23.08.2022

Offen für alleFür Menschen, die Hilfe brauchen: Besuch im Krankenhaus der Libanesischen Volkssolidarität

jungewelt.de, Aus: Ausgabe vom 24.08.2022, Seite 6 / Ausland

Reportage Von Karin Leukefeld, Nabatieh



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Eingang zur Notaufnahme des Al-Najda-Krankenhauses in Nabatieh: Kinderarzt und Leiter der Klinik, Mohammad Mehdi

Die Libanesische Volkssolidarität Al-Najda ist eine der ältesten Nichtregierungsorganisationen (NGO) des Landes, erhält aber aus dem EU-Füllhorn für die »Zivilgesellschaft« im Libanon keinen Cent. Das liegt möglicherweise daran, dass die Al-Najda-Projekte – ein Krankenhaus, eine Schule, Kindergärten, Gesundheitszentren und eine Musikschule – von Aktiven und Militanten der Kommunistischen Partei Libanons aufgebaut wurden. Bis heute fühlen sich Ärzte und Personal diesem Ursprung verpflichtet, auch wenn die KP Libanons nicht mehr über die Kraft verfügt wie zu der Zeit, als das Krankenhaus gebaut wurde. Damals bestimmte der Bürgerkrieg (1975–1990) das Leben der Menschen, die gesundheitliche Versorgung war stark eingeschränkt.


»Alle, die hier im Raum sitzen, sind Kinder von denjenigen, die dieses Krankenhaus 1980 gebaut haben«, sagt Mouna Abu-Sajed, die Direktorin des Nabatieh-Krankenhauses. »Wir Kinder durften die Steine tragen und waren sehr stolz, dass wir eine Aufgabe bekamen.« Neben ihr sitzt ihr Kollege Ahmed, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Krankenhauses. Gegenüber sitzt der Kinderarzt Dr. Mohammad Mehdi, der die ärztliche Leitung der Klinik innehat.


Gründern treu geblieben

Als das Nabatieh-Krankenhaus vor 40 Jahren gebaut wurde, herrschte Bürgerkrieg im Land, erzählt Dr. Mehdi. Nabatieh war ein kleiner, wenig entwickelter Ort im Südlibanon, und es gab nichts, wohin Menschen sich vor dem Krieg hätten retten können, wo man hätte Verwundete behandeln und pflegen können. Die Klinik war ein Projekt von Al-Najda, der Libanesischen Volkssolidarität, einer Art Hilfsorganisation der KP Libanons. Das Motto ihrer Arbeit ist bis heute Programm: »Für die Menschen«.


An vorderster Front der Aktiven stand damals der Arzt Hikmat Al-Amin, der nach der Invasion der israelischen Armee 1982 bei einem Angriff von israelischen Kampfjets getötet wurde. Im Nabatieh-Krankenhaus ist Al-Amin bis heute allgegenwärtig. Ein Denkmal im Hof des Krankenhauses erinnert an ihn, im Zimmer der Direktorin hängt ein großes Porträtfoto an der Wand. Sein Bruder Anwar Al-Amin arbeitet bis heute in der Apotheke des Krankenhauses. Das Nabatieh-Krankenhaus ist seiner Gründergeneration in Wort und Tat treu geblieben.


Die Klinik sei offen für alle, die Hilfe brauchen, sagt Abu-Sajed im Gespräch mit der jW-Autorin Mitte August in Nabatieh. Religiöse Zugehörigkeit spiele keine Rolle, und auch die Kosten der Behandlungen seien deutlich geringer als in Beirut, fügt Kollege Ahmed hinzu. Als NGO-Klinik gilt das Nabatieh-Krankenhaus als private Klinik und muss Kosten erheben, um sich zu finanzieren. Doch selbst staatliche Kliniken verlangen heute von Patienten eine Vorauszahlung, bevor sie aufgenommen werden. Die staatliche Versicherung übernehme inzwischen nur noch zehn Prozent, alles andere müssen Betroffene von religiösen Stiftungen und Organisationen erbitten oder selber bezahlen. Ein Kaiserschnitt in Beirut kostet beispielsweise 2.000 US-Dollar, im Nabatieh-Krankenhaus dagegen 350. Die Behandlung mit Sauerstoff, Dialyse oder Blutspenden sei für viele unbezahlbar geworden, erklärt Dr. Mehdi. »Wir haben zwei Abteilungen im Krankenhaus geschlossen, um Geld zu sparen«, sagt er. Bis heute seien 196 der 210 Schwestern, Pfleger, Laboranten und Ärzte geblieben. »Wir können nur ein geringes Gehalt bezahlen, weil uns ›frische Dollar‹ fehlen«, so Dr. Mehdi. Das Personal, das die Klinik verlassen habe, habe besser bezahlte Arbeit im Irak oder in einem arabischen Golfstaat gefunden.


Im Libanon heute gehe es nicht um »frische Luft, frisches Gemüse oder frisches Wasser«, lacht Abu-Sayed. »Wir brauchen ›frische Dollar‹ auf dem Konto, um die Gehälter, den Diesel für die Generatoren oder Reparaturen an den medizinischen und Laborgeräten bezahlen zu können.« »Frische Dollar« sind US-Dollar, die aus dem Ausland kommen und ab einem Fixdatum nach der Finanzkrise 2019 auf ein Konto eingezahlt wurden und werden. Das Geld, das vor dem Fixdatum eintraf, darf höchstens in kleinen Teilen monatlich ausgezahlt werden. »Frische Dollar« dagegen können den Betrieb (nicht nur) der Al-Najda-Klinik gewährleisten.


»Weil es keinen Strom gibt, müssen wir täglich 1.000 frische Dollar für Diesel bezahlen, damit wir die Generatoren betreiben können«, sagt Direktorin Mouna. »Eine Billion Libanesische Pfund brauchen wir, um die Gehälter monatlich zu bezahlen.« Bei dem aktuellen Umtauschkurs außerhalb der Banken sind das rund 30.000 US-Dollar. Woher kann das Geld kommen? »Wir hoffen auf Spenden, aufgeben kommt für uns nicht in Frage. Ich selber bin aus Kanada zurückgekommen, um hier zu arbeiten. Dr. Mehdi hat in der Ukraine studiert, als das Land noch zur Sowjetunion gehörte. Dann löste die Sowjetunion sich auf, und er hat einige Jahre in der Ukraine gearbeitet, bevor auch er zurückkam«, sagt Abu-Sajed. Ihren Einsatz für das Krankenhaus seien sie der Gründergeneration, ihren Eltern, schuldig.


Dr. Mehdi führt durch das Krankenhaus, das aktuell 75 Betten hat. Die VIP-Station mit Einzelzimmern und Bädern wurde geschlossen, obwohl insbesondere hier Geld eingenommen werden konnte. »Als wir Coronapatienten hatten, konnten wir sie auf der VIP-Station gut isolieren.« Die einzelnen Abteilungen – Kindermedizin, Frauen- und Geburtenstation, Dialyse, Operationen – wurden jeweils von Unterstützern der Klinik gespendet und finanziert, die im Ausland leben. »Ein Freund hat die Blutbank gespendet, eine andere Person hat das Labor gespendet.« Die Geräte seien so gut, dass andere Kliniken und Arztpraxen ihre Untersuchungen dort machen ließen. Das spüle etwas Geld in die Kasse.


Zukunft ungewiss

Andere Geräte aber müssten erneuert oder dringend repariert werden, sagt Dr. Mehdi: »Von acht Dialysegeräten funktionieren nur zwei, und auch unser CT-Scan für Computertomographien ist außer Betrieb. Wir müssen diese Untersuchungen auswärts machen lassen.« Als das Krankenhaus unter schwierigen Bedingungen 1982 entstand, erhielt es eine große Spende aus dem Entwicklungsfonds des steinreichen Emirats Kuwait. »Unsere Mütter haben ihren Goldschmuck verkauft, um Baumaterialien kaufen zu können«, erinnert sich Abu-Sajed. Wie es weitergehen könne, wisse niemand, fügt sie hinzu. Ihren Goldschmuck haben die Familien in den letzten Kriegs- und Krisenjahren längst verkauft.


Info: https://www.jungewelt.de/artikel/433173.reportage-offen-f%C3%BCr-alle.html

23.08.2022

in Kürze...

aus e.mail von Doris Pumphrey, 23. August 2022, 18:12 Uhr


https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.August 2022


13:41 Uhr

*Türkischer Außenminister:

Einige NATO-Länder wollen kein Ende des Ukraine-Konflikts*


Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hat darauf hingewiesen,

dass es in der NATO Länder gebe, die kein Ende des bewaffneten Konflikts

in der Ukraine wünschten und das Getreideabkommen sabotierten. Im

Interview mit dem TV-Sender /Haber Global/ sagte er:

/"Es gibt Länder im Westen, die wollen, dass der Krieg weitergeht,

darunter auch NATO-Mitglieder. Ich beziehe mich dabei nicht nur auf die

USA, sondern auch auf die NATO-Mitgliedstaaten. Es gab auch einige, die

das Getreideabkommen sabotieren wollten, aber es waren nicht die USA.

Die USA trugen dazu bei, unter anderem durch die Aufhebung der

Beschränkungen für die Ausfuhr von russischen Düngemitteln, die Freigabe

von Häfen und die Aufhebung von Beschränkungen für Bankgeschäfte. Aber

es gab europäische Länder, die das sabotieren wollten. Wir geben die

Hoffnung nicht auf und setzen unsere Bemühungen fort."/



16:18 Uhr

*Scholz: Werden Russlands Übernahme ukrainischer Gebiete niemals

akzeptieren*

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Kiew anhaltende Unterstützung im

Ukraine-Krieg zugesichert und behauptete, dass Deutschland die Übernahme

ukrainischer Territorien durch Russland niemals akzeptieren werde. Am

Dienstag sagte der SPD-Politiker bei einer Konferenz zur Lage auf der

Krim, zu der er per Video aus Kanada zugeschaltet war:

/"Die internationale Gemeinschaft wird Russlands illegale,

imperialistische Annexion ukrainischen Territoriums niemals akzeptieren." /

Die Partner der Ukraine seien vereint wie nie, sagte Scholz und fügte

hinzu: /"Ich kann Ihnen versichern: Deutschland steht fest an der Seite

der Ukraine, solange die Ukraine unsere Unterstützung braucht."/

Weiter kündigte der Kanzler an, Deutschland werde mit seinen Partnern

die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten, finanziell helfen,

Waffen liefern und sich auch am Wiederaufbau beteiligen. Scholz ferner:

/"Ich bin sicher, die Ukraine wird den dunklen Schatten des Krieges

überwinden – weil sie stark, mutig und vereint ist in ihrem Kampf für

Unabhängigkeit und Souveränität. Und weil sie Freunde in Europa und

überall auf der Welt hat."/



12:21 Uhr

*FDP-Politikerin ruft zu Opferbereitschaft in Krise mit Russland auf*

Die FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im

Bundestag Marie-Agnes Strack-Zimmermann appelliert an die Deutschen, in

der Auseinandersetzung mit Russland zu Opfern bereit zu sein. Die

Verteidigungsexpertin sagte den Zeitungen der /Funke/-Mediengruppe:

/"Wir müssen Putin und den Diktatoren dieser Welt, die unser

demokratisches Leben hassen und zerstören wollen, entschlossen

entgegenstehen. Das wird von uns allen auch persönlich Opfer erfordern.

Schwach sollten wir trotz alledem nicht werden."/

Es sei angesichts der hohen Energiepreise wichtig, die Menschen in

Deutschland zu entlasten, die den Preisanstieg kaum stemmen könnten.

Gleichzeitig sprach sich Strack-Zimmermann für weitere Waffenlieferungen

an Kiew aus und sagte, dass sie die Zögerlichkeit des Bundeskanzlers

Olaf Scholz in dieser Frage "bis heute nicht verstanden" habe.

/"Wir müssen dringend neben der humanitären Hilfe auch weiteres schweres

Gerät und Munition liefern – und zwar deutlich, bevor der Winter kommt.

Alles andere wäre fatal."/

/"Ginge es nach der FDP, würden wir heute sofort 50

Marder-Schützenpanzer direkt an die Ukraine liefern."/



https://cooptv.wordpress.com/2022/08/23/ukrainischer-botschafter-in-kasachstan-ruft-im-internet-dazu-auf-russen-zu-toten-regierung-in-kasachstan-protestiert/

*Ukrainischer Botschafter in Kasachstan ruft im Internet dazu auf Russen

zu töten –

Regierung in Kasachstan protestiert


*Der ukrainische Botschafter Petr Vrublevsky hatte in einem Interview,

dass das Ziel der Ukraine darin bestehe, die größte Zahl von Russen zu

töten. Der Diplomat wurde in das kasachische Außenministerium zu einem

Treffen mit dem stellvertretenden Außenminister Jermuchambet Konuspajew

vorgeladen.

„Die kasachische Seite hat ihre Position zum Ausdruck gebracht, dass

solche Äußerungen unangemessen und für die Aktivitäten des Botschafters

unpassend sind. Solche Aktionen sollten die freundschaftlichen

Beziehungen zwischen den Staaten nicht beeinträchtigen“, heißt es in der

Mitteilung des kasachischen Außenministeriums.

In den sozialen Medien wurde ein Fragment eines Interviews mit

Vrublevsky veröffentlicht, in dem er sagte, je mehr die ukrainische

Armee jetzt Russen tötet, desto weniger müssen sie von den nächsten

Generationen von Ukrainern getötet werden.

Vrublevskys Worte wurden in der Versammlung der Völker Kasachstans

verurteilt. Der Verband der russischen, slawischen und kosakischen

Organisationen Kasachstans forderte das Außenministerium auf, den

Diplomaten zur unerwünschten Person zu erklären.

*VIDEO LINK HIER

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„Während des Treffens wurde gegen den Botschafter im Zusammenhang mit

seinen Äußerungen in einem Interview mit dem kasachischen Blogger Dias

Kuzairov am 21. August protestiert. Die kasachische Seite hat Stellung

bezogen auf die Inakzeptanz und Unvereinbarkeit solcher Äußerungen mit

den Aktivitäten des Botschafters eines ausländischen Staates“, heißt es

in der Mitteilung auf der Website des kasachischen Außenministeriums.

23.08.2022

Die Verbindung: Nord Stream 2 – Ermordung Herrhausens

pressefreiheit.rtde.tech, 23 Aug. 2022 13:05 Uhr,Von Thorsten Schulte

Welche Verbindung gibt es zwischen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, der Ermordung des ehemaligen Chefs der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und einer Warnung Egon Bahrs? Wie naiv, dumm oder fremdbestimmt sind die Deutschen?


Die Verbindung: Nord Stream 2 – Ermordung Herrhausens


Quelle: www.globallookpress.com © imago stock&people


Erdgas kostet in den letzten Wochen in Europa sieben- bis achtmal so viel wie in den USA. Der Strompreis erreichte Mitte August in Deutschland einen neuen Rekord. Die Deutschen lassen sich einreden, dass sie die Speerspitze für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie sind, wenn sie für den Frieden frieren. Gleich vorweg: Es war der Architekt der Ostpolitik des Bundeskanzlers Willy Brandt, der ehemalige Bundesminister Egon Bahr, der einer Schulklasse im Jahr 2013 ehrlich und offen erklärte:

"In der internationalen Politik geht es nicht um Demokratie und Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt."

Heute sollten wir diese Worte Bahrs an alle Deutschen richten. Denn ihre Regierung handelt meiner Meinung nach entweder höchst naiv oder fremdbestimmt. (Buch Fremdbestimmt, Fußnote 11: Sebastian Riemer, RNZ, Egon Bahr schockt die Schüler: "Es kann Krieg geben", 4. Dezember 2013)



Alfred Herrhausen, damals Chef der Deutschen Bank, wurde am 30. November 1989 kaltblütig mit einer hochmodernen Autobombe mit Lichtschranke ermordet. Der Öffentlichkeit wird eine imaginäre dritte Generation der Roten Armee Fraktion als Täter präsentiert, aber es riecht nach höchst anspruchsvoller Arbeit, wie sie nur Geheimdienste erledigen können. Herrhausen hatte ein Leitmotiv, einen Lebensgrundsatz:

"Wir müssen das, was wir denken, sagen. Wir müssen das, was wir sagen, tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein."

In seinem Buch "Wendemanöver: Die geheimen Wege zur Wiedervereinigung" hat der 2014 verstorbene Ferdinand Kroh, Journalist, der in seinem Leben für SFB, RIAS, ARD, Deutschlandfunk etc. arbeitete, wichtige Tatsachen ans Tageslicht gebracht. Er schreibt davon, dass Alfred Herrhausen bereits 1987 und damit weit vor dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 von seinem damaligen Chef der Deutschen Bank Christians von einem Angebot der Sowjets erfuhr, die DDR aus dem Warschauer Pakt zu entlassen. Er schreibt:

"Nicht Christians, sondern Herrhausen wurde der Überbringer dieser Botschaft des Generalsekretärs an den Bundeskanzler."

Gemeint war der damalige Chef der Sowjetunion Gorbatschow. Herrhausen entwickelte danach ein Entwicklungsmodell, das die Interessen des Internationen Währungsfonds und der Weltbank ausgehebelt hätte. Jeder weiß, dass IWF und Weltbank von den USA und der dortigen Finanzelite dominiert werden. Kroh stellt fest:

"Herrhausens Konzept bedeutete einen Rückgriff auf das Modell des Marshall-Plans nach dem Zweiten Weltkrieg." (Seite 246).



Herrhausen wurde am 30. November 1989 umgebracht, in dem Monat, in dem die Berliner Mauer fiel. Wenige Tage später, genau am 4. Dezember 1989, wollte er in New York eine sehr wichtige Rede halten. Wir zeigen einen Artikel der New York Times vom 7. Januar 1990 mit Auszügen aus der Rede Herrhausens, die er am 4. Dezember 1989 in New York halten wollte. Der Journalist Ferdinand Kroh stellt dazu fest:

"Die New York Times veröffentlichte zu Ehren des Bankiers diese Rede vier Wochen nach seiner Ermordung, unterschlug ihren Lesern aber auffälligerweise jene elf Seiten, in denen er seine Strategie zur Finanzierung Osteuropas nach der Wende darlegte." (Seite 247)

Er schreibt weiter:

"Die New York Times verschwieg Herrhausens Vorschläge für eine wirksame Streichung der polnischen Schulden ebenso wie seinen Plan der Errichtung einer Entwicklungsbank zur Finanzierung projektgebundener Investitionen in Osteuropa, für deren Zweck er Morgan Grenfell erworben hatte."

Werden wir regiert oder ruiniert? Lügt der Vizekanzler Habeck, der den USA "führend dienen" will?

Meinung

Werden wir regiert oder ruiniert? Lügt der Vizekanzler Habeck, der den USA "führend dienen" will?

Diese britische Investmentbank konnte Herrhausen wenige Tage vor seiner Ermordung für die Deutsche Bank kaufen.

Im September 1989, dies lässt sich heute sogar in den Mainstream-Medien nachlesen, hielt Alfred Herrhausen auf dem Jahrestreffen vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington eine Rede. Sein Thema war die Schuldenreduzierung und er "verband dies zum ersten Mal mit der Notwendigkeit, auch die Schuldenlasten der osteuropäischen Reformländer, vor allem Polens, deutlich zu senken". Er forderte die westlichen Gläubiger, also die USA und andere westliche Staaten, auf, die Schulden Polens zu reduzieren. Ferdinand Kroh schreibt dann:

"Nach seinem Vortrag muss ihm eine dermaßen feindliche Stimmung entgegengeschlagen sein, dass er den anschließenden Empfang nicht besuchte."

Kroh schreibt, dass ihm einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten des deutschen Fernsehens in einem Privatgespräch folgende Begebenheit schilderte:

"Als er den Bankchef vor dem Empfang im Foyer des gemeinsamen Hotels traf, hatte der seinen Koffer in der Hand. Er erklärte dem Journalisten, dass ihm die Luft hier 'zu bleihaltig' sei, er fliege zurück nach Frankfurt."

Jeder möchte sich die Frage stellen, warum eine linksextremistische Rote Armee Fraktion gerade diesen Mann, der sich für den Schuldenerlass für arme Länder einsetzte, umbringen sollte. Es ist so widersinnig. Manchmal können ganz einfache Fragen uns alle zur Wahrheit führen. Wir müssen nur den eigenen Verstand benutzen.


Einzelne Deutsche können diese Fremdbestimmung der politischen Schicht in Berlin nicht beenden. Dies zeigt uns die Ermordung Herrhausens, der für mich ein Held ist und Vorbild. Nochmals wiederhole ich seinen Lebensgrundsatz:

"Wir müssen das, was wir denken, sagen. Wir müssen das, was wir sagen, tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein."

Lafontaine: Amerika treibt Europa in einen Atomkrieg





Lafontaine: Amerika treibt Europa in einen Atomkrieg







Wer die Energiepolitik Deutschlands, die Explosion der Strompreise und Gaspreise bereits 2021, nicht erst im Februar 2022, sieht, der kann an Vernunft und Selbstbestimmung in der Berliner und Brüsseler Politik nicht glauben. Weder die Bundesregierung in Berlin noch die EU-Kommission in Brüssel handeln meiner Meinung nach im Interesse der Menschen in Europa. So wie auch die deutsche Vereinigung nicht im Interesse der Menschen in der ehemaligen DDR und im Ostblock und der Umbruch in Russland nicht nach den Vorstellungen Alfred Herrhausens der Neuanfang erfolgte.


Ich denke nur an die grausame Zeit für die russische Bevölkerung unter Boris Jelzin in den 90er Jahren. Dazu blenden wir nur mal die Entwicklung der Lebenserwartung der russischen Bevölkerung nach Zahlen der Weltbank ein, die ja sicher keine russische Propaganda betreibt, eher US-Propaganda, nicht wahr? Wenn es einem Volk schlecht geht, fällt natürlich die Lebenserwartung. Und es ging dem russischen Volk vor Wladimir Putin in den 90er Jahren schlecht, wie wir sehen. (Buch Fremdbestimmt, Fußnote 684 Worldbank: Life expectancy at birth, total (years); https://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.LE00.IN?locations=RU&view=chart)


Heute gilt mehr denn je: Nur die Masse kann friedlich, aber mit Nachdruck den Weg ebnen für den Einzug von Vernunft in der Politik in Berlin und Brüssel, für die Selbstbestimmung und ich sage bewusst für die Wiederannäherung Westeuropas an Russland. Oskar Lafontaine warnte uns in einem Weltwoche-Artikel im April 2022:

"Amerika treibt Europa in einen Atomkrieg."

Wenig später schrieb der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, ebenfalls in der Schweizer Weltwoche:  

"Der Ukraine-Krieg ist nicht unser Krieg."



Ein ehemaliger SPD-Chef und Mitgründer der Linken sowie ein Ex-Top-Regierungsbeamter in der Schweizer Weltwoche kamen innerhalb weniger Tage mit ähnlichen Warnungen. Dies macht Hoffnung. Für Vernunft und Selbstbestimmung in der deutschen Politik müssen wir alle gemeinsam alles tun, friedlich, aber bestimmt. Und ich sage: Wenn Merkels Politik angeblich alternativlos war, so ist für mich die Genehmigung der fertiggestellten und mit Erdgas befüllten Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 alternativlos. Wir Deutschen wollten diese Pipeline, aber die USA haben bereits 2017 und 2019 alles unternommen, um sie zu stoppen.

Egon Bahr weist uns den Weg:

"In der internationalen Politik geht es nicht um Demokratie und Menschenrechte."

Ich will ein gutes Miteinander von Russland und Deutschland. 1914 und 1941 begannen schreckliche Zeiten für beide Länder. Dies darf sich nicht wiederholen.





