28.11.2023

Economists for Future   Was sind die Grenzen von Staatsschulden?

makronom.de, vom 27. November 2023, CAROLINA ORTEGA GUTTACK, CARL MÜHLBACH & TUNG DOAN ,

Die derzeit geltenden rechtlichen Begrenzungen von Staatsverschuldung basieren auf Mythen, die nicht ökonomisch fundiert sind. Sinnvoller wäre es, die Schuldenaufnahme so zu gestalten, dass sie die ökonomischen, sozialen und ökologischen Grenzen respektiert.


Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses. Mittendrin: die Wirtschaft. In den nächsten Jahren wird sich entscheiden, ob wir den Wandel by disaster oder by design schaffen.

Diese Debattenreihe von Economists for Future e.V. widmet sich den damit verbundenen ökonomischen Herausforderungen. Zum einen werden Engführungen in den Wirtschaftswissenschaften sowie Leerstellen in der aktuellen Wirtschaftspolitik kritisch-konstruktiv beleuchtet. Zum anderen diskutieren wir Orientierungspunkte für eine zukunftsfähige Ökonomie und geben Impulse für eine plurale Ökonomik, die sozial-ökologische Notwendigkeiten angemessen berücksichtigt.

Die erste Ausgabe der Debattenreihe startete im September 2019. Die mittlerweile fünfte Staffel stellt nun den Aspekt der Grenzen in den Mittelpunkt – seien es planetare Grenzen und soziale Grundlagen, die Grenzen der Machbarkeit und der politischen Durchsetzbarkeit, die Grenzen ökonomischer Theorie oder (ver)altete Leitbilder, die Grenzen des Subjekts, des Raums oder der Zeit. Alle bisher erschienenen Beiträge finden Sie hier.

Das Thema Staatsausgaben und Schuldenbremse in Kombination mit den angeblichen Risiken einer zu hohen Staatsverschuldung ist in aller Munde. Die Debatten zum Bundeshaushalt 2024 und nicht zuletzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds haben gezeigt: Der aktuelle fiskalpolitische Rahmen stammt aus einer anderen Zeit und scheint den Herausforderungen von heute und morgen nicht mehr gerecht werden zu können. Das so dringend notwendige Geld scheint an allen Ecken und Enden zu fehlen. Was steckt dahinter?

Die Art und Weise, wie und in welcher Höhe Staatsausgaben bzw. Staatsschulden begrenzt werden, hat starke Auswirkungen sowohl auf unseren Alltag als auch auf unsere Zukunftsaussichten und das Leben junger Generationen. Klar ist: „Eine zukunftsfähige Finanzpolitik lässt sich nicht von der Angst vor Staatsverschuldung leiten, sondern investiert in unsere Zukunft” (Mühlbach, 2022). Dabei ist nicht nur die Angst vor einer zu hohen Staatsverschuldung in Deutschland unverhältnismäßig. Die derzeit geltenden rechtlichen Begrenzungen von Staatsverschuldung, die als Maß herangezogen werden, sind in Wahrheit fiktiv. Sie basieren nicht auf der Realität, sondern auf Mythen, die nicht ökonomisch fundiert sind und im Folgenden entkräftet werden. Gleichzeitig erschweren solche starren Grenzen den Umgang mit den zentralen Herausforderungen und multiplen Krisen unserer Zeit. Die aktuelle Schuldenbremse hat sich als Investitions- und Zukunftsbremse entpuppt.

Deshalb stellt sich die Frage, welche Grenzen von Staatsverschuldung es stattdessen gibt. Was ist knapp, wenn nicht das Geld? Welche realen Bedingungen unserer Wirtschaft, Gesellschaft und unseres Planeten begrenzen Staatsschulden tatsächlich? Dieser Artikel lädt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den aktuell gesetzten Grenzen der Staatsverschuldung ein und leistet einen Beitrag zur Debatte rund um die dringend notwendige Gestaltung einer zukunftsfähigen Finanzpolitik.


Die rechtlich geltenden Grenzen von Staatsschulden sind fiktiv

Staatsschulden grundsätzlich als absolute Größe zu begrenzen, macht wenig Sinn. Die sogenannte „Schulden-Uhr” vom Bund der Steuerzahler in Berlin gibt die absolute Höhe der Staatsverschuldung in Deutschland an. Wenn man davor steht, kann man beobachten, wie sich die digitale Anzeige stetig verändert. Doch die absolute Höhe der Staatsverschuldung ist wenig aussagekräftig. Die aktuell rechtlich geltenden Grenzen von Staatsschulden, sei es die Schuldenbremse oder sonstige Fiskalregeln, wie der EU-Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung, zielen darauf ab, öffentliche Schulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu begrenzen. Die sogenannte Staatsschuldenquote (kurz: “Schuldenquote”) gibt demnach das Verhältnis zwischen den Staatsschulden und dem nominalen BIP eines Landes an. Der Stand der öffentlichen Verschuldung wird entsprechend in Prozent angegeben.

Auf europäischer Ebene regelt der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP), dass die Mitgliedstaaten ihr jährliches Haushaltsdefizit auf 3% des BIPs und ihre Verschuldung auf 60% des BIPs begrenzen müssen, also auf eine Schuldenquote von maximal 60%. Das sind die sogenannten Maastricht-Kriterien. Darüber hinaus verpflichtet der SWP zur Einhaltung des sogenannten mittelfristigen Haushaltsziels („Medium-Term Objective”, MTO). Bei einer Schuldenquote von über 60% ist demnach ein maximales strukturelles Defizit in Höhe von 0,5% des BIPs vorgesehen. Das strukturelle Defizit soll konjunkturelle Faktoren herausrechnen, die von der jeweiligen Wirtschaftsperiode bzw. Konjunktur eines Landes abhängen, also von Aufschwung oder Rezession. Bei einer Schuldenquote von unter 60% ist ein strukturelles Defizit in Höhe von 1% des BIPs zulässig. Zum Verständnis: Die oben genannten 3% aus den Maastricht-Kriterien beziehen sich auf das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit, also sowohl auf strukturelle als auch auf konjunkturelle Faktoren.

In Deutschland werden die 0,5% auf 0,35% für den Bund (+/- Konjunkturkomponente) und 0,15% für die Bundesländer aufgeteilt, wobei diese auf „ihren Anteil” verzichten. Somit ist die strukturelle Staatsverschuldung bzw. die Nettokreditaufnahme für den Bund auf 0,35% des BIPs begrenzt. Diese „Schuldenbremse” ist in Artikel 109 im Grundgesetz verankert (Bundesministerium der Finanzen, 2022). Im Umkehrschluss müssen die im Bundeshaushalt veranschlagten Ausgaben nahezu vollständig durch zuvor „erwirtschaftete” Einnahmen, insbesondere Steuereinnahmen, gedeckt werden. Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzierungslage erheblich beeinträchtigen, kann vom Bundestag ein Aussetzen der Schuldenbremse beschlossen werden. So wurde die Schuldenbremse im Zuge der Corona-Pandemie ausgesetzt und die Obergrenze für die strukturelle Nettokreditaufnahme überschritten. Seit 2023 ist sie wieder in Kraft und viele notwendige Ausgaben müssen nun aus sogenannten Schattenhaushalten finanziert werden.

Dass diese nationalen und europäischen Schuldenbremsen die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP betrachten, wird in der Regel ökonomisch begründet, ist allerdings nicht ökonomisch fundiert. Im Folgenden wird erläutert, warum die Notwendigkeit von starren Schuldenquoten-Grenzen, die anhand ökonomischer Zusammenhänge gerechtfertigt werden, nicht mit der Empirie übereinstimmt. Somit stellen sich die oft herangezogenen Begründungen für die geltenden Schuldengrenzen als Mythen heraus. Eine Schuldenquote von maximal 60% als allgemeines Kriterium für die sogenannte Schuldentragfähigkeit eines Landes ist wenig sinnvoll, wenn man berücksichtigt, dass die Höhe der Schuldenquote je nach Volkswirtschaft eine ganz unterschiedliche Bedeutung und Aussagekraft hat. Ein anderes bereits überholtes Argument lautet, dass eine niedrige Schuldenquote die Inflation begrenzt und somit für Preis- und Finanzstabilität sorgt. Das Beispiel von Japan mit einer Schuldenquote von 261% im Jahr 2022 verdeutlicht, dass diese Argumentationslinie in der Realität nicht haltbar ist.

Dass durch eine erhöhte Geldmenge Inflation entsteht, ist ein Mythos, der auf der „Geldmengentheorie” basiert. Nach dieser Theorie führt eine höhere Geldmenge, verteilt auf eine unveränderte Anzahl an Gütern, zu höheren Preisen der einzelnen Güter. Doch spätestens im Zuge der Krisen der letzten Jahre hat sich das Gegenteil gezeigt: Einerseits blieben die Inflationsraten trotz expansiver Geldpolitik im Sinne der „whatever it takes”-Logik niedrig. Andererseits steht die aktuelle Inflation nicht im direkten Zusammenhang mit der Geldmenge, sondern unseren fossilen Abhängigkeiten (cost-push inflation) in Kombination mit dysfunktionalen Märkten (sellers’ inflation, Kraken et al., 2023). Höhere Staatsschulden selbst wirken nur dann inflationär, wenn damit inflationär wirkende Ausgaben finanziert werden, sonst nicht.

Auch als Indikator für die Höhe von Finanzierungskosten hat sich die Schuldenquote nicht bewährt. Inmitten eines Niedrigzinsumfeldes ist die Staatsverschuldung der EU-27 seit 2019 gestiegen (Bundeszentrale für Politische Bildung, 2023). Fernab jeglicher ökonomischer Fundierung war die Schuldenquote von 60% zum Zeitpunkt der Verabschiedung des SWP der damalige Durchschnitt der Schuldenquoten der Mitgliedstaaten.

Die ökonomischen Begründungen für die beschriebenen Einschränkungen von Staatsschulden stoßen an ihre Grenzen. Gleichzeitig haben sie weitreichende Konsequenzen, denn Schulden und Investitionen sind im Grunde zwei Seiten einer Medaille. So verbergen sich hinter niedrigen Schuldenständen aktuell hohe Investitionsstaus, die vor allem drohen, sich als Zukunftshemmnisse herauszustellen.

Klar ist, dass der Umbau einer fossilen Wirtschaft hin zu Klimaneutralität und alle weiteren Herausforderungen im Zusammenhang mit der sozial-ökologischen Transformation mit hohen Finanzierungsbedarfen einhergeht. Diese kommen zu den ohnehin hohen Investitionsbedarfen in Deutschland dazu. Außerdem ist die weitere Verschiebung dieser Investitionen in die Zukunft – zur Einhaltung fiktiver Grenzen – mit noch viel höheren Kosten z.B. Klimafolgekosten verbunden (Flaute et al., 2022). Diese werden insbesondere junge Generationen zu spüren bekommen. Daher gilt es, die aktuell geltenden, fiktiven Grenzen der Staatsverschuldung zu überarbeiten und sich an den realen Gegebenheiten zu orientieren bzw. „den rechtlichen Spielraum der Schuldenaufnahme an den ökonomisch sinnvollen Spielraum anzupassen” (Mühlbach, 2022).


Die Begrenzung von Staatsschulden durch reale Bedingungen

Die bisher geltenden Grenzen von Staatsschulden bilden die realen Bedingungen unserer Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt nicht ab. Deshalb liefern wir im Folgenden Anknüpfungspunkte für eine sinnvollere Begrenzung von Staatsverschuldung. Einer davon ist die Leistungsfähigkeit oder das Wachstumspotenzial der Wirtschaft. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie „Leistung” oder auch „Wachstum” definiert wird. Mathematisch betrachtet kann eine niedrigere Schuldenquote auch erreicht werden, indem man „aus den Schulden herauswächst”: Wenn das BIP steigt, verändert sich automatisch das Verhältnis zwischen Staatsschulden und BIP, und die Schuldenquote sinkt. Doch schon seit der Veröffentlichung der „Grenzen des Wachstums” (Meadows, 1972), und spätestens mit der aktuellen Wirtschaftskrise und Konjunkturflaute sind die Grenzen des BIP-Wachstums offensichtlich. Es wäre ohnehin besser, Staatsschulden in Zukunft nicht im Verhältnis zum BIP zu betrachten, sondern im Verhältnis zu einem alternativen Wachstums- bzw. Wohlstandsverständnis, welches die sozialen und ökologischen Grenzen respektiert.

Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Idee der Vollbeschäftigung, was wiederum stark mit unseren gesellschaftlichen Strukturen zusammenhängt. Zum Beispiel arbeiten viele Frauen „nur” in Teilzeit, weil (unbezahlte) Care-Arbeit immer noch stark ungleich verteilt ist. Klassische MMTler:innen (Modern Monetary Theory) plädieren für eine Begrenzung von Staatsschulden anhand der Verfügbarkeit tatsächlicher Ressourcen, in diesem Fall der Verfügbarkeit menschlicher Ressourcen für Arbeit, und nicht anhand der Finanzierbarkeit. Sie argumentieren, dass erst bei einer Vollauslastung der Wirtschaft – also Vollbeschäftigung – neue Staatsausgaben nicht mehr von der Wirtschaft „absorbiert” bzw. konstruktiv genutzt werden können, und erst dann den Inflationsdruck erhöhen.

Die grundlegendsten Grenzen von Staatsverschuldung sind jedoch die sozialen und ökologischen bzw. planetaren Grenzen. Olk, Schneider und Hickel (2023) ergänzen die klassische MMT: “we suggest integrating insights from degrowth scholarship into MMT, where social and ecological limits to economic activity still constitute a blind spot”. Das ist eng damit verbunden, wofür, und nicht nur in welcher Höhe, Staatsschulden aufgenommen und ausgegeben werden – Schulden sind nicht per se „gut” oder „schlecht”.

Entgegen den oben aufgeführten Mythen erklärt eine differenzierte Perspektive, dass der sinnvolle Einsatz von Staatsschulden z.B. in resilientere Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen sogar Inflationsdruck abbmildern kann und v.a. ökonomisch sinnvoller ist. Frühzeitige, ausreichende und gezielte Investitionen in resilientere Strukturen zahlen sich langfristig aus und können uns sogar – jetzt noch – vor vermeidbar hohen Kosten bewahren. „Instead of ‘deficit reduction’ or interest rate hikes, the solution to these inflationary pressures likely involves larger targeted deficit spending alongside improved public-private coordination” (Bernal, 2021, S. 13). Diese Logik rechtfertigt auch die Forderung nach einer entsprechenden Investitionsagenda (z.B. Isabella Weber, 2023).


Fazit

Übersetzt in eine politische Anwendbarkeit könnte das bedeuten, die Schuldenaufnahme eines Landes so zu gestalten, dass alle notwendigen Investitionen getätigt werden, welche die ökonomischen, sozialen und ökologischen Grenzen nicht überschreiten und gleichzeitig ein menschliches Leben auf der Erde innerhalb planetarer Grenzen gewährleisten. Dabei ist klar, dass die Begrenzung von Staatsschulden allein kein Selbstzweck für eine „gute” Haushaltsführung ist.

 

Zu den Autor:innen:

Carolina Ortega Guttack hat in Wien Social-Ecological Economics and Policy und zuvor Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft in Lüneburg und Paris studiert. Sie war im Netzwerk Plurale Ökonomik aktiv und arbeitet bei FiscalFuture.

Carl Mühlbach hat Volkswirtschaftslehre in Heidelberg, Cambridge und Berlin studiert. Neben einer Tätigkeit im Bundesministerium der Finanzen hat er FiscalFuture gegründet und leitet die überparteiliche Initiative als Geschäftsführer.

Tung Doan studierte Volkswirtschaftslehre und Public Economics in Mannheim und Berlin. Als Gründungsmitglied baute er FiscalFuture mit auf. Mittlerweile arbeitet er hauptamtlich für die Initiative und ist für die Finanzen zuständig.


Zu FiscalFuture:

FiscalFuture ist eine überparteiliche und gemeinnützige Initiative, die sich für eine zukunftsfähige Finanzpolitik einsetzt. Wir machen Finanzpolitik zugänglich, indem wir finanzpolitisches Wissen vermitteln und junge Menschen dafür begeistern, den finanzpolitischen Diskurs mitzugestalten. Unser deutschlandweites Netzwerk engagiert sich für eine Finanzpolitik, die die Interessen zukünftiger Generationen in den Mittelpunkt stellt.


Info: https://makronom.de/was-sind-die-grenzen-von-staatsschulden-45425?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=was-sind-die-grenzen-von-staatsschulden


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:



Öffentlicher Schuldenstand


bpb.de, vom 16.06.2023

In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), ausgewählte Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 1996 bis 2022

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Quelle: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten (Stand: 05/2023) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de


Vor allem Krisen wie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 oder die Corona-Pandemie führten zu einer Erhöhung der öffentlichen Schulden der Mitgliedstaaten der EU. Allerdings gingen die Schulden bezogen auf das BIP zwischen 2014 und 2019 fünf Mal in Folge zurück – insgesamt in 23 von 27 EU-Staaten. Und auch nach dem Höhepunkt der Corona-Pandemie sank der relative Schuldenstand der EU-27.

Fakten

In Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten der EU übermäßige öffentliche Defizite vermeiden sollen. Dabei überprüft die Europäische Kommission die Entwicklung der Haushaltslage und die Höhe des öffentlichen Schuldenstands. Insbesondere zwei Kriterien stehen im Mittelpunkt der Überprüfung. Erstens darf das jährliche öffentliche Defizit nicht mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprechen. Zweitens darf der gesamte öffentliche Schuldenstand nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Allerdings bestehen für beide Kriterien Ausnahmen. So darf der öffentliche Schuldenstand mehr als 60 Prozent des BIP entsprechen, wenn er hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert.

Bezogen auf das BIP sanken die öffentlichen Schulden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union von Mitte der 1990er- bis Anfang der 2000er-Jahre. Im Euroraum reduzierten sich die Schulden zwischen 1997 und 2002 stetig von 72,8 auf 68,0 Prozent. In der EU-27 lag der Schuldenstand im Jahr 2002 bei 65,4 Prozent. Nachdem sich der Schuldenstand der EU-27 von 2007 auf 2008 moderat von 62,3 auf 65,0 Prozent des BIP erhöhte, stieg der entsprechende Wert – vor allem bedingt durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise – auf 75,7 Prozent im Jahr 2009 bzw. auf 80,4 Prozent im Jahr 2010.

Auch wenn die Entwicklungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich waren, hat sich der Schuldenstand in den Jahren 2008 bis 2010 in allen EU-Staaten erhöht. Am stärksten in Irland (+43,7 %-Punkte), Griechenland (+38,1 %-Punkte), Lettland (+29,1 %-Punkte) und Portugal (+24,6 %-Punkte). In den Folgejahren weitete sich die Schuldenkrise Europas weiter aus: Zwischen 2010 und 2014 erhöhte sich der Schuldenstand der EU-27 von 80,4 auf 86,9 Prozent des BIP – ein Plus von 6,5 Prozentpunkten. In diesem Zeitraum stiegen die öffentlichen Schulden im Verhältnis zum BIP in 22 der heutigen 27 EU-Staaten.

Zwischen 2014 und 2019 ist der relative Schuldenstand der EU-27 fünf Mal in Folge gesunken. 2019 lag er bei 77,7 Prozent des BIP. In diesem Zeitraum war der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP in 23 EU-Mitgliedstaaten rückläufig – lediglich in Frankreich nahm er nennenswert zu (+2,5 %-Punkte). Bezogen auf das BIP verringerten sich die Schuldenstände zwischen 2014 und 2019 am stärksten in Irland (-47,3 %-Punkte), Malta (-21,8 %-Punkte), den Niederlanden (-19,4 %-Punkte), Zypern (-18,0 %-Punkte), Portugal (-16,3 %-Punkte) und Deutschland (-15,7 %-Punkte).

Trotz der positiven Entwicklung in den Jahren 2014 bis 2019 war die Schuldenkrise in Europa auch vor der Corona-Pandemie nicht vollständig überstanden: Im Jahr 2019 verfehlten immer noch zwölf Staaten die 60-Prozent-Marke. Und um die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie im Jahr 2020 zu mildern, wurden zahlreiche Investitionen getätigt bzw. Hilfsprogramme finanziert. Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP stieg von 2019 auf 2020 in allen 27 Staaten der EU – entsprechend erhöhte sich EU-weit der Schuldenstand sprunghaft von 77,7 auf 90,0 Prozent des BIP. Allerdings reduzierte sich der relative Schuldenstand von 2021 und 2022 in 23 von 27 EU-Staaten – EU-weit ging der Schuldenstand von 88,0 auf 84,0 Prozent des BIP zurück. In absoluten Zahlen nahm der Schuldenstand der EU-27 von 2019 auf 2020 von 10.895 auf 12.119 Milliarden Euro zu und stieg dann bis zum Jahr 2022 weiter auf 13.273 Milliarden Euro.

In Griechenland lag der öffentliche Schuldenstand im Jahr 2022 bei 171,3 Prozent des BIP. Darauf folgten Italien (144,4 Prozent des BIP), Portugal (113,9 Prozent), Spanien (113,2 Prozent), Frankreich (111,6 Prozent) und Belgien (105,1 Prozent). Weitere sieben Staaten verfehlten die 60-Prozent-Marke ebenfalls: Zypern, Österreich, Ungarn, Finnland, Slowenien, Kroatien und Deutschland. Im Jahr 2022 lag der Schuldenstand in Deutschland bei 2.563 Milliarden Euro – 66,3 Prozent des BIP. 2019 entsprach der Schuldenstand in Höhe von 2.069 Milliarden Euro noch 59,6 Prozent des BIP und lag damit das erste Mal seit 2002 unterhalb der 60-Prozent-Marke. In Estland lag der Schuldenstand im Jahr 2022 bei lediglich 18,4 Prozent des BIP. Darauf folgten Bulgarien (22,9 Prozent), Luxemburg (24,6 Prozent), Dänemark (30,1 Prozent), Schweden (33,0 Prozent) sowie Litauen und Lettland (38,4 bzw. 40,8 Prozent).

Durch die Schuldenstände entstehen vor allem dann Probleme, wenn Staaten trotz hoher Schuldenquote zusätzliche Kredite aufnehmen. Laut der Deutschen Bundesbank gehören dazu "die potenzielle Verdrängung privater Investitionen, Unsicherheiten und Verzerrungen durch erwartete oder tatsächliche künftige Erhöhungen der Abgabenlast oder merkliche Risikoprämien auf den Kapitalmärkten infolge verstärkter Sorgen um die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Darüber hinaus dürfte bei hohen Schuldenquoten die Wirksamkeit gezielter kreditfinanzierter Maßnahmen zur Abwehr von besonders schweren Krisen zunehmend begrenzt sein. Zudem erhöht sich die Gefahr von Konflikten zwischen Finanz- und Geldpolitik, die gravierende gesamtwirtschaftliche Kosten zur Folge haben, während umgekehrt solide Staatsfinanzen eine stabilitätsorientierte Geldpolitik erleichtern" (Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2010). Weiter führt die Staatsverschuldung zu Zinsausgaben und damit zu einer Verengung des staatlichen Handlungsspielraums.

Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen

Informationen zum öffentlichen Finanzierungssaldo erhalten Sie Interner Link: hier...

