25.08.2022

Weniger Geburten – woran liegt es?


In der Politik ist es manchmal wie bei der Grammatik.
Ein Fehler, den alle begehen,
wird schliesslich als Regel anerkannt.
André Malraux


Liebe Leserinnen, liebe Leser


Plötzlich wird überall ein markanter Geburtenrückgang festgestellt. In geradezu historischen Dimensionen. In der Schweiz zum Beispiel handelt es sich um den grössten Rückgang seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen im Jahr 1871 (wir berichteten). Im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Jahre 2019 bis 2021 ist für den Zeitraum Januar bis Mai 2022 ein Geburtenrückgang von 13,1 Prozent feststellbar.


In anderen Ländern sieht es ähnlich aus: Deutschland verzeichnet im bisherigen Jahr 10,8 Prozent weniger Geburten, in den Niederlanden wird ein Geburtenrückgang im ersten Halbjahr 2022 von 11 Prozent gemeldet und in Grossbritannien von 9 Prozent.


Der bisherige Rückgang im Jahr 2022 korreliert mit dem Zeitpunkt der ersten Massenimpfungen von Menschen zwischen 20 und 49 Jahren neun Monate zuvor. Ist diese Korrelation ein Zufall oder besteht ein kausaler Zusammenhang? Laut Prof. Konstantin Beck von der Universität Luzern ist eine Kausalität möglich, zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht erwiesen.


Gemäss einem Dokument des Datenanalysten Raimund Hagemann und zwei Mitunterstützern gibt es innerhalb der Schweiz grosse geografische Unterschiede: Regionen mit vergleichsweise höherer Impfquote (vor allem Stadtkantone) verzeichnen einen höheren Geburtenrückgang als Regionen mit einer tieferen Impfquote.


Was hat sich 2021 so plötzlich verändert verglichen mit den vergangenen 150 Jahren? Historisch betrachtet hat keine Gesellschaftskrise der jüngeren Vergangenheit zu einem ähnlich drastischen Geburtenrückgang geführt – weder die Spanische Grippe noch die Ölkrise oder ähnliche Ereignisse. Zumal der Ländervergleich und die regionalen Unterschiede (hohe Impfquote = hoher Geburtenrückgang) eine plausible Kausalität nahelegen, von der erwähnten zeitlichen Korrelation ganz zu schweigen.


Der allgemeine Unsicherheitsfaktor, der den Geburtenrückgang allenfalls erklären könnte, wäre wahrscheinlich mit dem Überraschungsmoment zu Beginn der Corona-Krise ab Februar/März 2020 grösser gewesen als Mitte 2021, sprich: Da hätte wohl bereits für 2021 ein drastischer Geburtenrückgang verzeichnet werden müssen, was aber nicht der Fall ist, im Gegenteil: 2021 sind in der Schweiz knapp 90’000 Kinder geboren worden, so viele wie letztmals vor 50 Jahren.


Vielmehr scheint es, als wolle man den «grössten Medizinskandal aller Zeiten» (Prof. Andreas Sönnichsen) partout nicht wahrhaben und die kolossalen politischen Fehler vertuschen. Selbst die Hersteller (z.B. BionTech in England) können es nicht ausschliessen, dass die Gen-Injektionen gegen Corona die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen.


Stand jetzt ist vieles Spekulation. Es müssten präzisere Nachforschungen erfolgen, etwa wie viele werdende Eltern sich «impfen» liessen. Mindestens bis nachgewiesen ist, ob ein kausaler Zusammenhang besteht, müssten die bedingten Zulassungen für die Gen-Injektionen gegen Corona sofort ausgesetzt werden. Wenn den Behörden wirklich so viel an der von ihnen besungenen Gesundheit liegt, müssten sie zumindest eingehende und unabhängige Untersuchungen veranlassen.


Herzliche Grüsse,

Armin Stalder


***


Passend zum Thema bei Transition News:


Info: https://transition-news.org/weniger-geburten-woran-liegt-es

25.08.2022

Die Lateinamerika-Offensive der EU      EU bereitet Lateinamerika-Offensive vor, um ihren geschwundenen Einfluss in der Region wiederzuerlangen. Anlass ist fehlende lateinamerikanische Unterstützung gegen Russland.

german-foreign-policy.com, 25. August 2022

BERLIN/BRÜSSEL/MADRID (Eigener Bericht) – Die EU kündigt eine Einflussoffensive in Lateinamerika an. Eine führende Rolle will Spanien übernehmen und dazu seine EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 nutzen. Um erste Vorbereitungen für einen neuen EU-Lateinamerika-Gipfel zu treffen, ist Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstag zu einer Reise in die Region aufgebrochen. Hintergrund ist der deutliche Einflussverlust der EU sowie Deutschlands in Lateinamerika, den deutsche Regierungsberater bereits im Juli angeprangert hatten. Ursache ist einerseits der rasante ökonomische Aufstieg Chinas, das auf dem Subkontinent längst zum aktuell wichtigsten Wirtschaftspartner geworden ist, zugleich aber auch ein ignoranter Umgang sowohl der USA als auch der Mächte Europas mit der Region; so ist die EU bis heute unfähig, ihren vor drei Jahren abschließend vereinbarten Freihandelsvertrag mit dem südamerikanischen Bündnis Mercosur zu ratifizieren. Auslöser für die neue Einflussoffensive ist insbesondere, dass die Staaten Lateinamerikas dem Westen im Machtkampf gegen Russland die Gefolgschaft verweigern und teils offene Kritik an der antirussischen Politik der westlichen Mächte üben.


Zitat: Wirtschaftliche Einflussverluste

Ausgangspunkt für die bevorstehende Einflussoffensive der EU in Lateinamerika ist die – nicht neue – Erkenntnis, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten in Mittel- und Südamerika erheblich an Einfluss verloren haben. Dies zeigt sich zunächst auf ökonomischer Ebene, wo China faktisch längst zur Nummer eins geworden ist. Das Land ist größter Handelspartner Südamerikas und zweitgrößter Handelspartner ganz Lateinamerikas nach den USA; darüber hinaus ist es zu einem der bedeutendsten Investoren auf dem Subkontinent aufgestiegen. Deutschland hingegen fällt zurück; exemplarisch dafür ist sein wirtschaftlicher Einfluss in Brasilien, seinem größten Handelspartner in Südamerika, wo es 2002 noch mit einem Anteil von 9,4 Prozent drittwichtigster Lieferant war, heute jedoch mit einem Anteil von nur 5,8 Prozent weit hinter China (22,1 Prozent) liegt.[1] Wirtschaftspolitisch tut sich die EU mit Ignoranz hervor. So ist sie bisher nicht in der Lage, das Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur, auf das sich beide Seiten vor über drei Jahren geeinigt hatten, zu ratifizieren.[2] Zugleich verschleppt sie die geplante Erneuerung der Freihandelsverträge mit Mexiko und Chile. Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin konstatierte im Juli dementsprechend „deutliche Positionsverluste bei Handel und Investitionen“.[3]


„Belehrung statt Impfstoffe“

Auch der politische Einfluss der EU schrumpft, ohne dass es der Union bislang gelungen wäre, gegenzusteuern. Pläne des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, wieder stärker Einfluss in Lateinamerika zu nehmen, scheiterten an der Pandemie, in der sich Brüssel – anders als Beijing und Moskau – vor allem mit der Verweigerung von Impfstofflieferungen hervortat [4]; „keine Impfstoffe, dafür Demokratiebelehrung“, so kritisieren Beobachter [5]. Es kommt hinzu, heißt es mittlerweile selbstkritisch bei der Union, dass man sich in den vergangenen Jahren in den Ländern an den EU-Außengrenzen verkämpft habe – so etwa in Syrien und in Libyen, heute insbesondere in der Ukraine.[6] Zur selben Zeit sei es China gelungen, 21 der 35 Staaten Lateinamerikas und der Karibik zur Teilnahme an der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) zu gewinnen und dadurch seinen Einfluss klar zu steigern. Deutlich geschwächt ist dabei inzwischen auch die Stellung der Vereinigten Staaten, der traditionellen Vormacht in der Region. Kürzlich hielten US-Experten in der Fachzeitschrift Foreign Affairs fest, es gebe eine „gewaltige Lücke zwischen Washingtons Anspruch auf bedeutungsvolle Führung“ in Lateinamerika „und seiner gleichzeitig zu beklagenden Gleichgültigkeit gegenüber der Region“.[7] Die Rede war vom „postamerikanischen Lateinamerika“.


Fatale Sanktionen

Sorgen bereitet Brüssel zur Zeit vor allem, dass die Staaten Lateinamerikas dem Westen im Machtkampf gegen Russland nicht zur Seite stehen. So haben zwar Anfang März die meisten von ihnen in der UN-Generalversammlung den russischen Überfall auf die Ukraine verurteilt. An den umfassenden Wirtschaftssanktionen, die Russland „ruinieren“ sollen (Annalena Baerbock), beteiligen sie sich jedoch nicht – mit Ausnahme diverser kleiner Karibikstaaten, die gewisse Maßnahmen gegen russische Oligarchen unterstützen. Die Wirtschaftssanktionen werden in Lateinamerika, wie kürzlich der frühere Präsident des Europaparlaments und heutige Vorsitzende der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, Martin Schulz, schilderte, offen abgelehnt, weil sie dazu beitragen, die Energie- und Nahrungsmittelpreise in die Höhe zu treiben. Auf einer Reise nach Brasilien, Uruguay und Argentinien sei ihm deutlich gemacht worden, berichtete Schulz: „Für euch reiche Europäer sind die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise verkraftbar. Für uns bedeutet das aber teilweise Hunger in der Bevölkerung, teilweise den Absturz der Mittelschicht“.[8]


Kritik am Westen

Hinzu kommt, dass die Regierungen Lateinamerikas sich politischer Unterstützung für die Ukraine verweigern und teils sogar offene Kritik an der antirussischen Politik der westlichen Staaten üben. So hat sich etwa der Staatenbund Mercosur ausdrücklich geweigert, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskyj öffentlichkeitswirksam auf seinem Gipfel am 21. Juli in Asunción sprechen zu lassen.[9] In Chile war zuvor ein Versuch des ultrarechten Partido Republicano gescheitert, einen Auftritt Zelenskyjs vor dem chilenischen Parlament zu ermöglichen. Erst vor wenigen Tagen gelang es der chilenischen Rechten, Zelenskyj eine Videoansprache an der Universidad Católica de Chile zu ermöglichen. Präsident Gabriel Boric und Außenministerin Antonia Urrejola waren eingeladen, blieben dem Event aber fern.[10] Bereits im April hatte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador kritisiert, die westlichen Mächte hätten, obwohl sie die Mittel dazu besessen hätten, „nichts“ getan, um den Ukraine-Krieg zu verhindern.[11] Der in Umfragen klar führende brasilianische Präsidentschaftskandidat Luiz Inácio Lula da Silva übte im Mai scharfe Kritik am Krieg, erklärte jedoch, „auch die USA und die EU“ trügen „Schuld“: Sie hätten Kiew ohne weiteres den Beitritt zu NATO und EU verweigern können – und „das hätte das Problem gelöst“.[12]


Wille ohne Weg

In einem aktuellen Papier des Europäischen Auswärtigen Dienstes heißt es nun, zahlreiche Regierungen in Lateinamerika seien heute „weniger auf den Atlantik fokussiert und offener für alternative Allianzen als für traditionelle“ wie diejenigen mit den USA und der EU.[13] „Die EU muss ihr multilaterales Engagement mit den Ländern Lateinamerikas und der Karibik mit Blick auf zunehmende Konkurrenz von China, Russland und anderen systematisch verstärken“, heißt es weiter. Man benötige einen „qualitativen Sprung“ in der Intensität der Beziehungen zu dem Subkontinent. Spanien will eine neue Einflussoffensive der EU in Lateinamerika während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 vorantreiben und dazu einen EU-Lateinamerika-Gipfel organisieren; zur Vorbereitung ist Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstag zu Besuchen nach Kolumbien, Ecuador und Honduras aufgebrochen.[14] Der bislang letzte Gipfel fand bereits im Jahr 2015 statt. Dabei ist unklar, wie die EU bisher nicht vorhandene Ressourcen in einer Zeit mobilisieren will, in der sie unter der Last dramatisch gestiegener Energiepreise, hoher Inflationsraten, einer drohenden Verarmungswelle in den Mitgliedstaaten und eines andauernden Krieges in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ächzt – ganz zu schweigen von ihrem Scheitern in Bosnien-Herzegowina [15] oder in Mali [16] sowie vom hochgefährlich eskalierenden Machtkampf gegen China [17].

 

[1] S. dazu Kräfteverschiebungen in Lateinamerika.

[2] S. dazu Freihandel mit Folgen.

[3] Günther Maihold: Amerika-Gipfel mit hemisphärischen Divergenzen. Warum Lateinamerika auf Unabhängigkeit setzt und was das für Europa bedeutet. SWP-Aktuell 2022/A 42. Berlin, 07.07.2022.

[4] S. dazu Die Welt impfen und Die Pandemie als Chance (II).

[5] Alexander Busch: Keine Impfstoffe, dafür Demokratiebelehrung: Europa und die USA müssen stärker um Partner in Lateinamerika werben. handelsblatt.com 06.06.2022.

[6] Bernardo de Miguel: Brussels prepares diplomatic offensive to stop the advance of China and Russia in Latin America. english.elpais.com 18.08.2022.

[7] Michael Shifter, Bruno Binetti: A Policy for a Post-American Latin America. foreignaffairs.com 03.06.2022.

[8] Oliver Noyan: Martin Schulz: Die EU hat Lateinamerika zu lange vernachlässigt. euractiv.de 16.08.2022.

[9], [10] Marta Andujo: Präsident der Ukraine ruft Lateinamerika zum Abbruch von Handelsbeziehungen mit Russland auf. amerika21.de 21.08.2022.

[11] Vilma Guzmán: Ukraine-Krieg: Kritik in Lateinamerika an Ausschluss Russlands aus Menschenrechtsrat. amerika21.de 09.04.2022.

[12] Ciara Nugent: Lula Talks to TIME About Ukraine, Bolsonaro, and Brazil’s Fragile Democracy. time.com 04.05.2022.

[13] Bernardo de Miguel: Brussels prepares diplomatic offensive to stop the advance of China and Russia in Latin America. english.elpais.com 18.08.2022.

[14] Fernando Heller: Spain to organise EU-Latin America-Caribbean summit in 2023. euractiv.com 24.08.2022.

[15] S. dazu Zurück auf Los (II).

[16] S. dazu Kampf um Mali (I) und Kampf um Mali (II).

[17] S. dazu Die zweite Front der Bundeswehr und Schäden im Wirtschaftskrieg.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9004

25.08.2022

nuklearer Showdown in der Ukraine? Unwahrscheinlich!

aus e-mail von Doris Pumphrey, 25. August 2022, 20:14 Uhr


(…) /"Dieser Krieg wird als strategischer russischer Sieg in die

Geschichte eingehen. Russland wird die Ausweitung der NATO beendet, ein

gefährliches Nest von Naziideologie in der Ukraine zerstört, die

europäische Sicherheit durch die Untergrabung der NATO neu definiert und

das russische militärische Können gezeigt haben, eine wichtige

Abschreckung."/


https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/147009-nuklearer-showdown-in-ukraine-unwahrscheinlich/

25.8.2022

*Ein nuklearer Showdown in der Ukraine? Unwahrscheinlich!


*/Eine Analyse von Scott Ritter/


Eine der größten Befürchtungen der "Realisten" bezüglich des Konflikts

zwischen Russland und der Ukraine ist tatsächlich unbegründet. Die USA

werden nicht direkt eingreifen, weil es für Washington keine

existentielle Krise ist – es hat bei Kiews unvermeidlicher Niederlage

wenig zu verlieren.


Befürchtungen, dass sich der Ukraine-Konflikt jetzt in einer Art Patt

festgefahren hat, welches die Gefahr schafft, dass eine der beteiligten

Parteien gefährlich eskaliert, um den Sieg zu erreichen, sind

unangebracht. Es gibt nur einen Sieger im Ukraine-Konflikt, und das ist

Russland. Nichts kann etwas an dieser Wirklichkeit ändern.


Der angesehene amerikanische Intellektuelle John Mearsheimer hat einen

wichtigen Artikel über den Konflikt geschrieben, mit dem Titel "Spiel

mit dem Feuer in der Ukraine: die unterschätzten Risiken katastrophaler

Eskalation". Der Artikel malt ein düsteres Bild sowohl von der Natur des

Krieges in der Ukraine (verlängertes Patt) wie auch des wahrscheinlichen

Ergebnisses (entschiedene Eskalation durch eine der beteiligten Seiten,

um die Niederlage abzuwenden).


Die Voraussetzungen, die Mearsheimers Sicht zu Grunde liegen, sind

jedoch fundamental mangelhaft. Russland hat die strategische Initiative

– militärisch, politisch und wirtschaftlich –, wenn es um den Krieg in

der Ukraine, wie auch, wenn es um den größeren Stellvertreterkrieg mit

der NATO geht. Des Weiteren sind weder die USA noch die NATO in der

Position, zu eskalieren, entscheidend oder nicht, um einen russischen

Sieg zu verhindern, und Russland seinerseits bedarf keiner

entsprechenden Eskalation.


Kurz gesagt, der Ukraine-Konflikt ist vorbei, und Russland hat gesiegt.

Alles, was bleibt, ist ein langes und blutiges Aufräumen.


Der Schlüssel, um zu begreifen, wie Mearsheimer so falsch liegen konnte,

ist, seine Sicht auf die Ziele sowohl der USA als auch Russlands

diesbezüglich zu untersuchen. Laut Mearsheimer haben, "seit der Krieg

begann, sowohl Moskau als auch Washington ihre Ziele bedeutend erhöht,

und beide sind jetzt völlig entschlossen, den Krieg zu gewinnen und

entscheidende politische Ziele zu erreichen".


Diese Passage ist besonders schwer zu zergliedern. Zuallererst ist es

äußerst schwierig, eine solide Grundlage zu finden, wenn es darum geht,

die "Ziele" der USA Russland und die Ukraine betreffend zu bewerten. Die

Regierung von Joe Biden erbte eine Politik, die in der Ära des

US-Präsidenten George W. Bush entworfen und unter der Mannschaft von

Barack Obama teilweise umgesetzt wurde (in der Biden eine wichtige Rolle

spielte). Das war eine sehr aggressive Politik, die sich darauf

richtete, Russland zu untergraben, mit dem Ziel, den russischen

Präsidenten Wladimir Putin derart zu schwächen, dass er durch jemanden

ersetzt würde, der eher bereit ist, einer von den USA vorgegebenen

politischen Linie zu folgen.


Aber man kann nicht so tun, als gäbe es nicht vier Jahre Politik der

Regierung Trump, die damals das gegen Putin – und, erweitert, gegen

Russland – gerichtete Narrativ, das die Regierung Obama verfolgte, auf

den Kopf stellte. Während es Trump nie gelang, seine Herangehensweise

des "Warum können wir nicht Freunde sein?" an die Diplomatie zwischen

den USA und Russland durchzusetzen, gelang es ihm doch, zwei

bedeutendere Säulen, auf denen die Politik der Obama-Ära beruhte, zu

untergraben: die Einheit der NATO und die ukrainische Solidarität.


Die Regierung Biden war nie imstande, die Richtung der Politik der

Obama-Ära wiederzubeleben, ihre kurz- wie langfristigen Ziele gegen

Putin eingeschlossen. Trumps Untergrabung von Einheit und Zweck der NATO

brachte, zusammen mit dem erniedrigenden Rückzug aus Afghanistan, den

Block zum Zögern, als es darum ging, der Herausforderung eines

russischen Staates zu begegnen, der entschlossen war, das, was er als

seine legitimen nationalen Sicherheitsinteressen sah, energischer

durchzusetzen, einschließlich einer neuen europäischen

Sicherheitsordnung, die den Gedanken einer russischen "Einflusssphäre"

respektiert.


Stattdessen wurde der Welt das Spektakel serviert, in dem Joe Biden sein

russisches Gegenstück gleich einem Cartoon mit Kommentaren wie "Er ist

ein Mörder" beleidigte und währenddessen Versprechungen bezüglich

diplomatischer Initiativen machte (Druck auf die Ukraine auszuüben,

Minsk II zu akzeptieren, "ernsthafte" Verhandlungen über Waffenkontrolle

zu führen), die umzusetzen sich seine Regierung als unfähig oder

unwillig erwies.


Als sie es mit der Realität eines russischen Militäraufgebots um die

Ukraine zu tun bekam, war das Beste, was die Regierung Biden tun konnte,

leere militärische Drohungen auszustoßen und noch leerere Drohungen mit

"bedeutenden und nie dagewesenen" Wirtschaftssanktionen, sollte Russland

militärisch eingreifen.


Tatsächlich sind es die USA, die, auch wenn Regierungsvertreter

großspurig davon reden, dem russischen Militär durch die Lieferung von

Waffen im Wert von vielen Milliarden Dollar an die Ukraine über den

Stellvertreter Schaden zuzufügen, durch die fortgesetzten Verluste der

ukrainischen Stellvertreterarmee und die Zerstörung des zur

Unterstützung gelieferten Materials eine Niederlage erleiden. Die USA

haben sich, wie ihre NATO-Alliierten, bei der Verkündung kühner

Erklärungen über Ziele und Absichten wirklich hervorgetan, aber als

schwach erwiesen, wenn es darum geht, sie in die Praxis umzusetzen.


Das ist der Zustand der US-amerikanischen "Ambitionen" bezüglich der

Ukraine heute – viel Rhetorik, keine bedeutende Handlung. Jegliche

Befürchtung bezüglich einer militärischen Intervention der USA und/oder

der NATO in der Ukraine muss mit der Wirklichkeit abgewogen werden, dass

heiße Luft keinen kalten Stahl erzeugt; die Politiker der USA mögen

kundig darin sein, die Seiten gefügiger Mainstream-Medien mit

beeindruckend klingenden Wörtern zu füllen, aber weder das US-Militär

noch seine NATO-Verbündeten sind imstande, die Art bedeutender

militärischer Kapazitäten zu liefern, die es bräuchte, um Russland auf

dem Boden der Ukraine wirksam herauszufordern.


Diese Realität begrenzt die Breite und das Ausmaß jeder möglichen

Absicht der USA in der Ukraine. Am Ende des Tages gibt es für Washington

nur einen Weg nach vorne – weiterhin Milliarden an Steuergeldern

vergeuden, um Militärausrüstung in die Ukraine zu schicken, die keine

Chance hat, das Ergebnis auf dem Schlachtfeld zu ändern, um das

heimische amerikanische Publikum davon zu überzeugen, dass seine

Regierung in vergeblichem Bemühen "das Richtige tut".


Es gibt weder für die USA noch die NATO in der Ukraine eine

"militärische Option", weil es, einfach gesagt, kein Militär gibt, das

imstande wäre, eine solche Option tatsächlich umzusetzen.


Diese Schlussfolgerung ist entscheidend, um Russlands "Ambitionen" zu

verstehen. Anders als die USA hat Russland seine Ziele klar und genau

formuliert, warum es entschieden hat, seine Streitkräfte in die Ukraine

zu schicken. Man kann sie folgendermaßen beschreiben: dauerhafte

ukrainische Neutralität (d.h. keine NATO-Mitgliedschaft), die

Entnazifizierung der Ukraine (die dauerhafte Auslöschung der widerlichen

nationalistischen Ideologie des Stepan Bandera) und die

Demilitarisierung des Staates – die Zerstörung und Auslöschung aller

Spuren der NATO-Einmischung in die Sicherheitsfragen der Ukraine.


Diese drei Ziele geben nur die unmittelbaren Ziele des speziellen

Militäreinsatzes in der Ukraine wieder. Das endgültige Ziel – eine

umgeformte europäische Sicherheitsarchitektur, in der die gesamte

NATO-Infrastruktur auf ihre Grenzen von 1997 zurückgezogen wird –

verbleibt als nicht verhandelbare Forderung, die behandelt werden wird,

wenn Russland seinen militärischen und politischen Sieg in der Ukraine

endgültig gesichert hat.


Kurz gesagt, Russland siegt auf dem Boden der Ukraine, und es gibt

nichts, was die USA oder die NATO tun können, um dieses Ergebnis zu

ändern. Und wenn Russland diesen Sieg einmal gesichert hat, wird es in

einer weit stärkeren Position sein, darauf zu bestehen, dass seine

Sorgen um eine funktionsfähige europäische Sicherheitsarchitektur

respektiert und umgesetzt werden.


Mearsheimer glaubt, dass die Lage in der Ukraine sowohl den USA als auch

Russland "starke Anreize gibt, um Wege zum Sieg zu finden, und,

wichtiger noch, die Niederlage zu vermeiden".


Am Ende des Tages ist der Konflikt in der Ukraine weder für die USA noch

für die NATO existentiell; eine Niederlage in der Ukraine ist ein

weiterer Rückschlag – Afghanistan auf Speed. Aber eine ukrainische

Niederlage bedroht, aus sich selbst heraus, weder die NATO mit dem

Zusammenbruch, noch verkündet sie das Ende der amerikanischen Republik.


Einfach gesagt, Mearsheimers Furcht, dass eine Niederlage in der Ukraine

"bedeutet, dass die Vereinigten Staaten sich den Kämpfen anschließen,

entweder, weil sie verzweifelt siegen, oder, weil sie eine ukrainische

Niederlage verhindern wollen", ist unbegründet.


So ist es auch mit seiner Vorhaltung, dass "Russland nukleare Waffen

gebrauchen könnte, wenn es verzweifelt siegen will oder vor einer

unmittelbaren Niederlage steht, was wahrscheinlich wäre, wenn US-Truppen

in die Kämpfe hineingezogen würden". Russland "steht" weder "vor der

Niederlage", noch hat es existentiell irgendetwas von einer

militärischen Intervention der USA zu fürchten, die sich, in jeder

praktischen Hinsicht, nicht materialisieren könnte, selbst wenn die USA

so kühn sein wollten.


Mearsheimer schließt seinen Artikel mit der Bemerkung, "diese

gefährliche Situation schafft einen mächtigen Anreiz, eine diplomatische

Lösung für den Krieg zu finden".


Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. So, wie die USA

unwillig waren, in den Konflikten gegen Nazideutschland und das

japanische Kaiserreich eine "diplomatische Lösung" zu suchen, so wäre

Russland abgeneigt, sich mit irgendwelcher Diplomatie zu befassen, die

ihm die volle Umsetzung seiner Kernziele verwehrt.


Damals im März antwortete ich auf einen Tweet von Joe Biden, in dem

dieser erklärte, "Es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Krieg für

Russland bereits ein strategisches Scheitern ist", mit der Aussage:

/"Dieser Krieg wird als strategischer russischer Sieg in die Geschichte

eingehen. Russland wird die Ausweitung der NATO beendet, ein

gefährliches Nest von Naziideologie in der Ukraine zerstört, die

europäische Sicherheit durch die Untergrabung der NATO neu definiert und

das russische militärische Können gezeigt haben, eine wichtige

Abschreckung."/

Diese Worte haben damals gestimmt, und sie stimmen heute.

25.08.2022

text


24.08.2022

Ukraine-Konflikt   Eskalation des Konflikts: Ukrainische Terrorakte und Beschuss des AKW

anti-spiegel.ru, 24. August 2022 17:33 Uhr

Die Ukraine muss den Konflikt eskalieren und tut derzeit alles, um eine härtere russische Reaktion zu provozieren.


Zitat: Der Enthusiasmus im Westen, die Ukraine mit allen Mitteln zu unterstützen, schwindet. Wurden nach dem Beginn des Konfliktes Milliarden aus dem Westen in Form von finanziellen Hilfen und Waffenlieferungen nach Kiew gepumpt, hat dieser Strom nun merklich nachgelassen. Neue Versprechen des Westens werden seltener, Waffenlieferungen erst recht. Wenn zum Beispiel die deutsche Regierung großspurig neue Präzisionsmunition verspricht, ist die Rede von Munition, die erst noch produziert werden muss und daher nicht so bald zur Verfügung steht. So sieht es derzeit fast überall aus.


Die Lage

Hinzu kommt, dass die westlichen Regierungen aufgrund ihrer eigenen Sanktionen immer mehr mit ihren eigenen Problemen und den Folgen der Sanktionen zu kämpfen haben. Die Begeisterung westlicher Regierungen, der eigenen Bevölkerung zusätzlich zu den ohnehin schon kommenden Entbehrungen weitere aufzubürden, schwindet. Auch wenn EU-Chefdiplomat Borrell inzwischen offen gesagt hat, man sei im Krieg und die Menschen müssten den Preis für die Verteidigung der Freiheit zahlen und andere Politiker dem zustimmen, wächst der Widerstand, wie zum Beispiel der offene Brief von Handwerksvereinigungen gezeigt hat, in dem Bundeskanzler Scholz offen gesagt wurde, dass die Kunden der Handwerker nicht der Meinung sind, das wäre ihr Krieg und dass sie nicht bereit sind, ihren Wohlstand für die Ukraine zu opfern.

Dass Außenministerin Baerbock offen vor Aufständen in Deutschland gewarnt hat, die im Herbst drohen, zeigt, dass die Nervosität wächst. Dass die Bundeswehr nun auch der Polizei Amtshilfe leisten darf, also offenbar gegen Proteste in Deutschland eingesetzt werden darf, ist ein weiterer Beleg für die Nervosität der Regierung. Und in vielen anderen westlichen Ländern ist Stimmung ähnlich.


In Kiew weiß und spürt man das natürlich, also wächst dort der Druck, den internationalen Fokus auf dem Geschehen in der Ukraine zu halten. Dazu braucht es nun einmal neue Horrormeldungen. Diese jedoch sind nur dann zu erwarten, wenn es Kiew gelingt, Russland zu einem härteren Vorgehen zu provozieren.


Wenn man die Situation aus diesem Blickwinkel betrachtet, macht sogar der Beschuss des AKW in Saporischschja Sinn. Kiew mag darauf hoffen, zum Beispiel einen „kleinen“ Atomunfall provozieren zu können, indem zum Beispiel ein Lager für abgebrannte Brennstäbe beschädigt wird. Aber das Risiko des Beschusses ist unkalkulierbar.


Die westlichen Medien spielen das Spiel jedoch mit und beschuldigen Russland, das unter russischer Kontrolle stehende AKW selbst zu beschießen. Das westliche Publikum wird auf einen möglichen Atomunfall vorbereitet und der Schuldige wird – ganz im Sinne Kiews – bereits im Vorwege von den westlichen Medien benannt. Für Kiew ist das ein Freifahrtsschein, um mit dem Wahnsinn fortzufahren.


Die roten Linien

Wer die Kampfhandlungen beenden – oder zumindest deeskalieren – will, der muss dafür sorgen, dass Kiew den Beschuss des AKW, den Beschuss ziviler Ziele im Donbass und erst recht Angriffe auf russisches Staatsgebiet unterlässt. Solche Aktionen zwingen die russische Seite dazu, die ukrainische Armee weiter zurückzudrängen, um den Beschuss dieser Ziele zu unterbinden.

Der Westen tut jedoch das Gegenteil und liefert Kiew stattdessen Waffen mit immer größerer Reichweite, mit denen Kiew diesen Beschuss fortsetzen kann. Russland hat Angriffe auf sein Staatsgebiet und auf zivile Ziele dort als rote Linie bezeichnet, was Kiew wohl als Motivation versteht, genau diese Angriffe durchzuführen.


Die Krim

Ob es einem gefällt oder nicht, Russland sieht die Krim als sein Hoheitsgebiet an. Daher gelten diese roten Linien auch und gerade für die Krim. Wenn der Westen eine weitere Eskalation vermeiden wollte, würde er Kiew von Angriffen auf die Krim zurückhalten.


Es geschieht aber das Gegenteil. Eine Pentagon-Sprecherin wurde vor einigen Tagen danach gefragt und ihre Antwort war eindeutig:

„Es besteht kein Zweifel, dass die amerikanische Politik die Krim als ukrainisch betrachtet. Ich möchte mich in diesem Punkt klar ausdrücken. Wir leisten Unterstützung für die Ukraine. Sie haben HIMARS erwähnt, aber die USA übermitteln auch Geheimdienstinformationen, damit die Ukraine ihr ganzes Gebiet verteidigen kann.“

Das bedeutet im Klartext, dass die USA ukrainische Angriffe auf die Krim ausdrücklich gutheißen und sogar unterstützen.


Dass die USA Aufklärungsdaten, auch Satellitenbilder, in Echtzeit an die Ukraine weitergeben, wurde in den USA schon öfters bestätigt. Das macht die USA rein völkerrechtlich bereits zu einer Kriegspartei in dem Konflikt. Hinzu kommt, dass die USA bei der Zielauswahl der HIMARS-Raketenwerfer das letzte Wort haben, die Ukraine beschießt mit diesen Waffen kein Ziel, das von den USA nicht abgesegnet wurde.


Für die HIMARS gibt es unterschiedliche Raketen mit unterschiedlicher Reichweite. Offiziell haben die USA der Ukraine nur Raketen mit einer Reichweite von etwa 80 Kilometer geliefert, im Donbass wird jedoch berichtet, es seien auch bereits HIMARS-Raketen mit der maximalen Reichweite von 300 Kilometern in der Ukraine angekommen. Das wurde bisher als russische Propaganda abgetan und bestritten.


Umso interessanter ist es, dass ausgerechnet der Spiegel in einem langen Artikel über die ukrainischen Angriffe auf die Krim schreibt:

„Ukrainische und amerikanische Offizielle dementierten Lieferungen von Artilleriemunition mit erhöhter Reichweite zuletzt aber nur vorsichtig. Es könnte sich beispielsweise um Raketen-Artillerie vom Typ ATACMS handeln, die bis zu 300 Kilometer weit reicht. Die USA hatten unter der Hand bereits AGM-88-Raketen und Excalibur-Artilleriegeschosse geliefert und dies erst später offiziell bestätigt.“

ATACMS sind die genannten HIMARS-Raketen mit 300 Kilometer Reichweite und der Spiegel berichtet in seinem Artikel über die Explosion in einem russischen Militärstützpunkt auf der Krim:

„Im Fall der Luftwaffenbasis Saki sind sich selbst Experten nicht sicher, ob die Explosionen von Bodentruppen oder von ballistischen Raketen verursacht wurden.“

Die HIMARS-Raketen sind nur schwer abzufangen und stellen daher ein Problem für Russland dar. Ich habe in meiner Analyse über die Explosionen auf der Krim bereits geschrieben, dass ich davon ausgehe, dass dabei auch diese Raketen zum Einsatz gekommen sind. Dass nun ausgerechnet der Spiegel das – zumindest vorsichtig – bestätigt, ist bemerkenswert.

Offensichtlich unterstützen die USA Kiew dabei, Russland zu einer harten militärischen Reaktion zu zwingen, indem sie Angriffe auf Ziele auf der Krim zulassen, die für Russland rote Linien darstellen.