Mehr zum Thema - Beweis: 1. Wortbruch von Vizekanzler Habeck! Eine unheilige Allianz: George Soros, Habeck, Baerbock!






Thorsten Schulte ist eine Stimme der Vernunft zu Wirtschaft und Politik in Europa. Er ist der Autor von Büchern wie "Kontrollverlust – Wer uns bedroht und wie wir uns schützen" (Spiegel-Bestseller Platz 1, mit Vorwort von Willy Wimmer) und "Fremdbestimmt: 120 Jahre Lügen und Täuschung", redet Tacheles, deckt auf, klagt an und entwirft einen besseren Weg für Deutschland.


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/meinung/146535-verbindung-nord-stream-2-ermordung


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.08.2022

100 Zeilen Hass

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nachdenkseiten.de, 23. August 2022 um 12:18 Ein Artikel von: Jens Berger

Eigentlich sollte man Nikolaus Blome dankbar sein. Während die meisten seiner Leitartikler-Kollegen ihre Gedankenwelt hinter blumigen Hohlsätzen verstecken, nimmt der ehemalige BILD-Vize wenigstens kein Blatt vor den Mund und lässt seinem Hass gegen „die da unten“ freien Lauf. In einer wilden Polemik hetzt er nun im SPIEGEL gegen den „Pöbel“, der sich anmaßt, gegen steigende Preise auf die Straße zu gehen. Wir lernen – wer oft aus purer Not Sorgen hat, ist „bescheuert“ – vor allem dann, wenn er aus dem Osten kommt. Das ist Klassenjournalismus in seiner widerwärtigsten Form. Offenbar sind Teile der medialen Eliten bereit, die Spaltung des Landes zu forcieren. Der Gesellschaftsvertrag ist aufgekündigt – nicht vom „Pöbel“, sondern von arroganten Schreibtischtätern und Hasspredigern wie Blome.


Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Podcast: Play in new window | Download


Zitat: Der Herbst steht vor der Tür und viele Menschen wissen nicht, wie sie die horrenden Kosten für Strom und Heizenergie überhaupt schultern sollen. Proteste werden folgen, der Begriff „Wutwinter“ macht die Runde. Es wäre jedoch fahrlässig, diese „Wut“ auf die konkrete wirtschaftliche Mehrbelastung zu reduzieren. Gerade in den strukturschwachen Regionen ist das Vertrauen in die Politik und den Staat schon länger im freien Fall. Hoffnungslosigkeit und Resignation sind eingekehrt. Man fühlt sich mit seinen Problemen alleingelassen und es ist ja in der Tat so, dass die politischen Debatten der letzten Jahre komplett an der „abgehängten“ Mehrheit dieser Regionen vorbeigegangen ist. Man sieht nur die im Licht und in Städten wie Duisburg, Dessau oder Frankfurt/Oder ist es dunkel. Ist es wirklich überraschend, dass irgendwann aus Resignation Wut wird?


Dass ein Leitartikler wie Nikolaus Blome dafür kein Verständnis hat, ist offensichtlich. Damit wird er nicht der Einzige in der Berliner Blase sein. Die Abgehängten haben nun einmal keinen Einfluss im politischen Berlin – sie haben keine Lobby, schalten keine Anzeigen in Zeitungen, ja, sind noch nicht einmal deren Abonnenten. Sie wählen entweder gar nicht oder falsch. Und dann besitzen sie auch noch die Unverfrorenheit, ihre Wut – sicher manchmal auch polemisch – zu artikulieren. Für einen Nikolaus Blome ist dies schlicht „bescheuert“. Vox populi, vox Rindvieh. Demokratie ist nur so lange wünschenswert, wenn die Mehrheit die richtige Meinung hat. Daran arbeitet Blome schon lange.


Das allein erklärt jedoch nicht Blomes Hass. Auch ein Nikolaus Blome ahnt, dass die horrenden Preissteigerungen die Wut nicht nur verstärken, sondern auch in Bevölkerungsgruppen tragen könnten, die bislang noch nicht völlig mit der politischen Debatte abgeschlossen haben – Unternehmer, Rentner, ganz normale Arbeitnehmer auf dem Lande, denen nun hohe vierstellige Nachzahlungen für ihren Gasverbrauch ins Haus flattern; also Menschen, die sich bislang eher in der Mitte verortet haben und nun um ihr kleines Glück oder gar ihre Existenz bangen. Menschen, die den SPIEGEL lesen.


Diese Menschen sind es, die Blome eigentlich mit seiner Tirade erreichen will. Die Botschaft ist klar: Da auf der Straße nur „Bescheuerte“ sind, die gegen Flüchtlinge sind und Angst davor haben, bei der Corona-Impfung „gechippt“ zu werden, sollte sich der brave Bürger lieber zweimal überlegen, ob er sich in diesen „Pöbel“ einreihen will. Und, na klar – wer jetzt gegen die Preissteigerungen auf die Straße geht, ist auch gegen Flüchtlinge und ein Corona-Schwurbler. So einfach ist das. Beleidige Einen, erziehe Hunderte.


Leider hatte diese Methode in der Vergangenheit ja durchaus Erfolg – weniger bei den Bürgern selbst, dafür aber umso mehr bei den Institutionen. Man brachte Berichte, Dokus und Specials über – oft in der Tat – „bescheuerte Schwurbler“, die im Rahmen der frühen Corona-Proteste auf die Straße gingen. Man machte mit ihnen sogar „Waldspaziergänge“, um beweisen zu können, was eigentlich keines Beweises bedarf. Angeblich mache sich nun jeder, der noch auf die Straße geht, mit diesen Hildmännern gemein, sei somit ein aluhuttragender Reichsbürgerschwurbelnazi. Die üblichen Verdächtigen in Sachen Protest, Gewerkschaften und die Linke, wollten mit diesen „Bescheuerten“ nichts zu tun haben und blieben den Demonstrationen fern. Am Ende demonstrierten die Menschen dann halt ohne die Gewerkschaften. Die Linke wird nun nicht mehr als Protestpartei wahrgenommen und ist auf dem besten Weg Richtung politische Bedeutungslosigkeit. Mission accomplished.


Das soll sich nach dem Willen eines Nikolaus Blome natürlich fortsetzen. Sein Hass ist nur Mittel zum Zweck. Es geht nicht primär darum, Menschen zu beleidigen, sondern diese Beleidigung als abschreckendes Beispiel in den Raum zu stellen, um den braven Bürger davon abzuhalten, seine Wut auf die Straße zu bringen. Wer mit „Bescheuerten“ demonstriert, ist selbst „bescheuert“, so die implizite Botschaft Blomes.


Frei nach Lenin sollte man ihm entgegnen: Sag mir, wer Dich kritisiert, und ich sage Dir, was Du richtig gemacht hast. Oder mehr in Richtung Sponti: Lebe so, dass Nikolaus Blome was dagegen hätte. Wenn Sie sich also fragen, ob Sie für Nikolaus Blome ein „Bescheuerter“ sind, wenn sie nun gegen steigende Preise auf die Straße gehen, dann nehmen Sie es doch einfach locker. Zumindest ich könnte sehr gut damit leben, wenn Blome mich für bescheuert hält. Umgekehrt würde ich mir Sorgen machen, wenn dem nicht so wäre.


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=87192

23.08.2022

Der Herrschaftsschreiber und der Pöbel – Deutschland 2022?

pressefreiheit.rtde.tech, 23 Aug. 2022 06:15 Uhr, Von Dagmar Henn

Man merkt es an vielen Stellen: Deutschland bewegt sich tief in die Vergangenheit. Manche machen nicht einmal im 20. Jahrhundert halt, sondern greifen auf noch älteres Denken zurück. Ein Kommentar im Spiegel verbreitet jetzt eine Weltsicht, die ins Preußen des Vormärz passt.


Der Herrschaftsschreiber und der Pöbel – Deutschland 2022?


© https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a7/Alexanderplatz_Berlin_1848.jpg


Meute, Pack, Gesindel, Mob, Asoziale, Horde, Plebs. Das sind alles Synonyme für einen Begriff, an den sich wohl künftig alle Einwohner Deutschlands gewöhnen müssen, die nicht ausreichend Lakaiengesinnung zeigen.



Scholz: "Niemand in diesem Land hat vor, dass auf Demonstranten geschossen wird"



Scholz: "Niemand in diesem Land hat vor, dass auf Demonstranten geschossen wird"






Das ist durchaus ein beinahe zwangsläufiger Nachvollzug einer realen Kehrtwende, die zeitlich so weit zurückgreift, dass das Delikt des Holzdiebstahls wieder aktuell wird. Der ehemalige Spiegel-Redakteur Nikolaus Blome greift also schlicht zu einem Vokabular, das den Zeitläuften angemessen ist, wenn er in seiner jüngsten Kolumne vom "Pöbel" schreibt.


Immerhin, vor einem Winter, in dem viele in Deutschland werden frieren müssen – für die Büros der öffentlichen Verwaltung sind gerade 19 Grad als Raumtemperatur vorgesehen, was deren Arbeit noch einmal verlangsamen würde, bei dieser Temperatur kann man nicht mehr schnell tippen – gilt die Mitnahme selbst von Tot- und Bruchholz aus den durchprivatisierten Wäldern als Diebstahl. Mitte des 19. Jahrhunderts, in den Jahren 1842 und 1843, befasste sich ein junger Journalist in der Rheinischen Zeitung ausführlich mit den Debatten des Rheinischen Landtags, als dieser genau dies zur Straftat erklären wollte. Die tiefe Ungerechtigkeit, ja, die Absurdität, die Beseitigung eines existentiellen Mangels durch das Sammeln wirtschaftlich nicht verwertbaren Materials aus den Wäldern rigide zu strafen, trug dazu bei, dass dieser junge Journalist den Rest seines Lebens damit verbrachte, an einer gerechteren Gesellschaft zu arbeiten.


Der Name dieses Journalisten war Karl Marx. Die Texte sind heute noch, schlimmer wieder lesenswert. Er zitiert die Halsgerichtsordnung Karls V. : "Wo aber jemandt bei tag essendt früchte nem, und damit durch wegtragen derselben nit großen geuerlichen schaden thett, der ist nach gelegenheyt der personen und der sach burgerlich zu straffen." Im heutigen Sprachgebrauch würde man sagen, eine Ordnungswidrigkeit, keine Straftat.


Neuordnung der Bundeswehrführung deutet auf vermehrte Übernahme polizeilicher Aufgaben





Neuordnung der Bundeswehrführung deutet auf vermehrte Übernahme polizeilicher Aufgaben





Aber passend zur breiten Wiedereinführung der Armut in Deutschland wurde der Mundraub aus dem Strafgesetzbuch gestrichen, es sind längst wieder Bagatelldelikte, die massiv verfolgt werden (ein Drittel der Insassen in Strafanstalten sitzt wegen Beförderungserschleichung), und für den Kältewinter gibt es die Strafbarkeit des Holzdiebstahls.


Übrigens, vor den Artikeln über den Holzdiebstahl hat er sich ebenfalls in mehreren Texten mit dem Thema der Zensur befasst. "Ist die Wahrheit einfach so zu verstehen, daß Wahrheit sei, was die Regierung anordnet" – schon wieder so ein unheimliches Gefühl einer Wiederholung; hinter all dem quietschebunten woken LGBTQXYZ befindet sich eine altpreußische Zensur mit einem viktorianischen Sittenkodex; willkommen in der Vergangenheit.


Das ist die Zeit, die den Kartätschenprinzen hervorbrachte, dessen Schloss man in Berlin unbedingt wiederhaben wollte, und auch ein falsches Schloss an der Stelle eines Palasts der Republik weist in die gleiche Richtung. Dazu passt es dann, dass der brave Bürger sich in sein Schicksal fügt, wenn der Fürst ihm das Frieren weist, und bibbernd dennoch der Versuchung zu Unruhe und Aufruhr widersteht.


"Monitor" freut sich: Alina Lipp bald vor Gericht





"Monitor" freut sich: Alina Lipp bald vor Gericht







Eine Zeit, die Fürsten hervorbringt, oder zumindest Fürstenimitate mit Fürstengehabe, die Wahrheiten vorgibt und das Holzsammeln unter Strafe stellt, die kommt nicht aus ohne jene Art Lakaien, die ihrer Herrschaft nach dem Munde reden und sich mit Kratzfüßen und Bücklingen durchs Dasein bewegen. Die aber selbstverständlich, wenn sie in Kontakt mit dem gemeinen Volk gerät, sich ebenso über dieses erhaben fühlen wie ihre Herrschaft. Nicht wahr, Herr Blome? Es ist auch weder gut fürs Rückgrat noch für das Gemüt, tagein, tagaus Leib und Gedanken zu beugen, da drängt es gerade danach, endlich Dampf ablassen zu können wider den Pöbel, der es durch seine schiere Existenz wagt, daran zu erinnern, dass ein menschliches Rückgrat für eine aufrechte Haltung gedacht ist.


"Der Kanzler versuchte es mit Ironie gegenüber Leuten, die man früher 'Pöbel' genannt hätte, und früher war bekanntlich nicht alles schlechter. Das hat Stil, aber ob es hilft?"


Man sollte solche wie Blome verpflichten, sich ihrer Gesinnung gemäß zu kleiden. Bei Blome sehe ich vor mir gestreifte Kniehosen, Riechfläschschen und eine Perücke, Schuhe mit leichten Absätzen und quadratischen Schnallen. Ich weiß aber nicht, ob in der Spiegel-Redaktion Platz für Binsen am Fußboden ist, damit der Herr auch zeitgerecht seine Notdurft verrichten kann.

Übrigens war der Anlass die Frage an Bundeskanzler Olaf Scholz, ob er auf Demonstranten schießen lassen würde; eine Frage, die, wenn man der bereits laufenden Benennung als Staatsfeinden und Umstürzlern folgt, mitnichten so wirklichkeitsfern war, wie Blome das darstellt. Blome unterschlägt von dem ganzen Dialog, nicht überraschend, die abgründige Antwort Scholz', die, aufgrund welchen unterbewussten Drangs auch immer, mit "Niemand hat vor" begann.


Die Tagesschau droht, und die Regierung erhöht die Angstdosis





Meinung

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Blomes Karriere ist in sich bereits ein Beleg für die tiefe Verlotterung der deutschen Presse. Er begann bei der Bild, gelangte dann in die Chefredaktion des Spiegel und sitzt jetzt beim Bertelsmann-Sender ntv. Früher, als der Spiegel noch gelegentlich lesenswert war, wäre der einzige Bild-Mitarbeiter, der dort Karriere hätte machen können, Günter Wallraff gewesen, weil er nie ein echter Bild-Mitarbeiter war.


Blome ist es gleich, welchem Oligarchen er dient, ob Friede Springer oder Liz Mohn; vielleicht durfte er einer der beiden auch schon einmal die Kekse zum Nachmittagskaffee vorlegen oder mal den Hund spazierenführen, aus ihm spricht jedenfalls der Geist des Wiener Kongresses, um ihn wabert die stickige Luft des Vormärz, als Georg Herwegh, Heinrich Heine und Georg Büchner im Exil schrieben.


"Zum dritten Mal in sieben Jahren stellt sich die Frage, wie man diese Menschen erreicht, die alle menschliche Mäßigung fahren lassen." Haben sie ihren Darm auf den Schreibtisch des Herrn entleert? Haben sie ihn mit Mistgabeln heimgesucht? Nein, sie lassen den Gehorsam vermissen und wollen nicht anerkennen, "daß Wahrheit sei, was die Regierung anordnet".


Teilnehmer der Kölner Satire-Demo "bedanken" sich für die Corona-Politik (Fotoreihe)





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"Es mehren sich die Hinweise, dass es stets dieselben sind, die da am lautesten krakeelen, nicht nur im Osten des Landes." Blome ist von Herzen Knecht, man verlangt zu viel, wenn er begreifen soll, dass Lakaientum nicht die höchste menschliche Tugend ist. Widerspruch ist ihm, gleich, was der Anlass sei, zutiefst fremd und nötigt ihn, geradezu schamvoll beiseite zu blicken und nur nicht wahrzunehmen, was die Unholde umtreibt. Die selbstverständlich, konform, wie Blome nun einmal ist, gaaaanz rechts stehen, auch wenn die soziale Denomination als Pöbel auf der Skala des alten "Friede den Hütten, Krieg den Palästen" Blome ganz rechts sieht.


"'Bürger' ist kein geschützter Begriff, das ist mir klar. Jeder kann sich 'Bürger' nennen, auch wenn er mit einem schiedlich-friedlichen Gemeinwesen, Toleranz, Mehrheitsfindung oder sonstigen Gepflogenheiten einer bürgerlich-zivilen Gesellschaft absolut nichts am Aluhut hat. Aber es gibt eben auch eine Grenze, jenseits derer sind bestimmte Bürger nicht mehr besorgt, sondern bescheuert, und es wäre an der Zeit, das einmal laut auszusprechen."


Zugegeben, das Deutsche hat eine linguistische Schwäche, weil es die französische Unterscheidung zwischen Citoyen – dem Bürger im politischen Sinne – und Bourgeois – dem Bürger als Angehörigen der Bourgeoisie – nicht kennt. Bei Blome würde diese Unterscheidung aber nichts nützen, denn er kennt keinen Citoyen. Er wirft den Besitzlosen vor, nicht das Buttermesser zu gebrauchen; er sieht ein "schiedlich-friedliches Gemeinwesen" dort, wo spätestens seit der Agenda 2010 der Krieg der Reichen gegen die Armen ungehemmt geführt wird, wo in der Hauptstadt jeder zweite Hauseingang bewohnt ist und, siehe oben, das Recht sich munter in den preußischen Absolutismus zurückbewegt. Dort, wo man denkt wie Blome, wurde der Citoyen noch nicht erfunden.


Ein Land zum Frieren – der Focus gibt Tipps für den Kältewinter





Meinung

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Selbst hygienisch befindet sich Deutschland auf dem Weg ins 19. Jahrhundert. Das 20. kannte sogar in den proletarischen Gefilden den Badetag. Das 19. behalf sich bei ausreichend gegebenen materiellen Gütern mit Waschlappen und Duftwässerchen. Ein leichter Hauch von 4711 liegt über dem Text, aus einem Jahrgang zwischen der Niederlage Napoleons und – ich sage es ungern, Herr Blome, aber so war der Lauf der Geschichte – der Revolution von 1848, die auf den Vormärz folgte.


"Ich jedenfalls bin nicht bereit, mir von einer letztlich recht kleinen Gruppe diktieren zu lassen, in welchen gesamtgesellschaftlichen Modus wir zu schalten haben." Da sind wir uns ausnahmsweise einig, Herr Blome. Denn da sie wenn sonst nicht viel, doch vermutlich zumindest Latein gelernt haben, wissen sie sicher, dass Pöbel von populus stammt, lateinisch für das Volk, was bedeutet: der Pöbel, das sind immer die Mehreren. Die kleine Gruppe, das sind die Fürsten. Und ihre Lakaien.


Und ich würde an Ihrer Stelle aufpassen, wie weit ich die Zeit zurückdrehe. Die Sitten und Gebräuche, die der von Ihnen mit solcher Befriedigung titulierte Pöbel zur Zeit der Bauernkriege pflegte, wenn es um den Umgang mit Vögten und Pfaffen ging (die in etwa Ihrem heutigen Berufsstand entsprechen sollten), waren noch deutlich unappetitlicher als die jakobinischen.


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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.08.2022

Kampf um Mali (II)   In Berlin spitzt sich die Debatte über die Zukunft des Mali-Einsatzes zu. Der Einsatz gilt als gescheitert; dennoch soll Moskaus wachsender Einfluss in Bamako geschwächt werden.

german-foreign-policy.com, 23. August 2022

BAMAKO/BERLIN (Eigener Bericht) – In Berlin spitzt sich die Debatte über einen etwaigen Abzug der Bundeswehr aus Mali zu. Hintergrund ist neben dem Streit um die deutschen Truppentransporte und um ein offenbar ohne genügende Genehmigung genutztes Militärlager eines privaten, von der Bundeswehr beauftragten Dienstleisters vor allem der Konflikt um die immer engere Militärkooperation zwischen Mali und Russland. Zur wachsenden Präsenz von Soldaten und privaten Militärfirmen aus Russland kommen zunehmende Rüstungslieferungen aus Moskau an Bamako hinzu. Die westlichen Bemühungen, den russischen Einfluss in Mali zurückzudrängen, erfassen längst auch die UN-Operation MINUSMA, die nach dem Willen der westlichen Mächte mutmaßliche Massaker an Zivilisten aufklären soll. Solche Massaker gibt es seit Jahren; sie blieben folgenlos, solange die EU für die Ausbildung malischer Soldaten zuständig war. Die Versuche des Westens, Menschenrechte zu instrumentalisieren, um den russischen Einfluss in Mali zu bekämpfen, führen zu Streit um das neue MINUSMA-Mandat. In Berlin nehmen die Abzugsforderungen ebenso zu wie umgekehrt das Verlangen, Mali „nicht Russland zu überlassen“.


