21.10.2023

Bhadrakumar: Niemand will einen westasiatischen Krieg, aber Krieg scheint unvermeidlich

seniora.org, 20. Oktober 2023, Von M. K. Bhadrakumar 20. Oktober 2023 - übernommen von indianpunchline.com

Zum ersten Mal seit Beginn der Gaza-Krise traf der Stabschef der iranischen Streitkräfte, General Mohammad Baqeri, am 19. Oktober 2023 mit dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu zusammen.

(Red.) Douglas McGregor hat darauf hingewiesen, dass sich der Erste Weltkrieg auch aus einem regionalen Konflikt entwickelt hat... Ausserdem hat er heute bei Andrew Napolitano gesagt, dass die Türkei bei Zypern Marinemanöver abhält und insgeheim Truppen mobilisiert. Die Türken haben nicht vergessen, dass bei einem Versuch, privat Hilfsgüter nach Gaza zu bringen, Israel damals das Schiff geentert und eine Reihe Türken umgebracht hat. Wenn wir also von Russland, Iran, Saudi-Arabien usw. reden, sollten wir die Türkei nicht vergessen...(am)

Es steht außer Frage, dass intelligente Macht die Außenpolitik verbessert. Seit der Begriff der "intelligenten Macht" vor etwa zwei Jahrzehnten in die internationale Diplomatie Einzug gehalten hat, wendet eine regionale Großmacht, der Iran, ihn in einer aktuellen Konfliktsituation an.

Bei Smart Power geht es um den strategischen Einsatz von Diplomatie, Überzeugungsarbeit, Kapazitätsaufbau und die Projektion von Macht und Einfluss in einer Weise, die kosteneffizient ist und politische und soziale Legitimität besitzt.

Sicherlich investiert Teheran viel in Allianzen, Partnerschaften und Institutionen (und nichtstaatliche Akteure) auf allen Ebenen, um seinen Einfluss und seine Kapazitäten auszuweiten und die Legitimität seines Handelns in der sich entwickelnden Situation um den Gazastreifen herzustellen.

Die Äußerungen des iranischen Außenministers Hossein Amir-Abdollahian in einem Fernsehinterview am Montag im Anschluss an eine Reise in die Region, die ihn in den Irak, den Libanon, nach Syrien und Katar führte, sowie an geschlossene Treffen mit den Führern der Widerstandsgruppen, sind eine kühne Machtdemonstration, die darauf abzielt, die Situation an der Basis zu einem entscheidenden Zeitpunkt, an dem Dialog und Diplomatie von entscheidender Bedeutung sind, auf die diplomatische Schiene zu lenken.

Der iranische Spitzendiplomat, der von Beruf Diplomat war, bevor er als stellvertretender Außenminister in die Politik ging, warnte, dass die Führer der Widerstandsgruppen "nicht zulassen werden, dass das zionistische Regime irgendetwas in der Region tut" und dass sie "in den kommenden Stunden Präventivmaßnahmen ergreifen werden".

Amir-Abdollahian sagte, bei seinen Treffen mit den Führern der Widerstandsfront seien diese der Ansicht gewesen, dass "politischen Lösungen eine Chance gegeben werden sollte", um die brutalen Angriffe Israels auf den vollständig blockierten Gazastreifen zu beenden. Den Widerstandsgruppen, insbesondere der libanesischen Hisbollah-Bewegung, stehen jedoch alle Szenarien offen, und sie haben auch genauestens kalkuliert.

Dieses Geschick, harte und weiche Macht zu einer erfolgreichen Strategie zu kombinieren, versetzt den Iran in eine einflussreiche Position in einem entscheidenden Moment der Geopolitik Westasiens. Die vorsichtige Haltung des Westens gegenüber dem Iran seit Ausbruch der Krise am 7. Oktober zeugt von dieser Realität.

Schon in der Anfangsphase sagten hochrangige amerikanische (und israelische) Beamte, dass der Iran in den Angriff der Hamas am 7. Oktober verwickelt sei, aber ihre Geheimdienste konnten keine direkte iranische Rolle erkennen. Weder die CIA noch der Mossad hatten vor dem Hamas-Angriff Hinweise auf ein vom Iran unterstütztes Komplott.

General Charles Q. Brown, Vorsitzender der Generalstabschefs, warnte den Iran davor, sich einzumischen. "Wir wollen eine ziemlich deutliche Botschaft senden. Wir wollen nicht, dass sich die Sache ausweitet, und der Iran soll diese Botschaft laut und deutlich zu hören bekommen", sagte er am 10. Oktober vor Reportern. Präsident Biden wiederholte diese Warnung.

Am Mittwoch verzichtete Biden bei seinem Besuch in Israel ebenfalls auf jegliche Rhetorik gegen den Iran. Biden wiederholte zwar, dass Israel im Rahmen des Völkerrechts handeln solle, und forderte Netanjahu zur Zurückhaltung auf, wies aber implizit darauf hin, dass ein Konflikt mit dem Iran unbedingt vermieden werden müsse.

Dies war auch der Fall bei Bidens Ansprache an die Nation seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus am 19. Oktober. In den vergangenen vier Jahrzehnten gegenseitiger Feindseligkeit haben die USA und der Iran einen ungeschriebenen Verhaltenskodex beherrscht, um Reibungspunkte zu vermeiden, die zu Konfrontation und Konflikten führen könnten. Dies ist ihnen auch weitgehend gelungen. Es ist durchaus denkbar, dass Washington und Teheran in der gegenwärtigen unruhigen Situation miteinander kommunizieren, zumal keiner von beiden heute einen regionalen Krieg will. (Siehe meinen Blog Warum Biden beim Angriff auf das Krankenhaus in Gaza gelogen hat)

Diese Matrix muss trotz der Tatsache verstanden werden, dass es zwischen Teheran und der Hisbollah keinen Unterschied gibt   – und die Hisbollah ist bei weitem die stärkste und härteste der Gruppen in der vom Iran angeführten "Achse des Widerstands" in Westasien.

Sicherlich ist der Iran in Sachen harter Macht kein Schwächling. Zufälligerweise trat am 18. Oktober die Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats bedingungslos außer Kraft, mit der die Beschränkungen für Iran in Bezug auf Aktivitäten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen, die für den Einsatz von Atomwaffen konzipiert sind, aufgehoben wurden. Das iranische Verteidigungsministerium erklärte daraufhin in einer Erklärung, dass der Iran plane, seine Raketen- und Waffenkapazitäten auszubauen, sich am Waffenhandel zu beteiligen und "die Bedürfnisse der Sicherheit des Landes zu erfüllen und sich aktiver als bisher an internationalen Angelegenheiten zu beteiligen".

Zweifellos wird dies nicht nur die "harte Macht" Irans stärken, sondern auch die militärische Zusammenarbeit mit Russland und China vertiefen und ausweiten. Dies ist von enormer Bedeutung, da der Iran heute der wichtigste "Beeinflusser" ist, um einen regionalen Krieg zu verhindern. Es überrascht nicht, dass der Generalstabschef der iranischen Streitkräfte, General Mohammad Baqeri, am Donnerstag zum ersten Mal seit Beginn der Gaza-Krise ein Telefongespräch mit dem russischen Verteidigungsminister Sergej Shuigo führte und darauf drängte, dass Israels "grausames Verhalten nicht toleriert wird und unabhängige Regierungen eine ernsthafte Reaktion zeigen müssen".

Baqeri fügte hinzu: "Die Fortsetzung der Verbrechen des zionistischen Regimes und die direkte Unterstützung und Hilfe, die ihm von einigen Ländern gewährt wird, haben die Situation weiter verkompliziert und können dazu führen, dass sich andere Akteure einmischen."

Auch auf dem Gebiet der sanften Macht ist es Teheran gelungen, seine regionale Isolation zu überwinden. Die von China vermittelte Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien ist ein grundlegender Wandel in der Geopolitik der Region und ein Multiplikator für Teherans intelligente Machtausübung. Am vergangenen Mittwoch hat Teheran mit einem Telefonat von Präsident Ebrahim Raisi mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman den diplomatischen Gang eingelegt.

Dies war eine tiefgreifende Geste des Irans. Abdollahian traf gestern auch mit dem saudischen Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al Saud in Dschidda am Rande des OIC-Außenministertreffens am 19. Oktober zusammen.

Wie die saudischen Schritte zeigen, rückte Riad schnell in den Mittelpunkt, um mit Peking in Kontakt zu treten. (Siehe meinen Blog Die USA stehen vor einer Niederlage im geopolitischen Krieg in Gaza.) Die saudische Haltung verändert die Stimmung in der Region und macht es für Washington sehr schwierig, die alte Strategie des "Teile und Herrsche" zu verfolgen, wie die saudische Abfuhr an US-Außenminister Antony Blinken zeigt. Regionale Staaten, die sich traditionell von den Widerstandsgruppen distanziert haben, haben zu Waffenstillstand und Deeskalation aufgerufen und weigern sich, die Hamas zu verurteilen.

Die große Frage bleibt jedoch bestehen: Was ist mit der israelischen Entschlossenheit, die Hamas zu enthaupten und den Gazastreifen zu besetzen? Israel steht nach wie vor kurz vor einem militärischen Angriff auf den Gazastreifen. Bezeichnenderweise sind die russischen Prognosen an dieser Front eher düster. Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow sagte am Montag bei einem Treffen mit Putin im Kreml, dass sich die Situation "tendenziell verschlimmert". Die Operationen des israelischen Militärs sind wahllos. Es besteht weiterhin die Gefahr einer Bodenoperation, die einen Einmarsch in den Gazastreifen einschließt... Die diplomatischen Bemühungen an verschiedenen Fronten werden intensiviert. Im Prinzip ist die Gefahr, dass dieser Konflikt außer Kontrolle gerät, beträchtlich.

Das Paradoxe ist, dass es zwar keine ernsthaften Interessenten für einen westasiatischen Krieg gibt, dies allein aber möglicherweise nicht ausreicht, um einen Krieg zu vermeiden, wenn der bevorstehende Angriff der israelischen Armee im Gazastreifen sein Ziel, die Hamas zu zerstören, verfehlt und/oder Netanjahu beschließt, den Krieg aus geopolitischen Gründen auszuweiten und/oder seine ins Stocken geratene politische Karriere zu verlängern, die sich einer Sackgasse nähert.


Quelle: https://www.indianpunchline.com/no-takers-for-a-west-asian-war-but-war-seems-inevitable/
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4583&mailid=1962


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

21.10.2023

FT: Der Westen verliert den globalen Süden – wegen seiner Haltung zu Israel

freedert.online, 20 Okt. 2023 13:52 Uhr

Die Zeitung Financial Times hat unter Berufung auf mehrere Quellen berichtet, dass der Westen mit seiner Unterstützung für Israel den globalen Süden verloren hat. Mit dem Einsatz für die Ukraine, aber nicht für Palästina zeigen sich Europa und die USA als Heuchler.


FT: Der Westen verliert den globalen Süden – wegen seiner Haltung zu IsraelQuelle: AFP © MAHMUD HAMS


Zerstörungen in Gaza


Vor dem Hintergrund der Eskalation zwischen Israel und der palästinensischen Hamas hat der Westen laut einem Bericht der Zeitung Financial Times vom Mittwoch den Kampf um den sogenannten globalen Süden verloren. Unter Berufung auf mehr als ein Dutzend Beamte teilte die Zeitung mit, dass die Versuche der USA und ihrer Verbündeten, Moskau als globalen Außenseiter darzustellen, durch ihre Unterstützung der israelischen Vergeltungsmaßnahmen gegen die Hamas in Gaza "vergiftet" worden seien.


RT-Korrespondent verliert bei Raketenangriff auf Krankenhaus in Gaza fünf Verwandte





RT-Korrespondent verliert bei Raketenangriff auf Krankenhaus in Gaza fünf Verwandte






Der Westen habe den Ukraine-Konflikt lange Zeit als Akt unprovozierter Aggression bezeichnet und Moskau die Verantwortung für das Leiden der Zivilbevölkerung zugeschrieben, so die Zeitung weiter. Dieselben Länder sollen jedoch nicht bereit sein, Israel zur Zurückhaltung im Kampf gegen die im Gazastreifen beheimatete Hamas aufzurufen und dies zur Bedingung für ihre Unterstützung zu erklären. Unter den schärfsten Maßnahmen, die Tel Aviv bisher gegen Gaza ergriffen habe, sei die Unterbrechung der Versorgung der Enklave mit lebenswichtigen Gütern. In diesem Zusammenhang erklärte ein hochrangiger G7-Diplomat gegenüber der Zeitung wie folgt:

"Wir haben die Schlacht im Globalen Süden definitiv verloren. Die ganze Arbeit, die wir mit dem Globalen Süden in Bezug auf die Ukraine geleistet haben, ist verloren. Vergessen Sie die Regeln, vergessen Sie die Weltordnung. Sie werden uns nie wieder zuhören."

Weiter betonte der Beamte, was der Westen über die Ukraine gesagt habe, müsse auch für Gaza gelten. Sonst werde alle Glaubwürdigkeit verloren, und Länder wie Brasilien, Südafrika und Indonesien würden niemals wieder Worten über Menschenrechte glauben. Ein arabischer Beamter bemerkte mittlerweile einen offensichtlichen Mangel an Konsequenz, wobei das Abschneiden der Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Strom in der Ukraine als Kriegsverbrechen bezeichnet werde und in Gaza nicht.

In dieser Woche war der von Russland vorgeschlagene Resolutionsentwurf, in dem die Gewalt gegen Zivilisten in Gaza verurteilt und ein Waffenstillstand gefordert wurden, vom UN-Sicherheitsrat abgelehnt worden. Ferner legten die USA gegen einen weiteren, von Brasilien eingereichten Entwurf ihr Veto ein. Russland enthielt sich bei dem zweiten Vorschlag der Stimme, nachdem sein Änderungsantrag zur Waffenruhe abgelehnt worden war.


Mehr zum Thema – Bericht: Düstere Ausgangslage für Israel bei Invasion des Gazastreifens


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21.10.2023

Tweet gegen Putin: Ist Scholz wirklich der Mann, der einen Stein werfen sollte?

freedert.online, vom 19 Okt. 2023 17:50 Uhr, Von Dagmar Henn

Er muss sich wirklich für einen tollen Hecht halten. Und einen ganz, ganz guten Menschen, umgeben von den ebenso guten Habeck, Baerbock, Faeser ... Bei seinem jüngsten Tweet kann man ihn dabei erwischen, wie ihm diese Überzeugung in die Tasten rinnt.


Quelle: www.globallookpress.com © Michael Kappeler


Olaf Scholz in Israel, 17.10.2023


Man kennt es ja schon, dass Äußerungen aus der Bundesregierung je nach Interessenlage entweder extrem emotionalisierend sind oder Fakten, die nicht ins Konzept passen, herunterspielen. Das war anhand der Reaktionen auf den Terror der Hamas verglichen mit dem Terror der israelischen Armee deutlich zu sehen.

Nun hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf die Bemühungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin (und anderer Vertreter der russischen Regierung, wie UN-Vertreter Nebensja oder Außenminister Sergei Lawrow, die für Scholz wohl alle irgendwie Putin sind) zu einer Waffenruhe mit einem Tweet reagiert:

Wirklich? Wenn die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen eines belegt haben, dann, dass die russische Militäroperation in der Ukraine tatsächlich ungewöhnlich stark darauf achtet, das Leben von Zivilisten zu schonen. Würde sie so vorgehen wie jetzt die israelische Armee, ginge die Zahl der zivilen Opfer in der Ukraine längst in die Millionen.


Bericht: Düstere Ausgangslage für Israel bei Invasion des Gazastreifens





Bericht: Düstere Ausgangslage für Israel bei Invasion des Gazastreifens






Aber darin steckt noch mehr. Scholz erklärt, dass der russische Präsident sich nicht zugunsten der Zivilbevölkerung – egal wann, egal wo – verwenden dürfe, weil er seinen, Scholz´, moralischen Kriterien nicht genügt. Das ist es, was er mit seiner Kennzeichnung als "zynisch" ausdrückt.

Nun ist der Cum-Ex-Kanzler objektiv betrachtet niemand, der aufs moralische hohe Ross steigen sollte, und seine Ansichten sind, global gesehen, spätestens seit Nord Stream ohne jede Relevanz. Aber er drückt damit einen Geisteszustand aus, der in Deutschland in Politik und Medien weit verbreitet ist, ein völliges Unverständnis für und eine völlige Unfähigkeit zum Frieden.

Scholz scheint sich nie in seinem Leben die Frage gestellt zu haben, wie es überhaupt möglich ist, von einem Krieg zu einem Frieden zu gelangen. Dass dies immer, überall, zu jeder Zeit nur möglich ist, indem Parteien, die einander zuvor nach dem Leben trachteten, miteinander friedlich umgehen. Selbst in dem vergleichsweise seltenen Fall vollständiger Siege und bedingungsloser Kapitulationen ist das so; die einzige Ausnahme davon ist, dass das Gegenüber schlicht nicht mehr existiert.

Wie man in den letzten Jahren in Deutschland beobachten konnte, ist es nicht allzu schwer, unterschiedlichste Gruppen zum Feind zu erklären. Das funktioniert auch mit der Mentalität eines Kleinkinds. Der Schritt in die andere Richtung ist wesentlich schwieriger. Man muss nämlich immer Menschen die Hände reichen (oder, in der Stellung eines Vermittlers, Menschen dazu bewegen, einander die Hände zu reichen), die das Ebenbild des Bösen scheinen. Kriege führt man nicht mit dem netten Nachbarn.

Die erste Voraussetzung dafür, selbst zur Schaffung von Frieden fähig zu sein, ist, das Gegenüber, gleich, was man sonst von ihm denkt, selbst, gleich, was man sonst von ihm weiß, als Menschen wahrzunehmen und zu respektieren. Das kostet Überwindung und benötigt starke moralische Prinzipien. Und zwar nicht von der Sorte, die sich in zwei Zeilen der Empörung fassen lassen.


Amman: Vertreibung von Palästinensern ist Kriegsverbrechen





Amman: Vertreibung von Palästinensern ist Kriegsverbrechen






Wer, bitte, darf sich nach Meinung des Olaf Scholz für den Schutz der Zivilbevölkerung einsetzen? Er selbst? Auch wenn man seine reichlich bekleckerte Weste betrachtet, die im Grunde jede moralische Überheblichkeit untersagen sollte, er scheint zwar überzeugt zu sein, dass er dies im Gegensatz zum russischen Präsidenten dürfe, tut es aber nicht. Nicht einmal ansatzweise.

Er vertritt, wie seine gesamte Regierung, die Position, dass die Frage, wer Gut und wer Böse sei, alles entscheide und man auf jeden Fall auf der Seite des Guten stehen müsse. Wer ein bisschen ausgeprägtere historische Kenntnisse besitzt als dieser Kanzler, weiß sehr wohl, dass die Frage von Gut und Böse nicht ganz so einfach beantwortet werden kann. Nur ein ganz nüchternes Beispiel: Nach den Kriterien der Bundesregierung war die Regierung in Sri Lanka, die Kunstdünger abschaffte und versuchte, auf erneuerbare Energien umzustellen, gut; sie hat alles richtig gemacht. Tatsächlich löste diese Politik eine Hungersnot aus. Kann man das ernsthaft unter dem Etikett "gut" subsumieren? Das Mindeste, was zu erwarten wäre, ist, die eigenen Kriterien des Guten immer wieder zu überprüfen ...

Es gibt in jedem Konflikt, wo auch immer und wann auch immer, zwei Ebenen. Das eine ist die Ebene des Interesses – das ist die Ebene, die den Konflikt auslöst. Und dann gibt es die Ebene der Rechtfertigung. Da tauchen dann moralische Begriffe, Bewertungen und Erzählungen auf. Scholz kommuniziert immer auf der Ebene der Rechtfertigung. Die aber führt nirgendwo hin, wenn es um Krieg und Frieden geht. Nicht einmal, wenn es "nur" um den Schutz Unbeteiligter geht.

Denn selbst um diesen Schutz zu erreichen, ist es erforderlich, die Schwelle zu überschreiten und genau jene als Gesprächspartner zu akzeptieren, die man selbst für böse hält. Ein Korridor für humanitäre Lieferungen kann nur eingerichtet werden, wenn mit der anderen Seite verhandelt wird. Wenn es um wirkliche Lösungen geht, stellt sich die Frage noch dringender.


Gaza-Konflikt: Moskau schickt Hilfsgüter – Berlin schickt Baerbock





Gaza-Konflikt: Moskau schickt Hilfsgüter – Berlin schickt Baerbock






Scholz befasst sich mit Eifer mit Schuldzuweisungen; das zeigt der Tonfall, in dem er auf die prinzipiell gleich verbrecherischen Handlungen des Hamas-Überfalls und der israelischen Angriffe sehr unterschiedlich reagiert. Nun, es ist unzweifelhaft wichtig, wahrzunehmen, wie die heutige Situation entstehen konnte, aber im Falle Israel-Palästina führt die Debatte, wer wann wo angefangen hat, letztlich ins Nirgendwo. Diejenigen, die angefangen haben, sind auf jeden Fall tot und begraben. Wie aber soll in der Gegenwart irgendeine Form von Lösung möglich sein, wenn mögliche Gesprächspartner nach oberflächlichen moralischen Kriterien ausgeschlossen werden?

Vielleicht ist es ja ein Fehler, so sehr darauf zu achten, dass Kinder gewaltfrei miteinander umgehen. Weil sie dann nie die Erfahrung machen, dass die Frage, wer angefangen hat, in keinem Fall weiterhilft. Weil sie mit der Erwartung aufwachsen, dass man gut durchs Leben kommt, wenn es einem gelingt, sich selbst möglichst edel in Szene zu setzen. Und vor allem – es fehlt die wichtige Erfahrung, dass aus denen, die sich heute verhauen, morgen die dicksten Freunde werden können.

Dass Scholz mit seinem Kommentar über die Fakten hinweggeht, die gerade Russland eine einzigartige Position als Vermittler ermöglichen, weil auf der einen Seite enge, jahrzehntealte Beziehungen zu arabischen Staaten bestehen und auf der anderen in Israel Millionen Russischstämmiger leben, das ist das eine. Dass ihm selbst die Grundlagen abgehen, die überhaupt Schritte zu einem Frieden ermöglichen, das andere. Gekrönt wird das noch von dem Aberglauben, wenn man Israel jetzt militärisch machen lasse und alle Zweifel daran unterdrücke, sei das im Interesse der israelischen Bevölkerung. Als ließe sich die materielle Tatsache, dass die Bevölkerung der Nachbarländer um ein Vielfaches größer ist, durch zwei US-Flugzeugträgergruppen oder durch heftiges Wunschdenken verändern.

Die Krönung ist aber sein fundamentales Missverständnis des moralisch Guten. Es gab einmal Zeiten, in denen die deutsche Philosophie gerade diese Frage auf vielfache und sehr profunde Weise beantwortet hat. Übrigens ohne jeden Rückgriff auf einen religiösen Rahmen.


RT-Korrespondent verliert bei Raketenangriff auf Krankenhaus in Gaza fünf Verwandte





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Aber nicht einmal jene Variante, die sich aus der christlichen Tradition ergäbe, scheint Scholz vertraut. Auch dort gibt es Begriffe wie Vergebung und Demut; und es heißt: "Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein."

Nein, das, was Scholz für Moral hält (oder was er zumindest nach außen hin als Moral verkündet), ist das Abarbeiten einer Strichliste, und wer nicht hinter jedem Punkt dieser Strichliste ein Häkchen aufweist, ist böse, unmoralisch und damit nicht mehr sein Freund. Das passt zwar wunderbar zum Niveau des Kasperletheaters namens "Ethikrat", hat aber nichts mehr mit der grundlegenden Funktion von Moral zu tun, die das menschliche Zusammenleben erleichtern soll.

Scholz sollte einmal einen Blick auf die mittelalterlichen Darstellungen der sieben Todsünden werfen. Als schlimmste darunter galt der Hochmut, die Überheblichkeit. Was ein klein wenig damit zu tun haben könnte, dass sie sozial den dauerhaftesten Schaden anrichtet, weil sie den Ausweg aus jedem Konflikt verbaut. Neid, Völlerei, Habgier, Wollust, Trägheit und Zorn sind allesamt keine angenehmen Eigenschaften. Aber es ist der Hochmut, der jede Selbsterkenntnis verhindert und damit die Möglichkeit zur Menschlichkeit, die immer darauf beruht, die Gleichheit des Gegenübers zu akzeptieren, verbaut.

