aus e-mail von Doris Pumphrey, 10. Dezember 2022, 10;52Uhr
_DEUTSCHE WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 9.12.2022
_*Twitter-Files:
Wie die Social-Media-Plattform gezielt kritische Meinungen zensierte
*Von André Jasch
Interne Dokumente zeigen, dass Twitter die Meinungsfreiheit jahrelang
gezielt einschränkte. Opfer der Zensur wurden vor allem konservative
Stimmen sowie Kritiker der Corona-Maßnahmen. Für seinen Zensurapparat
rekrutierte Twitter jahrelang bei FBI, CIA und NATO.
Der neue Twitter-Chef Elon Musk hat Wort gehalten und ist weiter bemüht,
das über Jahre beschädigte Vertrauen in die Social-Media-Plattform durch
eine Transparenzoffensive zurückzugewinnen. Er übergab den beiden
unabhängigen Journalisten Bari Weiss (ehemals New York Times) und Matt
Taibbi (ehemals Rolling Stone und The Intercept) mehr als 1.500 Seiten
interner Dokumente, die einwandfrei belegen, wie der Zensurapparat von
Twitter funktioniert und welche prominenten Stimmen ihm zum Opfer fielen.
*Twitter nahm direkt Einfluss auf den US-Wahlkampf 2020
*Im ersten Teil der Twitter-Files
<https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/701341/Revolution-bei-Twitter-Wie-Musk-EU-und-USA-um-die-Meinungsfreiheit-ringen>
wurde deutlich, dass Twitter gezielt Einfluss auf den US-Wahlkampf 2020
zwischen Donald Trump und Joe Biden nahm. Im Endpsurt des Wahlkampfs
veröffentlichte die New York Post zwei Titelgeschichten über Hunter
Biden, den Sohn des amtierenden Präsidenten Joe Biden. Neben den –
erwartbaren – Drogen- und Sex-Eskapaden enthielten die Berichte
hochbrisantes Material darüber, wie Hunter Biden seinen Namen dazu
nutzte, um Geschäftsleuten in der Ukraine und China gegen entsprechende
Zahlungen Zugang zu seinem Vater, dem damaligen Vize-Präsidenten, zu
verschaffen.
Das Team Biden übte daraufhin immensen Druck auf Twitter aus, die
Geschichten – die ganz klar das Potenzial dazu hatten, den Wahlkampf zu
Trumps Gunsten zu drehen – zu zensieren. Twitter nutzte dabei den
gesamten Werkzeugkasten der Zensurmethoden. Der Account der New York
Post, einer der ältesten US-Zeitungen, wurde gesperrt. Accounts, die die
Geschichte teilten, wurden mit einem „Shadowban“ belegt, ihre Reichweite
und Sichtbarkeit wurde also weitgehend eingeschränkt.
Dazu griff Twitter sogar zu einem Werkzeug, das eigentlich für extreme
Verstöße wie die Verbreitung von Kinderpornografie vorgesehen ist. Die
Links zur New-York-Post-Geschichte wurden in privaten Nachrichten der
Plattform unterdrückt. Darüber hinaus wurde der Account der damaligen
Pressesprecherin des Weißes Hauses, Kaleigh McEnany, blockiert, nach dem
diese die Geschichte teilen wollte, wie Matt Taibbi ausführlich darlegt
<https://twitter.com/mtaibbi/status/1600243405841666048>.
Als Begründung für diese weitreichende Zensur der öffentlichen Meinung
übernahm Twitter zunächst die hanebüchene Aussage des Wahlkampfteams von
Biden, nach der es sich um eine russische Desinformationskampagne
handeln würde. Als diese Begründung sich als offensichtlich entpuppte,
da die Echtheit der Daten von Hunter Bidens Laptop unzweifelhaft war,
verlegte sich Twitter darauf zu behaupten, interne Vorschriften würden
die Verbreitung von Material untersagen, dass durch illegale Hacks
erworben wurde.
