aus e-mail von Clemens Ronnefeldt, 9. August 2023, 16:35 Uhr
Liebe Friedensinteressierte,
nachfolgend einige Beiträge zum Ukraine-Krieg;
Besonders hinweisen möchte ich auf den Beitrag
Nr. 9. von Martina Fischer - und die Petition Nr. 11:
1. n tv: Ukraine-Ticker
2. Die Welt: Im Winter wird der Westen die Ukraine zu einem Waffenstillstand drängen
3. NZZ: Enttäuschend, aber nicht gescheitert: acht Erkenntnisse aus der ukrainischen Gegenoffensive
4. Eurotopics: Was hat die Ukraine-Konferenz in Dschidda gebracht?
5. FR: Eine Art „Friedensplan“ – und Poltern aus Putins Russland: Was vom Treffen in Saudi-Arabien bleibt
6. Handelsblatt: Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze verschärft sich
7. Boell-Stiftung: Russlands andere Stimmen
8. nd-aktuell: Ukraine: Jagd auf Abweichler
9. BpB: Martina Fischer: Wie ist dieser Krieg zu deeskalieren und zu beenden?
10. W+F: Yurii Sheliazhenko: War and Nonviolent Intervention
11. Connection: Ukraine: Lassen Sie die Anklage gegen Yurii Sheliazhenko fallen
12. MSN: Seit Beginn des russischen Angriffskrieges: Immer mehr deutsche Kriegsdienstverweigerer
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1. n tv: Ukraine-Ticker
https://www.n-tv.de/politik/15-47-Ukrainischer-Rundfunk-Explosionen-in-Cherson-zu-hoeren--article23143824.html
(…)
13:15 Kiew öffnet Grenze zu Russland
Die Ukraine hat über die Öffnung eines seit Kriegsbeginn geschlossenen
Grenzübergangs zu Russland berichtet, damit nach Russland vertriebene
ukrainische Flüchtlinge heimkehren können.
"Es ist möglich und nötig, über den humanitären Korridor Kolotilowka -
Pokrowka (aus Russland) auszureisen!", sagte die ukrainische
Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Mittwoch gemäß einer
Mitteilung.
Der Übergangspunkt zwischen dem ukrainischen Gebiet Sumy und der
russischen Region Belgorod sei bereits seit Samstag geöffnet. Täglich
nutzen Wereschtschuks Angaben zufolge bereits Hunderte Menschen diese
Option.
Es seien zudem eine Anlaufstelle für Flüchtlinge und Möglichkeiten zur
Weiterreise in die Hauptstadt Kiew oder ins ostukrainische Charkiw
eingerichtet worden.
(…)
06:46 Kiew bleibt dabei: Erst Abzug der Russen, dann Friedensgespräche
Kiew bleibt bei seiner Haltung, dass der Abzug der russischen Truppen
eine Voraussetzung für die Aufnahme von Friedensgesprächen ist. Dies
schreibt "Kyiv Independent“.
Das "Wall Street Journal" hatte zuvor berichtet, dass die Ukraine bei
einem Treffen am Wochenende in Saudi-Arabien, an dem Diplomaten und
nationale Sicherheitsberater aus Dutzenden von Ländern teilnahmen,
nicht auf der Forderung nach einem vollständigen Abzug der Truppen,
dem Kernpunkt ihrer Friedensformel, bestanden habe.
Mitglieder der ukrainischen Delegation dementieren laut "Kyiv
Independent" allerdings die Berichte und erklären, die Ukraine habe
ihre Haltung nicht geändert.
"Wir haben gleich zu Beginn des Treffens gesagt, dass sich die
russischen Streitkräfte vollständig aus der Ukraine zurückziehen
müssen", zitiert "Kyiv Independent" Ihor Zhovkva, den
stellvertretenden Leiter des Präsidialamtes. "Keiner der Teilnehmer
hat das bestritten."
——
2. Die Welt: Im Winter wird der Westen die Ukraine zu einem Waffenstillstand drängen
https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus246688386/Ukraine-Krieg-Der-Westen-wird-im-Winter-zum-Waffenstillstand-draengen.html
Im Winter wird der Westen die Ukraine zu einem Waffenstillstand drängen
Stand: 07.08.2023
Von Christoph B. Schlitz
Korrespondent in Brüssel
Seit 60 Tagen läuft die ukrainische Gegenoffensive, mit geringen
Geländegewinnen und enormen Verlusten. Kiew wird den russischen
Aggressor nicht zurückdrängen können. Alles deutet darauf hin, dass
dieser Konflikt eingefroren wird.
Es steht im Ukraine-Krieg sehr schlecht um Kiew – zumindest gemessen
an den eigenen Ansprüchen, sämtliche durch Russland eroberte Gebiete
zurückerobern zu wollen.