Scholz ist vermutlich davon überzeugt, es mit diesem Tweet dem russischen Präsidenten so richtig gezeigt zu haben. In Wirklichkeit ist das seine moralische, politische und diplomatische Bankrotterklärung.


Mehr zum ThemaKriegsverbrechen: Vom unterschiedlichen Wert menschlichen Lebens


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20.10.2023

2023-10-18 Michael Lüders (Publizist) zur Eskalation im Nahen Osten

2023-10-18 Michael Lüders (Publizist) zur Eskalation im Nahen Osten  5

min


Info: Video https://www.youtube.com/watch?v=trLEPHdcb2Q Dauer 5 min


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20.10.2023

NATO-Wunschkonzert: Moldawien als neue Kriegsfront bis Frühling 2024?

freedert.online, 20 Okt. 2023 07:00 Uhr

Berlin weigert sich nicht nur, den Ukrainekrieg aufzugeben – unter dem Banner "EU-Beitritt" drängt man heftig an eine neue Kriegsfront: die "kleine Ukraine", Moldawien. Deadline? Russische Präsidentschaftswahlen im Frühling 2024. Ein Update zu den jüngsten Entwicklungen.


NATO-Wunschkonzert: Moldawien als neue Kriegsfront bis Frühling 2024?Quelle: Legion-media.ru


Symbolbild: Die Fahne der Republik Moldau


Von Elem Chintsky

Die deutsche Ampelregierung marschiert im Gleichschritt unbeirrt Richtung Hilfeleistungen an genau die Orte, wo sie vergeblich und verschwendet sind. So auch die jüngste Zusicherung finanzieller Hilfe seitens der deutschen Chef-Diplomatin Annalena Baerbock an Moldawien. Hierbei handelt es sich um 95 Millionen Euro für das ganze kommende Jahr 2024. Damit sollen Moldawiens weitere "beeindruckende Reformschritte" finanziert werden. Baerbock wortwörtlich: "Der Weg Moldaus in die Europäische Union ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen." Die paraphrasierten Kommentare unter dem Tweet des Auswärtigen Amtes sind oft vielsagend: "Wer ist 'Wir'? Ich gehöre nicht dazu", "Wer sind hier 'Wir'? Wen habt ihr gefragt?" oder "'Wir' – Das ist nicht das Volk."


"Unglaublich brutal und ungebildet": Markus Lanz wärmt rassistische Klischees über Russen auf




Meinung

"Unglaublich brutal und ungebildet": Markus Lanz wärmt rassistische Klischees über Russen auf





Solch ein Austausch erinnert auch an Baerbocks Klarstellung aus nicht weit entfernter Vergangenheit, dass ihr die Meinung ihrer eigenen Wähler gleichgültig ist – ganz zu schweigen die ihrer Nicht-Wähler.

Dem Zug der Bundesrepublik schloss sich auch die Schweiz an, welche Moldawien  25 Millionen Schweizer Franken (rund 26.35 Millionen Euro) für dieselbe Periode und denselben Zweck zusicherte – obwohl sie es selbst noch gar nicht in die EU geschafft hat. 

Zur anschaulichen Referenz: Die Produktionsbudgets der Superhelden-Filme "The Flash" von Warner Bros. Pictures/ DC Studios und "The Marvels" von Disney/ Marvel Studios haben jeweils 220 und 250 Millionen US-Dollar gekostet – die Marketing-Kosten gar nicht erst miteinbezogen. Der erste Film ist bereits ein Flop – der zweite kommt erst im November in die Kinos und wird von Industrie-Beobachtern bereits als Flop antizipiert. Das heißt, in der Traumfabrik wütet gerade eine unbarmherzige Pandemie der gescheiterten Rendite.

So verhält es sich auch nachweislich bisher für den Westen – mit der Ukraine und absehbar auch Moldawien.


Die Chronik der letzten Wochen

"Der Winter ist nah": Französisches Außenministerium sagt 300 Millionen Euro für Moldawien zu





"Der Winter ist nah": Französisches Außenministerium sagt 300 Millionen Euro für Moldawien zu





Die europäischen Politiker sind erpicht, zu zeigen, dass sie trotz der dramatischen Ereignisse im Nahen Osten, Moldawien und die Ukraine nicht so ohne Weiteres der Gnade Russlands überlassen werden. Sie gedenken, die Symbolsummen und die unverbindliche, aber pathetische Polemik weiterhin fließen zu lassen.

Das zeigt sich auch im Schema der Herangehensweise der Europäischen Kommission. Bei ihrem jüngsten Besuch in Chișinău lobte die Chefin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, Moldawien für seine sichtlichen Bemühungen um eine Annäherung an die EU – sie nannte aber kein konkretes Datum für den Beginn der Verhandlungen zum Beitritt. "Es gibt keinen festen Termin", erklärte die frühere deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen. 

Was es aber gibt, ist ein lukrativer Trostpreis in der Form von 105 Millionen Euro für den Energy Vulnerability Reduction Fund. Dieser soll noch bis Ende des Jahres verliehen werden. Wie der Name dieses Fonds bereits andeutet, geht es offiziell um die Minderung einer Energie-Abhängigkeit Moldawiens von Russland. 

Mittlerweile ist das Puppen-Theater, welches Brüssel mit seinen Marionetten in Osteuropa betreibt, schwer zu übersehen. Mehr noch, der Modus operandi ist sogar äußerst vorhersehbar: Man gibt diesen unselbstständigen Ländern (im zwischenstaatlichen Verhältnis) symbolische Geldsummen, um die dreiste Forderung des Westens zu kompensieren, sich der russischen Energie zu verweigern. Obendrauf wird noch ein mündliches Versprechen von der Absicht, in unbestimmter Zeit eine Aufnahme der Gespräche über mögliche Verhandlungen der Annäherung – und perspektivistisch, den Start eines EU-Beitrittsprozesses –, ausgesprochen.

Die meisten aus der moldawischen Führungselite – auch Maia Sandu – haben diesen Prozess bereits verinnerlicht, ausgezeichnete Positionen persönlicher Bereicherung eingenommen und lassen sich gerne auf das Spiel ein. Das Gas wird auf Kosten der eigenen Steuerzahler über Zwischenhändler in Russland gekauft, und das europäische Geld wird über angeschlossene Unternehmen aus dem Fonds abgezogen. Zu all dem reagiert Russland auf diese Handhabe viel sanfter, als es eigentlich angebracht wäre. Russland hat die Preise für sein Gas, welches diesen besonderen Weg einschlägt, nicht erhöht – obwohl die rechtliche Lage für eine Preis-Augmentierung des ursprünglichen Liefervertrages gegeben wäre.


Sandu "kämpft" gegen Korruption im Land – einzig Russlands Schuld


Startet die EU eine Treibstoffblockade gegen die Ukraine?





Analyse

Startet die EU eine Treibstoffblockade gegen die Ukraine?






Die moldawische Präsidentin Maia Sandu gab bei der Diskussion über das Sicherheitskonzept des Landes eine Reihe von Erklärungen ab.

"Wir wissen, wie die Gerichte arbeiten, und wir haben gesehen, dass es zehn Jahre gedauert hat, um den Diebstahl von einer Milliarde zu verurteilen. Was wird in den weiteren zehn Jahren mit unserer Demokratie geschehen? Heute wird sie von kriminellen Banden und Mittelsmännern aus Russland angegriffen. Du kannst nicht Schach spielen, wenn Russland mit dir Boxen spielt. Wir müssen entschlossen sein und unsere Demokratie und Staatlichkeit verteidigen", erklärte Sandu als Rechtfertigung für das gesetzlich festgemachte Verbot der russlandfreundlichen und EU-skeptischen Șor-Partei. Die Kritik dazu kam ihr sogar vom eigenen Verfassungsgericht entgegen.

Anti-NATO-Stimmungen im eigenen Land der letzten Zeit seien laut Sandu auch einzig ein hybrider Krieg der Russen in Moldawien:

"Das Bündnis [NATO] ist ein Sicherheitsschirm – die Bürgerinnen und Bürger der NATO-Staaten können ruhig schlafen, weil sie vor Krieg und Gewalt sicher sind."

Also werden die Bürgerinnen und Bürger Moldawiens erst "ruhig schlafen", wenn der NATO-Beitritt nah ist – so ähnlich, wie mit den Menschen der Ukraine seit Februar 2022 und ganz besonders den Bewohnern des Donbass seit 2014. "Ruhigeren Schlaf" als diesen hatten sie alle wohl seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.

Im selben Kontext legte die moldawische Präsidentin außerdem eine sehr interessante Definition von "Neutralität" zutage: 

"In der Tat erfordert die Neutralität Investitionen in das Verteidigungssystem. Besonderes Augenmerk wird auf die Stärkung der Zusammenarbeit mit der NATO gelegt."

Als Sandu zu ähnlicher Zeit behauptete, dass "Russland die größte Bedrohung für die nationale Sicherheit Moldawiens darstellt", kommentierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, dies auf ihrem Telegram-Kanal wie folgt:

"Schade, dass sie nicht hinzufügte, dass Russland den Moldawiern die moldawische Sprache wegnehmen will."

Putin: GUS trotz Abwesenheit einiger Mitglieder weiterhin effektiv





Putin: GUS trotz Abwesenheit einiger Mitglieder weiterhin effektiv






Der bissige Sarkasmus Sacharowas kommt nicht von ungefähr. Wie einst und bis heute mit der Ukraine, mit der russischen Sprache, gibt es auch in Moldawien vom Westen gefeierte, aggressive Versuche, die moldawische Sprache zu verbieten und ihren Gebrauch zu unterdrücken.

Das passt zu den Aussagen des rumänischen Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu, der kürzlich erklärte, dass die moldawische Sprache de facto nie existiert habe: "Sie ist eine Erfindung der Russischen Föderation für rumänische Bürger aus dem Gebiet von Bessarabien". Langsam zeichnet sich ein großes, synergetisches Gesamtbild aus.

Auf einer Pressekonferenz nach dem Gipfel der GUS-Staatschefs vor wenigen Tagen hatte sich der russische Präsident Wladimir Putin zur besonderen Zusammenstellung der heutigen Führung Moldawiens geäußert:

"Moldawien ist ein Sonderfall. Ihre politische Elite betrachtet sich nicht als Moldauer, sondern als Rumänen – das ist ihre Entscheidung. In unseren GUS-Ländern, trotz der externen Verbindungen, wird immer noch Wert auf die eigene Identität gelegt, aber dort ist es anders."

Rumänien wiederum ist zufälligerweise ein "neutrales" (im Verständnis Sandus) EU- und NATO-Mitglied.

Sandu hatte vor gut einer Woche den Obersten Sicherheitsrat des Landes einberufen und eine Pressekonferenz abgehalten. Während dieser Sitzung gab sie eine Reihe von Erklärungen ab. Zunächst erläuterte Sandu, dass die russischen Truppen das moldawische Gebiet in Transnistrien verlassen sollten. "Wir werden fordern, dass wir respektiert werden – auch von Russland", erklärte Moldawiens Staatsoberhaupt.

Die Präsidentin erklärte auch, dass die strategische Partnerschaft mit den USA ein Schlüsselaspekt der nationalen Sicherheitsstrategie Moldawiens sei. Russland scheint aber nicht für alles verantwortlich zu sein:

"Die Republik Moldau muss sich auf zahlreiche globale Risiken vorbereiten: Pandemien, Klimaveränderungen. Wir sollten bereit sein, uns diesen Risiken zu stellen. Ich habe dies in unserer Sicherheitsstrategie vorgeschlagen", konstatierte Sandu weiter.

Sandu betonte auch, dass Moldawien "eine moderne, gut ausgerüstete Armee braucht, die in der Lage ist, mit externen Partnern zu interagieren". Besser wäre es, den Menschen, die sie ins Amt gewählt haben, direkt zu erzählen, wie die "Interaktion" der Ukraine (und ihrer von der NATO ausgebildeten, modernen Armee) mit dem ehemaligen Partner Russland bisher verlief. Stattdessen setzt sie die Zauber-Semantik des Wortes "Neutralität" erneut als staatsmoralischen Imperativ ein:

"Die Neutralität verpflichtet uns dazu, eine Armee zu entwickeln, auf die die Bürger stolz sein können."

Steigende Kosten, sinkender Lebensstandard – In der EU macht sich Kriegsmüdigkeit breit




Analyse

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Eine Armee, mit der auch endlich die Bürger Moldawiens gut und gerne in den Krieg gegen Russland ziehen können.

Dabei gibt es bereits Fälle von moldawischen Freiwilligen, die sich seit Februar 2022 dem westlichen Söldner-Netzwerk in der Ukraine, gegen Russland, angeschlossen haben. Diese Information kam aus erster Hand. So rühmte sich der ehemalige Bürgermeister von Chișinău, Dorin Chirtoacă, dazu folgendermaßen: "Ich habe den Leuten geholfen, dorthin [an die Landesgrenze] zu kommen, ich habe sie viele Male persönlich in meinem Auto gefahren", erzählte der moldawische Politiker. Diese Moldawier kämpften daraufhin auf der Seite der ukrainischen Streitkräfte, im Rahmen der Internationalen Legion. Als Begründung überraschte es wohl niemanden mehr, als er sagte, dass "es darum geht, die Demokratie in der Ukraine, in Moldawien und in ganz Europa zu retten."

Weitere seltsame Korrelationen mit der Ukraine

Der Startschuss ins glückselige Verderben war für beide Länder am selben Tag –  den 27. Juni 2014. Also das Datum, an dem Kiew und Chișinău ihre EU-Assoziierungsabkommen mit Brüssel unterzeichneten. In beiden Ländern begann man stufenweise alle Relikte russischer Kulturgeschichte anzuschwärzen und als "das Fremde" zu stigmatisieren. Erst scheinheilig und nichts darüber wissend, dann etwas später offen und konfrontativ. Gleichzeitig haben beide – Sandu und Selenskij – ihre politischen Karrieren mit Wahlkampagnen geerdet, in denen es hieß, den friedfertigen Wählern "gute, harmonische und partnerschaftliche" Beziehungen mit Russland zu versprechen.

Um den Kontrast vollends hervorzubringen, hatte Sandu Anfang August 2021 zum Beispiel öffentlich gefordert, dass Symbole wie das Sankt-Georgs-Band/ Georgsband, welches für den Sieg der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus steht – aus "unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden sollen". "Deren Platz ist dort, wo auch andere Symbole der Barbarei sind – auf der Mülldeponie der Geschichte", legte das moldawische Staatsoberhaupt nach. Dieser törichte Geschichtsrevisionismus wurde geradezu parallel in beiden Ländern betrieben und erlangte ein absurdes Allzeithoch, als Russland sich gezwungen sah, seine militärische Sonderoperation im Februar 2022 zu beginnen. Bezeichnend ist auch, dass die NATO-Länder, besonders die USA und Deutschland, diesen Prozess enthusiastisch anfeuern.


"Spanische Schande" Europas – Borrells "blühender Garten" wird von Krähen zerpflückt





Meinung

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Angesichts der Tatsache, dass Moldawien seine Staatlichkeit immer rascher verliert und eine konkretere "Firmenübernahme" seitens Rumäniens auch klar auf dem Tisch liegt, ist es interessant zu sehen, wie die moldawische Presse den russisch-ukrainischen Konflikt betrachtet.

So berichtete die moldawische Plattform NewsMaker über eine Umfrage, dass die Menschen in der moldawischen Hauptstadt Chișinău dem ukrainischen Präsidenten Selenskij mehr vertrauen als dem russischen Präsidenten Putin. Warum diese Volksbefragung in Chișinău eingeholt wurde und welchem Zweck sie dient, ist vorerst unklar. Es sei denn, man möchte ungefähre Schätzungen einholen darüber, wie unter der moldawischen Bevölkerung eine kriegerische Eskalation in der eigenen Region vernommen werden würde.

Ähnlich wie einst in der Ukraine ist vor wenigen Tagen eine Person aus dem Nichts aufgetaucht, die auf Staatsregierungsebene "Desinformation" bekämpfen wird. Dabei wurden bereits alle prorussischen, russischsprachigen TV-Sender in Moldawien sanktioniert. Jedenfalls bedeutet das, dass Moldawien jetzt eine "hohe Kommissarin" namens Anna Revenko hat, die ein System der politischen und öffentlichen Zensur – inklusive Repressionen gegen jeden, der versucht, einen prorussischen Standpunkt zu vertreten – einrichten wird. Die offizielle Bezeichnung ihrer Einrichtung? – "Zentrum für strategische Kommunikation und Bekämpfung von Desinformation". Mit "Stolz und Ehre" erklärte sich die ehemalige moldawische Innenministerin bereit, diese anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen.

Solange die "Integration" in die EU und in die rumänische Republik nicht abgeschlossen ist, werden die moldawischen Bürger immer stringenter in die Konfrontation mit Russland hineingeladen. Dieser immer noch unterschwellige Prozess kann haptisch ins Chaos umschlagen, sobald die Entscheidung über einen Kriegsbeginn getroffen wird. Und Transnistrien wird höchstwahrscheinlich der Ausgangspunkt für die dauernd weiter angeheizte Zuspitzung sein.

Grundsätzlich halten also die prowestlichen Massenmedien Moldawiens das eigene Publikum mit der ständigen und immanenten "russischen Bedrohung" in Atem – Sandu immer mit einem dringlichen Zitat zur Stelle. Selbst die zweitwichtigste Bedrohung für das Land – die Korruption – ist schlussendlich einzig von Russland verursacht.


Lukaschenkos "Prophezeiung"


Ein "geopolitischer Imperativ": Tschechiens Präsident fordert schnellere EU-Erweiterung





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Mitte August 2023 analysierte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko in einem Gespräch mit der gemäßigten ukrainischen Journalistin Diana Panchenko die bereits prekäre Lage der Ukraine und legte ein besonderes Augenmerk auf Transnistrien, das regelmäßig von Moldawien eingefordert wird. Des Weiteren sprach Lukaschenko von 250.000 freiwilligen russischen Reservisten, die im Südosten der Ukraine bestens ausgerüstet und motiviert sind.

Selbst mit einem Moldawien, das mit ukrainischer Hilfe versuchen würde, Transnistrien einzunehmen, würde es wohl scheitern, da die russischen Streitkräfte sich gezwungen sehen würden, einzugreifen. Konkret hieße das für die Russen, die jetzige westliche Frontlinie mit Verlusten zu durchbrechen – im Prozess Odessa und Nikolajew einzunehmen – um dann in Transnistrien dem prorussischen Kontingent zur Hilfe zu kommen.

Außerdem würde Moskau dabei Kiew geradezu gänzlich von seinem Zugang zum Schwarzen Meer abschneiden. Seit dem Jahr 1995 ist in Transnistrien nämlich die sogenannte "Operative Gruppe russischer Streitkräfte" anwesend, die ungefähr 1.700 Mann zählen. Falls diese eingekesselt oder angegriffen werden würden von einer ukrainisch-moldawischen Koalition, wäre das die Provokation, die der Westen für seinen Medien-Zirkus so dringend bräuchte, um die Russen wieder eines "unprovozierten Erstschlags" zu bezichtigen.

Für die einfachen Moldawier hieße das – Krieg. Für den Westen hieße das "Krieg bis zum, letzten Moldawier". Die zuvor aufgelistete Serie an Updates zu den neuesten Entwicklungen in Moldawien ähneln leider nur zu sehr den Symptomen, die die Ukraine in den Jahren 2018–2022 zunehmend aufzeigte. Der NATO wiederum läuft in jedem Fall die Zeit aus und ihr gehen die Ressourcen zur Neige – und so gibt es womöglich eine informelle Deadline für den Start von Moldawiens masochistischen Zug: die russischen Präsidentschaftswahlen im Frühling 2024.


Mehr zum ThemaDer sich abzeichnende Austritt Armeniens aus der OVKS bringt Georgien wieder ins Fadenkreuz der USA


Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.

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Info: https://freedert.online/europa/184258-nato-wunschkonzert-moldawien-als-neue-kriegsfront-bis-fruehling-2024


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

20.10.2023

Tränen des Pistorius / Deutsche Einseitigkeit gegen das Völkerrecht

aus e-mail von Doris Pumphrey, 20. Oktober 2023, 13:37 Uhr


*Tränen, Tränen, Tränen: Auch Pistorius wird in Israel emotional

<https://freedert.online/gesellschaft/177846-taegliche-wahnsinn/>*


Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hat sich bei seinem

Besuch in Israel am Donnerstag von einem jungen Israeli berichten

lassen, wie Hamas-Kämpfer seine Schwester verschleppten. Dabei wurde der

als "harte Hund" geltende Minister emotional. Das deutsche

Qualitätsmedium /Der Spiegel/ schilderte die Szene so:

/"Danach ist Pistorius, sonst eher hemdsärmelig unterwegs, sichtlich

angefasst. "Die Geschichte des jungen Manns hat mir die Tränen in die

Augen getrieben, nicht nur vor Trauer, sondern vor allem vor Wut", sagt

er nach dem Treffen. Die Brutalität des Überfalls der Hamas könne er

immer noch nicht fassen."/

Trösten ließ sich der deutsche Minister offenbar von seinem

israelischen Amtskollegen Yoav Gallant. Dieser hatte nach dem Angriff

der Hamas die "vollständige Belagerung" des Gazastreifens verfügt – samt

Abstellung von Strom und Wasser sowie der Blockade von Lebensmitteln und

Treibstoff. Gallant hatte zur Begründung erklärt, Israel befinde sich im

Krieg mit "menschlichen Tieren".

Erst vor einer Woche war die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock

bei ihrem Israelbesuch medienwirksam in Tränen ausgebrochen

<https://freedert.online/meinung/183676-traenen-traenen-traenen-erst-kirby/>,

um dann faktenwidrig zu behaupten, dass alle Deutschen nun Israelis seien.



https://freedert.online/der-nahe-osten/184285-nahost-und-ukraine-deutschland-positioniert/

20.10.2023

*Nahost und Ukraine:

Deutschland positioniert sich weiter einseitig – und gegen das Völkerrecht


*Deutschland positioniert sich klar erkennbar auf der Seite der Gewalt

und ignoriert die in der Charta der Vereinten Nationen verankerte

Pflicht zum Dialog sowie zum aktiven Bemühen um friedliche Lösungen,

schreibt <https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9379> der

außenpolitische Blog /German Foreign Policy/. Das gilt allerdings nicht

nur für den Nahostkonflikt, sondern auch für die Ukraine.


Anlässlich des Besuchs des Königs von Jordanien Abdullah II. bin

al-Hussein bekannte sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erneut

einseitig zur Solidarität mit Israel.

/"Was die Frage betrifft, was wir tun können: Ich finde, es ist ganz

wichtig, dass wir sehr klarmachen – und das will ich auch heute, wenn

ich in Israel sein werde, noch einmal unterstreichen –, dass wir an der

Seite Israels stehen und das Land unterstützen. Es hat jedes Recht, sich

zu verteidigen, und kann sich dabei auch auf unsere Unterstützung

verlassen."/


Scholz verweist in diesem Zusammenhang auch auf das geplante

Betätigungsverbot der Hamas in Deutschland und den bereits im Jahr 2020

verschärften Paragraphen 104 im Strafgesetzbuch (StGB), der nun auch das

öffentliche Verbrennen ausländischer Flaggen in Deutschland verbietet.

/"Ich wiederhole, was ich im Bundestag gesagt habe: Wer israelische

Fahnen verbrennt, wer das Töten von Menschen bejubelt, der begeht

Straftaten, und die werden von den deutschen Strafbehörden auch verfolgt."/


Den nach Vermittlung suchenden Ansatz des jordanischen Königs ignorierte

Scholz, als Abdullah II. sagte: /"Ich denke, wir alle verstehen, dass es

wichtig ist, die Eskalation so schnell wie möglich einzudämmen. Wir

müssen die unschuldigen Zivilisten auf allen Seiten des Konflikts

schützen. (...) Wir müssen die Gewalt beenden und deeskalieren, aber wir

müssen auch darüber nachdenken, was danach passiert.