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen (Wertschöpfung), soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Das BIP ist gegenwärtig das wichtigste gesamtwirtschaftliche Produktionsmaß.

EU-27 (ab 2020) bezieht sich auf die Zeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäische Union ("Brexit"). Zur EU-27 (ab 2020) gehören: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Soweit nicht anders erwähnt, ist im Text und bei der Grafik mit EU-27 die EU-27 (ab 2020) gemeint.

Euroraum (20 Länder): Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien und Zypern.

Weitere Informationen zur Entwicklung des Euroraums erhalten Sie Externer Link: hier…

Öffentlicher Schuldenstand In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 1996 bis 2022

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(Anm.: bei verkleinerter Ansicht besser lesbar)


1 EU-27 (ab 2020) bezieht sich auf die Zeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäische Union ("Brexit"). Öffentlicher Schuldenstand = Bruttoschuld des Staates (konsolidiert). Fußnote: 2 Abweichende Quelle bis einschließlich 1999: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten [gov_dd_edpt1] (Stand: 07/2013).

Quelle: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten (Stand: 05/2023)

Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten (Stand: 05/2023), abweichende Quelle bei Dänemark bis einschließlich 1999: Eurostat: Online-Datenbank: Defizit/Überschuss, Schuldenstand des Staates und damit zusammenhängende Daten [gov_dd_edpt1] (Stand: 07/2013); Amtsblatt der Europäischen Union: Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (26. Oktober 2012); Deutsche Bundesbank: Monatsbericht April 2010; Statistische Bundesamt: www.destatis.de


Info:https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/europa/70570/oeffentlicher-schuldenstand/#:~:text=In%20absoluten%20Zahlen%20nahm%20der,171%2C3%20Prozent%20des%20BIP.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

28.11.2023

2023-11-27 Thomas Gottschalk: „Dann sage ich lieber gar nichts mehr.“  2 min

Info: Video https://odysee.com/@_horizont_:b/thomas-gottschalk-%E2%80%9Edann-sage-ich:2?src=embed&t=63.16424 Dauer 2:12 min


unser Kommentar: an die Runde, Zitat Th. Gottschalk: "die Commedypolizei ist so streng geworden" (Zitatende)  .. und die meisten Lacher (Zuschauer*innen) verstummen plötzlich und sehen weg.  Das kommt mir, im übertragenen Sinne, sehr bekannt vor auch von Menschen der GWÖ, Attac, DFG-VK, Versöhnungsbund und weiteren, die ich kennenlernen begann.


Zitat J. Cleese: Mit dem Humor verschwindet auch Augenmaß, und dann leben wir, meines Erachtens in "1984".  (Zitatende)

So ist´s schon, wenn der Faschismus aufzieht, da steh´n plötzlich nur noch Faschistenclowns im Rampenlicht und sind gefragt.

Herzlich, Euer Murkes samt seines gesammelten Schweigens



Weiteres:



Info: Video https://odysee.com/@moonjunky:e/Thomas-Gottschalk-%E2%80%9EDann-sage-ich-lieber-gar-nichts-mehr.%E2%80%9C:c Dauer 2:12 min


unser Kommentar: Zitat J. Cleese: Jeder Homor ist kritisch. Wenn man anfängt zu sagen: "Oh, wir dürfen Sie nicht kritisieren oder beleidigen", dann ist der Humor weg. (Zitatende)




Weiteres: 




unser Kommentar:  hier folgend nur zitierter dystopischer Kommentar, der nicht unsere Meinung wiedergibt: 

Wer die Vergangenheit nicht kennt, hat keine Zukunft !  (moonjunky  aus

https://odysee.com/@moonjunky:e/Thomas-Gottschalk-%E2%80%9EDann-sage-ich-lieber-gar-nichts-mehr.%E2%80%9C:c)


Wenn die Digital ID eingeführt ist, dann gibt es kein zurück mehr und wir sind nicht mehr frei und befinden und im digitalen GEFÄNGNIS (15 Minuten Stadt). Dann sind wir lenkbare Sklaven des Systems, welches uns kontrolliert, manipuliert und auf die Sekunde genau eliminiert ! Dank der weltweit eingesetzten G5, G6 und demnächst G7 Kontrolle. Dann befinden wir uns im digitalen Gefängnis und können uns nicht mehr frei bewegen,denn je weiter wir weggehen, umso stärker ist die Strahlung auf den Einzelnen. Jeder "Geimpfte" hat bereits ab der ersten "Impfung" eine MAC-Adresse, ist somit ein TRANSHUMANIST=Router, ein Sender und Empfänger. Die "Geimpften" sind keine Menschen mehr, sondern Menschmaschinen, steuerbare Kreaturen ohne Menschenrechte, die durch die freiwillige Annahme !!! der biologischen GEN-Spritz-Waffe mitsamt ihrer technischen Komponenten, ein Eigentum der PATENTINHABER der GEN-Spritzen geworden sind und dafür noch freiwillig hingegangen sind und mit ihrer eigenen Unterschrift diesen Vorgang akzeptiert haben. Das ist den Lemmingen und Schlafschafen nicht bewusst. Jesus Christus hat mehrfach in der Bibel davor gewarnt, daß die Gläubigen NIEMALS das Zeichen des Tieres annehmen dürfen ! Da die Menschheit gottlos geworden ist, wissen die Lemminge und Schlafschafe absolut nicht, was und wie es ihnen geschieht. Wir sind mitten im Armageddon und Jesus hat die Endzeit so beschrieben: Es wird ein grosses Zähneklappern geben und die Überlebenden werden die Toten beneiden. (Zitatende)

28.11.2023

Die ignorierte Hungerblockade   Nigers Übergangspräsident hebt Gesetz auf, das auf Druck der EU verabschiedet worden war und Migration in Richtung Europa verboten hatte. EU-Parlament „begrüßt“ Hungerblockade gegen Niger.

german-foreign-policy.com, 28. November 2023

NIAMEY/BERLIN (Eigener Bericht) – Das Europaparlament lobt die Hungerblockade der westafrikanischen Staatenorganisation ECOWAS gegen Niger. Dies geht aus einer Erklärung hervor, die das Parlament in der vergangenen Woche beschlossen hat und die außerdem noch Sanktionen gegen führende nigrische Politiker und Militärs fordert. Die ECOWAS hatte die Blockade auch auf Druck der Mächte Europas kurz nach dem Putsch in Niamey vom 26. Juli verhängt, um die Bevölkerung zum Sturz der – bislang populären – Putschregierung zu veranlassen. Längst werden Nahrungsmittel und Medikamente knapp, der Mangel an Strom ist eklatant. Der gestürzte nigrische Präsident Mohamed Bazoum hatte vor allem in der Abwehr von Flüchtlingen bereitwillig mit der EU kooperiert und Flüchtlinge, die durch die Sahara in Richtung Mittelmeer reisen wollten, auf abgelegene, gefährlichere Wege durch die Wüste abgedrängt, was die Anzahl der Todesopfer rasch in die Höhe hatte schnellen lassen. Grundlage war ein Gesetz zur Illegalisierung der Migration, das Niamey 2015 auf Druck der EU verabschiedet hatte. Übergangspräsident Abdourahamane Tiani hat das Gesetz in der vergangenen Woche aufgehoben; Migration ist in Niger jetzt wieder legal.


Zitat: „Europas afrikanischer Gendarm“

Das Gesetz 2015-36 wurde von Nigers Parlament am 26. Mai 2015 beschlossen. Es sieht vor, dass mit hohen Geld- oder gar mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren zu rechnen hat, wer Personen ohne nigrische Staatsangehörigkeit oder ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Niger beim Überschreiten der Grenzen des Landes unterstützt und daraus direkt oder indirekt materiellen Vorteil zieht. Der Gesetzestext war auf Druck aus der EU und mit finanzieller Unterstützung durch zwei EU-Mitgliedstaaten erarbeitet worden – Italien und Dänemark [1] –, und zwar in einer Zeit, in der Niger sich unter Außenminister Mohamed Bazoum (2011 bis 2016) als loyaler Helfershelfer der EU-Flüchtlingsabwehr zu profilieren suchte. Wenig später etwa erklärte Niger sich im November 2015 auf dem EU-Afrika-Gipfel in Malta zusätzlich bereit – als einziger afrikanischer Staat –, den Aufbau von EU-Zentren auf dem Kontinent zu ermöglichen, in denen Menschen Asyl in Europa beantragen können. Damit habe das Land sich deutlich „von seinen Partnern in der Afrikanischen Union entsolidarisiert“, die dieses Ansinnen eindeutig abgelehnt hätten, hieß es in einem Bericht; Kritiker hätten die Regierung in Niamey deshalb als „afrikanischen Gendarmen der Europäer“ attackiert.[2]


Keine Freizügigkeit mehr

Dabei ist das Gesetz 2015-36 von Anfang an scharf kritisiert worden. So steht es etwa in Widerspruch dazu, dass in der westafrikanischen Staatenorganisation ECOWAS, der Niger angehört, prinzipiell Freizügigkeit für alle Bürger aller Mitgliedstaaten herrscht. Sie wird jedoch durch das Gesetz real eingeschränkt.[3] Eingeschränkt werden zudem Bürger von ECOWAS-Staaten, die völlig legal in einem Land Nordafrikas, etwa in Libyen oder in Tunesien, nach Arbeit suchen und auf dem Landweg dorthin reisen wollen. Ein Problem bringt das Gesetz auch für Menschen aus angrenzenden Sahel-Staaten, die fliehen müssen, etwa vor den in der Region aktiven jihadistischen Milizen: Sie dürfen in Niger nun nicht mehr auf legale Unterstützung hoffen. Hinzu kommt, dass die nordnigrische Stadt Agadez sowie die umliegende Region seit je von Migration leben, einst von durchziehenden Karawanen, später vor allem vom Tourismus, zuletzt von Flüchtlingen auf dem Weg in die Anrainerstaaten des Mittelmeers. Nach der Verabschiedung des Gesetzes und der darauf folgenden Unterstützung der EU für Niger bei der Überwachung seiner Grenze wurde das gesamte Geschäft im Umfeld der Migration – von Fahrdiensten über die Vermietung von Unterkünften bis zur Nahrungsmittelversorgung – umfassend ruiniert.


Noch mehr Tote

Vor allem wurden Flüchtlinge auf dem Weg nach Norden nur teilweise gestoppt, zu einem großen Teil aber auf abgelegenere, noch gefährlichere Fluchtrouten abgedrängt – abseits der Hauptwege durch die Sahara, die nun von nigrischen Militärs mit Gerät der EU überwacht wurden. Derlei Gerät stellte auch Deutschland bereit; im Jahr 2017 beispielsweise sagte Berlin, um Niamey „im Kampf gegen Schleuser ... zu unterstützen“, die Lieferung von 100 Pick-Ups, 115 Motorrädern, 53 weiteren Militärfahrzeugen sowie 55 Satellitentelefonen zu.[4] Parallel zum Versuch der nigrischen Regierung bzw. von Innenminister Bazoum (2016 bis 2021), die Wege durch die Sahara in Richtung Norden im Auftrag und mit Unterstützung der EU abzuschotten, stieg die Zahl der Todesopfer unter den Flüchtlingen rasant an. Das Missing Migrants Project der International Organization for Migration (IOM) konnte auf den Routen durch Niger für 2015 56 verstorbene oder verschwundene Flüchtlinge nachweisen, für 2017 bereits 433; kurz zuvor, Ende 2016, war das Gesetz 2015-36 endgültig in Kraft getreten.[5] Einigkeit herrscht darüber, dass die Angaben des Missing Migrants Project zwar gut belegt, aber viel zu niedrig sind – aufgrund der wohl hohen Dunkelziffer. Diese ist bei Todesopfern abseits der Hauptrouten durch die Sahara noch höher als sonst.


Sanktionen „begrüßt“

Wie das französische Onlineportal Mondafrique berichtet, hat Nigers Übergangspräsident Abdourahamane Tiani das Gesetz 2015-36 Ende vergangener Woche per Dekret aufgehoben. Dies hatten Einwohner insbesondere Nordnigers, aber auch Menschenrechtsorganisationen immer wieder gefordert. Ausgelöst habe den Schritt, dass die EU regelmäßig verlange, den gestürzten Präsidenten Bazoum (2021 bis 2023) wieder ins Amt zu bringen, und dass sie zudem die Sanktionen ausdrücklich unterstütze, die die ECOWAS gegen Niger verhängt habe, berichtet Mondafrique. Niamey sei daher nicht mehr bereit, der EU einen Gefallen zu tun.[6] Die Entscheidung wurde am Tag nach der Verabschiedung einer Erklärung des Europaparlaments gefällt, in der das Parlament den Putsch in Niamey vom 26. Juli verurteilt und nicht nur verlangt, Bazoum wieder in sein früheres Amt einzusetzen, sondern auch auf die Verhängung konkreter Sanktionen dringt. Die EU hatte am 23. Oktober ein Rahmenwerk beschlossen, das Restriktionen gegen Nigrer prinzipiell ermöglicht; Guthaben in der EU können eingefroren, Visa verweigert werden.[7] Das Europaparlament will nun Mitglieder der nigrischen Übergangsregierung konkret sanktioniert sehen. Zudem „begrüßt“ es die ECOWAS-Wirtschaftssanktionen gegen Niger.[8]


Mangel am Lebensnotwendigsten

Die Sanktionen belasten die nigrische Bevölkerung stark. Auch auf massiven Druck der EU hat die ECOWAS kurz nach dem Putsch eine totale Handelsblockade gegen Niger verhängt; die Grenzen sind geschlossen. Weder Nahrungsmittel noch Medikamente gelangen auf regulärem Weg in das Land; Nigeria, das zuvor ungefähr 70 Prozent der in Niger benötigten Elektrizität lieferte, hat den Stromexport dorthin eingestellt. Die Lebensmittelpreise sind in Niger, dem laut UN-Statistiken drittärmsten Land weltweit, bereits im Sommer schmerzhaft in die Höhe geschossen; der Vorrat an Medikamenten geht zur Neige, manche Mittel sind schon heute nicht mehr erhältlich. Ohne Schmuggel und ohne vereinzelte Lieferungen über das die Sanktionen nicht mittragende Burkina Faso, die allerdings Gebiete durchqueren müssen, in denen Jihadisten oft Überfälle durchführen, wäre der Mangel noch schlimmer.[9] Die ECOWAS setzt darauf, dass Nigers Bevölkerung, wenn man sie nur lange genug aushungert, die Übergangsregierung stürzt und den einstigen Präsidenten Bazoum, der stets loyal mit der EU kooperierte, wieder in Amt und Würden bringt. Die EU unterstützt dies. Dabei profitiert sie davon, dass die Hungerblockade gegen Niger – ganz im Unterschied zu anderen Blockaden – international keine Schlagzeilen macht und daher ohne politischen Schaden aufrechterhalten werden kann.

 

Mehr zum Thema: Tödliche Sanktionen und Abzug aus dem Sahel.

 

[1] Mission Accomplished? The Deadly Effects Of Border Control In Niger. borderforensics.org 08.05.2023.

[2] Christophe Châtelot: Le Niger, sous-traitant africain de la politique migratoire de l’Europe. lemonde.fr 28.06.2018.

[3] Jérôme Tubiana, Clotilde Warin, Gaffar Mohammud Saeneen: Multilateral Damage. The impact of EU migration policies on central Saharan routes. Clingendael: CRU Report. Den Haag, September 2018.

[4] Florian Manthey: 53 Fahrzeuge für Nigers Streitkräfte. bmvg.de 22.09.2017.

[5] Border Forensics: Investigation Report: Mission accomplished? The deadly effects of border control In Niger. May 2023.

[6] Le Niger répond à Bruxelles en abrogeant la loi anti-migratoire. mondafrique.com 25.11.2023.

[7] Niger: EU sets up an autonomous framework for restrictive measures. consilium.europa.eu 23.10.2023.

[8] Human rights breaches in Iran, Niger and Georgia. europaparl.europa.eu 23.11.2023.

[9] Sanctions de la Cedeao contre le Niger : les populations résistent. oestaf.com 10.11.2023.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9418

unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

27.11.2023

ZEITGESCHICHTE 
Vom Himmel hoch

spiegel.de, vom 23.10.1988, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 43/1988

Ein geheimer Plan enthüllt, daß die Amerikaner gegen Kriegsende bereit waren, einen großen Teil der deutschen Bevölkerung mit Giftgas zu vernichten. *


Vier Tage schon lag das amerikanische Handelsschiff »John Harvey« im Hafen der süditalienischen Stadt Bari, und die Ladung war noch immer nicht gelöscht.

Weder der Kapitän noch die Besatzung ahnten, welch gefährliche Fracht sie im amerikanischen Baltimore, 5700 Seemeilen entfernt, an Bord genommen hatten. Nur sieben mitschippernde Soldaten, an ihrer Spitze Oberleutnant Howard Beckström, wußten über Einzelheiten Bescheid.

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Am 2. Dezember 1943 zur Abendstunde griffen deutsche Ju-88-Bomber 20 Minuten lang die Piers in Bari an. Sie versenkten 17 Schiffe und beschädigten acht weitere schwer. Auch die 10617 Bruttoregistertonnen große »John Harvey« fing Feuer und explodierte.

Kurz darauf wurden Verletzte mit sonderbaren Symptomen in die Lazarette eingeliefert: Sie hatten Hautschäden, Augenschmerzen, geschwollene Geschlechtsteile, extrem niedrigen Blutdruck bei stark erhöhter Pulsfrequenz. Die Ärzte tippten auf eine spezielle Art von Hautentzündung - eine folgenschwere Fehldiagnose.

In dem US-Frachter lagerten, was Beckström, der bei dem Angriff getötet wurde, auf Weisung von oben hatte verschweigen müssen, 540 Tonnen Senfgas. Über 1000 Soldaten und Zivilisten kamen in den Schwaden des hochgiftigen Kampfstoffes ums Leben. Die Alliierten vertuschten, wie es zu dem Massensterben kommen konnte: Sie gaben »Verbrennung«, »Bronchitis« oder »Lungenkomplikation« als Todesursachen an.


Bis heute blieben die Hintergründe der »Katastrophe von Bari«, so der Historiker und Giftgas-Experte Günther Gellermann, ein strenggehütetes Geheimnis. Zwar spekulieren Militärhistoriker seit langem darüber, ob die Amerikaner nach ihrer Landung in Italien den dort »erwarteten deutschen Gaseinsatz mit einem entsprechenden Gegenschlag« (Gellermann) kontern wollten - mehr war jedoch nicht bekannt.

Erst ein Zufallsfund des württembergischen Privatforschers und Fachautors Fritz Hahn, 66, in einem Washingtoner Archiv enthüllt die Dramatik eines Planes, den die US-Kriegführung unmittelbar nach dem »Ersteinsatz von Gas durch die Achsenmächte« ("G-Day") verwirklichen wollte. Danach sollten, von Italien und England aus, Tausende Flugzeuge »in einer 15-Tage-Operation« *___30 deutsche Großstädte mit Senfgas und/oder dem noch ____giftigeren Phosgen einnebeln, *___alle wichtigen Industrie- und Fabrikationsanlagen ____zerbomben und so den Zweiten Weltkrieg in Europa mit ____einem Schlag beenden.


Unter Punkt 4 des Plans ("Mögliche Ergebnisse des Angriffs") errechneten US-Spezialisten der Abteilung für Chemiekriegführung, wie viele Menschen »direkt beeinträchtigt«, also getötet würden - »5600000«. Weitere zwölf Millionen »würden dem vorgeschlagenen Angriff indirekt ausgesetzt« sein.

Hitlers Nachrichtendienste hatten offenbar von den amerikanischen Vorbereitungen, wenn auch nur bruchstückhaft, erfahren. Sie wußten, daß seit Anfang 1943 laufend Kampfstoffe nach West- und Nordafrika verschifft und dort gelagert wurden - nicht allzuweit von Süditalien entfernt.

Die Kampfstoffe Phosgen und Senfgas waren im Ersten Weltkrieg, 1915 und 1917 an der West-Front, erstmals eingesetzt worden - von den Deutschen. Senfgas, das nach den Namen der Erfinder Lommel und Steinkopff auch »Lost« genannt wird, ist ein Hautgift, Phosgen greift die Lunge an. »Der Atem«, beschreibt ein Mediziner die Wirkung, »wird immer kürzer und stoßweiser, bis der Tod durch Ersticken eintritt.«


Als 1919 nach dem Ersten Weltkrieg in Versailles Frieden geschlossen wurde, untersagten die Siegermächte dem Verlierer Herstellung und Einfuhr von »erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie allen derartigen Flüssigkeiten, Stoffen«. Die Anweisung wurde nie kontrolliert, bald lief die Produktion in Deutschland wieder auf vollen Touren.

Auch die internationale Vereinbarung »über das Verbot des Kriegseinsatzes« chemischer und bakteriologischer Stoffe ("Genfer Protokoll") sechs Jahre später war nur halbherzig. So propagierten die USA zwar die Ächtung solcher Waffen, das Abkommen aber ratifizierten sie damals nicht.


Amerikanische Chemiker forcierten, genauso wie deutsche Hersteller, die _(Bei der Erläuterung von Giftgas-Waffen. )

Giftgas-Produktion, Militärs erdachten neue Strategien. General Amos Fries, damals Chef des »Chemical Warfare Service«, lobte die »Kunst der Vervollkommnung ... giftiger Gasbomben«. Er prophezeite, den »Krieg der Zukunft« werden jene »gewinnen, die den weitestgehenden Gebrauch von der chemischen Waffe machen werden« - vom Himmel hoch, gebombt oder gesprüht.

Auch Hitler, als Gefreiter 1918 selber Opfer eines britischen Gasangriffs ("Um mich war es finster, die Augen waren in glühende Kohlen verwandelt"), ließ kräftig an Plänen arbeiten, Kampfstoffe »gegen die feindliche Zivilbevölkerung« (so eine Nazi-Denkschrift aus der Kriegszeit) einzusetzen. So könnten, heißt es darin weiter, »auf lange Zeit hin Panik und völliger Stillstand im Leben einer begifteten Stadt« erzwungen werden.

Ein letztes Mittel: Andere Bewaffnung war im Sommer 1944 bereits knapp. Tausende von Kampfpanzern konnten nicht gebaut werden, Haubitzen-Granaten waren kaum mehr vorhanden, der Vorrat an 7,9-Millimeter-Infanteriepatronen reichte, hat Spezialist Hahn ausgerechnet, nur noch »ganze zehn Tage« _(Fritz Hahn: »Waffen und Geheimwaffen des ) _(deutschen Heeres 1933-1945«. Bernard & ) _(Graefe Verlag, Koblenz, 1987; 2 Bände, ) _(138 Mark. ) .


Zum selben Zeitpunkt verfügte die Wehrmacht über mehr als 50000 Tonnen Giftgas - »eine beachtliche strategische Variante, auf die eine in die Enge getriebene, fanatische Führung hätte zurückgreifen können«, sagt der Freiburger Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller. Zu jenen Kampfstoffen gehörten auch die Nervengifte Tabun und Sarin, deren Produktion auf Hitlers Weisung hin vorangetrieben werden sollte - zumal der Kriegsgegner sie noch nicht entwickelt hatte.