Die Krimbrücke

Nach der Wiedervereinigung der Krim mit Russland hat Russland im Rekordtempo die Krimbrücke gebaut, die Russland mit der Krim verbindet. Über die Brücke führen eine Autobahn und eine Zugverbindung. Diese Brücke ist für die Versorgung der Bevölkerung auf der Krim extrem wichtig. Und übrigens auch für die Bevölkerung der von Russland kontrollierten Teile der Ukraine, denn deren Versorgung wird durch Zugverbindungen über die Krim sichergestellt.


Ukrainische Militärs sagen offen, dass das „Ziel Nummer 1“ für sie die neue Krimbrücke ist. Ein Angriff auf die Brücke würde sicher eine sehr heftige russische Reaktion auslösen. Der ukrainische Abgeordnete Alexej Gontscharenko, Mitglied der Fraktion von Poroschenkos Partei, hat am 11. August auf Telegram erklärt, zusammen mit dem britischen Verteidigungsminister Ben Wallace schon im Juni einen Plan zur Zerstörung der Krimbrücke besprochen zu haben. Alleine solche Gespräche unter aktiver Teilnahme des NATO-Staates Großbritannien wären eine weitere direkte Kriegsbeteiligung der NATO.


In dem schon zitierten Artikel äußert sich der Spiegel auch über die Krimbrücke:

„Auf der Krim heulen fast allabendlich die Luftalarmsirenen, und dass die Brücke, die russisches Festland und Krim verbindet, explodiert, ist schon lange kein Hirngespinst mehr.“

Der Beschuss des AKW

Ich habe schon oft über den Beschuss des AKW Saporischschja berichtet und die deutschen Medienberichte darüber sind ebenfalls hinlänglich bekannt. Dass es Kiew ist, dass das AKW beschießt, kann kaum bezweifelt werden. Das zeigen auch die Erklärungen aus Kiew, die zwar mal Russland beschuldigen, das unter russischer Kontrolle stehende AKW selbst zu beschießen, dann aber wieder offen erklären, das AKW sei für Kiew ein legitimes Ziel, weil da angeblich russische Waffen gelagert würden.


In russischen Medien lösen die Erklärungen aus Kiew, Russland beschieße sich selbst, nur noch bitteres Lachen aus, denn wenn der Beschuss ziviler Ziele im Donezk nicht zu leugnen ist, wird eben behauptet, Russland schieße auf seine eigenen Zivilisten oder werfe die völkerrechtswidrigen Blattminen selbst über Donezk ab. Gleiches gilt für das AKW: Russland beschießt sich eben ständig selbst, so zumindest wird es aus Kiew gemeldet und von den westlichen Medien übernommen.


Ich will hier – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit – aktuelle Beispiele für ukrainischen Beschuss des AKW in Saporischschja aufzählen. Am 13. August sind neun Artilleriegranaten auf dem Gebiet des AKW eingeschlagen. Am 15. August wurde die Stadt Energodar, bei der das AKW liegt, über eine Stunde lang mit Artillerie beschossen. Dabei wurde zivile Infrastruktur beschädigt und es gab eine Explosion auf dem Gelände des AKW. Am 20. August wurde das AKW-Gelände mit aus dem Westen gelieferter Langstreckenartillerie beschossen.


Ebenfalls am 20. August meldete Russland Details über einen Vorfall vom 31. Juli. An dem Tag sind mehrere russische Soldaten in dem Gebiet des AKW mit schweren Vergiftungserscheinungen in ein Militärspital eingeliefert worden. Am 20. August meldete das russische Militär, dass Experten des Zentralen Instituts für Militärmedizin in St. Petersburg bei den Soldaten ein organisches Toxin künstlicher Herkunft nachgewiesen hätten. Bei dem Giftstoff handele es sich um Botulinumtoxin vom Serotyp B.


Terror in Russland

Einige Vorfälle auf der Krim scheinen auf Schläferzellen zurückzugehen, die auf der Krim aktiv geworden sind. Das ist die Strategie von Gladio, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt haben. Damals haben die USA in allen westeuropäischen Ländern Geheimarmeen aufgebaut, die bei Bedarf Terror verbreiten sollten. Sie waren, wie man seit 1990 weiß, für die schwersten Terroranschläge in Italien verantwortlich, die vorher der Terrorgruppe der Roten Brigaden angelastet wurden.


Genau dieses Prinzip scheint Kiew – sicher mit Hilfe der Erfahrung der CIA – auch in der Ukraine anzuwenden. In den russisch kontrollierten Gebieten kommt es zu Mordanschlägen auf pro-russische Regierungsbeamte und auf zivile Objekte. Auch einige Vorfälle auf der Krim scheinen auf das Konto solcher Zellen zu gehen. Diese Aktionen haben keinen militärischen Zweck, sie sollen einzig und allein Terror und Angst verbreiten.


Das gleiche gilt für den feigen Mord an der russischen Journalistin Darja Dugina, die am Samstag mit einer Autobombe in die Luft gesprengt wurde. Das hat zu einer großen Welle der Empörung in Russland geführt und ist seitdem Thema Nummer 1 in allen Nachrichtensendungen. Der Druck auf die russische Regierung, darauf mit einer möglicherweise härteren Gangart in der Ukraine zu reagieren, wächst dadurch weiter.


Auch dieser Mord hat nur den Zweck, Terror unter all jenen zu verbreiten, die als Journalisten in Russland arbeiten. Dass russische Journalisten im Donbass für die Ukraine legitime Ziele sind, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Es sind auf russischer Seite bereits mehrere Journalisten verletzt oder getötet worden, auf ukrainischer Seite hingegen nicht. Das ist ein weiterer Beleg dafür, wie unterschiedlich die ukrainische und die russische Armee vorgehen: Die Ukraine schießt bewusst auf Journalisten, Russland nicht.


Wie reagiert Russland?

Russland reagiert bisher zurückhaltend auf all diese Vorfälle, obwohl ich bei Gesprächen in Moskau gehört habe, dass alle Experten erwarten, dass Russland demnächst mit einem harten Gegenschlag reagieren dürfte. Diese Entwicklung habe ich Ende Juli bereits vermutet. Bisher ist die harte russische Reaktion ausgeblieben, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht noch kommt.

Russland steht mit dem Rücken zur Wand, denn es ist gezwungen, sein eigenes Staatsgebiet vor ukrainischen Angriffen zu schützen, von den vom Beschuss des AKW ausgehenden Risiken ganz zu schweigen. Mit der bewussten Eskalation, die die Ukraine betreibt, und die offensichtlich von den USA unterstützt wird, wird Russland immer stärker unter Druck gesetzt, hart zu reagieren.

Militärisch sind diese ukrainischen Angriffe sinnlos, sie sollen lediglich Terror verbreiten und die russische Regierung reizen. Ob, wann und wie Russland reagiert, steht in den Sternen, aber eine weitere Eskalation scheint fast unvermeidbar zu sein.


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2022/eskalation-des-konflikts-ukrainische-terrorakte-und-beschuss-des-akw


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Fortschritt für Venezuela

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. August 2022, 19:42 Uhr


https://de.rt.com/amerika/146947-venezuela-schlaegt-kolumbien-sonderwirtschaftszone-im-grenzgebiet-vor/

24.8.2022

*Venezuela schlägt Kolumbien Sonderwirtschaftszone im Grenzgebiet vor


*Venezuela will im Grenzgebiet zu Kolumbien ein wirtschaftliches

Experiment in Gang setzen. Caracas plant eine Sonderwirtschaftszone, die

den Handel zwischen den Ländern ankurbeln soll. Indes wird für Venezuela

für dieses Jahr ein hohes Wirtschaftswachstum prognostiziert.


Nicolás Maduro hat am Dienstag bei einem Treffen mit Unternehmern in

Caracas eine besondere Handels-, Wirtschafts- und Produktionszone an der

Grenze zu Kolumbien in Aussicht gestellt. Venezuelas Staatschef kündigte

<https://www.telesurtv.net/news/venezuela-propondra-colombia-crear-zona-economico-binacional-20220823-0027.html

an, er werde seinem kolumbianischen Amtskollegen Gustavo Petro

vorschlagen, in der Region zwischen dem venezolanischen Bundesstat

Táchira und der kolumbianischen Provinz Norte de Santander eine

zwischenstaatliche Sonderwirtschaftszone ins Leben zu rufen.

/"Es wird eine zwischenstaatliche Zone der Entwicklung in den Bereichen

Handel, Wirtschaft und Produktion sein. Es ist Zeit, dass wir sie

aufbauen!"/


Maduro gab bekannt, dass die geplante Sonderwirtschaftszone als

Experiment beginnen sollte. Im Erfolgsfall könnte das Projekt auf andere

Grenzgebiete in den venezolanischen Bundesstaaten Zulia, Apure und

Amazonas ausgedehnt werden. /"Wir werden alle unsere Grenzen zu

Kolumbien für den Handel öffnen und wir bereiten uns schon darauf vor,

damit der Plan sicher und ohne Störungen abgewickelt wird."/


In diesem Zusammenhang bat Maduro die Unternehmer um ihre Vorschläge,

welche Waren ins Nachbarland exportiert werden könnten. Mit der weiteren

Erarbeitung des Vorhabens beauftragte er die venezolanische

Vizepräsidentin und Ministerin für Wirtschaft und Finanzen Delcy Rodríguez.


Seit der Wahl von Petro zum ersten linken Präsidenten Kolumbiens machen

die Regierungen in Caracas und Bogotá deutliche Fortschritte, um ihre

Beziehungen auf allen Ebenen zu normalisieren.


Maduro kündigte ferner ein neues Wirtschaftsmodell im Land an. Es fuße

auf der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die den Bedarf und

die Nachfrage im Inland decken müsse. Außerdem müsse die Abhängigkeit

der einheimischen Wirtschaft von der Erdölförderung reduziert werden.

Gefördert werden müssten jene Branchen, die nicht von der

Erdölproduktion abhängig seien. Sie sollten sich dann zu

wirtschaftlichen und technologischen Treibern entwickeln.


/"Nachdem wir mit den schärfsten Folgen der kriminellen Sanktionen gegen

unser Land konfrontiert worden sind, können wir jetzt sagen: Venezuela

hat seinen Weg zum Wachstum gefunden. Es hat den Weg zu einem neuen

Wirtschaftsmodell gefunden."/


Inzwischen veröffentlichte die Wirtschaftskommission für Lateinamerika

und die Karibik (CEPAL) am 23. August einen neuen Bericht über die

Aussichten für die Entwicklung der Region in diesem Jahr. Venezuela

wurde

<https://www.telesurenglish.net/news/Venezuelan-Economy-To-Grow-18.7-Second-Quarter-Central-Bank-20220823-0018.html

ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von zehn Prozent

prognostiziert. Somit könnte das südamerikanische Land in diesem Jahr

unter den wachstumsstärksten Nationen der Region rangieren.


Calixto Ortega, der Chef der venezolanischen Zentralbank, sagte am

Dienstag, im ersten Quartal des laufenden Jahres sei die einheimische

Wirtschaft um 17,4 Prozent gewachsen. Dies sei der größte Kennwert in

ganz Lateinamerika. Nach vorläufigen Schätzungen könnte die

Wachstumsrate im zweiten Quartal 18,7 erreichen.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Faktencheck: Warum die Strompreise wirklich durch die Decke gehen

Obwohl nur ein geringer Teil der Stromerzeugung aus Gaskraftwerken stammt, erreichen die Strompreise neue Rekordhöhen. Die Gründe dafür sind ein dysfunktionaler Marktmechanismus an der Energiebörse – und Krisengewinner wie RWE, die so Rekordgewinne einfahren.


Faktencheck: Warum die Strompreise wirklich durch die Decke gehen


Quelle: www.globallookpress.com © Ingo Schulz via


Angesichts der Energiekrise, die aus den extrem gestiegenen Gaspreise resultiert, fragen sich einige vermutlich, warum unter anderem geplant ist, auch Strom zu sparen und beispielsweise auf die nächtliche Beleuchtung am Brandenburger Tor verzichtet werden soll. Obwohl der Anteil von Gas an der Stromerzeugung überschaubar ist (2021 betrug der Anteil etwa 12 Prozent), hatte sich der Strompreis bis Juli bereits verfünffacht, mittlerweile beträgt die Preissteigerung sogar das 20-Fache. Doch noch im Juli erklärte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, man habe ein Gasproblem und kein Stromproblem.


Mit dieser Äußerung zeigt Habeck allerdings selbst für einen Grünen erstaunlich wenig Verständnis für die Zusammenhänge der Energiewirtschaft in der Bundesrepublik, denn Strom- und Gaspreise hängen über einen mittlerweile völlig aus dem Ruder gelaufenen Marktmechanismus zusammen. An dieser Stelle ist es hilfreich, sich die Funktionsweise der Strombörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig vor Augen zu führen.


Gewinnsteuer: Die Linke will Krisengewinner zur Kasse bitten





Gewinnsteuer: Die Linke will Krisengewinner zur Kasse bitten






Elektroenergie muss ständig nach dem aktuellen Bedarf in das Netz eingespeist werden, da sonst ein Blackout droht. Falls kurzfristige Schwankungen zwischen Verbrauch und Produktion bestehen, kann Strom an der Börse kurzfristig in Schritten von 15 Minuten bestellt werden. Der größte Teil der Elektroenergie wird allerdings vorab für den nächsten Tag verkauft. Zunächst kommen dabei die günstigeren Energieanbieter zum Zuge: Erneuerbare Energien, Atomkraft und Kohlekraftwerke. Wird mehr Strom verbraucht, kommen die teuersten Anbieter zum Einsatz, also in den meisten Fällen Gaskraftwerke.


Das Absurde kommt aber erst noch: Die Preisbildung erfolgt nämlich nach dem Merit-Order-Prinzip. Das heißt, der teuerste Anbieter bestimmt den Marktpreis und jeder Anbieter erhält den Preis des teuersten Kraftwerks.


Sofern die Energiepreise für die verschiedenen Anbieter ähnlich sind, kann ein solches System zwar funktionieren. Angesichts der exorbitant hohen Gaspreise wird der Marktmechanismus jedoch dysfunktional und das System gerät in eine drastische Schieflage.


Natürlich wird nicht das gesamte Elektroenergieaufkommen an der EEX gehandelt. Doch auch die Preise bei längerfristigen Verträgen orientieren sich letztlich an den Börsenpreisen, da zusätzlich benötigter Strom an der Börse eingekauft werden muss. Außerdem ergibt es in einem kapitalistischen System keinen Sinn, Strom langfristig billig anzubieten, wenn man an der Börse damit kurzfristig höhere Gewinne erzielen kann. In erster Linie bekommen natürlich Neukunden die Preissteigerungen zu spüren, aber auch länger laufende Verträge enden irgendwann einmal.


Gasumlage statt Übergewinnsteuer – Wer profitiert von der Gaskrise?



Gasumlage statt Übergewinnsteuer – Wer profitiert von der Gaskrise?






Gewinner der Krise sind bei einem nicht mehr funktionierenden Marktmechanismus die Energiekonzerne. Bei diesen sorgt die Gaskrise für unerwartet hohe Gewinne – in Fachkreisen auch "Windfall Profits" genannt. (Eine Ausnahme stellt E.ON dar, da sich das Unternehmen in den letzten Jahren aus der Energieerzeugung zurückgezogen hatte und sich seitdem in erster Linie um den Vertrieb und das Netzgeschäft kümmert, was sich nun rächt.) RWE hingegen profitiert von der Krise und rechnet mit Gewinnen von mehr als fünf Milliarden Euro. Der Grund für die hohen Gewinne dürfte klar sein: Eine Schieflage am Markt, von der alle Energieerzeuger profitieren – auch die Anbieter erneuerbarer Energien. Die Energiekonzerne müssen dazu nicht einmal an der Börse spekulieren, sondern – salopp gesagt – nur die Taschen aufhalten.


Dass der sogenannte "freie Markt" an dieser Stelle nicht mehr funktioniert, ist mehr als offensichtlich. Daher müsste der Staat an dieser Stelle zwingend eingreifen. Allerdings werden die verschiedenen Möglichkeiten hierzu kaum diskutiert – wohl auch, weil der zugrundeliegende Marktmechanismus nur in vergleichsweise wenigen Medienbeiträgen erläutert wird, die zudem vorzugsweise zu später Stunde gesendet werden. Stattdessen werden in den meisten Fällen relativ unkritisch die Pressestatements der Energiekonzerne wiedergegeben. In entsprechenden Beiträgen ist häufig die Rede davon, dass die Energieunternehmen auf erneuerbare Energien setzen. Die wahren Gründe für die Rekordgewinne werden jedoch selten hinterfragt. Dies dürfte einem allerdings mit Blick auf die Pharmakonzerne bereits aus der Corona-Krise bekannt vorkommen.


Koalitionsstreit über Laufzeitverlängerung?





Koalitionsstreit über Laufzeitverlängerung?







Eine entsprechende Stellschraube könnte beispielsweise eine Erhöhung des Angebots sein. Allerdings wäre ein Ausbau der erneuerbaren Energieträger kurzfristig kaum zu bewerkstelligen und daher eher nur mittel- bis langfristig eine Option. Hinzu kommt außerdem, dass im Jahr 2021 bereits eine Reihe von Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken vom Netz genommen wurden, was die gegenwärtige Situation zusätzlich verschärft. Eine Reaktivierung von Kohlekraftwerken ist zwar bereits geplant, allerdings sind die Preise für den Energieträger Kohle infolge der Sanktionen gegen Russland ebenfalls deutlich gestiegen. Letztendlich bleibt noch eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten denkbar. Diese Maßnahme würde die erforderlichen Laufzeiten von Gaskraftwerken verkürzen, was wiederum den Strompreis senken würde.


Im Moment wird eine solche Verlängerung von AKW-Laufzeiten bekanntlich geprüft, doch diese Idee könnte nicht nur an der grünen Ideologie scheitern. So erklärte RWE-Chef Markus Krebber gegenüber dem Handelsblatt wenig enthusiastisch:

"Die Kapazitäten sind überschaubar, und der Effekt hält sich beim Blick auf die Gaskrise in Grenzen."

An dieser Stelle dürfte jedem endgültig klarwerden: Auch die Energiekonzerne werden kein großes Interesse haben, die Laufzeiten zu verlängern, da sie damit zugleich das lukrative Geschäftsmodell für ihre unerwarteten derzeitigen Gewinne zunichtemachen würden. Dies erklärt auch, weshalb im Mai dieses Jahres so viel Gas "verstromt" wurde wie noch nie. Außerdem profitiert davon sogar der Bundeshaushalt: Für den Bund sinkt die EEG-Umlage, die er ab dem 1. Juli von den Verbrauchern übernommen hatte, nahezu auf null.


Auch bedingt durch die Hitzewelle der letzten Wochen wurde im Juli wesentlich mehr Gas zur Stromerzeugung genutzt als im Vorjahreszeitraum. Dies wurde vor allem in den Stromexporten deutlich: So wurde Elektroenergie aus Deutschland verstärkt in die Schweiz exportiert, da dort die Wasserkraftwerke aufgrund des niedrigen Wasserpegels in den Flüssen nicht so viel Strom erzeugen konnten, aber auch nach Frankreich. Dort lieferten die Atomkraftwerke aufgrund des hitzebedingten Kühlwassermangels nur eine verminderte Leistung. Zudem wurden zahlreiche Kernkraftwerke in Frankreich aufgrund von Korrosionsschäden der Kühlrohre erst einmal vom Netz genommen.


Allerdings hat dies weniger mit angeblich "solidarischem Verhalten europäischer Länder" zu tun, wie Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie gegenüber Focus Online behauptete. Im Interview räumte er selbst  ein, dass es sich für die Unternehmen schlicht und einfach lohnt. Die Energiekonzerne haben also vermutlich gar kein Interesse an der Beseitigung der Schieflage am Markt, von der sie profitieren. Daher ist an dieser Stelle ein Eingriff des Staates notwendig, um die Fehler der Liberalisierung des Strommarktes in den 2000er Jahren zu korrigieren.


Andere und effektivere Eingriffe neben einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke wären zum Beispiel eine Preisdeckelung für Strom oder – ganz simpel – eine Aussetzung oder zumindest eine Anpassung des Merit-Order-Prinzips, da der Markt an dieser Stelle versagt und bei weiterer Gasknappheit für auch weiterhin explodierende Strompreise sorgen wird.


Zumindest ein weiterer Punkt wird jedoch in letzter Zeit häufig diskutiert: Eine Übergewinnsteuer zulasten der Krisenprofiteure. Einige Länder haben eine solche Steuer bereits eingeführt, wie zum Beispiel Italien im März, oder sie planen es, wie Ungarn, Großbritannien, Rumänien, Griechenland und weitere. Deutschland verhält sich allerdings derzeit wieder einmal wie ein Geisterfahrer: Habeck äußerte sich dazu zurückhaltend und erklärte bereits, dass die Umsetzung solch einer Idee schwierig werden könne. Sein Ministerium wiederum ist offenbar mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Der wahre Grund dürften allerdings Marktradikale wie der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sein, der eine zusätzliche Besteuerung von Unternehmen kategorisch ablehnt.

Habeck erntet in sozialen Medien Kritik für Katar-Besuch





Habeck erntet in sozialen Medien Kritik für Katar-Besuch







Den größten Vogel hat Habeck selbst jedoch mit der Gasumlage abgeschossen: Anschließend "bedankte" er sich auch noch allen Ernstes bei RWE und Shell, dass diese auf die Umlage verzichten. Grund für die Entscheidung der Unternehmen ist offenbar die Befürchtung, dass womöglich doch noch eine Übergewinnsteuer kommt, so die Berliner Zeitung. Habeck erklärte diesbezüglich:

"Einige Unternehmen, die aber am Markt breit aufgestellt sind, haben gesagt: Wir wollen keine Kosten erstattet bekommen und von dieser Umlage keinen Gebrauch machen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken."

Habeck bedankt sich also dafür, dass einige Unternehmen auf Geld verzichten, dass ihnen der Staat freiwillig geben würde, obwohl sie als Krisengewinner das ohnehin gar nicht nötig haben. Auf alle Bürger als Endverbraucher hingegen kommt noch die Gasumlage zu – neben der Inflation und den ohnehin explodierenden Strompreisen. Offenbar steht Habeck seinem Koalitionspartner Lindner in nichts nach, was die Anbiederung an Großkonzerne und die Verachtung der Lohnabhängigen angeht.


Mehr zum Thema - Energiekrise: Ein Drittel der Deutschen wird Energiekosten laut Mieterbund nicht zahlen können


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info:  https://pressefreiheit.rtde.tech/inland/146930-faktencheck-warum-strompreise-wirklich-durch


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24.08.2022

Deutschlands einsame Außenpolitik im Namen der Energie

pressefreiheit.rtde.tech, 24 Aug. 2022 19:12 Uhr,eine Analyse von Dr. Karin Kneissl

Die deutsche Außenpolitik ist derzeit vor allem emsige Außenhandelspolitik. Es geht um den Einkauf von Erdgas und Erdöl. Die Dramatik dessen ist dabei selbst erzeugt – durch die eigene Versorgungssicherheit in Frage stellende Sanktionen gegen Russland.


Der Kanzler als Handelsreisender – Deutschlands einsame Außenpolitik im Namen der Energie


Quelle: www.globallookpress.com © CHROMORANGE


Außenpolitik ist die Umsetzung nationaler Interessen. Diese kreisen in Deutschland nunmehr um die Energieversorgungssicherheit der Bevölkerung und der Industrie. Nach Jahrzehnten der Klimaschutz-Außenpolitik, die sich oft in Großkonferenzen erschöpfte, wird nun wieder so etwas wie Energiepolitik betrieben. Infolge der gemeinsamen EU-Sanktionen und der klaren politischen Entscheidung der deutschen Bundesregierung, für immer auf russische Energie Importe verzichten zu wollen, müssen neue Lieferanten für Erdöl, Erdgas aber auch Kohle und wichtige Metalle gesucht werden.


Erdgas ist nicht irgendein Rohstoff

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck reiste in dieser Mission bereits nach Katar, Norwegen und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Viele EU-Staaten stiegen infolge entsprechender Brüsseler Direktiven in den letzten 20 Jahren zunehmend aus langfristigen Lieferverträgen aus und kauften kurzfristig am Spot-Markt ihr Erdgas ein. Doch dieser für Deutschland so entscheidende Energieträger ist nicht in den Mengen am Weltmarkt verfügbar, die erforderlich sind, um die bisherigen Liefermengen aus Russland zu ersetzen.


Es stinkt – Minister Habeck nach Katar





Meinung

Es stinkt – Minister Habeck nach Katar






Im Gegensatz zu seinen europäischen Partnern ist Deutschland im Jahre 2011 im Zuge der einseitig verkündeten Energiewende aus sehr vielen Energieträgern, von der Atomkraft bis zu wichtigen fossilen Kraftwerken, ausgestiegen. Warnungen, dass dies für die deutsche Industrie, die zuverlässige und auch leistbare Energie benötigt, um gegenüber der Konkurrenz zu bestehen, wurden im wörtlichen Sinne in den Wind geschlagen.


Die Energiekrise begann für viele europäische Kunden bereits im April 2021, als infolge einer grundsätzlichen Verknappung von Erdöl und Erdgas die Preise stiegen. Dies wiederum war auf fehlende Investitionen in den fossilen Sektor zurückzuführen. Die gesamte Industrie war mit einem ständigen Bashing im Namen des Klimaschutzes konfrontiert.


Nun findet ein regelrechter Erdöl- und Erdgasrausch wieder statt, Kohletransporte haben Vorrang auf dem deutschen Schienennetz und Berlin versucht Verträge zu ergattern, wo es nur geht. Die hochkarätige dreitätige Besuchsdiplomatie von Kanzler Olaf Scholz und Habeck sowie einer Wirtschaftsdelegation soll unter anderem die Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG) sicherstellen. Kanada verfügt derzeit über keine LNG-Terminals für den Export und der Bau neuer Anlagen würde Jahre dauern. Die deutschen Kunden wollen aber bereits in den nächsten Monaten LNG beziehen.


Nun ist es kein Geheimnis, dass auf EU-Ebene der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis 2035 geplant ist. Wer wird sich auf die erforderlichen Investitionen in der Infrastruktur einlassen, wenn diese nur für einige Jahre eingesetzt werden darf.


Auch die Erneuerbaren benötigen Rohstoffe

Alle Formen der erneuerbaren Energie benötigen Rohstoffe, übrigens viel Erdöl für die Kunststoffproduktion, für die Photovoltaik- und die Batterie-Erzeugung müssen Metalle importiert werden, die auch in Russland abgebaut werden. Deutschland will die in Kanada verfügbaren Mineralien, wie  Nickel, Kobalt, Lithium und Graphit, beziehen, die für die Elektromobilität wichtig sind.


Vom Perpetuum mobile, also der völlig autonomen Energieerzeugung, wird seit Jahrhunderten geträumt. Doch jede Form der Energieerzeugung ist letztlich Umwandlung von Energie. Diese ist bei der Wasserstoff-Erzeugung nun forschungsmäßig teils im Umbruch, denn bislang waren die Kosten zu hoch.


Nach Absage Norwegens für zusätzliche Erdgaslieferungen: Scholz wirbt um kanadisches LNG-Gas





Nach Absage Norwegens für zusätzliche Erdgaslieferungen: Scholz wirbt um kanadisches LNG-Gas





Es wird erwartet, dass ein längerfristiges Abkommen zwischen Deutschland und Kanada über eine engere Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien wie grünem Wasserstoff unterzeichnet wird. So plant Kanada den Bau einer Wasserstoffanlage in Neufundland, die Windenergie zur Herstellung des Kraftstoffs nutzen soll. Dazu gab es in den letzten 20 Jahren auch an der deutschen Nordseeküste immer wieder Projekte.


Welche Rolle spielen die Firmen?

Grundsätzlich wissen Firmen genau, was sie wollen und wenden sich an die Politik, um entweder der Unterzeichnungszeremonie mehr Glanz zu geben oder um das eine oder andere Problem auf politischer Ebene lösen zu lassen. Es sind daher die Wirtschaftsvertreter im Zusammenspiel mit den Handelsdelegierten, welche die Verträge zwecks Einkaufs von Rohstoffen oder der Kooperation bei großen Investitionsprojekten ausarbeiten.


Gerade in der so zersplitterten Energiewirtschaft wie jener des föderal organisierten Deutschlands sind es die Energieversorger, die das Sagen haben. Deutschland verfügt nicht über (teil)staatliche Energiekonzerne vom Schlage einer französischen EDF oder Totalenergie oder einer italienischen ENI, um nur einige zu nennen. Auch BP steht jeder britischen Regierung sehr nahe, wenngleich der Firmenname schon lange "Beyond Petroleum" und nicht mehr "Britisch Petroleum" ist. Die Politik dirigiert das Energiegeschäft sehr viel stärker, als dies in Deutschland der Fall ist.


Es gibt einen trefflichen Spruch aus der US-Ölindustrie des frühen 20. Jahrhunderts, der da lautet: "The oil business is too important to leave it to the oil people" (Das Ölgeschäft ist zu wichtig, um es nur den Geschäftsleuten zu überlassen). Der Anspruch der Politik auf Einmischung ist damit gut illustriert. Wenn also ein italienischer Regierungschef oder ein französischer Präsident in den Diensten der Energieversorgung reist, so kann er auch um einiges mehr bewirken, als dies einem deutschen Politiker möglich ist. Zweifellos ist jeder Pipelinebau stets auch geopolitisch mitbestimmt, aber in Deutschland fällt das jeweilige Konsortium mehr ins Gewicht.


Die Türkei und Indien als aktuelle Champions des Energie-Außenhandels

Während also die EU aus Sanktionsgründen auf russische Energieträger verzichtet, übernehmen unter anderem die Türkei und Indien die frei gewordenen Volumina. Die Türkei profitierte bereits 2014 vom Projekt South Stream, das zu TurkStream wurde. Die EU stieg aus, die Türkei stieg ein, die EU kauft heute über die Türkei das russische Erdgas. Pipelines und Airlines drehen auf Ost und nicht West – das ist eine Tatsache seit bald 20 Jahren.


Pipelines und Airlines drehen von West nach Ost – und dies seit 20 Jahren





Meinung

Pipelines und Airlines drehen von West nach Ost – und dies seit 20 Jahren





In der europäischen Diplomatie hat man sich für die fundamentalen Veränderungen nur selten interessiert, denn alles wurde nur mehr im Namen einer fossilfeindlichen Klimapolitik unternommen. Außenpolitik und Außenhandel sind trotz aller europäischen Integration gerade in diesen beiden Bereichen immer noch die "domaine reservé", also die Kompetenz des Souveräns. Diese Tatsache zeigt sich in der brisanten Energiekrise, die sich seit Jahren infolge fehlender Investitionen und verabsäumter Infrastrukturplanung zuspitzt.


Politiker als Handelsreisende sind wie gesagt nichts Neues, aber sie kommen zum glänzenden Finale. Einen deutschen Bundeskanzler nun als Einkäufer nach Kanada zu schicken, birgt in sich das Risiko, dass auch er scheitert, wie bereits zuvor der Wirtschafts- alias Energieminister.

Auf EU-Ebene wird es nicht zum gemeinsamen Einkauf von Erdgas kommen, es wird jeder für sich an seinen bilateralen Versorgungsverträgen arbeiten und außenpolitisch wird man sich maximal in Kosmetik üben, um diese Probleme mit viel gutem Willen zu übertünchen.


Wie immer diese schwere Krise ausgeht, die für die europäischen Bürger eben erst mit dem Verfall ihrer Kaufkraft beginnt, aber in Deindustrialisierung und Verarmung enden kann, es wird ein Danach geben. Dann sollte man sich auch wieder Gedanken machen, was Außenpolitik und Außenhandel bedeuten und wie diese klug zu praktizieren sind. Dafür bedarf es keiner "Klima-Diplomatie" oder "feministischen Außenpolitik". Es wird dann nur um das Handwerk der Diplomatie gehen: also Interessen definieren, Gesprächskanäle immer offenhalten und das Gegenüber respektieren. Es ist sehr viel schief gegangen in der Diplomatie und der deutschen Außenpolitik.


Mehr zum Thema - Kanada statt Russland? Scholz und Habeck suchen weiter neue Energie- und Rohstoffquellen


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Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/inland/146869-deutschlands-einsame-aussenpolitik-im-namen


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24.08.2022

Lawrow zu syrischem Amtskollegen: Militäroperation der Türkei in Syrien "inakzeptabel"

Die Türkei hat vor Kurzem ihre Bereitschaft zur Normalisierung der Beziehungen zu Syrien signalisiert. Auf die Frage zur Rolle Moskaus als Vermittler in den Beziehungen zwischen Damaskus und Ankara erklärte Lawrow, dass Russland als Teilnehmer des Astana-Formats seit Jahren an der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten arbeitet.


Lawrow zu syrischem Amtskollegen: Militäroperation der Türkei in Syrien "inakzeptabel"Quelle: AFP

 




© Natalia Kolesnikova

Im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer neuen möglichen Invasion der türkischen Armee in Syrien, sagte der russische Außenminister Sergei Lawrow auf einer Pressekonferenz nach Gesprächen mit seinem syrischen Amtskollegen Faisal Mekdad, dass Russland eine neue Militäraktionen in Nordsyrien für inakzeptabel hält. Mekdad forderte seinerseits, dass das türkische Militär seine Truppen aus dem syrischen Hoheitsgebiet abziehen, die Unterstützung für terroristische Organisationen einstellen und sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen sollte.

"Im Hinblick auf die Situation in Nordsyrien geht es vor allem darum, den Ausbruch neuer Militäraktionen zu verhindern und auf diplomatischem Wege auf der Grundlage der bestehenden politischen Prinzipien in den Beziehungen zwischen Syrien und der Türkei zu verhandeln", sagte Lawrow. 

Auf die Frage zur Rolle Moskaus als Vermittler in den Beziehungen zwischen Damaskus und Ankara wies Lawrow darauf hin, dass Russland als Teilnehmer des Astana-Formats (Russland, Iran, Türkei) seit Jahren an der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten beteiligt sei.

"Russland setzt sich für eine Annäherung zwischen Syrien und der Türkei ein (...) auf der Grundlage von Resolutionen der Vereinten Nationen, die die Bewahrung der Souveränität und territorialen Integrität Syriens bekräftigen", sagte der russische Spitzendiplomat.

Diplomatischer Erfolg für den Kreml: Neue Annäherungsversuche zwischen Türkei und Syrien




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Die Türkei hat mehrfach die mögliche Normalisierung der Beziehungen zu Syrien angedeutet. Die überraschende Entscheidung der Türkei nach elf Jahren nun erneut die Beziehungen zu Syrien herzustellen, dürfte bei einer der vielen Gesprächsrunden zwischen Präsident Erdoğan und dessen Amtskollegen Putin gefallen zu sein. Während des Besuchs von Erdoğan in der Ukraine am 18. August äußerte sich der türkische Präsident zu seinen Absichten, die Beziehungen der Türkei zu Syrien zu verbessern. Er erklärte, dass die Türkei nicht den Wunsch habe, den syrischen Präsidenten al-Assad als Staatschef zu stürzen.


