24.06.2022

Strack-Zimmermann jongliert mit falschen Opferzahlen

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. Juni 2022, 16:52 Uhr


https://test.rtde.live/europa/141796-wieder-lugen-bei-ard-strack-zimmermann-jongliert-mit-zivilen-opferzahlen-ukraine-krieg/

24.6.2022

*Wieder Ukraine-Lügen bei der ARD –

Strack-Zimmermann jongliert mit falschen Opferzahlen

*/von Wladislaw Sankin /


Am Mittwoch sprach die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des

Deutschen Bundestages Strack-Zimmermann in den "Tagesthemen" über die

Liste der an die Ukraine gelieferten deutschen Waffen. Um die Lieferung

etwa der Panzerhaubitzen zu begründen, hat sie die Zahlen ziviler Opfer

des Ukraine-Krieges deutlich hochgeschraubt.


Die deutschen Panzerhaubitzen 2000 sind nach einem langen bürokratischen

Hin und Her endlich im Einsatzgebiet der Ukraine angekommen – pünktlich

am Vorabend zum 22. Juni –, also an einem Tag, der als Datum des

Nazi-Überfalls auf die Sowjetunion im Jahre 1941 bei den

Einwohnern Russlands, Weißrusslands und der Ukraine verständlicherweise

symbolbeladen ist. Dessen ungeachtet zeigten sich die deutschen

Offiziellen an diesem Tag hocherfreut über die gelungene Waffenlieferung

und plauderten schon über die nächsten Waffensysteme, die ukrainische

Seite bei den Deutschen "bestellt" hat.


So sprach die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen

Bundestag Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bei den /ARD/-Tagesthemen

über die Lieferliste deutscher Waffen für die Ukraine, es ging also um

die nächsten Waffen. Aber sie befand es für nötig, vor dem abendlichen

TV-Millionenpublikum noch einmal die Bedeutung der Haubitzen für die

gegen die Russen kämpfende Ukrainer zu betonen:


/"Sieben (Haubitzen) sind aus deutschem Bestand, fünf aus Niederlanden –

sie kommen aus dem Bestand der Bundeswehr. Und das ist richtig so, weil

dieser Krieg, der in Ukraine herrscht, dieser Überfall Russlands auf die

Ukraine, auf dieses Land, wo mehr Zivilisten ums Leben gekommen sind als

Soldaten, … braucht die Hilfe Europas und braucht unsere Hilfe …

Deswegen ist es gut, dass wir beschlossen haben, diese Haubitzen zu

liefern."/


Also sei die Tatsache, dass in der Ukraine mehr Zivilisten gestorben

seien als Soldaten, Strack-Zimmermann zufolge zumindest bei dieser

Argumentationskette einer der wichtigsten Gründe für die Übergabe

schwerer Waffen samt der damit verbundenen Ausbildung für 60

Artilleristen. Diese Behauptung widerspricht jedoch allen bis jetzt

bekannten Statistiken.


Wie viele Opfer kostete dieser Krieg in seiner Phase seit Beginn der

russischen militärischen Sonderoperation am 24. Februar bislang

tatsächlich? Darüber gibt es aus verständlichen Gründen beiderseits

unterschiedliche, aber daher noch keine verlässlichen und unabhängig

geprüften Zahlen. Und daher ist es schon allein aus diesem Grund

verwunderlich, dass eine Sicherheitspolitikerin eines Drittlandes sich

schon weit vor Ende der Kriegshandlungen derartig festlegen will.

Bislang gibt es lediglich Meldungen verschiedener Konfliktparteien und

Expertenschätzungen. Und diesen zufolge liegt die medial in Deutschland

omnipräsente FDP-Politikerin mit ihrer Aussage nachweislich falsch.


*Zivile Opfer laut UNO*

Politiker berufen sich in der Regel auf Angaben wie die des Büros des

UN-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR). Zumindest lieferte dieses

Büro zu dem innerukrainischen (Bürger-)Krieg im Donbass von 2014 bis

2022 vergleichsweise verlässliche Zahlen. Und am 9. Juni meldete

<das" rel="noopener">https://reliefweb.int/report/ukraine/ukraine-civilian-casualties-2400-9-june-2022-enruuk>das 

Büro seit dem 24. Februar 2022 insgesamt 9.585 zivile Opfer im Lande:

*4.339 Tote *und 5.246 Verletzte, unter den Getöteten 1.646 Männer,

1.098 Frauen, 102 Mädchen und 105 Jungen sowie 67 Kinder und 1.321

Erwachsene, deren Geschlecht noch unbekannt ist. Da viele Menschen noch

als vermisst gelten, können diese Zahlen mit großer Wahrscheinlichkeit

nach oben korrigiert werden müssen.


Mehr als die Hälfte dieser Opferzahlen betreffen laut UNO die Regionen

Donezk und Lugansk: 2.527 Tote und 2.990 Verletzte, wobei in den von der

ukrainischen Regierung derzeitig kontrollierten Gebieten insgesamt 4.698

Opfer, darunter 2.370 Tote und 2.328 Verletzte, zu verzeichnen seien und

"auf dem von mit Russland verbundenen bewaffneten Gruppen kontrollierten

Gebiet" 157 Tote und 662 Verletzte.


*Angaben zu ukrainischen Soldaten *

Über diese Zahl gibt es – verständlicherweise – sehr viele

widersprüchliche Meldungen. Das gilt auch für die Angaben der russischen

Seite. In einem bewaffneten Konflikt gehört es leider zur Natur der

Sache, dass alle Seiten gerade in diesem sensiblen Bereich teils ganz

bewusst bisweilen Desinformation streuen. Die eigenen Angaben bilden

aber in jedem Fall den Ausgangspunkt und zumindest eine der Grundlagen

für weitere Abschätzungen und genauere Zählungen. Am 10. Juni hat die

Führung in Kiew – erstmals nach dreieinhalb Monaten – eine Zahl für

eigene Verluste genannt

<:" rel="noopener">https://www.zdf.de/nachrichten/politik/selenskyj-tote-soldaten-ukraine-krieg-russland-100.html>: 

Laut dem Berater Alexei Arestowitsch des ukrainischen Präsidenten

Selenskij waren es angeblich *10.000* Soldaten, die bei den Kämpfen

gefallen sind.


Seitdem geben die Kiewer Offiziellen an, dass die Ukraine jeden Tag etwa

100 bis 200 oder noch mehr Soldaten verliert. Russland meldet täglich

mehrere Hundert getötete "ukrainische Nationalisten". Da die Getöteten

aber oftmals von ihren Kampfkameraden nicht geborgen werden, bleiben

viele Leichen von Kämpfern auf dem Schlachtfeld liegen. Vielfach

meldeten die Volksrepubliken Donezk (DVR) und Lugansk (LVR), die

ukrainische Seite habe keinerlei Interesse an der Bergung und Übergabe

ihrer Toten signalisiert. Wenn Soldaten als vermisst gelten, müsse keine

Rente an Hinterbliebene für den Verlust ihrer Angehörigen ausbezahlt

werden, lautet eine mögliche, zumindest plausible Begründung. Laut dem

Vize-Minister für Information der DVR Daniil Bessonow hätten die

Ukrainer bereits *30.000* Soldaten unwiederbringlich verloren: "Unsere

Kämpfer führen dazu ihre eigene Statistik."


Unter Berücksichtigung möglicher Untertreibung oder Übertreibung der

jeweils anderen Seite und täglich neuer Zahlen könnte man annehmen, dass

die Ukraine derzeit schätzungsweise mindestens *20.000* getötete Kämpfer

zu beklagen hat.


Da sich die deutsche Bundesregierung im gesamten Donbass-Konflikt, der

laut UNO von  2014 bis Anfang 2022 mehr als 13.000 Menschen das Leben

kostete, bisher nur für das Sterben oder Überleben ukrainischer Soldaten

interessierte (vergleiche Annegret Kramp-Karrenbauer bei "Anne Will"

<https://meinungsfreiheit.rtde.life/meinung/80546-anne-will-vom-2-dezember-fake-news-stimmungsmache/

und Angela Merkel bei ihrem Besuch

<https://meinungsfreiheit.rtde.life/europa/122922-merkel-in-kiew-zum-donbass-ukraine-gespraehe-separatisten-richtigerweise/

in Moskau sowie in Kiew im August 2021) dürften die Verluste der

russischen Seite und auch der Donbass-Milizen für die Argumentation der

Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann wohl ziemlich irrelevant

sein. Es bleibt dennoch anzumerken, dass die jeweiligen Zahlen in beiden

Fällen nach bisherigen Berechnungen im unteren bis mittleren

vierstelligen Bereich liegen.


*Strack-Zimmermann macht absichtlich falsche Angaben*

Da Frau Strack-Zimmermann als FDP-Politikerin aus einem NATO-Land

"standesgemäß" keine anderen Daten als die oben zitierten Angaben aus

den Regierungskreisen in Kiew und der UNO verwenden konnte, kann es als

nachgewiesen angesehen werden, dass sie bei Tagesthemen absichtlich log.

Das belegen auch die Zahlen im deutschen /Wikipedia/, wo ausgerechnet

diese beiden genannten Quellen tabellarisch nebeneinander aufgeführt werden:


Derzeit von hier aus nicht aufrufbar

Info: https://test.rtde.live/europa/141796-wieder-lugen-bei-ard-strack-zimmermann-jongliert-mit-zivilen-opferzahlen-ukraine-krieg


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.06.2022

Wann endlich erwacht Europa?


Graham E. Fuller, beruflich einer der höchstrangigen US-Funktionäre im Bereich der Geheimdienste, auch im Ruhestand ein genauer Beobachter der geopolitischen Situation: «Eines der beunruhigendsten Merkmale dieses amerikanisch-russischen Krieges in der Ukraine ist die völlige Korruption der unabhängigen Medien.»


globalbridge.ch, vom 23. Juni 2022 Autor: Graham E. Fuller in Militär, Politik

Graham E. Fuller war vor seiner Pensionierung Vizepräsident des «National Intelligence Council at CIA», zuständig für die geheimdienstliche Beurteilung der globalen Situation. Und er beobachtet die geopolitische Situation als einer der erfahrensten Kenner auch heute noch sehr intensiv. Jetzt hat er zum Krieg in der Ukraine und zur verheerenden – um nicht zu sagen selbstmörderischen – Politik Europas eine kurze Analyse ins Netz gestellt. (cm)


Zitat: Der Krieg in der Ukraine hat sich nun lange genug hingezogen, um erste klare Tendenzen zu erkennen.


Zuerst zwei grundlegende Tatsachen:


– Putin ist dafür zu verurteilen, dass er diesen Krieg angezettelt hat – wie praktisch jeder Führer, der einen Krieg anzettelt.  Putin kann als Kriegsverbrecher bezeichnet werden – in guter Gesellschaft mit George W. Bush, der allerdings weitaus mehr Menschen getötet hat als Putin.


– Eine zweite Verurteilung gebührt den USA (NATO), die absichtlich einen Krieg mit Russland provoziert haben, indem sie ihre feindselige militärische Organisation trotz Moskaus wiederholter Warnungen vor der Überschreitung roter Linien unerbittlich bis vor die Tore Russlands getrieben haben.  Dieser Krieg hätte nicht sein müssen, wenn die ukrainische Neutralität nach dem Vorbild von Finnland oder Österreich akzeptiert worden wäre. Stattdessen hat Washington zu einer klaren russischen Niederlage aufgerufen.


Wie wird es weitergehen, wenn sich der Krieg dem Ende zuneigt?


Entgegen Washingtons triumphalistischen Verlautbarungen wird Russland den Krieg gewinnen. Die Ukraine hat den Krieg bereits verloren. Ob auch Russland längerfristig Schaden nimmt, ist fraglich.


Die amerikanischen Sanktionen gegen Russland haben sich für Europa als weitaus verheerender erwiesen als für Russland. Die Weltwirtschaft hat sich verlangsamt und viele Entwicklungsländer stehen vor einer ernsten Nahrungsmittelknappheit und der Gefahr einer allgemeinen Hungersnot.


Es gibt bereits tiefe Risse in der europäischen Fassade der so genannten „NATO-Einheit“. Westeuropa wird zunehmend den Tag bereuen, an dem es dem amerikanischen Rattenfänger blindlings in den Krieg gegen Russland gefolgt ist. Tatsächlich handelt es sich nicht um einen ukrainisch-russischen Krieg, sondern um einen amerikanisch-russischen Krieg, der stellvertretend bis zum letzten Ukrainer geführt wird.


Im Gegensatz zu optimistischen Erklärungen könnte auch die NATO am Ende echt geschwächt daraus hervorgehen. Die Westeuropäer werden lange und gründlich über die „Weisheit“ und die hohen Kosten nachdenken, die mit der Provokation tieferer, langfristiger Konfrontationen mit Russland oder anderen „Konkurrenten“ der USA verbunden sind.


Europa wird früher oder später zum Kauf von preiswerter russischer Energie zurückkehren. Russland liegt vor der Haustür, und eine natürliche Wirtschaftsbeziehung zu Russland wird letztlich von überwältigender Logik sein.


Europa nimmt die USA bereits als eine im Niedergang begriffene Macht mit einer unberechenbaren und heuchlerischen außenpolitischen „Vision“ wahr, die auf der verzweifelten Notwendigkeit beruht, die „amerikanische Führungsrolle“ in der Welt zu erhalten. Amerikas Bereitschaft, zu diesem Zweck Krieg zu führen, ist für andere Staaten aber zunehmend gefährlich.


Washington hat auch deutlich gemacht, dass Europa sich einem „ideologischen“ Kampf gegen China anschließen muss, in einer Art vielschichtigem Kampf „Demokratie gegen Autoritarismus“. Dabei handelt es sich doch in Tat und Wahrheit um einen klassischen Kampf um die Macht in der Welt. Und Europa kann es sich noch weniger leisten, sich auf eine Konfrontation mit China einzulassen – eine „Bedrohung“, die vor allem von Washington wahrgenommen wird, die aber viele europäische Staaten und einen Großteil der Welt nicht überzeugt.


Chinas „Belt and Road“-Initiative ist vielleicht das ehrgeizigste wirtschaftliche und geopolitische Projekt der Weltgeschichte. Sie verbindet China bereits über den Schienen- und Seeweg mit Europa. Der Ausschluss Europas aus dem „Belt and Road“-Projekt wird Europa teuer zu stehen kommen. Man muss dabei beachten, dass der Gürtel und die Straße direkt durch Russland verlaufen. Es ist für Europa unmöglich, sich Russland gegenüber zu verschließen und gleichzeitig den Zugang zu diesem eurasischen Megaprojekt aufrechtzuerhalten. Daher hat ein Europa, das die USA bereits im Niedergang sieht, wenig Anreiz, sich dem Zug gegen China anzuschließen. Das Ende des Ukraine-Krieges wird in Europa ein ernsthaftes Nachdenken über die Vorteile der Unterstützung von Washingtons verzweifeltem Versuch auslösen, seine globale Hegemonie zu erhalten.


Europa wird bei der Bestimmung seiner künftigen globalen Rolle in eine zunehmende Identitätskrise geraten. Die Westeuropäer werden es leid sein, sich der 75-jährigen amerikanischen Vorherrschaft in der europäischen Außenpolitik zu unterwerfen. Im Moment ist die NATO die europäische Außenpolitik, und Europa bleibt unerklärlich zaghaft, wenn es darum geht, eine unabhängige Stimme zu erheben – nur: wie lange noch?


Wir sehen jetzt, wie die massiven US-Sanktionen gegen Russland, einschließlich der Beschlagnahmung russischer Gelder in westlichen Banken, den Großteil der Welt dazu veranlassen, die „Weisheit“, in Zukunft ausschließlich auf den US-Dollar zu setzen, zu überdenken. Eine Diversifizierung der internationalen Wirtschaftsinstrumente ist bereits im Gange und wird die einst dominante wirtschaftliche Position Washingtons und seine einseitige Einsetzung des Dollars als Waffe nur schwächen.


Die heutige Gleichschaltung der Medien und die US-amerikanische Mediendominanz sind einmalig

Eines der beunruhigendsten Merkmale dieses amerikanisch-russischen Krieges in der Ukraine ist die völlige Korruption der unabhängigen Medien. Tatsächlich hat Washington den Informations- und Propagandakrieg bisher haushoch gewonnen und alle westlichen Medien dazu gebracht, bei der Charakterisierung des Ukraine-Krieges aus demselben Gesangbuch zu singen.  Der Westen hat noch nie zuvor eine so umfassende Durchsetzung der ideologisch geprägten geopolitischen Perspektive eines Landes im eigenen Land erlebt. Natürlich kann man auch der russischen Presse nicht trauen. Inmitten einer virulenten antirussischen Propaganda, wie ich sie in meiner Zeit als Kalter Krieger noch nie erlebt habe, müssen ernsthafte Analysten heutzutage tief in die Tasche greifen, um ein objektives Verständnis dessen zu erlangen, was in der Ukraine tatsächlich vor sich geht.


Ich wünschte, diese amerikanische Mediendominanz, die fast alle alternativen Stimmen unterdrückt, wäre nur eine vorübergehende Erscheinung, die durch die Ereignisse in der Ukraine ausgelöst wurde. Aber die europäischen Eliten kommen vielleicht doch langsam zu der Erkenntnis, dass sie in diese Position der totalen „Einstimmigkeit“ gedrängt worden sind. Die Fassade der „EU- und NATO-Einheit“ zumindest bekommt bereits Risse. Die gefährlichere Auswirkung ist jedoch, dass auf dem Weg in künftige globale Krisen eine wirklich unabhängige freie Presse weitgehend verschwindet und in die Hände von konzerndominierten Medien fällt, die den politischen Kreisen nahestehen und nun durch elektronische soziale Medien unterstützt werden, die alle die Berichterstattung zu ihren eigenen Zwecken manipulieren. Da wir uns auf eine vorhersehbar größere und gefährlichere Krise der Instabilität durch die globale Erwärmung, durch Flüchtlingsströme, durch Naturkatastrophen und wahrscheinlich auch neue Pandemien zubewegen, wird die rigorose staatliche und unternehmerische Beherrschung der westlichen Medien in der Tat sehr gefährlich für die Zukunft der Demokratie. Wir hören heute keine alternativen Stimmen mehr zur Ukraine. (Mit Ausnahme von Globalbridge.ch, NachDenkSeiten.de und anderen relativ kleinen Informationsplattformen, die damit aber auch immer wichtiger werden. Anm. der Red.)


Russland wird in die Arme von China gedrängt

Und schließlich hat sich der geopolitische Charakter Russlands höchstwahrscheinlich nun entscheidend in Richtung Eurasien verschoben. Die Russen haben sich jahrhundertelang darum bemüht, in Europa akzeptiert zu werden, wurden aber stets auf Distanz gehalten. Der Westen wird nicht über eine neue strategische und sicherheitspolitische Architektur diskutieren. Die Ukraine hat diesen Trend nur noch verstärkt. Die russischen Eliten haben nun keine Alternative mehr, als zu akzeptieren, dass ihre wirtschaftliche Zukunft im Pazifik liegt, wo Wladiwostok nur eine oder zwei Flugstunden von den riesigen Volkswirtschaften in Peking, Tokio und Seoul entfernt ist. China und Russland sind nun entscheidend enger zusammengerückt, und zwar aus dem gemeinsamen Bestreben heraus, die uneingeschränkte „Freiheit“ der USA zu unilateralen militärischen und wirtschaftlichen Interventionen in der ganzen Welt zu verhindern. Es ist ein Hirngespinst zu denken, die USA könnten die – von den USA induzierte – russische und chinesische Zusammenarbeit aufspalten. Russland verfügt über wissenschaftliche Brillanz, Energie im Überfluss, reiche seltene Mineralien und Metalle, während die globale Erwärmung das landwirtschaftliche Potenzial Sibiriens vergrößern wird. China verfügt über das Kapital, die Märkte und die Arbeitskräfte, um zu einer natürlichen Partnerschaft in ganz Eurasien beizutragen.


Zum Leidwesen Washingtons erweisen sich fast alle seine Erwartungen an diesen Krieg als falsch. Der Westen sollte mit Blick auf diese aktuelle Situation endlich erkennen, dass Washingtons Streben nach globaler Dominanz in immer neue, gefährlichere und schädlichere Konfrontationen mit Eurasien führt. Die meisten anderen Regionen der Welt – Lateinamerika, Indien, der Nahe Osten und Afrika – haben national kaum Interessen an diesem im Grunde genommen amerikanischen Krieg gegen Russland.

.

Diese Analyse erschien zuerst auf der Website von Graham E. Fuller. Der Autor hat Globalbridge.ch erlaubt, seine Analyse zu übersetzen und in deutscher Sprache zu veröffentlichen. Die Übersetzung besorgte Christian Müller.


