anti-spiegel.ru, vom 7. November 2024 22:37 Uhr, von Anti-Spiegel
Wie jedes Jahr hat der russische Präsident Putin beim Valdai-Club eine lange Grundsatzrede über die Motive und Ziele der russischen Außenpolitik gehalten. Und wie jedes Jahr war die Rede für alle, die sich für die internationale Politik interessieren, sicher ein Highlight des Jahres.
Dass ich Putins alljährliche Rede beim Valdai-Club als ein Highlight des Jahres bezeichne, liegt vor allem daran, dass es keinen anderen Staatschef gibt, der bei einer ähnlichen, von internationalen hochkarätigen Experten besuchten Veranstaltung eine so lange und detaillierte Rede über die Außenpolitik seines Landes hält und sich anschließend noch stundenlang den Fragen der Experten im Saal stellt. Wer Putins Reden beim Valdai-Club in den letzten Jahren verfolgt hat, der weiß, dass Putin keineswegs unberechenbar ist, wie die westliche Propaganda behauptet, sondern dass Putin absolut offen seine Beweggründe und seine Ziele nennt. Und das Wichtigste ist, dass Putin danach auch umsetzt, was er angekündigt hat.
Daher habe ich Putins komplette Rede auch dieses Mal übersetzt. Sie war wieder sehr lang, aber für jeden politisch interessierten Menschen wird das eine spannende, aber dabei kurzweilige Lektüre. (Nachtrag: Inzwischen hat ein Telegramkanal meine Übersetzung vertont, hier ist der Link)
Beginn der Übersetzung:
Guten Tag, verehrte Damen und Herren, liebe Freunde!
Ich freue mich sehr, Sie alle zu unserem traditionellen Treffen begrüßen zu dürfen. Ich möchte Ihnen zuerst für Ihre Teilnahme an den prägnanten und informativen Diskussionen des Valdai-Clubs danken. Wir treffen uns am 7. November, einem Datum, das für unser Land und, man könnte sagen, für die ganze Welt von Bedeutung ist. Die russische Revolution von 1917 war wie die niederländische, die englische und die französische Revolution in gewisser Weise ein Meilenstein in der Entwicklung der Menschheit und hat in vielerlei Hinsicht den Lauf der Geschichte, das Wesen der Politik, der Diplomatie, der Wirtschaft und der gesellschaftlichen Ordnung bestimmt.
Wir haben das Privileg, in einer Ära radikaler, im Grunde revolutionärer Veränderungen zu leben und die komplexen Prozesse des ersten Viertels des 21. Jahrhunderts nicht nur zu verstehen, sondern auch direkt daran teilzunehmen. Der Valdai-Club, der fast genauso alt ist wie unser Jahrhundert, ist bereits 20 Jahre alt. Bei solchen Anlässen wird oft gesagt, dass die Zeit wie im Fluge vergeht, aber in diesem Fall ist das nicht so. Diese zwei Jahrzehnte waren nicht nur angefüllt mit den sehr wichtigen, teilweise dramatischen Ereignissen von wahrhaft historischem Ausmaß, denn wir sind Zeugen der Entstehung einer völlig neuen Weltordnung, die sich von dem unterscheidet, was wir aus der Vergangenheit kennen, wie zum Beispiel beim Westfälischen Frieden oder dem Jalta-System.
Neue Mächte erheben sich. Die Völker werden sich ihrer Interessen, ihres Selbstwerts, ihrer Identität und ihrer Selbstbestimmung immer bewusster und sind mehr und mehr entschlossen, die Ziele ihrer Entwicklung und Gerechtigkeit zu erreichen. Dabei stoßen die Gesellschaften auf eine Vielzahl neuer Herausforderungen: von aufregenden technologischen Veränderungen bis hin zu katastrophalen Naturkatastrophen, von eklatanter sozialer Schichtung bis hin zu massiven Migrationswellen und akuten Wirtschaftskrisen.
Experten sprechen über die Bedrohung durch neue regionale Konflikte, globale Epidemien, die komplexen und nicht eindeutigen ethischen Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz und darüber, wie Tradition und Fortschritt zusammenpassen.
Einige dieser Probleme hatten wir bei unseren früheren Treffen vorausgesagt und sogar ausführlich besprochen, als wir uns beim Valdai-Club getroffen haben, und einige haben wir intuitiv vorausgesehen, auf das Beste gehofft, aber das Worst-Case-Szenario nicht ausgeschlossen.
Eines hingegen war für alle völlig überraschend. Die Dynamik ist wirklich sehr stark. Die moderne Welt ist unberechenbar, das ist sicher. Wenn wir 20 Jahre zurückblicken und das Ausmaß der Veränderungen ansehen und diese Veränderungen dann auf die kommenden Jahre projizieren, können wir davon ausgehen, dass die nächsten 20 Jahre nicht weniger komplex, sondern sogar noch komplexer werden. Aber wie komplex, das hängt natürlich von vielen, vielen Faktoren ab. Wie ich es verstehe, treffen Sie sich hier im Valdai-Club, um das zu analysieren und zu versuchen, etwas vorherzusagen.
In gewisser Weise kommt die Stunde der Wahrheit. Die alte Weltordnung geht unwiderruflich, man könnte man sagen, sie ist schon verschwunden, und es findet ein ernsthafter, unversöhnlicher Kampf um die Bildung der neuen Weltordnung statt. Unversöhnlich vor allem deshalb, weil das nicht einmal ein Kampf um Macht oder geopolitischen Einfluss ist. Es ist ein Kampf um die Grundsätze, auf denen die Beziehungen zwischen Ländern und Völkern in der nächsten historischen Etappe aufbauen werden. Sein Ausgang wird darüber entscheiden, ob wir alle zusammen durch gemeinsame Anstrengungen eine Welt errichten können, die allen ihre Entwicklung ermöglicht und aufkommende Gegensätze auf der Grundlage der gegenseitigen Achtung der Kulturen und Zivilisationen ohne Zwang und Gewaltanwendung löst. Und schließlich, ob die menschliche Gesellschaft in der Lage sein wird, eine Gesellschaft mit ihren ethisch-humanistischen Prinzipien zu bleiben, und ob der Mensch ein Mensch bleiben kann.
Es scheint, dass es dazu keine Alternative gibt. Auf den ersten Blick. Aber leider gibt es sie. Das ist der Sturz der Menschheit in den Abgrund aggressiver Anarchie, innerer und äußerer Spaltung, des Verlusts traditioneller Werte, neue Formen der Tyrannei, der faktischen Ablehnung der klassischen Grundsätze der Demokratie, der Grundrechte und -freiheiten. Immer häufiger wird Demokratie nicht als Macht der Mehrheit, sondern der Minderheit interpretiert, und es wird der traditionellen Demokratie und der Macht des Volkes sogar eine abstrakte Freiheit gegenüber gestellt, für die demokratische Verfahren, Wahlen, die Meinung der Mehrheit, die Meinungsfreiheit und unparteiische Medien, wie manche meinen, vernachlässigt oder sogar geopfert werden können.
Die Gefahr besteht in der Durchsetzung im Grunde totalitärer Ideologien, wie wir am Beispiel des westlichen Liberalismus, des heutigen westlichen Liberalismus, sehen, der meines Erachtens zu extremer Intoleranz und Aggression gegenüber jeglicher Alternative, gegenüber jeglichem souveränen und unabhängigen Gedankengut entartet ist und heute Neonazismus, Terrorismus, Rassismus und sogar massenhaften Völkermord rechtfertigt.