Nichts deutet derzeit darauf hin, dass das irgendwann noch gelingen
könnte. Die ukrainische Gegenoffensive, die exakt seit 60 Tagen läuft
und seit gut einer Woche in ihre intensive Phase mit massiven
Angriffsversuchen seitens Kiews im Gebiet um Saporischschja in der
Südukraine getreten ist, scheiterte bisher. (…)
——
In der Printausgabe von Mittwoch, 2.8.2023 war dieser
Leitartikel von Christoph B. Schlitz unter Überschrift
„Grenzen der Gegenoffensive“ abgedruckt. Darin zu lesen:
(…)
Alles deutet derzeit darauf hin, dass die Ukraine im kommenden Winter
nicht die erfolgreiche Zurückdrängung des russischen Aggressors
feiern kann, sondern auf massiven Druck des Westens hin gezwungen sein
wird, einen Waffenstillstand mit Moskau einzugehen. Das bedeutet noch
lange nicht Frieden.
Es heißt vielmehr, dass Russland die besetzten Gebiete - bisher 17
Prozent der Ukraine - auf unbestimmte Zeit behalten und eine
Kontakt-linie eingerichtet werden wird, die beide Seiten als
vorläufige Grenze betrachten. Der Konflikt wird - ebenso wie
beispielsweise im Fall von Nord- und Südkorea - eingefroren werden.
Es dürften schlimme Jahre werden für Millionen Ukrainer und
Ukrainerinnen. Eine Mitgliedschaft in Nato und EU liegt dann in weiter
Ferne, ausländische Investoren werden wegen der unsicheren Lage kaum
investieren, und der Wiederaufbau der Rest-Ukraine wird viel zäher
verlaufen als derzeit noch erhofft.
Was spricht für einen Waffenstillstand bis spätestens März kommenden
Jahres? Auf Seiten der Ukraine dürften die ausbleibenden Erfolge bei
Soldaten und Zivilbevölkerung zu einer zunehmenden Frustration führen,
außerdem gibt es immer weniger einsatzwillige und -fähige Reservisten.
(…)
Eine amputierte Ukraine ist den kurzsichtigen politischen Eliten im
Westen am Ende offenbar lieber als ein wütender Putin am Rande einer
Niederlage, der dann womöglich mit Nuklearwaffen reagieren könnte -
was er aber wohl nicht tun wird, weil er die Antwort der Nato fürchten
müsste, die das Ende seiner Herrschaft bedeuten würde.
Die Wahlen in den USA und in Russland im kommenden Jahr dürften - vor
dem Hintergrund der Kriegskosten und Kritik der Republikaner daran -
die Unterstützung von US-Präsident Joe Biden für die Ukraine schwächen,
andererseits aber auch den Kampfeswillen Putins weiter anstacheln.
Gleichzeitig wird sich eine Kriegsmüdigkeit im Westen breit machen,
und die Regierungen dürften 2024 den Appetit verlieren, noch einmal in
großem Stil Waffen zu liefern.
——
3. NZZ: Enttäuschend, aber nicht gescheitert: acht Erkenntnisse aus der ukrainischen Gegenoffensive
https://www.nzz.ch/international/ukraine-acht-erkenntnisse-aus-der-gegenoffensive-gegen-russland-ld.1748897?mktcid=nled&mktcval=124&kid=nma_2023-7-27&ga=1
Enttäuschend, aber nicht gescheitert: acht Erkenntnisse aus der ukrainischen Gegenoffensive
Die Ukrainer kommen bei ihren Vorstössen im Süden des Landes kaum voran.
Aber während die Fronten auf den Militärkarten starr
erscheinen, ist hinter den Kulissen vieles in Bewegung.
Andreas Rüesch
27.07.2023, 05.30 Uhr
Acht Wochen nach Beginn der gross angekündigten ukrainischen
Gegenoffensive herrscht unter vielen westlichen Beobachtern Enttäuschung.
Der erhoffte schnelle Durchbruch durch die russischen
Verteidigungslinien ist ausgeblieben. Überraschend kommt dies jedoch
nicht. Entscheidend ist nun vor allem, welche Lehren die Ukrainer und
ihre Unterstützer aus der Nato für die künftigen Operationen anwenden.
(…)
—
4. Eurotopics: Was hat die Ukraine-Konferenz in Dschidda gebracht?
https://www.eurotopics.net/de/305567/was-hat-die-ukraine-konferenz-in-dschidda-gebracht?pk_campaign=et2023-08-08-de&pk_kwd=305567
08. August 2023
Was hat die Ukraine-Konferenz in Dschidda gebracht?
Vertreter von rund 40 Staaten haben im saudischen Dschidda
Friedensszenarien für die Ukraine diskutiert.
Neben der Ukraine, westlichen Ländern und China nahmen auch wichtige
Staaten des globalen Südens teil, die bisher keine Sanktionen gegen
Russland verhängt haben.
Moskau war nicht eingeladen worden. Europas Presse sieht Potenzial.
(Hinweis von C. Ronnefeldt: es folgen internationale Presseberichte aus verschiedenen Ländern).
