26.08.2022

Flüchtlingsabwehr und grüner Wasserstoff    Außenministerin Baerbock stärkt bei Besuch in Rabat die Kooperation mit Marokko. Berlin wünscht „grünen“ Wasserstoff aus der Wüste und loyale Flüchtlingsabwehr in Nordafrika.

german-foreign-policy.com, 26. August 2022

RABAT/BERLIN (Eigener Bericht) – Deutschland baut seine zuletzt kriselnde Kooperation mit Marokko aus und hat dabei neben der Flüchtlingsabwehr vor allem den Erwerb „grünen“ Wasserstoffs im Visier. Dies ist das Ergebnis der Gespräche, die Außenministerin Annalena Baerbock gestern in der marokkanischen Hauptstadt Rabat führte. Demnach unterstützt Berlin in Marokko die Herstellung grünen Wasserstoffs aus Sonnen- und Windenergie, der anschließend exportiert werden soll – unter anderem nach Deutschland. Voraussetzung dafür, dass die bereits 2020 gestartete Kooperation wieder aufgenommen werden kann, waren Zugeständnisse Berlins bezüglich der Westsahara, einer ehemaligen spanischen Kolonie, auf die Marokko – gegen die Befreiungsbewegung Polisario – Anspruch erhebt. Um für seinen Anspruch stärkere Unterstützung zu erhalten, hatte Rabat im vergangenen Jahr die diplomatischen Beziehungen zu Berlin auf Eis gelegt. Berlin lässt nun Bereitschaft erkennen, seine bisherige, an der UNO orientierte Position zu ändern. Der deutschen Kooperation mit Rabat steht der Tod von mindestens 37 Flüchtlingen an der marokkanisch-spanischen Grenze am 24. Juni nicht im Weg.


Zitat: Beziehungen auf Eis gelegt

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko waren im vergangenen Jahr auf diplomatischer Ebene mehr oder weniger auf Eis gelegt worden. Rabat hatte im März 2021 seine Beziehungen zur deutschen Botschaft in Marokko sowie zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eingefroren und im Mai 2021 die marokkanische Botschafterin aus Berlin abgezogen. Auch Wirtschaftsprojekte, in die staatliche Stellen involviert waren, kamen nicht mehr von der Stelle. Auslöser dafür war der Konflikt um die Westsahara, eine spanische Ex-Kolonie, auf die sowohl die Befreiungsbewegung Polisario als auch Marokko Anspruch erheben. Marokko hält rund zwei Drittel des Territoriums besetzt. Im Dezember 2020 hatten die USA unter Präsident Donald Trump als erster Staat überhaupt Marokkos Ansprüche anerkannt. Rabat nahm dies prompt zum Anlass, seinen diplomatischen Druck zu erhöhen und bei weiteren Staaten hart auf einen Kurswechsel in seinem Sinne zu dringen. In diesem Zusammenhang ging es ganz besonders gegen Spanien vor – daneben aber auch gegen die Bundesrepublik (german-foreign-policy.com berichtete [1]).


Marokkos Autonomieplan

Die Maßnahmen haben in Europa in der Tat zu Positionswechseln geführt. Im März teilte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez mit, der marokkanische Autonomieplan für die Westsahara sei die „ernsthafteste, realistischste und glaubwürdigste Grundlage für eine Lösung des Konflikts“.[2] Der Plan sieht Autonomie für die Westsahara, allerdings auch ihre staatliche Zugehörigkeit zu Marokko vor. Sánchez bezog mit der Stellungnahme zumindest implizit für Rabat und gegen die Polisario Position – aus marokkanischer Sicht ein klarer Durchbruch. Schon zuvor hatte die Bundesregierung einen ähnlichen Kurswechsel vollzogen. Am 13. Dezember 2021 hatte das Auswärtige Amt zwar behauptet, weiter die Bemühungen der Vereinten Nationen und des UN-Sondergesandten für die Westsahara zu unterstützen, die im Kern darauf hinauslaufen, den Status der ehemaligen Kolonie auf der Grundlage eines Referendums zu klären. Anschließend hatte das Ministerium allerdings den marokkanischen Autonomieplan „einen wichtigen Beitrag“ zur Lösung des Konflikts genannt und dadurch die Position Rabats gestärkt – ebenfalls ein klarer Erfolg für die marokkanische Regierung.[3] Baerbock nannte den Autonomieplan gestern eine „ernsthafte und glaubwürdige Bemühung Marokkos und eine gute Grundlage, um zu einer Einigung beider Seiten zu kommen“.[4]