Schlussendlich sind das internationale Konflikte und Zusammenstöße, bei denen gegenseitige Zerstörung droht. Schließlich gibt es Waffen, die das können, die ständig verbessert werden und mit der technologischen Entwicklung neue Formen annehmen. Und der Kreis der Besitzer solcher Waffen wird immer größer, und niemand kann garantieren, dass sie im Falle eines lawinenartigen Anstiegs der Bedrohungen und der endgültigen Zerstörung juristischer und moralischer Normen nicht eingesetzt werden.
Ich habe schon gesagt, dass wir an einer gefährlichen Grenze angelangt sind. Die westlichen Forderungen nach einer strategischen Niederlage Russlands, eines Landes, das über das größte Atomwaffenarsenal der Welt verfügt, zeugen vom grenzenlosem Abenteurertum der westlichen Politiker. Nun, zumindest einiger von ihnen. Dieser blinde Glaube an die eigene Straffreiheit und den eigenen Exzeptionalismus könnte sich zu einer weltweiten Tragödie entwickeln. Gleichzeitig stellen die ehemaligen Hegemonen, die seit der Kolonialzeit daran gewöhnt sind, die Welt zu beherrschen, zunehmend überrascht fest, dass man ihnen nicht mehr gehorcht. Die Versuche, ihre schwindende Macht mit Gewalt aufrechtzuerhalten, führen nur zu allgemeiner Instabilität und wachsenden Spannungen, zu Opfern und Zerstörung. Aber diese Versuche führen nicht zu dem Ergebnis, das diejenigen anstreben, die ihre absolute, ungeteilte Macht behalten wollen, denn der Lauf der Geschichte lässt sich nicht aufhalten.
Anstatt die Vergeblichkeit ihrer Bestrebungen und den objektiven Charakter des Wandels zu erkennen, scheinen einige westliche Eliten bereit zu sein, alles zu tun, um das Entstehen eines neuen internationalen Systems zu verhindern, das den Interessen der Weltmehrheit entspricht. In der Politik der USA und ihrer Verbündeten beispielsweise hat sich in den letzten Jahren das Prinzip „dann soll es niemand bekommen“, „wer nicht mit uns ist, ist gegen uns“ immer mehr durchgesetzt. Diese Formel ist sehr gefährlich, denn bei uns und in vielen Ländern der Welt gibt es das Sprichwort: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.“
Das Chaos, die systemisch Krise wächst bereits in den Ländern, die versuchen, diese Politik zu verfolgen. Ihr eigener Anspruch auf Exklusivität, auf liberal-globalistischen Messianismus, auf ein ideologisches und militärisch-politisches Monopol erschöpft zunehmend die Länder, die versuchen, diese Politik zu verfolgen. Er treibt die Welt in den Abgrund und steht in klarem Widerspruch zu den wirklichen Interessen der Menschen in den USA und den europäischen Ländern.
Ich bin sicher, dass der Westen das früher oder später erkennen wird, schließlich beruhten seine früheren großen Errungenschaften immer auf einem pragmatischen, nüchternen Ansatz, der auf einer sehr harten, manchmal zynischen, aber rationalen Bewertung der Geschehnisse und der eigenen Fähigkeiten beruhte.
Und in diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal betonen: Im Gegensatz zu unseren Gegnern nimmt Russland die westliche Zivilisation nicht als Feind wahr und stellt auch nicht die Frage „wir oder sie“. Ich wiederhole noch einmal: Wir sagen nie „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“. Wir wollen niemanden belehren, wir wollen niemandem unsere Weltanschauung aufzwingen. Unsere Position ist offen, und sie ist wie folgt.
Der Westen hat wirklich enorme menschliche, intellektuelle, kulturelle und materielle Ressourcen angesammelt, dank derer er sich erfolgreich entwickeln kann und eines der wichtigsten Elemente des Weltsystems bleibt. Aber er ist eben „einer von“, er ist gleichrangig mit anderen sich aktiv entwickelnden Staaten und Gruppen von Ländern. Von Hegemonie kann in dem neuen internationalen Umfeld keine Rede sein. Und wenn, sagen wir, Washington und andere westliche Hauptstädte diese unwiderlegbare, unumstößliche Tatsache begreifen und anerkennen, wird der Prozess des Aufbaus eines Weltsystems, das den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist, endlich in die Phase der wahren Schöpfung eintreten. So Gott will, sollte das so bald wie möglich geschehen. Das liegt im gemeinsamen Interesse, auch und vor allem des Westens selbst.
Bis dahin müssen wir alle, die wir an der Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens interessiert sind, zu viel Energie darauf verwenden, die zerstörerischen Aktionen unserer Gegner zu überwinden, die sich an ihr eigenes Monopol klammern. Es ist ja offensichtlich, dass das geschieht, jeder sieht das im Westen, im Osten, im Süden, überall. Sie versuchen, ihre Macht und ihr Monopol zu bewahren, das ist ganz offensichtlich.
Diese Kräfte könnten viel sinnvoller und effizienter in die Lösung der wirklich gemeinsamen Probleme fließen, die alle betreffen: von Demografie und sozialer Ungleichheit bis hin zu Klimawandel, Ernährungssicherheit, Medizin und neuen Technologien. Das ist es, worüber wir nachdenken sollten und woran jeder wirklich arbeiten muss, was wir tun sollten.
Ich werde mir heute ein paar philosophische Abschweifungen erlauben, wir sind ja ein Diskussionsclub. Ich hoffe also, dass das im Einklang mit den Diskussionen steht, die hier bisher stattgefunden haben.
Ich habe schon gesagt, dass die Welt sich dramatisch und unumkehrbar verändert. Was sie von früheren Versionen des Weltsystems unterscheidet, ist die Kombination, das Nebeneinander zweier sich scheinbar gegenseitig ausschließender Phänomene: rasch wachsende Konflikte und Zersplitterung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Bereiche auf der einen Seite, und die anhaltend enge Verflechtung der gesamten Welt auf der anderen. Das mag man als ein gewisses Paradoxon empfinden, schließlich sind wir daran gewöhnt, dass die beschriebenen Trends in der Regel aufeinander folgen, einander ablösen. Ein Zeitalter nach dem anderen, Epochen der Konflikte und des Zusammenbruchs von Bindungen wechseln sich mit günstigeren Perioden der Zusammenarbeit ab. Das ist die Dynamik der historischen Entwicklung.
Es zeigt sich, dass das heute nicht mehr funktioniert. Lassen Sie uns versuchen, ein wenig über dieses Thema nachzudenken. Die scharfen, prinzipiellen, emotionsgeladenen Konflikte erschweren die Entwicklung der Welt natürlich erheblich, unterbrechen sie aber nicht. An die Stelle der durch politische Entscheidungen und sogar militärische Mittel zerstörten Ketten der Zusammenarbeit treten andere. Ja, sie sind viel komplexer, manchmal verwirrend, aber sie erhalten die wirtschaftlichen und sozialen Bindungen aufrecht.
Das haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt. Erst kürzlich hat der sogenannte kollektive Westen den beispiellosen Versuch unternommen, Russland wirtschaftlich und politisch vom Weltsystem abzuschneiden. Das Ausmaß der gegen unser Land verhängten Sanktionen und Strafmaßnahmen ist beispiellos in der Geschichte. Unsere Gegner sind davon ausgegangen, dass sie Russland einen vernichtenden K.O.-Schlag versetzen würden, von dem es sich einfach nicht mehr erholen und nicht mehr zu den wichtigsten Elementen des internationalen Lebens gehören würde.
