24.02.2024

Stelldichein in Kiew /Das globale Awdejewka

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. Februar 2024, 20:36 Uhr


*Stelldichein in Kiew*

Anlässlich des zweiten Jahrestages des Beginns der russischen

Sonderoperation gaben sich westliche Politiker heute in Kiew die Klinke

in die Hand. Mit einem Zug aus Polen waren EU-Kommissionspräsidentin

Ursula von der Leyen, der EU-Ratsvorsitzende Alexander De Croo und die

italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gemeinsam in die

ukrainische Hauptstadt gereist, wo sie von Präsident Wladimir Selenskij

in Empfang genommen wurden.

/Siehe/:

https://odysee.com/@RTDE:e/Zweiter-Jahrestag-der-russischen-Milit%C3%A4roperation--Westliche-Politiker-zu-Besuch-in-Kiew:7



_RT 24.2.2024

_*Das globale Awdejewka

*/Von Sergei Strokan/


Der Verlust von Awdejewka wurde nicht nur für Kiew zu einer verheerenden

moralischen und strategischen Niederlage, sondern auch für dessen

westliche Verbündeten zu einem schweren Schlag. Das ist zwar noch kein

K.-o.-Schlag, aber immerhin ein Zu-Boden-Gehen samt einer kollektiven

euroatlantischen Gehirnerschütterung.


Dieses vernebelte Hirn versucht, eine Lösung zu finden und der sich im

Niedergang befindenden Ukraine zu helfen. Doch parallel zu dieser Suche

kommen Kiews Unterstützer zur – wenn auch nicht zur Schau getragenen –

Erkenntnis, dass dies nicht möglich ist.


Welche Veränderung bringt der symbolträchtige Verlust von Awdejewka in

Kiews Beziehungen zu seinen westlichen Verbündeten und in deren

Beziehungen untereinander? Zwei Schlüsse können heute schon gezogen werden.


Erstens verwandelt sich die Unterstützung der Ukraine zwei Jahre nach

dem Beginn der russischen Militäroperation für den Westen in eine Art

Rollenspiel. Bei diesem Spiel ist es für Kiews Verbündete das

Wichtigste, die Realitäten im Kampfgebiet nicht anzuerkennen, die Kosten

einer weiteren Teilnahme am Ukraine-Konflikt zu minimieren und eine

eigene geopolitische Niederlage zu vermeiden.


Zweitens kommt man nicht umhin, zu bemerken, dass die von US-Präsident

Joe Biden zum Kampf gegen Russland erschaffene Koalition des Westens

allmählich zerbricht. Der US-amerikanische und der europäische Flügel

dieser Koalition beginnen, jeweils ein eigenes Leben zu führen, und

gemeinsam werden diese zwei schwächelnden Flügel nicht mehr fliegen. Im

Lager der westlichen Verbündeten herrschen bei aller vorgeblichen

Einigkeit Irrungen und Wirrungen.


Nachdem Biden Awdejewka bei einem Telefongespräch mit Wladimir Selenskij

besprochen hatte, veröffentlichte der Pressedienst des Weißen Hauses

eine Erklärung. Darin heißt es, dass weder die ukrainische Armee noch

die US-Administration am Geschehenen schuld seien, sondern der tatenlos

gebliebene US-Kongress. Die Schlussfolgerung sei, dass US-amerikanische

Abgeordnete, die den Gesetzentwurf über die milliardenschwere

Finanzierung der Ukraine immer noch nicht gebilligt hatten, ihren Fehler

berichtigen müssen, solange es noch nicht zu spät ist. Doch das

Repräsentantenhaus, das sich bis zum 28. Februar in den Urlaub begab,

hat es offensichtlich nicht sehr eilig.


In dieser Lage versuchen die europäischen Verbündeten, sich mit dem

Gedanken anzufreunden, dass sie die Ukraine möglicherweise ohne die USA

weiter unterstützen müssen. Doch an dieser Etappe kommt es zu einer

weiteren Spaltung – diesmal schon unter den Europäern, denn sie haben

unterschiedliche Vorstellungen davon, was zu tun sei. So behauptete

Tschechiens Präsident Petr Pavel, dass sein Land die Möglichkeit

gefunden habe, für das ukrainische Militär Hunderttausende

Artilleriegeschosse in Drittländern zu kaufen. Doch dazu werde Geld

benötigt, das nicht da ist. Zuvor hatte die Zeitung /Politico/

berichtet, dass Tschechien darüber unzufrieden war, dass die EU ihr

Versprechen, Kiew zwischen März 2023 und März 2024 eine Million

Geschosse zu liefern, nicht gehalten hatte. Prag forderte von Brüssel,

auf der ganzen Welt – von Südkorea bis Südafrika – Munition für die

Ukraine einzukaufen.


Doch diese Forderung steht im Widerspruch zur Absicht der EU-Führung,

bei der Hilfe für die Ukraine Mittel nicht zu weltweiten Waffenkäufen,

sondern zur Finanzierung der europäischen Rüstungsindustrie zu finden.

In diesem Stimmenchor forderte Griechenlands Ministerpräsident Kiriakos

Mitsotakis, die Ordnung der nach seinen Worten "zersplitterten"

europäischen Rüstungsindustrie zu einer Priorität zu machen.


Seinerseits räumte der österreichische General Peter Vorhofer in einem

Interview

<https://www.diepresse.com/18165828/bundesheer-stratege-trumps-aussagen-erhoehen-auch-die-gefahr-fuer-oesterreich

mit /Die Presse/ ein, dass Europas Rüstungsindustrie mit dem russischen

militärisch-industriellen Komplex in dem sich abzeichnenden "Krieg der

Lagerhäuser" beim Produktionstempo noch nicht mithalten kann. All diese

Widersprüche der westlichen Verbündeten traten vor dem Hintergrund des

Verlusts von Awdejewka durch Kiew offen zutage und drohen zu einem

eigenen Fiasko für den Westen zu werden.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.02.2024

Zwei Jahre Krieg in der Ukraine und der ungewollte Frieden

Bild: Transition News/Midjourney

Vor zwei Jahren marschierte die russische Armee in die Ukraine ein. Nach allen vorliegenden Informationen sollte es tatsächlich nicht mehr als eine «Spezielle Militäroperation» sein, wovon Moskau heute noch offiziell spricht. Doch es soll keinen Frieden geben – im westlichen Interesse. Ein Kommentar von Tilo Gräser

   

Veröffentlicht am 24. Februar 2024 von TG.


Mit etwa 190’000 Soldaten war eine angeblich von Russland geplante Besetzung des Landes, einschliesslich der Einnahme von Kiew, nicht zu machen. Darauf weisen Experten wie der ehemalige Bundeswehr-General-Inspekteur Harald Kujat oder der Schweizer ex-Oberst Jacques Baud hin. Sie widersprechen den vorherrschenden Erklärungen über den russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 in das Nachbarland.


Doch solche Stimmen stören nur den westlichen Propaganda-Chor vom «russischen Angriffskrieg», mit dem die Ukraine angeblich vernichtet werden solle. Russlands Präsident Wladimir Putin wolle die Sowjetunion wieder errichten und nach der Ukraine Westeuropa angreifen, heisst es gar.

Dafür gibt es keine Belege, wie unter anderem Kujat öffentlich erklärt, aber wen kümmert’s? So wie es im Westen auch anscheinend niemand kümmert, dass aus den von Putin im Dezember 2021 angekündigten «militärisch-technischen Massnahmen» nicht das werden musste, was es jetzt ist: Ein ausgewachsener Krieg mit Hunderttausenden Toten und Verwundeten, mit Elend, Leid und Not, wie sie jeder Krieg hervorbringt.

Bereits nach wenigen Tagen begannen vor zwei Jahren beide Seiten miteinander zu verhandeln. Daraus wurde nach Gesprächen Ende März 2022 in Istanbul ein verabredeter Waffensillstand und ein mögliches Kriegsende. Selbst ukrainische Gesprächsteilnehmer bestätigten inzwischen, dass Frieden möglich gewesen wäre – und dass Russland einschliesslich dessen Präsidenten diesen wollte.

Die Ukraine wäre wieder neutral geworden, wie es einst in der Verfassung stand, und hätte das Ziel der NATO-Mitgliedschaft aufgegeben. Russland hätte seine Truppen auf die Linie vom 23. Februar 2022 zurückgezogen – und viele Menschen auf beiden Seiten würden heute noch leben.

Doch die Friedenschance von Istanbul war nicht gewollt von jenen, die seit dem von den USA geförderten Putsch vom Februar 2014 in Kiew dort das Sagen haben. Der Westen wollte, dass der Krieg gegen Russland geführt wird, um dieses zu schwächen und gar zu «ruinieren» – bis zum letzten Ukrainer.

Die ukrainischen Soldaten kämpfen und sterben seitdem nicht für Demokratie und Freiheit, wie es die westliche Propaganda behauptet. Sie tun das auch längst nicht mehr für die Souveränität ihres Landes, denn das ist samt seiner Reichtümer längst an jene verkauft, die den Kurs der Kiewer Führung finanzieren und sie an der Macht halten.

Und erst recht nicht wird in der Ukraine «unsere Freiheit» verteidigt, wie schon nicht am Hindukusch. Nur ein westlicher Wert wird in diesem Krieg tatsächlich «verteidigt»: Die Freiheit des westlichen Kapitals, sich ungehindert die Rohstoffe anderer Länder unter den Nagel zu reissen, um selbst daraus Profit zu machen. Die westliche «Hilfe» wird die Ukraine noch teuer zu stehen kommen.

Dafür und für das immer wieder verkündete Ziel, Russland müsse ruiniert werden und dürfe nicht gewinnen, schickt der Westen weiter Waffen statt Diplomaten in die Ukraine. Die Aufrufe von ehemaligen Militärs wie Kujat und Baud, von früheren Diplomaten wie Michael von der Schulenburg und Chas Freeman sowie von vielen anderen Menschen, das Schlachten endlich zu stoppen, bleibt in den westlichen Hauptstädten anscheinend ungehört.

Wenn sich Länder wie Ungarn oder die Slowakei vorsichtig Gegenstimmen erlauben, werden ihnen die Folterwerkzeuge von EU (und NATO) gezeigt. Friedensinitiativen aus China, von afrikanischen oder südamerikanischen Ländern bleiben bis heute in Washington, Berlin und Paris unbeachtet. Dort werden stattdessen Kiew immer neue «Wunderwaffen» zugesagt, die der «Kornkammer Europas» endlich den Sieg bringen sollen.

Dafür wollen Politiker in Deutschland nach Haubitzen, Geschützen, und Panzern auch die «Taurus»-Marschflugkörper mit etwa 500 Kilometer Reichweite liefern. Die könnten auch russisches Territorium treffen – womit die westlichen Politiker erklärtermassen kein Problem haben.

Sie bedenken die weitreichenden Folgen nicht, auf die Militärexperten aufmerksam machen. So können die «Taurus» nur von Bundeswehr-Fachleuten vorbereitet werden und nur mit Hilfe deutscher Daten ihr Ziel erreichen. Dafür dürften übrigens die neuen, zentimetergenauen Karten von Russland für die Bundeswehr angefertigt worden sein, über die im Herbst 2021 berichtet wurde.

Wenn mit einem solchen Marschflugkörper von der Ukraine aus ein russischer Militärstandort getroffen wird, auf dem Atomwaffen gelagert werden, droht eine Kettereaktion, die Europa in Brand stecken kann. Es gab bereits ukrainische Angriffe auf den russischen Militärflugplatz Engels in der Region Saratow, wo atomwaffentragende Bomber stationiert sind. Davor warnen Ex-Militärs wie Kujat und die Friedensbewegung, während bundesdeutsche Politiker wie Roderich Kiesewetter unbedarft und von Journalisten unwidersprochen erklären dürfen, der Krieg müsse nach Russland getragen werden.

Unlängst hat unter anderem Putin im Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson erneut erklärt, Russland sei bereit, den krieg durch Verhandlungen zu beenden. Auch Russlands Aussenminister Sergej Lawrow sagte das jüngst. Doch in den westlichen Hauptstädten bleibt das bis heute ungehört.

Und so wie der Westen den Krieg in die Ukraine brachte, weil es dort gegen Russland geht, sorgen seine Politiker aus dem gleichen Grund dafür, dass er nicht aufhört. Dafür sterben weiter jeden Tag Menschen, die zum Teil eine Sprache sprechen und eine jahrhundertealte gemeinsame Geschichte haben.

Russland wird ohne Entgegenkommen von Kiew und dessen westlichen Geldgebern diesen Krieg nicht einseitig beenden, bis es alle seine Ziele erreicht hat. Dazu gehört laut Militärexperten inzwischen wahrscheinlich auch die Einnahme des Gebietes um Charkow sowie von Odessa am Schwarzen Meer.

Soweit hätte es nicht kommen müssen, wenn auch nur ein Vorschlag von Moskau seit 2008, als es offen um die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ging, vom Westen ernsthaft diskutiert und akzeptiert worden wäre. Das geschah bis zum 23. Februar 2022 nicht – bis Russlands Präsident wahr machte, was er zuvor angedroht hatte.

Wenn sich der Westen nicht ernsthaft um einen Verhandlungsfrieden bemühe, werde das Schicksal der Ukraine auf dem Schlachtfeld entschieden, warnte unlängst Ex-Bundeswehr-General Kujat. «Und wenn die Waffen schweigen, wird die Ukraine nicht mehr das sein, was es einmal war.»

Verantwortlich dafür sind wir alle, wenn wir den Kriegstreibern und -profiteuren in unseren Ländern nicht in die Arme fallen – auch wenn das unmöglich scheint. Aber wir müssen ihnen mindestens klarmachen, dass sie nicht in unserem Namen sprechen und handeln.



Quelle:

Transition News: Wer den Frieden für die Ukraine nicht wollte und nicht will - 6. November 2023

Transition News: Berlin ignoriert Friedensvorschlag für Ukraine und plant historische Aufrüstung - 8. Oktober 2023

Transition News: Früherer UN-Diplomat fordert Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen für die Ukraine - 19. November 2023


Info: https://transition-news.org/zwei-jahre-krieg-in-der-ukraine-und-der-ungewollte-frieden


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.02.2024

zum 24. Februar 2022

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. Februar 2024, 9:28 Uhr


*/Auszüge aus dem Artikel/

„Wer ist der Aggressor? Die Friedensbewegung und der

US-Stellvertreterkrieg in der Ukraine

<https://freedert.online/international/155707-wer-ist-aggressor-friedensbewegung-und/



(…)

*Bereits im Jahr 2014 hatte sich die traditionelle Friedensbewegung

selbst gelähmt, als die Frage, ob der Beitritt der Krim zur Russischen

Föderation vom Völkerrecht gedeckt war, vielfach eine größere Rolle

spielte, als die Einsicht, dass damit der Plan der USA vereitelt wurde,

aus Sewastopol einen NATO-Stützpunkt gegen Russland zu machen – womit

eine höchst friedensgefährdende Situation entstanden wäre. Der

Anti-Putin-Tsunami, der damals seinen ersten Höhepunkt erreichte und die

Angst als "Putin-Versteher" gebrandmarkt zu werden, wirkte zudem auf

viele einschüchternd.


*(…)

*Jene in der Friedensbewegung, die so schnell bei der Hand waren,

Russland zu verurteilen, sollten die Frage beantworten: Nachdem der

Westen sämtliche Wege zur friedlichen Lösung versperrt hatte, welche

konkrete Alternative wäre Russland denn noch geblieben? Zusehen, wie die

Kiewer Armee mit ihren Neonazi-Bataillonen den Donbass überfällt,

Massaker an ethnischen Russen verübt, sie hetzt und vertreibt? Hätte

Russland vor der sich ständig zuspitzenden existenziellen Bedrohung

kapitulieren sollen? Zusehen, wie die Ukraine endgültig zum offiziellen

NATO-Stützpunkt ausgebaut würde – mit der Stationierung von Atomwaffen?

Ist es das, was Europa sicherer gemacht hätte? Ist es wirklich das, was

die Friedensbewegung bevorzugt hätte?

*(…) *


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.02.2024

mit Hakenkreuz und Bandera

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. Februar 2024, 9:28 Uhr


*General Walerij Fedorowytsch Saluschnyj

war von Juli 2021 bis Februar 2024 Oberkommandierender der Streitkräfte

der Ukraine.


*


https://web.archive.org/web/20221006221409/https:/twitter.com/CinC_AFU/status/1578083916296192000

__


_DEUTSCHE WIRTSCHAFSTNACHRICHTEN 9.10.2022

_*Oberkommandierender der Ukraine zeigt sich mit Hakenkreuz


*General Walerij Fedorowytsch Saluschnyj, seit 2021 Oberkommandierender

der Streitkräfte der Ukraine, hat am Donnerstagabend auf seinem

verifizierten Twitter-Account ein Foto von sich selbst veröffentlicht

<https://web.archive.org/web/20221006221409/https:/twitter.com/CinC_AFU/status/1578083916296192000>,

in dem er mit einem Hakenkreuz zu sehen ist.

Das Symbol ist zwar nur ein sehr kleines Detail in dem Foto, doch es ist

eindeutig auf dem Armband des Generals zu erkennen, wenn man das

veröffentlichte Foto lädt und die entsprechende Stelle vergrößert.

Zu dem Foto schreibt General Saluschnyj in ukrainischer Sprache:

"In unserem Land geht ein Kampf weiter, dessen Ausmaß die Welt seit dem

Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat. Wir haben kein Recht, diesen

Krieg an unsere Kinder zu übergeben. Der Feind muss hier und jetzt

vernichtet werden. Und wir können es tun."


Russland hat der Ukraine wiederholt Nazismus vorgeworfen. Die

"Entnazifizierung" der Ukraine ist eines der erklärten Ziele der

russischen "militärischen Spezialoperation". Das offenbar von General

Saluschnyj versehentlich veröffentlichte Detail spielt der russischen

Argumentation nun in die Hände.


https://correctiv.org/faktencheck/2023/01/04/ja-auf-diesem-foto-steht-ein-ukrainischer-general-vor-einem-stepan-bandera-gemaelde/04.

Januar 2023


Selbst „Correctiv“ musste (siehe Artikel unter obigem Link) zugeben, das

Foto ist echt:


Walerij Saluschnyj, der Oberkommandierende der Streitkräfte der Ukraine

posiert vor einem Stepan Bandera Gemälde


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.02.2024

Accountability Now: Palestinians Sue German Government officials for Enabling the Genocide in Gaza

Rechenschaftspflicht Jetzt: Palästinenser:innen erstatten Strafanzeige gegen deutsche Regierungsmitglieder wegen Beihilfe zum Völkermord in Gaza

Press Release

[ GERMAN BELOW ]

Accountability Now: Palestinians Sue German Government officials for Enabling the Genocide in Gaza


law4palestine.org, vom 23 February 2024, Berlin –

Today, a group of German lawyers – representing families of two Gazans – is filing a criminal complaint against German Government officials[1], for the crime of aiding and abetting genocide against the Palestinian people in Gaza by providing Israel with weapons and issuing related export permissions. They are supported by civil society organisations ELSC (European Legal Support Center), PIPD (Palestine Institute for Public Diplomacy) and Law for Palestine under the Justice and Accountability for Palestine Initiative. The charges are being filed at the Office of the Federal Prosecutor in Karlsruhe (‘Generalbundesanwaltschaft’).


In a historic ruling on 26 January 2024 in the case filed by South Africa against Israel for the crime of Genocide, the International Court of Justice (ICJ) ordered provisional measures against the “serious risk” of genocide and stated that the latter is “plausibly taking place”. Following that ruling, Germany, like other Third States, has a clear obligation to prevent genocide and German State officials should use their leverage and employ all lawful means at their disposal to influence Israel to refrain from genocidal acts.


German criminal law requires a ground for initial suspicion to start investigations on a potential crime being committed. The ICJ ruling clearly showed that there is such ground for initial suspicion when it comes to the crime of genocide against the Palestinian people in Gaza.


When it comes to “aiding and abetting”, this can be done through logistical, financial or material support, but also by creating favorable conditions for the main crime. In particular, aiding and abetting includes the authorization of arms exports and political support.


The German state is one of the countries that has shown some of the strongest political and material to Israel in its assault on the Gaza Strip and the Palestinians, with many German officials also inciting to genocide in their statements since October 2023.


The plaintiffs have decided to act, attempting to hold Germany accountable for its complicity in the unspeakable horrors their families are living through. Nora Ragab, an activist and plaintiff in the case, who has relatives in Gaza, declared:


“We the living must remember the dead in Gaza, tell their stories and fight for justice. We, Palestinians in the diaspora, will not stand by and watch a genocide being committed against our families and our people. We will use all means at our disposal, from protests on the streets to lawsuits in criminal courts. Today we aim to hold the German government accountable for its complicity in the genocide in Gaza.”


The case notably draws on the fact that in 2023, Germany’s arms exports to Israel amounted to EUR 326.5 million, most of which were approved after October 7, 2023, a tenfold increase of arms exports to Israel compared to 2022. Weapons imported from Germany make up 28 percent of Israel’s military imports


The German government approved more than 300 additional export applications for military equipment worth EUR 306.4 million. It is currently examining Israel’s request for the delivery of tank ammunition, namely 10,000 rounds of 120-millimeter precision ammunition, to which the federal ministries involved have already agreed in principle.


Many countries around the world have taken measures to cut ties with Israel with the genocide unfolding. In Europe, a Dutch Court ordered the government in February 2024 to halt export of F-35 Jets in the light of its international obligations and because there are clear risks that Israel is violating basic principles of international humanitarian law, while the Wallonie region in Belgium has temporarily suspended its exports of gun powder to Israel.


Nadija Samour, the lawyer who filed the case said:

“Our governments in Europe have a legal obligation not to provide Israel any support in perpetrating the current genocide against the Palestinian people in Gaza. This has to stop and this is what we hope to achieve by going to court. This lawsuit sends a clear message to German officials: you cannot continue to remain accomplices of such crime without consequences. We want accountability.”


While the world continues to witness the total destruction of Gaza, broadcasted live on TV, it is the responsibility of German courts to prevent the German state from being complicit in such horrors and grave breaches of international humanitarian law.

***

Press Conference and Live Stream Details

We invite you to join us at the pivotal press conference organised by the Justice & Accountability for Palestine Initiative on **Friday, 23 February at 12pm CET**. While the physical event takes place, we encourage global participation through our live stream. This session will unveil the specifics of the criminal complaint filed at the Office of the Federal Prosecutor in Karlsruhe, marking a significant moment in our collective quest for justice and accountability.

Watch the live stream [here].

 

Notes for journalists:

The Justice and Accountability for Palestine Initiative is a Palestinian-led initiative composed of international legal practitioners and lawyers pursuing legal action against individuals and entities complicit in the crimes in Palestine including genocide in Gaza.

Press inquiries: 

Nadija Samour, mail@samour.de  

Alice Garcia, alice@elsc.support

_____


GERMAN:

Rechenschaftspflicht Jetzt: Palästinenser:innen erstatten Strafanzeige gegen deutsche Regierungsmitglieder wegen Beihilfe zum Völkermord in Gaza


Berlin 23.02.2024

Heute erstattet eine Gruppe deutscher Anwält:innen im Namen von deutsch-palästinensischen Familienangehörigen aus Gaza Strafanzeige gegen Mitglieder des Bundessicherheitsrats, unter ihnen Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck, und Bundesminister der Finanzen Christian Lindner.


Der Vorwurf lautet Beihilfe zum Völkermord durch die Genehmigung von Rüstungsexporten, dem unterlassenen Widerruf der bereits erteilten Genehmigungen, sowie die diplomatische Unterstützung Israels -und damit die psychische Beihilfe-, sowie aufgrund die eingestellte Hilfszahlungen an die UNRWA.


Die Gruppe wird unterstützt von den zivilgesellschaftlichen Organisationen ELSC (European Legal Support Center), PIPD (Palestine Institute for Public Diplomacy), Law for Palestine, und der Initiative Justice and Accountability for Palestine. Die Strafanzeige wird bei dem Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe erstattet.


Das Internationale Gerichtshof (IGH) ist mit einem historischen Beschluss am 26.01.2024 aufgrund der Klage Südafrikas gegen Israel zum Ergebnis gelangt, dass plausible Anhaltspunkte für einen Genozid an Palästinenser:innen vorliegt.


Folglich hat die Bundesrepublik, genauso wie andere Drittstaaten, die völkerrechtlich verankerte Pflicht, diesen Genozid zu verhindern, und ihren Einfluss und alle rechtlichen Mittel, über die sie verfügt, einzusetzen, um Israel dazu aufzufordern, genozidale Handlungen zu unterlassen.

Gemäß der deutschen Strafprozessordnung ist die Voraussetzung für die Einleitung von Ermittlungen der sogenannte Anfangsverdacht. Der IGH-Beschluss hat deutlich gezeigt, dass ein solcher Anfangsverdacht hinsichtlich eines Völkermords gegen die Palästinenser*innen in Gaza besteht.


Beihilfe kann geleistet werden durch logistische, finanzielle oder materielle Unterstützung, aber auch durch das Kreieren von günstigen Umständen für die Straftat. Hier sind insbesondere die Genehmigungen von Rüstungsexporten und die politische und diplomatische Unterstützung zu benennen.


Die Anzeigeerstatter:innen haben sich entschieden zu handeln, um die Verantwortlichen in Deutschland für die Unterstützung unbeschreiblicher Gräuel zur Rechenschaft zu ziehen. Nora Ragab, eine Aktivistin und Anzeigenerstatterin, die auch Familienangehörige in Gaza hat, erklärte:


“Wir, die Lebenden müssen der Toten in Gaza gedenken, ihre Geschichten erzählen, und für Gerechtigkeit kämpfen. Wir Palästinenser:innen in der Diaspora werden nicht tatenlos zusehen, wie ein Genozid an unseren Familien und unserem Volk begangen wird. Wir nutzen alle Mittel, von den Protesten auf Straße bis zu Anzeigen und Klagen vor den Gerichten. Heute werden wir die deutsche Regierung für ihre Mitschuld am Völkermord in Gaza zur Verantwortung ziehen.”


Die angezeigten Beihilfehandlungen beziehen sich u.a. auf die Rüstungsexporte im Wert von 326,5 Millionen Euro allein im Jahre 2023, von denen die meisten nach dem 7. Oktober 2023 genehmigt wurden und sich somit im Vergleich zu 2022 verzehnfachten. Das für Waffenexporte zuständige Wirtschaftsministerium erklärte im November, dass als Konsequenz aus den Terrorattacken “Anträge auf Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel prioritär bearbeitet und beschieden” würden. Die deutsche Bundesregierung genehmigte seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 300 zusätzliche Exportanträge für Militärausrüstung im Wert von 306,4 Millionen EUR.  Allein zwischen dem 7. Oktober und dem 7. November 2023 wurden 185 Genehmigungsanträge abschließend bearbeitet. Die Waffen, die aus Deutschland nach Israel importiert werden, machen 28% der israelischen Rüstungsimporte aus.


Gerade prüft die deutsche Regierung die Lieferung von Panzermunition, die von den Ministerien der hier angezeigten Personen bereits genehmigt wurden.


Vielen Länder der Welt haben schon Maßnahmen ergriffen, um sich von dem von Israel begangenen Völkermord zu distanzieren. In den Niederlanden hat ein Gericht im Februar 2024 die Regierung dazu aufgefordert, den Export von F-35 Strahljägerteile zu unterlassen, da es klare Risiken gibt, dass Israel aktuell gegen grundlegende Prinzipien des Völkerrechts verstößt. Die Region Wallonien in Belgien hat vorübergehend ihren Export von Schießpulver eingestellt.


Rechtsanwältin Nadija Samour, Bevollmächtigte der Strafanzeigenerstatter:innen sagt hierzu: “Unsere Regierungen in Deutschland und Europa sind völkerrechtlich verpflichtet, Völkermord zu ahnden und zu verhindern, statt ihn zu untestützen. Mit der Strafanzeige fordern wir die Strafjustiz auf, gegen diese Unterstützungshandlungen vorzugehen. Die Strafanzeige setzt ein klares Zeichen gegen die deutschen Regierungsbeamt:innen : die Unterstützung für einen Genozid hat Konsequenzen.”


Während die Welt die totale Zerstörung Gazas live auf die Fernsehbildschirme übertragen bekommt, ist es die Verantwortung der deutschen Strafjustiz zu verhindern, dass der deutsche Staat sich mitschuldig macht an solchen Gräuel und schweren Verbrechen des internationalen Völkerrechts.

***

Hinweise für Journalist*innen:

The Justice and Accountability for Palestine Initiative ist eine von Palästinenser*innen geleitete Initiative, die sich aus internationalen Jurist*innen und Anwält*innen zusammensetzt und rechtliche Schritte gegen Einzelpersonen und Organisationen unternimmt, die an den Verbrechen in Palästina, einschließlich des Völkermords in Gaza, beteiligt sind.


Presseanfragen:

Nadija Samour, mail@samour.de  

Alice Garcia, alice@elsc.support


[1] Chancellor Olaf Scholz, Minister for Foreign Affairs Annalena Baerbock, Vice-Chancellor Robert Habeck, Minister of Finance Christian Lindner and members of the “Bundessicherheitsrat”, the government body that authorizes arms export licenses.


Info: https://law4palestine.org/accountability-now-palestinians-sue-german-government-officials-for-enabling-the-genocide-in-gaza


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.02.2024

Balkankriege NATO wird Weltpolizei

Aus: Ausgabe vom 24.02.2024, Von Rüdiger Göbel

Vor 30 Jahren schossen US-Kampfjets in Bosnien serbische Jagdbomber ab. Das westliche Kriegsbündnis gab sich damit einen neuen Daseinszweck


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Militarisierung der Außenpolitik Der Deutsche Bundestag diskutierte in einer von der Gruppe der PDS/Linke Liste beantragten Aktuellen Stunde »Haltung der Bundesregierung zum ersten NATO-Kampfeinsatz seit 1949 und zur Beteiligung der Bundeswehr« am 3. März 1994:


piemags/imago

Wir bringen euch Frieden. US-amerikanische F-15 Bomber beim Einsatz in Bosnien (1993/94)


Andrea Lederer (PDS/Linke Liste): (…) Dieser Kampfeinsatz unter Beteiligung der Bundeswehr ist ein klarer Verstoß gegen die Verfassung. Es handelt sich erstens eindeutig um einen Kampfeinsatz, zweitens eindeutig um einen Kampfeinsatz außerhalb des Bündnisgebietes – und zwar den ersten der NATO seit ihrem Bestehen –, und an diesem Kampfeinsatz war eindeutig die Bundeswehr beteiligt.


Dies bedeutet: Die Bundesregierung nimmt nicht einmal die einstweilige Entscheidung aus Karlsruhe ernst, nach der nämlich, entgegen der Erklärung aus manchen Regierungsmündern, nicht festgeschrieben ist, dass das alles wunderbar von Karlsruhe gedeckt ist. Vielmehr ist eindeutig festgeschrieben: Bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist diese Frage offen, nicht geklärt.