„Beziehungen wieder vertiefen“

Auf der Grundlage des Berliner Zugeständnisses, das – wie Beobachter notieren – nur wenige Tage nach dem Amtsantritt von Außenministerin Annalena Baerbock erfolgte, hat Rabat eingewilligt, die diplomatischen Beziehungen wieder in vollem Umfang aufzunehmen. Schon im Januar begannen die Vorbereitungen für die Wiederentsendung von Botschaftern. Im Februar vereinbarten Baerbock und ihr marokkanischer Amtskollege Nasser Bourita, wie das Auswärtige Amt mitteilt, „in einer Videokonferenz ..., die traditionell tiefen und breiten Beziehungen wieder aufzunehmen und zu vertiefen“.[5] Wenig später trat ein neuer deutscher Botschafter in Marokko sein Amt an. Mit Baerbocks gestrigem Besuch in Rabat gelten die deutsch-marokkanischen Beziehungen nun als rehabilitiert, freilich auf der Basis des Berliner Nachgebens bezüglich der Optionen für die Westsahara, wenngleich das Auswärtige Amt offiziell unverändert behauptet, man stehe voll und ganz hinter den Bemühungen der Vereinten Nationen. Das Votum für den Autonomieplan widerspricht dem klar.


„Eine bedeutende Rolle“

Die Motivation Berlins für das Zugeständnis an Marokko lässt sich einer Stellungnahme der CDU-Bundestagsabgeordneten Katja Leikert entnehmen, die Baerbock nach Rabat begleitet. Leikert teilte kurz vor der Abreise mit: „Sowohl in Fragen der Migration vom afrikanischen Kontinent als auch in der Erzeugung regenerativer Energien wird Marokko künftig eine bedeutende Rolle spielen“.[6]


Tod im Stacheldraht

In der Tat besitzt Marokko einen wichtigen Stellenwert bei den Bemühungen Berlins und der EU, Flüchtlinge nicht vom afrikanischen Kontinent nach Europa gelangen zu lassen. Rabat sorgt nicht nur dafür, dass kaum Flüchtlingsboote von den marokkanischen Küsten nach Spanien ablegen – etwa an der Straße von Gibraltar –, sondern auch dafür, dass eine Einreise in die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla kaum möglich ist. Dabei gehen nicht nur die spanischen, sondern auch die marokkanischen Repressionskräfte immer wieder höchst brutal gegen Flüchtlinge vor. Zuletzt kamen am 24. Juni mindestens 23, mutmaßlich mehr als 37 Menschen zu Tode, als bis zu 2.000 Flüchtlinge die hochgerüsteten Grenzanlagen bei Melilla zu überwinden suchten; manche stürzten – von spanischer Seite mit Tränengas attackiert – von den riesigen Stacheldrahtverschlägen ab, andere starben, weil sie –von marokkanischen Beamten zu Boden geprügelt – zu Tode getrampelt wurden. Ihre Leichen wurden von den marokkanischen Behörden in anonymen Gräbern verscharrt. Rechtliche Folgen hatten lediglich überlebende Flüchtlinge zu gewärtigen, von denen mittlerweile mehrere Dutzend zu Haftstrafen verurteilt wurden – wegen versuchten illegalen Grenzübertritts.[7]


Energie für Deutschland

Liegt Marokkos Flüchtlingsabwehr im Interesse Berlins, so gilt dies auch für die künftige Nutzung des Landes als Lieferant „grüner“ Energien. Marokko ist seit 2019 Nettoexporteur von Strom und plant seine Ausfuhren auszuweiten; bereits heute ist es durch Stromleitungen mit Spanien verbunden, weitere Verbindungen nach Portugal und womöglich sogar nach Großbritannien sind geplant.[8] Die Bundesrepublik allerdings hat es speziell auf „grünen“ Wasserstoff abgesehen. Dabei soll die Wind- und Sonnenenergie der Sahara genutzt werden, um Wasserstoff zu produzieren, ihn gegebenenfalls in Ammoniak umzuwandeln – der Transport von Ammoniak ist erheblich einfacher zu bewerkstelligen – und diesen dann nach Deutschland zu liefern, wo er als Energieträger genutzt werden kann. Berlin hat dazu bereits im Sommer 2020 eine Grundsatzvereinbarung mit Marokko geschlossen.[9] Zwar gehört die Wasserstoffkooperation zu denjenigen Bereichen, die von dem diplomatischen Streit des vergangenen Jahres unmittelbar betroffen waren. Doch soll sie nun in hohem Tempo wieder aufgenommen werden. Berlin geht es nicht zuletzt darum, schneller auf russisches Erdgas verzichten zu können.