Ich denke, man muss nicht daran erinnern, was in der Realität geschehen ist. Allein die Tatsache, dass das Valdai-Jubiläum ein so repräsentatives Publikum versammelt hat, spricht meines Erachtens für sich. Aber natürlich geht es hier nicht um Valdai. Es geht um die Realitäten, in denen wir leben, in denen Russland existiert. Die Welt braucht Russland, und daran können weder die Entscheidungen aus Washington noch aus Brüssel, die angeblich für andere Entscheidungen treffen, etwas ändern.
Das Gleiche gilt für andere Entscheidungen. Auch ein geübter Schwimmer kann nicht gegen eine starke Strömung anschwimmen, egal welche Tricks oder gar Doping er anwendet. Aber die Strömung der Weltpolitik, der Mainstream, geht in die andere Richtung, in die entgegengesetzte Richtung zu den Bestrebungen des Westens – von einer absteigenden hegemonialen Welt zu einer aufsteigenden Vielfalt. Das ist eine offensichtliche Sache, wie man bei uns sagt, da muss man muss nicht zum Hellseher gehen. Das ist offensichtlich.
Kehren wir zurück zur Dialektik der Geschichte, zu den wechselnden Epochen von Konflikt und Kooperation. Ist die Welt wirklich so geworden, dass diese Theorie und diese Praxis nicht mehr funktionieren? Versuchen wir, das, was heute geschieht, aus einem etwas anderen Blickwinkel zu betrachten: Worin besteht der Konflikt und wer ist an dem heutigen Konflikt beteiligt?
Seit Mitte des letzten Jahrhunderts, als es gelang, den Nationalsozialismus – die bösartigste und aggressivste Ideologie, die das Ergebnis der schärfsten Widersprüche der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war – stand vor der Menschheit die Aufgabe, die Rückkehr derartiger Phänomene und Weltkriege zu verhindern. Trotz allen Zickzacks und lokaler Scharmützel hat man sich damals auf die allgemeine Richtung geeinigt. Das war die radikale Ablehnung aller Formen von Rassismus, die Zerstörung des klassischen Kolonialsystems und die Erhöhung der Zahl der vollwertigen Teilnehmer an der internationalen Politik. Die Nachfrage nach Offenheit und Demokratie im internationalen System war offensichtlich, auch die rasante Entwicklung verschiedener Länder und Regionen, das Aufkommen neuer technologischer und sozioökonomischer Ansätze, die auf die Ausweitung der Entwicklungsmöglichkeiten und die Steigerung des Wohlstands abzielten. Natürlich führte das, wie jeder historische Prozess, zu Interessenkonflikten. Aber, ich wiederhole, es gab den gemeinsamen Wunsch nach Harmonisierung und Entwicklung in allen Aspekten dieses Konzepts.
Unser Land, die damalige Sowjetunion, hat einen großen Beitrag zur Stärkung dieser Tendenzen geleistet. Die UdSSR unterstützte Staaten, die sich aus kolonialer oder neokolonialer Abhängigkeit befreit hatten, sei es in Afrika, Südostasien, dem Nahen Osten oder Lateinamerika. Und ich erinnere gesondert daran, dass es die Sowjetunion war, die Mitte der 1980er Jahre für das Ende der ideologischen Konfrontation, für die Überwindung des Erbes des Kalten Krieges, ja für das Ende des Kalten Krieges selbst und dann für die Überwindung seines Erbes eintrat, jener Barrieren, die die Einheit der Welt und ihre umfassende Entwicklung verhinderten.
Ja, wir haben ein schwieriges Verhältnis zu dieser Zeit, wenn man bedenkt, welchen Kurs die damalige politische Führung des Landes letztendlich eingeschlagen hat. Wir müssen mit einigen der tragischen Folgen fertig werden, und wir haben auch heute noch damit zu kämpfen. Aber der eigentliche Durchbruch, das möchte ich betonen, der eigentliche Durchbruch, auch wenn unsere Führer und unser Volk ungerechtfertigt idealistisch waren, manchmal sogar naiv, wie wir heute sehen, war zweifellos von dem aufrichtigen Wunsch nach Frieden und Gemeinwohl bestimmt, der im Grunde dem Charakter unseres Volkes, seinen Traditionen, seinem Wertesystem, seinem geistigen und moralischen Kompass historisch innewohnt.
Aber warum haben diese Bestrebungen zu gegenteiligen Ergebnissen geführt? Das ist die Frage. Wir kennen die Antwort, ich habe sie bereits mehrfach auf die eine oder andere Weise erwähnt: Weil die andere Seite der ideologischen Konfrontation die laufenden historischen Ereignisse nicht als Chance zum Umbau der Welt nach neuen gerechten Prinzipien und Grundsätzen, sondern als ihren Triumph, als Sieg, als Kapitulation unseres Landes vor dem Westen und damit als Gelegenheit zur Errichtung ihrer eigenen vollständigen Vorherrschaft mit dem Recht des Siegers wahrgenommen hat.
Ich habe darüber schon mal gesprochen, jetzt nur am Rande, ich will keine Namen nennen. Mitte der 90er Jahre, sogar noch Ende der 90er Jahre, hörte man von einem der damaligen US-Politiker: „Jetzt werden wir Russland nicht als besiegten Feind behandeln, sondern einfach als Instrument in unseren Händen.“
Das war die Leitlinie. Es gab weder genug Weitblick, noch eine allgemeine Kultur, noch politische Kultur. Es fehlte an Verständnis für das, was vor sich geht, und an Wissen über Russland. Darin, wie der Westen die Ergebnisse des Kalten Krieges verstanden hat, seine unverfrorene und beispiellose geopolitische Gier und die Art und Weise, wie er begann, die Welt nach seinen Vorstellungen umzugestalten, sind die wahren Ursprünge der Konflikte unserer historischen Epoche, angefangen bei den Tragödien in Jugoslawien, Irak, Libyen und heute in der Ukraine und im Nahen Osten.
Für gewisse westliche Eliten schien das aufkommende Monopol, ihr Monopol, der Moment der Unipolarität im ideologischen, wirtschaftlichen, politischen und sogar teilweise militärisch-strategischen Sinne das Ziel zu sein. „Das war’s, jetzt haben wir wir’s. Du bist schön!“ So anmaßend war damals die Ansage, regelrecht das Ende der Geschichte.
Diesem Publikum hier muss man nicht erklären, als wie kurzsichtig und fehlgeleitet sich dieses Urteil erwiesen hat. Die Geschichte ist nicht zu Ende, sie ist im Gegenteil in eine neue Phase eingetreten. Und es ist ja nicht so, dass irgendwelchen böswilligen Feinde, Konkurrenten, subversiven Elemente den Westen daran gehindert hätten, sein System der Weltmacht zu etablieren.
Sagen wir es ehrlich: Nach dem Verschwinden der UdSSR – des Modells der sowjetischen sozialistischen Alternative insgesamt – schien es vielen in der Welt zunächst, dass das Monopolsystem für lange Zeit, fast für immer, gekommen war und dass man sich einfach daran anpassen muss. Aber es ist von selbst ins Wanken geraten, von selbst unter dem Gewicht des Ehrgeizes und der Gier dieser westlichen Eliten. Und als sie sahen, dass im Rahmen des Systems, das sie selbst geschaffen haben – nach dem Zweiten Weltkrieg, das müssen wir natürlich zugeben, haben die Sieger das System von Jalta für sich selbst geschaffen, und dann, nach dem Kalten Krieg, begannen die angeblichen Sieger des Kalten Krieges, so ein System von Jalta für sich selbst zu korrigieren und zu schaffen, das ist das Problem -, sie haben es mit ihren eigenen Händen für sich selbst geschaffen, und nun fingen andere an, erfolgreich zu sein und zu führen. Das ist es, was sie gesehen haben, dass sie das System geschaffen haben, aber plötzlich tauchten im Rahmen dieses Systems andere Erfolgreiche auf, und natürlich haben sie sich daran gemacht, das System zu korrigieren, das sie für sich selbst geschaffen hatten, und haben begonnen, die Regeln zu brechen, die sie vorher selbst aufgestellt haben.