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5. FR: Eine Art „Friedensplan“ – und Poltern aus Putins Russland: Was vom Treffen in Saudi-Arabien bleibt
https://www.fr.de/politik/friedensplan-ukraine-krieg-bedeutung-treffen-saudi-arabien-russland-china-reaktionen-92446023.html
Eine Art „Friedensplan“ – und Poltern aus Putins Russland:
Was vom Treffen in Saudi-Arabien bleibt
Stand: 08.08.2023, 07:06 Uhr
Von: Florian Naumann
Dubai/Berlin - 40 Staaten haben am Wochenende (5./6. August) über
einen Frieden im Ukraine-Krieg gesprochen. Am Ende stehen vier davon
im Fokus: China, das teilgenommen hat. Russland, das nicht
teilgenommen hat. Die Ukraine, die sich auch durch viele
Einzelgespräche bei dem Gipfel gestärkt sieht. Und Saudi-Arabien - das
seine neue Rolle als Vermittler feiert.
Einen ganz konkreten Schritt Richtung Frieden gab es wohl nicht; wenig
überraschend angesichts der Absenz des Aggressors und Besetzers
Russland. Immerhin ein neuer „Friedensplan“ soll aber in Umlauf
gekommen sein. Die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse des
Ukraine-Treffens in der saudischen Küstenstadt Dschidda im Überblick.
Friedensplan im Ukraine-Krieg: Worüber in Saudi-Arabien gesprochen wurde
Neuer Friedensplan im Ukraine-Krieg? Gastgeber Saudi-Arabien habe mit
weiteren Ländern einen solchen Plan vorgelegt, berichtete die dpa
unter Berufung auf Diplomatenkreise. Teil des Plans sei die
Unversehrtheit der Ukraine, eine Waffenruhe an allen Fronten, die
Aufnahme von Friedensgesprächen unter UN-Aufsicht sowie der Austausch
von Gefangenen. Eine Abschlusserklärung dazu gab es aber nicht.
Bei den Gesprächen war es zunächst um die Umsetzung der „Friedensformel“
des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gegangen.
Deren Kern ist die Forderung nach einem Abzug russischer Truppen aus
dem gesamten Staatsgebiet der Ukraine. Friedensgespräche unter
UN-Aufsicht sind darin nicht explizit enthalten - dafür aber ein
Tribunal gegen russische Kriegsverbrecher. Gänzlich außen vor war
Russland dann doch nicht: Saudi-Arabien habe den Kreml über den
Verlauf der Gespräche informiert, hieß es.
Wie geht es weiter mit dem Ukraine-Friedensprozess?
Die Pläne für das weitere Vorgehen
Wie geht es weiter mit dem Friedens-Prozess? Nach saudischen Angaben
einigten sich die teilnehmenden Staaten darauf, internationale
Beratungen fortzusetzen, um auf gemeinsamer Grundlage den Weg zum
Frieden zu ebnen, wie die Staatsagentur SPA berichtete. Aus EU-Kreisen
hieß es sogar, es gebe breite Unterstützung dafür, die wichtigsten
Punkte aus Selenskyj „Friedensformel“ weiter zu besprechen. Darunter
seien „Ernährungs-, Nuklear- und Umweltsicherheit“ wie auch humanitäre Hilfe.
Ein weiteres Treffen, dann auf Ebene der Staats- und Regierungschefs,
scheint nach den Gesprächen vom Wochenende möglich. Es sei noch vor
Jahresende „denkbar“, sagte ein EU-Vertreter. Saudi-Arabien werde
einen Plan für weitere Gespräche mit Arbeitsgruppen vorlegen, um
Themen wie globale Ernährungssicherheit, nukleare Sicherheit und
Gefangenenfreilassungen zu erörtern.
Aus Diplomatenkreisen in Riad hieß es, Saudi-Arabien bemühe sich um
einen Kompromiss mit dem Ziel eines „globalen Friedensgipfels im
weiteren Lauf des Jahres“. Auch Selenskyj hat Vorstellungen eines
solchen Friedensgipfels mit den Staats- und Regierungschefs.
Die Bedeutung des Treffens für die Ukraine: Kiew sieht positive Signale
Russlands Antwort auf die Saudi-Arabien-Konferenz: Russland lehnte die
Konferenz in Saudi-Arabien in Bausch und Bogen ab. Die Gespräche seien
zum Scheitern verurteilt, erklärte der russische Vizeaußenminister
Sergej Rjabkow noch vor dem Ende des Treffens. Zunächst hatte Russland
angekündigt, es beobachte die Entwicklungen in Saudi-Arabien genau.
Schwerer noch wiegen wohl Äußerungen von Putins Sprecher Dmitri
Peskow: Es gebe derzeit „keine Grundlagen für eine Einigung“, sagte er
der New York Times just am Sonntag: „Wir werden die Operation für die
absehbare Zukunft fortsetzen“. Peskow deutete auch an, Russland wolle
die völkerrechtswidrig annektierten Gebiete verteidigen und behalten.
Rjabkow bezeichnete die Konferenz unterdessen laut der Staatsagentur
Tass zufolge als sinnlosen und vergeblichen Versuch des Westens,
Länder des globalen Südens auf die Seite der Ukraine zu ziehen -
obwohl auch China und Indien teilgenommen hatten. Auch die Türkei, die
weiterhin recht enge Beziehungen zu Russland pflegt, hatte sich beteiligt.