Siehe zu dieser Thematik vor allem auch: «Russland ist von Westeuropa tief enttäuscht – aus gutem Grund».


Info: https://globalbridge.ch/wann-endlich-erwacht-europa

24.06.2022

Brief an Ministerin

Sammlungsbewegung Aufstehen

vom 22.06.2022


Ministerin Annalena Baerbock
Auswärtiges Amt

11013 Berlin


Betreff:

Sofortige Initiativen für die Freilassung von Julian Assange entsprechend Ihrer Aussagen vor der letzten Bundestagswahl.


Sehr geehrte Frau Baerbock, werte Frau Außenministerin,


mit Bestürzung haben wir die Nachricht von der Bestätigung der Auslieferung von Julian Assange an die USA durch die britische Regierung aufgenommen.


Angesichts der Gefahr für das Leben von Julian Assange erwarten wir von Ihnen, Frau
Außenministerin, jetzt, dass Sie zu Ihrem Wort vom 11.09.2021 stehen und bei der britischen
Regierung gegen die Abschiebung intervenieren. Wörtlich antworteten Sie damals im
Abgeordnetenwatch (
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/annalena-baerbock/fragen-antworten/wie-stehen-sie-zum-fall-julian-assange?utm):


Wir verfolgen den Umgang mit Wikileaks und Julian Assange sehr aufmerksam und setzen uns bei der Bundesregierung mit Nachdruck dafür ein, dass sich die jeweiligen Regierungen klar für die Einhaltung seiner grundlegenden Menschenrechte aussprechen. Aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen grundlegende Freiheitsrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention im Umgang mit Julian Assange – allen voran gegen das Verbot von Folter (Art. 3), gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5), gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6) und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten (Art. 7) – schließen wir uns der Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2020 sowie dem Appell des UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer an und fordern die sofortige Freilassung von Julian Assange.


Wir fordern sofortige persönliche Aktivitäten durch Sie und Ihr Haus, weil Julian Assange wegen der Veröffentlichung und Dokumentierung von Kriegsverbrechen der USA und wegen vorgeschobener Vorwürfe der Spionage 175 Jahre Haft drohen. Denn die Regierung der USA möchte ganz offensichtlich an Assange ein Exempel statuieren und zeigen, dass Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Menschenrechte nur dann gelten, wenn es den USA nützt.
Gerade jetzt, wo Sie Ihre Außenpolitik immer wieder mit Bezug auf „Werte“ und
„Menschenrechte“ rechtfertigen, fragen wir Sie: Wo bleibt im Fall von Julian Assange Ihr

Engagement für die Universalität der Menschenrechte? (Wo doch selbst der UN-Sonderbeauftragte für Folter, Nils Melzer, die Behandlung von Assange als Folter charakterisiert hat.) Und wo bleibt Ihre Solidarität mit den Opfern der von Assange öffentlich gemachten Kriegsverbrechen?


Wenn, wie Edward Snowden sagt, dass Aufzeigen von staatlichen Verbrechen als Verbrechen verfolgt wird, ist das selbst ein Verbrechen. Es gefährdet die Demokratie zutiefst, indem es die Pressefreiheit bedroht.


Daher fordern wir Sie auf, persönlich und im Namen der Bundesregierung sofort und mit

Nachdruck auf die britische Regierung einzuwirken, dass sie die Entscheidung über die Auslieferungvon Julian Assange zurücknehme und damit sein Leben rette und seine Freiheit endlich wieder herstelle.


Mit besorgten Grüßen
Sammlungsbewegung Aufstehen
24.06.2022

Algerien
Solar Maghreb

makronom.de, 23. Juni 2022, Ein Beitrag von Claus Leggewie,

Auf der Suche nach neuen Gaslieferanten ist Algerien in den Fokus gerückt. Das Land steht beispielhaft dafür, wie die aktuellen Entwicklungen die große Transformation beschleunigen könnten – oder die Chance im Klein-Klein vertändelt wird. 




Zitat: Das Ende der Globalisierung ist mit dem Klimawandel, der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg zwar nicht gekommen. Internationale Lieferketten und weltweite Interdependenzen bleiben bestehen, neue werden entstehen. Doch jenseits der Märkte und durch sie hindurch werden geopolitische Grenzen gezogen, politische Allianzen geschmiedet und neue Produktions- und Verteilungsregime möglich. Der Krieg verschlingt immense Reichtümer, die Pandemie kostet Millionen Leben und die Lasten des Klimawandels werden das alles noch übertreffen.


Aber eine „List der Geschichte“ könnte den Klima- und Artenschutz am Ende sogar befördern und die im Klein-Klein vertändelte Große Transformation zur Nachhaltigkeit beschleunigen. Dies soll an einem entlegenen und dafür wenig prädestiniert scheinenden Land demonstriert werden: Algerien – das flächenmäßig größte Land Afrikas, islamisch geprägt, sozialistisch ausgerichtet, blockfrei mit guten Beziehungen zu Russland und China (Leggewie, 2022).


Industrialisierungsindustrien: Eine sozialistische Bodenrente?

Als Algerien sich 1962 aus 132jähriger Kolonialherrschaft Frankreichs befreite, waren seine ökonomischen Ressourcen mager und seine Rolle in der Weltwirtschaft marginal. Doch war da ja noch das „schwarze Gold“, das Erdöl im Boden, nebst riesigen Reserven an Erdgas. Statt nun, wie die Siedlungskolonialisten, weiter Agrarprodukte anzubauen, wollten Algeriens staatssozialistische Regierungen, auch anders als die Saudis, die Exportrente aus den unterdessen verstaatlichten Quellen fossiler Energie für ambitionierte Industrialisierung nutzen. Sogenannte „industries industrialisants“ (wie große Stahlkombinate) sollten nicht billige Produkte für den Weltmarkt herstellen, sondern die Grundlage für eine ganze Palette einheimischer Grundstoff- und Konsumgüterunternehmen schaffen (Destanne de Bernis, 1966 und 1971; Andreff, Hayab, 1979; Andreff, 1979). Mit Hilfen aus der Sowjetunion und China sollte das schwarze Gold so dem gesamten algerischen Volk zugutekommen.


Anders als geplant, ist dabei eine fossile Monokultur entstanden, die Algeriens Abhängigkeit nur verlagerte. 95% der Exporte und 60% der Staatseinnahmen entstammen ihr heute, und da die Industrialisierungsstrategie, die im Übrigen auf Kosten des Agrarsektors ging, gescheitert ist, müssen Grundstoffe, Konsumgüter und Lebensmittel heute großenteils importiert werden.


Schwankungen der Rohstoffpreise rissen immer wieder Finanzierungs-Lücken auf, der Dollar-Preis für ein Barrel Erdöl halbierte sich von 2011 bis 2020. Grundnahrungsmittel mussten immer stärker subventioniert werden, damit der Anstieg der Brotpreise nicht zu Volksaufständen führte wie Ende der 1980er Jahre (Aggoun/Rivoire, 2004; Aït-Aoudia, 2015). Überdies sind die Exporteinnahmen auch in Algerien zum Teil in die Hände einer aus Militär, Einheitspartei und Sicherheitsdiensten gebildeten Kleptokratie gefallen, während ein großer Teil der Jugend mangels Perspektiven über das Mittelmeer emigrierte. Das Gros des algerischen Volks wartet nach sechs Jahrzehnten weiter auf Wohlstand – und Freiheit.


Der Krieg als Vater aller Dinge?

2022 schien der Ukraine-Krieg eine Wende zu bringen: Das Barrel Erdöl kostet derzeit weit über 100 US-Dollar und Algerien verfügt immer noch über einen großen Teil der Weltreserven. Des Weiteren sucht Europa händeringend nach Ersatz für russisches Gas, das man nicht nur in Katar ordern kann.


Auch für Algerien öffnete sich damit ein Gelegenheitsfenster. Der Energieminister erklärte in einem Interview, man sei bereit zu Gaslieferungen. „Wir sagen: Wenn Deutschland von uns Gas kaufen möchte, dann erschließt neue Vorkommen mit uns zusammen. Wie die Italiener mit dem Konzern ENI. Wir haben ein ehrgeiziges Programm zum Ausbau der Produktion im Öl- und Gassektor bis 2026, im Umfang von 39 Milliarden US-Dollar.“ Und er fordert einen klimapolitischen Kurswechsel: „Lange hat Europa den Umweltschutz hochgehalten und nicht zwischen Öl und Gas unterschieden. Das hat dazu geführt, dass nicht investiert wurde.“


Doch gleich drei Gründe verhinderten eine rasche Exportoffensive: Die lange vernachlässigten Produktionsanlagen sind nicht mehr leistungsfähig genug, die Binnennachfrage nach Öl und Gas hat enorm zugenommen und es fehlen (außer Richtung Italien) eingespielte Kooperationen mit europäischen Abnehmerländern. Algerien ist es nie gelungen, als „südliche Peripherie“ in die Europäische Union hineinzuwirken, und die EU war ihrerseits nie sonderlich an mehr als punktuellen Geschäften interessiert und richtete den Blick eher auf Grenzkontrollen gegen ungeregelte Migration (Govantes Romero, 2016).


Negativ wirken auch die Kollateralschäden internationaler Konflikte, hier nicht zuerst des Ukraine-Kriegs, sondern des seit Jahrzehnten schwelenden Westsahara-Konfliktes. Spanien hat de facto Marokkos Oberhoheit über das Wüstengebiet anerkannt und damit Algerien, das sich als Schutzpatron der Sahraoui betätigt, schwer düpiert. Als Reaktion darauf hat Algerien jüngst seine Lieferungen an das Nachbarland eingestellt, woraufhin Spanien einsprang und Erdgas an Marokko lieferte. Daraufhin wiederum kündigte Algerien das 2002 geschlossene Freundschaftsabkommen mit Spanien und droht die Lieferungen nach Spanien durch die 750 Kilometer lange Medgaz-Tiefwasserpipeline und die durch Marokko führende Gaz-Maghreb-Europe-Pipeline (GME) einzustellen. Dass sich der Abschluss von Kompensationsgeschäften vor allem mit dem langjährigen Partner Italien hinziehen wird, liegt auch an der schwerfälligen algerischen Bürokratie und dem insgesamt weiterhin geringen Investitionsvertrauen in das nordafrikanische Land, dem Marokko in vieler Hinsicht zuvorgekommen ist.


Post Oil: Ende des karbonen Zeitalters?

Zwar könnte Algerien über die Pipeline, die via Tunesien und Sizilien nach Europa führt, und zusätzlichen Flüssiggasexporten per Schiff zu einem wichtigeren Gaslieferanten der EU werden. Doch die Zukunft liegt nicht mehr bei Erdöl und Erdgas. Eine postkarbone Weltwirtschaft wird generell weniger von Rentierstaaten (Boeckh, Pawlka, 1997; Elsenhans, 2001; Dauderstädt/Schildberg 2006) abhängen, die Rohstoffe aus dem Boden holen und die Gewinne zu mehr oder weniger großen Teilen an korrupte Oligarchien verteilen.

Die kurzfristige Erhöhung der Rohstoffpreise wirkt sich sogar negativ aus, indem die überfällige Transformation der Volkswirtschaft weiter hinausgeschoben wird und Surplus-Einnahmen im Gießkannen-Verfahren an junge Arbeitslose fließen, statt ihnen eine berufliche Perspektive zu bieten.


Regimewechsel: Zukunft im Süden?

Dabei hätte Algerien alle Chancen, seine Position im Weltmarkt zu diversifizieren und den Bedarf seiner eigenen, immer noch rasch wachsenden Bevölkerung zu befriedigen. Die ambivalenten Optionen Algeriens sind im Süden des Landes erkennbar, wo man mit enormem Aufwand ein ökologisch hochproblematisches Schiefergas-Fracking betreiben könnte und 2025 nach den Plänen der algerischen Atombehörde COMENA ein Atomkraftwerk ans Netz gehen soll. Zwei Forschungsreaktoren gibt es seit Längerem, mit der russischen Gesellschaft ROSATOM sowie China, Frankreich und den USA sind Kooperationsabkommen geschlossen worden. Die friedliche Nutzung der Kernenergie, nach dem Zweiten Weltkrieg als der goldene Weg einer energiehungrigen Industrialisierung angesehen, sollte passé sein.


Es dürfte künftigen Generationen, die sich mit der sicheren Verwahrung der strahlenden Abfälle befassen müssen, völlig unverständlich erscheinen, was bei klarem Verstand schon heute als verrückt gelten muss: In einem Land wie Algerien wurde die nukleare Option erwogen, obwohl hier weltweit mit die stärkste Sonneneinstrahlung pro Quadratmeter einfällt und auch der Wind heftig bläst. Entsprechend ist der Anteil erneuerbarer Energiequellen mit weniger als einem Prozent bis heute marginal geblieben. Würde Algerien eine nach energie- und gesamtwirtschaftlicher Logik irrationale Technologiewahl treffen, verwandelte sich der Segen der Bodenschätze endgültig in einen Fluch (Smith/Waldner, 2016).


Alternativen sind also vorhanden, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien, Kontakte zu Firmen und Nichtregierungsorganisationen bestehen. Während das gescheiterte Desertec-Projekt der 1990er Jahre auf Energieexporte nach Norden fixiert war (Leggewie, 2012), also im Verdacht kolonialer Tradition stand und neue Abhängigkeiten der EU-Länder schuf, ließe sich in und für Algerien eine solare Variante importsubstituierender Industrien entwickeln, die CO2-intensive Entwicklungsetappen überspringen könnte und à la longue auf eine grüne Gemeinwirtschaft hinausliefe.


Von solchen Perspektiven ist das erschlaffte „Mumien-Regime“ in Algier genauso weit entfernt wie die Opposition, die sich bislang ebenfalls wenig Gedanken über ein alternatives Entwicklungsprojekt gemacht hat. Eine transmediterrane Energiepartnerschaft könnte dazu beitragen, dass man in Europa Algerien und den Maghreb nicht nur als Ursprung von Terror und Migration wahrnimmt. Die ominöse „Bekämpfung der Fluchtursachen“, die in der Regel nur Stacheldraht und Patrouillenboote assoziieren lässt, beginnt mit zukunftsweisender Solidarität und Kooperation, die Anreize zur Emigration verringert.


Eine „neue Südpolitik“ der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist gefordert. Diese muss die „List der Geschichte“, die sich nicht von selbst per „Weltgeist“ einstellt, hervorlocken und in aller Demut und Bescheidenheit in die Welt zu bringen versuchen. Das Beispiel Algerien ist nicht so randständig, wie es viele Analysten und Investoren in Europa behandeln. Der zitierte Minister räumte Fehler der bisherigen Energiepolitik ein und kündigt an, die zusätzlichen Einnahmen aus den Gasexporten in die heimische Energiewende zu investieren. Deutschland lädt er ausdrücklich als Kooperationspartner ein. Die Zeit drängt. In Algerien machen sich die Kriegsfolgen existenziell bemerkbar, es neigen sich traditionelle Produktions- und Verteilungsregime dem Ende zu, es eröffnen sich ungeahnte Chancen für eine grundlegende Transformation und eine Kooperation mit der Europäischen Union. Das kann allerdings nur gelingen, wenn sich das Regime in Algier demokratisiert, wie es die seit 2019 aktive Hirak-Bewegung fordert.

 

Zum Autor:

Claus Leggewie ist Ludwig Börne Professor an der Universität Gießen und Leiter des dortigen „Panel on Planetary Thinking“.


Info: https://makronom.de/algerien-erdgas-solar-maghreb-42138?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=algerien-erdgas-solar-maghreb

24.06.2022

Globale NATO

unsere-zeit.de, ,

Militärpakt will sich beim Gipfel in Madrid auf ein neues strategisches Konzept mit klarer Frontstellung gegen Russland und China verständigen. Absage an Frieden in der Ukraine


250601 NATO - Globale NATO - Jens Stoltenberg, NATO, NATO-Norderweiterung, Ukraine-Krieg - InternationalesKriegstreiber unter sich: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin. (Foto: NATO)


Zitat: Die spanische Hauptstadt Madrid wird dieser Tage zu einer Festung ausgebaut, um den NATO-Gipfel Ende des Monats abzusichern. Mehr als 10.000 Polizisten und eine ungenannte Zahl an Militärs sind für die beiden Konferenztage am 29. und 30. Juni abkommandiert, um für „Ruhe und Ordnung“ zu sorgen, heißt, Proteste klein und auf Abstand zu halten.


Ausweiten, aufrüsten, abschrecken – das sind die Kernpunkte für den NATO-Gipfel. Der Militärpakt will auch noch ein neues strategisches Konzept beschließen. Es wird nicht nur eine klare Konfrontation gegenüber Russland festschreiben, es wird sich zudem – „zum ersten Mal“, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagt – ausdrücklich mit einem gemeinsamen Vorgehen gegen China befassen. Details sind noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass neben den 30 Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitglieder auch Japans Ministerpräsident Fumio Kishida, Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol, Australiens Premierminister Anthony Albanese und Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern an dem Kriegsrat in der spanischen Metropole teilnehmen werden. Für die Frontstellung gegen die Volksrepublik wird die nordatlantische Vertragsorganisation zur globalen NATO.


Geplant ist die Ausweitung der NATO um Schweden und Finnland, die Ukraine soll massiv aufgerüstet und systematisch auf NATO-Militärstandard umorientiert werden. „In Reaktion“ auf Russlands Angriff auf die Ukraine sollen in das östliche Bündnisgebiet mehr gefechtsbereite Truppen und Waffenarsenale verlegt werden. Kampfbataillone statt Battlegroups, lautet die Maxime. Bundeskanzler Olaf Scholz hat bereits angekündigt, dass die Ampelregierung die Planungen unterstützt und die Truppenpräsenz der Bundeswehr in Litauen ausgebaut wird.


Unhinterfragt ist, dass die Ukraine weitere Lieferungen schwerer Waffen erhalten soll. Die NATO setzt auf einen langen Krieg statt auf einen möglichen Verhandlungsfrieden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schwärmte gerade erst nach der Empfehlung der Kommission, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzuerkennen: „Die Ukrainer sind bereit, für die europäische Perspektive zu sterben.“ Weniger pathetisch führen in einem Gastbeitrag für das ZDF Christian Mölling und András Rácz vom Berliner Thinktank Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) aus, warum man im Westen auf immer weitere Waffenlieferungen und eine Verlängerung des Krieges setzt: „Der Ukraine-Krieg dezimiert zum Teil die russische Kampfkraft und damit die Bedrohung, der die NATO gegenübersteht.“ Ob formales Mitglied oder nicht, die Ukraine soll an die NATO angebunden werden: „Sie wird, auf lange Sicht, wenn der Krieg zu Ende geht, ein schwer bewaffnetes Land bleiben, das über eine einzigartige Erfahrung (!) im Kampf gegen Russland verfügt“, so das DGAP-Autorenduo. Mit der fortgesetzten Bewaffnung der Ukraine könne das „dauerhafte Abschreckungspotenzial gegenüber Russland verstärkt werden“. Indem die Ukraine in die Lage versetzt werde, „die russische Armee noch wirksamer zu bekämpfen, die russischen Streitkräfte zu schwächen und deren militärische Einrichtungen sowie kritische Infrastrukturen anzugreifen, kann die Ukraine selbst allmählich zu einem Abschreckungsfaktor werden“.


In der vergangenen Woche wurden beim Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe, in der auf Initiative der USA NATO-Staaten und enge Verbündete zusammengeschlossen sind, weitere Waffenlieferungen für Kiew verabredet. Die ukrainische Regierung hat mittlerweile genug Militärgerät für zwölf Artilleriebataillone erhalten, darunter etwa 237 Kampfpanzer, 300 Schützenpanzer und 1.600 Luftabwehrsysteme. Mit 97.000 Panzerabwehrwaffen hat die ukrainische Armee mehr Abwehrwaffen erhalten als es weltweit überhaupt Panzer gibt. Die Aufrüstung der Ukraine zur Abrüstung Russlands wird über eine Kommandostelle in den Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen, dem Sitz des Europa-Hauptquartiers der US-Streitkräfte, organisiert. Die militärische Unterstützung ist ausdrücklich längerfristig angelegt. Ziel ist laut Stoltenberg, das ukrainische Militär beim „Übergang von Ausrüstung aus der Sowjetära zu moderner NATO-Ausrüstung“ zu fördern und die „Interoperabilität mit der NATO“ zu verbessern, sprich: die Ukraine zu befähigen, gemeinsam mit der NATO Krieg zu führen. Es ist die erklärte Absage an eine mögliche Neutralität der Ukraine im Zuge von Friedensverhandlungen mit Russland. Und so wird beim NATO-Gipfel in Madrid der ukrainische Präsident Wladimir Selenski für die Rolle des Stargasts besetzt – nicht ausgeschlossen, dass er dafür das erste Mal seit dem 24. Februar die Ukraine verlässt und mit aufs NATO-Gruppenbild in Madrid kommt. 2.000 Journalisten stehen Gewehr bei Fuß.