Und welche Art von Konflikt erleben wir heute? Ich bin davon überzeugt, dass das kein Konflikt alle gegen alle ist, der durch die Abweichung von irgendwelchen Regeln verursacht wurde, von denen man uns im Westen oft erzählt. Ganz und gar nicht. Was wir sehen, ist ein Konflikt zwischen dem überwältigenden Teil der Weltbevölkerung, der in einer vernetzten Welt mit einer Vielzahl von Möglichkeiten leben und sich entwickeln will, und der Minderheit in der Welt, der es nur um eines geht, wie ich bereits gesagt habe, um den Erhalt ihrer Vorherrschaft. Und dafür ist sie bereit, die Errungenschaften zu zerstören, die das Ergebnis einer langen Entwicklung hin zu einem universellen Weltsystem sind. Aber wie wir sehen, klappt das nicht und es wird auch nicht klappen.
Dabei versucht der Westen selbst scheinheilig, uns alle davon zu überzeugen, dass das, was die Menschheit seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht hat, in Gefahr ist. Nichts dergleichen, ich habe das gerade erwähnt. Sowohl Russland als auch die überwiegende Mehrheit der Länder sind bestrebt, den Geist des internationalen Fortschritts und den Wunsch nach dauerhaftem Frieden zu stärken, der seit Mitte des letzten Jahrhunderts im Mittelpunkt der Entwicklung steht.
In Gefahr ist tatsächlich etwas völlig anderes. In Gefahr ist genau dieses Monopol des Westens, das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden ist und das er am Ende des 20. Jahrhunderts eine Zeit lang innehatte. Aber ich will es noch einmal sagen, und die Anwesenden in diesem Raum verstehen das: Jedes Monopol, das wissen wir aus der Geschichte, geht früher oder später zu Ende. Hier darf man sich keine Illusionen machen. Und ein Monopol ist immer schädlich, auch für die Monopolisten selbst.
Die Politik der Eliten des kollektiven Westens ist einflussreich, aber wegen der Anzahl der Mitglieder des sehr begrenzten Clubs nicht nach vorne gerichtet, nicht auf die Schaffung, sondern nach hinten, auf die Erhaltung. Jeder Sportfan, ganz zu schweigen von den Profis im Fußball, im Hockey, in jeder Art von Kampfsport, weiß, dass ein Spiel um den Erhalt eines Ergebnisses fast immer zur Niederlage führt.
Um auf die Dialektik der Geschichte zurückzukommen, können wir sagen, dass die parallele Existenz von Konflikt und Streben nach Harmonie natürlich instabil ist. Die Gegensätze der Epoche müssen früher oder später durch eine Synthese, einen Übergang zu einer anderen Qualität aufgelöst werden. Und beim Eintritt in diese neue Entwicklungsphase, beim Aufbau einer neuen Weltarchitektur, ist es für uns alle wichtig, nicht die Fehler vom Ende des letzten Jahrhunderts zu wiederholen, als der Westen, wie ich bereits sagte, versuchte, sein meiner Meinung nach zutiefst fehlerhaftes Modell des Endes des Kalten Krieges durchzusetzen, das die Gefahr neuer Konflikte mit sich brachte.
In der entstehenden multipolaren Welt darf es keine Verliererländer und -völker geben, niemand darf sich benachteiligt und gedemütigt fühlen. Nur dann können wir wirklich langfristige Bedingungen für eine universelle, gerechte und sichere Entwicklung gewährleisten. Der Wunsch nach Zusammenarbeit ist zweifelsohne bereits vorhanden und überwindet die akutesten Situationen. Wir können mit Sicherheit sagen, dass dies der internationale Mainstream ist, der Fluss der Ereignisse. Da wir uns im Epizentrum tektonischer Verschiebungen befinden, die durch tiefgreifende Veränderungen im Weltsystem verursacht werden, ist es natürlich schwierig, die Zukunft vorherzusagen. Aber da wir die allgemeine Richtung des Wandels von der Hegemonie zu einer komplexen Welt der multilateralen Zusammenarbeit kennen, können wir versuchen, zumindest einige zukünftige Konturen zu skizzieren.
In meiner Rede auf dem Valdai-Forum im vergangenen Jahr habe ich mir erlaubt, sechs Grundsätze zu skizzieren, die unserer Ansicht nach die Grundlage der Beziehungen in der neuen Phase der historischen Entwicklung bilden sollten. Meines Erachtens haben die Ereignisse und der Lauf der Zeit die Richtigkeit und Gültigkeit dieser Vorschläge nur bestätigt. Ich versuche, sie weiterzuentwickeln.
Erstens: Offenheit für Zusammenarbeit ist der wichtigste Wert für die überwältigende Mehrheit der Länder und Völker. Versuche, künstliche Barrieren zu errichten, sind nicht nur deshalb bösartig, weil sie eine normale und nützliche wirtschaftliche Entwicklung behindern. Die Unterbrechung von Beziehungen ist besonders gefährlich bei Naturkatastrophen, sozialen und politischen Umwälzungen, ohne die es in der internationalen Praxis leider nicht geht.
Situationen wie die, die sich im vergangenen Jahr nach dem katastrophalen Erdbeben in Kleinasien ereignet hat, sind nicht hinnehmbar. Die Hilfe für die Menschen in Syrien wurde allein aus politischen Gründen blockiert, aber einige Regionen wurden von der Katastrophe schwer getroffen. Und solche Beispiele für egoistische, opportunistische Interessen, die die Verwirklichung des Gemeinwohls verhindern, sind keine Einzelfälle.
Das barrierefreie Umfeld, über das ich letztes Jahr gesprochen habe, ist der Schlüssel nicht nur zu wirtschaftlichem Wohlstand, sondern auch zur Deckung des akuten humanitären Bedarfs. Und angesichts der neuen Herausforderungen, einschließlich der Folgen der rasanten technologischen Entwicklung, ist es für die Menschheit einfach unerlässlich, ihre geistigen Anstrengungen zu bündeln. Es ist bezeichnend, dass die Hauptgegner der Offenheit heute diejenigen sind, die sie noch vor kurzer Zeit, gestern, könnte man sagen, mehr als alle anderen auf den Schild gehoben haben.
Heute versuchen dieselben Kräfte und Leute, Beschränkungen als Druckmittel gegen Andersdenkende einzusetzen. Das klappt nicht, und zwar aus demselben Grund: Die große Weltmehrheit ist für Offenheit ohne Politisierung.
Zweitens: Wir haben immer von der Vielfalt der Welt als einer Voraussetzung für ihre Nachhaltigkeit gesprochen. Das mag paradox erscheinen, denn je vielfältiger sie ist, desto schwieriger ist es, ein einheitliches Bild zu zeichnen. Und scheinen universelle Normen hier helfen. Können sie es schaffen? Keine Frage, das ist schwierig, nicht einfach zu machen. Aber erstens darf keine Situation entstehen, in der das Modell eines Landes oder eines relativ kleinen Teils der Menschheit als etwas Allgemeingültiges genommen und allen anderen aufgezwungen wird. Und zweitens kann kein theoretischer, selbst ein vollkommen demokratisch entwickelter Kodex genommen und ein für alle Mal als Direktive, als unanfechtbare Wahrheit auf andere übertragen werden.