Ende für den Ukraine-Krieg? Selenskyj sieht „Einheit“
Die Bedeutung des Treffens für die Ukraine: Vertreter der Ukraine
hielten laut Präsidialamtsleiter Andrij Jermak zahlreiche bilaterale
Treffen auf Berater-Ebene ab. Fokus angeblich auch hier: die
ukrainische „Friedensformel“. „Wir diskutierten mit Vertretern anderer
Länder über Verteidigung, Sicherheitsgarantien, die Bedeutung eines
globalen Friedensgipfels und eines Getreideabkommens“, schrieb Jermak
am Sonntagabend bei Telegram. Gerüchten zufolge gab es unter anderem
einen Termin mit Joe Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan.
Die Position der Ukraine sei nach den Gesprächen gestärkt, sagte
Jermak später. Alle teilnehmenden Länder hätten sich zur UN-Charta,
zum Völkerrecht, der Achtung der Souveränität und der territorialen
Unversehrtheit der Staaten bekannt: „Wir hatten sehr produktive
Beratungen über die wesentlichen Prinzipien, auf deren Basis ein
gerechter und dauerhafter Frieden geschaffen werden sollte.“ Wolodymyr
Selenskyj lobte in einer Ansprache das Treffen von Verbündeten, die
durch internationales Recht vereint seien.
(…)
Was sagen Deutschland und die EU? Baerbock lobt Ukraine-Gespräche
Was sagen Deutschland und die EU? Bundesaußenministerin Annalena
Baerbock begrüßte die Konferenz. „Jeder Millimeter Fortschritt in
Richtung eines gerechten und fairen Friedens bringt ein Stück Hoffnung
für die Menschen in der Ukraine“, sagte die Grüne der Bild am Sonntag.
Selenskyj habe „mit seiner Friedensformel dafür einen ganz
entscheidenden Pfad aufgezeigt“.
Die Kommentatoren der deutschen Zeitungen zeigten sich vorsichtig
optimistisch. „Eine Waffenruhe ist auch nach der Konferenz in
Saudi-Arabien meilenweit entfernt. Doch das Treffen von Dschidda zeigt
Wege auf, die zum Frieden führen können“, schrieb die FR. Ähnlich
urteilte der Tagesspiegel: „Zwar konnte man sich nicht auf eine
gemeinsame Abschlusserklärung einigen, zu weit liegen die Positionen
auseinander“, hieß es dort. „Einigkeit herrscht aber bezüglich der
Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine. Ähnlich wie
der nun von Saudi-Arabien vorgelegte Friedensplan sind das kleine,
wichtige Schritte.“
Baden-Badens Oberbürgermeister Dietmar Späth will seine Stadt
unterdessen bei der Bundesregierung offiziell als Ort für
Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland ins Gespräch
bringen. „Baden-Baden ist doch das beste Beispiel dafür, wie friedlich
russische und ukrainische Menschen miteinander leben können“, sagte
das parteilose Stadtoberhaupt den Badischen Neuesten Nachrichten.
Baden-Baden sei offiziell noch nicht angefragt worden, könnte
Friedensverhandlungen aber ausrichten und besitze auch die
entsprechende Logistik. (rtr/dpa/AFP/fn)
———
6. Handelsblatt: Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze verschärft sich
https://www.handelsblatt.com/politik/international/analyse-die-lage-an-der-polnisch-belarussischen-grenze-verschaerft-sich/29296290.html
Analyse
Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze verschärft sich
An der Ostgrenze von Kiews wichtigstem europäischen Unterstützer wächst die Anspannung. Darunter leidet auch die Beziehung zwischen Polen und der Ukraine.
Ivo Mijnssen
04.08.2023 - 09:21 Uhr
Wien Knapp eineinhalb Jahre nach Russlands Invasion der Ukraine
braucht es wenig, um an Polens Ostgrenze Nervosität auszulösen. Am
Dienstagmorgen war es eine Patrouille von zwei belarussischen
Militärhelikoptern, die in Warschau zu Unruhe führte: Nachdem die
polnische Militärführung zunächst von einem angemeldeten Routineflug
gesprochen hatte, meldete das Verteidigungsministerium am Abend eine
Verletzung des Luftraums.
Auch wenn zweifelhaft bleibt, ob Minsk mit Absicht handelte, beklagte
Polens Regierung die „Provokation“ des feindseligen Nachbarn und
kündigte an, die Truppen in der stark bewaldeten Grenzregion zu
verstärken. Der Vorfall sei an die Nato gemeldet worden. Die USA
mussten klarstellen, dass es sich nicht um einen Bündnisfall handle,
was ukrainische Kommentatoren bereits als Einknicken vor Russland
werteten.
Die Lage war schon vor dem Vorfall stark angespannt. Unmittelbar dafür
verantwortlich ist die Verlegung von Einheiten der Wagner-Paramilitärs
nach Belarus nach dem Ende ihrer Meuterei in Russland. (…)
——
7. Boell-Stiftung: Russlands andere Stimmen
https://www.boell.de/de/russlands-andere-stimmen
Russlands andere Stimmen
Hier kommen Partner:innen des verbotenen Moskauer Büros der
Heinrich-Böll-Stiftung und Expert:innen aus der russischen Zivilgesellschaft zu Wort.