Es reicht! Wir können diesen Zyklus der Gewalt nicht so fortsetzen. Wir

brauchen eine politische Perspektive. Palästinenser und die arabischen

Länder müssen zusammenkommen, sonst wird dieser Zyklus der Gewalt nicht

durchbrochen werden."/


Ähnlich wie schon im Ukraine-Konflikt lehnt die Bundesregierung in

Berlin hier mäßigende Diplomatie ab und setzt selbst auch auf eine

Lösung durch Gewalt. Auch der angeblich von Israel durchgeführte

mutmaßliche Angriff auf ein Krankenhaus in Gaza, bei dem über 500

Menschen gestorben sein sollen, ändert nichts an der deutschen Haltung.


Die Bundesrepublik Deutschland fällt damit hinter den Gründungsgedanken

der Vereinten Nationen zurück. Gleichzeitig wird deutlich sichtbar, dass

von Berlin aus die Menschenrechte systematisch instrumentalisiert

werden. Weder die mutmaßlichen Kriegsverbrechen Israels noch die der

Ukraine sind der Bundesregierung ein Wort der Mahnung oder gar der

Forderung nach einem Ende der Kampfhandlungen wert.


Russland gab bereits Anfang Mai, also noch vor Beginn der ukrainischen

Gegenoffensive, die Zahl der im abtrünnigen Donbass durch ukrainischen

Beschuss getöteten Zivilisten mit über 5.000 an. Es zeichnet sich damit

ab, dass im Ukraine-Konflikt durch ukrainischen Beschuss deutlich mehr

Zivilisten getötet werden als durch die russischen militärischen

Operationen. Beim Angriff Israels auf Gaza kamen inzwischen über 3.500

Menschen ums Leben. Die Zahl der von der Hamas getöteten Israelis liegt

bei 1.300. Deutschland ignoriert auch solche Asymmetrie in diesen Zahlen

und das sich hinter diesen Zahlen verbergende menschliche Leid.


Dagegen verurteilt die Bundesregierung einseitig Russland und im Fall

des Nahostkonflikts einseitig die Hamas.


Vor ihrem zweiten kurzfristigen Besuch in der Krisenregion nach Ausbruch

des Konflikts bleibt auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock

(Bündnis 90/Die Grünen) bei ihrer einseitigen Haltung. Baerbock kehrt

das Verhältnis zwischen Täter und Opfer um, indem sie sagt: /"Es ist das

perfide Kalkül der Hamas, die palästinensische Zivilbevölkerung Tod, Not

und Leid auszusetzen, um den Nährboden für weiteren Terrorismus zu

schaffen."/

Damit ignorieren Deutschlands höchste Repräsentanten weiterhin die

Feststellung des UN-Generalsekretärs António Guterres, auch die

Gräueltaten der Hamas könnten eine kollektive Bestrafung aller

Palästinenser durch Israel nicht rechtfertigen.


Inzwischen scheiterten im UN-Sicherheitsrat zwei Resolutionsentwürfe,

die ein Ende der Kampfhandlungen fordern. Ein von Russland eingebrachter

Resolutionsentwurf scheiterte an den Stimmen der Vertreter des

westlichen Blocks. Ein weiterer, von Brasilien eingebrachter Entwurf

scheiterte am Veto allein der USA.


Im Fall der Ukraine ignoriert Deutschland die Teile in den Resolutionen

der UN-Generalversammlung, die der Auffassung der deutschen

Bundesregierung zuwiderlaufen, der Ukraine durch Waffenlieferungen zu

einem Sieg über Russland zu verhelfen.


So wird in Deutschland zwar regelmäßig auf die Resolution der

UN-Generalversammlung vom Oktober 2022 verwiesen, die den russischen

Einmarsch verurteilt und den Rückzug Russlands fordert. Den Passus, in

dem zu verstärkten diplomatischen Bemühungen aufgerufen wird, ignorieren

die verantwortlichen Politiker in Deutschland jedoch. Denn in der

Resolution heißt es auch: /"Die Generalversammlung fordert die

Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen … auf, die

Deeskalation der derzeitigen Situation und eine friedliche Beilegung des

Konflikts durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und

andere friedliche Mittel zu unterstützen…"/


Von einer diplomatischen Initiative Deutschlands hat man bis heute

nichts gehört. Im Gegenteil hat Deutschland seine diplomatischen

Beziehungen zu Russland faktisch abgebrochen. Kontakte nach Russland und

zu russischen Diplomaten gelten in Deutschland öffentlich als

verwerflich. Auch einen Passus, in dem etwa zur vermehrten Unterstützung

der Ukraine durch Waffenlieferungen aufgefordert wird, sucht man in der

UN-Resolution vergebens.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

20.10.2023

Bidens Ansprache an die Nation: Beschämende Heuchelei als letzter Nagel in Amerikas Sarg

seniora.org, 20. Oktober 2023, Siplicius the Thinker 20. Oktober 2023 - übernommen von simplicius76.substack.com


Nun, das war's, Leute. Der heutige Abend könnte der letzte Atemzug des "le siècle Américain" sein.

Bidens widerwärtige Ansprache an die Nation war von einem beispiellosen Mangel an Selbsterkenntnis geprägt. Aufgeblasen vor Selbstüberschätzung zeigte sie die nackte Fratze der unbedarften und erbärmlichen Knechtschaft der USA gegenüber den Globalisten, die nicht nur Amerikas Außenpolitik, sondern auch die Innenpolitik an sich gerissen haben   – und alles dazwischen.

Man muss schon im Drogenrausch oder im Bann des Establishments stehen, um die abscheuliche Heuchelei nicht zu bemerken, die heute Abend aus Bidens dementem, medizinisch missgebildetem Mund kam. Im selben Satz verurteilte er unironisch Putins "barbarische Invasion" über einen kleineren Nachbarn, während er um zig Milliarden für Israel bettelte, um ... eine barbarische Invasion über seinen kleineren Nachbarn durchzuführen.

Wie ist es möglich, dass so viele Menschen so schläfrig sind, dass sie die offensichtliche Heuchelei darin nicht sehen? Wir sollen glauben, dass Putins "grausame und ungerechte" Bomben Ukrainer töten, während Israels "gerechtfertigte" Bomben die Palästinenser lediglich "kollateralisieren".

Er hat sogar die Frechheit, die Hamas mit Russland zu vergleichen, da "beide eine benachbarte Demokratie auslöschen wollen." Das ist Gaslighting von historischem Ausmaß   – und Biden liebt historische Ouvertüren, schließlich verglich er sich während der Rede mit Abraham Lincoln. [Anm. Übersetzer: Gaslighting = spezielle Art von Psychoterror: systematische Faktenverdrehung, mit dem Ziel, das Opfer an seiner mentalen Gesundheit zweifeln zu lassen. Der Begriff "Gaslighting" geht auf ein Theaterstück aus dem Jahr 1938 mit dem Titel "Gas Light" und die nachfolgenden Verfilmungen zurück, in denen ein Ehemann seiner Frau vorgaukelt, sie werde verrückt, indem er das Gaslicht im Haus dimmt und dann leugnet, dass sich das Licht ändert.]

Es ist eine bekannte und anerkannte Tatsache, dass Israels einziges Ziel darin besteht, die Palästinenser vollständig aus dem Gazastreifen zu vertreiben und sie nach Ägypten zu schicken, was die buchstäbliche Definition der Vertreibung eines Nachbarlandes ist, da der Gazastreifen folglich aufhören wird zu existieren. Zweitens bedeutet die Tatsache, dass die gesamte UNO Palästina als Nation anerkannt hat, Israel sich aber weigert, den Palästinensern ihre Nationalität zuzugestehen, dass Israel per definitionem versucht, eine Nation an seinen eigenen Grenzen buchstäblich auszulöschen; und das nicht nur versucht, sondern es hat es tatsächlich schon getan.

Hier ist eine sehr alte Zeitung, die beweist, dass Israels Pläne immer darin bestanden, die Palästinenser aus dem Gazastreifen in den Sinai und die aus dem Westjordanland nach Jordanien zu drängen:



Jetzt nimmt Israel gezielt Krankenhäuser, Moscheen und Kirchen ins Visier, um den nördlichen Gazastreifen von allen lebenswerten Einrichtungen, Sehenswürdigkeiten und kulturellen Stätten zu befreien und den Palästinensern keine andere Wahl zu lassen, als in den Süden zu ziehen.


Das ist die Realität. Sie tun nicht einmal mehr so, als ob sie es verbergen wollten:


https://www.theguardian.com/world/2023/oct/10/right-now-it-is-one-day-at-a-time-life-on-israels-frontline-with-gaza

Es geht um pure Zerstörung und gezielten Völkermord, um die Palästinenser in einer neuen Nakba zu vertreiben.

Aber die heuchlerischen Parallelen des alten, dementen Kauzes gehen weiter.

Er macht sich über Putin lustig, weil er behauptet, die Sowjetunion habe die Ukraine geschaffen, d.h. er verteidigt im Wesentlichen die Tatsache, dass die Ukraine ein rechtmäßiges Mandat hat, obwohl sie ein ziemlich künstliches Konstrukt ist. Nun, auch Palästina wurde zerstückelt und seine Überreste in willkürliche, künstliche Staaten verwandelt   – sollten sie also nicht ebenfalls ein Recht auf Existenz haben? Was gibt Israel das Recht, Palästina sein eigenes Recht auf Staatlichkeit zu verweigern, das im ursprünglichen, von der UNO bestätigten Teilungsplan verankert ist?

Er fährt fort, dass die Ukraine nur versucht, ihr Land von den Eindringlingen zu befreien   – hallo? Was glauben Sie, was die Palästinenser versuchen? Nicht nur im unmittelbaren Sinne, wenn man bedenkt, dass Israel im Begriff ist, buchstäblich eine Landinvasion in ihr Land Gaza zu starten, sondern im weiteren Sinne, da der Staat Israel selbst auf historischem und angestammtem palästinensischem Land existiert. Interessanterweise wurden bei der Teilung 1947 62 % des Landes Palästina dem jüdischen Staat zugewiesen, obwohl die Palästinenser den Juden zahlenmäßig 2 zu 1 überlegen waren. Das nenne ich Gerechtigkeit!

Aber Biden bringt das alles nur unbeholfen zusammen. Sie sehen, es ist ein misslungener Versuch eines monumentalen, aber klassischen, lehrbuchmäßigen Gaslighting. Er beginnt damit, dass er für einen rassistischen Völkermord an Arabern plädiert, und beendet dann seine abstoßenden Ausführungen, indem er zeigt, "wie sehr er die Muslime liebt", indem er die grassierende "Islamophobie" in Amerika beschwört und das muslimische Kind erwähnt, das kürzlich in Chicago aufgrund der Ereignisse in Israel getötet wurde, usw.

Das ist klassisches Gaslighting. Es ist der misshandelnde Ehemann, der seine Frau schlägt und dann versucht, sie mit überschwänglichen Liebesbezeugungen zu manipulieren, damit sie denkt, er habe es aus Liebe und Mitgefühl für sie getan. "Nur weil du mir so viel bedeutest, muss ich dich besinnungslos schlagen!"

Warum habe ich also mit der scheinbar reißerischen Behauptung begonnen, dies sei der letzte Nagel in Amerikas Sarg? Das war nicht nur Sensationslust   – ich habe es ernst gemeint. Denn in diesem entscheidenden historischen Moment   – den Biden selbst treffend als Wendepunkt bezeichnete   – hat Biden Amerikas Platz auf der falschen Seite der Geschichte für immer festgeschrieben. Er hat der ganzen Welt gezeigt, dass Amerikas moralisches Ansehen gesunken ist; er hat das nackte Gesicht von Amerikas völligem moralischen Verfall und seine Degeneration enthüllt.

Morgen wird er einen markanten Antrag auf 74 Milliarden Dollar zur Unterstützung von Völkermord stellen, sowohl für die Fortsetzung des barbarischen ukrainischen Abschlachtens von Zivilisten, das seit 9 Jahren andauert, als auch für Israels barbarische ethnische Säuberung in Palästina.


Dieser Wendepunkt könnte für die Welt ein "Point of no return" sein. Viele erkennen nun an, dass die Welt auf eine sehr dunkle Wende zuzusteuern scheint. Es wird immer wahrscheinlicher, dass in den USA selbst im Jahr 2024 keine Wahlen stattfinden werden, oder wenn doch, dann werden sie einen beispiellosen sozialen Umbruch und einen möglichen Bürgerkrieg bedeuten. Das ist es, was ich mit dem letzten Nagel meinte. Die Ereignisse geraten außer Kontrolle, und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass "nichts mehr so sein wird wie vorher", wenn Israel tatsächlich den Abzug betätigt und Biden sein Geld bekommt.

Es besteht immer noch die Chance, dass sich die Vernunft durchsetzt und wir bestimmte fatalistische Wendungen abwenden können. Aber so oder so, die moralische Verworfenheit, die in der westlichen Welt zu beobachten ist, kocht jetzt auf einem Fieberpegel über. Die Welt hat die Nase voll von der krassen Heuchelei, der Doppelmoral und dem unverhohlenen Rassismus der Eliten aus Borrells "Europäischem Garten".

Wir haben nun wiederholt erlebt, wie sie jeden entmenschlichen, der nicht mit ihrem Narrativ übereinstimmt. Russen dürfen als Orks entmenschlicht werden, Syrer, Palästinenser usw. können nach Belieben getötet und als "Terroristen" bezeichnet werden, ohne dass auch nur eine Träne vergossen wird. In Europa darf der Koran als "freie Meinungsäußerung" öffentlich verbrannt werden, aber jetzt wird jeder, der mit einer palästinensischen Flagge gegen Israel protestiert, wegen "Verletzung" irgendeines Gesetzes eingesperrt:


https://www.theguardian.com/politics/2023/oct/10/people-supporting-hamas-in-uk-will-be-held-to-account-says-rishi-sunak


Lesen Sie das noch einmal und denken Sie darüber nach: Es ist völlig legal, den Koran als "freie Meinungsäußerung" zu verbrennen, aber es ist illegal, eine palästinensische Flagge zu tragen, weil es "unsensibel" gegenüber dem israelischen Volk ist.


Die Welt hat die Nase voll von der Heuchelei und Doppelmoral des Westens. Deshalb glaube ich, dass die heutige Rede einen Wendepunkt markiert, auf den wir vielleicht eines Tages, viele Jahre in der Zukunft, zurückblicken werden. Biden ist das perfekte Sinnbild eines "Präsidenten im Endstadium"   – ein kranker, verfallender, geriatrischer, feiger und amoralischer, medizinisch induzierter Plastiksockenmann, der die unheilbar kranken letzten Tage seines untergehenden Imperiums repräsentiert.


"Wenn du nur wüsstest, wie schlimm es wirklich ist."

Dies sind die erschütternden Bilder einer perversen Nation im Niedergang. Und jeder sieht, dass der Kaiser keine Kleider hat. Ich lasse Sie mit einer Auswahl der Rede von heute Abend aus verschiedenen Quellen allein. Beachten Sie die "Gefällt mir"-Angaben:



Und diese neue Umfrage:


Quelle: https://simplicius76.substack.com/p/bidens-address-to-nation-shameful
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4577&mailid=1959


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

20.10.2023

Agonie einer Partei / Linkspartei muss sich neuen Sündenbock suchen

aus e-mail von Doris Pumphrey, 20. Oktober 2023, 12:59 Uhr


/Siehe auch:

/*Nun muss sich die Linkspartei einen neuen Sündenbock suchen

*Die Ankündigung Sahra Wagenknechts, nun zusammen mit politischen

Weggefährten eine neue Partei zu gründen

<https://www.nachdenkseiten.de/?p=105495>, wurde von ihren Gegnern

innerhalb der Linkspartei zumindest nach außen hin weitestgehend positiv

aufgenommen. Doch dieser Zweckoptimismus ist fehl am Platz. Nun muss

sich die Linkspartei endlich ehrlich machen. Hatte man in den letzten

Jahren mit Sahra Wagenknecht stets einen Sündenbock

<https://www.nachdenkseiten.de/?p=76459> für die immer schlechteren

Wahlergebnisse parat, wird es künftig schwer, die Schuld für das eigene

Versagen bei anderen zu suchen <https://www.nachdenkseiten.de/?p=54544>.

Doch die Linkspartei wäre nicht die Linkspartei, würde sie ihre Zukunft

im Parteien-Sammelbecken „Sonstige“ selbstkritisch akzeptieren. Neuer

Streit ist vorprogrammiert. Wer nun die Rolle des Sündenbocks übernehmen

wird, ist freilich noch unklar. Wahrscheinlich wird es wieder Sahra

Wagenknecht sein. Doch das ist dann auch egal. Ein Kommentar von *Jens

Berger*.

/Hier: /https://www.nachdenkseiten.de/?p=105530



https://freedert.online/meinung/184345-agonie-einer-partei-die-linke-mit-schaum-vorm-mund/

19.10.2023

*Agonie einer Partei: Die Linke mit Schaum vorm Mund

*/Von Gert Ewen Ungar

/

Mit der Ankündigung, eine eigene Partei zu gründen, hat Sahra

Wagenknecht das Ende der Partei Die Linke eingeläutet. Die Parteispitze

schäumt und weist anklagend auf Wagenknecht. Dabei sind die Probleme

hausgemacht. Die Linke hat sich von der eigenen Wählerklientel abgewandt.


Es ist klar, dass mit der Gründung einer Wagenknecht-Partei das Ende der

Partei Die Linke am Horizont aufscheint. Es ist anzunehmen, dass man

dies auch im Karl-Liebknecht-Haus und in der Führung der Partei klar

sieht, auch wenn man dort noch große Töne spuckt. Im August meinte

<https://www.spiegel.de/politik/deutschland/frueherer-linkenchef-bernd-riexinger-wagenknecht-fluegel-hat-bruch-laengst-vollzogen-a-f5a81c37-70f2-4d38-a590-08dc83b395a1

der ehemalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger, das Wählerpotenzial der

Partei liege bei 18 Prozent. Er ist sich noch immer sicher, dass nach

einem Ausscheiden von Sahra Wagenknecht die Partei ihr Potenzial wieder

besser ausschöpfen kann. Er sagte dem Nachrichtenportal /The Pioneer/

angesichts der bevorstehenden Parteigründung Wagenknechts:

/"Für die Linke ist es eine Befreiung. Alle, die durch Frau Wagenknecht

daran gehindert wurden, uns zu wählen oder sogar bei uns Mitglied zu

werden, sind herzlich eingeladen."/


Ob er damit richtig liegt, wird sich bei den kommenden Wahlen zeigen.

Für seine These spricht insgesamt wenig. Dass die Partei durch den

Weggang von Wagenknecht mehr Wähler hinzugewinnt, als sie verliert, kann

bezweifelt werden.


Dass man an die Rückkehr zu zweistelligen Wahlergebnissen auch in der

Parteiführung nicht recht glaubt, machen die Schuldzuweisungen der

Parteispitze an Wagenknecht deutlich. Unlauter wirken die Versuche

jedoch, die Schuld für das absehbare Scheitern der Partei auf sie

abzuwälzen.


Parteichefin Janine Wissler wirft Wagenknecht in einem Interview

<mit" rel="noopener">https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wagenknecht-parteigruendung-102.html>mit 

der /Tagesschau/ vor, auf einem Egotrip zu sein. Das ist angesichts des

seit Jahren schwelenden Konflikts und der Bereitschaft Wagenknechts, ihn

bis zur Klärung auszuhalten, eine bizarre Wortwahl. Im Juni war es

Wissler selbst gewesen, die verkündet hatte

<:" rel="noopener">https://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-linke-parteivorstand-beschliesst-zukunft-ohne-sahra-wagenknecht-a-b6c39c6a-0106-45a1-a5e5-7da1960f1de4>:

/"Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagneknecht."/


Im Anschluss an ihre Anschuldigung wirft Wissler den Floskel-Automaten

an und behauptet, die Linke setze sich für bezahlbaren Wohnraum,

gerechte Löhne, gegen Zwei-Klassen-Medizin und für die soziale Frage

ein. Das wirkt angesichts der jüngsten Positionierungen der Partei

unglaubhaft.


Hätte sie dies in den letzten Jahren tatsächlich und uneingeschränkt

getan, stünde die Partei für die Wähler deutlich wahrnehmbar für linke,

soziale Politik. Es gäbe dann zum einen den massiven Einbruch bei der

Wählerzustimmung nicht.


Zum anderen gäbe es auch den innerparteilichen Streit nicht, der zum

Bruch führte. Der zentrale Vorwurf Wagenknechts ist, dass die Partei die

Sorgen und Belange ihrer eigenen Klientel aus dem Blick verloren hat.

Die Linke setzt sich eben nicht mehr vorrangig für soziale Politik,

gerechte Löhne und bezahlbare Mieten ein, wie Wissler behauptet, sondern

hat sich der woken Lifestyle-Themen und Polit-Moden der urbanen

Mittelschicht angenommen.


Dass der Vorwurf Wagenknechts an die Parteiführung nicht von der Hand zu

weisen ist, führt eine Personalie ganz deutlich vor Augen: Für die im

nächsten Jahr anstehende Wahl zum EU-Parlament kürten die

Parteivorsitzenden Wissler und Schirdewan die Seenotretterin Carola

Rackete an allen Gremien und vor allem an den Interessen der Stammwähler

vorbei zur Spitzenkandidatin. Viel deutlicher als mit dieser Personalie

kann eine vormals linke Partei ihrer Wählerklientel nicht mitteilen,

dass sie sich bitte eine andere Partei zur Vertretung ihrer Interessen

zu suchen habe.


Wissler macht dies im Interview selbst deutlich, wenn sie sagt, die

Interessen von Flüchtlingen dürften nicht gegen die soziale Frage

ausgespielt werden. Wie sie das konkret umsetzen will, sagt sie

allerdings nicht. Sie will die Kommunen stärken, floskelt sie wenig

überzeugend vor sich hin. Mit Rackete als Spitzenkandidatin hat die

Linke ein Statement abgegeben: Seenotrettung und Flüchtlinge sind als

Wahlkampfthemen gesetzt und die soziale Frage eben nicht. Der Wähler

wird es goutieren. Die 18 Prozent rücken in ganz weite Ferne.


Die Ursachen für den Niedergang der Linken liegen nicht im internen

Streit. Der mag das Problem verschärft und dem Ansehen der Partei

geschadet haben, aber er ist nicht ursächlich für den Vertrauensverlust

beim Wähler. Die Linke, es wurde oft gesagt und kann hier daher nur

wiederholt werden, unternahm einen anbiedernden Schwenk in Richtung

urbanes, liberales Bürgertum. Die Linke angelt nun ihre Wähler in dem

Teich, in dem auch die Grünen ihre Netze auswerfen. Seitdem geht's bergab.


Zu erklären ist der Abstieg einfach. Wem das Wohlergehen der

LGBT-Community am Herzen liegt, wer an die Existenz von 72 Geschlechtern

glaubt und meint, Deutschland habe Platz für alle, die kommen wollen,

der wählt gleich das Original. Die Grünen repräsentieren

Identitätspolitik besser und authentischer als die Linke, die sich immer

noch genötigt sieht, faktisch grüne Forderungen rötlich anzupinseln und

in ein paar sozial klingende Phrasen einzubetten, wie das Wissler im

/Tagesschau/-Interview vorführt. Das wirkt weder für die Stammklientel

glaubwürdig, noch zieht es in einem nennenswerten Maß Wähler der Grünen ab.


Wer in einer strukturschwachen Region wohnt, über ein niedriges

Einkommen verfügt und sich mit steigenden Preisen für Miete, Energie und

Lebenshaltung konfrontiert sieht, wer seine sexuelle Identität darüber

hinaus politisch unkorrekt mit "normal" angibt sowie Familie und Kinder

für ein erstrebenswertes Lebensziel hält, der wählt eben nicht mehr die

nun hippe und woke Linke. Auch wer Frieden mit Russland und ein Ende der

Sanktionspolitik will, wem zudem die Maßnahmen während der

COVID-19-Pandemie repressiv und die Forderung nach einer Impfpflicht

autoritär erschienen, dem blieb bisher – man muss es deutlich sagen –

eigentlich nur die Wahl, bei der AfD sein Kreuz zu machen – auch dann,

wenn das Wähler-Herz eigentlich kräftig auf der linken Seite schlug.

Dass diese Wähler nun nach dem Weggang von Wagenknecht den Weg zurück

zur Partei die Linke finden, kann ausgeschlossen werden. Sie finden eher

den Weg in die neue Wagenknecht-Partei.