Info: https://www.unsere-zeit.de/globale-nato-170061


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.06.2022

The West against the Rest   G7-Gipfel soll unter deutschem Vorsitz neue Maßnahmen für den Wirtschaftskrieg gegen Russland vorbereiten. Als Gegengewicht formiert sich das wachsende BRICS-Bündnis.

german-foreign-policy.com, 24. Juni 2022

ELMAU/BEIJING (Eigener Bericht) – Der G7-Gipfel soll unter deutschem Vorsitz neue Maßnahmen im Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland vorbereiten. Dies sehen die Pläne für die Zusammenkunft vor, die am Sonntag in Elmau beginnt. Demnach will Washington eine Einigung auf Vorhaben erreichen, die es ermöglichen sollen, den Ölpreis auf russische Kosten zu senken. Der hohe Benzinpreis schadet den Aussichten der US-Präsidenten-partei für die Zwischenwahlen im November. Zudem sind die G7 bemüht, fünf Staaten, die die Bundesregierung als Gäste nach Elmau eingeladen hat, für die Russland-Sanktionen zu gewinnen. Diese werden weiterhin bloß von einem Viertel aller Länder weltweit unterstützt. Zu den Gaststaaten gehören Senegal und Indonesien, die mittlerweile öffentlich die Aufhebung der Sanktionen verlangen. In Elmau sind außerdem Indien und Südafrika präsent, zwei Mitglieder des BRICS-Bündnisses, sowie Argentinien, das diesem beitreten will. Die BRICS, denen Russland angehört, kritisieren die Sanktionspolitik und positionierten sich auf ihrem gestrigen Gipfeltreffen als Gegengewicht zum Westen.


Zitat: Die Wirtschafts-NATO

Hohen Stellenwert auf dem Gipfeltreffen in Elmau nimmt die Debatte über gemeinsame ökonomische Maßnahmen der G7-Staaten ein. Die britische Außenministerin Liz Truss hatte den Zusammenschluss erst vor kurzem „eine Wirtschafts-NATO“ genannt, die „gemeinsam unseren Wohlstand verteidigen“ solle.[1] In diesem Sinne werden die sieben Staats- und Regierungschefs besonders die Energieversorgung thematisieren, die infolge des westlichen Wirtschaftskriegs gegen Russland in Schwierigkeiten steckt. Europa steht womöglich vor einem ernsten Mangel an Erdgas, der unter anderem der deutschen Industrie schweren Schaden zufügen könnte.[2] In den USA liegen die Benzinpreise auf Rekordniveau, was die ohnehin schlechten Aussichten der Präsidentenpartei bei den Zwischenwahlen im November weiter eintrübt. Washington fürchtet, die jüngste Sanktionsrunde der EU, die es untersagt, russische Erdöltransporte zu versichern, könnte die Preise bald noch weiter in die Höhe treiben. Es will daher den G7-Gipfel nutzen, um Alternativen voranzubringen. Im Gespräch sind Höchstpreise oder Einfuhrzölle auf russisches Erdöl.[3] Die Vorschläge sind umstritten, nicht zuletzt, weil nicht klar ist, wie sie funktionieren bzw. tatsächliche Preissenkungen hervorbringen sollen.


Nur ein Viertel aller Staaten

Besonderes Gewicht misst die Bundesregierung, die in diesem Jahr den G7-Vorsitz innehat, außerdem dem Versuch bei, die Isolation des Westens in Sachen Russland-Sanktionen zu durchbrechen. Weiterhin beteiligten sich „weniger als ein Viertel der UN-Mitglieder“ an den Sanktionsmaßnahmen, hielt zu Wochenbeginn die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) fest.[4] Berlin hat die Staats- und Regierungschefs von fünf Gaststaaten nach Elmau geladen, um sie im Machtkampf gegen Moskau fest auf die Seite der G7 zu ziehen: Es könne „nicht in unserem Interesse sein“, hieß es vorab aus Regierungskreisen, dass sich „der Westen in seiner engen Definition gegen Rest der Welt positioniert“. Eingeladen wurde etwa Indien, das seit Kriegsbeginn seine Erdölimporte aus Russland massiv gesteigert hat und eine Intensivierung der indisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen ins Visier nimmt. Penetrante Bemühungen der westlichen Mächte, New Delhi davon abzuhalten, sind bisher gescheitert (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Nach Elmau gebeten hat Berlin zudem Südafrika sowie Senegal. Senegals Präsident Macky Sall kündigte bei einem Besuch von Kanzler Olaf Scholz in Dakar Ende Mai an, er werde als Vorsitzender der Afrikanischen Union, anstatt Russland zu isolieren, zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Wladimir Putin nach Sotschi reisen.[6]


Auf dem Weg nach Russland

Sall hat nach den Gesprächen, anstatt sich den westlichen Sanktionen anzuschließen, deren Aufhebung gefordert, da sie die Ausfuhr russischen Getreides sowie russischer Düngemittel behindern und damit die globale Nahrungsversorung gefährden.[7] Die Forderung hat er am vergangenen Wochenende wiederholt.[8] Ihr hat sich mittlerweile auch Indonesien angeschlossen, der vierte G7-Gaststaat in Elmau, der nun ebenfalls auf Erleichterungen bei den Strafmaßnahmen dringt.[9] Der in Europa und Nordamerika verbreitete Hinweis, die Sanktionen richteten sich nicht unmittelbar gegen Getreide und Düngemittel, sie seien also für die Nahrungsversorgung kein Hindernis, ist verfehlt: Sie treffen die russische Finanz- sowie die Transportbranche und stehen damit auch Lebensmittelexporten im Weg. Ob Indonesiens Präsident Joko Widodo die Forderung, sie abzuschaffen oder sie zumindest zu erleichtern, auf dem G7-Treffen offiziell vortragen wird, ist ungewiss. Fest steht allerdings, dass er nach dem Treffen nach Russland reisen und dort Gespräche mit Präsident Putin führen wird. Die G7 haben schon in den vergangenen Wochen und Monaten massiv Druck auf ihn ausgeübt, in seiner Eigenschaft als aktueller Vorsitzender der G20 Russland vom G20-Gipfel im November in Bali auszuladen. Bisher hatten sie damit keinen Erfolg.


Der Neue Süden

Argentinien wiederum, das fünfte Land, das die Bundesregierung nach Elmau geladen hat, um es im Machtkampf gegen Russland auf die Seite der G7 zu ziehen, orientiert sich zur Zeit laut Einschätzung von Jorge Heine, einem ehemaligen chilenischen Diplomaten, der heute an der Boston University lehrt, prinzipiell um. „Argentinien sieht seine Zukunft nicht im Alten Europa oder im Nordatlantik, sondern im Neuen Süden“, urteilt Heine; dieser aber habe „sein Herz in der Asien-Pazifik-Region“ und sei verkörpert in der Organisation der BRICS.[10] Das BRICS-Bündnis ist ein Zusammenschluss Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und Südafrikas, der vor rund eineinhalb Jahrzehnten gegründet wurde und gestern das vierzehnte Gipfeltreffen abhielt. Er widersetzt sich dem Versuch des Westens bzw. der G7, ihre globale Dominanz zu zementieren; so hat er mit der New Development Bank (NDB) eine Entwicklungsbank geschaffen, die als Gegengewicht zu Weltbank und IWF konzipiert ist. Das BRICS-Bündnis litt zuletzt unter heftigen Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Indien und China, ist aber jetzt unter dem Eindruck des westlichen Wirtschaftskriegs gegen Russland wieder enger zusammengerückt. Zur Zeit ist eine erste BRICS-Erweiterung im Gespräch; Argentinien will dem Zusammenschluss beitreten.


„Die westliche Hegemonie brechen“

Argentinien hat bereits im Mai an einem Treffen im BRICS Plus-Format teilgenommen, das auf Außenministerebene durchgeführt wurde und zu dem eine Reihe weiterer Staaten geladen waren, um das BRICS-Beziehungsnetz weiter zu spannen. Außer Argentinien waren auch die aktuellen G7-Gäste Senegal und Indonesien vertreten, daneben Nigeria und Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, Kasachstan und Thailand. Die BRICS stehen für gut zwei Fünftel der Weltbevölkerung und mittlerweile für ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung; sie nähern sich damit langsam, aber stetig der Wirtschaftsleistung der G7 an. Eine etwaige BRICS-Erweiterung würde den Prozess beschleunigen. Für den heutigen Freitag sind weitere Treffen im BRICS Plus-Format angekündigt. Chinas Präsident Xi Jinping, dessen Regierung den Gipfel im Videoformat ausrichtete, forderte gestern dazu auf, „Kalte-Kriegs-Mentalität und Blockkonfrontation zurückzuweisen“ und keine „kleinen Zirkel rund um Hegemonialbestrebungen“ zu bilden – eine klare Absage an die aktuelle Politik des Westens, wie sie auch auf dem bevorstehenden G7-Gipfel zu beobachten ist. Xi wandte sich insbesondere auch gegen die westliche Sanktionspolitik.[11] Offene Forderungen, enadlich „die westliche Hegemonie zu brechen“, wurden gestern in Indien laut.[12]

 

[1] The return of geopolitics: Foreign Secretary’s Mansion House speech at the Lord Mayor’s 2022 Easter Banquet. gov.uk 27.04.2022.

[2] S. dazu Der Erdgaspoker der EU (V).

[3] James Politi, Felicia Schwartz: G7 leaders to debate ways to stabilise global energy markets. ft.com 23.06.2022.

[4] Lars Brozus: Zusammenhalt, Reformen und vorausschauende Politik: Die Aufgaben der G7. swp-berlin.org 20.06.2022.

[5] S. dazu “Russland isolieren“ (III) und „Russland isolieren“ (IV).

[6] S. dazu Das Reisemandat der Afrikanischen Union.

[7] Senegal’s Macky Sall appeals to West to ease sanctions on Russia. france24.com 03.06.2022.

[8] Giorgio Leali: African Union chief urges EU to ease food payments to Russia. politico.eu 19.06.2022.

[9] Emma Connors: Indonesia backs sanctions relief as food crisis deepens. afr.com 22.06.2022.

[10] Fermín Koop: Argentina looks to join BRICS with China and Brazil’s support. dialogochino.net 15.06.2022.

[11] Chinese President Xi Jinping asks BRICS to jointly safeguard world peace; attacks US, EU military alliances. economictimes.indiatimes.com 23.06.2022.

[12] Mohammed Saqib: BRICS summit needs to focus on breaking Western hegemony. indianexpress.com 23.06.2022.

Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8957

23.06.2022

Die Glaubwürdigkeit der EU (II)   Die angekündigte Ernennung der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten ruft in Südosteuropa Unmut hervor: Die beitrittswilligen Länder dort werden seit 19 Jahren von Brüssel vertröstet.

german-foreign-policy.com, 23. Juni 2022

BRÜSSEL/SARAJEVO/SKOPJE (Eigener Bericht) – Die für heute angekündigte Ernennung der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten ruft in Südosteuropa schweren Unmut hervor. Zwar heißt es regelmäßig, man habe keine Einwände dagegen, die Ukraine dergestalt aufzuwerten. Allerdings werde damit etwa Bosnien-Herzegowina „erniedrigt“, da ihm der gleiche Status seit Jahren verweigert werde, warnt die einstige kroatische Ministerpräsidentin Jadranka Kosor. Dem Land wurde – ebenso wie Serbien, Montenegro, Albanien, Nordmazedonien und dem Kosovo – auf dem EU-Gipfel im Juni 2003 der Beitritt zur Union in Aussicht gestellt. „Die Zukunft der Balkanstaaten liegt in der Europäischen Union“, hieß es damals. Ähnliches soll heute der Ukraine und Moldawien zugesagt werden – allerdings ebenso unverbindlich. Mit Blick auf die Versprechungen gegenüber Kiew dringt jetzt auch Nordmazedonien erneut darauf, Beitrittsverhandlungen mit der EU beginnen zu dürfen. Dies scheitert an einem Veto Bulgariens, dessen Regierungschef gestern gestürzt wurde. In Bulgarien befürworten zur Zeit fast 40 Prozent der Bevölkerung einen Austritt aus der NATO; das lässt es Berlin als heikel erscheinen, den Druck auf Sofia zu verstärken.


Zitat: „Ein moralischer Schub“

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden sich heute voraussichtlich dem Vorschlag der Kommission anschließen und die Ukraine und Moldawien offiziell zu EU-Beitrittskandidaten erklären. Beide erfüllen die bislang dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht. Die Ukraine erhält den Status, weil ihr das – so hat es ein hochrangiger EU-Beamter formuliert – im Krieg gegen Russland „einen moralischen Schub“ verleihen soll.[1] In Moldawien steht die Regierung unter anderem wegen der krass gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise stark unter Druck. Da Präsidentin Maia Sandu und Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița klar auf die EU orientiert sind und bei ihrem etwaigen Sturz weniger prowestlich ausgerichtete Kräfte an die Macht gelangen könnten, gilt die Ernennung des Landes zum Beitrittskandidaten als strategisch hilfreiche Stütze für die Regierung. In Georgien wiederum, das sich nicht wirklich negativ von der Ukraine und Moldawien abhebt, strebt die aktuelle Regierung zwar den EU-Beitritt an, ist aber, anders als Teile der Opposition, auf eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber dem Westen bedacht. Die EU-Kommission erklärt nun, das Land dürfe noch nicht zum Beitrittskandidaten erklärt werden; es müsse zunächst eine Reihe an Vorbedingungen erfüllen.[2] Die Entscheidung stärkt Georgiens offen prowestliche Opposition.


Doppelte Standards

Die flexiblen doppelten Standards der EU zeigen sich auch beim Blick auf Südosteuropa. Dort kommen die Beitrittsbestrebungen Serbiens und Montenegros, Nordmazedoniens und Albaniens sowie Bosnien-Herzegowinas und des illegal von Serbien abgespaltenen Kosovo kaum voran, obwohl der gesamten Region im Juni 2003 auf dem EU-Gipfel in Thessaloniki der EU-Beitritt klar in Aussicht gestellt worden war. 19 Jahre später schleppen sich die Beitrittsverhandlungen mit Serbien und Montenegro dahin, während Verhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien noch nicht gestartet wurden und Bosnien-Herzegowina bis heute nicht einmal zum Beitrittskandidaten erklärt worden ist; das Kosovo wird unverändert von fünf EU-Mitgliedern (Spanien, Slowakei, Rumänien, Griechenland, Zypern) aufgrund seiner völkerrechtswidrigen Sezession von Serbien nicht einmal als Staat anerkannt. Davon, dass die Bedingungen für den EU-Beitrittskandidatenstatus von Bosnien-Herzegowina in geringerem Umfang erfüllt würden als von der Ukraine oder Moldawien, kann keine Rede sein. Dennoch erklärte der Leiter der EU-Delegation für das Land, Johann Sattler, zuletzt am Dienstag, die Regierung in Sarajevo habe die Annäherung an die EU noch nicht im erforderlichen Maß vorangebracht.[3]


„Vernachlässigt und erniedrigt“

Die Benachteiligung insbesondere Bosnien-Herzegowinas gegenüber der Ukraine hat in Südosteuropa herben Unmut ausgelöst. Indem sie „der Ukraine grünes Licht gegeben“ habe, habe die EU „eine andere Region vollständig vernachlässigt und erniedrigt“, protestierte zu Wochenbeginn die einstige Ministerpräsidentin Kroatiens Jadranka Kosor.[4] Die Regierung Sloweniens hat in Aussicht gestellt, sich beim heute startenden EU-Gipfel für die sofortige Ernennung Bosnien-Herzegowinas zum Beitrittskandidaten stark zu machen. Bleibt dies aus, dann drohen neue Auseinandersetzungen: Milorad Dodik, einflussreichster Politiker der bosnischen Serben, hat angekündigt, in diesem Fall die Unterschrift unter eine Vereinbarung zurückzuziehen, in der sich kürzlich er und zahlreiche weitere führende Politiker des Landes verpflichtet haben, gemeinsam auf die EU-Mitgliedschaft hinzuarbeiten.[5] Dodik hatte zuvor Schritte vorbereitet, die geeignet waren, den Zusammenhalt Bosnien-Herzegowinas weiter zu schwächen und unter Umständen sogar eine Sezession der Republika Srpska in die Wege zu leiten.[6] Diese Schritte hat die Republika Srpska zuletzt vertagt – allerdings nur in der, freilich recht vagen, Hoffnung auf Zugeständnisse der EU beim Beitrittsprozess.


Wackelkandidat Bulgarien

Protest ruft auch hervor, dass die EU den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien unverändert verschleppt. Ursache ist, dass Bulgarien ein Veto dagegen eingelegt hat (german-foreign-policy.com berichtete [7]). Zwar erhöhen nicht zuletzt Berlin und Paris den Druck auf Sofia, sein Veto fallenzulassen; noch gestern hieß es, man hoffe auf einen bulgarischen Kurswechsel am heutigen Donnerstag. Allerdings gilt dieser Wunsch als heikel. Erst kürzlich ist Bulgariens Regierung unter anderem an der Frage zerbrochen, ob man mit Blick auf das Veto Zugeständnisse machen könne; gestern wurde Ministerpräsident Kiril Petkow per Misstrauensvotum gestürzt. Die Haltung der bulgarischen Bevölkerung in Sachen Ukraine-Krieg lässt das Land dabei als Wackelkandidat erscheinen. So sind einer aktuellen Umfrage zufolge trotz des Kriegs 30 Prozent der Bulgaren der Meinung, Russland sei der wichtigste strategische Partner ihres Landes. Nur 33 Prozent halten Russland für eine Bedrohung für Bulgarien; ebensoviele denken dies von den USA. Die Zahl derjenigen, die für den Austritt aus der EU plädieren, ist von 27 auf 33 Prozent gestiegen, während die Zahl der Anhänger eines Austritts aus der NATO von 27 auf 38 Prozent in die Höhe geschnellt ist.[8] Zuviel Druck auf Sofia verbietet sich daher aus Sicht Brüssels und Berlins.


Unverbindliche Versprechungen

Bei alledem weisen Politiker in Südosteuropa darauf hin, dass die Ukraine vom Status eines EU-Beitrittskandidaten nicht wirklich profitiert und ihre Aussichten, tatsächlich in die Union aufgenommen zu werden, nicht größer sind als diejenigen beispielsweise Nordmazedoniens oder Bosnien-Herzegowinas. Diesen beiden war, gemeinsam mit den vier anderen Nicht-EU-Ländern Südosteuropas, auf dem EU-Gipfel im Juni 2003 in Thessaloniki ähnlich viel versprochen worden wie heute Kiew. Damals hieß es: „Die EU bekräftigt, dass sie die europäische Ausrichtung der westlichen Balkanstaaten vorbehaltlos unterstützt. Die Zukunft der Balkanstaaten liegt in der Europäischen Union.“[9] Ähnliche Formulierungen sind in diesen Tagen über die Zukunft der Ukraine sowie Moldawiens zu hören, von denen es schon jetzt allerdings auch heißt, selbstverständlich hätten sie die „Kopenhagener Beitrittskriterien“ zu erfüllen, an denen etwa Serbien und Montenegro bis heute scheitern. Bleibt die erhoffte Annäherung der Ukraine an die EU jenseits unverbindlicher Versprechungen aus, ist mit schwerem Unmut auch dort zu rechnen – mit entsprechenden politischen Folgen.

 

[1] Thomas Gutschker: „Streng nach Lehrbuch“. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.06.2022.

[2] Reinhard Veser: Georgiens Schwierigkeiten mit der EU. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.06.2022.

[3] Warnings of more political instability if Bosnia fails to secure EU candidate status. intellinews.com 22.06.2022.

[4] Sebastijan R. Maček, Zoran Radosavljevic: Croatia ex-pm: By only backing Ukraine, EU humiliated Bosnia. euractiv.com 20.06.2022.

[5] Warnings of more political instability if Bosnia fails to secure EU candidate status. intellinews.com 22.06.2022.

[6] S. dazu Zurück auf Los.

[7] S. dazu Die Glaubwürdigkeit der EU.

[8] Nearly 40% of Bulgarians want out of Nato as pro-Russian propaganda strengthens. bne.eu 05.06.2022.