Was geschieht mit den Russ:innen, die den Krieg ablehnen? Was denken
diejenigen, die in den letzten Jahren für die Demokratie in Russland
gekämpft haben, über das, was jetzt geschieht?
Mit diesem Dossier bietet das Moskauer Büro der
Heinrich-Böll-Stiftung, das im April 2022 von der russischen Regierung
verboten wurde, unseren Partner:innen und Expert:innen aus der
russischen Zivilgesellschaft – den anderen Stimmen Russlands – einen
Raum. Sie berichten über Entwicklungen in den verschiedenen
Landesteilen Russland, bieten eine Einordnung und tauschen sich über
ihre Wahrnehmung der Ereignisse aus.
Wir starten mit einer Analyse der aktuellen Situation des
Politikwissenschaftlers und Publizisten Fjodor Krascheninnikow und
Berichten von Aktivistinnen, die bei Antikriegsdemonstrationen in
Russland verhaftet wurden - aufgezeichnet von der Journalistin Lidija
Kusmenko. (…)
——
8. nd-aktuell: Ukraine: Jagd auf Abweichler
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175295.ukraine-ukraine-jagd-auf-abweichler.html
Ukraine: Jagd auf Abweichler
Wer in der Ukraine nicht das staatlich vorgegebene Narrativ vertritt,
wird von Justiz und Geheimdienst verfolgt
Bernhard Clasen
04.08.2023
Grundlage der Ermittlungen gegen Scheljaschenko ist der im März 2022
in Kraft getretene Strafrechtsparagraf 436-2. Dieser stuft eine Reihe
von Handlungen als rechtswidrig ein, die die »bewaffnete Aggression
der Russischen Föderation gegen die Ukraine, die 2014 begann,
rechtfertigen, als rechtmäßig anerkennen oder leugnen«. Auch den Krieg
gegen die Ukraine als Bürgerkrieg zu bezeichnen ist strafbar.
Ähnlich wie bei der Gesetzgebung zur »Diskreditierung der Armee« in
Russland kann mit Paragraf 436-2 jeder und jede verurteilt werden, der
sich kritisch äußert. Dafür reicht ein Like unter Posts oder das
Teilen von Beiträgen aus, wie aktuelle Fälle aus dem ganzen Land
zeigen. Bei einer Verurteilung drohen bis zu drei Jahre Haft und in
besonders schweren auch die Konfiszierung des Eigentums.
Ermittlungen auch gegen ehemalige Politiker
Viele Freunde in seiner ukrainischen Heimat hat der Pazifist
Scheljaschenko nicht. Auf seiner Facebook-Seite finden sich vor allem
ablehnende Kommentare. »Vom Opfer zu verlangen, die Waffen
niederzulegen, ist ekelhaft«, schreibt ein Leser. Und ein anderer
zitiert den Direktor des russischen orthodoxen Radios Jewgenij
Nikiforow, »Radonesch«, der das Ermorden und Verbrennen von Ukrainern
für eine gute Sache hält. »Und wenn man die Waffen niederlegt, wird
genau das passieren«, schlussfolgert Facebook-Nutzer Alexander Shvedov.
Scheljaschenko ist nicht der Einzige, gegen den der ukrainische
Inlandsgeheimdienst wegen abweichender Positionen zum Krieg ermittelt.
Am 25. Juli leitete der SBU Ermittlungen gegen den früheren
Oppositionsabgeordneten Jewhenij Murajew wegen Hochverrats ein. Auf
dem Telegram-Kanal des SBU wird ihm vorgeworfen, »in subversive
Aktivitäten gegen die Ukraine verwickelt zu sein«.
Dabei soll er seinen Fernsehkanal, »Nasch-TV«, zur »massiven
Verbreitung von Kreml-Narrativen im Informationsraum der Ukraine«
missbraucht haben. Damit habe er die öffentliche Meinung in der
Ukraine im Sinne Russlands manipulieren wollen.
Außerdem habe Murajew, so zitiert die »Ukrajinska Prawda« einen
Staatsanwalt, russische Narrative über einen »Kulturkrieg und die
Verfolgung von Andersdenkenden« in der Ukraine verbreitet, die die
»Unabhängigkeit unseres Staates diskreditieren und auf eine
Notwendigkeit der Erfüllung von Vereinbarungen mit der Russischen
Föderation abzielen.«
Bei einer Verurteilung, so der SBU auf seinem Telegram-Kanal, drohen
ihm 15 Jahre Haft. Aktuell soll sich Murajew nicht in der Ukraine
aufhalten, berichten ukrainische Medien. Es ist nicht das erste Mal,
dass Murajew ins Visier der Behörden gerät. Einen Monat vor Beginn der
russischen Invasion erklärte Großbritannien, dass der Kreml in Kiew
eine Marionettenregierung mit Murajew an der Spitze installieren wolle.