„Sie haben sich das einfach ausgedacht“, beschreibt ein ehemaliger
Twitter-Mitarbeiter die Entscheidung. „Hacking war die Ausrede, aber
innerhalb von ein paar Stunden war so ziemlich jedem klar, dass das
nicht funktionieren würde. Aber niemand hatte den Mumm, die Entscheidung
rückgängig zu machen.“
*Zensur von Lockdown-Kritikern und Konservativen
*Vielmehr belegen die Interna, dass die Demokraten massiv Druck auf
Twitter ausübten, ihre Plattform „stärker zu moderieren“, da die
Republikaner die „Wahrheit trüben“ und eine sachliche Debatte damit
unmöglich machen würden. Zwar waren es nicht ausschließlich, aber
überwiegend Demokraten, die den Druck auf Twitter erhöhten und sogar mit
Vorladungen vor dem US-Kongress drohten.
Die jüngsten Veröffentlichung der Twitter-Files durch Bari Weiss
<https://twitter.com/bariweiss/status/1601007575633305600> zeigen zudem,
dass Twitter intern „Schwarze Listen“ mit unerwünschten Personen führte,
missliebige Tweets am Trending hinderte und die Sichtbarkeit ganzer
Accounts oder sogar von Trending Topics aktiv einschränkte – alles im
Geheimen und ohne die Nutzer darüber zu informieren. In den letzten
Jahren richtete sich die Zensur vor allem gegen konservative Stimmen
sowie Kritiker der Corona-Maßnahmen.
Ein prominentes Beispiel dafür ist Dr. Jay Bhattacharya. Der
Epidemiologe aus Stanford gehört zu den angesehensten seines Fachs und
ist Mitunterzeichner der „Great Barringtion Declaration“
<https://gbdeclaration.org/>. Bhattacharya warnte mit Verweis auf
zahlreiche Studien früh davor, dass Lockdowns insbesondere Kindern
schaden und gesellschaftlich mehr Schaden als Nutzen anrichten würden.
Twitter setzte ihn heimlich auf eine „Schwarze Liste“, die verhinderte,
dass seine Tweets als Trending erscheinen konnten. Bhattacharya
reagierte geschockt auf die systematische Unterdrückung des
wissenschaftlichen Diskurs.
„Ich versuche immer noch, meine Gefühle zu verarbeiten, als ich erfuhr,
dass Twitter mich auf die schwarze Liste gesetzt hat“, schrieb
Bhattacharya auf Twitter
<https://twitter.com/DrJBhattacharya/status/1601037983779389440>. „Der
Gedanke, der mich heute Nacht wach halten wird: Die Zensur
wissenschaftlicher Diskussionen ermöglichte Maßnahmen wie
Schulschließungen & eine Generation von Kindern wurde verletzt. Ich bin
neugierig, welche Rolle die Regierung bei der Unterdrückung der
politischen Diskussion auf Twitter gespielt hat. Das werden wir mit der
Zeit sehen, nehme ich an.“
Weitere prominente Opfer der Zensur waren die konservativen Stimmen Dan
Bongino und Charlie Kirk. Ihre Accounts wurden mit einem „Shadow Ban“
belegt und – im Falle von Bongino – sogar von der Twitter-Suche
geblockt, sodass Nutzer sie nicht einmal mehr manuell finden konnten.
Dabei hatten Twitter-Offizielle, darunter auch Ex-CEO Jack Dorsey, in
der Vergangenheit immer wieder betont, keine „Shadow Bans“ zu nutzen. So
sagte etwa Vijaya Gadde, Chefin der Rechtsabteilung, 2018 noch
<:" rel="noopener">https://twitter.com/bariweiss/status/1601013855697588224>: „Wir
verhängen keine Shadow Bans. Und wir verhängen ganz sicher keine Shadow
Bans aufgrund von politischen Ansichten oder Ideologien.“
*Ehemaliger FBI-Agent im Zentrum des Zensurapparats
*Die Gruppe, die darüber entschied, ob die Reichweite bestimmter Nutzer
eingeschränkt werden sollte, war das Strategic Response Team – Global
Escalation Team, kurz SRT-GET. Sie bestand aus Hunderten Moderatoren und
bearbeitete oft bis zu 200 „Fälle“ pro Tag. Aber es gab eine weitere
Ebene jenseits des offiziellen Moderatoren, die die
Unternehmensrichtlinien zumindest auf dem Papier befolgten. Das war die
Gruppe „Site Integrity Policy, Policy Escalation Support“, bekannt als
„SIP-PES“.