 

[1] S. dazu Nicht mehr alternativlos.

[2] Hans-Christian Rößler: Spaniens explosive Wende. faz.net 20.03.2022.

[3] Marokko – Auswärtiges Amt aktualisiert Basisinformation zu Marokko und spricht Autonomieplan in der Westsahara an. maghreb-post.de 13.12.2021.

[4] Deutsch-Marokkanische Gemeinsame Erklärung. 25.08.2022.

[5] Außenministerin Baerbock reist nach Marokko und Dänemark. auswaertiges-amt.de 25.08.2022.

[6] Hanauer Bundestagsabgeordnete Leikert bricht mit Außenministerin Baerbock nach Marokko auf. katja-leikert.com 23.08.2022.

[7] Marion MacGregor: Morocco: 13 migrants sentenced for Melilla border crossing attempt. infomigrants.net 18.08.2022. S. auch Flüchtlinge als Spielball.

[8] Michael Sauermost: Marokko auf dem Weg vom Stromimporteur zum Großexporteur. gtai.de 15.08.2022.

[9] Michael Sauermost: Pläne für Produktion von Wasserstoff konkretisieren sich. gtai.de 11.10.2021.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9005

25.08.2022

Angriffe auf AKW Saporoschje: Russland ruft zu Sitzung des UN-Sicherheitsrats auf

Russland rief gestern zu einer dringenden Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Es ging um die ständigen Angriffe der Ukraine auf das Kernkraftwerk Saporoschje.


Angriffe auf AKW Saporoschje: Russland ruft zu Sitzung des UN-Sicherheitsrats auf


Quelle: www.globallookpress.com © Loey Felipe


Fast tägliche Berichte über alarmierende Zwischenfälle

Die Untergeneralsekretärin der Vereinten Nationen (UN) für politische Angelegenheiten und Friedenskonsolidierung, Rosemary DiCarlo, eröffnete das Treffen und drückte ihr Bedauern aus, dass es keine Deeskalation der Spannungen in der Region Saporoschje gebe und dass es im Gegenteil "fast täglich Berichte über alarmierende Zwischenfälle im Werk" gibt.


DiCarlo betonte die Notwendigkeit, den Besuch von Spezialisten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) so bald wie möglich zu arrangieren, und berichtete, dass die Vorbereitungen für diese Mission voranschreiten. In diesem Zusammenhang begrüßte sie die Bereitschaft sowohl Russlands als auch der Ukraine, das Ziel der IAEA zu erreichen.


Ebenso betonte sie, dass eine dringende Vereinbarung erforderlich sei, um die Anlage als zivile Infrastruktur wiederherzustellen und die Sicherheit des Gebiets zu gewährleisten, da jede potenzielle Beschädigung dieser oder einer anderen Nuklearanlage in der Ukraine zu einem Zwischenfall mit katastrophalen Folgen führen könnte, nicht nur auf lokaler Ebene.


"Jeder Schaden, der den Zugang des Werks zum ukrainischen Stromnetz unterbrechen würde, hätte katastrophale humanitäre Folgen, insbesondere vor dem Winter", warnte DiCarlo.

Hier sei anzumerken, dass die Vertreterin des UN-Sekretariats ein vorgefasstes Urteil über die Situation in und um das Kernkraftwerk ausdrückt. Ihre Forderung, die "zivile Infrastruktur wieder herzustellen" suggeriert, dass dort gegenwärtig eine militärische Infrastruktur vorherrsche – ohne das Ergebnis einer Inspektion der UN-Atombehörde vor Ort abzuwarten.


RT-Reporter besichtigt AKW Saporoschje und dokumentiert dabei unzählige Einschläge



RT-Reporter besichtigt AKW Saporoschje und dokumentiert dabei unzählige Einschläge





Die Sicherheitslage hat sich weiter verschlechtert

Der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensja, erklärte, dass sich die nukleare Sicherheitslage im Kernkraftwerk Saporoschje seit der letzten Zusammenkunft des Sicherheitsrates verschlechtert habe, da die ukrainischen Streitkräfte weiterhin das Territorium der Zentrale fast täglich angreifen.


"Dadurch entsteht ein reales Risiko eines nuklearen Unfalls mit katastrophalen Folgen für den gesamten europäischen Kontinent", betonte er.


Die Situation wird vom Westen stillschweigend gebilligt

Nebensja wiederholte, dass die fortgesetzten Angriffe Kiews auf das Werk "eine direkte Folge der kriminellen Toleranz ihrer westlichen Unterstützer" seien. "Bei der letzten Sitzung [des Sicherheitsrates] hatte keine einzige Delegation aus dem Westen den Mut, die Angriffe der ukrainischen Streitkräfte auf das Werk zu verurteilen, und sie forderten sie nicht auf, damit aufzuhören", erinnerte er sich.