Ähnlich wie Murajew geht es auch dem ehemaligen
Oppositionsabgeordneten Vadim Rabinowitsch von der
Oppositionsplattform Für das Leben. Ihm wird ebenfalls, so berichtet
das Portal »Strana«, Hochverrat aufgrund öffentlich getätigter
Äußerungen vorgeworfen.
Rabinowitsch habe »anti-ukrainische Propagandainformationen unter der
Bevölkerung und der politischen Führung der EU-Länder verbreitet«,
wirft ihm das staatliche Ermittlungsbüro vor. Die Ukraine hat
inzwischen ein Rechtshilfeersuchen an Israel gestellt, den dort
lebenden Rabinowitsch an die Ukraine auszuliefern. Außerdem möchten
die ukrainischen Behörden ihn international zur Fahndung ausschreiben.
Das Vorgehen gegen Scheljaschenko, Murajew und Rabinowitsch ist auch
eine Warnung an andere kritische Geister: Wer in der Frage von Krieg
und Frieden nicht das von oben vorgegebene Narrativ vertritt, steht
mit einem Bein im Gefängnis.
—
9. BpB: Martina Fischer: Wie ist dieser Krieg zu deeskalieren und zu beenden?
https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/523377/wie-ist-dieser-krieg-zu-deeskalieren-und-zu-beenden-teil-1/
(Hinweis von C. Ronnefeldt: Der nachfolgende Text enthält viele Fußnoten,
die in der folgenden Zusammenstellung der leichteren Lesbarkeit nicht
enthalten sind. Wer diese Fußnoten unmittelbar mitlesen möchte, dem
empfehle ich, auf die Originalseite der BpP zu gehen).
Wie ist dieser Krieg zu deeskalieren und zu beenden?
Teil 1
Perspektiven für Sicherheit und einen gerechten Frieden in der Ukraine und Europa
Martina Fischer
27.07.2023 /
Nach Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der russischen
Regierung gegen die Ukraine befasste sich die Autorin im Deutschland
Archiv am 26. April 2022 mit der Genese des Konflikts. Sie vertrat die
Einschätzung, dass man trotz aller Verzweiflung und Empörung über das
brutale Kriegsgeschehen die Hoffnung auf die Neugestaltung einer
Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa nicht aufgeben dürfe.
(…)
Vorschläge aus amerikanischen Thinktanks: Das Kriegsende vorbereiten
Schon im Frühjahr 2022 lieferten einige amerikanische
Politikwissenschaftler:innen recht differenzierte Analysen. Thomas
Graham (Council on Foreign Relations, New York) und Rajan Menon (City
University of New York) äußerten in Foreign Affairs die Einschätzung,
dass sich der Krieg gegen die Ukraine sehr lang hinziehen und sich die
Zahl der Toten und Zerstörungen erhöhen würde.
Damit steige das Risiko einer Ausweitung des Kriegs und auch die
Gefahr, dass die USA und die Nato-Alliierten in eine bewaffnete
Konfrontation mit Russland hineingezogen werden könnten. Graham und
Menon forderten eine Verstärkung des diplomatischen Engagements, das
sich kurzfristig auf humanitäre Versorgung und längerfristig auch auf
eine politische Übereinkunft richten müsse.
Es sei das Recht der Ukraine, die Bedingungen dafür zu definieren,
stellten Graham und Menon klar.
Aber Verhandlungen könnten sich nicht allein auf die Ukraine und Russland
beschränken, denn ein Ausweg aus der gegenwärtigen Krise müsse neben
der geopolitischen Orientierung der Ukraine auch Moskaus Bedenken
bezüglich der europäischen Sicherheitsarchitektur adressieren.
Dafür werde die russische Regierung vor allem mit den Vereinigten
Staaten verhandeln wollen, dem einzigen Land, das – neben Russland –
über das militärische Potenzial verfüge, die Machtbalance auf dem
Kontinent zu beeinflussen. Die USA müssten folglich auch als Garant
für ein Friedensabkommen fungieren.
Die mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine stehe im Zentrum einer
solchen Debatte – Putin werde seinen Widerstand gegen den Beitritt
nicht aufgeben. Graham und Menon empfehlen auszuloten, ob der Kreml
die militärische Kooperation einer neutralen Ukraine mit westlichen
Ländern akzeptieren würde, die eine Selbstverteidigung ermögliche,
aber gleichzeitig die Dislozierung von Nato-Kampftruppen, -Waffen oder
-Stützpunkten in der Ukraine ausschließe.
Im Gegenzug müsse Russland auf die Stationierung militärischer
Arsenale im Grenzgebiet verzichten. Zu ernsthaften Verhandlungen und
Konzessionen wären die Kriegsbeteiligten vermutlich erst dann bereit,
wenn sie zu dem Schluss kommen, dass eine Fortsetzung der
Kampfhandlungen mit höheren Kosten verbunden wäre als die
Zugeständnisse, die ihnen eine diplomatische Regelung abverlangen
würde. Auf eine solche Situation müsse man sich – anknüpfend an die
Vorschläge der ukrainischen Regierung vom März 2022 – vorbereiten.
