärberatung zukommen zu
lassen. Das wiederum bewirkte den Erfolg der Verteidigung Kiews und
Charkiws im ersten Kriegshalbjahr und das Zurückweichen Russlands
auf den Donbass und den Süden (Schlacht um Mariupol), um eine
geschlossene Landbrücke bis zur Krim herzustellen und zu den
Gebieten Saporischschja und Cherson, die dann auch per Dekret
annektiert wurden, um Fakten zu schaffen. Im Gebiet Cherson ist die
begonnene ukrainische Gegenoffensive zum Halten gekommen, es fehlt an
Nachschub und Soldaten, vor allem aber an Luftunterstützung.
EINZELNE
Länder neigten aufgrund des aus ihrer Sicht hinhaltenden taktischen
Zögerns von Berlin der Tendenz zu, auf eigene Faust Leopard-2-Panzer
an die Ukraine liefern zu wollen, so etwa Polen, Litauen, Finnland
(noch kein Vollmitglied), Dänemark, Spanien... Polen will mit der
Ausbildung von ukrainischen Besatzungen an ihren Leopard-2 beginnen.
Die Amerikaner tun es längst am M1 Abrams. Polen befindet sich im
Wahljahr, die regierende Partei PIS will Kapital aus der
militärischen Streitfrage schlagen. Der grüne EU-Abgeordnete
Reinhard Bütikofer organisierte eine breite parteiübergreifende
Lobby für deutsche Panzerlieferungen. Das EU-Parlament stellte sich
hinter das Vorhaben. Es ist aber nicht die wichtigste Instanz der
EU-Politik, diese sind EU-Kommission und EU-Rat. Beim
Ramstein-Kontaktreffen prallten US-Position und deutsche Position in
Bezug auf die Lieferung von Panzer-Waffen in rauem Ton belehrend
aufeinander, wie verlautete. Die Deutschen hätten endlich ihre
„Hausaufgaben“ zu machen, war u. a. zu vernehmen. Großbritannien
stellte sich an US-Seite und machte ebenfalls Druck. Es brodelt im
Nato-Kessel, die wieder alle Demonstration nach außen selten so
uneins war wie derzeit.
DER
polnische Alleingang wäre eine offene Vertragsverletzung gewesen.
Der Leopard-2 (Besatzung 4 Mann), Stückpreis heute ca. 15 Millionen
Euro, gehört zur Standard-Ausrüstung der meisten europäischen
Armeen: und Nato-Partner, Portugal, Spanien, Griechenland, Türkei,
Niederlande, Österreich, Schweiz, Tschechien, Norwegen, Polen,
baltische Staaten, aber auch Kanadas. Die BRD als sein Konstrukteur
hält die Hand drauf. Technisch hochkompliziert ist er dennoch
relativ einfacher zu bedienen als etwa der amerikanische „M1
Abrams“-Panzer oder britische „Challenger II“. Der ständig bis
zur Version „A6“ weiterentwickelte und sogar wüstengängige
deutsche Parade-Panzer ist für eine Armee Ausweis von abschreckender
Schlagkraft und hoher Bewegungsfähigkeit im Verbund. Die Reichweite
liegt bei Geradeausfahrt bei 500 km, im Gelände 160 km. Der
62-Tonnen-Koloss (12-Zylinder-Dieselheckmotor MTU, 1.500 PS) prescht
mit max. 68 bis 72 km/h nach vorne, ist auch auf kleinem Raum und in
schwerem Gelände hyperbeweglich. Aufgrund seiner nur 3,03 Metern
Höhe über alles und knapp 10 Metern Länge bietet er im offenen
Gelände getarnt in einer Stellung ein relativ geringes Seitenprofil,
Seine Schuss-Reichweite (120-Millimeter-Glattrohr) mit hoher
Präzision beträgt um die fünf Kilometer auch aus fahrender
Position. Er kann mit einem Unterwasserfahrschacht Flüsse
durchqueren. Zur zusätzlichen Bewaffnung gehören zwei aufsetzbare
7,62-Millimeter-MG3. Klar, dass jede Armee ein solches perfektes
Tötungs- und Vernichtungs-Gerät haben will.
DER
ukrainische Präsident Selenskyj prangerte von seiner Warte aus die
deutsche Abwartehaltung als Verzögerungs- und Hinhaltetaktik, als
ein Versteckspiel Kanzler Scholz‘ hinter dem US-Verbündeten an.
Deren „Abrams“-Option ist in Wahrheit genau besehen keine. Der
US-Panzer ist für ukrainische Panzer-Besatzungen ungleich
komplizierter in der Bedienung, wird zudem mit Gaz (Benzin) statt
Dieselöl betrieben, was große logistische Erschwernisse mit sich
bringt. Die USA lieferten dafür bisher den „Bradley“, ihren
Standard-Schützenpanzer, vergleichbar den deutschen Systemen „Puma“
und „Marder“. Entweder, so mutmaßte Selenskyj, will man den
deutschen Panzer liefern oder nicht. Alles andere sei nur ein
Darumherumreden. Deutliche Worte. Kiew will jetzt eine fortlaufende
„Panzer-Koalition“ und wird nicht damit aufhören, Forderungen
nach immer mehr zu erheben.