Die Amerikaner und ihre Verbündeten waren allerdings längst gewappnet, auf einen deutschen Gasangriff sofort mit der flächendeckenden Vernichtung des Kriegsgegners zu reagieren. »Ich hoffe«, erklärte Präsident Roosevelt, »daß wir ... nie dazu gezwungen sein werden. Ich stelle kategorisch fest, daß wir unter keinen Umständen auf den Einsatz derartiger Waffen zurückgreifen, solange es der Feind nicht ... tut.«

Für alle 30 Städte, vom US-Verteidigungsministerium und von Geheimdienstlern als »Schlüsselziele« ausgesucht, gab es präzise Beschreibungen jener Viertel, die als Angriffsobjekt »empfehlenswert« seien - in Hamburg, beispielsweise, waren es drei: _____« I. Dieses Ziel umfaßt die Innenstadt mit einer Fläche » _____« von einer Quadratmeile ... annähernd 200000 Personen » _____« (nächtliche Bevölkerung um 100000), das Geschäfts- und » _____« Speicherzentrum. Angrenzend im Süden der Hafen längs der » _____« Elbe, eingeschlossen sind die U-Boot-Werften. » _____« II. Dieses Ziel umfaßt das dichtbevölkerte Wohngebiet » _____« östlich des Altonaer Bahnhofs, » _____« nördlich der Elbe und des Parkgürtels um die » _____« Innenstadt, südlich von Eimsbüttel, des » _____« dichtbesiedeltsten Stadtteils. In diesem anderthalb » _____« Quadratmeilen großen Zielgebiet leben 190000 Menschen. » _____« III. Dieses Ziel umfaßt die dichtbesiedelten » _____« Wohngebiete im Nordosten der Stadt. In diesem anderthalb » _____« Quadratmeilen großen Zielgebiet leben 140000 Menschen. »

Fünf Städte - München, Augsburg, Nürnberg, Stuttgart und Karlsruhe - sollten vom italienischen US-Stützpunkt Foggia, rund 100 Kilometer nördlich von Bari, angeflogen werden. Alle anderen - unter ihnen Berlin, Köln, Düsseldorf, Leipzig und Dresden - von London aus.

Je nach den klimatischen Bedingungen wären das leicht flüchtige Phosgen oder der schwerere Lost abgeworfen worden. Dabei kalkulierten die Planer zur Vergiftung »einer Quadratmeile« den Einsatz von mindestens »100 Flugzeugen mit 4000 Bomben a 100 Pfund (Lost)« oder »600 Bomben a 1000 Pfund (Phosgen)« ein.

Amerikas Chemiefabriken hatten genügend Kampfstoff produziert, gegen Ende des Krieges lagerten in den Arsenalen 140000 Tonnen. Aber es standen zum damaligen Zeitpunkt nicht genügend Bomber bereit.

Bei einem Angriff im März 1944 hätte die amerikanische Luftwaffe jedoch 63 Prozent des »Zielprogramms« erledigen können, im Juni schon 76 Prozent. Möglich scheint, daß die Briten im Bedarfsfall mitgeflogen wären, am 1. April 1944 standen bei der Royal Air Force 5630 Bomber parat, 45 mehr als bei den amerikanischen Verbündeten.

Englands Premierminister Winston Churchill verfolgte ähnliche Ziele wie damals Roosevelt, auch auf britischer Seite wurde »sehr ernsthaft über einen Gaseinsatz gegen Deutschland« (Gellermann) nachgedacht. So teilte Churchill am 6. Juli 1944 seinem Stabschef, General Hastings Lionel Ismay, mit: _____« Ich wünsche, daß eine kaltblütige Einschätzung » _____« darüber vorgenommen wird, ob es günstiger für uns wäre, » _____« Giftgas einzusetzen ... Wenn wir dies tun, dann sollte es » _____« hundertprozentig sein. »

Churchill verlangte, daß »die Angelegenheit in der Zwischenzeit von vernünftigen Leuten« behandelt werde - nicht von »psalmodierenden uniformierten Defätisten, die einem hin und wieder über den Weg laufen«.

Seine Militärs hielten sich jedoch zurück. »Bislang«, meldeten sie dem Regierungschef, sei die »Moral der deutschen Bevölkerung durch unsere Luftangriffe nicht gebrochen« worden, der »Vorteil der Überraschung« könne »daher nur von kurzer Dauer« sein. Außerdem, argumentierten sie, verfüge der »Gegner über eine gute Gasschutzausrüstung«.

Daß Gasmasken bei Lost- oder Phosgen-Einsätzen lebensrettend sein können, belegt eine Statistik aus dem Ersten Weltkrieg. Während anfangs, »als das Gas auf unvorbereitete Gegner prallte« (so der Kieler Chemiker Ulrich Müller), die »tödlichen Verluste bis zu 35 Prozent« betrugen, sanken sie zum Ende auf knapp zwei Prozent - dank der Schutzmaßnahmen.

Doch Deutschland war, entgegen der Einschätzung der Londoner Generalität, fast schutzlos. Weder gab es Sirenen für Gasalarm noch genügend Luftschutzräume. Etwa 65 Prozent aller Zivilisten im Reichsgebiet, so errechnet Gellermann, »besaßen keine Gasmasken«.

Am schlimmsten stellte sich die Lage bei kleinen Mädchen und Jungen bis zu drei Jahren dar. Sie sollten, nach Hitlers Vorstellungen, eigentlich mit speziellen, rundum abgedichteten Gasbettchen und Gasjäckchen aus Gummi ausgerüstet werden. Doch weil es weder genug Kautschuk noch den Ersatzstoff Buna gab, waren fast 90 Prozent der Kinder ungeschützt.

»Die Eröffnung eines Gaskrieges durch die Alliierten zu diesem Zeitpunkt«, resümiert Gellermann, »hätte zu einer Katastrophe geführt und Deutschland wahrscheinlich gezwungen, innerhalb kürzester Zeit die Waffen niederzulegen.«

Bei der Erläuterung von Giftgas-Waffen.Fritz Hahn: »Waffen und Geheimwaffen des deutschen Heeres1933-1945«. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz, 1987; 2 Bände, 138Mark.

Info: https://www.spiegel.de/politik/vom-himmel-hoch-a-cac15f3c-0002-0001-0000-000013531696


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27.11.2023

Begriffe wie „Angriffskrieg“ oder „Regime“ fallen nicht vom HimmelWie wir manipuliert werden

unsere-zeit.de, |

Am vergangenen Mittwoch sprach Albrecht Müller („NachDenkSeiten“) in Friesenheim über die Botschaft seines Buches „Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst”. UZ dokumentiert einen Auszug seines Vortrages, in dem es um verschiedene geläufige Techniken der Manipulation geht. Einige Zeit lang war ich Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt. Montags bis freitags trafen wir uns am frühen Morgen unter Vorsitz des Chefs des Bundeskanzleramtes in einem kleinen Sitzungssaal des Kanzlerflügels zur morgendlichen Lagebesprechung. Mit dabei außer den sechs Abteilungsleitern war der Regierungssprecher, damals die meiste Zeit Klaus Bölling, und der Redenschreiber des Bundeskanzlers. In dieser Runde wurde auch darüber beraten, was der Regierungssprecher bei der Bundespressekonferenz wie auch in Hintergrundgesprächen sagen sollte. Die morgendliche Lagerunde war und ist bis heute ein Ort der Sprachregelung. Man kann das Ergebnis solcher Beratungen bei der Bundespressekonferenz mit den Regierungssprechern beobachten. (…) Sprachregelung ist überall spürbar. In der innen- und gesellschaftspolitischen Debatte beherrschen seit Jahren wiederkehrende Botschaften die Verlautbarungen: Es geht uns gut. Die Löhne sind zu hoch. Die Lohnnebenkosten sind auch zu hoch. Der Arbeitsmarkt ist zu unflexibel. Das hat uns Arbeitslosigkeit gebracht. Wir brauchen Reformen. Der Generationenvertrag trägt nicht mehr. Jetzt ist Digitalisierung angesagt. Und so weiter und so weiter. Auch in der außenpolitischen und sicherheitspolitischen Debatte herrschen Sprachregelungen vor. Wir nennen Regierungen, die uns nicht passen, „Regime“ oder „Diktaturen“. Wir sprechen vom Mullahregime und vom Schlächter Assad. Wir sprechen hingegen nicht vom Schlächter Mohammed bin Salman al-Saud, wenn wir den Kronprinzen von Saudi-Arabien meinen. Obwohl Saudi-Arabien und andere Staaten des Nahen Ostens mit ihren Völkern und mit Nachbarn wie etwa dem Jemen mindestens so schlimm umgehen wie der Präsident in Syrien das angeblich tut, nennen wir diese dann besser nicht Diktatoren und nicht Schlächter. – So, nämlich Schlächter, könnten wir eigentlich auch Hillary Clinton wegen ihrer Rolle bei der Zerstörung staatlicher Strukturen in Libyen nennen, oder Obama, der mit dem Drohneneinsatz, über Ramstein gesteuert, schon ganze Großfamilien hat hinschlachten lassen. Da fehlt es offenbar an der entsprechenden Sprachregelung. Auch die Corona-Debatte leidet unter Sprachregelungen. Die Begriffe „Corona-Leugner“, „Impfmuffel“ oder „Impfleugner“ und „Impfverweigerer“ sind aufgeladen mit negativen Vorurteilen. Die Begriffe treffen auch Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, oder auch jene, die sich nach intensiven Untersuchungen und Prüfungen dazu entschlossen haben, sich nicht impfen zu lassen. Die Sprachregelung stört und zerstört die Möglichkeit, die Debatte um dieses wichtige und große Problem differenziert und solidarisch zu führen. Jetzt noch ein aktuelles Beispiel über die Nutzung der Sprache: Deutschland soll kriegstüchtig werden, meint Verteidigungsminister Pistorius. – Diese Verbindung des für viele Menschen positiv klingenden Begriffs „tüchtig“ mit dem Wort Krieg – das ist schon hohe Schule der Propaganda, der miserablen Propaganda. In dem Wort „tüchtig“ ist die Bereitschaft zum Krieg schon enthalten. Wir kommen zur zweiten beschriebenen Methode der Manipulation: Manipulation mit ständig gebrauchten und mit einer Bewertung versehenen Begriffen. Dazu gibt es treffende aktuelle Beispiele: Angriffskrieg. Oder Putins Krieg. Bitte beachten Sie: Angriffskrieg ist kein normales deutsches Wort. Normalerweise sagen wir Krieg. Oder Erster Weltkrieg oder Zweiter Weltkrieg. Oder Vietnamkrieg. Die jetzt allenthalben gebrauchte Wortkombination Angriffskrieg soll signalisieren, dass es einen eindeutig Schuldigen gibt: Russland. Damit sind wir gleich bei der nächsten Methode: Geschichten verkürzt erzählen. Das ist eine oft genutzte Methode der Manipulation: Erstes Beispiel: Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Darüber wird geredet und geurteilt ohne Beachtung der Vorgeschichte, ohne Berücksichtigung der 11.000 und mehr Toten beim Beschuss der Ostukraine mit ihrer russischstämmigen Bevölkerung durch die Artillerie der Ukraine. Zweites Beispiel für eine verkürzt erzählte Geschichte: Über den Terror der Palästinenser aus dem Gazastreifen wird berichtet und kommentiert, ohne die Umstände des jahrelangen Eingesperrtseins der Palästinenser zu beachten. (…) Die gleiche Botschaft aus verschiedenen Ecken aussenden: Als in Deutschland ab 1999 die Agenda 2010 und der Ausbau eines breiten Niedriglohnsektors durchgesetzt werden sollten, da konnten sich jene, die an niedrigen Löhnen interessiert waren, darüber freuen, dass diese Drecksarbeit von einem sozialdemokratischen Bundeskanzler begonnen und umgesetzt wurde: von Gerhard Schröder. Wichtig für die Glaubwürdigkeit der Forderungen und damit für die Durchsetzung der Agenda 2010 war es, dass nicht nur die daran interessierten Wirtschaftsbosse, sondern auch Personen, die als fortschrittlich galten, sich ebenfalls für diese Art von Reformen einsetzten – so zum Beispiel der ehemalige Spitzenpolitiker aus Baden-Württemberg Erhard Eppler. Noch ein Beispiel aus der Außen- und Sicherheitspolitik: Als es ebenfalls 1999 darum ging, die Bundeswehr zu ihrem ersten Auslandseinsatz außerhalb des NATO-Bereiches in Jugoslawien zu schicken, was ein wirklicher Bruch der bisherigen politischen Linie war, bedurfte es zur Abwehr der Kritiker der gleichen Kriegsbotschaft aus verschiedenen Ecken: CDU und CSU waren sowieso dafür. Da fügte es sich, dass ein Sozialdemokrat Verteidigungsminister war, der diesen Krieg mitmachte, nämlich Rudolf Scharping, und dass auch der Außenminister, die damalige Spitzenfigur der Grünen, Joschka Fischer, seine Zustimmung gab und sich dann als Busenfreund der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright ganz besonders engagierte. Also: Wenn so verschiedene Personen wie Angela Merkel von der CDU, Rudolf Scharping von der SPD und Joschka Fischer von den Grünen dafür werben, die Bundeswehr auf den Balkan zu schicken, dann haben Zweifler kaum eine Chance. Der ungekürzte Vortrag ist auf den „NachDenkSeiten“ zu finden: kurzelinks.de/Manipulation
Albrecht Müller„Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst“
Westend Verlag, 144 Seiten, 14 Euro Categories Politik Tags , ,


Info: https://www.unsere-zeit.de/wie-wir-manipuliert-werden-4785969


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27.11.2023

Was ist „Rechts“, was ist „Links“?

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AktuellesDemokratie – Medien – Aufklärung


freidenker.org, vom 25. November 2023, Von Klaus Hartmann

In den letzten Jahren ist es zunehmend üblich geworden, Menschen und Proteste als „rechts“ zu etikettieren, wenn sie sich gegen den „Mainstream“ oder den Kurs der Regierung wenden. Wer zur Zuwanderung, den „Corona-Maßnahmen“, zum „Klima“ oder dem Heizungsgesetz, zu den Kriegen in der Ukraine oder in Palästina eine eigene Meinung vertritt, die nicht den Vorgaben der Herrschenden huldigt, sieht sich schnell ausgegrenzt, geächtet, in seiner beruflichen und sozialen Existenz bedroht, gar strafrechtlicher Verfolgung wegen „Meinungsdelikten“ ausgesetzt.

Regelmäßig und immer wieder wird das Publikum mit der Frage traktiert, was denn eigentlich rechts und was links sei. Ist das eine aktuelle Frage, oder geht es dabei um abgehobene Debatten, die mit uns und dem praktischen Leben nichts zu tun haben, geht es um „intellektuelle“ Fingerübungen ohne Belang? Aber es muss Gründe haben, es müssen Interessen dahinterstehen, wenn ständig zum „Kampf gegen rechts“ geblasen wird, wenn der vermeintliche „Verfassungsschutz“, also der Inlandsgeheimdienst, immer wieder vor „Linksextremisten“ und vor „Rechtsextremisten“ warnt. Offenbar geht es um die (weitere) Spaltung der Bevölkerung, aber das ist kein Selbstzweck. Die Bereitschaft, sich für die eigenen Interessen einzusetzen, dem Kurs der Regierung, der EU, der NATO sowie ihrer Mainstreammedien zu widersprechen, soll ausgehebelt werden. Dazu sind die Mittel der Wahl die Denunziation und die Begriffsverwirrung.

Zwei Beispiele aus jüngster Zeit: Als am 23. Oktober 2023 auf einer Bundespressekonferenz das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ seine Vereinsgründung bekannt gab[1], sah am selben Tag der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan Sahra Wagenknechts künftige neue Partei „deutlich rechts“.[2] Welcher politische Kompass hat ihn zu diesem Befund geleitet? Zur Landratswahl im Landkreis Dahme-Spreewald am 12.11.2023 lautete eine Schlagzeile: „Rechter Russland-Freund will BER-Landrat werden“.[3] In Steffen Kotrés Sündenregister stehen seine Aussage im „russischen Propaganda-TV“[4], dass ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine sei, und dann habe er noch „Syriens Mörder-Regime“ die „legitime Regierung“ genannt. Ist zwar völkerrechtlich korrekt, aber in NATO-Deutschland ein Meinungsverbrechen.


„Gegen rechts“ – ein Fake

Wer denkt, es ginge gegen echte Nazis, hat sich geirrt. Begründet wird meist nicht, was mit „gegen rechts“ gemeint sei soll. Im Umkehrschluss nehmen die Kämpfer für sich in Anspruch,„links“ zu sein, ebenfalls unbegründet. Selbst wer das Naziregime in der Ukraine unterstützt, kann sich heute als „Linker fühlen“. Bei Parteien und Organisationen ist in der Regel eben nicht mehr das „drin, was draufsteht“.

Inzwischen gerät jeder in Gefahr, verrissen zu werden, wer nicht exakt die Regierungslinie nachbetet oder grünen Polit-Vorgaben folgt. Die „Fälle“ der Ulrike Guérot von der Uni Bonn, des Michael Meyen von der Ludwig-Maximilians-Universität München oder des Patrik Baab von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel stehen stellvertretend für eine Vielzahl, die wegen ihrer abweichenden Meinungen geschasst wurden. Die Medien meinen, Abweichler pauschal als „rechts“ verunglimpfen zu können. Aber nicht nur sie.

Auch sich „links“ und „antifaschistisch“ Dünkende stellten ihre Staatsgläubigkeit und den besonderen Gehorsam gegenüber den verrücktesten Corona-Anordnungen zur Schau, wenn sie Demonstranten gegen die „Maßnahme“ Rufe wie „Nazis raus!“ oder „Wir impfen Euch alle!“ entgegenschleuderten. In diesen Kreisen gelten „Querdenker“ als indiskutabel und natürlich als „rechts“. Dabei ist es gar nicht lange her, dass Querdenker als Kompliment und Auszeichnung verstanden wurde, und zahlreiche Institutionen verliehen „Querdenker-Ehrenpreise“. So die Wirtschaftsvereinigung „Querdenker-Club“ (240.000 Mitglieder), die damit u.a. Schauspieler ehrte, jemand, „der seinen Weg geht, gegen alle öffentlichen Anfeindungen“[5], in NRW zeichnete trailer Ruhr innovative Filmproduktionen mit ihrem Querdenker-Preis aus,[6] die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin  vergab ihren eigenen Querdenker-Preis  für „kreative und innovativ denkende … die mit ihren Ideen das Gesundheitswesen zukunftsweisend bereichern“,[7] und die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) vergab den Förderpreis „Querdenker“ für vorbildhafte Azubi-Projekte.[8]


Beispiel Daniele Ganser

Im Kreuzfeuer vermeintlich „linker“ Kritik steht auch Daniele Ganser, vor dessen meist ausverkauften Veranstaltungen inzwischen regelmäßig Gegendemonstrationen von VVN, Omas gegen „rechts“ und anderen stattfinden, die offenbar noch nie eine seiner Reden gelesen, kein Video angeschaut und kein Buch von ihm gelesen haben, aber Transparente vor sich hertragen mit Parolen wie „Kein Platz für Nazipropaganda“. Damit jeder die Infamie der Unterstellung selbst ermessen kann, folgt hier ein Auszug aus einem Beitrag für die Monatszeitschrift Rotfuchs über den Krieg der NATO gegen die Russische Föderation. Der Autor Gerhard Giese, Oberst a. D. der Nationalen Volksarmee der DDR zitiert „anstelle eines Resümees: Bemerkenswerte Standpunkte des Schweizer Friedensforschers Dr. Daniele Ganser“.


  • „Der Krieg in der Ukraine wurde nicht am 24.2.22 von Rußland, sondern bereits 2014 nach dem Maidan-Putsch durch die USA und die ASOW-Nazis begonnen. Der kollektive Westen hat mit der Aufnahme Polens und weiterer 11 Staaten in die NATO sein Nichterweiterungsversprechens gebrochen.
  • Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien sind möglich, wie die Ergebnisse bei den März-Verhandlungen 2022 in Istanbul bewiesen, wobei die USA und GB deren Abbruch anordneten.
  • Die USA könnten den Krieg ohne Kredite, Waffenlieferungen und Aufklärungsdaten für die Ukraine sofort beenden.
  • Grenzverschiebungen in Europa hat es bereits 1999 nach dem Jugoslawienkrieg des Westens gegeben und nicht nur durch die RF.
  • Die USA zwingen die EU-Länder der Ukraine Geld, Waffen, Munition, militärische Leistungen und Söldner bereitzustellen (militärische Lieferungen und Leistungen der USA 0,37 % des BIB, Polen 2,1 % und Deutschlands 7,2 %).
  • In der Ukraine stehen sich die zwei stärksten Kernwaffenmächte gegenüber, was gefährlich ist, da beide in einer Informationsblase leben und daher zu wenig voneinander wissen sowie kaum Einfluß aufeinander nehmen können.
  • Die Kriegsseiten sollten sich ein Beispiel an der Kuba-Krise nehmen und zu vernünftigen Reaktionen zurückkehren.
  • Je schneller sich die Seiten auf deeskalierende Maßnahmen einigen, um so eher könnte das Blutvergießen in der Ukraine beendet werden.“[9]
Verkehrte Welt

Wenn dies aus Sicht vermeintlicher „Linker“ „rechts“ sein soll, wirft das Fragen nach ihrer geistigen Verfassung auf. Es geht also „drunter und drüber“, und manche schließen daraus, dass es den Unterschied nicht mehr gibt, oder eine Unterscheidung ohne Belang ist. Viele, besonders Jugendliche, können mit dem Schema „rechts und links“ nichts anfangen und lehnen es ab. Die Sinnentleerung der Begriffe folgt dem realen Sinnverlust dessen, was heute inhaltlich unter rechts und links verstanden werden kann.

Wer nach dem historischen Ursprung der Unterscheidung fragt, wird auf die Sitzordnung des französischen Parlaments stoßen. Als dort nach der Französischen Revolution eine Nationalversammlung gebildet wurde, nahmen (orientiert am britischen Unterhaus) die Anhänger der Monarchie und des Feudalsystems sowie die Vertreter des Klerus auf der rechten Seite des Sprechers Platz, während die Anhänger der Revolution, die Patrioten und Fortschrittlichen auf der linken Seite saßen. Damals hatte diese Unterscheidung erkennbar einen Sinn. Aus Tradition oder Gewohnheit werden SPD und Grüne heute noch als „links“ eingeordnet, unverdienterweise. Die SPD/Grüne-Regierung hat 1999 die erste Beteiligung Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg nach 1945, die NATO-Aggression gegen Jugoslawien zu verantworten. Wer für die Schleifung des Sozialstaats, den fortgesetzten Abbau demokratischer Rechte, eine wahnsinnige Aufrüstung und die Unterstützung des NATO-Kriegs gegen Russland steht, ist mitnichten links, sondern sowas von rechts, dass er schwerlich übertroffen werden kann.