Zitat: Kooperation mit MoskauHauptgegenstand des Konflikts zwischen Mali und Deutschland bzw. den westlichen Staaten ist die immer engere Kooperation der malischen Regierung mit Moskau. Seit Ende 2021 sind Militärausbilder sowie private Militärfirmen aus Russland in Mali präsent und unterstützen die malischen Streitkräfte im Kampf gegen Jihadisten im Sahel. Inzwischen erhalten die malischen Truppen auch Rüstungsgüter aus Russland. Bereits im März lieferte Moskau unter anderem einige Kampfhubschrauber und moderne Radargeräte. Kürzlich folgten weitere Hubschrauber sowie mehrere Kampfjets der Typen Aero L-39 und Suchoi S-25. Einen Tag nach der Übergabe der Waffen lobte Präsident Assimi Goïta die Qualität der „Partnerschaft“ mit Russland, die „Malis Souveränität respektiert“ [1] – ein Seitenhieb auf die Kooperation mit den Staaten Europas, die sich durch wiederkehrende eigenmächtige Operationen der ehemaligen Kolonialmächte auf malischem Territorium auszeichnet (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Mit dem Ausbau der Zusammenarbeit mit Moskau trägt Bamako einer starken Strömung in der Bevölkerung Rechnung, die nach dem Scheitern des Einsatzes der europäischen Mächte auf dessen rasches Ende dringt und stattdessen den Ausbau der Kooperation mit Russland favorisiert.[3]


Instrumentalisierung der Menschenrechte

In die Auseinandersetzungen hineingezogen wird auch die UN-Operation MINUSMA. Dies liegt zum einen daran, dass die westlichen Staaten allgemein erheblichen Einfluss auf die Operation haben, zum anderen aber auch daran, dass sie MINUSMA gezielt zu nutzen suchen, um Malis Zusammenarbeit mit Russland zu torpedieren. Ein Beispiel dafür bietet ein mutmaßliches Massaker Ende März in der zentralmalischen Ortschaft Moura. Nach Angaben der malischen Streitkräfte wurden dort bei Auseinandersetzungen mit dem Militär 203 Terroristen getötet. Menschenrechtsorganisationen hingegen sprechen von einem Massaker, bei dem rund 300 Zivilpersonen ermordet wurden – und zwar gemeinsam von den malischen Streitkräften und russischen Söldnern.[4] Massaker der malischen Streitkräfte sind in den vergangenen Jahren immer wieder nachgewiesen worden, blieben jedoch folgenlos, solange malische Soldaten von der EU-Truppe EUTM Mali ausgebildet wurden (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Im Fall von Moura wurden nun Forderungen im Westen laut, das mutmaßliche Massaker solle von MINUSMA offiziell aufgeklärt werden. Der durchsichtige Versuch des Westens, den Fall diesmal zu instrumentalisieren, um die russisch-malische Militärkooperation zu delegitimieren, wurde umgehend von Bamako gestoppt.[6]


Streit um MINUSMA

Dennoch wirkt er sich auch weiterhin auf die Beziehungen zwischen MINUSMA und Malis Regierung aus. Deutlich wurde dies unter anderem bei der Verabschiedung des neuen UN-Mandats für MINUSMA, das der Sorge um die Menschenrechte größere Bedeutung zumisst als das Mandat im Jahr zuvor. Dies hat – mit Blick auf die erkennbare Absicht des Westens, Massaker, die zuvor ignoriert worden waren, nun gegen die malische Regierung und ihre Kooperation mit Russland zu instrumentalisieren – nicht nur dazu geführt, dass Moskau und Beijing sich bei der Abstimmung über das neue Mandat lediglich enthielten. Es hat zudem Protest in Bamako ausgelöst. Malis Regierung teilte bei der Verabschiedung des neuen Mandats mit, sie stelle „mit großem Bedauern“ fest, dass einige ihrer Einwände gegen das Dokument nicht berücksichtigt worden seien. Um „Malis Souveränität“ zu sichern, sei sie nicht bereit, MINUSMA bei der Untersuchung möglicher Menschenrechtsverletzungen Bewegungsfreiheit zuzusichern; vielmehr sei dazu in Zukunft die explizite Zustimmung der malischen Regierung erforderlich. Denn schließlich habe MINUSMA die Aufgabe, der Regierung in Bamako Hilfe zu leisten, nicht aber die Aufgabe, die Regierung zu ersetzen.[7]


Russische Truppen als Nachbar

Aktuell spitzt sich der Konflikt um die malisch-russische Militärkooperation weiter zu. Frankreichs Militäreinsätze in Mali sind mittlerweile beendet worden – die maßgeblich von Paris organisierte Task Force Takuba seit dem 30. Juni, die französische Opération Barkhane seit Montag vergangener Woche (15. August). Zumindest teilweise sind an Stützpunkten, die zuvor von den französischen Streitkräften genutzt worden waren, Soldaten oder Mitarbeiter privater Militärfirmen aus Russland untergebracht, so etwa in Timbuktu. Vergangene Woche berichtete nun das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in einem Schreiben an die Bundestagsausschüsse für Verteidigung und für Äußeres, unmittelbar nach dem Abzug der französischen Truppen seien am Flughafen von Gao – also in unmittelbarer Nähe zu Camp Castor, dem dortigen Stützpunkt der Bundeswehr – „20 bis 30 Personen in militärischen Uniformen“ gesichtet worden, die man nicht Malis Streitkräften habe zuordnen können; man gehe davon aus, dass es sich um russische Soldaten handle.[8] Wäre bereits die räumliche Nähe aus Sicht der Bundeswehr unerwünscht, so wöge schwer, sollten russische Militärs am Flughafen von Gao Kontrollfunktionen übernehmen: Damit erhielten sie Einfluss auf alle Flugbewegungen auch der Bundeswehr.


Zwei Fraktionen

Manche in Berlin legen deswegen den Abzug der Bundeswehr nahe – dies nicht zuletzt auch, weil der Einsatz in Mali keinerlei Erfolg erzielt hat und schon seit langem als gescheitert gilt, ähnlich dem Einsatz in Afghanistan.[9] Dagegen werden freilich Einwände erhoben, nicht zuletzt im Auswärtigen Amt. So heißt es einerseits, ein Abzug der Bundeswehr konterkariere den Anspruch Berlins, stärkeren Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent auszuüben, und er sei kontraproduktiv für die Pläne der Bundesregierung, sich erneut um einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu bewerben.[10] Andererseits wird regelmäßig darauf verwiesen, dass nach Frankreichs Rückzug Deutschland das letzte westliche Land mit einer starken Militärpräsenz in Mali ist – dort sind derzeit fast 1.400 Bundeswehrsoldaten stationiert – und dass nach einer etwaigen Heimkehr der deutschen Streitkräfte kein Gegengewicht gegen Russland und dessen wachsenden politischen und militärischen Einfluss mehr vorhanden sei. Man dürfe das westafrikanische Land „nicht Russland überlassen“, heißt es regelmäßig.[11] Die Auseinandersetzungen um die Zukunft des Mali-Einsatzes dauern in Berlin an.

 

[1] Mali-Russie : Assimi Goïta et Vladimir Poutine ont échangé par téléphone. jeuneafrique.com 11.08.2022.

[2] S. dazu Kampf um Mali (I).

[3] Mohamed Kenouvi: « Yerewolo debout sur les remparts » : de l’ombre aux premiers rôles. journaldumali.com 29.07.2022.

[4] Benjamin Roger: Mali : l’armée et Wagner accusés d’avoir commis un « massacre » à Moura. jeuneafrique.com 04.04.2022.

[5] S. dazu Die Menschenrechtslehrer und Ethno-Massaker im Sahel.

[6] Benjamin Roger, Fatoumata Diallo: Mali : pourquoi la Minusma ne peut toujours pas enquêter à Moura. jeuneafrique.com 11.04.2022.

[7] Thomas Wiegold: Blick auf Mali: Neue (alte) Hubschrauber, neues UN-Mandat, neue alte Probleme. augengeradeaus.net 04.07.2022.

[8] Bundeswehr entdeckt offenbar russische Einsatzkräfte auf Flughafen in Mali. spiegel.de 16.08.2022.

[9] S. dazu Wie in Afghanistan und Wie in Afghanistan (II).

[10] Peter Carstens, Johannes Leithäuser: Das Ende der Blockade. Frankfurter Allgemeine Zeitung 19.08.2022.

[11] S. dazu „Nicht Russland überlassen“.



Info:  https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9001

23.08.2022

Das Lukaschenko-Regime und Russlands Krieg: Die Belarussen warten nur auf die passende Gelegenheit

msn.com, von tagesspiegel.de, 23. August 2022, 11:00 Uhr

Dissidenten kommen als freiwillige Kämpfer in der Ukraine erstmals an Waffen. Stürzt der Kreml ins Chaos, könnte das Gewalt in Minsk auslösen. Ein Gastbeitrag.


- Slawomir Sierakowski, Gründer der Bewegung Krytyka Polityczna, ist Senior Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (Copyright: Project Syndicate, 2022, project-syndicate.org).


Zitat: Während der Krieg in der Ukraine weiter tobt, scheint die Stabilität des benachbarten Weißrusslands, das die russische Invasion unterstützt hat, zu bröckeln. Schwächt der Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin das Regime in Minsk, das praktisch ein abgelegener Flügel des Kremls ist?


Im August 2020 blieb Präsident Alexander Lukaschenko nach Wahlfälschungen im Amt, obwohl Swetlana Tichanowskaja die Wahlen mit ziemlicher Sicherheit gewonnen hat. Das löste monatelange Proteste aus.


Das Regime reagierte mit Terror und Massenverhaftungen, was zu noch größeren Protesten führte. Nach der Wahl begann Lukaschenkos Macht zu schwinden, als Arbeiter, öffentliche Medien, Ärzte, Studenten, Rentner und viele andere sich öffentlich gegen die Sicherheitsdienste stellten.


Das ganze Land streikte, aber Lukaschenko hielt sich mit brutalen Interventionen loyaler Spezialeinheiten in dem Amt, das er seit 1994 hat. Dennoch ist klar, dass die Belarussen nicht zu alter Passivität zurückkehren werden. „Wir haben uns alle verändert, und zwar für immer“, sagt die Oppositionsführerin Mascha Kalesnikowa, die die vergangenen 23 Monate im Gefängnis saß. Die Belarussen haben sich in der Zeit auch wegen fehlender offizieller Informationen zur Coronapandemie massenhaft an unabhängige Medien gewandt und gewöhnt. Die nutzen sie trotz drohender Inhaftierung auch heute noch.


Die Belarussen taten immer so, als lebten sie in einem freien Land

Dass die Belarussen die Welt 2020 mit ihrem anhaltenden Protest und den Forderungen nach Demokratie verblüffen konnten, liegt auch daran, dass ihr Land – wie die Ukraine – trotz der jahrhundertelangen Russifizierung und Sowjetisierung Russland kulturell fremd geblieben ist. Die Belarussen taten immer so, als lebten sie in einer demokratischen, liberalen Gesellschaft, denn so sehen sie sich selbst (obwohl ältere Jahrgänge stark von Russland und Lukaschenko beeinflusst werden).


Die Belarussen mit den Ukrainern zu vergleichen und die gleiche Art von Widerstand zu erwarten, wäre aber unfair. Sie haben keine Oppositionsmitglieder im Parlament oder in den lokalen Regierungen, wie es die Ukrainer vor der Invasion hatten. Eher taugt der Vergleich mit Polen: Die Polen haben Ende 1981 friedlich gegen die Verhängung des Kriegsrechts protestiert, was die einzige Möglichkeit war, sich Gehör zu verschaffen.


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Die Gewerkschaft Solidarnosc war nach 16-monatiger Tätigkeit geschrumpft, doch blieb der Mythos erhalten. Eine Million Menschen haben Polen verlassen, aber der Rest ist geblieben und hat nicht vergessen, wie man auf die Straße geht. Die polnische Erfahrung bietet eine Vorschau auf das, was Belarus bevorstehen könnte. Die Polen erhielten 1989 ihre Chance auf Unabhängigkeit, weil sie einen kurzen Moment der Unsicherheit im Kreml ausnutzten. Ähnlich war es bei der Ukraine, die 1991 beim Zusammenbruch der..

Es gibt freie Medien mit Sitz im Ausland

..Sowjetunion die Gunst der Stunde nutzte und ihre Souveränität erlangte (obwohl Russland diese Souveränität seitdem immer wieder bedroht). Russlands scheiternder Krieg in der Ukraine könnte Belarus eine ähnliche Chance bieten. Seit 2020 hat die belarussische Gesellschaft ihre Werte artikuliert, langfristigen Widerstand gelernt und freie Medien mit Sitz im Ausland geschaffen. Und jetzt bekommen belarussische Dissidenten, die sich in Ukraine am Kampf gegen Putin beteiligen, vielleicht zum ersten Mal überhaupt Waffen in die Hand.


Am zweiten Jahrestag der Minsker Proteste wurde eine belarussische Exilregierung unter der Leitung von Tichanowskaja gebildet. Zu ihr gehören ihr Büro in Vilnius, das Nationale Krisenmanagement unter der Leitung von Pavel Latushka, die in Warschau ansässige BYPOL-Initiative ehemaliger Angehöriger der uniformierten Dienste, die Oppositionsinitiative, zu der auch die Cyber-Partisanen gehören, und das in der Ukraine kämpfende Pahonia-Regiment.


Der Koordinationsrat, der während der Proteste vor zwei Jahren gegründet wurde und dem die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexejewitsch angehört, wird zu einem Ersatz für das Parlament umfunktioniert.


Eine deutliche Veränderung ist, dass die Exilregierung bereits über eine eigene bewaffnete Abteilung verfügt, für die sich mehr als 200 000 Belarussen registriert haben, die bereit sind, sich bei der ersten Gelegenheit gegen Lukaschenko zu erheben - auch mit Gewalt. Bis vor kurzem hatten die belarussischen Soldaten und Regierungsbeamten keine Alternativen. Doch jetzt haben sie die Wahl zwischen der illegitimen Regierung in Minsk und der 2020 mehrheitlich gewählten Regierung unter Tichanowskaja. Diese Wahl wird getroffen werden, wenn sich die Gelegenheit ergibt, was der Fall sein könnte, wenn Russlands Demütigung in der Ukraine den Kreml ins Chaos stürzt.

Info: https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/russlands-krieg-und-das-lukaschenko-regime-die-belarussen-warten-nur-auf-die-passende-gelegenheit/ar-AA10SYI9?ocid=msedgntp&cvid=d0c978a0081a402da595191bd8a59d52

23.08.2022

Diebstahl, körperliche Bedrohung, Missbrauch: Freiwillige Ukraine-Kämpfer klagen über Missstände in der Internationalen Legion

msn.com, von tagessspiegel.de, vom 22. August 2022, 14:12 Uhr

Freiwillige Kämpfer in der Ukraine haben über Missstände in der Internationalen Legion geklagt. „Wir wurden buchstäblich zurückgelassen, und sie wollten uns nicht evakuieren“, berichtete ein amerikanischer Soldat dem Online-Medium Kyiv Independent. Sein Kamerad sei bei dem Einsatz in der Nähe der südlichen Stadt Mykolaiv, einem der Brennpunkte des Krieges, gestorben. Drei weitere wurden schwer verletzt.


Zitat: Kurz nachdem sie dem Beschuss entkommen war, erhielt eine andere Gruppe derselben Einheit den Befehl, dieselbe Stellung einzunehmen. Als Selbstmordmission beschreiben er und andere Legionäre die Einsätze, zu denen sie unvorbereitet geschickt werden.

Berichte über Ausländer, die die Internationale Legion wegen schlechter Organisation, mangelnder Ausrüstung und unbefristeter Verträge verlassen haben, sind nicht neu. Sie haben schon öfter für Schlagzeilen gesorgt.

Doch was Kyiv Independent in einer aufwendigen Recherche aufgedeckt hat, zeigt eine Reihe schwerwiegender Missstände in einem Flügel der Internationalen Freiwilligen-Truppe. Diese werden von dessen Führung nicht nur geduldet, sie ist selbst daran beteiligt, wie aus zahlreichen Interviews mit Legionären und einem 78-seitigen Bericht hervorgeht. Es geht um Diebstahl von Waffen und Gütern, Aufforderung zur Plünderung, sexuelle Belästigung, Übergriffe und die Entsendung in rücksichtslose Einsätze.

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Nach den Recherchen des ukrainischen Mediums steht eine Gruppe Männer im Zentrum der Vorwürfe: Major Vadym Popyk, der den Flügel der Einheit leitet, Major Taras Vashuk, ein Geheimdienstoffizier, Vashuks Onkel, ebenfalls Geheimdienstoffizier sowie der 60-jährige Sasha Kuchynsky.

Die Beschwerden der Legionäre richten sich demnach vor allem gegen Kuchynsky, den sie als starken Trinker bezeichnen, der Untergebene misshandle und ausbeute.

So berichtete ein Soldat davon, dass Kuchynsky einen Anteil an der Ausrüstung verlangte, die er für seine Kameraden von der Legion gekauft hatte. Als er sich weigerte, diese herauszugeben, richtete Kutschynski eine Waffe auf ihn.

„Und dann fing Sasha (Kuchynsky, Anm.) einfach an zu schreien, zu brüllen“, erinnerte sich der Mann. „Er sagte: 'Ich weiß, dass es hier Sachen gibt. Gib mir deine Sachen'.“

Seine Schilderungen werden von anderen Soldaten bestätigt, die ähnliches erlebt haben. Kuchynsky hätte ihnen einen Teil der Munition weggenommen, die sie von Freiwilligen und Spendern erhalten hatten. Es wird vermutet, dass er sie verkauft und sich selbst daran bereichert.

„Dafür bin ich nicht in die Ukraine gekommen“

Ähnlich dubios auch ein Auftrag, den sie Anfang Juni von ihm erhielten: Sie sollten von ihrem Stützpunkt zu einem örtlichen Einkaufszentrum in der Frontstadt Lysychansk im Gebiet Luhansk fahren und Waren aus den Geschäften mitnehmen. Kuchynsky hätte ihnen befohlen, alles mitzunehmen, was ihnen gefiel: Schuhe, Frauenkleidung, Schmuck, Uhren und Elektronik.

„Die Einheimischen haben gesehen, wie wir die Möbel verladen haben, was mir sehr unangenehm war. Es fühlte sich an, als ob wir sie ausrauben würden. Dafür bin ich nicht in die Ukraine gekommen", erzählt ein Soldat aus Kolumbien.  

Widerspruch oder gar Widerstand hätte es nicht gegeben. Viele der Legionäre würden ihm gehorchen, weil sie aus einem professionellen militärischen Umfeld kommen, in dem sie die Befehle ihrer Vorgesetzten nicht in Frage stellen.

Und wenn sich jemand beschwert habe, sei dies bisher ohne Folgen geblieben. Weibliche Sanitäter, die in ihrer Einheit von Kuchynsky mit sexuell anzüglichen Ausdrücken belästigt wurden, hätten darauf aufmerksam gemacht. Doch niemand habe etwas unternommen, heißt es.

Ganz im Gegenteil. Bei Problemen würde sich Kuchynsky immer an Taras Vashuk wenden, der ihm eine Art Freibrief gewährt, erzählt ein Soldat aus Skandinavien dem Kyiv Independent.

Falsche Identität?

Neben Fehlverhalten würde sich der Mann auch eine Art falsche Identität leisten. Wie Kyiv Independent recherchiert hat, ist Sasha Kuchynsky gar nicht sein richtiger Name. Angeblich handelt es sich um Piotr Kapuscinski, ein ehemaliges Mitglied einer kriminellen Organisation aus Polen. Er soll dort mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein, 2014 ist er in die Ukraine geflohen. In Polen wird Kapuscinski wegen Betrugs gesucht, ihm drohen bis zu acht Jahre Gefängnis. Wie die polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtet, hat er bereits eine Haftstrafe verbüßt.

Auch in der Ukraine wurde bereits gegen ihn ermittelt - wegen schweren Raubes und sexueller Nötigung. 2016 musste er für ein Jahr ins Gefängnis.

Im Mai 2021 durchsuchte die Strafverfolgungsbehörden sein Fahrzeug und fand dabei eine halbautomatische Pistole samt Kugeln. Ihm drohten bis zu sieben Jahre Haft wegen illegalen Waffenbesitzes, allerdings wurde er gegen eine Kaution von 2.500 Dollar freigelassen.

Und nach Ausbrauch des Krieges im Februar trat Kapuscinski in das Militär ein, woraufhin die Gerichte sein Verfahren aussetzten. Er avancierte trotz seines kriminellen Hintergrunds zu einem de-facto-Kommandeur einer hochrangigen ukrainischen Militäreinheit. In der Legion bezeichnet er sich als Oberst.

Eine Gruppe erstattete Anzeige

Als er in dieser Funktion wieder einmal eine Gruppe von Legionären unvorbereitet in einen Einsatz geschickt hat, erstattete diese Anzeige.

Ein brasilianischer Offizier, der sie anführte, berichtet davon, dass sein Team zunächst zwei Wochen lang auf einen Minenräumeinsatz im Gebiet Saporischschja vorbereitet wurde. Wenige Tage nach Beginn des Einsatzes habe sie Kutschynski plötzlich nach Sjewjerodonezk im östlichen Gebiet Luhansk geschickt, um dort eine Position in der Nähe der feindlichen Linien zu halten.

Der Brasilianer und seine Leute waren überrascht, begannen aber mit der Planung der Operation. Sie erhielten allerdings weder von Kuchynsky noch den anderen Kommandeuren Informationen über die Lage vor Ort. Sjewjerodonezk galt zu dem Zeitpunkt als schwer umkämpft. Doch das wussten die Ausländer nicht. Genauso wenig, dass vor ihnen bereits eine andere Ausländer-Einheit hingeschickt und angegriffen wurde.

Sie blieben mehrere Tage, hatten kein Wasser und Essen mehr. Ihre Bitte nach Ablösung wurde abgelehnt.

„Sie haben uns dort zum Kämpfen und Sterben abgeladen“

„Niemand hat geschlafen, alle sind super müde. Einige meiner Jungs sind dehydriert, und einer ist verletzt. Und wir standen da.“ Es war der Moment, in dem Kuchynsky von der Bildfläche verschwand, sagte er. Über Funk erhielten sie schließlich von einem unbekannten Soldaten den Hinweis, dass sie von einer anderen Einheit abgelöst werden.

„Mir wurde klar, dass diese Wichser uns nicht planen lassen“, sagte der Brasilianer über Führung der Einheit. „Sie haben uns einfach mitten in den Ort gebracht und uns dort zum Kämpfen und Sterben abgeladen.“

Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:

Die Militärstaatsanwaltschaft, bei der sie Anzeige erstattet haben, hat indessen Ermittlungen aufgenommen. Ob es für Kuchynsky Folgen hat?

Eine andere Gruppe, die sich nach der Entwendung ihrer Munition durch Kuchynsky zunächst bei ihren Kommandeuren beschwert hat, dann bei den Gesetzgebern und schließlich beim Büro des ukrainischen Präsidenten, hätte bisher nur wenig Hilfe bekommen, sagen sie.

Aljona Verbytska, die Beauftragte des Präsidenten für die Rechte der Soldaten, erklärte Kyiv Independent, dass sie ihre Vorgesetzten über die Beschwerden der Legionäre informiert habe. Die Bitte um ein Statement aus dem Präsidialamt wiederum blieb unbeantwortet.

Einige Kämpfer zogen daher ihre eigenen Konsequenzen und verließen die Legion aus Enttäuschung. Auch das Team des brasilianischen Offiziers. Er erinnert sich an die Aussage seiner Untergebenen: „Wir sind hierhergekommen, um diesen Menschen zu helfen, für dieses Land und gegen diese Invasion zu kämpfen. Wir sind nicht hierhergekommen, um genau das zu tun, was die verdammten Russen tun, wenn sie auf ukrainischem Boden sind.“ (tsp)


Info: https://www.msn.com/de-de/nachrichten/welt/diebstahl-k%C3%B6rperliche-bedrohung-missbrauch-freiwillige-ukraine-k%C3%A4mpfer-klagen-%C3%BCber-missst%C3%A4nde-in-der-internationalen-legion/ar-AA10VPR3?ocid=msedgntp&cvid=d0c978a0081a402da595191bd8a59d52


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

23.08.2022

Großbritannien steckt bereits in humanitärer Krise

aus e-mail von Doris Pumphrey, 22. August 2022, 10:21 Uhr


https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-getotete/

22.8.2022 09:32 Uhr

*Britische Soldaten sollen sich auf Kampf gegen Russland einstellen

*Britische Soldaten sollen ihre Familien darauf vorbereiten, dass sie in

einen Krieg mit Russland geschickt werden könnten. Das erklärte

<https://edition.pagesuite-professional.co.uk/html5/reader/production/default.aspx?pubname=&edid=ed6ae7a3-8a30-486a-8a10-a99cae3767ec

Warrant Officer Paul Carney der offiziellen Soldatenzeitschrift der

britischen Armee /Soldier/: /"Es ist auch wichtig, dass wir unsere

Angehörigen und Familien vorbereiten." "Ich bitte Sie, mit ihnen den

möglichen Einsatz jetzt zu besprechen."

/Zuvor hatte der britische Premierminister Boris Johnson auf die Frage,

ob man sich auf einen Krieg mit Russland vorbereiten sollte,

geantwortet, dass er nicht glaube, dass es "dazu kommen werde". Johnson

behauptet, die NATO-Länder würden der Ukraine nur helfen, damit sie sich

selbst verteidigen kann.



https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/146720-streiks-wegen-extremer-inflation-laut/

22.8.2022

*Streiks wegen extremer Inflation –

Laut NHS steckt Großbritannien bereits in humanitärer Krise


*Angesichts einer Inflationsrate von zehn Prozent erlebt Großbritannien

eine Welle von Streiks, durch die neue Lieferengpässe befürchtet werden.

Wegen massiver Energiearmut warnt der Nationale Gesundheitsdienst (NHS)

vor gesundheitlichem Notstand und Todesfällen.