Lawrow verurteilte zudem am Dienstag die "gefährlichen" israelischen Raketenangriffe in Syrien und unterstrich damit die zunehmende Abkühlung der Beziehungen zwischen Moskau und Tel Aviv, die seit dem Ukraine-Krieg zunehmend angespannt sind.


Gemeinsam mit dem syrischen Außenminister Mekdad sagte Lawrow auf der Pressekonferenz in Moskau: "Wir verurteilen die gefährliche Praxis israelischer Angriffe auf das syrische Territorium aufs Schärfste". "Wir fordern, dass Israel die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen respektiert und vor allem die Souveränität und territoriale Integrität Syriens achtet", sagte er weiter.


Die Spannungen zwischen Israel und Russland sind seit Beginn des Ukraine-Krieges gestiegen. Im letzten Monat hatte Israel erklärt, dass im Mai seine Militärjets über Syrien unter russischen Raketenbeschuss gerieten, die Raketen aber ihr Ziel verfehlten.


Mehr zum Thema - Nahe dem russischen Marinestützpunkt: Drei Soldaten bei israelischem Angriff in Syrien getötet


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/der-nahe-osten/146957-lawrow-zu-seinem-syrischen-amtskollegen


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24.08.2022

DKP – nicht länger mehr solidarisch mit Venezuela?

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. August 2022, 13:07 Uhr


(...) Bei der Kritik an Venezuela zeigt sich ein Verhalten, das Domenico

Losurdo bereits in seinem Buch „Der westliche Marxismus“ beschrieb und

das er als typisch für das Verhalten der hiesigen Marxisten ansah: „Auch

die auf intellektueller wie moralischer Ebene Mittelmäßigsten haben

keine Schwierigkeit damit, die Zukunft der ‚freien Entwicklung eines

jeden‘ zu beschwören, von der das Manifest (MEW 4, S. 482) spricht, und

gleichzeitig die politische Macht zu verurteilen oder zu diskreditieren,

die aus der Revolution hervorgegangen ist und (in einer ganz anderen

geopolitischen Lage) berufen war, die ihr drohenden Gefahren abzuwehren.

Die konkrete Geschichte der neuen postrevolutionären Gesellschaft, die

sich zwischen Widersprüchen, Versuchen, Schwierigkeiten und Fehlern

aller Art zu entwickeln sucht, wird dann en bloc als Degeneration und

Verrat an den revolutionären Idealen erledigt. Eine solche Haltung, die

die wirkliche Bewegung im Namen der eigenen Phantasien und Träume

verurteilt und ihre Verachtung für die ’stattfindende‘ und nahe im Namen

der fernen und utopischen Zukunft zum Ausdruck bringt, diese Haltung,

die Marx und Engels völlig fremd ist, beraubt den Marxismus jedes realen

emanzipatorischen Gehalts.“


https://linkezeitung.de/2022/08/24/die-dkp-nicht-laenger-mehr-solidarisch-mit-venezuela/

24.8.2022

*Die DKP – nicht länger mehr solidarisch mit Venezuela?

Über einen irritierenden Artikel in der Zeitung „Unsere Zeit“

*

In der Ausgabe vom 29. Juli 2022 konnte man in „Unsere Zeit –

UZ/„,/ Zeitung der DKP lesen: „Am Donnerstag vergangener Woche griffen

Polizeikräfte Mitglieder und Aktivistinnen der Kommunistischen Partei

Venezuelas (PCV) an, die sich an einer Demonstration der Arbeitenden in

Caracas gegen die Lohnsenkungspolitik der sozialdemokratischen

PSUV-Regierung beteiligt hatten. (…)“


In einer Erklärung des Politbüros der Partei wurden Details zum Vorgehen

der Polizei veröffentlicht: „Jackeline López, Mitglied des

Zentralkomitees der PCV und Vorsitzende der Clara-Zetkin-Frauenbewegung,

wurde von Schlägertrupps in der Kleidung des Bürgermeisteramtes von

Caracas angegriffen, die von der Vereinigten Sozialistischen Partei

Venezuelas (PSUV) ­koordiniert wurden.“ Die Mitglieder der PCV seien

belästigt, bestohlen und „feige zusammengeschlagen“ worden. Als Täter

wurden „Beamte des Bolivarischen Geheimdienstes (Sebin)“ benannt. Ein

Aktivist sei gar entführt worden. All dies geschah „unter den

mitschuldigen Blicken der Bolivarischen Nationalpolizei, die die

Arbeiterinnen und Arbeiter auch daran hinderte, zur Vizepräsidentschaft

der Republik zu gelangen.“


Die Übergriffe seien nicht überraschend erfolgt. Im UZ-Artikel heißt es:

„Repressionen und Verleumdungen gegen die Mitglieder der Kommunistischen

Partei Venezuelas sind nichts Neues. Die PCV hält in diesem Zusammenhang

fest: ‚Diese Ereignisse zeigen, dass die antikommunistische Kampagne,

die von den Sprechern der PSUV-Führung und ihren politischen Akteuren in

den Medien geführt wird, eine gewalttätige Wendung genommen hat, um

vergeblich zu versuchen, die eindeutige Unzufriedenheit der Bevölkerung

mit dem neoliberalen Anpassungsplan, der von der antikommunistischen

Regierung von Nicolás Maduro umgesetzt wird, zu neutralisieren. (…)’“


Das einst so solidarische Verhältnis zwischen der regierenden PSUV und

der PCV hat sich in ein gegnerisches, ja feindliches verkehrt. Das

Tischtuch zwischen beiden Parteien scheint endgültig zerschnitten.

Gewandelt hat sich ganz offensichtlich aber auch das Verhältnis zwischen

der PSUV, der einst von Hugo Chávez gegründeten Bewegung, und der DKP,

deren Zeitung sich die Sichtweise der PCV zu eigen macht. Sind also die

Zeiten vorbei, in denen die DKP solidarisch an der Seite Venezuelas

stand? Es sieht ganz danach aus, wenn jetzt die bolivarische Regierung

unter Maduro in eindeutig abwertender Diktion als „sozialdemokratisch“

und „antikommunistisch“ bezeichnet wird. Damit würde die DKP der Partei

Die LINKE folgen, die bereits vor Jahren auf Distanz zu Venezuela ging.

So bezeichnete Gabi Zimmer, die Europaabgeordnete der Linkspartei, 2003

Hugo Chávez als „Polithasardeur“

<https://taz.de/Gabi-Zimmer-wird-Antikommunistin/!688708/>.


*Wirtschaftspolitischer Kurswechsel der Regierung Maduro*


Doch was ist der Hintergrund des jetzigen Zerwürfnisses zwischen der

Regierung unter Maduro und der PCV? Aus dem UZ-Artikel erfährt man

darüber so gut wie nichts. Man beschränkt sich auf die Wiedergabe der

Sicht der PCV. Informativer ist da schon ein Artikel vom 3. August 2022

von Ociel Alí López auf RT Deutsch. Ociel Alí López ist Soziologe,

politischer Analyst und Dozent an der Universidad Central de

Venezuela/./ Im RT-Artikel heißt es unter der Überschrift „Eine neue

Rechte in Venezuela?“: „Die Regierung von Nicolás Maduro versucht

gegenwärtig, die Beschränkungen durch die Sanktionen der USA und der EU

zu durchbrechen und eine neue Wirtschaftsentwicklung Venezuelas in Gang

zu setzen. Sie zielt auf eine verbesserte Industrialisierung,

landwirtschaftliche Produktion und Selbstversorgung ab. Maduro will

dafür internationale Investitionen durch Wirtschaftsallianzen vor allem

mit Mitgliedstaaten der OPEC anlocken. Es liegt nahe, dass im Zuge

dieser Entwicklung auch Sozialmaßnahmen und das Lohngefälle unter die

Konkurrenzbedingungen der kapitalistischen ‚Investments‘ fallen.“


Diese neue Wirtschaftspolitik kann nur vor dem Hintergrund der

desaströsen Lage verstanden werden, in der sich Venezuela während der

ersten Amtszeit von Maduro 2013 bis 2018 befand. In diesen Jahren

brachen staatliche Dienste reihenweise zusammen, Millionen Menschen

emigrierten, Mangelernährung war in ganzen Bevölkerungsgruppen

verbreitet. Eine Armee hungriger Menschen drang in die Mülldeponien ein.

Die Inflation entwickelte sich zur Hyperinflation. Selbst Benzin wurde

knapp – und das in einem Land mit einem der größten Erdölvorkommen weltweit!


Über die Ursachen dieses Niedergangs ist oft berichtet worden: Die

harten Sanktionen der USA und der EU wirkten verheerend, die Anlagen zur

Erdölförderung und Verarbeitung konnten deshalb kaum mehr gewartet,

geschweige denn modernisiert werden. Im Kampf um die Macht versuchte die

Bourgeoisie des Landes die Regierung Maduro durch Kapitalflucht und

Investitionsstreiks zu stürzen. Zur tiefen Krise trugen aber auch

Versäumnisse und Fehleinschätzungen der Regierung in Caracas selbst bei:

Die verbreitete Korruption im Staatsapparat, eine überbordende

Bürokratie und nicht zuletzt üppige Sozialprogramme.


Unter der Überschrift* „*Maßnahmen zur wirtschaftlichen Öffnung in

Venezuela: Stabilisierung oder Demontage?*“ *

<beschrieb" rel="noopener">https://amerika21.de/analyse/239838/venezuela-wirtschaftliche-oeffnung>beschrieb 

Ociel Alí López im Mai 2020 im Informationsdienst „Amerika 21“ die

Ergebnisse dieses Kurswechsels: „Die Liberalisierungsmaßnahmen haben den

Mangel verringert. Es gibt keine Warteschlangen mehr. Die Inflation ist

nach wie vor hoch, aber die Stellen der von der Opposition

kontrollierten Nationalversammlung verzeichnen für 2019 einen Rückgang

im Vergleich zu 2018 und den Vorjahren. (…)


Die Veränderung ist täglich wahrnehmbar. Selbst in verarmten

Bevölkerungsgruppen ist eine höhere Kaufkraft zu verzeichnen. Der

öffentliche Transport hat sich verbessert. Viele Bereiche des Handels

haben die schlimmsten Jahre der Krise überstanden und beginnen, wieder

aufzuleben. Der Dollar wird in allen Gesellschaftsschichten verwendet.

Es gibt neue Geschäfte und Läden. Der Diskurs über die humanitäre Krise

ist unhaltbar geworden und aus den Mündern der Oppositionspolitiker

verschwunden. (…) Vorbei sind die täglichen Bilder von Plünderungen auf

Straßen und Dörfern im Landesinneren, die wir von 2016 bis 2018 sehen

konnten.“


Als Gründe für diese relativ wirtschaftliche Stabilisierung benennt

López: Der Zufluss harter Devisen durch Geldüberweisungen emigrierter

Venezolaner, die Rückführung von ins Ausland transferiertem Kapital, das

zu neuen Investitionen im Land anregte, eine verstärkte Goldförderung

und der Einstieg in die „Schürfung“ von Kryptowährungen, die in

Venezuela, einem Land mit extrem niedrigen Stromkosten, besonders

lohnend ist.


López verschweigt aber auch nicht die Schattenseiten dieses Schwenks:

„Die drängendste Herausforderung und das Merkmal dieser Zeit ist der

allgemeine Zusammenbruch der öffentlichen Dienste und die Unfähigkeit

des Staates, dagegen anzugehen. Die Regierung kann nicht mehr für die

öffentlichen Dienstleistungen sorgen, was eine Ära der Mikro- und

Makroprivatisierungen einleitet. Wer Geld hat, kann sich auf Gesundheit,

Transport, Bildung, Licht und Wasser verlassen. Wer kein Geld hat, wird

es viel schwerer haben. Die Staatskasse wurde geplündert. Die

Sozialprogramme (misiones sociales), die Chávez‘ erfolgreiche

Sozialhilfepolitik waren, sind deutlich geschwächt worden: Medizinische

Vorzeigezentren wie das in Las Mercedes inmitten der oberen

Mittelschicht von Caracas, sind seit drei Jahren geschlossen; die vielen

kubanischen Ärzte, die dort arbeiteten, haben sich zurückgezogen. (…)

All dies wird zur Zunahme der Armut führen und das Leben des Landes in

den kommenden Jahrzehnten sicherlich beeinflussen; aber vorerst bringt

der wirtschaftliche Wandel direkt oder indirekt etwas Luft für alle

sozialen Schichten.“


Angesichts dieser negativen Begleiterscheinungen kann es kaum

überraschen, dass es zu Protesten und sozialen Unruhen kommt. Die in dem

UZ-Artikel geschilderte Konfrontation zwischen dem venezolanischen

Staatsapparat und der PCV ist Teil dieser Spannungen. Doch ist dies

Grund genug, um der bolivarischen Regierung generell die Unterstützung

zu entziehen, sie als „sozialdemokratisch“ und „antikommunistisch“ zu

verurteilen – wie im UZ-Artikel geschehen?


*Der antikolonialistische Kampf Venezuelas*


Notwendig wäre doch vielmehr, die gesamte Situation in den Blick zu

nehmen: Die von Hugo Chavéz angeleitete Bolivarische Revolution hat

gewiss nicht den von den Linken weltweit erhofften „Sozialismus des 21.

Jahrhunderts“ gebracht. Er blieb eine Schimäre – und wie konnte es auch

anders sein in einem kaum industrialisierten Land, das fast

ausschließlich von seinem Ölreichtum lebte und damit Sanktionen und

internationalen Krisen hilflos ausgeliefert war.


Und doch schlug die Bolivarische Revolution ein neues Kapitel in der

Geschichte des Landes auf, indem es erstmals die breiten Volksmassen zu

Akteuren des geschichtlichen Prozesses bestimmte. Vor allem aber führt

Venezuela einen antikolonialistischen Kampf gegen die westlichen Mächte

USA und EU, die danach trachten die bolivarische Revolution rückgängig

zu machen. Das Land ist weiterhin eng mit Kuba und Nicaragua verbunden,

für deren Volkswirtschaften die günstigen venezolanischen Öllieferungen

überlebenswichtig sind. Venezuela führt weiter die „Bolivianische

Allianz für Amerika (ALBA)“ an, die unter Chávez gegründet wurde, um der

US-amerikanischen Hegemonie etwas entgegenzusetzen. Das von Venezuela

aus sendende „Fernsehen des Südens“ (Televisión del Sur -Telesur),

leistet täglich eine gegenüber den einseitigen Medien des Westens

alternative Berichterstattung. Auf globaler Ebene sieht sich das Land

heute als Verbündeter Chinas und Russlands.


Die bolivarische Revolution ist daher nicht zu Ende. Auch deshalb ist

Venezuela weiterhin harten Sanktionen der USA und der EU ausgesetzt. All

diese Fakten müssen bei der Beurteilung des Landes berücksichtigt

werden. Es reicht nicht aus, lediglich die Positionen einer Partei –

selbst wenn es sich hier um eine kommunistische Partei handelt –

unhinterfragt zu übernehmen und allein auf dieser Grundalge die

Gesamtbewertung des Landes vorzunehmen.


*Eine typische Kritik westlicher Marxisten *


*Bei der Kritik an Venezuela zeigt sich ein Verhalten, das Domenico

Losurdo bereits in seinem Buch „Der westliche Marxismus“ beschrieb und

das er als typisch für das Verhalten der hiesigen Marxisten ansah:*

„Auch die auf intellektueller wie moralischer Ebene Mittelmäßigsten

haben keine Schwierigkeit damit, die Zukunft der ‚freien Entwicklung

eines jeden‘ zu beschwören, von der das Manifest (MEW 4, S. 482)

spricht, und gleichzeitig die politische Macht zu verurteilen oder zu

diskreditieren, die aus der Revolution hervorgegangen ist und (in einer

ganz anderen geopolitischen Lage) berufen war, die ihr drohenden

Gefahren abzuwehren. Die konkrete Geschichte der neuen

postrevolutionären Gesellschaft, die sich zwischen Widersprüchen,

Versuchen, Schwierigkeiten und Fehlern aller Art zu entwickeln sucht,

wird dann en bloc als Degeneration und Verrat an den revolutionären

Idealen erledigt. Eine solche Haltung, die die wirkliche Bewegung im

Namen der eigenen Phantasien und Träume verurteilt und ihre Verachtung

für die ’stattfindende‘ und nahe im Namen der fernen und utopischen

Zukunft zum Ausdruck bringt, diese Haltung, die Marx und Engels völlig

fremd ist, beraubt den Marxismus jedes realen emanzipatorischen

Gehalts.“ [1]<https://www.andreas-wehr.eu/#_edn1>


Die Entsolidarisierung gegenüber dem heute mit ungeheuren ökonomischen,

politischen und sozialen Problemen kämpfenden Venezuela folgt einem

bekannten Muster. Bereits die Einführung der Neuen Ökonomischen Politik

im revolutionären Russland 1921 und damit die Rückkehr zu

marktwirtschaftlichen Regelungen wurde von vielen westlichen Kommunisten

und Sozialisten als Wiedereinführung des Kapitalismus und damit als

endgültiges Scheitern der Revolution verurteilt. Ähnlich erging es der

Volksrepublik China nach der unter Deng Xiaoping Ende der 70er Jahre

eingeleiteten Wende hin zu einer sozialistischen Marktwirtschaft. Nicht

wenige linke westliche Marxisten versagten später China die Solidarität

als westliche Staaten wegen der angeblichen Unterdrückung der Tibeter

die Absage der Olympischen Spiele in Peking im Jahr 2000 verlangten.

Begründung dafür: Mit dem Beitritt des Landes zur

Welthandelsorganisation habe China bewiesen, dass es endgültig ein

kapitalistisches Land geworden sei. Und mit solch einem Land müsse man

nicht, ja dürfe man nicht solidarisch sein.


Es ist bemerkenswert, dass die UZ ihren Artikel über Venezuela der

österreichischen „Zeitung der Arbeit“ entnommen hat, ein Medium mit

einer sehr übersichtlichen Verbreitung, das Zentralorgan der „Partei der

Arbeit“ – einer Organisation mit einer noch übersichtlicheren

Anhängerschaft – ist. Der größte Fundus dieser Partei besteht darin,

dass die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) – eine Partei mit

echter Verankerung im Volk – sie als Schwesterpartei ansieht. Die KKE

wiederum ist aber dafür bekannt, dass sie China schon seit langem als

kapitalistisches Land bewertet, und Russland im Ukraine-Krieg als

imperialistische Macht verurteilt. Das ist selbstredend auch die

Sichtweise der „Partei der Arbeit“. Es ist besorgniserregend, dass sich

nun auch die DKP solchen Positionen gegenüber

öffnet.[2]<https://www.andreas-wehr.eu/#_edn2>



[1]<https://www.andreas-wehr.eu/#_ednref1> Domenico Losurdo, Der

westliche Marxismus – Wie er entstand, verschied und auferstehen

könnte“, Köln 2021, S. 248


[2]<https://www.andreas-wehr.eu/#_ednref2> So sieht auch das prominente

DKP-Mitglied Lucas Zeise China als kapitalistisch an. Vgl. Andreas Wehr,

„China ein kapitalistisches Land?“

<https://www.andreas-wehr.eu/china-ein-kapitalistisches-land.html>, .

Auch finden sich in der DKP gegenwärtig immer wieder Stimmen, vor allem

in ihrer Jugendorganisation SDAJ, die das Vorgehen Russlands in der

Ukraine als klassischen imperialistischen Angriffskrieg ansehen.


https://www.andreas-wehr.eu/die-dkp-nicht-laenger-mehr-solidarisch-mit-venezuela.html

24.08.2022

Meinungsfreiheit? – Im deutschen Journalismus Mangelware

pressefreiheit.rtde.tech, 24 Aug. 2022 06:15 Uh,Von Gert Ewen Ungar

Mit seiner tendenziösen, ja einseitigen Ausrichtung und der Unterschlagung von Fakten tragen die großen deutschen Blätter selbst zur Erosion der Meinungsfreiheit in Deutschland bei. Die Unterdrückung von Nachrichten leistet der Repression und der "Cancel-Culture" Vorschub.


Meinungsfreiheit? – Im deutschen Journalismus Mangelware


Quelle: www.globallookpress.com


Der deutsche Journalismus ist in einem schlechten Zustand. Er hat eine seiner wichtigsten Aufgaben, Regierungshandeln kritisch zu begleiten und zu hinterfragen, längst aufgegeben. Begonnen hat diese Entwicklung schon vor zwanzig Jahren – mit der "Agenda 2010" der SPD und den "Reformen" genannten sozialen Einschnitten für die Mehrheit der Bevölkerung: mit faktischen Lohnsenkungen, Kürzungen im Rentensystem und Kahlschlägen in den sozialen Sicherungssystemen. 

Unter Schlagworten für Deutschland wie "demographischer Wandel", "kranker Mann Europas", "Globalisierung" und "Verkrustungen aufbrechen" haben die großen deutschen Medien den forcierten Umbau der deutschen Gesellschaft nicht nur einfach hingenommen. Die Wortwahl machte vielmehr deutlich, dass sich die großen Medien als Vermittler eines angeblich alternativlosen Umgestaltungsprozesses verstanden. Sie missverstanden ihre Aufgabe als die der Kommunikation und Erläuterung von Regierungshandeln. Die "Agenda 2010" wurde den Bürgern medial als notwendig und alternativlos vermittelt – sie war es nie.


Folgen der Sanktionen: Deutschland verliert sein Geschäftsmodell





Meinung

Folgen der Sanktionen: Deutschland verliert sein Geschäftsmodell





In den darauffolgenden Krisen hat sich diese Preisgabe des journalistischen Auftrags noch ausgeweitet. Die aktuelle Berichterstattung ist inzwischen völlig in der Propaganda und Desinformation angekommen.


Wer die Meldungen und Einordnungen zum Ukraine-Krieg verfolgt, reibt sich verwundert die Augen: "Das soll Journalismus sein?" Nein, das, was die großen Blätter da von sich geben, hat in seiner Einseitigkeit und mit all seinen Auslassungen mit Journalismus nichts mehr zu tun.


Ein Mangel an Wissen lag dem nicht zugrunde, denn natürlich verfolgen auch deutsche Journalisten russische Quellen und Medien, und sie lesen auch auf jenen Telegram-Kanälen mit, vor deren Lektüre sie ihre Leser warnen. Der Grund dafür ist weniger, dass es sich dabei um russische Propaganda handelt, sondern dass nach der eigenen Lektüre solcher russischen Nachrichten relativ schnell der Eindruck entsteht, mit der deutschen Berichterstattung und der dort etablierten Schwarz-Weiß-Malerei könne etwas ganz grundsätzlich nicht stimmen.


All diese Zeugnisse über den Beschuss ziviler Infrastruktur durch die Ukraine mittels westlicher Waffen in Donezk und Lugansk können nicht erfunden sein. Es handelt sich dabei um Kriegsverbrechen der Ukraine. Dass all die Berichte angeblich von russischen Journalisten vor Ort inszeniert sein sollen, ist schlicht undenkbar. In den deutschen Medien werden diese Informationen ins Gegenteil verkehrt oder einfach weggelassen. Sie passen nicht ins Bild, sie stören das Narrativ.


Deutsche Journalisten kennen diese Quellen und verschweigen sie ihrem Publikum dennoch. Das ist hoch manipulativ und deutet zudem auf eine Form der berüchtigten "Gleichschaltung", denn kein großes deutsches Medium nimmt solche authentischen Berichte auf. Wie schon zu Zeiten der "Agenda 2010" beteiligt sich der deutsche Mainstream an einer politischen Kampagne. Diesmal richtet sie sich nicht nur gegen die Interessen der Bürger Deutschlands, sondern auch gegen Russland.


Erlebnisbericht: Wie die Ukraine in Donezk ein Hotel voller Journalisten bombardiert



Meinung

Erlebnisbericht: Wie die Ukraine in Donezk ein Hotel voller Journalisten bombardiert





Würden deutsche Medien auch russische Berichte einbeziehen, entstünde für die Medienkonsumenten ein gänzlich anderes Bild. Die Ukraine würde unmittelbar ihre "Aura der Unschuld" verlieren, denn das ukrainische Militär begeht schwerste Kriegsverbrechen – mutmaßlich muss man aktuell noch hinzufügen, denn die fortlaufenden Untersuchungen und Ermittlungen dauern an. Aber auch die sind ein Thema, das der deutsche Mainstream seinen Lesern verschweigt: Die Verfolgung und Aufarbeitung von Kriegsgräueln durch die Ermittlungskomitees der Volksrepubliken und Russlands.


Auch die Zeugnisse davon, dass die russische Armee in Mariupol und anderen Orten des Donbass tatsächlich als Befreier begrüßt wurde, unterschlägt der deutsche Mainstream – oder er diffamiert sie einfach als angebliche russische Propaganda. Gewiss stehen nicht alle Einwohner des Donbass hinter dem Einsatz Russlands in der Ukraine. Aber ein unübersehbarer und damit nennenswerter Teil eben schon.


Bilder vom Wiederaufbau in Mariupol schaffen es ebenfalls nicht bis in die deutsche Presselandschaft. Den bezahlt nämlich – laut Andrei Turtschak, Generalsekretär der Partei Einiges Russland und stellvertretender Vorsitzender des Föderationsrates – die russische Föderation. Die Meldungen des Mainstreams über Mariupol brachen genau an der Stelle ab, als vermeldet wurde, es sei dort nun eine humanitäre Katastrophe zu erwarten. Sie trat nicht ein, und folglich wurde es still um Mariupol in den deutschen Medien.


Auch über die angeblichen wie auch die tatsächlichen Ereignisse von Butscha wird inzwischen ein Mantel des Schweigens ausgebreitet. Butscha wurde in westlichen Medien zum Symbol für die Grausamkeit der russischen Armee inszeniert. Westliche Politiker unternahmen regelrechte Pilgerfahrten nach Butscha, um sich von der angeblichen Barbarei der Russen persönlich zu überzeugen sowie ihre im Vorfeld schon auswendig gelernten Texte der Empörung in die bereitstehenden Kameras zu sprechen. Gab es jemals eine offizielle und vor allem eine unabhängige Untersuchung? Die Frage lässt sich leicht beantworten: Nein.


Die Ukraine stellt eigene Ermittlungen an, die freilich nicht unabhängig genannt werden können. Westliche Organisationen – beispielsweise die von westlichen Thinktanks wie dem "National Endowment for Democracy" und den "Open Society Foundations" unterstützten Hobby-Forensiker von Bellingcat – versuchten sich im Nachweis der russischen Schuld. Auch das ist alles andere als unabhängig. Im Sande dagegen verliefen Forderungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres nach einer internationalen und unabhängigen Untersuchungskommission.

ARD-Magazin Kontraste über Russland: Propaganda mit Schaum vor dem Mund





Meinung

ARD-Magazin Kontraste über Russland: Propaganda mit Schaum vor dem Mund





So werden die Bilder von Butscha immer mal wieder ausgegraben, wenn es in den propagandistischen Kram passt. Mit kritischem Journalismus hat aber auch das nichts zu tun. Der würde – wenn auch spät – irgendwann einmal nach Beweisen fragen und eine unabhängige Untersuchung anmahnen, statt fortgesetzt die Behauptungen der ukrainischen Seite affirmativ zu wiederholen.


All das hat Folgen. Die schlechte Qualität der Breite des deutschen Journalismus hat gesellschaftliche Auswirkungen. Würde das Metier seine Aufgaben erfüllen, sich um Aufklärung und Objektivierung zu bemühen, könnte in Deutschland auch offen über den Zustand der Ukraine, den Zweck von Waffenlieferungen dorthin und den Sinn und die Möglichkeiten von Friedensgesprächen diskutiert werden. In der aktuellen Situation geht das aber nicht. Diese Freiheit fehlt in Deutschland heute – und die deutschen Medien haben daran Anteil.


In ihrer Einseitigkeit treiben die großen deutschen Medien vielmehr noch die Politiker und die ganze Gesellschaft vor sich her. Angesichts der mangelnden Differenzierung und der Unterschlagung von Information in den deutschen Nachrichten erscheinen somit – aufgrund der angeblichen Brutalität der russischen Armee – sogar Waffenlieferungen in ein akutes Krisengebiet als legitimes Mittel. Das Problem ist aber, dass die Informationen, auf denen diese Argumentation aufbaut, höchst fragwürdig sind.


Da Russland sich einfach einen Teil der Ukraine einverleiben wolle, sei die Unterstützung der Ukraine geboten. Sollte aber tatsächlich ein relevanter Prozentsatz der Einwohner des Donbass die russische Armee nicht als Besatzer, sondern als Befreier sehen, gerät diese Argumentation ebenfalls ins Wanken.


Würden zudem Zeugnisse im deutschen Mainstream zugelassen, die darauf hindeuten, dass vom Westen gelieferte Waffen zur Ausübung schwerster Kriegsverbrechen verwendet werden, würden deutsche Waffenlieferungen in ein Krisengebiet wie die Ukraine sicherlich anders eingeordnet und Diskussion darüber offener geführt werden.


Eingebetteter Journalismus – Die Tagesschau scheitert an ihrem Auftrag





Meinung

Eingebetteter Journalismus – Die Tagesschau scheitert an ihrem Auftrag





Es ließen sich noch viele Beispiele finden, an denen der Gedanke weiter ausgeführt werden könnte. Die offene Lynchjustiz in der Ukraine beispielsweise, die Strafandrohung gegenüber jenen Ukrainern, die bereit sind, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen oder sich aus den umkämpften Gebieten nicht in Richtung Kiew, sondern in Richtung jener Territorien aufmachen, die von Russland und den Alliierten Kräften eingenommen wurden. Man könnte auch "befreit" sagen.


All diese Zeugnisse lassen sich nicht einfach als russische Propaganda und Desinformation abtun. Dessen ungeachtet hält der deutsche Mainstream entweder an dieser Einordnung fest oder verschweigt sie einfach gänzlich. Damit bewirkt er noch ein zweites Versagen. Jeder, der für einen etwas differenzierten Blick auf die Ereignisse in der Ukraine wirbt, wird mit Hinweis auf die vermeintlich objektive und um Objektivierung bemühte deutsche Berichterstattung diffamiert und diskriminiert. Es sind paradoxerweise die deutschen Medien, die für eine zunehmende Verengung des geduldeten Meinungskorridors sorgen und aktiv jede andere Sichtweise als "russische Propaganda" verunglimpfen. Dabei wissen die entsprechenden Redakteure und Journalisten, wie schon ausgeführt, um den Wahrheitsgehalt der russischen Quellen, denn sie lesen dort mit – und die Aussagen lassen sich vielfach überprüfen.


Mit anderen Worten: In Deutschland fördert der aktuelle Journalismus ein System der Repression. Abweichende Meinungen werden "gecancelt" und unterdrückt. Deutsche Medien beteiligen sich nicht nur an Diffamierungskampagnen, sondern initiieren sie auch selbst. Inzwischen fordert der deutsche Mainstream sogar die Strafverfolgung von Journalisten, die nicht die von Staats wegen veröffentlichte Meinung teilen und anderes berichten. Mit seiner eigenen Verengung in Richtung Propaganda trägt der deutsche Mainstream aktiv zur Erosion der Meinungs- und Pressefreiheit bei. Er ist damit im Gegenteil von seiner grundgesetzlich verankerten Rolle angekommen und eine Gefahr für Freiheit und Demokratie.


Mehr zum Thema – Klammheimliche Freude? Reaktionen in Deutschland auf Tod von Darja Dugina


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/meinung/146760-meinungsfreiheit-im-deutschen-journalismus-mangelware


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

einige Infos 23.24. August

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. August 2022


*Mögliche Nachfolgerin von Boris Johnson: "Ich bin bereit" Atomwaffen

einzusetzen

*Bei den Tories gilt Liz Truss wohl als aussichtsreichste Kandidatin für

die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson.

Während einer Wahlkampf-Debatte sagte die derzeitige Außenministerin

nun, sie sei für den Einsatz von Atomwaffen bereit.

/Hier: /https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/146939-liz-truss-atomwaffen/



*Lieferten die USA insgeheim Hochgeschwindigkeitsraketen und

Präzisionslenkmunition an die Ukraine?

*Haben die USA der Ukraine hinter vorgehaltener Hand doch mehr Waffen

geliefert als angekündigt? Das geht aus einem Bericht der

US-Tageszeitung Politico hervor. Darunter könnten sich auch

Hochgeschwindigkeits-Anti-Strahlungsraketen vom Typ HARM befunden haben.

/Hier:

/https://pressefreiheit.rtde.tech/nordamerika/146858-lieferten-usa-insgeheim-hochgeschwindigkeitsraketen-an-ukraine/



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 20:35 Uhr

*Scholz kündigt umfangreiche weitere Waffenlieferungen für Ukraine an

*Bundeskanzler Olaf Scholz hat umfangreiche weitere Waffenlieferungen an

die Ukraine angekündigt. Man habe ein neues Paket auf den Weg gebracht,

das hochmoderne Flugabwehrsysteme, Raketenwerfer, Munition und

Anti-Drohnen-Geräte umfasse, sagte der SPD-Politiker am Dienstag auf

einer Konferenz zur Lage auf der Krim, zu der er aus Kanada zugeschaltet

war. Der Bundeskanzler sagte weiter, Deutschland werde mit seinen

Partnern die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten, finanziell

helfen, Waffen liefern und sich auch am Wiederaufbau beteiligen.

Wie ein Regierungssprecher auf Anfrage mitteilte, werde Kiew drei

weitere Flugabwehrsysteme des Typs IRIS-T SLM

<https://de.wikipedia.org/wiki/IRIS-T_SLM> für Lenkflugkörper, ein

Dutzend Bergepanzer und 20 auf Pick-ups montierte Raketenwerfer

erhalten. Das Paket umfasse auch Präzisionsmunition. Insgesamt gehe es

um Rüstungsgüter im Wert von deutlich mehr als 500 Millionen Euro. Das

Geld müsse vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages noch

freigegeben werden. Die Waffen sollen "maßgeblich 2023" geliefert

werden, "einige deutlich früher". Es sei der Einstieg in eine

nachhaltige Modernisierung der ukrainischen Streitkräfte.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

24.8 2022 08:42 Uhr

*Norwegen und Großbritannien liefern der Ukraine Black-Hornet-Drohnen im

Wert von über neun Millionen Euro

*Wie das norwegische Verteidigungsministerium am Mittwoch mitteilt,

haben Norwegen und Großbritannien vereinbart, der Ukraine unentgeltlich

Drohnen vom Typ Black Hornet zu liefern, deren Wert neun Millionen Euro

übersteigen wird. In einer Erklärung auf der norwegischen

Regierungswebseite heißt es dazu:

/"Norwegen und das Vereinigte Königreich haben sich zusammengetan, um im

Rahmen einer Spende für die Ukraine norwegische

Black-Hornet-Mikrodrohnen zu kaufen. Die Kosten belaufen sich auf bis zu

90 Millionen norwegische Kronen." /Umgerechnet sind das ungefähr 9,2

Millionen Euro.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

24.8 2022 09:13 Uhr

*Behörden von Saporoschje lehnen Selenskijs Ultimatum für AKW ab

*Das Ultimatum des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, die

russischen Truppen aus dem Gebiet des Kernkraftwerks Saporoschje

abzuziehen, werde niemand umsetzen, da dies eine selbstmörderische

Entscheidung wäre. Dies erklärte Wladimir Rogow, Mitglied des Hauptrates

des Gebietes Saporoschje, gegenüber /RIA Nowosti/

<https://ria.ru/20220824/svo-1811716559.html>. Er sagte:

/"Selenskijs Ultimatum bedeutet in die menschliche Sprache übersetzt nur

eines: Die Kontrolle über das Kernkraftwerk an die ukrainische Seite

zurückzugeben, damit sie ihre Experimente mit schmutzigen Bomben

fortsetzen und die ganze Welt als Geisel nehmen können. Die Rückgabe des

Kernkraftwerks, das Selenskijs Kämpfer seit vier Monaten beschießen,

käme einem Selbstmord gleich. Eine solche Entscheidung wird nicht

getroffen werden."/

Zuvor hatte Selenskij die internationale Gemeinschaft aufgefordert,

Moskau zum Rückzug der russischen Truppen aus dem Gebiet des AKW

Saporoschje zu zwingen.