Diffamierungsgrundlage „Totalitarismus“-Doktrin

Wenn ohne inhaltlichen Bezugsrahmen und Positionsangabe diese auf die Sitzordnung im französischen Revolutionsparlament zurückgehende Einteilung auf heute übertragen wird, trägt das nichts zur Klärung bei, sondern stiftet eher Verwirrung. Die herrschende Klasse hat auch die Definitionsmacht an sich gerissen, was in der sozialen Kommunikation als „reaktionär“ und als „fortschrittlich” zu gelten habe. Sie will die ideologische Lufthoheit ausüben, und das Fußvolk soll ihre Vorgaben akzeptieren. Eine Konstante dieser Vorgaben und sich unmittelbar auf das „rechts-links“-Thema bezieht, ist schon etwas älter – das ist die in Deutschland so geschätzte „Totalitarismus“-Doktrin (nicht eine „Totalitarismustheorie“, wie ihre Verkünder sie anpreisen, denn für eine Theorie mangelt es ihr an wissenschaftlicher Grundlage und Substanz).

Der Glaubenssatz der „Totalitarismus“-Doktrinäre lautet, dass sich „die Extreme“, also links und rechts „berühren“, letztlich sozusagen eins werden. Schon die Weimarer Republik sei von rechten wie linken „Feinden der Demokratie“ zerstört und zu Grabe getragen worden. Das ist keineswegs der „Schnee von gestern“, sondern wird bis in unsere Tage weitergeschleppt: In der Greifswalder Straße in Berlin steht ein Denkmal für den von den Faschisten ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, für manche ein Stein des Anstoßes, der aber zu deren Leidwesen unter Denkmalschutz steht. Deshalb ziehen dort in Abständen die Anstoßnehmer auf, um Thälmann herunterzuputzen. So am 16.11.2023 die Pankower Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne), die mit anderen am Denkmal despektierliche Texttafeln anbrachte, und verkündete: Thälmann habe die Weimarer Republik bekämpft und geschwächt und damit die Voraussetzung geschaffen, dass Adolf Hitler 1933 an die Macht gelangen konnte.[10]

Also nicht die Industriellen, die Hitlers NSDAP große Summen spendeten, nicht der Reichspräsident Paul von Hindenburg, der Hitler auf Geheiß der Geldgeber zum Kanzler ernannte, nicht die bürgerlichen Parteien, die im Reichstag für das Ermächtigungsgesetz stimmten, wären schuld am deutschen Faschismus, sondern der Kommunist Thälmann. Die auf derart historischen Lügen basierende „Totalitarismus“-Doktrin bringt unter ebenfalls historischer Bezugnahme eine weitere Diffamierung hervor, die systemkritischen Protestierern heute wieder um die Ohren gehauen wird: „Querfront“ heißt diese Diffamierungsvokabel, mit der eine „rechts-links“-Zusammenarbeit unterstellt wird, „wie damals“ in der Weimarer Republik.


Was heißt hier „Querfront“?

Zur Enttarnung der Lüge und der Diffamierungsabsicht genügt es, die Gegenfrage zu stellen: Wo gibt es heute in Deutschland die Zusammenarbeit zwischen der Gewerkschaftsführung, der Bundeswehrführung und antikapitalistische Kräften der NPD? Absurde Frage? Ganz recht! Aber nur eine solche Kombination rechtfertigte in historischer Analogie das Wort von der „Querfront“. Das war zunächst eine Idee von Anhängern einer „Konservativen Revolution“, und wurde dann von Kurt von Schleicher, dem letzten Reichskanzler der Weimarer Republik von Dezember 1932 bis Januar 1933 adaptiert, als Versuch, Hitlers Machantritt im letzten Moment noch abzuwenden. Dazu versuchte er, ein Bündnis zwischen der Führung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Reichswehr und dem „antikapitalistischen Flügel“ der SA unter Gregor Strasser zustande zu kriegen – vergeblich, seine Querfront kam nicht zustande. Zu spekulieren, ob uns im Erfolgsfall Hitler und der faschistische Krieg erspart geblieben wären, ist müßig – die Frage „was wäre gewesen, wenn …“ kann im historischen Kontext nicht zu einer Antwort führen.

Doch das Scheitern des Querfront-Versuch am Ende der Weimarer Republik interessiert die heutigen Nutzer dieser Vokabel nicht. Ihnen geht es um die Unterstellung einer Zusammenarbeit von Linken und Rechten, hier konkret von Nazis und Kommunisten. Doch damit wird bereits die nächste Geschichtslüge bemüht, denn zu Schleichers Querfrontprojekt war die KPD überhaupt nicht eingeladen, und es kann dahingestellt bleiben, ob sie im Falle einer Einladung überhaupt mitgemacht hätte.

Beim heutigen Gebrauch der Querfront-Vokabel, nicht nur in den Mainstream-Medien, auch durch die VVN oder die Partei „Die Linke“, handelt es sich daher um eine „Lüge im Begriff“. So geschehen bei der Friedensdemonstration im Frühjahr 2023 in Berlin, zu der Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer aufgerufen hatten. Doch die verlogene Vokabel findet auch neue Freunde. Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechten Magazins „Compact“, dreht den Spieß um und sehnt eine Querfront, wie sie die Diffamierer verstehen, geradezu herbei.


„Nicht rechts, nicht links“?

Neben dieser Konfusion und Verwirrung meinen viele Menschen, dass die Unterscheidung zwischen rechts und links belanglos geworden sei, weil das was draufsteht, ohnehin nicht mehr drin ist. Sie wollen der Falle entgehen, entweder in die eine oder andere Ecke gestellt zu werden. Besonders bisher nicht politisierte, erstmals in Bewegung gekommene Menschen kommen auf die Idee, „weder links noch rechts“ sein zu wollen. Das war 2014 so, als nach dem Staatsstreich in der Ukraine die „Neue Friedensbewegung“ entstand, und dann wieder 2020 ff. bei den Protesten gegen den Demokratieabbau im Zuge der sogenannten „Corona-Maßnahmen“. Ihnen scheint aber nicht bewusst zu sein, dass dieses Bestreben, „nicht rechts, noch links“ sein zu wollen, bereits eine etwas längere Geschichte in Deutschland hat.

Dass die Losung eine ‚Karriere‘ hat, weiß aber kaum noch jemand. Der wahlkämpfende bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß meinte vor rund 50 Jahren: „Wir sind nicht die linke Mitte, wir sind nicht die rechte Mitte, wir sind die Mitte“,[11] der wahlkämpfende Gerhard Schröder trat 1998 unter der plakativen Losung „Die neue Mitte“ an.[12] Ein Buch über die Geschichte der Gründungsgrünen erschien 2011 unter ihrem Motto „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“,[13] 2009 entdeckten die Piraten den Slogan,[14] 2013 folgte die AfD.[15] Fazit: Links oder rechts will keiner gelten, alle treten sich lieber in der imaginären Mitte auf die Füße.

Auch wem möglicherweise die politischen Koordinaten fremd oder egal sind, entkommt dem Dilemma leider nicht, denn in der Mitte, an diesem vermeintlich unpolitischen Ort tummeln sich schon viele, die diese Losung als Werbeslogan, als Marketingidee entdeckt haben.


Zur Rolle und Politik der AfD

Vielen gilt die AfD geradezu als Inbegriff einer rechten Partei, Urteile bzw. Aburteilungen zur „Alternative für Deutschland“ sind zahllos und schnell gesprochen. Die Schnelligkeit ist meist der Feind der Genauigkeit. Man sollte die unterschiedlichen Ebenen des „Phänomens AfD“ zu unterscheiden versuchen und insbesondere auseinanderhalten. Mit den Ebenen meine ich die Gründungsphase, die Programmatik, konkrete Äußerungen zu verschiedenen Themen und Aktionsschwerpunkte, schließlich die Wirkung ihrer Aussagen auf das Publikum und Schlussfolgerungen zum Umgang damit. Ohne dies hier grundlegend ausbreiten zu können, gehe ich von folgenden Thesen aus:

An der Wiege der AfD standen einerseits neoliberale Professoren, andererseits vormalige Vertreter der „Stahlhelmfraktion“ der CDU. Die Parteigründung zielte v.a. auf enttäuschte CDU-Wähler, die diese Partei durch Merkel „entkernt“ und „sozialdemokratisiert“ empfanden, sich politisch heimatlos, ihnen sollte das Angebot einer „alternativen“ Systemopposition gemacht werden.

Sozialpolitisch bekennt sich die AfD zur Beibehaltung des gesetzlichen Mindestlohns, sie fordert grundlegende Reformen der sozialen Sicherungssysteme, ohne konkret zu werden, frühere neoliberale Forderungen wie die Privatisierung der Arbeitslosen- und Unfallversicherung finden sich nicht mehr im Grundsatzprogramm. In der Sicherheitspolitik bekennt sich die AfD zur NATO-Mitgliedschaft und zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Bündnispartnern, zur Stärkung der Bundeswehr (sprich Aufrüstung) und Wiedereinführung der Wehrpflicht; andererseits: „Sicherheit in und für Europa kann ohne Russlands Einbindung nicht gelingen“.

Aus dieser „Mischung“ ergibt sich im praktischen Verhalten, dass einerseits der Parteivorsitzende Chrupalla seine Partei als einzige Friedenspartei in Deutschland preist, andererseits fast die Hälfte der AfD-Fraktion den 100 Milliarden Kriegskrediten der Ampelregierung zugestimmt hat. Während das Hamburger Bundesvorstandsmitglied Wolf ein „allzu großes Verständnis für die russische Position im Ukraine-Krieg“ kritisiert, hält Chrupalla dagegen: „Der Ukraine-Krieg darf nicht weiter eskalieren, Deutschland nicht zur Kriegspartei werden. Statt immer mehr und immer schwerere Waffen in das Kriegsgebiet zu schicken, muss die Bundesrepublik mit Diplomatie auf ein möglichst schnelles Ende des Kriegs hinarbeiten.“

Wir dürfen nicht übersehen, dass die AfD weiterhin stramm antikommunistisch agitiert. Reden über „Den grüne Kommunismus“,[16] „Das Gespenst der DDR geht wieder um“[17] oder „Das Erbe des Marxismus ist der Postkolonialismus“[18] zeugen wohl weniger von erheblicher Bildungsferne, als von dem Vorsatz, mit der Diffamierungskeule zurückzuschlagen und den Antikommunismus als ideologisches Rüstzeug dieser Republik weiter zu pflegen. Wir übersehen auch nicht, dass die AfD sich als besonders Zionismus-freundlich profilieren will und z:B. für ein Verbot der BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestition, Sanktionen) in Deutschland auftrat.


Was folgt praktisch?

Wenn man im Bundestag Stimmen gegen den Krieg gegen Russland und gegen die Wirtschaftssanktionen und gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine hört, dann sind das in der Regel Reden von AfD-Vertretern, Ausnahmen bilden einzelne Abgeordnete der Partei Die Linke, wenn z.B. Sevim Dagdelen oder Andrej Hunko das Wort erhalten. Das muss man ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Wenn eine AfD-Rede den Titel trägt „Das Volk will keinen Krieg“[19] – was soll man dagegen einwenden? Gegenwärtig leben wir unter einer massiven Bedrohung des Friedens, mit einer akuten Kriegsgefahr, keiner der unverantwortlichen Politiker des „kollektiven Westen“, keine Bundesregierung kann garantieren, dass Russland nicht irgendwann die „Rote Linie“ endgültig überschritten sieht.

Von daher sind alle Stimmen, von welchem Politiker auch immer, die vor der Kriegsgefahr warnen, die eine Wiederinbetriebnahme der Nordstream-Pipelines fordern, die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen, und die irgendwie Gehör, einen Weg in die Öffentlichkeit, in die Medien finden, grundsätzlich hilfreich und positiv. Und wenn das ein AfDler macht, dann ist es egal aus welchen Motiven, wenn die Bevölkerungsmehrheit, die in Frieden leben will, und die diesen abenteuerlichen Harakiri-Kurs gegen Russland nicht mitträgt, aus solchen Reden eine Bekräftigung und Stärkung ihrer Überzeugung erfährt, dann kann das nur positiv sein.

Wenn daraus folgt, dass Menschen für solche Inhalte auf die Straße gehen, eine Einheit in der Aktion für Frieden und gegen Waffen zustande kommt, dann sollten wir uns ohne Ansehen der Person oder Kontrolle des Parteibuches daran beteiligen. Antikriegsaktionen mit demokratischen Rechten oder „Wertkonservativen“, wie sie genannt werden, falls sie dazu bereit sind – das sollte selbstverständlich sein, und wir sollten uns davon auch nicht von den „Kontaktschuld“-Predigern abhalten lassen. Dabei vergessen und verdrängen wir keinesfalls die Widersprüchlichkeiten, den „Kampf der Gegensätze“ in den Positionen von Mitwirkenden. Aber wir müssen die Prioritäten auf die Herstellung von Handlungsfähigkeit legen.

Betrachtet man das alte Parteienspektrum, ist die AfD natürlich eine rechte Partei. Aber rechts von der AfD sitzt die SPD, mit dem Zeitenwende-Kanzler, der unentwegt Waffen für den Stellvertreterkrieg gegen Russland an die Ukraine liefert, dessen Kriegsminister Pistorius „Deutschland wieder kriegstüchtig“ machen will.[20] Und rechts von der SPD sitzt die CDU/CSU, deren Fraktionsvorsitzender Merz im Verein mit seinen militaristischen Sekundanten Hardt und Wadephul einen noch schärferen Kriegskurs will, u. a. durch Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.[21] Und noch weiter rechts sitzt die FDP, deren Rüstungslobbyistin Strack-Zimmermann immer mehr Waffen für Kiew fordert[22], und womöglich Selenskij schon bald adoptieren könnte. Ganz am rechten Rand sitzen noch die Grünen, die Rechtsextremisten, die Russland ruinieren und besiegt sehen wollen, deren Baerbock „einen Krieg gegen Russland führt“ und deren Hofreiter völlig entfesselt immer mehr Sanktionen gegen Russland fordert und den „zögerlichen Kanzler“ mit Dauerkritik beschallt.[23]

Gehen wir zurück in diesem Parteienspektrum, sehen wir links von der AfD, in der Mitte und etwas links der Mitte die Partei Die Linke. Und links von ihr die sich neuformierende Gruppe um Sahra Wagenknecht. Damit ist die linke Seite bereits abschließend aufgezählt, im Ergebnis ein völliges Ungleichgewicht, eine gähnende Leere. Das ist ein Versagen der Linken insgesamt, die sich zu großen Teilen auf Lifestyle- und Haltungsthemen sowie sprachpolizeiliche Ersatzübungen eingelassen hat, und darüber ihr Kerngeschäft, die Interessenvertretung der Nichtprivilegierten, vergessen hat. Nachdem ihr mit den Begriffen auch die Inhalte abhandengekommen sind, müssen die Inhalte, was links ist, sein soll oder sein müsste, dringend zurückgewonnen und neu gefüllt werden.

Es kann nicht schaden, sich dabei an Marx als Kompass zu erinnern. Gegen Krieg ist links – und deshalb sind die Grünen rechts. Wer für die Rettung der Bankprofite eintritt, ist rechts, wer für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, in der Altenpflege kämpft, ist links. Wer Abrüstung, den Abzug der ausländischen Truppen aus Deutschland und den Austritt aus der NATO fordert, ist links, wer Kriegskredite bewilligen lässt, wie Herr Scholz und seine Entourage, ist rechts. Wer den Notstand der Demokratie verordnet und wer dazu strammsteht, ist rechts, wer dagegen opponiert und die demokratischen Rechte verteidigt, ist links. Solche einfach zu begreifenden Inhalte führen nicht zu einer abgehobenen Theoriedebatte, das ist kein Laborprogramm, sondern ein praktisches Aktionsprogramm.

Ergänzen sollte man noch: Wer Russenhass predigt und antislawischen Rassismus, der ist rechts. Wer für Völkerverständigung, wer für Freundschaft mit Russland und China eintritt, der ist links. Und wer dann fragt, ist Putin eigentlich rechts? – dem sage ich: Der Putin ist natürlich ein absoluter Linker: Er steht auf der Seite des Antifaschismus. Er ist ein Antiimperialist. Er ist ein Verteidiger der UN-Charta. Er tritt für eine multipolare Weltordnung gleichberechtigter, souveräner Staaten ein. Und er hat das Wirtschaftssystem in Russland dahingehend verändert, dass dort jetzt Staatskapitalismus besteht, also nicht die Kapitalisten bestimmen, was der Staat zu tun hat, sondern umgekehrt, der Staat bestimmt, was die Oligarchen als Staatsbeamte zu tun haben. Die uns geläufigen linken Forderungen, alle Verstaatlichungsforderungen für die Bodenschätze, die Grundstoffindustrie, die Energieversorgung, die Verkehrswege – alles umgesetzt, alles ist wieder in staatlicher Hand. Das sind alles Gründe, warum Putin dem Imperialismus als Feind gilt. Deshalb ist der russische Präsident für die imperialistische Propaganda ein „Rechter“, aber mit dieser „Titelvergabe“ haben wir selbst hierzulande zur Genüge Bekanntschaft machen können.

Klaus Hartmann ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes


Quellen

[1] https://www.tagesschau.de/inland/wagenknecht-stellt-buendnis-vor-100.html

[2] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-10/wagenknecht-neue-partei-polarisierung-schirdewan-rechts

[3] https://www.bz-berlin.de/brandenburg/rechter-russland-freund-will-landrat-werden

[4] https://taz.de/Nach-Volksverrat-Vorwurf/!5929243/

[5] https://www.abendzeitung-muenchen.de/promis/querdenker-preis-fuer-til-schweiger-art-154616

[6] https://www.facebook.com/blickefilmfestival/posts/2623226041029778/

[7] https://www.amboss.com/de/presse/amboss-wird-von-deutscher-gesellschaft-fuer-innere-medizin-mit-querdenker-preis-ausgezeichnet

[8] https://www.facebook.com/BGNahrungsmittel/posts/2683732814985798/

[9] http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2023/RF-303-04-23.pdf

[10] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177855.prenzlauer-berg-thaelmann-denkmal-kpd-vorsitzender-angeblich-schuld-an-hitler.html

[11] Bis Dezember 2014 hier abrufbar: https://spkantonzh.ch/app/…/12/1999-Gehen-«links-sein»-und-Macht-zusammen.pdf

[12] https://www.deutschlandfunk.de/die-neue-mitte-102.html

[13] https://www.uni-muenster.de/Geschichte/histsem/NZ-G/L2/Mitarbeiter/prof.dr.silkemende.html

[14] https://wiki.piratenpartei.de/Häufig_gestellte_Fragen#Seid_ihr_links.2Frechts.3F

[15] https://www.sueddeutsche.de/politik/neue-partei-stellt-sich-in-berlin-vor-nicht-rechts-nicht-links-aber-auch-nicht-in-der-mitte-1.1627458

[16] https://www.youtube.com/watch?v=j4QIm_KlsDA

[17] https://www.youtube.com/watch?v=jDp3_2GLpUU

[18] https://www.youtube.com/watch?v=KHWEKGALpZg

[19] https://www.youtube.com/watch?v=arJOcfqkk9E

[20] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/pistorius-wir-muessen-kriegstuechtig-werden,Tu6Tlcz

[21] https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-08/ukraine-ueberblick-merz-taurus-piloten-kollision

[22] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/strack-zimmermann-druck-scholz-panzer-ukraine-russland-krieg-100.html

[23] https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_92059200/anton-hofreiter-und-der-ukraine-krieg-was-denkt-er-sich-eigentlich-dabei-.html

 

Beachte zum selben Thema auch den Videomittschnitt des Vortrages von Klaus Hartmann auf der Mitgliederversammlung des LV Rheinland-Pfalz/Saarland des Deutschen Freidenker-Verbandes am 12.11.2023  in Idar-Oberstein: https://www.freidenker.org/?p=17542


Info: https://www.freidenker.org/?p=17582


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

27.11.2023

Gaza: Eine Pause vor dem Sturm

friedliche-loesungen.org, Von Pepe Escobar

Während die Welt "israelischer Völkermord" schreit, schwärmt das Weiße Haus von Biden über den bevorstehenden Waffenstillstand(link is external) im Gazastreifen, den es mit vermittelt hat, als ob es tatsächlich "kurz vor seinem größten diplomatischen Sieg" stünde.

Hinter den selbstgefälligen Darstellungen ist die US-Regierung nicht im Entferntesten "misstrauisch gegenüber Netanjahus Endspiel", sondern billigt es voll und ganz – einschließlich des Völkermords – wie bei einem Treffen zwischen dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu und Joe "The Mummy" Bidens Handlangern am 20. September im Weißen Haus weniger als drei Wochen vor der Operation "Al-Aqsa-Flut" vereinbart.

Der von den USA und Katar vermittelte "Waffenstillstand", der diese Woche in Kraft treten soll, ist kein Waffenstillstand. Es ist ein PR-Schachzug, um Israels Völkermord abzumildern und seine Moral zu stärken, indem die Freilassung von ein paar Dutzend Gefangenen gesichert wird. Außerdem zeigt die Geschichte, dass Israel Waffenstillstände nie einhält.

Was die US-Regierung wirklich beunruhigt, ist die "unbeabsichtigte Folge" des Waffenstillstands, der "Journalisten einen breiteren Zugang zum Gazastreifen und die Möglichkeit bietet, die Verwüstung dort weiter zu beleuchten und die öffentliche Meinung über Israel zu beeinflussen".

Echte Journalisten arbeiten seit dem 7. Oktober rund um die Uhr in Gaza – Dutzende von ihnen wurden von der israelischen Militärmaschinerie getötet, was Reporter ohne Grenzen als "eine der tödlichsten Opferzahlen seit einem Jahrhundert" bezeichnet.

Diese Journalisten haben keine Mühen gescheut, um "die Zerstörung zu beleuchten", ein Euphemismus für den anhaltenden Völkermord, der der ganzen Welt in all seinen grausamen Details vor Augen geführt wird.

Sogar das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina (UNRWA), das selbst unerbittlich von Israel angegriffen wird, gab – etwas kleinlaut – bekannt, dass es sich um "die größte Vertreibung seit 1948" handelt, einen "Exodus" der palästinensischen Bevölkerung, wobei die jüngere Generation "gezwungen ist, die Traumata der Vorfahren oder Eltern zu durchleben".

Die öffentliche Meinung im gesamten Globalen Süden/der globalen Mehrheit hat sich schon vor langer Zeit "gegen" den zionistischen Extremismus gewandt. Aber jetzt schaut die globale Minderheit – die Bevölkerung des kollektiven Westens – entsetzt und verbittert zu, dass die sozialen Medien sie in nur sechs Wochen dem ausgesetzt haben, was die Mainstream-Medien jahrzehntelang verschwiegen haben. Jetzt, wo der Groschen gefallen ist, wird es kein Zurück mehr geben.


Ein ehemaliger Apartheidstaat macht es vor

Die südafrikanische Regierung hat weltweit den Weg für eine angemessene Reaktion auf einen sich anbahnenden Völkermord geebnet: Das Parlament stimmte für die Schließung der israelischen Botschaft, die Ausweisung des israelischen Botschafters und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Tel Aviv. Die Südafrikaner wissen ein oder zwei Dinge über Apartheid.

Sie, wie auch andere Kritiker Israels, sollten in Zukunft besonders wachsam sein. Es ist mit allem zu rechnen: Einem Ausbruch von Falschmeldungen ausländischer Geheimdienste ("terra terra terra"), künstlich herbeigeführten Wetterkatastrophen, gefälschten Anklagen wegen "Menschenrechtsverletzungen", dem Zusammenbruch der Landeswährung Rand, Fällen von Rechtsbeugung, verschiedenen "atlantischen Schlaganfällen", einer Sabotage der Energieinfrastruktur und vieles mehr.