[9] Gipfeltreffen EU – westliche Balkanstaaten. Erklärung. Thessaloniki, 21. Juni 2003.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8956


unser Kommentar: Die Osterweiterungsabsichten von EU im Interesse der NATO, fordern einen unfairen Tribut von den ungleich behandelten Beitrittskandidaten. Die gemeinsamen Interessen einer EU-Staatengemeinschaft lassen sich aber nicht von außen diktieren und die EU büßt somit  ihren ursprünglichen Sinn ein, wenn sie die Fähigkeit verliert Kriege in Europa bzw. zwischen EU-Mitgliedern und sog. EU-Beitrittskandidaten auszuschließen.

23.06.2022

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23.06.2022

„Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“. Was passiert wirklich im Donbass?

globalresearch.ca, 21. Juni 2022, Von Christelle Néant und Dr. Leon Tressell

Ein Gespräch mit Christelle Neant von Donbass Insider über den Krieg in der Ukraine


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Ausführlicher Bericht:


Zitat: Sie sagen, dass das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist . Nie mehr war dies im aktuellen Krieg in der Ukraine der Fall. Die Mainstream-Medien im Westen sind zu Stenographen für den neuen Kalten Krieg geworden, den der amerikanische Imperialismus verfolgt.

Sie weigern sich, die massiven Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine kritisch zu prüfen und weigern sich, die vielen Kriegsverbrechen anzuerkennen, die täglich von den ukrainischen Streitkräften begangen werden. Wenn Sie wissen wollen, was wirklich im Kriegsgebiet Ostukraine vor sich geht, müssen Sie mit seriösen Journalisten sprechen, die tatsächlich im Donbass stationiert sind.


Ich habe mit der französischen Journalistin Christelle Neant gesprochen, die Mitbegründerin von Donbass Insider ist und in Donezk lebt. Sie äußert sich zu vielen der Schlüsselthemen des aktuellen Konflikts in der Ukraine.


Dr. Leon Tressell : Können Sie Ihre Motive für die Gründung von Donbass-Insidern erläutern ? Wie lange berichten Sie schon über den Krieg im Donbass? 

Christelle Neant:  Ich habe sechs Jahre lang über den Donbass-Krieg berichtet. Donbass Insider wurde gegründet, um eine unabhängige Plattform zur Veröffentlichung von Artikeln über die Situation im Donbass, in der Ukraine, in Russland und in einigen verwandten Ländern wie Syrien oder Weißrussland anzubieten. Hier können mehrere Journalisten, Autoren und Freiwillige ihre Berichte, Artikel oder Recherchen veröffentlichen. Die Motive waren, die Tatsachen aufzuzeigen, die die Mainstream-Medien über den Donbass-Krieg verbergen, damit die Menschen im Westen die wahre Situation und deren Ursprünge besser verstehen.


Copyright Christelle Neant, mit Genehmigung zur Verwendung des Fotos


DLT:Ich habe mich kürzlich mit Amnesty International über die Entführung von Mikhail und Aleksander Kononovich, die führende Mitglieder der verbotenen Leninistischen Kommunistischen Jugendunion sind, durch die ukrainischen Sicherheitsdienste in Verbindung gesetzt. Im darauffolgenden E-Mail-Austausch verurteilten die Vertreter von Amnesty International scharf die Invasion Russlands in der Ukraine und die vielen „Kriegsverbrechen“, die es in der Ukraine begangen haben soll. Lassen Sie mich klarstellen, dass ich Angriffe auf Zivilisten durch Militäreinheiten Russlands oder der Ukraine verurteile. Allerdings hat der Amnesty-Vertreter die Kriegsverbrechen nicht anerkannt, die von aufeinanderfolgenden ukrainischen Regierungen begangen wurden, die für den Artilleriebeschuss ziviler Siedlungen in Donezk und Lugansk in den letzten 8 Jahren verantwortlich sind. Dies ist ein Thema, das die westlichen Medien und politischen Eliten nicht anerkennen wollen, stattdessen prangern sie die russische Aggression in der Ukraine seit Ende Februar dieses Jahres hysterisch an. In den letzten Wochen hat die ukrainische Armee ihren Beschuss von Donezk intensiviert, wobei sie häufig vom Westen gelieferte Waffen einsetzte, was zu vielen zivilen Todesopfern führte. Warum, glauben Sie, verstärkt die Ukraine den Beschuss von Zivilisten in Donezk ? Können Sie uns von Ihren eigenen Erfahrungen aus erster Hand mit dem ukrainischen Beschuss von Zivilisten im Donbass erzählen?

CN: Ich denke, die Ukraine verstärkt aus mehreren Gründen den Beschuss von Zivilisten in Donezk, aber auch in Gorlovka, Yasinovataya und Stakhanov (in LPR):


Die Zukunft der Ukraine

1) Sie haben das Gefühl, dass sie an Boden verlieren, und sie verstehen, dass sich die Front bewegen wird, was sie daran hindert, solche Terrorbeschüsse fortzusetzen. Und sie haben eine Mentalität von „Wenn wir es nicht zurückerobern können, wird es niemand haben“. Also beschießen sie, solange sie noch können, um zu zerstören, was sie nicht zurückerobern können.

2) Sie wissen, dass Russland für den Wiederaufbau der während des Krieges zerstörten Infrastrukturen und Wohnungen bezahlen wird, je mehr sie also zerstören, desto größer wird die finanzielle Belastung für Russland.

3) Sie wollen die Bevölkerung terrorisieren, sie dazu drängen, die Behörden aufzufordern, Einheiten zurückzunehmen, die sich auf anderen Teilen der Front befinden, um sie vor Beschuss zu schützen. Ziel ist es, Einheiten, die sich derzeit weiter nördlich in Severodonetsk und in der Nähe von Slavyansk befinden, abzulenken und so den Vormarsch der russischen Armee und der DVR-LPR-Milizen zu verlangsamen.

DLT: Westliche Narrative über den aktuellen Krieg in der Ukraine beinhalten die Behauptung, die Ukraine sei eine Demokratie, die vom russischen Imperialismus angegriffen wird. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Erzählung, die darauf abzielt, die Ukraine für das westliche Publikum schmackhafter zu machen, besteht darin, die Rolle neonazistischer Militärformationen im aktuellen Konflikt von vornherein abzutun.

In einer kürzlich an mich gerichteten E-Mail erklärte ein Vertreter von Amnesty International, dass Mitglieder von Neonazi-Bataillonen aus der Anfangszeit des Bürgerkriegs aufgelöst und mit der regulären ukrainischen Armee zusammengelegt wurden und dass einige von ihnen für ihre Verbrechen bestraft wurden.

Der Vertreter fuhr fort, dass die Versuche der russischen Propaganda, diese Gruppen als „schurkische, irreguläre Kräfte auf der Grundlage extremer Ideologien darzustellen, die außerhalb der offiziellen Befehls- und Kontrollketten handeln und schwere Menschenrechtsverletzungen begehen“, nur ein Teil der Fehlinformation und Desinformation Moskaus seien Kampagne zur Ukraine.

Der Amnesty-Vertreter wies auch russische Erzählungen zurück, die implizieren, „dass sie Paramilitärs außerhalb der offiziellen Befehls- und Kontrollketten bleiben, dass sie faschistische/nazistische/extremistische Ideologien vertreten, die russischsprachige Bevölkerung in der Ost- und Südukraine terrorisieren und für sie volle Straffreiheit genießen Verbrechen unter direktem Schutz der ukrainischen Behörden.“ Dieser Vertreter von Amnesty schloss seine Bemerkungen zu diesem Thema mit der Behauptung ab, dass Russland „ukrainische Nazis“ für seine „zahlreichen offensichtlichen Kriegsverbrechen“ verantwortlich mache eine genaue Darstellung der Rolle, die Neonazi-Militärverbände im aktuellen Konflikt spielen?

CN: Was dieser Amnesty-Vertreter sagt, ist eine reine Lüge. Die Kriegsverbrechen des Asow-Regiments – allein – in Mariupol wurden durch Hunderte von öffentlichen Aussagen von Zivilisten gegenüber Russen, aber auch unabhängigen Medien bewiesen . Dieses Regiment ist Teil der Nationalgarde der Ukraine, die dem Innenministerium untersteht!

Diese Einheiten stehen nicht außerhalb der offiziellen Befehlskette, sie befinden sich darin! Sogar auf höchster Ebene, als Dmitro Yarosh, ein Neonazi, Gründer eines dieser Neonazi-Bataillone, zum Berater des Oberbefehlshabers der ukrainischen Armee befördert wurde! Und Russland behauptet nicht, dass diese Gruppen nicht in der Befehlskette sind.

Abgesehen von einigen Kommandeuren des Tornado-Bataillons, die verurteilt wurden, weil ihre Verbrechen zu schrecklich waren, um sie zu verbergen, sind alle anderen Neonazis-Verbrecher in der Ukraine frei. Sogar diejenigen, die am 2. Mai 2014 Menschen in Odessa getötet haben. Außerdem befreite Zelensky dieses Jahr die verurteilten Kommandeure des Tornados, um sie in den Kampf gegen die russische Armee zu schicken!

Mein Kollege Laurent Brayard, der diese Neonazi-Bataillone untersucht, hat gerade entdeckt, dass es mehr als 40 dieser Neonazi-Bataillone in der Ukraine gibt! Diese Leute sind echte Neonazis und Faschisten. Sie verwenden Nazi-Symbole, nehmen ihre Ideologie von Stepan Bandera, einem Kollaborateur der Nazis und einem echten Antisemiten! Und sie verbergen ihre Russophobie nicht und rufen dazu auf, alles Russische zu zerstören. 

DLT: Die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten haben Waffen im Wert von Milliarden Dollar geschickt, um die ukrainischen Streitkräfte zu unterstützen. Die westlichen Medien stellen diese Waffenlieferungen als wesentliche Hilfe dar, um der Ukraine zu helfen, sich gegen die russische Militäraggression zu verteidigen. Im Laufe der letzten drei Monate bin ich auf Quellen gestoßen, die behaupten, dass die Ukraine die Waffen, die aus dem Westen geliefert wurden, nicht verwendet, um tatsächlich gegen die russischen Streitkräfte zu kämpfen. Einige dieser Quellen behaupten, dass die Ukraine die ihr zur Verfügung gestellten schweren Waffen einsetzt, um zivile Siedlungen im Donbass anzugreifen. Außerdem bin ich auf zahlreiche Behauptungen gestoßen, dass vom Westen gelieferte Waffen von korrupten ukrainischen Beamten im Darknet verkauft werden. Gibt es Ihrer Meinung nach irgendwelche Beweise, um diese Behauptungen bezüglich des Einsatzes westlich gelieferter Waffen durch die Ukraine zu untermauern? 

CN: Ja, es gibt viele Ankündigungen im Darknet, westliche Waffen zu verkaufen, die in die Ukraine geschickt wurden. Screenshots von vielen von ihnen kursieren im Internet. Was den Einsatz westlicher Waffen durch die ukrainische Armee gegen Zivilisten anbelangt, wird dies durch die Tatsache bewiesen, dass einige 155-mm-Granaten, die ukrainische Soldaten auf Donezk abgefeuert haben, intakt gefunden wurden, oder dass große Teile mit der Markierung gefunden wurden, die eindeutig darauf hinweist, dass es sich um 155-mm-Granaten handelt . Dieses Kaliber ist typisch für die NATO und wird in der russischen Armee nicht verwendet. Die neusten sind sogar französisch ! LU-211-Granaten, abgefeuert von Caesar-Kanonen, die von Paris nach Kiew geliefert wurden . Und diese Granaten wurden auf rein zivile Gebiete abgefeuert und töteten unschuldige Zivilisten im Donbass.

DLT: Die jüngste Zunahme des Artilleriebeschusses von Donezk verursacht viel Tod und Zerstörung. Welche Maßnahmen haben die DVR-Behörden ergriffen, um Zivilisten zu schützen? Wie gehen normale Menschen mit dieser Zunahme von Angriffen um? 

CN: Die Luftverteidigung wurde ebenso wie die Gegenbatterieartillerie verstärkt, wodurch die Länge solcher Granaten gegen Zivilisten verringert wurde. Normale Menschen sind seit acht Jahren an Beschuss gewöhnt, also leben die meisten von ihnen einfach ihr Leben normal, andere bleiben so viel wie möglich zu Hause. 

DLT: Es scheint, dass sich die meisten politischen Parteien der Linken im Westen weigern, das Leid der Zivilbevölkerung in Donezk und Lugansk anzuerkennen, und sich lediglich darauf konzentrieren, Russland wegen seiner angeblichen Kriegsverbrechen zu kritisieren. Nehmen Sie zum Beispiel Deutschland, wo sogenannte „linke“ Gruppen wie die Grünen/SPD Sanktionen und Waffenlieferungen zur Bewaffnung der Ukraine uneingeschränkt unterstützen. Warum denken Sie, dass das so ist?

CN: Die Verteidigungspolitik der EU-Staaten wird von der NATO bestimmt. Ich denke, das reicht aus, um zu erklären, warum die meisten Parteien (links oder rechts) der EU-Länder die US-NATO-Politik unterstützen. Diese Parteien sind für die EU, also auch für die Nato-Politik. 

DLT: Der gegenwärtige Krieg verursacht sowohl ukrainisch als auch russischsprachigen Zivilisten großes Leid. Ich hoffe, es führt nicht zu anhaltenden Feindseligkeiten zwischen diesen beiden Völkern, die eine lange gemeinsame Geschichte haben. Sehen Sie Hoffnung für die Zukunft, dass die einfachen Menschen beider Länder friedlich zusammenleben können? 

CN: Ich denke, diese Hoffnung wird von Entscheidungen bestimmt, die in Washington getroffen werden. Sie sind diejenigen, die diese beiden Menschen künstlich gegeneinander gedrängt haben, indem sie diese rechtsextremen Bewegungen in der Ukraine unterstützt und finanziert haben. Wie die Russen sagen, die Hoffnung stirbt zuletzt, aber da bin ich nicht wirklich optimistisch. 

Wenn Sie den Journalisten von Donbass Insider helfen möchten, ihr Auto zu ersetzen, das durch den Beschuss der ukrainischen Armee zerstört wurde, dann klicken Sie auf diesen Link.


Die ursprüngliche Quelle dieses Artikels ist Global Research

Copyright © Christelle Néant und Dr. Leon Tressell , Global Research, 2022


Info: https://www.globalresearch.ca/having-courage-tell-truth-conversation-christelle-neant-donbass-insider-war-ukraine/5784027


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.06.2022

Kassel Hetzkampagne gegen kritische Kunst auf der documenta 15

rf-news.de, 22.06.2022,  18:00 Uhr, Korrespondenz / pw

Schon seit Monaten läuft eine Schmutzkampagne gegen kritische Kunstansätze auf der documenta 15 in Kassel. Ohne jeden Beleg wurde von "antideutscher" Seite unterstellt, es drohten schlimmste antisemitische Exzesse. Mittlerweile wird von "Bild", AfD und "Antideutschen" eine geifernde Hetze betrieben: Die AfD will die documenta verbieten, die "Bild" fordert den Rücktritt von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).


Hetzkampagne gegen kritische Kunst auf der documenta 15

Eine Methode dabei ist, jedwede pointierte Kritik an der zionistischen Politik des imperialistischen Israel als "Antisemitismus" zu verunglimpfen.

 

Mittlerweile wurde eine große Plakatwand der indonesischen Protest- und Künstlergruppe Taring Padi offiziell abgehängt. Sie symbolisiert den antikolonialen Kampf gegen die verschiedensten Ausbeuter und Unterdrücker. Selbst die meisten bürgerlichen documenta-Freunde bezeichnen es pauschal als "antisemitisch".


Fast nirgends kommen sie selbst zu Wort. Sie erklärten nämlich:

„Die Banner-Installation People’s Justice (2002) ist Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt. Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik, z. B. für die korrupte Verwaltung, die militärischen Generäle und ihre Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren. (...)

(rf-foto)

Die Instalation People's Justice wird entfernt


Taring Padi ist ein progressives Kollektiv, das sich für die Unterstützung und den Respekt von Vielfalt einsetzt. Unsere Arbeiten enthalten keine Inhalte, die darauf abzielen, irgendwelche Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen. Die Figuren, Zeichen, Karikaturen und andere visuellen Vokabeln in den Werken sind kulturspezifisch auf unsere eigenen Erfahrungen bezogen.
Die Ausstellung von People’s Justice auf dem Friedrichsplatz ist die erste Präsentation des Banners in einem europäischen und deutschen Kontext. Sie steht in keiner Weise mit Antisemitismus in Verbindung. Wir sind traurig darüber, dass Details dieses Banners anders verstanden werden, als ihr ursprünglicher Zweck. Wir entschuldigen uns für die in diesem Zusammenhang entstandenen Verletzungen. (...) Wir hoffen, dass dieses Denkmal nun der Ausgangspunkt für einen neuen Dialog sein kann“.

 

Von "Dialog" aber kaum eine Spur! Dabei wies einer der Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten ( VVN-BdA), Ulrich Schneider (Kassel) darauf hin:


  1. "Ich bin Historiker und einer der Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, einer deutschen Organisation, die im Sinne des politischen Vermächtnisses der Überlebenden der Konzentrationslager und Haftstätten seit über 75 Jahren gegen jegliche Form faschistischer Ideologie, gegen Rassismus und damit auch Antisemitismus öffentlich auftritt. Man kann also sicher sein, dass ich mich in keinen Zusammenhang mit Antisemiten begeben würde.
  2. Die gegen das Künstlerkollektiv erhobenen 'Antisemitismus'-Vorwürfe entbehren m. E. jeglicher Grundlage. Sie beruhen auf einer bewussten Fehlinterpretation und einer selektiven Wahrnehmung, die nicht vom Faktischen ausgeht, sondern von den Bildern im Kopf der Kritisierenden.
    Wenn man das inkriminierte Bild betrachtet, kann mitnichten von einer 'antisemitischen Bildersprache' die Rede sein: Die kritisch hervorgehobene Figur mit Schweinegesicht und einem Helm, auf dem die Buchstaben Mossad zu lesen sind, ist Teil einer gleich gezeichneten ungefähr zwölf Personen umfassenden Gruppe, die eindeutig als ausführende Unterdrückungsorgane von Staaten zu erkennen sind. Niemand hat kritisiert, dass auf anderen Helmen die Kürzel '007' (als Synonym für den britischen Geheimdienst), 'KGB' (als Synonym für den belorussischen Geheimdienst) und – scheinbar – 'CIA' (als synonym für den amerikanischen Geheimdienst) zu lesen sind. Die Aufschrift 'Mossad' für den israelischen Geheimdienst soll nun aber eine „antisemitische Bildersprache“ sein.
  3. Damit zeigen diese Behauptungen deutlich, dass mit diesem Vorwurf pauschal jegliche Kritik an einer Institution des Staates Israel, die für die Durchsetzung staatlicher Interessen auch nichtgesetzeskonforme Maßnahmen einsetzt, als 'Antisemitismus' denunziert werden soll."

 

Die Darstellung einer raffgierigen, wölfischen Person mit einem SS-Symbol am Hut kann sicherlich antisemtisch gedeutet werden bzw. Antisemitismus transportieren und auch in der bürgerlichen Gesellschaft Indonesiens gibt es seit der Kolonialzeit antisemitische Einflüsse. Zu diesem Bildausschnitt heißt es in einer Korrespondenz aus Kassel: "Tatsächlich muss ein solches Bild von einem Juden in Deutschland als antisemitisch empfunden werden und wir distanzieren uns von einer solchen Bildsprache. Nur ist es vollkommen unverhältnismäßig, dieses eine misslungene Teil eines Bilds der ganzen documenta zum Vorwurf zu machen. Damit soll deren kritischer Ansatz insgesamt in Misskredit gebracht werden. Der Vorwurf trifft noch nicht einmal auf das kritisierte Bild insgesamt zu. In Form von Schweinen mit Soldatenhelmen wird auf dem Bild v. a. die weltweite imperialistische Unterdrückung der Befreiungsbewegungen angegriffen, wofür die Unterdrückung der Palästinenser als ein Teil steht."

 

Die widerliche und offenkundige antisemtische Hetzdarstellung einer angeblichen "Judensau" an der Kirche in Wittenberg - sie kann hängen bleiben, sogar mit Segen des Bundesgerichtshofs. Klar, hier hielt ja Martin Luther seine antisemtischen Hetzpredigten! Hier wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen.

 

In der Korrespondenz heißt es weiter "Der documenta wird 'Hass' vorgeworfen und politische Zensur wird verlangt. Natürlich sind wir solidarisch mit den Opfern des Antisemitismus. Aber wer spricht in der bürgerlichen Presse von den Opfern des Zionismus oder der CIA? Wer spricht noch von den Zielen der Künstler der documenta? Die documenta tut gut daran, eine offene Debatte über die Antisemitismus-Vorwürfe und ihren Missbrauch zu führen. Kommt nach Kassel und macht euch selbst ein Bild!"