In ähnliche Richtung argumentieren aktuelle Beiträge, etwa von Tapio
Kanninen (Vorsitzender von Global Crisis Network, New York) und Heikki
Patomäki (Professor für Weltpolitik und internationale Volkswirtschaft
an der Universität Helsinki). Sie empfehlen, praktikable Bedingungen
für ein Abkommen auszuarbeiten, das beiden Ländern mehr Vor- als
Nachteile verspricht. Die Ukraine, so Kanninen und Patomäki, könne
„nur mithilfe des Westens und insbesondere der USA vom Sinn von
Verhandlungen überzeugt werden“, und sie benötige dafür konkrete
Garantien.
Ein Abkommen müsse sicherstellen, dass die russische Invasion nicht
belohnt wird und ein möglicher Vertrag nicht zur Destabilisierung des
internationalen Systems führt. Mit Blick auf Russland müsse man jedoch
auch „anerkennen, dass seine Sicherheitsinteressen (…) legitim und
mehrere seiner früheren und aktuellen Forderungen nicht aus der Luft
gegriffen sind.“
Im Dezember 2021 hatte Moskau den USA und der Nato dazu
Vertragsentwürfe vorgelegt, die abgelehnt wurden.
„Einige Vertragspunkte hätten womöglich ausgehandelt und
vereinbart werden können, andere Forderungen waren hingegen schwer
annehmbar oder komplett inakzeptabel“.
Die Autoren erinnern auch daran, dass zu Beginn der russischen
Invasion einige ehemalige Diplomaten und Wissenschaftler
(Lord Owen u.a.) empfahlen, die Nato möge gemeinsam
mit der Ukraine Vorschläge für die Verhandlung eines neuen Vertrags
mit Russland erarbeiten, der „keine institutionelle Feindschaft erzeugt.“
Ein solcher Vertrag müsse Vereinbarungen zum Abzug atomwaffenfähiger
Raketen, vertrauensbildende Maßnahmen zur Begrenzung der Truppenstärke
und internationale Vereinbarungen über die umstrittenen
russisch-ukrainischen Grenzen umfassen. Außerdem, so schlagen Kanninen
und Patomäki vor, müsse man ernsthaft über die Möglichkeit von
entmilitarisierten Zonen unter der Obhut der Vereinten Nationen für
längere Zeiträume nachdenken. Verhandlungen sollten möglichst von
Staaten, die aus der Sicht der Ukraine und Russlands nicht direkt am
Konflikt beteiligt sind, angebahnt werden.
Ziel könnte ein vom UN-Sicherheitsrat verkündeter Waffenstillstand
sein, mit dem gleichzeitig eine UN-Friedenstruppe mandatiert wird. Auf
dieser Grundlage könnten dann vertrauensbildende Maßnahmen etabliert
werden, um Fragen wie jene über den Status der Ukraine und offizielle
Abrüstungsverhandlungen zu initiieren.
In den US-amerikanischen Denkfabriken gibt es weitere bedenkenswerte
Studien und Analysen. Wissenschaftler:innen am Institute for the Study
of War analysieren das Kriegsgeschehen fortlaufend anhand
ukrainischer, russischer und internationaler Quellen. (…)
„Avoiding a long war“ – Eine Studie der RAND Corporation
Besonders aufschlussreich erweist sich die RAND-Studie von Samuel
Charap und Miranda Priebe.
Sie gehen sehr detailliert der Frage nach den möglichen Auswirkungen
eines langanhaltenden Krieges nach und begründen, warum ein solcher auf
keinen Fall wünschenswert wäre – weder für die Ukraine, noch für die
USA und ihre Verbündeten und die übrige Welt. Sie sehen vor allem das
Risiko, dass irgendwann ein Nato-Mitgliedsland in Mitleidenschaft
gezogen wird. Dabei denken sie weniger an absichtliche Angriffe als an
Irrläufer.
Als Beispiel nennen sie die ukrainische Luftabwehrrakete, die im
November 2022 auf polnischem Gebiet einschlug. Es könne ein „spill
over“ auf Bündnisgebiet erfolgen, auch mit umgekehrten Vorzeichen,
denn auch russische Raketen könnten vom Kurs abkommen und einen
Aktions-Reaktionsmechanismus auslösen, der in einen viel größeren
Krieg münden kann.
Eine weitere Gefahr sehen die Autor:innen im möglichen Einsatz
taktischer Atomwaffen von russischer Seite. Diese Gefahr dürfe man
nicht herunterspielen, sondern man müsse sie sehr ernst nehmen, denn
unter russischen Kommandeuren sei diese Möglichkeit angesichts von
Verlusten im Herbst 2022 durchaus diskutiert worden.
Die Einschätzung, dass Russland vom Einsatz von Atomwaffen aus eigenem
Interesse absehen würde, verkenne, dass dieser Krieg für das Regime
inzwischen nahezu existenzielle Bedeutung habe, und dass es bereit
sei, einen hohen Preis zu zahlen, erst recht, falls es bei den
konventionellen Kapazitäten (trotz der Überlegenheit an Personal)
Engpässe geben sollte. Der Einsatz taktischer Atomwaffen wiederum
könnte einen umfassenden Nuklearkrieg zwischen Russland und der Nato
nach sich ziehen.