Das heißt in diesem Fall: Die Bundesregierung hat offenkundig wissentlich entschieden, wiederum die schärfere Gangart einzuschlagen, also sich an Kampfeinsätzen zu beteiligen, anstatt mit solcherlei Aktivitäten zu warten, bis Karlsruhe eindeutig entschieden hat. Sie wissen, dass wir derlei Kampfeinsätze ablehnen, dass wir weiterhin vehement Widerstand gegen diese ganze Entwicklung leisten werden. Aber es zeigt, Hauptsache, man ist dabei. Dies versuchen Sie mit allen Mitteln, egal, ob es in diesem Parlament eine Mehrheit gibt oder nicht, egal, wie die überwiegende Mehrheit in der Bevölkerung denkt, egal, wie Karlsruhe entscheidet, egal, wie die Grundgesetzinterpretation seit 40 Jahren ist. Sie versuchen, durchzupeitschen, was Sie in Ihren Gesetzentwürfen etc. vorgeschlagen haben. Das wiederum ist ein eindeutiger Schritt in Richtung Militarisierung der Außenpolitik. (…)


Die vollständige Debatte im Plenarprotokoll: https://dserver.bundestag.de/btp/12/12213.pdf (ab Seite 85)


Die Nachricht von der Zeitenwende bei der NATO vor 30 Jahren ist dürr: »Vier Kampfflugzeuge, die die von der UNO verhängte Flugverbotszone über Bosnien und Herzegowina verletzen, wurden von Jets der Allianz abgeschossen«, heißt es in einem knappen Pressehinweis des Nordatlantikpakts vom 28. Februar 1994. Und auch NATO-Sprecher Jamie Shea, der fünf Jahre später beim täglichen Erklären des völkerrechtswidrigen NATO-Kriegs gegen Jugoslawien traurige Berühmtheit erlangen sollte, ist kurz angebunden, als er den ersten bewaffneten Einsatz in der damals 45jährigen Geschichte des transatlantischen Bündnisses Journalisten und der Öffentlichkeit erklärt. Ein Angriff noch dazu außerhalb des NATO-Bündnisgebietes. »Out of area«.


An diesem frühen Montagmorgen haben zwei US-amerikanische Kampfjets vom Typ F-16 im Rahmen der Operation »Deny Flight« unweit von Banja Luka sechs serbische Flugzeuge vom Typ Soko J-21 Jastreb aufgespürt, entsprechend der Einsatzregeln zweimal zur Landung aufgefordert und als sie dem nicht nachgekommen waren, vier von ihnen abgeschossen. Eine fünfte Maschine stürzte ab, nachdem sich der Pilot mit seinem Schleudersitz gerettet hatte, eine sechste gelangte gerade noch so in die heimische Luftwaffenbasis Udbina im damals serbisch kontrollierten Teil in Kroatien zurück. Das letzte Stück ohne Sprit im Gleitflug, der Kerosintank war getroffen.


»Wir müssen deutlich machen, dass die NATO eine neue Aufgabe hat, Stabilität und Friedenssicherung im Rahmen der Vereinten Nationen zu gewährleisten«, schob NATO-Generalsekretär Manfred Wörner am Abend des für den Militärpakt historischen Tages nach. Die große Sinnsuche nach dem Ende des Kalten Krieges, der Auflösung der Warschauer Vertragsorganisation unter Führung der Sowjetunion, war beendet. Die Frage, warum der mächtige westliche Militärpakt weiterbestehen sollte, da doch der im Osten längst Geschichte war, musste nicht länger gestellt werden. Die Antwort lag auf der Hand: Frieden schaffen mit NATO-Waffen. 5.48 Uhr GMT am 28. Februar 1994 war der Startschuss für die selbst deklarierte »Schutzverantwortung« in aller Welt. Zwölf Minuten vor sieben unserer Zeit, Weltpolizei.


Flugverbotszone

Legitimiert wurde der Militäreinsatz mit entsprechenden Entschließungen der Vereinten Nationen. Am 9. Oktober 1992 war im Sicherheitsrat die Resolution 781 verabschiedet worden, die militärische Flüge über Bosnien-Herzegowina verbot; ausgenommen waren Maschinen der Vereinten Nationen. Es war die vom Westen verfolgte Antwort auf militärische Erfolge der bosnischen Serben im Zuge der einseitigen Loslösung des Landes von Jugoslawien, diese wiederum als unmittelbares Ergebnis der Sezessionen Kroatiens und Sloweniens 1991. Die Serben wollten nicht mit in die Unabhängigkeit. Es folgte ein Krieg mit Ansage, mit allen Grausamkeiten und massenhaften Vertreibungen nach ethnischen Kriterien – auf allen Seiten. Schuld an der Kriegskatastrophe kam in der hiesigen Darstellung jedoch einmal mehr allein den Serben zu, wie zuvor schon im benachbarten Kroatien. Tatsächlich hatten sie militärische Oberhand. Nach der Sezession der einstigen Teilrepublik überließ die jugoslawische Armee den bosnischen Serben dort lagernde Waffen und Munition. Nur sie verfügten über Kampfflugzeuge. Die bosnischen Kroaten hatten schließlich Kampfhubschrauber von ihren Protegés in Zagreb erhalten.


Eine gewaltsame Durchsetzung des Flugverbots sah diese Resolution gleichwohl nicht vor. Überwachen sollte das Flugverbot die NATO. Ab Oktober 1992 waren AWACS-Aufklärer über dem Balkan im Einsatz, deutsche Soldaten mit an Bord. Mit Verweis auf wiederholte Luftraumverletzungen durch die bosnischen Serben wurde am 31. März 1993 vom UN-Sicherheitsrat unter Berufung auf Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen die Resolution 816 zur Durchsetzung des Flugverbots beschlossen. Die Resolution ermächtigte die UN-Mitgliedstaaten, das Flugverbot einzeln oder durch »regionale Allianzen« durchzusetzen. Die NATO hatte Abschusserlaubnis. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie davon Gebrauch machen würde.


Fast ein Jahr lang hatten sich die NATO-Piloten der Operation »Deny Flight« darauf beschränkt, illegal fliegende Maschinen zur Umkehr oder zur sofortigen Landung aufzufordern. Damit war am 28. Februar 1994 Schluss. Die sechs serbischen Jets hatten gerade planmäßig eine Waffenfabrik der bosnisch-muslimischen Armee im zentralbosnischen Novi Travnik bombardiert – die NATO sprach zunächst von einem Krankenhaus und einem Warenlager – und war in Zweiformation auf verschiedenen Routen auf dem Rückflug, als die Piloten die F-16 über sich entdeckten. Die waffentechnisch unterlegenen Serben hatten keine Chance. Drei Piloten starben im Kampf, fünf Maschinen wurden zerstört.


Bundeswehr »out of area«

Der Abschuss durch US-Piloten im Rahmen des NATO-Einsatzes erfolgte unmittelbar vor einem von der US-Administration erwirkten Ende der Kämpfe zwischen Kroaten und bosnischen Muslimen, besiegelt im »Washingtoner Abkommen« von Anfang März 1994. Die militärische Machtdemonstration mag bei der Allianzbildung geholfen haben, und die von US-Präsident William Clinton neu geschmiedete »Föderation Bosnien und Herzegowina« mag damit die Hoffnung auf weitere Unterstützung gegen die militärisch wie territorial überlegene »Republika Srpska« verbunden haben. Diese Hoffnung sollte erfüllt werden. Die US-geführte NATO flog ab April 1994 Angriffe auf serbische Stellungen in Bosnien. Das Pentagon schaffte, finanziert von Saudi-Arabien, tonnenweise Waffen an die Föderationstruppen. Berichten zufolge wurden dafür ausgerechnet als »Schutzzonen« deklarierte Gebiete genutzt, darunter der Flughafen in Tuzla.

Und Deutschland? Hier fiel die militärische Zeitenwende der NATO in die Entscheidungsfindung des Bundesverfassungsgerichts über die Frage, ob sich deutsche Soldaten am Bosnien-Einsatz beteiligen dürften oder ob hierfür nicht eine Änderung des Grundgesetzes notwendig sei. In der Hauptverhandlung am 12. Juli 1994, rund viereinhalb Monate nach den NATO-Abschüssen über Banja Luka, stellten die Karlsruher Richter im sogenannten Out-of-Area-Urteil verbindlich fest, dass Militäreinsätze der Bundeswehr auch außerhalb des NATO-Bündnisgebietes zulässig seien. Die Bundesregierung muss allerdings die vorherige konstitutive Zustimmung des Bundestages einholen. Es reicht die einfache Mehrheit.


Info: https://www.jungewelt.de/artikel/470054.balkankriege-nato-wird-weltpolizei.html


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.02.2024

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Die EU muss sich endlich ehrlich machen

lostineu.eu, vom 23. Februar 2024

Zum Jahrestag des Kriegsbeginns haben alle drei EU-Institutionen eine Erklärung abgegeben. Sie ist voller Wunschdenken.

More than ever, we remain united and true to our promise to support Ukraine for as long as it takes. For the people of Ukraine, for peace and security in Europe and for the rules-based international order to prevail. The European Union will continue its strong and unwavering political, military, financial, economic, diplomatic and humanitarian support to help Ukraine defend itself, protect its people, its cities and its critical infrastructure, restore its territorial integrity, bring back the thousands of deported children, and bring the war to an end.

(…)

We will continue to address Ukraine’s pressing military and defence needs, including deliveries of urgently needed ammunition and missiles. We have taken unprecedented actions at the EU level to ramp up European defence industry production, and we will continue to increase the capacity, which will allow us to step up our military support and cooperation with Ukraine while simultaneously strengthening our defence readiness and European sovereignty. We are also working on future security commitments which will help Ukraine defend itself, resist destabilisation efforts and deter acts of aggression in the future.

Statement by the Presidents of the European Parliament, the European Council and the European Commission

Die EU verspricht Hilfe ohne Ende – „as long as it takes“.

Und sie verspricht, nicht nur die Ukraine weiter aus- und aufzurüsten, sondern auch die eigene Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen und „europäische Souveränität“ zu stärken.

Wie sie das schaffen will, sagt sie nicht. Kein Wunder, denn die Ziele sind nicht realistisch. Schon die Waffenhilfe für die Ukraine überfordert die EU, sie liegt weit hinter ihrem eigenen Plan.

Die „eigene Verteidigungsbereitschaft“ in Deutschland ist in Stunden zu messen, nicht in Tagen. Und die europäische Souveränität ist bisher nur ein schöner Traum. Ohne die USA geht es noch immer nicht.

Die EU muss sich endlich ehrlich machen und eingestehen, dass

  • alle militärischen und strategischen Ziele verfehlt wurden
  • sie diese Ziele allein nicht erreichen kann
  • Russland die Oberhand gewonnen hat
  • die Zahl der Opfer in der Ukraine zu hoch ist und die Kampfmoral nachlässt
  • auch in der EU die Unterstützung schwindet

Wenn die EU-Politiker trotzdem auf dem eingeschlagenen Kurs weiter machen, laufen die Ukraine, die EU und ganz Europa gegen die Wand.

Die Konsequenzen liegen auf der Hand. Gerne überlasse ich es meinen Lesern, sie auszuformulieren ????

Siehe auch Ukraine-Krieg: Darüber will die EU nicht reden und Nur noch jeder Zehnte glaubt an Sieg Mehr zum Krieg um die Ukraine hier

P.S. Eben kam diese AFP-Meldung rein – sie unterstreicht das oben Gesagte: Ukraine-Krieg und globale Erwärmung: Europa muss in den kommenden Jahren Milliarden in den Klimaschutz und die Verteidigung investieren, doch woher die Mittel kommen sollen, ist umstritten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach sich bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in der belgischen Stadt Gent gegen neue Gemeinschaftsschulden und für eine Rüstungsförderung durch die Europäische Investitionsbank aus. Schnelle Lösungen zeichnen sich jedoch nicht ab.

11 Comments

  1. Kleopatra
    24. Februar 2024 @ 13:42

    Normalerweise formuliert ein Journalist die Schlussfolgerung aus, wenn es seiner Ansicht nach nur eine, offenliegende gibt. Aber das Experiment ist geglückt und hat eine Reihe kurioser Hervorbringungen angelockt…
    Zum Ehrlichmachen gehört meiner Meinung nach zuerst, dass man sich von der Fixierung auf Putin löst – ein großer Teil des russischen Volkes ist mit ihm, so wie viele Deutsche im II.WK lange zu Hitler standen – und dass man sich bewusst macht, dass Russland unser gefährlicher Feind ist und daher Zusammenarbeit und Handel mit ihm erstmal weitgehend auf Eis liegen müssen, egal was das Ergebnis des Krieges ist. Vor einer Zerschlagung des gegenwärtigen russischen Staates ist an eine positive Beziehung zu Russland und den Russen nicht zu denken, da das Land und die Gesellschaft zu sehr nazifiziert sind. Womit ich nicht zu einem Krieg zur Zerschlagung Russlands aufrufen möchte, sondern zur maximalen Abschottung gegen Russland.
    (Dass Russland unser Feind ist, lässt sich mit Russischkenntnissen problemlos jeder russischen Verlautbarung entnehmen und ist somit nicht einem etwaigen Verfolgungswahn meinerseits entsprungen).

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  • Monika
    24. Februar 2024 @ 10:58

    @ skyjumper, alles richtig, aber so wie ich die Grundzüge unserer kapitalistischen Wirtschaftsweise verstanden habe, basiert sie doch auf dem Zins und Zinseszinseffekt, also auf den leistungslosen Einkommen. Solange die 0,01% Wich…tel nicht angetastet werden dürfen muss „der Rest von 99+% eben leiden. Nach solch perversen Regeln arbeitet nunmal ein ungezügelter Kapitalismus… capitalism unchained

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    • Skyjumper
      24. Februar 2024 @ 13:34

      Und genau deswegen halte ich sehr viel von sozialer Marktwirtschaft, und sehr wenig von Raubtier-Kapitalismus. Und genauso wenig von staatlicher Planwirtschaft. Denn ob es sich beim „Raubtier“ um Deutsche Bank & Co, oder um den gierigen Staat handelt bleibt für „den kleinen Mann“ egal.

      Aber das ist eine ganz eigene Baustelle.

      Reply

  • Godfried van Ommering
    24. Februar 2024 @ 10:37

    Man muß versuchen die Erscheinungen des Tages zu prüfen um ihren wahren Gehalt zu erkennen, und das heißt angesichts der Videobotschaft des Bundeskanzlers zum Jahrestag des Krieges in der Ukraine sich fragen: wer redet da? „Ihr habt den Teufel zum Vater“, so Jesu Wort nach dem Johannes-Evangelium (8,44). Und: „denn er (der Teufel) ist ein Lügner und der Vater der Lüge“. Scholz predigt eine Politik der Abschreckung ( ist schon voll auf dem Weg, Herr Scholz; Freunde der deutschen Sprache und Kultur ( von damals, muß man heute hinzufügen) sind längst abgeschreckt worden vom heutigen Deutschland und seine Elite) und der Kriegstüchtigkeit, denn nur so wäre die Sicherheit der Bevölkerung in D und EU gewährleistet, dem aggressiven Russland gegenüber. Diese emphatisch vorgetragene Botschaft ist eine schreckliche Lüge: denn jedem denkenden Menschen ist klar: nur Frieden, nur Friedenspolitik, schafft Sicherheit und Wohlstand für alle! Frieden mit Russland: der einzige Weg zum Wohlergehen aller, und zur Stabilität im Innern und Äußeren. Auflösung der NATO: der längst überfällige Schritt in der Richtung einer neuen Friedensordnung, in Europa und in der Welt. Die Rede von Scholz ist wohl seine definitive Coming-out als Verführer der Deutschen und der Europäer. Wenn seine Worte jetzt nicht mit der Wucht einer wahren Friedensbotschaft von den Kirchen, von den Christen in Deutschland angegriffen werden, nun, – dann wiederholt sich eben die Geschichte der Jahren 30 des vorigen Jahrhunderts. Dann sind wir Zeugen der unfassbaren Tragik unserer Verfallenheit an der Lüge und dem Vater der Lüge.

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  • Stef
    24. Februar 2024 @ 08:26

    Der weitere Weg zeichnet sich klar ab.
    Die europäischen Regierungen halten an ihren Lebenslügen fest und richten sich mit ritueller Politik und Aberglauben dauerhaft ein. Als Konstanten bleiben der Wille, dem Großkapital risikofreie Gewinne zu Lasten der Allgemeinheit zuzuschieben und dies mit zunehmender Repression abzusichern.
    Die auf absehbare Zeit deutlich steigenden Militärausgaben bleiben vom Sparzwang der Schuldenbremse ausgenommen, so dass alle anderen zivilen und insbesondere sozialen Leistungen deutlich überproportional gekürzt werden müssen. Wir werden uns hierzulande an einen dauerhaften und sichtbaren Niedergang der gesellschaftlichen Infrastruktur gewöhnen dürfen.
    Das Militär wird weiterhin von jeder Klimabilanz ausgenommen, so dass das Konsumverhalten der Bürger der einzige unwirksame Anknüpfungspunkt zur Bekämpfung des Klimawandels bleibt. Auch hier nimmt das Maß an Bevormundung und Zwang stetig zu.
    Die politische Elite sichert diese offensichtlich unpopuläre Politik durch zunehmend autoritäre staatliche und private Repressionsmaßnahmen ab, wird damit den kritisierten Autokraten immer ähnlicher und kompensiert dies durch noch aggressivere Rhetorik. Flankiert wird dies durch immer mehr Maßnahmen zur Beobachtung, Kontrolle und Steuerung oppositioneller politischer Bewegungen und Debatten online und offline.
    Die Flüchtlingspolitik wird in der Problemzone gehalten, denn sie bietet eine willkommene Ablenkung von den tatsächlichen Problemursachen. Sie hilft ferner die Begehrlichkeiten der arbeitenden Bevölkerung im Angesicht sinkender Beschäftigtenzahlen durch einen stetigen Strom billiger und williger Arbeitskräfte in Schach zu halten.
    Die Gesellschaft wird zunehmend gespalten in unversöhnliche Lager, die Mainstreampolitik trägt zu der Spaltung nach Kräften bei. Ein Spalt verläuft zwischen den 0,01 % Vertretern des Großkapitals, die sich zunehmend und mit immer höheren Ressourceneinsatz von den unerfreulichen gesellschaftlichen Entwicklungen abkoppeln, und dem übergroßen Rest. Der andere Spalt verläuft zwischen Kritikern und Verteidigern des Status Quo. Da die Verteidiger des Status Quo eine Lebenslüge nicht direkt verteidigen können, werden sie weiterhin und zunehmend über Umwege gegen die Kritiker agitieren (Demos gegen Rechts, Wir impfen euch alle). Die politische Unterscheidung zwischen links und rechts wird seine Bedeutung verlieren. Ein dritter Spalt verläuft kulturell zwischen den Alteingesessenen und den Neuangekommenen, was die innergesellschaftlichen Spannungen stark erhöht.
    Wenn und falls das Lager der politischen Kritiker zu groß und wirkmächtig zu werden droht, bekommen wir die nächste Pandemie. Und mit dieser eine weitere Runde an repressiven Kontrollmaßnahmen unter der Gesundheitsflagge. Die Rüstungsindustrie dürfte zu dem Zeitpunkt mit Steuermitteln saturiert sein, so dass die Pharmaindustrie erneut zugreifen darf. Dies wird der nächste Anlass zum Ausbau autoritärer Maßnahmen sein, der Weg zum Totalitarismus ist nicht mehr weit.
    Was diesen Abläufen in die Quere kommen kann, ist eine Finanzkrise 2.0. Oder der Kollaps des politischen Systems, was sich nach meiner Wahrnehmung aber nicht abzeichnet.

    Reply

  • KK
    24. Februar 2024 @ 00:11

    „Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)“…

    Hat wohl laut DLF zur Finanzierung der Rüstung ein dreijähriges Moratorium (Einfrieren) aller Sozialleistungen vorgeschlagen.
    Die soziale Kälte unseres Finanzministers und FDP-Vorsitzenden (wie auch seiner ganzen Partei) könnte sogar die Hölle einfrieren lassen… was für ein Kotzbrocken.

    Reply

    • Skyjumper
      24. Februar 2024 @ 10:02

      Natürlich verstehe ich, warum Sie diese Idee anprangern. Jedoch: Wo sind die Alternativen für die Finanzierung der an den Finanzminister herangetragenen Ausgabenwünsche? Lindner erzählt uns doch letztlich nur, welche Konsequenzen gesteigerte Militärausgaben haben werden.

      Und vielleicht muss man in 3 Jahren noch froh sein, wenn es denn dann „nur“ ein Moratorium bei den Sozialausgaben geblieben ist. (ja, ich weiß dass das letztlich ein Minus in der Größenordnung von 10 % wäre).

      Wo solls denn herkommen? Der Bundeshaushalt hat nur 3 sehr große Posten: Arbeit und Soziales, Verteidigung, und Zinskosten.

      Den Verteidigungsposten meint man erhöhen zu müssen. Die Zinskosten werden (entgegen der politischen Annahmen) eher weiter steigen, da die gestiegenen Zinssätze noch lange nicht vollständig in den Krediten des Bundes angekommen sind (da schlummern noch viele 0-% Papiere die auf ihre Rollierung warten).

      Tja und der Rest ist „Kleinkram“, da lässt sich kaum viel zusammenstreichen.

      Es zeigt sich gerade deutlich, dass die Schuldenbremse nicht nur berechtigt, sondern viel zu spät eingeführt wurde. Ein flexibler Finanzierungsrahmen für die öffentliche Hand ist zwar erforderlich und auch wünschenswert, aber man hätte auch mal zurückführen müssen. 38 Mrd. € Zinskosten (plus Verwaltungskosten) sind eine gewaltige Last (2021 waren es nur 4 Mrd.). Das andere Staaten (extrem die USA) da noch viel schlimmer dastehen macht es auch nicht besser.

      Schuldenaufnahmen, egal ob für‘s Militär oder für soziale Verbesserungen, sind und waren keine gute Lösung. Wer Ausgaben steigern möchte, muss Einnahmen (Steuern) steigern. Dann nur würde sich auch zeigen, ob der Wähler das – in Anbetracht der Konsequenz) wirklich möchte.

      Reply

      • Stef
        24. Februar 2024 @ 11:10

        Da bin ich anderer Auffassung. Die Schuldenbremse führt immer nur zu Sozialabbau, man kann sie nicht sinnvoll nutzen. Die radikale Einschränkung von Zukunftsinvestitionen führt ebenso wie die Kürzung der Instandhaltung auch immer zu Verfall. Was wir brauchen sind Strukturen, die politische Verantlichkeit sicherstellen, statt diese zu vereiteln. Die EU ist zu einer Einrichtung geworden, die exakt das Gegenteil sicherstellt. Die am weitesten reichenden politischen Richtungsentscheidungen werden mit der geringsten Legitimation und Transparenz getroffen, so dass es am Ende keinen verantwortlichen Entscheidungsträger, sondern nur noch unabänderliche Rahmenbedingungen gibt.

      • KK
        24. Februar 2024 @ 12:27

        “ Jedoch: Wo sind die Alternativen für die Finanzierung der an den Finanzminister herangetragenen Ausgabenwünsche?“

        Es gibt dutzende Milliardäre und tausende Multimillionäre in diesem Land, die es gar nicht merken würden, wenn man sie heranzöge!
        Aber Lindner und seine FDP (aber auch die Union und sogenannte AfD) schliesst Steuererhöhungen bei denen, die es nicht mal merken würden, ja kategorisch aus, und holt es statt dessen bei denen, die schon jetzt nicht genug zum Leben haben.

        Das ist mE verfassungswidrig („Würde des Menschen“ (Art. 1 Abs. 1), „Eigentum verpflichtet“ (Art 14 Abs. 2) und so!

        Nur mal am Rande: Die fünf reichsten Deutschen haben ihre Vermögen in den Coronajahren fast verdoppelt, die zehn reichsten besitzen zusammen ca. 185 Mlliarden € – wann und wofür wollen die das alles ausgeben?

      • Skyjumper
        24. Februar 2024 @ 13:14

        @Stef-11:10
        Die Schuldenbremse ist ja, sowohl auf EU, wie auch auf deutscher Ebene nicht umsonst heftig umstritten. Letztlich haben sowohl die Befürworter, wie auch die Kritiker mit ihren Sach-Argumenten Recht.

        Die von Ihnen, wie auch anderen Kritikern, angeprangerten Folgen der Schuldenbremse sind jedoch „nur“ das Ergebnis der eben nicht verantwortungsvoll genutzten Strukturen. Ich meine man sollte ein Instrument nicht für den missbräuchlichen Umgang damit verantwortlich machen.

        PERMANENTE Neuverschuldung führt letztlich in einen Währungszusammenbruch. Und DIE Folgen mag nun wirklich niemand haben, ganz besonders nicht diejenigen welche von Sozialleistungen abhängig sind. Und selbst die Schuldenbremse lässt ja noch eine strukturelle Neuverschuldung von 0,35 % des BIP pro Jahr zu. Dazu kommen dann noch die bestehenden Aufweichmöglichkeiten für unvorhersehbare Ereignisse.

        HÄTTE man einen normalen, verantwortungsvollen, sprich ausgeglichenen Haushalt, liesse die Schuldenbremse immer noch genügend Spielraum.

        Der Ist-Zustand ist nur leider so, dass der Haushalt alljährlich eben keine ausgeglichenen Ein- und Ausgaben vorsieht, sondern von vornherein IMMER mehr ausgibt als einnimmt. Das ist eben nicht verantwortungsvoll und geht auf Dauer nicht gut.

        Aktuelle, knapp 40 Mrd Zinslasten., für alte Schulden sollten uns doch Warnschuss genug sein. Weder heutige Militärausgaben, noch heutige Instandhaltungskosten, noch heutige Sozialleistungen, rechtfertigen es zukünftige Bürger mit den Lasten zu belasten. Bei reinen Investitionskosten kann man drüber diskutieren.

        Wenn WIR heute etwas wollen, weil WIR es für wichtig und richtig halten, dann müßen WIR heute die nötigen Steuermittel dafür aufbringen.

        Man müßte die Haushalte (nicht nur in DE) mal richtig durchleuchten. Und sich z.B. fragen, warum eigentlich in 60er/70er Jahren all die Strassen, Schwimmbäder, Schulen, Uni‘s und und und gebaut werden konnten? Bei einen Verteidigungshaushalt der zweieinhalb mal so hoch war wie heute. Bei einer Mehrwertsteuer die drastisch niedriger war als heute. Bei Abgaben die deutlich niedriger waren als heute. Wo geht das ganze Geld hin? Unternehmen klagen nicht umsonst über überbordene Verwaltungskosten. Der Staat klagt darüber zwar nicht, aber da entstehen genauso viele, wenn nicht noch mehr Verwaltungskosten.

        Aber ja, das ist natürlich nur meine Meinung und nicht das universelle Nonplusultra.

      • Skyjumper
        24. Februar 2024 @ 13:26

        @KK
        Sie reden mir das Wort. Ich möchte ja nicht von Ihnen die Vorschläge zur Finanzierung, sondern von den Politikern. Am Ende müßten es – m.M.n. – höhere Steuern sein. Wer auch immer die aufbringen soll und will.

        Zusätzliche Schulden sind doch nur ein Ausweichmanöver der Politik um die eigentlich nötige Diskussion über Ausgaben UND Einnahmen nicht führen zu müssen.


  • Info: https://lostineu.eu/zwei-jahre-ukraine-krieg-die-eu-muss-sich-endlich-ehrlich-machen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Neues vom Wirtschaftskrieg (228): EU rudert bei Sanktionen zurück


    lostineu.eu, vom 23. Februar 2024

    Russland trotzt dem Ölpreisdeckel und verzeichnet beispiellose Einnahmen. Euroclear warnt davor, russisches Vermögen zu nutzen. Und kurz kurz vor dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine rudert die EU bei neuen Sanktionen zurück.

    • Kurz vor dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine rudert die EU bei neuen Sanktionen zurück. Die 27 Staaten haben zwar ein neues Paket von Strafmaßnahmen beschlossen. Doch die 13. (!) Runde ist eher symbolischer Natur. auf neue Wirtschaftsssanktionen wurde ebenseo verzichtet wie auf eine Nutzung der eingeforenen russischen Zentfalbankvermögens, wie sie die Ukraine und die USA fordern. Dafür gebe es keine sichere rechtliche Basis, heißt es in Brüssel, zudem sei das Risiko für die Finanzstabilität zu groß. – Der Hintergrund: Die EU fürchtet um das Vertrauen in Euro-Anlagen, zudem hat Euroclear gewarnt (siehe unten)
    • Euroclear warnt davor, russisches Vermögen zu nutzen. Euroclear’s CEO Lieve Mostrey slammed the G7 plan to use Russia’s frozen assets to fund the war in Ukraine and finance its reconstruction, speaking to The Financial Times in an article published on February 15. Mostrey suggested that the idea borders on an indirect form of asset seizure and highlighted the complexities of using another entity’s assets as collateral. „Using assets that don’t belong to you as collateral is pretty close to an indirect seizing or a commitment to future seizing, which could have exactly the same effects on the markets as a direct seizing,” Mostrey said. (FT/BNE)
    • Russland trotzt den Sanktionen und verzeichnet beispiellose Einnahmen. Rohölverkäufe an Indien sollen dem Kreml 2023 einen Rekordwert von 37 Milliarden Dollar eingebracht haben. Das geht aus einer neuen Analyse des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) hervor, die dem Nachrichtensender „CNN“ vorliegt. Die Studie kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass ein Teil des Rohöls von Indien raffiniert und dann als Ölprodukte im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar in die Vereinigten Staaten exportiert wurde. (Der Spiegel)


    Info: https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-228-eu-rudert-bei-sanktionen-zurueck


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Nachrichten von Pressenza: Künstliche Intelligenz: Die Demokratie schafft sich selber ab

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 24. Februar 2024, 7:17 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 24.02.2024


    Künstliche Intelligenz: Die Demokratie schafft sich selber ab


    Im Zuge der „Smartifizierung der Welt“ entpuppt sich die Demokratie als das, was sie schon immer war: Ein Apparat zur Aufrechterhaltung staatlicher Kontrolle, hübsch gekleidet in einen Mantel von Scheinfreiheit. In einem gar nicht mehr so aktuellen staatlichen Papier (Stand&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/02/kuenstliche-intelligenz-die-demokratie-schafft-sich-selber-ab/


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    Vor dem Assange-Prozess: von Lügnern, Betrügern und Dieben


    Nach 7 Jahren Isolation in der Botschaft Ecuadors und 5 Jahren im Hochsicherheits-gefängnis drohen Assange weiter 175 Jahre Haft. Martin Sonneborn für die Online-Zeitung INFOsperber Red. Martin Sonneborn erinnert an kriminelle Machenschaften der CIA und setzt sich für die Freilassung&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/02/vor-dem-assange-prozess-von-luegnern-betruegern-und-dieben/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Waffenstillstand in Gaza – „So bald wie möglich”

    nachdenkseiten.de, 23. Februar 2024 um 11:00 Ein Artikel von Karin Leukefeld

    Wie die US-Administration im UN-Sicherheitsrat mit Wortspielen Israels Morden im Gazastreifen deckt. Zum achten Mal hat der UN-Sicherheitsrat am Dienstag (20.2.2024, NY Ortszeit) über eine Resolution zum Gaza-Krieg abgestimmt. Der Entwurf war von Algerien bereits am 31. Januar vorgelegt worden und bezog sich konkret auf die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes vom 26. Januar. Zentrale Forderung des Textes war ein „sofortiger Waffenstillstand in Gaza“. Nur wenige Tage, nachdem der Textentwurf von Algerien an die Sicherheitsratsmitglieder verteilt worden war, erklärte die US-Administration, sie werde ihr Veto gegen die Resolution einlegen.


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    Die Resolution erhielt am Dienstag die Zustimmung von 13 der 15 Mitgliedsstaaten im UN-Sicherheitsrat. Großbritannien enthielt sich, die USA legten – wie angekündigt – ihr Veto ein. Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield nannte die Forderung nach einem Waffenstillstand einen „frommen Wunsch und unverantwortlich“. Die Resolution gefährde „sensible Verhandlungen“ über die Freilassung von Geiseln im Gaza-Streifen. Man werde mit der Resolution keinen „tragfähigen Frieden erreichen, sondern möglicherweise das Gegenteil davon“.


    Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan bezeichnete die Resolution als „fehlerhaft“ und keine „Zauberformel (zur Lösung, kl) aller Probleme der Region“. Demagogisch fragte er, ob ein Waffenstillstand die Geiseln heimbringe oder „die Hamas auslöscht“? Ein Waffenstillstand erreiche nur ein Ziel, so der Botschafter: „Das Überleben der Hamas“. Für Israelis und die Menschen in Gaza bedeute ein Waffenstillstand die „Todesstrafe“.


    Von den insgesamt acht Resolutionsentwürfen, die seit Beginn des Krieges am 7. Oktober 2023 im Sicherheitsrat zur Abstimmung standen, wurden lediglich zwei Resolutionen angenommen. Keine der beiden Resolutionen forderte einen sofortigen Waffenstillstand. Das brachte jedes Mal Russland dazu, sich der Stimme zu enthalten. Die USA – die jeweils die Texte durch Verhandlungen verwässert hatte – enthielten sich, weil die Texte ihnen nicht ausreichend die Hamas verurteilten.


    UNSR-Resolution 2712

    Am 15. November 2023 wurde die UNSR-Resolution 2712 verabschiedet, die von Malta eingebracht worden war. Sie forderte alle Kriegsparteien auf, das internationale Recht und das internationale humanitäre Recht einzuhalten und die Zivilbevölkerung, besonders Kinder, zu schützen. Ausgedehnte „humanitäre (Kampf)Pausen“ sollten eingehalten und Korridore im ganzen Gazastreifen eingerichtet werden, um die Menschen mit humanitärer Hilfe zu versorgen. Umgesetzt wurde die Resolution nicht.


    Am 24.11.2023 allerdings begann ein von Katar, Ägypten mit Israel und den USA ausgehandelter viertägiger Waffenstillstand, um Geiseln gegen die Freilassung von palästinensischen Gefangenen auszutauschen. Die Vereinbarung wurde zwei Mal um einen Tag verlängert und führte zur Freilassung von 110 israelischen, thailändischen und philippinischen Geiseln nach Israel und von 240 palästinensischen Gefangenen. Gleichzeitig konnten Lastwagenkonvois mit Wasser, Medikamenten, Benzin, Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern in den Gazastreifen fahren. Am 1. Dezember wurden die Kämpfe wieder aufgenommen. Hussein Ibish, Analyst am Institut der Arabischen Golfstaaten (Washington), kommentierte, dass es Israel in dem Krieg nicht um die Befreiung der Geiseln, sondern um die Zerschlagung der Hamas gehe.


    UNSR-Resolution 2720

    Am 22. Dezember verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die UNSR-Resolution 2720. Der Text war auf Initiative arabischer Staaten von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eingereicht worden und forderte erneut die Einhaltung des internationalen und humanitären Rechts durch die Kriegsparteien. Humanitäre Hilfe müsse ungehindert an die Bevölkerung im ganzen Gazastreifen verteilt werden. Der UN-Generalsekretär solle einen Koordinator für Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau ernennen. Das Amt übernahm die Niederländerin Sigrid Kaag.


    Ansonsten wurde die Resolution nicht umgesetzt. Im Gegenteil verschärfte Israel seine Angriffe auf die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen und weitete sie aus. Menschen, die bereits geflohen waren, wurden erneut aufgefordert zu fliehen, um den Panzern und Truppen der israelischen Invasionstruppen zu entkommen.


    Am Morgen des 20. Februar, dem Tag, an dem Algerien erneut den Versuch unternahm, einen Resolutionsentwurf mit dem Ziel eines Waffenstillstandes zur Abstimmung zu stellen, bekräftigte die USA ihre Absicht, ein Veto einzulegen, und präsentierte einen eigenen Entwurf für eine Resolution.


    Der Resolutionstext Algeriens forderte einen sofortigen humanitären Waffenstillstand und verurteilte alle Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur. Jede Zwangsvertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung wird verurteilt, die Einhaltung des internationalen und humanitären Rechts wird eingefordert. Humanitäre Hilfe müsse zugelassen werden, die vom Internationalen Gerichtshof verlangten vorläufigen Maßnahmen, die Israel einhalten müsse, wurden bekräftigt. Alle vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen müssten sofort umgesetzt werden, hieß es in dem Resolutionstext, der zur Abstimmung stand – und trotz mehrheitlicher Zustimmung – scheiterte.


    Mehrdeutige und undurchsichtige Wortspiele

    Der Gegenentwurf der USA zeichnet sich wie gewohnt durch Vieldeutigkeit aus. Danach wird ein „zeitweiliger Waffenstillstand in Gaza so bald wie möglich auf der Grundlage“ gefordert, „dass alle Geiseln freigelassen“ werden müssen. Neu sei, dass die USA von einem „Waffenstillstand“ spreche, heißt es in einer Information des UN-Sicherheitsrates, die im Vorfeld der Abstimmungen an die Medien verbreitet wurde. Nicht neu ist allerdings, dass die USA keine „sofortigen“ Maßnahmen fordern und damit Israel Zeit verschaffen, seinen Vernichtungsfeldzug in Gaza fortzusetzen.


    Israel kann sich keinen besseren Freund und Unterstützer als die USA wünschen. Seit Beginn des Krieges am 7. Oktober 2023 versorgen die USA Israel mit Waffen und Munition und im UN-Sicherheitsrat setzten sie ihren politischen Druck zum Schutz Israels ein. Gegen drei UNSR-Resolutionen (von acht) legten die USA ihr Veto ein. Alle anderen Texte wurden in Verhandlungen über die Sprachregelung verwässert und Abstimmungen wurden hinausgezögert. Mit mehrdeutigen und undurchsichtigen Wortspielen werden eindeutige Textpassagen grotesk verändert, wie das folgende Beispiel zeigt, das auch unter UN-Diplomaten auffiel.


    Die Autoren der ursprünglichen UNSR-Resolution 2720/Dezember 2023 wollten bei den Verhandlungen über die Sprache der Resolution erreichen, dass die USA nicht ihr Veto einlegen, sondern sich lediglich enthalten solle. Um den Begriff „Waffenstillstand“ zu vermeiden, gegen den die USA ihr Veto angekündigt hatte, wurde aus „Waffenstillstand“ die Forderung nach einer „dringenden und dauerhaften Einstellung der Feindseligkeiten“. Die US-Unterhändler waren nicht zufrieden und änderten die Änderung in „dringende Schritte, um Bedingungen für eine dauerhafte Einstellung von Feindseligkeiten zu schaffen“.


    Die Wortklaubereien und die Hinhaltetaktik der USA im UN-Sicherheitsrat sind hinreichend bekannt und sorgen dafür, dass das Vertrauen in die Biden-Administration immer weiter sinkt. Aufrufe an Israel, keine Militäroffensive gegen Rafah zu starten, ohne einen „glaubwürdigen Plan“ für die Sicherheit der Zivilbevölkerung vorzulegen, sind nichts wert, wenn Washington weitere Waffen und Munition an den Kriegstreiber liefert. Nach Angaben des Wall Street Journal sollen MK-82-Bomben und KMU-572 (Gemeinsame direkte Angriffsmunition, JDAM) geliefert werden, die (einfache) Bomben in präzisionsgesteuerte Bomben aufrüsten. Auch FMU-139-Bombenzünder gehören demnach zu der Lieferung im Wert von „Dutzenden Millionen US-Dollar“.


    Als der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, auf einer Pressekonferenz am 12. Februar gefragt wurde, ob US-Präsident Biden die militärische Unterstützung an Israel im Falle einer Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens einstellen werde, antwortete Kirby: „Wir werden Israel weiter unterstützen. Sie haben das Recht, sich gegen die Hamas zu verteidigen. Und wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass sie über die entsprechenden Mittel und Fähigkeiten verfügen, um dies zu tun.“


    Israel kann sich auf die USA, seinen besten Freund, Finanzier und Waffenlieferanten, verlassen. Nicht nur, dass die USA Waffen und Munition liefern, die seit mehr als 4 Monaten täglich oft mehr als 100 Zivilisten im Gazastreifen töten, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Die Schulen und Krankenhäuser zerstören, Ambulanzwagen bombardieren, Journalisten, Lehrer, Ärzte und Rettungskräfte töten.


    Auch andere Verbündete wie Deutschland und Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien liefern oder lieferten Waffen und Munition an Israel. Nach Angaben des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm (SIPRI) erhielt Israel 70,2 Prozent seiner Waffen zwischen 2011 und 2020 aus den USA. An zweiter Stelle der Waffenlieferanten Israels lag in dieser Zeit Deutschland mit 23,9 Prozent und Italien mit 5,9 Prozent.


    In Italien, Spanien und Großbritannien wurden seit Oktober 2023 Waffenlieferungen an Israel ganz oder teilweise aufgrund von öffentlichen Protesten, juristischen Klagen und politischen Initiativen eingestellt. So stellte das Transportunternehmen Kühne & Nagel Anfang Februar 2024 offiziell seine Zusammenarbeit mit dem israelischen Rüstungsunternehmen Elbit Systems ein, das über Produktionslizenzen in Großbritannien verfügt und u.a. in Großbritannien hergestellte Raketen nach Israel exportiert. Aktivisten der britischen Organisation „Palestine Action“ hatten die Büros der Transportfirma mit roter Farbe besprüht und die Firma aufgefordert, die Zusammenarbeit mit Elbit Systems einzustellen: „Cut ties with Elbit“.


    Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatten die palästinensische Menschenrechtsorganisation Al Haq und die britische Organisation Global Legal Action Network (GLAN) vor dem obersten britischen Gericht eine Klage gegen die britische Regierung eingereicht. Großbritannien mißachte die Forderungen, Waffenlieferungen an Israel einzustellen, hieß es in einer Erklärung. Sie verstießen gegen das internationale Recht. „Exportlizenzen für britische Waffen, die dazu beitragen, dass Israel internationales Recht bricht, müssen sofort ausgesetzt werden.“


    In Deutschland geht der Rüstungsexport an Israel derweil durch die Decke. Das deutsche Wirtschaftsministerium erhöhte im Oktober 2023 deutsche Waffenlieferungen an Israel im Wert von 326,5 Millionen Euro um das Zehnfache gegenüber 2022. Dabei wurden schon in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn am 7. Oktober letzten Jahres 185 zusätzliche Exportlizenzen für Waffen und Munition an Israel im Wirtschaftsministerium durchgewunken. Der Spiegel berichtete im Januar 2024 von einer möglichen Lieferung von Panzermunition für israelische Panzer, die aktiv an der Zerstörung des Gaza-Streifens beteiligt sind. Israel soll dem Bericht zufolge bereits im November die Lieferung der Panzermunition in Deutschland bestellt haben.


    Vernichtung und Entmenschlichung

    Die boomenden Rüstungsexporte an Israel sind – ebenso wie die Veto- und Verzögerungstaktik der USA im UN-Sicherheitsrat – mitverantwortlich für die Toten, die das UN-Büro für die Koordination von Nothilfe (OCHA) am 19. Februar mit mehr als 29.000 angibt. Ganze Wohnviertel sind in Schutt und Asche gebombt, wie Fotos und Filmaufnahmen zeigen. Das Welternährungsprogramm (WFP) stellte seine Hilfslieferungen für den Norden von Gaza ein, weil eine sichere Verteilung dort nicht gewährleistet sei.


    Die Zahl der Inlandsflüchtlinge im Gazastreifen wurde (17. Februar) mit 1,7 Millionen Menschen angegeben, die sich zwischen Khan Younis und Rafah aufhielten. Erneut warnten UN-Vertreter vor einer israelischen Offensive gegen Rafah, die von Mitgliedern des Netanyahu-Kriegskabinetts für den Beginn des Fastenmonats Ramadan (ca. 8. März) angekündigt wurde.


    Der UN-Diplomat Martin Griffiths (OCHA) wies darauf hin, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Gaza „in Rafah zusammengedrängt“ sei und „dem Tod ins Gesicht starre“. Die Menschen hätten kaum zu essen, so gut wie keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und „nirgends gibt es einen sicheren Platz, wo sie hingehen können“. Sollte es „militärische Operationen in Rafah“ geben, werde es zu einem Gemetzel kommen“, so Griffiths. Damit werde der humanitären Hilfe „der Todesstoß versetzt“.


    In arabischen internationalen Medien ist viel über das menschenverachtende Vorgehen der israelischen Armee gegen die Palästinenser zu erfahren. Die sadistische Art und Brutalität der israelischen Streitkräfte wird von den Betroffenen berichtet, jeder einzelne Fall beschreibt die Hölle.


    Der Leiter eines Krankenhauses, der sich geweigert hatte, die Klinik und seine Patienten zu verlassen, wurde unter israelischem Feuer aus dem Gebäude gezwungen. Vor dem Haupteingang waren Krankenhauspersonal, Patienten, Vertriebene aufgereiht, Frauen auf der einen, Männer auf der anderen Seite. Der Mann wurde aufgefordert, seine Kleidung komplett abzulegen und barfuß durch das Spalier bis zu einem israelischen Panzer zu laufen. Dort angekommen wurde er zurückgeschickt und musste erneut durch das Spalier auf den Panzer zulaufen. Dann wurde ihm ein Hundehalsband um den Hals gelegt und er musste – vor den Augen aller Versammelten – nackt und auf allen vieren zwischen dem Panzer und dem Eingang zur Klinik hin und her kriechen. Dieser Mann und andere, die sich tagelang in israelischer Gefangenschaft befanden, berichteten von Schlägen und Folter. Vielen wurden die Beine oder Arme gebrochen. Wenn sie sagten, sie seien durstig, hätten israelische Soldaten auf sie uriniert.

    (Quelle: Zeugnis eines Palästinensers gegenüber der Autorin)


    Andere Freigelassene aus israelischer Haft berichteten, dass die Streitkräfte israelische Zivilisten gebracht habe, um dabei zuzusehen, wie die Männer nackt gefoltert wurden. Sie seien als „Hamas-Terroristen“ bezeichnet worden, die Frauen vergewaltigt und Kinder getötet hätten, berichtete ein Mann. Einer der Mitgefangenen habe Hebräisch sprechen können und übersetzt. Die Soldaten und die israelischen Zuschauer hätten die Folter mit ihren Handys fotografiert oder gefilmt und über soziale Medien verbreitet.


    Mit den USA am Tisch sitzen

    Eine UN-Sicherheitsratsresolution für einen sofortigen Waffenstillstand, der das Gemetzel in Gaza zumindest hätte stoppen können, ist zum achten Mal an den USA gescheitert. Washington hat noch nicht erreicht, was es will.


    Washington will das Gemetzel in Gaza für eigene geostrategische Interessen in der Region nutzen, also verbindet Washington die Forderung nach einem Waffenstillstand in Gaza mit Druck auf die arabischen Staaten, sich mit Israel zu einigen. Unter der Führung Israels soll ein militärisches Bündnis errichtet werden, das westliche Interessen gegen die Völker der Region und gegen den Einfluss von China, Russland, Iran abschirmen, das Ressourcen und Transportwege – rund um die arabische Halbinsel – sichern soll. Es gebe eine „außerordentliche Gelegenheit“ für Israel, seine Beziehungen in den kommenden Monaten mit seinen arabischen Nachbarn zu normalisieren, sagte US-Außenminister Antony Blinken bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

    Gleichwohl brauche man auch einen Staat Palästina. Hoffnung dafür gebe es, weil arabische Länder versuchten, die palästinensische Autonomiebehörde wiederzubeleben, damit diese effektiver die Palästinenser vertreten könne. Wichtig aber sei, dass „nahezu jedes arabische Land“ Israel „in die Region integrieren (wolle), um die Beziehungen zu normalisieren … um Sicherheitsverpflichtungen und Zusicherungen zu geben, damit Israel sich sicherer fühlen kann“, sagte Blinken. Dringender denn je sei es daher, einen Staat Palästina zu schaffen, „der auch die Sicherheit Israels gewährleistet.“


    Die Sicherheit und das international verbriefte Recht der Palästinenser, selber ihre Regierung zu wählen, auf staatliche Unabhängigkeit, Souveränität, Entwicklung, Verteidigung und Selbstbestimmung kommen in diesem Weltbild nicht vor. Die Geisteshaltung Blinkens – stellvertretend für die US-Administration und deren „Verbündete“ – wurzelt in der kolonialen Vergangenheit der europäischen Siedler, die Millionen Menschen ermordeten, um sich ihr Land, ihre Bodenschätze anzueignen und ein „internationales System“ zu schaffen, in dem es, so Blinken, nur zwei Möglichkeiten gibt: „Wenn man im internationalen System nicht mit am Tisch sitzt, landet man auf der Speisekarte“.


    Rubriken: Audio-Podcast Friedenspolitik Militäreinsätze/Kriege

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    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=111474


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    *„Ich bin stolz auf die Ruinen in Gaza“

    May Golan, Ministerin für soziale Gleichheit und Förderung des Status

    von Frauen von Israel auf einer Sitzung in der Knesset am 21. 2.2024:

    *

    /„Hören sie gut zu, Herr ‚Fünfte Kolonne‘ [Ofer] Cassif [Abgeordneter

    der linken Chadasch-Partei], Sie können gerne weiter davon träumen, dass

    wir den Krieg ohne Sieg beenden werden. Wir aber schämen uns nicht zu

    sagen, dass wir sehen wollen, wie die Soldaten der israelischen Armee,

    unsere heiligen Helden, [Yahya] Sinwar [HAMAS Führer] und seine

    Terroristen bei den Ohren packen und durch den Gazastreifen ins

    Gefängnis schleifen. Ich bin stolz auf die Ruinen in Gaza und darauf,

    dass noch in 80 Jahren jedes Kleinkind seinen Enkeln erzählen wird, was

    die Juden getan haben, nachdem ihre Familien ermordet und vergewaltigt

    und ihre Zivilisten verschleppt wurden.

    / /

    Sie und ihre Freunde können nur davon träumen, dass wir ihnen erlauben

    werden, eine Regierung zu bilden. Denn wenn Sie glauben, dass Sie als

    Belohnung für die Massaker an Juden, die Vergewaltigung von Frauen, die

    Enthauptung und Entführung von Zivilisten in einer ‚Regierung des

    Wandels‘ sitzen werden, dann träumen Sie. Sie können gerne weiterhin

    ‚Frieden jetzt‘ und ‚Wahlen jetzt‘ rufen. Von Kaplan bis Gaza sollen sie

    sie hören, wir aber haben eine Mission. Weder eine Taube noch einen

    Olivenzweig; nur ein Schwert, um Sinwar den Kopf abzuschlagen, nur das

    wird er von uns bekommen./“


    */Siehe dazu die Ministerin im

    Video:/*https://odysee.com/@RTDE:e/Israelische-Ministerin---Ich-bin-stolz-auf-die-Ruinen-in-Gaza-:c Dauer 1:21 min


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    24.02.2024

    Weniger USA wagen

    manova.news, 21. Februar 2024, 17:00 Uhr

    Sollte er wieder US-Präsident werden, so würde Trump NATO-Partner „im Stich lassen“. Die Empörung ist groß. Aber genau das wäre ein Segen für die Welt.


    Foto: Gints Ivuskans/Shutterstock.com


    Helle Aufregung in den Redaktionen — und nun auch am Rande der Münchner Rüstungskonferenz, die als Namen den Euphemismus „Sicherheitskonferenz“ trägt: Donald Trump stellt nämlich in Aussicht, die NATO verhungern zu lassen. Wenn anderen NATO-Mitgliedsländern Gefahr drohe, stellte er schon mal klar, so würden die Amerikaner nicht anrücken. Er rechtfertigt das mit deren zu niedrigen Rüstungsausgaben. Es könne nicht sein, dass die Vereinigten Staaten den Großteil der Last trügen, um das Eisen der anderen, die weniger investierten, aus dem Feuer zu holen.

    von Roberto J. De Lapuente

    Man könnte Trumps Ansinnen auch so übersetzen: Er fordert mehr Waffen, setzt auf Aufrüstung. Ähnliches soll er laut dem US-Magazin Politico auch schon zu seiner Amtszeit gesagt haben, wie EU-Kommissar Thierry Breton berichtete. An die Adresse Ursula von der Leyens erklärte der damalige US-Präsident:

    „Sie müssen verstehen, wenn Europa angegriffen wird, werden wir niemals anrücken, um Ihnen zu helfen und Sie zu unterstützen. Übrigens, die NATO ist tot, wir verlassen sie, wir werden aus der NATO austreten.“


    Euphemismus „Weltpolizist“

    Politico berichtete erst vor einigen Wochen darüber. Das demokratische Amerika zeigte sich darüber empört, Vize-Präsidentin Kamala Harris betonte sofort, dass das nie geschehen werde — ganz so, als ob sie eine künftige Regierung Trumps bevormunden könnte. Die Europäische Union zeigte sich auch bestürzt. Und mit ihr etliche Journalisten, die allerdings gleich wieder eine Gelegenheit sahen, vor einer möglichen Präsidentschaft Donald Trumps zu warnen. Ihr Ansatz war jedoch nicht, vor einem eventuellen Präsidenten zu warnen, der auf mehr Rüstung setzt. Sie malten ein verlassenes Europa an die Wand, das überfallen wird, während die USA zusehen. Die medialen Analysen gingen nicht sehr tief, der Politico-Bericht musste lediglich als Aufhänger herhalten.

    Bis dato war man es ja gewohnt, dass die Amerikaner immer irgendwie da sind, wenn es Probleme gibt. Ein Weltpolizist sei das Land in Übersee. Ein Aufpasser mit moralischem Kompass. Spätestens seit dem Vietnamkrieg kann man zwar dergleichen nicht mehr behaupten, ohne ausgelacht zu werden, aber immer noch wird diese Mär von der Moral amerikanischer Außenpolitik in die Welt gesetzt.

    Die Behauptung stammt aus den transatlantischen Seilschaften, die sich überall ranken, die Politiker wie Journalisten vereinnahmen und die unipolare Weltordnung als alternativloses Konzept skizzieren. Bis vor einigen Jahren wusste die Öffentlichkeit noch nicht mal, was „unipolare Weltordnung“ bedeutet — diese Bezeichnung kam kaum vor im Diskurs. Es war ja auch schlicht nicht nötig darüber zu sprechen, denn es gab keine Ordnung neben ihr.


    Natürlich hat sich im Bewusstsein der westlichen Bevölkerungen viel verschoben in den letzten Jahrzehnten. Deutsche demonstrierten in großer Zahl in den Achtzigern gegen amerikanische Raketenstationierungen vor ihrer Haustür. Diverse Kriegseinsätze der US-Army wurden hierzulande moniert, führten zu Friedensdemos. Damals wäre noch niemand auf die Idee gekommen, pazifistisch Bestrebte als „Lumpenpazifisten“ zu beleidigen. Das war schlicht nicht nötig, denn der Weltpolizist benötigte keine Sympathie. Er konnte damit leben, dass in der westlichen Hemisphäre Argwohn gegen sein Vorgehen herrschte: Niemand gebot ihm Einhalt, er war die einzige Weltordnung. Nach Herzenslust schob er, mit freundlicher Hilfe der NATO, seinen Einflussbereich in Europa immer mehr nach Osten. Es schien keine Widerstände zu geben.


    Die Hybris des Weltpolizisten mündete in die Ukraine, in die Ereignisse auf dem Maidan. Die Osterweiterung war endgültig auf dem Treppenabsatz Russlands angekommen. Das ist die Vorgeschichte, die im Westen gerne zensiert wird, denn sie muss tatsächlich beschämen, zeigt auf, dass dieser Krieg nicht nur ein Elternteil hat. Noch etwas wird an dieser Vorgeschichte kenntlich: Der Weltpolizist ist gar kein Freund, schon gar kein Helfer. Er ist ein Despot, ein Nimmersatt. Ein Troublemaker und Destabilisierer. Er hinterlässt verbrannte Erde, stürzt Weltregionen in Krisen, setzt Demokratien außer Kraft und beeinflusst Nationen nach seinen Vorstellungen. Man kennt solche Ordnungshüter aus amerikanischen Western: als Sheriffs, die eigentlich Gangster sind.


    Der eigenen Schwäche bewusst werden

    Dieser verschlagene Sheriff stellt also nun in Aussicht, Europa nicht zur Hilfe zu kommen, wenn es in Gefahr ist. Man nimmt das in Europa als Drohung war. Der Medienbetrieb zeigte sich empört, schließlich müsse man gegen die globalen Gefahren zusammenstehen. Was zu den Gefahren zählt, kann man sich denken: allen voran Russland. Und natürlich Wladimir Putin. Was, wenn er Polen überfällt? Kaum hatte der russische Präsident im Interview mit Tucker Carlson dargelegt, dass er überhaupt kein Interesse an der Besetzung der westlichen russischen Peripherie habe, gab NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Protokoll, dass man einen Angriff fürchten müsse.


    In dieser Angst vor einem Zugriff auf Polen, Litauen oder Tschechien steckt auch ein Schuldeingeständnis. Die NATO fürchtet sich davor, weil sie weiß, dass die Vorwürfe der Osterweiterung eben kein Märchen sind, sondern den Tatsachen entspricht. Das alte Europa steht hinter den Ländern des Ostens, die neu eingegliedert wurden in die NATO und die nun als Brandmauer wirken sollen. Dort hetzt es auf zu mehr Kriegsengagement. Mehr Waffen sollen es weiterhin sein.

    Und aus Deutschland vernimmt man Stimmen, die voller Hass dafür plädieren, den Krieg nach Russland zu tragen. Hass in den Netzwerken sei ja angeblich demokratiegefährdend, liest man dieser Tage. Wenn aber Roderich Kiesewetter und Marie-Agnes Strack-Zimmermann für einen Angriffskrieg plädieren, nennt man diese Hetze mutige Forderungen.

    Diese kriegsbereite Haltung hat nur eine Ursache: Man weiß eben, dass Washington hinter Europa steht. Deswegen ist man ja so besorgt wegen Donald Trump. Wenn dieser Rückhalt schwindet, kann man keine dicke Lippe mehr riskieren, ohne sich einer Gefahr auszusetzen, die man selbst nicht bewältigen kann. Man wird sich ohne die USA seiner eigenen Schwäche bewusst. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz vernahm man daher auch Stimmen, die darlegten, dass man darüber nicht jammern solle: Nun sei die Zeit eines Europa angebrochen, das sich selbst militarisieren müsse. Die ersten Schritte dazu sind bereits getan, man sah unlängst den Kanzler in einer Munitionsfabrik, er posierte mit Kriegsausstattung.


    Diese Aufrüstung müsste sich aber gegen den Widerstand in der Bevölkerung durchsetzen. Und dies in Zeiten, da öffentliche Gelder dringend für wichtige Infrastruktur benötigt würden. Eine europäische Rüstungskampagne bände aber Steuergelder langfristig. Europa kann sich so eine Agenda nicht leisten. Jedenfalls nicht, wenn es nicht an anderen Stellen massiv einspart. Wem das schaden wird, kann man sich ausmalen. Sicher nicht den Milliardären. Die werden noch reicher, insbesondere wenn sie Teilhaber von Rüstungsunternehmen sind.


    Fragilität, die Stabilität bringt

    Donald Trump könnte tatsächlich ein Segen für die globale Außenpolitik sein. Es mag ja durchaus möglich sein, dass seinem Anti-NATO-Kurs eine Aufrüstungsforderung innewohnt, ganz nach dem Motto also: Entweder ihr rüstet mehr oder wir helfen euch nicht. Möglicherweise ist das aber eine glückliche Fügung der Geschichte, eine „List der Vernunft“, um mit Hegels Weltgeist zu sprechen. Menschliche Historie war für den Philosophen ein stetiges Aufwärtsgehen, dauerhafter Fortschritt also. Regressive Zwischenphasen, etwa das dunkle Mittelalter — wenn es denn so dunkel war, aber das ist ein anderes Thema —, seien quasi ein Kniff des Weltgeistes, um aus den Tiefen umso schneller in neue Höhen vorzuschießen.


    Der vermutlich neue und damit alte Präsident der Vereinigten Staaten könnte eine solche List sein. Seine Forderung könnte zu einer gespaltenen NATO führen — und Europa dazu bringen, sich unsicherer zu fühlen. Ab dann muss man aufpassen, welche Signale man an Länder ausstrahlt, die Europa näher sind als eine Nation, die irgendwo weit in der Ferne hinter dem Atlantik liegt. Europa wird Russland wieder als Nachbarn wahrnehmen müssen. Den muss man nicht lieben, aber man muss mit ihm leben können. Und letztlich auch wieder mit ihm handeln.


    Stehen die USA nicht mehr mit ihren Armeen parat, sollte etwas schiefgehen, zeigt dies die ganze Fragilität des europäischen Projektes auf. Europa ist kein Gebilde wie jener Bundesstaat, der Weltpolizist war — und in kühnen Träumen noch immer sein will. Und der unter der Präsidentschaft Bidens nochmal begann, die alten imperialen Ansprüche geltend zu machen. Europa hat anders als die USA eine jahrtausendealte Geschichte des Krieges und der Zerwürfnisse.


    Die Menschen in den USA betrachten heute noch den Amerikanischen Bürgerkrieg als Tragik, die die Zeiten überdauert. Weitere Kriege kennt man auf dem Boden der Vereinigten Staaten nicht — Kriege mit den Indianern zählt man gemeinhin nicht mit. Was soll Europa sagen mit seiner Litanei an Gewalt und Tod? Dieses Erbe weist die fragile Konstellation des europäischen Kontinentes aus. Sich einen Nachbarn zu leisten, den man schmäht, verachtet, beleidigt, dem man aggressiv begegnet: Das wird Gewalt und Tod neu entfachen. So war es immer in Europa.

    Am Ende könnte man sagen, dass Donald Trump ein Segen sein kann für die Zukunft Europas. Wenn er sich aus dem Ukrainekrieg heraushält, wird die europäische Bereitschaft schwinden. Denn dann wird aus dem Stellvertreterkrieg in der Ukraine eine europäisch-russische Auseinandersetzung.

    Und vieles spricht dafür, diese auch als deutsch-russische Auseinandersetzung zu betrachten. Dann braucht es einen neuen Realismus, ohne den großen Bruder von drüben. Vielleicht kann es dann auch passieren, dass Roderich Kiesewetter nicht mehr bejubelt wird, wenn er für einen Angriff Russlands plädiert. Vielleicht nennt man solche dann „Lumpenbellizisten“ und hetzt den Staatsanwalt auf sie. Kein Wunder, dass auch er Trump fürchtet wie der Teufel das Weihwasser.


    Roberto J. De Lapuente, Jahrgang 1978, ist gelernter Industriemechaniker und betrieb acht Jahre lang den Blog ad sinistram. Seit 2017 ist er Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen. Er war Kolumnist beim Neuen Deutschland und schrieb regelmäßig für Makroskop. Seit 2022 ist er Redakteur bei Overton Magazin. De Lapuente hat eine erwachsene Tochter und wohnt in Frankfurt am Main. Im März 2018 erschien sein Buch „Rechts gewinnt, weil links versagt“.


    Info: https://www.manova.news/artikel/weniger-usa-wagen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Geopolitik: 
    Warum sollte ein nicht westliches Land dem Westen noch gefallen wollen?

    berliner-zeitung.de, 23.02.2024 | aktualisiert am 23.02.2024 - 23:48 Uhr,Thomas Fasbender

    G20-Außenministerkonferenz: Außer „Zeichen setzen“ und „Haltung zeigen“ hat der Westen nicht mehr viel zu bieten. Vom Verlust der Narrativ-Kontrolle. Ein Kommentar.