Dass eine angeblich linke Partei ihre eigenen Wähler politisch heimatlos

gemacht und so in die Arme einer rechtskonservativen Partei getrieben

hat, ist das eigentliche Versagen der Partei Die Linke, das die

Parteiführung aber ganz offenkundig unaufgearbeitet lassen möchte. Sie

hat es schließlich selbst maßgeblich mitzuverantworten. Stattdessen

ergeht sich in Schuldzuweisungen an Wagenknecht. Das ist billig und

unaufrichtig.


Seit dem Schwenk der Partei Die Linke in Richtung urbanes Bürgermilieu

gibt es in Deutschland faktisch keine linke Alternative im

Parteienspektrum mehr. Aus diesem Grund ist der Schritt Wagenknechts zu

begrüßen, eine eigene Partei zu gründen. Es braucht in Deutschland

dringend eine linke Alternative, eine soziale und sozialistische

politische Interessenvertretung.


Der Streit wird noch ein wenig weitergehen, denn es geht auch um die

Existenz der Fraktion Die Linke im Bundestag. Es ist sozusagen das

letzte Zucken einer in Agonie liegenden Partei. Verlassen Wagenknecht

und mit ihr noch weitere Abgeordnete die Fraktion, dann verliert die

Partei ihren Fraktionsstatus. Dabei geht es auch ums Geld und um Mittel.


Es wird also noch ein bisschen Dreck in Richtung Wagenknecht geworfen

werden. Dann aber, dann ist es vorbei. In Deutschland ist ab Montag das

Parteienspektrum voraussichtlich endlich wieder vollständig.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

20.10.2023

Karin Leukefeld über Schreibverbot im nd: „Vom ursprünglichen Selbstverständnis des Journalismus komplett entfremdet“

nachdenkseiten.de, 20. Oktober 2023 um 11:30 Ein Artikel von Tilo Gräser

Die Zeitung nd – ehemals Neues Deutschland – hat der langjährigen Nahost-Korrespondentin Karin Leukefeld die Zusammenarbeit aufgekündigt. Der Vorgang erinnert angesichts der Begründungen nicht nur an das derzeitige Phänomen der „Cancel Culture“, sondern auch an den Stalinismus, von dem sich das nd noch als Neues Deutschland nach dem Untergang von DDR und SED distanziert und verabschiedet hat. Mit Karin Leukefeld hat Tilo Gräser über den Vorgang gesprochen.


Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Podcast: Play in new window | Download


Frau Leukefeld, Sie berichten seit vielen Jahren als fast einzige deutsche Korrespondentin direkt aus dem Nahen Osten. Leser der NachDenkSeiten kennen Sie sicherlich, da Sie ja häufig für uns schreiben. Ihre Berichte waren zuletzt auch immer wieder in anderen linken und alternativen Medien zu lesen. Doch selbst das wird anscheinend immer weniger. Warum?

Als ich im Jahr 2000 zunächst in der Türkei, dann im Irak meine Arbeit begann, habe ich für den ARD-Hörfunk, vor allem für den WDR, für den Deutschlandfunk und auch für die Deutsche Welle berichtet. Die Reportagen wurden häufig vom Schweizer Rundfunk übernommen. Die Junge Welt und das Neue Deutschland gehörten von Anfang an zu den Abnehmern meiner Berichte, auch die Katholische Nachrichten-Agentur.

2005 ging ich nach Damaskus, weil es in Bagdad zu gefährlich wurde. Ich folgte in gewisser Weise den irakischen Flüchtlingen, von denen mehr als 1 Million in Syrien Zuflucht fand. In Damaskus beantragte ich die Akkreditierung, die ich 2010 erhielt. 2011 waren meine Berichte aus Kairo vom Tahrir-Platz gefragt, doch als ich – zurück in Damaskus – von dort berichtete, dass die Menschen gegenüber dem „Arabischen Frühling“ sehr zurückhaltend waren und auf das verwiesen, was sie – mit dem jungen Präsidenten Assad – schon an Veränderungen erreicht hatten, erhielt ich Absagen selbst zu Reportagen, die schon bestellt waren.

Zunächst ging das Interesse an meinen Berichten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurück. Eine Ausnahme war lange noch der BR, der meine Reportagen gerne nahm, wie man mir versicherte. Weil sie so anders waren, weil dort Leute direkt zu Wort kamen. Ich traf in Damaskus politische Oppositionelle, mit denen ich Interviews führte, ihre Veranstaltungen besuchte u.a.m. Je mehr die Konfrontation in Syrien zunahm, desto weniger Berichte wurden mir abgenommen. Zudem erhielt ich Drohmails von angeblichen oder tatsächlichen syrischen Oppositionellen, die auch die Medien mit diffamierenden Leserbriefen gegen mich bombardierten. Dann wurde ich von Journalisten innerhalb des Rundfunks diffamiert, für den ich arbeitete und meine Angebote wurden oft gar nicht mehr beantwortet. Ich weiß von Kollegen aus anderen Ländern, denen es ähnlich erging, und ich gehe davon aus, dass dieses Vorgehen eine Kampagne gegen Journalisten war, die aus Syrien gegen den Strom berichteten. Wir haben uns an journalistische Maßstäbe gehalten: vor Ort recherchieren, verschiedene Quellen abfragen, nicht Partei ergreifen.


Welche Erklärung haben Sie dafür, dass nun nach den etablierten Medien auch solche, die sich links oder alternativ verorten, Ihre Berichte kaum noch veröffentlichen?

Die Redaktionen entwickelten eine eigene Vorstellung von dem, was in Syrien geschah. Sie waren sehr beeinflusst von der Berichterstattung der Agenturen und der „Leitmedien“, die allerdings nur selten eigene Korrespondenten im Land hatten. Die syrischen Oppositionellen im Ausland und diejenigen, die den bewaffneten Kampf propagierten, rückten in den Mittelpunkt. Diese Gruppen entwickelten ja mit so genannten „Bürgerjournalisten“ ihre eigenen „sozialen Medien“ und dominierten bald – mit Hilfe westlicher oder westlich orientierter Medien und Technologie – die Berichtslage über Syrien. Die linken Medien konzentrierten sich zunehmend auf die kurdisch geführten Kräfte im Nordosten des Landes, vermutlich, weil diese ihnen politisch näherstanden. Es gab und gibt auch in Deutschland eine starke Solidaritätsbewegung mit der kurdischen Bewegung. Manche Aktivisten schlossen sich den kurdischen bewaffneten Kräften an, zahlreiche verloren dabei ihr Leben. In den deutschen und linken Redaktionen verengte sich der Blick auf das gesamte Geschehen in und um Syrien.


Nun hat sich die Redaktion der Tageszeitung „nd“, früher „Neues Deutschland“, nach mehr als 20 Jahren Zusammenarbeit von Ihnen getrennt. Was ist da passiert?

Ich weiß es nicht. Man hat mich in die Diskussion und Kritik, die es offenbar in der Redaktion über meine Artikel und Reportagen gab, nicht einbezogen. Ich erhielt ein Schreiben per E-Mail von der Redaktionsleitung, die mir den Beschluss einer Debatte und Abstimmung mitteilten, zu der der Redaktionsrat die Mitarbeiter eingeladen hatte. Ich war nicht eingeladen, niemand hat mich angesprochen. Dem Brief zufolge wurde über meine Texte und auch über meine Äußerungen in anderen Medien debattiert, dann schlug der Redaktionsrat vor, darüber abzustimmen, ob die Redaktion noch weiter mit mir zusammenarbeiten wolle. Eine „deutliche Mehrheit“ habe sich, „bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen, dafür ausgesprochen, die Zusammenarbeit“ mit mir „zu beenden und keine Texte mehr“ von mir „zu veröffentlichen“. Es hörte sich an wie ein Tribunal gegen eine Angeklagte, die nicht anwesend war. Ich weiß nicht, wer der Redaktionsrat ist. Das nd ist ja seit 2021 eine Genossenschaft, da hat sich einiges strukturell und wohl auch personell verändert.


Gab es einen konkreten Anlass? Was wird Ihnen konkret vorgeworfen?

In dem Schreiben wird kein konkreter Anlass genannt. Es hieß, meine Berichte aus Syrien seien „einseitig“, ich würde den (politischen) Westen für die schlechte wirtschaftliche Lage verantwortlich machen und „Kriegsverbrechen und Interessen“ Syriens, Russlands und des Iran nicht nennen. Redakteure des nd hätten zudem meine Äußerungen in anderen Medien verfolgt, worüber kritisch diskutiert worden sei. Beispielsweise wurde meine Ablehnung des Verbots von RT Deutsch kritisiert, weil RT DE ein „Propagandainstrument der russischen Regierung“ sei und „erheblich mit Fake News“ arbeite. Wie gesagt, ich wurde nie darauf angesprochen.

Man hat sich auf das Redaktionsstatut berufen, in dem sich die Mitarbeitenden „der Verteidigung der Menschenrechte und der Vertretung der Interessen der Marginalisierten sowie dem Kampf gegen Rassismus, Klassismus, Antisemitismus, Sexismus und Faschismus und für den Frieden“ verpflichten. Davon hätte ich mich mit vielen meiner „Aussagen und Positionen so weit“ entfernt, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei.

Mir war nicht bekannt, dass meine sonstige Arbeit bei Vorträgen, Interviews oder für andere Medien von nd-Redakteuren verfolgt wurden und ich konnte mich zu keinem der im Brief genannten Punkte äußern, eine kafkaeske Situation. Offenbar war eine Diskussion mit mir auch nicht gewünscht.


Die „nd“-Redaktionsleitung hat Ihnen unter anderem „Einseitigkeit“ beim Thema Syrien, aber auch beim Ukraine-Konflikt vorgeworfen. Sie würden die Schuld für die dortigen Konflikte und Kriege nur dem Westen zuweisen …

Dazu könnte ich nur etwas sagen, wenn das nd mir einen konkreten Text vorgehalten hätte. Nehmen wir die einseitigen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen der EU und von den USA. Sie verstoßen gegen das Völkerrecht und es gibt zahlreiche Abstimmungen der UN-Vollversammlung, solche Maßnahmen zu stoppen. Die US-Armee hält wichtige Teile Syriens besetzt, u.a. die Gebiete, wo wichtige Ressourcen des Landes wie Öl, Weizen, Baumwolle sind. Eine US-Militärbasis wurde illegal in unmittelbarer Nähe eines wichtigen Grenzübergangs zwischen Irak, Jordanien, Syrien gebaut, die den Grenzübergang blockiert. Auch andere syrisch-irakische Grenzübergänge werden blockiert von den USA oder den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDK). Das alles sind Tatsachen und es sind nur einige der vielen Verletzungen des internationalen Rechts, die von den USA und ihren Verbündeten in Syrien verübt werden. Dabei geben sie an, dort den IS zu bekämpfen.

Soll man das nicht berichten? Keine dieser illegalen Maßnahmen hilft den Menschen in Syrien, die vielleicht politisch verfolgt oder gefangen gehalten werden. Im Gegenteil, es verschlimmert die Lage der Bevölkerung, darüber gibt es Berichte der UN-Sonderberichterstatterin Alena Douhan. Und schon ihr Vorgänger Idriss Jazaery hat darüber berichtet, sogar in Berlin auf Einladung von IPPNW. Kaum ein deutsches Medium in Berlin war an dem, was er zu sagen hatte, damals interessiert.

Als deutsche Korrespondentin in einem Kriegs- und Krisengebiet gehört es dazu, die Politik der deutschen Regierung in diesem Konflikt abzubilden und dem internationalen Recht gegenüberzustellen. Da gibt es erhebliche Diskrepanzen. Die Öffentlichkeit darüber zu informieren, ist journalistische Arbeit.


Zum Konkreten: Was ist dran an den Erklärungen aus dem „nd“, dass zum Beispiel in Syrien die dortige Führung mit ihren russischen und iranischen Unterstützern für die Eskalation verantwortlich ist?

Ich kann das nicht bestätigen. Beide Länder haben den syrischen Staat gegen bewaffnete Gruppen unterstützt, weil Syrien um Unterstützung gebeten hatte. Es gab mehr als 50 Fronten in Syrien damals, die syrische Armee war völlig überfordert. Die Entwicklung und Geschichte des Syrien-Krieges macht das deutlich, es ist nachzulesen. Damit muss man sich – gerade im Journalismus – befassen, bevor man etwas berichtet.

Nochmal zur Erinnerung: Es gab einen internen Konflikt, der durch Einmischung von Saudi-Arabien, Katar, der Türkei und den USA mit massiven Waffenlieferungen zu einem regionalen und internationalen Konflikt gegen die syrische Regierung wurde. Waffen wurden aus Libyen über das Mittelmeer in die Türkei und von dort nach Syrien geschmuggelt. Aus Katar und Saudi-Arabien und Kroatien wurden Waffen nach Jordanien und in die Türkei geflogen, und von dort nach Syrien geschmuggelt. In der Türkei und in Jordanien entstanden militärische Operationszentren von Militärs und Geheimdiensten arabischer Staaten, der USA, Türkei und von NATO-Ländern, die die bewaffneten Gruppen in Syrien führten. Auch Israel war beteiligt.

Alles ist nachzulesen in Recherchen englischsprachiger Medien wie der New York Times, auch in meinem Buch Flächenbrand ist vieles darüber zu lesen. Internationale Medien, vor allem Al Jazeera, spielten – mit einer kampagnenartigen Darstellung – eine wesentliche Rolle in der Eskalation. Und zwar so sehr, dass Journalisten den Sender aus Protest verließen.

Wie gesagt, Russland und Iran haben auf Bitten der syrischen Regierung in den eskalierenden Krieg gegen das Land eingegriffen. Iran und die libanesische Hisbollah früher, Russland im September 2015. Die USA hatten schon im September 2014 mit dem Abschuss von Marschflugkörpern aus dem Persischen Golf die syrischen Ölfelder zerstört, nachdem diese von der „Freien Syrischen Armee“, der Nusra Front und Al Qaida im Irak besetzt worden waren. Die USA und das „Anti-IS-Bündnis“ haben in Syrien operiert, obwohl sie nie von Syrien darum gebeten worden waren und für ihr Handeln auch kein Mandat des UN-Sicherheitsrates vorweisen können. Das ist nach dem internationalen Recht nicht zulässig, sondern Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates. Russland hat den USA immer wieder Angebote zur Kooperation im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ gemacht, die USA haben das abgelehnt. Alles was es gab, war eine russisch-US-amerikanische Vereinbarung, sich gegenseitig über Luftangriffe in Syrien zu informieren, um sich nicht gegenseitig abzuschießen.

Der Krieg in Syrien war nie ein Bürgerkrieg, sondern es war ein internationaler Krieg gegen und um Syrien. Es gab einen internen Konflikt, der intern hätte gelöst werden müssen, und er hätte gelöst werden können. Da der aber von außen im wahrsten Sinne des Wortes befeuert wurde, wurden Gesellschaft und das Land mit allen seinen Errungenschaften zerstört.


Gibt es da einen grundlegenden Konflikt zwischen Redaktionen in einer westeuropäischen Hauptstadt und Auslandskorrespondenten in entfernten Konfliktgebieten und Ländern, wenn es um die Einschätzungen der Vorgänge geht?

Ja. Nach mehr als 20 Jahren Arbeit in der Region des Nahen und Mittleren Ostens – aktuell können wir das in der Konfrontation Israel-Hamas sehen – kann ich diese Frage nur ganz klar mit Ja beantworten. Alle Konflikte haben eine Vorgeschichte, alle Krisen haben, bevor es zum Krieg kommt, Ursachen und es gibt Lösungen und Vorschläge, die berichtet werden können und müssen.

Woran liegt es, dass sich die Koordinaten in den Redaktionen verschoben haben? Ein Grund ist sicherlich der „Krieg gegen den Terror“ seit 2001, der Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien durchdrungen hat. In der Außenpolitik geht es um Geopolitik und um Interessen. Menschen, Gesellschaften, Völker werden dem untergeordnet. Über Flüchtlinge zu berichten, bedeutet, über die Zerstörung der Lebensgrundlagen dieser Menschen in ihrer Heimat zu berichten.

Medien in den westeuropäischen Hauptstädten suchen heute „einen Platz am Tisch mit der politischen Macht“, wie es der Journalist Patrick Lawrence in seinem Buch „Journalists and their shadows“ beschreibt. Auslandskorrespondenten in Ländern, die auf der „Achse des Bösen“ liegen und Hauptschauplatz des „Krieges gegen den Terror“ sind, sind unbequem, um nicht vielleicht sogar zu sagen, sie sind im Weg.

Ein Bericht aus Syrien – oder einem anderen Land – ist natürlich anders als der Blick aus deutschen oder anderen ausländischen Redaktionen auf Syrien. Dieses Problem haben viele ernsthaften Korrespondenten, die sich, wie ich, der klassischen journalistischen Korrespondenz verpflichtet haben. Das heißt, zwischen Reportage, Interview, Bericht, Meinung, Analyse, Feature zu trennen. Unter dem Motto „Leben hinter den Schlagzeilen“ versuche ich den Menschen eine Stimme zu geben, jenseits von politischer „Einordnung“, wie sie immer mehr von Redaktionen gefordert wird. Ich frage meine Gesprächspartner nicht: „Wollen Sie den Sturz des Regimes“, wie eine Al-Jazeera-Journalistin im März 2011 einen alten Mann in Deraaa fragte. Ich frage nach den Lebensumständen, welche Klagen es gibt. Ich schreibe für die Leserschaft und nicht, um den Redaktionen zu gefallen.


Die „nd“-Redaktion hat Ihnen auch vorgeworfen, sich in anderen Medien „politisch positioniert“ zu haben, und zwar so, wie es den Positionen der Zeitung laut Redaktionsstatut widerspräche. Das reicht von der Verteidigung der Menschenrechte über den Kampf gegen alle möglichen Ismen wie Rassismus und Klassismus samt Antisemitismus bis hin zum Frieden. Wie haben Sie dagegen verstoßen?

Dass nd – Mitarbeiter und Redaktionsleitung – das mitgemacht haben, zeigt, dass sie komplett den Kompass verloren haben. Jede Person hat das Recht, seine/ihre politische Meinung zu sagen. Das gilt auch für mich als Journalistin. Eine Redaktion lebt übrigens davon, unterschiedliche Meinungen der Redakteure zu hören und sich auszutauschen. Das schärft die Berichterstattung. Die Passage im Redaktionsstatut als Begründung für die Beendigung der Zusammenarbeit mit mir heranzuziehen, ist reine Diffamierung. Weil indirekt unterstellt wird, ich würde die Menschenrechte missachten, sei rassistisch und anti-semitisch und sei für Krieg, nicht für Frieden.


Das „nd“ wirbt derzeit für sich mit hehren Ansprüchen wie „Demokratie lebt von Streit“ und der Aufforderung: „Mischt mit, bringt Euch ein.“ Das Blatt leistet angeblich einen „wichtigen Beitrag zum Erhalt von Pluralität an Themen und Perspektiven in Gesellschaft und Politik“ und bezeichnet sich als „vielstimmig, nervig und immer ein erfrischendes Ärgernis“. Was Ihnen da gerade passiert ist, widerspricht dem ganz offensichtlich. Wie sehen Sie das?

Ich dachte ja erst, es sei ein Fake-Schreiben. Eine E-Mail ohne Briefkopf, ohne persönliche Unterschriften hätte von überall her kommen können. Und sicherlich würde so mancher viel dafür geben, eine mehr als 20-jährige, auf gewissem Vertrauen gebaute Arbeitsbeziehung mit so einem Fake-Schreiben aus den Angeln zu heben. Aber ich habe im Sekretariat der Redaktionsleitung angerufen und mir wurde bestätigt, dass es echt ist.

Der ganze Vorgang spricht der Eigenwerbung des nd Hohn, weil es ein gänzlich undemokratisches Vorgehen beschreibt. In einer Art „Cancel Culture“, wie man sie bei Facebook, WhatsApp oder X vormals Twitter findet, wurden meine Arbeit und meine Person diffamiert. Ich erhielt ein finales Schreibverbot im nd und das hat nichts mit Pluralität zu tun, geschweige denn mit dem journalistischen Auftrag von Aufklärung.


Stehen alternative und linke Medien so unter Druck, dass sie sich doch an die Vorgaben des Mainstreams anpassen? Das scheint bei den Vorwürfen gegen Sie zu den Themen Syrien und Ukraine der Fall zu sein. Warum geschieht das anscheinend?

Ich würde mich nicht wundern, wenn politischer Druck auf die Redaktion ausgeübt wurde. Von Genossenschaftlern oder anderen Geldgebern, politisch, von wem auch immer. Aber als Freiberuflerin bin ich ja außerhalb einer Redaktion und erfahre nichts oder kaum etwas über innere Vorgänge.


Ich habe der „nd“-Redaktion Fragen zu dem Vorgang gestellt. Die blieben bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne Antwort. Haben Sie Antworten auf Ihr Schreiben an die Kollegen bekommen? Verweigert die Redaktion dieser Zeitung die notwendige Debatte?

Keiner aus der Redaktion hat auf mein Antwortschreiben geantwortet. Entweder gibt es im nd ein Klima der Angst oder die Leute, die dort arbeiten, haben sich von dem ursprünglichen Selbstverständnis des Journalismus komplett entfremdet. Von Kollegialität oder Solidarität ganz zu schweigen.


Welche Folgen hat diese Trennung des „nd“ von Ihnen als langjähriger Korrespondentin für Sie selbst, für Ihre Arbeit?

Es fehlt natürlich Einkommen. Meine Akkreditierung in Syrien war 2010 für das Neue Deutschland erteilt worden. Ich hoffe, ein anderes Medium wird übernehmen. Auch können viele Leser und Leserinnen, die meine Reportagen und Berichte seit vielen Jahren verfolgten, gut fanden und das sowohl der Zeitung als auch mir persönlich schrieben, das nicht mehr lesen. Und sie wissen nicht, warum. Persönlich ist so eine Art von Trennung nach mehr als 20 Jahren Zusammenarbeit ein Schlag ins Gesicht. Ich erinnere mich da lieber an den früheren, langjährigen Chefredakteur des Neuen Deutschland, Jürgen Reents. Mit ihm gab es immer Diskussionen, die oft nicht einfach waren. Er interessierte sich auch für die Umstände, unter denen ich arbeitete. Er war der Einzige, der mich angerufen hat, um zu fragen, wie es mir geht und ob ich Hilfe bräuchte. In Kairo 2011, in Damaskus 2012.


Anmerkung der Redaktion: Die NachDenkSeiten werden Karin Leukefeld bei der Akkreditierung helfen und sie als gute, langjährige freie Mitarbeiterin enger als Korrespondentin für die Nahost-Region einbinden.


Rubriken: Audio-Podcast Erosion der Demokratie Interviews Medienkonzentration Vermachtung der Medien Medienkritik


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Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=105551


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

20.10.2023

Bericht aus Gaza 18.10.2023

aus e-mail von Ingrid Rumpf, 20. Oktober 2023, 11:47 Uhr


*Das ist eine Stimme aus der Zivilbevölkerung in Gaza, diese Stimmen

sollten gehört werden!*


Dr. Abed Schokry, Arzt in Gaza, der immer wieder über alles, was dort

passiert berichtet hat, hat dies vorgestern geschickt:



15:33 h

Der Horror und der Wahnsinn geht weiter und zwar mit Hilfe der USA, D,

GB, F usw...

Ich gebe Euch einen kostenlosen Vorschlag..

Heute Nacht einfach Giftgas über Gaza, während wir schlafen... Dann ist

alles vorbei..

Oder Nuklear Bombe in der Nacht auf Gaza abwerfen... Dann ist Ruhe...

Ich/wir kann/können dieses unbegrenztes Leiden NICHT mehr ertragen...

Es reicht... Das langsame Sterben soll ein Ende haben... Und so soll

sich die demokratische Welt über unsern Völkermord sehr erfreuen... Wenn

wir dann tot sind, so werdet Ihr unsern Schuld bis in die Ewigkeit auf

Eure Schulter tragen... Denn wir sind schon seit einigen Tagen in der

Hölle... Vielleicht kommen wir nach dem Tod _ in der Jenseits_ ins

Paradies...


18:53h

Unsere Kräfte lassen nach..

Wir fühlen uns von der ganzen Welt im Stich gelassen.

Was soll die Zivilbevölkerung tun?