Info: https://www.rf-news.de/2022/kw25/hetzkampagne-gegen-kritische-kunst-auf-der-documenta-15

23.06.2022

Früher Infokrieg: Unternehmen Barbarossa

heise.de, vom 22. Juni 2022,


Heute vor 81 Jahren setzte Deutschland den Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion in Bewegung – Politik, Militärs, Medien und Wissenschaftsbetrieb bevorzugten ideologische "Expertisen" ohne Wirklichkeitsgehalt.


Zitat: Adolf Hitler hatte bereits in seinem Buch "Mein Kampf" einen "Germanenzug" hin zum "Land im Osten" angekündigt und wandelte in den Fußstapfen der wilhelminischen "Ostlandreiter". Den deutschen Generälen kündigte er am 3. Februar 1933 vertraulich einen zukünftigen Kampf um "Lebensraum im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung" an.


Die ökonomische Seite des Unternehmens trat wenige Jahre später besonders deutlich in seiner Rede vor der Deutschen Arbeitsfront hervor: "Wenn der Ural mit seinen unermesslichen Rohstoffschätzen, Sibirien mit seinen reichen Wäldern und die Ukraine mit ihren unermesslichen Getreideflächen in Deutschland lägen, würde dies unter nationalsozialistischer Führung im Überfluss schwimmen." Mehr als genug Reichtum also für jeden Deutschen …


Am 22. Juni 1941 setzte die deutsche Regierung drei Millionen Soldaten, eine halbe Million Pferde, 600.000 Kraftfahrzeuge und 3350 gepanzerte Fahrzeuge zwecks Überfall der Sowjetunion in Bewegung. Auf Seiten der UdSSR mussten etwa 27 Millionen Menschen infolge dieses Lebensraum-, Ressourcen- und Rassenkrieges ihr Leben lassen.


Der Wehrmacht waren schon Monate zuvor jene "Verbrecherbefehle" bekannt, aus denen klar hervorging, dass ihr Vernichtungsfeldzug gen Osten mit dem Vorsatz verbunden war, den größten Völkermord der gesamten Geschichte ins Werk zu setzen.


Telepolis-Artikel zum deutschen Vernichtungskrieg im Osten:


"Germanen versus Slawen". Der größte Genozid der Geschichte: "Antislawismus" als Völkermord-Ideologie hinter dem deutschen Vernichtungskrieg im Osten.


Soweit die Hirne tragen. "Unternehmen Barbarossa": Der Vernichtungskrieg gegen die UdSSR. Schlüsselereignis und Anfang einer Geschichte, die bis heute nicht zu Ende ist.


Deutschlands Wilder Westen: Die Historiker und das Unfassbare. "Unternehmen Barbarossa" - Der deutsche Vernichtungskrieg gegen Russland (Teil 2)


Die späteren Mordopferzahlen wurden im Frühjahr 1941 schon durchaus realitätsnah berechnet. Himmler hatte bereits im Januar proklamiert, 30 Millionen Menschen hätten im Osten zu verschwinden.


Ansonsten zogen die deutschen Kriegsakteure vor allem "Expertisen" von ideologischen Dienstleistern zu Rate, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun hatten.


Der von Hans-Erik Volkmann herausgegebene Sammelband "Das Russlandbild im Dritten Reich" (1994) beleuchtet ein weites Feld von geschichtspolitischen Legenden, "völkerpsychologischem" Geschwätz, militärstrategischen Wunschphantasien und nationalpolitisch konformen Voten von Scharlatanen oder Opportunisten, die sich als "Russlandkenner" ausgaben.


Wissenschaftliche Standards und ein kritisches Bewusstsein im Gefolge der Aufklärung standen nicht hoch in Kurs. Demut bezüglich der Grenzen des eigenen Wissens auch nicht. Als "wahr" galt, was der Nation bzw. dem Regime bzw. dem eigenen Lager von Nutzen sein konnte.


Über die ab 1933 umgestellten Schulbuch-Inhalte hatte man bereits einen beträchtlichen Teil der im Osten als "Menschenmaterial" eingesetzten jungen Soldaten richtig gepolt bzw. mit der richtigen Sehbrille versehen. Die Medien berichteten, was "Führer" und Volk gerne hörten. Wenn es die jeweilige Lage erforderte, scheute man auch vor einander widersprechenden Botschaften über den "tönernen Koloss Russland" (harmlos) bzw. die "jüdisch-bolschewistische Bestie" (gefährlich) nicht zurück.


Das alles funktionierte bis zur "Schlacht von Stalingrad" ganz gut. Die entsprechenden filmischen Öffentlichkeitsstrategien der deutschen Wochenschau sind in einer Arbeit dokumentiert. Das Publikum sah auf der Leinwand in gut durchdachten Film-Collagen die ferne Welt da draußen, "wie sie wirklich ist".


Die zahllosen Schreiber glaubten am Ende selbst, was sie in einer langen Kette von Kopiervorgängen von anderen abschrieben: Deutschland rettete im Zuge eines ganz uneigenützigen Kreuzzuges die Welt vor dem Bösen. Der gemeine Mann hatte sich mit eigenen Augen in der Wochenschau davon überzeugen können, dass die Regierung aus guten Gründen zum totalen Krieg mobilisierte.


Menschen glauben gerne: dass Politiker sich von unabhängigen Wissenschaftlern beraten lassen, selbst etwas von der Welt verstehen und ehrenwerte Ziele verfolgen; dass Militärs ihre Planungen und Prognosen nur auf der Basis von geprüften Fakten verfertigen; dass Annahmen, die fast jedermann im Lande teilt, nicht falsch sein können; dass ein Teufel, der auf alle Plakatwände gemalt ist, wirklich der Urheber von allem Leid auf der Welt sein muss…


Am Ende, wenn es zu spät ist, will jeder es anders gewusst haben.


Literaturhinweise

Hans-Erich Volkmann (Hg.), Das Russlandbild im Dritten Reich. 2, unveränderte Auflage. Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 1994.

Bianka Pietrow-Ennker: Die Sowjetunion in der Propaganda des Dritten Reiches. Das Beispiel der Wochenschau. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 46 (1989), S. 79-120.


Digital-Ressource

Und hier.


Info: https://www.heise.de/tp/features/Frueher-Infokrieg-Unternehmen-Barbarossa-7147746.html


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

22.06.2022

Willy Wimmer: Warum negiert oder verteidigt der Westen „Asov“ , den rechten Sektor und die Waffen-SS-Aufmärsche in den baltischen Staaten?

seniora.org, vom 21. 06. 2022, Von Willy Wimmer

Rußland soll das Recht genommen werden, die russische Politik auch an den historischen Gegebenheiten und Erkenntnissen auszurichten und Konsequenzen zu ziehen.


Die Führungsspitze der CIA sagte mir 1988, daß die gesamte sowjetische Militärpolitik in Europa der Schutz von Mütterchen Rußland, nach den Konsequenzen aus den Handlungen von Napoleon und Hitler sei.


Das soll heute nicht mehr gelten, weil es Amerika selbst ist, das den dritten Stoß gegen Rußland führen will. Dafür sind die „Verbündeten im Geiste“ von „Herrn Hitler“ gerade recht, sind sie doch unübertroffen im Hass auf alles, was Rußland ausmacht.


Waffen SS poster farbig

Ideologisch gedrillt: Von den drei Millionen Soldaten, die sich 1941 zum Angriff auf die Sowjetunion vorbereiteten, stellte die Waffen-SS gerade 100.000. Sie fühlten sich als „Nazi-Aristokratie“. Welt


Gerade am Vorabend des 22. Juni 1941 und damit des Angriffs des Deutschen Reiches auf die damalige Sowjetunion, bedient man sich dieser Kräfte, um endlich sein Ziel erreichen zu können, auf das man seit gut 150 Jahren in unterschiedlicher Intensität hingearbeitet hat: Den Untergang und die Zersplitterung Rußlands und die Kolonisierung Europas.


Info: https://seniora.org/politik-wirtschaft/deutschland/willy-wimmer-warum-negiert-oder-verteidigt-der-westen-asov-den-rechten-sektor-und-die-waffen-ss-aufmaersche-in-den-baltischen-staaten


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22.06.2022

Dokumentiert. Auszüge der Rede des russischen Präsidenten am 23. Februar zur Begründung des »Ukraine-Einsatzes«

jungewelt.de, 25.02.2022,

Im folgenden dokumentiert jW Auszüge aus Wladimir Putins Fernsehansprache, veröffentlicht nach dem Wortlaut auf der Webseite des Kreml:


Zitat: Es ist wohlbekannt, dass wir uns über 30 Jahre hin standhaft und geduldig bemüht haben, mit den führenden Staaten der NATO zu Übereinkünften über die Prinzipien einer gleichen und unteilbaren Sicherheit in Europa zu kommen. Als Antwort auf alle unsere Vorschläge haben wir entweder nur zynische Lügen und Betrugsmanöver erhalten, oder Versuche, uns zu erpressen und Druck auszuüben. Derweilen hat sich die Nordatlantische Allianz trotz aller unserer Proteste und Besorgnisse ohne Unterlass ausgeweitet.


Warum das alles? Woher diese unverschämte Art, mit uns aus einer Position der eigenen Exklusivität, Unfehlbarkeit und des Gefühls, sich alles leisten zu dürfen, zu sprechen? Woher der verächtliche und geringschätzige Umgang mit unseren Interessen und absolut legitimen Forderungen?


Die Antwort ist klar: Die Sowjetunion wurde Ende de...


- ab hier Bezahlschranke -


Info: https://www.jungewelt.de/artikel/421512.tv-ansprache-dokumentiert-ausz%C3%BCge-der-rede-des-russischen-pr%C3%A4sidenten-am-23-februar-zur-begr%C3%BCndung-des-ukraine-einsatzes.html



aus e-mail von Doris Pumphrey:

In seiner Rede am 23. Februar

<https://www.jungewelt.de/artikel/421512.tv-ansprache-dokumentiert-ausz%C3%BCge-der-rede-des-russischen-pr%C3%A4sidenten-am-23-februar-zur-begr%C3%BCndung-des-ukraine-einsatzes.html>,

erinnerte Russlands Präsident Putin noch einmal daran, dass die USA und

die NATO alle Bemühungen Russlands für eine friedliche Lösung des

Konflikts in der Ukraine und für eine Verständigung über die

Nichterweiterung der NATO und Prinzipien der Sicherheitsordnung in

Europa ignoriert hatten.


Putin fragte:

„/Und was sollen wir jetzt machen? Worauf noch warten? Wir erinnern uns

gut, wie 1940 und Anfang 1941 die Sowjetunion auf jede Weise bestrebt

war, den Beginn des Krieges zu verhindern oder wenigstens

hinauszuzögern. Bis zum letzten Moment haben wir versucht, den

potentiellen Aggressor nicht zu provozieren. Deshalb haben wir sogar die

allernötigsten und auf der Hand liegenden Verteidigungsmaßnahmen

unterlassen oder viel zu spät eingeleitet. Ein zweites Mal werden wir

diesen Fehler nicht begehen, wir dürfen es nicht tun.“


--------------------------------------/

Der Angriffskrieg Nazideutschlands gegen die Sowjetunion, der 27

Millionen Tote und verbrannte Erde hinterließ, sollte der „Vernichtung

der Lebenskraft Russlands“ dienen, wie Adolf Hitler es formuliert hatte.


Heute will die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock „Russland

ruinieren“ durch endlose Wirtschaftssanktionen und sie warnt vor einer

„Kriegsmüdigkeit“ im erhofften Endkampf gegen Russland.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

22.06.2022

Die türkische SeidenstraßeIn Berlin ist eine Kooperation mit der Türkei beim Ausbau eines Verkehrskorridors nach Zentralasien im Gespräch. Pantürkische Nationalisten haben „Groß-Turkestan“ im Visier.

german-foreign-policy.com, 22. Juni 2022

ANKARA/BERLIN (Eigener Bericht) – Berlin nimmt die Zusammenarbeit mit der Türkei bei der Erschließung eines strategisch bedeutenden Verkehrskorridors nach Zentralasien in den Blick. Im Zentrum stehen türkische Pläne, einen „Mittleren Korridor“ durch das Kaspische Becken bis nach China auszubauen; er soll zwischen dem nördlichen sowie dem südlichen Landstrang der Neuen Seidenstraße verlaufen und damit russisches wie auch iranisches Territorium vermeiden. Möglichkeiten, den „Mittleren Korridor“ gemeinsam zu nutzen, wurden im Mai bei einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung diskutiert. Ankara knüpft mit den Plänen an seine Zusammenarbeit mit den Ländern Zentralasiens an, die es bereits seit den 1990er Jahren intensiviert; dabei stützt es sich insbesondere auf eine enge Kooperation mit den turksprachigen Ländern der Region. Sein Einfluss dort nimmt zu; während in Zentralasien immer öfter von „Turkestan“ als Großregion die Rede ist, nehmen pantürkische Nationalisten ein „Groß-Turkestan“ von der Ägäis bis nach Westchina ins Visier. Die EU, die in der Region künftig mit Ankara kooperieren könnte, ist mit eigenen Plänen, Verkehrskorridore nach Zentralasien auszubauen, gescheitert.


Zitat: Einflusszone in Zentralasien

Erste praktische Bestrebungen, sich eine Einflusszone in Zentralasien zu sichern, entfaltete die Türkei Anfang der 1990er Jahre, als die Sowjetunion zerfiel. Hintergrund war, dass in vier der fünf neuen Staaten der Region (Kasachstan, Kirgisistan, Turkmenistan, Usbekistan) jeweils eine Turksprache als offizielle Landessprache dominiert. Dies eröffnete einerseits Chancen, pantürkische Kräfte in der Türkei zu mobilisieren; andererseits erleichterte es aber auch Formen kultureller Einflussnahme. So sind zum Beispiel türkische Fernsehsender in Zentralasien präsent, während größere Teile der dortigen Nachwuchseliten zu ihrem Studium in die Türkei ziehen, oft begünstigt durch türkische Stipendien. Die Türkei war der erste Staat, der alle fünf zentralasiatischen Republiken offiziell anerkannte; bis 1993 hatte Ankara bereits mehr als 140 Abkommen vor allem wirtschaftlichen, kulturellen sowie politischen Inhalts mit ihnen geschlossen.[1] Um ihre Unterstützungsmaßnahmen in ihren neuen Partnerländern zu koordinieren, gründete die türkische Regierung im Jahr 1992 die Entwicklungsagentur TİKA (Türk İşbirliği ve Koordinasyon İdaresi Başkanlığı, Turkish Cooperation and Coordination Agency), die ihren Aktionsradius später ausweitete. Heute ist sie im Auftrag der türkischen Entwicklungspolitik weltweit tätig.


Die „Gemeinschaft der Turkvölker“

Ankara hat dabei von Anfang an auch auf pantürkisch grundierte Staatenverbünde gesetzt, die offiziell lediglich turksprachige Länder zusammenbinden, aus der Perspektive pantürkisch orientierter Nationalisten aber ein „Groß-Turkestan“ erkennen lassen, das von der Ägäis über den Südkaukasus – vor allem Aserbaidschan – sowie die turksprachigen Länder Zentralasiens bis nach Westchina (Xinjiang) reicht. 1992 hielt die Türkei ihren ersten Gipfel turksprachiger Staaten ab, auf dem die Absicht mitgeteilt wurde, eine „Gemeinschaft der Turkvölker“ zu bilden.[2] Im Oktober 2009 gründeten die Türkei, Aserbaidschan, Kasachstan und Kirgisistan den Turkic Council, der im November 2021 in Organizsation of Turkic States umbenannt wurde. Ihr gehört neben den vier Gründerstaaten inzwischen auch Usbekistan an. Als Beobachter sind zudem Turkmenistan und Ungarn registriert. Beobachterstatus beantragt hat, da die Krimtataren gleichfalls eine Turksprache sprechen, die Ukraine. Bereits der Turkic Council hat etwa die türkische Invasion in Nordsyrien im Jahr 2018 offiziell mit einer Erklärung unterstützt. Die Organization of Turkic States wiederum einigte sich im November 2021 auf eine „Turkish World 2040 Vision“, an der sie ihre gemeinsame Politik ausrichten will.[3]


„Turkestan“

Blieben die Einflussbemühungen der Türkei in Zentralasien in den 1990er Jahren noch relativ erfolglos, so gewannen sie in den 2000er Jahren – parallel zum wirtschaftlichen Erstarken der Türkei [4] – an Schwung. Zwar besitzt immer noch Russland den stärksten politischen und militärischen Einfluss in der Region, während China Zentralasiens größter Handelspartner ist. Dennoch ist das türkische Handelsvolumen mit den fünf zentralasiatischen Ländern in den vergangenen 15 Jahren erheblich gestiegen und lag 2020 trotz der Coronakrise bei 6,2 Milliarden US-Dollar; das ist, sieht man von Erdöllieferungen aus Kasachstan ab, mehr als das Handelsvolumen Zentralasiens mit Deutschland. In Kasachstan ist die Türkei jenseits der Energiebranche schon zum viertgrößten Investor aufgestiegen. Während Experten urteilen, mittlerweile sei „ein übergeordnetes supranationales Bewusstsein im Entstehen“ – heute werde auf die Region immer öfter mit dem Begriff „Turkestan“ Bezug genommen [5] –, wird in den dortigen Ländern zunehmend auch eine enge Rüstungs- und Militärkooperation mit der Türkei angestrebt. Begehrt sind dabei vor allem türkische Drohnen, die Aserbaidschan im Krieg gegen Armenien zum Sieg verholfen haben [6]; auch nimmt die Zahl gemeinsamer Manöver und militärischer Ausbildungsprogramme zu [7].


Der Mittlere Korridor

Um die erstarkenden Beziehungen nach Zentralasien zu fördern, strebt Ankara seit geraumer Zeit den Ausbau eines Verkehrskorridors in die Region an. Dieser soll zwischen Iran und Russland hindurch zum Kaspischen Meer führen, dieses überqueren und schließlich bis nach China reichen. Im Grundsatz dockt das Vorhaben an die chinesische Neue Seidenstraße an, die einen Ausbau der Verkehrskorridore aus der Volksrepublik in Richtung Westen anstrebt. Weil ein wichtiger Korridor der Neuen Seidenstraße nördlich über Russland, ein anderer südlich über Iran führt, wird die von Ankara anvisierte dazwischenliegende Route „Mittlerer Korridor“ genannt. Seit Aserbaidschans – mit massiver türkischer Hilfe erkämpftem – Sieg über Armenien im Krieg vom Herbst 2020 hat die Türkei Chancen, den „Mittleren Korridor“ zu realisieren: Er würde von der Türkei über die angrenzende aserbaischanische Exklave Nachitschewan und den „Zangesur-Korridor“ ins aserbaidschanische Kernland, von dort aus weiter über das Kaspische Meer nach Kasachstan oder Turkmenistan führen. Der „Zangesur-Korridor“ ist ein schmaler Landstreifen auf armenischem Territorium, den für den Transitverkehr zu öffnen Armenien nach der Kriegsniederlage gegen Aserbaidschan zusagen musste. Allerdings dauert der Streit um den Korridor bis heute an.


Dreieckskooperation

Auf Chancen, die der geplante Ausbau des „Mittleren Korridors“ auch Deutschland und der EU bietet, hat kürzlich eine Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) hingewiesen. Eine „Dreieckskooperation zwischen den Staaten Zentralasiens, der Türkei und Europa“ eröffne Vorteile, hieß es anschließend; zentrale Bedeutung habe dabei die Herausbildung eines neuen Verkehrskorridors nach China, der es ermögliche, Russland zu umgehen. Die Verbindung über Russland war für die deutsche Industrie bisher die mit Abstand wichtigste Landroute der Neuen Seidenstraße. Optionen, alternativ künftig den „Mittleren Korridor“ zu nutzen, nahm die Adenauer-Stiftung auf ihrer Tagung am 13. Mai in den Blick. Der Plan, sich auf türkische Aktivitäten zu stützen, gilt auch deswegen als vorteilhaft, weil die EU mit eigenen Vorhaben, einen Verkehrskorridor nach Zentralasien auszubauen, gescheitert ist; weder aus der im September 2018 offiziell verkündeten „EU-Asien-Konnektivitätsstrategie“ noch aus dem im Dezember 2021 initiierten Milliardenprogramm „Global Gateway“ ist bisher etwas Größeres entstanden.[8] Im Anschluss an die Tagung der Adenauer-Stiftung hieß es darüber hinaus, Ankaras Bestrebungen böten die Chance, endlich Erdgas aus Zentralasien nach Europa leiten zu können. Berlin und die EU streben dies seit vielen Jahren an – auch dies freilich bisher ohne Erfolg.[9]

 

[1] Toni Alaranta, Kristiina Silvan: Turkey in Central Asia. Possibilities and Limits of a Greater Role. Finnish Institute of International Affairs. FIIA Briefing Paper 328. Helsinki, January 2022.