Der russische Vertreter verlangte von den Anwesenden, die Ukraine aufzufordern, ihre militärischen Aktivitäten in Saporoschje einzustellen, so wie es Russland viele Male getan hat.

"Es scheint, dass unsere Kollegen in einer parallelen Realität leben, in der das russische Militär das Kraftwerk angreift, das sie schützen, und dazu US-Waffensysteme benutzt", war sein sarkastischer Kommentar.


Fotos von Schäden im Bereich des AKWs durch die Angriffe

Der hochrangige russische Diplomat besteht darauf, dass sein Land die Anlage nicht für militärische Zwecke nutzt, und betonte, dass dank der guten Zusammenarbeit zwischen Werksarbeitern, Einsatzkräften und den russischen Streitkräften bisher eine nukleare Katastrophe verhindert werden konnte.


In diesem Sinne versicherte er, dass das russische Verteidigungsministerium hochauflösende Fotos bereitstellen kann die zeigen, dass sich weder russisches schweres Arsenal noch leichte Waffen auf dem Territorium des Werks befinden.


"Wir haben eine ganze Sammlung fotografischer Beweise heute Morgen als offizielle Dokumente des Sicherheitsrates und der UN-Generalversammlung in Umlauf gebracht."


Es handelt sich um zwölf Fotos, die das Kraftwerk nach dem Beschuss am 20. August  zeigen. Sie sind hier unter diesem Link einsehbar https://disk.yandex.ru/d/GPHVgtmyomywUw


Russland unterstützt internationale Beobachtermission am Kernkraftwerk Saporoschje




Russland unterstützt internationale Beobachtermission am Kernkraftwerk Saporoschje







Enttäuschung über das Verhalten des UN-Generalsekretärs Guterres

Nebensja drückte seine Enttäuschung über den jüngsten Besuch des UN-Generalsekretärs António Guterres in der Ukraine aus und sagte, Moskau hoffe, dass die internationale Organisation Kiew drängen werde, seine Angriffe auf Saporoschje einzustellen. Wörtlich:


"Vor kurzem besuchte der UN-Generalsekretär Guterres die Ukraine. Wir setzten gewisse Hoffnungen in seinen Besuch. Wir erwarteten, dass die UNO Kiew endlich nachdrücklich auffordern würde, den Beschuss des Werks einzustellen. Aber wir haben von Herrn Guterres keine Worte der Verurteilung der Geschehnisse gehört, abgesehen von Aufrufen, dass "militärische Aktionen das KKW Zaporizhzhya umgehen sollten". Und weiter:


"Ich möchte Frau DiCarlo fragen, ob es dem Generalsekretär gelungen ist, von Wladimir Zelensky ein Versprechen zu bekommen, den Beschuss des Werks einzustellen. Wie beurteilt das UN-Sekretariat die Tatsache, dass der Beschuss des Kraftwerks durch die Ukraine angesichts der von der IAEO geäußerten ernsten Besorgnis über die Situation fortgesetzt wird?"


Russland bemühte sich stets um den Kontrollbesuch des IAEA

Nebensja fuhr fort: "Vom ersten Tag an haben wir die Bemühungen der IAEA und ihres Generaldirektors Rafael Grossi unterstützt, eine Mission zum AKW zu organisieren. Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um sicherzustellen, dass der Besuch der Experten der Agentur (IAEA) in der Anlage bereits im Juni stattfinden kann, nachdem wir diese Mission schon für den 3. Juni vereinbart hatten. Dann wurde der Besuch ohne unser Verschulden abgesagt. Heute sehen wir absurde Spekulationen in der ausländischen Presse, dass die westlichen Länder Russlands Zustimmung zur Organisation dieser Mission beinahe erzwungen hätten.


Wir gehen davon aus, dass die IAEA-Mission dennoch in naher Zukunft stattfinden wird und die Experten der UN-Agentur in der Lage sein werden, die tatsächliche Situation in der Anlage zu bestätigen. Wir sind bereit, die größtmögliche Unterstützung bei der Lösung aller organisatorischen Probleme zu leisten."


Schutz vor "Bedrohungen": Bereitet sich die NATO auf einen Krieg gegen Russland vor?