    Der russische Außenminister Sergej Lawrow beim G20-Treffen in Rio de Janeiro, BrasilienSna/Imago


    Ein Ritual seit 2022: Bei jedem G20-Treffen der Außenminister rufen die Vertreter des Westens ihrem Amtskollegen Sergej Lawrow zu, den russischen Krieg in der Ukraine zu beenden. Beim Treffen in Rio de Janeiro, dem ersten unter brasilianischer Ägide, kam der Vorwurf hinzu, der Kreml habe den Oppositionellen Alexej Nawalny umgebracht.

    Auf die Weise, so heißt es dann in den heimischen Medien, würden „Zeichen gesetzt“ und „Haltung gezeigt“. Momente wohliger Selbstvergewisserung: Man steht auf der „richtigen Seite“ der Geschichte. Jedenfalls der Absicht nach. Und in der guten Absicht lässt es sich sonnen wie am Malediven-Strand; Gesinnungsethik lebt auch dann, wenn sie wirkungslos bleibt.

    Die wohlige Selbstvergewisserung hilft zu vergessen, dass der Westen zunehmend alleine steht. Außerhalb seiner Welt begegnet man seinen Narrativen mit Skepsis. Das gilt für den Krieg in der Ukraine, ganz besonders aber für den Gazakrieg. Im UN-Sicherheitsrat haben die USA in dieser Woche zum dritten Mal gegen einen Waffenstillstand in Gaza ihr Veto eingelegt. Begründung: Die USA behaupten, sie hätten eine bessere Lösung.

    Im Namen dieser „besseren Lösung“ geht das Sterben weiter. Ähnlich im Ukraine-Krieg: Wie sich immer deutlicher herauskristallisiert, war ein bilateraler Verhandlungsfriede im Frühjahr 2022 realistisch möglich. Doch der Westen hatte eine „bessere Lösung“ – die Ukraine durfte weiterkämpfen.


    Paranoide, rechtsnationale Regierung in Tel Aviv

    In Palästina sind die Dinge verworrener. Eine fast schon paranoide, rechtsnationale Regierung in Jerusalem träumt von totaler Kontrolle über die palästinensischen Gebiete, und der Westen ist nicht Manns genug, ihr entgegenzutreten. Die fatale Folge: Jenseits des Westens verfestigt sich der Eindruck, den Regierenden in Berlin oder Washington erschienen die Zehntausende getöteten Palästinenser als kein allzu hoher Preis für die 1400 Opfer der Massaker vom 7. Oktober.

    Auch wenn man dem Westen hehre Motive unterstellt – Wiederherstellung der völkerrechtlichen Ordnung, Zurückweisung des Rechts des Stärkeren –, er hat Schwierigkeiten, seine „besseren Lösungen“ in Realität umzusetzen. Um das Recht gegen den Stärkeren durchzusetzen, bedarf es eines Stärkeren, der das Recht durchsetzt. Das heißt: In der Ukraine führt die Siegfrieden-Strategie notwendig (wenn auch bislang nur theoretisch) zum Nato-Eintritt in den Krieg.


    Genau da liegt der Hund begraben: Um seine Narrative durchzusetzen, ist der Westen nicht mehr stark genug. Wollen wir für die ukrainische Grenze von 1991 wirklich in den Krieg gegen Russland ziehen? Sterben für den Donbass? Wollen das die Franzosen, die Italiener, die Amerikaner? Nein. Doch um sich mit Kompromisslösungen zufriedenzugeben, mit dem Halb-Halb von Verhandlungsergebnissen, dazu ist sich der Westen zu schade. Das hieße ja, heilige Werte zu kompromittieren!

    Genau darin liegt der Grund für unseren Autoritätsverlust. Mit „Zeichen setzen“ und „Haltung zeigen“ kommt man in der Realität nicht weit. Dass die „wertebasierte Außenpolitik“ eigentlich nur postkolonialen Hochmut verschleiere, dient Russen und Chinesen als Argument beim Werben um Partner in der nicht westlichen Welt. Mit Erfolg: In Afrika, Asien und Lateinamerika fällt Chinas konsequente Strategie der Nichteinmischung auf ebenso fruchtbaren Boden wie Lawrows Poltern gegen die „doppelten Standards“ und die angebliche Heuchelei westlicher Politik.


    Nur im Westen gelten die alten Wahrheiten noch

    Man muss inzwischen fragen: Warum sollte ein nicht westliches Land dem Westen noch gefallen wollen? Technologieprodukte, auch solche von höchster Qualität, gibt es auch anderswo, Waffen sowieso, Energierohstoffe ebenfalls. Entwicklungshilfe und Kredite stellt China bereit; eventuell nötige Militärhilfe im Kampf gegen Rebellen kommt aus Russland. Nehmen wir den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Weshalb sollte er auf westliche Gefühle Rücksicht nehmen und den israelischen Krieg im Gazastreifen nicht mit Hitlers Judenvernichtung gleichsetzen? Die Sympathien des globalen Südens mit seinen Absatz- und Beschaffungsmärkten sind ihm Lohn genug.


    Um ein Fazit zu wagen: Demografische und ökonomische Verschiebungen, nicht zuletzt die Globalisierung, haben die Macht des Westens ausgehöhlt. Und mit dem Verlust an relativer Stärke geht ein Autoritätsverlust einher. Der Nimbus von Überlegenheit und Fortschritt war einmal. Indem es aber keinen Grund mehr gibt, warum die Welt dem Westen weiterhin gefallen sollte, geht auch die Narrativ-Kontrolle flöten, die Deutungshoheit über falsch und richtig, gut und böse. Nur im eigenen, westlichen Universum gelten die alten Wahrheiten noch. Daher auch das Unverständnis, dass andere die Dinge anders sehen – sei es bei den Sanktionen, sei es bei der öffentlich demonstrierten Solidarität. Wieso sind nicht alle unserer Meinung?


    Das Erleben von Macht- und Kontrollverlust, egal ob über Narrative oder über die Wirklichkeit, kann gefährliche Ressentiments wecken. In der Parteinahme zugunsten Israels und der Ukraine will der Westen sich beweisen – ein letztes Mal? Beide Konflikte können uns immer noch um die Ohren fliegen. Ein großer Krieg aber wäre unser endgültiger Abschied von der politischen Bühne.


    Info: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/geopolitik-warum-sollte-ein-nicht-westliches-land-dem-westen-noch-gefallen-wollen-li.2189827


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Film über den Maidan-Umsturz vor 10 Jahren   53 min

    2024-02-23 Film über den Maidan-Umsturz vor 10 Jahren   53 min

    https://odysee.com/@Katharina_vom_Tanneneck:c/Film-%C3%BCber-den-Maidan-Umsturz-vor-10-Jahren:e


    2024-02-23 PROTEST GEGEN AFD: "Nicht rechnen, demonstrieren!" Broder zu

    Demoaufruf an Lehrer und Schüler  5 min

    https://www.youtube.com/watch?v=Gx_Q3Z2GMqw


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Maidan und seine Folgen

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 23. Februar 2024, 12:01 Uhr


    https://mailchi.mp/russische-botschaft/newsletter-der-russischen-botschaft-10430766?e=34bdcd87f0


    *Präsident Wladimir Putin im Interview mit dem US-Journalisten Tucker

    Carlson

    /Auszug:


    /*Womit begannen die Geschehnisse in der Ukraine? Mit dem Staatsstreich

    im Jahr 2014 und dem Ausbruch der Kampfhandlungen im Donbass.


    Wir haben mehrmals vorgeschlagen, die Probleme, die nach dem

    Staatsstreich 2014 in der Ukraine entstanden sind, friedlich zu lösen.

    Leider wurde unseren Vorschlägen keine Beachtung geschenkt. Zusätzlich

    erklärte die von den USA vollständig kontrollierte ukrainische Regierung

    plötzlich, sie werde die Minsker Abkommen nicht einhalten, und setzte

    die Kampfhandlungen in diesen Gebieten fort. Gleichzeitig begannen

    NATO-Militärstrukturen, unter dem Vorwand von verschiedenen Ausbildungs-

    und Nachschulungszentren, dieses Gebiet zu erschließen. Im Grunde

    genommen hat man begonnen, dort Militärbasen zu errichten.


    Selenskij kam an die Macht mit der Erwartung des ukrainischen Volkes, er

    werde die Ukraine zum Frieden führen. Er selbst hat dies betont und

    dadurch die Wahl mit einem erheblichen Vorsprung gewonnen. Nach seinem

    Amtsantritt verstand er jedoch meiner Meinung nach zwei Dinge. Erstens

    dachte er, dass es besser sei, die Beziehungen zu den Neonazis und

    Nationalisten nicht zu belasten, da sie aggressiv und sehr aktiv seien

    und man von ihnen alles erwarten könne. Zweitens unterstützt der Westen,

    insbesondere die USA, diese Gruppen und wird immer diejenigen

    unterstützen, die gegen Russland sind, da es für ihn vorteilhaft und

    sicher ist. Aus diesem Grund hat Selenskij trotz seines Versprechens,

    den Krieg in der Ukraine zu beenden, eine entsprechende Position

    eingenommen.



    *Rede des russischen Außenministers Sergej Lawrow auf der Konferenz zum

    10. Jahrestag des Staatsstreichs in der Ukraine, 16. Februar 2024


    *Was sind die Folgen des Euromaidan? Die Ukraine, die von der UdSSR und

    dem Russischen Reich ein enormes Industriepotenzial erhalten hatte,

    verwandelte sich in den ärmsten Staat Europas, in ein Gebiet, das ohne

    zu übertreiben vom Aussterben bedroht ist. Es gibt keine unabhängige

    Ukraine mehr.


    Der Euromaidan hat sichauf das Alltagsleben, den Zugang zu Informationen

    und zur Bildung in russischer Sprache ausgewirkt, die von mehr als der

    Hälfte der Bürger verwendet wird. Einigen Schätzungen zufolge empfinden

    80 Prozent der ukrainischen Bevölkerung Russisch als eine geeignetere

    Sprache für die Kommunikation. Alles ist gesetzlich verboten.


    Dies ist ein anschauliches Beispiel dafür, wozu ein "Liebäugeln" mit dem

    Westen und ein unbedachtes Bestreben führen, sich um jeden Preis in sein

    politisches undwirtschaftliches Koordinatensystem einzufügen. Die

    Ukraine wurde von ihnen seit ihrer Unabhängigkeit immer als ein

    Sprungbrett angesehen, um Russland abzuschrecken und ihm, wie sie jetzt

    sagen, eine "strategische Niederlage" zuzufügen. Sie sagen, dass sie die

    Ukraine bloß bewaffnen und es die Ukraine selbst ist, die kämpft. Jedoch

    ist jedem klar, dass dies eine Lüge ist. Westliche Ausbilder

    kontrollieren, wie der ukrainische Generalstab die Kampfeinsätze plant,

    helfen bei der Festlegung von Zielen und tun vieles mehr.


    Millionen Ukrainer haben in unserem Land Schutz und Zuflucht gefunden.

    Brüder, Schwestern, Menschen, mit denen wir Freude und Leid teilen. Wir

    haben Familien auf beiden Seiten. Sowohl in der Ukraine als auch in der

    Russischen Föderation. Sie sind hier zu Hause. Und die Wichtigste ist,

    dass diejenigen, die zu uns gekommen sind, sich auch zu Hause fühlen.

    Wir werden alles dafür tun, dass das so bleibt.



    *Kommentar der offiziellen Sprecherin des Außenministeriums Russlands

    Maria Sacharowa zur Ukraine-Krise


    *In diesen Tagen jährt sich der verfassungswidrige bewaffnete

    Staatsstreich in Kiew zum zehnten Mal. Damals, im Februar 2014, brachten

    geschickte Provokateure, angeführt von amerikanischen und europäischen

    Ausbildern, Menschenmassen zu Straßenprotesten unter den verlockenden

    Slogans eines besseren "europäischen" Lebens, der Demokratie, der

    Menschenrechte und des Kampfes gegen die Korruption.

    In Wirklichkeit handelte es sich um gut orchestrierte und von außen

    bezahlte Massenunruhen zum Sturz der rechtmäßigen Regierung.


    Der Euromaidan führte zu einer tiefen Spaltung der Gesellschaft, zu

    Unterdrückung und Kampf gegen Andersdenkende, zu grassierendem

    Nationalismus und Neonazismus, zu Gesetzlosigkeit und Nihilismus, zum

    Kampf gegen die russische Sprache und Geschichte und zur völligen

    Verschlechterung der sozioökonomischen Lage im Land.

    Mit dem Staatsstreich haben die Nationalisten und die sie

    unterstützenden politischen Kräfte die Situation schließlich in eine

    Sackgasse geführt und das Land und seine Bürger an den Rand des Abgrunds

    gebracht.

    Heute haben die ukrainischen Neonazis nicht aufgehört, mit westlichen

    Waffen auf Zivilisten in russischen Regionen einzuschlagen.


    Letzte Woche unterzeichnete Selenskij, der traditionell mit

    ausgestreckter Hand durch europäische Hauptstädte reist, mit Deutschland

    und Frankreich Abkommen über "Sicherheitskooperation", ähnlich dem im

    Januar zwischen Kiew und London unterzeichneten Abkommen.


    Der Preis der westlichen "Garantien" für die Ukraine ist bekannt.

    Im Februar 2014 "garantierten" Berlin, Paris und Warschau die Erfüllung

    der Vereinbarung zwischen Janukowitsch und der Opposition, taten aber

    nichts, um sie umzusetzen.

    Im Februar 2015 übernahmen Deutschland und Frankreich die Rolle der

    "Garanten" für das Minsker Abkommen, das sie selbst zusammen mit Kiew

    begraben haben, wobei sie die gesamte internationale Gemeinschaft täuschten.


    Heute bieten sie dem Kiewer Regime erneut das Zuckerbrot an und haben

    nur ein Ziel: die Ukraine in eine machtlose Kolonie zu verwandeln und

    sie als Werkzeug gegen Russland zu benutzen. Ihre "Garantien" sind

    nichts wert.


    Die oben genannten Fakten bestätigen die Relevanz der Aufgaben der

    speziellen Militäroperation zur Entnazifizierung und Entmilitarisierung

    der Ukraine und zur Beseitigung von Bedrohungen, die von ihrem

    Territorium ausgehen. Alle diese Aufgaben werden definitiv erfüllt werden.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    „Das Gericht in Kiew hat bestätigt: Maidan-Scharfschützen schossen aus dem Hotel Ukraina“

    multipolar-magazin.de, 21. Februar 2024, STEFAN KORINTH, 2 Kommentare, PDF, Herausgegeben von Stefan Korinth und Paul Schreyer

    20. Februar 2014: Aktivisten tragen einen beim Massaker Verwundeten | Bild: picture alliance / dpa | Sergey Dolzhenko

    Vor zehn Jahren sorgte ein Scharfschützenmassaker an Polizisten und Maidan-Aktivisten für eine hochexplosive Atmosphäre auf dem Kiewer Maidan und leitete den zwei Tage später folgenden Putsch gegen die ukrainische Regierung ein. Der Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski von der Universität Ottawa erläutert im Interview mit Multipolar den Tathergang, die vorliegenden Beweise, die fragwürdige Rolle der ARD und die Erkenntnisse eines kürzlich ergangenen Kiewer Gerichtsurteils zu dem Massenmord. Die Richter stellten faktisch fest: Rechtsextreme Maidankämpfer schossen aus dem Hotel Ukraina und sind für den Tod von mindestens zehn Menschen verantwortlich.


    Hinweis: Dieses Interview ist auch auf Englisch verfügbar.

    Multipolar: Herr Katchanovski, in diesen Februartagen jähren sich das Massaker auf dem Maidan vom 20. Februar 2014, der gewalttätige, pro-westliche Machtwechsel in Kiew zwei Tage danach und der russische Einmarsch in die Ukraine vom 24. Februar 2022. Inwiefern führt eine politische Linie von den Ereignissen im Februar 2014 zum Krieg acht Jahre später?

    Katchanovski: Wie ich in meinem kürzlich in einer Fachzeitschrift veröffentlichten Open-Access-Artikel schrieb, führte das Massaker auf dem Maidan zum Sturz der prorussischen Regierung von Viktor Janukowitsch und war der Beginn eines Bürgerkriegs im Donbass, der militärischen Intervention Russlands auf der Krim und im Donbass, der russischen Annexion der Krim und eines zwischenstaatlichen Konflikts zwischen dem Westen und Russland sowie zwischen der Ukraine und Russland, den Russland mit seinem illegalen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 drastisch eskalierte. Nicht nur Putin in seinem Interview mit Tucker Carlson, sondern auch Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, erklärte, dass das Massaker auf dem Maidan eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des russisch-ukrainischen Krieges spielte.

    Multipolar: Bitte fassen Sie kurz zusammen, wie der Massenmord am 20. Februar in Kiew ablief. Wer waren die Opfer? Wer waren die Täter? Welche gesicherten Zahlen und Informationen gibt es? Was sind die Erkenntnisse Ihrer Forschungen?

    Katchanovski: Das Massaker begann damit, dass Scharfschützen der rechtsextremen Maidan-Gruppe ein Waffenstillstandsabkommen brachen und am Morgen des 20. Februar auf dem Maidan drei Berkut-Polizisten und 39 Angehörige der Truppen des Innenministeriums töteten und verwundeten. Sowohl aus meinen Studien als auch aus dem Urteil des Prozesses zum Massaker auf dem Maidan geht hervor, dass sich die unbewaffneten Berkut-Polizisten und Mitglieder der Truppen des Innenministeriums infolge dieses tödlichen Angriffs rasch vom Maidan zurückzogen und von den Maidan-Aktivisten verfolgt wurden, wobei ein Polizist getötet und zwei von einem Maidan-Aktivisten verwundet wurden. Eine bewaffnete Sondereinheit der Berkut rückte kurzzeitig auf den Maidan vor, um den Rückzug der Internen Truppen zu sichern. Während dieser Zeit wurden die Maidan-Aktivisten massakriert.

    Maidankämpfer mit Gewehr am Morgen des 20. Februar 2014 im Kiewer Konservatorium | Bild: Evgeniy Maloletka / Screenshot aus einem TV-Beitrag von BBC Newsnight

    In der kürzlich ergangenen Urteilsbegründung eines Kiewer Gerichts heißt es:

    „Am 20. Februar 2014 wurden 113 Polizeibeamte unterschiedlich schwer verletzt (Schläge, Gehirnerschütterungen, Knochenbrüche, Vergiftungen, Verbrennungen), vier von ihnen starben an Schussverletzungen, und 63 Polizeibeamte erlitten insgesamt Schussverletzungen. 233 Aktivisten wurden ebenfalls unterschiedlich schwer verletzt, 49 von ihnen kamen ums Leben, 48 davon durch Schussverletzungen, und 172 Aktivisten wurden insgesamt durch Schüsse verwundet.“

    Mein kürzlich veröffentlichter, von Fachleuten begutachteter Zeitschriftenartikel mit dem Titel „The ‚snipers' massacre‘ on the Maidan in Ukraine“ fasst die Ergebnisse meiner Studien wie folgt zusammen:

    „Synchronisierte Videos, Zeugenaussagen von mehreren hundert Personen, Geständnisse von 14 Mitgliedern von Scharfschützengruppen auf dem Maidan und die Lage der Einschusslöcher zeigen, dass sowohl die Polizei als auch die Demonstranten von Scharfschützen des Maidan massakriert wurden, die sich in den vom Maidan kontrollierten Gebäuden und Bereichen befanden. Eine inhaltliche Analyse der synchronisierten Videos ergab, dass der Zeitpunkt und die Richtung der Schüsse durch die Polizei-Spezialeinheit der ‚Berkut‘, die für das Massaker verantwortlich gemacht wurde, nicht mit der Tötung bestimmter Demonstranten übereinstimmte. Aussagen der absoluten Mehrheit der verwundeten Demonstranten und von etwa 100 Zeugen sowie gerichtsmedizinische Untersuchungen von ballistischen und medizinischen Experten für den Prozess und die Untersuchung des Massakers auf dem Maidan in der Ukraine bestätigen dies. Der Artikel zeigt, dass das Massaker unter falscher Flagge gezielt organisiert und unter Beteiligung von oligarchischen und rechtsextremen Elementen der Maidan-Opposition durchgeführt wurde, um die amtierende Regierung in der Ukraine zu stürzen.“

    Die überwältigenden Beweise, die dies ohne jeden vernünftigen Zweifel belegen, werden in diesem und zwei weiteren, von Fachleuten überprüften Open-Access-Zeitschriftenartikeln („The Maidan Massacre Trial and Investigation Revelations“ und „The far right, Euromaidan, and Maidan massacre in Ukraine: Implications for the Ukraine-Russia War and Relations") sowie in deren Videoanhängen und in meinen beiden Büchern präsentiert, die in diesem Jahr von großen westlichen akademischen Verlagen veröffentlicht werden sollen.

    Das Blutbad im Stadtzentrum führte zum Rückzug der Polizei

    Multipolar: Welche Auswirkungen hatte der Massenmord auf die zwei Tage später erfolgte verfassungswidrige Absetzung des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch?

    Katchanovski: Die Maidan-Opposition, die westlichen Regierungen sowie die westlichen und ukrainischen Medien machten sofort Janukowitsch, die Scharfschützen der Regierung und die „Berkut“ für das Massaker an den Maidan-Demonstranten verantwortlich. Das Massaker führte dazu, dass das Parlament am 20. Februar über den Rückzug der Regierungstruppen aus dem Kiewer Stadtzentrum und anschließend über die Absetzung des damaligen Präsidenten Janukowitsch und seiner Regierung abstimmte. Die Abstimmung über seine Entlassung verstieß gegen die ukrainische Verfassung, und erreichte nicht die notwendige Stimmenzahl, obwohl die Wahlergebnisse durch die Verwendung von Stimmkarten abwesender Abgeordneter manipuliert wurden und obwohl die rechtsextreme Gruppe der Maidan-Schützen viele Abgeordnete zur Stimmabgabe zwang.

    Multipolar: Im Oktober 2023 erging – wie Sie schon erwähnten – ein Urteil des zuständigen Bezirksgerichts Swjatoschinski in Kiew über das Massaker vom 20. Februar 2014. Wie lautete die Anklage?

    Katchanovski: Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine (GPU) hat fünf Angehörige der Polizei-Spezialeinheit „Berkut“ angeklagt, wegen der Tötung von 48 Demonstranten und der versuchten Tötung 80 weiterer Demonstranten, die verwundet wurden und dass „Berkut“ dies mit Hilfe eines terroristischen Anschlags getan habe. Dies waren die Hauptanklagepunkte.

    Multipolar: Was hat das Gericht konkret untersucht?

    Katchanovski: Das Gericht hat nur die Anklage gegen fünf Mitglieder der Sondereinheit „Berkut“ wegen des Massakers an den Maidan-Aktivisten geprüft. Es untersuchte weder das Massaker an der Polizei noch das Massaker, das die Maidan-Scharfschützen anrichteten.

    Multipolar: Und wie lauteten die zentralen Punkte des Urteils?

    Katchanovski: Das Urteil bestätigte, dass viele Maidan-Aktivisten sowie auch Fernsehjournalisten der BBC und der ARD nicht von Mitgliedern der ukrainischen Berkut-Sonderpolizei oder anderen Ordnungskräften beschossen wurden, sondern von Scharfschützen im von der rechtsextremen Partei „Swoboda“ kontrollierten Hotel Ukraina und anderen vom Maidan kontrollierten Orten. Es wurde ausdrücklich festgestellt, dass das Hotel Ukraina von Maidan-Aktivisten kontrolliert wurde und dass sich eine bewaffnete, der rechtsextremen Maidan-Gruppe nahestehende Person im Hotel aufhielt und von dort aus schoss. Das Urteil kam „zu dem kategorischen Schluss, dass sich am Morgen des 20. Februar 2014 Personen mit Waffen, aus denen die Schüsse abgefeuert wurden, in den Räumlichkeiten des Hotels Ukraina aufhielten.“

    Urteilsverkündung des Kiewer Bezirksgerichts am 18. Oktober 2023 | Bild: Screenshot eines Videos von ZN.UA

    In der Entscheidung des Gerichts heißt es, dass es keine Beweise für die Beteiligung der Berkut-Polizei und anderer „Strafverfolgungsbeamter“ an der Tötung von neun und der Verwundung von 23 Maidan-Aktivisten gibt und dass ihre Erschießung durch „unbekannte Personen (…) nicht ausgeschlossen werden kann.“ Das Urteil stellte fest, dass mindestens sechs bestimmte Demonstranten aus „dem von Aktivisten kontrollierten“ Hotel Ukraina und anderen vom Maidan kontrollierten Orten getötet und viele andere verwundet wurden. Es kam zu dem Schluss, dass der Euromaidan zum Zeitpunkt dieses Massakers kein friedlicher Protest war, sondern „eine Rebellion“, die mit dem Massaker an der Berkut-Polizei und dem Angriff der Maidan-Aktivisten einherging.

    Kein Schießbefehl durch Janukowitsch, keine russische Beteiligung

    Das Urteil bestätigte auch die Ergebnisse meiner Studien, wonach es keinen Befehl zum Massaker von Janukowitsch oder seinen Ministern gab und keine russische Beteiligung an dem Massaker vorlag. Es stellte ausdrücklich fest, dass „die ‚russische Spur‘ nach Prüfung der einschlägigen Dokumente, insbesondere aller Fälle des Grenzübertritts von FSB-Offizieren in die Ukraine, ihrer Bewegungen in Kiew und in der Region, der Zeit und des Ortes ihres Aufenthalts sowie der Daten und der Art und Weise, wie sie das Hoheitsgebiet der Ukraine verließen, nicht bestätigt wurde“, dass „diese Personengruppe ständig überwacht wurde“ und „dementsprechend keine Beteiligung“ an dem Massaker vorlag.

    Zwei Berkut-Offiziere wurden vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Drei Berkut-Polizisten, die bereits auf Befehl von Selenskij gegen Separatisten aus dem Donbass ausgetauscht worden waren, wurden in Abwesenheit für die Ermordung von 36 der 49 Demonstranten und die Verwundung von 52 der 172 Maidan-Aktivisten verurteilt. Diese Verurteilung stützte sich auf eine einzige, gefälschte gerichtsmedizinische Untersuchung und eine kollektive Verantwortung. Auf derselben Grundlage wurde auch ein Berkut-Befehlshaber wegen Totschlags an vier Demonstranten und der Verwundung von acht weiteren Personen verurteilt, weil er angeblich seinen Offizieren befohlen hatte, bei der Evakuierung interner Truppen durch die Berkut-Kompanie und deren anschließendem Rückzug, bei dem ein Berkut-Offizier getötet und ein weiterer verwundet wurde, wahllos zu schießen.

    „Alle Beweise zeigen: Berkut kann die Demonstranten nicht erschossen haben“

    Diese einzige gerichtsmedizinische Untersuchung von Projektilen, die fünf Jahre nach dem Massaker durchgeführt wurde, widerlegt die Ergebnisse von etwa 40 früheren gerichtsmedizinischen Untersuchungen der Projektile – einschließlich einer computergestützten Analyse, die ergab, dass die Kugeln aus den Körpern der getöteten Maidan-Demonstranten nicht zu den Kalaschnikow-Sturmgewehren der „Berkut“ passten. Die verfälschte forensische Untersuchung der Kugeln steht auch im Widerspruch zu synchronisierten Videos, aus denen eindeutig hervorgeht, dass Berkut-Offiziere nicht zu den Zeitpunkten geschossen haben, als fast alle Maidan-Aktivisten getötet wurden.

    Sie widerspricht zudem Tatort-Untersuchungen von Ballistik-Experten der Regierung, die darauf hinweisen, dass die Flugbahnen der Kugeln aus den vom Maidan kontrollierten Bereichen stammen. Und sie widerspricht den Ergebnissen gerichtsmedizinischer Untersuchungen, bei denen die Flugbahnen der Geschosse anhand der Wunden der Opfer bestimmt wurden, die sich oben, hinten und seitlich in deren Körpern befanden. Ebenso widerspricht diese Untersuchung den Aussagen der absoluten Mehrheit der verwundeten Maidan-Demonstranten sowie den Aussagen mehrerer hundert Zeugen der Anklage und der Verteidigung und anderen Zeugen, die von Scharfschützen im Hotel Ukraina und an anderen vom Maidan kontrollierten Gebäuden berichten. All diese Beweise zeigen eindeutig, dass die Berkut-Polizisten diese Demonstranten nicht erschossen haben können, während in einer kleinen Minderheit anderer Fälle keine oder widersprüchliche Beweise vorliegen.

    Urteil ist offizielles Eingeständnis von Tatsachen, die die Regierung weiterhin leugnet

    Das Urteil des ukrainischen Gerichts und die Ermittlungsergebnisse der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft bedeuten de facto ein offizielles Eingeständnis selbst der nicht unabhängigen Justiz, dass mindestens 10 der 49 getöteten und 115 der 172 verwundeten Maidan-Aktivisten am 20. Februar 2014 nicht von Berkut oder anderen Strafverfolgungsbehörden, sondern von Maidan-Scharfschützen aus den vom Maidan kontrollierten Bereichen erschossen wurden. Selbst die Ermittlungen der ukrainischen Regierung räumten ein, dass ein toter Demonstrant und die Hälfte der verwundeten Maidan-Aktivisten nicht aus den von Berkut kontrollierten Sektoren erschossen wurden, und klagten daher niemanden für diese Verbrechen an, während sie öffentlich leugneten, dass es in den vom Maidan kontrollierten Gebäuden Scharfschützen gab.

    Die seltsame Rolle der ARD

    Multipolar: Für die deutschen Leitmedien war das Massaker auf dem Maidan immer nur ein Randthema – und das obwohl Maidankämpfer am 20. Februar 2014 sogar ein Zimmer des ZDF im Hotel Ukraina besetzten und aus dem Fenster in Richtung der Todeszone auf der Institutska-Straße feuerten. Wenn die deutschen Medien das Massaker doch mal thematisierten, wurde mit einer Ausnahme regelmäßig die These verbreitet, dass Janukowitsch und Berkut die Täter waren, so als ob es Ihre Untersuchungen und Erkenntnisse zum Verbrechens nicht gäbe. Wie ist das in den englischsprachigen Leitmedien? Hat sich der Blick dort auf das Massaker in den vergangenen zehn Jahren verändert?

    Katchanovski: Ein langes Video des deutschen Fernsehsenders ARD wurde von den Anwälten der Maidan-Opfer zunächst als anonymes Video in den Prozess eingeführt, und erst vor einigen Jahren stellte das Gericht fest, dass es sich um ARD-Aufnahmen handelte. Ein ukrainischer Journalist schrieb in den sozialen Medien, er habe dieses Material für die ARD gefilmt, aber die ARD habe sich geweigert, dieses Video für den Maidan-Massaker-Prozess in der Ukraine freizugeben, und das im Prozess gezeigte Video sei geschnitten und ohne Ton.

    Der Inhalt des Videos und seine Aussagen deuten darauf hin, dass das Video aus demselben Raum des Hotels Ukraina gedreht wurde, den das ZDF angemietet hatte und in dem Scharfschützen der rechtsextremen Maidan-Gruppierung gefilmt wurden, die auf die Maidan-Demonstranten schossen. Da dieses Video gleichzeitig die Tötung und Verwundung einer großen Zahl von Demonstranten und die Position der Berkut-Polizei festhielt, hätte es, wenn der fehlende Ton der Schüsse verfügbar gewesen wäre, zeigen können, dass die genauen Zeitpunkte der Erschießung bestimmter Demonstranten mit dem lauten Klang der Schüsse aus diesem vom Maidan kontrollierten Hotel zusammenfielen und nicht mit dem weiter entfernten Klang der Berkut-Schüsse von ihrer Barrikade.