Die internationale Gemeinschaft ist ein lebendiger Organismus, dessen Wert und Einzigartigkeit in seiner zivilisatorischen Vielfalt liegt. Das Völkerrecht ist das Ergebnis von Übereinkünften nicht einmal von Ländern, sondern von Völkern, denn das Rechtsbewusstsein ist ein integraler und ursprünglicher Bestandteil jeder Kultur, jeder Zivilisation. Die Krise des Völkerrechts, von der jetzt die Rede ist, ist in gewissem Sinne eine Wachstumskrise.
Der Aufstieg von Völkern und Kulturen, die früher aus dem einen oder anderen Grund an der politischen Peripherie gewesen sind, bedeutet, dass ihre eigenen, unverwechselbaren Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit eine immer wichtigere Rolle spielen. Sie sind unterschiedlich. Das mag den Eindruck von Zwietracht und Kakophonie erwecken, aber das ist nur die erste Phase der Entstehung. Und ich bin überzeugt, dass eine neue Struktur nur auf den Prinzipien der Polyphonie, des harmonischen Erklingens aller musikalischen Themen, möglich ist. Wenn Sie so wollen, bewegen wir uns auf eine Weltordnung zu, die nicht so sehr polyzentrisch als vielmehr polyphon ist, in der alle Stimmen gehört werden und vor allem gehört werden müssen. Diejenigen, die daran gewöhnt sind und ausschließlich als Solisten auftreten wollen, werden sich an die neue Welt-„Partitur“ gewöhnen müssen.
Habe ich schon gesagt, was das Völkerrecht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist? Das Völkerrecht basiert auf der UN-Charta, die von den Siegermächten verfasst wurde. Aber die Welt verändert sich natürlich, es entstehen neue Machtzentren, mächtige Volkswirtschaften wachsen, treten in den Vordergrund. Natürlich müssen sich auch die rechtlichen Regelungen ändern. Natürlich muss das sorgfältig geschehen, aber es ist unvermeidlich. Das Recht spiegelt das Leben wider, nicht umgekehrt.
Drittens: Wir haben oft gesagt, dass sich die neue Welt nur nach den Grundsätzen der maximalen Repräsentativität erfolgreich entwickeln kann. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat deutlich gezeigt, wozu Usurpation führt, also der Wunsch eines Einzelnen, sich das Recht anzumaßen, im Namen anderer zu sprechen und zu handeln. Diejenigen, die gemeinhin als „Großmächte“ bezeichnet werden, haben sich daran gewöhnt, zu glauben, dass sie das Recht haben, zu bestimmen, was im Interesse anderer ist – das ist schon ein starkes Stück -, ja, dass sie anderen ihre nationalen Interessen auf der Grundlage ihrer eigenen Interessen diktieren. Das verstößt nicht nur gegen die Grundsätze der Demokratie und der Gerechtigkeit, sondern, was noch schlimmer ist, es verhindert im Grunde echte Lösungen für drängende Probleme.
Die entstehende Welt wird gerade wegen ihrer Vielfalt nicht einfach sein. Je mehr vollwertige Teilnehmer an dem Prozess beteiligt sind, desto schwieriger ist es natürlich, eine für alle optimale, zufriedenstellende Lösung zu finden. Aber wenn sie gefunden wird, besteht die Hoffnung, dass die Lösung nachhaltig und dauerhaft sein wird. Und das ermöglicht es auch, sich von Arroganz und impulsiven Handlungen zu befreien und im Gegenteil politische Prozesse sinnvoll und rational zu gestalten, geleitet vom Prinzip einer vernünftigen Hinlänglichkeit. Dieses Prinzip ist im Grunde in der UN-Charta und im Sicherheitsrat verankert.
Aber was ist das Vetorecht? Wozu wurde das Vetorecht erfunden? Um zu verhindern, dass Beschlüsse gefasst werden, die den Akteuren auf der internationalen Bühne nicht passen. Ist das gut oder schlecht? Für manche ist es vielleicht schlecht, dass eine der Parteien die Entscheidungsfindung behindert. Aber es ist gut in dem Sinne, dass Entscheidungen, die einem nicht passen, nicht getroffen werden. Was sagt das aus? Was sagt diese Norm? Geht in den Verhandlungssaal und verhandelt! Das ist der Sinn der Sache.
Aber da die Welt immer multipolarer wird, müssen wir Instrumente finden, die es uns ermöglichen, den Einsatz und die Mechanismen dieser Art zu erweitern. In jedem einzelnen Fall sollte die Lösung nicht einfach eine kollektive sein, sondern die Teilnehmer einschließen, die einen sinnvollen und bedeutenden Beitrag zur Lösung von Problemen leisten können. Das sind in erster Linie die Akteure, die ein unmittelbares Interesse an einer positiven Lösung der Situation haben, da ihre künftige Sicherheit und damit ihr Wohlstand davon abhängen.
Es gibt unzählige Beispiele dafür, wie sich komplexe, aber eigentlich lösbare Widersprüche benachbarter Länder und Völker durch Intrigen und grobe Einmischung äußerer Kräfte, denen es im Prinzip egal ist, was mit den Teilnehmern dieser Konflikte geschieht, wie viel Blut vergossen wird, wie viele Opfer sie erleiden werden, in unversöhnliche chronische Konflikte verwandelt haben. Diejenigen, die sich von außen einmischen, lassen sich einfach von ihren rein egoistischen Interessen leiten, ohne dabei irgendeine Verantwortung zu übernehmen.
Ich glaube auch, dass regionale Organisationen in Zukunft eine besondere Rolle spielen werden, weil Nachbarländer, egal wie kompliziert ihre Beziehungen auch sein mögen, immer durch ein gemeinsames Interesse an Stabilität und Sicherheit geeint sind. Kompromisse sind für sie einfach unerlässlich, um optimale Bedingungen für ihre eigene Entwicklung zu erreichen.
Weiter: Das Schlüsselprinzip ist Sicherheit für alle ohne Ausnahme. Die Sicherheit der einen kann nicht auf Kosten der Sicherheit der anderen gewährleistet werden. Ich sage hier nichts Neues. Das ist alles in OSZE-Dokumenten niedergeschrieben. Das muss nur umgesetzt werden.
Der Blockansatz, das Erbe der Kolonialzeit des Kalten Krieges, widerspricht dem Wesen des neuen internationalen Systems, das offen und flexibel ist. Es gibt heute nur noch einen einzigen Block in der Welt, der durch sogenannte verbindliche Verpflichtungen, starre ideologische Dogmen und Klischees zusammengehalten wird. Das ist die NATO, die, ohne ihre Expansion nach Osten zu stoppen, nun versucht, ihre Ansätze auf andere Regionen der Welt auszudehnen und dabei gegen ihre eigenen Statuten verstößt. Das ist schlicht und ergreifend ein Anachronismus.
Wir haben mehr als einmal über die destruktive Rolle gesprochen, die die NATO weiterhin spielt, insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Pakts, als man meinen sollte, dass das Bündnis den formalen, zuvor erklärten Grund und Sinn seiner Existenz verloren hatte. Es scheint mir, dass die USA verstanden haben, dass dieses Instrument sozusagen unattraktiv und unnötig wurde, aber sie brauchten es, und brauchen es auch heute noch, um in ihrem Einflussbereich die Führungsrolle zu übernehmen. Darum braucht es Konflikte.