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Beschreibungen der militärischen Angriffe der Ukraine auf das AKW 

In seiner Rede fasste Nebensja die Fakten der Angriffe auf das Kernkraftwerk Saporoschje zusammen:


"Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums und der militärisch-zivilen Verwaltung der Region Saporoschje haben am 11. August Einheiten der 44. Artillerie-Brigade der ukrainischen Streitkräfte das Kernkraftwerk mit 152-Millimeter-Kanonen beschossen. Infolge der Angriffe wurde die Ausrüstung der Sprühbecken des Kühlsystems des Kernreaktors beschädigt.

Am 14. August feuerten die ukrainischen Streitkräfte 10 Granaten mit 155-mm-Munition aus der in den USA hergestellten M-777-Haubitze auf das AKW Saporoschje. Außerdem feuerten sie zwei ferngelenkte Raketen ab.


Infolge des Beschusses der Stadt Energodar starb eine Person, eine andere wurde verwundet. Am 15. August wurden 30 Granaten aus 152-Millimeter-Kanonen abgefeuert. Am 17. August wurden 11 Granaten sowie ein unbemanntes Kamikaze-Luftfahrzeug aus polnischer Produktion abgefeuert. Auf Energodar wurden drei Angriffe mit Sprengstoff-Drohnen durchgeführt.


Am 18. August wurde Energodar sieben Mal mit schwerer Artillerie beschossen. Am 20. August wurde das AKW von ukrainischen Stellungen aus mit schwerer Artillerie und in den USA hergestellten 155-Millimeter-Granaten angegriffen (letztere hatten in den USA hergestellte M-379-Zünder).


Im Bereich der Sondergebäude Nr. 1 und Nr. 2 sowie des Labor- und Versorgungsgebäudes wurde ein Artillerieschlag durchgeführt. Dabei kamen das Labor- und Versorgungsgebäude Nr. 2, ein hydraulisches System und die Beleuchtung des Werks zu Schaden. Unmittelbar nach dem Beschuss des AKW wurde das Feuer auf die Vororte von Energodar eröffnet.

Am 22. August griff ein unbemanntes Luftfahrzeug das Gebiet des Laborgebäudes Nr. 2 an. Außerdem wurde amerikanische Langstreckenartillerie zum Beschuss des Heizkraftwerkes in Energodar eingesetzt. Berichten zufolge wurde ein Zivilist getötet und einer verletzt.


Der Beschuss hat auch die Hochspannungsleitung des Umspannwerks Kakhovskaya beschädigt. Das Personal musste die Kapazität von zwei Kraftwerksblöcken reduzieren."


Dieser Video-Film zeigt ebenso eine Reihe von Zerstörungen im Bereich des AKWs Saporoschje (Untertitel auf Spanisch): https://actualidad.rt.com/actualidad/439417-imagenes-exclusivas-central-nuclear-zaporozhie  (La Situación actual en la central nuclear de Zaporozhie)


Mehr zum Thema - Wer hat ein Interesse an einer nuklearen Katastrophe in der Ukraine?


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Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/international/147030-angriffe-auf-akw-saporoschje-russland


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

25.08.2022

„Politischer Filter“, „Klima der Angst“: NDR-Redakteure erheben laut vertraulichem Untersuchungsbericht schwere Vorwürfe gegen Senderleitung

businessinsider.de, 06:47, 25 Aug 2022,Jan C. Wehmeyer, Philip Kaleta, dpa, Winfried Rotherme

Die Enthüllungen von Business Insider zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) haben eine Debatte über ARD und ZDF entfacht. Dabei geht es auch um die Frage, ob der RBB ein Einzelfall ist.


Zitat: Bei den weiteren Recherchen sind wir nun auf interne Untersuchungsberichte des NDR gestoßen. Laut den Schilderungen des Redaktionsausschusses haben in der Vergangenheit neun Journalisten des Landesfunkhauses in Kiel Missstände beim NDR angeprangert.


Die Zeugen, die anonym bleiben wollen, sprechen von einem „politischen Filter“ und einem „Klima der Angst“ in der Redaktion. Berichterstattung werde teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt.


Auf Anfrage erklärt eine Sendersprecherin, dass der Intendant Joachim Knuth über die Vorgänge informiert gewesen sei. Der NDR wies die Vorwürfe zurück und erklärte den Vorgang zunächst für abgeschlossen, korrigierte dann aber sein Statement.