Mehrere Nationen hätten sich inzwischen auf die Völkermordkonvention berufen(link is external) müssen, da israelische Politiker und Beamte damit geprahlt haben, den Gazastreifen zu zerstören und die palästinensische Bevölkerung zu belagern, auszuhungern, zu töten und massenhaft zu deportieren. Kein geopolitischer Akteur hat dies bisher gewagt.

Südafrika seinerseits hatte den Mut, dorthin zu gehen, wo sich nur wenige muslimische und arabische Staaten hingewagt haben. Was den Großteil der arabischen Welt – insbesondere die Klientelstaaten der USA – betrifft, so befinden sie sich nach wie vor im rhetorischen Sumpfgebiet.

Der von Katar vermittelte "Waffenstillstand" kam für Washington genau zum richtigen Zeitpunkt. Sie lenkte die Aufmerksamkeit von der Delegation islamischer/arabischer Außenminister ab, die durch ausgewählte Hauptstädte reisten, um für ihren Plan für einen vollständigen Waffenstillstand im Gazastreifen zu werben – plus Verhandlungen über einen unabhängigen palästinensischen Staat.

Diese Gaza-Kontaktgruppe, der Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, die Türkei, Indonesien, Nigeria und Palästina angehören, machte zunächst in Peking Station, wo sie mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi zusammentraf, und reiste dann weiter nach Moskau, wo sie sich mit Außenminister Sergei Lawrow traf. Das war definitiv ein Beispiel dafür, dass die BRICS 11 bereits in Aktion sind – noch bevor sie am 1. Januar 2024 unter russischer Präsidentschaft ihre Arbeit aufnehmen.

Das Treffen mit Lawrow in Moskau fand zeitgleich mit einer außerordentlichen Online-Sitzung der BRICS über Palästina statt, die von der derzeitigen südafrikanischen Präsidentschaft einberufen wurde. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi, dessen Land die Achse des Widerstands in der Region anführt und jegliche Beziehungen zu Israel ablehnt, unterstützte die südafrikanischen Initiativen und forderte die BRICS-Mitgliedstaaten auf, alle verfügbaren politischen und wirtschaftlichen Instrumente einzusetzen, um Druck auf Tel Aviv auszuüben.

Es war auch wichtig, vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping selbst zu hören, dass es "keine Sicherheit im Nahen Osten ohne eine gerechte Lösung der Palästina-Frage geben kann".

Xi betonte erneut die Notwendigkeit einer "Zwei-Staaten-Lösung", der "Wiederherstellung der legitimen nationalen Rechte Palästinas" und der "Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina". Dies alles sollte über eine internationale Konferenz in die Wege geleitet werden.

Nichts von alledem reicht zum jetzigen Zeitpunkt aus – weder dieser vorübergehende Waffenstillstand noch das Versprechen auf künftige Verhandlungen. Die US-Regierung, die selbst mit einer unerwarteten weltweiten Gegenreaktion zu kämpfen hat, hat sich bestenfalls mit Tel Aviv herumgeschlagen, um eine kurze "Pause" im Völkermord zu erreichen. Das bedeutet, dass das Gemetzel nach ein paar Tagen weitergeht.

Wäre dieser Waffenstillstand ein echter "Waffenstillstand" gewesen, bei dem alle Feindseligkeiten zum Stillstand gekommen wären und Israels Kriegsmaschinerie sich vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen hätte, wären die Optionen für den nächsten Tag immer noch ziemlich düster. Der Realpolitiker John Mearsheimer hat es bereits auf den Punkt gebracht: Eine Verhandlungslösung für Israel und Palästina ist unmöglich.

Es genügt ein flüchtiger Blick auf die aktuelle Landkarte, um anschaulich zu demonstrieren, dass die Zweistaatenlösung – die von China und Russland bis hin zu großen Teilen der arabischen Welt befürwortet wird – tot ist. Eine Ansammlung von isolierten Bantustans(link is external) kann niemals zu einem Staat zusammenwachsen.


Lasst uns ihr ganzes Gas mitnehmen

In allen Kreisen wurde lautstark darauf hingewiesen, dass die Amerikaner angesichts des immer näher rückenden Petro-Yuan dringend Energie aus dem östlichen Mittelmeerraum benötigen, die in US-Dollar gekauft und verkauft wird – einschließlich der riesigen Gasreserven vor der Küste des Gazastreifens.

Hier kommt der Energiesicherheitsberater der US-Regierung ins Spiel, der nach Israel entsandt wurde(link is external), um "potenzielle Pläne zur wirtschaftlichen Wiederbelebung des Gazastreifens zu erörtern, die sich auf unerschlossene Offshore-Erdgasfelder konzentrieren" – was für ein schöner Euphemismus.

Aber während das Gas aus dem Gazastreifen in der Tat eine wichtige Rolle(link is external) spielt, ist der Gazastreifen, das Gebiet, ein Ärgernis. Für Tel Aviv geht es darum, alle palästinensischen Gasreserven zu konfiszieren(link is external) und sie künftigen bevorzugten Kunden zuzuteilen: der EU.

Hier kommt der Korridor Indien-Naher Osten (IMEC) ins Spiel – eigentlich der Korridor EU-Israel-Saudi-Arabien-Emirate-Indien – der von Washington als perfektes Vehikel für Israel erdacht wurde, um eine Energiekreuzungsmacht zu werden. Man stellt sich fantasievoll eine amerikanisch-israelische Energiepartnerschaft vor, die in US-Dollar gehandelt wird und gleichzeitig russische Energie in der EU ersetzt und einen möglichen Anstieg der iranischen Energieexporte nach Europa verhindert.

Wir kehren hier zum wichtigsten Schachbrett des 21. Jahrhunderts zurück: der Hegemon gegen die BRICS.

Peking hat bisher stabile Beziehungen zu Tel Aviv unterhalten und großzügige Investitionen in die israelische Hightech-Industrie und Infrastruktur getätigt. Aber Israels Beschuss des Gazastreifens könnte dieses Bild ändern: Kein echter Souverän kann sich absichern, wenn es zu einem echten Völkermord kommt.

Was auch immer sich der Hegemon in seinen verschiedenen hybriden und heißen Kriegsszenarien gegen die BRICS, China und seine Multi-Billionen-Dollar-Initiative für die "Neue Seidenstraße" (BRI) ausdenken mag, es wird Pekings rationalen und strategisch formulierten Kurs nicht ändern.

Diese Analyse von Eric Li(link is external) ist alles, was man wissen muss, um zu verstehen, was vor uns liegt. Peking hat in aufeinanderfolgenden Fünfjahresplänen alle relevanten technischen Wege bis 2035 abgesteckt. In diesem Rahmen sollte die BRI als eine Art geoökonomische UNO ohne die G7 betrachtet werden. Wer sich außerhalb der BRI befindet – und das betrifft in hohem Maße die alten Komprador-Systeme und Eliten -, isoliert sich selbst vom Globalen Süden/der globalen Mehrheit.

Was bleibt also von dieser "Pause" in Gaza? In der nächsten Woche werden die vom Westen unterstützten Feiglinge ihren Völkermord an Frauen und Kindern wieder aufnehmen, und sie werden für eine lange Zeit nicht aufhören. Der palästinensische Widerstand und die 800.000 palästinensischen Zivilisten, die immer noch im nördlichen Gazastreifen leben – der jetzt von allen Seiten von israelischen Truppen und gepanzerten Fahrzeugen umzingelt ist – beweisen, dass sie willens und in der Lage sind, die Last des Kampfes gegen den israelischen Unterdrücker zu tragen, und zwar nicht nur für Palästina, sondern für alle Menschen überall, die ein Gewissen haben.

Trotz eines solch schrecklichen Preises, der mit Blut bezahlt werden muss, wird es letztlich eine Belohnung geben: die langsame, aber sichere Aushöhlung des imperialen Konstrukts in Westasien.

Kein Mainstream-Medienbericht, keine PR-Maßnahme zur Abschwächung des Völkermords, keine Eindämmung des "Umschwungs der öffentlichen Meinung gegen Israel" kann jemals die serienmäßigen Kriegsverbrechen Israels und seiner Verbündeten in Gaza vertuschen. Vielleicht ist es genau das, was der Doktor – metaphysisch und anderweitig – der Menschheit verordnet hat: eine zwingende globale Tragödie, die von allen miterlebt werden muss, und die uns auch alle verwandeln wird.

Übersetzt aus dem Englischen, erschienen bei The Cradle(link is external).

Pepe Escobar ist ein unabhängiger geopolitischer Analyst und Autor. Sein neuestes Buch heißt "Raging Twenties" (Die wütenden Zwanziger). Man kann ihm auf Telegram(link is external) und auf X(link is external) folgen.


Mehr zum Thema - Signal an den Westen: BRICS setzen Israels Handeln "einem Völkermord gleich" (link is external)


Info: https://friedliche-loesungen.org/feeds/gaza-eine-pause-vor-dem-sturm


https://de.rt.com/meinung/188222-gaza-pause-vor-sturm/(link is external)


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27.11.2023

Doctorow: Dreihunderttausend Israelis sind seit dem 7. Oktober ins Ausland geflohen

seniora.org, 27. November 2023, Von Gilbert Doctorow 27.11.2023 - übernommen von gilbertdoctorow.com

Die Eröffnungsdiskussion in der gestrigen Ausgabe von Sonntagabend mit Wladimir Solowjow drehte sich um die Zahl der Israelis, die seit Beginn des Krieges zwischen Israel und Hamas ins Ausland geflohen sind. Der Moderator nannte die Zahl 300.000 und stellte sie in einen Kontext, der in Russland sehr genau beobachtet wird: wie viele ihrer eigenen Landsleute im ersten Jahr der militärischen Sonderoperation in der Ukraine ins Ausland geflohen sind, die meisten von ihnen in den Tagen unmittelbar nach der Ankündigung einer Teilmobilisierung im September desselben Jahres.

Die Flucht von mehreren Hunderttausend Russen ins Ausland wurde von den westlichen Mainstream-Medien hochgespielt, die sogar Journalisten in entlegene Orte in Kasachstan und Georgien schickten, um die Wehrdienstverweigerer zu interviewen. Uns wurde erzählt, dass die jungen Russen, die geflohen waren, vor allem im IT-Bereich tätig waren und dass ihr Verlust der russischen Industrie und den Kriegsanstrengungen irreparablen Schaden zufügen würde. Diese jungen Männer, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn standen, tendierten dazu, ins nahe Ausland zu ziehen, wo sie hofften, angesichts der allgemeinen Nachfrage nach ihren technischen Fähigkeiten leicht eine Beschäftigung zu finden, und wo sie über das bestehende Bankensystem Geldüberweisungen von ihren Eltern und Freunden erhalten konnten, während sie im Westen von solchen Geldquellen abgeschnitten wären.

Sowohl zu Beginn des Ukraine-Kriegs als auch in geringerer Zahl bis zum vergangenen Sommer gab es auch hochrangige Russen in der Geschäftswelt, in der Kreativbranche und insbesondere in der Unterhaltungsindustrie, die Russland verließen, um ihre Missbilligung des Putin-"Regimes" und seiner bewaffneten Aggression zum Ausdruck zu bringen. Einige verschwiegen ihre Beweggründe, aber andere äußerten sich offen und sagten, sie könnten nicht länger in einem Land leben, das seine Nachbarn überfalle und das Völkerrecht verletze. Diese Gruppe war älter und wohlhabender als die IT-Nerds und zog es vor, in die weite Welt hinauszuziehen, wo sie weiterhin die Annehmlichkeiten genießen konnten, an die ihr Geld sie gewöhnt hatte. Da London und Paris Russen jeglicher Couleur nicht mehr willkommen hießen, ließen sich viele in Israel nieder, sowohl Juden als auch Nicht-Juden. Russland hat eine visafreie Regelung mit Israel und viele tägliche Direktflüge nach Tel Aviv. Andere wohlhabende Russen zogen nach Dubai.

Was die erste Gruppe der russischen "Kriegsflüchtlinge" betrifft, so waren die meisten von den beruflichen Möglichkeiten, die sie in den ehemaligen Sowjetrepubliken vorfanden, enttäuscht. Die Löhne waren niedrig, die Wohnkosten hoch und stiegen mit jedem weiteren Flüchtling, der zur Miete einzog. In der Zwischenzeit wurde in Russland klar, dass es für wirklich talentierte Programmierer Ausnahmeregelungen gab, und die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Einberufung war minimal, da sich mehr als 400.000 russische Männer freiwillig zum Militärdienst meldeten, sowohl aus wachsendem Patriotismus als auch aufgrund sehr attraktiver finanzieller Belohnungen für den Dienst in der Kampfzone. Infolgedessen packten viele der jungen Männer, die sich der Einberufung entzogen, langsam und leise ihre Sachen und zogen zurück nach Russland.

Für die zweite Gruppe von Russen, die Stars und die Reichen, brachte der Ausbruch des Krieges zwischen Israel und Hamas eine äußerst unangenehme Situation mit sich. Die Financial Times machte uns schnell darauf aufmerksam, dass der Gründer der Alfa Bank, Michail Fridman, der seine Londoner Villa und einen großen Teil seines eingefrorenen Vermögens zurückgelassen hatte, um sich Anfang des Jahres in Israel niederzulassen, am 8. Oktober den erstbesten Flug aus Israel genommen hatte und zurück nach Moskau geflogen war, um eine "vorübergehende" Pause einzulegen. Abruptes Verlassen Israels war auch der Weg, den der alternde Star Alla Pugacheva eingeschlagen hat, eine weitere "Siedlerin", die sich erst vor kurzem in Israel niedergelassen hatte, angeblich zur medizinischen Behandlung in den Heilbädern. Pugatschewa flog nach Zypern. Wir können davon ausgehen, dass die Russen, die in gehobenen Verhältnissen leben, eine bedeutende Minderheit unter den 300.000 Menschen darstellen, die zu Beginn des Krieges aus Israel in sicherere Gefilde flohen. Daher auch das besondere Interesse der Moskauer Klatschbasen an diesem Thema.

Die ganze Problematik dessen, was die russischen Medien heute amüsant "релоканты", auf Englisch "relocators" ("Rückwanderer"), nennen, berührt die Meinungsführer in den russischen Talkshows sehr. Wir können davon ausgehen, dass das Thema auch eine große Rolle spielt, wenn gewöhnliche Russen in Moskau und anderswo zusammen das Brot brechen.

Sollen diese Menschen nach ihrer Rückkehr nach Magadan verfrachtet werden, wo der russische Ferne Osten auf den Pazifik trifft und das als Durchgangsstation in den stalinistischen Gulags bestens bekannt ist? Kein Geringerer als der Vorsitzende der russischen Staatsduma Wjatscheslaw Wolodin schlug dieses Schicksal für sie öffentlich vor. Doch Wolodin hatte nur diejenigen im Sinn, die ihre Zeit außerhalb Russlands nutzten, um das Land zu diffamieren, und nicht diejenigen, die in Restaurants am Meer in Tel Aviv in aller Ruhe ihren Champagner schlürften.

Zweifellos kommt das Küchengerede in Russland dem nahe, was Solowjow in der Sendung sagt: dass russische Kulturschaffende, die aus Protest gegen die Bestialität ihres Heimatlandes ins Ausland gegangen sind, wie die gefeierten Schriftsteller Ljudmila Ulitzkaja oder Wladimir Sorokin, alles zurücknehmen müssen, wenn sie die äußerste Brutalität der israelischen Verteidigungsstreitkräfte bei ihren Gräueltaten im Gazastreifen sehen.

Um auf die Zahl von 300.000 Israelis zurückzukommen, die seit Beginn des Krieges aus dem Land geflohen sind, stellt Solowjow zu Recht fest, dass, wenn man das Verhältnis dieser Abtrünnigen zur israelischen Gesamtbevölkerung von 9 Millionen auf Russland mit seinen mehr als 145 Millionen Einwohnern projiziert, die Zahl der Russen, die nach dem 22. Februar 2022 geflohen sind, 4,5 Millionen betragen hätte, während die tatsächliche Zahl der Russen 10 bis 15 Mal geringer ist. Seine unausweichliche Schlussfolgerung ist, dass die Russen viel patriotischer sind als die Israelis.

Der Rest der Sonntagabendsendung war weitgehend dem Argument gewidmet, dass die Russen seit Beginn des Krieges in der Ukraine viel zu selbstironisch und viel zu wenig von ihrer eigenen Stärke und ihren eigenen Errungenschaften überzeugt sind. Die Fähigkeit des Landes, innerhalb von zwei Jahren eine Kriegswirtschaft aufzubauen, die die Produktion und Lieferung von Panzern der neuesten Technologie, Artillerie, Kamikaze- und Überwachungsdrohnen sowie Kampfjets an die Frontlinien um ein Vielfaches gesteigert hat, ist sehr beeindruckend, vor allem, wenn sie von einem Militärexperten, einem Generalleutnant im Ruhestand, der an der Sendung teilnahm, im Detail dargelegt wird. Auch die Fähigkeit von Premierminister Michail Mischustin und seinem Kabinett, die zivile Wirtschaft im Lande zu verwalten, wurde gelobt. Russland ernährt sich heute von einer erheblich gestärkten Agrarwirtschaft und baut die Palette der im Inland hergestellten Konsumgüter ständig aus, während es gleichzeitig aus China und anderen Ländern des Ostens andere Produkte importiert, darunter mehr als die Hälfte aller in Russland verkauften Neuwagen, die oft von höherer Qualität sind und deren Preis weit unter dem liegt, was vor dem Krieg aus Europa eingeführt wurde.

Aus Gründen, die aufmerksame Leser nicht überraschen werden, findet keine dieser Errungenschaften in den westlichen Medien große Beachtung. Die Chinesen beobachten sie jedoch genau. Eine Delegation russischer Parlamentarier, die in der vergangenen Woche zu ihrem jährlichen Besuch nach Peking reiste, wurde ausnahmsweise vom chinesischen Präsidenten Xi empfangen, der sich laut Protokoll nicht mit ausländischen Parlamentariern trifft. Die russische Produktion erreichte im dritten Quartal dieses Jahres ein Wachstum von 5 %. Das entspricht dem relativ niedrigen Tempo der chinesischen Wirtschaft in diesem Jahr. Aber für Russland ist es ein neuer Höchststand in diesem Jahrtausend. Die offene Frage in der Solovyov-Show war, wie das chinesische Modell der Beziehungen zwischen der Zentralbank und der Regierung nachgeahmt werden kann, um die Finanzierung der Wirtschaft aufrechtzuerhalten, die für eine Fortsetzung dieses Tempos erforderlich ist, und nicht auf ein jährliches Wachstum von 1,5 % zurückzufallen, wie es in dem Szenario steht, das von Notenbankdirektorin Nabiullina vorbereitet wird. Dies ist ein Thema im russischen politischen Diskurs, das nicht verschwinden wird.


Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4758&mailid=2021


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

27.11.2023

Russischer Außenminister Lawrow: Beziehungen zwischen der EU und Russland „in Fetzen zerrissen“


anti-spiegel.ru, 20. Februar 2021 14:17 Uhr, von Anti-Spiegel

Wie sehr sich die Beziehungen zwischen der EU und Russland verschlechtert haben, zeigt Moskau in immer deutlicheren Formulierungen, die man als Warnungen an die EU verstehen muss, dass für Russland die rote Linie erreicht ist.

Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind auf einem historischen Tiefpunkt angelangt, woran Deutschland die Hauptschuld trägt. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland waren zwar angespannt, aber sie haben hinter den Kulissen und auf “Arbeitsebene” bis vor kurzem noch recht gut funktioniert. Deutschlands Verhalten im Fall Navalny hat aber bereits dazu geführt, dass Russland im Bezug auf Deutschland erklärt hat, dass die “Beziehungen zerstört” sind und das “Band des Vertrauens zerschnitten” ist. Der russische Außenminister Lawrow hat nach den europäischen Handlungen der letzten Zeit bereits im Dezember öffentlich gesagt, dass Russland sich fragt, ob es überhaupt noch Sinn macht, mit der EU zusammenzuarbeiten.

Letzte Woche hat Lawrow in einem einstündigen Interview noch einmal die russische Position deutlich gemacht und dabei darauf hingewiesen, dass weitere Sanktionen der EU zu einem Ende der Beziehungen zur EU führen könnten. Der Kremlsprecher Peskow hat die Aussage Lawrows bestätigt.

Es macht ein wenig Hoffnung, dass die EU das Signal verstanden haben könnte, denn aktuell sprechen sich führende EU-Politiker gegen weitere Sanktionen aus, die sie noch vor kurzem gefordert haben. Aber in der Frage herrscht Uneinigkeit in der EU, da die anti-russischen Scharfmacher im Baltikum und in Polen (und nicht zuletzt auch in den USA) auf weitere Strafmaßnahmen gegen Russland pochen.

Nun hat Lawrow der auf wirtschaftliche Themen spezialisierten russischen Agentur RBC ein Interview gegeben, über dessen Kernaussage das russische Fernsehen berichtet hat. Ich habe den Bericht des russischen Fernsehens übersetzt.


Beginn der Übersetzung:

Der russische Außenminister Sergej Lawrow glaubt, dass die Beziehungen unseres Landes zur EU „in Fetzen zerrissen“ sind. Ihm zufolge wird eine normale Zusammenarbeit durch Voreingenommenheit behindert.

Lawrow erinnerte an sein Interview mit dem Journalisten Wladimir Solowjow, in dem er auf die Bereitschaft Russlands hingewiesen hat, die Beziehungen zur EU abzubrechen. Der Minister stellte fest, dass die EU Moskau als Fremden ansieht.

Was den Ausdruck „in Fetzen zerrissen“ angeht, so hat Lawrow den Satz des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama umformuliert und auf die Beziehungen Russlands zur EU angewendet.

In einem Interview mit der russischen Agentur RBC wies der Staatsmann darauf hin, dass viele Mechanismen der Zusammenarbeit zwischen Moskau und Brüssel bereits zerstört worden sind.

Zuvor hatte Lawrow gesagt, Russland wolle sich nicht von der Welt isolieren, sei aber bereit, die Beziehungen zur EU abzubrechen. Es geht darum, dass Sanktionen ein Risiko für die Wirtschaft des Landes darstellen. So hat der EU-Vertreter Josep Borrell kürzlich Moskau besucht. Als Ergebnis des Besuchs schlug er vor, neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen.

Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2021/russischer-aussenminister-lawrow-beziehungen-zwischen-der-eu-und-russland-in-fetzen-zerrissen/?doing_wp_cron=1700703673.6816411018371582031250


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27.11.2023

Wirtschaftsbosse stehen auf: "Grüne Methode ist am Ende"

freedert.online, 27 Nov. 2023 16:02 Uhr

Die Zustimmung zur Politik der Bundesregierung löst sich nach nur zwei Jahren allmählich in Luft auf. Nicht nur bei den Wählern, auch Unternehmenschefs, die in der Öffentlichkeit lange die Füße still hielten, wenden sich mittlerweile offen gegen die Politik der "Ampel"-Koalition.