Seit Wochen beschießen ukrainische Streitkräfte die Anlage. Die

Situation droht in einer großen nuklearen Katastrophe zu enden. Beim

wiederholten Beschuss wurde bereits die Hochspannungsleitung des

Umspannwerks Kachowskaja beschädigt. In der Folge musste das Personal

die Leistung zweier Kraftwerksblöcke reduzieren.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 21:54 Uhr

*Russland kommentiert Verhinderung der IAEA-Mission zum AKW Saporoschje

durch UN-Sekretariat

*Das russische Außenministerium übte harte Kritik am Vorgehen des

UN-Sekretariats in Bezug auf die Lagesondierung am Atomkraftwerk

Saporoschje auf befreitem ukrainischem Territorium. Die Sprecherin Maria

Sacharowa betonte, Moskau habe die Situation bei der Vorbereitung der

Mission der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA

<https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Atomenergie-Organisation

wiederholt öffentlich dargelegt. Damit wies sie implizit auf den

russischen Vorwurf an das Sicherheitsdepartement des UN-Sekretariats

hin, dass dieses die IAEA-Inspektion des von den kiewtreuen Truppen

beschossenen Kraftwerks verhindert habe.


/"Wir bringen tiefstes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Mission

noch nicht stattgefunden hat. Wie bekannt ist, ist dies ein

bedauerliches Ergebnis eines unsauberen Spiels seitens des

UN-Sekretariats. Falls aber die Kollegen im Westen, einschließlich

Paris, nun glauben, dass der Sachverlauf zur praktischen Umsetzung einer

solchen verantwortungsvollen Maßnahme führt, so ist dies ein wichtiger

und positiver Wandel in ihrem Ansatz. Bis jetzt haben die Gönner und

Betreuer Kiews einzig und allein darauf hingearbeitet, die IAEA-Mission

zu torpedieren, indem sie dem Kiewer Regime bei dessen ständigen

Provokationen, einschließlich des gefährlichen Beschusses des AKW

Saporoschje, zuspielten." /


Sacharowa betonte: Russland ist wie niemand anderes daran interessiert,

dass die IAEA-Vertreter diese Anlage besuchen, "um mit eigenen Augen die

zerstörerischen Folgen des Beschusses durch die ukrainische Seite zu

sehen und eine objektive – und harte – Bewertung der Geschehnisse

abzugeben."



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 20:55 Uhr

*Moskau zu AKW Saporoschje:

Hoffen auf Machtwort aus Paris Richtung Kiew –

Gewährenlassen könnte "Schuss in eigenen Kopf" gleichkommen

*Moskau hofft, dass die Regierung in Paris die Gefahr einer Duldung der

Schüsse auf das Kernkraftwerk Saporoschje seitens ukrainischer Truppen

erkennt und in der Lage sein wird, ihren arroganten "Betreuten" in Kiew

zurechtzuweisen. So lautet ein am Dienstag veröffentlichter Kommentar

der Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa: /"Wir

fordern die westlichen Länder auf, den geopolitischen Ambitionen und

Launen des Selenskij-Regimes nicht länger nachzugeben – und stattdessen

die Interessen der nuklearen Sicherheit in den Vordergrund zu stellen.

Weiteres Gewährenlassen im Hinblick auf den ukrainischen Beschuss des

AKW Saporoschje ist nicht einfach nur kriminell, sondern könnte sich als

'Schuss in den eigenen Kopf' erweisen. Wir hoffen, dass Paris dies

begreift und es endlich schafft, seinen arroganten 'Betreuten' in Kiew

zurechtzuweisen."/



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 22:49 Uhr

*Nebensja im UN-Sicherheitsrat: Russland über Ausbildung von

Sprengstoffterroristen im Westen für ukrainische Geheimdienste empört


*Russland ist empört darüber, dass der Westen ukrainische Geheimdienste

bei der Ausbildung von Sprengstoffterroristen unterstützt. Dies brachte

der ständige Vertreter Russlands im UN-Sicherheitsrat Wassili Nebensja

ebendort zum Ausdruck, als er die Situation im Zusammenhang mit der

Ermordung der russischen Journalistin Darja Dugina kommentierte:

/"Offizielle Vertreter des Kiewer Regimes rufen offen dazu auf, Russen

zu töten. Der ukrainische Botschafter in Kasachstan Pjotr Wrublewski

erklärte kürzlich öffentlich, das Ziel der Ukraine sei es, so viele

Russen wie möglich zu töten. Je mehr von ihnen jetzt getötet würden,

desto weniger Russen würden die nächsten Generationen von Ukrainern

töten müssen."/


Anschließend brachte Nebensja den schweren Vorwurf Russlands gegen den

kollektiven Westen zu Gehör, den er an Tschechien als ein jüngstes

Beispiel knüpfte: /"Wir sind empört darüber, dass westliche Länder dies

nicht nur nicht verurteilen, sondern auch ukrainischen Geheimdiensten

bei der Ausbildung von Sprengsaboteuren zum Vernichten Unerwünschter

helfen./


/Ein markantes Beispiel ist der Fall des ukrainischen Staatsbürgers

Jewgeni Karpenko, der von ukrainischen Sicherheitsdiensten in der

Tschechischen Republik rekrutiert wurde und auf einem Militärstützpunkt

in der tschechischen Stadt Český Krumlov eine Ausbildung in Minen- und

Sprengstoffsabotage absolvierte. Er wurde darin geschult, Sprengsätze in

Gebäuden und an Automobilen anzubringen, und dann in das Gebiet der

Volksrepublik Donezk abkommandiert, wo er einen Terroranschlag im

Verwaltungsgebäude des Landkreises Wolodarskoje verüben sollte."

/Karpenko hatte sich zuvor Sicherheitskräften der DVR gestellt und

gestanden.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 21:07 Uhr

*Polens Präsident Duda fordert Beseitigung von Nord Stream 2

*Der polnische Präsident Andrzej Duda hat in Kiew eine Beseitigung der

Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland

gefordert. Wegen des Ukraine-Kriegs könne es im Verhältnis zu Moskau

keine Rückkehr zur Normalität geben, erklärte der Politiker am Dienstag

bei den Online-Beratungen der sogenannten Krim-Plattform. Deshalb sei

eine andere Politik des Westens nötig, "die nicht nur dazu führt, Nord

Stream 2 zu stoppen, sondern Nord Stream 2 zu beseitigen".

Polen und andere östliche EU-Länder kritisieren das russisch-deutsche

Projekt seit vielen Jahren, weil es angeblich den Gastransit durch die

Ukraine aushebelt. Im Februar hat die Bundesregierung schließlich die

Inbetriebnahme der Leitung abgelehnt. Es gibt aber Stimmen in

Deutschland, die fordern, insbesondere angesichts der Gaskrise in Europa

Nord Stream 2 zu öffnen.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

24.8 2022 11:51 Uhr

*Lettland: Präsident ruft zur Isolierung von Teilen der

russischsprachigen Bevölkerung auf

*Der lettische Präsident Egils Levits hat dazu aufgerufen, die

russischsprachige Bevölkerung seines Landes, die die antirussische

Politik Rigas nicht unterstützt, "auszusortieren". Dies berichtet das

vereinigte Radio- und Fernsehnachrichtenportal der Republik /lsm.lv

</" rel="noopener">https://www.lsm.lv/raksts/zinas/latvija/levits-kops-kara-ukraina-esam-kluvusi-patriotiskaki-un-nacionalaki--labak-apzinamies-brivibas-cenu.a470664/?utm_source=lsm&utm_medium=theme&utm_campaign=theme>/.

/"Seit dem Beginn [der russischen Sonderoperation in der Ukraine] ist

ein Teil der lettischen Gesellschaft aufgetaucht, der nicht loyal

gegenüber dem Staat ist. Unsere Aufgabe ist es, mit ihnen umzugehen und

sie vom Rest der Gesellschaft zu isolieren."/


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Hitlers drastische Geheimrede im Jahr 1939

22.08.2022, 06.07 Uhr, Von Norman Domeier

»Das Kriegsziel besteht in der physischen Vernichtung des Gegners«

Im August 1939 kündigte Adolf Hitler vor Generälen Völkermord und »Erdherrschaft« an. Ein Protokoll der Rede wurde einem US-Journalisten durchgestochen, galt aber später als
Fälschung. Doch das Dokument des Hasses ist echt.


Getarnt mussten die führenden Generäle und Admiräle der Wehrmacht am 22. August 1939 auf
dem Obersalzberg erscheinen: Sie kamen trotz ihrer militärischen Ränge in Zivilkleidung, wie

Mitglieder einer Verbrecherorganisation.


Die Zusammenkunft sollte kein Aufsehen erregen. Zudem wollte Hitler durch diese äußerliche
Degradierung von vornherein jeden Widerspruch der Spitzenmilitärs ausschalten. Denn an
diesem Tag, gut eine Woche vor dem Überfall auf Polen am 1. September 1939, sprach er

Klartext:


Zum Autor
Norman Domeier, Jahrgang 1979, ist DAAD-Gastprofessor für deutsche und europäische
Geschichte an der Karls-Universität Prag. Für sein Buch »Der Eulenburg-Skandal. Eine politische
Kulturgeschichte des Kaiserreichs« erhielt er den Geisteswissenschaften-International-Preis des
Deutschen Börsenvereins. Im Dezember 2021 erschien seine Habilitationsschrift
»Weltöffentlichkeit und Diktatur. Die amerikanischen Auslandskorrespondenten und das ›Dritte

Reich‹« im Wallstein Verlag.


»Unsere Stärke ist unsere Schnelligkeit und unsere Brutalität. Dschingis Chan hat Millionen
Frauen und Kinder in den Tod gejagt, bewusst und fröhlichen Herzens. Die Geschichte sieht in
ihm nur den großen Staatengründer. Was die schwache westeuropäische Zivilisation über

mich behauptet, ist gleichgültig.


Ich habe den Befehl gegeben – und ich lasse jeden füsilieren, der auch nur ein Wort der Kritik
äußert – dass das Kriegsziel nicht im Erreichen von bestimmten Linien, sondern in der
physischen Vernichtung des Gegners besteht. So habe ich, einstweilen nur im Osten, meine
Totenkopfverbände bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib
und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken. Nur so gewinnen wir
den Lebensraum, den wir brauchen. Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?
... Nach Stalins Tod, er ist ein schwerkranker Mann, zerbrechen wir die Sowjetunion. Dann

dämmert die deutsche Erdherrschaft herauf.«


Schweigen und Begeisterung
Die Mehrheit der Wehrmachtsführung zeigte sich begeistert von Hitlers Ankündigung, durch
Völkermorde in Polen, Russland und anderswo die »Erdherrschaft« zu erlangen. Die übrigen
Generäle nahmen Hitlers Pläne hin, ohne an Widerstand zu denken, viele wohl in Erwartung
des versprochenen Kriegsruhms.Eine der wenigen Ausnahmen war Admiral Wilhelm Canaris, der Chef der Abwehr. Er machte
im Hintergrund des Saals unauffällig Notizen. »Gleich am nächsten Tag las er uns die
wichtigsten Stellen vor«, erinnerte sich einer seiner Mitarbeiter nach 1945. »Er war immer
noch voller Entsetzen. Seine Stimme zitterte. Er fühlte, Zeuge von etwas Ungeheuerlichem
gewesen zu sein.« Man war sich im Kreis um Canaris einig, »dieses Dokument einer

verworrenen Zeit müsse der Nachwelt erhalten bleiben«.


Ausersehen dazu war Louis Lochner, der Berliner Chefkorrespondent der amerikanischen
Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Der Sozialdemokrat Hermann Maaß händigte
Lochner im Auftrag des ehemaligen Generalstabschefs Ludwig Beck ein Dokument aus, das
seither als »Lochner-Version« bezeichnet wird: ein Kondensat der Hitler-Rede, das Beck von

Admiral Canaris und dessen Vertrautem, Oberst Hans Oster, erhalten hatte.


Der Vorwurf der Fälschung
Die Kontakte von Widerstandskreisen zu Lochner waren alt, er galt als absolut
vertrauenswürdig. Bereits 1936 hatte General Beck ihm vorab die Remilitarisierung des
Rheinlandes verraten. Es gab eine jahrelange Zusammenarbeit zwischen kritischen deutschen
Militärs und amerikanischen Auslandskorrespondenten – allein schon deshalb entbehrt es
jeder Plausibilität, dass die militärhistorische Literatur nach 1945 das Lochner-Transkript
mitunter als unglaubwürdige, gar erfundene Quelle ablehnte. Man vermutete, dass es sich bei
der Weitergabe der Hitler-Rede an Lochner um einen einmaligen – und darum schwer
verständlichen – Vorgang handelte. Tatsächlich aber wurde über Jahre hinweg mit wahren
Informationen gehandelt. Wäre eine Fälschung übermittelt worden, hätte das zum sofortigen

Abbruch der Kontakte zur amerikanischen Presse geführt.


Konservative Historiker wie Winfried Baumgart und Andreas Hillgruber interessierten sich für
die medienhistorische Seite der Vorgänge nicht. Sie wussten auch beinahe nichts über den
Empfänger der Rede, Louis Lochner. Daher qualifizierten sie die Lochner-Version Ende der
Sechzigerjahre leichtfertig als »Dramatisierung« und »Fälschung« ab. Sie nahmen irrtümlich
an, die Rede sei absichtlich durchgestochen worden, um die Briten zu einer schnellen Aktion
gegen NS-Deutschland zu provozieren. Doch hinter dieser Deutung stand vor allem die Sorge
um das Ansehen der Wehrmachtsführung, deren Mitverantwortung für die Taten des Zweiten
Weltkriegs man damals noch nicht anerkennen wollte. Die Lochner-Version jedoch belegt,
dass die Generäle bereits eine Woche vor Beginn des Zweiten Weltkriegs in sämtliche

verbrecherischen Ziele Hitlers eingeweiht waren.


Manche Hobbyhistoriker verfolgen dennoch offenbar noch heute das Ziel, die »Ehre« der
Generalität zu wahren. So strotzt der Wikipedia-Eintrag zur Hitler-Rede vom 22. August 1939
vor Fehlern und behauptet unter Verweis auf überholte Literatur, die Lochner-Version sei

zweifelsfrei eine Fälschung.


Raum für Zweifel bot, dass die mehrstündige Hitler-Rede nur in stark kondensierten
Mitschriften einiger Teilnehmer überliefert wurde. Die authentischste Fassung war jene von
Admiral Canaris. Seine Mitschrift wurde noch einmal gekürzt und in entschärfter Form zu den
Akten der Wehrmacht gegeben, denn offiziell herrschte ein Mitschreibeverbot. Louis Lochner

erhielt allerdings eine nicht entschärfte Kurzfassung – die Lochner-Version.


Lochners gute Kontakte
Das war weder Zufall, Verlegenheit noch ein einmaliger Geheimnisverrat deutscher Offiziere.
Es erfolgte im Rahmen einer langen Kontinuität politischer Kontakte zwischen deutschenMilitärs und amerikanischen Auslandskorrespondenten in Berlin. Diese erprobten
Vertrauensverhältnisse bestanden sogar nach Kriegsbeginn 1939 weiter. Im Jahr 1941 erfuhr
Lochner auf demselben Wege vorab von den Angriffsplänen gegen die Sowjetunion.
Mit der Mitschrift der Hitler-Rede tat Lochner im Sommer 1939 genau das, was von den
Widerstandskreisen erwartet wurde: Er lief in die amerikanische Botschaft und war überzeugt,
das Dokument würde in die USA geschickt werden. Doch er traf auf den mutlosen
Botschaftsleiter Alexander C. Kirk, der ihm erklärte, er könne solches »Dynamit« nicht einmal
eine Stunde aufbewahren. Überdies schützte Kirk vor, der Code, mit dem die US-Botschaft ihre

Nachrichten nach Washington chiffrierte, könnte geknackt sein.


Erst nach dieser unerwarteten Abfuhr versuchte Lochner am 25. August 1939 sein Glück in der
britischen Botschaft. Dort nahm der Diplomat George Ogilvie-Forbes das Dokument dankbar
entgegen und schickte eine übersetzte Fassung noch am selben Tag nach London. Diese
englische Fassung wurde 1954 in den amtlichen Dokumenten zur britischen Außenpolitik

veröffentlicht.


»Ob die Welt das glaubt, ist mir scheißegal«
»Die Gelegenheit ist günstig wie nie zuvor. Ich habe nur eine Sorge, dass mir Chamberlain
oder irgend so ein anderer Saukerl im letzten Augenblick mit Vorschlägen und Umfallen
kommt. Er fliegt die Treppe herunter. Und wenn ich ihm persönlich vor den Augen aller

Photographen in den Bauch treten muss.


... Der Angriff und die Vernichtung Polens beginnt am Sonnabend früh. Ich lasse ein paar
Kompanien in polnischer Uniform in Oberschlesien oder im Protektorat angreifen. Ob die
Welt das glaubt, ist mir scheißegal. Die Welt glaubt nur an den Erfolg. Für Sie, meine Herren,
winken Ruhm und Ehre wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Seien Sie hart, seien Sie
schonungslos, handeln Sie schneller und brutaler als die andern. Die Bürger Westeuropas
müssen vor Entsetzen erbeben. Das ist die humanste Kriegsführung. Denn es schreckt sie ab.«
Historiker wie Winfried Baumgart wandten ein, mit solchen Worten habe Hitler vielleicht vor
Parteifreunden, aber nicht vor seinen Generälen zu sprechen gewagt. Ein Argument, das auch
die Generäle selbst nach 1945 aus Selbstschutz vorbrachten, um ihre Mitwisserschaft an den

geplanten Menschheitsverbrechen Hitlers zu bestreiten.


»Seine Sprache war brutal und voller Ausfälle«
Tatsächlich befand sich Hitler in jenen Tagen des Augusts 1939 bereits in einem Kriegsrausch,
auch sprachlich. Dies belegen etwa Berichte des britischen Botschafters Nevile Henderson. Er
übergab Hitler einen Tag nach dessen Geheimrede einen Brief der britischen Regierung, der
den »Führer« in rasende Wut versetzte: »Seine Sprache war in Bezug auf England und Polen
brutal und voller Ausfälle.« Hitlers Tiraden wurden sogar im Protokoll des Auswärtigen Amts

festgehalten.


Sprachlich und weltanschaulich entsprechen viele markante Passagen der Lochner-Version
bisher unbekannten oder unbeachteten Hitler-Äußerungen. Der Satz »So werde ich in einigen
Wochen Stalin an der gemeinsamen deutschrussischen Grenze die Hand reichen und mit ihm
eine Neuverteilung der Welt vornehmen« ähnelt auffallend der geopolitisch ausgreifenden
Szenerie, die Hitler am 7. Februar 1937 in einem »Cosmopolitan«-Interview mit
Chefkorrespondent Karl von Wiegand entworfen hatte.Darin bekundete Hitler, dass er Napoleons Fehler bei dessen Russlandfeldzug nicht
wiederholen werde und seine Kriegsziele global seien. Von Wiegand auf den Wert Japans als
weit entfernter Verbündeter angesprochen, entgegnete Hitler bereits 1937: »Wir werden den

Japanern im Kaukasus die Hand reichen.«


Hitlers Anleihe bei Nietzsche
Das wichtigste Element der Weltanschauung Hitlers, das die Lochner-Version in Reinform
wiedergibt, liegt in der Bestimmung des eigentlichen Kriegsziels. Es bestand für Hitler
geopolitisch nicht im »Erreichen von bestimmten Linien«, sondern in der »physischen
Vernichtung des Gegners«. Für Hitler war »Lebensraum« nur als von anderen Menschen
entleerter Raum wünschenswert: Das Völkermorden war Selbstzweck und wichtiger als die

reine Projektion militärischer Macht.


Besonders interessant ist, dass in der Lochner-Version der Hitler-Rede ein ungewöhnlicher,
sonst kaum gebrauchter Begriff auftaucht: »Erdherrschaft«. Doch hat ihn Hitler nicht zufällig
verwendet oder selbst kreiert. Er stammt, in der Schreibweise »Erd-Herrschaft«, aus Friedrich
Nietzsches Werk »Jenseits von Gut und Böse«. Hitler hat ihn offenbar bewusst entnommen,
denn Nietzsche verkündet eine Prophezeiung, als deren historisches Werkzeug sich Hitler
offenkundig verstand: ein Wiedererwachen Europas gegenüber Russland/Asien.
Die »Zunahme der Bedrohlichkeit Russlands«, schrieb Nietzsche, könne dazu führen, dass
Europa sich entschließe, »gleichermaßen bedrohlich zu werden«. Er wünsche sich das zwar
nicht, aber eine neue, »über Europa herrschende Kaste« könne die europäische Kleinstaaterei
beenden. Das mündet in der Vorhersage des Philosophen: »Die Zeit für kleine Politik ist
vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die Erd-Herrschaft, – den Zwang

zur großen Politik.«


Warum das Dokument in Nürnberg nicht zugelassen wurde
Bis heute wird behauptet, die Lochner-Version sei vom Nürnberger
Kriegsverbrechertribunal »verworfen« worden. Doch dieser Einwand ist leicht zu entkräften,

wenn man sich die Details der Vorgänge 1945/46 genau ansieht.


Lochner hatte 1945 den US-Staatsanwälten seine Schriftfassung der Hitler-Rede übergeben und
dachte, damit seiner Pflicht Genüge getan zu haben. Für die juristische Verwertbarkeit
entscheidend war jedoch nicht allein der Inhalt, sondern die Rekonstruktion der
Zusammenhänge, die das Dokument in den Besitz Lochners gebracht hatten. Eine persönliche
Aussage Lochners im Prozess wäre daher von entscheidender Bedeutung gewesen. Dies kam
für Lochner jedoch nicht infrage, da er für die Nachrichtenagentur AP aus Nürnberg
berichtete. Seine Karriere stand damals auf der Kippe. Als Zeuge hätte er nicht mehr als

Journalist berichten können.


Anders als die Kritiker der Lochner-Version mutmaßen, wurde auf »L-3«, wie das Dokument in
Nürnberg genannt wurde, nicht deshalb als Beweismittel verzichtet, weil die Version als
unglaubwürdig oder gefälscht galt. Im Gegenteil. Es gelang innerhalb der kurzen Zeit nur
nicht, die Forderungen der Staatsanwaltschaft zu erfüllen: insbesondere Lochners Informanten
Hermann Maaß ausfindig zu machen und das »Original« von »L-3« zu beschaffen.
Lochner verpasste eine historische ChanceNur durch Lochners persönliche Aussage wäre »seine« Version der Hitler-Rede im Nürnberger
Prozess verwertbar geworden. Denn alle anderen Männer, die die Rede an ihn weitergeleitet
hatten – Canaris, Beck, Oster und Maaß – waren von den Nationalsozialisten ermordet

worden. Sie konnten kein Zeugnis mehr ablegen.


In Nürnberg dürften manche der früheren Berliner Auslandskorrespondenten, ganz sicher
auch Lochner, heilfroh gewesen sein, dass ihre Namen im Prozess nicht auftauchten: Sie
hatten mit einigen der angeklagten Nationalsozialisten vertrauliche Absprachen getroffen und
Deals gemacht, die nach deren Hinrichtung nicht mehr ans Licht kommen konnten. Louis

Lochner vergab dadurch jedoch eine historische Chance.


Die Staatsanwälte in Nürnberg griffen zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Sie verteilten die
Lochner-Version in Hunderten Exemplaren an die Weltpresse. Für die Londoner »Times«
bewies dieses Dokument, auch wenn es nicht als Beweisstück aufgenommen worden war, die
Verbrechen des Nationalsozialismus: »Diese kalkulierten Worte sind so belastend, dass es fast
überflüssig erscheint, auf das Bündel anderer Dokumente hinzuweisen, die von der
Staatsanwaltschaft als Beweis für die Absichten der Nazis, einen Angriffskrieg zu beginnen,
vorgelegt wurden«, schrieb Großbritanniens Leitblatt im November 1945. Die Rede offenbare

»den wahren Hitler«.


Die Geschichtswissenschaft verfügt heute über mehr Informationen zu den Hintergründen als
die Ermittler und Richter 1945/46 und die Historiker der Sechziger- und Siebzigerjahre. Das
Narrativ von der »sauberen« Wehrmacht ist längst dekonstruiert worden. Die
Schutzbehauptungen der Wehrmachtsführung nach 1945 wirken hingegen bis heute nach.
Es ist daher überfällig, dass die Lochner-Version der Hitler-Rede vom 22. August 1939 für neue
Forschungen herangezogen wird. 83 Jahre nachdem Hitler vor seinen Generälen ganz offen
über geplante Menschheitsverbrechen gesprochen hatte, muss die Rede als das anerkannt
werden, was sie ist: ein Schlüsseldokument der NS-Weltanschauung, in dem zwei
Kerngedanken kristallklar zum Ausdruck kommen: Hitlers Wille zur Weltherrschaft und zum

Völkermord.


Zum Weiterlesen: Norman Domeier: »Die ›Lochner-Version‹ der Hitler-Rede vom 22. August
1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung.« In: »Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft« 6/2022. Darin ist die Rede in ihrer deutschen und englischen Fassung
dokumentiert.
24.08.2022

Weltherrschaft und Völkermorden
Die „Lochner-Version“ der Hitler-Rede vom 22. August 1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung   I von III

 F G 7 0 (2 02 2) 6 Norman Domeier
Weltherrschaft und Völkermorden


Die „Lochner-Version“ der Hitler-Rede vom 22. August 1939

als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung
Während des Nürnberger Prozesses 1945/46 war ein mediales Phänomen zu beobach
ten, das sich aus der Kriegszeit fortsetzte: Der Mord an den europäischen Juden wurde
weitgehend ausgeblendet oder relativiert.1 Insbesondere die amerikanischen Korres
pondenten konzentrierten sich auf die verbrecherischen Angriffskriege Hitlers und
ihren juristischen Nachweis, wie Anneke de Rudder dargelegt hat. 2 Frappierend war
diese Schwerpunktsetzung in Nürnberg auch beim Umgang mit einem historischen
Dokument, das als die entlarvendste historische Quelle zur Weltanschauung Adolf
Hitlers und des Nationalsozialismus bezeichnet werden kann. Gemeint ist die berüch
tigte Geheimrede Hitlers vor der Wehrmachtführung am 22. August 1939 auf dem
Obersalzberg.
Obwohl mit Louis Lochner ein führender amerikanischer Berlin Korrespondent die
Schlüsselfigur bei der Sicherstellung, Verbreitung und Veröffentlichung dieses Schrift
stückes war, blieb er, trotz dauerhafter Anwesenheit, im Nürnberger Prozess ein Phan
tom. Auch bei der ab den 1960er Jahren erfolgten geschichtswissenschaftlichen Quel
lenkritik zu dieser Hitler Rede wurde Lochners Rolle kaum beachtet oder verzerrt
dargestellt. Dabei stellt Lochners Aktivität im August 1939 eines der eindrücklichs
ten Zeugnisse für Auslandskorrespondenten als politische Akteure in der Geschichte
des 20. Jahrhunderts dar. 3 Dass die Bedeutung der Auslandskorrespondenten in der
Geschichtswissenschaft bisher kaum gesehen wurde, ist einer der Gründe, weshalb die
von Lochner überlieferte Fassung der Hitler Rede vom 22. August 1939 bis heute entwe
der unbekannt ist oder meist falsch eingeschätzt wird. Daher sollen die Hintergründe
und Zusammenhänge hier erstmals umfassend rekonstruiert werden, um zu einer Neu
bewertung dieser zentralen Quelle für die Weltanschauung Hitlers und für den Natio
nalsozialismus als Ideologie mit globalem Anspruch zu gelangen.

1 Siehe Norman Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur. Die amerikanischen Auslandskor
respondenten im „Dritten Reich“, Göttingen 2021, Kap. 6.4.
2 Anneke De Rudder, „Warum das ganze Theater?“ Der Nürnberger Prozeß in den Augen der
Zeitgenossen, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 6 (1997), S. 218–242, hier S. 233.

3 Vgl. Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, S. 15–26.


                                                                                    543
Der übersehene historische Kontext: Die intimen Kontakte zwischen Politik,
Militär und Auslandspresse im „Dritten Reich“
Große Namen der deutschen Geschichtswissenschaft haben in den 1960er und
1970er Jahren erheblichen Aufwand betrieben, um die Hitler Rede vom 22. August
1939, kurz vor dem Angriff auf Polen, zu interpretieren. Insbesondere Winfried Baum
garts Deutungen aus den Jahren 1968 und 1971 in den Vierteljahrsheften für Zeit
geschichte erwiesen sich als wirkungsmächtig. Seine und Andreas Hillgrubers Darle
gungen waren von dem Bestreben gekennzeichnet, die Spitzen der Wehrmacht von den
in der Rede angekündigten Welteroberungsplänen und Kriegsverbrechen zu entlasten.
Der Zweck ihrer Quelleninterpretation war offenkundig: Die alleinige Schuld
sollte auf den Diktator und vielleicht noch die Führungsriege um Göring, Goebbels
und Himmler abgewälzt werden, um die Vorstellung von einer „sauberen“ Wehrmacht
aufrechtzuerhalten. Louis Lochner als historische Figur wurde marginalisiert und
der Wert der Zusammenfassung der Rede, die ihm zugespielt wurde (im Folgenden
„Lochner Version“), als „Dramatisierung“ und redigierte Manipulation zu politischen
Zwecken,4 als „Mischung von zutreffenden, halbwahren und vermuteten Angaben“5
sowie als „gefälschtes Dokument“ abqualifiziert.6 Ziel war es, alle Belege zu desavou
ieren, die in der Lochner Version die Generäle – von den „wenigen [!] Bedenklichen“7
abgesehen – als eifrige Anhänger ihres Feldherrn Adolf Hitler zeigten.8 Dies führte in
4 Winfried Baumgart, Zur Ansprache Hitlers vor den Führern der Wehrmacht am 22. August 1939.
Eine quellenkritische Untersuchung, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) 16 (1968) 2,
S. 120–149, hier S. 139. Ergänzungen in: Hermann Boehm/Winfried Baumgart, Zur Ansprache
Hitlers vor den Führern der Wehrmacht am 22. August 1939, in: VfZ 19 (1971) 3, S. 294–304.
5 Klaus Jürgen Müller, Das Heer und Hitler. Armee und nationalsozialistisches Regime 1933–
1940, Stuttgart 1969, S. 412 f.
6 Andreas Hillgruber, Quellen und Quellenkritik zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs, in:
Gottfried Niedhart (Hrsg.), Kriegsbeginn 1939. Entfesselung oder Ausbruch des Zweiten Welt
kriegs?, Darmstadt 1976, S. 369–395, hier S. 384 f.
7 Siehe die Lochner Version der Hitler Rede vom 22. August 1939 im Anhang dieses Beitrags.
Diese Fassung wurde von den Briten am 25. August 1939 ins Englische übersetzt (ebenfalls im
Anhang). In der in der Wisconsin Historical Society erhaltenen Abschrift aus dem Privatbesitz
Louis Lochners fehlt der letzte Abschnitt, der nicht mehr Hitlers Rede wiedergibt, sondern die
Reaktion der Zuhörer und das Verhalten Görings beschreibt. Da diese Version Tippfehler ent
hält, scheint es sich um eine spätere Abschrift Lochners vom Original mit Schreibmaschine
zu handeln, zumal er dem Dokument einen kurzen erläuternden Text mit derselben Schreib
maschinenschrift vorangestellt hat. Louis Lochner Papers, Wisconsin Historical Society,
Madison/Wisconsin, Reel 58/Frame 149.
8 Vgl. den informativen, an vielen Stellen jedoch unsachlich argumentierenden Aufsatz von
Richard Albrecht, „Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ Adolf Hitlers
Geheimrede am 22. August 1939: Das historische L 3 Dokument, in: Zeitschrift für Genozid

forschung 9 (2008) 1, S. 93–131.