Im Kern dieser Gruppe standen vor allem drei Personen: Vijaya Gadde,
Chefin der Rechtsabteilung, Yoel Roth, Sicherheitschef, und der
stellvertretende General Counsel Jim Baker. Diese drei trafen viele der
weitreichendsten Zensurentscheidungen im Alleingang und oftmals sogar
ohne Wissen des damaligen Twitter-Chefs Dorsey. Die schillerndste Figur
in diesem Dreigespann ist wohl Jim Baker.
Vor seiner Zeit bei Twitter war Baker General Counsel bei der
Bundespolizeibehörde FBI. Baker ist wiederholt in den vom
Justizministerium eingeleiteten Russland-Ermittlungen gegen
Ex-US-Präsident Trump aufgetreten, darunter auch in der Fake-Affäre um
die russische Alfa-Bank. Als der Anwalt der Clinton-Kampagne, Michael
Sussmann, die bizarre Falschbehauptung eines geheimen
Kommunikationskanals zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und dem Kreml in
die Welt setzen wollte, war Baker sein bevorzugter Ansprechpartner auf
Abruf.
Bakers Name tauchte auch in den Kontroversen im Zusammenhang mit den
anderen FBI-Vorwürfen gegen Trump im Zusammenhang mit Russland auf.
Aufgrund seiner zwielichtigen Rolle wurde Baker beim FBI faktisch aus
dem Amt gedrängt, und Berichten zufolge wurden gegen ihn strafrechtliche
Ermittlungen eingeleitet. Er wurde zu einem Verteidiger der
Russland-Ermittlungen, obwohl dabei ein parteiisches und sogar
kriminelles Verhalten festgestellt wurde.
Die freigegebenen Dokumente zeigen, warum Twitter Baker trotz seiner
Rolle in den Kontroversen um russische Absprachen so eifrig anheuerte.
So war Baker auch Mitglied des einflussreichen US-Thinktanks Brookings
Institution
<https://www.brookings.edu/news-releases/former-fbi-official-james-baker-joins-brookings/>,
der selbst eine entscheidende Rolle bei der Erfindung der
Trump-Russland-Geschichte spielte. Was für die meisten Unternehmen
wahrscheinlich eine Belastung gewesen wäre, schien für Twitter ein
echter Gewinn zu sein. Für ein Unternehmen, das sich mehr und mehr der
systematischen Zensur verschrieben hat, waren Bakers Erfahrungen und
Kontakte bares Gold wert.
*Unheilige Allianz: Twitter und US-Sicherheitsbehörden
*Baker arbeitete direkt mit der Leiterin der Rechtsabteilung des
Unternehmens, Vijaya Gadde, zusammen, die als Chefzensorin des
Unternehmens fungierte. Gadde wurde von Kritikern wegen ihrer Ablehnung
der Grundsätze der freien Meinungsäußerung und ihrer offenen politischen
Voreingenommenheit weithin geschmäht. Bei der Unterdrückung der
New-York-Post-Geschichte spielte Baker dann auch wieder eine
Schlüsselrolle. Er unterhielt direkte Geheimkanäle zum Biden-Team und
setzte sich gegen aufkeimende Widerstände im Unternehmen durch, die
zunehmend Zweifel an der Zensur hatten.