NDR-Intendant Joachim Knuth hat sich vor einer Woche vor seine Belegschaft gestellt und kam schnell zur Sache. „Dies ist eine tiefe Krise des RBB, die Auswirkungen auf den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat, die ARD und den NDR“, sagte der Senderchef. Er hätte die ganzen Enthüllungen über die Intendantin in Berlin nicht für möglich gehalten, sei fassungslos. „Aber seien Sie versichert, dass Patricia Schlesinger weiß, wie zornig wir über den eingetretenen Schaden sind.“


Dann zieht Knuth einen Strich. „Heute soll es darum gehen, wie die Dinge bei uns im NDR laufen und, um so viel schon vorweg zu nehmen: Vieles läuft hier NICHT wie offensichtlich beim RBB.“ Beim NDR würde es keine Boni geben, die Gehälter der Senderspitze seien komplett transparent und seit zwei Jahren nicht gestiegen, erklärt Knuth. Er habe auch nie wie Schlesinger Abendessen bei sich zuhause dienstlich abgerechnet. Sein Büro habe er bei seinem Einzug lediglich einmal streichen lassen. „Mehr nicht.“ Und sein Dienstwagen, das betont Knuth, der habe auch keine Massage-Sitze.


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Gehaltstricks beim RBB: Business Insider enthüllt, was die Führungskräfte beim öffentlich-rechtlichen Sender wirklich verdient haben


Die Haltung, der moralische Kompass und auch die Compliance-Strukturen sind – zumindest laut Knuth – beim NDR alle vorbildlich. Doch es gibt Dokumente, vertrauliche Untersuchungsberichte, die einen Schatten auf diese heile Welt werfen. Sie offenbaren keine Verschwendung, Luxus-Exzesse oder dergleichen, vielmehr greifen sie das Herz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an: den unabhängigen Journalismus.


Neun NDR-Mitarbeiter aus dem Rundfunkhaus in Kiel haben sich nach Informationen von Business Insider in den vergangenen zwei Jahren persönlich – unter Zusicherung ihrer Anonymität – an den Redaktionsausschuss des NDR gewandt. Das Gremium aus mehr als 20 gewählten freien und festen Journalisten dient als Anlaufstelle für interne Beschwerden. Die Vorwürfe, die die Redakteure in Kiel erhoben haben, sprengten jedoch die alltäglichen Scharmützel in einer Redaktion.


Führungskräfte würden wie „Pressesprecher der Ministerien“ agieren

Die „Berichterstattung werde teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt“, heißt es zu den Schilderungen der Mitarbeiter in einem vertraulichen Bericht aus dem September 2021. „Autoren würden abgezogen und Beiträge in den Abnahmen massiv verändert.“ Die Vorwürfe der Redakteure mündeten gar in der Behauptung, es gebe beim NDR in Kiel einen „politischen Filter“, Führungskräfte würden wie „Pressesprecher der Ministerien“ agieren, die kritischen Themen frühzeitig die Relevanz absprechen.


Von dieser angespannten Atmosphäre in Kiel erzählt Knuth in seiner Ansprache vor einer Woche: nichts. Dabei war er über die Vorgänge stets gut informiert. Dies bestätigte die NDR-Sprecherin am Dienstag auf Anfrage. In einer ersten Stellungnahme erklärte sie zudem, dass der Vorgang „aus Sicht des Redaktionsausschusses, des beteiligten Mitarbeiters und des zuständigen Programmbereichs aufgearbeitet und abgeschlossen“ sei. Zudem hätten sich die kritischen Schilderungen als „nicht zutreffend erwiesen“.


Als Business Insider den NDR am Dienstag mit dem konkreten Inhalt vorliegender interner Dokumente erneut konfrontierte, zog der Sender sein Statement zurück: „In der Tat haben wir Anlass zur Korrektur unserer Antworten, was ich sehr bedauere“, so die Sprecherin. Nun heißt es, dass es bislang keinen Konsens zwischen Reaktionsausschuss und Redaktionsleitung hinsichtlich der „Causa Grote“ gebe. Was die Vorwürfe zum Arbeitsklima und den „politischen Filter“ angehe, wiesen die Programmverantwortlichen diese zurück, nähmen aber die Kritik ernst. Und weiter: „Der Austausch darüber dauert bis heute an“, sagt die NDR-Sprecherin.


Ausgelöst hatte alles die Affäre um den Ex-Innenminister der CDU

Wie konnte es beim NDR so weit kommen, dass Redakteure um die Unabhängigkeit ihrer Berichterstattung fürchten und Vorgesetzten indirekt Zensur vorwerfen? Der Fall begann am 28. April 2020. An diesem Tag trat Hans-Joachim Grote (CDU) als Innenminister in Schleswig-Holstein mit sofortiger Wirkung zurück. Die Hintergründe sind nebulös: Es ging um eine heikle Rocker-Affäre, um mögliches Fehlverhalten von Sicherheitsbehörden und Ermittlungen gegen Polizisten wegen Geheimnisverrats. In diesem Zuge erhielt Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im April 2020 den Hinweis aus der Staatsanwaltschaft, dass Grote offensichtlich fragwürdige Kontakte zu einem beschuldigten Polizeigewerkschafter und einem Journalisten gehabt habe. In Vieraugengesprächen habe Günther seinen Parteifreund damit konfrontiert, berichtete der Ministerpräsident später. Dabei habe Grote ihn mehrfach angelogen und sein Vertrauen verspielt. Genau das bestreitet Grote – trotz Rücktritts – bis heute. Es steht Wort gegen Wort.