    In dem Urteil heißt es, dass vom Musikkonservatorium und dem benachbarten Hauptpostamt aus auf zwei Zimmer im Hotel Ukraina geschossen wurde und dass dies der von Maidan-Aktivisten besetzte Bereich war. Es wurde jedoch verschwiegen, dass diese Hotelzimmer von deutschen ARD-Fernsehjournalisten gemietet waren und dass das Postamt damals das Hauptquartier des Rechten Sektors war.

    „Westliche Medien verbreiten ein falsches Narrativ über das Massaker“

    Mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen berichten die führenden englischsprachigen Medien immer noch nicht über meine akademischen Studien, die Enthüllungen über die Heckenschützen vom Maidan-Massaker in der Ukraine und die Bestätigungen der Urteile gegen die Heckenschützen vom Maidan. Die New York Times und andere führende westliche Medien verbreiteten ein falsches Narrativ über das Maidan-Massaker.

    Zwei BBC-Berichte, die zeigten, wie Maidan-Scharfschützen im Hotel Ukraina auf das BBC-Fernsehteam und Maidan-Demonstranten schossen, waren bemerkenswerte Ausnahmen. Aber die BBC wie auch alle anderen großen westlichen Medien berichteten nicht über das Eingeständnis der ukrainischen Regierung, dass dieses Zimmer von einem der Führer der rechtsextremen Svoboda-Partei bewohnt wurde und dass im Urteil des Maidan-Massakers-Prozesses festgestellt wurde, dass das BBC-Video dieser Schießerei „dokumentierte Daten aus dem von Aktivisten kontrollierten Gebäude des Hotels Ukraina in Kiew über den gezielten Einsatz von Gegenständen durch die Aktivisten darstellt, die aufgrund ihrer äußeren Merkmale eindeutig Schusswaffen ähneln, Waffen vom Typ Jagdwaffen.“

    Dieses absichtliche Ausblenden meiner Enthüllungen über den Maidan-Massaker-Prozess, des Urteils und meiner akademischen Studien erfolgt trotz des fast eine Million Wörter umfassenden Urteils über den Maidan-Massaker-Prozess und der automatisierten englischen Übersetzung der relevanten Auszüge, die öffentlich zugänglich sind, trotz der über eine Million Aufrufe und Downloads meiner akademischen Studien über das Maidan-Massaker und Videoanhänge mit Videos von Maidan-Scharfschützen, Aussagen der absoluten Mehrheit der verwundeten Aktivisten und über 150 Zeugen über solche Scharfschützen, und trotz meiner viralen Tweets darüber.

    Darüber hinaus stellte Cathy Young in ihrem Meinungsbeitrag auf der parteiischen neokonservativen Website „Bulwark“ das Urteil falsch dar, behauptete fälschlicherweise, dass die Berkut-Polizei für die Tötung von 40 der 48 Demonstranten verantwortlich sei, und leugnete und beschönigte offen die Existenz von Scharfschützen auf dem Maidan und die Beteiligung der Rechtsextremen am Massaker auf dem Maidan als „Verschwörungstheorie“. Sie bezeichnete die Scharfschützen des Maidan im Hotel Ukraina ebenso als „Verschwörungstheorie“ und behauptete fälschlicherweise, dass das Urteil nicht besagt, dass die Demonstranten des Maidan von diesem Hotel und anderen vom Maidan kontrollierten Orten aus erschossen wurden, und dass das Urteil die Beteiligung russischer Scharfschützen nicht widerlegt hat.

    Sie behauptete fälschlicherweise, dass das Hotel Ukraina nicht von den Maidan-Aktivisten kontrolliert wurde, und propagierte eine tatsächliche Verschwörungstheorie, dass die Polizei vom Hotel aus die Demonstranten erschossen haben könnte, obwohl das Urteil, der Prozess und die Ermittlungen sowie meine Forschungsarbeiten klare und überwältigende Beweise für das Gegenteil enthalten.

    Multipolar: Wladimir Putin sagte kürzlich im Interview mit Tucker Carlson, dass die CIA für den Staatsstreich in Kiew 2014 verantwortlich ist. Welche Indizien und Beweise sehen Sie für diese These?

    Katchanovski: Bei meinen Untersuchungen habe ich keine öffentlich zugänglichen Beweise für eine Beteiligung der CIA am Massaker auf dem Maidan oder am gewaltsamen Sturz der ukrainischen Regierung gefunden, und Putin hat auch keine solchen Beweise vorgelegt. Er behauptete fälschlicherweise, dass es sich um einen „faschistischen Staatsstreich“ handelte und dass in der Ukraine ein „Neonazi-Regime“ installiert wurde.

    Es gibt jedoch verschiedene Hinweise darauf, dass dieser Regierungssturz Ausdruck der US-Politik des „Regime Change“ war. Zwei Führer der rechtsextremen Swoboda-Partei erklärten in getrennten Interviews, ein westlicher Regierungsvertreter habe ihnen und anderen Maidan-Führern einige Wochen vor dem Massaker gesagt, dass sich die westlichen Regierungen gegen die Janukowitsch-Regierung wenden würden, wenn die Zahl der Todesopfer unter den Demonstranten 100 erreichen würde. Die getöteten Demonstranten wurden unmittelbar nach dem Massaker als „Himmlische Hundertschaft“ bezeichnet. Demonstranten und Menschen, die gar nicht auf dem Maidan waren und an Krankheiten oder anderen Ursachen starben, wurden mit einbezogen, um die Zahl der Opfer auf 100 zu erhöhen.

    Die USA und andere westliche Regierungen machten fast unmittelbar nach dem Massaker auf dem Maidan die Regierung Janukowitsch und deren Streitkräfte für diesen Massenmord verantwortlich und erkannten die neue Maidan-Regierung an. Biden beschrieb in seinen Memoiren, wie er Janukowitsch anrief, „als seine Scharfschützen Dutzende ukrainische Bürger ermordeten“, um ihm zu sagen, er solle „seine Bewaffneten zurückrufen und gehen“, und dass „der in Ungnade gefallene Präsident am nächsten Tag aus der Ukraine floh“. Am 21. Februar unterzeichnete Janukowitsch ein Abkommen mit den Oppositionsführern vom Maidan und Vertretern Frankreichs, Deutschlands und Polens. Doch dann erklärte US-Präsident Barack Obama in seinem CNN-Interview, dass „wir einen Deal für den Machtwechsel in der Ukraine ausgehandelt haben“.

    Multipolar: Sie leben und arbeiten seit mehr als 20 Jahren in Kanada. Dort gibt es eine große ukrainische Exilgemeinde. Im September 2023 bejubelte das kanadische Parlament den ukrainischen SS-Veteran Jaroslaw Hunka, der von Premierminister Justin Trudeau und dem damaligen Parlamentspräsidenten Anthony Rota eingeladen worden war. Hunka sei ein „kanadisch-ukrainischer Held“, der im Zweiten Weltkrieg gegen „die Russen“ gekämpft hat, lobte Rota. Kurz darauf trat er wegen des Skandals zurück und bezeichnete die Einladung und Ehrung des früheren SS-Mannes als „Fehler“. Wie erklären Sie sich das Zustandekommens solch eines „Fehlers“.

    Katchanovski: Meine auf Recherchen basierenden viralen Tweets, die diesen Veteranen des Zweiten Weltkriegs als Veteran der SS-Division Galizien identifizierten, und meine Interviews mit führenden kanadischen Medien zu diesem Thema trugen wesentlich dazu bei, dass diese Geschichte publik wurde. Ich sehe keine Beweise dafür, dass der Sprecher des kanadischen Parlaments, der kanadische Premierminister und andere kanadische Beamte wussten, dass sie den ukrainischen Veteranen der SS-Division Galizien einluden und mit stehenden Ovationen bedachten. Aber die Propaganda während des russisch-ukrainischen Krieges und die Beschönigung von Neonazis und Nazi-Kollaborateuren in der Ukraine haben ihren Teil zu diesem epischen Debakel beigetragen.

    „Selenskij ist ein politischer Opportunist“

    Multipolar: An dem Tag im kanadischen Parlament war auch der ukrainische Präsident Selenskij anwesend und applaudierte Hunka. Wie ist es zu erklären, dass ein Ukrainer mit jüdischen Wurzeln einen früheren SS-Mann ehrt?

    Katchanovski: Es gibt keinen Beweis dafür, dass Selenskij wusste, dass er einem ukrainischen Veteranen der „SS-Division Galizien“ stehende Ovationen gab. Aber die Vorstellung dieses Veteranen durch den kanadischen Parlamentspräsidenten – Hunko habe während des Zweiten Weltkriegs gegen „Russen“ gekämpft – war für jeden Ukrainer, einschließlich Selenskij, ausreichend, um zu erkennen, dass dieser Kriegsveteran nur ein Nazi-Kollaborateur sein konnte.

    Selenskij hat dieses Debakel auch dann nicht öffentlich verurteilt oder kommentiert, als Putin es als Beweis für seine falschen Behauptungen, die Ukraine sei ein Nazi- oder Neonazi-Staat, und zur Rechtfertigung der illegalen russischen Invasion in der Ukraine vorlegte. Selenskij ist natürlich kein Nazi oder Neonazi, aber er ist ein politischer Opportunist und versucht, die Rechtsextremen zu beschwichtigen und zu integrieren, einschließlich offen auftretender Neonazis, die die „SS-Division Galizien“ und andere Nazi-Kollaborateure als ukrainische Helden betrachten und die Macht haben, Selenskij zu stürzen.

    Über den Interviewpartner: Ivan Katchanovski, Jahrgang 1967, stammt aus der Westukraine und lebt seit mehr als 30 Jahren in Nordamerika. Der Politikwissenschaftler promovierte 2002 an der George-Mason-Universität in Fairfax (Virginia) bei Washington und hatte später Forschungs- und Lehraufträge u.a. in Toronto und Harvard. Er lehrt an der School of Political Studies der Universität Ottawa. Katchanovski hat sich unter anderem auf die Themen gewalttätige Konflikte und Rechtsextremismus in der Ukraine spezialisiert. Er ist Autor von vier Büchern – darunter: „Cleft Countries – Regional Political Divisions and Cultures in Post-Soviet Ukraine and Moldova“ und 19 Artikeln in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Seit zehn Jahren sammelt und analysiert er sämtliche öffentlich zugänglichen Informationen zum Maidan-Massakers. 2024 sollen zwei Bücher von ihm zu diesem Thema erscheinen.


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    2 Kommentare

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    DIETER R., 22. Februar 2024, 14:45 UHR

    Maidan-Demonstranten und z.T. unbewaffnete Polizisten wurden 2014 von rechten Extremisten erschossen. Diese Extremisten hatten Verbindung mit westlichen Regierungsvertretern, die offensichtlich diese Rechtsextremisten oder Nazis zu diesem Mord anstifteten und mindestens 100 Tote forderten, damit westliche Regierungen gegen die damalige ukrainische Regierung von Janukowitsch vorgehen. In Folge kam es dann zur verfassungswidrigen Absetzung von Janukowitsch. Die neue prowestliche Regierung unter Jazenjuk war demnach die Folge eines lupenreinen Putsches.

    Insbesondere die Rolle der westlichen Presse bei der Verbreitung von offensichtlichen Lügen in diesem Zusammenhang ist beschämend. Konsequenterweise muß man argumentieren: Wir bezahlen mit der GEZ deutsche Medien, die offensichtlich gezielt die Unwahrheit sagen, bzw. Dokumente, die die Wahrheit präsentieren, bewußt ignorieren. Das ist sehr harter Tobak und bedarf dringend einer Aufarbeitung. Sowas muß strafrechtliche Konsequenzen haben. Ansonsten haben wir keine wirkliche Meinungsfreiheit und ggf. Rechtsstaat mehr. Man darf nun getrost annehmen, dass ZDF und ARD nicht nur dieses Mal gelogen und manipuliert haben, sondern sicherlich noch viele andere Male auch. Auch diese Annahme/Realität ist sehr fatal.

    Auf der anderen Seite ist dann die Behauptung der Russen, es gab einen rechten Putsch in der Ukraine berechtigt.

    Eigentlich müßte ja aufgrund dieses Artikels die derzeitige Ukraine-/Rußlandpolitik Deutschlands neu ausgerichtet werden und sich bei den Ukrainern und Russen für die deutsche Beteiligung oder zumindest falsche Berichterstattung entschuldigt werden. Man sollte bedenken, dass diese Schändlichkeiten 2014 waren und sicher eine gewichtige Ursache, wenn nicht die Hauptursache, für den gegenwärtigen Krieg in der Ukraine war/ist.

    Wie konnte es dazu kommen, dass wir derart manipulierende Medien (zumindest ARD und ZDF) haben? Das war doch nicht immer so! Oder war das schon immer so? Man dürfte wirklich keine GEZ mehr bezahlen, bis solche Dinge aufgeklärt sind.


    SEBASTIAN PFLUGBEIL, 24. Februar 2024, 11:20 UHR

    Herzlichen Dank an Herrn Katchanovski für seine jahrelange präzise und couragierte Analyse der Vorgänge auf dem Maidan. Ich bin traurig und zornig, wenn ich darüber nachdenke, welche Folgen die verzerrte und tendenziöse Berichterstattung über diese Zeit in Politik und Medien bis heute hat.


    Info: https://multipolar-magazin.de/artikel/katchanovski-maidan-scharfschutzen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Ausgewähltes

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 23. Februar 2024, 12:01 Uhr


    _RT Liveticker Ukraine-Krieg 23.2.2024


    _*Russischer Diplomat: Westen veranstaltet "proukrainischen Hexensabbat"

    bei UNO


    *Der erste stellvertretende Ständige Vertreter Russlands bei der UNO,

    Dmitri Poljanski, weist auf die gestiegene Zahl der ankommenden Minister

    bei der Organisation hin. Demnach veranstalte

    <https://t.me/dpol_un/859> der Westen einen "proukrainischen

    Hexensabbat" bei der UNO anlässlich des Jahrestags des Beginns der

    speziellen Militäroperation. Poljanski wörtlich:

    /"Am 23. Februar organisiert das westliche Lager einen proukrainischen

    Hexensabbat bei der UNO anlässlich des zweiten Jahrestages des Beginns

    der speziellen Militäroperation. Die Minister der europäischen Länder

    fliegen wie die Fliegen nach New York/, /obwohl sie hier bei den

    Veranstaltungen zu Israels Vorgehen in Gaza kaum anwesend sind."

    /Poljanski merkt an, dass es sich nun um "nutzlose Treffen" handeln

    werde, bei denen westliche Länder "antirussische Rhetorik betreiben und

    das Kiewer Regime loben werden". Zugleich betont der Diplomat, dass die

    russische Delegation darauf vorbereitet sei: /"Unsere Stimmung ist

    kämpferisch."/


    _RT 22.2.2024


    _*Kiew: Westen soll alle seine Waffen an Ukraine liefern


    *Nach Ansicht des Sekretärs des Nationalen Sicherheits- und

    Verteidigungsrates der Ukraine, Alexei Danilow, sollte der Westen

    sämtliche Waffen und Materialbestände an Kiew übergeben, da diese Waffen

    in den nächsten Konflikten zu "Schrott" würden. Danilow argumentierte

    wie folgt:

    /"Wir haben große Erfahrung und wissen, dass Europa diese Waffen,

    Panzer, Schützenpanzer und andere Ausrüstung für einen nächsten Krieg

    nicht braucht. Es wird Schrott sein, den die westlichen Länder nicht

    brauchen werden, denn der Krieg wird ganz anders aussehen."/


    In diesem Zusammenhang sollte der Westen dem Beispiel Dänemarks folgen

    und "alles übergeben". Die dänische Regierung beschloss, alle ihre

    Artilleriesysteme an die Ukraine zu liefern, was Ministerpräsidentin

    Mette Frederiksen vergangene Woche bekanntgab. Ferner wandte sie sich an

    alle EU-Staaten:

    /"Wir haben Waffen, wir haben Munition, wir haben

    Luftverteidigungssysteme, die wir im Moment nicht selbst einsetzen

    müssen und die wir an die Ukraine liefern sollten."/


    Danilow behauptet, dass Kiew Russland bereits besiegt hätte, wenn es

    genügend Waffen erhalten hätte. Die Ukraine sei nach wie vor

    entschlossen, den Konflikt für sich zu entscheiden, so der Beamte. Laut

    Danilow könne Kiew mit weiteren westlichen Waffenspenden sicherstellen,

    dass Moskau keine "Bedrohung" für die europäischen NATO-Mitglieder

    darstellen werde.

    Zuvor hatte sich der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba mit dem

    Vorschlag an die EU-Länder gewandt, die Waffenexporte in andere Länder

    einzustellen und die gesamte Militärproduktion auf den Bedarf Kiews

    auszurichten.



    https://www.anti-spiegel.ru/2024/tucker-carlson-boris-johnson-hat-fuer-ein-interview-eine-million-dollar-verlangt/

    21.2.2024


    *Tucker Carlson: Boris Johnson hat für ein Interview eine Million Dollar

    verlangt


    *Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson hat von dem

    amerikanischen Journalisten Tucker Carlson eine Million Dollar für ein

    Interview verlangt, in dem er seine Position zum Konflikt in der Ukraine

    erläutern sollte. Das sagte Carlson in einem Interview mit der

    Online-Publikation Blaze.


    „Boris Johnson nannte mich ein ‚Werkzeug des Kremls‘ oder so ähnlich.

    <…> Also habe ich eine Anfrage für ein Interview mit Boris Johnson

    gestellt. <…> Schließlich kam einer seiner Berater mit einer Rückmeldung

    zurück und sagte: ‚Er wird mit Ihnen sprechen, aber es wird eine Million

    Dollar kosten. Er will eine Million in amerikanischen Dollar, Gold oder

    Bitcoins.‘ Das ist erst vor ein oder zwei Tagen passiert“, sagte Carlson.


    Er erklärte, dass Johnson nur unter diesen Bedingungen bereit war, mit

    ihm über die Ukraine zu sprechen und seine Position zu erklären. „Er

    greift mich an, ohne zu erklären, warum ich falsch liege und warum er

    Recht hat. Und das von dem Mann, der auf Wunsch der amerikanischen

    Regierung vor eineinhalb Jahren im Alleingang das Friedensabkommen in

    der Ukraine verhindert hat und der meiner Meinung nach für den Tod von

    Hunderttausenden von Menschen verantwortlich ist. Und er wird mir nichts

    davon in einem Interview erklären, bevor ich ihm nicht eine Million

    Dollar zahle“, sagte der Journalist.

    „Ich habe gerade [den russischen Präsidenten] Wladimir Putin interviewt.

    Ich verteidige Putin nicht, aber Putin hat mich nicht um eine Million

    Dollar gebeten“, schloss Carlson.



    *"Russlands Kampf gegen den Faschismus ist auch der unsere" – Maduro

    begrüßt Lawrow in Caracas

    */Siehe Video:

    /https://odysee.com/@RTDE:e/-Russlands-Kampf-gegen-den-Faschismus-ist-auch-der-unsere--%E2%80%93-Maduro-begr%C3%BC%C3%9Ft-Lawrow-in-Caracas:8*

    *


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Die Lüge in der Politik

    vorgänge167: Politik und Lüge09/2004Seite 3-18 von Hannah Arendt
    Überlegungen zu den Pentagon-Papieren (1971)*

    aus: Vorgänge Nr. 167 ( Heft 3/2004 ), S.3-18

    Es ist kein schöner Anblick, wie die größte Supermacht der Welt bei dem Versuch, eine winzige rückständige Nation wegen einer heftig umstrittenen Sache in die Knie zu zwingen, wöchentlich tausend Nichtkombattanten tötet oder schwer verwundet.
    Robert S. McNamara

    I
    Wie so vieles in der Geschichte haben auch die Pentagon-Papiere verschiedenen Lesern Unterschiedliches zu sagen und verschiedene Lehren zu erteilen. Manche behaupten, sie hätten erst jetzt begriffen, dass Vietnam die logische Folge des Kalten Krieges oder des ideologischen Antikommunismus sei; andere sehen darin eine einzigartige Gelegenheit, etwas darüber zu erfahren, auf welche Weise eine Regierung ihre Entscheidungen trifft. Inzwischen sind sich aber die meisten einig, dass das fundamentale Problem, mit dem uns diese Papiere konfrontieren, das der Täuschung ist. Offensichtlich hat dieses Problem vor allem auch jene beschäftigt, welche die Pentagon-Papiere für die New York Times zusammengestellt haben. Auch ist es zumindest wahrscheinlich, dass dieses Problem für das Autoren-Team, das die siebenundvierzig Bände der ursprünglichen Studie geschrieben hat, von entscheidender Bedeutung gewesen ist. Die berühmte „Glaubwürdigkeitslücke” (credibility gap), die uns seit sechs Jahren vertraut ist, hat sich plötzlich in einen Abgrund verwandelt. Der Flugsand unwahrer Behauptungen aller Art, von Täuschungen und Selbsttäuschungen, benimmt dem Leser den Atem. Atemlos realisiert er, dass er es mit der Infrastruktur der amerikanischen Außen- und Innenpolitik während fast eines Jahrzehnts zu tun hat.

    Weil man sich in den obersten Rängen der Regierung so ausschweifend der politischen Unwahrhaftigkeit ergeben hatte, und weil man infolgedessen zuließ, dass sich die Lüge in gleicher Weise überall im militärischen und zivilen staatlichen Apparat breitmachte — die frisierten Zahlen der mit ,Suchen und Vernichten‘ beauftragten Einheiten; die zurechtgemachten Erfolgs- und Verlustmeldungen der Luftwaffe; die ,Fortschritte`, die Untergebene von der Front nach Washington meldeten, wohl wissend, dass ihre Leistungen nach ihren eigenen Berichten beurteilt würden —, gerät man leicht in die Versuchung, zu übertreiben und den geschichtlichen Hintergrund zu vergessen. Vor diesem Hintergrund jedoch, der ja auch nicht gerade einen makellosen Anblick bietet, muss man diese neueste Episode betrachten und beurteilen.

    Geheimhaltung nämlich und Täuschung – was die Diplomaten Diskretion oder auch die arcana imperii, die Staatsgeheimnisse, nennen –, gezielte Irreführungen und blanke Lügen als legitime Mittel zur Erreichung politischer Zwecke kennen wir seit den Anfängen der überlieferten Geschichte. Wahrhaftigkeit zählte niemals zu den politischen Tugenden, und die Lüge galt immer als ein erlaubtes Mittel in der Politik. Wer über diesen Sachverhalt nachdenkt, kann sich nur wundern, wie wenig Aufmerksamkeit man ihm im Laufe unseres philosophischen und politischen Denkens gewidmet hat: einerseits im Hinblick auf das Wesen des Handelns und andererseits im Hinblick auf unsere Fähigkeit, in Gedanken und Worten Tatsachen abzuleugnen. Diese unsere aktive, aggressive Fähigkeit zu lügen unterscheidet sich auffallend von unserer passiven Anfälligkeit für Irrtümer, Illusionen, Gedächtnisfehler und all dem, was man dem Versagen unserer Sinnes- und Denkorgane anlasten kann.

    Ein Wesenszug menschlichen Handelns ist, dass es immer etwas Neues anfängt; das bedeutet jedoch nicht, dass es ihm jemals möglich ist, ab ovo anzufangen oder ex nihilo etwas zu erschaffen. Um Raum für neues Handeln zu gewinnen, muss etwas, das vorher da war, beseitigt oder zerstört werden; der vorherige Zustand der Dinge wird verändert. Diese Veränderung wäre unmöglich, wenn wir nicht imstande wären, uns geistig von unserem physischen Standort zu entfernen und uns vorzustellen, dass die Dinge auch anders sein könnten, als sie tatsächlich sind. Anders ausgedrückt: die bewusste Leugnung der Tatsachen –die Fähigkeit zu lügen –und das Vermögen, die Wirklichkeit zu verändern – die Fähigkeit zu handeln – hängen zusammen; sie verdanken ihr Dasein derselben Quelle: der Einbildungskraft. Es ist nämlich keineswegs selbstverständlich, dass wir sagen können „Die Sonne scheint”, wenn es tatsächlich regnet (gewisse Hirnverletzungen haben den Verlust dieser Fähigkeit zur Folge). Es beweist vielmehr, dass wir mit unseren Sinnen und unserm Verstand zwar für die Welt gut ausgerüstet, dass wir ihr aber nicht als unveräußerlicher Teil eingefügt sind. Es steht uns frei, die Welt zu verändern und in ihr etwas Neues anzufangen. Ohne die geistige Freiheit, das Wirkliche zu akzeptieren oder zu verwerfen, ja oder nein zu sagen – nicht nur zu Aussagen oder Vorschlägen, um unsere Zustimmung oder Ablehnung zu bekunden, sondern zu Dingen, wie sie sich jenseits von Zustimmung oder Ablehnung unseren Sinnes- und Erkenntnisorganen darbieten –, ohne diese geistige Freiheit wäre Handeln unmöglich. Handeln aber ist das eigentliche Werk der Politik.

    Wenn wir also vom Lügen und zumal vom Lügen der Handelnden sprechen, so sollten wir nicht vergessen, dass die Lüge sich nicht von ungefähr durch menschliche Sündhaftigkeit in die Politik eingeschlichen hat; schon allein aus diesem Grund wird moralische Entrüstung sie nicht zum Verschwinden bringen. Bewusste Unaufrichtigkeit hat es mit kontingenten Tatbeständen zu tun, also mit Dingen, denen an sich Wahrheit nicht inhärent ist, die nicht notwendigerweise so sind, wie sie sind. Tatsachenwahrheiten sind niemals notwendigerweise wahr. Der Historiker weiß, wie verletzlich das ganze Gewebe faktischer Realitäten ist, darin wir unser tägliches Leben verbringen. Es ist immer in Gefahr, von einzelnen Lügen durchlöchert oder durch das organisierte Lügen von Gruppen, Nationen oder Klassen in Fetzen gerissen oder verzerrt zu werden, oftmals sorgfältig verdeckt durch Berge von Unwahrheiten, dann wieder einfach der Vergessenheit anheimgegeben. Tatsachen bedürfen glaubwürdiger Zeugen, um festgestellt und festgehalten zu werden, um einen sicheren Wohnort im Bereich der menschlichen Angelegenheiten zu finden. Weshalb keine Tatsachen-Aussage jemals über jeden Zweifel erhaben sein kann – so sicher und unangreifbar wie beispielsweise die Aussage, dass zwei und zwei vier ist.

    Diese Gerechtigkeit eben ist es, die die Täuschung bis zu einem gewissen Grade so leicht und so verlockend macht. Mit der Vernunft kommt sie nie in Konflikt, weil die Dinge ja tatsächlich so sein könnten, wie der Lügner behauptet. Lügen erscheinen dem Verstand häufig viel einleuchtender und anziehender als die Wirklichkeit, weil der Lügner den großen Vorteil hat, im voraus zu wissen, was das Publikum zu hören wünscht. Er hat seine Schilderung für die Aufnahme durch die Öffentlichkeit präpariert und sorgfältig darauf geachtet, sie glaubwürdig zu machen, während die Wirklichkeit die unangenehme Angewohnheit hat, uns mit dem Unerwarteten zu konfrontieren, auf das wir nicht vorbereitet waren. […]

    Zu den Formen, welche die Kunst des Lügens in der Vergangenheit entwickelt hat, müssen wir jetzt zwei neue Spielarten aus jüngster Zeit hinzufügen. Da ist einmal die scheinbar harmlose Form der Public Relation-Manager in der Regierung, die bei Reklame-Experten in die Lehre gegangen sind. Public Relations sind ein Zweig der Werbung; sie verdanken sich also der Konsumgesellschaft mit ihrem maßlosen Hunger auf Waren, die durch eine Marktwirtschaft an den Mann gebracht werden sollen. Das Missliche an der Mentalität dieser Leute ist, dass sie es nur mit Meinungen und ,gutem Willen‘ zu tun haben, mit der Bereitschaft zu kaufen: also mit ungreifbaren Dingen, deren konkrete Wirklichkeit minimal ist. Das bedeutet, dass es für ihre Einfälle und Erfindungen tatsächlich keine Grenze zu geben scheint – ihnen fehlt die Macht des Politikers, zu handeln und etwas zu ,schaffen`, und damit auch die simple Erfahrung, dass die Wirklichkeit der Macht Grenzen setzt und dadurch die Phantasie wieder auf die Erde zurückholt.

    Die einzige Grenze, an die ein Public Relation-Mann stößt, liegt in der Entdeckung, dass dieselben Leute, die man vielleicht ,manipulieren` kann, eine bestimmte Seife zu kaufen, sich nicht manipulieren lassen – man kann sie natürlich durch Terror dazu zwingen —, Meinungen und politische Ansichten zu ,kaufen`. Die Lehren von den unbegrenzten Möglichkeiten menschlicher Manipulierbarkeit, die seit geraumer Zeit auf dem Markt der gewöhnlichen und gelehrten Meinungen feilgehalten werden, entsprechen der Realität und den Wunschträumen der Werbe-Fachleute. Aber solche Doktrinen ändern nichts daran, wie Menschen sich ihre Meinung bilden, und sie können sie nicht davon abhalten, nach eigenem Wissen und Gewissen zu handeln; außer dem Terror ist die einzige Methode, ihr Verhalten wirksam zu beeinflussen, immer noch das alte Verfahren von Zuckerbrot und Peitsche. Wenn die jüngste Generation von Intellektuellen, die in der verrückten Atmosphäre wild gewordener Werbung aufgewachsen ist und an den Universitäten gelernt hat, dass die Politik zur einen Hälfte aus ,Image-Pflege` und zur andern Hälfte aus der gezielten Werbung für dieses „Image” besteht, fast automatisch auf die alte Methode von Zuckerbrot und Peitsche zurückgreift, wann immer die Lage für ,Theorie` zu ernst wird, so ist das nicht weiter überraschend. Für sie sollte bei dem Vietnam-Abenteuer die größte Enttäuschung in der Entdeckung liegen, dass es Leute gibt, bei denen auch Zuckerbrot und Peitsche nichts ausrichten.

    (Seltsamerweise ist der einzige Mensch, der wahrscheinlich ein ideales Opfer voll-ständiger Manipulierung darstellt, der Präsident der Vereinigten Staaten. Wegen des ungeheuren Ausmaßes des Amtes muss er sich mit Beratern umgeben, den ,Managern der nationalen Sicherheit‘, wie Richard J. Barnet sie unlängst genannt hat, „die ihre Macht hauptsächlich dadurch ausüben, dass sie die Informationen sieben, die den Präsidenten erreichen, und die Welt für ihn interpretieren”. Fast möchte man behaupten, dass der Präsident, angeblich der mächtigste Mann des mächtigsten Landes, in den USA der einzige Mensch ist, dessen Handlungsspielraum von vornherein alternativ determiniert werden kann. Das ist natürlich nur möglich, weil sich die Exekutive von den legislativen Befugnissen des Kongresses emanzipiert hat. Die Manipulierbarkeit des Präsidenten ist die logische Folge seiner Isolierung in einem Regierungssystem, das nicht mehr funktioniert, wenn dem Senat die Macht genommen wird – oder wenn er sie nur mehr widerstrebend ausübt –, an der Führung der Außenpolitik mit Rat und Tat teilzunehmen. Wie wir heute wissen, besteht eine der Aufgaben des Senates darin, den Entscheidungsprozess gegen die vorübergehenden Launen und Neigungen der Gesellschaft abzuschirmen, in unserm Falle also gegen die Possen streiche der Konsumgesellschaft und der Public Relations-Manager, die ihr zu Diensten sind.)