Ein mehrtägiger Streik von rund 2.000 Hafenarbeitern am größten

Containerhafen Großbritanniens droht, nicht nur die britischen

Lieferketten weiter zu belasten. Angesichts der immensen Teuerungsrate

fordern die Beschäftigten des Hafens von Felixstowe, der etwa 150

Kilometer nordöstlich von London liegt, eine angemessenere Lohnerhöhung

als die vom Arbeitgeber, der Felixstowe Dock and Railway Company,

angebotenen sieben Prozent. Die Inflation kletterte in Großbritannien im

Juli auf über zehn Prozent. Die Gewerkschaft Unite kündigte an, der

Streik werde "massive Schockwellen durch die britischen Lieferketten

senden".


In der Tat könnte die Arbeitsniederlegung - die erste seit 1989 - für

die ohnehin seit der Pandemie angespannten Lieferketten neuen Stress

bedeuten, den der Hafen von Felixstowe, einer der wichtigsten

Knotenpunkte für den Frachtverkehr, nach eigenen Angaben bedauert. Den

Beschäftigten wurde eine Lohnerhöhung angeboten, die "im laufenden Jahr

im Durchschnitt über 8 Prozent" betrage.


Sharon Graham, Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite, die zu dem

Streik aufgerufen hatte, warf dem Unternehmen, das den "enorm

profitablen" Hafen betreibt, und seiner Muttergesellschaft, der CK

Hutchison Holdings Ltd, vor, die Gewinne der Aktionäre über das

Wohlergehen der Arbeitnehmer zu stellen. Graham forderte:


"/Sie können den Arbeitern von Felixstowe eine anständige Lohnerhöhung

geben. Es ist klar, dass beide Unternehmen der Erzielung von Dividenden

den Vorrang vor der Zahlung eines angemessenen Lohns an ihre

Beschäftigten gegeben haben./"


Im Hafen werden jährlich rund 4 Millionen Container von 2.000 Schiffen

umgeschlagen: "Fast die Hälfte des britischen Containerverkehrs geht

durch den Hafen in Felixstowe hindurch und 65 Prozent der ankommenden

Container", sagte die britische Handelsexpertin Rebecca Harding der

/Deutschen Presse-Agentur/. Ein achttägiger Streik, der am Sonntag

begann, bedeute ein Risiko für Im- und Exporte im Wert von rund 800

Millionen Pfund (rund 950 Millionen Euro) – besonders betroffen sei die

Kleidungs- und Elektronikbranche.


Doch der Streik ist längst nicht nur ein Thema für die Insel: Der

globale Containerverkehr auf See, die Lebensader des Welthandels, ist

seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie vor zweieinhalb Jahren durch mehrere

Faktoren bereits angeschlagen. Jede Störung, etwa Lockdowns in einzelnen

Häfen, eine Havarie wie die der "Ever Given" im Suezkanal oder eben

Arbeitskämpfe, bringt zusätzlich Sand ins Getriebe – selbst wenn ein

Hafen wie Felixstowe im internationalen Maßstab kein ganz großer Player

im aufeinander abgestimmten Räderwerk der Seelogistik ist.


"Ein Grund für die strapazierte Logistik auf See und in den Häfen ist

auch die niedrige Pünktlichkeitsrate von Schiffen", sagt etwa der Ökonom

Vincent Stamer, der am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) den

weltweiten Containerverkehr analysiert. "Zusätzliche Streiks

verschlechtern diese Situation – auch der drohende Streik am größten

britischen Hafen Felixstowe." Zudem fürchten Logistiker auch in

Deutschland neue Warnstreiks. Diese wären möglich, wenn am Montag die

nächste Tarifrunde im Streit um die Löhne der Hafenarbeiter keinen

Erfolg bringt. Zuletzt hatte die Gewerkschaft Verdi Mitte Juli für 48

Stunden den Umschlag an allen deutschen Nordseehäfen lahmgelegt.


Ulrich Hoppe, Direktor der Deutsch-Britischen Industrie- und

Handelskammer, hält drastische Engpässe hierzulande durch den Streik in

Großbritannien für unwahrscheinlich. "Ich glaube nicht, dass wir leere

Regale in Supermärkten sehen werden", sagte er der /dpa/. Frische

Produkte wie Obst und Gemüse würden eher über den Hafen in Dover

abgewickelt. Vorstellbar sei aber, dass bei üblicherweise in Containern

transportierten Gütern wie Spielzeugen aus China Verzögerungen

entstünden – und weiterer Druck auf die ohnehin schon durch die Pandemie

und andere Herausforderungen belasteten Lieferketten.


"Der Handel zwischen Großbritannien und dem Rest der Welt, vor allem der

EU, ist im vergangenen Jahr ohnehin schon eingebrochen und jede neue

Störung erhöht den ohnehin steigenden Druck", sagte Handelsexpertin

Harding. Sie hält es für möglich, dass die Inflation weiter steigen

könnte, wenn wichtige Lieferketten Störungen unterliegen. "Das würde die

Lebenshaltungskostenkrise, die ohnehin in Großbritannien gerade schon so

ernst ist, weiter verschärfen."


Zudem haben Angestellte der Post und im Telekommunikationswesen,

Juristen und Mitarbeiter von Entsorgungsbetrieben für den August Streiks

angekündigt. Die Bahn und die meisten Londoner U-Bahn-Linien hatten

jüngst bereits stillgestanden.


In der Tat ist die Krise in dem einstigen Empire für viele Menschen

bereits erbärmlich und teils sogar lebensbedrohlich. Der Nationale

Gesundheitsdienst warnt aktuell sogar vor einem noch nie dagewesenen

Risiko, dass es in diesem Winter mehr Todesfälle durch kalte Wohnungen

gibt. Demnach könnte das Vereinigte Königreich einer "humanitären Krise"

gegenübersehen, die mit Krankheiten, einer hohen Zahl von Todesfällen

und zunehmender Ungleichheit einhergeht, wenn die Regierung keine

dringenden Maßnahmen gegen die steigenden Energierechnungen ergreift,

teilte die National Health Service Confederation am Freitag mit.


Die Organisation wandte sich in einem Schreiben an den Schatzkanzler,

wonach der Druck auf die ohnehin schon angespannten Gesundheitsdienste

noch erhöht würde, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. Da die

Energierechnungen unerschwinglich würden, müsse das Gesundheits- und

Sozialsystem des Landes "die Scherben aufsammeln", so der NHS.


"Das Land befindet sich in einer humanitären Krise. Viele Menschen

könnten vor der schrecklichen Wahl stehen, Mahlzeiten ausfallen zu

lassen, um ihre Wohnungen zu heizen, oder in kalten, feuchten und sehr

unangenehmen Bedingungen leben zu müssen", schrieb der Leiter des NHS

Nadhim Zahawi. "Dies wiederum könnte zu Krankheitsausbrüchen im ganzen

Land führen und die gesundheitlichen Ungleichheiten vergrößern, die

Lebenschancen der Kinder verschlechtern und eine unauslöschliche Narbe

in den lokalen Gemeinschaften hinterlassen."


Der NHS wies darauf hin, dass die massive Energiearmut nicht nur zu mehr

Krankheit führt, sondern auch "die ohnehin schon hohe Zahl der

jährlichen Todesfälle im Zusammenhang mit kalten Wohnungen noch erhöhen

wird". Die Situation könne auch die psychische Gesundheit

beeinträchtigen. Zahawi appelliert:


/"Führende Vertreter des Gesundheitswesens sind sich darüber im Klaren,

dass die Situation zu einem gesundheitlichen Notstand führen wird, wenn

die Regierung nicht umgehend Maßnahmen ergreift."/


Für einen durchschnittlichen Haushalt in Großbritannien werden die

Energierechnungen nach der nächsten Erhöhung der Preisobergrenze ab

Januar 2023 voraussichtlich auf mehr als 4.200 Pfund (rund 4.950 Euro)

pro Jahr steigen. Noch im vergangenen Oktober wurde die Obergrenze auf

1.400 Pfund (etwa 1.650 Euro) festgesetzt.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

22.08.2022

In der neuen Weltordnung zeigen Russlands Waffen nach Westen, seine Wirtschaft nach Osten

pressefreiheit.rtde.tech, 21 Aug. 2022 21:42 Uhr, Eine Analyse von Glenn Diesen

Die USA und ihre engsten Verbündeten haben das Vertrauen in die internationalen Organisationen zerstört, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden. Die neuen internationalen Strukturen in Eurasien bauen wieder auf das Völkerrecht.


In der neuen Weltordnung zeigen Russlands Waffen nach Westen, seine Wirtschaft nach OstenQuelle: Legion-media.ru © Aleksey Butenkov



Zitat: Ursprünglich waren die sich vervielfältigenden wirtschaftlichen Verbindungen Aufgabe grenzüberschreitender Institutionen in Eurasien, da die entstehende multipolare Weltordnung eine verringerte Abhängigkeit von westzentrierten Institutionen verlangte, die zögerten, sich an die neuen Realitäten anzupassen.

Die jetzige europäische Krise hat jedoch die Welt destabilisiert und die Fähigkeit des Westens, wirtschaftliche Zusammenarbeit zu erleichtern, in Zweifel gezogen. In der Folge übernehmen nun diese Institutionen eine zentrale Rolle dabei, wirtschaftliche Erholung und pragmatische Zusammenarbeit zu organisieren.


Die internationalen Institutionen spiegeln die Macht wider

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Vereinten Nationen (UN) als entscheidende Autorität des Völkerrechts gegründet. Sie wurden eine stabile und belastbare Institution, die die Machtverteilung wiedergab. Die mächtigsten Staaten erhielten in ihrem Sicherheitsrat besondere Vorrechte, um sicherzustellen, dass sie ein Interesse daran hatten, die zentrale Rolle der Organisation zu erhalten. Das Völkerrecht stand über der Souveränität durch das Gleichgewicht der Macht, das sicherstellte, dass alle Seiten bereit waren, etwas an Flexibilität in ihrer Außenpolitik im Austausch für Gegenseitigkeit und daher Vorhersagbarkeit zu opfern.


BRICS als neues globales Machtzentrum? – Teil 1: Kooperation im Wandel des Weltfinanzsystems




Analyse

BRICS als neues globales Machtzentrum? – Teil 1: Kooperation im Wandel des Weltfinanzsystems





Die Bemühungen, eine paneuropäische Sicherheitsstruktur zu schaffen, begannen mit den Verträgen von Helsinki 1975, die versuchten, eine Ordnung auf Grundlage einer "souveränen Gleichheit" und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu errichten. Die darauffolgende Entwicklung wechselseitigen Vertrauens trug dazu bei, dass Gorbatschow und Bush 1989 auf Malta das Ende des Kalten Krieges erklärten, und die Bemühungen zum Aufbau einer paneuropäischen Sicherheitsarchitektur gingen weiter. Die Charta von Paris für ein Neues Europa 1990 rief dazu auf, die "Teilung des Kontinents" zu überwinden und ein System "souveräner Gleichheit" und "unteilbarer Sicherheit" zu schaffen, in der Staaten ihre Sicherheit nicht auf Kosten anderer erhöhen würden. Das Dokument von Budapest 1994 verwandelte die Verträge von Helsinki in die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Diese inklusive paneuropäische Einrichtung bestätigte die Prinzipien von "souveräner Gleichheit" und "unteilbarer Sicherheit".


Der Kollaps der paneuropäischen Sicherheitsarchitektur

Die Sowjetunion brach 1991 zusammen, und Russland schien sich während der 1990er im unumkehrbaren Abstieg zu befinden. In der Folge gab die ausgehandelte paneuropäische Sicherheitsordnung nicht länger das Kräftegleichgewicht wider, das zuvor geherrscht hatte, als der Kalte Krieg 1989 endete. In der unipolaren Welt folgten die USA einer Sicherheitsstrategie, die auf einem hegemonialen Frieden beruhte, und forderten die Revision der Institutionen und der Regeln, die das internationale System beherrschten.


Der Westen gab die paneuropäischen Sicherheitsvereinbarungen auf, die in den frühen 1990ern unterzeichnet worden waren, und startete stattdessen eine Initiative, ein neues "Europa" ohne Russland zu schaffen.


Die fortgesetzte Erweiterung der NATO schloss mit ein, dass die Trennlinien in Europa nicht gelöscht, sondern schlicht schrittweise zur russischen Grenze hin verschoben wurden. Das Prinzip der "unteilbaren Sicherheit" wurde in der Folge aufgegeben, als der Westen seine Sicherheit auf Kosten Russlands erweiterte.


Bizarrerweise ignoriert die Ideologie der liberalen Internationalisten die Existenz eines Sicherheitsdilemmas. Sie glauben, Russland könne eine Bedrohung des Westens sein, dennoch könne die NATO nicht als Gefahr gesehen werden, da sie nur ihre Werte verbreitet.


BRICS als neues globales Machtzentrum? – Teil 2: Perspektiven für eine Erweiterung der Staatengruppe




Analyse

BRICS als neues globales Machtzentrum? – Teil 2: Perspektiven für eine Erweiterung der Staatengruppe





Das Ringen darum, wo die neuen Trennlinien in Europa zu ziehen wären, führte dazu, dass die NATO und Russland entgegengesetzte politische Kräfte in den geteilten Ländern der gemeinsamen Nachbarschaft förderten – Moldawien, Georgien, Weißrussland und Ukraine. Im November 2013 lehnte Brüssel den Vorschlag Kiews für eine trilaterale Vereinbarung Ukraine-Russland-EU ab, die das Land zu einer Brücke statt zu einer Festung gemacht hätte. Stattdessen entzündete die westliche Unterstützung für den Putsch gegen Präsident Janukowitsch im Februar 2014 eine vorhersehbare Krise in der Ostukraine, der die russische Intervention auf der Krim folgte. Die Minsker Vereinbarungen vom Februar 2015 ermöglichten einen Kompromiss, wurden in den folgenden sieben Jahren jedoch von den USA untergraben, ohne jeden Widerspruch aus der EU.


Der Zusammenbruch des Völkerrechts

Eine unipolare Machtverteilung untergräbt auch das Prinzip der "souveränen Gleichheit", da die Staaten sich nicht zügeln. In der Abwesenheit eines Machtgleichgewichts treibt der Westen Regeln souveräner Ungleichheit voran. Unter dem Deckmantel einer Verbreitung liberaler Werte beanspruchen NATO-Länder für sich das Vorrecht, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen, Regierungen zu stürzen, einzufallen und Grenzen zu ändern.


Humanitarismus wurde genutzt, um Legitimität und Legalität voneinander zu trennen, als die NATO 1999 in Jugoslawien einmarschierte. Danach begann eine Debatte, die eine Ausnahme vom Völkerrecht forderte, da liberale Demokratien nicht von autoritären Staaten eingeschränkt werden sollten. Auch wenn mindestens 20 Prozent der Mitgliedschaft des Blocks nicht einmal von der staatlich finanzierten US-NGO "Freedom House" als solche gezählt wurden.


Saudi-Arabien, Ägypten und Türkei könnten bald BRICS-Gruppe beitreten





Saudi-Arabien, Ägypten und Türkei könnten bald BRICS-Gruppe beitreten






Es wurde einer "Allianz der Demokratien" das Wort geredet, als einer zur UN alternativen Autorität, die den illegalen Einmarsch in den Irak legitimierte, die dann als "Konzert der Demokratien" oder als "Liga der Demokratien" neu erfunden wurde. Diese Ideen haben sich zur "regelbasierten Weltordnung" weiterentwickelt, als einer Alternative zum Völkerrecht.


Die NATO hatte die liberalen Werte in Besitz genommen und daher das Recht und die "Verantwortung", sich ihre eigenen Ausnahmen vom Völkerrecht zu schnitzen.


Der Zusammenbruch des internationalen Wirtschaftssystems

Liberale internationale Wirtschaftssysteme bilden sich, wenn es eine Konzentration der Macht gibt, wie unter Großbritannien im 19. und unter den USA im 20. Jahrhundert. Der ökonomische Hegemon hat ein Interesse an der Entwicklung von Vorhersagbarkeit und Vertrauen für ein internationales System unter seiner Verwaltung.


Das System zerbricht jedoch, wenn es ihm nicht gelingt, sich an die Entstehung einer multipolaren Machtverteilung anzupassen. Der ökonomische Hegemon, der sich im Abstieg befindet, wird höchstwahrscheinlich seine Kontrolle über das System nutzen, um aufsteigende Rivalen zu schwächen. Der folgende Zusammenbruch zerstört das Vertrauen und schafft ein Verlangen nach Alternativen.


Die unhaltbare Verschuldung der USA und der EU hat schrittweise das Vertrauen in den Dollar und den Euro geschwächt, während die Beschlagnahme des iranischen, syrischen, venezolanischen und afghanischen Vermögens das Vertrauen in das ganze, auf den Westen ausgerichtete Finanzsystem untergräbt. Die Einhegung von Rivalen wie Russland und China endet bei der Militarisierung der Transportkorridore, während das Zögern, China angemessen am IWF zu beteiligen, Peking dazu veranlasst hat, parallele Institutionen zu errichten, wie die Asiatische Infrastrukturinvestitionsbank (AIIB). Der Wirtschaftskrieg von Präsident Trump gegen China schwächte das Vertrauen in die verlässliche Lieferung US-amerikanischer Technologien und Industrieprodukte. Die Antwort bestand darin, größere technologische Souveränität zu entwickeln und den Nachschub unter Umgehung der USA zu organisieren.


Algerien erwägt offenbar BRICS-Mitgliedschaft





Algerien erwägt offenbar BRICS-Mitgliedschaft







Die großformatigen Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden, haben auch den Rest der Welt getroffen, in Gestalt einer Energiekrise; es herrschen Nahrungsmittelknappheit, Inflation und allgegenwärtige wirtschaftliche Instabilität. Die Guthaben der russischen Zentralbank wurden eingefroren, und die EU diskutiert ständig darüber, sie zu beschlagnahmen, was der größte Bankraub der Geschichte sein dürfte. Die Herrschaft des Rechts ist auch aufgehoben, weil die Vermögen von Personen, denen Verbindungen zur russischen Regierung vorgeworfen wurden, ohne jedes Gerichtsverfahren eingefroren wurden. Durch den Wunsch, jegliche russische Energie zu verbannen, wird Russland gezwungen, seinen Fokus auf Exporte in den Osten zu lenken. Moskau wurde aus dem vermeintlich "unpolitischen" SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen, und die Enklave Kaliningrad wurde unter eine Teilblockade genommen.


Ländern, die sich den unilateralen Sanktionen des Westens nicht anschließen, wird mit wirtschaftlichem Zwang gedroht. China ist vermutlich als Nächstes an der Reihe, da Washington eifrig die Idee bewirbt, die Welt künstlich in zwei Blöcke zu trennen, einen angeblich demokratischen Block gegen einen autoritären Block.


Die Regeln der Vergangenheit existieren nicht mehr, und wirtschaftliche Abhängigkeit birgt unerträgliche Risiken. Einfach gesagt, gibt es eine große Nachfrage nach alternativen Institutionen, die wirtschaftliche Erholung und pragmatische Zusammenarbeit fördern. Im Osten gibt es aufsteigende wirtschaftliche Riesen, die zuversichtlicher sind und entschlossen, ein internationales Wirtschaftssystem zu schaffen, das Vertrauen verdient.


Eurasische internationale Institutionen

Russland verfolgt nicht länger das Ziel eines Größeren Europa von Lissabon bis Wladiwostok, in dem Russland den Kontinent ernährt und Rohstoffe für europäische Industrien liefert, und im Gegenzug westliche Technologien und Industrieprodukte importiert. Die Größere Eurasische Partnerschaft ist nicht mehr nur ein Instrument, um schlicht die wirtschaftlichen Verbindungen vielfältiger zu gestalten, sondern wurde nun zu einer Notwendigkeit für eine vollständige wirtschaftliche Trennung vom Westen.


Pelosi in Taiwan – Narretei einer Greisin, aber auch das Ende des Liberalismus





Meinung

Pelosi in Taiwan – Narretei einer Greisin, aber auch das Ende des Liberalismus





Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) strebt weiter danach, größere wirtschaftliche Kompetenzen zu entwickeln, und wird vermutlich im September Iran als neues Mitglied aufnehmen. BRICS bereitet sich ebenfalls auf eine größere Rolle bei der wirtschaftlichen Erholung vor und steht davor, Argentinien und Iran als neue Mitglieder aufzunehmen. Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU) hat sich langsam entwickelt, obwohl es neue Anreize für gemeinsame Regelwerke gibt, um Autonomie und Stabilität in einer zunehmend chaotischen Welt zu fördern.


Das Gleichgewicht der Macht im multipolaren Größeren Eurasien führt zu mehreren Gemeinsamkeiten in den eurasischen internationalen Institutionen. Diese Organisationen konzentrieren sich auf das Prinzip der souveränen Gleichheit und das Völkerrecht in Übereinstimmung mit der Charta der UN. Widerstreitende Interessen zwischen den unterschiedlichen Polen der Macht stellen sicher, dass sich diese Institutionen auf Sicherheit mit anderen Mitgliedern statt auf Sicherheit gegen Nicht-Mitglieder konzentrieren. Die Werte bündeln sich um gemeinsamen Wohlstand, wie er von dem "Geist von Shanghai" gefordert wird, und Werte, die genutzt werden können, um souveräne Ungleichheit aufzunötigen, werden verachtet. Die multipolare internationale Machtverteilung im Größeren Eurasien verhindert zudem ein zentralisiertes internationales Wirtschaftssystem und konzentriert sich stattdessen auf die "Integration der Integrationen".


Für die absehbare Zukunft werden Russlands Waffen nach Westen weisen, und Russlands ökonomische Verbindungen werden sich nach Osten richten. Und das, obwohl die eurasischen Institutionen langfristig auch die Aufgabe erhalten sollten, die Zusammenarbeit mit den westlichen Ökonomien wieder herzustellen.


RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.


Übersetzt aus dem Englischen.

Glenn Diesen ist Professor an der Universität von Südostnorwegen und Herausgeber der Zeitschrift "Russia in Global Affairs". Man kann ihm auf Twitter unter @glenndiesen folgen.


Mehr zum Thema – Gegenentwurf zur EU: Der eurasische Kontinent und das Konzept souveräner Nationalstaaten


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/international/146414-in-neuen-weltordnung-zeigen-russlands


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22.08.2022

Diplomatischer Erfolg für den Kreml: Neue Annäherungsversuche zwischen Türkei und Syrien

Jahrelang war die Außenpolitik der Türkei in der Region vom unrealistischen Szenario eines plötzlichen Zusammenbruchs der syrischen Regierung in Damaskus geprägt, währenddessen diese Erwartung Syrien in ein Dschihadisten-Paradies verwandelte. Nun ruft Erdoğan in einem überraschenden Schritt zur Versöhnung mit der syrischen Regierung auf.


Diplomatischer Erfolg für den Kreml: Neue Annäherungsversuche zwischen Türkei und SyrienQuelle: AFP © Murat Kula



Zitat: Nach dem Gipfeltreffen in Teheran trafen sich Präsident Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan Anfang August noch einmal in Sotschi. Das hat im Westen Spekulationen über eine Vertiefung der Beziehungen zwischen der Türkei und Russland ausgelöst. Obwohl nach diesem Treffen hinter verschlossenen Türen nur wenige Details veröffentlicht wurden, ist seitdem eine Haltungsänderung der Türkei gegenüber Syrien zu erkennen.


Der türkische Präsident schließt einen politischen Dialog mit der syrischen Regierung nicht aus





Der türkische Präsident schließt einen politischen Dialog mit der syrischen Regierung nicht aus





Die USA haben längst versucht, den Astana-Prozess zu untergraben, der im Januar 2017 von Russland, Iran und der Türkei initiiert wurde, um den Syrienkonflikt zu lösen. Washington hat immer gehofft, dass Ankara und Moskau über den von Islamisten kontrollierten Idlib in Nordsyrien frontal zusammenstoßen, wodurch eine mögliche Annäherung zwischen den beiden eurasischen Staaten gekippt würde – wie im Jahr 2015, als die Türkei eine SU-24 nahe der syrischen Grenze abgeschossen hatte.