Baker war dabei nicht der einzige Ex-FBI-Agent, der für Twitter
arbeitete. Wie ein Bericht von MintPressNews
<https://www.mintpressnews.com/twitter-hiring-alarming-number-spooks-secret-agents/281114/>
darlegt, hat Twitter in den letzten Jahren eine Reihe ehemaliger
FBI-Beamter und Spione eingestellt. MintPress hat eine Reihe von
Beschäftigungs- und Rekrutierungs-Websites untersucht und festgestellt,
dass der Social-Media-Gigant in den letzten Jahren Dutzende von Personen
aus dem nationalen Sicherheitsapparat eingestellt hat, um in den
Bereichen Sicherheit, Recht und Inhaltskontrolle zu arbeiten.
So wurde beispielsweise Dawn Burton, die frühere Leiterin der
Washingtoner Abteilung des Rüstungskonzerns Lockheed Martin, 2019 von
ihrer Stelle als leitende Innovationsberaterin des FBI-Direktors
abgeworben, um bei Twitter als „Senior Director of Strategy and
Operations for Legal, Public Policy, Trust and Safety“ zu arbeiten. Im
darauffolgenden Jahr wechselte Karen Walsh nach 21 Jahren beim FBI
direkt als Direktorin für „Corporate Resilience“ zu dem
Silicon-Valley-Riesen.
Die Liste ehemaliger Mitarbeiter des US-Sicherheitsapparats, die bei
Twitter anheuerten, ist lang. Twitter hat laut MintPressNews auch bei
der CIA, der US-Army, der NATO und dem Atlantic Council Mitarbeiter
angeworben. Fast alle diese Einstellungen erfolgten in politisch
sensiblen Bereichen wie Vertrauen, Sicherheit und Inhaltskontrolle, so
dass diese Organisationen Einfluss auf die Regeln und Inhalte des
Dienstes nehmen können.
*Ändert sich die Zensur auf Twitter unter Elon Musk?
*Durch Musks Twitter-Übernahme weht nun ein anderer Wind beim
Social-Media-Riesen. Als eine seiner ersten Amtshandlungen entließ Musk
die Chefzensorin Vijaya Gadde. Sicherheitschef Yoel Roth kam seiner
unausweichlichen Entlassung durch Kündigung zuvor. Blieb also nur noch
Baker. Taibbi hat nun deckte unter anderem auch auf, dass Baker die
Twitter-Files in den letzten Tagen heimlich „überprüfte“ und die
Veröffentlichung noch in letzter Sekunde beeinflussen wollte.
Musk, der offenbar bis zur Veröffentlichung der Twitter-Files im
Unklaren über Bakers Rolle im Zensurapparat war, setzte den
Ex-FBI-Agenten vergangene Woche vor die Tür. Trotzdem bleibt es für
Twitter noch ein weiter Weg zurück zu einem Medium, dass den
öffentlichen Diskurs stärkt. Zwar kündigte Musk kürzlich eine Amnestie
für gesperrte Twitter-Konten
<https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/701215/Elon-Musk-verspricht-Amnestie-fuer-gesperrte-Twitter-Konten>
an, doch davon spüren viele Konservative und Corona-Maßnahmen-Kritiker
bisher noch wenig.
Unklar ist auch, ob Musk die zur Reichweitenunterdrückung genutzte
Technik des „shadow banning“ abschaffen wird. Twitter behält sich in
seinen AGBs nach wie vor das Recht vor, die „Verbreitung oder
Sichtbarkeit von Inhalten des Dienstes zu beschränken“. In einem
kürzlich veröffentlichten Tweet
<https://twitter.com/elonmusk/status/1593673339826212864> deutete Musk
an, dass er das „shadow banning“ weiter einsetzen will.
„Die neue Twitter-Politik ist die Freiheit der Rede, aber nicht die
Freiheit der Reichweite“, schrieb Musk auf Twitter. „Negative und
hasserfüllte Tweets werden maximal ausgebremst und demonetisiert, also
keine Werbung oder andere Einnahmen für Twitter. Sie werden den Tweet
nicht finden, es sei denn, Sie suchen gezielt danach, was sich nicht vom
Rest des Internets unterscheidet.“
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.