[2] Yasar Aydin: Auf dem Weg zur Regionalmacht. de.qantara.de 25.04.2022.

[3] Turkic Council reforms into Organization of Turkic States. trtworld.com 13.11.2021.

[4] S. dazu Die neuen Partner in Ankara (I), Die neuen Partner in Ankara (II) und Brücke in die islamische Welt.

[5] Yasar Aydin: Auf dem Weg zur Regionalmacht. de.qantara.de 25.04.2022.

[6] S. dazu Vorbereitung auf den Drohnenkrieg.

[7] Toni Alaranta, Kristiina Silvan: Turkey in Central Asia. Possibilities and Limits of a Greater Role. Finnish Institute of International Affairs. FIIA Briefing Paper 328. Helsinki, January 2022.

[8] S. dazu Die Anti-Seidenstraße und 300 Milliarden gegen die Seidenstraße.

[9] S. dazu Vorstoß zum Kaspisee.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8954

21.06.2022

Friedensforscher begrüßen Waffenlieferungen an Ukraine

br.de, 21.06.2022, 13:59 Uhr, von Kai Küstner

Die deutschen Friedensforschungsinstitute unterstützen in einem Gutachten Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Die Bundesregierung hat indes erstmals alle Waffenlieferungen an die Ukraine offengelegt.


Es ist eine der am hitzigsten geführten Debatten überhaupt: Soll Deutschland es der Ukraine ermöglichen, sich durch die Lieferung von Waffen gegen den russischen Angriff zu verteidigen. Mit einem klaren Ja beantworten die wichtigsten Friedensforschungsinstitute diese Frage – schieben jedoch noch ein aber hinterher.


Experte: Waffen für Ukraine erhöhen Druck auf Putin

"Wir begrüßen die Waffenlieferungen", erklärte etwa Professor Tobias Debiel von der Universität Duisburg-Essen. Denn: Neben den verhängten Sanktionen würden Waffen für die Ukraine den Druck auf Russlands Präsident Putin erhöhen, sich schließlich an den Verhandlungstisch zu setzen. Und seine Kollegin Professor Ursula Schröder von der Universität Hamburg ergänzt: "Einer der Wege dorthin sind Waffenlieferungen. Wir sagen das nicht leichtfertig als Friedensforschungseinrichtungen, dass Waffenlieferungen hier unabwendbar sind"


Bundesregierung reagiert auf Kritik

Gleichzeitig aber mahnt die Wissenschaft zur Umsicht, gelte es doch, eine nukleare Eskalation zu verhindern. "Und das ist ein Auf-Sicht-Fahren", betont Politikwissenschaftler Debiel. Schritt für Schritt gelte es zu prüfen, welche Wirkung die Lieferung bestimmter Waffensysteme hätte.

Grundsätzlich bescheinigen die Forscherinnen und Forscher der Bundesregierung, hier auf einem relativ guten Weg zu sein. Die Doppelstrategie aus dem Entsenden von Waffen und parallel dazu dem Signalisieren von Dialogbereitschaft sei die richtige. An der Kommunikation jedoch hapere es.


Auf die beständig geäußerte Kritik, mit den Waffenlieferungen nicht transparent genug umzugehen, hat die Bundesregierung inzwischen aber reagiert: Indem sie eine umfangreiche Liste bereits gelieferter - "letaler und nicht-letaler" – Waffen und eine Liste mit in Vorbereitung befindlichem Gerät veröffentlichte. (Die Liste finden Sie am Ende dieses Artikels.)Forderung: EU soll bei Sicherheitspolitik handlungsfähiger werden


"Friedensfähig in Kriegszeiten", so ist das über 150 Seiten lange Gutachten betitelt, in dem die Forscherinnen und Forscher auch dafür werben, Moskau klar zu vermitteln, unter welchen Umständen die verhängten – und aus Wissenschaftssicht durchaus richtigen - Sanktionen eines Tages wieder zurückgenommen werden könnten. "Eine Voraussetzung dafür wäre zweifelsohne ein Waffenstillstand – der muss sich seinen Namen aber erst noch verdienen", betont Tobias Debiel.


Doch die Forschung versucht, den Blick nicht auf der Gegenwart verharren, sondern ihn auch in die Zukunft schweifen zu lassen: So müsse, lautet eine Forderung, die Europäische Union handlungsfähiger in Sachen Sicherheitspolitik werden. Etwa indem sie durch die Einführung von Mehrheitsentscheidungen ihre Entscheidungen beschleunigt. Und: Es gelte, bereits jetzt Strategien für eine neue europäische Friedensordnung zu entwickeln.


Eine Krise, komplexer als der "Kalte Krieg"

Bei der man allerdings, dämpft Christopher Daase von der Goethe-Universität Frankfurt die Erwartungen, im Umgang mit Russland, zurück am Anfang, auf "Square One", stehe: "Was in den nächsten Jahren im Vordergrund stehen wird, ist Wehrhaftigkeit, ist Abschreckung. Mit der Zeit vielleicht etwas wie friedliche Koexistenz. Und dann – vielleicht – der langsame Wiederaufbau kooperativer Strukturen."


Womit die Wissenschaft sämtliche Ideen, in Zukunft könne eine Sicherheitsarchitektur gemeinsam mit Russland möglich sein, ins Reich der Illusionen befördert. Es handle sich nicht um einen Kalten Krieg 2.0, so die Botschaft. Die Krise, vor der man heute stehe, sei sehr viel größer, sehr viel komplizierter und sehr viel schwerer zu lösen.


Was die Bundesregierung geliefert hat und noch liefern will

An Waffen geliefert wurden laut Angaben der Bundesregierung bisher unter anderem 3.000 Panzerfaust-Patronen, 100.000 Handgranaten, 2.700 Fliegerfäuste, 500 Stinger-Flugabwehrraketen, 100 Maschinengewehre und 16 Millionen Schuss Munition. Hinzu kommt in großem Umfang Ausrüstung wie 23.000 Gefechtshelme, 178 Kraftfahrzeuge, 1.200 Krankenhausbetten, ein Feldlazarett und vieles mehr.


Noch liefern will die Bundesregierung unter anderem:

  • 10.000 Schuss Artilleriemunition
  • 53.000 Schuss Flakpanzermunition
  • 5,8 Millionen Schuss Handwaffenmunition
  • 7 Panzerhaubitzen 2000 (Artilleriegeschütze)
  • 5.000 Gefechtshelme
  • 40 Aufklärungsdrohnen
  • 10 geschützte Fahrzeuge
  • 4 ferngesteuerte Minenräumgeräte
  • 65 Kühlschränke für Sanitätsmaterial
  • 54 gepanzerte Truppentransporter mit Bewaffnung
  • 30 Flugabwehrpanzer Gepard inklusive etwa 6.000 Schuss Munition
  • 1 Luftverteidigungssystem Iris-T SLM
  • 1 Artillerieortungsradar Cobra
  • 80 Toyota Pick-up-Fahrzeuge
  • 3 Mehrfachraketenwerfer mit Munition


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Info: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/friedensforscher-begruessen-waffen-lieferungen-an-ukraine,T9O3ZAB

21.06.2022

Werden die USA ihren Niedergang hinnehmen?

aus e-mail von Doris Pumphrey, 21. Juni 2022, 16:01 Uhr


https://pressefreiheit.rtde.tech/meinung/141544-bedrohliche-frage-werden-usa-ihren/

21.6.2022


*Bedrohliche Frage: Werden die USA ihren Niedergang hinnehmen oder den

Rest der Menschheit mitreißen?

*/von Dagmar Henn/


Am vergangenen Wochenende haben sowohl Scott Ritter als auch Gonzalo

Lira vor einem US-amerikanischen Einsatz von Atomwaffen gewarnt; sie

beide befürchten, dass die USA so auf eine unvermeidliche Niederlage

reagieren werden. Darin läge die größte Gefahr im derzeitigen globalen

Machtkampf.


Es ist schwierig, den Berichten über die Lage in der Ukraine zu folgen,

die durch die deutschen Medien rauschen. Denn das, was dort erzählt wird

und auch, was die deutschen Politiker dazu äußern, ist in sich

widersprüchlich. Da soll, wird, muss einerseits die Ukraine siegen, da

wird von zusätzlichen Waffenlieferungen alles Mögliche erwartet, da

sollen nach wie vor die russischen Truppen am Rande ihrer Niederlage

wanken, und gleichzeitig äußert

<https://www.tagesspiegel.de/politik/der-kanzler-beim-katholikentag-scholz-schwarzer-kater-namens-mohrle-und-seine-botschaft-an-putin/28379736.html

Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Katholikentag Ende Mai: "Wir bereiten

uns darauf vor, dass ein großflächiger Angriff auf das Territorium der

NATO und unseres Landes stattfinden kann." Wie man diese Erzählungen mit

ein und demselben Gehirn glauben kann, ist mir ein Rätsel.


Gut, dass es im Grunde egal ist, was Scholz denkt und erwartet, so wie

es egal ist, wenn noch mehr NATO-Kriegsgerät irgendwo in der Ukraine

durch Raketen zerlegt wird; es ist sogar egal, wenn ein deutscher

Luftwaffengeneral gar bedrohlich die Faust schüttelt

<https://de.rt.com/international/141482-nato-generale-schworen-truppen-auf/

– wider die bösen Russen. Nichts davon wird die Tatsache ändern, dass

die ukrainische Armee gerade langsam und gründlich zermalmt wird,

obendrein sinnlos, weil das Ergebnis seit Wochen feststeht. Da kann sich

die EU noch so sehr spreizen und erklären: "Ich esse meine Suppe nicht,

nein, meine Suppe ess' ich nicht." Oder weiter von einem Kiewer Sieg

raunen. Oder meinen, jetzt auf einmal eine Verhandlungsfähigkeit

wiederentdecken zu wollen, die im Dezember gefragt gewesen wäre.


Aber diese Tatsachen sind das eine; etwas anderes sind die Risiken, die

nach wie vor entlang der Strecke lauern. Und am vergangenen Wochenende

erschienen gleich zwei Videos von zwei Kommentatoren, die bisher eine

sehr vernünftige Sicht auf die Entwicklung hatten und beide, wenn auch

mit unterschiedlichen zugrunde gelegten Szenarien, ein und dieselbe

Befürchtung äußerten: Dass die NATO, also die USA letztlich zu

Nuklearwaffen greifen werden, wenn ihre Niederlage unausweichlich und

für alle sichtbar ist.


Scott Ritter, das ist einer

<https://www.youtube.com/watch?v=SvVC1VBiWKM> der beiden, war nicht nur

für seine Verhältnisse ungewöhnlich aufgeregt, er relativierte sogar

jeden Hinweis auf mögliche künftige Entwicklungen mit dem Satz "wenn wir

2023 noch erleben." Es war aber nicht die Ukraine, die in seinen Augen

diese Gefahr auslöste, weil er diesen Krieg als im Grunde bereits

entschieden betrachtet. Und er beschrieb das Ergebnis sehr detailliert.

"Es wird keinen Waffenstillstand geben. Es wird keine

Waffenstillstandslinie geben. Es wird kein ukrainisches Militär geben.

Es wird keine rechtsextremen ukrainischen Parteien geben. Das endet

nicht, ehe Russland alles gewonnen hat." Poroschenkos verräterische

Aussagen zu den Minsker Vereinbarungen hätten belegt, dass der Westen

kein Verhandlungspartner ist, weil er nur verhandelt, um Zeit zu

gewinnen. "Diese Niederlage, die geschieht, während wir reden, müsste

das Ende der NATO sein."


Das wirkliche Risiko sieht er in der US-Politik Taiwan betreffend. Wie

Russland, so habe auch China klar und deutlich erklärt, was nicht

akzeptabel sei, und die USA würden dennoch weiter Bestrebungen einer

taiwanesischen Unabhängigkeit unterstützen. Sie wären nicht imstande

wahrzunehmen, dass weder aus Russland noch aus China politische

Absichtserklärungen erfolgen, deren mögliche Umsetzung nicht bereits bis

ins letzte Detail vorbereitet sei.


Wenn China in Reaktion auf diese US-Politik Taiwan einnehme, werde die

US-Regierung schon allein angesichts der bevorstehenden Wahlen versucht

sein, "Stärke" zu demonstrieren und eine Flugzeugträgergruppe

auszuschicken – die dann versenkt würde. Und dann könnten die

innenpolitischen Zwänge dazu führen, dass die USA Atomwaffen einsetzen,

um diese Niederlage vergessen zu machen: "Lasst uns eine Hafenstadt in

Hunan bombardieren. Bumm, eine Atomrakete explodiert in Hunan. Und dann

die Chinesen: das ist okay, keine große Sache. Und Boom! Los Angeles ist

weg. Und Boom! Schanghai ist weg. Und Boom! Seattle und Denver sind weg.

Und dann ist es vorbei ... und ich sehe die Wahrscheinlichkeit, dass das

passiert, bei über siebzig Prozent."


Übertreibt er? Nun, wenn man sich den monatelangen, nein, jahrelangen

Vorlauf zum russischen Militäreinsatz in der Ukraine vor Augen führt,

muss man sich zumindest eingestehen, dass ein solcher Ablauf denkbar

ist. Ende vergangenen Jahres lagen von russischer Seite alle Karten auf

dem Tisch. Klar, verständlich und für alle sichtbar. Aber alle

westlichen Politiker und die zugehörigen Medien beschäftigten sich

damit, irgendetwas hineingeheimnissen zu wollen und in den russischen

Angeboten und Forderungen Rätsel zu suchen, wo keine waren ("Was will

Putin?"), statt zumindest ernsthaft über die vorgelegten Forderungen zu

diskutieren. So ging es die ganzen Jahre über schon mit den Minsker

Vereinbarungen, einem klaren, verständlichen und sogar realistischen

Plan, wie eine Wiedereingliederung des Donbass in die Ukraine möglich

gewesen wäre. Aber statt an einer Umsetzung mitzuwirken, wurden

irgendwelche unausgesprochenen Absichten unterstellt, wegen derer man

dann den Text dieser Vereinbarungen vollkommen ignorierte.


Man kann es ja sogar ein wenig nachvollziehen. Schließlich ist es in der

ganzen westlichen Politik so üblich, dass Erklärungen mit den

eigentlichen Absichten und Zielen gar nichts zu tun haben, dass man von

Menschenrechten redet und Unterwerfung meint; von Werten redet, während

man Putsche inszeniert, um freien Zugriff auf Rohstoffe zu erhalten; von

Sicherung der Renten, wenn Renten gekürzt werden, und von

Gesundheitsreform, wenn es darum geht, die Leistungen der

Krankenversicherung zurückzufahren.


So ist das in jedem Bereich der Politik und auf jeder Ebene. Es gibt die

Werbung, die nach außen betrieben wird, und dann die wirklichen

Handlungen und Ziele. Eine Übereinstimmung von Äußerung und Handlung ist

für die meisten Beteiligten in diesem System schlicht nicht mehr denkbar

... weshalb die russische Ankündigung, man werde, falls die NATO auf die

Forderung nach ukrainischer Neutralität nicht eingehe, mit

militärisch-technischen Maßnahmen reagieren, nur auf zwei Weisen

gedeutet werden konnte: als hohle Prahlerei oder als Ankündigung von

etwas noch viel Schlimmeren. Denn wenn eine Rentensicherung in Wahrheit

eine Kürzung ist, was sind dann militärisch-technische Maßnahmen?


Es ist geradezu komisch, wie wenig begriffen wird, dass Russland und

China im Einklang handeln. Scott Ritter erwähnt das auch, obwohl die

Zeiträume noch wesentlich länger sein dürften, als er annimmt. Die

chinesische Haltung zum Krieg im Donbass ist seit 2014 klar. Damals gab

es einen Artikel eines Professors an einer chinesischen Militärakademie

in der /Global Times/, in dem dieser davor warnte, der Konflikt in der

Ukraine könne zum Dritten Weltkrieg führen. Das war für westliche Ohren

natürlich viel zu leise.


2015 gab es dann eine höchst symbolische Handlung, die ebenfalls

übersehen wurde. An der russischen Parade zum Tag des Sieges nahm eine

Delegation der chinesischen Volksbefreiungsarmee teil; ordentlich

aufgeteilt auf alle drei Waffengattungen. Und bei der chinesischen

Parade am ersten September desselben Jahres gab es eine entsprechende

russische Teilnehmergruppe; auch hier waren sorgfältig alle

Waffengattungen vertreten. Das fiel in Peking nicht so auf, weil auch

aus anderen Ländern Gruppen vertreten waren, die für alle Ausländer

standen, die auf chinesischer Seite gekämpft hatten; aber nur bei den

mitmarschierenden Russen gab es diese Vertretung aller Truppenteile. Das

war der Moment, an dem es hätte klar sein müssen, dass es ein

militärisches Bündnis gibt. Es mag nicht die Form schriftlicher Verträge

haben, aber es wurde schon 2015 gezeigt.


Und 2022 meint ein US-amerikanischer Außenminister, mal eben nach Peking

zu fliegen und China gegen Russland zu stellen, sieben Jahre später?

Jahre danach, in denen gemeinsame Manöver stattfanden und man davon

ausgehen kann, dass sich die Generalstäbe regelmäßig ausgetauscht haben,

in denen Wirtschaftspolitik koordiniert wurde und sich beide Länder

gemeinsam darauf vorbereiteten, die zu erwartenden Sanktionen des

Westens abzuwehren?


Man hätte es lernen können. Man hätte erkennen können, dass das gemeint

ist, was gesagt wurde; aber das passt nicht zusammen mit einer

Dämonisierung des Gegenübers, ein Dämon muss verschlagen und falsch

sein, wie kann man dann zugeben, dass jeder Satz einfach so gemeint ist,

wie er da steht? Vor dem Hintergrund einer politischen Landschaft, die

aus Lüge besteht, kann die Wahrheit nur eine besonders perfide Form der

Heimtücke sein.


Aber zurück zur ukrainischen Szenerie. Gonzalo Lira ist sich mit Scott

Ritter absolut einig, was die Lage der ukrainischen Armee betrifft. Auch

er betont <https://www.youtube.com/watch?v=ZQB7uWuWpBw>, dass die

Biden-Regierung in Gestalt ihrer ukrainischen Stellvertretertruppen vor

einer kolossalen Niederlage steht. Nur meint er, dass der Westen auf

diese Niederlage mit einer weiteren Eskalation reagieren wird, und der

Ansatzpunkt für diese Eskalation sei die Blockade der Eisenbahnlinie

zwischen Russland und Kaliningrad durch Litauen. Gleichzeitig würden

sowohl in Polen als auch in Litauen Truppen bewegt, und er schließt

daraus, dass das Ziel besteht, Russland zu einer Verteidigung

Kaliningrads zu zwingen.


Auf einen solchen Angriff, so Liras Einschätzung, werde Russland

deutlich härter reagieren als auf den Angriff, den die Ukraine

beabsichtigt hatte. Eine Provokation durch Litauen und Polen mit einer

entsprechenden russischen Antwort würde die gesamte NATO in den Konflikt

ziehen, eingeschlossen die USA. "Man muss kein Genie sein, um zu

erkennen, dass die Gehirne hinter dieser idiotischen Idee amerikanische

Gehirne sind, die Biden-Regierung."


Die ukrainische Armee, führt er aus, war im Verlauf der letzten acht

Jahre in einem solchen Maß ausgebildet und aufgerüstet worden, dass sie

die am besten ausgebildete Truppe der gesamten NATO war, ohne selbst

Mitglied zu sein. "Was, glaubt ihr, würde mit litauischen, polnischen

oder amerikanischen Truppen passieren, die gegen die Russen marschieren?

Sie werden genauso ausgelöscht."


Und wie Scott Ritter sieht Lira die besondere Gefahr in der Niederlage:

"Und danach wird die Biden-Regierung, aus Panik und in der hochmütigen

Meinung, das sei keine große Sache, Atomwaffen einsetzen. Sie werden es

tun. Die Vereinigten Staaten haben die Erstschlags-Option nie aus ihrem

Auswahlmenü gestrichen."


Die Biden-Regierung sei unfähig, einen Rückzieher zu machen oder zu

deeskalieren; sie könne immer nur noch einen draufsetzen. Man müsse

begreifen, dass der Auslöser für den russischen Militäreinsatz in der

Ukraine schließlich der ukrainische Aufmarsch im Donbass war, bei dem

ein Angriff mit über hunderttausend Mann gegen die Donbass-Republiken

und womöglich Russland selbst vorbereitet wurde.