    Die zweite Spielart des Lügens kommt zwar im täglichen Leben seltener vor, spielt aber eine wichtige Rolle in den Pentagon-Papieren. Hier begegnen wir einem Typ, der in den oberen Rängen der Beamtenschaft nicht selten ist und der geistig wie moralisch auf einem erheblich höheren Niveau steht. Diese Leute, die Neil Sheehan so treffend berufsmäßige ,Problem-Löser` genannt hat, hat sich die Regierung von den Universitäten und den verschiedenen ,Denkfabriken` geholt, damit sie mit Spieltheorien und Systemanalysen sich daran machten, die ,Probleme` der Außenpolitik zu lösen. Eine erhebliche Zahl der Autoren der McNamara-Studie [=Pentagon Papers; Robert McNamara 1961-1968 Verteidigungsminister; d. Red.] gehört dieser Gruppe an; nur ganz wenige von ihnen waren je kritisch, was den Krieg in Vietnam anlangt, und dennoch verdanken wir ihnen diese wahre, wenn auch natürlich nicht vollständige Darstellung dessen, was sich innerhalb der Regierungsmaschinerie abgespielt hat.

    Die Problem-Löser hat man als Männer mit großem Selbstvertrauen charakterisiert, die „anscheinend nur selten an ihrem Durchsetzungsvermögen zweifeln”; sie arbeiten mit den Militärs zusammen, von denen es heißt, es seien „Männer, gewohnt zu siegen”. Bei solchen Leuten findet man gemeinhin kein großes Bemühen um unparteiische Selbstprüfung; um so erstaunlicher, dass durch sie die Versuche der Regierung vereitelt wurden, die Rolle der Verantwortlichen hinter einem Schirm von Geheimniskrämerei zu verbergen (jedenfalls so lange, bis sie ihre Memoiren geschrieben haben – in unserem Jahrhundert die verlogenste Literaturgattung). Die Integrität jener, die den Bericht geschrieben haben, steht außer Zweifel; McNamara konnte in der Tat sicher sein, dass sie einen „umfassenden und objektiven” Bericht liefern würden ohne Rücksicht auf Personen und Interessen.

    Diese moralischen Qualitäten, die Bewunderung verdienen, haben sie aber offensichtlich nicht daran gehindert, das Spiel von Täuschung und Unwahrhaftigkeit viele Jahre lang mitzuspielen. Im Vertrauen „auf Rang, Bildung und Leistung” logen sie vielleicht aus missverstandenem Patriotismus. Entscheidend ist jedoch, dass sie nicht so sehr für ihr Vaterland und ganz gewiss nicht für sein – niemals gefährdetes – Überleben gelogen haben, sondern für dessen ,Image`. Trotz ihrer unbezweifelbaren Intelligenz, die von vielen ihrer Memoranden bezeugt wird, glaubten auch sie, dass Politik nur eine Art von Public Relations sei, und wurden so zu Opfern all der absonderlichen psychologischen Voraussetzungen, die damit zusammenhängen.

    Immerhin unterschieden sie sich von den gewöhnlichen Image-Fabrikanten. Der Unterschied liegt darin, dass sie trotz allem Problem-Löser waren; das heißt, sie waren nicht nur intelligent, sondern stolz auf ihre unsentimentale Rationalität, in der Tat in geradezu erschreckendem Maße erhaben über jede ,Gefühlsduselei`, vor allem aber verliebt in ,Theorien`. Sie waren eifrig auf der Suche nach Formeln, vorzugsweise Formeln in pseudo- mathematischer Sprache, um damit die gegensätzlichen Phänomene auf einen Nenner zu bringen. Sie waren also eifrig um die Entdeckung von Gesetzen bemüht, um mit deren Hilfe politische und geschichtliche Tatsachen zu erklären und vorauszusagen, als ob diese ebenso notwendig und auch so zuverlässig wären wie einst für die Physiker die Naturerscheinungen.

    Nun hat aber der Naturwissenschaftler mit Dingen zu tun, die nicht von Menschen gemacht sind oder auf Grund menschlichen Handelns geschehen; man kann mit ihnen nur umgehen – sie beobachten, verstehen und eventuell sogar verändern –, indem man sich peinlich genau an die tatsächliche, einmal gegebene Wirklichkeit hält. Demgegenüber hat es der Historiker wie der Politiker mit menschlichen Angelegenheiten zu tun, mit Gegebenheiten also, die von Menschen gemacht sind und denen gegenüber sie relativ frei sind. Handelnde Menschen werden in dem Maße, wie sie sich als Herren ihrer Zukunft fühlen, immer in Versuchung geraten, sich auch zu Herren ihrer Vergangenheit zu machen. Leute, die Freude am Handeln haben und außerdem in Theorien verliebt sind, werden schwerlich die Geduld des Naturwissenschaftlers aufbringen, der abwartet, bis seine Theorien und Hypothesen von den Tatsachen bestätigt oder widerlegt werden. Sie werden vielmehr versucht sein, die Wirklichkeit – die schließlich ja von Menschen gemacht ist und also auch anders hätte ausfallen können – ihrer Theorie anzupassen, um auf diese Weise wenigstens theoretisch das beunruhigende Moment der Zufälligkeit auszuschließen. […]


    II
    Daß es in den Pentagon-Papieren hauptsächlich um Verheimlichung, Unwahrheit und bewusste Lüge geht, und nicht um Illusion, Irrtum, Fehlkalkulationen und ähnliches, ist vor allem dem merkwürdigen Umstand zuzuschreiben, dass die falschen Entscheidungen und lügenhaften Aussagen ständig im Widerspruch standen zu den erstaunlich genauen Tatsachenberichten des Geheimdienstes, wie sie in der Bantam-Ausgabe zitiert sind (der ersten amerikanischen Buchausgabe der Papiere). Entscheidend ist hier nicht nur, dass die planmäßigen Lügen kaum je für den Feind bestimmt waren (das ist einer der Grün-de, weshalb die Papiere keinerlei militärische Geheimnisse enthalten, die unter das Spionagegesetz fallen könnten), sondern in erster Linie, wenn nicht ausschließlich für den Hausgebrauch: für die Propaganda im Innern und zumal zur Täuschung des Kongresses. Der Tonking-Zwischenfall, bei dem der Feind alle, der Auswärtige Ausschuss, des Senats aber keinerlei Tatsachen kannte, ist dafür ein schlagendes Beispiel.

    Noch bedeutsamer ist, dass fast alle Entscheidungen bei diesem katastrophalen Unternehmen in voller Kenntnis der Tatsache getroffen wurden, dass sie wahrscheinlich undurchführbar waren; deshalb mussten die Ziele dauernd gewechselt werden. Da gab es zunächst die öffentlich verkündeten Ziele: „.., dafür sorgen, dass das Volk von Südvietnam über seine Zukunft entscheiden darf`, oder: „dem Lande helfen, damit es seinen Kampf gegen die … kommunistische Verschwörung gewinnen kann` ; oder es war die Re-de von der Eindämmung Chinas und dass der Domino-Effekt vermieden oder Amerikas Ruf als „kontersubversiver Garant” geschützt werden müsse. Unlängst hat Rusk [Dean Rusk, 1961-1969 Außenminister; d. Red.] diese Ziele noch um ein weiteres ergänzt: Es sollte ein Dritter Weltkrieg verhindert werden, obwohl das anscheinend nicht in den Pentagon-Papieren vorkommt und in dem uns bekannten Verlauf keine Rolle gespielt hat. […]

    Ab 1965 glaubte man immer weniger an einen eindeutigen Sieg; man strebte danach „den Feind davon zu überzeugen, dass er nicht siegen könne” (Hervorhebung von mir). Da der Feind nicht zu überzeugen war, deklarierte man als nächstes Ziel, man wolle „eine demütigende Niederlage vermeiden” – als ob eine Niederlage im Kriege nichts als Demütigung bedeutete. Die Pentagon-Papiere enthüllen vor allem die nagende Furcht vor den Folgen, die eine Niederlage nicht etwa für das Wohl der Nation, sondern „für das Ansehen der Vereinigten Staaten und des Präsidenten” haben würde. So war kurz zuvor während der vielen Debatten, ob der Einsatz von Bodentruppen gegen Nordvietnam ratsam sei, das wichtigste Argument nicht die Angst vor der Niederlage selber oder die Sorge um die Truppen im Falle eines Abzugs, sondern dies: „Sind US-Truppen erst einmal eingesetzt, so wird es schwierig sein, sie abzuziehen …, ohne die Niederlage zuzugeben.” (Hervorhebung von mir.) Schließlich gab es noch das politische Ziel, „der Welt zu zeigen, wie weit die Vereinigten Staaten für einen Freund zu gehen bereit sind” und „um Verpflichtungen nachzukommen”.

    Alle diese Ziele existierten in einem wirren Neben- und Durcheinander, keines konnte die früheren verdrängen; denn jedes war für ein anderes ,Publikum` bestimmt, und für jedes musste ein neues ,Szenarium` geschaffen werden. […]

    Der Endzweck waren weder Macht noch Profit. Es ging sogar nicht einmal um Einfluss in der Welt im Gefolge ganz bestimmter handfester Interessen, zu deren Durchsetzung man Prestige und Image der „größten Weltmacht” benötigte und zielbewusst ein-setzte. Das Ziel, das allen vorschwebte, war das Image selbst, wie man schon der dem Theater entlehnten Sprache der Problem-Löser mit ihren ,Szenarien` und dem jeweils angesprochenen ,Publikum` entnehmen kann. Im Hinblick auf dieses Endziel verwandelten sich alle politischen Zielsetzungen in kurzfristig austauschbare Hilfsmittel; zuletzt, als alles auf eine Niederlage hindeutete, bestand das Ziel nicht mehr darin, die demütigende Niederlage zu vermeiden, sondern Mittel und Wege zu finden, um ein Eingeständnis zu vermeiden und ,das Gesicht zu wahren‘.

    Image-Pflege als Weltpolitik – nicht Welteroberung, sondern Sieg in der Reklameschlacht um die Weltmeinung – ist allerdings etwas Neues in dem wahrlich nicht kleinen Arsenal menschlicher Torheiten, von denen die Geschichte berichtet. Und dies war nicht Sache einer der drittrangigen Nationen, die mit Prahlerei sich gern für anderes entschädigen; auch nicht einer der alten Kolonialmächte, die durch den Zweiten Weltkrieg ihre frühere Stellung eingebüßt haben und sich, wie das Frankreich de Gaulles, versucht fühlen mochten, durch Bluff ihre frühere Führungsstellung zurückzugewinnen, sondern Sache der bei Kriegsende in der Tat ,führenden` Nation. Gewählte Machthaber, die den Organisatoren ihrer Wahlkampagnen so viel verdanken oder zu verdanken glauben, mögen leicht der Ansicht sein, dass man mit Manipulationen die Volksmeinung lenken und die Welt beherrschen könne. (Wenn vor einiger Zeit der ,New Yorker‘ unter ,Note and Comment‘ berichtete, „die Regierung Nixon-Agnew plane eine von Herb Klein, ihrem Public-Relations-Direktor, organisierte und geleitete Kampagne, um die ,Glaubwürdigkeit` der Presse vor der Präsidentenwahl von 1972 zu zerstören”, so entspricht das ganz dieser Public Relation-Mentalität.)

    Überraschend dagegen ist der Eifer, mit dem so viele ,Intellektuelle` diesem phantastischen Unternehmen zu Hilfe eilten. Für Problem-Löser, die darauf spezialisiert sind, jeden Tatbestand in Zahlen und Prozente zu übersetzen und so berechenbar zu machen, ist es aber vielleicht nur natürlich, dass ihnen nie zu Bewusstsein kam, welch unsägliches Elend ihre ,Lösungen` – Befriedungs- und Umsiedlungsprogramme, Entlaubung, Napalm und Bomben – für einen ,Freund` bedeuteten, der ,gerettet` werden musste, und für einen ,Feind`, der, bevor wir ihn angriffen, weder den Willen noch die Macht hatte, unser Feind zu sein. Da sie jedoch nicht an Sieg und Eroberung, sondern an die Weltmeinung dachten, ist es schon erstaunlich, dass anscheinend keiner von ihnen auf die Idee kam, die ,Welt` könnte Angst vor Amerikas Freundschaft und Verpflichtungen bekommen, wenn deren ganzes Ausmaß offenkundig würde. Weder die Wirklichkeit noch der gesunde Menschenverstand scheint die Problem-Löser gestört, zu haben, als sie unermüdlich ihre Szenarien für das jeweils in Frage kommende Publikum schrieben, um es psychologisch zu beeinflussen: „die Kommunisten (die unter starken Druck gesetzt werden müssen), die Südvietnamesen (deren Moral Auftrieb bekommen muss), unsere Verbündeten (die uns als ,Bürgen` trauen müssen) und die amerikanische Öffentlichkeit (die den riskanten Einsatz von Prestige und Menschenleben der US unterstützen muss)”.

    […] Das größte und in der Tat fundamentale Fehlurteil bestand jedoch darin, dass man Krieg führte, um auf ein Publikum Eindruck zu machen, und dass man über militärische Fragen unter „politischen und Public-Relations-Gesichtspunkten” entschied (wo-bei ,politisch` die Aussicht auf die nächste Präsidentenwahl und ,Public Relations‘ das Image der USA in der Welt bedeuteten); in Betracht gezogen wurden nicht die wirklichen Risiken, sondern nur „geeignete Reklametechniken, mit deren Hilfe man den Schock einer Niederlage auf ein Minimum zu reduzieren hoffte` ; zu diesem Zweck empfahl man neben „Ablenkungs-,Offensiven‘ in anderen Ländern der Welt auch ein ,Kampf gegen die Armut‘-Programm für unterentwickelte Gebiete”. McNaughton, dem Verfasser dieses Memorandums [John T. McNaughton, hoher Beamter im Verteidigungsministerium; d. Red.], zweifellos einem ungewöhnlich intelligenten Mann, kam nicht ein Augenblick der Gedanke, dass seine ,Ablenkungen`, anders als eine Ablenkung im Theater, schwerwiegende und völlig unvorhersehbare Folgen haben würden; sie würden eben jene Welt verändern, in der die Vereinigten Staaten agierten und ihren Krieg führten.

    Diese Realitätsferne ist es, die den Leser erschreckt, wenn er die Geduld hat, die Pentagon-Papiere bis zum Ende zu lesen. […] Jedenfalls ist das Verhältnis oder vielmehr Nicht-Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Entscheidung, zwischen den Geheimdiensten und den zivilen und militärischen Behörden vielleicht das bedeutsamste, bestimmt jedoch das am besten gehütete Geheimnis, das die Pentagon-Papiere enthüllt haben.

    Es wäre interessant zu wissen, wie es den Geheimdiensten gelungen ist, in dieser ,Alice-im-Wunderland-Atmosphäre` der Wirklichkeit so nahe zu bleiben – eine Atmosphäre, die die Papiere den seltsamen Machenschaften der Saigoner Regierung zu-schreiben, die aber, rückblickend, eher jene ,entwirklichte` Welt zu charakterisieren scheint, in der politische Ziele aufgestellt und militärische Entscheidungen getroffen wurden. […]

    Die mit Tatsachenfindung betrauten Abteilungen der Geheimdienste hatten nichts mit den geheimen Operationen zu tun, soweit solche noch im Gange waren; das bedeutete, dass wenigstens sie nur für das Sammeln und Interpretieren von Informationen verantwortlich waren, nicht aber selber neue Tatbestände schufen. Sie mussten keine positiven Ergebnisse vorweisen und wurden von Washington nicht gedrängt, erfreuliche Berichte zu liefern, mit denen man die Maschine der Public Relations füttern oder Märchen über „stetigen Fortschritt, geradezu wundersame Verbesserungen jahrein, jahraus” zusammenbrauen konnte. Sie waren relativ unabhängig, was dazu führte, dass sie die Wahrheit berichteten – jahrein, jahraus. Anscheinend erzählten in diesen Geheimdiensten die Leute „ihren Vorgesetzten (nicht) das, von dem sie glaubten, dass es diese zu hören wünschten”; auch hat offenbar kein Kommandeur seinen Agenten gesagt, was „ein amerikanischer Divisionskommandeur einem seiner Bezirksberater sagte, der unbedingt über immer noch vorhandene unbefriedete Vietkongdörfer in seinem Gebiet berichten wollte: ,Mein Junge, hierzulande bewertet man unsere Leistungen nach unserem eigenen Zeugnis. Warum lassen Sie uns im Stich?‘.” Anscheinend waren die für die Auswertung des Nachrichtenmaterials Verantwortlichen von den Problem-Lösern und deren Verachtung für Tatsachen und das Zufällige solcher Tatsachen meilenweit entfernt. Der Preis, den sie für diese objektiven Vorzüge zahlten, bestand darin, dass ihre Berichte ohne jeden Einfluss auf die Entscheidungen und Vorschläge des Nationalen Sicherheitsrates blieben. […]


    III
    Zwischen den Tatsachen, die von den Geheimdiensten ermittelt wurden – manchmal (so vor allem im Fall McNamaras) von den zur Entscheidung Berufenen selber, und zumeist der informierten Öffentlichkeit bekannt –, und den Prämissen, Theorien und Hypothesen, aufgrund derer schließlich Entscheidungen getroffen wurden, klaffte ein Abgrund. Das Ausmaß unserer Fehlschläge und Katastrophen in all diesen Jahren kann man nur begreifen, wenn man diese Diskrepanz stets vor Augen hat. […]

    Das wirft einiges Licht auf die Gefahren übermäßiger Geheimhaltung: nicht nur wird dem Volk und seinen gewählten Vertretern Zugang zu dem verwehrt, was sie wissen müssen, um sich eine Meinung zu bilden und Entscheidungen zu treffen; auch die Handelnden selber, die zu allem Zugang erhalten, damit sie sich über alle wesentlichen Tatsachen informieren können, bleiben in seliger Ahnungslosigkeit befangen. Das aber nicht etwa, weil eine unsichtbare Hand sie absichtlich irreführte, sondern weil sie ihre Arbeit unter Umständen und mit Denkgewohnheiten verrichten, bei denen sie weder Zeit noch Lust haben, sich auf die Suche nach den einschlägigen Tatsachen in Bergen von Dokumenten zu machen, von denen 99,5 Prozent überhaupt nicht für geheim erklärt werden sollten und die größtenteils praktisch wertlos sind. Selbst heute, da die Presse einen gewissen Teil dieser geheimen Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat und die Mitglieder des Kongresses die ganze Studie erhalten haben, sieht es nicht so aus, als hätten diejenigen, die diese Information am dringendsten brauchen, sie überhaupt gelesen oder als würden sie das jemals tun. Auf jeden Fall steht fest, daß, abgesehen von den Autoren selber, „die Leute, die diese Dokumente in der ,[New York] Times‘ gelesen haben, die ersten waren, die sie studiert haben” (Tom Wicker); was einem die liebgewordene Vorstellung fragwürdig erscheinen lässt, dass die Regierung zumindest in der Außenpolitik der arcana imperii benötige, um funktionsfähig zu bleiben.

    Wenn die Staatsgeheimnisse die Köpfe der Akteure selber so vernebelt haben, dass sie die Wahrheit hinter ihren Täuschungsmanövern und ihren Lügen nicht mehr erkennen oder sich an sie erinnern, dann wird das ganze Täuschungsvorhaben, wie gut auch immer seine „Marathon-Informationskampagnen” (Rusk) und wie raffiniert ihre Reklamemethoden sein mögen, scheitern oder das Gegenteil bewirken, d.h. es wird die Leute verwirren, ohne sie zu überzeugen. Das Missliche am Lügen und Betrügen ist nämlich, dass die Wirkung ganz davon abhängt, dass der Lügner und Betrüger eine klare Vorstellung von der Wahrheit hat, die er verbergen möchte. In diesem Sinne ist die Wahrheit, auch wenn sie sich in der Öffentlichkeit nicht durchsetzt, allen Unwahrheiten unweigerlich überlegen.

    Im Falle von Vietnam haben wir es neben Unwahrheiten und Verwirrung mit einer wahrhaft verblüffenden und durchaus ehrlichen Unkenntnis des wichtigen geschichtlichen Hintergrundes zu tun: die eigentlichen Akteure scheinen nicht nur nichts über die wohlbekannten Tatsachen der chinesischen Revolution und über den ihr vorausgehen-den jahrzehntealten Konflikt zwischen Moskau und Peking zu wissen. „Niemand an der Spitze wusste oder hielt es für wichtig, dass die Vietnamesen seit beinahe 2000 Jahren gegen ausländische Eindringlinge gekämpft haben”, und dass die Vorstellung von der „winzigen rückständigen Nation”, die für „zivilisierte” Nationen uninteressant ist – leider sind auch die Kritiker des Krieges häufig dieser Ansicht –, in schreiendem Widerspruch zu der sehr alten und hochstehenden Kultur dieses Gebietes steht. […] Die Ursache der katastrophalen Niederlage der Politik und der militärischen Intervention Amerikas war wirklich kein ,Morast` („die Methode des ,nur noch einen Schritt‘ – wobei jeder neue Schritt stets den Erfolg verheißt, den der vorausgegangene letzte Schritt eben-falls verheißen, aber unerklärlicherweise nicht gebracht hatte“, wie Arthur Schlesinger jr. [1961-1963 Sonderberater von Präsident Kennedy; d. Red.] schreibt, den Daniel Ellsberg zitiert, wobei er diese Vorstellung mit Recht als „Mythos” abtut); die Ursache war vielmehr die eigensinnig festgehaltene prinzipielle Mißachtung aller historischen, politischen und geographischen Tatsachen mehr als fünfundzwanzig Jahre lang.


    IV
    Wenn das Bild vom Morast ein Mythos ist; wenn sich weder grandiose strategische Entwürfe imperialistischer Art noch ein Wille zur Weltherrschaft entdecken lassen, ganz zu schweigen von einem Interesse an Gebietszuwachs, von Profitgier oder gar von Sorge um die nationale Sicherheit; wenn zudem der Leser keine Neigung verspürt, sich mit so allgemeinen Begriffen wie „griechische Tragödie” (Max Frankel und Leslie H. Gelb) oder mit Dolchstoßlegenden zufriedenzugeben –: dann wird – eher als Lüge und Irreführung an sich – die unlängst von Ellsberg aufgeworfene Frage „Wie konnten sie nur?” zum Kernproblem dieser trostlosen Geschichte. Schließlich ist es ja nur zu wahr, dass die Vereinigten Staaten am Ende des Zweiten Weltkrieges das reichste Land und die dominierende Macht waren, während heute, nur ein Vierteljahrhundert später, Mr. Nixons Bild von dem „jämmerlichen, hilflosen Riesen” eine unangenehm treffende Schilderung des „mächtigsten Landes auf Erden” ist. […]

    Als erste Antwort auf die Frage „Wie konnten sie nur?” wird einem vermutlich der bekannte Zusammenhang zwischen Täuschung und Selbsttäuschung in den Sinn kommen. Im Widerstreit zwischen den stets über optimistischen öffentlichen Erklärungen und den düsteren und unheilschwangeren, aber wirklichkeitsnahen Berichten der Geheimdienste mussten die öffentlichen Erklärungen wahrscheinlich einfach deshalb die Oberhand gewinnen, weil sie öffentlich waren. Der große Vorteil, den öffentlich verkündete und akzeptierte Aussagen gegenüber allem haben, was ein einzelner insgeheim als Wahrheit kennt oder zu kennen glaubt, wird durch eine Anekdote aus dem Mittelalter treffend illustriert: Eine Schildwache auf Posten, die die Bewohner der Stadt vor herannahenden Feinden warnen sollte, schlug aus Spaß blinden Alarm und eilte dann selbst als letzte zu den Mauern, um die Stadt gegen die von ihr erfundenen Feinde zu verteidigen. Was den Schluss nahelegt, dass, je erfolgreicher einer lügt und je mehr Menschen er überzeugt, desto mehr Aussicht besteht, dass er am Ende an seine eigenen Lügen glaubt.

    Bei der Lektüre der Pentagon-Papiere stoßen wir auf Leute, die ihr Äußerstes taten, um die Menschen zu überzeugen, d.h. sie zu manipulieren; da sie dies aber in einem freien Lande versuchten, wo Informationen aller Art zur Verfügung standen, hatten sie niemals wirklich Erfolg. Dank ihrem relativ hohen Rang und ihrer Stellung in der Regierung waren sie – trotz aller privilegierten Kenntnis von ,Staatsgeheimnissen` – gegen die Tatsachenberichte der Presse, die mehr oder minder der Wahrheit entsprachen, besser ,geschützt` als jene, die sie zu überzeugen versuchten und die sie sich vermutlich als bloßes ,Publikum` vorstellten, als Nixons ,schweigende Mehrheit‘, die akzeptiert, was immer die Regisseure ihnen vorsetzen. Aß die Pentagon-Papiere kaum eine spektakuläre Neuigkeit enthüllt haben, macht deutlich, wie sehr es den Lügnern misslungen ist, sich eine überzeugte Zuhörerschaft zu schaffen, der sie sich dann selber hätten anschließen können.

    Dennoch ist der Vorgang, den Ellsberg die „innere Selbsttäuschung” genannt hat, nicht zu bezweifeln, aber es sieht so aus, als sei der normale Prozess der Selbsttäuschung umgekehrt verlaufen; es war nicht so, dass es mit Täuschung begann und mit Selbsttäuschung endete. Die Betrüger fingen mit Selbstbetrug an. Wohl dank ihrer hohen Position und ihrer erstaunlichen Selbstsicherheit waren sie von ihrem überwältigenden Erfolg – nicht auf dem Schlachtfeld, sondern auf dem Feld der Public Relations – so überzeugt und der Richtigkeit ihrer psychologischen Theorien über die Manipulierbarkeit von Menschen so sicher, dass sie an ihrer eigenen Glaubwürdigkeit niemals zweifelten und ihren Sieg im Kampf um die Volksmeinung im voraus für gegeben hielten. Und da sie ohnehin in einer von Tatsachen unbehelligten Welt lebten, fiel es ihnen nicht schwer, der Tatsache, dass ihr Publikum sich nicht überzeugen lassen wollte, eben sowenig Aufmerksamkeit zu schenken wie anderen Tatsachen.

    Die interne Welt der Regierung mit ihrer Bürokratie auf der einen, ihrem gesellschaftlichen Leben auf der anderen Seite, machte die Selbsttäuschung relativ einfach. Kein Elfenbeinturm der Gelehrten eignete sich besser dazu, Tatsachen vollständig zu ignorieren, als die verschiedenen ,Denkfabriken` für die Problemlöser und das Ansehen des Weißen Hauses für die Berater des Präsidenten. In dieser Atmosphäre, wo man eine Niederlage weniger fürchtete als ihr Eingeständnis, wurden die irreführenden Erklärungen über die schweren Rückschläge der Tet-Offensive und die Invasion in Kambodscha zusammengebraut. Entscheidend war dabei, dass in diesen internen Kreisen, aber nirgendwo sonst, die Wirklichkeit in Vietnam nur zu leicht von reinen Prestigefragen, wie der Sorge, „der erste amerikanische Präsident zu sein, der einen Krieg verliert”, und natürlich von der ständigen Furcht vor den nächsten Wahlen zugedeckt werden konnte.

    Denkt man aber an die Problem-Löser im Unterschied zu den Public Relations-Experten, so ist „innere Selbsttäuschung” keine befriedigende Antwort auf die Frage: „Wie konnten sie nur?” Selbsttäuschung setzt immer noch die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Unwahrheit, zwischen Tatsachen und Erfindungen und damit einen Konflikt zwischen der Wirklichkeit und dem betrogenen Betrüger voraus, zu dem es jedoch in einem vollständig entwirklichten Denken gar nicht mehr kommt. Washington mit seiner riesigen Beamtenbürokratie ebenso wie die verschiedenen ,Denkfabriken` im Lande, welche im Auftrag dieser Bürokratie arbeiten, bieten den Problem-Lösern eine gleichsam natürliche Heimat, in der sie mit der Wirklichkeit nie in Konflikt zu geraten brauchen. Im Bereich der Politik, wo Geheimhaltung und bewusste Täuschung stets eine große Rolle gespielt haben, ist Selbstbetrug die Gefahr par excellence; der Mann, der auf seine eigenen Lügen hereinfällt, verliert jeden Kontakt nicht nur zu seinem Publikum, sondern zu der wirklichen Welt, die sich an ihm rächen wird, da er sich aus ihr ja nur heraus denken kann. Die Problem-Löser aber lebten in einer scheinbar wirklichen Welt; für sie waren die ihnen von den Geheimdiensten gelieferten Tatsachen unwirklich, und sie brauchten sich nur an ihre Verfahren zu halten, also die verschiedenen Methoden, mit denen substantiell Wirkliches in Quantität und Zahlen verwandelt wird, mit denen man Ergebnisse errechnen kann, die dann auf unerklärliche Weise die Probleme doch nicht lösten; mit dem Rechnen waren sie natürlich voll beschäftigt, jedenfalls viel zu beschäftigt, um das, was ihnen an Tatsachen geliefert wurde, wirklich zur Kenntnis zu nehmen. Der Grund, weshalb dies so viele Jahre funktionieren konnte, war eben, dass „die von den Vereinigten Staaten verfolgten Ziele fast ausschließlich psychologischer Art waren”, also ebenfalls nichts eigentlich Tatsächliches, sondern Bewusstseinszustände, die sich schwer feststellen lassen. […]

    Es ist nämlich nur zu wahr, dass die amerikanische Politik keine wirklichen – guten oder schlechten – Ziele verfolgte, welche diese pseudo- mathematischen Spielereien hätten einschränken und kontrollieren können: „Weder territoriale noch wirtschaftliche Gewinne wurden in Vietnam angestrebt. Der ganze Zweck des ungeheuren und kostspieligen Einsatzes bestand darin, eine bestimmte Geistesverfassung zu erzeugen.” Den Grund aber, warum so unmäßig kostspielige Mittel, so viele Menschenleben und so viele Milliarden Dollar für politisch belanglose Zwecke eingesetzt wurden, darf man nicht nur in dem unheilvollen Überfluss jener Jahre suchen, sondern auch in Amerikas Unfähigkeit zu begreifen, dass auch großer Reichtum nicht unbegrenzt ist und es unbegrenzte Macht nicht gibt. Hinter der immer wiederholten Phrase von der „stärksten Macht auf Erden” lauerte der gefährliche Mythos der Allmacht. […]

    Dieses tödliche Amalgam von „Machtarroganz”, wie Senator Fulbright [James W. Fulbright, 1959-1974 Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im Senat; d. Red] es genannt hat (das heißt nicht der Drang zur Weltherrschaft, sondern das Verlangen, so auftreten zu dürfen, als ob man sie bereits hätte, ohne doch über die Mittel zu verfügen, dies durchzusetzen), mit der rein intellektuellen Arroganz von professionellen Problem-Lösern und ihrem völlig irrationalen Vertrauen in die Berechenbarkeit der Wirklichkeit, bestimmte seit Beginn der Eskalation im Jahre 1964 die außenpolitischen Entscheidungen des Landes. Was aber nicht heißen soll, daß die Problem-Löser mit ihren streng ,wissenschaftlichen` Methoden, der Wirklichkeit beizukommen und sie zu entwirklichen, die eigentlichen Urheber dieser selbstzerstörerischen Politik gewesen sind.

    Die Vorläufer der Problem-Löser, die den Verstand verloren, weil sie der Rechen-kraft ihrer Gehirne mehr trauten als der Urteilskraft und der Fähigkeit, Erfahrungen zu machen und daraus zu lernen, waren die Ideologen aus der Zeit des Kalten Krieges. Der Antikommunismus als Ideologie – nicht Amerikas alte, häufig von Vorurteilen bestimmte Feindseligkeit gegen Sozialismus und Kommunismus, die in den zwanziger Jahren so stark war und unter Roosevelt immer noch eine der Hauptstützen der Republikanischen Partei bildete – stammt ursprünglich von ehemaligen Kommunisten, die eine neue Ideologie benötigten, mit der sie den Verlauf der Geschichte erklären und sicher voraussagen konnten. Diese Ideologie wurde mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges die führende außenpolitische ,Theorie` in Washington. Ich erwähnte bereits, in welchem Ausmaß die schiere Unkenntnis aller einschlägigen Tatsachen und die völlige Missachtung aller Nachkriegsentwicklungen für die Überlegungen in Washington bezeichnend wurden. Man brauchte hier weder Informationen noch Fakten; man hatte hier eine ,Theorie`, und was in sie nicht passte, leugnete oder ignorierte man.