Das Christliche Krankenhaus, das gestern zerstört wurde, ist der Beweis

für den Völkermord. Dennoch wird die Tatsache verdreht.

20.10.2023

Neues vom Wirtschaftskrieg (214): Chinesischer Yuan gewinnt Marktanteile

lostineu.eu, 20. Oktober 2023

Die Industrie verfolgt den neuen transatlantischen Stahlclub mit Sorge. Die USA gehen im Chip-Krieg gegen China aufs Ganze. Und die chinesische Landeswährung Yuan gewinnt international Marktanteile.


  • Die chinesische Landeswährung Yuan ist im internationalen Zahlungsverkehr so weit verbreitet wie noch nie. Im September entfielen auf den Yuan wertmäßig 3,71 Prozent der weltweiten Transaktionen, wie aus Daten der Organisation Swift hervorgeht, die sich um die Übertragung von Finanzdaten zwischen Banken kümmert. Der Anteil liegt damit fast doppelt so hoch wie noch im Januar mit 1,91 Prozent. Verglichen mit der Weltleitwährung Dollar, die auf 46,6 Prozent kommt, ist das aber immer noch gering. Allerdings nutzt China die im Rahmen seines Seidenstraßenprojektes vereinbarten Kredite, um den Yuan international zu fördern. Der zunehmende Wettbewerb mit den USA sowie der Krieg zwischen Russland und der Ukraine haben Peking dazu veranlasst, trotz mehr Länder zur Verwendung des Yuan für die Abwicklung zu bewegen. (Reuters) – Die Abkehr vom Dollar geht doch nicht so schnell, wie erwartet – doch sie lässt sich sogar schon bei SWIFT messen.
  • Die USA gehen im Chip-Krieg gegen China aufs Ganze. New US export control rules aim to close loopholes that Chinese firms used to buy and make advanced AI chips. They add dozens of items to a list of restricted chip-making equipment and blacklist 13 Chinese companies, including China’s AI leaders. The message is clear: the Biden Administration prioritizes security over sales. Yet unanswered questions abound. Will reinforced export controls cause a rift with allies? Will they hold back US innovation? And will they even prevent China from developing cutting-edge technology? (…) US semiconductor companies warn that cutting sales to China will boomerang in the long term, hurting their competitiveness. (CEPA) – Sogar die US-Industrie warnt vor dem Chip-Krieg. Die Sanktionen schaden dem Business…
  • Sorge wegen transatlantischem Stahl-Club. Es ist ein Erbe Donald Trumps: Vor fünf Jahren hatte der damalige US-Präsident Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa verhängt. (…) Derzeit sind die Zölle lediglich ausgesetzt, doch an diesem Freitag soll endgültig Schluss gemacht werden (…). Bei einem Gipfel in Washington wollen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden eine Art transatlantische Freihandelszone für die Branche gründen (…). Doch für die europäischen Konzerne (…) ist das kein Grund zum Jubel, wie zu erwarten wäre – sondern ein Alarmsignal. Die Industrie verfolge die Gespräche »mit großer Besorgnis«, warnt die »Wirtschaftsvereinigung Stahl« in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz. (Der Spiegel)

Mehr zum Wirtschaftskrieg hier

5 Comments

  1. Arthur Dent
    20. Oktober 2023 @ 11:01

    ThyssenKrupp erwartet noch Milliarden Summen an staatlichen Subventionen, um ihre Produktion auf „grünen Stahl“ umzustellen. Gleichzeitig verhandelt man über einen Verkauf der Stahlsparte an einen tschechischen Milliardär. Zudem will man technisch aufwendig und sehr teuer dauerhaft grünen Wasserstoff aus fernen Ländern importieren, die Spezialschiffe gibt es bisher gar nicht in ausreichender Anzahl. Da ist es sicherlich einfacher ein entsprechendes Stahlwerk in den Ländern zu errichten, in denen ausreichend grünen Wasserstoff herstellen kann.

Reply

  • Monika
    20. Oktober 2023 @ 10:33

    Wovon sind die EU-Länder dermaßen geblendet, dass sie sooo treu zu ihrem „Paten“ USA stehen, selbst wenn seit ca. 10 Jahren mit Händen zu greifen ist, dass der Wind dreht: Ihr Chef mit seinen gestrig-kolonialen Mafiamethoden samt seinem, auf Brutalität fußenden, industriell-militärischen Komplex längst von einem neuen, smarter auf Augenhöhe agierenden Syndikat herausgefordert wird?
    Die Einbildung, „immer den Längsten zu haben“ und überhaupt der mächtigste, glänzendste und intelligenteste Held und Kämpfer auf Gottes Erdboden zu sein, tut ein Übriges. Das alttestamentarische Bild eines willkürlichen, brutalen Unterdrückers im Gewand des „liebenden Gottes“ für die „Gehorsamen“ ist mittlerweile überlebt.
    Ist es die Angst, dass der Pate zuerst an Ungehorsamen Hand anlegen wird, um das neue Syndikat „abzuschrecken“? Die wirtschaftlichen Daumenschrauben hat er bereits angesetzt…

    Reply

    • KK
      20. Oktober 2023 @ 11:45

      „Die Einbildung, „immer den Längsten zu haben“…“

      Vielleicht ist es gar keine Einbildung… irgendwo drüber stolpert Joe Biden ja tatsächlich immer wieder! ????

      Reply

  • KK
    20. Oktober 2023 @ 10:30

    Wegen der abartig hohen Energiepreise wird EUropas Stahl nur mittels Zöllen auch auf US-Stahl überlebensfähig sein – EUropa schaufelt sich das nächste Industrie-Grab.

    Reply

  • european
    20. Oktober 2023 @ 08:08

    Es dämmert den Göttern.
    Aktuell in der FT: „Rush by west to back Israel erodes developing countries’ support for Ukraine“

    https://www.ft.com/content/e0b43918-7eaf-4a11-baaf-d6d7fb61a8a5

    „We have definitely lost the battle in the Global South,” said one senior G7 diplomat. “All the work we have done with the Global South [over Ukraine] has been lost . . . Forget about rules, forget about world order. They won’t ever listen to us again.”

    und weiter..

    “What we said about Ukraine has to apply to Gaza. Otherwise we lose all our credibility,” the senior G7 diplomat added. “The Brazilians, the South Africans, the Indonesians: why should they ever believe what we say about human rights?”

    Es kommt Einsicht auf, allerdings viel zu spät. Der Schaden ist angerichtet. Der Westen hat verloren. Auf ganzer Linie und m.E. zu Recht. Die Zukunft wird gerade woanders gestaltet und wir werden nicht mal Zaungäste sein. Da hilft auch diese Stahlfreihandelszone nicht, die übrigens, wenn man Fachleuten glauben möchte, zu Lasten Europas sein wird, wie ebo im Artikel bereits betont hat. Der Umzug von Unternehmen von Europa nach USA wird damit noch leichter.

    https://www.merkur.de/wirtschaft/abkommen-usa-europa-stahl-streit-stahlindustrie-sorge-vorteile-donald-trump-zr-92590057.html

    Das wurde richtig vergeigt. Auf ganzer Linie.


  • Info: https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-214-chinesischer-yuan-gewinnt-marktanteile


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Update: Sozialdemokraten werfen Fico-Anhänger raus


    lostineu.eu, 19. Oktober 2023

    Mit dem Rauswurf der Fico-Anhänger haben EUropas Sozialdemokraten ein Eigentor geschossen. Sie werden schwächer, verlieren Einfluß auf Ficos Regierung – und nun kommt auch noch Konkurrenz von S. Wagenknecht.

    Die Sozialdemokraten der S&D wollten politisch korrekt sein und ihren Gegnern keine Angriffsfläche geben. Doch der de-facto-Rauswurf der Genossen von Smer-SD aus der Fraktion im Europaparlament erweist sich als Flop.

    Die Fraktion ist nun um drei Abgeordnete kleiner und damit kurz vor dem Europawahlkampf schwächer geworden. Zudem kam die Entscheidung zu früh: Smer hat noch nicht einmal die Regierungsgeschäfte übernommen.

    Durch den Rauswurf hätten sich die Genossen jeder Einflußmöglichkeiten auf Fico und seine neue Regierung begeben, so der Analyst M. Nic vom German Council on Foreign Relations.

    Nun kommt – wenn nicht alles täuscht – auch noch Konkurrenz von S. Wagenknecht. Ihre Partei will zur Europawahl antreten und genau in jenen Gewässern fischen, die die Sozis gerade geräumt haben.

    Vielleicht werden sie ihre Entscheidung noch bereuen…

    Siehe auch Sozialdemokraten werfen Fico-Anhänger raus

    3 Comments

    1. KK
      20. Oktober 2023 @ 01:03

      Den Sozialdemokraten kann, damit es noch schneller geht, beim Schaufeln des eigenen Grabes die Schaufel wohl nicht gross genug sein…

    Reply

    • Karl
      20. Oktober 2023 @ 11:01

      @ KK: Freuen Sie sich nicht zu früh!
      Die deutsche Sozialdemokratie schaufelt schon seit 1914… und wird seitdem von den Herrschenden mit Staatsknete am Leben gehalten.
      Weil andere noch schneller schaufeln, die Linkspartei bei uns oder die Syriza in Griechenland – zum Beispiel -, ist gerade die griechische Pasok sogar aus ihrem Grab wieder auferstanden…

      Reply

      • KK
        20. Oktober 2023 @ 11:41

        Naja, hin und wieder kamen ja deutsche Sozialdemokraten, die den Aushub wieder zurück ins Loch zurück geschaufelt hatten.
        Aber Sie haben natürlich recht, das ist auch schon wieder lange her: die letzten waren Willy Brandt und einige seiner Zeit-Genossen…


    Info: https://lostineu.eu/update-sozialdemokraten-werfen-fico-anhaenger-raus


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Hamas-Zensur: Erst Twitter, nun auch Meta und TikTok


    lostineu.eu, 19. Oktober 2023

    Wegen angeblicher „Desinformation“ erhöht die EU-Kommission nun auch den Druck auf Meta / Facebook und TikTok. Derweil widerspricht E. Musk den Meldungen, Twitter / X wolle EUropa aufgeben.

    Was ist Desinformation? Dafür gibt es keine anerkannte Definition, die EU-Kommission liefert auch keine. Dennoch geht sie nun dem Vorwurf der „Desinformation“ nach.

    Die Facebook-Mutter Meta und die Kurzvideo-Plattform TikTok müssen bis zum 25. Oktober einen Fragenkatalog zu ihren Maßnahmen gegen „Desinformation“ beantworten, so die Behörde.

    Die Kommission fragt auch nach Hassrede im Zusammenhang mit den Kämpfen zwischen der radikal-islamischen Hamas und Israel. Gemeint ist natürlich nur Hamas, nicht Israel…

    Wenn Brüssel mit den Antworten der Unternehmen nicht zufrieden ist, kann die EU-Behörde formelle Ermittlungen einleiten. Bei Twitter / X hat sie dies bereits getan.

    Bei Verstößen gegen das neue Digitiale Dienste Gesetz DSA drohen Strafen bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes. Twitter-Chef Musk zittert angeblich schon.

    Allerdings ist die Angst nicht so groß, dass er EUropa den Rücken kehren will, wie „Business insider“ meldete. Das sei „völlig falsch“, schrieb Musk in seinem Dienst.

    Ob das heißt, dass er sich den Zensur-Auflagen aus Brüssel fügen will, sagte er nicht…

    P.S. Der Kampf gegen „Desinformation“ wird neutedings auch in etablierten Medien kritisch beleuchtet. So schreibt die „FAZ“: Die EU hat ein Problem mit Desinformation. Und die „Welt“: „Desinformation“? Wie uns die EU daran hindern will, die Bilder der Hamas-Massaker zu sehen. Lesenswert!

    8 Comments

    1. Monika
      20. Oktober 2023 @ 10:41

      Wir gehen hier alle noch -ganz „naiv“ und investigativ im besten Wortsinne- davon aus, dass auf einerr „Packung drin sein sollte was draufsteht“. Das ist nicht der Fall.
      Wir können all den Politkern, Machtmenschen und Finanzjongleuren, sowie den paar Jahren freiem Internets, nicht genug für die umfassende „Ent“-Täuschung danken.
      „Geostrategie“ ist nur ein euphemistischer Begriff

    Reply

  • Thomas Damrau
    20. Oktober 2023 @ 09:10

    Desinformation ( https://de.wikipedia.org/wiki/Desinformation ) liegt vor, wenn absichtlich falsche Informationen (Unwahrheit) verbreitet wird. Wer jemand anderem vorwirft, Desinformation zu verbreiten, muss folglich
    – die (eigene) Wahrheit schlüssig belegen können – was in vielen Fällen so einfach nicht möglich ist.
    – dem Beschuldigten Absicht nachweisen können.

    Wenn jemand behauptet, die deutsche Migrationspolitik ziele auf einen Austausch der heimische Bevölkerung ab, würde ich das als Blödsinn bezeichnen. Aber ich kann dem Urheber nicht nachweisen, dass er dies wider besseres Wissen äußert. Damit ist die Behauptung eine Meinungsäußerung, die ich ertragen muss.

    Wenn jemand behauptet, das Krankenhaus im Gaza-Streifen sei von einer israelischen bzw. HAMAS-Rakete getroffen worden, kann er sich im Augenblick kaum auf gesichterte Beweise stützen. Begeht Präsident Biden gezielte Desinformation, wenn er behauptet, er wisse, wer geschossen hat?

    Wenn die BILD-Zeitung regelmäßig durch gezielte Verdrehung der Tatsachen Stimmung macht, …

    Wenn die deutschen Medien seit Monaten immer wieder behaupten, die ukrainische Gegenoffensive erreiche langsame, aber stetige Geländegewinne, obwohl Stand heute wenig erreicht wurde, …

    Wenn behauptet wird, die Klimapolitik der Bundesregierung fühle sich dem 1,5 Grad-Ziel verpflichtet, …

    Mein Eindruck: Es geht bei dieser Debatte nicht darum, Desinformation zu bekämpfen, sondern darum, unliebsame Ansichten wegzufischen.

    Reply

  • Arthur Dent
    19. Oktober 2023 @ 16:00

    War schon vor Erfindung des Internets so. Staatsmedien, bürgerliche Zeitungen erziehen die Leser, sich abzufinden. Sie wollen einen Zustand erhalten.
    Texte werden verboten, weil Wörter gefährlich werden können für Verbieter. Die Gefährlichkeit von Wörtern kommt aus ihrer Überzeugungskraft.
    Demokratischere Verhältnisse sind Verhältnisse, in denen mehr Personen ihre Absichten durchsetzen als bisher.

    Reply

    • KK
      20. Oktober 2023 @ 01:00

      Nikita Miller hat das in einem seiner Programme gut auf den Punkt gebracht, warum es im Deutschen nicht analog zu „News“ nicht „Neuigkeiten“, sondern „Nachrichten“ heisst: Eben weil man sich da-nach richten soll!

      Reply

  • european
    19. Oktober 2023 @ 14:03

    Wir kriegen noch unser Wahrheitsministerium. ????

    Reply

    • Katla
      19. Oktober 2023 @ 21:08

      Noch? ????

      Reply

  • KK
    19. Oktober 2023 @ 13:54

    Wie sieht es denn mit der Desinformation der Konzernmedien und des ÖRR aus? Haben die einen Freibrief, weil dort die Desinformation ausschliesslich im Sinne der EUCO und der nationalen Regierungen betrieben wird?

    Reply

    • KK
      19. Oktober 2023 @ 18:02

      Aktuelles Beispiel: Gestern behauptete zB in einer PHOENIX-Diskussionsrunde ein Teilnehmer, BDS würde dazu aufrufen, „jüdische“ [sic!] Betriebe und Personen zu boykottieren und sei deswegen antisemitisch. Soweit mir bekannt gilt der Boykottaufruf aber ausdrücklich den Wirtschaftsaktivitäten Israels und seiner Wirtschaft und eben nicht generell jüdischen.
      Dem wurde natürlich weder in der (mal wieder sehr einseitig besetzten) Runde noch von der Moderatorin widersprochen.

      Sowas fasse ich ebenfalls unter VORSÄTZLICHE Desinformation, denn einem Sender wie Phoenix und seinen journalistischen Mitarbeitern, denen die Verantwortung über eine derartige Sendung übertragen wird, muss das bekannt sein.


  • Info: https://lostineu.eu/erst-twitter-nun-auch-meta-und-tiktok


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    20.10.2023

    Jahrestagung von IWF und WeltbankWer schuldet eigentlich wem?

    makronom.de, vom 19. Oktober 2023, PAO ENGELBRECHT , Entwicklungspolitik


    Die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank gehört zu den wichtigsten Terminen im wirtschaftspolitischen Kalender. Gleichzeitig bildet sie einen Rahmen für zivilgesellschaftliche Gruppen, die ihre Frustration über westliche Entwicklungspolitik zum Ausdruck bringen. Wirklich miteinander in Berührung kommen diese beiden Welten aber kaum. Eine Reportage aus Marrakech von Pao Engelbrecht.


    „End fossil finance! End austerity! End imperialism! End neocolonialism!“, ruft El Hadji Mame Moussa Sarr, kurz Moussa, zum Ende seiner Rede. Eine gekonnte Pause und dann: „What do you we want instead?“ – „Climate justice!“, antwortet die Menge.

    Der Protest direkt vor dem Eingang der Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Marrakech verläuft friedlich. Ein Wasserwerfer steht zwar bereit, die Personalien der Demonstrant:innen werden genauestens geprüft und bei ihrer Ausreise werden sie teilweise intensiv befragt, doch immerhin gibt es keine Auflagen für die Inhalte der Reden wie noch bei der jüngsten COP27-Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh. Heikel wird es, als sich zwei Polizeipferde gegenseitig treten und im Kreis drehen. Doch das Chaos ist schnell wieder im Griff.

    Moussa, ein 27-jähriger Menschenrechts- und Klimaaktivist von Actionaid und Global Platforms, ist aus Dakar nach Marrakech gekommen, um seinen Protest vor der Tür derjenigen Institutionen kundzutun, die er maßgeblich in der Verantwortung für die dramatischen Zustände in Senegals öffentlichem Sektor sieht: Überall fehlten Lehrer:innen und Stühle in den Schulen. Die Gesundheitsversorgung sei völlig unzureichend für weite Teile der Bevölkerung, sagt Moussa. Und warum? „Because our government is cutting our public spendings to service the IMF debt.“


    Menschenrechts- und Klimaaktivist Moussa. Foto: Pao Engelbrecht


    Sparmaßnahmen im öffentlichen Sektor sind auch nach einer Abkehr von den viel kritisierten Strukturanpassungsprogrammen weiterhin eines der Patentrezepte, die Weltbank und IWF  verschuldeten Ländern im Globalen Süden verschreiben. Draußen auf der Demo nennt Moussa das Austerität. Drinnen in den Konferenzräumen nennt man es Fiskaldisziplin.

    Sporadische Begegnungen zweier Parallelwelten

    In diesem Sinne finden in Marrakech eine Woche lang Veranstaltungen in zwei Parallelwelten statt. Während Vertreter:innen der multilateralen Institutionen auf dem großen Gelände außerhalb des Stadtzentrums über institutionelle Reformen und Anreize für Privatkapital diskutieren, treffen sich in der Altstadt Menschen auf zivilgesellschaftlichen Foren, um den entwicklungspolitischen Ansatz von Weltbank und IWF grundsätzlich zu kritisieren. Diese beiden Welten treffen nur bei der Demo vor dem Konferenzgebäude und in jenen Veranstaltungen auf der Jahrestagung, in denen es explizit um die Zivilgesellschaft geht, aufeinander.

    Der neue Weltbankpräsident, Ajay Banga, stellt sich an einem Abend den Fragen aus der Zivilgesellschaft, zeigt sich offen für Kritik. Insbesondere auf eine Publikumsfrage zu Entschädigungszahlungen an von Klimaschäden besonders betroffene Länder gibt er zu, dass er nicht ausreichend informiert ist – und schlägt ein Treffen mit Vertreter:innen der philippinischen NGO, von der die Frage gestellt wurde, vor: „We have to work together. I promise I will call you and ask you more“, verspricht Banga. Nach Angaben der Philippine Movement for Climate Justice (PMCJ) erhalten sie am Ende der Woche tatsächlich eine E-Mail vom Büro des Präsidenten: „Eine gute Geste, doch was wirklich zählt sind nicht Worte, sondern Taten. Wir warten auf handfeste Maßnahmen“, kommentiert Aaron Pedrosa von PMCJ. Auf anderen Events für die Zivilgesellschaft fehlen die relevanten Teilnehmenden hingegen oftmals: „Die Abwesenheit der Bretton Woods-Institutionen auf vielen Panels wirkt symptomatisch für die generell mangelhafte Selbstreflexion der Bank und des Fonds, die die Stimmen, Belege und Vorschläge aus der Zivilgesellschaft wortwörtlich ungehört lassen“, sagt Friederike Strub vom Bretton Woods Project.


    Foto: Pao Engelbrecht


    Ebenjene Stimmen, Belege und Vorschläge werden beispielsweise auf dem Global Counter Summit of Social Movements in Marrakechs vom Erdbeben erschütterter Altstadt vorgestellt und diskutiert. Dort werden Redebeiträge in vier verschiedenen Sprachen von professionellen Übersetzer:innen simultan übersetzt. Das Programm ist dicht, der Ablauf gut organisiert. Ein Protestmarsch und eine Reihe von Paneldiskussionen finden zwischen zwei bedeutenden Jahrestagen statt: vom 12. Oktober, dem Tag des indigenen Widerstands anlässlich Kolumbus´ Ankunft in Amerika, bis zum 15. Oktober, dem Todestag des antikolonialen Revolutionärs und erstem Präsidenten Burkina Fasos, Thomas Sankara. Der stand bis zu seiner Ermordung dafür ein, dass Länder des Globalen Südens die Rückzahlung von Schulden an den Globalen Norden verweigern sollten.

    Die Schuld(en)frage

    Sankaras Forderung aus den 1980ern ist heute wieder ein zentrales Anliegen der meisten zivilgesellschaftlichen Gruppen, die sich in Marrakech versammeln. Denn die Schuldenkrise spitzt sich in vielen Ländern des Globalen Südens immer weiter zu, mit verheerenden sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen. Laut Development Service International handelt es sich um die schlimmste Schuldenkrise überhaupt. Für 2024 werden beispielsweise in Ägypten, Ghana, Pakistan und Sri Lanka 50-65% der jährlichen staatlichen Ausgaben für Zinstilgungen von Schulden erwartet. Für Investitionen in Bildung, Gesundheit, Infrastruktur oder gar eine Anpassung an die Klimakrise mangelt es hingegen an den nötigen Mitteln.

    Diesen Zusammenhang zwischen Schulden- und Klimakrise, auf den die betroffenen Staaten eindringlich  hinweisen, hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bereits im Februar auf der Münchener Sicherheitskonferenz explizit anerkannt. Weltbankpräsident Banga benennt die Gefahr der Schuldenkrise ebenfalls: „Debt [is] doubling in Africa, shackling countries to the ground, just as they are trying to rise.“ Auf der Jahrestagung werden Lockerungen für Schuldenrestrukturierungen und ein konkreter Deal mit Zambia beschlossen. Ein zusätzlicher Sitz im  Vorstand der Weltbank wurde für afrikanische Staaten geschaffen. „Die Reform der Weltbank ist ein bedeutsamer Prozess, den man nicht unterschätzen sollte“, erklärt Deborah Düring, entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. „Diese Reform verpflichtet jedoch auch zur Umsetzung weiterer Maßnahmen. Es müssen konkrete Schritte folgen.“ Im Vergleich zur zivilgesellschaftlichen Forderung nach Schuldenstreichungen sind die Entscheidungen aus Marrakech laut dem zivilgesellschaftlichen Netzwerk Eurodad lediglich „baby steps„.

    Schuldenstreichungen sind aus Perspektive der Counter Summit-Zivilgesellschaft die einzig gerechte Lösung der Schuldenkrise. Viele der Redner:innen verweisen auf einen Bericht von Global Financial Integrity, der vorrechnet, dass das Geld netto von Süd nach Nord fließt – und zwar jährlich rund zwei Billionen US-Dollar. Hinzu käme die wohl kaum in Geld berechenbare Schuld des Globalen Nordens, die durch die Verbrechen der Kolonialzeit und durch die Klimakrise entstanden sei: „Die bedingungslose Streichung der finanziellen Schulden ist das Mindeste, was getan werden muss, um dieser Schuld gerecht zu werden“, sagt Lukas Hufert von Debt for Climate. „IMF and World Bank should support debt cancellation that is equitable, rapid, comprehensive, and sizable, so that debt service does not reduce resources for health, education, other public services and climate action“, fordert Moussa.