Noch ist nicht klar, ob die Blockade der Eisenbahnverbindung nach

Kaliningrad tatsächlich auf die Provokation abzielt, die Lira

befürchtet. Aber auch hier sind die Muster bekannt. Über all die Jahre

seit 2014 reihte sich eine Provokation an die andere, und bereits beim

Massaker von Odessa stellt sich die Frage, ob das nicht Teil einer

Strategie war, Russland mit allen Mitteln zum Eingreifen zu zwingen.


In beiden Szenarien ist es die konventionelle Niederlage von USA und

NATO, auf die die unterlegene Macht mit nuklearer Eskalation reagiert.

Beide Kommentatoren machen sich ernsthafte Sorgen, dass das jeweilige

Szenario eintritt. Und keinen der beiden Fälle kann man von der Hand

weisen – im Gegenteil. Seit Beginn der globalen Auseinandersetzung um

eine Weltordnung, die nicht mehr von den USA dominiert wird, lautete die

einzige gewaltige, bedrohliche Frage: werden die USA ihren Niedergang

hinnehmen oder werden sie den Rest der Menschheit in ihren Untergang

hineinziehen?


Das ist der Punkt, an dem eine US-Regierung unter Biden von Anbeginn an

gefährlicher schien als eine Regierung Trump. Und es stellt sich die

Frage, ob es Faktoren gibt, die die Wahrscheinlichkeit dieses Resultats

verringern können. Denn die Niederlage des einstigen Hegemonen ist so

unabwendbar, wie sie nötig ist.


Einer der wenigen Faktoren, die vielleicht das Risiko vermindern

könnten, wäre tatsächlich ein massiver Anfall von Vernunft bei den

europäischen Verbündeten der Vereinigten Staaten. Ein Ausstieg mehrerer

europäischer Länder aus der NATO – verbunden damit, eventuell dort

stationierte US-Truppen sofort nach Hause zu expedieren – wäre fast die

einzige Möglichkeit, selbst der von ihrem "Auserwähltsein" überzeugten

US-Regierung unter Joe Biden genug Kontakt mit der Realität zu

verschaffen, um sie an dieser Eskalation zu hindern. Das wäre immer noch

keine Garantie, aber es könnte gerade reichen, um das Selbstbild

ausreichend zu erschüttern.


Von den jetzigen Regierungen in Deutschland, Frankreich, Italien oder

Großbritannien ist solches leider nicht zu erwarten. Keine davon hätte

die Vernunft und den Mut, einen solchen Schritt mit der erforderlichen

Geschwindigkeit und Härte zu gehen. Dazu muss man nur in Erinnerung

rufen, wie folgsam sie all die Sanktionen abgenickt haben, die

Westeuropa tatsächlich ruinieren können.



*Kiew mit Atomwaffen auszustatten, wäre eine Katastrophe für die ganze Welt

*/Ein Kommentar von Scott Ritter:/

https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/141530-kiew-mit-atomwaffen-auszustatten-ware-eine-katastrophe-ganze-welt


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

21.06.2022

Economists for Future  Zur ökonomischen Bedeutung von Suffizienz

makronom.de, vom 20. Juni 2022, Claudius Gräbner-Radkowitsch, Jonas Lage & Frauke Wiese

Die sozial-ökologische Krisen unserer Zeit machen deutlich: Suffizienz als Schlüsselprinzip politischen Handelns ist notwendig. Jedoch sind die Auswirkungen tiefgreifender Suffizienzpolitik auf unsere Ökonomie bisher zu wenig verstanden.


Zitat: Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses. Im Zentrum: die Wirtschaft. Die nächsten Jahre werden entscheiden, ob uns der Wandel by disaster passiert oder uns by design gelingt.


Die Debattenreihe Economists for Future widmet sich den damit verbundenen ökonomischen Herausforderungen. Sie beleuchten einerseits kritisch-konstruktiv Engführungen in den Wirtschaftswissenschaften sowie Leerstellen der aktuellen Wirtschaftspolitik. Andererseits diskutieren wir Orientierungspunkte für eine zukunftsfähige Wirtschaft und setzen Impulse für eine plurale Ökonomik, in der sich angemessen mit sozial-ökologischen Notwendigkeiten auseinandergesetzt wird.


Die erste Ausgabe der Debattenreihe erschien zwischen September und Dezember 2019. Der zweite Teil der Serie startete im September 2020, der dritte im Juni 2021. In der neuesten Ausgabe werden in den kommenden Monaten Aspekte rund um Macht & Märkte thematisiert. Hier finden Sie alle Beiträge, die bisher im Rahmen der Serie erschienen sind.


In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben sich zahlreiche sozial-ökologische Krisen von planetarem Ausmaß immer weiter zugespitzt. Der Klimawandel und ein zunehmender Biodiversitätsverlust sind nur zwei wichtige Beispiele für den Raubbau an den ökologischen Kapazitäten des Planeten. Trotz dieser Übernutzung ökologischer Ressourcen erleiden viele Menschen weiterhin Mangel an Nahrung, Wohnraum oder gesellschaftlicher Teilhabe (siehe z.B. hier). So gibt es aktuell kein einziges Land auf der Welt, das auf eine ökologisch nachhaltige Art und Weise wirtschaftet und gleichzeitig ein Mindestniveau an sozialem Wohlstand und Sicherheit bereitstellt.


Der aktuelle Fokus auf Effizienz- und Konsistenzstrategien reicht nicht

Obwohl die politische Aufmerksamkeit und Anstrengung – international wie national – insbesondere hinsichtlich des Klimaschutzes in den letzten Jahren rasant zugenommen hat, liegt das Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, in weiter Ferne. Die bislang umgesetzten politischen Maßnahmen greifen dabei bisher vor allem auf sogenannte Effizienz- und Konsistenzstrategien zurück. Beide Ansätze beschreiben vornehmlich sozio-technische Innovationen, wobei Effizienzstrategien in der Regel auf eine Erhöhung von Wirkungs- und Ressourcennutzungsgraden abzielen und Konsistenzstrategien eine Schließung von Stoffkreisläufen und den Umstieg auf erneuerbare Energien anstreben. Ohne Zweifel sind beide Strategien essentiell für die Einhaltung von Klimazielen.


Leider hat trotz aller technologischen Fortschritte der Fokus auf Effizienz- und Konsistenzmaßnahmen bislang nicht zu dem erhofften Erfolg geführt: Während z.B. CO2-Emissionen nicht nur global stabilisiert, sondern auf (netto) null gesenkt werden müssen, sind die Emissionen in den vergangenen Jahren global sogar weiter gestiegen. Daher erscheint es höchst fraglich, ob diese beiden Ansätze ausreichen, um die dringend notwendige absolute Reduktion von ökologischen Belastungen zu erreichen.


Für den mangelnden Erfolg gibt es zahlreiche Gründe. Dazu zählen unter anderem Rebound-Effekte, Verlagerungs-Effekte, Externalisierungen sowie Ressourcenknappheit. Rebound-Effekte beschreiben die Kompensation von Effizienzgewinnen durch Mehrverbrauch an anderer Stelle und wurden vielfach empirisch und theoretisch beschrieben (z.B. hier, hier oder hier). Beispielsweise konnten im Wohnbereich in Deutschland seit den 1970er Jahren enorme Effizienzgewinne durch bessere Dämmung erreicht werden, unter anderem angeregt durch die Energieeinsparverordnung. Gleichzeitig hat sich jedoch die Wohnfläche pro Kopf im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt, sodass der gesamte Raumwärmebedarf heute ungefähr auf dem Niveau von vor 30 Jahren liegt:

Als Verlagerungseffekte bezeichnet man das Phänomen, dass eine Krise in einem Bereich gelöst, damit jedoch eine neue Krise in einem anderen Bereich neu ausgelöst oder verstärkt wird. So kann ein massiver Ausbau erneuerbarer Energien beispielsweise für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe zur Emissionsminderung beitragen, sich jedoch gleichzeitig problematisch auf die Biodiversität (hier und hier) und Ressourcennutzung (hier und hier) auswirken.


Wenn Verlagerungseffekte in einer geografischen Dimension stattfinden, spricht man häufig von einer Externalisierung: In diesem Fall werden umweltschädliche Aktivitäten von einer Region – häufig im Globalen Norden – in eine andere Region – häufig im Globalen Süden – ausgelagert, sodass sich die Umweltbilanz der externalisierenden Region zwar auf den ersten Blick verbessert, insgesamt jedoch keine positiven ökologischen Effekte entstehen. Vielmehr werden die Kosten nicht-nachhaltigen Verhaltens Regionen und Menschen aufgebürdet, die noch nicht einmal von den positiven Effekten dieser Aktivitäten profitieren können.


Ein aktuelles Beispiel für solche Verlagerungseffekte sind die geplanten Importe synthetischer Kraftstoffe in Klimaneutralitätsszenarien für Deutschland. Da die Kombination aus Effizienz- und Konsistenzstrategien nicht ausreicht, um den erwarteten zukünftigen Energieverbrauch decken zu können, werden die Energieträger in anderen Regionen produziert und tauchen in der produktionsbasierten Berechnung nationaler Emissionen nicht mehr auf (für weitere Beispiele und die mögliche Berücksichtigung solcher Emissionen siehe z.B. hier, hier, hier oder hier).


Eine weitere Grenze bisheriger Klimaschutzmaßnahmen ist zudem die Nicht-Substituierbarkeit bestimmter knapper Ressourcen wie Land, seltener Erden sowie Elementen wie Phosphor oder Lithium. Diese Ressourcen sind für die Umsetzung vieler technischer Innovationen unverzichtbar. Es ist noch nicht klar, wie die entsprechenden Bedarfe in der Zukunft gedeckt werden könnten, wodurch zudem potenziell problematische Abhängigkeiten von den Produktionsländern entstehen und eine globale Energiewende gefährdet werden kann.


Natürlich ist es – trotz der eben skizzierten Schwierigkeiten – theoretisch möglich, dass es in den nächsten Jahren zu technischen Innovationen kommt, die es der Menschheit erlauben werden, ihren ökologischen Fußabdruck global ausreichend zu reduzieren, gerade wenn die Anreizsysteme wie z.B. über eine höhere Bepreisung umweltschädlicher Aktivitäten verbessert werden.


Dennoch sind Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten diesbezüglich alles andere als ermutigend. Entsprechend erscheint ein derartiger Technikoptimismus mehr Wunschdenken denn empirisch fundierte Handlungsorientierung und in Anbetracht der unumkehrbaren Folgen einer zu hohen Erderwärmung kein guter Handlungsleitfaden zu sein.


Suffizienzmaßnahmen als unverzichtbares Komplement

Vor dem Hintergrund des unzureichenden Erfolgs von Effizienz- und Konsistenzmaßnahmen erscheint es überraschend, dass eine dritte in Nachhaltigkeitsdebatten diskutierte Strategie bisher weitestgehend unbeachtet bleibt: die Suffizienz. Angesichts der oben beschriebenen Herausforderungen mehren sich jedoch sowohl im wissenschaftlichen als auch im politischen Diskurs die Forderungen nach Suffizienzmaßnahmen, zuletzt auch durch den IPCC.


Suffizienz beschreibt sowohl ein Ziel als auch eine Nachhaltigkeitsstrategie. Konkret zielt Suffizienz darauf ab, sozial-ökologische Schäden durch die Reduktion von (bestimmten) Produktions- und Konsumptionsaktivitäten zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Im Gegensatz zu Effizienz- und Konsistenzstrategien lassen sich mithilfe einer Suffizienzperspektive mögliche absolute Grenzen des Konsums und nachhaltige Konsumkorridore identifizieren. Die Grenzen der Korridore zielen dabei sowohl auf die Vermeidung von exzessivem Konsum, der die Lebenschancen anderer Menschen (und Spezies) gefährdet, als auch die Vermeidung von Mangel und der damit einhergehenden Unfähigkeit, menschliche Grundbedürfnisse befriedigen zu können. Solche Konsumkorridore operationalisieren die Implikationen von Nachhaltigkeitskonzepten, wie dem Donut von Kate Raworth, für die Produktion und den Konsum von Gütern und Dienstleistungen.


Aufgrund dieses Fokus auf das „rechte Maß”, wird die Suffizienz auch als Rahmen für die beiden anderen Strategien beschrieben (siehe hier und hier). Damit ist gemeint, dass aus einer Suffizienzperspektive zunächst ein absoluter Rahmen an ökologisch verträglichen und sozial notwendigen Konsum identifiziert bzw. verhandelt wird, welcher dann möglichst effizient und auf Basis von erneuerbaren Energien und Rohstoffen bereitgestellt wird. Durch eine solche Obergrenze könnten beispielsweise Rebound-Effekte vermieden werden, wohingegen eine Untergrenze eine gerechte Verteilung des Vorhandenen anvisiert. Mithilfe einer Suffizienzperspektive wird die häufig implizit verhandelte normative Debatte um die Grenzen der Konsumkorridore zudem explizit gemacht.


Suffizienz umfasst auch eine strategische Dimension zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen. Suffizienzstrategien erweitern die vorhandenen sozio-technischen Innovationen der Effizienz- und Konsistenzstrategien um soziale Innovationen. Es geht um Veränderungen sozialer Praktiken und kollektive Verhaltensänderungen sowie die Frage, wie gesellschaftliche Organisation aussehen muss, damit Bedürfnisse möglichst gerecht und ressourcenschonend – also innerhalb der Konsumkorridore – befriedigt werden können. Die Suffizienz fragt beispielsweise: Wie müssen unsere Dörfer und Städte aussehen, damit Menschen gerne und gut auf maßvoller Wohnfläche wohnen? Wie kann Mobilität gewährleistet werden, ohne dass wir 48 Millionen Pkw (Tendenz steigend) in Deutschland brauchen? Antworten auf diese Fragen lassen sich nur in begrenztem Maße individuell beantworten, weswegen es Suffizienzpolitik bedarf, welche ein „gutes Leben einfacher” werden lässt.


Die Erfahrungen der Vergangenheit legen nahe, dass eine Erreichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele ohne Suffizienzpolitik nicht möglich ist. Dass derlei Maßnahmen keine reine Utopie sind zeigt sich darin, dass einige Städte und Gemeinden bereits an der konkreten Umsetzung entsprechender Suffizienzstrategien arbeiten. Die Stadt Zürich hat Suffizienz sogar als handlungsleitendes Prinzip verankert. Auch in den Nachhaltigkeitsstrategien einzelner europäischer Länder finden sich bereits jetzt einzelne Suffizienzmaßnahmen. Allerdings reichen diese Leuchtturmprojekte nicht für eine notwendige Suffizienzwende aus. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Suffizienzpolitik auf allen politischen Ebenen.


Wir brauchen ein besseres volkswirtschaftliches Verständnis von Suffizienzmaßnahmen

Neben anderen Themenbereichen sind die volkswirtschaftlichen Implikationen von Suffizienzmaßnahmen noch weitgehend unerforscht und genießen gerade in der Ökonomik eine relativ geringe Aufmerksamkeit – mit Ausnahme bestimmter „heterodoxer“ Paradigmen wie die Ökologische Ökonomik (z.B. hier, hier oder hier).


Das ist deshalb problematisch, weil nach Ansicht der Autor*innen nicht nur die volkswirtschaftliche Forschung durch eine Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Suffizienz profitieren würde. Auch das Design und die effektive Umsetzung von Suffizienzmaßnahmen würde durch entsprechende begleitende volkswirtschaftliche Forschung gewinnen. Ansonsten könnten gut gemeinte Maßnahmen leicht zu unbeabsichtigten und negativen sozialen und ökologischen Folgen führen und damit der dringend notwendigen Transformation einen Bärendienst erweisen.

So muss bei der Ausgestaltung von Suffizienzmaßnahmen wie z.B. der Festlegung der Konsumkorridore berücksichtigt werden, über welche Kanäle bindende Konsumobergrenzen in bestimmten Bereichen makroökonomische Variablen wie Löhne, Inflation oder das Zinsniveau beeinflussen, und welche Implikationen für die individuelle und funktionale Einkommens- und Vermögensverteilung zu erwarten sind, bzw. durch welche Begleitmaßnahmen diese Implikationen gesteuert werden könnten. Auch die Abschätzung indirekter Effekte setzt eine vertiefte volkswirtschaftliche Analyse voraus. Nur so können nicht intendierte Folgen wie z.B. eine sozio-ökonomisch gefährliche deflationäre Spirale als Folge von angestrebter Konsumreduktion, verhindert werden.


Auch für den Umgang mit Staatsfinanzen und die Ausgestaltung finanzpolitischer Regulierungsrahmen würde die Umsetzung von Suffizienzmaßnahmen notwendige Änderungen bedeuten, da eine dauerhafte absolute Reduktion von Konsumaktivitäten in einem Land ceteris paribus mit geringeren Wachstumsraten und damit höheren Schuldenquoten einhergehen würde – eine Situation, die weder mit den aktuellen europäischen Regulierungsrahmen noch mit einer nachhaltigen Finanzierung wichtiger staatlicher Aktivitäten, auch im Bereich der Wohlfahrtssicherung, kompatibel wäre.


Und auch wenn Suffizienzmaßnahmen im Prinzip als Komplemente zu Effizienz- und Konsistenzmaßnahmen zu begreifen sind, kann es unter bestimmten Umständen durchaus zu Zielkonflikten kommen, z.B. wenn die Umsetzung von Suffizienzmaßnahmen die Gewinnaussichten von Investitionen verringern und damit zu einer geringeren Investitionsdynamik auch in für die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft zentrale Sektoren führen könnte. Selbst wenn die Volkswirtschaftslehre hier keine abschließenden Antworten geben kann, bedarf es für eine vernünftige politische Entscheidung doch einer nachvollziehbaren Abschätzung der entsprechenden Konsequenzen und einer Identifikation der relevanten Wirkungsmechanismen.


Suffizienz sollte eine größere Rolle in den Wirtschaftswissenschaften spielen

Eines ist klar: Eine umfassende Umsetzung von Suffizienzmaßnahmen, wie sie von vielen Forscher*innen als notwendig erachtet wird, muss mit weitreichenden Reformen in unseren nationalen und internationalen Institutionen einhergehen. Eine solche Reformagenda – oder wahrscheinlich treffender: ein solches Transformationsprogramm – geht notwendigerweise mit Risiken, Kontroversen und Unsicherheiten einher. Gleichzeitig erscheint sie vor dem Hintergrund des Status Quo unvermeidbar zu sein.


In diesem Rahmen müssen konkrete und auch langfristig tragfähige Vorschläge erarbeitet werden. Dazu zählen

  • wie eine Transition vom Status Quo hin zu einer weniger durch sozial-ökologische Externalisierung geprägte Weltwirtschaft konkret aussehen könnte und hohe Anpassungskosten vermieden werden können,
  • wie gesellschaftlicher Wohlstand bei geringerer Konsum- und Produktionsmenge gewährleistet werden kann und
  • wie notwendige Maßnahmen gegen polit-ökonomische Widerstände durchgesetzt und gerecht implementiert werden können.

Die Auseinandersetzung der Volkswirtschaftslehre mit diesen Fragen ist dringend notwendig und würde helfen, die Erfolgsaussichten von Suffizienzpolitik zu maximieren.

 

Zu den AutorInnen:

Claudius Gräbner-Radkowitsch ist Juniorprofessor für Plurale Ökonomik an der Europa-Universität Flensburg, Projektleiter am Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft (ICAE, Johannes Kepler Universität Linz), sowie Research Fellow am ZOE. Institut für zukunftsfähige Ökonomien in Köln.

Jonas Lage promoviert im Rahmen einer interdisziplinären Nachwuchsforschungsgruppe am Norbert Elias Center for Transformation Design and Research der Europa-Universität Flensburg zu Fragen suffizienzorientierter Stadtentwicklung und sozial-ökologischer Transformation.

Frauke Wiese ist Juniorprofessorin für die Transformation der Energiesysteme an der Europa-Universität Flensburg und leitet eine interdisziplinäre Nachwuchsforschungsgruppe zum Thema Energiesuffizienz.