Wissen Sie, noch vor all den akuten Konflikten von heute sagten mir viele europäische Staats- und Regierungschefs: „Warum machen die uns mit Dir Angst? Wir haben keine Angst, wir sehen keinerlei Bedrohung.“
Das das haben die so gesagt, verstehen Sie? Ich glaube, in den USA haben sie das sehr gut verstanden, sie haben es gespürt und sie selbst haben die NATO bereits als eine Art zweitrangige Organisation behandelt. Glauben Sie mir, ich weiß, was ich sage. Dennoch verstanden die Experten dort, dass die NATO gebraucht wurde. Aber wie soll man ihren Wert und ihre Attraktivität erhalten? Man muss ordentlich Angst verbreiten, Man muss Russland und Europa, insbesondere Russland durch Konflikte von Deutschland und Frankreich trennen. Und so haben sie den Putsch in der Ukraine und die Militäroperationen im Südosten, im Donbass, durchgeführt. Sie haben uns einfach zu einer Antwort gezwungen, in diesem Sinne haben sie erreicht, was sie wollten. Dasselbe passiert meiner Meinung nach auch in Asien, auf der koreanischen Halbinsel.
In der Praxis sehen wir, dass die Weltminderheit durch die Aufrechterhaltung und Stärkung ihres Militärblocks hofft, so die Macht zu behalten. Aber sogar innerhalb dieses Blocks selbst kann man das grausame Diktat des „großen Bruders“, das in keiner Weise zur Lösung der Probleme aller beiträgt, bereits spüren, verstehen und sehen. Vor allem, weil diese Bestrebungen eindeutig im Widerspruch zu den Interessen der übrigen Welt stehen. Die offensichtliche Priorität der meisten Länder der Erde ist es, mit denen zusammenzuarbeiten, für die es von Vorteil ist, und Partnerschaften mit allen aufzubauen, die daran interessiert sind.
Es ist offensichtlich, dass militärpolitische und ideologische Blöcke eine weitere Art von Hindernissen sind, die der natürlichen Entwicklung eines solchen internationalen Systems im Wege stehen. Dabei stelle ich fest, dass das eigentliche Konzept eines „Nullsummenspiels“, bei dem nur einer gewinnt und alle anderen verlieren, ein Produkt des westlichen politischen Denkens ist. Während der Vorherrschaft des Westens wurde dieser Ansatz allen als universell aufgedrängt, aber er ist alles andere als universell und funktioniert nicht immer.
Zum Beispiel basiert die östliche Philosophie, und viele hier in diesem Raum wissen das nicht schlechter, sondern vielleicht sogar besser als ich, auf einem völlig anderen Ansatz. Und zwar in der Suche nach einer Harmonie der Interessen, damit jeder das erreichen kann, was für ihn am wichtigsten ist, jedoch nicht auf Kosten der Interessen anderer. „Ich gewinne, aber du gewinnst auch.“ Und die Russen waren schon immer in Russland, alle Völker Russlands sind immer, wann immer möglich, davon ausgegangen, dass die Hauptsache nicht darin besteht, ihre Meinung mit irgendwelchen Mitteln und Wegen durchzusetzen, sondern zu versuchen, zu überzeugen und sich für eine ehrliche Partnerschaft und einen gleichberechtigten Umgang miteinander zu interessieren.
Unsere Geschichte, einschließlich der Geschichte der unserer Diplomatie, hat wiederholt gezeigt, was Ehre, Friedensstiftung und Herablassung bedeuten. Es genügt, an die Rolle Russlands in der Struktur Europas nach der Ära der Napoleonischen Kriege zu erinnern. Ich weiß, dass das dort gewissermaßen als Rückkehr angesehen wird, als Versuch, die Monarchie dort aufrechtzuerhalten und so weiter. Das ist jetzt überhaupt nicht der Punkt. Ich spreche über den Ansatz, wie diese Probleme insgesamt gelöst wurden.
Der Prototyp des neuen, freien und blockfreien Charakters der Beziehungen zwischen Staaten und Völkern ist die Gemeinschaft, die sich jetzt im BRICS-Rahmen bildet. Das verdeutlicht unter anderem die Tatsache, dass es, wie Sie wissen, auch unter den NATO-Mitgliedern diejenigen gibt, die an einer engen Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten interessiert sind. Ich schließe nicht aus, dass in Zukunft auch andere Staaten über eine gemeinsame, engere Zusammenarbeit mit BRICS nachdenken werden.
Unser Land hatte in diesem Jahr den Vorsitz der BRICS inne, und wie Sie wissen, fand kürzlich in Kasan das Gipfeltreffen statt. Ich verheimliche nicht, dass die Entwicklung eines koordinierten Vorgehens zwischen vielen Ländern, deren Interessen nicht immer in allen Punkten übereinstimmen, keine leichte Aufgabe ist. Diplomaten und andere Regierungsbeamte mussten alle Anstrengungen unternehmen und taktvoll die Fähigkeit unter Beweis stellen, einander zuzuhören, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Es wurde viel Mühe darauf verwendet. Aber so entsteht ein einzigartiger Geist der Zusammenarbeit, der nicht auf Zwang, sondern auf gegenseitigem Verständnis basiert.
Und wir sind sicher, dass die BRICS-Staaten allen ein gutes Beispiel für eine wirklich konstruktive Zusammenarbeit im neuen internationalen Umfeld bieten. Ich möchte hinzufügen, dass die BRICS-Plattformen, die Treffen von Unternehmern, Wissenschaftlern und Intellektuellen unserer Länder unter Berücksichtigung der Merkmale jeder Zivilisation mit ihrer Kultur, Geschichte, und Identität von Traditionen ein Raum für ein tiefes philosophisches, grundlegendes Verständnis moderner Prozesse der Entwicklung der Welt werden können.
Darauf basiert der Geist des Respekts und der Berücksichtigung der Interessen, das zukünftige System der eurasischen Sicherheit, das auf unserem riesigen Kontinent Gestalt annimmt. Und das ist nicht nur ein wirklich multilateraler Ansatz, sondern auch noch ein vielfältiger, denn Sicherheit ist heute ein komplexer Begriff, der nicht nur militärpolitische Aspekte umfasst. Sicherheit ist ohne Garantien für die sozioökonomische Entwicklung und die Gewährleistung der Nachhaltigkeit von Staaten angesichts aller Herausforderungen – von natürlichen bis hin zu vom Menschen verursachten – nicht möglich. Egal, ob es um die materielle oder digitale Welt, den Cyberspace und so weiter geht.
Fünftens: Gerechtigkeit für alle. Ungleichheit ist eine echte Geißel der modernen Welt. Innerhalb von Ländern führt Ungleichheit zu sozialen Spannungen und politischer Instabilität. Auf der Weltbühne ist die Kluft im Entwicklungsstand zwischen der „goldenen Milliarde“ und dem Rest der Menschheit nicht nur mit zunehmenden politischen Widersprüchen, sondern vor allem mit sich verschärfenden Migrationsproblemen behaftet.
Fast alle entwickelten Länder der Erde sind mit einem zunehmend unkontrollierten Zustrom von Menschen konfrontiert, die so ihre finanzielle Situation verbessern, ihren sozialen Status erhöhen, Perspektiven gewinnen und manchmal auch einfach überleben wollen.
Dieses Migrationsphänomen führt wiederum zu einer Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz gegenüber Neuankömmlingen in reicheren Gesellschaften, was eine Spirale gesellschaftspolitischen Unmuts auslöst und den Grad der Aggression erhöht.
Der Rückstand vieler Länder und Gesellschaften in der sozioökonomischen Entwicklung ist ein komplexes Phänomen. Natürlich gibt es kein magisches Heilmittel für diese Krankheit. Wir brauchen eine langfristige, systematische Arbeit. In jedem Fall muss man Bedingungen schaffen, unter denen künstliche, politisch motivierte Entwicklungshemmnisse abgebaut werden.