    Ein Artikel in Nature Sustainability hat dieses Jahr versucht, die Klimaschuld des Globalen Nordens zu beziffern und kommt auf 192 Billionen US-Dollar. Selbst auf dem Blog des IWF werden Berechnungen zu einer solchen Climate Debt angestellt – die allerdings zu weniger dramatischen Zahlen für Europa und die USA kommen, dafür mehr Schuld bei China sehen. Gleichzeitig sind die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr ab 2020 für Klimaanpassungsmaßnahmen immer noch nicht geflossen. Für die Bewegungen auf dem Counter Summit folgt daraus eine konsequente politische Haltung, ganz im Spirit von Thomas Sankara. Auf Bannern steht in verschiedenen Sprachen: „Wir schulden nicht, wir zahlen nicht.“ Ein globaler Schuldenschnitt müsse her. Dass dies möglich ist, zeige die großzügige Streichung von Westdeutschlands Schulden im Jahr 1953.

    Die von Graswurzelbewegungen im Globalen Süden initiierte und getragene Bewegung Debt for Climate stellt diese Forderung an erste Stelle und führt anlässlich der Jahrestagung in der vergangenen Woche Aktionen auf der ganzen Welt durch – unter anderem in Berlin. Am Donnerstagmorgen, dem 13. Oktober 2023, stehen dort vor dem Finanzministerium plötzlich zwei Betonklötze. Einer davon ist eine Tonne schwer und trägt die Aufschrift: „Klima- und Kolonialschuld des Globalen Nordens“. Der andere wiegt gerade einmal 100 Kilogramm, ist wesentlich kleiner und ist betitelt mit: „Finanzielle Schuld des Globalen Südens“.


    Foto: Jonas Gehring / Debt for Climate


    Laut Estebán Servat soll damit eine offensichtliche Frage veranschaulicht werden: Wer schuldet hier eigentlich wem? Servat ist einer der Mitbegründer:innen von Debt for Climate. Nachdem er als Umweltaktivist in Argentinien Morddrohungen bekam, flüchteten er und seine Familie nach Berlin. In seiner Heimat, erzählt Servat, wurden Forderungen nach einer Energiewende oft mit der Begründung abgelehnt, dass sich Argentinien keine grüne Investitionen leisten könne, weil der Staat erst die Schulden beim IWF bedienen müsse. Als eines der am höchsten verschuldetsten Länder veranschauliche Argentinien, wie Verschuldung beim IWF und die damit einhergehenden Sparmaßnahmen dringend nötige Klimaschutzmaßnahmen blockieren. So lasse sich Klimapolitik mit den Interessen der Arbeiter:innen in Argentinien verbinden: Sowohl die Gewerkschaften als auch Umweltverbände sehen den Einfluss des Internationalen Währungsfonds auf die Haushaltspolitik in Argentinien extrem kritisch, so Servat.

    Während das Klimathema relativ neu ist, ist das Aufbegehren gegen multilaterale Institutionen, die die Wirtschaftspolitik souveräner Staaten beeinflussen, älter als die Weltbank und der IWF selbst. Wie der Harvard-Historiker Jamie Martin in seinem Buch The Meddlers eindrucksvoll zeigt, haben bereits nach dem Ersten Weltkrieg einige Organe des Völkerbundes innenpolitische Entscheidungen in formal souveränen Staaten beeinflusst, ohne direkte koloniale Kontrolle auszuüben. Das hat von Anfang an zu Widerstand geführt. Mit der populären Idee einer New International Economic Order in den 1970ern und 80ern erreichte dieser Widerstand einen Höhepunkt. Martin schlussfolgert, dass es deutlichen Druck von sozialen Bewegungen braucht, um internationale Wirtschaftsinstitutionen gerechter und zielführender zu gestalten.


    Foto: Pao Engelbrecht


    Die weltweiten Proteste anlässlich der Jahrestagung von Weltbank und IWF verkörpern diesen Druck von sozialen Bewegungen. Sie zeugen von der Frustration über westliche Entwicklungspolitik, die Betroffene im Globalen Süden hier lautstark zum Ausdruck bringen. Auf dem Counter Summit gibt es zahlreiche Möglichkeiten für die Teilnehmenden, ihre Geschichte mit einem Mikrofon in der Hand zu erzählen. Oft mit Wut, zum Beispiel als eine Frau aus dem Kongo ihren Redebeitrag damit beendet, dass ihr Heimatland „keine Deponie für europäischen Müll“ sei und sich unter großem Applaus verabschiedet. Oft mit Angst, wie der Familienvater aus Madagaskar, der jetzt in Marokko lebt und schaudernd vom wachsenden Ausmaß der Armut in seiner Heimat berichtet. Oft mit Enttäuschung, wie der Aktivist Moussa es in einem Gespräch mit mir ausdrückt: „My first feeling right now is a feeling of disappointment, because I see that they just come with their own agenda and then they disappear.“

    Es ist fraglich, ob diese Stimmen letztlich viel Gehör bekommen werden. Ajay Banga, der neue Präsident der Weltbank, ist zumindest gut darin, nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Zivilgesellschaft rhetorisch ernst zu nehmen: „The Global South’s frustration is understandable. In many ways they are paying the price for the prosperity of others.“ Doch für grundlegende Veränderungen müsste er sich auch gegen amerikanische Interessen stellen. Wenn es nach der Abschlusserklärung des Counter Summits ginge, bräuchte es sogar völlig neue Institutionen mit Sitz in und unter der direkten Kontrolle von Ländern des Globalen Südens. Statt der World Bank also eine Bank of the South.

    Realistischer sind jedoch weitere „baby steps“, zum Beispiel in Richtung einer stärkeren Repräsentanz des Globalen Südens in den Abstimmungsverhältnissen, in Form von größeren Investitionssummen durch Entwicklungsbanken, oder durch die kurzfristige Schaffung finanzieller Spielräume in Form von erweiterten Schuldenrestrukturierungen, Special Drawing Rights und Debt-for-Climate-Swaps. Die weitreichenden Forderungen der Zivilgesellschaft sind dennoch wichtig, denn sie erweitern den Diskurs und die Denkhorizonte.


    Auf dem Global Counter Summit of Social Movements in Marrakech kommen zivilgesellschaftlich organisierte Menschen aus dem Globalen Süden zusammen und zu Wort. Foto: Pao Engelbrecht


    Problematische Alternativen

    Und der Druck auf die Bretton Woods-Institutionen kommt noch von woanders: Die BRICS plus-Länder bieten schon längst Alternativen zu westlichen Entwicklungsinstitutionen an. In einer Paneldiskussion auf dem Counter Summit wird jedoch detailliert analysiert, dass die vermeintlichen Alternativen aus dem Südosten ähnliche oder sogar mehr Probleme mit sich bringen wie viele der von der Weltbank finanzierten Entwicklungsprojekte: „They bring their own machines, their own labour, their own food. Our economy does not really benefit from Chinese investment. Instead, we end up paying for their employment“, sagt beispielsweise ein pakistanischer Forscher. Die brasilianische Abgeordnete Fernanda Melchionna beschreibt Brasilien als Lateinamerikas „Mini-Imperialist“.

    Dennoch zeigt die folgende Diskussion, dass einige im Publikum weiterhin die BRICS plus-Institutionen vorziehen würden – alleine schon aus Protest gegen die lange, schmerzhafte Geschichte westlicher Unterdrückung im Globalen Süden: „We all agree that the AIIB is not better than the World Bank, but if I had to choose, I would still prefer the AIIB“, lautet ein Kommentar aus dem Publikum.

    Die Konkurrenz zwischen verschiedenen Entwicklungsinstitutionen hat zumindest das Potenzial, eine treibende Kraft für progressive Reform zu sein. Auch im Weißen Haus ist man sich bewusst, dass es – gerade im Wettbewerb mit China – darum geht, dem Globalen Süden etwas „anzubieten„. Um zu verstehen, wie das am besten geht, können die Entscheidungstragenden von der aktiven Zivilgesellschaft lernen. Als erstes geht es um die Haltung, denn wie Moussa sagt: „Loss-and-damage is not a request. Loss-and-damage is not a call for help. Loss-and-damage is a matter of justice.“

     

    Zum Autor:

    Pao Engelbrecht arbeitet als Mercator Fellow in verschiedenen Institutionen zu Reformvorschlägen der internationalen Finanzarchitektur angesichts der Klimakrise. Auf X: @paolivenoel


    Info: https://makronom.us10.list-manage.com/track/click?u=6e21b246ffdfc34b727e0d275&id=62bf820238&e=769d3261ab


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    20.10.2023

    Nachrichten von Pressenza: Nein zum NATO-Büro in Genf!

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 20. Oktober 2023


    Nachrichten von Pressenza - 20.10.2023


    Nein zum NATO-Büro in Genf!


    Wieder einmal treibt der Bundesrat die Annäherung an das Kriegsbündnis NATO voran und unterhöhlt die Neutralität der Schweiz. Bereits seit Jahren wendet die Schweizer Regierung eine Salamitaktik an, um die Schweiz an den NATO-Block anzugliedern. Jüngste Beispiele dafür sind der&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/nein-zum-nato-buero-in-genf/


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    Kein Waffenstillstand


    UN-Generalsekretär fordert Waffenstillstand in Israel bzw. im Gazastreifen. Berlin sperrt sich dagegen – trotz über 3.000 Todesopfern. Gegen zivile Tote bei Angriffen von Verbündeten protestiert die Bundesregierung nie. Berlin verweigert sich der weltweit mit steigender Dringlichkeit erhobenen Forderung nach einem&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/kein-waffenstillstand/


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    Israelisch-palästinensischer Konflikt: Gewalt ist keine Lösung!


    Es mag für einige trivial sein, aber in diesem dramatischen und verwirrenden Moment der militärischen Eskalation und Propaganda halte ich es für wichtig, ein einfaches Konzept zu wiederholen: Gewalt ist keine Lösung! Dies ist nicht nur meine Aussage, sondern eine&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/israelisch-palaestinensischer-konflikt-gewalt-ist-keine-loesung/


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    Es geht nicht um Burger: Armut verletzt Menschenrechte&#8230;


    … und Österreich seine völkerrechtliche Verpflichtung, Armut zu bekämpfen. Neuer Bericht von Amnesty International: Fehlendes Bekenntnis Österreichs, Armut effektiv zu bekämpfen Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz als Regelwerk für die Sozialhilfe ist menschenrechtswidrig Amnesty startet Kampagne “Armut hat viele Gesichter” und fordert Neugestaltung&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/es-geht-nicht-um-burger-armut-verletzt-menschenrechte/


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    Fette Gewinne und trockene Kehlen


    Der Mangel an sauberem Süßwasser wird immer dramatischer. Darauf machte die chilenische Wasser- und Umweltorganisation MODATIMA aufmerksam, die im September auf Einladung der Lateinamerika Nachrichten und anderer Organisationen nach Deutschland reiste. In der Veranstaltungsreihe „Bis zum letzten Tropfen“ betonten die Aktivist*innen&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/fette-gewinne-und-trockene-kehlen/


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    Afrika mit 200 Milliarden Dollar in der Schuldenfalle gefangen


    Schuldenwirtschaft, steigende FED-Zinsen, Corona und Krieg brachten 40 Prozent Inflation. Ghana am Gängelband des IWF. Pascal Derungs für die Online-Zeitung INFOsperber Die meisten Länder Afrikas sind von einer massiven Schuldenkrise betroffen. In der «New York Times» dokumentierte Francis Kokoroko, Journalist und&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/afrika-mit-200-milliarden-dollar-in-der-schuldenfalle-gefangen/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    20.10.2023

    Der Westen im Zielkonflikt Washington sucht großen Mittelostkrieg zu vermeiden, um sich weiter gegen China in Stellung bringen zu können. Berlin passt seinen Kurs gegenüber Israel an. Einsatz der Bundeswehr in Israel dennoch im Gespräch.

    german-foreign-policy.com, 20. Oktober 2023

    BERLIN/TEL AVIV/WASHINGTON/TEHERAN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung passt ihren Kurs im jüngsten Nahostkrieg an die neue US-Linie an und fordert von Israel eine gewisse Mäßigung bei Blockade und Bombardement des Gazastreifens. Hatte sie bislang ausschließlich „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ postuliert und damit nicht zuletzt in der EU heftigen Unmut ausgelöst, so schränkte Außenministerin Annalena Baerbock die Berliner „Solidarität“ am gestrigen Donnerstag auf den „Kampf gegen die Hamas“ ein und drang auf die Einhaltung des Völkerrechts. Hintergrund ist eine entsprechende Kurskorrektur der Vereinigten Staaten. Diese haben zuletzt in Nah- und Mittelost spürbar an Einfluss verloren, was sich unter anderem in der Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Iran ausdrückt. Zugleich hat Iran – eine Folge auch der westlichen Gewaltpolitik – in den vergangenen zwei Jahrzehnten erheblich an Einfluss gewonnen. Washington, schon mit dem Ukraine-Krieg ausgelastet, will einen Flächenbrand in der Region vermeiden, um sich vorrangig auf seinen Machtkampf gegen China zu fokussieren. In Berlin wird parallel aber auch eine stärkere militärische Unterstützung für Israel diskutiert – auch ein Einsatz der Bundeswehr.


    Zitat: Neue Spielräume

    Die aktuellen diplomatischen Bemühungen im Nahen und Mittleren Osten werden zum einen dadurch geprägt, dass die Kräfteverhältnisse in der Region sich tiefgreifend zu verschieben begonnen haben. Ein Beispiel bietet etwa die Tatsache, dass es dank chinesischer Vermittlung gelungen ist, den erbitterten Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran einzuhegen und die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern wiederherzustellen. Auf dem jüngsten Gipfeltreffen des BRICS-Bündnisses wurde gar beschlossen, beide Länder gleichzeitig in den Zusammenschluss aufzunehmen.[1] Die Annäherung zwischen beiden Staaten, die US-Interessen in Mittelost zuwiderläuft – Washington will Teheran isolieren –, eröffnet ganz neue Handlungsspielräume. So kamen am 12. Oktober Irans Präsident Ebrahim Raisi und Saudi-Arabiens Kronprinz Muhammad bin Salman in ihrem ersten gemeinsamen Telefonat überhaupt überein, im aktuellen Konflikt auf „islamische Einheit“, also auf ein miteinander abgestimmtes Vorgehen zu setzen.[2] Als am 15. Oktober US-Außenminister Antony Blinken zu Gesprächen in Riad eintraf, ließ Muhammad bin Salman ihn einige Stunden lang warten und stach dies an die Öffentlichkeit durch – ein Schritt, den nichtwestliche Medien völlig offen als „Demütigung“ der Vereinigten Staaten einstuften.[3]


    Irans Kräftedispositiv

    Werden die USA dadurch im Mittleren Osten geschwächt, so ist Iran spürbar gestärkt aus der Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte hervorgegangen – paradoxerweise dank der Gewaltpolitik der westlichen Mächte in der Region. So haben der Irak-Krieg des Jahres 2003 und der Sturz von Saddam Hussein schiitische Kräfte im Irak freigesetzt, von denen einige Teheran nahe stehen; Iran kann nun bei Bedarf kampfstarke, ihm gegenüber loyale Milizen in seinem Nachbarland mobilisieren. Der 2011 initiierte Versuch des Westens, Syriens Präsident Bashar al Assad zu stürzen, hat es Teheran ermöglicht, als dessen Unterstützer aufzutreten und proiranische Milizen in Syrien zu positionieren. Dass Saudi-Arabien – damals noch loyal auf der Seite des Westens stehend – im Jemen gegen die Huthi-Milizen Krieg führte, hat auch diese Iran in die Arme getrieben, ähnlich wie die eineinhalb Jahrzehnte währende Blockade des Gazastreifens Bestrebungen in der sunnitischen Hamas stärkte, enger mit Teheran zu kooperieren. Gemeinsam mit der libanesischen Hizbollah bilden diese Kräfte ein in mehreren Staaten des Nahen und Mittleren Ostens verankertes Dispositiv, das wohl kaum iranischem Befehl direkt gehorcht, das aber für iranischen Einfluss sehr offen ist.


    Mehrere Fronten

    Die Vereinigten Staaten, jahrzehntelang im Nahen und Mittleren Osten dominant, sind damit in der Region verletzbar geworden. Während die internationale Aufmerksamkeit zur Zeit auf den Gazastreifen und die Scharmützel an der israelisch-libanesischen Grenze fokussiert ist, wo die Eskalation zu einer zweiten Kriegsfront zwischen Israel und der Hizbollah befürchtet wird, griffen mutmaßlich proiranische irakische Milizen am Mittwoch zwei US-Militärbasen im Westen und im Norden des Iraks mit Drohnen an; dabei wurde eine nicht genannte Zahl an US-Soldaten verletzt.[4] Am gestrigen Donnerstag folgten weitere Drohnenangriffe, diesmal auf die US-Militärbasis Al Tanf im Südosten sowie auf das Conoco-Erdgasfeld im Nordosten Syriens, das von den Vereinigten Staaten kontrolliert wird.[5] Im Irak sind noch rund 2.500, in Syrien rund 900 US-Soldaten stationiert. Am Montagabend hatte der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian erklärt: „In den kommenden Stunden können wir präemptive Handlungen der Widerstandsfront erwarten“. Mit „Widerstandsfront“ sind die erwähnten Iran gegenüber loyalen Milizen gemeint.[6]


    „Nicht wie nach 9/11“

    Zwar kann an der militärischen Überlegenheit der US-Streitkräfte kein Zweifel bestehen. Ein Flächenbrand in Nah- und Mittelost würde aber eine erhebliche Zahl an US-Truppen binden – dies zu einer Zeit, zu der in Washington die Forderung erstarkt, die Unterstützung für die Ukraine zu reduzieren, um sich vollständig auf den Machtkampf gegen China zu fokussieren. Die Vereinigten Staaten geraten damit immer stärker in einen Zielkonflikt: Lassen sie die Ukraine fallen, könnte Russland einen gewichtigen Sieg erzielen; müssen sie stärker in Israel und im Mittleren Osten intervenieren, fehlen erneut Kräfte für den Aufmarsch in der Asien-Pazifik-Region. US-Präsident Joe Biden versucht deshalb zur Zeit, Israel zu stärken, ohne einen ganz großen Krieg im gesamten Nahen und Mittleren Osten zu riskieren. Am Mittwoch drang er in einer Rede in Tel Aviv auf Mäßigung bei den Angriffen auf den Gazastreifen. So warnte er mit Bezug auf die hemmungslose US-Gewaltpolitik nach den Anschlägen vom 11. September 2001, dabei seien „Fehler“ gemacht worden; Tel Aviv solle sie nicht wiederholen. Man müsse berücksichtigen, dass die Palästinenser unter den derzeitigen Bombardements dramatisch litten; auch deshalb gelte es, schon jetzt auf Frieden zu orientieren. Biden erwähnte ausdrücklich die „Zweistaatenlösung“.[7]


    Die Entdeckung der Palästinenser

    Die Bundesregierung beginnt mittlerweile, ihre Nahostpolitik der US-Strategie anzupassen. Dies zeigen Aussagen, die Außenministerin Annalena Baerbock vor ihrer gestern gestarteten Nahostreise tätigte. Hatte sich Baerbock bislang – wie Berlin insgesamt – darauf beschränkt, „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ zu postulieren, ohne es auch bloß um eine Warnung vor Kriegsverbrechen bei Blockade und Bombardement des Gazastreifens zu ergänzen [8], so schränkte sie gestern, konform mit Biden, erstmals ein, „unsere unverbrüchliche Solidarität“ gelte Israel nicht allgemein, sondern „im Kampf gegen die Hamas“ [9]. Israels „Recht, sich gegen den Hamas-Terror zu verteidigen“, gelte „in dem Rahmen, den das Völkerrecht“ dafür vorgebe. Hatte Baerbock bislang lediglich Tränen für israelische Kinder vergossen, die dem Massaker vom 7. Oktober zum Opfer gefallen waren, so stellte sie am gestrigen Mittwoch zum ersten Mal öffentlich fest, auch im Gazastreifen seien „unglaublich viele Kinder ... ums Leben gekommen“. Den Kurswechsel auf die aktuelle US-Linie bekräftigte Baerbock mit dem Hinweis, sie wolle „den Palästinenserinnen und Palästinensern deutlich ... machen, dass wir auch ihr Leid sehen“. Lediglich den Biden’schen Hinweis auf die Zweistaatenlösung verkniff sich die deutsche Außenministerin noch.

    Bundeswehr nach Israel?

    Freilich ist zweifelhaft, ob der US-Versuch gelingt, das Ausgreifen des Krieges zu einem Flächenbrand zu verhindern. Am gestrigen Donnerstag hieß es, Israels Verteidigungsminister Joav Gallant stimme die Streitkräfte auf den baldigen Beginn der Bodenoffensive ein.[10] Für den Fall, dass der Krieg dann eskaliert, wird in Berlin eine Ausweitung der militärischen Unterstützung für Israel diskutiert. Wie der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter am Mittwochabend erklärte, könne dazu unter Umständen auch die Bundeswehr nach Israel entsandt werden. So könne man beispielsweise ein deutsches Kriegsschiff vor der Küste von Gaza patrouillieren lassen oder deutsche Militärjets schicken, um „die Grenzen Israels abzufliegen“.[11] Davon unabhängig halten sich, wie gestern bekannt wurde, Spezialkräfte der Bundeswehr bereits auf Zypern auf – wie es heißt, zunächst mit dem Ziel, im Fall einer Kriegseskalation deutsche Staatsbürger evakuieren zu können.[12]

     

    Mehr zum Thema: Waffen für Israel und Vor der humanitären Katastrophe.

     

    [1] S. dazu Das Ende der US-Dominanz am Persischen Golf (III) und Strategien gegen die BRICS.

    [2] Raisi, bin Salman discuss Palestine developments over phone. en.irna.ir 12.10.2023.

    [3] Saudi Crown Prince ‘Humiliates’ Blinken Over Israel; ‘MBS Kept U.S. Diplomat Waiting…’ Youtube-Kanal der Hindustan Times, 16.10.2023.

    [4] Drones target US troops in Middle East for second day in a row. stripes.com 19.10.2023.

    [5] Lara Seligman: U.S. forces thwart drone strikes headed for bases in Syria. politico.com 19.10.2023.

    [6] Friederike Böge: Schärfere Töne. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.10.2023.

    [7] Remarks by President Biden on the October 7th Terrorist Attacks and the Resilience of the State of Israel and its People. Tel Aviv, 18.10.2023.

    [8] S. dazu Kein Waffenstillstand.

    [9] Außenministerin Baerbock vor ihrer erneuten Nahost-Reise. Pressemitteilung des Auswärtigen Amts. Berlin, 19.10.2023.

    [10] Galant: Truppen werden Gaza „bald von innen sehen“. tagesschau.de 19.10.2023.

    [11] Pierre Winkler: Israel: Kiesewetter kritisiert Islamverbände. zdf.de 19.10.2023.

    [12] Julia Klaus: Deutsche Spezialkräfte auf Zypern stationiert. zdf.de 19.10.2023.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9381


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    20.10.2023

    Warum Biden über den Angriff auf das Krankenhaus in Gaza gelogen hat

    seniora.org, vom 19. Oktober 2023, Von M. K. Bhadrakumar 19. Oktober 2023 - übernommen von indianpunchline.com

    Notlügen werden oft geäußert, um jemanden zu schützen oder um von erschütternden Wahrheiten abzulenken.

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    US-Präsident Joe Biden umarmt den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu bei der Ankunft am Flughafen Tel Aviv, 18. Oktober 2023


    Notlügen werden oft geäußert, um jemanden zu schützen oder um von erschütternden Wahrheiten abzulenken. Die Notlüge des US-Präsidenten Joseph Biden hat die schreckliche Wahrheit über den israelischen Raketenangriff auf die Baptistenkirche in Gaza am Dienstagabend, bei dem über 500 Menschen ums Leben kamen, verschleiert.