Quelle: www.globallookpress.com © dts Nachrichtenagentur


Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Regierungsbank im Deutschen Bundestag am 19. Oktober 2023


Erst am Sonntag warnte der Präsident der Arbeitgeberverbände Rainer Dulger in der Springerzeitung Bild vor den zerstörerischen Folgen der Politik der regierenden "Ampel"-Koalition insbesondere auch für die deutsche Wirtschaft. Angesichts des verfassungswidrigen Haushalts traten am Montag mehrere (auch einige ehemalige) Chefs großer deutscher Unternehmen nach und gaben Stellungnahmen ab, mit denen von der amtierenden Bundesregierung umgehend ein Politikwechsel gefordert wird.

Der ehemalige Siemens-Chef Heinrich von Pierer sprach sich gegen den "kompletten Umbau" der deutschen Wirtschaft aus. Der grundlegende Fehler dieser Bundesregierung sei, wann immer "grüne Ideologie" auf die Wirklichkeit treffe, werde mit Subventionen reagiert. Die Wirklichkeit lasse sich aber nicht auf Dauer "wegsubventionieren", erklärte von Pierer. Nach zwei Jahren dieser "Ampel" sei "die grüne Methode" daher am Ende, urteilt von Pierer. Jetzt gehe es darum, Deutschland endlich wieder "fit" zu machen.


Erst teure Vorschriften, dann teure Subventionen


Arbeitgeberpräsident: Bundesregierung muss grüne Projekte "jetzt" zurückstellen





Arbeitgeberpräsident: Bundesregierung muss grüne Projekte "jetzt" zurückstellen






Wie abhängig Deutschlands Industrie mittlerweile von Subventionen geworden ist, verdeutlichte Gunnar Groebler, der Vorstandsvorsitzende des Stahlproduzenten Salzgitter AG. Er verwies auf die Verunsicherung, die das selbstverschuldete Haushaltsloch der Bundesregierung jetzt auch für die Industrie bedeute. Die Ausgangslage für künftige Investitionen habe sich von einem Tag auf den anderen "grundlegend" verändert, während man sich im größten Umbau der Unternehmensgeschichte befinde, um die Stahlproduktion zu "dekarbonisieren".

Die Unternehmerin Marie-Christine Ostermann, zugleich Präsidentin des Verbandes "Die Familienunternehmer" (mit 6.500 Mitgliedsfirmen), schlägt in dieselbe Kerbe wie von Pierer. Sie forderte die "Ampel"-Regierung auf, die Praxis zu beenden, dass erst Vorschriften erlassen werden, "die für Normalbürger und für Unternehmer alles unbezahlbar machen", um anschließend Steuergeld zu verteilen, "damit alle sich wieder wohlfühlen". Eine Regierung, die ohne neue Schulden nicht auskomme, habe abgewirtschaftet, urteilte Ostermann.

Der Inhaber und Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema Wolfgang Grupp und Christoph Werner, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Einzelhandelskette dm-drogerie markt forderten von der Bundesregierung mehr Verantwortungsbewusstsein. Werner forderte zudem, dass sich der Staat auf wieder stärker auf seine Kernaufgaben konzentriere, dann werde die soziale Marktwirtschaft ihre positive Wirkung zum Wohle aller wieder entfalten können.


Mehr zum Thema – Haushaltskrise: CSU-Chef Söder fordert Neuwahlen


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://freedert.online/inland/188187-wirtschaftsbosse-stehen-auf-gruene-methode


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27.11.2023

Pepe Escobar: Der Räumungsbescheid wird gerade verfasst und kommt in vier Sprachen

seniora.org, 27. November 2023, Von PEPE ESCOBAR 24. November 2023 - übernommen von unz.com

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Der Räumungsbescheid ist in Arbeit. Und er wird in vier Sprachen erscheinen. Russisch. Farsi. Mandarin. Und nicht zuletzt in Englisch.




Eine der großen Freuden des professionellen Schreibens ist es, immer von informierten Lesern bereichert zu werden. Diese "Ausschluss"-Einsicht   – die tausend geopolitische Abhandlungen wert ist   – wurde von einem meiner schärfsten Leser als Kommentar zu einer Kolumne geliefert.

Kurz gesagt, was wir hier haben, drückt einen tief empfundenen Konsens aus, nicht nur in Westasien, sondern auch in den meisten Breitengraden des globalen Südens und der globalen Mehrheit.

Das Undenkbare in Form eines Völkermords, der im dritten Jahrzehnt des Jahrtausends   – das ich in einem früheren Buch als die "Raging Twenties" ("Die Rasenden Zwanziger") bezeichnet habe   – live und in Echtzeit auf jedem Smartphone stattfand, hat wie ein Teilchenbeschleuniger gewirkt und die Herzen und Köpfe infiziert.


Diejenigen, die sich dafür entschieden haben, Westasien in Brand zu setzen, sehen sich bereits mit bösen Rückschlägen konfrontiert. Und das geht weit über die von den Führern des Globalen Südens ausgeübte Diplomatie hinaus.


Zum ersten Mal seit langem hat sich China durch Präsident Xi Jinping geopolitisch mehr als deutlich geäußert (ein wahrer Souverän kann sich nicht absichern, wenn es um Völkermord geht). Chinas unmissverständliche Position zu Palästina geht weit über die geoökonomische Routine der Förderung der Handels- und Transportkorridore der BRI hinaus.

Und das alles, während Präsident Putin die Entsendung humanitärer Hilfe nach Gaza als "heilige Pflicht" bezeichnete, was im russischen Code vor allem das militärische Spektrum einschließt.

Trotz aller Manöver und gelegentlicher Posen weiß praktisch jeder, dass die derzeitige UN-Konstruktion unheilbar verrottet und völlig unfähig ist, sinnvolle Friedensverhandlungen, Sanktionen oder Untersuchungen von Kriegsverbrechen durchzusetzen.


Die neue UNO, die im Entstehen begriffen ist, ist BRICS 11   – eigentlich BRICS 10, denn das neue trojanische Pferd Argentinien könnte in der Praxis nur eine marginale Rolle spielen, vorausgesetzt, es tritt am 1. Januar 2024 bei.


Die BRICS 10, angeführt von Russland und China, die beide von einem starken moralischen Kompass geleitet werden, haben ein offenes Ohr für die arabische Straße und die Länder des Islam. Vor allem auf ihr Volk, viel mehr als auf ihre Eliten. Dies wird im Jahr 2024 während des russischen Vorsitzes der BRICS ein wesentliches Element sein.


Auch wenn Sie nicht auschecken, müssen Sie gehen

Die derzeitige Tagesordnung im New Great Game besteht darin, die Vertreibung des Hegemons aus Westasien zu organisieren   – eine ebenso große technische wie zivilisatorische Herausforderung.

So wie es aussieht, ist das Kontinuum Washington-Tel Aviv bereits Gefangener seines eigenen Apparates. Dies ist kein Hotel Kalifornien; man kann nicht auschecken, wann man will, aber man wird gezwungen sein, zu gehen.

Das kann auf relativ sanfte Weise geschehen   – stellen Sie sich Kabul als Saigon-Remix vor   – oder, wenn es hart auf hart kommt, kann es zu einer Apokalypse Now auf See kommen, mit teuren eisernen Badewannen, die sich in unterseeische Korallenriffe verwandeln, und dem Untergang des CENTCOM und seiner AFRICOM-Projektion.

Entscheidend ist, wie der Iran   – und Russland   – Jahr für Jahr mit unendlicher Geduld die Meisterstrategie von General Soleimani gespielt haben, mit dessen Ermordung die "Rasenden Zwanziger" begannen.

Ein waffenloser Hegemon kann die "neue Achse des Bösen", Russland-Iran-China, nicht nur in Westasien, sondern überall in Eurasien, im asiatisch-pazifischen Raum und in ganz Afrika nicht besiegen. Die direkte Beteiligung/Normalisierung des Völkermordes hat nur dazu beigetragen, die fortschreitende, unvermeidliche Ausgrenzung des Hegemons aus den meisten Ländern des globalen Südens zu beschleunigen.

Und das alles, während Russland akribisch an der Integration des Schwarzen Meeres, des Kaspischen Meeres, der Ostsee (ungeachtet der finnischen Hysterie), der Arktis und des nordwestlichen Pazifiks arbeitet und China die Integration des Südchinesischen Meeres mit Hochdruck vorantreibt.

Xi und Putin sind begnadete Schach- und Go-Spieler   – und profitieren von hervorragenden Beratern vom Kaliber eines Patruschew und Wang Yi. Wenn China geopolitisches Go spielt, ist das eine Übung in Nicht-Konfrontation: Alles, was man tun muss, ist, die Bewegungsmöglichkeiten des Gegners zu blockieren.

Schach und Go, als diplomatisches Tandem, sind ein Spiel, bei dem man den Gegner nicht unterbricht, wenn er sich wiederholt selbst ins Knie schießt. Als zusätzlicher Bonus wird Ihr Gegner zum Feind von über 90 % der Weltbevölkerung.

All das wird dazu führen, dass die Wirtschaft des Hegemons schließlich zusammenbricht. Und dann kann er standardmäßig besiegt werden.


Westliche "Werte" unter den Trümmern begraben

Während Russland, insbesondere durch Lawrows Bemühungen, dem Globalen Süden/der Globalen Mehrheit ein zivilisatorisches Projekt anbietet, das sich auf eine gegenseitig respektierende Multipolarität konzentriert, bietet China durch Xi Jinping das Konzept einer "Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft" und eine Reihe von Initiativen an, die im Oktober auf dem Forum der Belt & Road Initiative (BRI) in Peking, bei dem Russland nicht zufällig Ehrengast war, ausführlich diskutiert wurden.

Eine Gruppe chinesischer Wissenschaftler umreißt den Ansatz kurz und bündig als "Schaffung/Förderung globaler Knotenpunkte für Beziehungen/Kommunikation und Plattformen für konkrete Zusammenarbeit/praktischen Austausch. Die Teilnehmer bleiben souverän, leisten einen Beitrag zum gemeinsamen Vorhaben (oder einfach nur zu bestimmten Projekten) und erhalten Vorteile, die sie bereit machen, weiterzumachen".


Es ist, als ob Peking als eine Art leuchtender Stern und Leitstern fungieren würde.

In scharfem Kontrast dazu stürzt das, was von der westlichen Zivilisation übrig geblieben ist   – die sicherlich nicht viel mit Montaigne, Pico della Mirandola oder Schopenhauer zu tun hat   –, zunehmend in ein selbst konstruiertes Herz der Finsternis (ohne Conrads literarische Größe) und wird mit dem wahren, unrettbar schrecklichen Gesicht des konformistischen, unterwürfigen Individualismus konfrontiert.

Willkommen im neuen Mittelalter, das durch die "Kill-Apps" des westlichen Rassismus ausgelöst wurde, wie der Wissenschaftler Shuchen Xiang, Professor für Philosophie an der Xidan-Universität, in seinem brillanten Buch "Chinese Cosmopolitanism" (Chinesischer Kosmopolitismus) darlegt.

Die "Killer-Applikationen" des westlichen Rassismus, schreibt Prof. Xiang, sind die Angst vor Veränderung, die Ontologie des bivalenten Dualismus, die Erfindung des "Barbaren" als rassisch Anderer, die Metaphysik des Kolonialismus und die unersättliche Natur dieser rassistischen Psychologie. All diese "Apps" explodieren jetzt in Westasien in Echtzeit. Die wichtigste Folge ist, dass das westliche "Werte"-Konstrukt bereits unter den Trümmern des Gazastreifens begraben ist.

Nun zu einem Lichtblick: Es lässt sich argumentieren   – und wir werden darauf zurückkommen   –, dass das orthodoxe Christentum, der gemäßigte Islam und verschiedene Strömungen des Taoismus/Konfuzianismus die Zukunft als die drei wichtigsten Zivilisationen einer gereinigten Menschheit einnehmen könnten.

Quelle: https://www  .unz.com/pescobar/the-eviction-notice-is-being-written-and-will-come-in-four-languages/
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4756&mailid=2020


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27.11.2023

Rückblick auf die Demonstration am 25.11.2023 in Berlin

https://was-tun.net/newsletter-09-2023

Zum Vergleich
https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/29291-2/

Zum Vergleich

https://taz.de/Friedensdemonstration-in-Berlin/!5975537/

Zum Vergleich

https://www.tagesspiegel.de/berlin/friedensdemo-mit-wagenknecht-in-berlin-mitte-redner-vergleicht-bombardierung-von-gaza-mit-holocaust-10836820.html


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27.11.2023

Grüne: Hauptsache regierungsfähig

lostineu.eu, 27. November 202327. November 2023

Die Grünen wollen regierungsfähig bleiben. Bei ihrem Europa-Parteitag haben sie deshalb dicke Kröten geschluckt. Für die Ukraine soll es mehr Waffen geben, bei Flüchtlingen ist „Ordnung“ angesagt.

Bei der Europawahl 2019 drehte sich noch alles ums Klima. Damals waren die Grünen – gemeinsam mit „Fridays for Future“ (FFF) – in der Offensive.

Fünf Jahre später sind sie in der Defensive, von FFF und Greta (Thunberg) haben sie sich im Streit getrennt.

In der EU müssen die Grünen mittlerweile um ihren „Green Deal“ kämpfen, zuletzt häuften sich die Niederlagen.

Und in den Niederlanden hat sich gezeigt, dass sich mit Klimapolitik (allein) keine Wahlen gewinnen lassen.

Doch auf dem grünen Europa-Parteitag wurde das alles kaum reflektiert.

Die Debatte konzentrierte sich auf die Flüchtlingskrise. Die grünen Minister Habeck und Baerbock mußten ihr ganzes politisches Gewicht in die Waagschale werfen, um die Stimmung zu drehen – im Namen der Regierungsfähigkeit.

„Steuerung, Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu“, heißt es nun.

Dies soll es den Grünen erlauben, den umstrittenen europäischen Asyl- und Flüchtlingspakt mitzutragen und die „Festung EUropa“ auszubauen.

Hautsache regierungsfähig – das gilt mittlerweile sogar im Krieg.

„Wir setzen uns dafür ein, dass die EU in ihrer humanitären, politischen, finanziellen und auch militärischen Unterstützung der Ukraine nicht nachlässt„, beschlossen die Grünen.

Sie wollen noch mehr Waffen in die Ukraine schicken. Dabei hat 2023 doch gezeigt, dass der Konflikt militärisch nicht zu lösen ist…


Info: https://lostineu.eu/neuer-gruener-mix-erneuerbare-waffen-und-ordnung


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Krieg in der Ukraine: Experten in Erklärungsnot


lostineu.eu, vom 26. November 2023

Die ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert, in den USA denkt man längst über Alternativen nach. Doch deutsche Experten wollen es immer noch nicht wahrhaben – sie suchen nach Ausreden.

Ein schönes Beispiel liefert J. Kluge vom regierungsnahen Thinktank SWP in Berlin. Er schreibt:

Einige Kritiker von Waffenlieferungen meinen nun, die militärischen Schwierigkeiten der Ukraine gäben ihnen nachträglich recht. Das ist natürlich doppelt falsch: 1) Es wurde weniger geliefert als benötigt. 2) „Verhandlungen“ waren zu jedem Zeitpunkt nur eine Scheinalternative.

Twitter / X

Beide Behauptungen zeugen von Erklärungsnot. Denn natürlich gab es Verhandlungen – nicht nur „sogenannte“. Wie gerade erst bestätigt, hätten sie den Krieg durchaus schon im März 2022 beenden können.

Dies sagt nicht irgendwer, sondern Dawyd Arachamija, Fraktionsvorsitzender von Selenskyjs Partei „Diener des Volkes“ in der Rada. „Die Russen waren bereit, den Krieg zu beenden, wenn wir – wie einst Finnland – der Neutralität zugestimmt und uns verpflichtet hätten, der Nato nicht beizutreten.“

Der ehemalige Chefunterhändler bei den Friedensgesprächen in Istanbul bestätigt auch, dass es der britische Ex-Premier Johnson war, der den Ukrainern sagte, sie sollten weiter kämpfen . Er trug damit maßgeblich zum Abbruch der Verhandlungen bei.

Auch Kluges erste Behauptung steht auf schwachen Beinen. Denn sowohl die USA als auch die Nato erklärten bereits im April dieses Jahres, die Ukraine habe genügend westliche Waffen, um Land zurückzugewinnen. Das sagten auch deutsche Experten.

Einer verstieg sich zu der Behauptung, die Ukraine sei nun so stark, dass sie Russland vernichtend schlagen könne. Er nannte sogar ein Datum: spätestens im Oktober würden die russischen Besatzer vertrieben werden. „Russland wird Entwicklungland“, behauptete er.

Neues Schreckgespenst

Von Kluge & Co. kam kein Widerspruch. Umso überraschender, dass unsere Experten nun davor warnen, Russland könne in der Ukraine nicht nur gewinnen, sondern sogar so stark werden, dass auch Deutschland und die EU zum Angriffsziel werden.

„Niemand in Europa wäre mehr sicher“, behaupten N. Lange und  C. Masala. Damit übersehen sie nicht nur die Rolle der Nato, die Russland von Angriffen auf Europa abschreckt. Sie geben indirekt auch zu, dass sie am Sieg der Ukraine zweifeln.

Das neue Schreckgespenst „Russland wird übermächtig“ soll offenbar davon ablenken, dass fast alle Einschätzungen unserer Experten falsch waren. Doch statt sich zu entschuldigen und zu korrigieren, setzen sie einfach noch einen drauf!

Die USA sind schon weiter. Sie diskutieren offen darüber, dass die Ukraine ihre Kriegsziele nicht mehr erreichen kann. Deshalb müsse eine neue, realistischere Strategie her. Auf unsere deutschen Experten darf man dabei wohl nicht hoffen…

Siehe auch Open Thread: Die Ukraine kann nicht siegen

5 Comments

  1. Robby
    27. November 2023 @ 00:51

    Das ist das Problem mit unseren „Experten“.
    Die glauben die eigene Propaganda.
    Und wenn sie nicht irren dann lügen sie schamlos.
    Das Schlimme ist, dass sich diese Experten unsere Regierungen selber züchten und unterhalten (müssen).
    Ich hab das nie verstanden warum die sich da selber solche Eier legen.

Reply

  • Peter F. Meier
    26. November 2023 @ 20:45

    „Wie gerade erst bestätigt, hätten sie den Krieg durchaus schon im März 2023 beenden können.“

    Gemeint ist wohl eher März 2022?

    Reply

  • Arthur Dent
    26. November 2023 @ 19:30

    „Militärexperten“, die zum Teil nicht mal Wehrdienst geleistet haben? „Militärexperten“, die verdrängt hatten, dass Russland die zweitgrößte Waffenschmiede der Welt ist. „Militärexperten“, die nicht wissen, dass nur Operationen verbundener Waffensysteme von Erfolg gekrönt sein können, nicht ein Sammelsurium. „Militärexperten“, die nicht wissen, dass die Nato diese Form des Krieges gar nicht führen kann, nicht mal die USA. Einen Vietnam-Krieg könnten die auch nicht mehr führen. In Deutschland gab es viel Wunschdenken und einen Jahrmarkt der Eitelkeiten. Man will wieder kriegstüchtig werden, die Bundeswehr verfügt nicht einmal über ausreichend Ausbilder.

    Reply

    • KK
      26. November 2023 @ 23:59

      „Einen Vietnam-Krieg könnten die auch nicht mehr führen.“

      Das konnten sie schon damals nicht; oder warum wohl sind sie nach vielen Jahren mit eingekniffenem Schwanz wieder nach Hause geflogen?

      Reply

  • KK
    26. November 2023 @ 18:18

    „„Niemand in Europa wäre mehr sicher““

    Es ist doch schon jetzt in EUropa niemand mehr sicher – wir sind nicht sicher vor unseren unfähigen und/oder regelrechten fanatischen Politikern, nicht sicher vor unseren in Selbstgleichschaltung im militaristischen Stechschritt marschierenden Medien, und schon gar nicht sind wir sicher vor unseren ganzen sogenannten „Experten“.


  • Info: https://lostineu.eu/krieg-in-der-ukraine-experten-in-erklaerungsnot


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    27.11.2023

    Nachrichten von Pressenza: Westen drängt Ukraine zu Verhandlungen – Ist Russland dazu überhaupt bereit?

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 27. November 2023, 7:15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 27.11.2023


    Westen drängt Ukraine zu Verhandlungen – Ist Russland dazu überhaupt bereit?


    Nach fast zwei Jahren Krieg in der Ukraine spricht immer weniger für einen baldigen Sieg Kiews. Im Land wächst inzwischen die Enttäuschung über den Kriegsverlauf, was den Westen offenbar dazu bewegt, ernsthaft über Friedensverhandlungen nachzudenken. Doch ist Moskau zu Verhandlungen&hellip;

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    Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen In Ecuador


    Am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, demonstrierten Hunderte von Frauen in Quito und prangerten die Gewalt gegen Frauen im ganzen Land an und forderten die Umsetzung einer konsequenten Politik.

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/11/internationale-tag-zur-beseitigung-von-gewalt-gegen-frauen-in-ecuador/


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    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    27.11.2023

    Die Strategie der EindämmungWashington und Berlin dringen laut einem Bericht auf Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau. US-Experten fordern Übergang vom Krieg zu „Strategie der Eindämmung“ gegen Russland.

    german-foreign-policy.com, 27. November 2023

    BERLIN/KIEW (Eigener Bericht) – In Deutschland und in den Vereinigten Staaten wächst der Druck auf Kiew, sich Verhandlungen mit Moskau über einen Waffenstillstand nicht mehr zu verschließen. Die Regierungen beider Länder streben, wie Ende vergangener Woche berichtet wurde, den Übergang zu solchen Verhandlungen an, wünschen aber, dass Kiew sie selbst einleitet, ohne öffentlich dazu aufgefordert zu werden. Eine Aufforderung gäbe die stetige Behauptung des Westens, die Ukraine bestimme eigenständig über ihr Vorgehen, der Lächerlichkeit preis. Der Plan, Gespräche mit Moskau anzubahnen, trägt dem Scheitern nicht nur der Kiewer Gegenoffensive, sondern auch der westlichen Russland-Sanktionen Rechnung: Da es nicht gelingt, den ukrainischen Streitkräften zum Sieg auf dem Schlachtfeld zu verhelfen oder Russland ökonomisch niederzuringen, wird von Experten schon seit einiger Zeit der Übergang zu einer Politik der Eindämmung empfohlen. Diese soll den aktuellen militärischen Stand einfrieren, ohne ukrainische Gebiete formell an Russland abzutreten. Begleitet werden soll sie von einer massiven Aufrüstung der NATO. Für Deutschland fordern Experten einen „Mentalitätswechsel“; Berlin dringt auf „Kriegstüchtigkeit“.