Die überraschende Entscheidung der Türkei nach elf Jahren nun erneut Beziehungen zu Syrien herzustellen, dürfte bei einer der vielen Gesprächsrunden zwischen Präsident Erdoğan und seinem Amtskollegen Putin gefallen zu sein. Ankara galt mit Beginn des Arabischen Frühlings 2011 als erbitterter Gegner Syriens. Die Türkei gehörte zu jenen Staaten, die Präsident Assad um jeden Preis stürzen wollten. Während Saudi-Arabien und Katar ihre Unterstützung radikal-islamistischer Gruppierungen längst eingestellt haben, fördert die Türkei diese bis heute weiter.

In der Provinz Idlib zum Beispiel beschützt die türkische Armee die Islamistenregierung von Hayat Tahrir al-Sham (HTS). Im Jahr 2017 inmitten der von außen aufgeputschten und mit Gewalt aufgeladenen Rebellion gegen die staatliche Existenz Syriens gründete die Türkei den Verband "Syrische Nationale Armee" (SNA), deren Mitglieder vorwiegend aus islamistischen Milizen bestehen.


Normalisierung der Beziehungen zwischen Türkei und Israel: Ankara als neues Gas-Drehkreuz für EU?




Analyse

Normalisierung der Beziehungen zwischen Türkei und Israel: Ankara als neues Gas-Drehkreuz für EU?





Der türkische Außenminister, Mevlüt Çavuşoğlu, gab kürzlich bekannt, dass er sich im vergangenen Oktober während der Zusammenkunft der Bewegung der Blockfreien Staaten in Serbien mit seinem syrischen Amtskollegen Faysal Mikdad getroffen und mit ihm über die Lage in Syrien gesprochen habe. Çavuşoğlus Enthüllung kam für viele Syrer überraschend, da die Türkei seit dem Jahr 2011 islamistische Terrorgruppen in Syrien unterstützt und bislang drei militärische Invasionen in das Land geführt hat.


Als Reaktion auf Çavuşoğlus Enthüllung gingen Zehntausende von Menschen in den von der Türkei besetzten Gebieten in Nordsyrien auf die Straße, um gegen die Türkei zu protestieren. "Lieber tot, als ein Leben in Unwürde", riefen Syrer in Bab al-Salama, dem syrischen Grenzübergang zur Türkei. "Keine Versöhnung, die Revolution geht weiter", skandierten Islamisten in Azaz.

Die Türkei ist die letzte Schutzmacht der islamistischen Gruppierungen im Kampf gegen Präsident Bashar al-Assad. Bislang hatte es die Hoffnung gegeben, die von Islamisten kontrollierten Rebellenregionen könnten als eine Art türkisches "Protektorat" weiter bestehen. Die Bewohner in Idlib haben nun Angst, mit der neuen türkisch-syrischen Annäherung könnte ihr Schicksal besiegelt sein.


Angesichts der sich verschärfenden Wirtschaftskrise hat sich in der Türkei die Stimmung gegen Geflüchtete aus Syrien verschärft. In der Türkei leben nach offiziellen Angaben zurzeit mehr als 3,7 Millionen syrische Flüchtlinge. Die Zeiten, in denen der Präsident zur "islamischen Solidarität", zur Verteidigung der Aufnahme syrischer Schutzsuchender predigte, sind längst vorbei, da Ankara weitgehend seine auf die Unterstützung der Muslimbruderschaft ausgerichtete Außenpolitik in der Region aufgegeben hat.


Wladimir Putin besucht Iran – Schnelle  Reaktion auf  US-initiierten Golf-Gipfel





Analyse

Wladimir Putin besucht Iran – Schnelle Reaktion auf US-initiierten Golf-Gipfel





Es ist jetzt höchste Zeit für die Türkei, ernsthaft über eine Normalisierung der Beziehungen mit Damaskus und eine Wiederbelebung des syrisch-türkischen Adana-Abkommens von 1998 zu sprechen, was unter anderem eine gemeinsame Anstrengung zur Bekämpfung der von den USA unterstützten kurdischen Separatisten in Syrien beinhaltet.


Während des Besuchs von Erdoğan in der Ukraine am 18. August äußerte sich der türkische Präsident erneut zu seinen Absichten, die Beziehungen der Türkei zu Syrien zu verbessern. Er erklärte, dass die Türkei nicht den Wunsch habe, den syrischen Präsidenten al-Assad als Staatschef zu stürzen, sondern sich stattdessen auf die Bekämpfung des Terrorismus konzentrieren wolle. 

Vor diesen Hintergrund könnten sich Ankara und Damaskus auf ein Protokoll zur Rückführung von Millionen türkischer und syrischer Flüchtlinge an ihre Herkunftsorte einigen und das Adana-Abkommen erneuern, um eine gemeinsame Front gegen separatistische Tendenzen im kurdischen Nordsyrien zu schaffen.


Mehr zum ThemaÇavuşoğlu enthüllt: Türkei und Syrien führten im vergangenen Oktober auf Ministerialebene Gespräche


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/der-nahe-osten/146740-diplomatischer-erfolg-fur-kreml-neue


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

22.08.2022

Mailingliste des Arbeitsausschusses, der die bundesweiter Friedensdemonstration am 1.10.2022 in Berlin vorbereitet.

Am 22.08.22, 14:28 schrieb Steffen <steffen@ippnw.de>:

Liebe Teilnehmende am Arbeitsausschuss, liebe Friedensbewegte,


wir haben die Entscheidung getroffen, uns an weiteren Diskussionen im Arbeitsausschuss nicht mehr zu beteiligen. Es ist an der Zeit, die Kräfte auf die vor uns liegenden dringend notwendigen Aktionen zu lenken, statt weiter in stets sich wiederholenden Diskussionsschleifen zu versinken.


Wir sehen keine Möglichkeit mehr darin, jetzt an einer zentralen Demonstration festzuhalten, weil zum einen jede:r von uns weiß, welche Schritte darüber hinaus noch erforderlich sein werden, um eine konsensuale Durchführung zu gewährleisten. Zum anderen zeichnet sich immer mehr ab, dass es erfolgreicher, wirksamer und effektiver sein wird, statt einer zentralen Demonstration am 1. Oktober einen dezentralen Aktionstag mit möglichst vielen Aktionen überall in der Republik durchzuführen unter einem gemeinsamen Motto.


Keinen Euro für Krieg und Zerstörung! Statt dessen Milliarden für eine soziale, gerechte und ökologische Friedenspolitik!

Stoppt den Krieg!

Verhandeln statt Schießen!


Wenn sich dort abzeichnet, dass wir Menschen bewegen können, können wir in der Folge auch eine wirkungsvolle gemeinsame große zentrale Manifestation auf die Beine stellen.


Wir, Vertreter:innen der Kooperation für den Frieden und des Bundesausschusses Friedensratschlag haben uns darauf verständigt, einen dezentralen Aktionstag mit allen Kräften zu unterstützen und rufen mit dem Aufruf, den ihr im Anhang findet, dazu auf. Wer diesen Aufruf mittragen kann, teile dies bitte unter: (Friedens- und Zukunftswerkstatt e. V., c/o Frankfurter Gewerkschaftshaus, Wilhelm-Leuschner-Str. 69 – 77, 60329 Frankfurt am Main, Fax: 069 – 24249951, E-Mail: Frieden-und-Zukunft@t-online.de mailto:Frieden-und-Zukunft@t-online.de) bis zum 3. September 2022 mit.


Unabhängig davon kann jede unterstützende Gruppe für ihre örtliche Aktion einen eigenen Aufruf mit weiteren politischen Forderungen formulieren. Was alle einen soll, sind die gemeinsamen Kernforderungen und die Überschrift.


Solidarische Grüße


Willi van Ooyen, Jutta Kausch-Henken, Lühr Henken (Bundesausschuss Friedensratschlag)


Jens-Peter Steffen, Reiner Braun, Wiltrud Rösch-Metzler Angelika Wilmen (Kooperation für den Frieden)


 


--

Dr. Jens-Peter Steffen

IPPNW e.V.

http://www.ippnw.de


--- Das ist die Mailingliste des Arbeitsausschusses, der die bundesweiter Friedensdemonstration am 1.10.2022 in Berlin vorbereitet. Es ist eine geschlossene unmoderierte Liste. Wir bitte hierüber nur zur Demo-Vorbereitung zu kommunizieren. Zum politischen Austausch gibt es andere Listen. Zum Austragen Email an: List help:

22.08.2022

Baudissin-Rede - Demo Rede Biederbeck

aus e-mail von Gerhard Biederbeck,22.8.2022, 13:09 Uhr



Hier mein Anschreiben an C. John.


Gerhard



Gerhard Biederbeck

Paracelsusweg 19

31535 Neustadt a.Rbge.


Tel. 05032-66507


E-Mail: ger.bie@t-online.de


Neustadt den 22.08.2022


Sehr geehrter Herr Oberst u. Kommodore Christian John!


Wie Sie wissen, haben wir als Friedensintitive Neustadt/Wunstorf

am vergangenen Samstag eine Friedens - Demonstration

vor dem Fliegerhorst des LTG 62 abgehalten.

Uns treibt die Sorge für unsere Kinder und Enkelkinder,

dass wir in einen großen Krieg,

vielleicht sogar in eine nukleare Auseinandersetzung schliddern,

der dann kein Leben für unsere Kinder und Enkel mehr möglich sein lässt.

Ich gehe davon aus,  dass Sie diese Sorge mit uns teilen,

wie sie sie auch hohe US-Militärs zum Ausdruck gebracht haben.

Die Frage ist, wie dieser große Krieg, der besonders Europa treffen würde,

verhindert werden kann?

Das wird strittig in unserer Gesellschaft diskutiert.

Das Setzen darauf, dass der Gegner Russland entscheidend auf dem

"Schlachtfeld" mit militärischen Mitteln geschwächt werden muss ,

um überhaupt in Verhandlungen treten zu können,

steht dem Denken gegenüber,

dass eine diplomatische Lösung des kriegerischen Konfliktes mit Hilfe

eines glaubhaften neutralen Mittlers

ohne eigene Interessen  so bald wie möglich gefunden werden muss,

um weiteres Sterben und Leid zu verhindern.

So wie es sich einerseits als äußerst schwierig erweist,

einen glaubhaften, für beide Seiten akzeptablen Mittler zu finden,

ist andererseits gegen viele diesbezüglichen Medienäußerungen

allen militärischen Fachleuten klar, dass Russland von der Ukraine

- auch nicht mit Hilfe westlicher Waffen-

zu besiegen und nicht so geschwächt werden kann,

dass es gezwungen sein würde, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.

Das lehrt uns nicht zuletzt Napoleon und die Geschichte der letzten

beiden Weltkriege.

Ich sehe mich in der Tradition Gandhis, der es immerhin geschafft hat,

die Kolonialweltmacht Großbritannien mit zähem Widerstand,

Gefängnisaufenthalten, zahlreichen Rückschlägen, jedoch letztlich stets mit

Mitteln der Gewaltlosigkeit, der Gesprächsfähigkeit

und dem Respekt gegenüber dem Gegner, aus Indien zu vertreiben,

so wie es mit gleichen Mitteln Nelson Mandela

gegenüber der Herrschaft der Buren gelungen ist.

&

In meiner Rede am Samstag

wendete ich mich im letzten Teil ausdrücklich an die Soldaten und

Zivilisten des

Fliegerhorsts Wunstorf, wofür Sie herausgehobene Verantwortung tragen.

Darin schlage ich vor, die zukünftig bald 50 A400M gänzlich und dauerhaft

in Löschflugzeuge umzuwandeln,

wie es Airbus mit Hilfe von Tests in Getafe ermöglicht hat

und es in der dt. Presselandschaft nachlesbar ist;

und sie weiterhin für humantäre Einsätze zu nutzen, worin Sie

langjährige Erfahrung haben.

Das würde den Mitarbeitern und Soldaten des Fliegerhorsts weltweite

Wertschätzung und das gute Arbeitsgefühl

einbringen, für das Klima und die Umwelt  einen Beitrag zu leisten,

und bei den zahlreichen Großbränden der Welt unmittelbar Hilfe zu leisten.

*"Löschen statt Zündeln"

*

**ist dafür das Motto.

Es ist mir klar , dass Sie erwidern werden , dass Sie selbstverständlich

die A400M

auch als Löschflugzeug und für humanitäre Einsätze zum Nutzen der

Menschen einsetzen werden,

aber nicht dauerhaft und ausschließlich, sondern dass es primär  für Sie

gilt,

ihren militärischen Auftrag zu erfüllen.


Ob es trotzdem in dieser Gemengelage und aufgrund der brisanten Situation

die Chance eines öffentlichen Dialogs oder in kleinem Kreis zwischen uns

gibt,

Herr Oberst John?

Auf jeden Fall ist das Gesprächsangebot im Sinne von Ghandis Respekt und

Gesprächsfähigkeit

bei eigener klarer Haltung ernst gemeint.

Als Schiedsperson der Kernstadt Neustadt bin ich gewohnt,

mit konfliktreichen Situationen umzugehen.

Eine Brücke oder gar als Gesprächsgrundlage könnte das Referat von Wolf

Graf von Baudissin,

bekannt geworden durch seine BW-Reform - Konzeption "Staatsbürger in

Uniform"-

dienen, gehalten am 20.7.64,an der Gedenkstätte "Deutscher Widerstand"

mit dem Titel

*" Soldaten dienen ohne Prestige".*

Baudissin, den mein Vater in den 50iger und sechziger Jahren des letzten

Jahrhunderts

persönlich gekannt hat, ist einerseits solidarisches soldatisches

Denken, das mir fern ist,

nicht seitens der BW abzusprechen , er andererseits in seinem Bemühen,

ein Selbstbewusstsein demokratischen Denkens im Unterschied zum Geist

der Wehrmacht

beim Soldaten begründen zu wollen, Respekt verdient,

könnte mit seinem Referat Ausgangspunkt für

ein tiefer zu führendes Gespräch vor dem Hintergrund deutscher

Geschichte sein,

dass jedoch die aktuelle Diskussion  bezüglich der Lösung zur

brandgefährlichen Kriegs- Situation nicht umschiffen soll.

Aus diesem Selbstbewusstsein demokratischen  Denkens auf beiden Seiten

sollte  bei allen gewachsenen Vorbehalten ein Gespräch doch möglich

sein, oder?

In einer weiteren Mail schicke ich Ihnen meine Rede vom 20.8.  in vollem

Wortlaut.

Hier unten finden sie den Link zum Baudissin-Referat.


Mit freundlichem Gruß!


Gerhard Biederbeck


*https://www.stiftung-20-juli-1944.de/reden/soldaten-dienen-ohne-prestige-prof-wolf-graf-von-baudissin-20071964



weiteres:



© 2006 Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Gedenkstätte Deutscher Widerstand


Wolf Graf von Baudissin

Soldaten dienen ohne Prestige


Ansprache des Generalleutnants der Bundeswehr Wolf Graf von Baudissin am 20.

Juli 1964 in der Bonner Beethovenhalle


Die ehrenvolle Aufforderung, hier vor Ihnen zu sprechen, wäre schwerlich an mich
ergangen, noch hätte ich sie annehmen mögen, wenn nicht auch und gerade
Soldaten an hervorragender Stelle Leben und berufliche Existenz im deutschen
Widerstand gegen Hitler eingesetzt hätten. Gleich manchem anderen, hätte auch ich
nie wieder die Uniform anziehen wollen, wenn es nicht jene Soldaten gegeben hätte,
die entgegen allen damals geltenden Begriffen und im Gegensatz zur überwiegenden
Zahl ihrer Kameraden und Mitbürger „das Nessushemd anzogen“, wie Henning von
Tresckow es in einem seiner letzten Briefe ausdrückt. Ich darf wörtlich zitieren: „Wer
in unseren Kreis getreten ist, hat damit das Nessushemd angezogen. Der sittliche
Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein

Leben hinzugeben.“


Die Entscheidung dieser Menschen, für Freiheit, Menschenwürde und Recht alles,
selbst den Vorwurf ehrlosen Verrates, auf sich zu nehmen und das Risiko der
Niederlage des eigenen Volkes der Fortdauer oder gar dem Sieg des
Unmenschlichen vorzuziehen, ja, schließlich die Tat ohne Aussicht auf praktischen
Erfolg zu wagen, begründete meine Hoffnung auf freiheitlich gesonnene Streitkräfte
in einem neuen Staate. Hier war eine Gewissensentscheidung getroffen worden, die
ihre Rechtfertigung allein aus dem Gesetz sittlicher Verpflichtung bezog. Damit war
ein Vorbild bester soldatischer Überlieferung vorgelebt, an das man würde anknüpfen

können.


Aber auch neben Herrn Ludwig Rosenberg, dem Vorsitzenden des Deutschen
Gewerkschaftsbundes, könnte ich nicht in Unbefangenheit sprechen, wenn nicht
Gewerkschaftsführer und Offiziere im Widerstand nebeneinander gestanden hätten,
wenn es nicht die Freundschaft zwischen Leber und Stauffenberg, Schulenburg und
Leuschner gegeben hätte. Das gleiche gilt für die Beziehung von uns Soldaten der
Bundeswehr zu allen freiheitlichen Kräften unseres Volkes, die aus religiösen, so
genannten rassischen, politischen oder gesellschaftlichen Motiven unter der
Gewaltherrschaft gelitten oder sich geopfert haben. Es gilt darüber hinaus für unser
Verhältnis zu ihren Kindern, die heute als Kameraden und Untergebene in unseren

Reihen stehen.


In gemeinsamer Frontstellung gegen das Unrecht setzten sich die Männer und
Frauen des Widerstandes über alle fiktiven Schranken überkommener Vorurteile und
Gegnerschaften hinweg in der Erkenntnis, dass die lebensentscheidenden Werte nur
gemeinsam zu verteidigen und zu wahren sind. Sie haben in leidvoller Erfahrung
entschieden, wo die Grenzlinie verläuft und welchen Kräften wir alle – auch wir
Soldaten von heute – in Wirklichkeit verbunden und verpflichtet sind.
2
„... die einzige Spaltung, die es in Deutschland geben darf, ist die zwischen anständig
und unanständig ...“, schreibt Goerdeler in seiner Denkschrift für die Generalität vom
März 1943 und interpretiert „anständig“ als Kräfte, die weder reaktionär noch radikal
oder illusionistisch sind. Dieses Wort sollte uns allen zu Herzen gehen und uns
helfen, die schmerzlichen Fronten von damals, da sich die Welt in Widerständler und
Nichtwiderständler teilte, zu überwinden. Goerdeler und die anderen Verschwörer
fühlten sich selbst zum aktiven Handeln verpflichtet, verkannten dabei aber nicht,
dass es viele Deutsche gleichen Geistes gab, die aus Mangel an Übersicht oder an
Gelegenheit nicht bis zum Widerstand vorstießen, jedoch versuchten, in ihren

Verantwortungsbereichen das Unrecht zu mildern.


Für diese Klärung können wir gar nicht dankbar genug sein, und ich meine, es ist ein
wesentlicher Sinn solcher Gedenktage, sich dieses Vermächtnisses zu erinnern, um
es auch in den natürlichen Erscheinungen und Reibungen des Alltags zu beherzigen.
In den Jahren meiner Arbeit in integrierten Stäben der NATO, insbesondere als
Kommandeur der einzigen Ausbildungsstätte für zivile und militärische
Führungskräfte des Bündnisses, habe ich täglich gespürt, wie viel wir den Männern
und Frauen des deutschen Widerstandes verdanken, die in tödlicher Bedrohung das
lebten, was uns heute so leicht über die Lippen geht. Unter den
Lehrgangsteilnehmern des NATO Defense College, mit denen ich mich jeweils
während eines halben Jahres um die Grundlagen des Bündnisses mühte, sind stets
mehrere, deren Angehörige oder die selbst die Willkür des Dritten Reiches erfuhren.
Manche Familien wurden, ohne in Kriegshandlungen verwickelt zu sein,
„ausgemerzt“, wie es in der NS-Terminologie hieß. Wie sollte ich mit ihnen
zusammenleben, mit ihnen über die gemeinsame Verteidigung von Freiheit und
Recht sprechen, und wie könnte ich glaubwürdig die Forderungen des Bündnisses
vertreten, wenn nicht auch deutsche Soldaten gegen Unfreiheit und Unrecht
aufgestanden wären? Sie haben gemeinsam mit allen Kräften des Widerstandes ein
Zeichen aufgerichtet für das andere Deutschland, als dessen Erben allein wir heute

als verlässliche Partner angesehen werden.


Ich spreche zwar hier nicht im Namen der Bundeswehr – dazu gibt mir meine jetzige
Verwendung keine Berechtigung. Doch sei es mir gestattet, als „Staatsbürger in
Uniform“ einige persönliche Gedanken zur Bedeutung des 20. Juli 1944 und des
Widerstandes überhaupt für den Beruf des Soldaten darzulegen. Im Zuge der
Revolutionen, welche die alten Ordnungen aushöhlten und fiktiv werden ließen,
verlor auch die Gesittung vergangener Tage ihre tragende Kraft. Dieser Tatbestand
erklärt die Wehrlosigkeit so vieler Idealisten gegenüber den Verlockungen des

Nationalsozialismus.


Dass wir heute noch nicht genügend allgemeinverbindliche neue Begriffe, Symbole
und Wertvorstellungen finden und entwickeln konnten, beunruhigt uns alle – am
allermeisten den, der mit Menschenführung zu tun hat. Immerhin, eins ist nach den
leidvollen Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit zur gemeinsamen Erkenntnis
aller Einsichtigen geworden: Erneute Flucht in eine Ideologie kann uns nicht aus dem
Dilemma helfen. So bequem die Selbstaufgabe in einem totalitären System und so
verführerisch die Teilnahme an ihrer überwältigenden Macht auch manchen
erscheinen mag – niemand weiß besser als wir Deutschen, mit welchen Opfern an
menschlicher Substanz dergleichen Zwangsgeborgenheit bezahlt wird. Für
denjenigen, der nicht daran zweifelt, dass nur freiheitlich-rechtsstaatliche Wege zu
3
gesichertem, menschenwürdigem Dasein führen, für den kann es auch keinen
ernsthaften Zweifel daran geben, dass allein freiheitliche Traditionen bei diesem
Beginnen helfen können. Solche Überlieferungen gibt es in der deutschen
Geschichte in großer Zahl, wenn sie auch leider nur selten bestimmenden Einfluss
gewannen.
Im Widerstand gegen den Nationalsozialismus finden sie zum ersten Mal zusammen
und verkörpern sich in den vielen Frauen, Männern, Alten und Jungen aus allen
Stämmen, Berufen, Schichten, aus fast allen politischen Lagern und
Weltanschauungen. Die Breite dieser Traditionen entspricht dem Pluralismus, die
gemeinsame Front gegen das Unfreiheitliche und die Entscheidung für das
Menschliche den Aufgaben unserer Zeit. In ihrer Vielfalt des Herkommens, der
Motive und des Verhaltens bieten sie jedem, der nicht totalitärem Denken verfallen

ist, das ihm gemäße Vorbild.