    Biden fühlte sich wahrscheinlich sicher, weil Kriegsverbrechen in Platinqualität nur selten untersucht werden   – in Vietnam (Massaker von My Lai), Afghanistan (Luftangriff auf das Krankenhaus von Kundus) und im Irak (Falludscha). Nichtsdestotrotz wird es einen Prozess vor dem Hohen Gericht seines eigenen Gewissens geben.

    Falls und wenn ein solcher Moment kommt, braucht er nur einen beeindruckenden Blog von Jonathan Cook zu lesen, einem preisgekrönten britischen Journalisten und Autor von Israel and the Clash of Civilisations, der zwanzig Jahre lang in Nazareth (Israel) gelebt hat: Dies ist ein weiterer irakischer WMD-Moment. Wir werden in die Luft gejagt. (This is another Iraqi WMD moment. We are being gaslit.)

    Cook schrieb: "Es ist nicht nur 'unwahrscheinlich', dass eine palästinensische Rakete das Krankenhaus in Gaza getroffen hat. Es ist unmöglich. Die Medien wissen das, sie trauen sich nur nicht, es zu sagen."

    Biden weiß das auch. Lesen Sie aufmerksam seine Bemerkung vom Mittwoch bei seiner Ankunft in Israel: "Nach dem, was ich gesehen habe, scheint es so, als ob es von der anderen Mannschaft (the other team   – sic!) getan wurde, nicht von Ihnen. Aber es gibt eine Menge Leute da draußen, die sich nicht sicher sind." [Hervorhebung hinzugefügt (MKB)]

    Der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, der diese Worte für Biden verfasst hat, sorgte dafür, dass die Erklärung mit Vorbehalten versehen wurde. Eine Erklärung des Weißen Hauses von NSC-Sprecherin Adrienne Watson, die ein paar Stunden später folgte, wich ebenfalls aus: "Während wir weiterhin Informationen sammeln, ist unsere derzeitige Einschätzung, basierend auf der Analyse von Luftbildern, abgefangenen Daten und Informationen aus offenen Quellen, dass Israel nicht für die Explosion im Krankenhaus in Gaza gestern verantwortlich ist. [Hervorhebung hinzugefügt (MKB)]

    Die große Frage ist also: Warum hat sich Biden zu einer riskanten Notlüge hinreißen lassen? Hier kommen mehrere Faktoren ins Spiel. Die Nachricht von der Explosion im Gazastreifen war bereits am Dienstagabend in Washington bekannt, als Biden und sein Gefolge auf der Landebahn saßen und auf den Abflug nach Tel Aviv warteten, mit der nagenden Sorge, was der Besuch wohl bewirken würde.

    In der Tat war der Besuch ein Glücksspiel. Eine Absage der Reise war jedoch keine Option, da innen- und außenpolitische Zwänge zu diesem Zeitpunkt bereits untrennbar miteinander verbunden waren. Man brauchte nur die vernichtende Kritik von Fox News an Biden und die wachsenden Forderungen der Republikaner zu verfolgen, sich am Iran für die Unterstützung des palästinensischen Widerstands zu rächen.

    Ebenso war sich Biden der Trümmer der Regionalreise bewusst, die Außenminister Antony Blinken gerade in der Vorwoche unternommen hatte. Blinken wurde in den westasiatischen Hauptstädten in einer Weise brüskiert und verunglimpft, wie es wahrscheinlich keiner seiner Vorgänger je erlebt hat. Der Einfluss der USA in der Region ist auf einem Tiefpunkt angelangt.

    Biden wusste, dass er handeln musste   – und zwar so, dass man es ihm ansieht. Er spürte auch, dass die Optik für Israel (einen wichtigen Verbündeten), für Benjamin Netanjahu (einen engen persönlichen Freund aus vergangenen Zeiten, dessen politische Karriere gefährdet ist) und natürlich für Biden selbst (dessen Wiederwahl auf dem Spiel steht) von großer Bedeutung war.

    Auf dem Rollfeld des Flughafens von Tel Aviv holte Biden seine "Umarmungsdiplomatie" nach Modi-Manier aus dem Werkzeugkasten. Als er Netanjahu umarmte, schlug Biden gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Erstens brachte er die Kritik der Republikanischen Partei an ihm zum Schweigen, er habe den Iran beschwichtigt und Israels Sicherheit vernachlässigt. Zweitens unterstrich Biden, dass die USA, auch wenn es im Stellvertreterkrieg in der Ukraine hart auf hart kommt, fest an Israels Seite stehen.

    Am wichtigsten ist, dass er Netanjahu um sich scharte, obwohl dieser in seiner politischen Karriere am Ende ist, da er Washingtons beste Chance ist, sicherzustellen, dass das künftige Verhalten Israels für die Überzeugungsarbeit der USA empfänglich bleibt.

    Dieser letzte Punkt ist der Schlüssel. Die USA sind nicht an einem regionalen Konflikt in Westasien interessiert. Biden hat Verständnis für Israels Wunsch nach Vergeltung an der Hamas, ist aber gegen eine Ausweitung des Konflikts. Die USA nehmen die Warnung Teherans vor einem direkten Eingreifen ernst, falls die israelischen Angriffe anhalten. Aber auch Teheran ist nicht an einem Konflikt interessiert.

    Unter diesem Gesichtspunkt bekräftigte Biden gegenüber Netanjahu die unerschütterliche Unterstützung Washingtons für die Selbstverteidigung Israels, forderte Israel aber auch auf, bei seiner Reaktion auf den Angriff der Hamas "nicht in Wut zu verfallen". Er sagte: "Es muss Gerechtigkeit geübt werden. Aber ich warne davor, sich von der Wut verzehren zu lassen, auch wenn man sie spürt. Nach 9/11 waren wir in den Vereinigten Staaten wütend. Wir haben zwar Gerechtigkeit gesucht und auch bekommen, aber wir haben auch Fehler gemacht."

    Gewiss brauchte es Mut, eigene Fehler einzugestehen, um der gegenwärtigen israelischen Regierung, die von ultranationalistischen Kräften dominiert wird, zur Mäßigung zu raten. Der Führer der Religiösen Zionistischen Partei, Bezalel Yoel Smotrich, ist Israels Finanzminister   – ein Befürworter des Ausbaus der israelischen Siedlungen im Westjordanland, der die palästinensische Eigenstaatlichkeit ablehnt und die Existenz des palästinensischen Volkes leugnet.

    Der Führer der Otzma Yehudit, Itamar Ben-Gvir, ist Netanjahus Minister für Nationale Sicherheit, der einst als Unterstützer der Terrorgruppe Kach verurteilt wurde, die den Kahanismus, eine extremistische religiös-zionistische Ideologie, vertritt und den die Zeitung Haaretz als "Ansprechpartner" für jüdische Extremisten bezeichnet hat, dessen Klientenliste "sich wie ein 'Who is Who' von Verdächtigen in jüdischen Terrorfällen und Hassverbrechen in Israel liest".

    Nach stundenlangen Gesprächen mit Netanjahu und seinem Kriegskabinett teilte Biden jedoch mit, dass Israel nach der 11-tägigen totalen Blockade der Öffnung der Grenze zwischen Ägypten und Gaza für Lieferungen von dringend benötigten Lebensmitteln, Wasser und medizinischen Hilfsgütern zugestimmt habe. "Das palästinensische Volk leidet ebenfalls sehr, und wir trauern wie die ganze Welt über den Verlust unschuldiger palästinensischer Menschen", sagte Biden. "Die Menschen in Gaza brauchen Lebensmittel, Wasser, Medikamente und Unterkünfte."

    Später bemerkte Biden während eines Tankstopps auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland: "Israel wurde schwer geschädigt, aber die Wahrheit ist, dass es die Möglichkeit hat, das Leid der Menschen zu lindern, die nirgendwo hin können   – das sollten sie tun."

    Die Zeitung The Guardian schrieb, dass "US-Beamte versucht haben sollen, ihre israelischen Amtskollegen bei Treffen während des Präsidentenbesuchs davon zu überzeugen, dass eine Reaktion mit verbrannter Erde in Gaza eine humanitäre Katastrophe, einen Verlust der weltweiten Unterstützung für Israel und vielleicht einen größeren Krieg auslösen würde, ohne die Hamas auszurotten".

    An anderer Stelle, in einem anderen Bericht, stellte der Guardian ebenfalls fest: "Dass Biden emotional und politisch Israel verpflichtet ist, steht außer Frage. Seine Karriere bestätigt dies, ebenso wie sein Abstimmungsverhalten als Senator; er hat Israel viele Male besucht, von der Ära von Golda Meir bis zum heutigen Tag. Seine Rede, die er letzte Woche in Washington nach den Hamas-Morden gehalten hat, war eine außergewöhnlich starke moralische Aussage über das Israel, mit dem er sich identifiziert.

    Aber Biden unterstützt auch die Palästinenser... Der offensichtlichste Grund für diesen Besuch ist, dass Biden nach dem Gemetzel vom 7. Oktober Solidarität zeigen will. Einfühlungsvermögen zu zeigen ist eine von Bidens Standardstärken. Aber er ist auch gereist, um Israel zu einer strategisch fundierten Antwort zu drängen und eine Überreaktion zu vermeiden. Eine Eskalation ist nicht im Interesse der USA. Washington will sich auch die Möglichkeit offenhalten, dass die Geiseln der Hamas, unter denen sich auch Amerikaner befinden, lebend zurückgebracht werden können.

    Die Zeit wird zeigen, inwieweit Biden mit seiner Mission erfolgreich war. Er hatte keine andere Wahl, als für ein größeres Ziel auf eine Notlüge zurückzugreifen. Der Knackpunkt ist, dass sich die Geiselnahme weiter hinzieht. Biden scheint zu hoffen, dass die Bemühungen Washingtons um eine Vermittlung durch Katar zu Ergebnissen führen. Sollte dies der Fall sein, wird dies einen tiefgreifenden Einfluss auf die amerikanische Meinung haben.


    Quelle: https://www.indianpunchline.com/why-biden-lied-on-gaza-hospital-attack/
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4573&mailid=1958


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    20.10.2023

    Krieg in Nahost Spanien klagt an

    jungewelt.de, Aus: Ausgabe vom 20.10.2023, Von Volker Hermsdorf

    Linkspolitikerin verurteilt Kriegsverbrechen Israels in Gaza. Sanktionen auf EU-Ebene gefordert. Abbruch diplomatischer Beziehungen?

     

    Albert Gea/REUTERS

    Protestdemonstration in Barcelona (11. Oktober)



    In der EU und in Lateinamerika nimmt die Kritik an Israels Vorgehen in Gaza zu. Die spanische Ministerin für soziale Rechte und Vorsitzende der Linkspartei Podemos, Ione Belarra, forderte ihren sozialdemokratischen Koalitionspartner jetzt sogar auf, die diplomatischen Beziehungen zu Israel auszusetzen. Sie reagierte damit auch auf Unterstellungen der Botschaft des Landes nach einer Kritik an israelischen Massakern: Nachdem Belarra eine Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wegen Kriegsverbrechen gefordert hatte, erklärte die Botschaft Tel Avivs, »gewisse Mitglieder der spanischen Regierung haben entschieden, sich auf die Seite dieses IS-ähnlichen Terrorismus zu schlagen«.

    Statt einzuknicken, bekräftigt die Politikerin nun ihre Kritik und legte nach. »Ich habe heute unseren Partner, den PSOE, gebeten, den Kampf gegen den geplanten Völkermord, den Israel am palästinensischen Volk verübt, ernster zu nehmen. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir die diplomatischen Beziehungen zum Staat Israel dringend aussetzen sollten«, sagte Belarra am Mittwoch vor Journalisten in Madrid. Sie forderte die Regierung zudem auf, sich auf EU-Ebene für Wirtschaftssanktionen »gegen die Verantwortlichen für diese Taten, Premierminister Netanjahu und seine gesamte Regierung« und für ein Waffenembargo einzusetzen, »um den wahllosen Bombardierungen der Zivilbevölkerung ein Ende zu bereiten«. Spanien hatte am 1. Juli den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen.

    Vizepräsidentin Yolanda Díaz vom linken Bündnis »Sumar«, dem auch Podemos angehört, warnte zwar davor, den Krieg »in die interne Debatte über die spanische Politik« einzubringen, verurteilte aber ebenfalls die Bombardierung des Krankenhauses in Gaza als Kriegsverbrechen. Nicht überraschend warf der oppositionelle rechte Partido Popular (PP) den Ministerinnen pauschal »Antisemitismus« vor. Der PP-Politiker Esteban González habe Premier Pedro Sánchez (PSOE) im Namen seiner Partei aufgefordert, derartige Positionen innerhalb der Regierung »auszurotten«, berichtete die Agentur Efe. Demgegenüber wies der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch in einer Debatte im EU-Parlament darauf hin, dass die Unterbrechung der Wasserversorgung von Zivilisten »gegen internationales Recht verstößt« und es Europa »an moralischer Autorität mangelt«, wenn es sich darauf beschränkt, solche Fälle nur dann anzuprangern, wenn sie in der Ukraine geschehen.

    Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping erklärte bei einem Treffen in Beijing am Donnerstag mit dem ägyptischen Premier Mustafa Madbuli, eine »Feuerpause und ein Ende des Krieges« habe oberste Priorität. Die Volksrepublik sei bereit, mit Ägypten und anderen arabischen Ländern eine langanhaltende Lösung für die »Palästina-Frage« zu koordinieren. Die USA dagegen hatten am Mittwoch im UN-Sicherheitsrat ihr Veto gegen einen Antrag Brasiliens eingelegt, in dem eine »humanitäre Feuerpause« und die Freilassung der Geiseln gefordert wurde. In Lateinamerika nimmt die Kritik am Westen nicht nur deswegen zu. Chiles Präsident Gabriel Boric bezeichnete die israelische Bombardierung des Gazastreifens als »barbarisch«. Und Kolumbiens diplomatische Beziehungen zu Israel stehen nach Einschätzung der Tageszeitung El País kurz vor dem Abbruch, nachdem Staatschef Gustavo Petro der Regierung Netanjahu ebenfalls Völkermord vorgeworfen hatte.

    Siehe auch


    Info: https://www.jungewelt.de/artikel/461410.krieg-in-nahost-spanien-klagt-an.html


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    20.10.2023

    Ein Insiderblick auf Israel und Palästina
    Ein Staat, der barbarische Realität generiert

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    Bis zu acht Meter hoch und 759 Kilometer lang ist die völkerrechtswidrige Mauer, mit der Israel das West­jordanland eingeschlossen hat. (Foto: Clare Jim / flickr / CC BY-ND 2.0 Deed / Bearbeitung: UZ)
    Die vielschichtige Geschichte Deutschlands, des Zionismus und der Wechselbeziehungen zwischen beiden Geschichten“, so beschreiben die Autoren selbst das Thema ihres Buches. Moshe Zuckermann (zeitweise in Frankfurt aufgewachsen) und Moshe Zimmermann sind beide vor der Staatsgründung Israels geboren und haben die Entwicklung des Staates erlebt. Beide sind bekannt für ihre unverblümte Kritik an der Besatzungsmacht Israel. Und beide äußern ihre Empathie für die realen Opfer der Schoah und für die realen Opfer der israelischen Siedlungs- und Besatzungspolitik – ohne je das eine mit dem anderen zu vergleichen. Die Autoren gehen in ihrem Dialog vielen Fragen nach, die für ein tieferes Verständnis des Konflikts um Palästina von Bedeutung sind. Welchen Einfluss hatte der deutsche Nationalismus im 19. Jahrhundert auf die Idee des Zionismus? Ist der Antisemitismus (und letztlich gar die Schoah) Voraussetzung und womöglich ein „Besitzwert“ für Zionismus und israelische Staatsräson? Was bedeutete das für die Menschen, die nach Palästina fliehen mussten – „Wir sind nicht aus Zionismus gekommen, sondern aus Berlin“ apostrophieren die Autoren deren Haltung – und die womöglich nach dem Krieg wieder nach Deutschland zurückkehrten? „Denk ich an Deutschland …“ ist der Titel des Buches – und schon damit signalisieren die Autoren die besondere Beziehung, die Triade aus deutscher Großmachtpolitik schon seit dem Kaiserreich (und selbst die Nazis blieben Teil dieser Triade), dem Zionismus und Palästina. Die Bonner Republik wahrte beste Beziehungen zu Israel, zahlte Entschädigungen zur Beruhigung des Gewissens und zum Aufbau des Staates Israel. Und zugleich unterhielt man beste Beziehungen zu arabischen Staaten und hatte Verständnis für die Interessen der Palästinenser. Und wie ist der Zustand dieser Triade heute? In Israel werden Antisemitismus und sogar die Erinnerung an die Schoah immer mehr ihres eigentlichen Inhalts beraubt und instrumentalisiert. Eine ähnliche Haltung beschreiben die Autoren für Deutschland, wo statt Empathie Allgemeinplätze geboten werden. Palästina soll zunehmend zur Sprach- und Bedeutungslosigkeit verdammt werden. Palästinenser als der dritte Teil der Triade kommen heute – wenn überhaupt – nur noch als Träger von Antisemitismus und potenzielle Terroristen vor. Es sind Mechanismen in Israel und in der Folge auch in Deutschland, die einen Schutzpanzer errichten gegen jegliche Kritik an Israel und die sogar die Wahrnehmung der Verbrechen der Besatzungsmacht verhindern sollen. Zuckermann schreibt: „Ich glaube nicht, dass es einen Juden in Israel gibt, der nicht weiß, dass Israel ein Staat ist, (…) der de facto eine barbarische Realität generiert.“ Doch dieses Wissen bleibt im Hintergrund, wird verdrängt von der Rolle als „Opfer der Terroristen“ oder der behaupteten Bedrohung der realen Atommacht Israel durch eine potenzielle Atommacht Iran. Und Deutschland, so Zimmermann, positioniert sich „im Namen der Abwehr des Antisemitismus als herausragender Kämpfer gegen Kritik an Israel“. Viel Raum widmen die Autoren dem Begriff der „Opfer“. Die realen Opfer der Schoah werden in Israel überprägt von einer Inflation des Begriffs, von einer – wie die Autoren es nennen – Selbstviktimisierung. Dies ist Teil der oben erwähnten Mechanismen zur Panzerung gegen Kritik und zur Verhinderung der Wahrnehmung der realen Verbrechen der Besatzungsmacht Israel. Dies und der „in Israel grassierende Linken- und Araberhass“ (Zuckermann) bietet rechten und rechtsradikalen Politikern und Parteien die Möglichkeit, anzudocken und die Erinnerung an die Schoah zu kapern – sehr zu ihrer Freude und ohne ein Wort der Kritik vonseiten der vielen Antisemitismusbeauftragten in Deutschland. Für die Zukunft ihres Landes sehen die Autoren keine positive Entwicklungsmöglichkeit. Ein Andauern des Zustands „Weder Krieg noch Frieden“ und der barbarischen Besatzungspolitik scheint fast noch die beste Variante. Zimmermann sieht die Möglichkeit eines positiven Zionismus, die allerdings nie verwirklicht wurde. Die Jugendorganisation Hashomer Hatzair („Der junge Wächter“), die für einen binationalen Staat eintrat, gehört zu seinen Zeugen. Für Zuckermann kann „kein anständiger Mensch mehr Zionist sein, wenn Zionismus das ist, was in Israel verwirklicht wurde“. Und er spricht vom Alltagsrassismus und einer zunehmenden Faschisierung Israels. Und dann gibt es einen bitteren Nachtrag. „Hätten sie nur geschwiegen“, mag man denken. Aber nein, sie haben nicht geschwiegen, sondern sich – ohne Not – zum Krieg in der Ukraine geäußert. „Den Sieg der liberalen Demokratie“ sah Zimmermann mit dem Fall der Mauer gekommen, gefolgt von 30 „guten Jahren“. Die Menschen im Irak, in Afghanistan, in Libyen, Jugoslawien, Syrien und vielen anderen Ländern – auch in Palästina – mögen das anders sehen. Zuckermann immerhin diskutiert hier auch die Ausweitung der NATO immer weiter nach Osten. Zuckermann sieht den Dialog mit Zimmermann als einer vergangenen Kultur zugehörig an, als ein Räsonieren wie das von Statler und Waldorf in der Muppet Show. Das ist zu viel der Selbstzweifel. Ihr Dialog bietet keine in Stein gemeißelte Wahrheiten. Doch es ist ein wichtiger und wirksamer Dialog – auch wenn der Zugang nicht immer einfach ist. Denn das Buch verlangt dem Leser einiges ab. Es braucht Geduld, Aufmerksamkeit, Konzentration und Ausdauer – Tugenden, die heute nicht mehr en vogue sind. Dafür bietet es ein tieferes Verständnis des Konflikts um Palästina und der Mechanismen, die in ihm wirksam sind.
    Moshe Zuckermann, Moshe Zimmermann
    Denk ich an Deutschland … Ein Dialog in Israel
    Westend Verlag, Neu-Isenburg 2023, 260 Seiten, 24 Euro

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    Info: https://www.unsere-zeit.de/ein-staat-der-barbarische-realitaet-generiert-4784677


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    20.10.2023

    Palästina ist nicht allein

    unsere-zeit.de, Categories Hintergrund |

    Das militärische Eingreifen der USA an der Seite Israels und Drohungen gegen Libanon, Syrien, Irak und Iran werden den Nahen Osten nachhaltig verändern



    In Sanaa, der Hauptstadt von Jemen, solidarisierten sich am 7. Oktober Zehntausende mit dem palästinensischen Widerstand. (Foto: picture alliance / Anadolu | Mohammed Hamoud)

    Der Krieg in Israel-Palästina ist die Folge falscher Politik. Für langjährige Beobachter der Entwicklung war der Angriff der Qassam-Brigaden auf Israel keine Überraschung. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich aus dem palästinensischen Volk der Unterdrückten eine Armee erheben würde, um sich zu wehren. Und obwohl die israelische Armee das Westjordanland abgeriegelt hat und den Gaza­streifen zerbombt, obwohl die Menschen in Gaza getötet und vertrieben werden, obwohl sich die mächtigen Verbündeten Israels in der westlichen Hemisphäre politisch, militärisch und medial an der Seite Israels aufstellen, hält der Angriff der palästinensischen Kämpfer an.


    Sie kämpfen nicht gegen Juden

    Sie kämpfen nicht gegen Juden, sondern gegen Israel, das sich das Land von Palästina angeeignet und – mit westlicher Unterstützung – zu einer waffenstarrenden Militärbasis ausgebaut hat. Sie kämpfen gegen Usurpatoren, Eindringlinge, Besatzer, die ihnen das Land, ihre Würde, ihre Zukunft seit 75 Jahren rauben. Der palästinensische Nationaldichter Mahmoud Darwish hat sein Leben lang über die Erfahrungen der Kolonisierten in Palästina mit dem zionistischen Siedlerkolonialismus Israels geschrieben:


    „Ihr habt die Obstgärten meiner Vorfahren gestohlen/Und das Land, das ich bebaut habe/Und nichts habt Ihr uns gelassen/Außer diesen Steinen/…/Wenn ich hungrig werde/Wird das Fleisch des Besatzers meine Nahrung sein.“

    Darwish war 7 Jahre alt, als sein Geburtsort Al Birwa, etwa 10 Kilometer von der Hafenstadt Acra entfernt, im Juni 1948 von zionistischen Milizen überfallen wurde. Die Bewohner wehrten sich und trieben die Angreifer zurück. Doch am 24. Juni kehrten die Milizen zurück und nahmen das Dorf ein. Die Bewohner wurden vertrieben. Anfang 1949 wurde aus Al Birwa ein Kibbutz.

    Es ist wichtig, sich an die gewaltsame Gründung des Staates Israels 1947/48 zu erinnern. Hunderttausende Palästinenser verloren ihre Heimat und wurden zur Flucht gezwungen. Bis heute leben sie und ihre Nachfahren in den arabischen Nachbarländern zumeist unter unwürdigen Bedingungen in Lagern. Vergleicht man den Teilungsplan der Vereinten Nationen – der 1947 bereits ein unrechtmäßiger Eingriff in die Region war – mit dem, was heute für die Palästinenser geblieben ist, wird das Ziel der Zionisten deutlich. Benjamin Netanjahu zeigte bei der letzten UN-Vollversammlung in New York eine Karte von Israel, auf der Palästina nicht vorkam. Gleichzeitig machte er sich lustig über die UN-Resolutionen für die Rechte der Palästinenser, die Israel nie einhielt.