Weiterhin hinterfragen Charap und Priebe die Annahme, dass ein möglichst
großer territorialer Rückgewinn durch die ukrainischen Streitkräfte vorteilhaft
und wünschenswert wäre.
Sie plädieren dafür, die Frontlinie, die ukrainische Truppen im Dezember
2022 erreicht haben, als „ausreichend vorteilhafte Grundlage“ für
einen Verhandlungsprozess zu bewerten.
Diese Linie stelle sicher, dass keine für das Land vitalen Regionen
verloren seien. Angesichts der militärischen Pattsituation sei offen,
ob weitere Gebietsgewinne möglich sind – die Fortsetzung des Kriegs
könne auch weitere Gebietsverluste nach sich ziehen.
Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, Moskau werde versuchen,
inzwischen besetzte Gebieten zu behalten, einen militärischen Sieg
über die Ukraine jedoch nicht mehr erzielen können. Ein militärischer
Sieg der Ukraine, der mit einer Rückeroberung aller besetzten Regionen
ende, sei ebenfalls sehr unwahrscheinlich.
Selbst wenn es den ukrainischen Streitkräften gelänge, alle Gebiete
einschließlich der Krim zurückzugewinnen, habe Putin die
Eskalationsdominanz mit Luftwaffe und Marine, die in diesem Krieg noch
kaum Verluste erfuhren.
Man solle sich vor Augen führen, so Charap und Priebe, dass ein länger
andauernder Krieg weitere menschliche Verluste, Leid für die
ukrainische Bevölkerung und einen ökonomischen Niedergang mit sich
bringen würde. Auch die Kosten für Europa und den globalen Süden durch
Inflation und Lebensmittelengpässe seien in Rechnung zu stellen.
Daher solle die amerikanische Regierung darauf hinwirken, dass ein
langandauernder Krieg vermieden wird. Es brauche Verhandlungen, um
einen Waffenstillstand zu erwirken. Die Aussichten dafür stünden
kurzfristig schlecht, dennoch müsse man sich bemühen, dorthin zu
gelangen.
(…)
Ein Krieg, der nicht gewonnen werden kann
(…)
Auch wenn kurzfristig kein politisches Friedensabkommen
vorstellbar sei, sei zumindest eine bilaterale
Waffenstillstandsvereinbarung wünschenswert. Der Waffenstillstand
zwischen Nord- und Südkorea habe seit 1953 gehalten, obwohl beide
Länder das Territorium der gesamten Halbinsel weiterhin für sich
beanspruchen. Man könne der Ukraine keine Bedingungen diktieren.
Dennoch sollten Diskussionen über eine Kriegsbeendigung zwischen den
USA, den Verbündeten und der Ukraine rasch und parallel zur
militärischen Unterstützung beginnen, um eine gemeinsame Vision zu
entwickeln. Es brauche Monate, um zwischen der Ukraine, der
US-Regierung und den Verbündeten eine gemeinsame diplomatische
Strategie zu entwickeln. Je eher man die Diskussion beginne, desto
besser. (…)
——
Hier geht es zum zweiten Teil des Beitrages von Martina Fischer:
https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/523379/wie-ist-dieser-
krieg-zu-deeskalieren-und-zu-beenden-teil-2/
Wie ist dieser Krieg zu deeskalieren und zu beenden?
Teil 2
Perspektiven für Sicherheit und einen gerechten Frieden in der Ukraine und Europa
Martina Fischer
27.07.2023
(…)
Einige bedenkenswerte Überlegungen steuerte der Friedensforscher
Wolfgang Zellner, ehemaliger Leiter des Zentrums für OSZE-Forschung am
Hamburger IFSH, in seinem Vortrag beim Studientag der evangelischen
Friedensarbeit am 7. Februar 2023 in Erfurt bei.
Auch Zellner geht es in erster Linie um einen Waffenstillstand,
Sicherheitsgarantien und Rüstungskontrolle. Anders als bei den
bisherigen Minsker-Abkommen brauche man eine fest definierte
Waffenstillstandslinie und eine für die Überwachung ausgerüstete
Dritte Partei, etwa in Form einer robusten UN-Peacekeeping-Mission.
Sicherheitsgarantien könnten durch die Vereinigten Staaten im Verbund
mit anderen Mächten auf der Grundlage des „Kiew Security Compact“
(Vorschlag des ehemaligen Nato-Generalsekretärs Fogh Rasmussen und
Andrij Yermak) Zur Auflösung der Fußnote[9]ausgestaltet werden.
Rüstungskontrolle, auch im nuklearen Bereich, sei absolut zwingend,
denn aktuell „muss man zusehen, wie auch das START-Abkommen zur
Begrenzung der ballistischen Raketen zerbröselt.“ Im wirtschaftlichen
Bereich würden Reparationen und Engagement für den Wiederaufbau der
Ukraine gebraucht. Dafür komme der EU große Bedeutung zu.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.