Der Gedanke allerdings, den Soldaten der Bundeswehr in innerer Beziehung zum
Widerstand zu sehen, hat von Anfang an vielfältige Bedenken ausgelöst. Wie sollten
Streitkräfte – so fragen viele –, in deren Ethos Staatstreue eine zentrale Bedeutung
haben muss, gerade im Widerstand, dass heißt im Kampf gegen die gesetzte
Ordnung, geeignete Vorbilder finden? Dazu ist Folgendes zu sagen: Wir haben uns
im Laufe der letzten 150 Jahre daran gewöhnt, dem Soldaten lediglich konservative
Überlieferungen zuzubilligen. Es griff jedoch an die Wurzel ethisch verstandenen
Soldatentums, als Hitler die Ordnung absolut setzte und damit – ganz unkonservativ
– jeden sittlichen Maßstab leugnete. Diese Ordnung „der Normen auf Abruf“, wie sie
neulich einmal genannt wurde, zersetzte allmählich alle menschlichen Beziehungen.
Ihre letzte Konsequenz fand sie in der Buchhalterei der KZs und der Kameraderie

ihrer Bewacher.


Eine ähnlich geartete Gewaltherrschaft lastet nach wie vor auf den Deutschen und
den anderen Völkern jenseits der Demarkationslinie. Auch wir sind dieser Drohung
nicht ein für allemal enthoben. Um eine nochmalige „Machtergreifung“ totalitärer
Prägung zu verhindern, schloss sich die Bundesrepublik Deutschland der freien Welt
an. Über den Wert ihrer Bundeswehr als Verteidiger des freien Teils eines geteilten
Vaterlandes entscheidet der freiheitliche Geist ihrer Soldaten; nur er gewährleistet die

Staatstreue, die heute trägt.


Andere Einwände kommen von Menschen, die den Soldaten noch immer im
glanzvollen Gehege von ehedem sehen und ihn daher in einer rein militärischen
Umwelt und Wertordnung halten möchten. Für sie gilt noch immer allein die
Überlieferung der Kaserne, nur die Tradition des Schlachtfeldes, von dem fraglos
leuchtende Vorbilder für Tapferkeit, Opfermut und entsagenden Gehorsam abzuleiten
sind. Aber genügen diese Vorbilder in einer Zeit, da die Entscheidung täglich auf
anderen „Schlachtfeldern“ als dem der militärischen Auseinandersetzung
vorweggenommen wird; da in der Welt, aus der der Soldat kommt und die er
verteidigt, die hergebrachten dynastischen Bindungen nicht mehr, die nationalen nur
noch bedingt gelten; wo auch militärischer Krieg und soldatischer Kampf durch die
Atomwaffen ganz anderen, zum Teil neuen Gesetzen unterliegen? Und hier eine sehr
direkte Frage: War es nicht gerade die Tragik des Soldaten im Dritten Reich, dass
sich diese Tugenden so missbrauchen ließen zum Unheil der Wehrmacht, des Volkes
und der Welt, und muss nicht auch der Soldat nach Bezugspunkten außerhalb seines
4
beruflichen Verantwortungsbereiches suchen, um nie wieder in die ausweglose Lage
zu geraten, wo Verantwortung Ungehorsam, wo Treue zum Volk Untreue gegenüber

dem Staat und wo Gewissen Widerstand fordert?


Bedenken entspringen endlich der Vorstellung – ich bin versucht zu sagen dem
Wunschdenken –, als sei Überlieferung ein mechanischer Vorgang, der keinen
Spielraum zur freien Entscheidung lasse: dass die Bundeswehr also ohne Weiteres
alle Wesenszüge der Wehrmacht als Tradition aufnehmen müsse. Ein Blick in die
Geschichte lehrte indessen, dass vitale, zukunftsbezogene Generationen ihre
Vorbilder zumeist im Gegensatz zu ihren Vätern wählen. So ließen beispielsweise die
preußischen Reformer vieles aus der Zeit Friedrichs des Großen fast unbeachtet, die
Generation um Roon dagegen übersah geflissentlich des Königs liberale Haltung.
Die Entscheidung für diese oder jene Tradition hat – das ist meine tiefe Überzeugung
– wenig mit Gesichtspunkten der Vergangenheit, dagegen viel mit unseren
Vorstellungen von Gegenwart und Zukunft zu tun. Traditionen sind nicht Selbstzweck
noch Ornament; mit ihrem Angebot an beispielhaften Haltungen und Erfahrungen aus
der Vergangenheit helfen sie Völkern, Gruppen, Berufen und Einzelnen, die

Aufgaben von heute zu lösen.


Nach Lage und Aufgabe braucht die Bundeswehr Traditionen, die sie in
selbstverständliche Beziehung zu den vielfältigen Problemen hochtechnisierter
Streitkräfte inmitten einer Industriegesellschaft setzen, sie als Teil der Exekutive in
den freiheitlichen Rechtsstaat einfügen und den Zugang in die internationale
Zusammenarbeit öffnen. Dass bei diesem komplizierten Integrationsprozess weder
vortechnisch-patriarchalische, nationalistische, obrigkeitsstaatliche noch totalitäre
oder wertfreie Überlieferungen stützen können, liegt auf der Hand. Erlauben Sie mir,
noch etwas zu verdeutlichen, was ich mir von freiheitlichen Traditionen für die

Soldaten von heute und morgen verspreche.


„Einig sein und wieder aufbauen“, schrieb Leuschner einen Tag vor seiner
Hinrichtung. Und als er zum Galgen geführt wurde, sagte er seinen – unseren –
Gefährten in Zeichensprache nur das eine Wort „Einigkeit!“ Für den Bestand unserer
pluralistischen Gesellschaft und unseres freiheitlichen Rechtsstaates ist es
entscheidend, ob sich in allen Lebensbereichen und Institutionen Menschen finden,
die klar erkennbaren Leitlinien folgen und sich beispielhaft mit bestimmten
Verantwortungen identifizieren. Für solch ein Leben hält die Geschichte des

Widerstands leuchtende Vorbilder bereit.


Soldaten fällt es infolge ihrer Berufstradition und Aufgabe schwer, den oft
umständlichen und widersprüchlichen Prozess politischer Meinungsbildung und
Entschlussfassung zu bejahen und die wachsame Kritik der Öffentlichkeit als
notwendiges Korrektiv anzuerkennen. Im Blick auf die mögliche äußerste Gefahr sind
wir geneigt, formale Ordnung und Einheitlichkeit als Werte an sich zu überschätzen.
Hier sind die Erfahrungen des Widerstandes hilfreich, weil sie die Alternative zu
unserer Grundordnung mit all ihren Konsequenzen für den Soldaten aufzeigen, aber
auch veranschaulichen, welch beglückende Vielfalt die auf den ersten Blick so

verwirrende Gesellschaft birgt.


Mit der Entscheidung für freiheitliche Traditionen schwindet das Unbehagen
gegenüber dem bestürzenden Wandel unerer Zeit, der Weg zu positiven,
5
vorwärtsgreifenden Lösungen öffnet sich. Damit wird auch jener eigentümliche
Kulturpessimismus gegenstandslos, der die tiefe Wandlung der Lebensbedingungen
und damit unseres Lebensgefühls so gern als Verfall deklariert und den Soldaten das
verachten heißt, was gerade zu verteidigen ihm aufgetragen ist. Allein vom
freiheitlichen Menschenbild her lässt sich die Diskussion über Erziehung und
Ausbildung führen. Freiheitliche Erziehung reduziert nicht zum passiven Gehorsam,
sondern entfaltet zur Mitverantwortung; sie macht nicht hörig, sondern mündig und
entspricht damit den Anforderungen des aufgelockerten Gefechts technisierter

Streitkräfte.


htsstaatlicher Ethik stehen dem strengen Anspruch des

Befehlenden auf unverzüglichen und gewissenhaften Gehorsam das Recht und die
Pflicht zu Gehorsamsverweigerung gegenüber, wo Höheres auf dem Spiele steht.
Dadurch wird soldatische Existenz für sittlich gegründete Menschen erst möglich.
Sollte es sich erweisen, dass Sittlichkeit und Rechtsstaatlichkeit mit dem
militärischen Sachzweck unvereinbar ist, dann stünden wir vor der erschreckenden
Tatsache, dass der Soldat außerhalb der Ordnung steht. Zu dieser Frage gab Beck in
seinem Aufruf an die militärische Führung folgende Antwort: „Es stehen hier letzte
Entscheidungen über den Bestand der Nation auf dem Spiel. Die Geschichte wird
diese Führer mit einer Blutschuld belasten, wenn sie nicht nach ihrem
staatspolitischen Wissen und Gewissen handeln. Ihr soldatischer Gehorsam hat dort
eine Grenze, wo ihr Gewissen und ihre Verantwortung die Ausführung eines Befehls

verbietet.“


Wir müssen noch ein anderes sehen. Die Furchtbarkeit moderner Waffen hat den
Krieg aus dem Instrumentarium vernünftiger Politik gestrichen. Damit fällt dem
Soldaten die Abschreckung zu. Von seiner Entschlossenheit, notfalls den Angreifer
mit in die totale Katastrophe zu reißen, hängt gegenwärtig der militärische Friede in
Europa und damit die Existenz unserer Welt ab. Noch wird es manchem nicht leicht,
diese Wandlung zu bejahen, zu begreifen, dass dieser hohe Grad an
Verteidigungsbereitschaft entwickelt werden muss – ohne die Erwartung, das
Gelernte anzuwenden und darin den Höhepunkt der soldatischen Laufbahn zu
sehen. Hier wird ein schlichteres, subtileres Dienen, ein Verzichten auf äußerliches
Prestige gefordert, das sich nur aus einem neuen Verhältnis an Verantwortung,

Recht und Frieden leiten lässt.


Um uns noch einmal die Aktualität dieser Tradition für unsere Einfügung in das
internationale Bündnis vor Augen zu stellen, möchte ich Goerdeler anführen, der in
seinem Friedensplan vom Herbst 1943 den Zusammenschluss der europäischen
Völker zu einem Staatenbund mit europäischer Wehrmacht fordert: „Jeder
europäische Krieg ist glatter Selbstmord. Die Zeit ist reif, diesen idealen Gedanken in
die Wirklichkeit zu übersetzen, weil mit ihm die realen Interessen übereinstimmen.“
Der Widerstand legt mache vor-, dass heißt übernationale Fundamente europäischen
Völkerlebens wie Christentum, Humanismus, Naturrecht frei. Damit nahm er
Traditionen auf, die einem zusammenwachsenden Europa angemessen sind. Dieser
Aufstand, der im Grunde eine großartige – die deutsche Revolution für die
Wiederherstellung des abendländischen Menschenbildes im technischen Zeitalter
war, hat den unauflöslichen Zusammenhang von Politik und Ethik wieder ins
Bewusstsein gehoben. Dadurch konfrontiert er uns mit der Grundfrage unserer Zeit,
6
der alle Möglichkeiten – weltanschauliche und technische – zur physischen und
psychischen Vernichtung der Menschheit in die Hand gegeben sind. Ich meine, wir
Deutschen – Soldaten und Nichtsoldaten – haben allen Grund, stolz auf dieses
Ereignis unserer Geschichte zu sein und mit Dankbarkeit auf diese Menschen zu
blicken, die im tödlichen Gegensatz zu Zeitgeist, System und Umwelt ein Fanal für
die Freiheit aufrichteten. Im Stolz auf diesen Aufstand der Gewissen gewinnen wir

auch das rechte Verhältnis zur jüngsten Vergangenheit.


Selten in der Geschichte war es so schwer, sich über die bestimmenden Faktoren
der Gegenwart klar zu werden; aber es war wohl auch noch nie so gefährlich, einem
falschem Bilde zu folgen. Erinnerungen und Traditionen sind gewiss kein
Zaubermittel zur Bewältigung des Lebens – am allerwenigsten in unserer Zeit. Doch
scheint es mir für die Bestimmung des eigenen Standortes und zum Aufspüren neuer
Möglichkeiten wesentlich, dass wir uns auf breiter Front und unter den

verschiedensten Vorzeichen unseren Verantwortungen stellen.


Info: https://stiftung-20-juli-cms.clients.fabian.mu/storage/uploads/2018/02/28/5a96f0f7af4f91964_baudissin.pdf

22.08.2022

Deutsche Stiefel auf dem Balkan: Zwischen Friedensmission und traumatischen Erinnerungen

Deutschland ist in der vergangenen Woche auf skurrile Weise ins Rampenlicht nicht nur der Balkan-Öffentlichkeit gerückt. Schuld daran ist der frühere deutsche Landwirtschaftsminister


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Christian Schmidt, der auf den Posten des Hohen Repräsentanten (OHR) bestellt wurde.

© Thomas Imo / www.imago-images.de



Zitat: Die jüngste Ankunft einer Gruppe von 50 deutschen Soldaten in Bosnien und Herzegowina hat die Stimmung in jener multinationalen Gemeinschaft, die von wirtschaftlichen Problemen und ethnischen Spannungen belastet ist, weiter aufgewühlt. Die Deutschen kommen als Verstärkung der EUFOR-Mission und nennen als Grund die "angespannte innenpolitische Lage und Russlands Einflussnahmeversuche", obwohl Moskau bisher unzählige Male hervorgehoben hat, es unterstütze die Integrität der durch das Abkommen von Dayton aus zwei Entitäten und drei konstitutiven Völkern geschaffenen Gemeinschaft.


Solche Zusicherungen kommen offenbar nicht zu Ohren der Berliner Entscheidungsträger, insbesondere der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, der lautesten Befürworterin der Entsendung deutscher Soldaten auf den Balkan. So gab der Bundestag ohne großen Widerstand der Bundeswehr grünes Licht, sich der Althea-Mission mit einer symbolischen Zahl von nur 50 Mann anzuschließen. Die Entscheidung des Deutschen Bundestages hat in der Republika Srpska angesichts der traumatischen Erfahrungen in der Vergangenheit, insbesondere während des Zweiten Weltkriegs, alte Ängste und Bedenken bezüglich der guten Absichten Deutschlands und seiner Truppen geweckt.


Belgrads Botschaft an Kosovo: Dialog und Kompromiss – Ja, Verletzung des Völkerrechts – Nein!




Meinung

Belgrads Botschaft an Kosovo: Dialog und Kompromiss – Ja, Verletzung des Völkerrechts – Nein!





Die Serben vergessen auch nicht die Rolle Deutschlands beim blutigen Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens während der Bürgerkriege in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts sowie die Tatsache, dass die Deutschen fast immer auf der Seite der Feinde Serbiens standen. Zur Verkomplizierung der Sache tragen die Vertreter der beiden anderen Völker in Bosnien und Herzegowina bei: die Kroaten, aber vor allem die Bosniaken, die die Ankunft der deutschen Soldaten fast mit Beifall begrüßten.


Dadurch wurde ihre Präsenz in diesem Land weiter problematisiert, und Politiker sowie irgendwelche Analysten schalteten sich sofort in die Diskussion über die Zweckmäßigkeit ihrer Ankunft und ihres Aufenthalts ein. Je nach nationaler Zugehörigkeit waren diese wiederum FÜR oder GEGEN die neueste Entwicklung der Lage. Die angebliche Absicht Russlands, die Stabilität und Sicherheit des Landes zu untergraben, welche der Bundestag als Begründung geschluckt hat, versuchte wenig überzeugend der ehemalige Leiter der Militärvertretung bei der NATO, Alija Kožljak, zu erklären:

"Die Botschaft, die an Bosnien und Herzegowina gesendet wird, lautet, dass diejenigen Kräfte, die im Namen der Russischen Föderation die Stabilität und Sicherheit in Bosnien und Herzegowina untergraben, definitiv auf ein Hindernis stoßen werden, denn dies ist auch eine Bestätigung der Entschlossenheit der EUFOR, dass Frieden und Stabilität nicht in Frage gestellt werden."

Und weiter:

"Es ist offensichtlich, dass es sich um koordinierte Aktivitäten sowohl der NATO als auch der EU handelt, da diese Entscheidungen nach dem jüngsten NATO-Gipfel in Madrid getroffen wurden, wo in Zusammenarbeit mit der EU eine Entscheidung über politische und praktische Unterstützung für Bosnien und Herzegowina getroffen wurde, und Deutschland tut genau das, indem es politische und praktische Unterstützung in dieses Land entsendet."

Stoltenberg: Die NATO steht bereit, im Kosovo zu intervenieren





Stoltenberg: Die NATO steht bereit, im Kosovo zu intervenieren






Kožljak behauptete zudem, dass sich das moderne Deutschland längst von seiner Nazi-Vergangenheit verabschiedet habe und dass es keinen Platz für Angst vor dem modernen Deutschland und seinen Soldaten gebe. Hiervon ließ sich die andere Seite allerdings nicht beirren, da sie der immer häufigeren Demonstration deutscher Militärmacht, einschließlich dieses jüngsten deutschen "Vorstoßes auf den Balkan" skeptisch gegenübersteht. So sagte das serbische Mitglied der dreiköpfigen Präsidentschaft des Landes Milorad Dodik:

"In diese militärische Struktur können wir kein Vertrauen haben, wenn man bedenkt, dass durch diese Entschließung des Bundestages ein Eingriff in die verfassungsrechtliche Ordnung angedeutet wurde, was eine typische Einmischung in die Angelegenheiten eines Landes ist. Wir werden auf alle Momente und Elemente hinweisen, warum ich dagegen bin. Deutschland kann hier, nicht nur aufgrund historischer, sondern auch aktueller Ansätze gegenüber Bosnien und Herzegowina, absolut nicht das Vertrauen von uns Serben und der Republika Srpska genießen, wenn man an die zuvor angenommene Entschließung des Bundestages denkt, in der steht, dass das politische System geändert und alles auf die BiH-Ebene konzentriert und zentralisiert werden muss und die Entitäten abzuschaffen sind. Wir können einer solchen Politik Deutschlands und seiner Präsenz hier nicht vertrauen und sie nicht unterstützen."

Zuvor hatte Dodik bereits erklärt, dass

"Deutschland, das im Zweiten Weltkrieg die Ustascha dabei unterstützte, hier die Serben zu töten und Konzentrationslager einzurichten, nun seine Streitkräfte ankündigt. Ihre Streitkräfte sind hier in keiner Form willkommen und können nicht ohne die Entscheidung des Präsidiums von Bosnien und Herzegowina kommen. Ich öffne Deutschland nicht eine Sekunde lang die Tür, hier mit seinen Truppen einzumarschieren."

Er drückte zudem sein Bedauern darüber aus, dass er einst seine Zustimmung zur Verlängerung der Althea-Mission in Bosnien und Herzegowina gegeben habe. Für einen unabhängigen Beobachter von außen mag es scheinen, als ob sich die ausländischen Soldaten wegen möglicher Spannungen vor den für den 2. Oktober angesetzten Parlamentswahlen helfend in einem Land mit fragilem Frieden und brüchiger Stabilität positionieren wollen. Es gibt aber auch Stimmen, die behaupten, die NATO versuche, sich aufgrund des fehlenden Konsenses in Bosnien und Herzegowina bezüglich eines Beitritts zum Militärbündnis besser zu positionieren.


Die Republika Srpska, eine der beiden Entitäten des Landes, ist entschieden gegen die Möglichkeit, dass BiH Mitglied eines Militärbündnisses werde. Sowohl die Regierung als auch die Opposition in dieser Entität bestehen stattdessen auf Neutralität, was im übrigen auch die offizielle Außenpolitik Serbiens ist. Für die NATO ist das eine neue Herausforderung sowie eine neue Unbekannte, und daher die Eile, EUFOR mit zusätzlichen Soldaten aufzustocken.


Hinzu kommt noch, dass das derzeitige Mandat der EUFOR-Mission im November ausläuft und es Sache des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist, über die Verlängerung um ein weiteres Jahr zu entscheiden. Allerdings befürchten Strategen des westlichen Militärbündnisses und Politiker in Brüssel, dass Russland dann ein Veto gegen die Verlängerung des Mandats einlegen könnte, welche die am längsten andauernde Bodenmilitäroperation der Europäischen Union und die einzige mit Exekutivmandat für die Gewaltanwendung in Krisensituationen ist.


Nachrichtenagentur AP löscht den Jugoslawien-Krieg aus der Geschichte – Das Narrativ nicht gefährden




Meinung

Nachrichtenagentur AP löscht den Jugoslawien-Krieg aus der Geschichte – Das Narrativ nicht gefährden





Deutschland ist in der vergangenen Woche auf eine andere, diesmal skurrile Weise ins Rampenlicht nicht nur der Balkan-Öffentlichkeit gerückt. Tatsächlich ist der Diplomat Christian Schmidt, seines Zeichens ehemaliger Landwirtschaftsminister in der Regierung Angela Merkel und später auf den Posten des Hohen Repräsentanten (OHR) bestellt, der wahre Schuldige dafür.


Angesichts einer zunehmenden Ablehnung dieser Personalie seitens der Regierung der Republika Srpska, weil Schmidt nicht nach der standardmäßigen Verfahrensweise und Entscheidungsfindung des UN-Sicherheitsrates ernannt wurde, sowie dem Umstand, dass Russland und China gegen seine Ernennung zum Leiter des OHR waren, hat dieser nun auf die Frage eines Journalisten "die Nerven verloren" und sich sehr undiplomatisch verhalten.


Ein Video der entscheidenden Pressekonferenz kursiert seit Tagen in den sozialen Medien und stellt den "deutschen Touristen Schmidt", wie sie ihn hier nennen, in einem ganz anderen Licht dar … weshalb er von zahlreichen Medien, besonders von jenen aus seiner Heimat Deutschland, an den Pranger gestellt wird: 

"Müll!!! Totaler Quatsch! Leute, ich sitze oder stehe hier nicht rum, ich kümmere mich um dieses Land. Dies ist eine Stadt, in der Menschen ihr Leben verloren haben, und wir sind nicht hier, um politische Spielchen zu spielen. Und in diesem Land spielen die Leute politische Spielchen – nicht die Menschen, sondern die Politiker. Ich habe genug davon. Stellen Sie Ihre Fragen, aber beachten Sie, wie ich Entscheidungen treffe und mit Menschen umgehe. Entschuldigen Sie, dass ich so offen bin, aber es steht mir bis hier mit all diesen Beschimpfungen, die völlig falsch sind."

#BiH ????????: Following numerous chaotic and destabilizing moves over the past few weeks, @OHR_BiH Christian Schmidt has once again shown that he is not the right pick for this role. He should simply resign before he puts Bosnia into complete disarray.pic.twitter.com/WR73GxKaes

— Jakub Bielamowicz (@KubaBielamowicz) August 17, 2022

Mehr zum Thema - Der Weg zum Krieg in der Ukraine begann 1999 im Kosovo


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/146717-deutsche-stiefel-auf-balkan-zwischen


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

22.08.2022

Indien Was die Folgen der Kolonialzeit für die heutige Politik bedeuten

anti-spiegel.ru, 22. August 2022, 01:51 Uhr

Im Westen ist den Menschen nicht bewusst, wie tief die Folgen der Kolonialzeit in den ehemaligen Kolonien bis heute fortwirken. Das zeigt ein Bericht des russischen Fernsehens.


Westliche Politiker haben sich in Indien in den letzten Monaten die Klinke in die Hand gegeben, als sie versuchten, Indien dazu zu bringen, sich den anti-russischen Sanktionen anzuschließen. Bekanntlich haben die Inder – ihrer Kultur entsprechend – höflich gelächelt und nichts dergleichen getan.


Der Westen konnte versprechen, was er wollte, in Indien und den afrikanischen Staaten hat man Jahrhunderte Erfahrung mit den Versprechen des Westens, der immer dann großzügig wird, wenn er etwas haben möchte, danach aber umso gieriger zurückkehrt und seine Macht ausnutzt, um sich seine „Großzügigkeit“ später erstatten zu lassen.