                                                                            544
der geschichtswissenschaftlichen Literatur der folgenden Jahre dazu, dass die Lochner
Version entweder gar nicht genutzt wurde und vielen Forschern unbekannt blieb 9 oder
in wüsten Geschichtsverfälschungen als Beleg missbraucht wurde, um die deutsche
Schuld am Zweiten Weltkrieg zu leugnen.10 Der aktuelle Wikipedia Eintrag zur Hitler
Rede vom 22. August 1939 strotzt vor Fehlern und behauptet unter Verweis auf diese
Literatur apodiktisch, die Lochner Version sei eine „Fälschung“.11
Daher gilt es, die Quellenkritik vom Kopf auf die Füße zu stellen. Insbesondere
ist der Kontext zu rekonstruieren, in dem Lochner im August 1939 die Zusammen
fassung der Hitler Rede erhielt. Dieser Hintergrund, der von engen, mitunter symbio
tischen Beziehungen zwischen Politik, Militär und Auslandspresse im „Dritten Reich“
gekennzeichnet ist, hat für die Quellenkritik höchste Bedeutung und ist bisher unbe
achtet geblieben.
Spätestens im August 1939 sickerten Informationen über den baldign Kriegsbe
ginn aus den NS Führungskreisen in das Berliner Auslandspressekorps durch. Der
26. August galt als möglicher Tag des deutschen Überfalls auf eines der Nachbar
länder, was dadurch belegt wird, dass alle bekannten englischen, französischen und
polnischen Auslandskorrespondenten zu diesem Zeitpunkt Berlin verlassen hat
ten.12 S igrid Schultz, die Berlin Korrespondentin der einflussreichen amerikanischen
Zeitung Chicago Tribune, veröffentlichte bereits am 13. Juli 1939 unter ihrem Pseu
donym „John Dickson“ einen Artikel mit Ortsangabe „Oslo“, in dem sie die Unzu
friedenheit in der Wehrmachtführung thematisierte, nicht über Hitlers politische und
militärische Strategie informiert zu sein. „The high command of the armed forces of
Germany no longer is aware of Fuehrer Hitler.“13 Da Schultz seit der späten Weimarer
Republik enge Kontakte zu Hermann Göring unterhielt, galt die Chicago Tribune als
ein aus dem Machtzentrum NS Deutschlands stets besonders gut informiertes Blatt.
9 In seinen Schriften nimmt etwa Eberhard Jäckel keinen Bezug auf die Lochner Version, obwohl
sie seine Deutung von Hitlers Weltanschauung vollauf gestützt hätte. Über das „Armenier
Zitat“ aus der Lochner Version grübelte er hingegen in seinen späteren Jahren immer wieder,
wie er dem Autor im Mai 2013 in Stuttgart mitteilte.
10 Gerd Schultze Rhonhof, 1939. Der Krieg, der viele Väter hatte. Der lange Anlauf zum Zweiten
Weltkrieg, Rottenburg 2003, S. 321 f.
11 https://de.wikipedia.org/wiki/Ansprache_Hitlers_vor_den_Oberbefehlshabern_am_22._
August_1939 [11. 5. 2022].
12 Anders als bei den „Blitzkriegen“ 1940, als viele norwegische, dänische, belgische und nieder
ländische Auslandskorrespondenten vom jeweiligen Kriegsbeginn überrascht und in Berlin
interniert wurden. Vgl. Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, S. 337.
13 In jedem Fall sei nun Großbritannien „World Foe No. 1“, während ein Ausgleich mit der
Sowjetunion gesucht werde, „England has superseded Russia in Hitler’s hatred.“ Die radikale
Wende solle den Deutschen dadurch schmackhaft gemacht werden, dass die Kommunisten alle
Juden aus ihren Reihen vertrieben. John Dickson (d. i. Sigrid Schultz), Nazi Dictator Brands

Britain World Foe No. 1 (Oslo), in: Chicago Tribune, 13. 7. 1939, S. 1, 8.


                                                                               545
Überdies besaß Schultz, wie auch ihre Kollegen Max Jordan von NBC und Louis Loch
ner von Associated Press (AP), enge Kontakte zu Widerstandskreisen. Die drei amerika
nischen Korrespondenten können sogar als fester Teil des deutschen Widerstandes bis
1941 bezeichnet werden.14 Vermutlich hat die amerikanische Presse mit ihren „Krieg
in der Luft“ Artikeln und provozierenden Spekulationen, die Wehrmachtführung
habe den Kontakt zum Diktator verloren, Hitler erst motiviert, seine Top Generäle am
22. August 1939 noch einmal persönlich über seine Pläne ins Bild zu setzen und sie auf
die bevorstehenden Ereignisse einzustimmen. Der „Führer“ rezipierte die ausländische
Presse sorgfältig und betrieb Politik als Pressepolitik in einem weit stärkeren Ausmaß,
als bisher angenommen wurde.15
Louis Lochner, der Berliner Chefkorrespondent der bis heute größten Nachrichten
agentur der Welt, Associated Press, erhielt seit 1933 Informationen aus dem Arkanbe
reich der politischen und militärischen Macht im „Dritten Reich“. Die Übergabe der
Hitler Rede vom 22. August 1939 an ihn erfolgte im Rahmen einer langen Kontinui
tät politischer Kontakte zwischen deutschen Militärs und amerikanischen Auslands
korrespondenten in Berlin. Diese erprobten Vertrauensverhältnisse bestanden auch
nach Kriegsbeginn 1939 bis zur Internierung der amerikanischen Journalisten am
10. Dezember 1941 fort, ja sogar noch darüber hinaus.16 Die Übergabe der Hitler Rede
vom 22. August 1939 an Lochner war also weder Zufall, Verlegenheit noch ein einma
liger Geheimnisverrat deutscher Offiziere.
Ausgehändigt wurde Lochner das Dokument von Hermann Maaß im Auftrag
des ehemaligen Generalstabschefs Ludwig Beck, der eine Mitschrift der Rede von
Admiral Wilhelm Canaris erhalten hatte.17 Die Verbindung Beck Maaß Lochner war
über Jahre eingespielt und stammte bereits aus der Frühphase des „Dritten Reiches“,
wie Lochner in einer Vorbefragung zum Nürnberger Prozess schilderte. Beck hatte
14 Zu Jordan und Schultz siehe Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, Kap. 3.3.2 sowie
S. 315–319.
15 Dies ist etwa während der „Kristallnacht“ gut rekonstruierbar. Domeier, Weltöffentlichkeit
und Diktatur, Kap. 6.1. Zur täglichen „Bildvorlage“ bei Hitler siehe ebenda, S. 482, 488, 698,
sowie zu Hitlers Pressepolitik über Otto Dietrich und Walter Hewel S. 698 f. Eine Studie zu
Hitlers Presserezeption und Pressepolitik ist nach wie vor ein Desiderat.
16 Zum geheimen Deal zwischen AP und NS Regime: Norman Domeier, Geheime Fotos. Die
Kooperation von Associated Press und NS Regime (1942–1945), in: Zeithistorische Forschun
gen 14 (2017) 2, S. 199–230, aktualisiert in: Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, Kap. 5.
17 Hans Rothfels, Die deutsche Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung, Zürich 1994 (1949),
S. 101 f. Zu Maaß siehe die biografische Skizze von Johannes Tuchel in: Sigrid Grabner/Hendrik
Röder (Hrsg.), Im Geiste bleibe ich bei Euch. Texte und Dokumente zu Hermann Maaß, Ber
lin 2003 (1997), S. 66–81; zur Weitergabe der Hitler Rede an Lochner ebenda, S. 70. Verstreute
Hinweise auf Maaß auch in Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbe
wegung, Stuttgart 1984 (1956), S. 196, 292, 370, 499, 514, 521 f, 541 f, 558; Baldur von Schirach,

Ich glaubte an Hitler, Hamburg 1967, S. 177 f.


                                                                               546
Lochner auf diese Weise schon 1936 vorab die Remilitarisierung des Rheinlandes
verraten.18
Zur Vertrauenswürdigkeit von Maaß und den Widerstandskreisen, die er reprä
sentierte, sowie der Genauigkeit ihrer Informationen vor und nach Übergabe der
Hitler Rede im August 1939 schrieb Lochner im März 1943 in seinem Buch „What
about Germany?“: „It was he who not only gave me the zero hour for the outbreak of
World War II, but who later informed me of the exact day and minute for the attack on
Crete. It was he, too, who, thirty days before Hitler started his offensive against Russia,
revealed the day and hour – 3 A.M. on June 22, 1941 – when Nazi waves would start
to inundate the U.S.S.R. A week before Hitler’s assault on Poland, this man delivered
to me a three page typed manuscript. The document, written in German, is entitled
‚Contents of Speech to the Supreme Commanders and Commanding Generals, Ober
salzberg, August 22, 1939.‘ It is one of the most sensational and, at the same time, most
revealing papers I own.“19
Die aus heutiger Sicht geradezu orchestriert anmutende Umdeutung der Lochner
Version in den 1960er und 1970er Jahren wird erst verständlich, wenn man die morali
sche Fallhöhe beachtet, die Hans Bernd Gisevius errichtete, um die deutsche Generalität
von dieser hinunterzustoßen. Als erster Deuter der Ereignisse vom 22. August 1939 –
nach Lochner in seinem Buch „What about Germany?“ – gab Gisevius mit seinem 1946
in Zürich erschienenen Werk „Bis zum bittern Ende“ den Maßstab vor, an dem sich
deutsche Militärs und ihnen nahestehende Historiker in den folgenden Jahren abarbei
teten. 20 So schrieb Gisevius über die Hitler Rede vom 22. August 1939: „Sie könnte spä
teren Historikern einen tiefen Einblick in die Psychologie Hitlers vermitteln, vor allem
in jene diabolische Überredungsgabe, mit der er die Generalität und Admiralität hin
ter sich in die Katastrophe zog.“ Hitler habe nicht einmal davor zurückgeschreckt, seine
wahre Meinung über die Bundesgenossen des Deutschen Reiches zu enthüllen, was
jedem an diesen zweifelnden Deutschen den Kopf gekostet hätte: „Umso brutaler wurde
den Generälen die Binde von den Augen gerissen.“
18 Louis Paul Lochner, What About Germany?, New York 1943, S. 11. Für Maaß befürchtete Loch
ner im Juli 1945 das Schlimmste, da er sich, anders als andere seiner Informanten, noch nicht
bei ihm gemeldet habe. Testimony of Mr. Louis P. Lochner, taken at Berlin, on 25 July 1945,
by Colonel John H. Amen, IGD. NARA (National Archives and Records Administration),
6105243, S. 3–4. Vgl. Morrell Heald (Hrsg.), Journalist at the Brink. Louis P. Lochner in Berlin,
1922–1942, Philadelphia 2007, S. 472. General Ludwig Beck unterhielt auch langjährige Kon
takte zu Sigrid Schultz von der Chicago Tribune. Siehe Sigrid Schultz, German Underground.
Unveröffentlichtes Manuskript, S. 51, NL Sigrid Schultz, Wisconsin Historical Society.
19 Lochner, What About Germany?, S. 11.
20 Zu den Verflechtungen von Wehrmachtgeneralität und Historikerschaft nach 1945 siehe Paul
Fröhlich, Der Generaloberst und die Historiker. Franz Halders Kriegstagebuch zwischen

Apologie und Wissenschaft, in: VfZ 68 (2020) 1, S. 25–61.


                                                                                 547
Die entscheidende Stelle bei Gisevius aber lautet: Ohne „Vorkehrungsmaßnah
men“, welche die Wehrmachtführung gegen die angekündigten Verbrechen hätte tref
fen müssen, „bedeutete das bloße Anhören dieser historischen Berchtesgadener Rede
für alle diejenigen, die nicht offen zur Fronde übergingen, eine nie mehr abzuwaschende
Schande, eine untilgbare Schuld.“ 21
An diesem Schlag ins Gesicht der Wehrmachtführung arbeiteten sich nach 1945
Historiker und Ex Militärs wie Baumgart und Hillgruber, Boehm und Halder ab – ohne
den Mut zu haben, den Ankläger Gisevius klar zu benennen und vollständig zu zitieren.
Auch Gisevius’ Einschätzung des Quellenwertes der Lochner Version wurde unterschla
gen. Gisevius zitierte aus dieser Fassung und merkte an: „Dem Nürnberger Gerichtshof
sind allein drei Versionen vorgelegt worden. Keine kommt nach Umfang und Inhalt
annähernd an das Manuskript von Canaris heran, das mir in plastischer Erinnerung
bleibt, zumal ich später oft in ihm geblättert habe.“22 Im Vergleich zu Canaris’ Manu
skript sei die Lochner Version, die er als am authentischsten einschätzte, sprachlich und
inhaltlich noch harmlos, so Gisevius.
Von einer Dramatisierung oder gar Fälschung der Lochner Version zu sprechen, wie
in der militär und diplomatiehistorischen Literatur nach 1945 kolportiert, entbehrt vor
diesem Hintergrund jeder Plausibilität. Denn es wurden in der von Canaris über Oster/
Beck/Maaß an Lochner gelangten Version nur Kürzungen vorgenommen. Canaris hatte
sich laut Gisevius veranlasst gesehen, Hitlers Rede „in einer verborgenen Ecke Wort für
Wort nachzustenographieren“. Ob es ein Mitschreibeverbot gab, ist umstritten. 23 Die
im vorliegenden Beitrag angeführten Belege sprechen eindeutig dafür. Eine Kopie von
Canaris’ Originalfassung wurde jedenfalls von Hans Oster in seine Dokumentensamm
lung aufgenommen. Canaris’ Manuskript und Osters Kopie davon sind bis heute ver
schollen; vielleicht finden sie sich eines Tages im Sonderarchiv Moskau oder an einem
anderen Ort.
Dass die Lochner Version gegenüber der längeren Fassung von Canaris (die trotz
Stenografie auch nur ein Kondensat der mehrstündigen Hitler Rede sein konnte)
inhaltlich nicht von Dritten wie Hans Oster zugespitzt werden musste, wie die Kritiker
der Lochner Version behaupteten, erklärte Gisevius mit dem folgenden Satz: „Gleich
am nächsten Tag las er [Canaris] uns die wichtigsten Stellen vor. Er war immer noch
voller Entsetzen. Seine Stimme zitterte. Er fühlte, Zeuge von etwas Ungeheuerlichem
gewesen zu sein.“ Man war sich im Kreis um Canaris einig, „dieses Dokument einer
21 Hans Bernd Gisevius, Bis zum bittern Ende. II. Band: Vom Münchner Abkommen zum 20. Juli
1944, Zürich 1946, S. 119–123.
22 Ebenda, S. 120.
23 Bestritten wird das Mitschreibeverbot von Baumgart und Boehm, siehe VfZ 19 (1971) 3, S. 294–
304, hier S. 295. Angenommen hingegen von Hillgruber, Quellenkritik zur Vorgeschichte des

Zweiten Weltkriegs, S. 385.


                                                                          548
verworrenen Zeit müsse der Nachwelt erhalten bleiben“. 24 Ausersehen dazu war der
Berliner AP Chefkorrespondent Louis Lochner.
Von Winfried Baumgart und den ihm folgenden Interpreten wurde – schlicht posi
tivistisch vom Ergebnis her denkend – hervorgehoben, dass Lochner die Hitler Rede am
25. August 1939 dem bereits faktischen Kriegsgegner Großbritannien übergeben habe.
Von Großbritannien wurde sie in der Tat 1954 in den Papieren zur britischen Außen
politik veröffentlicht. Für Baumgart war nur vorstellbar, dass der militärische Wider
stand um Canaris/Oster/Beck mit dieser Übermittlung eine Wirkung auf Großbritan
nien erzielen wollte. Daher habe man die Lochner Version dramatisiert, um die Briten
zu einer militärischen Intervention oder diplomatischen Aktion zu verleiten. Tatsäch
lich waren dies reine Spekulationen Baumgarts, die von seiner mangelhaften Beschäfti
gung mit dem politischen Akteur Louis Lochner zeugen und seine gesamte Quellenkri
tik entwerten. Denn in Wirklichkeit war die Lochner Version gar nicht für die Briten,
sondern für die Amerikaner bestimmt.
Alle Beteiligten gingen im August 1939 davon aus, dass die Vereinigten Staaten in
dem bevorstehenden Krieg noch geraume Zeit oder vielleicht sogar dauerhaft neutral
bleiben würden. Die Hitler Rede sollte als historische Quelle schlichtweg der Nach
welt erhalten bleiben, wie Gisevius 1946 versicherte. Es gab keinerlei Dramatisie
rungs und Fälschungsnotwendigkeit, um kurzfristige politische Ziele zu erreichen.
Baumgart wie auch Hillgruber blieb offensichtlich unbekannt, dass Louis Lochner
die größte amerikanische Nachrichtenagentur – AP – repräsentierte. Wenn der mili
tärische Widerstand die Hitler Rede nach dem 22. August 1939 möglichst schnell und
sicher nach London hätte durchstechen wollen, wäre sie einem der wegen der Kriegs
gefahr ohnehin dorthin abreisenden britischen Berlin Korrespondenten zugespielt
worden.
Lochner hingegen, fern jedes Gedankens an eine schnelle Abreise aus NS Deutsch
land, 25 tat nach Erhalt der Rede, was von den Widerstandskreisen erwartet wurde: Er
ging in dem festen Glauben in die amerikanische Botschaft, dass das Dokument oder
zumindest sein Inhalt in die USA geschickt und dort zu den Akten genommen werden
würden. Allerdings hatte er seine Rechnung ohne die Feigheit des Geschäftsträgers
Alexander C. Kirk gemacht, der ihm erklärte, er könne solches „dynamite“ nicht einmal
24 Gisevius, Bis zum bittern Ende II, S. 119 f.: „Inzwischen hatte der Admiral den Mitgliedern sei
ner eigenen Dienststelle am Tirpitzufer Auszüge aus der Rede Hitlers vom 22. August vorge
lesen. Er erklärte ihnen, daß die Niederlage Deutschlands furchtbar sein würde, aber daß ein
Sieg Hitlers noch furchtbarer wäre. Seine Überlegung war, daß nichts ungeschehen bleiben
solle, was den Krieg abkürzen könnte.“ Ian Colvin, Admiral Canaris – Chief of Intelligence,
London 1973, S. 107.
25 Lochner arbeitete bereits zu dieser Zeit an dem geheimen Deal zwischen AP und NS Regime,
wie er Ende 1941 in Kraft trat, um selbst nach einem Kriegseintritt der USA das Geschäft mit

Pressefotos zwischen den Kriegsgegnern aufrechtzuerhalten.


                                                                               549
eine Stunde lang in der Botschaft aufbewahren. Zudem schützte Kirk vor, der Code,
mit dem die US Botschaft ihre Nachrichten an das State Department in Washington
chiffrierte, könnte geknackt sein. 26
Lochner sah sich nun gezwungen, das Schriftstück aus Selbstschutz mit dem hand
schriftlichen Vermerk „Ein Stück gemeiner anti Hitler Propaganda“ zu versehen und
bei sich zu Hause aufzubewahren, bis er es auf anderem Wege in die USA bringen lassen
konnte. Im Falle einer Hausdurchsuchung hätte er auf andere heikle Dokumente ver
wiesen, deren Besitz er ebenfalls als „my right and my journalistic duty“ betrachtete, um
über „all sides of a question“ im Bilde zu sein. 27
Erst nach dieser unerwarteten Abfuhr in der amerikanischen Botschaft versuchte
Lochner sein Glück in der britischen Botschaft. Dies erwähnte er in seinen Memoiren
„What about Germany?“ vom März 1943, auf dem Höhepunkt des Weltkrieges, aus
Sicherheitsgründen verständlicherweise nicht. In der britischen Botschaft wurde das
Dokument von George Ogilvie Forbes – dem Chargé d’affaires – dankbar entgegen
genommen und in einer ins Englische übersetzten Fassung noch am selben Tag, dem
25. August 1939, nach London geschickt. Diese Fassung wurde 1954 in den amtlichen
Dokumenten zur britischen Außenpolitik veröffentlicht. 28
Weltherrschaft und Völkermorden:
Die beiden Kerninhalte von Hitlers Weltanschauung in der Lochner-Version
Die Mehrheit der Wehrmachtführung zeigte sich begeistert von Hitlers Ankündi
gung am 22. August 1939, durch Völkermorde in Polen, Russland und anderen Tei
len der Welt die „Erdherrschaft“ zu erlangen. Dies war der eigentliche Grund für
Nachkriegs Publizisten, die Lochner Version als eine Dramatisierung und Manipula
tion zu politischen Zwecken hinzustellen. Die übrigen Generäle und Admiräle nah
men Hitlers Pläne hin, ohne an Widerstand zu denken, einige wohl in Erwartung des
26 Testimony of Mr. Louis P. Lochner (25 July 1945), S. 4 f. Vgl. Klemens von Klemperer, The Ger
man Resistance Against Hitler: The Search for Allies Abroad, 1938–1945, Oxford 1993, S. 133;
Michael Marrus, The Holocaust in History, Hanover 1987, S. 20 f. Zu Kirk als einem auch im
Kriegs Deutschland opulent lebendem Diplomaten: Otto D. Tolischus, They Wanted War,
London 1940, S. 197, 325. Lochner bezeichnete Kirk abfällig als „Plutokraten“, Heald (Hrsg.),
Lochner in Berlin, S. 446 f., Brief vom 10. 9. 1940.
27 Lochner, What about Germany?, S. 13 f.
28 Siehe Anhang; vgl. Colvin, Canaris, S. 99–102. Allgemein zum Wissensstand über die deut
schen Angriffspläne in Großbritannien Wesley K. Wark, The Ultimate Enemy. British Intelli
gence and Nazi Germany, 1933–1939, London 1985, S. 116 f. Darin jedoch kein Hinweis auf die
Hitler Rede vom 22. August 1939 und ihre Weitergabe an das Foreign Office in London. Vgl.

Klemperer, German Resistance, S. 32 f.6          

                                                                

                                                                         550

versprochenen „Kriegsruhms“. 29 In der Quellenkritik Baumgarts spielt die Weltan

schauung Hitlers keine nennenswerte Rolle. Ihr einen gebührenden Platz einzuräu
men, hätte zwangsläufig bedeutet, die Wehrmachtführung als Mitwisserin aller Ver
brechen Hitlers zumindest zu diskutieren. Vermutlich aus diesem Grund bemängelte
Baumgart die sprachliche Qualität der Lochner Version, insbesondere die folgende
Stelle: „Die Gelegenheit ist günstig wie nie zuvor. Ich habe nur eine Sorge, daß mir
Chamberlain oder irgend so ein anderer Saukerl im letzten Augenblick mit Vorschlä
gen und Umfallen kommt. Er fliegt die Treppe herunter. Und wenn ich ihm persönlich
vor den Augen aller Photographen in den Bauch treten muß.“30 Der Begriff „Saukerl“,
in einer der anderen Redefassungen durch „Schweinehund“ ersetzt, wurde allen Erns
tes mit folgender Begründung gegen den Quellenwert der Lochner Version gerichtet:
Hitler habe, so Baumgart, in einer derartig niedrigen Sprache vielleicht vor Parteige
nossen, nicht aber vor seinen Generälen zu sprechen gewagt. Dass Hitler am 22. August
1939 vor dem klandestin wie eine Verbrecherorganisation einberufenen Zuhörerkreis,
der trotz seiner militärischen Ränge in Zivil erscheinen musste, unverblümt sprach
und sich auch dadurch zum Feldherrn aufzuschwingen versuchte, scheint außerhalb
des Vorstellungsvermögens deutscher Nachkriegs Historiker gelegen zu haben – oder
wurde bewusst umgedeutet.
Tatsächlich befand sich Hitler in jenen Tagen bereits in einem Kriegsrausch,
auch sprachlich. 31 Dies belegen etwa die Berichte des britischen Botschafters Nevile
Henderson, der Hitler einen Tag nach dessen Rede vor den Militärs, am 23. August
1939, in Berchtesgaden einen Brief der britischen Regierung übergab, der den „Führer“
in rasende Wut versetzte: „His language was violent and exaggerated both as regards
England and Poland.“ Hitlers Tiraden und Ausfälle wurden sogar im Protokoll des
Auswärtigen Amts festgehalten. 32
29 Die Völkermord Pläne waren nicht auf „den Osten“ beschränkt, der nur am Anfang der
Angriffe stehen sollte, sondern sie waren global: „Wir werden weiterhin die Unruhe in Fernost
und in Arabien schüren. Denken wir als Herren und sehen wir in diesen Völkern bestenfalls
lackierte Halbaffen, die die Knute spüren wollen.“ Akten zur deutschen auswärtigen Politik
(ADAP), D 7, Nr. 193, S. 171 f. (Lochner Version, siehe Anhang). Zu Hitlers eigentlichem Ziel,
„world conquest“, irgendwann auch gegen seinen Verbündeten Japan, siehe zeitgenössisch:
Gunnar Thorstensson Pihl, Germany. The Last Phase, New York 1944, S. 34, 63. Hitlers ultima
tives Ziel „world power or nothing“ betonte jüngst noch einmal Brendan Simms, Hitler. Only
the World Was Enough, London 2019, S. 554.
30 ADAP D 7, Nr. 193, S. 171 f. (Lochner Version, siehe Anhang).
31 Auch bei Kordt heißt es dazu: „Canaris hatte die Rede Hitlers persönlich mit angehört und den
größten Teil mitstenographiert. Es war ein erschütterndes Dokument, in dem nur von Ver
nichtung, Mitleidlosigkeit, größter Härte, dem Recht des Stärkeren die Rede war.“ Erich Kordt,
Nicht aus den Akten. Die Wilhelmstraße in Frieden und Krieg. Erlebnisse, Begegnungen und
Eindrücke 1928–1945, Stuttgart 1950, S. 325.
32 Vgl. William L. Shirer, Rise and Fall oft the Third Reich, New York 1960, S. 490, Fn. 605.                                                                          
24.08.2022

Weltherrschaft und Völkermorden
Die „Lochner-Version“ der Hitler-Rede vom 22. August 1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung
II von III

                                                                     551
Ein weiterer Beleg der sprachlich weltanschaulichen Stimmigkeit der Lochner Ver
sion stammt von einem Zuhörer der Hitler Rede am 22. August 1939, der in Militär
kreisen vor und nach 1945 über jede Kritik erhaben schien, weshalb seine Einschätzung,
die zudem zeitnah aus dem November 1939 stammte, bisher anscheinend bewusst nir
gendwo in Gänze zitiert worden ist. 33 General Curt Liebmann notierte: „Diese Rede aber
strotzte nach meinem Gefühl von Unsachlichkeit und Illusionen. Ihr bramarbasieren
der und nassforscher Ton war geradezu abstoßend. Man hatte das Gefühl, dass hier ein
Mann sprach, der jedes Gefühl der Verantwortlichkeit und jede klare Vorstellung von
dem, was selbst ein erfolgreicher Krieg bedeutete, verloren hatte und mit einer nicht zu
überbietenden Leichtfertigkeit entschlossen war, ins Dunkle hineinzuspringen.“ Lieb
mann betonte Hitlers sprachlichen und weltanschaulichen Extremismus, dessen Zeu
gen er und die anderen Generäle wurden. Überdies legen seine im Archiv des Instituts
für Zeitgeschichte München–Berlin erhaltenen Notizen nahe – ähnlich wie Canaris’
Überlieferung durch Gisevius –, dass Hitlers Rede einen Gewaltakt darstellte, dem sei
ner Meinung nach irgendjemand aus der Wehrmachtführung hätte Paroli bieten müs
sen. Eine Gegenposition hätte nur General Walther von Brauchitsch vertreten können.
Andere hätte man „mit Gewalt“ daran gehindert, wie Liebmann anmerkte. 34
Dieser Hinweis unterstreicht die gespenstische Stimmung, die auf dem Obersalz
berg in jenen Stunden des 22. August 1939 geherrscht haben muss. Im Übrigen waren
keineswegs nur Generäle anwesend, sondern auch Zivilisten wie Reichspressechef
Dr. Otto Dietrich, der beim Mittagessen in einer „eisigen Atmosphäre“ verwundert war,
wie „betrübt“ einige Generäle wirkten. 35 Zu dieser Gemütslage konnte kein sachlicher
Vortrag Hitlers geführt haben, sondern nur eine Rede, wie sie die Lochner Version wie
dergibt und wie ihre Umstände von General Liebmann beschrieben wurden.
Liebmann und die meisten seiner Generalskollegen waren 1939 bereit, das Militä
rische nicht nur dem Politischen, sondern dem Ideologischen unterzuordnen. Hitler
galt manchen gar als Inkarnation Karls des Großen, weil es ihm bis zum Frühjahr 1939
gelungen war, den Großteil aller Deutschen in Mitteleuropa – ohne einen Schuss abzu
feuern – zu vereinigen. Nach den unerwartet schnellen Siegen in den „Blitzkriegen“
1939/40 nahm die Bewunderung des Diktators in der Wehrmachtführung noch zu. Für
Generäle wie Keitel war Hitler ohnehin sakrosankt. „Er glaubte an die Berufung und
Unfehlbarkeit des Führers.“ Die Rede vom 22. August 1939 bildete dafür einen konsti
tuierenden Baustein. Unmittelbar nach ihr verbreitete Keitel in Berliner Militärkreisen


33 Siehe etwa Helmut Krausnick, Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstandes
gegen Hitler, in: Europäische Publikation e. V. (Hrsg.), Vollmacht des Gewissens, Frankfurt
a. M. 1965, S. 177–384, hier S. 380.
34 Persönliche Erlebnisse des Gen. d. Inf. a. D. Curt Liebmann i. d. Jahren 1938/39 (Niederge
schrieben im November 1939), ursprünglich S. 19, jetzt ED 1 1–294, Institut für Zeitgeschichte,
Archiv, Zeugenschrifttum Nr. 95.
35 Krausnick, Vorgeschichte des Widerstandes, S. 381.


                                                                             552
die Vorstellung vom „Genie des Führers“, das herkömmlichen militärischen und poli
tischen Maßstäben entrückt sei. 36


Die Hitler Verehrung vieler Generäle im Zweiten Weltkrieg, als die Wehrmacht alles
dafür tat, die vom „Führer“ ausgegebenen Ziele Wirklichkeit werden zu lassen, war nicht
gespielt und sprach sich bis in die Details in der Berliner Auslandspresse herum. Noch
kurz vor dem D Day 1944 war Generalfeldmarschall Erwin Rommel überzeugt, die
Invasion abwehren zu können. „Rommel war ein solcher Hitlerverehrer, dass man seine
Äußerung ‚Was der Führer anfasst, gelingt, auch wenn es noch so aussichtslos erscheint‘,
als seine tatsächliche Meinung ansehen kann.“ Vor der Schlacht von El Alamein hatte
Rommel gegenüber ausländischen Journalisten Hitler „als einen Typ vom Schlage
Oliver Cromwells“ bezeichnet. Und über General Eduard Dietl sickerte die Information
an die Berliner Auslandspresse durch, er habe Hitler nach der erfolgreichen Besetzung
Norwegens im Führerhauptquartier mit einem Handkuss begrüßt. 37 Die Sitten aus der
Zeit Kaiser Wilhelms II. – bereits damals als Neo Byzantinismus kritisiert – feierten in
der Wehrmachtführung fröhliche Urständ, um dem Genie des Feldherrn zu huldigen. 38
Sprachlich und weltanschaulich entsprechen viele markante Passagen der Lochner
Version überdies bisher unbekannten oder unbeachteten Hitler Äußerungen. Der Satz
„So werde ich in einigen Wochen Stalin an der gemeinsamen deutschrussischen Grenze
die Hand reichen und mit ihm eine Neuverteilung der Welt vornehmen“ ähnelt auffal
lend der geopolitisch ausgreifenden Szenerie, die Hitler am 7. Februar 1937 in einem
Cosmopolitan Interview mit dem Hearst Chefkorrespondenten Karl von Wiegand ent
warf. Darin bekundete Hitler, dass er Napoleons Fehler bei dessen Russland Feldzug
nicht wiederholen werde („But I will not make Napoleon’s mistakes“) und seine Ziele
global seien. Von Wiegand auf den Wert der Japaner als weit entfernten Verbündeten
angesprochen, entgegnete Hitler, wohlgemerkt bereits Anfang 1937: „We will shake
hands with the Japanese in the Caucasus.“39


Das wichtigste Element der Weltanschauung Hitlers, das die Lochner Version in
Reinform wiedergibt, liegt in der Bestimmung des eigentlichen Kriegsziels. Es bestand
für Hitler geopolitisch nicht im „Erreichen von bestimmten Linien“, sondern in der
„physischen Vernichtung des Gegners“. Auch dies ist quellenkritisch bisher nicht gewür
digt worden. Stattdessen wurden die abenteuerlichsten argumentativen Winkelzüge


36 Nikolaus von Vormann, So begann der Zweite Weltkrieg. Zeitzeuge der Entscheidungen. Als
Offizier bei Hitler 22. 8.–1. 10. 1939, Leoni 1988, S. 30 f.
37 Hannelore Fuchs (Hrsg.), Mittendrin im Berlin der Nazizeit. Bernard Lescrinier, als deutscher
Journalist Mitglied im Verein der Auslandspresse, berichtet aus den 12 Jahren, Leipzig 2015,
S. 132 f.
38 Zum wilhelminischen Neo Byzantinismus: Norman Domeier, Der Eulenburg Skandal. Eine
politische Kulturgeschichte des Kaiserreichs, Frankfurt a. M. 2010, S. 232–246.
39 Karl von Wiegand, Hitler Foresees His End, in: Cosmopolitan, April 1939, S. 27–29, 152–155,
hier S. 152. Wiegand Papers (Hoover Archives, Stanford), Box 1.


                                                                       553
unternommen, um die Lochner Version als Produkt Hans Osters hinzustellen: Das Ziel
solcher „sensationeller und übertreibender Darlegung“ durch Oster sei es gewesen, „den
Empfänger – also die britische Regierung – zu Schritten zu veranlassen, die Hitler von
unwiderruflichen und folgenschweren Entschlüssen abschrecken könnten“.40 Dass die
britische Regierung gar nicht der beabsichtigte Empfänger der Lochner Version war, ist
bereits nachgewiesen worden. Hans Oster als Dramaturg der Lochner Version müsste
zudem ein „Über Hitler“ gewesen sein, der bereits im August 1939 wusste und intellek
tuell artikulieren konnte, dass „Lebensraum“ für Hitler nur als von anderen Menschen
entleerter Raum wünschenswert, dass das Völkermorden Selbstzweck und wichtiger als
die reine Projektion militärischer Macht war.41


Schon 1937, als viele noch an ein „Appeasement“ des Nationalsozialismus und seine
Einhegung durch das Zugeständnis einiger mittel und osteuropäische Territorialge
winne glaubten, erkannte Konrad Heiden scharfsinnig Hitlers eigentliches Ziel in der
„Neubildung einer arischen Elite und deren Weltherrschaft“.42 Auf diese Kohärenz,
40 Müller, Das Heer und Hitler, S. 412–413. Aufschlussreich ist, wie die angebliche Schuld an der
Manipulation der Hitler Rede durch Louis Lochner dem Widerständler Hans Oster zugescho
ben wurde. Sogar Osters Zukunftshandeln wurde als Stütze herangezogen, nicht aber die Ziel
vorstellungen Hitlers, die die Lochner Version auf grauenvolle Weise historische Wahrheit
werden ließen: „Dass ein so aktivistischer und entschlossener Gegner des Regimes wie Oster
von Canaris dessen Redestenogramm erhalten hatte, könnte die Vermutung nahelegen, daß
dieser Offizier, der – wie seine späteren Handlungen beweisen – kaum Bedenken hatte, wenn
es gegen das verhasste System ging, den Lochner übergebenen Bericht mit einer Mischung
von zutreffenden, halbwahren und vermuteten Angaben redigiert hat. Zudem sind Osters gute
Beziehungen zu Beck häufig bezeugt, so daß nicht nur der von Lochner erwähnte Vermitt
lungsweg als glaubwürdig erscheint, sondern von da aus auch Osters Urheberschaft an Wahr
scheinlichkeit gewinnt.“ Müller, Das Heer und Hitler, ebenda.