    Zitat: Das Ende des magischen Denkens

    Bereits am 16. November hatten Eugene Rumer, ein ehemaliger Russland-Experte der US-Geheimdienste, und Andrew S. Weiss, ein Russland-Experte der US-Regierungen von George H.W. Bush und William Clinton, in einem Beitrag für das Wall Street Journal ausdrücklich einen Schwenk zu einer „Strategie der Eindämmung“ gegenüber Russland gefordert. Im Westen hätten sich die Regierungen allzu häufig „magischem Denken“ hingegeben, schrieben Rumer und Weiss: Man habe „auf Sanktionen gesetzt“, darauf, „Russland diplomatisch zu isolieren“, auf „eine erfolgreiche ukrainische Gegenoffensive“, auf „neue Waffentypen“ [1]; ein Beispiel für Letzteres war die deutsche Begeisterung für die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard („free the Leopards!“). Nichts davon habe zum Erfolg geführt, halten die beiden Experten fest; die Gegenoffensive sei gescheitert, die russische Wirtschaft stehe besser da als gedacht, Präsident Wladimir Putin werde von der Bevölkerung weiterhin unterstützt. Man müsse daher einen Kurswechsel einleiten und sich auf einen langfristigen Machtkampf einstellen. Dazu müsse die Ukraine weiter gefördert und hochgerüstet werden; die Sanktionen gegen Russland müssten in Kraft bleiben; es gelte Moskau konsequent zu isolieren. Anstatt auf schnelle militärische Erfolge der Ukraine zu hoffen, müssten die NATO-Staaten sich selbst massiv hochrüsten – gegen Russland.


    Ein Mentalitätswechsel

    Eine solche massive Hochrüstung haben erst vor kurzem zwei Experten von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) gefordert. Demnach benötigen die NATO sowie die Bundesrepublik „eine Strategie, die auf frühestmögliche Abschreckung setzt“ und bereits in wenigen Jahren auf hochgerüstete Streitkräfte zurückgreifen kann.[2] Dazu sei ein „Quantensprung“ notwendig, heißt es: Die Bundesregierung müsse „binnen kürzester Frist die Bundeswehr personell stärken“, „die Rüstungsproduktion ausweiten“ und vor allem „die Resilienz verbessern“. „Voraussetzung dafür ist ein Mentalitätswechsel in der Gesellschaft“, heißt es in dem DGAP-Papier. Dieser aber könne nur dann eingeleitet werden, „wenn die Gesamtverteidigung ein Teil des Alltags von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wird“. Dazu müsse man die Bevölkerung in den Prozess einbinden, was „über Wettbewerbe, Weiterbildungen, Trainingscamps“ oder „andere interaktive Formate“ geschehen könne. Denkbar sei „ein verpflichtendes Praktikum für alle in Deutschland lebenden Menschen im Alter von 18 bis 65 Jahren“ auf dem Feld der „Gesamtverteidigung“. Der Forderung nach einem Mentalitätswechsel entspricht, dass Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius die deutsche Gesellschaft „kriegstüchtig“ sehen will und die neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien dies ausdrücklich unterstützen.[3]


    Ziele und Mittel

    Mit Blick auf die Lage in der Ukraine haben am 17. November zwei weitere einflussreiche US-Experten auf der Website der Zeitschrift Foreign Affairs Überlegungen zur US-Strategie präsentiert. Richard Haass, ehemaliger Präsident des Council on Foreign Relations, und Charles Kupchan, Ex-Mitarbeiter des Nationalen US-Sicherheitsrats unter Präsident William Clinton, urteilen, Kiew und der Westen befänden sich „auf einem nicht länger haltbaren Pfad“. Die ukrainischen Kriegsziele – die Rückeroberung der Krim und des Donbass – seien „strategisch außer Reichweite, sicherlich für die nahe Zukunft und sehr wahrscheinlich auch darüber hinaus“.[4] Zudem habe „die politische Bereitschaft, der Ukraine weiterhin militärische und wirtschaftliche Unterstützung zukommen zu lassen, sowohl in den USA als auch in Europa zu erodieren begonnen“. Die „grelle Diskrepanz zwischen den Zielen und den verfügbaren Mitteln“ steche ins Auge. Die Vereinigten Staaten müssten nun mit der Ukraine zusammenarbeiten, um „zu einer neuen Strategie überzugehen, die die militärischen und die politischen Realitäten widerspiegelt“. Unterbleibe dies, dann drohe Kiew langfristig die Unterstützung des Westens insgesamt zu verlieren, mit sehr weit reichenden Folgen, warnen die beiden Autoren.


    Vom Angriff zur Verteidigung

    Als unumgänglich erachten Haass und Kupchan dabei die Bereitschaft der Ukraine, „einen Waffenstillstand mit Russland auszuhandeln“ und zugleich ihren militärischen Schwerpunkt „vom Angriff zur Verteidigung“ zu verlagern.[5] Es gehe nicht darum, Territorium offiziell aufzugeben, erläutern die Autoren. Kupchan hatte bereits im Juni [6] ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man die Kämpfe einstellen, jedoch zugleich am Anspruch auf Territorien festhalten kann; als „historische Analogie“ hatte er die Bundesrepublik genannt: Diese hatte während des Kalten Kriegs den Anspruch auf das Territorium der DDR in der Tat nie aufgegeben. Als weitere Parallele gilt Korea, wo seit Jahrzehnten Waffenstillstand herrscht, ohne dass Südkorea je auf seinen Anspruch auf den Norden verzichtet hätte. Wie Haass und Kupchan urteilen, müsse die Ukraine jetzt allerdings „anerkennen, dass ihre kurzfristigen Prioritäten vom Versuch, mehr Territorium zu befreien, sich verschieben müssen zur Verteidigung und zur Wiederherstellung von mehr als 80 Prozent des Landes, das sie immer noch unter Kontrolle hat“. Dazu sei ein Waffenstillstand hilfreich, womöglich sogar nötig. Nicht zuletzt werde ein solches Vorgehen „demonstrieren“, dass Kiew eine „anwendbare Strategie mit erreichbaren Zielen“ habe; das werde auch helfen, langfristig westliche Unterstützung zu sichern.

    „Aus freien Stücken“

    An die Gedankengänge knüpfen nicht nur Überlegungen an, die vor kurzem ein ehemaliger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Oleksij Arestowytsch, in einem Interview mit der Zeitschrift Stern geäußert hat. Arestowytsch sprach von einer „Sackgasse auf dem Schlachtfeld“, urteilte, es sei an der Zeit, „sich an den Verhandlungstisch zu setzen“, und plädierte dafür, sich am Vorbild der Bundesrepublik in den Jahren des Kalten Kriegs zu orientieren: „Die Rückkehr der besetzten Territorien“ könne man „auf politischem Wege verfolgen“.[7] Auch Pläne der US-amerikanischen sowie der deutschen Regierung, über die Ende vergangener Woche das Springer-Blatt Bild berichtete, entsprechen dem Modell. Demnach gilt nun die Einleitung von Verhandlungen mit Russland als Ziel. Allerdings solle der ukrainische Präsident „selbst zu der Erkenntnis kommen“, dass es „so nicht weitergeht“, wird ein Berliner Insider zitiert: Selenskyj „soll sich aus freien Stücken an seine Nation richten und erklären, dass man verhandeln muss“.[8] Dies gilt als unumgänglich, da es im Westen bislang immer hieß, man richte sich stets nach dem ukrainischen Willen und mache Kiew keinerlei Vorgaben; eine Abkehr davon wäre dem Publikum schwer zu verkaufen.


    Druck

    Allerdings sollen Vorkehrungen getroffen werden, die geeignet sind, Selenskyj zu der vom Westen gewünschten Kurskorrektur zu veranlassen. So heißt es, es sollten bloß exakt so viele Waffen geliefert werden, wie sie zur Verteidigung erforderlich seien.[9] Zudem wird als Alternative „ein eingefrorener Konflikt ohne Einvernehmen der Konfliktparteien“ in Aussicht gestellt. Er würde die Ukraine aufreiben und Kiew wohl früher oder später zum Nachgeben zwingen. Offiziell wird der Inhalt des „Bild“-Berichts noch dementiert. Von Experten jedoch wird ein Waffenstillstand immer häufiger gefordert – seltener in Deutschland, öfter in den USA.

     

    [1] Eugene Rumer, Andrew S. Weiss: It’s Time to End Magical Thinking About Russia’s Defeat. wsj.com 16.11.2023.

    [2] Christian Mölling, Torben Schütz: Den nächsten Krieg verhindern. DGAP Policy Brief. Berlin, 08.11.2023.

    [3] S. dazu „Deutschland kriegstauglich machen“ und „Kriegstüchtigkeit“ als Handlungsmaxime.

    [4], [5] Richard Haass, Charles Kupchan: Redefining Success in Ukraine. A New Strategy Must Balance Means and Ends. foreignaffairs.com 17.11.2023.

    [6] S. dazu Der Übergang zur Diplomatie (I).

    [7] Florian Schillat: Ukraine-Krieg: SPD-Politiker bringen Verhandlungslösung ins Spiel. stern.de 04.11.2023. Moritz Gathmann: Ex-Berater von Selenskyj fordert: „Wir sind in einer Sackgasse. Es ist Zeit, sich an den Verhandlungstisch zu setzen“. stern.de 03.11.2023.

    [8], [9] Julian Röpcke: Neuer Geheimplan für die Ukraine. bild.de 24.11.2023.



    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9416


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.11.2023

    Kritik von Juden in Deutschland: „Wir verzweifeln an Israels Politik“

    berliner-zeitung.de, vom 23.11.2023 | 11:03 Uhr

    Die Berliner Zeitung berichtete über eine Veranstaltung des Vereins Jüdische Stimme in Berlin. Unsere Autorin war dabei – und ärgerte sich über den Bericht. Eine Entgegnung.

    Nirit Sommerfeld


    Berlin: Eliana Ben David vom Verein Jüdische Stimme hält ein Protestplakat.

    Berlin: Eliana Ben David vom Verein Jüdische Stimme hält ein Protestplakat.Benjamin Pritzkuleit

    Der „Kosher-Stempel“-Artikel dieser Zeitung zur Veranstaltung der „Jüdischen Stimme“ am 4. November in Berlin hinterlässt mich kopfschüttelnd. Nachdem die Autorin zu 90 Prozent inhaltlich korrekt wiedergibt, was an jenem Abend im Kulturzentrum Oyoun stattgefunden hat, endet der Artikel mit der Vermutung, dass wir „eigensinnigen“ Jüdinnen und Juden wohl genauso massakriert worden wären, hätten wir uns am 7. Oktober zu Besuch in einem der Kibuzzim befunden, in denen Hamas-Terroristen gewütet hatten.

    Was will die Autorin den Lesern (oder uns?) sagen? Dass wir so dumm oder zu naiv sind, um zu begreifen, dass unser ganzes Friedensgedöns sowieso nichts bringt, wenn man es mit Terroristen zu tun hat? Sind wir am Ende doch die „falschen“ Juden, wie sie in Deutschland normalerweise gar nicht gehört werden und auch nicht gehört werden sollen? An dieser Stelle ganz großen Dank an die Berliner Zeitung, die immerhin jemanden schickt und einen Artikel über unsere Veranstaltung abdruckt, während bis auf Kollegen der „junge welt“ alle anderen eingeladenen Pressevertreter sich lieber durch Abwesenheit positionieren.


    Aber auch für die Kollegin der Berliner Zeitung scheinen wir nicht ins Bild zu passen: Es gab keine Kippas, als seien Juden nur an ihren Zuschreibungen erkennbar, dafür spüre ich eine gewisse Herabwürdigung, wenn von „zarten goldenen Davidsternen“ die Rede ist und von „wallenden dunklen Lockenmähnen“, die sich bei der Schweigeminute senken. Ein leise Unterton scheint mitzuschwingen, etwa wenn die Zahl der in Gaza getöteten Kinder kommentiert wird (in Klammern steht: „das sind die Zahlen der Hamas-Gesundheitsbehörde“) – aber ich lasse mal meine Empfindlichkeiten beiseite, denn es geht um wahrlich Wichtigeres.


    Kriegsverbrechen in Israel und Gaza

    Ich will hier nur von mir sprechen, denn – Überraschung! – selbst innerhalb des Vereins „Jüdische Stimme“ gibt es unterschiedliche Sichtweisen, Erfahrungen und Aktivitäten, trotz der gemeinsamen Überzeugung, dass nur Gerechtigkeit auf beiden Seiten zu einem dauerhaften Frieden führen kann. In besagtem Artikel wird als Motiv für unser Engagement unsere „Empörung über die Ungerechtigkeit (…) im Verhältnis zwischen Israel und Palästina“ beschrieben. In Wahrheit ist es etwas viel Größeres, was uns antreibt: Es sind schiere Verzweiflung, tief sitzender Schmerz und existentielle Angst.


    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu imago images


    Wir verzweifeln an Israels Politik, die seit Jahrzehnten das Ziel verfolgt, die Palästinenser loszuwerden und das gesamte Land zwischen Mittelmeer und Jordan für sich zu beanspruchen, was derzeit in einer rechtsradikalen Regierung manifest geworden ist, die unverhohlen Äußerungen von sich gibt, die in Deutschland (zurecht!) als Volksverhetzung oder Schlimmeres identifiziert würden.

    So will etwa Israels Staatspräsident Herzog nicht zwischen Hamas und Zivilisten unterscheiden und verlangt in einer martialischen Rede, ihnen „das Rückgrat zu brechen“. Verteidigungsminister Yoav Galant spricht, wie viele andere auch in der israelischen Zivilgesellschaft, von „Tieren“ oder „human animals“; die auf sie gerichteten Militäroperationen seien „nicht auf Genauigkeit aus, sondern auf Zerstörung“. Israels Minister für ‚Jerusalemer Angelegenheiten und Heimaterbe‘, Amichai Eliyahu, brachte den Einsatz einer Atombombe ins Spiel und schlägt den „Monstern von Gaza“ die Flucht in die Wüste oder nach Irland vor.

    Wir wissen: Worte bereiten Taten vor. Seit Netanyahu der Hamas den Krieg erklärt hat, findet meiner Ansicht nach ein Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung statt. Es ist die Rache für den 7. Oktober, bei dem die Hamas ihrerseits durch nichts zu rechtfertigende Kriegsverbrechen an Zivilisten verübt hat.


    In Israel sagt man lieber „Araber“ als „Palästinenser“

    Übrigens war das schon vor 15 Jahren, als ich in Israel gelebt habe, völlig normal, so über Palästinenser zu sprechen. Mehrere Bekannte sagten mir damals schon, es gäbe nur eine Lösung für das Palästinenserproblem, und das sei Vernichtung. Diese Araber – in Israel nimmt man ungern das Wort ‚Palästinenser‘ in den Mund, als fürchte man, die alleinige Namensnennung könne schon die Anerkennung ihrer Existenz andeuten – würden nicht leiden, sie machten nur Theater, um das Mitleid der Welt zu erregen. Geschichte sei nun einmal nicht gerecht, man habe als jüdisches Volk 2000 Jahre Diaspora hinter sich und mit der Shoa das schlimmste Menschheitsverbrechen erdulden müssen; jetzt seien eben andere dran.

    In solchen Aussagen liegt der Schmerz, den viele in der „Jüdischen Stimme“ kennen. Er rührt von einer Wunde, die sich nicht schließen will. Bei mir ist es die tiefe Enttäuschung, die ich erfahren habe, als ich 2007 in mein Geburtsland zurückzog. Im Laufe von zwei Jahren musste ich festzustellen, dass all meine Überzeugungen bezüglich dieses Landes, an denen ich ebenso wenig wie alle anderen Kinder Israels je gezweifelt hatte, Lügen und Täuschungen waren: Von der Mär vom leeren „Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ über die „moralischste Armee der Welt“ und der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“ (die immerhin für jüdische Israelis bis vor kurzem noch halbwegs existierte) bis hin zur im israelischen Diskurs komplett geleugneten Nakba, der Ermordung tausender und Vertreibung hunderttausender Palästinenser im Zuge der Staatsgründung, des Raubes ihres Besitzes, ihres Landes, ihres verbrieften Rückkehrrechts. Die Liste ließe sich lang fortsetzen.

    Auf alledem baut sich eine existenzielle Angst auf: Angst um die Menschen in Israel, Angst um die Palästinenser, Angst um Juden weltweit, Angst vor einem Flächenbrand, der zu einem Dritten  (und letzten?) Weltkrieg führen könnte. Wo soll das hinführen, wenn wir diesen Pfad der Gewalt nicht verlassen? Wenn wir ein Menschheitsverbrechen – und das hat die Hamas mit ihrem barbarischen Vernichtungszug am 7. Oktober begangen, was nicht nur verdammt, sondern auch bestraft werden muss – mit einem weiteren Menschheitsverbrechen vergelten?


    Israelische Soldaten manövrieren gepanzerte Militärfahrzeuge entlang der israelischen Grenze zum Gazastreifen. Ohad Zwigenberg/AP


    Bitte nicht mit dem Beispiel von Nazi-Deutschland kommen!

    Die Geschichte hat gezeigt, dass Gewalt immer nur Gegengewalt erzeugt, und dass Ideen und Ideologien nicht weggebombt werden können. Und da soll mir keiner mit dem Beispiel von Nazi-Deutschland kommen! Die Alliierten wussten schon Jahre vor 1945 von der Existenz von KZs, sie hätten das Grauen schon lange zuvor beenden können. Faschistische Nazi-Ideologie wurde nicht durch Bomben auf Dresden ausgelöscht. Sie macht das Leben in Deutschland heute noch für bestimmte Minderheiten gefährlich, siehe NSU, Hanau oder Halle, nur um die Spitze des Eisbergs zu benennen.

    Was erwarten wir von den überlebenden Kindern in Gaza, deren Eltern und Urgroßeltern schon Flüchtlinge von 1948 waren? Sollen sie, nachdem sie wochenlang Ruinen, Hunger und Durst, Verschüttete und Verbrannte, Tod und Trauma erlebt haben, nach einem Wiederaufbau ihres Freiluftgefängnisses unsere freundlichen Nachbarn mit eingeschränkten Rechten werden, die unsere israelischen Gärten bestellen und unsere Häuser bauen, so wie die meisten Palästinenser es sich eingerichtet haben in den vergangenen Jahrzehnten? Oder werden sie eines Tages zu jungen Männern werden, die in ihrer Verzweiflung und Wut wieder Waffen in die Hand nehmen, um sich zu rächen an der Rache Israels?


    Diese tödliche Spirale wird ausschließlich durch einen Paradigmenwechsel zu unterbrechen sein. Entweder durch radikale Trennung zwischen Israelis und Palästinensern, was ich bis dato immer abgelehnt habe, weil ich durch meine eigene Familiengeschichte weiß, wie gut Juden und Araber neben- und miteinander leben konnten, solange die einen sich nicht über die anderen gestellt und sie entrechtet haben. Oder durch gleiche Rechte für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan in einem wie auch immer gearteten gemeinsamen Staat, einer Konföderation, einem Staatenbündnis oder einer sonstigen Organisationsform, die ohnehin die Menschen vor Ort selbst zu bestimmen haben.

    Aber bis dahin wird viel Blut fließen. Mit jedem Tag, an dem das Gemetzel in Gaza und die Tötungen, Vertreibungen und Hauszerstörungen im Westjordanland weitergehen, entfernt sich ein gerechter Frieden um eine Generation, mindestens. Hier kommt meine Verzweiflung über die deutsche Politik ins Spiel – von der EU und den USA ganz zu schweigen. Deutschland begreift nicht, dass sein „Wir stehen bedingungslos an der Seite Israels“ zu einer riesigen Gefahr für Israel und vor allem für Juden in Deutschland werden kann.


    Das Kulturzentrum Oyoun in Berlin-NeuköllnBenjamin Pritzkuleit


    Wo war Deutschlands Staatsräson, als Zivilisten Schutz brauchten?

    Wie nur kann der deutsche Staat wegsehen, wenn israelische Minister sich selbst als Faschisten bezeichnen, und Israels korrupter Ministerpräsident alles tut, um nur ja an der Macht zu bleiben? Seht Ihr nicht, dass er sein eigenes Volk verraten hat? Wo war die israelische Selbstverteidigung am 7. Oktober, auf deren Recht Ihr permanent pocht? Wo war Deutschlands „Staatsräson“, als israelische Zivilisten dringen Schutz vor Terroristen gebraucht hätten? Und wo ist jetzt Eure „unverbrüchliche Freundschaft“ mit einem Staat, der Völkermord und Vertreibung an den Palästinensern vorantreibt und womöglich nicht einmal vor dem Einsatz einer „kleinen“ Atombombe zurückschreckt?

    Oder – was fast schlimmer wäre – die gesamte islamische Welt auf den Plan rufen könnte, wenn der Plan von rund 20 radikal-jüdischen Organisationen und deren Anhängern sich durchsetzt, den Felsendom zu sprengen und den Dritten Tempel an seiner Stelle zu erreichten? Die Einrichtungsgegenstände samt der goldenen Menorah, so wie sie in der Bibel beschrieben ist, das Gewand des Hohepriesters, Becher und Löffel für Weihrauch und Vieles mehr liegt schon im „Tempel-Institut“ in der Altstadt Jerusalems bereit und erfreut sich einer steigenden Besucherzahl, vor allem von evangelikalen und andere Christensekten.

    Das alles macht mir, macht uns „Jüdischen Stimmen“ Angst. Ich habe Angst um meine Verwandten und Freunde in Israel, um den Niedergang der einst sozialistisch beflügelten, einst demokratisch und geschlechter- und herkunftsgleich gedachten israelischen Gesellschaft, in der heute nur noch Hass und Überlegenheitsanspruch regiert. Deswegen senken wir die Köpfe angesichts des Todes und der Gewalt, die auch wieder auf uns zurückfallen kann – und es ist gut, dass Grauschöpfe, dunkle Locken, Juden und Nichtjuden dabei sind. Der Staat Israel verrät sein eigenes Volk, verrät uns Juden weltweit, indem er am laufenden Band gegen jüdische Werte verstößt und seine Bürger nicht schützte, als sie es am nötigsten hatten. Stattdessen waren Militär und Polizei mit dem Schutz gewalttätiger Siedler in der Westbank beschäftigt.

    Ist es da nicht auch für Deutsche ermutigend, dass Juden in Deutschland ihre Stimme erheben? In den USA sind Tausende dem Ruf unserer Schwesterorganisation „Jewish Voice for Peace“ gefolgt, haben den Kongress in Washington besetzt und den zentralen Bahnhof von New York blockiert. Sie tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Not in our name“ (Nicht in unserem Namen), verlangen einen sofortigen Waffenstillstand, die Befreiung der Geiseln, Verhandlungen. „We still need to talk“ (Wir müssen immer noch reden) ist dort wie hier die Devise, unter der vorletzte Woche eine von Jüdinnen und Juden in Berlin geführte Demonstration mit mehr als tausend Menschen friedlich stattfand.

    Ja, mit Sicherheit wären auch wir am 7. Oktober in einem israelischen Kibbuz ermordet worden. Aber zum Glück ist diese Frage wirklich hypothetisch. Diese Gewaltvorstellung wird mich nicht meine Werte verraten lassen. Für eine gemeinsame, gerechte und friedliche Zukunft werde ich laut und eigensinnig weiterhin meine jüdische Stimme erheben. Denn unsere Trennlinie verläuft nicht zwischen Juden und Arabern, sondern zwischen Humanisten und Fanatikern.


    Eliana Ben David vom Verein Jüdische Stimme, Benjamin Pritzkuleit

    Im Übrigen hat der Berliner Kultursenator verkündet, dass dem Kulturzentrum Oyoun aufgrund der Zusammenarbeit mit „Jüdische Stimme“ sämtliche Fördergelder entzogen werden. Begründung: „Versteckter Antisemitismus“. Ich wünschte, in Deutschland würde mit dieser Entschlossenheit echtem, unverhohlenem Antisemitismus begegnet werden.