Die Sowjetunion hat in Deutschland bei vielen einen schlechten Ruf, in den ehemaligen westlichen Kolonien auf anderen Kontinenten hingegen nicht. Als diese Staaten unabhängig wurden, war es die Sowjetunion, die ihnen wirtschaftlich geholfen, Universitäten gebaut und Spezialisten ausgebildet hat. Diese Großzügigkeit mag an der geopolitischen Konfrontation mit dem Westen gelegen haben, aber das ändert nichts daran, dass es sie gab und dass weder die Sowjetunion, noch das spätere Russland irgendwelche Rückforderungen gestellt hat. Dieser Unterschied zwischen dem Verhalten des Westens auf der einen Seite und der Sowjetunion (und später Russland) auf der anderen Seite wurde in diesen Staaten sehr wohl registriert.


Im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens wurde eine Reportage aus Indien gezeigt, die ich übersetzt habe, weil sie sehr gut aufzeigt, wie in Indien über all das gedacht wird. Sie macht auch deutlich, warum der Westen sich gerade die Zähne daran ausbeißt, weitere Länder davon zu überzeugen, sich den anti-russischen Sanktionen anzuschließen. Insgeheim hoffen offensichtlich gerade schwache Länder darauf, dass Russland (zusammen mit China) die Dominanz des Westens – und damit die in vielen Ländern bis heute andauernde Ausbeutung – beenden.


Beginn der Übersetzung:


Wie Indien die Schäden des britischen Kolonialismus bewertet

Indien feierte am Montag den Feiertag der Unabhängigkeit. Am 15. August vor 75 Jahren hörte Indien offiziell auf, eine britische Kolonie zu sein. Es ist heute eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Aus Indien berichtet unser Korrespondent.


Mit Blick auf die jahrhundertelange Kolonialherrschaft nennt die indische Regierung die Dinge heute bei ihrem richtigen Namen. Eine der ehrlichsten Definitionen hat Subramaniam Jaishankar, der damals frisch vereidigte indische Außenminister, 2019 erklärt: „Indien wurde zwei Jahrhunderte lang vom Westen gedemütigt, nachdem dieser im 18. Jahrhundert in Indien einmarschiert war. Im Jahr 2018 wurde eine seriöse Wirtschaftsstudie veröffentlicht, in der berechnet wurde, wie viel die Briten aus Indien mitgenommen haben. Sie nennt einen Wert von 45 Billionen Dollar in heutigen Preisen. Die Geschichte der Beziehungen zwischen Indien und dem Westen ist eine Geschichte des Sklavenhandels, der Hungersnot und des Opiumhandels, das sind die dunklen Jahre der Geschichte.“

45 Billionen Dollar sind ein Betrag, der dem 17-fachen des derzeitigen BIP von Indien und Großbritannien zusammen entspricht. Und das sind nur grobe Schätzungen der Beute, die die britische Ausbeutung der menschlichen Ressourcen, einfach ausgedrückt, die Sklavenarbeit der indischen Bevölkerung, nicht berücksichtigen.


Eine anklagende Rede des indischen Politikers und Sozialaktivisten Shashi Tharoor innerhalb der Mauern der Universität Oxford blieb in Großbritannien fast unbemerkt, wo Umfragen zufolge fast ein Drittel der Bevölkerung die Kolonialherrschaft immer noch als Segen und Geschenk betrachtet, das der Westen mit Bajonetten nach Indien brachte.


Als die Briten kamen, lag der Anteil Indiens an der Weltwirtschaft bei 23 Prozent. Als die Briten abzogen, lag die er bei 4 Prozent. Warum? Weil Indien all die Jahrhunderte zum Nutzen der Briten regiert wurde. Der Aufstieg Großbritanniens wurde durch die Ausplünderung Indiens finanziert. Die industrielle Revolution in England ging auf Kosten der Deindustrialisierung in Indien.

Das Wort „Raub“ selbst, das im Englischen „loot“ – Beute – bedeutet, tauchte damals in der Sprache des viktorianischen Englands auf und wurde aus dem Hindi entlehnt. Für einen jungen Engländer bedeutete eine Reise in die indische Kolonie damals, dass er als reicher Mann nach Hause zurückkehrte. Das „Juwel in der Krone des britischen Imperiums“ – wie die Engländer Indien nannten – war in Wirklichkeit ein Goldesel, den die Kolonialbehörden seit dem frühen 17. Jahrhundert, als die ersten Kaufleute der Britischen Ostindien-Kompanie an den Küsten des reichen und geheimnisvollen Indiens ankamen, mit Gewalt und List ausschlachteten.


Die allerersten Expeditionen nach Gewürzen – vor allem Muskatnuss und Nelken – brachten den Gründern und Aktionären der Ostindien-Kompanie den fantastischen Gewinn von 5.000 Prozent. Erst später, als die Ostindien-Kompanie in Indien fest etabliert war, begann sie mit der Herstellung von Baumwolle, Zucker und Tee in großem Stil. Es endete mit dem kommerziellen Anbau von Opium. Der offene Drogenhandel unter der Schirmherrschaft der britischen Krone wurde bis in die 1920er Jahre fortgesetzt.


John Sullivan, Nachfahre des Gründers der Ostindienkampagne und Kolonialbeamter berichtete in seinem Tagebuch: „Der Handel ist am Verdorren, die Städte sind menschenleer. Die Einheimischen verarmen, aber die Engländer gedeihen. Wir verhalten uns wie ein Schwamm, der den Reichtum an den Ufern des Ganges aufsaugt und ihn an den Ufern der Themse ausschüttet.“

Die Briten haben die indische Industrie und den Außenhandel zerstört. Die Zerstörung traditioneller indischer Industrien, insbesondere der Weberei, führte zur Verarmung einer großen Zahl von Menschen. Dadurch wurden sie gezwungen, in der Landwirtschaft zu arbeiten, was die britische Propaganda nutzte, um zu rechtfertigen und der Welt zu erklären, dass Indien ein rückständiges Land sei, dabei waren sie es, die das Land verarmt haben.


Die Propagandamaschine, die vor zwei Jahrhunderten in Gang gesetzt wurde, liefert auch heute noch dieselben Argumente zur Verteidigung der Kolonisatoren: „Es war England, das Indien die europäische Bildung und Regierung gab.“ Eines der beliebtesten Argumente ist der Bau der Eisenbahnen in Indien. Der Bau des weit verzweigten Eisenbahnnetzes in Indien wird heute von der britischen Propaganda als einer der Hauptvorteile der Kolonialherrschaft genannt. Allerdings bauten die Briten die Eisenbahnen nicht für die Inder, sondern für sich selbst. Vor allem, um indische Rohstoffe und Waren zu den Häfen zu bringen und nach Großbritannien zu verschiffen. Einheimischen war es nicht gestattet, die Züge zu benutzen. Es sei denn, es lag im kolonialen Interesse, zum Beispiel beim Transport von Arbeitskräften.


Zusammen mit dem Kapital wurden auch Hunderttausende von wertvollen und heiligen Artefakten aus Indien verbracht. Eines der berühmtesten ist der 105-karätige Kohinoor-Diamant, der heute eine der Kronen der britischen Monarchen ziert und im Tower ausgestellt ist. Wie viele kulturelle, religiöse und historische Schätze Indiens sich in Museen und Privatsammlungen in Großbritannien befinden, ist den ehemaligen Kolonialisten nicht bekannt. In den Kellern des Britischen Museums stehen noch immer ungeöffnete Kisten mit unbeschriebenen Gegenständen, die aus Indien entwendet wurden.


Die Briten haben es geschafft, die indische Geschichte, die an vielen indischen Universitäten noch immer in englischer Sprache und anhand englischer Quellen gelehrt wird, abzuschaffen. Indische Historiker beklagen, dass sie viele Dokumente der indischen Geschichte nur in britischen Archiven einsehen können, wenn sie nicht immer noch als geheim eingestuft sind.


Die bestgehüteten Geheimnisse der Kolonialzeit sind jedoch die Sklaverei, die Gräueltaten und der Völkermord an den Indern durch die britischen Eroberer. Die bekannteste Aktion war die Niederschlagung des Sipai-Aufstands. Das berühmte Gemälde von Wassily Vereschtschagin von Indern, die an die Mündungen britischer Kanonen gefesselt waren, soll von der britischen Regierung zurückgekauft und als Beweis für das Verbrechen zerstört worden sein.


Eine weitere Episode ist das Massaker von Amritsar im Jahr 1919, als die nationale Befreiungsbewegung in Indien bereits aktiv war. Die Hungersnot in Bengalen im Jahr 1943, als Churchill beschloss, die gesamte Ernte für das britische Militär abzuziehen, führte allein in dieser Provinz zu mehr als vier Millionen Toten.


Die alljährliche Zeremonie, bei der die Nationalflagge des unabhängigen Indiens an den Mauern des historischen Roten Forts gehisst wird, erinnert an den Morgen des August 1947, als Jawahral Nehru, der erste Premierminister des freien Landes, die endgültige Befreiung seines Volkes von der britischen Herrschaft verkündete. Das verarmte Land war sich selbst überlassen und lag in Trümmern. Die Sowjetunion leistete Indien unschätzbare Hilfe, indem sie die Industrie und die Landwirtschaft aufbaute und Hunderttausende von Fachkräften ausbildete. Diese Hilfe aus Moskau ist hier noch in Erinnerung. Auch nach 75 Jahren ruft Premierminister Narendra Modi in seiner Rede die Bürger auf, „alle Spuren der kolonialen Sklaverei zu beseitigen“, von deren Folgen sich Indien bis heute nicht erholt hat.


Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2022/was-die-folgen-der-kolonialzeit-fuer-die-heutige-politik-bedeuten


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

21.08.2022

Ökonomische Zwangsmaßnahmen und deren WirkungenWirtschaftsblockaden – keine „zivile Alternative

, vom 19. August 2022, Joachim Guilliard

Wirtschaftsblockaden zerstören Lebensgrundlagen und zwingen millionenfach Menschen, ihre Heimat zu verlassen – wie hier im Irak. (Foto: © UNICEF/Anmar)


Zitat: Der Begriff „Sanktionen“ für eigenmächtig von einem oder mehreren Staaten verhängte Maßnahmen ist irreführend. Denn nichts und niemand gibt einem Staat wie den USA oder einem Staatenbündnis wie der EU das Recht, selbstherrlich Strafmaßnahmen zu verhängen. Dazu ist allein der UN-Sicherheitsrat legitimiert. Korrekter sollten wir daher, wie es in UN-Dokumenten der Fall ist, von unilateralen Zwangsmaßnahmen reden. Häufig werden die von westlichen Staaten verhängten „Sanktionen“ damit begründet, Menschenrechte in den betroffenen Ländern verteidigen, durchsetzen oder, wie im Fall des russischen Einmarsch in die Ukraine, Völkerrechtsverstöße ahnden zu wollen. Tatsächlich verstoßen eigenmächtige Zwangsmaßnahmen jedoch selbst auf mehrfache Weise gegen internationales Recht und Menschenrechte – auch die aktuellen gegen Russland.


Da sie per se nur von dominierenden Mächten oder Bündnissen verhängt werden können, ist ihr Einsatz auch entsprechend selektiv. Sie werden fast ausschließlich von den USA und ihren Verbündeten verhängt. Solche Mächte können sicher sein, dass sie selbst bei schlimmsten Verbrechen nicht selbst Ziel solcher Maßnahmen werden können. Unilaterale Zwangsmaßnahmen fördern keineswegs die „Stärke des Rechts“, sondern setzen das „Recht des Stärkeren“ durch und sind daher letztlich Akte der Willkür.


„Mittelalterliche Belagerungen“

Die USA haben mittlerweile – allein oder zusammen mit den EU-Staaten – gegen rund 40 Länder solche eigenmächtigen Maßnahmen verhängt. Einige, wie die Wirtschaftsblockaden gegen Kuba, Iran, Venezuela, Nordkorea und Russland, sind allgemein bekannt. Die verheerenden Folgen der Blockaden gegen bereits völlig verarmte Länder wie Nicaragua, Mali, Simbabwe oder Laos hat jedoch kaum jemand auf dem Schirm. Natürlich wird von westlicher Seite stets beteuert, dass ihre Maßnahmen sich allein gegen die jeweilige Regierung, das jeweilige Regime richten würden. Doch selbst wenn dies der Fall wäre, liegt auf der Hand, dass sie in erster Linie die Bevölkerung treffen. Dies ist keineswegs ein unerwünschter Nebeneffekt, sondern gehört – entgegen allen Beteuerungen – zum Kalkül. Soll auf diese Weise doch öffentlicher Druck auf die Regierungen aufbaut werden, den Forderungen der blockierenden Mächte nachzugeben.


Wirtschaftsblockaden sind daher eine Form der Erpressung, mit der die Regierungen der betroffenen Länder zur Unterordnung unter die Politik der westlichen Mächte gezwungen werden sollen. Oft, wie im Fall Kuba, Syrien, Iran oder Venezuela, werden mit ihnen auch offen „Regime Changes“ angestrebt, indem versucht wird, die Bevölkerung durch eine drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen zum Aufstand zu nötigen. Alle Bürger der betroffenen Länder werden so als Geiseln genommen.


Der ehemalige Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Lateinamerika, Alfred De Zayas, brachte es auf den Punkt: Grundsätzlich seien Wirtschaftssanktionen vergleichbar mit „mittelalterlichen Belagerungen von Städten“, die zur Kapitulation gezwungen werden sollten „Die Sanktionen des 21. Jahrhunderts versuchen aber nicht nur eine Stadt, sondern souveräne Länder in die Knie zu zwingen. Ein Unterschied besteht vielleicht darin, dass Sanktionen des 21. Jahrhunderts von der Manipulation der öffentlichen Meinung durch ‚Fake News‘, einer aggressiven PR-Arbeit sowie einer Pseudo-Menschenrechtsrhetorik begleitet werden, um den Eindruck zu erwecken, dass das ‚Ziel‘ der Menschenrechte kriminelle Mittel rechtfertigt …“


Billig für Angreifer …

Mittlerweile ist diese heimtückische Form moderner Kriegsführung die am häufigsten angewandte. Da sie unblutig daher kommt, ist es leichter, dafür öffentliche Unterstützung zu finden.
Wirtschaftskriege werden von US-Politikern offen als günstigere Alternative zu militärischen Interventionen gepriesen, da sie wesentlich geringere Risiken und Nebenwirkungen für die Angreifer bergen. Doch auch diese Kriege sind zerstörerisch und können in den betroffenen Ländern Jahrzehnte des Fortschritts in den Bereichen Gesundheitsversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wohnungsbau, Basisinfrastruktur und industrielle Entwicklung zunichte machen. Sie bergen zudem, wie die Geschichte zeigt, stets die Gefahr, in eine offene militärische Konfrontation zu eskalieren, eine Gefahr, die auch im Wirtschaftskrieg gegen Russland akut ist.


Kritik wegen der schädlichen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen wird mit dem Hinweis zurückgewiesen, humanitäre Güter wie Nahrung und Medizin seien doch von den Blockaden ausgenommen. Das ist zwar formal richtig, in der Sache aber eine bewusste Irreführung. Tatsächlich sind Versorgungsengpässe bei umfassenden Blockaden programmiert. Handelsblockaden behindern jeglichen Import und verteuern ihn. Gleichzeitig verlieren die Länder durch Wegfall ihrer Exporte auch die zum Einkauf nötigen Devisen. Wenn betroffene Länder zusätzlich auch vom internationalen Zahlungsverkehr und Kreditwesen ausgeschlossen werden, können sie nicht auf übliche Weise bezahlen. All dies und die Sorge, unversehens gegen eine unbekannte Bestimmung im undurchsichtigen Geflecht der Embargoregeln zu verstoßen, lassen Lieferanten abspringen oder drastische Preisaufschläge fordern. Durch die gängige Blockade von sogenannten „Dual Use“-Gütern wird zusätzlich noch die Eigenproduktion von Maschinen, Ersatzteilen bis hin zu Pflanzendünger und Medikamenten stark beeinträchtigt.


… destruktiv für Opfer

Die heutigen Gesellschaften beruhen auf einem komplexen Netz unentbehrlicher Infrastruktur. Wenn aus Mangel an Ersatzteilen Pumpen, Generatoren oder Abwassersysteme ausfallen, können ganze Stadtteile im Sumpf versinken und sich Cholera- und Typhus-Seuchen ausbreiten. Erhalten Bauern nicht mehr genug Saatgut und Dünger, bricht die Eigenversorgung zusammen. Wenn mehrere solche Faktoren zusammenwirken, können lebensbedrohliche Notlagen entstehen. Richtig mörderisch wird es, wenn eine derart dominante Macht wie die USA ihre Gegner durch vollständige Blockaden zu strangulieren suchen, indem sie Drittländer durch Androhung von sogenannten „sekundären“ oder „extraterritorialen Sanktionen“ zwingen, sich den Embargomaßnahmen anzuschließen. Sie führen in besonderem Maße zu einer Übererfüllung der ohnehin schon massiven Sanktionsregelungen, da sie die Angst von Banken, Reedereien und Industrieunternehmen enorm verschärfen, unversehens in die Mühlen zu geraten, dass sie selbst vor Geschäften zurückschrecken, für die die blockierenden Mächte Ausnahmen aus humanitären Gründen eingeräumt haben.


Der „stille Tod“

Lang andauernde Wirtschaftskriege können daher mehr Opfer fordern als militärische. So kostete das umfassende Embargo gegen den Irak von 1990 bis 2003 mehr als eine Million Iraker das Leben, die Hälfte davon Kinder. Die damalige Außenministerin der USA, Madeleine Albright, sagte in einem Interview, dass die toten Kinder „den Preis wert waren“. Todesopfer sind bei den Sanktionierern einkalkuliert. Auch wenn die aktuellen Handels- und Finanzblockaden gegen Länder wie Syrien, Venezuela oder Kuba bisher noch nicht so verheerend wirken wie das Irak-Embargo, so töten ohne Zweifel auch sie. So forderten die US- und EU-Sanktionen gegen Venezuela nach Schätzungen des Washingtoner Forschungsinstituts Centre for Economic and Policy Research (CEPR) zwischen 2017 und 2018 40.000 Menschenleben. Selbst in einem Land wie dem Iran, der die Lage noch recht gut im Griff hat, führen die unter US-Präsident Donald Trump wieder verschärften Blockademaßnahmen zu massiven Versorgungsengpässen.


Kuba, das seit fast 60 Jahren mit einer Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA konfrontiert ist, hat immer wieder mit Versorgungsengpässen zu kämpfen. Das kubanische Gesellschaftssystem sorgt zwar dafür, dass niemand hungert, das Land wird aber durch das Embargo massiv in seiner Entwicklung gehemmt, insbesondere da sich aufgrund der Androhung „extraterritorialer Sanktionen“ auch Unternehmen aus der EU und anderen Staaten der Blockadepolitik unterwerfen. Die Situation in Syrien ist noch dramatischer. Schon im Mai 2019 berichtete der damalige UN-Sonderberichterstatter Idriss Jazairy über negative Folgen eigenmächtiger Zwangsmaßnahmen. Ihre Opfer würden „einen stillen Tod“ sterben.


Gegen Völkerrecht und UN-Mehrheit

Die überwiegende Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten lehnt eigenmächtige Blockaden grundsätzlich ab, was sich seit Langem in Resolutionen sowohl der UN-Vollversammlung als auch des UN-Menschenrechtsrats niederschlägt. Bereits 1991 forderte die UN-Generalversammlung „dringend, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung einseitiger wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen gegen Entwicklungsländer durch einige Industrieländer zu unterbinden, die das Ziel haben, direkt oder indirekt Zwang auf die souveränen Entscheidungen der von diesen Maßnahmen betroffenen Länder auszuüben“.


Eigenmächtige, nicht von UN-Organen autorisierte Zwangsmaßnahmen, so der Tenor aller späteren Resolutionen, widersprechen den Normen und Grundsätzen für friedliche Beziehungen zwischen Staaten und stellen, wie es zum Beispiel in der UN-Resolution vom Dezember 2013 heißt, „eine eklatante Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts sowie der Grundprinzipien des multilateralen Handelssystems dar“.


330801 opfer deutscher sanktionspolitik2 - Wirtschaftsblockaden – keine „zivile Alternative“ - Europäische Union, Friedenskampf, Sanktionen, USA - Hintergrund



„Die (…) Darstellung gibt die Sanktionsmaßnahmen gegenüber den einzelnen Ländern lediglich verkürzt und unvollständig wieder“, schreibt der Zoll auf seiner Internetseite. Dazu kommen „extraterritoriale Sanktionen“ der USA, wie die Blockade gegen Kuba. Damit werden auch humanitäre Spenden in die bedrohten Länder fast unmöglich. (Foto: UZ-Redaktion, Quelle: Länderembargos laut Zoll.de, erstellt mit Datawrapper)


Sobald die Blockierung des Außenhandels eines Landes das Leben der Bevölkerung als Ganzes bedroht, sind umfassende ökonomische Blockaden zudem auch schwere Menschenrechtsverletzungen, dies gilt auch, wenn sie vom UN-Sicherheitsrat autorisiert sind. Sie verstoßen dann gegen die in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ von 1948 fixierten Rechte. Zu diesen zählen das Recht auf Leben, auf angemessene Ernährung und Gesundheitsversorgung sowie auf soziale Sicherheit. Sobald Blockaden die Versorgung erheblich beeinträchtigen, wie im Jemen, Afghanistan oder in Syrien, verstoßen sie zudem auch gegen die Genfer Konvention, die das Aushungern der Zivilbevölkerung verbietet, und sind dann Kriegsverbrechen gleichzusetzen. Schließlich sind Blockaden auch eine Form kollektiver Bestrafung, die in völligem Gegensatz zu den Grundprinzipien des Rechts steht.


Die UN-Sonderberichterstatterin über die negativen Auswirkungen der einseitigen Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte, Alena Douhan, geht davon aus, „dass etwa 98 Prozent der heute verhängten einseitigen Sanktionen gegen die internationalen Verpflichtungen der Staaten verstoßen“. Obwohl sie „meist im Namen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verhängt“ würden, untergrüben sie „genau diese Grundsätze, Werte und Normen“.


„Massenvernichtungs-Sanktionen“

Da das Irak-Embargo mit der Gefahr irakischer Massenvernichtungswaffen begründet worden war, untersuchten die beiden renommierten US-Politikwissenschaftler Prof. John Mueller und Dr. Karl Mueller 1999 die Folgen von Wirtschaftsblockaden und verglichen ihre humanitären Folgen mit denen des Einsatzes von atomaren, chemischen und biologischen Waffen. Sie kamen zum Schluss, dass Wirtschaftsblockaden damals schon mehr Todesopfer gefordert hatten als alle Massenvernichtungswaffen der Geschichte zusammen. Sie bezeichneten sie daher als „Massenvernichtungs-Sanktionen“.


Hinzu kommt, dass die Gründe für die Zwangsmaßnahmen meist mehr als zweifelhaft sind und von Doppelmoral nur so strotzen. Die von den USA und ihren Verbündeten verhängten Blockaden werden offensichtlich vorwiegend zur Verfolgung eigener Interessen verhängt – ausnahmslos gegen Länder, die als Gegner oder Rivalen angesehen werden oder ihren wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen im Wege stehen, und gegen Regierungen, die sich nicht den westlichen Regeln unterwerfen wollen. Der Anschein, dass hierin die wahren Gründe liegen, wird nicht zuletzt dadurch genährt, dass viele andere Staaten, wie die Türkei oder Saudi Arabien, trotz ihrer Kriege und Menschenrechtsverletzungen nicht mit Zwangsmaßnahmen belegt werden, sondern enge Verbündete bleiben.


Wirtschaftssanktionen oder besser Wirtschaftsblockaden sind somit alles andere als zivile gewaltfreie Alternativen zu militärischen Interventionen und schon aus humanitären und völkerrechtlichen Gründen genauso abzulehnen wie militärische Gewalt.