    Gaza soll vernichtet werden

    Nun führt die israelische Armee aus, was Netanjahu angekündigt hat. Gaza und seine Bewohner sollen mit massiven Luftangriffen von der Landkarte getilgt werden. Allen schönen Worten westlicher Politiker zum Trotz, dass Zivilisten im Krieg geschont werden müssten, bombardiert Israel selbst die Gebiete und Fluchtwege, über die die Bewohner von Gaza versuchen, sich in Sicherheit zu bringen.

    Chan Younis im Süden des Gazastreifens wird ebenso bombardiert wie Gaza-Stadt. Selbst Gebäude neben neu errichteten Flüchtlingsunterkünften sind Ziel von israelischen Luftangriffen. Es fehlt an Wasser, Strom, Nahrungsmitteln und Medikamenten. Die Menschen leiden an Atemproblemen, weil die Luft voller Staub und Schadstoffe ist.

    Ein Augenzeuge, selber ein Mitarbeiter im Gesundheitswesen, berichtet, wie er mit seiner Frau in ein Krankenhaus geht, um die Schnittwunden behandeln zu lassen, die zerborstenes Glas verursacht hat. Sie hätten Furchtbares gesehen, beschreibt der Mann einem palästinensischen Journalisten: „Enthauptete Kinder, verstreut herumliegende Körperteile, eine Frau schrie in Todesangst. Das Krankenhaus war überfüllt, das medizinische Personal überfordert. Massaker passieren in jedem Stadtteil.“ Es sei eine Katastrophe, so der Mann: „Obwohl wir seit 17 Jahren unter Belagerung sind, ist das, was die internationale Gemeinschaft an Rhetorik über Menschen-, Kinder- und Frauenrechte verbreitet, hohl, wenn es um die Palästinenser geht. Gaza soll vernichtet werden und wir haben das Gefühl, dass sich niemand darum schert.“

    Was der Mann beschreibt, wird vermutlich weit über Gaza hinaus für die Menschen der Region bald Wirklichkeit werden. Die Solidaritätsbekundungen westlicher Staaten und der USA mit Israel bedeuten nicht, dass man Israel beruhigen will. Vielmehr ist der Plan, das, was Israel vorhat – die Vernichtung der Palästinenser – selber zu übernehmen. Um es der Bevölkerung in den Heimatländern schmackhaft zu machen, werden Bilder und Berichte aus Gaza für die breite Öffentlichkeit ebenso unterdrückt wie seit vielen Jahren die Szenen der Unterdrückung von Palästinensern in ihrer Heimat: Schläge, Tritte, Hauszerstörungen, Festnahmen, Abriegelungen gehören zum Alltag von Palästinensern in den von Israel kontrollierten Gebieten.

    Der Versuch, aus ihrem Gefängnis und der Unterdrückung auszubrechen, wie es jetzt die Qassam-Brigaden gewagt haben, soll mit einem Massaker an der Zivilbevölkerung enden. Aufgabe für „werte-orientierte“ westliche Politiker ist, die Vernichtung und Vertreibung der Palästinenser mit „humanitären Korridoren“, Ausreisemöglichkeiten für Palästinenser mit ausländischen Pässen, Druck auf die Hamas und Kriminalisierung ihrer Anhänger und aller, die Palästina unterstützen, zu begleiten.


    Massenprotest in arabischen Staaten

    Es ist unwahrscheinlich, dass die arabische Bevölkerung, die arabischen Staaten oder die bewaffneten Gruppen in der Region das zulassen werden. Schon jetzt haben Massendemonstrationen für die Rechte der Palästinenser in der arabischen und muslimischen Welt die jeweiligen Regierungen dazu gebracht, dem Druck der USA nicht nachzugeben. Sie haben die Hamas nicht verurteilt, sondern auf die Ursachen des Angriffs hingewiesen, auf die anhaltende Unterdrückung der Palästinenser durch Israel.

    Der saudische Kronprinz Salman Bin Sultan ließ den US-amerikanischen Außenminister Antony Blinken auf ein Gespräch warten und stimmte sich derweil mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi ab. Blinken, der von Saudi-Arabien eine Fortsetzung der „Normalisierung“ mit Israel und eine Verurteilung der Hamas forderte, wurde in Riad beides nicht zugesagt. Und Ägypten, das von USA und Partnern aufgefordert wird, den Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zu öffnen, weigert sich, das zu tun. Nicht, weil man mit einer Million oder mehr Flüchtlingen überfordert sei, sondern weil Ägypten damit der Vertreibung der Palästinenser aus ihrem Land Tür und Tor öffnen und Israels Vernichtungsplan unterstützen würde.


    Dem Erdboden gleich gemacht: Wohnhäuser im Gazastreifen. (Foto: Palestine Red Crescent Society)


    Die USA haben die Führung übernommen

    Die USA haben in Israel derweil das politische, militärische und diplomatische Handeln Israels selbst übernommen. Antony Blinken, der sich seit einer Woche in der Region aufhält, nimmt an Sitzungen des israelischen Notkabinetts teil, US-amerikanische militärische Spezialkräfte haben das Kommando in der israelischen Armee und im Geheimdienst übernommen. Die israelischen Führungskräfte sind ihrer Kompetenzen entbunden. Netanjahu wird voraussichtlich am Ende keine Rolle mehr in der israelischen Politik spielen, auch wenn ein Ende dieses Krieges aktuell nicht absehbar ist.

    Zwei US-Flugzeugträger mit Begleitschiffen sind im östlichen Mittelmeer in Position gegangen, um vor allem Libanon und Syrien einzuschüchtern und von einem Eingreifen in den Krieg abzuhalten. Mindestens 2.000 US-Spezialkräfte und Marines sind nach Israel verlegt worden, um den Krieg gegen Gaza mit der israelischen Armee anzuführen. Ein großer Krieg ist wahrscheinlich, weil weder die USA noch andere US-Partner auf die Vorschläge aus Russland, China oder Iran eingehen, um die Situation zu entschärfen. Das betrifft Verhandlungen, eine Friedenskonferenz, einen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch.


    3-Punkte-Plan aus China für Palästina

    Bevor sich der chinesische Sonderbeauftragte für den Nahen Osten, Zhai Jun, auf den Weg in die Region machte, traf er sich am 14. Oktober auf deren Wunsch mit den Vertretern der Arabischen Liga in Peking. Die Vertreter der 22 arabischen Staaten vertrauen offenbar mehr auf China, wenn es um eine Vermittlung im aktuellen Krieg geht. China sagte Unterstützung zu. Der chinesische Präsident Xi Jinping hatte im Sommer Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Peking empfangen und den Palästinensern eine strategische Partnerschaft angeboten. Präsident Xi legte einen 3-Punkte-Plan vor, mit dem China auch bei der UNO die Gründung eines Staates Palästina in den Grenzen von 1967 mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem unterstützen werde.

    Die Augen sind auf Iran gerichtet, der in der Region als militärischer und politischer Akteur nicht mehr geleugnet werden kann. Hossein Amir Abdollahian führte in den letzten Tagen intensive Gespräche in Bagdad, Damaskus und Beirut sowie mit dem Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Muhammad bin Zayid Al Nahyan. Er machte die USA für die Entwicklung in Gaza verantwortlich und erklärte, Washington müsse Israel stoppen. Sollte das nicht geschehen, werde Iran eine Antwort geben. Am Montagabend sprach Abdollahian von der Möglichkeit, schon „in den kommenden Stunden“ einen „vorbeugenden Angriff“ zu genehmigen. Die Gruppen, die vom Iran unterstützt würden, würden Israel daran hindern, in Gaza zu tun was es wolle.

    In Syrien könnten die US-Truppen Ziel von Angriffen werden, auch die US-Militärbasen im Irak könnten vor Angriffen nicht sicher sein. Seit mehr als einer Woche gibt es zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Hisbollah Schusswechsel entlang der Waffenstillstandslinie, die aber bisher begrenzt blieben. Libanon und auch die Hisbollah wollen vermeiden, in den Krieg hineingezogen zu werden. Das Land hat enorme wirtschaftliche und politische Probleme und beherbergt mehr als eine Million syrische Flüchtlinge. Die Bevölkerung wäre kaum in der Lage, einem israelischen Angriff zu widerstehen.


    Koordinierter Widerstand in der Region

    Gleichwohl sind die von Iran unterstützten Widerstandsbewegungen in der Region vorbereitet, in den Konflikt einzugreifen. Hisbollah (Libanon), Ansarallah (Jemen), Hasht al-Shaabi und Kataib Hisbollah (Irak), die Hamas oder der Palästinensische Islamische Schihad werden ihren militärischen Widerstand koordinieren, um Israel und dessen Ziehvater USA daran zu hindern, Palästina auszuradieren, erklärten Gesprächspartner im Libanon der Autorin.

    Ob mit oder ohne Krieg deuten sich massive Machtverschiebungen in der Region an, die Israel – und seine Verbündeten im Westen – schwächen und die Kräfte der Region stärken werden.

    Das blutige Geschehen, das sich mit einem militärischen Eingreifen der USA und deren Drohungen gegenüber anderen Staaten der Region – Libanon, Syrien, Irak, Iran – abzeichnet, wird die Region nachhaltig verändern. Die arabischen Staaten gehen zu den USA auf Distanz und wenden sich den führenden Staaten im Osten Asiens – Iran, Russland, China – zu. Israel wird geschwächt zurückbleiben, die USA werden sich geschlagen aus der Region zurückziehen müssen. Die EU wird in der Region keine Rolle mehr spielen. Stattdessen soll sie das von den USA bereitete Schlachtfeld in der Ukraine weiter befeuern.


    Info: https://www.unsere-zeit.de/palaestina-ist-nicht-allein-4784703


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    20.10.2023

    Medienbericht: Bereitet sich GSG 9 auf Einsatz in Gaza vor?

    freeassange.rtde.life, 19 Okt. 2023 16:21 Uhr

    Einem Bericht der "Bild" zufolge, hat Berlin Spezialeinheiten nach Zypern entsandt, um sich auf "alle Szenarien" im Nahen Osten vorzubereiten. Dabei soll es sich um das Kommando Spezialkräfte (KSK), die Spezialkräfte der Marine (KSM) und die Spezialeinheit der Bundespolizei GSG 9 handeln.


    Quelle: Legion-media.ru


    Symbolbild: Ein Helikopter mit Besatzung und Mitgliedern der Spezialeinheit GSG 9 am 8. August 2022 in Sankt Augustin.


    Die deutsche Regierung hat laut einem Bericht der Bild vom Mittwoch beschlossen, einige der deutschen Spezialeinheiten nach Zypern zu entsenden, um sich auf mögliche Krisensituationen in Israel, Gaza und dem Nahen Osten vorzubereiten. Die Zeitung beruft sich dabei auf namentlich nicht genannte "Sicherheitsquellen".


    RT-Korrespondent verliert bei Raketenangriff auf Krankenhaus in Gaza fünf Verwandte





    RT-Korrespondent verliert bei Raketenangriff auf Krankenhaus in Gaza fünf Verwandte






    Das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und auch die Spezialkräfte der Marine (KSM), die auch als Kampfschwimmer bekannt sind, seien in den Inselstaat im östlichen Mittelmeer entsandt worden, so Bild. Auch die auf Geiselbefreiung spezialisierte Spezialeinheit der Bundespolizei (GSG 9) sei dorthin beordert worden.

    Laut Bild bereitet sich Berlin angesichts der anhaltenden Eskalation zwischen Israel und der militanten Palästinensergruppe Hamas auf "alle Szenarien" vor. Der Konflikt eskalierte, nachdem die Hamas Israel massiv angegriffen, mit Raketen beschossen und israelische Siedlungen unweit des Gazastreifens kurzzeitig überrannt hatte. Bei dem Angriff und den anschließenden Zusammenstößen zwischen den Kämpfern und dem israelischen Militär kamen nach Angaben der Behörden mehr als 1.400 Israelis, zumeist Zivilisten, ums Leben.

    Außerdem nahmen die Kämpfer bei ihrem Überfall mehr als 200 Menschen als Geiseln, wie die Hamas bestätigt hat. Unter den Gefangenen befindet sich laut Bild eine "zweistellige Zahl" deutscher Staatsbürger. Die Spezialeinheiten könnten möglicherweise zu ihrer Rettung eingesetzt werden, so das Blatt weiter. Sie könnten auch zur Evakuierung deutscher Staatsbürger, die im Gazastreifen arbeiten, oder sogar zur Unterstützung der Deutschen bei der Ausreise aus dem Libanon eingesetzt werden, falls sich der Konflikt zwischen Israel und der Hamas auf dessen Gebiet ausweitet.

    Die gesamte notwendige Ausrüstung sowie mehrere militärische Transportflugzeuge, darunter der Airbus A400M Atlas und die Lockheed C-130 Hercules, wurden laut Bild ebenfalls nach Zypern transportiert. Die Regierung habe die zuständigen Parlamentsausschüsse bereits über ihre Vorbereitungen informiert, so das Blatt.


    Gaza-Konflikt: Moskau schickt Hilfsgüter – Berlin schickt Baerbock





    Gaza-Konflikt: Moskau schickt Hilfsgüter – Berlin schickt Baerbock


    "Wir sind bereit für einen Kaltstart und auf alle Optionen vorbereitet", zitiert Bild eine anonyme Quelle. Währenddessen halten die Spannungen im Gazastreifen weiter an. Am Dienstag wurden bei einem Angriff auf ein Krankenhaus in Gaza nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden mehr als 500 Menschen getötet.

    Viele muslimische Länder beschuldigten Israel, das jedoch jede Verbindung zu dem Angriff vehement bestritt und im Gegenzug die örtlichen militanten Palästinensergruppen dafür verantwortlich machte. Am Mittwoch kam es in vielen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas zu massiven anti-israelischen Demonstrationen. Die Demonstranten gingen von Marokko bis zum Iran auf die Straße.

    Inmitten der Proteste besuchte US-Präsident Joe Biden Tel Aviv, wo er Israel seine uneingeschränkte Unterstützung zusicherte und gleichzeitig bestritt, dass Israel, ein wichtiger Verbündeter der USA, für den Angriff auf das Krankenhaus am Dienstag verantwortlich sei.


    Mehr zum ThemaBericht: Düstere Ausgangslage für Israel bei Invasion des Gazastreifens


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    Info:  https://freeassange.rtde.life/inland/184319-medienbericht-bereitet-sich-gsg-9-auf-einsatz-in-gaza-vor


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    20.10.2023

    Seymour Hersh: WAS SAGT BIDEN ZU BIBI?

    18.10.2023 von Seymour Hersh - übernommen von seymourhersh.substack.com

    Der US-Präsident reist nach Israel, während Gaza-Stadt dem Erdboden gleichgemacht wird

    US-Präsident Joe Biden sitzt mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zu Beginn der Sitzung des israelischen Kriegskabinetts am Mittwoch in Tel Aviv zusammen. / Foto: MIRIAM ALSTER/POOL/AFP via Getty Images.


    Das Weiße Haus und der US-Geheimdienst Central Intelligence Agency sind wie schon während des verlorenen Krieges zwischen der Ukraine und Russland erneut uneins über die Fakten vor Ort, als Präsident Joe Biden plötzlich beschloss, erneut nach Israel zu fliegen, angeblich auf Bitten von Benjamin Netanjahu, dem angeschlagenen israelischen Premierminister.

    Biden zeigte, dass er, wie er sich ausdrückte, Israel "den Rücken freihält", indem er zwei amerikanische Flugzeugträger-Kampfgruppen in die Region verlegte, zusammen mit Tausenden von US-Truppen. Besser wäre es gewesen, wenn er das getan hätte, was Amerika schon oft getan hat: Er hätte angekündigt, dass seine Regierung damit beginnen würde, Wasser und Lebensmittel für die Hunderttausende von Einwohnern des Gazastreifens auf dem Luftweg zu transportieren, die von Israel aus dem Süden vertrieben und an einen Grenzübergang zu Ägypten geschickt wurden, der, wie Netanjahu und seine Kollegen wissen mussten, nicht geöffnet werden würde.

    Bidens Reise fällt in eine Zeit der internationalen Empörung, nachdem das wichtigste Krankenhaus in Gaza-Stadt durch eine israelische Bombe oder eine vom Islamischen Dschihad abgefeuerte Rakete zerstört wurde, wobei Hunderte von Menschen starben. Der Präsident sagte, er wolle in erster Linie eine Botschaft der Zurückhaltung übermitteln. Wenn dem so ist, war der Präsident völlig im Unklaren über die israelischen Absichten.

    In einem Interview mit 60 Minutes am Sonntag wurde Biden gefragt, ob es Zeit für einen Waffenstillstand in Gaza sei. Biden ignorierte die Frage und sagte, dass die Israelis "gegen die Hamas vorgehen müssen. Die Hamas ist ein Haufen von Feiglingen. . . . Sie haben ihr Hauptquartier bei Zivilisten und Gebäuden und dergleichen eingerichtet ... aber die Israelis werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Tötung unschuldiger Zivilisten zu vermeiden." Er sagte, er diskutiere die Möglichkeit einer sicheren Zone   – eines humanitären Korridors   – für die Bewohner von Gaza-Stadt, die geflohen sind, nachdem sie gewarnt wurden, dass Israel alles in der Stadt zerstören wolle. Auf die Frage, ob die Hamas "vollständig eliminiert werden muss", bejahte Biden und fügte hinzu, dass es "einen Weg zu einem palästinensischen Staat" geben müsse.


    Ein palästinensischer Staat steht nicht auf der Tagesordnung Israels.

    Es gibt Geheimdienstanalysten in Washington, die davon ausgehen, dass Netanjahu, der sich zum starken Mann in Israels neuer Notstands-Einheitsregierung entwickelt, nicht die Absicht hat, irgendein Mitglied der Hamas überleben zu lassen. Sie glauben, dass er sich nicht um die Probleme der Bewohner von Gaza-Stadt kümmert, die nach Süden in Richtung Ägypten geflohen sind und nun ohne Nahrung und Wasser dastehen und mit der Tatsache konfrontiert sind, dass das wirtschaftlich angeschlagene Ägypten kein Interesse daran hat, seine Grenze für eine Million oder mehr Flüchtlinge zu öffnen, die Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung benötigen.

    Netanjahus Haltung läuft nach Einschätzung der Geheimdienstanalysten darauf hinaus, dass er entschlossen ist, "die Hamas auszulöschen". Ein sachkundiger Beamter sagte mir, dass "Gaza-Stadt dabei ist, in Hiroshima verwandelt zu werden, ohne dass Atomwaffen eingesetzt werden". Irgendwann, so sagte er, könnten Bomben amerikanischer Bauart aus dem israelischen Arsenal, einschließlich der so genannten "Bunker Busters", auf die unterirdischen Tunnelsysteme gerichtet werden, in denen die Hamas die Waffen herstellte und die schrecklichen Angriffe im Süden Israels am 7. Oktober plante. Die tägliche israelische Bombardierung von Gaza-Stadt hat viele im Nahen Osten und in Europa zu der Annahme veranlasst, dass das Krankenhaus in Gaza-Stadt von einer israelischen Bombe getroffen wurde.

    Nach den israelischen Plänen wäre eine massive Bodeninvasion nicht erforderlich, aber der Beamte sagte mir, dass israelische Truppen benötigt würden, um diejenigen Hamas-Mitglieder im Untergrund zu jagen, die sich ergeben wollen. Der Befehl, so der Beamte, würde lauten: "Erschießen bei Sichtkontakt". Eine Kapitulation sei keine Option. Der Beamte sagte mir, dass die Hamas-Soldaten, die aus den Tunneln kämen und verzweifelt nach Nahrung suchten, von den Israelis als hungernde Ratten betrachtet würden, denen man vergiftetes Essen vorsetzen würde. Über das Schicksal der fast zweihundert Geiseln, die meisten von ihnen Israelis, aber auch einige Amerikaner, wurde nichts gesagt.

    Nach Ansicht der amerikanischen Geheimdienste ist der Hamas-Angriff in jeder Hinsicht gescheitert. "Die Hamas glaubte", so sagte mir der Beamte, "dass der Erfolg ihres seit zwei Jahren geplanten Überfalls die arabische Welt auf ihre Seite ziehen würde. Sie dachten, die Hisbollah"   – die mächtige libanesische Partei, die von Scheich Hassan Nasrallah in Beirut kontrolliert wird   – "und die PLO [Palästinensische Befreiungsorganisation] im Westjordanland würden sie unterstützen."

    Nach amerikanischer Einschätzung hat die Hamas-Führung bereits vor zwei Jahren mit der Planung des Anschlags begonnen, und "jetzt", so der Beamte, "war der richtige Zeitpunkt". Er erklärte, dass die Hamas-Führung "absolute Angst" davor hatte, dass die laufenden Gespräche zwischen Israel und Saudi-Arabien zu einer weiteren Isolierung der israelfeindlichen Gruppen führen würden.

    Der wichtigste Unterstützer des Hamas-Angriffs sei die iranische Regierung, deren Führung in Teheran direkt an den Anschlägen vom 7. Oktober beteiligt war, indem sie Geld und Material zur Verfügung stellte. "Die Iraner", sagte der Beamte ätzend, "wollen Israel mit jedem Palästinenser angreifen, den sie finden können." Aber "der Iran war sich nicht darüber im Klaren, wie viel Mord an Zivilisten es geben würde. Die Hamas war verrückt nach Blut."

    Der Arabist Juan Cole, Geschichtsprofessor an der Universität von Michigan, veröffentlichte kürzlich im Telegraph einen Aufsatz, in dem er vier Verstöße der Hamas gegen das islamische Recht aufzählt. Die Hamas ermordete Unschuldige, darunter Frauen und Kinder; sie zerstörte eine Stadt; sie warnte nicht angemessen und nahm Zivilisten als Geiseln. Cole zitierte den Propheten Mohammad: "Tötet keine schwachen alten Männer, kleine Kinder oder Frauen."

    Ähnliche Reaktionen gab es von der Hisbollah und in Damaskus. Entgegen den Befürchtungen des Westens, so wurde mir gesagt, gab es keine Anzeichen dafür, dass der Aufstand der Hamas den Feinden Israels als Inspiration diente. "Im Großen Spiel", so der Beamte, "war es ein Schachspiel, in dem die Hamas ein Bauer war."

    Netanjahus Plan, so sagte mir der Beamte, sieht vor, dass die israelische Armee alle Hamas-Mitglieder tötet, die sie finden kann, das Tunnelsystem zerstört   – vielleicht mit Bomben aus amerikanischer Produktion, die Dutzende von Metern in den Untergrund eindringen können, bevor sie detonieren   – und dann das, was einmal Gaza-Stadt war, an seinem südlichen Ende verbarrikadiert. Israelische Soldaten würden beauftragt, in der zerstörten Stadt Block für Block nach Nachzüglern zu suchen. Dabei würde darauf geachtet werden, dass keine Hamas-Nachzügler ins Mittelmeer entkommen.

    In den letzten Tagen hat die Regierung Biden zwei amerikanische Flugzeugträgergruppen mit Staffeln von F-15-, F-16- und A-10-Kampfjets, mehr als 10.000 Marinesoldaten und 2.000 Marinesoldaten in die Region entsandt, um ihre Unterstützung für Israel zu demonstrieren. "Alle amerikanischen Dienste stürzen sich darauf", sagte mir der Beamte, "aber Israel sagt: 'Geht zurück. Wir wollen euer Zeug nicht.'" Er fuhr fort: "Es gibt heute keine besseren Piloten als die der israelischen Luftstreitkräfte. Bibi hat alles unter Kontrolle, und kein Israeli wird sich über das Schicksal der Bürger von Gaza Gedanken machen."

    Deshalb fragte der Beamte: "Warum klopft Biden an die Tür? Wird der Präsident zu Bibi sagen: 'Das können Sie nicht tun'? Lasst die Gaza-Flüchtlinge an der Grenze zu Ägypten stehen".

    Der Beamte gab keine Antwort auf seine rhetorische Frage. Aber er fragte, ob ein Grund für die plötzliche Reise des Präsidenten "vielleicht nur darin besteht, den Ukraine-Krieg von den Titelseiten fernzuhalten?"


    Quelle: https://seymourhersh.substack.com/p/what-is-biden-telling-bibi
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info:  https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4571&mailid=1957


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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