    Die Methoden der älteren Generation – also die Methoden von Rusk im Gegensatz zu denen von McNamara – waren weniger kompliziert, sozusagen weniger intellektuell als die der Problem-Löser, doch schirmten sie nicht weniger wirksam gegen die Wirklichkeit ab und ruinierten die Urteils- und Lernfähigkeit in gleicher Weise. Die Älteren waren stolz darauf, aus der Vergangenheit gelernt zu haben: aus Stalins Herrschaft über alle kommunistischen Parteien – daher die Vorstellung vom „monolithischen Kommunismus”; und aus dem Umstand, dass Hitler nach München einen Krieg begonnen hatte, schlossen sie, dass jede versöhnliche Geste ein ,zweites München‘ sei. Sie waren außerstande, sich der Wirklichkeit als solcher zu stellen, weil sie immer irgendeine Analogie vor Augen hatten, die ihnen ,half`, die Wirklichkeit zu verstehen. Als Johnson – damals noch Kennedys Vizepräsident – von einer Inspektionsreise durch Südvietnam heim-kehrte und munter berichtete, Diem [Ngo Dinh Diem, 1955-1963 südvietnamesischer Präsident; d. Red.] sei „der asiatische Churchill”, hätte man annehmen können, daß das Spiel mit Analogien an reiner Absurdität zugrunde gehen würde; was keineswegs der Fall war. Man kann auch nicht sagen, dass die ausgesprochen linken Kritiker des Krieges in anderen Begriffen dachten. Diese extreme Gruppe hatte die fatale Neigung, alles, was ihnen – häufig ganz zu Recht – mißfiel, als ,faschistisch` oder ,nazistisch` zu beschimpfen und jedes Gemetzel Völkermord zu nennen, was in Vietnam offensichtlich nicht zutraf, da trotz aller Opfer die Bevölkerung zunahm. Das konnte nur eine Mentalität erzeugen, die sich gewöhnte, Gemetzel und andere Kriegsverbrechen zu übersehen, so-lange es sich nicht um Völkermord handelte.

    Die Problemlöser waren von den Sünden der Ideologen bemerkenswert frei; sie glaubten an Methoden, nicht an Weltanschauungen. Deshalb konnte man ihnen auch zutrauen, „eine Zusammenstellung der Dokumente des Pentagons über Amerikas Engagement” zu liefern, die „umfassend und objektiv” war. Obwohl sie aber an so allgemein akzeptierte politische Rechtfertigungen wie die Dominotheorie nicht glaubten, erzeugten doch diese Theorien mit ihren verschiedenen Methoden der ,entwirklichung` die Atmosphäre, in der sich auch die Problem-Löser mit ihrer Arbeit bewegten. Schließlich mussten sie ja die Kalten Krieger überzeugen, deren Köpfe, wie sich dann zeigte, auf die Denkspiele, die jene zu bieten hatten, hervorragend vorbereitet waren. […]

    Nun fehlt es zwar dieser vor allem in der Psychologie und Soziologie grassierenden Unfähigkeit, zwischen einleuchtenden Hypothesen und Tatsachen zu unterscheiden (so dass unbewiesene Theorien sich unter der Hand in ,Tatsachen` verwandeln), durchaus an der so faszinierenden Methoden strenge, der sich die Spieltheoretiker und Systemanalytiker befleißigen; aber die Wurzel ist doch dieselbe – beide entspringen einer Verachtung der Erfahrung, der Unfähigkeit oder mangelnden Bereitschaft, die Wirklichkeit zu befragen, aus ihr zu lernen und so zu relativ vernünftigen und relativ stimmigen Erfahrungsurteilen zu kommen.

    Damit kommen wir zum Kern der Angelegenheit und können zumindest teilweise eine Antwort auf die Frage geben: Wie konnte man nur diese Politik nicht nur einleiten, sondern bis zum bitteren und absurden Ende verfolgen? ,Entwirklichung` und Problemlöserei waren erwünscht, weil Mißachtung der Wirklichkeit dieser Politik und ihren Zielen inhärent war. Was brauchten sie denn über Indochina, wie es wirklich war, zu wissen, wenn es nicht mehr war als ein ,Testfall` oder ein Dominostein, ein Mittel zur ,Eindämmung Chinas‘ oder zur Demonstration der Existenz der mächtigsten unter den Supermächten diente? Oder nehmen wir die Bombardierung Nordvietnams mit dem Hintergedanken, die Moral in Südvietnam zu stärken, ohne dass man wirklich die Absicht hatte, einen klaren Sieg zu erringen und den Krieg zu beenden. Wie konnte man an etwas so Realem wie einem Sieg interessiert sein, wenn man den Krieg weder um territorialer Gewinne noch um wirtschaftlicher Vorteile willen fortführte, schon gar nicht um einem Freund zu helfen oder eine Verpflichtung einzulösen, ja nicht einmal für die Realität der Macht (im Gegensatz zu deren bloßem Image)?

    Als man dieses Stadium des Spiels erreicht hatte, wandelte sich die in der Dominotheorie beschlossene ursprüngliche Prämisse „Es kommt auf das Land gar nicht an” zu einem „Es kommt auf den Feind gar nicht an”. Und das mitten im Kriege! Die Folge war, dass der Feind – arm, misshandelt und leidend – stärker wurde, während das „mächtigste Land” von Jahr zu Jahr schwächer wurde. Heute gibt es Historiker, die behaupten, Truman habe die Bombe auf Hiroshima abwerfen lassen, um die Russen aus Osteuropa zu verjagen (mit dem bekannten Ergebnis!). Wenn das stimmt, was sehr wohl möglich ist, dann können wir die ersten Anfänge dieser Mißachtung der wirklichen Folgen einer Handlung, weil man irgendein Fernziel hat, bis zu jenem verhängnisvollen Kriegsverbrechen zurückverfolgen, das den letzten Weltkrieg beendete.


    V
    Zu Beginn dieser Untersuchung habe ich angedeutet, dass die von mir ausgewählten Aspekte der Pentagon-Papiere – Täuschung, Selbsttäuschung, Image-Pflege, Ideologisierung und ,Entwirklichung` – keineswegs die einzigen Perspektiven sind, unter denen man sie sehen und aus ihnen lernen kann. Da ist zum Beispiel das Faktum, dass dieses gewaltige und systematische Unternehmen einer kritischen Selbstprüfung von einem der Hauptakteure in der Regierung in Auftrag gegeben wurde; dass man, um die Dokumente zusammenzustellen und die Analysen zu schreiben, sechsunddreißig Leute auftreiben konnte, von denen eine ganze Reihe „mitgeholfen hatte, die Politik, die sie beurteilen sollten, zu initiieren oder auszuführen` ; dass einer von ihnen, als deutlich geworden war, dass niemand in der Regierung bereit war, die Ergebnisse zu verwenden oder auch nur zu lesen, sich an die Öffentlichkeit wandte und die Sache in die Presse sickern ließ; und dass schließlich die angesehensten Zeitungen im Lande es wagten, einem Material, das den Stempel ,top secret‘ trug, die weitest mögliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Mit Recht hat Neil Sheehan gesagt, dass Robert McNamaras Entscheidung, herauszufinden, warum alles schief ging, „sich vielleicht als eine der wichtigsten Entscheidungen in seinen sieben Jahren im Pentagon erweisen mag”. Sie stellte, zumindest für einen flüchtigen Augen-blick, das Ansehen dieses Landes in der Welt wieder her. Was jetzt geschehen war, hätte wohl wirklich kaum anderswo in der Welt geschehen können. Es war, als ob alle diese Leute, die in einen ungerechten Krieg verwickelt und von ihm mit Recht kompromittiert waren, sich plötzlich daran erinnerten, was sie ihren Vorfahren schuldig waren und „der Achtung”, die im Sinne der Unabhängigkeitserklärung „dies Land den Ansichten der Menschheit” schuldet.

    Da ist ferner die häufig erwähnte Tatsache, die einer genauen und eingehenden Untersuchung bedarf – dass die Pentagon-Papiere nur wenige wichtige Neuigkeiten enthüllten, die dem Leser von Tageszeitungen und Wochenzeitschriften nicht zur Verfügung standen; dass überdies keine Argumente für oder wider in der „Geschichte des amerikanischen Entscheidungsprozesses in der Vietnam-Politik” – so der amtliche Titel des Berichts – sich finden, die nicht seit Jahren öffentlich in Zeitschriften, im Fernsehen und in Rundfunksendungen diskutiert worden sind. (Abgesehen von persönlichen Standpunkten und deren Wandlungen, waren nur die völlig abweichenden Ansichten der Geheimdienste durchweg unbekannt.) Daß die Öffentlichkeit seit Jahren Zugang zu einem Material hatte, das die Regierung ihr vergeblich vorzuenthalten versuchte, beweist die Unbestechlichkeit und die Macht der Presse noch nachdrücklicher als die Art, wie die ,[New York] Times‘ die Geschichte dann herausgebracht hat. Was man lange angenommen hatte, steht jetzt fest: Solange die Presse frei und nicht korrupt ist, hat sie eine ungeheuer wichtige Aufgabe zu erfüllen und kann mit Recht die vierte öffentliche Gewalt genannt werden. Eine andere Frage ist es, ob der Erste Zusatzartikel zur Verfassung ausreichen wird, um diese wesentlichste politische Freiheit zu schützen: das Recht auf nicht manipulierte Tatsacheninformation, ohne welche die ganze Meinungsfreiheit zu einem entsetzlichen Schwindel wird.

    Schließlich können daraus diejenigen etwas lernen, die, wie ich selber, glaubten, dass Amerika sich auf eine imperialistische Politik eingelassen, seine alte anti koloniale Einstellung vergessen habe und vielleicht mit Erfolg daran gehe, die von Kennedy verurteilte Pax Americana zu etablieren. Was immer dieser Verdacht wert sein mag, der sich durch unsere Politik in Lateinamerika wohl rechtfertigen ließe: falls unerklärte Kriege – aggressive Kleinkriege in fernen Ländern – notwendige Mittel sind, um imperialistische Ziele zu erreichen, dann werden die Vereinigten Staaten weniger als fast jede andere Großmacht imstande sein, erfolgreich imperialistische Politik zu treiben. Denn wenn auch die Demoralisierung der amerikanischen Truppen jetzt ein beispielloses Ausmaß erreicht hat – dem ,Spiegel` zufolge gab es allein im Jahre 1970 89.088 Deserteure, 100.000 Wehrdienstverweigerer und Zehntausende von Rauschgiftsüchtigen –, so hat der Auflösungsprozess in der Armee doch schon viel früher begonnen; ihm vorausgegangen war eine ähnliche Entwicklung während des Krieges in Korea.

    Man braucht nur mit ein paar heimkehrenden Veteranen dieses Krieges zu sprechen – oder Daniel Langs nüchternen und aufschlussreichen Bericht im ,New Yorker‘ über die Entwicklung eines ziemlich typischen Falles zu lesen –, um zu begreifen, dass ein entscheidender Wandel des amerikanischen ,Nationalcharakters` erforderlich wäre, bevor dieses Land sich auf eine aggressive Abenteuer-Politik mit Erfolg einlassen könnte. Zu demselben Schluss käme man natürlich auch, wenn man an die ungewöhnlich starke, hochqualifizierte und gut organisierte Opposition denkt, die sich immer wieder geltend gemacht hat. Die Nordvietnamesen, die diese Entwicklung im Laufe der Jahre sorgfältig beobachtet haben, hatten stets ihre Hoffnung darauf gesetzt, und es scheint, dass ihre Beurteilung zutreffend war.

    Zweifellos kann sich das alles ändern. Eines aber ist in den letzten Monaten deutlich geworden: die halbherzigen Versuche der Regierung, verfassungsmäßige Garantien zu umgehen und diejenigen einzuschüchtern, die entschlossen sind, sich nicht einschüchtern zu lassen, und lieber ins Gefängnis gehen würden als zusehen, wie ihre Rechte und Freiheiten immer weiter beschnitten werden – diese Versuche reichen nicht aus und werden wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft nicht ausreichen, um die Republik zu zerstören. Es besteht Grund dafür, mit Daniel Langs Veteran – einem von zweieinhalb Millionen – zu hoffen, „dass unser Land infolge des Krieges die bessere Seite seines Wesens wiedergewinnen wird. ,Ich weiß, dass man darauf nicht bauen kann‘, sagte er, aber etwas anderes will mir nicht in den Sinn kommen.”

    © Piper Verlag GmbH, München 1978.

    * Anm. d. Redaktion: Hannah Arendts Aufsatz Die Lüge in der Politik erschien erstmals unter dem Titel Lying in Politics in The New York Review of Books vom 18. November 1971. Der auszugsweise Abdruck folgt der deutschen Bucherstveröffentlichung in Hannah Arendt: Wahrheit und Lüge in der Politik. Zwei Essays, München 1972, S. 7-43. Ungekürzt zuletzt in Hannah Arendt: In der Gegenwart. Übungen im politischen Denken, München 2000, S. 322-353. – Die durch eckige Klammern gekennzeichneten Kürzungen betreffen hauptsächlich Passagen, die sich detailliert mit der amerikanischen Politik in Vietnam und deren Vorgeschichte beschäftigen (vor allem in Ab-schnitt III). Gestrichen wurden zudem sämtliche Anmerkungen der Autorin (zumeist Quellenangaben für die zahlreichen Zitate aus den Pentagon-Papieren und aus der zeitgenössischen Publizistik). An einigen wenigen Stellen finden sich in eckigen Klammern redaktionelle Erläuterungen zu von Hannah Arendt erwähnten Personen und Institutionen. – Wir danken dem Piper Verlag, München für die freundliche Genehmigung des auszugsweisen Abdrucks.


    Info: https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/167-vorgaenge/publikation/die-luege-in-der-politik


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Wann kommt der EU-Beitritt?

    lostineu.eu, vom 22. Februar 2024

    In Europa herrscht wieder Krieg – und die EU kämpft mit. Wie konnte es dazu kommen, wie geht es weiter? Wir stellen Fragen und geben Antworten. Heute: Wann kommt der EU-Beitritt?

    Die kurze Antwort lautet: Wir wissen es nicht. Zwar peilt EU-Ratspräsident Michel das Jahr 2030 an. Und der EU-Gipfel im Dezember 2023 hat grünes Licht für den Start von Beitrittsgesprächen gegeben.

    Doch die Verhandlungen wurden noch nicht eröffnet. Denn die Ukraine erfüllt immer noch nicht alle Voraussetzungen.

    Die Korruption ist und bleibt ein Problem, die Demokratie ist auf dem Rückzug, die eigentlich 2024 geplanten Wahlen wurden abgesagt.

    Selbst die eigens für Kiew konzipierten „Meilensteine“, die die vertraglich verankerten Standards deutlich senken, sind noch nicht alle abgeräumt.

    Außerdem ist der sog. Verhandlungsrahmen noch nicht fertig. Das könne noch bis nach der Europawahl dauern, sagte EU-Chefin von der Leyen.

    Bis es wirklich losgeht, können Jahre vergehen, wie Albanien und Nordmazedonien gezeigt haben. Die eigentlichen Verhandlungen können sich ebenfalls über Jahre hinziehen.

    Dabei hat Selenskyj seinen Landsleuten einen schnellen Beitritt versprochen, ursprünglich hat er sogar 2022 angepeilt.

    Doch das ist Augenwischerei. Ein EU-Beitritt im Krieg ist undenkbar. Auch nach Kriegsende dürften noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen.

    Wenn die Ukraine nach dem Krieg geteilt wird, kann es auch nie zum Beitritt kommen, oder nur unter Vorbehalt.

    Fazit: Der EU-Beitritt der Ukraine ist nur ein ferner Traum. Wer ihn schnell verwirklichen will, muß den Krieg beenden – doch die EU tut nichts, um dieses essentielle Ziel zu erreichen. Sie hat sogar darauf verzichtet, eine Friedensregelung zur Voraussetzung für den Beitritt zu machen.

    Dies ist die aktualisierte Fassung eines Beitrags von September 2023. Alle bisherigen Beiträge zum Krieg in der Ukraine hier

    5 Comments

    1. MarMo
      23. Februar 2024 @ 22:00

      Ich empfehle die Lektüre des Sachbuchs „Made in Washington. Was die USA nach 1945 in der Welt angerichtet haben“ von Bernd Greiner. Danach ist man vielleicht schlauer, aber nicht unbedingt zuversichtlicher.

    Reply

  • Monika
    23. Februar 2024 @ 16:35

    …EU-Beitritt der Ukraine ist nur ein ferner Traum. Wer ihn schnell verwirklichen will, muß den Krieg beenden…
    Vielleicht sind genau deshalb unsere vdL und Michel’s so auf eine fortdauernde Kriegs“ertüchtigung“ der Ukraine aus? Auf diese Weise „Zeit kaufen“, bis von der Ukraine nichts mehr aufzunehmen ist, kommt wahrscheinlich günstiger als eine Mitgliedschaft… Zumal „Unterstützung von Kriegen im Ausland ein Segen für das Bruttoinlandsprodukt ist“ (frei nach Anthony Blinken, USA)
    Und was unser „großer Bruder“ sagt, stimmt schließlich immer. Halt meist nur für ihn selber und nicht für die Kleinen Geschwister, die dienend führen , vulgo als Laufburschen arbeiten.

    Reply

  • european
    23. Februar 2024 @ 15:18

    Das war kein geringerer als Anthony Blinken daselbst, der das auf einer Pressekonferenz am 20.Dezember 2023 gesagt hat:
    „Our support hasn’t just helped Ukrainians. Ninety percent of the security assistance that we provided to Ukraine has been spent here in the United States, benefiting American businesses, workers, communities, strengthening our nation’s defense industrial base.“
    https://ru.usembassy.gov/secretary-antony-j-blinken-at-a-press-availability-2023/

    Reply

  • KK
    23. Februar 2024 @ 12:31

    „Mehrere US-Politiker argumentieren, die Unterstützung von Kriegen im Ausland sei ein Segen für das amerikanische Bruttoinlandsprodukt.“

    Nach solchen Aussagen müsste man eigentlich fordern, den Krieg in die USA zu bringen statt nach Russland!

    Reply

  • Helmut Höft
    23. Februar 2024 @ 09:03

    Den Krieg beenden? Hat man den schon bei der „Sicherheitsindustrie“ nachgefragt? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte (Joe stellvertretend für all‘ die anderen Geister):
    https://makroskop.eu/05-2024/im-interessenskonflikt-mit-dem-frieden/
    Die US-Wirtschaft im Konflikt mit dem Frieden – Mehrere US-Politiker argumentieren, die Unterstützung von Kriegen im Ausland sei ein Segen für das amerikanische Bruttoinlandsprodukt. Eine fatale Botschaft für die Welt.

    Reply

  • Was sagen Sie dazu?


    Info: https://lostineu.eu/zwei-jahre-ukraine-krieg-wann-kommt-der-eu-beitritt


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Plötzlich rechts offen


    lostineu.eu, vom 22. Februar 2024

    Bisher war Frau von der Leyen die grünste Schwarze, die die CDU zu bieten hatte. Nun zeigt sie sich auch rechts offen.

    Schon jetzt kollaboriert VDL mit Italiens Postfaschistin Meloni. Künftig könnte sie auch mit der rechtslastigen EKR zusammenarbeiten, in der Melonis „Fratelli d’Italia“ und die (gerade abgewählte) polnische PiS den Ton angeben.

    Auf eine entsprechende Frage sagte die CDU-Politikerin nicht Nein. Sie stellte nur eine Bedingung: die Abgeordneten müssten für europäische Werte, für die Nato und für die Ukraine einstehen – dann könne man über eine Zusammenarbeit reden.

    “The cut-off line is ‘do you stand for democracy?’, ‘do you defend our values?’, ‘are you very firm in the rule of law?’, ‘are you supporting Ukraine’ and ‘are you fighting against Putin’s attempt to weaken and divide Europe?’And these answers have to be very clear,she said.

    Hintergrund ist die Sorge, dass von der Leyens konservative Parteienfamilie EVP bei der Europawahl schwächer abschneiden könnte also gewohnt, weil die Rechten und Rechtsextremen zulegen.

    EVP-Chef Weber wirbt bereits seit Wochen aktiv um die EKR. Er hat noch einen anderen Hintergedanken: Die Mehrheit soll nach rechts rücken und sich von Grünen und Linken unabhängig machen, die VDL bisher oft gestützt haben.

    Inhaltlich sind Weber und von der Leyen schon auf die EKR zugegangen, wie die Zugeständnisse an die Bauern und die Ankündigungen zum nächsten Kommissionsprogramm zeigen…

    Siehe auch „Ein abgekartetes Spiel (II)“

    18 Comments

    1. Kleopatra
      23. Februar 2024 @ 08:53

      Im Parlament muss man nun einmal mit den Mehrheiten arbeiten, die es gibt. Wenn es zum Beispiel im Parlament keine Mehrheit für den Green Deal gibt und er abgelehnt wird, nennt man das repräsentative Demokratie. Demokratie ist eine Staatsform, in der es grundsätzlich nicht „richtig“ oder „falsch“ gibt, sondern ergebnisoffen diskutiert und verhandelt und am Ende mit Mehrheit entschieden wird. Und für die Ziele, die man für „richtig“ hält, muss man eben Mehrheiten zustandebringen.
      Unter demokratiepolitischen Gesichtspunkten hat auch eine rechte Mehrheit mit markant rechtem politischem Programm eine Existenzberechtigung. Wer anderer Meinung ist, muss das eben bei der Wahl zur Geltung bringen. Eine informelle große Koalition, wie sie jahrelang bestand, wirkt entpolitisierend, weil sie dazu führt, dass die Wahlentscheidung irrelevant wird.
      Was den Krieg betrifft: Dieser wurde nicht von ruchlosen EU-Intriganten angezettelt, sondern von dem immer stärker zu einem Nationalfaschismus tendierenden russischen Präsidenten, und die EU hat ein vitales Interesse daran, dass Russland hier nicht siegt. Das heißt, dass unsere Interessen in dem Krieg auf dem Spiel stehen, und dass in dieser Hinsicht (und nur in dieser) eine möglichst breite Koalition zur Unterstützung der Ukraine anzustreben ist.

    Reply

    • Arthur Dent
      23. Februar 2024 @ 09:54

      @Kleopatra
      „Volkes Wille“ (Fördern des Gemeinsinns, Streben nach Gemeinwohl) müsste gerade in der repräsentativen Demokratie in den Parteien wirksam werden. Kann ich über weite Strecken nicht erkennen. Als Wähler hat man keinerlei Einfluss auf das politische Personal, dass sich zur Wahl stellt. Das entscheiden die Wahlgremien (eine Handvoll Leute) der Parteien. Bei der deutschen Verhältniswahl ist die Hälfte der Abgeordneten per Liste praktisch gesetzt, die in den BT einziehen. Da können Sie wählen wie sie wollen. 87 Prozent der Abgeordneten sind Akademiker, ein Großteil davon Juristen – wo spiegelt sich im Deutschen Bundestag die Gesellschaft wider? Mittlerweile wirken die Parteien nicht nur an der politischen Willensbildung mit, sie bestimmen sie. Wer hat Interesse am Krieg? Der Arbeiter, der Bauer, der Handwerker? Vom Krieg profitieren immer nur die „Fürsten“ (die fallen auch nicht auf dem Schlachtfeld) – „Bauern“ sind immer die Opfer. Die verlieren ihr Hab und Gut, ihre Gesundheit oder ihr Leben. Die „Obrigkeit“ verfügt immer über genügend publizistische Macht, um ihre Interessen als die der Allgemeinheit darzustellen.

      Reply

    • Helmut Höft
      23. Februar 2024 @ 10:00

      @Kleopatra
      Deine Anmerkung betreffend ‚informelle große Koalition‘ ist immer zutreffend. Es gilt Kant, sinngemäß: „Was Dritte betrifft – also alle Entscheidungen der Politik – ist öffentlich zu verhandeln!“

      Was den Krieg in Europa angeht (bitte 100mal abschreiben, damit das sitzt ???? ):
      „Alle Ressourcen und die 3,5-fache Kopfzahl auf russischer Seite – der Rest, Abwesenheit von Demokratie, Anwesenheit von Korruption und Ungesetzlichkeit, ist gleich – und da soll(te?) die EU einen russischen Sieg verhindern? Das kann nix werden! Außer: „Boots on the ground!“ Anders geht das nicht.“

      Ist das gewollt? Moralische Entrüstung (oder Gefühle?) helfen da nicht weiter!

      Reply

    • ebo
      23. Februar 2024 @ 13:50

      In einer repräsentativen Demokratie wird die Regierung gewechselt, wenn sie keine Mehrheit mehr hat. Auch die Politik wird dann angepasst.
      In der EU hingegen passt man die Politik an, noch bevor gewählt wurde – stellt aber zugleich sicher, dass die Frühung (von der Leyen) bleibt.
      Cherchez l’erreur

      Reply

      • Monika
        23. Februar 2024 @ 16:42

        Das ist kein erreur sondern volle Absicht, so wird die Fortführung der von den Bevölkerungen abgelehnten Politik sichergestellt ohne den Anschein von Demokratie aufgeben zu müssen. Ich weiss nicht, ob aus verzweifelter Lage heraus oder einfach der Sicherheit, „dass uns eh keiner mehr kann“, die Politik sich dieses neuen „Stils“ befleißigt.

      • Kleopatra
        23. Februar 2024 @ 20:33

        @ebo: Nicht alle repräsentativen Demokratien sind parlamentarisch verfasst. Zum Beispiel sind die USA natürlich eine repräsentative Demokratie, aber ihre Regierung geht nicht aus dem Parlament hervor, sondern der Regierungschef (Präsident) wird unabhängig vom Parlament gewählt. Seine von ihm ernannten Minister unterliegen zwar der Bestätigung durch den Senat, die dieser auch verweigern darf, aber wenn der amtierende Präsident keine Mehrheit im Repräsentantenhaus hat, ändert sich an der Regierung bis zur nächsten Präsidentenwahl nichts. Das einzige, was sich ändert, sind die Möglichkeiten, Gesetze zu erlassen, und hier haben sich abzeichnende neue Koalitionen im EP ja bereits zu einer Änderung der Politik der Kommission von der Leyen geführt (außerdem sind die Mitgliedstaaten als Rat ebenfalls an der Gesetzgebung beteiligt, und zwar sogar stärker als das Parlament; Änderungen bei den Einstellungen der Mitgliedstaaten wirken sich also unmittelbar auf den Gesetzgebungsspielraum aus).
        Der Rat ist insofern demokratisch legitimiert, als alle einzelstaatlichen Regierungen in der einen oder anderen Weise demokratisch ins Amt kommen. Die Kommission wird hingegen in ähnlicher Weise ernannt wie die amerikanische Regierung, wobei die Staaten die Rolle des Präsidenten übernehmen und das EP die des amerikanischen Senats. Bei der Kommission spielt zudem noch der Umstand eine Rolle, dass sie theoretisch nur die Aufgabe hat, die Bestimmungen der Verträge zu überwachen und durch geeignete Rechtsakte zu konkretisieren (gardienne des traités).

      • ebo
        23. Februar 2024 @ 22:13

        Sie wollen doch nicht allen Ernstes das Präsidialsystem der USA mit der EU vergleichen?
        Biden ist von den US-Bürgern bzw. ihren Wahlmännern gewählt worden, von der Leyen nicht.
        Der US-Kongreß ist viel mächtiger als das Europaparlament, wie die Blockade der amerikanischen Ukrainehilfen zeigt.
        In den USA gibt es im Herbst eine echte Richtungswahl, in der EU wird die Richtung schon vor der Wahl festgelegt.

      • KK
        24. Februar 2024 @ 00:18

        Ich versuch mir ja gerade abzugewöhnen, mich von Kleopatra weiter provozieren zu lassen… und wieder fällt mir dazu ein Zitat von Wiglaf Droste ein, aber ich bin nicht sicher, ob es so konkret vielleicht nicht doch justitiabel sein könnte.

      • Kleopatra
        24. Februar 2024 @ 07:00

        @ebo: Ich wollte nur darauf hinweisen, dass nicht in allen repräsentativen Demokratien die Regierung wechselt, wenn sie eine andere Mehrheit im Parlament ergibt. Dass die Politik der USA von den Mehrheiten im Repräsentantenhaus abhängt, ändert nichts daran, dass dieses Parlament keine Minister oder gar den Regierungschef absetzen kann. Die gesamte Kommission wird vom Rat nominiert und vom Parlament lediglich bestätigt, und danach kann letzteres allenfalls mit einer Zweidrittelmehrheit die gesamte Kommission abschießen.
        Die EU ist nicht als parlamentarische Demokratie konzipiert, und es ist deshalb wenig sinnvoll, zu kritisieren, dass sie nicht wie eine solche funktioniert.

      • Skyjumper
        24. Februar 2024 @ 10:30

        Es ist richtig, dass die EU nicht als parlamentarische Demokratie verfasst wurde, wie es @Kleopatra feststellte.

        Man muss es jetzt nur noch darum ergänzen, dass die EU gar nicht als Staat konzipiert wurde. Und seit sich die EU (wie auch die sie tragenden nationalen Parteien) zunehmend als Staat versteht und auch so agiet, werden diese Schwächen immer stärker.

        Nur leicht provokant sei festgestellt, dass die EU auch nicht über eine wirkliche Gewaltenteilung verfügt. Dass das EU-Parlament nicht tatsächlicher Wahlgewichtung, sondern zusätzlich auch nach einen Quotierungsfaktor, zusammengesetzt ist. Die EU erfüllt in vielen ihrer Institutionen wichtige Definitionspunkte für eine Demokratie schlicht überhaupt nicht.

      • ebo
        24. Februar 2024 @ 10:39

        So ist es. Das Parlament ist nur Ko-Gesetzgeber mit dem Ministerrat, ohne Initiativrecht. Über weite Teile der EU-Politik – Corona-Aufbaufonds, Impfstoffbeschaffung etc., Sanktionen – hat es keine Kontrolle.
        Die nicht gewählte EU-Kommission hingegen vereint immer mehr Macht auf sich. Sie schlägt die Gesetze vor, sie wacht über ihre Umsetzung, neuerdings kann sie sogar Finanzsanktionen gegen Mitgliedsstaaten verhängen…

  • Helmut Höft
    23. Februar 2024 @ 08:41

    Auch ohne diese Ganze Lechts/Rinks-Sch…: Es ist nicht zu fassen! Welche ‚democracy‘, welche ‚values‘? Warum fällt niemand, der solche Phrase drischt nicht auf der Stelle ins Koma?
    Konsequenz aus den verlogenen – und kriminellen – Aktivitäten aller Art in der Politik: Weiter so! Wer sich über die Politniki immer noch nicht klar ist kann nachlesen, was bspw. Hannah Arendt nach der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere 1971 über „Die Lüge in der Politik“ geschrieben hat. https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/167-vorgaenge/publikation/die-luege-in-der-politik/

    Reply

  • MarMo
    22. Februar 2024 @ 17:20

    Konservative wie Von der Leyen sind nicht „plötzlich rechts offen“, sie sind es tendenziell in vielen Fällen (wie die deutsche Geschichte zeigt). Rechte wie Konservative lehnen Transfers an Bedürftige ab (Sozialpolitik), sind sich häufig einig in der Steuerpolitik, der Wirtschaftspolitik und bei Finanzen. Beide Gruppen haben Schnittmengen in der Kultur- und Bildungspolitik (unsere Kinder schicken wir auf Privatschulen, der Rest der Bevölkerung kann mit schlecht ausgestatteten Schulen, großen Klassen und Lehrermangel klarkommen). Und bei der Migrationspolitik ist man nahe beieinander. Da kommt man zusammen – kein Problem (leider gilt dasselbe heute eingeschränkt für Parteien, bei denen man sich das früher nicht hätte vorstellen können).
    Europäische Werte? Welche Werte? Oder sind Doppelmoral, Verzocken von Steuergeldern der EU-Bürger, Verweigerung von Verantwortungsübernahme, USA-Hörigkeit und Kriegstreiberei die neuen europäischen Werte?