Versuche, die Wirtschaft als Waffe einzusetzen, egal gegen wen, treffen alle, insbesondere die Schwächsten, also die Menschen und Länder, die Unterstützung benötigen.
Wir sind davon überzeugt, dass Probleme wie die Ernährungs- und Energiesicherheit, der Zugang zu Dienstleistungen im Gesundheits- und Bildungsbereich und schließlich die Möglichkeit der legalen und ungehinderten Personenfreizügigkeit aus dem Rahmen jeglicher Konflikte und Widersprüche gerückt werden müssen. Das sind grundlegende Menschenrechte.
Sechstens: Wir werden nicht müde zu betonen, dass eine nachhaltige internationale Struktur nur auf den Prinzipien souveräner Gleichheit basieren kann. Ja, alle Länder haben ein unterschiedliches Potenzial, das ist offensichtlich, und ihre Chancen sind bei weitem nicht gleich. In diesem Zusammenhang hören wir oft, dass völlige Gleichheit unmöglich, utopisch und illusorisch sei.
Aber die Besonderheit der modernen, eng verbundenen und integralen Welt liegt gerade darin, dass Staaten, die nicht die mächtigsten und größten sind, schon allein deshalb oft eine noch größere Rolle spielen als Riesen, weil sie ihr menschliches, intellektuelles, natürliches und ökologisches Potenzial rationaler und zielgerichteter nutzen können, einen flexiblen und vernünftigen Ansatz zur Lösung komplexer Probleme haben, hohe Standards in Bezug auf Lebensqualität, Ethik, Managementeffizienz, bei der Schaffung von Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung für alle, bei der Schaffung günstiger Bedingungen psychologische Atmosphäre in der Gesellschaft und für den Aufstieg von Wissenschaft und Unternehmertum, Kunst, Kreativität, Offenlegung des Talents der Jugend einsetzen. All das wird heute zu Faktoren mit globalem Einfluss. Um die Gesetze der Physik zu paraphrasieren: Wer an Bedeutung verliert, kann an Leistung gewinnen.
Das Schädlichste und Zerstörerischste, was sich in der heutigen Welt manifestiert, ist Arroganz, das Herabschauen auf irgendwen und der Wunsch, endlos und zwanghaft zu belehren. Russland hat das noch nie getan; das ist für unser Land unüblich. Und wir sehen, dass unser Ansatz produktiv ist. Die historische Erfahrung zeigt unwiderlegbar: Ungleichheit, sei es in der Gesellschaft, im Staat oder auf internationaler Ebene, führt zwangsläufig zu schlimmen Folgen.
Ich füge hinzu, was ich vielleicht noch nicht oft erwähnt habe. Im Laufe mehrerer Jahrhunderte hat die westlich orientierte Welt bestimmte Klischees, Stereotypen und eine Art Hierarchie entwickelt. Es gibt eine entwickelte Welt, eine fortschrittliche Menschheit und eine Art universelle Zivilisation, nach der alle streben sollen, und es gibt rückständige, unzivilisierte Völker, Barbaren. Deren Aufgabe ist es, bedingungslos zuzuhören, was ihnen von außen gesagt wird, und den Anweisungen derer Folge zu leisten, die in der zivilisatorischen Hierarchie angeblich über diesen Völkern stehen.
Es ist klar, dass die Hülle für den groben kolonialen Ansatz, für die Ausbeutung der Weltmehrheit, gedacht ist. Das Problem ist jedoch, dass diese im Wesentlichen rassistische Ideologie in den Köpfen so vieler Menschen Wurzeln geschlagen hat. Und das ist auch ein ernstes mentales Hindernis für die universelle harmonische Entwicklung.
Die moderne Welt erträgt nicht nur keine Arroganz, sondern auch keine Taubheit gegenüber den Besonderheiten und der Originalität anderer. Um normale Beziehungen aufzubauen, muss man zunächst seinem Gesprächspartner zuhören, dessen Logik und seine kulturellen Grundlagen verstehen und ihm nicht zuschreiben, was man über sich selbst denkt. Andernfalls wird die Kommunikation zum Austausch von Klischees, zur Etikettierung und die Politik zum Gespräch von Gehörlosen.
Verstehen Sie, natürlich sehen wir Menschen, die Interesse an irgendwelchen ursprünglichen Kulturen verschiedener Völker zeigen. Äußerlich ist alles schön, sowohl Musik als auch Folklore scheinen auf dem Vormarsch zu sein. Aber im Kern bleibt die Wirtschafts- und Sicherheitspolitik dieselbe, sie bleibt neokolonial.
Schauen Sie sich an, wie die WTO funktioniert. Da wird nichts gelöst, weil alle westlichen Länder, die großen Volkswirtschaften, alles blockieren. Alles nur im eigenen Interesse, um über Jahrzehnte und Jahrhunderte immer wieder das Gleiche aufzunehmen und ständig zu reproduzieren, um alles am Laufen zu halten, das ist alles.
Man darf nicht vergessen, dass jeder in dem Sinne gleich ist, dass jeder das Recht auf seine eigene Sichtweise hat, die weder besser noch schlechter als die anderer ist, sondern einfach seine eigene ist, und das muss wirklich respektiert werden. Auf dieser Grundlage wird ein gegenseitiges Verständnis von Interessen, Respekt und Empathie formuliert, also die Fähigkeit, sich einzufühlen, die Probleme anderer zu spüren, die Fähigkeit, den Standpunkt und die Argumente anderer wahrzunehmen. Und nicht nur wahrzunehmen, sondern auch danach zu handeln, die eigene Politik danach aufzubauen. Wahrnehmen bedeutet nicht, alles zu akzeptieren und dem zuzustimmen. Das ist natürlich so. Das bedeutet zunächst einmal, das Recht des Gesprächspartners auf seine eigene Weltanschauung anzuerkennen. Im Grunde ist das der erste notwendige Schritt, um eine Harmonie zwischen diesen Weltanschauungen zu finden. Wir müssen lernen, Unterschiede und Vielfalt als Reichtum und Chancen wahrzunehmen und nicht als Grund für Konflikte. Das ist auch die Dialektik der Geschichte.
Wir hier verstehen, dass die Ära der grundlegenden Transformationen eine Zeit unvermeidlicher Umwälzungen ist, leider auch von Interessenkonflikten, einer Art neuer Auseinandersetzung. Dabei mildert die Vernetzung der Welt Gegensätze nicht unbedingt. Natürlich ist auch das wahr. Und im Gegenteil, es kann manchmal ärgerlich sein, Beziehungen noch verwirrender und es viel schwieriger zu machen, einen Ausweg zu finden.
Im Laufe der Jahrhunderte ihrer Geschichte hat sich die Menschheit daran gewöhnt, dass der ultimative Weg zur Lösung von Gegensätzen darin besteht, die Dinge mit Gewalt zu klären. Ja, auch das kommt vor. Wer stärker ist, hat Recht. Und dieses Prinzip funktioniert auch. Ja, das passiert oft; Länder müssen ihre Interessen mit Waffengewalt und mit allen verfügbaren Mitteln verteidigen.
Aber die moderne Welt ist komplex und schwierig, sie wird immer komplexer. Indem die Anwendung von Gewalt ein Problem löst, entstehen natürlich auch andere, oft noch schwierigere. Und das verstehen wir auch. Unser Land war nie Initiator von Gewalt und wird das auch nicht. Das müssen wir nur dann tun, wenn klar wird, dass sich der Gegner aggressiv verhält und keine, gar keine Argumente akzeptiert. Und wenn es nötig ist, werden wir natürlich alle Maßnahmen ergreifen, um Russland und jeden seiner Bürger zu schützen, und wir werden unsere Ziele immer erreichen.