41 Hitlers Weltanschauung blieb in der Frage des – menschenleeren – Lebensraumes über die
Jahre hinweg stabil. Noch kurz vor seiner Liquidierung verkündete auch Hitlers lange Zeit
wichtigster Weggefährte Ernst Röhm vor der Berliner Auslandspresse, man hege keine „Erobe
rungsgelüste“ im klassischen Sinne: „Denn jede Neugewinnung nicht deutscher Untertanen
würde eine natürliche Schwächung des deutschen Volkskerns bedeuten und darum kein poli
tischer Gewinn sein.“ Rede Röhms vor dem Diplomatischen Korps und der Auslandspresse,
Berlin 18. April 1934, abgedruckt in: Hans Adolf Jacobsen/Werner Jochmann (Hrsg.), Ausge
wählte Dokumente zur Geschichte des Nationalsozialismus, Teil I und II: 1933–1945, Bielefeld
1961, S. 1–4 (C, Dokument 18. IV. 1934). Die Vernichtungsstrategie Hitlers kam auch in der
„Tagesparole“ für die deutsche Presse vom 29. Juli 1941 zum Ausdruck, die laut Helmut Sün
dermann Hitlers „Auffassung“ markant wiedergab: „Es wird erneut darauf hingewiesen, daß
der Erfolg des gewaltigen Kampfes im Osten nicht geografisch durch einzelne Ortsangaben
erfasst werden kann, sondern daß sein Ziel in der Vernichtung der gegnerischen Streitkräfte
liegt, wie es z. B. bei der Einkreisungsschlacht von Smolensk der Fall ist.“ Gert Sudholt (Hrsg.),
Helmut Sündermann. Tagesparolen. Deutsche Presseanweisungen 1939–1945. Hitlers Propa
ganda und Kriegsführung, Leoni 1973, S. 176.
42 Konrad Heiden, Adolf Hitler. Ein Mann gegen Europa. Eine Biographie, Zürich 1937, S. 23
9


                                                                 554

Konsistenz und Persistenz von Hitlers Weltanschauung von den frühen 1920er Jahren
bis 1945 ist in der Forschung der letzten Jahrzehnte vielfach hingewiesen worden.43 Die
nach 1945 für einige Jahre populäre Sicht, man habe es bei Hitler mit einem planlosen
Opportunisten zu tun gehabt, der die Macht um ihrer selbst willen erstrebte und weder
über eine Weltanschauung noch ein politisches Programm verfügte, wird heute kaum
mehr vertreten. Seine beiden Grundüberzeugungen, menschenleeren Lebensraum für
die „arische“ Rasse zu gewinnen, dieser über ein Imperium auf der eurasischen Land
masse zur Weltherrschaft zu verhelfen und auf dem Weg dorthin das Judentum zu ver
nichten, konnte Hitler leicht synthetisieren, wie bereits Eberhard Jäckel luzide nachge
wiesen hat.44


Diese Synthese war nicht schwierig, sondern lag geradezu auf der Hand, denn ein
Äquivalent zum global agierenden „Weltjudentum“ konnte logischerweise nur eine glo
bale Kraftanstrengung zur Erlangung der „Weltherrschaft“ sein, um „den Juden“ als
gefährlichsten Feind des „Ariers“ auf der ganzen Welt für immer zu vernichten.45 Bereits
in „Mein Kampf“ zeichnete Hitler diesen Streit auf Leben und Tod als rassistisches Null
summenspiel, indem er das Streben der Juden nach der Weltherrschaft als einen „trieb
haften Vorgang“ bezeichnete. Nur „bürgerliche Einfaltspinsel“ würden verdrängen,
dass es zu einem Endkampf kommen müsse.46 Der bis zur Erlangung der Weltherrschaft


43 Überblicke über die Forschungsliteratur während der Hochphase der Debatte um Hitlers
Weltherrschaftspläne bieten: Jochen Thies, Architekt der Weltherrschaft. Die „Endziele“ Hit
lers, Düsseldorf 1980; Wolfang Michalka, Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialistische
Außenpolitik, Darmstadt 1978, S. 1–27; Meir Michaelis, World Power Status or World Domin
ion? A Survey of the Literature on Hitler’s „Plan of World Dominion“ (1937–1970), in: The His
torical Journal 15 (1972) 2, S. 331–360; Milan Hauner, Did Hitler Want World Domination?,
in: Journal of Contemporary History 13 (1978), S. 15–32. Für Hinweise dank ich Dirk Rupnow
(Innsbruck). In den letzten Jahren ist zunehmend das transnationale und globale Ausgreifen
des Nationalsozialismus in den Blick genommen worden: Daniel Hedinger, Die Achse. Berlin,
Rom, Tokio 1919–1946, München 2021; Stefan Ihrig, Atatürk in the Nazi Imagination, Oxford
2014; David Motadel, Für Prophet und Führer. Die islamische Welt und das Dritte Reich, Stutt
gart 2017.
44 Eberhard Jäckels kurze Studie (Hitlers Weltanschauung. Entwurf einer Herrschaft, Tübingen
1969) ist in ihrer gedanklichen Präzision nach wie vor unerreicht.
45 Den exterminatorischen Charakter des Krieges betonte Hitler noch einmal am 30. März
1941, als sich der Angriff auf die Sowjetunion abzuzeichnen begann. Max Domarus (Hrsg.),
Hitler. Reden und Proklamationen 1932–1945. Teil 2, Bd. 4, Leonberg 1988 (1973), S. 1682.
Vgl. Kriegstagebuch des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Franz Halder,
Eintrag v. 30. 3. 1941, Bundesarchiv (BArch), RH 2/109. Bereits im September 1939 sprach
Reinhard Heydrich von einem „Endziel“, das aber noch etwas Zeit benötige. Eberhard Jäckel,
Hitlers Herrschaft. Vollzug einer Weltanschauung, Stuttgart 1991, S. 108. Auch während der
„Kristallnacht“ im November 1938 waren schon zahlreiche öffentliche Äußerungen zur end
gültigen Vernichtung der Juden gefallen. Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, Kap. 6.1.
46 Hitler, Mein Kampf (851.–855. Auflage), München 1943, S. 750 f.


                                                                   555
potenziell unbegrenzte Erwerb von „Lebensraum“ wurde in „Mein Kampf“ umrissen
und in Hitlers unveröffentlichtem, 1928 entstandenem „Zweiten Buch“ präzisiert.47
Auch wenn Hitler vor 1933 seinen Antisemitismus aus taktischen Gründen hin
und wieder herunterfuhr48 und nach 1933 viele Jahre vom Frieden „schwätzte“, bis die
Gefahr einer militärischen Intervention gegen das Deutsche Reich gebannt war, ist er
niemals Realpolitiker gewesen, sondern versuchte, seine Weltanschauung auf fanatische
Weise Realität werden zu lassen. Diese Feststellung schließt nicht aus, dass er sich an
internationalen Interessenkonflikten orientierte und auch geschickt zu nutzen verstand,
dass er in der internationalen Öffentlichkeit lange Zeit als Gemäßigter innerhalb der
nationalsozialistischen Bewegung galt.49


Für diejenigen, die ihn verstehen wollten, ließ Hitler immer wieder, auch in aller
Öffentlichkeit, die Medaille auf seiner Brust aufblitzen, auf deren einer Seite „Weltherr
schaft“ und auf der anderen „Völkermorden und Vernichtung der Juden“ stand. So ver
kündete er etwa 1930 vor Erlanger Professoren und Studenten: „Jedes Wesen strebt
nach Expansion und jedes Volk strebt nach der Weltherrschaft.“50 Hitlers Reden von der
„Weltherrschaft“, meist synonym mit „Weltmacht“ gebraucht, sind Legion. Umso inte
ressanter ist es, dass in der Lochner Version seiner Rede vom 22. August 1939 eine unge
wöhnliche, sonst anscheinend kaum gebrauchte Variante auftaucht: „Erdherrschaft“.
Dieser Begriff ist so selten, dass er sofort ins Auge sticht. Doch hat ihn Hitler nicht zufäl
lig verwendet oder gar einen Neologismus geschaffen, denn er stammt, in der Schreib
weise „Erd Herrschaft“, aus Friedrich Nietzsches Werk „Jenseits von Gut und Böse“. 51
Aus diesem hat ihn Hitler auch keineswegs eklektisch ausgewählt, denn Nietzsche ver
kündet in dem Abschnitt eine Prophezeiung, als deren historisches Werkzeug sich Hit
ler verstand, ein Wiedererwachen Europas gegen Russland/Asien. Bei Nietzsche heißt
es: „Ich sage dies nicht als Wünschender: mir würde das Entgegengesetzte eher nach
dem Herzen sein, – ich meine eine solche Zunahme der Bedrohlichkeit Russlands, dass
Europa sich entschließen müsste, gleichermassen bedrohlich zu werden, nämlich Einen
Willen zu bekommen, durch das Mittel einer neuen über Europa herrschenden Kaste,
einen langen furchtbaren eigenen Willen, der sich über Jahrtausende hin Ziele setzen
könnte: – damit endlich die langgesponnene Komödie seiner Kleinstaaterei und ebenso
seine dynastische wie demokratische Vielwollerei zu einem Abschluss käme. Die Zeit


47 Jäckel, Hitlers Weltanschauung, S. 120–123.
48 Einige Auslandsjournalisten glaubten jahrelang, Hitler würde den Antisemitismus als „Pro
grammpunkt“ irgendwann fallen lassen, wodurch seine Popularität in Großbritannien und
den USA gesteigert werden könnte. Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, S. 112, 377, 651.
49 Axel Kuhn, Hitlers außenpolitisches Programm, Stuttgart 1970, S. 270.
50 Jäckel, Hitlers Weltanschauung, S. 122.
51 Der Begriff „Erdherrschaft“ (bzw. „Erd Herrschaft“) ist nur bei Nietzsche und Heidegger anzu
treffen, vermutlich ein Grund, warum er bisher nicht mit der Hitler Rede vom 22. August 1939
in Zusammenhang gebracht worden ist.


                                                                       556
für kleine Politik ist vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die
Erd Herrschaft, – den Zwang zur großen Politik.“52
Nietzsche imaginiert und propagiert nicht nur einen kriegerischen Aufbruch Euro
pas gen Osten und eine Jahrtausende währende „Erd Herrschaft“ der „Arier“, sondern
beschwört auch ihren „furchtbaren“ Willen, all ihre Feinde für immer zu vernichten.


Das Narrativ von der „sauberen“ Wehrmacht:
Quellenkritik als Geschichtspolitik nach 1945

Die akribisch anmutende Quellenkritik von Winfried Baumgart zur Hitler Rede vom
22. August 1939 aus den später 1960er und frühen 1970er Jahren ist nicht allein durch
persönliche Werturteile und Vermutungen gekennzeichnet, sie verheddert sich an zahl
reichen Stellen auch in logischen Widersprüchen. Zunächst ist auffällig, wie Baumgart
die drei beim Nürnberger Prozess 1945/46 vorliegenden Fassungen der Hitler Rede cha
rakterisierte. Die aus OKW Akten stammende Fassung (ohne Unterschrift und Urhe
ber Angabe) zog er apodiktisch allen anderen Versionen vor und bezeichnete sie ohne
jede Begründung als einzige unmittelbare Niederschrift der Hitler Rede. 53 Eine irgend
wann nach 1945 aufgetauchte Version des Generaladmirals Hermann Boehm nahm er
auch noch als interessant, wenn auch weniger authentisch wahr. Die Lochner Version
wertete er hingegen als „aus Privathand“ stammend ab. 54 Weshalb die Niederschrift von
Boehm – nach 1945 mit leicht durchschaubaren geschichtspolitischen Zielen verfasst –
„amtlicher“ sein sollte als die Lochner Version, bleibt unverständlich. Dann urteilte
Baumgart unvermittelt: „Dürfen wir nicht folgern, daß, nachdem wir Canaris mit ziem
licher Sicherheit als den Verfasser der Aufzeichnung ohne Unterschrift [Version ‚C‘]
erkannt haben, die Lochner Version [Version ‚L‘] auf seine Niederschrift trotz einiger
durch den politischen Zweck der Weitergabe nach London bedingten Zusätze und trotz
der Dramatisierung des Inhalts zurückzuführen ist? Da er sie wohl kaum selber redi
giert haben dürfte, so könnte man an [Hans] Oster oder eine andere dem deutschen
Widerstand nahestehende Person als ihren ‚Redakteur‘ denken.“55 An dieser Stelle wird

52 Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse. Kritische Studienausgabe, hrsg. von Giorgio
Colli und Mazzino Montinari, Abschnitt 208, München 1999, S. 140.
53 Der vorgeblich bessere „amtliche“ Charakter bestand laut Baumgart allein darin, dass diese
Redeversion bei den Akten des OKW aufgefunden wurde. Ob sie nicht bloß eine abge
schwächte Variante der Canaris Aufzeichnung war, die man trotz Hitlers Mitschreibeverbot
zu den Akten gab (daher auch ohne Autor), thematisiert er nicht. Dokument PS 798 wurde in
Nürnberg nur als „Copy“ ohne Unterschrift und ohne bekannten Autor geführt. Staff Evidence
Analysis zu Dokument „PS 798“ vom 17. September 1945, IMT NRMB HL57AEV 20 (Nurem
berg Trials Collection at Harvard Law School, auch für die folgenden IMT Dokumente).
54 Baumgart, Zur Ansprache Hitlers, S. 121.
55 Ebenda, S. 139.


                                                                       557
deutlich sichtbar, wie sich die Vorurteile und Spekulationen Baumgarts mit der richti
gen Erkenntnis, dass Admiral Canaris der Urheber der OKW Version („C“) wie auch
der Lochner Version („L“) war, vermischten. 56
Baumgarts kaum verhehlte negative Einschätzung des militärischen Widerstan
des und besonders der Person Hans Osters trübten seinen Blick auf andere Deutungs
möglichkeiten. 57 Für sich selbst nahm Baumgart durchaus das Recht in Anspruch,
mit Umkehrschlüssen und Wahrscheinlichkeiten zu arbeiten. Vom Fehlen der Wen
dung „Schweinehund“ in den anderen Versionen als in seiner Lieblings Version „C“
(OKW Akten) sei „nicht unbedingt darauf zu schließen, sie sei nicht gefallen“. 58
Nach derselben Logik hätte bereits damals gefragt werden können: Warum sollte die
Lochner Version nicht die authentischste erhaltene Zusammenfassung der Hitler
Rede sein? Inhaltlich sind sie und die OKW Version deckungsgleicher als alle ande
ren Fassungen, wie auch Baumgart einräumen musste. 59 Wahrscheinlich ist deshalb
vielmehr, dass die OKW Version eine sprachlich und inhaltlich entschärfte (und
stark gekürzte) Fassung des Canaris Manuskripts war, da man sie trotz des Mit
schreibeverbots zu den OKW Akten gab. Die Lochner Version hingegen war eine
nur gekürzte, sprachlich und inhaltlich aber nicht geglättete Fassung des Canaris
Manuskripts.


Diese Annahme wird durch ein weiteres quellenkritisches Argument gestützt, das
in den 1960er und 1970er Jahren nicht bekannt war: die Anspielung auf Dschinghis
Khan, den historisch markantesten Vertreter asiatischer Gewaltherrschaft, die nur
in der Lochner Version enthalten ist. Sie entstammt eindeutig der Weltanschauung
Hitlers (und Himmlers), wie Richard Breitman nachgewiesen hat. 60 Hitler verwen
dete den Namen etwa in seiner Rede vom 3. Oktober 1941 im Sportpalast, in der er
den Sieg über die Sowjetunion propagierte und behauptete, einen Präventivkrieg
zu führen, um einen „zweiten Mongolensturm eines neuen Dschinghis Khan“ zu


56 Adjutanten hätten den Anwesenden bei Hitlers „Kriegsrede“ verboten, Notizen zu machen.
„Und so rasselt er weiter und Admiral Canaris, der unauffällig im Hintergrund stand, machte
sich die ganze Zeit über Notizen.“ Die bei Colvin zitierten Passagen entstammen der Lochner
Version. Colvin, Canaris, S. 104 f.
57 Krausnick, Vorgeschichte des Widerstandes, S. 381, Anm. 557.
58 Baumgart, Zur Ansprache Hitlers, S. 134.
59 Ebenda, S. 138.
60 Richard Breitman, Hitler and Genghis Khan, in: Journal of Contemporary History 25 (1990),
S. 337–351. Dass Hitler über Informationen zum Völkermord an den Armeniern von seinem
frühen Weggefährten Max Erwin von Scheubner Richter verfügte, der zu der Zeit Vize Konsul
in Erzerum war, ist wahrscheinlich. Paul A. Leverkuehn, German Officer During the Arme
nian Genocide: A Biography of Max von Scheubner Richter, London 2008. Zu Himmlers Ver
teilung von Michael Prawdins Buch „Tschingis Chan und sein Erbe“ an die Führung von SS
und Waffen SS siehe Matthias Uhl (Hrsg.), Die Organisation des Terrors. Der Dienstkalender
Heinrich Himmlers 1943–1945, München 2020, S. 260, Eintrag vom 2. Mai 1943.


                                                                      558
verhindern. 61 Dreimal erwähnt Hitler Dschinghis Khan bewundernd in den „Monolo
gen“. 62 Auch frühere Anspielungen Hitlers auf Dschinghis Khan sind nachgewiesen. 63
In der Kriegszeit nach 1939 fügte sich dies in die bei Nationalsozialisten beliebten Ver
weise auf nicht christliche Kriegerhelden wie den legendären Hunnenkönig Etzel. 64
Baumgart versäumte es in seiner Quellenkritik auch, die Stimmigkeit der Lochner
Version im Kontext der Offiziersreden Hitlers zwischen 1933 und 1945, speziell im Jahr
1939, zu prüfen. Hätte er das getan, wäre ihm aufgefallen, dass die Lochner Version der
Rede weder mit Blick auf den konkreten historischen Kontext, vor allem Anlass, Ziel
setzung und Publikum, noch inhaltlich oder gar sprachlich ein Ausreißer des „Führers“
war. Vielmehr fügt sie sich nahtlos in die Reden Hitlers vor Offizieren, insbesondere vor
der Militärführung, ein. Bereits in seiner ersten Rede als Reichskanzler vor der dama
ligen Reichswehrführung am 3. Februar 1933 sprach Hitler an, dass er auf die „Erobe
rung neuen Lebensraums im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ hin
arbeiten werde.65 Gerade im Offizierskorps wollte Hitler immer wieder die Gläubigen
stärken und die Zaudernden gewinnen und von seinen Zielen überzeugen. Am 10. Feb
ruar 1939 erklärte er vor Truppenkommandeuren, die er in der Reichskanzlei versam
melt hatte: „Ich halte es [für] besonders wichtig, daß das Offizierkorps eine Kenntnis
der Gedankengänge besitzt, die mich nicht etwa nur im Jahre 1938, sondern über
haupt seit vielen, vielen Jahren bewegten.“ Das seit 1933 Erreichte sei „nicht das Ergeb
nis augenblicklicher Überlegungen, sondern sie sind die Durchführung eines an sich
vorhandenen Planes, nur vielleicht unter nicht genauer Einhaltung vorgesehener Ter
mine“. Darüber hinaus stimmte Hitler die Truppenkommandeure auf den Charakter


61 Domarus, Hitler. Reden, Bd. 4, S. 1758–1767, hier: S. 1763.
62 Adolf Hitler, Monologe im Führerhauptquartier 1941–1944. Die Aufzeichnungen Heinrich
Heims, Hamburg 1980, S. 137, 367, 370. Hierzu kritisch: Mikael Nilsson, „Hitler redivivus.
Hitlers Tischgespräche und Monologe im Führerhauptquartier – eine kritische Untersuchung“,
in: VfZ 67 (2019) 1, S. 105–145.
63 Ihrig, Atatürk in the Nazi Imagination, S. 85–87; Thomas Weber, Becoming Hitler. The Making
of a Nazi, New York 2017, S. 215–217, 275–277, 333, vor allem S. 382 f. Den deutschen Diskurs,
der vom Armenier Genozid bis in die 1930er Jahre reichte und an dem Hitler partizipierte,
zeichnet nach: Margaret Lavinia Anderson, Who Still Talked About the Extermination of the
Armenians? German Talk and German Silences, in: Ronald Grigor Suny (Hrsg.), A Question
of Genocide, Oxford 2011, S. 199–220, 372–379; allgemein: Stefan Ihrig, Justifying Genocide.
Germany and the Armenians from Bismarck to Hitler, Harvard 2016.
64 Wolfram Pyta, Hitler. Der Künstler als Politiker und Feldherr. Eine Herrschaftsanalyse, Mün
chen 2015, S. 435.
65 Thilo Vogelsang, Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1930–1933, in: VfZ 2 (1954),
S. 397–436, hier S. 435. Vgl. Andreas Wirsching, „Man kann nur Boden germanisieren“: Eine
neue Quelle zu Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichswehr am 3. Februar 1933, in: VfZ 49
(2001), S. 516–550. Zu Reaktionen der Militärs siehe Müller, Das Heer und Hitler, S. 42 f. Vgl.
Richard Evans, The Coming of the Third Reich, London 2003, S. 316.



                                                           559
des kommenden Krieges ein: „Der nächste Kampf wird ein reiner Weltanschauungs
krieg sein, d. h. bewußt ein Volks und ein Rassenkrieg sein.“66


Jochen Thies hat diese Rede, die in der Erklärung gipfelte „Kriegsziele a) Herrschaft
in Europa b) Weltvorherrschaft für Jahrhunderte“ erstmals 1976 im Wortlaut zugänglich
gemacht. Auch diese Rede wurde bereits von Hans Oster sorgsam registriert und weiter
verbreitet.67 Die auffallend häufigen Reden Hitlers vor Offizieren im Jahr 1939 bezeich
nete Thies als „eine Art Redezyklus“, der „auf eine umfassende, vollständige Aufklärung
der Wehrmacht über seine letzten Absichten hin angelegt war“.68 In all diesen Reden des
Jahres 1939 – besonders am 10. Februar, 11. März, 23. Mai, 22. August und 23. Novem
ber – thematisierte Hitler die Topoi Lebensraum, Rassenkampf und Rassenvernichtung
sowie Weltherrschaft. Überhaupt enthalten alle im Wortlaut bekannten Reden Hitlers
vor Offizieren Passagen zur Weltherrschaft oder deuten diese Zielrichtung an.69
In den Redezyklus des Jahres 1939 reiht sich die Rede vom 22. August 1939 nahtlos
ein, auch wenn Thies die Lochner Version nicht kannte oder sich ebenfalls von deren
Abqualifizierung durch Baumgart und Hillgruber hatte beeindrucken lassen.70 Damit
war er keine Ausnahme, denn auch Jäckel und Kuhn zogen diese Fassung und über
haupt die gesamte Rede vom 22. August 1939 nicht für ihre Forschungen heran.71
„Here indeed is the real Hitler“: Die Lochner-Version im Nürnberger Prozess
Zuletzt gilt es noch den Einwand zu entkräften, die Lochner Version sei vom Nürn
berger Kriegsverbrechertribunal „verworfen“ worden. Lochner maß der Hitler Rede
als Beweisstück für Nürnberg erhebliche Bedeutung zu. 1955 zitierte er mit Stolz aus
dem Buch „Berlin Twilight“ des Oberstleutnants Byford Jones, mit dem er gemein
sam nach Nürnberg gereist war: „Er [Lochner] hatte mir erzählt, daß er für die Weiter
gabe des sensationellsten unter den zahllosen Dokumenten verantwortlich wäre, durch
welches die verbrecherische Kriegsabsicht der Nazis bewiesen wurde.“ 72 Dieser spätere
Stolz Lochners war verständlich, aber unangebracht. Denn er hatte 1945 den Staatsan
wälten seine Schriftfassung der Hitler Rede in dem Glauben übergeben, damit seiner
Pflicht Genüge getan zu haben. Juristisch war jedoch nicht allein der Inhalt, sondern die


66 Thies, Architekt der Weltherrschaft, S. 113–115.
67 Ebenda, S. 112 f.
68 Ebenda, S. 117.
69 Ebenda, S. 120 f.
70 Thies erwähnt die Rede nur in den beiden anderen IMT Fassungen, ebenda, S. 120.
71 Bei Jäckel, Hitlers Weltanschauung, taucht die Rede gar nicht auf. Kuhn folgte Baumgart und
erwähnt sie nur in einer Fußnote. Kuhn, Hitlers außenpolitisches Programm, S. 254–256.
72 W. Byford
Jones, Berlin Twilight, London 1946, zit. nach Louis Paul Lochner, Stets das Uner
wartete. Erinnerungen aus Deutschland 1921–1953, Darmstadt 1955, S. 353 f.

24.08.2022

Weltherrschaft und Völkermorden
Die „Lochner-Version“ der Hitler-Rede vom 22. August 1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung
IIIvonIII

                                                                           560
Rekonstruktion der Zusammenhänge, die das Dokument in den Besitz Lochners
gebracht hatten, maßgebend für die Verwertbarkeit im Verfahren. Eine persönliche Aus
sage Lochners im Prozess wäre daher von entscheidender Bedeutung gewesen. Um „L 3“
(die Lochner Version) als Beweisstück im Prozess einzuführen, war in der „Staff Evidence
Analysis“ vom Ermittler Team folgende Agenda gelistet: „(1) Trace Lochner’s informant;
(2) obtain original or authenticated copy; (3) complete and verify translation and get
affidavit or certificate of correctness of translation; (4) follow up in interrogation.“ 73
Anders als die Kritiker der Lochner Version suggerieren, wurde auf L 3 nicht des
halb als Beweismittel verzichtet, weil sie inhaltlich als unglaubwürdig oder gar als Fäl
schung galt. Im Gegenteil. Es gelang nur schlichtweg nicht, in der kurzen Zeit die selbst
gesteckten Ziele dieser juristischen Agenda zu erfüllen, insbesondere Lochners Infor
manten Hermann Maaß ausfindig zu machen und das „Original“ von L 3 zu beschaf
fen. Die Ermittler des Nürnberger Tribunals gingen damit – juristisch – auf Nummer
sicher, aber sie verkannten mit dieser formalistischen Vorgehensweise sowohl die politi
sche Rolle Louis Lochners als auch die historische Situation, in der ihm die Hitler Rede
zugespielt worden war. Diese durch die Hektik des Nürnberger Prozesses erklärbaren
juristischen Versäumnisse replizierte Baumgart in seiner historischen Quellenkritik, ja

er stützte seine Argumentation sogar noch auf sie ab.


Allein aus prozesstaktischen Gründen wurde auf die Einbeziehung von L 3 in die
Beweisführung verzichtet. Dagegen bestimmte die Lochner Version 1945/46 die öffent
liche Meinung sehr wohl. Bemerkenswerterweise kam es auch zu scharfen Auseinander

setzungen über sie in den Nürnberger Gerichtsverhandlungen.


„The President: Well, we have nothing to do with the third document [L 3] because

it has not been read.


Dr. Stahmer: Mr. President, this document has nevertheless been published in the
press and was apparently given to the press by the prosecution. Both the defense and the
defendants have consequently a lively interest in giving a short explanation of the facts

concerning this document.“ 74


Die Staatsanwaltschaft entschuldigte sich daraufhin mokant, dass sie L 3 in die
Dokumentensammlung für die Medien gegeben habe. Die internationale Presse hatte,
kaum zufällig, 250 „mimeographed copies“ der Lochner Version erhalten.75 Offenkun
dig war für die Staatsanwaltschaft die Lochner Version authentisch, und sie wollte sie
in der Presse gedruckt sehen. Auch in den Vorverhören hatten die Staatsanwälte L 3
eingesetzt, was etwa General Alfred Jodl in Rage versetzte.76 Ihr Inhalt war schlicht
weg viel prägnanter als derjenige der anderen beiden zu diesem Zeitpunkt verfügbaren


73 Staff Evidence Analysis zu Dokument „L3“ vom 4. 8. 1945, IMT NRMB HL5762F 1.

74 IMT Proceedings, S. 378.
75 Ebenda, S. 380.
76 Jens Brüggemann, Männer von Ehre? Die Wehrmachtgeneralität im Nürnberger Prozeß

1945/46. Zur Entstehung einer Legende, Paderborn 2018, S. 102.


                                                                              561

Versionen, um dem Deutschen Reich Angriffskriege, kaltblütig vorausgeplante Kriegs
verbrechen, Völkermorden und das Streben nach der Weltherrschaft sowie der Wehr
machtführung eine volle Mitwisserschaft, Tatunterstützung und Tatausführung nach
zuweisen.77 Den Ermittlern gelang es jedoch nicht, die Stationen der Weitergabe an
Lochner zu rekonstruieren. Deshalb stützten sie sich in der Beweisaufnahme nur auf
die beiden kurzen Inhaltsangaben der Hitler Rede vom 22. August 1939 aus den OKW
Akten, die wegen ihres Fundortes, selbst ohne Datum und Unterschrift, von der Vertei
digung kaum als „nicht amtlich“ angegriffen werden konnten.78 Es ist aufschlussreich,
dass der Verteidiger Dr. Stahmer einräumte, dass es die Rede Hitlers am 22. August
1939 gegeben habe, aber – kaum ohne Grund – ein Verbot des Mitstenografierens aus
gegeben worden sei: „No one in that meeting was commissioned with taking down
stenographically the events in the meeting and since all signatures are lacking, it can
not be determined who wrote them or who is responsible for their reliability.“ 79 Das
schlechte Gewissen derjenigen Angeklagten, die diese Rede als einen „Gewaltakt“
erlebt hatten, gegen den sie sich nicht gewehrt hatten, spricht hier Bände.
Für den „Special Correspondent“ der Londoner Times, der in einem Artikel vom
24. November 1945 aus L 3 zitierte, war nach dem Abschnitt „to kill without pity or
mercy all men, women, and children of the Polish race or language“ und der rhetori
schen Frage „Who still talks nowadays of the extermination of the Armenians?“ klar:

„Here indeed is the real Hitler.“ Für die Times lag mit der Lochner Version, egal ob als


77 Bereits im März 1943 hatte Lochner in seinem Buch „What about Germany?“ zu Hitlers Rede
vom 22. August 1939 erläutert: „The speech on the Obersalzberg, indeed, delivered ten days
before the outbreak of World War II, reveals Adolf Hitler as the man who planned this war, who
wanted this war, and who finally succeeded in bringing about this war.“ Lochner, What About
Germany?, S. 18.
78 IMT Proceedings, S. 9813.
79 IMT Proceedings, S. 377. Am 16. Mai 1946 versuchte Verteidiger Dr. Siemers die Glaubwür
digkeit der beiden Versionen (Exibit 29+30) noch einmal mit dem Argument anzuzweifeln,
dass es sich nur um lose Seiten ohne Datum und Unterschrift handele. IMT Proceedings,
S. 9782–9784. Siemers wandte zudem ein, dass das Exzerpt nicht auf einer stenografisches
Mitschrift beruhe und Hitler so nicht gesprochen habe: „The words, ‚destruction of Poland
in the foreground‘, ‚aim is removal of living forces, not arrival at a certain line‘ – these words
were not spoken, and such a war aim the German High Commanders would not have agreed
to. In this connection, may I remind the Court that there is a third version of this speech as
mentioned in this courtroom, L 3, which is even worse than these and which was published
by the world press. Wherever one spoke to anyone this grotesque, brutal speech was brought
up. For that reason it is in the interest of historical truth to ascertain whether Hitler in this
horrible way spoke at this time. Actually, I admit he used many expressions which are sharp,
but he did not use such words. For the reputation of the commanders who were present, this
is of great significance.“ Siemers räumte damit ein, dass es längst nicht mehr um einzelne NS
Verbrecher ging, sondern die Ehre der Wehrmachtführung gerettet werden sollte. IMT Pro

ceedings, S. 9784–9785.Z F G 7 0 (2 02 2) 6


                                                                            562

formales Beweisstück in den Nürnberger Prozess eingeführt oder nicht, der entschei
dende Beleg für die Verbrechen Hitlers und des Nationalsozialismus vor: „These calcu
lated words are so incriminating that is seems almost superfluous to refer to the batch of
other documents put in by the prosecuting counsel as evidence of the Nazi intentions to

launch an aggressive war.“80


Die Einwände der Verteidigung, Hitler habe solche Verbrechen niemals vor seinen
Generälen angekündigt, konterte Staatsanwalt Thomas J. Dodd mit dem Argument:
„I think the actual proof in the case thus far shows that not only were these things said

but they were done.“81


Dass Lochner die Hitler Rede bereits 1943 gleich zu Beginn seines Buches „What
about Germany?“ veröffentlicht hatte, schien 1945/46 in Nürnberg erstaunlicher
weise nicht bekannt gewesen zu sein oder wurde verschwiegen. 82 Wahrscheinlich
hatte sich Lochner ausbedungen, dass sein Name von der Anklage nicht erwähnt
und er nicht in die Verhandlungen involviert werden durfte. Denn als Zeuge wäre
Lochners Prozessberichterstattung als AP Journalist gefährdet gewesen. Seine beruf
liche Zukunft bei AP stand genau in dieser Zeit auf der Kippe. In späteren Prozessen
wie dem Manstein Prozess 1949 sagte Lochner, nun nicht mehr bei AP beschäftigt,

bereitwillig aus. 83


Ebenso wenig wusste oder erwähnte man in Nürnberg, dass der deutsche Original
text der Lochner Version 1944 auch schon in der Exil Zeitschrift Deutsche Blätter ver
öffentlicht worden war. 84 Die Herausgeber hatten ihn während des Krieges von Loch
ner erhalten. Für sie stand fest: „Wir haben hier also den unzensurierten, originalen
Wortlaut dieser Rede und jeder Urteilsfähige weiss, dass diese Sprechweise nicht erfun
den werden kann, denn zu sehr enthüllt sie das wahre Wesen des Nazismus und seines
entsetzlichen Führers.“ Wie wenig später auch Gisevius fällten die Deutschen Blätter
ein moralisches Urteil über die Wehrmachtführung: „Und die Generäle? Keiner von
ihnen hat eine Hand gerührt, um einen Rasenden unschädlich zu machen als er sich
anschickte, das grösste Unheil über die Welt zu bringen. Sie haben vielleicht missbil
ligt, was man ihnen auftrug, aber sie haben gehorcht – wie so oft! Und die meisten von
ihnen haben die erteilten Befehle auf eine Weise ausgeführt, die uns allen das Blut in


80 Der Text des „Special Correspondent“ ist datiert auf den 23. November 1945 und gibt an, dass

die amerikanischen Staatsanwälte die Beweise „this evening“ eingebracht und vorgestellt
hatten. Nazi Germany’s Road to War, in: Times, 24. 11. 1945, S. 4.
81 IMT Proceedings, S. 9812 (17. 5. 1946), meine Hervorhebung. Zur Übereinstimmung von Wort
und Tat bei Hitler siehe Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, S. 119, 575–576.
82 Lochner, What about Germany?, S. 11–18.
83 Krausnick, Vorgeschichte des Widerstandes, S. 381, Anm. 557.
84 Der englische Text der Lochner Version wurde im Mai 1947 auch in William L. Shirer, End of
a Berlin Diary, New York 1947, fast vollständig zitiert. Shirer ging zu diesem Zeitpunkt irrtüm

lich davon aus, dass Lochner die Hitler Rede erst „during the war“ erhalten habe, S. 252.