    Nirit Sommerfeld, in Israel geboren, in Ostafrika und Deutschland aufgewachsen, ist Schauspielerin, Sängerin und Autorin. Von 2007 bis 2009 lebte sie mit ihrer Familie in Tel Aviv und besuchte regelmäßig die besetzte Westbank, seitdem setzt sie sich für die Beendigung der Besatzung und gleiche Rechte für Israelis und Palästinenser zwischen Mittelmeer und Jordan ein.

    Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde. Mit Open Source gibt der Berliner Verlag freien Autorinnen und Autoren sowie jedem Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten. Ausgewählte Beiträge werden veröffentlicht und honoriert.

    Dieser Beitrag unterliegt der Creative Commons Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0). Er darf für nicht kommerzielle Zwecke unter Nennung des Autors und der Berliner Zeitung und unter Ausschluss jeglicher Bearbeitung von der Allgemeinheit frei weiterverwendet werden.

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    26.11.2023

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    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.11.2023

    Bhadrakumar: Indiens BRICS-Dilemma verschärft sich

    (doppelt)

    seniora.org, 25. November 2023, Von M. K. Bhadrakumar 25. November 2023 - übernommen von indianpunchline.com


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    Pakistans geschäftsführender Premierminister Anwaar-ul-Haq Kakar (L) trifft den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Rande des 3. Belt and Road Forum in Peking, 18. Oktober 2023.


    Das Unvermeidliche geschieht endlich, unaufhaltsam, da die neun Jahre alte Strategie der Regierung, Pakistan zu isolieren, zu dämonisieren und als einen Staat zu brandmarken, der den Terrorismus fördert, vor den Augen der Weltgemeinschaft zusammenbricht. Pakistan hat Neu-Delhi gerade den Mittelfinger gezeigt, indem es sich offiziell um die BRICS-Mitgliedschaft beworben hat.

    Man kann davon ausgehen, dass die fähigen Diplomaten in Islamabad die notwendige Vorarbeit geleistet und das Wasser getestet haben, bevor sie den formellen Antrag abgeschickt haben. Dies geschieht im Gefolge der Initiative des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, am 21. November 2023 eine außerordentliche gemeinsame BRICS-Sitzung zur Lage im Nahen Osten in Gaza einzuberufen, bei der Außenminister S. Jaishankar Premierminister Modi vertreten hat.

    Jaishankars Äußerungen zeichneten sich dadurch aus, dass sie Israel nicht für seinen barbarischen Angriff auf den Gazastreifen als "kollektive Bestrafung" für den Hamas-Angriff vom 7. Oktober tadelten, den Indien als verabscheuungswürdigen Terrorakt verurteilt hatte. Stattdessen bezeichnete Jaishankar Israels Bombardierung des Gazastreifens als den "andauernden Konflikt zwischen Israel und der Hamas in Gaza"!

    Die zentrale Frage eines sofortigen Waffenstillstands ließ er gänzlich außer Acht. Im Großen und Ganzen spiegelten Jaishankars Äußerungen fast vollständig die Haltung der Regierung Biden wider. Was jedoch den Atem raubte, war der Abschiedsgruß, den er dem BRICS-Publikum gab, indem er erklärte: "Die internationale Gemeinschaft ist heute mit einer sehr komplexen Situation konfrontiert, die viele Dimensionen hat. Wir müssen uns mit ihnen allen befassen und dabei Prioritäten setzen." (Auf der außerordentlichen gemeinsamen BRICS-Tagung wurde nicht, wie ursprünglich versprochen, eine gemeinsame Erklärung verabschiedet).

    Möglicherweise zielte Jaishankars Stich auf Russland ab   – er ist ein hervorragender Schütze, wenn es darum geht, Pfeile hinter dem Baum abzuschießen   – und wurde in Moskau gebührend zur Kenntnis genommen. Alles in der Diplomatie hat einen Kontext, nicht wahr?

    Als Pakistans geschäftsführender Premierminister Anwaarul Haq Kakar am 18. Oktober am Rande des Dritten Belt and Road Forum in Peking mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentraf, um eine Reihe von Themen wie Naher Osten, Terrorismus und Lebensmittelsicherheit zu erörtern, war er der dritte pakistanische Premierminister, der im vergangenen Jahr mit dem russischen Präsidenten zusammentraf, während die wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zunahmen.

    Am 16. November besuchte der stellvertretende russische Außenminister Vershinin Pakistan, um einen bilateralen Dialog über die Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung zu führen; die russische Seite hat Muhammad Kamran Akhtar, Generaldirektor im Außenministerium für Rüstungskontrolle und Abrüstung, zu Gesprächen über "strategische Stabilität" nach Moskau eingeladen; außerdem hat der stellvertretende russische Außenminister den zusätzlichen Sekretär (Europa) des Außenministeriums, der dem stellvertretenden Außenminister entspricht, eingeladen, Mitte Dezember nach Russland zu kommen, "um einen Meinungsaustausch über die vielfältigen Beziehungen zwischen Russland und Pakistan zu führen."

    Die bilateralen pakistanisch-russischen Konsultationen haben sich in den letzten Wochen spürbar intensiviert. Dies folgt auf die Entstehung einer virtuellen amerikanisch-indischen Quasi-Allianz, die zu einer veritablen geopolitischen Realität geworden ist. Russland ist auf dem besten Weg, seine Beziehungen zu Indien und Pakistan umzustellen.

    Aus russischer Sicht ist Pakistan schon lange nicht mehr in seinem Fadenkreuz, aber aus Rücksicht auf die indische Sensibilität hat es diese Beziehung auf Sparflamme gehalten. Dies könnte sich jedoch ändern. Aus russischer Sicht ist Pakistan heute ein repräsentativeres Mitglied des Globalen Südens als Indien, das sich auf die Seite der USA geschlagen hat. Und die "Authentizität" Pakistans sollte, was nicht überrascht, eine wichtige Überlegung für Russlands aktuelle außenpolitische Strategien sein.

    Es steht außer Frage, dass Pakistan ein aufrichtiger Befürworter der Multipolarität im internationalen System ist. Pakistan versucht nicht mehr, sich als "wichtiger Nicht-NATO-Verbündeter" [MNNA] der Vereinigten Staaten zu profilieren. Kurioserweise wurde Anfang dieses Jahres im US-Kongress ein Gesetzentwurf von Andy Biggs eingebracht, einem Abgeordneten, der Mitglied des republikanischen Hindu Caucus aus Arizona ist. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der US-Präsident dem Kongress eine Bescheinigung vorlegen muss, dass Islamabad bestimmte Bedingungen erfüllt hat, damit Pakistan den MNNA-Status behält. Aber das ist Islamabad völlig egal.

    Russland hat sicherlich zur Kenntnis genommen, dass Pakistan ein aktives Mitglied der BRICS sein möchte, und aller Wahrscheinlichkeit nach hat Islamabad nach Konsultationen mit Moskau einen formellen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Pakistan genießt die Unterstützung Chinas sowie einiger der neuen Mitglieder, die im Januar aufgenommen werden   – insbesondere Saudi-Arabien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.

    Indien steht vor der Qual der Wahl. Technisch gesehen hat Delhi die freie Wahl, den Antrag Pakistans abzulehnen, aber es ist illusorisch zu glauben, dass es mehrere Möglichkeiten gibt. Den Antrag Pakistans wegen angeblicher Unterstützung des Terrorismus zu blockieren, wird in diesen außergewöhnlichen Zeiten, in denen auch Indien wie „eine Katze auf dem heissen Blechdach“ ist, nur als ein Akt der Gereiztheit angesehen werden.

    Unmittelbar nach dem kanadischen Vorwurf einer indischen Verwicklung in die Ermordung des khalistanischen Separatisten Nijjar folgt die angebliche Demarche der USA bei der indischen Regierung, die einen ähnlichen Vorwurf erhebt   – so eine Meldung der FT, die weithin als der Biden-Administration nahestehend gilt.

    In einem Interview mit der BBC vor zwei Tagen wiederholte der FT-Berichterstatter seine Behauptung, dass ein Team aus Washington Delhi besucht habe, um Indien zu raten, von solchen kriminellen Handlungen Abstand zu nehmen. Unbekannt sei zum jetzigen Zeitpunkt nur, ob die angebliche Operation in letzter Minute abgeblasen wurde oder ob das FBI sie erfolgreich abgebrochen hat.

    Eine solche Berichterstattung in den westlichen Medien schadet Indiens Selbstdarstellung als überzeugter Anhänger des Völkerrechts und als treuer Loyalist der "regelbasierten Ordnung" in hohem Maße. Im vorliegenden Fall mag es so aussehen, als würde Indien aus einem Glashaus heraus mit Steinen auf Pakistan werfen.

    Warum gibt es innerhalb des BRICS-Zeltes einen solchen Meinungsumschwung zugunsten Pakistans? Ganz einfach: Es hat sich der Eindruck verfestigt, der von den westlichen Medien eifrig verbreitet wird, dass die Modi-Regierung ein widerwilliges Mitglied der BRICS-Gruppe ist.

    Je mehr sich die BRICS bemühen, die von den USA dominierte Finanz- und Handelsarchitektur umzugestalten, desto größer werden die Vorbehalte Indiens gegenüber der Gruppierung. Der Kern des Problems besteht darin, dass Indien nicht mehr von den BRICS als einem Vehikel begeistert ist, das die von den USA dominierten internationalen Institutionen in Frage stellt, während sich Delhi mit dem Status quo zufrieden gibt, solange es von Washington als "unverzichtbarer Partner" akzeptiert wird.

    Dieser Widerspruch ist nicht leicht aufzulösen. Logischerweise gehört Indien nicht mehr zu den BRICS. Aber auch ein Austritt aus den BRICS ist keine Option, da Indien von seiner Mitgliedschaft profitiert   – obwohl es kaum einen nennenswerten Beitrag zur Weiterentwicklung der Gruppierung leistet. Das Gute an der BRICS-Mitgliedschaft Pakistans wird sein, dass sie das Gleichgewicht innerhalb der Gruppe zugunsten einer transformativen Agenda verschiebt und sie homogener macht.

    Quelle: https://www.indianpunchline.com/indias-brics-quandary-deepens/
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://www.seniora.org/politik-wirtschaft/bhadrakumar-indiens-brics-dilemma-verschaerft-sich


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.11.2023

    R. Braun- Persönliche Impression zur bundesweiten Demonstration am 25.11

    aus e-mail friedensglockengesellschaft@web.de, 26. November 2023, 16:39 Uhr

    Persönliche Impressionen: eine außerordentlich gelungene Aktion für den Frieden


    Die bundesweite Demonstration am 25.11.: Eindrucksvoller Protest gegen Kriegspolitik


    Kilometerlang zog sich der Demonstrationszug der über 20.000 am durch das Regierungsviertel von Berlin. Als die ersten zum Brandenburger Tor zurückkamen, hatten die letzten das Tor noch nicht verlassen.


    Eindrucksvoll auch die Reden, die immer wieder die einseitig kriegerische Politik der Ampelkoalition und der sogenannten Opposition anprangerten und nachdrücklich ein Primat der Diplomatie einforderten. Waffenstillstand und Verhandlungen im Ukrainekrieg und im Gaza-Konflikt mit nachhaltigen Friedenslösungen und eine Ende des krassen Soziallabbaus wurden von allen Rednern/innen eingefordert – dies waren in der Reihenfolge ihres Mitwirkens Reiner Braun, Sahra Wagenknecht, Gabriele Krone-Schmalz, Michael von der Schulenburg, Michael Müller, Ates Gürpinar, Iris Hefez zusammen mit Nadja Samour und Petra Erler (genauere Information  <https://nie-wieder-krieg.org/https://nie-wieder-krieg.org/). Gekonnt führten durch die Kundgebungen die beiden Moderatorinnen Jutta Kausch-Henken und Wiebke Diehl.


    Eine einhellige Ablehnung erfuhr das geistige Konditionieren der Bevölkerung auf Krieg als alternativlose Politik und Perspektive deutscher internationaler Politik. Kaum jemand kann derzeit den geistigen Brandstiftern Pistorius, Münkler, Mölling und Masala und ihren abstrusen Narrativen entgehen. Geschichtslose Propaganda soll die verlogene sogenannte „Zeitenwende“ absichern und setzt uns der Gefahr der Vernichtung durch einen 3., atomar ausgetragenen Weltkrieg aus. Die wahnsinnige Hochrüstung tötet täglich weltweit. Der soziale Krieg gegen die eigene Bevölkerung wird verschärft. Die Klimakatastrophe wird durch diese Politik des Militarismus weiter zugespitzt.


    Der Verlust politischer Denkfähigkeit für Vernunft und Frieden durch die Politik und ideologisierte Pseudowissenschaft wurde als schlimmes Phänomen unserer Zeit angeprangert.


    Die Demonstrierenden stehen für die humanistische, politische, soziale, ökologische und menschenrechtlich Alternative eines Handelns für Frieden und Abrüstung. Sie und ein Großteil der Bevölkerung wollen friedliche Lösungen und fangen an, ihre Opposition zunehmend zu formulieren.


    Die Friedensbewegung hat noch kein Revival erlebt, aber eine deutliche Stärkung und Wiederbelebung. Die Stimmung der Demonstration lässt hoffnungsvoll erahnen, dass sie sich von nun an in den lokalen und regionalen Aktivitäten in der ganzen Republik fortsetzen wird.


    Die Zusammenarbeit ohne Ausgrenzung auch mit neu zur Friedensbewegung gestoßenen Kräften - unter deutlicher Abgrenzung von Rechtsradikalen - ist bei allen vorhandenen Unterschiedlichkeiten und Schwierigkeiten das Unterpfand für diesen und kommende Erfolge.


    Dieses schließt eine Zusammenarbeit mit den Friedenskräften in der SPD (siehe Aufruf der Demokratischen Linken zur Unterstützung der Demonstration), der Linkspartei und des Bündnisses Sahra Wagenknecht sowie weiterer kleinerer politischen Parteien ein. Es bleibt die Herausforderung, die Zusammenarbeit unterschiedlichster gesellschaftlicher Kräfte bis weit ins konservative Lager hinein weiterzuentwickeln. Es ist besonders wichtig, dass die Gewerkschaften zum aktiven friedenspolitischen Handeln zurückfinden. Unsinnige Streitigkeiten müssen angesichts der weltpolitischen Krisenlagen noch weiter zugunsten solidarischer Diskussion und verantwortungsvollem Handeln überwunden werden.


    Die Friedensbewegung ist und bleibt eine außerparlamentarische Bewegung der Vielfalt bei Einheit in den friedenspolitischen Kernforderungen. Dieses wurde durch die Kundgebungen und die Demonstration eindrucksvoll bestätigt. Kulturelle Beiträge sind ein unverzichtbarer Bestandteil friedenpolitischer Aktionen. Dafür trugen bei den Kundgebungen Christa Weber, Gizem, Pablo Miró mit großer Emphase bei.


    Diese Demonstration fand große internationale Unterstützung, die sich in über 20 Solidaritätserklärungen ausdrückte, die auf der Demonstration verlesen wurden (nachzulesen auf  <https://nie-wieder-krieg.org/https://nie-wieder-krieg.org/).


    Die Kundgebung von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht am 25.02.2023 war ein zentraler Höhepunkt friedenspolitischer Aktionen. Die gestrige Demonstration und die Kundgebungen waren eine eigenständige Aktion einer wachsenden Friedensbewegung.


    Der 25.11. war ein Anfang: 10.000e standen stundenlang in der Kälte. Für viele ein einschneidendes Erlebnis: wir sind doch nicht machtlos!


    Weitere Aktionen sind notwendig, erforderlich, aber gerade jetzt auch möglicher!


    Dafür stehen u.a. die ersten Vorbereitungen der Ostermärsche 2024, aber auch die geplanten europäischen und internationalen Vernetzungen und Initiativen.


    Wir sehen uns wieder im Protest gegen Krieg und Hochrüstung – auch in Berlin!


    Reiner Braun und Kathrin Otte (aktiv beteiligt an der Vorbereitung der bundesweiten Demonstration)



    Reiner Braun

    Büro/office

    IPB

    Marienstrasse 19/20

    11017 Berlin


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.11.2023

    John F. Kennedy, 60 Jahre nach seinem Tod: Begegnungen mit dem Bösen.

    globalresearch.ca, vom 24. November 2023, Von Michael Welch und Jacob G. Hornberger

    Region:

    Jacob Hornberger über die Verschwörung gegen Kennedy


    Thema: ,

    „Nie zuvor hatte der Mensch eine solche Fähigkeit, seine eigene Umwelt zu kontrollieren, Durst und Hunger zu beenden, Armut und Krankheit zu besiegen, Analphabetismus und massives menschliches Elend zu verbannen. Wir haben die Macht, diese zur besten Generation der Menschheit in der Geschichte der Welt zu machen – oder sie zur letzten zu machen.“

    –  Präsident John F. Kennedy , Rede vor den Vereinten Nationen am 20. September 1963, zwei Monate und zwei Tage vor seinem Tod. [1]


    HÖREN SIE SICH DIE SHOW AN
    Klicken Sie hier, um das Audio herunterzuladen (MP3-Format)


    Vor sechzig Jahren…

    Laut der offiziellen Geschichte, die im Warren Commission Report veröffentlicht wurde, war der Mord an John F. Kennedy die Tat eines Mannes, Lee Harvey Oswald , des Einzeltäters. [2]

    Seine Handlungen fielen zufällig mit der Entscheidung von Dallas Sheriff Bill Decker zusammen , der zwei Stunden vor dem Angriff auf Kennedy allen hundert seiner Stellvertreter anordnete, „sich in keiner Weise an der Sicherheit der Autokolonne des Präsidenten zu beteiligen“. Und  Jesse Curry, Polizeichef von Dallas, gab außerdem den Befehl, Beamte vom Dealey Plaza fernzuhalten, während der Präsident dort unterwegs war. Wie er später in seinem Buch „The JFK Assassination Files“ darlegte , folgte Curry den Anweisungen des Secret Service. [3]


    Lee Harvey Oswald konnte nur hinter Kennedy schießen. Und doch haben mehrere Personen ausgesagt, dass die Kugel, die Kennedy tötete, von vorne eindrang und durch seinen Hinterkopf wieder austrat! Nur zehn Minuten bevor Oswald Kennedy aus dem sechsten Stock des Texas School Book Depository (TSBD) erschoss, sah ihn eine Sekretärin im Gebäude, die ihn kannte, im zweiten Stock beim Mittagessen! [4]

    JFK 60 Jahre nach seinem Tod: Die CIA, der Fall gegen LBJ und darüber hinaus

    Ölmilliardäre, die erwarteten, dass Kennedy Gesetze verabschieden würde, die sie dazu zwingen würden, beträchtliche Steuerbeträge von ihrem Einkommen zu zahlen, veranstalteten in der Nacht vor dem Attentat eine Party. Anscheinend waren Vizepräsident Lyndon Johnson und FBI-Direktor J. Edgar Hoover anwesend. Dann, eine Woche später, fand in der Villa eines Öl-Milliardärs eine zweite große Party statt, bei der den Teilnehmern Champagner serviert wurde und sie offenbar den ganzen Weg bis zur Bank lachten. [5]

    Angesichts dieser und anderer Zufälle und Realitäten kann man zu einer von zwei Schlussfolgerungen kommen.


    1) Lee Harvey Oswald war ein wirklich toller Typ!

    2) Den wahren Tätern ist es gelungen, ausschließlich ihm die Schuld zuzuschieben!

    Da der Jahrestag an uns vorbeigegangen ist, beschlossen wir, an das in Schande weiterlebende inländische Ereignis zu erinnern, indem wir uns einen Forscher und zwei Beweisstücke ansahen, die selten zur Schau gestellt werden, wenn Gelegenheitsbeobachter über den Tod des vielleicht letzten Präsidenten sprechen, der sein Amt genießt hohe Beliebtheit.

    Jacob Hornberger ist Anwalt, JFK-Ermittler und Autor von zwei JFK-bezogenen Büchern im letzten Jahrzehnt: „ The Kennedy Autopsy“ und „An Encounter with Evil: The Abraham Zapruder Story“ . Hornberger bringt diese beiden Bücher in diesem Feature-Interview in der Global Research News Hour ans Licht.


    Jacob G. Hornberger ist Gründer und Präsident der Future of Freedom Foundation. Er ist in Laredo, Texas, geboren und aufgewachsen und erhielt seinen BA in Wirtschaftswissenschaften vom Virginia Military Institute und seinen Abschluss in Rechtswissenschaften von der University of Texas. Er war zwölf Jahre lang Prozessanwalt in Texas. Er war außerdem außerordentlicher Professor an der University of Dallas, wo er Rechts- und Wirtschaftswissenschaften lehrte. Im Jahr 1987 verließ Herr Hornberger die Anwaltspraxis, um Programmdirektor bei der Foundation for Economic Education zu werden. Er hat sich für Freiheit und freie Märkte bei Talkradiosendern im ganzen Land sowie in den Sendungen Neil Cavuto und Greta van Susteren von Fox News eingesetzt und trat regelmäßig als Kommentator in der Sendung Freedom Watch von Richter Andrew Napolitano auf. Sehen Sie sich diese Interviews auf  LewRockwell.com  und im  Full Context an . Schicken Sie ihm  eine E-Mail .

    (Global Research News Hour Folge 410)


    Die  Global Research News Hour  wird jeden Freitag um 13:00 Uhr CT auf  CKUW 95,9FM  von der University of Winnipeg ausgestrahlt. Das Programm ist auch als Podcast auf  globalresearch.ca verfügbar  .

    Weitere Sender, die die Sendung ausstrahlen:

    CIXX 106.9 FM, ausgestrahlt vom Fanshawe College in London, Ontario. Die Ausstrahlung erfolgt sonntags um 6 Uhr.

    WZBC 90.3 FM in Newton, Massachusetts ist Boston College Radio und sendet in den Großraum Boston. Die Global Research News Hour wird während Truth and Justice Radio ausgestrahlt, das am Sonntag um 6 Uhr beginnt.

    Das Campus- und Community-Radio  CFMH 107.3fm  in Saint John, NB sendet freitags um 19 Uhr die Global Research News Hour.

    CJMP 90.1 FM, Powell River Community Radio, sendet jeden Samstag um 8 Uhr die Global Research News Hour. 

    Caper Radio CJBU 107.3FM in Sydney,  Cape Breton , Nova Scotia sendet ab Mittwochnachmittag von 15 bis 16 Uhr die Global Research News Hour.

    Cowichan Valley Community Radio CICV 98,7 FM, das die Region Cowichan Lake  auf Vancouver Island, BC,  bedient  , sendet das Programm donnerstags um 9 Uhr pazifischer Zeit.


    Anmerkungen:

    1. https://www.jfklibrary.org/archives/other-resources/john-f-kennedy-speeches/united-nations-19630920
    2. https://www.archives.gov/research/jfk/warren-commission-report/chapter-1
    3. https://www.globalresearch.ca/kennedy-assassination-greatest-conspiracy-ever-conceived/5840890
    4. ebenda;
    5. ebenda;


    Die Originalquelle dieses Artikels ist Global Research

    Copyright © Michael Welch und Jacob G. Hornberger , Global Research, 2023


    Info: https://www.globalresearch.ca/john-f-kennedy-60-years-after-his-death-encounters-with-evil/5841113


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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