AUCH
die kürzliche Äußerung des neuen SPD-Bundesverteidigungsministers,
Boris Pistorius, man werde in der Panzerfrage nun eine
„Bestandsprüfung“ vornehmen, ist im Grunde lächerlich und
spielte auf Zeitgewinn. Dazu wäre unter seiner Vorgängerin,
Lambrecht, längst Anlass und Zeit gewesen, seit Monaten ist der
Leopard-2 für die Ukraine im Gespräch. Im Focus-Magazin beklagte
und kritisierte aktuell der Autor Gabor Steingart die seinerzeitige
Abschaffung des Planungsstabs der Bundeswehr 2012 durch den
CDU-Armeeminister Thomas de Maizière. Ihm oblag als
Bundeswehr-Think-Tank die Abstimmung und Koordination der
Bundeswehr-Beschaffungen mit der Systemanalyse der internationalen
militär- und sicherheitspolitischen Lage. Liegt darin wesentlich die
Truppen-Misere begründet? Berlin fürchtet nicht unberechtigt, mit
Leopard-2-Lieferungen noch mehr zur Kriegspartei zu werden. Jedoch
ist das wenig glaubhaft gemessen an dem, was bisher schon geliefert
wird, Haubitze 2000, Flugabwehr-Systeme Iris-T, Patriots,
Gepard-Flakpanzer, „Marder“. 60 bis 80 Leopard-2 maximal
zusammengekratzt aus dem Westen, das entspräche etwa 2 ukrainischen
Panzerbataillonen, wären nicht der „Gamechanger“, darin sind
sich alle einig. Die Panzer-Debatte ist auch ein Türöffner zu noch
mehr und durchschlagenderen Waffen. .
DAS
Heer der Bundeswehr verfügt noch über 6 Panzerbataillone mit
jeweils 44 Leopard-2. Im Zuge der Entspannung nach dem Kalten Krieg
und Friedensdividende der 1990er und 2000er Jahre wurde die
Mann-Stärke der Bundeswehr von rund 500.000 auf gemischter Berufs-
und Wehrpflichtbasis auf 180.000 auf Berufs- und freiwilliger
Zeitdienstbasis verkleinert, Hunderte Panzer Leopard-1 und -2 (urspr.
Zahl: 1.200) wurden eingemottet, ins Nato-Ausland verschoben oder
auch an andere Länder, etwa Saudi-Arabien und Indonesien, teuer
verkauft. Die Nato hatte keine äußeren Feinde mehr. Das änderte
sich um das Jahr 2007 (Putins aggressive Brandrede in München/msc)
und 2008 (Georgien-Krieg). Man nutzte im Westen davor die Zeit nicht
für eine umfassende europäische Sicherheits-Architektur mit
Russland zusammen und erweiterte dafür angesichts eines Russlands
über Jahre in der strategischen Defensive sukzessive die Nato
unmittelbar auf Russlands Westgrenzen zu. Das erst schuf letztlich
die neue Bedrohungslage aus Moskauer Sicht und ließ Putin radikal
umschwenken und zum Mann mit dem Rücken an der Wand werden, der
zurückkontert. Damit hatte man so im Westen nicht gerechnet.
RUSSLAND
wird zur neuen Bedrohung aus dem Osten erklärt. Die
FDP-Verteidigungsausschuss-Vorsitzende, Strack-Zimmermann, fordert
heute öffentlich das neue „Feindbild Russland‘“ für die
Bundeswehr. Selenskyjs propagandistische Beschwörung einer sich
fortpflanzenden russischen Bedrohung des Westens ist im Grunde
haltlos. Der Westen, USA/Nato, ist Russland etwa 7 bis 9 zu 1
militärisch überlegen. Die Ukraine kämpft nicht als Vorhut von
Europa, sondern für und um ihre eigene Existenz. Putin wird die
Finger von einem Waffengang direkt mit einem Nato-Land lassen.
Während die russischen Panzer T-72 und T-90 dem Leopard-2 eindeutig
unterlegen sind, erweisen diese sich dem Leopard-1-Modell durchaus
als ebenbürtig oder sogar im Vorteil. Die lieferbaren älteren
Leopard-1 hätten in diesem Fall eher die Funktion einer
„Ersatzartillerie“.