                                                                        563

den Adern erstarren liess, die ein furchtbarer Schandfleck auf dem deutschen Namen
bleiben wird. Darum trifft auch sie der Fluch der Geschichte und darum ist von ihnen

nichts für die Zukunft Deutschlands zu erwarten!“85


Aus heutiger Sicht ist es zu beklagen, dass die Lochner Version im Nürnberger Pro
zess nicht angemessen gewürdigt wurde. Zumal man am Ende des gigantischen Pro
zesses kaum ähnlich prägnante Belege für einen weltweiten Eroberungs und Ver
nichtungsplan Hitlers in der Hand hatte und sich auf den Nachweis verbrecherischer
Angriffskriege beschränkte. Auch auf die geschichtswissenschaftliche Forschung
nach 1946 blieb dies nicht ohne Wirkung, die sich nun über Jahre in psychologischen
Abhandlungen über den – vorgeblich planlosen – Macht und Gewaltmenschen, den
Opportunisten und Nihilisten Hitler erging. Hierbei dürfte sich überdies die im Zweiten
Weltkrieg zur globalen Mobilisierung gegen das „Dritte Reich“ verwendete alliierte Pro
paganda gegen die Weltherrschaftspläne Hitlers gerächt haben. 86 Auf diese (zutreffende)
Kriegspropaganda wollte nun offenbar weder die juristische noch die geschichtswissen

schaftliche Erforschung des Nationalsozialismus aufbauen.


In Nürnberg dürften manche der früheren Berliner Auslandskorrespondenten,
ganz sicher jedenfalls Lochner, heilfroh gewesen sein, dass ihre Namen im Prozess
nicht auftauchten und ihre vertraulichen Absprachen, Arrangements und Deals87 mit
einigen der Angeklagten am Galgen endeten. Louis Lochner vergab dadurch eine ein
malige historische Chance. Nur durch seine Aussage wäre „seine“ Version der Hitler
Rede im Nürnberger Prozess juristisch nutzbar geworden, denn alle übrigen Beteilig
ten an der Weitergabe der Rede an ihn – Canaris, Beck, Oster und Maaß – waren von
den Nationalsozialisten ermordet worden. Sie konnten in Nürnberg kein Zeugnis mehr

ablegen.


Die Geschichtswissenschaft verfügt heute über mehr Informationen zu den Hinter
gründen und Zusammenhängen als die Ermittler und Richter 1945/46 und die His
toriker der 1960er und 1970er Jahre. Das Narrativ von der „sauberen“ Wehrmacht
ist schon vor Jahren dekonstruiert worden. Es ist daher überfällig, dass die Lochner
Version der Hitler Rede vom 22. August 1939 für weitere Forschungen herangezogen
wird und als das anerkannt und, was sie ist: ein Schlüsseldokument der nationalsozia
listischen Weltanschauung, in dem Hitlers zwei Kerngedanken, Weltherrschaft und

Völkermorden, kristallin zum Ausdruck kommen.


85 Hitler, der Verantwortliche, und seine Trabanten, in: Deutsche Blätter, Heft 1 (1944), S. 117–119
(37–39).
86 Vgl. Dietrich Aigner, Hitler und die Weltherrschaft, in: Michalka (Hrsg.), Außenpolitik,
S. 49–69, hier S. 54.
87 Zu Louis Lochner als Urheber des geheimen, erst 2017 entdeckten Deals zwischen AP und
NS Deutschland siehe Domeier, Geheime Fotos, und ders., Weltöffentlichkeit und Diktatur,

Kap. 5.


                                                                            564

Dokumentation
Hitlers Rede vor der Wehrmachtführung auf dem Obersalzberg

am 22. August 1939 („Lochner-Version“) 88


Entschluß zum Angriff auf Polen im Frühling. Ursprünglich Befürchtung, durch poli
tische Konstellation gegen England, Frankreich, Polen zugleich schlagen zu müssen.
Auch dieses Risiko hätte getragen werden müssen. Göring hat ja ausgeführt, daß Vier
jahresplan gescheitert und wir am Ende, wenn nicht Sieg in kommendem Krieg.
Seit Herbst 1938, und seitdem ich erkannt habe, daß Japan nicht bedingungslos mit
uns geht und Mussolini bedroht ist durch den Schwachkopf von König und den verräte
rischen Schurken von Kronprinzen, Entschluß, mit Stalin zu gehen. Im Grunde nur drei
große Staatsmänner auf der Welt, Stalin, ich und Mussolini. Mussolini, der Schwächste,
hat weder Macht der Krone, noch der Kirche brechen können. Stalin und ich die Einzi
gen, die nur die Zukunft sehen. So werde ich in einigen Wochen Stalin an der gemein
samen deutschrussischen Grenze die Hand reichen und mit ihm eine Neuverteilung der

Welt vornehmen.


Unsere Stärke ist unsere Schnelligkeit und unsere Brutalität. Dschingis Chan hat
Millionen Frauen und Kinder in den Tod gejagt, bewußt und fröhlichen Herzens. Die
Geschichte sieht in ihm nur den großen Staatengründer. Was die schwache westeuro
päische Zivilisation über mich behauptet, ist gleichgültig. Ich habe den Befehl gegeben –
und ich lasse jeden füsilieren, der auch nur ein Wort der Kritik äußert – daß das Kriegs
ziel nicht im Erreichen von bestimmten Linien, sondern in der physischen Vernichtung
des Gegners besteht. So habe ich, einstweilen nur im Osten, meine Totenkopfverbände
bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib und Kind
polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken. Nur so gewinnen wir den
Lebensraum, den wir brauchen. Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?
Generaloberst von Brauchitsch hat mir zugesagt, den Krieg gegen Polen in wenigen
Wochen zum Abschluß zu bringen. Hätte er mir gemeldet, ich brauche zwei Jahre oder
auch nur ein Jahr dazu, so hätte ich den Marschbefehl nicht gegeben und mich vorü
bergehend statt mit Rußland mit England verbündet. Denn wir können keinen langen
Krieg führen. Allerdings ist nun eine neue Lage geschaffen. Die armseligen Würmer
Daladier und Chamberlain habe ich in München erlebt. Sie werden zu feige sein, anzu
greifen. Sie werden nicht über die Blockade hinausgehen. Dagegen haben wir unsere
Autarkie und die russischen Rohstoffe. Polen wird entvölkert und mit Deutschen besie
delt. Mein Polenpakt war nur als Zeitgewinn gedacht. Und im übrigen, meine Herren,
ereignet sich mit Rußland ja nur dasselbe, was ich mit Polen durchexerziert habe. Nach
Stalins Tod, er ist ein schwerkranker Mann, zerbrechen wir die Sowjetunion. Dann
dämmert die deutsche Erdherrschaft herauf.

88 Akten zur deutschen auswärtigen Politik (ADAP), D 7, Nr. 193, S. 171 f., Fn. 1


                                                                     565

Die Kleinstaaten können mich nicht schrecken. Nach Kemals Tod wird die Türkei
von Kretins und Halbidioten regiert. Carol von Rumänien ist ein durch und durch kor
rupter Knecht seiner Sexualtriebe. Der König von Belgien und die nordischen Könige
sind weiche Hampelmänner, abhängig von der guten Verdauung ihrer verfressenen und

müden Völker.


Den Abfall Japans müssen wir in Kauf nehmen. Ich habe Japan ein ganzes Jahr Zeit
gelassen. Der Kaiser ist ein Gegenstück zum letzten Zaren. Schwach, feige, entschlußlos.
Mag er der Revolution anheimfallen. Populär war mein Zusammengehen mit Japan nie.
Wir werden weiterhin die Unruhe in Fernost und in Arabien schüren. Denken wir als
Herren und sehen wir in diesen Völkern bestenfalls lackierte Halbaffen, die die Knute

spüren wollen.


Die Gelegenheit ist günstig wie nie zuvor. Ich habe nur eine Sorge, daß mir Cham
berlain oder irgend so ein anderer Saukerl im letzten Augenblick mit Vorschlägen und
Umfallen kommt. Er fliegt die Treppe herunter. Und wenn ich ihm persönlich vor den

Augen aller Photographen in den Bauch treten muß.


Nein, dazu ist es zu spät. Der Angriff und die Vernichtung Polens beginnt am Sonn
abend früh. Ich lasse ein paar Kompanien in polnischer Uniform in Oberschlesien oder
im Protektorat angreifen. Ob die Welt das glaubt, ist mir scheißegal. Die Welt glaubt
nur an den Erfolg. Für Sie, meine Herren, winken Ruhm und Ehre wie seit Jahrhunder
ten nicht mehr. Seien Sie hart, seien Sie schonungslos, handeln Sie schneller und bruta
ler als die andern. Die Bürger Westeuropas müssen vor Entsetzen erbeben. Das ist die

humanste Kriegsführung. Denn es schreckt sie ab.


Die neue Kriegsführung entspricht der neuen Grenzziehung. Ein Wall von Reval,
Lublin, Kaschau nach der Donaumündung. Den Rest kriegen die Russen. Ribbentrop
ist angewiesen, jedes Angebot zu machen und jede Forderung anzunehmen. Im Westen
behalte ich mir vor, die strategisch beste Linie zu bestimmen. Hier wird sich, etwa mit
Holland, Belgien, Französisch Lothringen, mit Protektoratsgebieten arbeiten lassen.

Und nun: ran an den Feind! In Warschau feiern wir Wiedersehn!


Die Rede wurde mit Begeisterung aufgenommen. Göring stieg auf den Tisch. Blutrüns
tiger Dank und blutrünstiges Versprechen. Er tanzte wie ein Wilder herum. Die weni

gen (!) Bedenklichen schwiegen.


Beim Essen äußerte sich Hitler, er müsse in diesem Jahre handeln, da er nicht mehr
lange lebe. Sein Nachfolger aber könne nicht mehr, außerdem sei die Lage in spätestens

zwei Jahren trostlos.


                                                                       566

Hitler’s Speech to the Leading Wehrmacht Generals on the Obersalzberg,

22 August 1939 („Lochner Version“) 89


Decision to attack Poland was arrived at in spring. Originally there was fear that because
of the political constellation we would have to strike at the same time against England,
France, Russia and Poland. This risk too we should have had to take. Göring had demon
strated to us that his Four Year Plan is a failure and that we are at the end of our strength,

if we do not achieve victory in a coming war.


Since the autumn of 1938 and since I have realised that Japan will not go with us
unconditionally and that Mussolini is endangered by that nitwit of a King and the
treacherous scoundrel of a Crown Prince, I decided to go with Stalin. After all there are
only three great statesmen in the world, Stalin, I and Mussolini. Mussolini is the weak
est, for he has been able to break the power neither of the crown nor of the Church. Stalin
and I are the only ones who visualise the future. So in a few weeks hence I shall stretch
out my hand to Stalin at the common German Russian frontier and with him undertake

to re distribute the world.


Our strength lies in our quickness and in our brutality; Genghis Khan has sent mil
lions of women and children into death knowingly and with a light heart. History sees
in him only the great founder of States. As to what the weak Western European civilisa
tion asserts about me, that is of no account. I have given the command and I shall shoot
everyone who utters one word of criticism, for the goal to be obtained in the war is not
that of reaching certain lines but of physically demolishing the opponent. And so for
the present only in the East I have put my death head formations in place with the com
mand relentlessly and without compassion to send into death many women and chil
dren of Polish origin and language. Only thus we can gain the living space that we need.

Who after all is today speaking about the destruction of the Armenians?


Colonel General von Brauchitsch has promised me to bring the war against Poland
to a close within a few weeks. Had he reported to me that he needs two years or even
only one year, I should not have given the command to march and should have allied
myself temporarily with England instead of Russia for we cannot conduct a long war. To
be sure a new situation has arisen. I experienced those poor worms Daladier and Cham
berlain in Munich. They will be too cowardly to attack. They won’t go beyond a block

ade. Against that we have our autarchy and the Russian raw materials.


Poland will be depopulated and settled with Germans. My pact with the Poles was
merely conceived of as a gaining of time. As for the rest, gentlemen, the fate of Russia will
be exactly the same as I am now going through with in the case of Poland. After Stalin’s
death—he is a very sick man—we will break the Soviet Union. Then there will begin the

dawn of the German rule of the earth.


89 British Documents on Foreign Policy, Serie 3, Band VII, Nr. 399.


                                                                      567

The little States cannot scare me. After Kemal’s death Turkey is governed by ‘cre
tins’ and half idiots. Carol of Roumania is through and through the corrupt slave of his
sexual instincts. The King of Belgium and the Nordic kings are soft jumping jacks who
are dependent upon the good digestions of their over eating and tired peoples.
We shall have to take into the bargain the defection of Japan. I gave Japan a full
year’s time. The Emperor is a counterpart to the last Czar—weak, cowardly, undecided.
May he become a victim of the revolution. My going together with Japan never was
popular. We shall continue to create disturbances in the Far East and in Arabia. Let us
think as ‘gentlemen’ and let us see in these peoples at best lacquered half maniacs who

are anxious to experience the whip.


The opportunity is as favourable as never before. I have but one worry, namely that
Chamberlain or some other such pig of a fellow (‘Saukerl’) will come at the last moment
with proposals or with ratting (‘Umfall’). He will fly down the stairs, even if I shall per

sonally have to trample on his belly in the eyes of the photographers.


No, it is too late for this. The attack upon and the destruction of Poland begins Satur
day early. I shall let a few companies in Polish uniform attack in Upper Silesia or in the
Protectorate. Whether the world believes it is quite indifferent (‘Scheissegal’). The world

believes only in success.


For you, gentlemen, fame and honour are beginning as they have not since centuries.
Be hard, be without mercy, act more quickly and brutally than the others. The citizens of
Western Europe must tremble with horror. That is the most human way of conducting a

war. For it scares the others off.


The new method of conducting war corresponds to the new drawing of the frontiers.
A war extending from Reval, Lublin, Kaschau to the mouth of the Danube. The rest will
be given to the Russians. Ribbentrop has orders to make every offer and to accept every
demand. In the West I reserve to myself the right to determine the strategically best line.
Here one will be able to work with Protectorate regions, such as Holland, Belgium and
French Lorraine.
And now, on to the enemy, in Warsaw we will celebrate our reunion.
The speech was received with enthusiasm. Göring jumped on a table, thanked blood
thirstily and made bloodthirsty promises. He danced like a wild man. The few that had
misgivings remained quiet. (Here a line of the memorandum is missing in order no

doubt to protect the source of information.)


During the meal which followed Hitler said he must act this year as he was not likely
to live very long. His successor however would no longer be able to carry this out. Besides
the situation would be a hopeless one in two years at the most.
24.08.2022

[Bremer Friedensforum]: Newsletter Bremer Friedensforum 10/23. August 2022


In diesen Tagen besonders wichtig:

Jeden Donnerstag von 17 bis 18 Uhr, Mahnwache "Die Waffen nieder - Nein zum Krieg", Marktplatz Bremen <


Newsletter Bremer Friedensforum 10/23. August 2022 (Weiterleitung sehr erwünscht!)


Inhalt heute:


01. Kundgebung zum Antikriegstag am 1. September

02. Friedensökologischer Appell an die Bundesregierung/Bitte Petition zeichnen!

03. Rückblick auf Bremer Friedensaktion zu den ersten Atombombenabwürfen vor 77 Jahren

04. Deutliches Signal zu Gewaltverzicht und militärischer Abrüstung aussenden

05. Die neue Zeitung gegen den Krieg – zum Antikriegstag am 1. September

06. Neues Friedensjournal

07. Handbuch Rüstung

08. Lesenswert: Pflugscharen zu Schwertern

09. Katastrophale Folgen eines Atomkrieges

10. Spendenaufruf Humanitäre Cuba Hilfe

11. Bremer Friedensforum im Netz

12. Termine

13. In eigener Sache

14. Datenschutz



1. Kundgebung zum Antikriegstag am 1. September


Bremen. Das Bremer Friedensforum hat einen Aufruf zum diesjährigen Antikriegstag veröffentlicht, den zwölf weitere Organisationen unterzeichnet haben. Am Donnerstag, 1. September, 83 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, findet um 17 Uhr auf dem Marktplatz eine Kundgebung statt.


Dort sprechen der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko aus Aachen (Die Linke), die ehemalige zweite Bevollmächtigte der IG Metall Waiblingen, Anne Rieger aus Graz (Bundesausschuss Friedensratschlag), und Ariane Müller, freigestellte Betriebsrätin im Klinikum Bremen-Mitte. Moderation: Barbara Heller (Bremer Friedensforum).


Der Aufruf zum Antikriegstag fordert:

Ø Sofortige Waffenstillstandsverhandlungenaller am Krieg Beteiligten,

Ø Stopp jeglicher Waffenlieferungen in Kriegsgebiete,

Ø Umschichtung der deutschen Rüstungsmilliarden für soziale und ökologische Aufgaben.


Hinweis: Um 15.30 Uhr beginnt bereits eine Demonstration (Veranstalter: Revolutionäre Front, Abteilung Bremen) vom DGB-Haus zur Kundgebung auf dem Marktplatz.

 

Links:


https://www.friedenskooperative.de/antikriegstag2022/aufrufe/bremen


https://www.bremerfriedensforum.de/1485/aktuelles/Kundgebung-zum-Antikriegstag-in-Bremen/


https://www.gew-hb.de/veranstaltungen/detailseite/kundgebung-zum-antikriegstag-in-bremen



Weitere Veranstaltungen zum Antikriegstag: siehe unten im Terminkalender!



2. Friedensökologischer Appell an die Bundesregierung, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden

 

Bremen/Berlin/Essen. 25 Aktive aus der Friedensbewegung haben einen Appell an die Bundesregierung veröffentlicht, mit dem sie eine Abkehr von der Hochrüstung, der Sanktionspolitik und von der Militarisierung der Politik fordert. Sie wenden sich gegen die Nato-Politik doppelter Standards und des manipulativen Nachrichten-Managements, die Völkerrechtsverstöße nur auf Seiten der Rivalen der Nato sieht. Sie kritisieren die Militarisierung der Politik aus Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und Sanktionen vor allem gegen Russland.


Die ersten 2000 Unterschriften liegen vor!


BITTE UNTERSTÜTZEN! Hier kann die Petition direkt gezeichnet werden:


https://chng.it/yJcd5CM28W


Wortlaut: Friedensökologischer Appell an die Bundesregierung, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden


Die in viele massive Völkerrechtsbrüche seit dem Ende des Kalten Krieges verwickelten Nato-Staaten beantworten den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit einem Wirtschaftskrieg aus vielen Einzelmaßnahmen wie Sanktionen, Embargos und Extrazöllen.


Ihr Bestreben, Russland zu ruinieren – so die Außenministerin Baerbock nach Kriegsausbruch - führt zu sozialen Verwerfungen in Europa und weltweit, die der Bevölkerung zusetzen: Inflation, Lieferkettenunterbrechungen, beschleunigte Verbreitung von Armut, vor allem auch im globalen Süden durch Inflation, Lieferkettenunterbrechungen, Export-Stopp für Düngemittel usw. Die Verbreitung von Armut nimmt dramatische Form an.


Zwangsräumungen, Stromabschaltungen und die Gefahr einer irreversiblen Schädigung der Binnenwirtschaft unseres Staates sowie der internationalen Handelsbeziehungen mit der Folge grassierender Massenarbeitslosigkeit – all das belastet die Bevölkerung. Die Militarisierung der Politik geht zu Lasten der Sozialpolitik, des Umweltschutzes und generell der Daseinsvorsorge. Die Reduktion von Öl- und Gaslieferungen aus Russland steigert unsere Abhängigkeit von kriegführenden und Menschenrechte verletzenden Staaten, am Golf und vor allem von den USA. Die gesteigerte Abhängigkeit vom US-Flüssiggas führt zu immer weiteren globalen Umwelt- und Kostenbelastungen, Katastrophen und Krisen.


Sollte Nord Stream 1 versiegen, ist das von der US-Administration bekämpfte Nord Stream 2 betriebsbereit, durch das später auch grüner Wasserstoff fließen kann.


Die Lieferung von immer mehr und schweren Waffen in die Ukraine kostet noch mehr Menschenleben und steigert das Risiko, das von den 15 Atomreaktoren in der Ukraine ausgeht: Ihre Sicherheit hängt von einer zuverlässig ununterbrochenen Kühlung – also von einer sicheren Versorgung mit Wasser ab. Dafür bedarf es eines stabilen Stromnetzes. Grundsätzlich sind Kriege abzulehnen, erst recht dort wo AKWs stehen. In der Ukraine steht Europas leistungsstärkstes AKW, seine Havarie wäre für ganz Europa verheerend. Die gegenwärtigen Kriege bergen neben dem Leid, das sie verursachen, das Potential in sich, in einem nuklearen Inferno zu münden. Der einzige zu verantwortende Ausweg aus dieser Gefahrenlage ist der der Diplomatie.


- Wir fordern


das Ende des Wirtschaftskrieges, der Hochrüstung und des Zustroms von immer mehr Waffen in Kriegsgebiete;


den Aufbau der vom Vertrag zur Deutschen Einheit und von der Charta von Paris geforderten zukunftsfähigen Friedensordnung, die die Sicherheitsinteressen eines jeden, also auch die Russlands und der Ukraine gleichermaßen respektiert, die weltweit mit den gleichen menschenrechtlichen Standards soziale und ökologische Nachhaltigkeit fördert.


DIE ZUKUNFT DER MENSCHHEIT KANN ES NUR IN FRIEDEN GEBEN.


Hinweise auf den Appell: 


https://www.jungewelt.de/artikel/432410.friedens%C3%B6kologischer-appell-ver%C3%B6ffentlicht.html


https://friedensratschlag.de/2022/08/friedensoekologischer-appell/


https://www.bremerfriedensforum.de/1486/aktuelles/Appell-an-die-Bundesregierung-Schaden-von-der-Bevoelkerung-abzuwenden/


https://www.aufstehen-bremen.org/index.php/theme-styles/ag-frieden/987-appell-an-die-bundesregierung-schaden-von-der-bevoelkerung-abzuwenden



3. Rückblick: Hiroshima und Nagasaki mahnen: Atomwaffen abschaffen! Bremer Friedensaktion

 

Bremen. Das Bremer Friedensforum hat mit Unterstützung von acht anderen Organisationen zum Gedenken an Hiroshima am 6. August eine Veranstaltung auf dem Bremer Marktplatz durchgeführt. Bremerinnen und Bremer brachten Blumen mit, um das Peace-Zeichen auf dem Bremer Marktplatz auszulegen. Um dieses Zeichen herum versammelten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einer eindrucksvollen Mahnwache. Es sprachen Pastor i.R. Hartmut Drewes, einer der Sprecher des Bremer Friedensforums, Lars Pohlmeier, Co-Vorsitzender Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges IPPNW, und Regine Albrecht von der VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Jens-Volker Riechmann aus Osterholz-Scharmbeck rezitierte das Gedicht „Hiroshima“ von Marie-Luise Kaschnitz. Es moderierte Eveline Giannone. Einer der Teilnehmenden trug ein Plakat mit Worten von Esther Bejarano, die als KZ-Überlebende und Antifaschistin einmal gesagt hat: „Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht! Seid solidarisch! Helft einander! Achtet auf die Schwächsten! Seid solidarisch!“ Die Veranstaltung schloss mit dem Ulmentanz unter der Leitung von Helene Streicher.


Video:


Weltnetz.TV hat das Video über die Mahnwache am 6. August 2022 auf dem Bremer Marktplatz hochgeladen:


https://youtu.be/cFT5w4Ny8m4


Die Reden sind im Netz:


https://www.friedenskooperative.de/hiroshimatag2022/reden/lars-pohlmeier-bremen


https://www.friedenskooperative.de/hiroshimatag2022/reden/hartmut-drewes-bremen


https://www.friedenskooperative.de/hiroshimatag2022/reden/regine-albrecht-bremen


Siehe auch Fotobericht:


https://www.bremerfriedensforum.de/1487/aktuelles/Hiroshima-und-Nagasaki-mahnen-Atomwaffen-abschaffen/



4. Deutliches Signal zu Gewaltverzicht und militärischer Abrüstung aussenden


Bonn. Deutliche Signale für den Weg des Gerechten Friedens erhoffen sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener ökumenischer Friedensorganisationen von der anstehenden Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe. In einem Offenen Brief an den ÖRK-Zentralausschuss halten die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ein „klares Bekenntnis der weltweiten Ökumene zum Gewaltverzicht und zu militärischer Abrüstung“ für unverzichtbar.


Die weltweite Ökumene habe in den vergangenen Jahrzehnten mit wegweisenden Beschlüssen und Worten militärische Rüstung, Krieg und die Drohung mit Atomwaffen verurteilt, betont Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), die zu den Unterzeichnern des Offenen Briefes gehört. „Damit ist der ÖRK ein leuchtendes Vorbild für viele Christinnen und Christen, die mit großem Engagement durch das Streben nach Frieden und für den Schutz des Lebens Gottes Liebe verbreiten“, so Gildemeister.


Der Krieg gegen die Ukraine sei ein beherrschendes und bedrückendes Thema, heißt es in dem Offenen Brief. „Wir beobachten dabei mit großer Sorge, dass viele Menschen unter dem Eindruck des Krieges an der christlichen Friedensethik zweifeln und das Ziel einer Überwindung von Gewalt durch Feindesliebe und Versöhnung und damit auch eine Politik der zivilen Friedensförderung in Frage stellen“, bedauert der AGDF-Geschäftsführer.


Angesichts der großen Aufmerksamkeit, die dem Ukraine-Krieg zukomme, würden andere Katastrophen in den Hintergrund gedrängt, beklagen die Friedensorganisationen in ihrem Offenen Brief und verweisen auf viele gewaltsame Konflikte in der Welt sowie die Folgen des Klimawandels, unter denen viele Menschen leiden würden. „Wir sind überzeugt, dass die Überwindung aller Kriege und die gemeinsame Entwicklung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung im Mittelpunkt unseres Handelns stehen muss“, heißt es im Offenen Brief an den ÖRK-Zentralausschuss.


Konkret erhoffen sich die Friedensorganisationen von der ÖRK-Vollversammlung eine klare Aufforderung der Kirchen an ihre Regierungen, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten, um so die ständige Bedrohung für die Menschheit durch Atomwaffen zu überwinden. Auch soll der ÖRK klar Position einnehmen für ein Stopp der Exporte von Rüstungsgütern und für eine Umwidmung der Milliarden, die jährlich in die Rüstung gesteckt werden.


Die Friedensorganisationen verweisen dabei auch auf den Friedensappell „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein“ an den ÖRK, den in diesem Jahr mehr als 5000 Menschen unterzeichnet haben. „Wir hoffen darauf, dass von Karlsruhe viele friedensethische Appelle in die Welt hinausgehen, die dann auch von den Regierungen der Länder nicht überhört werden können“, so Jan Gildemeister.


Zu der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, die vom 31. August bis zum 8. September erstmals in Deutschland zusammenkommen wird, werden mehr als 4000 internationale Gäste aus rund 350 Kirchen erwartet. Zu den Unterzeichnenden des Offenen Briefes gehören: Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, Church and Peace – Europäisches friedenskirchliches Netzwerk, Deutsche Franziskanerprovinz, Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee, Mennonitisches Friedenszentrum Berlin und die Ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben.


Der Brief kann im Wortlaut hier heruntergeladen werden: http://www.ohne-ruestung-leben.de/fileadmin/user_upload/startseite/2022/Offener-Brief-Oekumene-deutsch.pdf



5. Die neue Zeitung gegen den Krieg – zum Antikriegstag am 1. September


Bremen. Die Print-Ausgabe der neuen "Zeitung gegen den Krieg" wird bereits in Bremen verteilt.


Download:


https://frieden-und-zukunft.de/userfiles/pdf/2022/2022-08_zgk_52-web.pdf



6. Neues Friedensjournal


Frankfurt/M. Das neue FriedensJournal steht am Wochenende als Druckausgabe zur Verfügung. Schwerpunktthema ist der Kulturkampf der "westlichen Werte" gegen den Globalen Süden, angefangen von den aktuellen Kontroversen um

die documenta 15, über Wirtschaftskriege, Kampf um Rohstoffe und Hunger als Waffe.


Die Online-Fassung ist abrufbar unter:


https://www.frieden-und-zukunft.de/pdf/fj/FJ_2022-5_Web.pdf



7. Handbuch Rüstung


Tübingen. Das "Handbuch Rüstung" der "Informationsstelle Militarisierung" (IMI) zeigt auf, welche Firmen in Deutschland in diesem Feld aktiv sind und was sie im Einzelnen produzieren. Neben einer Karte, die die Standorte der Rüstung in Deutschland benennt, haben wir ein Verzeichnis der Firmen zusammengestellt und verweisen auf die Verflechtungen der Firmen untereinander. Deutlich wird, dass Rüstung nicht nur in den wenigen großen Firmen stattfindet, die wie Rheinmetall, Krauss-Maffei-Wegmann, Airbus, Heckler & Koch oder Diehl bekannte Namen sind. Aufgezeigt wird, wie lokal die Produktion ist und dass eine Auseinandersetzung mit Rüstung auch lokal geführt werden kann.


Die 100-Seiten Broschüre (A4) kostet 8,- € zuzügl. Versandkosten. Jetzt bestellen: imi@imi-online.de



8. Lesenswert: Pflugscharen zu Schwertern


Frankfurt/M. Plötzlich sind Haubitzen, Panzer, Raketenwerfer, Kampfjets die Dinge, die Frieden schaffen. Groß ist die neue Lust auf schweres Militärgerät und die Begeisterung für Pulverdampf und Stahlgewitter. Wie konnte es bloß so weit kommen? Lesenswerter Artikel von Arno Luik, der u.a. Chefredakteur der taz und langjähriger Autor der Zeitschrift Stern war, zum neuen „Helm auf!“- Zeitgeist mit seiner „Lust für schweres Kriegsgerät“ und wie es so weit kommen konnte.


Artikel:


https://overton-magazin.de/kommentar/politik-kommentar/pflugscharen-zu-schwertern/



9. Katastrophale Folgen eines Atomkrieges


Bremen. Laut einer neuen globalen Studie könnten durch einen Atomkrieg zwischen den USA und Russland mehr als fünf Milliarden Menschen an Hunger sterben, also mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. (siehe auch Weser Kurier, 16. August 2022). Klimawissenschaftler der Rutgers-Universität berechneten, wie viel Ruß durch die Feuerstürme in Folge der Detonation von Atomwaffen in die Atmosphäre gelangen würde und welche Konsequenzen dies auf die Lebensmittelversorgung weltweit hätte. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen veröffentlichte die internationale Ärzteorganisation IPPNW zeitgleich eine Studie zum Thema „Nukleare Hungersnot“. Das Fazit: Auch ein „regionaler“ Atomkrieg hätte katastrophale weltweite Folgen für die Menschheit.


Ein Krieg, in dem weniger als ein Zwanzigstel der weltweiten Atomwaffen zur Explosion gebracht würde, würde immer noch das Klima und die globalen Lebensmittelversorgungsketten zerstören. Weltweite Hungersnöte und Unruhen drohen Milliarden von Menschen zu töten, je nach Zahl der Atomwaffen.

 

Die Studien bestätigen die seit Jahrzehnten vorliegenden Analysen und Warnungen der weltweiten Friedensbewegung und ihre Forderungen nach Abschaffung aller Atomwaffen. Die Studien sind besonders für uns in Europa wegweisend. Immerhin lagern alleine in Büchel (Eifel) geschätzt 20 US-Atomwaffen mit einer Sprengkraft von bis zu 340 Kilotonnen TNT.

 

Einen Atomkrieg gilt es um jeden Preis zu verhindern. Dazu mahnen die Atombombenabwürfe der USA auf Hiroshima und Nagasaki bereits seit 77 Jahren. Die Atomwaffenstaaten müssen heute handeln, zum Beispiel mit einer gemeinsamen Verzichtserklärung auf einen Ersteinsatz mit Atomwaffen. Die Überprüfungs-Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York wäre eine gute Gelegenheit (gewesen). Die Bundesregierung ist aufgefordert, Atomwaffen zu ächten, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten und auf die "nukleare Teilhabe" zu verzichten.


zur IPPNW-Studie:


https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/ein-atomkrieg-wuerde-das-globale-klim.html



10. Spendenaufruf Humanitäre Cuba Hilfe


Bochum. Drei weitere Container mit medizinischem Equipment werden in diesen Tagen nach Kuba verschickt. Sie werden Anfang September in Mariel ankommen. Gleichzeitig organisiert die "Humanitäre Cuba Hilfe (HCH)" zusammen mit der Freundschaftsgesellschaft und Cuba Si einen gemeinsamen Kühlcontainer, der mit lebenswichtigen Medikamenten und medizinischen Artikeln gemäß dem Aufruf “MI APORTE A #CUBAPORLAVIDA” Anfang September auf die Reise geschickt und bereits Mitte September in Mariel ankommen wird. Der Container enthält von einigen wichtigen Medikamenten immerhin bis zu zwei Prozent des jährlichen Bedarfs des kubanischen Gesundheitssystems, Medikamente, die bei der Non-Profit-Organisation "aktion medeor" sehr preiswert eingekauft werden konnten. Diese Hilfslieferungen waren nur durch die großzügige finanzielle Unterstützung der deutschen Kuba-Solidaritätsorganisationen möglich. Noch ist etwas Platz in dem Kühlcontainer, so dass einige dringend benötigte medizinische Artikel dazugekauft werden könnten.


Ihr könnt uns hierbei z.B. durch eine Überweisung auf unser Spendenkonto unterstützen, Aber es eilt, weil Bestellung und Beschaffung ja auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen:

Spendenkonto der HCHe.V. bei der Sparkasse Dortmund, IBAN: DE52 4405 0199 0091 0160 36 , BIC DORTDE33XXX, Stichwort: C por la vida


Hinweis zu Spendenquittungen: Bei Spenden unter EUR 300,00 reicht der Überweisungsbeleg als Spendenquittung. Bei Beträgen über EUR 300,00 stellen wir dem/der Spender/in eine Spendenquittung aus, wenn er/sie im Verwendungszweck der Überweisung seine/ihre vollständige Adresse für die Spendenquittung vermerkt. Vermeiden Sie es bitte, "Kuba" auf Ihrer Überweisung zu erwähnen, sonst kann Ihre wertvolle Spende von Ihrer Bank blockiert werden. Und ja, es ist eine der "Gemeinheiten" der Blockadepolitik, die Kuba und diejenigen, die es unterstützen wollen, ertragen müssen.


Dr. med. Klaus Piel, Facharzt für Innere Medizin, Vorstand HCH und mediCuba-Europa, dr.piel@t-online.de, Telefon 0234 5162 1949, 0157 5886 1559, https://www.hch-ev.de/



11. Bremer Friedensforum im Netz


Bremen. Mehr Informationen bringt die Internetseite des Bremer Friedensforums. Wir empfehlen auch die täglich mehrfach aktualisierte Facebook-Seite des Bremer Friedensforums. Friedenspolitische News aus Bremen gibt es auch auf Twitter und Instagram. Bitte liken, teilen, folgen und abonnieren! Der WhatsApp-Gruppe Bremer Friedensforum kann beigetreten werden.