Info: https://makronom.de/zur-oekonomischen-bedeutung-von-suffizienz-42099?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=zur-oekonomischen-bedeutung-von-suffizienz

21.06.2022

Krieg spaltet    Außenpolitik-Denkfabrik rechnet mit schwindender Zustimmung zum Ukraine-Krieg und warnt vor Spaltung der EU. Befürworter eines raschen Friedens bereits in relativer Mehrheit.

german-foreign-policy.de, 21. Juni 2022

BERLIN/ROM (Eigener Bericht) – Eine europaweit organisierte Denkfabrik mit Hauptsitz in Berlin warnt vor einer dauerhaften Spaltung der EU durch den Ukraine-Krieg. Wie der European Council on Foreign Relations (ECFR) in der Auswertung einer Umfrage konstatiert, die er in zehn Ländern Europas durchgeführt hat, lassen sich bereits heute zwei klar gegeneinander abgegrenzte Meinungsspektren in den Bevölkerungen identifizieren. Während eines verlangt, Russland müsse um jeden Preis eine Niederlage zugefügt werden, dringt das andere auf einen raschen Friedensschluss, auch wenn das Zugeständnisse der Ukraine voraussetzt. Ursache sind Befürchtungen, der Krieg werde negative Folgen für den Lebensstandard in ganz Europa haben und drohe zudem in einen Nuklearkrieg zu eskalieren. Der ECFR urteilt, dauere der Ukraine-Krieg an, dann könnten sich die Gewichte zugunsten der Befürworter eines Friedens verschieben; womöglich gerate gar die Einheit der EU in Gefahr. Eine sinkende Zustimmung zu Waffenlieferungen an die Ukraine wurde in Deutschland bereits im Mai verzeichnet. In Italien nehmen sogar öffentliche Proteste dagegen zu.


Zitat: Polarisierte Bevölkerungen

Die Ergebnisse der Umfrage, die der European Council on Foreign Relations (ECFR) in der vergangenen Woche veröffentlicht hat, lassen bezüglich des Ukraine-Krieges eine deutliche Spaltung in der Bevölkerung der europäischen Staaten erkennen. Wie der ECFR schreibt, lassen sich zwei große Spektren voneinander abgrenzen. Eines – der Think-Tank bezeichnet es mit dem Begriff „Gerechtigkeit“ – stellt das Streben, Russland eine Niederlage zuzufügen, in den Mittelpunkt und macht sich mehrheitlich dafür stark, auch dann die Aufrüstung zu priorisieren, wenn dies empfindliche Einschnitte bei den Ausgaben etwa für Gesundheit und Bildung erforderlich macht. Es ist am stärksten in Polen verankert, umfasst aber in den zehn Staaten Europas, in denen die Umfrage durchgeführt wurde [1], lediglich 22 Prozent der Bevölkerung. Ihm steht ein Spektrum gegenüber, das der ECFR mit dem Begriff „Frieden“ etikettiert; es schreibt die Schuld am Ukraine-Krieg zwar auch eindeutig Moskau zu und plädiert in der Mehrheit für eine wirtschaftliche Trennung von Russland, fordert allerdings raschen Frieden – dies auch dann, wenn die Ukraine dafür Zugeständnisse machen muss.[2] Diesem Spektrum ordnet der ECFR durchschnittlich 35 Prozent der Bevölkerung zu. Es ist am stärksten in Italien vertreten.


Steigender Druck

Neben diesen zwei Spektren identifiziert der ECFR in den Ergebnissen seiner Umfrage ein drittes, das er „Wechselwähler“ nennt; es kommt auf 20 Prozent der Bevölkerung. Seine Haltung gegenüber Russland ist oft von noch heftigerer Ablehnung gekennzeichnet als die Haltung des „Gerechtigkeits“-Spektrums; allerdings teilt es nicht dessen „moralische Entrüstung“ und dessen „Eskalationsziele“.[3] Stattdessen fürchtet es, ein lange anhaltender Krieg werde Europa und seine Bevölkerung teuer zu stehen kommen; bezüglich der Frage, wie intensiv die Ukraine mit Waffen beliefert und wie sehr Europa insgesamt aufrüsten soll, befindet es sich nahe dem „Friedens“-Spektrum. Mit ihren Befürchtungen stehen die „Wechselwähler“ für rund drei Fünftel der Bevölkerung: 61 Prozent haben Angst, der Krieg könne zu einem Atomkrieg eskalieren; ebenfalls 61 Prozent haben Sorge, die Kosten für die Lebenshaltung, insbesondere die Energiepreise, würden weiter steigen. Der ECFR urteilt, einerseits werde der Druck auf die „Wechselwähler“ steigen, sich ganz auf die eine oder die andere Seite zu schlagen; andererseits sei es nicht unwahrscheinlich, dass sie sich, falls die Sanktionen Russland nicht in die Knie zwängen, zugleich aber Europa immer stärker belasteten, dem „Friedens“-Spektrum zuwendeten.


Wachsende Kluft

Mit Blick auf den nach wie vor dominanten Bellizismus in Politik und Medien warnt der ECFR vor einer „wachsenden Kluft zwischen den offiziellen Positionen vieler europäischer Regierungen und der Stimmung in der Öffentlichkeit ihrer Länder“.[4] Während sich der Krieg in der Ukraine in einen Zermürbungskrieg verwandle, entwickle sich die Linie zwischen dem „Friedens“- und dem „Gerechtigkeits“-Spektrum in die entscheidende Bruchlinie auf dem europäischen Kontinent. Mit Blick auf die absehbaren Belastungen, die der Krieg und vor allem die Sanktionen für die Bevölkerung mit sich bringen, sagt der Think-Tank voraus, „die Resilienz der europäischen Demokratien“ werde weitgehend „von der Fähigkeit der Regierungen abhängen, öffentliche Unterstützung für eine Politik aufrechtzuerhalten, die letztlich unterschiedlichen sozialen Gruppierungen Leiden einbringt“. Gelinge dies nicht, dann drohe in Europa eine immer tiefere Spaltung zu entstehen, die die EU letztlich sogar lähmen könne. Der Ukraine-Krieg drohe dann womöglich sogar „die dauerhafte Marginalisierung Europas auf globaler Ebene“ mit sich zu bringen.


Zunehmende Proteste

Wohl am deutlichsten zeichnen sich die Spaltungstendenzen schon jetzt in Italien ab. Dort hatten bereits im März Arbeiter an Häfen und Flughäfen gegen Waffenlieferungen an die Ukraine protestiert und sich geweigert, Schiffe und Flugzeuge mit Kriegsgerät zu beladen (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Der ECFR-Umfrage zufolge sprechen sich inzwischen rund 45 Prozent der italienischen Bevölkerung gegen, nur noch 33 Prozent für Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Der Think-Tank stellt zudem fest, dass Italien das erste Land Europas ist, in dem das „Friedens“-Spektrum schon jetzt eine Mehrheit der Bevölkerung (52 Prozent) auf seiner Seite hat, während nur 16 Prozent dem Spektrum „Gerechtigkeit“ angehören. Entsprechend gerät Ministerpräsident Mario Draghi, der in der vergangenen Woche gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Kiew bereiste, zunehmend unter Druck. Senatoren der Partei Cinque Stelle, der unter anderem Außenminister Luigi Di Maio angehört, bereiten eine Resolution vor, die eine Einstellung der Waffenlieferungen verlangt.[6] Auf einer Demonstration des Gewerkschaftsverbandes CGIL (Confederazione Generale Italiana del Lavoro) ist am Wochenende gleichfalls ein Ende der Rüstungsexporte gefordert worden.[7]


Wachsende Unsicherheit

Auch in Deutschland geht die Zustimmung etwa zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine zurück. Anfang Mai ergab eine Umfrage, dass nur noch 46 Prozent der Deutschen die Lieferung von „Offensivwaffen und schwerem Gerät“ an die ukrainischen Streitkräfte befürworteten.[8] Einen Monat zuvor waren es noch rund 55 Prozent gewesen. Umgekehrt war der Anteil derjenigen, die derlei Lieferungen rundheraus ablehnten, von 33 auf 44 Prozent gestiegen. Die entschiedensten Befürworter einer Ausfuhr schwerer Waffen in die Ukraine waren Anhänger von Bündnis 90/Die Grünen, einer Partei, die eine besonders wohlhabende Klientel bedient (german-foreign-policy.com berichtete [9]). Ende Mai war einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung zu entnehmen, dass das Unsicherheitsgefühl in Deutschland erheblich gestiegen war; rund vier Fünftel der Bevölkerung fühlten sich nicht mehr sicher, 67 Prozent fürchteten sogar, der Ukraine-Krieg könne auf Deutschland übergreifen.[10] Mit sinkendem Sicherheitsgefühl schwinde auch die Bereitschaft, einer Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine oder etwa scharfen Sanktionen gegen Russland zuzustimmen, teilte die Stiftung mit. Dies entspricht im Wesentlichen dem Befund, den aktuell auch die Umfrage des ECFR ergibt.

 

[1] Der ECFR hat seine Umfrage in neun EU-Staaten (Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien) und Großbritannien durchgeführt.

[2], [3], [4] Ivan Krastev, Mark Leonard: Peace versus Justice: The coming European split over the war in Ukraine. European Council on Foreign Relations Policy Brief. June 2022.

[5] S. dazu „Alles unterhalb eines Kriegseintritts“.

[6] Italiens Außenminister Di Maio unter Druck. diepresse.com 20.06.2022.

[7] Fratoianni (Si): „Basta invio armi a Ucraina, sì al tetto al prezzo del gas”. tgcal24.it 18.06.2022.

[8] Umfrage: Mehrheit der Bürger befürchtet Ausweitung des Kriegs – Zustimmung zu Waffenlieferungen sinkt. rnd.de 03.05.2022.

[9] S. dazu Das Ende der Kriegsmüdigkeit.

[10] Umfrage: Deutsche fürchten Ausweitung von Russlands Krieg. rnd.de 31.05.2022.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8953

20.06.2022

Russische Eisbrecher – oder: Wie sich der Westen (auch) in der Arktis ins Knie schießt

Westliche Vertreter im Arktischen Rat sind bemüht, Russland aus dieser Organisation auszuschließen und zudem den Hohen Norden zu militarisieren. Doch erstens hat Russland ihnen militärisch genug entgegenzusetzen – und zweitens machen die übermütigen Halbstarken hier die Rechnung wortwörtlich ohne den Wirt.


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"Wenn das Weib vom Wagen springt,
's Zugpferd vor Erleicht'rung singt."

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Diese russische Redewendung ist eine der politisch denkbar unkorrektesten. Doch sie beschreibt umso besser den plötzlichen Beschluss einer Gruppe von sieben westlichen Ländern im Arktischen Rat, in Zukunft ohne Russland zu tagen, ohne Russland, das übrigens derzeit den Vorsitz der Organisation innehat. Im Jahr 2023 wird die Rolle des Koordinators auf Norwegen übergehen – natürlich nur, wenn es dann noch etwas zu koordinieren gibt. Denn auf der Startseite der Internetpräsenz des Rates heißt es:

"Der Arktische Rat setzt alle offiziellen Sitzungen des Rates und seiner Nebenorgane bis auf Weiteres aus."

Es sieht so aus, als stünde die Organisation damit kurz vor dem Aus. Russland wird die Arktis unter volle Kontrolle nehmen, nehmen müssen, wenn die Partner nicht zur Vernunft kommen. Der russische Botschafter in den USA Anatoli Antonow versuchte, den Verfassern der seltsamen Demarche geduldig zuzureden:

"Angesichts eines solchen Schrittes kann nicht nur Russland als Vorsitzender des Rates nicht anders als in Besorgnis zu kommen – sondern die gesamte internationale Gemeinschaft, die an einer weiteren nachhaltigen Entwicklung der Region interessiert ist."

Arktische Muskelspiele der USA beschwören weitere Eskalation im neuen Kalten Krieg herauf




Meinung

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Er bezeichnete diese Geschehnisse – mit Russlands militärischer Sonderoperation in der Ukraine als Anlass – als eine unzulässige Politisierung und erinnerte daran, dass Entscheidungen des Arktischen Rates ohne die Beteiligung Russlands illegitim seien, da sie gegen das Konsensprinzip verstoßen, das in den Grundsatzdokumenten dieser Organisation festgelegt ist. Das heißt, dass überhaupt keine Entscheidung ohne die formelle Zustimmung Moskaus getroffen werden kann. Und wer immer sie getroffen und zur Umsetzung angenommen hat, ist demzufolge ein Separatist.


Die Tatsache, dass es im Arktischen Rat mehrere Putschisten gibt und Russland ihnen gegenüber allein dasteht, gibt ihnen dennoch nicht mehr Rechte. Und die Betreffenden verstehen das sehr gut – das hört man am süßlichen Singsang und Gesäusel der westlichen Diplomaten:

"Wir beabsichtigen, unsere Aktivitäten im Arktischen Rat in begrenztem Umfang bei Projekten fortzusetzen, die keine Beteiligung Russlands vorsehen. Diese Projekte ... sind ein wichtiger Teil unserer Verantwortung gegenüber den Menschen in der Arktis, einschließlich der indigenen Völker."

Und sie versuchen gleich noch, für die Esel ein wenig Heu auszulegen – vorsorglich für alle Fälle:

"Wir sind davon überzeugt, dass der Arktische Rat für die Zusammenarbeit in der Region wertvoll bleibt, und wir bekräftigen unsere Unterstützung für dieses Forum und seine Aktivitäten."

Da seht ihr's: Separatisten.

Chronologisch gesehen ging das so: Am 3. März kündigten Dänemark (einschließlich Grönland, das ihm von den US-Amerikanern noch nicht weggenommen wurde, und den Färöer-Inseln, die ebenso von Kopenhagen abhängig sind) sowie Island, Kanada, Norwegen, die USA, Finnland und Schweden die Aussetzung der gemeinsamen Arbeit mit Russland an. Am 8. Juni erklärten sie sich bereit, nun unter Umgehung Moskaus weiterzuarbeiten. Wenn wir die Dinge beim Namen nennen, also so eine Art Schachzug mit dem Ziel, den bisherigen Arktischen Rat zu zerstören, der bisher solidarisch im Interesse der gesamten Region arbeitet. Oder, wenn dies scheitern sollte, zumindest Probleme und Unannehmlichkeiten für Russland zu schaffen. Etwas Ähnliches spielt sich in letzter Zeit auf vielen internationalen Ebenen ab.


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Unter dem Gesichtspunkt der Interessen der Arktis – als einer ganzheitlich zu fassenden Region – wirkt der Versuch, Russland auszuschließen, schlicht albern. Man betrachte nur die nördliche Hemisphäre der Erdkugel: Der russische Sektor (und der Anteil eines jeden Staates richtet sich nach der Länge seiner Küstenlinie) ist riesig und macht gut die Hälfte der gesamten Polarregion aus. Auf Russland entfallen 80 Prozent der gesamten biologischen Vielfalt in der Arktis (ökologische Bedenken waren einer der Gründe, warum Kanada im Jahr 1996 den Arktischen Rat überhaupt ins Leben rief), Russland ist die Heimat von mehr als 60 Prozent der indigenen Völker dieser Region. Und auf Russland entfallen auch 70 Prozent der wirtschaftlichen Aktivitäten in der Region. In gewissem Sinne ist die Arktis Russland, und der Pool aller anderen Staaten ist ein durchaus wichtiger, aber eben doch nur zusätzlicher Faktor.


Die Welt ist allerdings eindeutig in eine Ära eingetreten, in der die gegebenen globalen Formate zusammenbrechen – und neue Trennlinien entstehen. Derartige Trennlinien werden auch in der Arktis vorgezeichnet. Von wem? Von den USA. Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass Washington hier seine deutliche Spur hinterlässt. Die Arktis solle am besten Opfer einer neuen geopolitischen Konstellation werden. Deren Wesen besteht auch hier in dem Versuch, Russland zu isolieren und daran zu hindern, seinen arktischen Sektor vollständig kontrollieren zu dürfen und legitime Vorteile aus dessen Ausbeutung in Form der Förderung natürlicher Ressourcen und der Nutzung neuer Logistikwege zu ziehen.


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Im Idealfall würde der Westen selbst gern seine Hufe in Russlands Reichtümer in der Arktis schlagen, ganz gemäß der über Jahrhunderte gepflegten Unart von Kolonialherrschaft.

Die Beweise für die aggressiven Absichten der "Partner" sind offenkundig: Die USA wollen den russischen Arktissektor im Westen und Osten physisch blockieren. Der bevorstehende Beitritt Schwedens und Finnlands zur NATO wird es diesem Bündnis ermöglichen, in diesen beiden Ländern neue Militärstützpunkte zu errichten und somit die Kontrolle über den maritimen Zugang westwärts zum Atlantik vom russischen arktischen Sektor aus zu festigen. Und die neu gebildete 11. Luftlandedivision in Alaska mit einer Stärke von 12.000 Mann, die den romantischen Spitznamen "Arctic Angels" erhalten hat, wird die NATO-Streitkräfte östlich von Russland in der Beringstraße verstärken. Anstelle von Kooperation in der Arktis wird der Menschheit auch dort noch die Militarisierung beschert.


Washington hat dieses Szenario bereits von langer Hand vorbereitet. Vor fünf Jahren schon hieß es im Protokoll einer Sitzung des US-Kongressausschusses für die Entwicklung der Arktis, dass der Wettbewerb zwischen Russland und den Vereinigten Staaten in der Arktis genauso groß und wichtig sei wie das Wettrennen im Weltraum. Es hieß gar, dass derjenige, der die Arktis erobern kann, am Ende die globale Führung übernehmen werde. Wahrscheinlich übertreiben die hierauf spezialisierten US-Beamten ja auch die Bedeutung ihres Arbeitsbereiches, wie alle Bürokraten dies zuweilen tun. Doch der grundsätzliche Kurs ihrer Gedanken ist verständlich. Die US-Amerikaner, nicht die Russen, sollen den appetitlichen Happen bekommen – dafür darf man auch sämtliche Formate von Kooperation demontieren und mit dem Säbelrasseln beginnen.


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Nun, es wäre nicht das erste Mal, dass Russland unfreundliche "Partner" besänftigen muss. So wurde denn auch dieses Szenario von Moskau bereits eindeutig ins Auge gefasst – und es wurden entsprechende Maßnahmen ergriffen. Wir konnten erfahren, dass das russische Verteidigungsministerium Stützpunkte in der Arktis errichtet hat (etwa sei der berühmte Stützpunkt "Arktisches Kleeblatt" auf dem Archipel des Franz-Josef-Landes erwähnt), wir vernahmen manches über all die letzten Jahre. Der Militärcluster in Murmansk ist ohnehin traditionell ziemlich stark. Auch im Osten hat Russland dem Pentagon etwas entgegenzusetzen: So wurde in Tschukotka eine neue Division der Küstenverteidigung aufgestellt, die ein wichtiges Glied im einheitlichen Verteidigungssystem der russischen Küste von Primorje bis zur Kola-Halbinsel geworden ist. Hey, Yankees, können wir über die Beringstraße schießen oder nicht?


Bei alledem geht es uns nicht um eine Militarisierung der Arktis durch Russland. Vielmehr stellt Moskau den Westen jetzt erst faktisch vor die Wahl: Wenn ihr mit uns in der Region friedlich zusammenarbeiten wollt – dann seid ihr herzlich willkommen, und zwar im Rahmen des Arktischen Rates. Zieht ihr jedoch eine Konfrontation am Rande des Abgrunds eines militärischen Zusammenstoßes vor – dann ist es sehr schade drum, aber dann sind wir auch für ein solches Szenario gewappnet. Ihr solltet es nur später nicht bereuen müssen ... Wie bei allen anderen Angelegenheiten in unserer gemeinsamen Geschichte, sind manche "Partner" gegenüber gutgemeinten Argumenten in freundlichem Ton leider etwas begriffsstutzig.


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In der Zwischenzeit hatte Moskau (klugerweise mit der Möhre im Blickfeld und der Peitsche unaufdringlich im Halfter) den Ausbau der Infrastruktur des nördlichen Seeweges fortgesetzt. Die ist jetzt im Grunde fertiggestellt und die ersten Erprobungs-Passagen von Schiffen sind schon länger im Gange – bisher erfolgreich. Und da kommt noch mehr. Schließlich wird mit der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes der konkurrenzlos effiziente russische zivile Konzern Rosatom bald der Betreiber des Projekts sein. Denn Eisbrecher mit Nuklearantrieb sind der Schlüssel zur Arktis, ohne sie geht dort gar nichts – und nur Russland verfügt über eine vollwertige Eisbrecherflotte. Hingegen sind die anderen Mitglieder des Arktischen Rates hier in der Tat Fußvolk ohne "Pferde". Jahrelang hat man in Moskau so getan, als würde man sie als Erwachsene anerkennen – aber jetzt zicken die Gören wie wild herum, sind ausgerastet und haben für sich beschlossen, nun erwachsen zu sein. Nun ja – warten wir mal ab.


Übersetzt aus dem Russischen


Sergei Axjonow ist Journalist, Politologe und Schriftsteller. Er blickt auf eine turbulente Laufbahn als Politiker und politischer Aktivist (Nationalbolschewisten, "Anderes Russland") sowie Menschenrechtsaktivist in Russland zurück.


Mehr zum Thema – Der erste seiner Art: Russland beginnt Bau des größten Atomeisbrechers der Welt


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Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/meinung/141106-russische-eisbrecher-oder-wie-sich


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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