Info: https://www.unsere-zeit.de/wirtschaftsblockaden-keine-zivile-alternative-171643

21.08.2022

Der globale Kommunismus bahnt sich seinen Weg der Verwüstung

freischwebende-intelligenz.org, 21. August 2022, 12 Uhr, Milosz Matuschek

Ob «Great Reset» oder «Build back better»: man kann den Technokraten dieser Welt gerade live beim Scheitern zusehen. Besinnt sich die Welt vor dem Abgrund noch eines Besseren?



Nehmen wir an, sie spazieren mit einem Bekannten, den sie gut zu kennen glaubten, durch den Park. Plötzlich hält er inne, bückt sich nach etwas, hebt es auf und betrachtet es von allen Seiten, während sie staunend danebenstehen, den Mund halb offen. «Mit etwas Senf und Essig ist das eine verkannte Delikatesse», sagt ihr Bekannter im Brustton der Überzeugung: «Man muss es nur richtig machen.» Sie glauben an einen Scherz, aber es ist keiner. Mit Mühe und Not können Sie ihren Bekannten noch davon abhalten, gleich vor Ort in die Delikatesse hineinzubeissen. Das Objekt der Begierde: Ein Häufchen Hundekot.


Eine ähnliche Szene durchlebt gerade die Welt mit der Idee des Kommunismus. So wie Hundekot schmecken muss (Milliarden Fliegen können nicht irren), ist der Kommunismus, eine der scheiternsverliebtesten politischen Ideen der Geschichte, nicht totzukriegen und kehrt in immer neuem Mantel als vermeintliche Delikatesse wieder. Die Geschichte wiederholt sich als Farce, wusste schon Marx. Was früher Normerfüllung, Planwirtschaft, Technokratismus, Staatsmonopolismus und die Ideologie des «neuen Menschen» war, steckt heute in grüner Moralpolitik, im Korporatismus à la World Economic Forum, in Überwachungs- und Sozialkreditsystemen sowie in Systemüberwindungsphantasien à la «Great Reset» oder «Build back better». Nach dem lokalen und nationalen Scheitern der Idee soll nun global der Sieg errungen werden.


Kommunismus ist im Kern die Ersetzung der Politik durch Prophetie. In der Politik diskutiert man im Idealfall unterschiedliche Lösungen für die Gegenwart. In der Prophetie verlagert man alles auf die Zukunft, man traumtänzelt in Richtung Abgrund, stets gerührt von den hehren Zielen, die man doch verfolgt. Wichtig ist dabei nur, dass der Glaube an die Ideologie stets ungebrochen bleibt. Als unter Stalins Landwirtschaftsexperimenten Hungersnöte von genozidalem Ausmaß folgten, schob man das, wie immer, auf «Saboteure». Wenn die Fakten nicht zur Ideologie passen: Pech für die Fakten!


Wenn man schon nicht aus der Geschichte lernen will, lernt man dann zumindest aus der Gegenwart? Der Semi-Sozialismus der letzten Jahre, wie er sich unter anderem in einem planwirtschaftlichen Geldsystem, einem überregulierten Energiemarkt und einem staatsmonopolistischen Bildungswesen äusserte, bahnt sich gerade seine Schneise der Verwüstung: Inflation, Energieknappheit, brechende Lieferketten auf der einen Seite und viele diplomierte staatsnahe Experten auf der anderen Seite, welche glauben, die selbstverursachten Probleme in der Gegenwart mit der nächsten Utopie lösen zu können.


Durch die Medien geisterte bis vor kurzem noch der Satz vom «Besten Deutschland aller Zeiten». Nun, der Euro fällt bereits – wann fällt der Groschen? Was muss wohl zuerst kommen, Hunger oder Kälte? Es ist fraglich, ob der westliche Wohlstandsmensch noch rechtzeitig merkt, dass die mühsam errichteten Grundlagen von Wohlstand und Fortschritt gerade von Nichtskönnern und ideologischen Blendern entsorgt werden, während die Bevölkerung mit moralischen Trostpflastern abgespeist wird. Wer sich schon bereitwillig experimentelle Impfstoffe, die nicht vor Ansteckung schützen aus «Solidarität» injizieren ließ, wird bestimmt auch für die Freiheit frieren oder für den Planeten hungern.


Info: https://www.freischwebende-intelligenz.org/p/der-globale-kommunismus-bahnt-sich?triedSigningIn=true


unser Kommentar: Freischwebende Intelligenz verreißt hier gesellschaftliche Ideale, statt die Verwandelbarkeit des kapitalistischen Systems in den Blick zu nehmen.


"Die Globalisierung des Finanzkapitals ist dabei die Menschen rundum zu verunsichern. Sie umgeht und erniedrigt die Nationen und Staaten. Dabei sind sie die rechtmäßigen Orte für die Ausübung der Demokratie und die Garanten des Gemeinwohls. Zudem haben die Finanzmärkte sich längst einen eigenen Staat geschaffen, einen supranationalen Staat, der über eigene Apparate, eigene Beziehungsgeflechte und eigene Handlungsmöglichkeiten verfügt" 

Ignacio Ramonet schrieb das im Dezember 1997 in "Le monde diplomatique". Der Artikel mit dem Titel "Die Märkte entwaffnen" war das Aufbruchsignal für die globalisierungskritische Bewegung. (hier zitiert aus Michael Friedrich, Wie der Globalisierung ihre Kritik abhanden kam, Frankfurt 2009)

21.08.2022

Chiles Verfassungsentwurf: Ein Beitrag für den Weltfrieden


Chiles Verfassungsentwurf: Ein Beitrag für den Weltfrieden



pressenza.com, 19.08.22 - Pressenza Berlin

Beschluss der Mitgliederversammlung der International Association of Lawyers against Nuclear Arms (IALANA) vom 05.-06.08.2022


Zitat: Die deutsche Sektion der IALANA begrüßt den Verfassungsentwurf als großen Erfolg und bedeutsame Chance zur Überwindung historischer Ausgrenzung und Unterdrückung sowie einer friedensrechtlichen Fortentwicklung des Verfassungsrechts – und das nicht nur für Chile. Die Friedensbewegung und Menschenrechtsorganisationen sind gleichermaßen aufgerufen, den Erfolg des Verfassungsentwurfs im Plebiszit am 4. September zu unterstützen.


In Chile steht eine neue Verfassung zur Abstimmung. Der am 4. September 2022 per Plebiszit abzustimmende Entwurf soll die Verfassung von 1980 ablösen. Die dafür erforderliche Mehrheit scheint allerdings aktuell nicht sicher. Dabei betrifft die innerchilenische Entscheidung nicht nur diesen südlichsten Staat der Welt. Denn wenngleich es sich um eine nationalstaatliche Verfassung handelt, ist die Entscheidung von regionaler und globaler Bedeutung – dies nicht zuletzt aus historisch informierter friedenspolitischer Perspektive. Schon die ILO-Verfassung von 1919 beginnt ihre Präambel mit der Feststellung, dass dauerhafter und universeller Frieden nur auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit erreichbar ist. Ein Erfolg des Plebiszits könnte einen symbolischen und rechtlich-institutionellen Bruch mit 500 Jahren kolonialer Unterdrückung der indigenen Völker und Ausbeutung der Natur sowie 50 Jahren neoliberaler Marginalisierung weiter Teile der Bevölkerung über die Grenzen Chiles hinaus signalisieren. Ein Scheitern dagegen könnte den 1973 von der Militärjunta Augusto Pinochets eingeschlagenen neoliberalen und repressiven Pfad verstärken.

Der von Pinochet angeführte Staatsstreich des Militärs vom 11. September 1973 beendete nicht nur den während des kalten Krieges bedeutendsten Versuch in Lateinamerika, auf demokratischem Weg die die ganze Region kennzeichnende extreme soziale Ungleichheit einschließlich der Ausgrenzung und Enteignung der indigenen Völker zu überwinden sowie soziale Rechte für die gesamte Bevölkerung zu institutionalisieren. Die Militärdiktatur leitete zugleich mit der Privatisierung des Rentensystems und dem Verbot überbetrieblicher Gewerkschaften sowie der Minimalisierung arbeitsrechtlicher Schutzmechanismen die globale neoliberale Epoche ein. Die Rolle des Militärs wurde hier – wie in anderen Teilen Lateinamerikas – funktional neu bestimmt: An die Stelle der Verteidigung vor äußeren Feinden trat die gewaltsame Unterdrückung sozialer Bewegungen und Autonomie suchender indigener Gruppen. Nicht nur die Verhinderung sozialer Neuverteilung des gesellschaftlichen Reichtums, sondern auch die Neu-Institutionalisierung einer privatisierten Sozialordnung wurde militärisch, d.h. durch institutionalisierte physische Gewalt durchgesetzt.

Seit über 40 Jahren wird Chiles politische, ökonomische und soziale Ordnung von einer Verfassung bestimmt, deren Kern in den 1970er Jahren hinter verschlossenen Türen von einer Gruppe weißer westlicher Experten auf Geheiß der Militärjunta erarbeitet wurde, auch mit deutscher Beteiligung. Diese Verfassung stand ursprünglich für die Verfolgung und Unterdrückung politischer Gegner:innen und sozialer Bewegungen, für die dauerhafte Einführung eines neoliberalen Wirtschaftssystems, die Unterwerfung indigener Völker sowie eine Herrschafts- und Kontrollfunktion des Militärs. Sie selbst sah den Übergang in eine formale Demokratie ab Ende der 1980er Jahre vor.

Wenngleich die Verfassung von 1980 nach dem Ende der Diktatur in einigen Bereichen grundlegend reformiert wurde, war dies aufgrund der erforderlichen Mehrheiten nur im Konsens zwischen konservativen und moderaten Kräften möglich. Daher blieben bei den Reformen strittige Themen wie die neoliberale Wirtschaftsverfassung, die Einführung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte sowie die Rechte der indigenen Bevölkerung, aber auch die Sonderstellung des Militärs weitestgehend unberührt. Die Aufhebung des Parteienverbots, die partielle Rehabilitierung von Opfern des Putsches, die Wiederzulassung von Gewerkschaften oder die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 169 zum Schutz indigener Völker änderten daran wenig.


Das zeigt nicht zuletzt der mit kurzen Unterbrechungen seit Jahrzehnten währende Ausnahmezustand im Süden Chiles (Araucanía). Das vor allem dort lebende indigene Volk der Mapuche, die größte der rund 11 % der Gesamtbevölkerung ausmachenden indigenen Nationen Chiles, wehrt sich seit Ankunft der spanischen Conquistadores im 16. Jahrhundert gegen Landgrabbing (Landraub) und Zerstörung ihrer Ländereien durch große Forstwirtschaftsunternehmen und Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Wasservorkommen in der Region. Ihr Widerstand wird von Seiten des Staates als terroristisch gebrandmarkt, ihr Verständnis von Eigentums- und Besitzrechten, Selbstorganisation, Umwelt- und Naturschutz sowie Spiritualität werden marginalisiert und ignoriert. Vom Rest der Welt weitgehend unbeachtet befindet sich Chile so seit Jahrzehnten in einem latenten Krieg, der kein Bürgerkrieg ist, weil die Angehörigen der ursprünglichen Völker Chiles ohne Aufgabe ihrer kulturellen Identität de facto nicht als vollwertige Bürger:innen akzeptiert wurden – und nicht zuletzt nicht an der Erarbeitung der bisherigen chilenischen Verfassungen beteiligt waren.

Der im Oktober 2019 beginnende Estallido social, der Aufstand der Bevölkerung, mündete mit dem 2021 gewählten Verfassungskonvent in einem Kompromiss der sozialen Bewegungen mit dem tradierten Herrschaftsregime. Der ausgearbeitete Verfassungsentwurf hat, trotz der kurzen Frist für die Ausarbeitung sowie des Kompromisscharakters vieler Formulierungen das Potential, für den Frieden in Chile sowie das regionale und globale Verhältnis des historischen Globalen Nordens und Südens wesentliche Signale zu senden. Aus friedensorientierter Partizipationsperspektive ist bereits sein Zustandekommen bedeutsam: erstmals gab es eine geschlechterparitätisch besetzte verfassungsgebende Versammlung und eine proportionaler Vertretung der indigenen Bevölkerung.

Der Verfassungsentwurf (im Folgenden: VE) hebt sich von der Verfassung von 1980 als Manifest des Friedens und der gesellschaftlichen Teilhabe ab. Dem bisherigen nationalen „Einheitsstaat“ (Art. 3, 5) wird der „soziale und demokratische Rechtsstaat“ als „plurinationaler , interkultureller, regionaler und ökologischer“ Staat mit „inklusiver und paritätischer Demokratie“ entgegengesetzt, der die Menschenrechte als „Fundament“ und Orientierungsgröße betrachtet, einschließlich der staatlichen Pflicht, alle Personen in die Lage zu versetzen, gleichermaßen in ihren Genuss zu kommen (Art. 1 VE). Erstmals werden indigene Völker und Nationen als koexistierend anerkannt, deren freie Selbstbestimmung einschließlich repräsentativer Teilhaberechte in den staatlichen Wahlkörperschaften garantiert wird (Art. 5 VE). Die paritätische Vertretung von Männern und Frauen in Gremien und Institutionen werden ebenso garantiert wie die substantielle Gleichheit der unterschiedlichen Geschlechter (Art. 6 VE). Neben der Anerkennung der Interdependenz von Menschen und Natur (Art. 8 VE) werden auch der Natur eigene Rechte zugestanden (u.a. Art. 19 Abs. 3, 98, 103 VE). Der Verfassungsentwurf bietet so Antworten auf die wesentlichen Friedensfragen der nächsten Jahrzehnte: das Verhältnis zwischen (historischem) Globalem Norden und Süden, sowie zwischen Mensch und Natur.


Der Verfassungsentwurf bedeutet einen Umbruch in der Funktion des Militärs. In der noch geltenden Verfassung von 1980 stehen sieben Artikel zu Streitkräften und Nationalem Sicherheitsrat (Art. 101-107) sowie weitere sechs Artikel zu Ausnahmezuständen (Art. 39-45) drei Artikeln zu Grund- und Menschenrechten (Art. 19-21) gegenüber. Im Verfassungsentwurf wird die Funktion der Streitkräfte auf die Verteidigung gegen äußere Aggressionen nach dem in der Charta der Vereinten Nationen etablierten Maßstab begrenzt (Art. 299 VE). Die Beschränkung von Grund- und Menschenrechten wird von bislang fünf Notstandsformen (äußerer & innerer Krieg, Aufruhr, Notfall und Katastrophe) auf die Fälle internationaler bewaffneter Konflikt, interner bewaffneter Konflikt nach Maßgabe der VN sowie den Katastrophenfall (Art. 300 f. VE) reduziert und materiell- sowie verfahrensrechtlich stark beschränkt.


Der Verfassungsentwurf institutionalisiert zudem in einem ausführlichen Kapitel zu Grund- und Menschenrechten ein rechtliches Gerüst mit dem Ziel substantieller Gleichstellung historisch exkludierter und marginalisierter Menschen einschließlich des Schutzes der Natur. Während die Verfassung von 1980 bei Privatisierung des Wassers ausdrücklich das privatnützige Eigentumsrecht daran garantiert (Art. 19 Nr. 24), deklariert die neue Verfassung Wasser als Gemeineigentum und schließt eine Privatisierung aus (Art. 134 Nr. 2 VE).

von IALANA

21.08.2022

Auswahl live-ticker-Meldungen 19.08.2022

aus e-mail von Doris Pumphrey, 19. August 2022, 17:08 Uhr


https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-selenskij/

19.08.2022


12:21 Uhr

*Gesetz über Kollaboration: Ukrainische Zivilisten sollen

eher verhungern, als russische humanitäre Hilfe anzunehmen*

In der Ukraine ist am 16. August ein neues Gesetz in Kraft getreten: das

Gesetz über Kollaboration. Demnach werden Handlungen der Zusammenarbeit

– mit den Truppen Russlands oder der Volksrepubliken Donezk und Lugansk,

oder aber auch mit den jeweiligen provisorischen zivilmilitärischen

Verwaltungsorganen in den befreiten Gebieten der Ukraine – mit bis zu 15

Jahren Gefängnis bestraft. Nach Angaben einer Sprecherin des

ukrainischen Innenministeriums, Aljona Matwejewa, gegenüber

<https://www.ukrinform.ua/rubric-regions/3551661-u-mvs-rozpovili-kogo-vvazatimut-kolaborantom-na-zahoplenih-rf-teritoriah.html

/Ukrinform/ kann eine Person nicht nur dann verurteilt werden, wenn sie

zur Unterstützung des russischen Militärs aufruft oder Informationen

über das ukrainische Militär weitergibt. Nein, es reicht bereits,

russische humanitäre Hilfe anzunehmen oder zu verteilen:

/"Wenn eine Person beispielsweise zur Unterstützung des russischen

Militärs aufruft oder Informationen zur Verfügung stellt, von diesem

humanitäre Hilfe entgegennimmt und verteilt, dann ist das ein Strafmaß,

wenn es sich aber um schwerwiegendere persönliche Handlungen handelt,

[…] dann kann das Strafmaß in diesem Fall schwerwiegender sein und sogar

bis hin zu lebenslanger Haft gehen."/



15:06 Uhr

*Russisches Verteidigungsministerium: "Kraken"-Kämpfer erschießen

fliehende ukrainische Soldaten*

Die Kämpfer der nationalistischen Formation "Kraken" haben eine

öffentliche Erschießung von 100 ukrainischen Soldaten der besiegten 58.

motorisierten Infanteriebrigade vollzogen, die ihre Stellungen verlassen

hatten. Dies teilte das russische Verteidigungsministerium in seinem

täglichen Pressebericht am Freitag mit. Der Behörde zufolge zielt der

Schritt darauf ab, Panik zu verhindern und die Angehörigen der

ukrainischen Armee einzuschüchtern.

Vergangenen Montag hatte der Sprecher des russischen

Verteidigungsministeriums, Generalleutnant Igor Konaschenkow, erklärt,

dass das "Kraken"-Bataillon nach einem Luftangriff der russischen

Luftstreitkräfte seine Kampfkraft verloren habe. Das russische Militär

führt regelmäßig Angriffe auf die Standorte der Kämpfer der Formation

durch. So war am 31. Juli über die Auslöschung von etwa 350 Kämpfern

berichtet worden, die sich auf dem Gelände einer technischen Schule in

Charkow verschanzt hatten.



16:06 Uhr

*Russlands IAEO-Vertreter: Westen gegenüber Strahlensicherheit gleichgültig*

Das Verhalten der westlichen Länder zeigt, dass ihnen die nukleare

Sicherheit am Kernkraftwerk Saporoschje – gänzlich entgegen ihren

eigenen Erklärungen – vollkommen gleichgültig sei. Diese Einschätzung

teilte Michail Uljanow, Ständiger Vertreter Russlands bei

internationalen Organisationen in Wien (und somit auch bei der

Internationalen Atomenergieorganisation), am Freitag im Pressezentrum

der internationalen Mediengruppe /Rossija Sewodnja/, als er den

wiederholten Beschuss des AKW durch ukrainische Streitkräfte kommentierte:

/"Die Position der westlichen Länder ist verwunderlich – oder vielleicht

auch *nicht mehr* verwunderlich. Sie weigern sich im Wesentlichen,

solche Handlungen zu verurteilen oder sich zumindest dafür einzusetzen,

dass sie eingestellt werden. Ich denke, dass sie auch auf bilateralem

Weg nicht allzu intensiv auf die Ukrainer einwirken. Das heißt, sie

zeigen: Entgegen ihren Erklärungen und Behauptungen haben sie auf die

Belange der nuklearen Sicherheit in Wirklichkeit gepfiffen."/



13:39 Uhr

*Sekretär des russischen Sicherheitsrates: Kiews Angriffe auf AKW

Saporoschje auf Betreiben der USA *

Der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, ist

überzeugt, dass die ukrainischen Streitkräfte das Kernkraftwerk

Saporoschje "auf Betreiben der Amerikaner" angreifen. Diese Einsicht

teilte er am Freitag beim 17. Treffen der Sicherheitsratssekretäre der

Mitgliedsstaaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ):

/"Auf Betreiben der US-Amerikaner greifen die Ukrainer unaufhörlich

kritisch wichtige Infrastrukturobjekte des Kernkraftwerks Saporoschje

an. Wenn sich [dort] eine technogene Katastrophe ereignet, werden deren

Folgen in jedem Winkel der Welt zu spüren sein."/

Patruschew fügte hinzu, dass Provokationen von ähnlichem Grad an

Zynismus von den USA und ihren "Vasallen" regelmäßig organisiert werden.

Das Treffen der Sicherheitsratssekretäre findet im Vorfeld des

Gipfeltreffens der SOZ-Staats- und Regierungschefs statt, das vom 15.

bis 16. September im usbekischen Samarkand geplant ist.



09:58 Uhr

*Verwaltung des Gebiets Saporoschje lehnt Schaffung einer

demilitarisierten Zone um das AKW ab*

Der Vorschlag des UN-Generalsekretärs António Guterres über die

Einrichtung einer demilitarisierten Zone um das

Saporoschje-Atomkraftwerk sei unverantwortlich und könne nicht

realisiert werden, erklärte das Mitglied des Hauptrats der Verwaltung

des Gebiets Saporoschje Wladimir Rogow.


Zuvor hatte Guterres erklärt, dass das Kraftwerk demilitarisiert werden

solle, indem Soldaten und Kriegsgerät das Kraftwerk verlassen und dort

künftig nicht stationiert werden. Darauf bezugnehmend erklärte Rogow der

Nachrichtenagentur /RIA Nowosti/:

/"Das ist ausgeschlossen. Diese Erklärung ist verantwortungslos. Ein

Atomkraftwerk ohne Schutz zu lassen, kann nur jemand vorschlagen, der

die Risiken entweder nicht versteht oder sie versteht und eine Tragödie

provozieren will."/

Rogow zufolge wäre eine konstruktive Maßnahme die Vereinbarung eines

Waffenstillstands sowie eine Verhängung von militärischen und

wirtschaftlichen Sanktionen für dessen Bruch. Er sagte:

/"Sobald ein Waffenstillstand vereinbart wird und Selenskijs Militärs

die schweren Folgen für dessen Bruch bewusst werden, wird es keine

Probleme in und um das Atomkraftwerk geben."/

Das unter russischer Kontrolle stehende Saporoschje-Atomkraftwerk in der

Stadt Energodar ist das leistungsfähigste Kernkraftwerk in Europa. Es

war in den letzten Tagen von ukrainischen Truppen mehrmals unter

Artilleriebeschuss genommen worden.



09:31 Uhr

*Moskaus Diplomaten in den USA: Anschuldigungen gegen Russland zum AKW

Saporoschje "Breitfront-Verleumdung" bei "Totschweigen der Fakten"*

Die Vereinigten Staaten schrecken bei ihren pauschalen Erklärungen zur

Lage um das Kernkraftwerk Saporoschje nicht vor unverhohlenen Lügen

zurück, um Russland zu verleumden. Fakten der ukrainischen Angriffe mit

Kamikaze-Drohnen, Rohr- und Raketenartillerie auf das Gelände des AKW

und die Umgebung werden hingegen totgeschwiegen – und diese Angriffe

setzt Kiew, hierdurch gedeckt und ermutigt, fortgesetzt. Dies geht aus

einem am Donnerstag vom Pressedienst der russischen Botschaft in

Washington veröffentlichten Kommentar

<https://freeassange.rtde.me/international/146532-moskaus-botschaft-in-usa-vorwurfe-saporoschje-breitfront-verleumdung/

hervor.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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