    Reply

    • ebo
      22. Februar 2024 @ 17:33

      Natürlich sind vor allem die deutschen Konservativen seit jeher „rechts offen“. CDU/CSU und die EVP haben ja auch jahrelang mit Orban zusammengearbeitet. Allerdings hat sich von der Leyen in den letzten vier Jahren vor allem auf eine „große Ampel“ aus EVP, Sozis, Liberalen und Grünen gestützt, gelegentlich sogar auch auf Stimmen der Linken. Die EKR und die rechtsradikale ID waren tabu. Das ändert sich nun – wie auch die Politik. Nach der „Mondlandung“ mit dem „Green DEal“ fürchten VDL und ihre Anhänger bei der Europawahl offenbar eine Bruchlandung…

      Reply

  • Arthur Dent
    22. Februar 2024 @ 13:49

    Hihi – plötzlich rechts offen? Wann hätte die CDU jemals links gestanden?
    CDU CSU SPD Grüne und FDP würde ich zwar nicht als rechtsextrem, aber als gesichert antidemokratisch einstufen. ????

    Reply

  • KK
    22. Februar 2024 @ 13:38

    „Sie stellte nur eine Bedingung: die Abgeordneten müssten für europäische Werte, für die Nato und für die Ukraine einstehen“

    In welcher Reihenfolge?
    Und schliessen sich EUropäische Werte und die Ukraine in ihrem derzeitigen Zustand nicht streng genommen aus?

    Übrigens: Mit dieser Art Opportunismus der „Konservativen“, den u.a. vdL und Weber hier zeigen, wurde vor gut 90 Jahren das Dritte Reich erst möglich gemacht!

    Reply

  • Corona Hotspot
    22. Februar 2024 @ 12:19

    Sie würde auch ganz offiziell dem Teufel eine Chance geben, wenn sie dadurch an der Macht bliebe um EUropa im Interesse ihrer Herren komplett zu versenken.

    Reply

    • MarMo
      22. Februar 2024 @ 16:44

      Das ist anzunehmen.


  • Info: https://lostineu.eu/ploetzlich-rechts-offen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Nachrichten von Pressenza: Ein Autounfall in Zeitlupe

    aus e-mail von,  <newsletter@pressenza.com>, 23. Februar 2024, 7. 17 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 23.02.2024


    Ein Autounfall in Zeitlupe


    Führende internationale Medien sagen den industriellen Abstieg Deutschlands voraus und üben scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung – auch weil diese die Ursachen des Aufstiegs der extremen Rechten nicht bekämpft. Schonungslose Beschreibungen der deutschen Wirtschaftskrise, scharfe Kritik an der&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/02/ein-autounfall-in-zeitlupe/


     -----------------------


    Putin erklärt Abkommensentwurf von Istanbul für noch aktuell*


    Er wolle eine Verhandlungslösung, erklärte Putin und verwies im Interview mit Tucker Carlson auf den Vertragsentwurf von Istanbul. Urs P. Gasche für die Online-Zeitung INFOsperber Infosperber dokumentiert einige Aussagen des russischen Präsidenten aus dem langen Interview mit Ex-Fox-Moderator Tucker Carlson. Die&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/02/putin-erklaert-abkommensentwurf-von-istanbul-fuer-noch-aktuell/


     -----------------------


    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Assange-Anhörung in London endet ohne Schiedsspruch

    nachdenkseiten.de, vom 22. Februar 2024 um 16:50 Ein Artikel von Moritz Müller

    Am Dienstag und Mittwoch gab es am High Court in London eine weitere Anhörung im Fall Julian Assange. Es ging dabei um die Frage, ob Julian Assange das Oberste Gericht, den Supreme Court in London, anrufen kann, um seine Auslieferung an die USA zu stoppen. Speziell ging es um die Frage, ob Bezirksrichterin Vanessa Baraitser in ihrem Schiedsspruch vom 4. Januar 2021 alle wichtigen Punkte berücksichtigt hat und ob die Genehmigung der Auslieferung im Juni 2022 durch die damalige Innenministerin Priti Patel rechtmäßig ist. Auf der Straße vor dem Gericht gab es eine große Zahl von Assange-Unterstützern und Aktivisten. Unter den Beobachtern im Gericht fanden sich auch langjährige Unterstützer aus dem Bundestag und dem Europäischen Parlament und die UN-Sonderberichterstatterin für Folter und unmenschliche Behandlung. Diesmal waren auch einige deutsche Medienvertreter im Gerichtssaal und vor dem Gericht teilten sich Fernsehteams den Platz mit den Demonstranten. Es ist, als ob jetzt in letzter Minute die Wichtigkeit des Falles doch noch erkannt wird, oder man will sich in den Redaktionen nicht vorwerfen lassen, dass man zu dem Fall nicht genug berichtet hat. Assange selbst nahm an der Anhörung nicht teil. Ein erster Überblick aus London von Moritz Müller.

    Am Dienstagmorgen um halb acht war vor dem Gericht schon viel Betrieb, obwohl dessen Tore erst um neun öffnen und die Anhörung erst um halb elf beginnt. Einmal mehr führt die Knappheit der Beobachterplätze dazu, dass es vor dem Einlass Gedränge und Gerangel gibt. Dies hat sich seit der Anhörung am Woolwich Crown Court vor exakt 4 Jahren nicht geändert. Schon damals hatte ich über diese angewandte „Teile und herrsche“-Methode berichtet. Trotzdem ist die Stimmung okay und ich gelange in die kathedralenartige Haupthalle der Königlichen Gerichtshöfe (Royal Courts of Justice). Es gelingt mir, an einen kleinen grünen Zettel zu kommen, auf dem handschriftlich „Court 5“ vermerkt ist. Irgendwie ist dieses provisorische Vorgehen auch charmant und ein Grund, warum ich gerne in einem angelsächsisch-gälischen Land lebe, aber dies nur am Rande.


    Am Tag zuvor hatte mir mein Gastgeber in London erklärt, dass es keine Person gibt, die der Gesamtheit der Royal Courts of Justice vorsteht. Das liegt daran, dass sich drei verschiedene Abteilungen der englischen und walisischen Justiz dieses Gebäude teilen. Es gibt auch drei verschiedene Sicherheitskräfte mit verschiedenen Aufgabenbereichen, deren Dienste von allen drei Justizabteilungen in Anspruch genommen werden.


    Diese Unterteilung ist auch der offizielle Grund dafür, warum die Anhörung im relativ kleinen Saal 5 stattfindet. Es ist anscheinend der größte Raum, der der Queen‘s Bench, der Abteilung, die für die Anhörung zuständig ist, zur Verfügung steht. Vor dem Saal wartet man eine weitere gute Stunde, in der man sich mit interessanten Menschen, die den Fall verfolgen, unterhalten kann. Es gibt auch noch den Saal 3, in den die Anhörung übertragen wird, aber meine Erfahrung sagt mir, dass man der Technik in Londoner Gerichten lieber nicht vertrauen sollte, denn sie scheint die gleichen Urheber zu haben wie die oben erwähnten Einlasszettel.


    Um kurz vor halb elf werden wir in den Saal gelassen und suchen unsere Plätze auf. Die zwei großen roten Bürosessel der Vorsitzenden Richterin und des Richters auf der Tribüne sind noch nicht besetzt. Unterhalb der Richtersessel sitzen drei der freundlichen und zuvorkommenden Gerichtsdiener. Bei manchen von ihnen wird während der ganzen zwei Tage nicht wirklich ersichtlich, welche Funktion sie haben. Links neben den Richtern gibt es einen riesigen, mittelalterlich anmutenden, schmiedeeisernen Käfig für die Angeklagten. Dieser Käfig ist Craig Murray zufolge erst in Tony Blairs Zeiten zum viktorianischen Interieur hinzugefügt worden. Insgesamt macht die gesamte Innenarchitektur einen wuchtigen Eindruck, von der ewig hohen Kassettendecke über die holzgetäfelten Wände, wo sie nicht von den Tausenden in Leder gebundenen Bänden mit Präzedenzfällen verdeckt werden, zu den beiden großen Kronleuchtern. Wir Beobachter nehmen auf Bänken Platz, die man auch in einer Kirche finden könnte und auf denen es gemütlich eng zugeht.


    Die Anwälte beider Parteien sitzen vor uns und hinter ihnen ihre Helfer und dahinter wiederum die Klienten. Links ist das die Familie von Assange mit Stella Assange und Assanges Vater und Bruder, John und Gabriel Shipton, rechts die Vertreter des US-Regierungsapparats. Es ist bemerkenswert, dass die beiden Parteien auf der gleichen Bank nebeneinandersitzen müssen, wenn man bedenkt, dass es sichere Anzeichen dafür gibt, dass die CIA Mord- und Entführungspläne gegen Assange schmiedete. Zum Glück sitzt Assanges Anwalt in den USA, Barry Pollack, als eine Art Puffer dazwischen.


    Als die Vorsitzende Richterin Viktoria Sharpe und der Richter Jeremy Johnson eintreten, stehen wir alle noch einmal auf und setzen uns wieder, nachdem die Gehilfen der Richter diesen ihre Sessel unter ihr Sitzfleisch gerückt haben. Jemand, der jahrelang in diesem Gebäude gearbeitet hat, sagte mir, dass jeder der 120 dort tätigen Richter einen solchen Gehilfen hat und manche der Richter in diesem eine Art Butler sähen.


    Dann fängt die Verhandlung an und nachdem die Richterin uns begrüßt hat, erklärt sie, dass Julian Assange sich so unwohl fühlt, dass er es vorgezogen habe, an der Anhörung nicht teilzunehmen. Vielleicht wollte er aber auch weder in dem gruseligen Käfig neben den Richtern sitzen noch die charmante Videotechnik des Gerichts nutzen. Wie schon öfter in diesen Verhandlungen kommt es mir sehr merkwürdig vor, dass die Person, um die es geht, nicht anwesend ist.

    Die Richterin ist akustisch schwer zu verstehen, obwohl sie in unsere Richtung spricht, und bei den Vertretern der Verteidigung wird es noch schwerer, weil diese die Richter ansprechen. Die Akustik des Raumes an sich trägt auch zur Unverständlichkeit bei. Nach einer Weile kommt dann auch eine Meldung aus Saal 3, dass man dort den per Mikrofon übertragenen Ton überhaupt nicht verstehen kann. Das Ganze ist sehr ermüdend und man muss die Richter bewundern, dass sie über die beiden Tage der Anhörung sehr konzentriert wirken.


    Hier wäre dringend Abhilfe geboten, um die Technik im Namen einer transparenten Justiz auf den neuesten Stand zu bringen. Im Sommer haben die Gerichte monatelang Pause, sodass man hier sicher etwas machen könnte, wenn man wollte. Andererseits drängt sich das Gefühl auf, dass diese Pannen fast gewollt sind, um das Geschehen im Fall Assange zu verschleiern. Beobachter, die die Anhörung per Videolink verfolgen wollten und nicht in England oder Wales leben, wurden diesmal auch nicht zugelassen. Darunter fallen langjährige Assange-Verfahrensbeobachter wie Mary Kostakidis und Kevin Gosztola.


    Der Verteidiger Edward Fitzgerald KC (King‘s Counsel, dt. Kronanwalt) eröffnete seine Ausführungen damit, dass die Bezirksrichterin in ihrem Schiedsspruch fälschlicherweise nicht erkannt habe, dass es sich bei diesem Auslieferungsbegehren um einen politischen Fall handelt. Politische Vergehen sind in Paragraf 4 des Auslieferungsvertrags zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich explizit ausgeschlossen. Leider hat es der Paragraf 4 nicht bis in das entsprechende Auslieferungsgesetz des Vereinigten Königreichs geschafft und so umschiffte Bezirksrichterin Baraitser diese Frage in ihrem Schiedsspruch.


    Die Verteidigung argumentierte am Dienstag, dass es diese Paragrafen, die eine Auslieferung bei politischen Straftaten verbieten, in den Gesetzen für 153 andere Länder gibt, und dass man deswegen aus der Nichtexistenz im Auslieferungsgesetz für die USA nicht schließen könne, dass diese Klausel im Allgemeinen nicht existiert. Außerdem gibt es diesen Paragrafen ja im Vertrag mit den USA. Dies war auch das Thema einer Rückfrage von Richter Johnson an die Anklage am Mittwoch, der sinngemäß sagte: „Wir liefern auch in politischen Fällen an die USA aus, während die USA sich im umgekehrten Fall auf den Auslieferungsvertrag berufen und nicht ausliefern?“ Daraufhin hatte die Anklage nichts Sinnvolles zu sagen.


    Ein weiterer Punkt der Verteidigung war die Frage, ob Julian Assange als Ausländer unter den Schutz des Ersten Verfassungszusatzes der USA fiele, der die freie Rede absolut schützt. Es gibt nämlich in der Anklageschrift und aus Kommentaren dazu Indizien, dass dies nicht der Fall ist. Auch zu einer diesbezüglichen expliziten Nachfrage von Richter Johnson, ob es für die Gleichbehandlung von Nicht-US-Bürgern Beweise gibt, konnte die Anklage am Mittwoch nichts Aussagekräftiges antworten.


    Ein weiterer Punkt, den die Verteidigung anführte, war, dass Julian Assange mit den WikiLeaks-Enthüllungen im öffentlichen Interesse gehandelt hat und dass eine strafrechtliche Verfolgung in den USA beispiellos wäre und noch nie vorgekommen sei. Die Anklage konterte am Mittwoch damit, dass auch die Verbrechen, die Julian Assange vorgeworfen werden, beispiellos seien und deshalb aufs Strengste verfolgt werden müssten.


    Auf Edward Fitzgerald KC folgte Mark Summers KC, der auf die Unverhältnismäßigkeit der möglichen Strafe mit 175 Jahren Freiheitsentzug einging, was sich mit dem Strafmaß im Vereinigten Königreich in ähnlichen Fällen decke.


    Der letzte und vielleicht gravierendste Punkt in seinen Ausführungen war, dass die USA nirgendwo in ihrem Auslieferungsbegehren wirklich wasserdicht zugesichert haben, dass Julian Assange in den USA nicht die Todesstrafe droht. Als Summers diesen Punkt in einem Satz zusammenfasste, nickte Richter Jeremy Johnson sogar merklich. Auch die Vertreter der USA konnten die Todesstrafe am Mittwoch auf Nachfrage nicht hundertprozentig ausschließen. Sie bemerkten nur mehrmals sehr schwammig, dass dieser Fall nicht relevant sei.


    Die Richterin und der Richter machten auf mich einen interessierten Eindruck, während vorherige Richter und Richterinnen der Verteidigung gegenüber desinteressiert, abweisend oder herablassend gewirkt haben.


    Besonders Jeremy Johnson wirkte der Verteidigung gegenüber aufgeschlossen, während er am Mittwoch der Anklage gegenüber eher skeptisch schien und mehrmals sehr kritische und schwierige Nachfragen intelligent formulierte. Einmal schien er, als die Anklagevertreterin Clair Dobbin KC etwas sagte, sogar mit den Augen zu rollen und den Kopf zu schütteln. Sie selbst wirkte am Mittwoch etwas fahrig. Einmal stieß sie ein Glas Wasser um, auf den vor ihr sitzenden Chris Hedges, dann fielen ihr Akten herunter oder sie konnte diese nicht finden. Mehrmals wurde sie von Richterin Dame Victoria Sharp gebeten, lauter zu sprechen.


    Am Ende des zweiten Verhandlungstages zogen sich die beiden Vorsitzenden zurück und als sie nach kurzer Zeit wieder erschienen, erklärten sie, dass sie die Entscheidung vertagt hätten. Die während der zwei Tage erwähnten Dokumente, die nachzureichen seien und verschiedene von Verteidigung und Anklage gemachte Punkte genauer erläutern, müssten noch studiert werden. Als letztes Datum für die Einreichung wurde der 4. März genannt. Ein Datum für die Verkündung der Entscheidung, ob die Berufung zugelassen wird, wurde nicht bekanntgegeben.


    Das Verfahren wird sich zumindest eine Weile noch so schleppend hinziehen, wie es das schon seit Jahren tut. Meine Vermutung ist, dass die Berufung zugelassen wird, weil keiner der potenziellen US-Präsidentschaftskandidaten Julian Assange vor den Wahlen im November in den USA haben will. Julian Assange hat vehemente Feinde, aber auch starke Fürsprecher auf beiden Seiten und es wäre schwer, es allen recht zu machen. Darum, so mein Eindruck, ist es für die USA sowie Großbritannien günstiger, wenn Julian Assange weiter willkürlich und auf unbestimmte Zeit in seiner grausamen Schwebe gehalten wird. Beide Staaten können dann so tun, als seien sie für diese Lage nicht wirklich verantwortlich.


    Manchmal frage ich mich, ob jemand sich ein Diagramm wie dieses angeschaut hat und dann überlegt hat, welcher der Wege am längsten dauert …


    Ich bin mir nicht sicher, ob es sich bei der relativen Freundlichkeit der Richter gegenüber der Verteidigung und der Skepsis gegenüber der Anklage nicht um eine Form des britischen Sports des Debating handelt. Hierbei schlüpfen die Kontrahenten in Rollen und vertreten Positionen, hinter denen sie nicht unbedingt stehen. Das kann sehr lustig sein, aber auch sehr unecht. Ich hoffe, ich täusche mich und die Richter sind wirklich daran interessiert, die ausstehenden Punkte neutral in einem etwaigen Berufungsverfahren geklärt zu sehen. Vor allem Richter Johnson wirkte aufgeschlossen und zeigte Humor.


    Leider ändert dies alles gar nichts an Julian Assanges aktueller Lage, denn er sitzt weiterhin auf unbestimmte Zeit, Tag für Tag alleine in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis in Belmarsh.


    Auch der Demonstrationszug, der mehrere Tausend Menschen am Mittwoch vom Gericht zum Sitz des Premierministers in der Downing Street führte, hat daran bis heute nichts geändert. Es liegt in der Macht US-amerikanischer oder britischer Politiker, diesen Fall abzuschließen und zu den Akten zu legen. Vielleicht sehen sie endlich ein, dass sie von der Weltöffentlichkeit beobachtet werden. Dazu tragen Demonstrationen, Mahnwachen und Medienberichte vielleicht bei.

    In den nächsten Tagen werde ich noch weitere Links und weiterführende Gedanken zu diesem Thema zusammenfassen.


    Rubriken: einzelne Politiker / Personen der Zeitgeschichte Erosion der Demokratie

    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=111459


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    Weiteres :




    Fall Julian Assange: Sieht Frau Baerbock noch immer „schwerwiegende Verstöße gegen Folterverbot“?

    nachdenkseiten.de, 22. Februar 2024 um 10:40 Ein Artikel von: Florian Warweg

    Am 20. Februar begann in London die wohl letzte Anhörung im Fall des seit fast fünf Jahren eingekerkerten Journalisten und WikiLeaks-Gründers Julian Assange. Ende 2021, kurz vor Amtsantritt als Außenministerin, forderte Annalena Baerbock öffentlich die „sofortige Freilassung von Julian Assange“ und begründete dies damals mit Verweis auf „schwerwiegende Verstöße gegen das Verbot von Folter, gegen das Recht auf ein faires Verfahren und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten“. Die NachDenkSeiten wollten auf der BPK vor diesem Hintergrund wissen, ob die Außenministerin weiterhin die damals von ihr angeführten schwerwiegenden Menschenrechtsverstöße gegen Assange gegeben sieht. Das Auswärtige Amt reagierte sichtlich genervt. Von Florian Warweg.

    Hintergrund

    „Aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen grundlegende Freiheitsrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention im Umgang mit Julian Assange – allen voran gegen das Verbot von Folter (Art. 3), gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5), gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6) und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten (Art. 7) – schließen wir uns der Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2020 sowie dem Appell des UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer an und fordern die sofortige Freilassung von Julian Assange.“

    So lautete die unmissverständliche Antwort von Annalena Baerbock, damals noch Kanzlerkandidatin der Grünen, am 14. September 2021 auf dem Portal Abgeordnetenwatch hinsichtlich der Frage, wie sie zum Fall Julian Assange steht. Zweieinhalb Jahre später scheint bei Annalena Baerbock von diesen Einschätzungen und Forderungen nichts mehr übriggeblieben zu sein:


    Screenshot_2024_02_24_at_16_57_09_Fall_Julian_Assange_Sieht_Frau_Baerbock_noch_immer_schwerwiegende_Verst_e_gegen_Folterverbot_


    Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 21. Februar 2024 zum Thema Julian Assange

    Frage Amin (ARD-Hauptstadtstudio)

    Frau Deschauer, heute wird in Großbritannien die mögliche Auslieferung von Julian Assange verhandelt. Die Bundesaußenministerin hat sich zu einem früheren Zeitpunkt, als sie noch nicht Außenministerin war, sehr stark für die sofortige Freilassung von Herrn Assange eingesetzt. Was sagt sie heute zu dem Verfahren? Werden sie oder auch die Beauftragte für Menschenrechtspolitik, von der ich meine, auch noch nichts gehört zu haben, sich irgendwie zu Wort melden?

    Deschauer (AA)
    Vielen Dank für Ihre Frage. Sie nehmen Bezug auf ein laufendes Verfahren, das gerade seit gestern und heute vor dem High Court in London stattfindet und das wir als Bundesregierung wie aber natürlich auch die Außenministerin und die Menschenrechtsbeauftragte genau verfolgen. Die Menschenrechtsbeauftragte hat sich in der vergangenen Woche auf X dazu eingelassen. Darauf verweise ich einfach. Das können Sie vielleicht noch einmal nachlesen.

    Inhaltlich kann ich die Position der Bundesregierung und der Außenministerin noch einmal darstellen. Sie hat sich auch in der Vergangenheit dazu geäußert. Es ist so, dass wir Diskrepanzen zwischen unserem Rechtsverständnis und dem Rechtsverständnis der Vereinigten Staaten von Amerika sehen, was die Bedeutung von Pressefreiheit in diesem konkreten Fall angeht. Es gibt ein Bundesverfassungsgerichtsurteil – ich meine, aus dem Jahr 2007 -, das deutlich gemacht hat, dass bei Tatbeständen wie etwa Geheimnisverrat der Bedeutung der Pressefreiheit Rechnung getragen werden muss. Die unterschiedliche Rechtsposition in diesem sehr konkreten Fall bringt die Bundesregierung auch gegenüber den Ansprechpartnern – das heißt, den Ansprechpartnern in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich – sehr deutlich und sehr klar zum Ausdruck, in der Vergangenheit, aber auch in laufenden Gesprächen. Wir haben den Fortgang natürlich gestern beobachtet und beobachten ihn heute. Die Haltung der Bundesregierung und der Außenministerin ist sehr klar in dieser Hinsicht.

    Frage Jung
    Frau Deschauer, sind denn Vertreter oder Vertreterinnen der Bundesregierung im Gerichtssaal vertreten? Das war ja in früheren Fällen schon einmal der Fall.

    Herr Hebestreit, wie wirkt der Kanzler bei diesem Verfahren mit? Hat er den US-Präsidenten auf die Diskrepanzen, auf die Frau Deschauer gerade in Sachen Rechtsverständnis hingewiesen hat, denn bei seinem Besuch im Weißen Haus vor ein paar Tagen hingewiesen?

    Deschauer (AA)
    Ich kann vielleicht auf die erste Frage antworten: Ja, ein Vertreter der Botschaft wird dabei sein.

    Regierungssprecher Hebestreit
    Das Thema Julian Assange hat beim Besuch des Bundeskanzlers im Weißen Haus vor knapp zwei Wochen keine Rolle gespielt.

    Zusatzfrage Jung
    Obwohl das so ein elementares Verfahren ist, obwohl dabei europäisches und US-amerikanisches Verständnis über Recht und Menschenrechte und Presserechte so weit auseinanderliegen, ist das ausgerechnet, wenn man im Weißen Haus ist, kein Thema?

    Hebestreit
    Nein. Der Bundeskanzler hat sich bei seinem Besuch beim amerikanischen Präsidenten auf die Lage in der Ukraine konzentriert, die militärische Unterstützung, die für die Ukraine nötig ist, und mit dem amerikanischen Präsidenten über verschiedene andere, sehr zentrale weltpolitische Fragen gesprochen. Ich glaube, man kann eine ganz lange Liste von Themen aufstellen, die wichtig sind und die man gerne miteinander besprechen würde, aber man muss da Prioritäten setzen, und das ist auch in diesem Fall geschehen.

    Frage Warweg
    Die Kollegin von der ARD hat ja schon darauf hingewiesen, dass Annalena Baerbock kurz vor Amtsantritt öffentlich die sofortige Freilassung von Julian Assange gefordert hat. Begründet hatte sie das damals, wenn ich kurz zitieren darf, „mit schwerwiegenden Verstößen gegen das Verbot von Folter und gegen das Recht auf ein faires Verfahren“. Da würde mich interessieren: Sieht denn die Außenministerin nach wie vor diese schweren Verstöße gegen das Folterverbot und gegen ein faires Verfahren im Falle von Julian Assange als gegeben an?

    Deschauer (AA)
    Ich glaube, ich habe eben sehr deutlich gemacht, was die Haltung der Bundesregierung und der Außenministerin ist und wie sie in ihren Gesprächen wirkt und sich einlässt. Detaillierter berichten wir nicht aus Gesprächen, die mit Partnern geführt werden; das wissen Sie auch. Es gibt ein divergierendes Rechtsverständnis. Aus gutem Grunde wären entsprechende Handlungen in unserem Rechtssystem nicht strafbewehrt, so nennt sich das. Diese Haltung hat sich nicht geändert, und die vertritt die Außenministerin klar, auch in entsprechenden Austauschen mit ihren britischen und amerikanischen Kollegen.

    Vielleicht ergänzend, Herr Jung, weil Sie gerade eine Frage stellten, möchte ich noch eine Präzisierung anführen. Es ist so, aber dafür müssten Sie sich vielleicht im Detail an die britischen Behörden bzw. den High Court selbst wenden, dass es von der logistischen Organisation her so ist, dass aufgrund des großen Interesses natürlich nur ein begrenzter Anteil von Menschen direkt in dem Saal beiwohnen kann. Die Behörden stellen dann die Möglichkeit zur Verfügung, dass die gestern und heute stattfindenden Anhörungen für einen erweiterten Kreis in Nebensälen verfolgt werden können. Insofern eine Präzisierung, um das noch einmal präziser klarzustellen: Ja, wir sind über einen Kollegen der deutschen Botschaft vertreten.

    Zusatzfrage Warweg
    Frau Deschauer, ich hatte ja auch darauf verwiesen, dass Frau Baerbock damals von schwerwiegenden Verstößen gegen das Folterverbot gesprochen hat. Sieht die Außenministerin denn nach wie vor schwere Verstöße gegen das Folterverbot im Falle von Julian Assange als gegeben an?

    Deschauer (AA)
    Herr Warweg, ich kann Ihnen sagen, dass wir als Bundesregierung und Außenministerin keine Zweifel an einem in den Vereinigten Staaten jetzt laufenden rechtsstaatlichen Verfahren haben und im Moment keinen Anlass haben, diesen Zweifel zu äußern. Die Position der Bundesregierung und der Außenministerin, dass es eine inhaltlich unterschiedliche Bewertung in der Sachfrage gibt, habe ich klargemacht.

    Frage Jessen
    Unterstützt die Außenministerin die Forderung des australischen Parlaments, also aus Assanges Heimatland, Assange zu entlassen und nach Australien ausreisen zu lassen?

    Deschauer (AA)
    Die Außenministerin macht deutlich, dass aus gutem Grunde in unserem Rechtssystem die entsprechenden Handlungen nicht strafbewehrt wären, und kommuniziert das in aller Deutlichkeit gegenüber ihren Partnern in Gesprächen, und zwar den britischen und den amerikanischen Partnern.

    Zusatzfrage Jessen
    Das war eine deutliche Nichtbeantwortung der Frage, „sorry to say“. Es gibt offenbar – das wird jedenfalls berichtet – Aussagen der US-amerikanischen Regierung, dass Assange im Falle einer Verurteilung in den USA die Verbüßung der Strafe in Australien ermöglicht werde, und dann könne die australische Regierung ihn ja begnadigen. Das würde also sozusagen für Assange eine Freilassung innerhalb absehbarer Zeit bedeuten. Kennt die Außenministerin solche Zusagen bzw. fordert oder erwartet sie, dass die US-amerikanische Regierung die Zusage einer solchen Möglichkeit oder Absicht öffentlich macht?

    Deschauer (AA)
    Ich habe jetzt von dieser Stelle aus ein laufendes rechtsstaatliches Verfahren und entsprechende mögliche Entscheidungen, die wir sicherlich in den kommenden Tagen erfahren werden, nicht weiter zu kommentieren. Deswegen bitte ich um Verständnis. Die Position der Bundesregierung und der Außenministerin ist sehr klar. Die habe ich hier vorgetragen. Sie ist übrigens auch nicht anders, als wir sie in der Vergangenheit vorgetragen haben. Ich würde es dabei bewenden lassen.

    Frage Warweg
    Entschuldigen Sie, Frau Deschauer, ich habe es noch nicht ganz erfasst. Frau Baerbock sagte also im Herbst 2021, sie sehe schwerwiegende Verstöße gegen das Folterverbot und gegen ein Recht auf ein faires Verfahren. Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, sieht Frau Baerbock mittlerweile, Februar 2024, keine Verstöße mehr, weder gegen das Folterverbot noch gegen ein Recht auf ein faires Verfahren.

    Deschauer (AA)
    Ich habe auch darauf verwiesen, wie sich die Außenministerin geäußert hat. Insofern habe ich dem nichts mehr hinzuzufügen.

    Zusatz Warweg
    Das ist ja eine einfache Ja-Nein-Frage!

    Deschauer (AA)
    Ich habe Ihre Frage beantwortet, und im Übrigen beantworte ich die so, wie ich sie beantworten möchte, Herr Warweg.

    Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 21.02.2024


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    Rubriken:

    Bundesregierung einzelne Politiker / Personen der Zeitgeschichte Erosion der Demokratie

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    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.02.2024

    Escobar: Solange die globalistischen Eliten das Finanzsystem kontrollieren, sind wir alle in Gefahr

    In einem Interview für den geopolitischen Podcast "New Rules" schlägt der politische Analyst und Autor Pepe Escobar Alarm und warnt vor der "destruktiven Macht" der globalistischen Eliten. Dabei verweist er auf die 'Bande' des Weltwirtschaftsforums und die "Neocon-Psychos", die die US-Außenpolitik bestimmen und die eine gemeinsame globale Vision teilen: "das Imperium des Chaos 2.0 errichten", wie Escobar es nennt.


    Screenshot_2024_02_24_at_09_27_10_Escobar_Solange_die_globalistischen_Eliten_das_Finanzsystem_kontrollieren_sind_wir_alle_in_Gefahr

    Video  Dauer 2:05 min


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