DIE
ukrainische Armee verschießt pro Tag im Krieg so viel Munition, wie
sie im Westen in einem halben Jahr produziert wird. Das macht
Dimensionen deutlich. Ebenso wie der Vergleich bei der
Streitkräfte-Stärke. Russland wird voraussichtlich bis zum Frühjahr
weitere 200.000 Soldaten aus Reserven mobilmachen. Die Stärke der
ukrainischen Truppen beträgt nach Schätzung des Militärexperten
Carlo Masala noch etwa 100 bis 130.000 Mann im Kampf. Andere gehen
von einer Zahl von 300.000 aus. Auch wenn diese mit einer anderen
existenziellen Kampfmoral und individuellen Verbissenheit und
Standhaftigkeit antreten. Dagegen setzt Putin auf den Umschlag von
Quantität in Qualität. Der britische Geheimdienst spricht aktuell
von einer Verlustzahl der ukrainischen Armee in dreistelliger Höhe
täglich. Manche meinen 1 Jahr, andere gehen von weiteren 2 bis 3
Jahren aus, die dieser Krieg bis zu seiner Erschöpfung an Menschen,
Material und Blutrausch noch dauern könnte...
NUN aber scheint die Entscheidung nach
weiteren fieberhaften nationalen Beratungen und Abstimmungen
gefallen. Panzer-Durchbruch auf breiter Front? Deutschland will
zunächst die Lieferung von 14 „Leopard-2A6“, die derzeit
modernste Version, freigeben. Sie werden frühestens in drei Monaten
vor Ort einsatzfähig sein. Die USA wollen 31 „M1 Abrams“-Panzer
liefern. Das entspricht etwa einem ukrainischen Panzer-Bataillon.
London stellt seinen „Challenger-II“-Kampfpanzer in Aussicht,
Paris liefert den „AMX-1“-Schützenpanzer. Aus bekannten Gründen
sei der M1 Abrams nicht unproblematisch, betonte eine Sprecherin in
Washington und wies auf dessen komplizierte Eigenheiten hin wie
Reparaturfähigkeit vor Ort, hohen Flugbenzin-Verbrauch und
schwierige Bedienung. Es könne „Monate“ dauern bis zur Übergabe,
da die Panzer erst gebaut werden müssten... Es ist schwer zu sagen,
was daran gezielte Desinformation der USA ist. Benötigt würden für
durchschlagende Operationen mit Geländerückgewinnen etwa 300 neue
moderne Panzer, sagt Kiew und forderte im selben Atemzug jetzt auch
Kampfflugzeuge, Eurofighter, amerikanische F-15 oder F-16 und
Langstreckenraketen. Die Slowakei will ihre MiG-29-Kampfjets an die
Ukraine abtreten und will dafür natürlich mit Eurofighter oder F-16
ihre Luftwaffe neu aufgefüllt haben.
VON
Moskau ist scharfe Kritik an der deutschen Freigabe für
Panzerlieferungen zu hören: „Berlins
Entscheidung, der Ukraine Panzer vom Typ Leopard 2 zu liefern, ist
äußerst gefährlich, weil sie den Konflikt auf ein neues Level der
Konfrontation hebt“, sagte
Botschafter Sergej Netschajew einer Pressemitteilung zufolge. Die
Entscheidung wiederspreche der Ankündigung deutscher Politiker, sich
nicht in den Konflikt hineinziehen lassen zu wollen. Die Spirale der
Eskalation dreht sich damit nach Aufgabe der zuvor besonnenen
Abwägung gefährlich weiter nach oben. Irgendwann könnte an deren
Ende tatsächlich die Atombombe stehen. Der Dammbruch zum Totalkrieg
ist jetzt da. Eine finale Entscheidung über Sieg oder Niederlage
kann es nicht geben, Putin/die russische Seite müssen irgendwann die
Kriegs-Operationen aufgeben und verhandeln. Der Preis für Kiew wird
die Krim sein und ein Zustand möglicherweise über Jahrzehnte bis zu
einer Rückgabe der russisch besetzten Gebiete Luhansk und Donezk in
demilitarisiertem Status. Dem könnten sich die Ukraine und der
Westen nicht versperren. <>
Der
Verfasser ist Jg. 1953, freier Autor; Studium der Sozialarbeit/Sozialpädagogik
und Sozialwissenschaften; berufliche Tätigkeit u. a. im
Druckereigewerbe, in der jungen Erwachsenenbildung, 17 Jahre bis 2008
als Verwaltungsangestellter in kirchlicher Friedensarbeit; 1971
Verweigerung des Kriegsdienstes; 1972 Mitglied im Verband der
Kriegsdienstverweigerer (VK); Bezug der Zeitschrift ‚gewaltfreie
aktion‘; 1973 Flugblätter „Jugend gegen Kriegsdienst“; 1976/77
Zivildienst beim Sozialen Friedensdienst Bremen e.V.; seit 1976
Aktivitäten in der antimilitaristischen und neuen Friedensbewegung;
ab 1978 Teilnahme an Trainings in gewaltfreier Aktion (Sozialer
Friedensdienst, Versöhnungsbund, Kurve Wustrow); 1988-1995 Mitarbeit
bei der Zeitschrift ‚Graswurzelrevolution; von 2006 bis 2018 aktiv
im Redaktionsbeirat und als Autor der religiös-sozialistischen
Zeitschrift Christ:in und Sozialist:in; 2021 Gründung und Aufbau der
Gruppe Solidarische Ökonomie
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.