Ein interessantes Thema, dachte sich auch NDR-Journalist Stefan Z. (Name geändert). Kurz nach dem Rücktritt erhielt er aus der Abteilung „Politik und Recherche“ den Auftrag, sich um Grote zu kümmern. Er bekam zunächst ein Hintergrundgespräch mit dem Ex-Minister, dann ein persönliches Statement, das er für einen Fernsehbeitrag verwenden wollte.


Laut Untersuchungsbericht des Redaktionsausschusses entfernte die Politikchefin Julia Stein bei der Abnahme jedoch einige Texttafeln mit Grotes Zitaten. So verschwanden direkte Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten. Übrig blieb: „Mich berührt weniger das Ausscheiden aus dem Amt als vielmehr der Umgang mit meinem Lebenswerk. Jetzt quasi vom Hof gejagt zu werden, tut menschlich sehr weh. Ich habe wenigstens mehr Zeit zum Golfspielen und für Konzertbesuche. Und ich will mir einen Traum erfüllen: Als Senior Student Kunstgeschichte studieren.“


Die Chefs griffen ein, stoppten den NDR-Reporter

Daraufhin vereinbarte der Journalist ein Interview mit Grote, um über die Hintergründe des Rücktritts und Ungereimtheiten zu sprechen. Auch hier griffen die Vorgesetzten von Z., Julia Stein und Norbert Lorentzen ein, lehnten das Interview ab. Die Begründung: Es gebe keine Belege für einen Verdacht gegen den Ministerpräsidenten und neue Erkenntnisse seien durch das Interview nicht zu erwarten. Nachdem eine interne Klärung nicht gelang, wandte sich Z. im Herbst 2020 an den Redaktionsausschuss.


Monatelang untersuchte das Gremium den Fall, analysierte Chat-Verläufe und befragte Mitarbeiter und betroffene Führungskräfte in Kiel. Im September 2021 verfasste der Ausschuss einen vertraulichen Abschlussbericht, der auch der NDR-Geschäftsführung vorgelegt wurde. Auf 30 Seiten wägt der Ausschuss alle Fakten und Äußerungen ab – und teilt letztlich die Vorwürfe von Z. So heißt es, dass der bei der Beitragsabnahme entfernte Teil der Stellungnahme von Grote von Relevanz gewesen wäre. Zudem sei die Ablehnung des Interviews nicht nachvollziehbar. „Das Interview mit Herrn Grote hätte geführt werden müssen. Die von Norbert Lorentzen und Julia Stein angeführten Gründe für eine Absage überzeugen nicht. In der Hauptsache stützen sie sich auf die fehlende Beleglage und fordern weitergehende Recherche ein. Der Redaktionsausschuss sieht in Interviews durchaus eine Form der Recherche.“


Eine Sendersprecherin sagt zu diesem Konflikt in Kiel: „Aus Sicht des NDR handelt es sich dabei um die unterschiedliche journalistische Bewertung einer tagesaktuellen redaktionellen Entscheidung. Dies bewertet der NDR als üblichen Vorgang im redaktionellen Tagesgeschäft und nicht als schwerwiegenden Vorwurf, aus dem sich eine Handlungsnotwendigkeit ergibt.“ Einen politisch motivierten Einfluss habe es hier jedenfalls nicht gegeben, dies habe auch der Redaktionsausschuss bestätigt, als er in einer Ergänzung zum Abschlussbericht im Dezember 2021 schrieb: „Den Verdacht, dass eine politische Motivation dahinstehen könne, macht sich der Redaktionsausschuss nicht zu eigen.“ Was der NDR nicht erwähnt: Die Passage in dem Bericht geht noch weiter. Demnach bestehe die Gefahr, dass genau dieser Verdacht entstehen könnte, „wenn nicht gründlich aufgeklärt wird und der Fall an die Öffentlichkeit gelangt“.