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12. Termine


* Termine aus der Friedensbewegung: https://www.friedenskooperative.de/termine.htm

* Weitere Informationen aus der Friedensbewegung: http://www.friedensratschlag.de

* Regelmäßige Termine in Bremen und Bremen-Nord:

+ Jeden Donnerstag, 17 bis 18 Uhr, Mahnwache Bremer Friedensforum, Marktplatz Bremen

+ Jeden dritten Freitag im Monat, 12 bis 13 Uhr, Mahnwache gegen die Rüstungshochburg Bremen an der Domsheide (vor "Kapitel 8")

+ Jeden Dienstag, von 10.45 bis 12.30 Uhr, Fußgängerzone in der Gerhard-Rohlfs-Straße, Friedensmahnwache mit Plakaten und Transparenten

+ Jeden Freitag, 17 Uhr, Kundgebung der "Nordbremer Bürger gegen den Krieg", Bremen-Vegesack, Gerhard-Rohlfs-Straße/Breite Straße



Mittwoch, 24. August 2022, 19 Uhr, Frieden konkret: Thema: „Das Scheiterns eines Projektes gemeinsamer Sicherheit in Europa 1991–2022", Einführung: David X. Noack, Lehrbeauftragter Uni Bremen

"Frieden konkret" ist eine gemeinsame Veranstaltungsreihe der NaturFreunde Berlin und der NaturFreunde Hamburg.

Wählt euch einfach ein: https://zoom.us/j/526339150


Montag, 29. August 2022, 18 Uhr, Online-Diskussionsveranstaltung des Arbeitskreises Frieden von ver.di Hamburg: Vortrag und Diskussion zum Antikriegstag 2022 "Der Aufmarsch – Vorgeschichte zum Krieg. Russland, China und der Westen" mit Jörg Kronauer

http://daten2.verwaltungsportal.de/dateien/seitengenerator/ff0c0fe2f571aec46e7681fcd1046fde186743/kronauer-veranstaltung_ver.di-ak_frieden.pdf


29. August bis 9. September 2022, DGB-Haus, Bahnhofsplatz 22, 28195 Bremen, Ausstellung "Sophie Scholl und die Weiße Rose"

https://bremen.dgb.de/termine/++co++77e24026-0f19-11ed-913f-001a4a160123


30. August bis 4. September 2022 in Kassel, "Rheinmetall Entwaffnen" - Camp und Aktionstage

https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org


Mittwoch, 31. August 2022, 19 Uhr, Webinar zum Antikriegstag, "Ukraine-Krieg: Schießen oder reden? Wege zu einem Verhandlungsfrieden", auf dem virtuellen Podium: Dr. Angelika Claußen, Präsidentin von IPPNW Europa, Claudia  Haydt, Informationsstelle Militarisierung Tübingen, Michael Müller, Vorsitzender der Naturfreunde Deutschlands, Moderation: Peter Wahl, Publizist, ATTAC BAG _Globalisierung & Krieg

Registrieren Sie sich im Voraus für dieses Treffen. Nach der Anmeldung erhalten Sie eine Bestätigungs-E-Mail mit Informationen zur Teilnahme an der Sitzung.

https://us02web.zoom.us/meeting/register/tZEucOipqjgsHdZjFTgAGDmBWKGLVr2ozwlb


Donnerstag, 1. September 2022, 17 Uhr, Marktplatz Bremen, Kundgebung zum Antikriegstag, es sprechen der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko aus Aachen (Die Linke), die ehemalige zweite Bevollmächtigte der IG Metall Waiblingen, Anne Rieger aus Graz (Bundesausschuss Friedensratschlag), und Ariane Müller, Betriebsrätin im Klinikum Bremen-Mitte; Moderation: Barbara Heller (Bremer Friedensforum).

https://www.bremerfriedensforum.de/1485/aktuelles/Kundgebung-zum-Antikriegstag-in-Bremen/


Donnerstag, 1. September 2022, 18 Uhr, Bremerhaven, Haupteingang der Bundeswehrmarineschule, Demonstrationszug durch die Elbestraße, Ludwigstraße und Bgm.-Smidt-Straße zur Großen Kirche. Abschlussveranstaltung mit Musik, es spricht Gerhard Schäfer (Bremer Friedensforum)

https://www.friedenskooperative.de/termine/antikriegstag-2022-in-bremerhaven


Donnerstag, 1. September 2022, 18:30 bis 20 Uhr, DGB-Haus, Tivoli-Saal, Bahnhofsplatz 22, 28195 Bremen, „Für den Frieden! Diskussion zur neuen europäischen Friedenordnung“, Impulsvortrag: Dr. Anna Kreikemeyer, …
… Abteilungsleitung Grundsatz und Gesellschaft, DGB Bundesvorstandsverwaltung, Dr. Joachim Schuster, Europaabgeordneter für Bremen und Bremerhaven, SPD, Dr. Helga Trüpel, Vorsitzende Europa Union Bremen

https://bremen.dgb.de/termine/++co++f962c4c4-1efd-11ed-b3c3-001a4a160123


Donnerstag, 1. September 2022, 19:30 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz 4, 28203 Bremen, Meinungsaustausch nach der Antikriegstags-Kundgebung mit Andrej Hunko und Anne Rieger, "Friedensbewegung in komplizierten Zeiten",

AG Frieden und Antimilitarismus https://www.dielinke-bremen.de/partei/arbeitsgemeinschaften/ und https://www.bremerfriedensforum.de


Freitag, 9. September 2022, 19 Uhr, Paradox, Bernhardstraße 10-12, 28203 Bremen (Haltestelle Sielwall, Straßenbahn 2, 3, 10), Filmveranstaltung zum 49. Jahrestag des faschistischen Militärputsches (11. …
…Oscargewinner 1983. Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit. Während eines Militärputsches in Lateinamerika verschwindet ein junger US-Autor. Auf der Suche nach seinem Sohn erlebt der Vater nicht nur die

Behinderung durch ausländische Behörden, sondern erfährt am Ende eine erschütternde Wahrheit.

Mit Unterstützung des Bremer Friedensforums


Sonntag, 11. September, 11 Uhr, Bremen, Ostertorwache (Wilhelm Wagenfeld Haus), 11 Uhr: Kurzes Gedenken der Opfer von Faschismus und Krieg an der Skulptur „Freiheitskämpfer“ von Fritz Cremer, 11:15 bis 12 Uhr: Besuch des Zellentrakts, 12 Uhr: Lesung im Keller der Ostertorwache, Gerd Lieberum liest aus den Briefen seines Großvaters Heinrich Buchholz, eines Bremer Kommunisten, der als Gefangener der Gestapo dort eingesperrt war.


Freitag, 30. September 2022, 18:30 Uhr, Bremen, VHS, Bamberger Haus, Faulenstraße 69, Lyrik von Alexander Puschkin! Auf Deutsch und Russisch tragen vor: Irene Baumann und Serhat Bilgin, Jens Derner und …
… Kravets. Freuen darf sich das Publikum auch auf die virtuosen Beiträge von Lilia Suchova (Pianistin), Tim Schikoré Gitarrist), Vladimiros Papadopoulos (Gitarre und Gesang) und Valerij Holstein (Bajanist).

Veranstalter: VHS in Kooperation mit Deutsch_Russische Friedens_Tage Bremen e. V.

Der Eintritt ist frei! Wir bitten um telefonische Anmeldung bei der VHS für die bessere Planung. Telefon: 0421/ 361 12345


Montag, 3. Oktober 2022, Klausurtagung Bremer Friedensforum, Anmeldung erforderlich: info@bremerfriedensforum.de

 

Samstag, 22. Oktober 2022 in Nörvenich, Demonstration "Atomkriegsmanöver 2022 absagen!"

https://www.atomwaffenfrei.de


Samstag, 19. und Sonntag, 20. November 2022, IMI-Kongress: Zeitenwenden - Ukraine-Krieg und Aufrüstung in Tübingen

https://www.imi-online.de 


Samstag, 10. und Sonntag, 11. Dezember 2022, Bundesweiter Friedensratschlag in Kassel, Philipp-Scheidemann-Haus

https://friedensratschlag.de/



13. In eigener Sache


Bleiben Sie bitte dem Bremer Friedensforum gewogen und sparen Sie nicht mit Vorschlägen, Ergänzungen, Texten und anderen Reaktionen an: info@bremerfriedensforum.de. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch gern darauf hinweisen, dass das Bremer Friedensforum auf ehrenamtlicher Basis arbeitet. Und: Friedensarbeit kostet auch Geld! Im Unterschied zu Rüstungsproduzenten erhalten wir keine staatliche Unterstützung aus Steuergeldern, sondern finanzieren unsere Arbeit ausschließlich aus Spenden. Unser Spendenkonto lautet: Ekkehard Lentz (für das Bremer Friedensforum), IBAN: DE 47 2501 0030 0123 2683 06, BIC: PBNKDEFF. Danke!



14. Datenschutz


In unregelmäßigen Abständen erhälst Du/erhalten Sie von mir/uns einen Email-Newsletter über Neuigkeiten aus dem Arbeitsbereich des Bremer Friedensforums. Ab dem 25. Mai 2018 ist die EU-Datenschutz-Grundverordnung(DSGVO) in Kraft getreten. Dies bedeutet, dass Deine/Ihre persönlichen Daten nach der neuen Verordnung nur mit Deiner/Ihrer Einwilligung verarbeitet werden dürfen. Gerne möchte(n) ich/wir Dich/Sie auch weiterhin mit Informationen versorgen. Sollte dieses jedoch in Zukunft nicht mehr erwünscht sein, bitte(n) ich/wir um eine kurze und formlose Email "Abbestellen" an: info@bremerfriedensforum.de. Wir nehmen euch dann aus dem Verteiler. Möchtest Du/möchten Sie auch weiterhin unseren Newsletter bekommen, brauchst Du/brauchen Sie nichts unternehmen. Siehe auch Datenschutzerklärung: https://www.bremerfriedensforum.de/Datenschutz     



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24.08.2022

Economists for Future  Ob Klima-Migration ein Sicherheitsrisiko oder eine Chance darstellt, liegt in den Händen der Politik

makronom.de, 22. August 2022, Barbora Sedova

Der Klimawandel dürfte die globalen Migrationsbewegungen in den kommenden Jahren deutlich verstärken – was die Politik gleich an mehreren Fronten unter Handlungsdruck setzt.


Zitat: Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses. Im Zentrum: die Wirtschaft. Die nächsten Jahre werden entscheiden, ob uns der Wandel by disaster passiert oder uns by design gelingt.


Die Debattenreihe Economists for Future widmet sich den damit verbundenen ökonomischen Herausforderungen. Sie beleuchten einerseits kritisch-konstruktiv Engführungen in den Wirtschaftswissenschaften sowie Leerstellen der aktuellen Wirtschaftspolitik. Andererseits diskutieren wir Orientierungspunkte für eine zukunftsfähige Wirtschaft und setzen Impulse für eine plurale Ökonomik, in der sich angemessen mit sozial-ökologischen Notwendigkeiten auseinandergesetzt wird.


Die erste Ausgabe der Debattenreihe erschien zwischen September und Dezember 2019. Der zweite Teil der Serie startete im September 2020, der dritte im Juni 2021. In der neuesten Ausgabe werden in den kommenden Monaten Aspekte rund um Macht & Märkte thematisiert. Hier finden Sie alle Beiträge, die bisher im Rahmen der Serie erschienen sind.


Der Klimawandel erhöht das Risiko von Konflikten, indem er Konflikttreiber wie Ungleichheit und Ressourcenknappheit verschärft. Dies wird auch durch den neuesten Bericht des Weltklimarats bestätigt. Es gibt jedoch keinen direkten und monokausalen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Konflikten. Vielmehr ist dieser höchst kontextbezogen, da die jeweiligen Auswirkungen stark von der sozio-ökonomischen und politischen Situation abhängen.


Ähnliches gilt auch für die Rolle der Flucht und Migration (hier synonym als menschliche Mobilität verwendet) in Klimawandel-Konflikt-Dynamiken. So trägt beispielsweise der globale Trend der Urbanisierung, der durch den Klimawandel zusätzlich vorangetrieben wird (z.B. durch steigende Temperaturen und Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen), zu einer höheren Verletzlichkeit der Menschen in den schnell wachsenden informellen Siedlungen (i.e. Slums) im Globalen Süden bei. Der dadurch verschärfte Wettbewerb – u.a. um Wohnraum, Zugang zu Sanitäreinrichtungen und Jobs – kann schnell zu konfliktreichen Spannungen führen. Zum Beispiel war die Lage in den informellen Siedlungen im Globalen Süden während der COVID-19-Pandemie besonders fragil, da diese oft eine hohe Bevölkerungsdichte aufweisen und der Druck auf ohnehin schon prekäre Infrastrukturen wie hygienische Zustände weiter steigt (z.B. durch eine mangelnde Ausstattung an Sanitäreinrichtungen).


Wenn Städte hingegen auf den Zustrom von Menschen gut vorbereitet sind (es z.B. genügend Wohnraum und funktionierende Infrastrukturen gibt), kann Migration wohlfahrtssteigernd sein. So verweist eine aktuelle OECD-Studie darauf, dass eine wirksame Migrationspolitik das Pro-Kopf-Einkommen in den OECD-Ländern erhöht und regionale Ungleichheiten verringert. Migration kann also auch Konflikttreiber entschärfen. Kurz gesagt: Ob sich klimabedingte Migration positiv auf die sozio-ökonomische und politische Situation am Zielort auswirkt oder eher ein Sicherheitsrisiko darstellt, hängt stark vom jeweiligen Kontext ab.


War der Syrienkrieg eine Folge des Klimawandels?

In der öffentlichen Debatte wurde zuletzt häufig der Syrienkrieg als ein Beispiel angeführt, bei dem der Klimawandel und die damit zusammenhängenden Migrationsbewegungen als Risikomultiplikatoren wirken würden. So erklärte der ehemalige US-Präsident Barack Obama, dass die klimawandelbezogenen Dürren und Missernten zu den Unruhen in Syrien beigetragen hätten. Auch der damalige US-Außenminister John Kerry äußerte sich ähnlich, wobei er zusätzlich die Rolle der klimabedingten Migration hervorhob.


Der Stand der Wissenschaft ist, dass in Syrien in den Jahren 2006-2010 eine schwere Dürre herrschte, die nachweislich auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Die damit einhergehenden Verluste in der Landwirtschaft und die beobachtbare Stadt-Land-Migration kann hierbei ebenfalls mit der Dürre und somit auch mit dem Klimawandel in Verbindung gesetzt werden. Bislang gibt es aber keinen wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhang, ob der Bürgerkrieg auf den Klimawandel und auf die Klima-Migration zurückzuführen ist. Höchstwahrscheinlich wäre der Krieg auch ohne die Dürre zustande gekommen, lautet eine Einschätzung des Weltklimarats.

Während die wissenschaftliche Evidenz klar darauf hinweist, dass der Klimawandel menschliche Migration vorantreibt, existiert über die Zusammenhänge zwischen Klima-Migration und Konflikten bislang also nur eine anekdotische und gemischte Evidenz. Gleichwohl ist festzustellen, dass die menschliche Mobilität an sich eine wichtige Anpassungs- und Risikomanagement-Strategie darstellt – insbesondere in ländlichen Gebieten des Globalen Südens. Migration ist dabei an sich grundsätzlich kein Risiko für Frieden und Sicherheit. Sie kann jedoch ein solches Risiko verstärken, wenn wichtige Bedingungen fehlen und eine politische Gestaltung ausbleibt, die entsprechende Voraussetzungen für ein Gelingen proaktiv schafft (z.B. Maßnahmen an Zielorten, die Reibungen auf den Arbeits- und Wohnmärkten entgegenwirken). Vor diesem Hintergrund formuliert auch die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung das Ziel, eine geordnete, sichere, regelmäßige und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen zu ermöglichen.


Die Spezifika der Klima-Migration

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es essenziell, die Spezifika der Klima-Migration zu verstehen. Hierzu sind die Antworten auf die folgenden Fragen entscheidend:

  • Wer sind die Klima-Migranten?
  • Wohin bewegen sich diese?
  • Unter welchen Bedingungen trägt Klima-Migration zu Konflikten bei?
  • Wie werden sich die durch Klimawandel bedingten Migrationsbewegungen künftig entwickeln?


Die Fähigkeit, Klima-Migration besser zu verstehen und vorhersagen zu können, kann uns jedenfalls helfen, sich auf die damit einhergehenden Herausforderungen bestmöglich vorzubereiten und die potenziellen Friedens- und Sicherheitsrisiken durch wissenschaftlich fundierte politische Entscheidungen zu minimieren.


Das Verständnis darüber hat sich im Laufe der letzten Jahre deutlich verbessert. Evident ist beispielsweise, dass im ländlichen Kontext des Globalen Südens Klima-Migranten eher männlich sind, ein niedrigeres Bildungsniveau haben und aus landwirtschaftlichen Haushalten kommen. Zudem handelt es sich um Bevölkerungsgruppen, die sich eine Migration „leisten“ können, da diese teuer ist.


Was die geografischen Muster der Klima-Migration angeht, so lässt sich im Globalen Süden primär eine Landflucht beobachten. Der von der Weltbank in 2021 publizierte Groundwell Bericht verweist darauf, dass klimabedingte Zuwanderungs-Hotspots bereits im nächsten Jahrzehnt entstehen und sich bis 2050 noch verstärken werden. Orte mit besserer Wasserverfügbarkeit werden voraussichtlich zu solchen Hotspots, darunter wichtige städtische Zentren wie Kairo, Algier, Tunis, Tripolis, der Korridor Casablanca-Rabat und Tanger.


Ein wichtiger Treiber von Klima-Migration sind aber auch Kriege, die oft durch den Klimawandel verschärft werden. Allein 2021 erreichte die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen, aufgrund von Konflikten und Gewalt, die Marke von 53 Millionen Menschen. Fluchtbewegungen über Landesgrenzen hinweg können eine weitere Konsequenz sein – wenngleich die Evidenz darauf hinweist, dass der größte Teil der Klimamobilität innerhalb der eigenen Landesgrenzen stattfindet.


Negative Klimaeinflüsse können aber ebenso zu einer Reduzierung von Migration führen. Nämlich, wenn die Möglichkeiten der Menschen zur Abwanderung (z.B. durch Beeinträchtigung der eigenen finanziellen Ressourcen, der Gesundheit usw.) durch Klimaereignisse unfreiwillig eingeschränkt werden. In diesem Fall spricht man von Klima-Immobilität. Hiervon sind oftmals die verwundbarsten Bevölkerungsgruppen wie z.B. Frauen, Kinder sowie die älteren und ärmeren Bevölkerungsgruppen betroffen. Sie sind gezwungen, vor Ort in den betroffenen Gebieten zu bleiben, wodurch sich deren Vulnerabilität häufig multipliziert.


Statistisch gesehen nimmt die Anzahl der Menschen, die vor Kriegen oder Extremwetterereignissen fliehen, stetig zu. In Zukunft werden die Einflüsse des Klimawandels auf die menschliche Migration weiter zunehmen, wobei das Ausmaß dessen vom Grad der Erwärmung abhängig sein wird. So prognostiziert der Groundswell Bericht für 2050, dass durch den Klimawandel bis zu 216 Millionen Menschen in sechs Regionen zur Migration innerhalb ihrer eigenen Länder gezwungen sein könnten – zumindest wenn es an konkreten Klima- und Entwicklungsmaßnahmen fehlt.


Politische Handlungsnotwendigkeiten

Eine zentrale Frage ist daher: Wie kann die Politik sicherstellen, dass die Migration in einem sich verändernden Klima eine vielversprechende Anpassungsstrategie für die betroffene Bevölkerung bereithält, ohne neue Verwundbarkeiten zu schaffen oder bestehende zu verstärken? Zu diesem Zweck müssen politische Entscheidungsträger an mehreren Fronten gleichzeitig handeln.


1.

Die Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens ist von größter Priorität, um die Auswirkungen des Klimawandels – einschließlich Zwangsmigration und Konflikte – auf ein möglichst niedriges Niveau zu begrenzen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen die national festgelegten Beiträge (nationally determined contributions, NDCs), die die Verpflichtungen der Länder zu Klimaschutzmaßnahmen aufzeigen, ehrgeiziger werden. Wichtige Minderungsmaßnahmen sind hierbei technologische Innovationen und politische Anreize, wie ausreichend hohe und sozial gerechte CO2-Preise.


2.

Die Politik muss die Anpassung an den Klimawandel und Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz mehr unterstützen. Zu diesem Zweck muss die zusätzliche Klimafinanzierung für die ärmeren Länder zur Anpassung an den Klimawandel stärker priorisiert werden. Derzeit bleibt die Finanzierung für von Klimaanpassung noch weit hinter der Finanzierung für die Eindämmung von Klimaveränderungen zurück. Neben Anpassungsmaßnahmen in den betroffenen Gebieten vor Ort (z.B. Zugang zu Bewässerung), ist es ebenfalls essenziell, Migrationsprozesse zu gestalten und urbane Resilienz zu fördern.


3.

Wir müssen besser verstehen, wie Klimawandel und menschliche Mobilität zu Konflikten beitragen, um künftige Risiken besser vorhersehen und minimieren zu können. In diesem Kontext ist es von entscheidender Bedeutung, die Entwicklung von und den Zugang zu Frühwarnsystemen und Frühmaßnahmen für die Flucht und Migration zu verbessern.


4.

Gleichzeitig muss die Politik in eine Stabilisierung von konfliktbetroffenen und konfliktgefährdeten Regionen investieren. So könnte beispielsweise die Förderung guter Regierungsführung und eine ökologische Friedensförderung, die auf den Aufbau friedensorientierter Beziehungen durch Umweltkooperation, auf Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und auf eine Verringerung des Katastrophenrisikos abzielen, Konfliktparteien zusammenbringen und die Entstehung neuer Verwundbarkeiten vermeiden.


Dies ist auch deshalb erforderlich, da im Laufe des 21. Jahrhunderts voraussichtlich viele Gebiete aufgrund des Klimawandels unbewohnbar sein werden. So prognostiziert eine Studie, dass ohne Migration in den kommenden 50 Jahren voraussichtlich ein bis drei Milliarden Menschen unter Klimabedingungen leben werden, die nicht mehr für die menschliche Existenz geeignet sind. Die am stärksten betroffenen Gebiete sind die ärmsten Länder dieser Welt, die zugleich am wenigstens zum Klimawandel beigetragen haben. Vor diesem Hintergrund sind Migrationsbewegungen auch in den Globalen Norden gewissermaßen unvermeidlich. Politisch sollte sich darauf eingestellt werden, indem sich nicht abgeschottet, sondern eine gelingende Migrationspolitik angestrebt wird. Denn wenn Migration gut gemanagt wird, kann sie für alle von Vorteil sein – sowohl für die Migranten als auch für die Herkunfts- und Aufnahmegemeinschaften.


Eine Gesellschaft zu schaffen, in der sowohl die Neuankömmlinge als auch die Menschen, die schon länger Teil einer Gemeinschaft sind, friedlich zusammenleben und aufwachsen, sollte das Ziel sein – egal ob im Globalen Norden oder Süden. Dies könnte auch dazu beitragen, u.a. die demografischen Herausforderungen eines ergrauenden Kontinents wie Europa zu bewältigen oder das ökonomische Wachstum anzukurbeln. Damit dies gelingt, ist es von allergrößter Wichtigkeit, sowohl legale Wege für Migration zu schaffen als auch (z.B. in Bezug auf Bildung, Arbeit, Wohnraum und Gesundheitsversorgung) Maßnahmen für eine erfolgreiche Integration zu entwickeln.

 

Zur Autorin:

Barbora Sedova leitet das FutureLab – Sicherheit, ethnische Konflikte und Migration am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Hier leitet sie auch das Weathering Risk Projekt in enger Zusammenarbeit mit adelphi und dem Auswärtigen Amt.


Info: https://makronom.us10.list-manage.com/track/click?u=6e21b246ffdfc34b727e0d275&id=4da342a3c0&e=769d3261ab

24.08.2022

Die Flüssiggas-NATO        Die EU wird künftig den Großteil ihrer Erdgasimporte aus NATO-Staaten beziehen. Berlin dringt auf Flüssiggas aus Kanada – gegen den Widerstand von Klimaaktivisten und den First Nations.

german-foreign-policy.com,  24. August 2022

BERLIN/OTTAWA/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Die EU wird ihr Erdgas künftig weitestgehend aus NATO-Staaten beziehen. Dies geht aus einer aktuellen Untersuchung des Verbandes Zukunft Gas und des Energiewissenschaftlichen Instituts an der Universität Köln hervor. Demnach wird die Union im Jahr 2030 mehr Gas aus den USA exportieren als bis zum vergangenen Jahr aus Russland. Lieferant Nummer zwei bleibt mit deutlichem Abstand Norwegen. Damit entsteht ein transatlantischer Energieblock, der bei seiner Gasversorgung im Falle eskalierender Kriege keinerlei Rücksichten mehr auf Drittstaaten nehmen muss. Eventuelle Flüssiggaslieferungen aus dem NATO-Staat Kanada wurden bei dem gestern zu Ende gegangenen Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck in Montréal sowie in Toronto diskutiert. Kanada exportiert bislang noch kein Flüssiggas, nicht zuletzt aufgrund des Widerstands von Klimaaktivisten und Organisationen der First Nations. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges dringt Berlin darauf, Ottawa solle alle Widerstände überwinden und erste Exportterminals an der kanadischen Ostküste bauen. Die Bundesregierung hat konkrete Projekte im Visier.


Zitat: Indirekt beliefertIndirekt trägt Kanada schon dazu bei, die EU-Versorgung mit Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) auszuweiten und damit russisches Erdgas zu ersetzen. Zwar verfügt das Land bislang noch nicht über eigene LNG-Exportterminals; lediglich eins befindet sich aktuell im Bau – an der Westküste, und es soll künftig Länder in Asien beliefern. Allerdings hat Kanada seine Erdgasexporte in die Vereinigten Staaten erheblich aufgestockt; schon im Juni lagen sie laut Branchenangaben fast doppelt so hoch wie bei Beginn des Ukraine-Krieges im Februar. Die gestiegenen kanadischen Lieferungen in die USA setzen dort zusätzliche Mengen für die US-amerikanische LNG-Ausfuhr in europäische Länder frei.


Druck aus Berlin

Berlin macht sich dessen ungeachtet dafür stark, kanadisches Gas auch direkt zu verflüssigen und nach Europa bzw. nach Deutschland zu liefern. Damit stärkt es Öl- und Gaskonzernen den Rücken, die schon seit Jahren den Bau von Exportterminals an der kanadischen Ostküste nach dem Modell von US-Exportterminals planen, bislang allerdings nicht zum Zuge kamen. Bereits unmittelbar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte Berlin Fühler nach Kanada ausgestreckt; Verhandlungen waren beim Besuch des kanadischen Industrieministers François-Philippe Champagne Mitte Mai in der deutschen Hauptstadt geführt [1] und unter anderem von Kanzler Scholz am Rande des G7-Gipfels im Juni in Elmau fortgesetzt worden. Auch bei der aktuellen Kanada-Reise von Scholz und Wirtschaftsminister Habeck stand Flüssiggas auf der Tagesordnung. Als aussichtsreich gilt vor allem der Plan, ein vorhandenes Importterminal auszubauen. Das Terminal Saint John LNG gehört dem spanischen Konzern Repsol; es liegt unweit der Kleinstadt Saint John in der kanadischen Provinz New Brunswick und versorgt Kanadas Ostküste wie auch den angrenzenden Nordosten der Vereinigten Staaten.[2] Die Erweiterung der Anlage um Exportvorrichtungen gilt als die unaufwendigste Option für den Aufbau einer kanadischen LNG-Ausfuhr.


Unterstützung aus Kiew

Die deutschen Bemühungen um kanadisches Flüssiggas werden aktuell von der Ukraine unterstützt. Dies betrifft ein LNG-Projekt bei Saguenay, einer Stadt in der Provinz Québec einige hundert Kilometer nordöstlich von Montréal. Dort will die kanadische Firma Symbio für mehr als zehn Milliarden Euro eine Verflüssigungsanlage und ein Exportterminal errichten; das benötigte Erdgas soll über eine 780 Kilometer lange Pipeline aus dem Westen des Landes herangeführt werden. Das Projekt ist schon im vergangenen Jahr von der Provinzregierung in Montréal abgelehnt worden, nicht zuletzt aufgrund der befürchteten Umweltschäden sowie aufgrund des entschlossenen Widerstandes von Organisationen der First Nations, der indigenen Bevölkerung Kanadas.[3] In diesem Frühjahr hat Symbio seine Pläne für Saguenay wieder aufgenommen – dies mit Rückendeckung aus Berlin. Zudem hat das Unternehmen eine Absichtserklärung mit dem ukrainischen Öl- und Gaskonzern Naftogaz über die Lieferung kanadischen Flüssiggases an die Ukraine geschlossen.[4] Der Schritt ist nicht zuletzt innenpolitisch motiviert: Er soll den Druck der ukrainischstämmigen Community in Kanada auf die Regierung erhöhen. Die Community geht zum guten Teil auf die Flucht von Anhängern des NS-Kollaborateurs Stepan Bandera am Ende des Zweiten Weltkriegs zurück.


Gegen Klimaaktivisten und First Nations

Bei der aktuellen Reise von Scholz und Habeck stand am Montag auch ein Treffen mit dem Premierminister der Provinz Québec, François Legault, auf dem Programm; die Entscheidung über das LNG-Projekt in Saguenay fällt im Wesentlichen in Legaults Zuständigkeit. Kanadas Premierminister Justin Trudeau, dessen Regierung das LNG-Exportterminal in Saguenay gleichfalls ablehnt, teilte nach den Gesprächen mit Scholz mit, er sehe für das Vorhaben auch weiterhin keine Perspektive.[5] Ursache sind die immensen Kosten. Zwar erhöht der massiv gestiegene Erdgaspreis die Aussichten, in Saguenay Profite erzielen zu können. Allerdings lohnt sich der Bau des Exportterminals nur, wenn von dort lange genug Flüssiggas ausgeführt werden kann, um die Bau- und Betriebskosten wieder einzuspielen. Laut offiziellem Stand will die Bundesregierung zu einem Zeitpunkt aus der Nutzung von Erdgas aussteigen, zu dem das noch nicht gewährleistet ist. Ob ein mögliches Abnahmeversprechen von Naftogaz die Lücke füllen kann, ist völlig ungewiss. Dessen ungeachtet hat Berlin neben Saint John LNG auch das Projekt in Saguenay weiterhin im Visier – gegen den entschiedenen Widerstand von Klimaaktivisten und Organisationen der First Nations.


Der transatlantische Energieblock

Unabhängig von den Berliner Bemühungen um kanadisches Flüssiggas zeichnet sich schon jetzt deutlich ab, dass die Erdgasversorgung Deutschlands und der EU künftig weitestgehend von NATO-Staaten geleistet werden wird. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Studie des Verbandes Zukunft Gas und des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln.[6] Die Autoren des Papiers gehen davon aus, dass die EU im Jahr 2030 überhaupt kein Erdgas mehr aus Russland beziehen wird. Mit erheblichem Abstand größter Lieferant werden dann laut der Untersuchung die Vereinigten Staaten sein, die 2030 gut 170 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas jährlich in die EU liefern werden – mehr als Russland im vergangenen Jahr (155 Milliarden Kubikmeter). Die Erdgasabhängigkeit von Moskau wird demnach durch eine Erdgasabhängigkeit von Washington ersetzt. Zweitgrößter Lieferant wird der Studie zufolge Norwegen bleiben – mit einem Liefervolumen von knapp 120 Milliarden Kubikmetern Erdgas im Jahr. Größter Lieferant jenseits des westlichen Militärbündnisses wäre 2030 Qatar – mit rund 40 Milliarden Kubikmetern Flüssiggas. Der transatlantische Block hätte damit seine Abhängigkeit von Drittstaaten in hohem Maße reduziert und wäre im Fall von eskalierenden Kriegen zumindest mit Blick auf Erdgas keinerlei Zwängen zur Rücksichtnahme mehr ausgesetzt.

 

[1] S. dazu Der Erdgaspoker der EU (IV).

[2] Sanja Pekic: Repsol names Canaport LNG as Saint John LNG terminal. offshore-energy.biz 16.11.2021.

[3] Josh Grant: Ottawa rejection likely final blow for Quebec LNG plant. cbc.ca 09.02.2022.

[4] Ukraine und Deutschland werben um kanadisches LNG-Gas. fundscene.com 21.08.2022.

[5] Olivier Bourque: Douche froide pour GNL Québec. journaldemontreal.com 23.08.2022.

[6] Christian Geinitz: Die große Drift von Ost nach West. Frankfurter Allgemeine Zeitung 23.08.2022.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9002

23.08.2022

Habeck-Sprecherin: Konzerne erhalten Gasumlage auch ohne Notlage – “Wir stehen auf dem Standpunkt, dass ein Unternehmen auch Gewinne machen muss”

nachdenkseiten.de, 23. August 2022 um 16:30 Ein Artikel von: Tobias Riegel

Entlarvender Auftritt – eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärt die Voraussetzungen dafür, dass Konzerne von der Gasumlage profitieren: „Eine drohende Insolvenz gehört nicht dazu.“ Auf die Frage von Tilo Jung erfahren die Bürger außerdem: „Um sich breiter aufzustellen“, müssten Unternehmen auch Gewinne machen, so das Ministerium in der Begründung dafür, warum Bürger nun Konzerne „retten“ sollen, auch wenn sich diese nicht in echten Notlagen befinden. Zudem müssten „zufallsgetriebene Gewinne anders bewertet werden“. Auf die Frage von Jung, ob das Absichern der Konzerngewinne unter anderem durch die Bürger politisch klug sei, heißt es: „Unternehmen brauchen eine gewisse Gewinnspanne, um weiter agieren zu können.“ Ein Kommentar eines YouTube-Nutzers lautet: „Kleiner Tipp an die Bundesregierung: Ein Bürger braucht auch eine gewisse Gewinnspanne, um sich im Leben breiter aufstellen zu können.“ Hier ist das Video zu dem Auftritt.

Tilo Jung hat am Montag in der Bundespressekonferenz gefragt: „Welche Voraussetzungen muss ein Energie-Unternehmen erfüllen, um die Gasumlage zu nutzen? ‚Eine drohende Insolvenz gehört nicht dazu‘, erklärte darauf eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums: Hier ist Jungs Video zu dem Vorgang:

Welche Voraussetzungen muss ein Energie-Unternehmen eigentlich erfüllen, um die #Gasumlage zu nutzen? "Eine drohende Insolvenz gehört nicht dazu", erklärte heute Habecks Wirtschaftsministerium. "Wir stehen auf dem Standpunkt, dass ein Unternehmen auch Gewinne machen muss" pic.twitter.com/aEdLe7qrT4

— Tilo Jung (@TiloJung) August 22, 2022

Das kritische Tagebuch


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=87188

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