Die Welt ist absolut nicht linear, sondern in sich heterogen. Wir haben das immer verstanden und verstehen es. Ich möchte mich heute nicht von meinen Erinnerungen reden, aber ich erinnere mich noch gut an 1999 daran, als ich die Regierung leitete und dann Staatsoberhaupt wurde. Ich denke, dass sich die Russen und die Spezialisten in diesem Raum auch gut daran erinnern, welche Kräfte hinter den Terroristen im Nordkaukasus standen, woher und in welchen Mengen sie Waffen, Geld und moralische, politische, ideologische und mediale Unterstützung erhielten.
Es ist sogar lustig und traurig zugleich, sich daran zu erinnern, wie wir sagten: „Das ist Al-Qaida.“
Al-Qaida ist natürlich schlecht, aber wenn sie gegen Euch kämpft, ist das in gut. Was ist das? All das führt doch zu Konflikten. Dann haben wir uns zum Ziel gesetzt, alle unsere Zeit für den Erhalt des Landes zu nutzen. Das lag natürlich im Interesse aller Völker Russlands. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage nach der Krise von 1998 und dem Zerfall in der Armee, das muss man so direkt sagen, haben wir alle gemeinsam als ganzes Land die Angriffe der Terroristen abgewehrt und sie dann besiegt.
Warum habe ich daran erinnert? Weil wieder irgendwelche Leute die Idee hatten, dass die Welt ohne Russland besser wäre. Damals haben sie versucht, mit Russland Schluss zu machen, den Zusammenbruch von allem zu vollenden, was nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übrig geblieben ist, und jetzt sieht es so aus, als träume auch irgendwer davon. Die glauben, dass die Welt gehorsamer, besser zu führen sein wird. Aber Russland hat mehr als einmal diejenigen gestoppt, die nach der Weltherrschaft strebten, egal wer es war. Das wird auch weiterhin so bleiben. Und die Welt wird ja auch nicht besser. Die, die das versuchen, müssen das irgendwann begreifen. Es wird nur noch schwieriger.
Unsere Gegner finden immer neue Wege und Werkzeuge, um uns loszuwerden. Jetzt werden in der Ukraine die Ukrainer, die einfach nur zynisch gegen Russen gehetzt werden, als solche Instrumente eingesetzt und praktisch zu „Kanonenfutter“ gemacht. Und das alles begleitet von dem Gerede über die „europäische Wahl“. Was für eine Wahl! Wir brauchen die definitiv nicht. Wir werden uns selbst und unser Volk schützen, darüber soll sich niemand Illusionen machen.
Aber die Rolle Russlands endet natürlich nicht damit, sich selbst zu verteidigen und zu erhalten. Das klingt vielleicht etwas anmaßend, aber die Existenz Russlands allein ist eine Garantie dafür, dass die Welt ihre Vielfarbigkeit, Vielfalt und Komplexität behält, und das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Entwicklung. Und jetzt kann ich Ihnen sagen, dass das nicht meine Worte sind, sondern oft das, was mir unsere Freunde aus allen Regionen der Welt sagen. Ich übertreibe nicht. Ich wiederhole: Wir zwingen niemandem etwas auf und werden das auch niemals tun. Wir selbst brauchen das nicht und niemand braucht das. Wir lassen uns von unseren Werten, Interessen und Erwartungen leiten, die in unserer Identität, Geschichte und Kultur verwurzelt sind. Und natürlich sind wir jederzeit zu einem konstruktiven Dialog mit jedem bereit.
Wer seine Kultur und Traditionen respektiert, hat kein Recht, andere nicht mit dem gleichen Respekt zu behandeln. Und diejenigen, die versuchen, andere zu unangemessenem Verhalten zu zwingen, treten ausnahmslos ihre eigenen Wurzeln, ihre Zivilisation und ihre Kultur in den Dreck, was wir teilweise auch beobachten.
Russland kämpft heute für seine Freiheit, für seine Rechte, seine Souveränität. Ich sage das ohne Übertreibung, denn in den vergangenen Jahrzehnten schien alles äußerlich nett und anständig zu sein. Aus den G7 haben sie die G8 gemacht. Vielen Dank, dass wir eingeladen wurden.
Wissen Sie, was passiert ist? Ich habe es gesehen: Wenn man zum G8-Gipfel kommt, wird sofort klar, dass sich die G7 vor dem G8-Treffen bereits versammelt und etwas untereinander besprochen haben, auch in Bezug auf Russland, und danach laden sie Russland ein. Du siehst das mit einem Lächeln, so hast du es schon immer getan. Und sie umarmen dich liebevoll und klopfen dir auf die Schulter.
Doch in der Praxis tun sie das Gegenteil. Und sie rücken vor und rücken vor. Am deutlichsten wird das bei der Osterweiterung der NATO. Sie haben versprochen, dass sie das nicht tun würden, aber sie tun es weiterhin. Sowohl im Kaukasus als auch mit diesem Raketenabwehrsystem. Bei jedem wichtigen Thema haben sich sich einfach einen Dreck um unsere Meinung geschert. Letztlich wirkte das alles wie eine „schleichende“ Intervention, die ohne jede Übertreibung auf eine Art Demütigung oder besser noch auf die Zerstörung des Landes abzielte, sei es von innen oder von außen.
Und schließlich sind sie mit der NATO zur Ukraine gekommen und haben Stützpunkte errichtet. 2008 wurde in Bukarest beschlossen, die Türen der NATO für die Ukraine und Georgien zu öffnen. Entschuldigen Sie die Einfachheit des Ausdrucks, aber was soll der Quatsch? Gab es vielleicht irgendwelche Schwierigkeiten im Weltgeschehen? Ja, wir haben mit der Ukraine über Gaspreise gestritten, aber wir haben uns trotzdem geeinigt. Wo ist das Problem? Warum war musste man das tun, einfach die Bedingungen für einen Konflikt zu schaffen? Es war klar, wozu das führen würde. Nein, sie unser historisches Gebiet trotzdem immer weiter und immer weiter militärisch erschlossen und ein Regime mit einer klaren neonazistischen Ausrichtung unterstützt.
Deshalb können wir getrost sagen und wiederholen: Wir kämpfen nicht nur für unsere Freiheit, nicht nur für unsere Rechte, nicht nur für unsere Souveränität, sondern wir verteidigen universelle Rechte und Freiheiten, Möglichkeiten für die Existenz und Entwicklung der absoluten Mehrheit Staaten. Wir sehen darin gewissermaßen die Mission unseres Landes. Es muss jedem klar sein: Es ist sinnlos, Druck auf uns auszuüben, aber wir sind immer bereit, unter voller Berücksichtigung der gegenseitigen legitimen Interessen zu verhandeln. Wir haben alle Teilnehmer der internationalen Bezieungen dazu aufgerufen und tun es weiterhin. Und dann besteht kein Zweifel daran, dass die zukünftigen Gäste des Valdai-Clubs, die heute vielleicht noch Schüler, Studenten, Doktoranden oder junge Wissenschaftler und angehende Experten sind, in 20 Jahren, vor dem 100-jährigen Jubiläum der UNO, viel optimistischere und lebensbejahendere Dinge besprechen als die, über die wir heute sprechen müssen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ende der Übersetzung
Info: https://anti-spiegel.ru/2024/putins-grundsatzrede-beim-valdai-club-ueber-die-russische-aussenpolitik
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, awie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.