„Die Stimmung in der Abteilung ist vergiftet“, heißt es in einem internen Bericht

Im Rahmen der Untersuchung zeigte sich jedoch, dass Z. kein Einzelfall ist. Gleich acht Mitarbeiter aus dem Landesfunkhaus in Kiel hätten sich in diesem Zuge mit ihren Sorgen vertraulich an den Redaktionsausschuss gewandt und die Schilderungen von Z. bestätigt. „Sie berichten uns, dass sie den Eindruck hätten, es gebe einen Filter in der Redaktion. Berichterstattung werde teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt. Autoren würden abgezogen und Beiträge in den Abnahmen massiv verändert. Die Stimmung in der Abteilung sei vergiftet, da Konflikte so lange schwelen“, fasst das Gremium die Gespräche mit den Mitarbeitern zusammen.


Der Redaktionsausschuss vermerkt, dass die Vorwürfe vor allem den Programmbereich Fernsehen und die trimediale Abteilung „Politik und Recherche“ beträfen. Den Bereich, in dem auch Z. gearbeitet hat. Im Bericht heißt es, dass die Schilderungen der vielen Mitarbeiter sich ähnelten. „Die Kolleginnen und Kollegen berichten uns von einem ‚Klima der Angst‘ und großem Druck. Es werde gezielt versucht herauszufinden, wer sich an den Redaktionsausschuss gewandt hat.“


Es werde nicht vom Ministerpräsidenten, sondern von „Daniel“ gesprochen

Die Redakteure, die sich an den Ausschuss gewandt haben, beschrieben Z. als „exzellenten Journalisten“. Es sei erschreckend, wie ein solcher Kollege von „Vorgesetzen klein gehalten“ werde „und auf seine Arbeit teilweise massiv Einfluss genommen wird.“ Aus ihrer Sicht handelt es sich nicht um einen Einzelfall, heißt es in dem Bericht. Die Mitarbeiter berichten, „es gebe einen ‚politischen Filter‘ in der Redaktion, ‚eine Art Pressesprecher der Ministerien'“. Weiter heißt es im Bericht: „Es werde teilweise nicht vom Ministerpräsidenten Daniel Günther oder seinem Stellvertreter Heiner Garg, sondern von ‚Daniel‘ oder ‚Heiner‘ gesprochen.“ Der Redaktionsausschuss des NDR hält die Aussagen der Redakteure – so das Fazit – für „glaubwürdig“.


Der NDR erklärt dazu, dass sich die „pauschale Beurteilung ‚Klima der Angst'“ aus Sicht der Verantwortlichen in Kiel nach persönlichen Gesprächen mit zahlreichen Mitarbeitenden nicht bestätigt habe. Abgeschlossen sei der Vorgang allerdings nicht. „Die Chefredaktion führt Einzelgespräche mit allen Mitarbeitenden. Auch der Redaktionsausschuss führt weitere Gespräche im Landesfunkhaus“, sagt die NDR-Sprecherin.


Zufall oder nicht: Nachdem Business Insider gestern früh den NDR erstmals mit den Recherchen konfrontierte, schrieb der langjährige Direktor des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein, Volker Thormählen, wenige Stunden später eine Nachricht an die Mitarbeiter und lud sie zu einem „Open Talk“ ein. „Sicher sind viele von Euch ähnlich fassungslos wie ich über die Nachrichten rund um die Führung des RBB“, schreibt Thormählen. „Der öffentliche Fokus richtet sich aber eben nicht nur auf den RBB. Im NDR merken wir das an einer wahren Flut von Presseanfragen.“

Der Funkhaus-Direktor freue sich auf einen „zwanglosen Austausch“ am kommenden Freitag. „An Euren Einschätzungen und Wahrnehmungen bin ich sehr interessiert.“


Wenige Stunden nach der Veröffentlichung nahm der NDR am 24. August 2022 um 23:49 Uhr


ausführlich Stellung zu den Recherchen von Business Insider.


Nach Schlesinger-Affäre: CDU fordert Offenlegung der Gehälter von Führungskräften bei ARD und ZDF


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Info: https://www.businessinsider.de/wirtschaft/politischer-filter-klima-der-angst-ndr-redakteure-erheben-laut-vertraulichem-untersuchungsbericht-schwere-vorwuerfe-gegen-senderleitung-a


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

25.08.2022

Bereitet sich die NATO auf einen Krieg gegen Russland vor?

aus e-mail von Doris Pumphrey, 25. August 2022, 9:16 Uhr


https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/146945-schutz-vor-bedrohungen-bereitet-sich/

24.8.2022

*Schutz vor "Bedrohungen":

Bereitet sich die NATO auf einen Krieg gegen Russland vor?


*Sucht die NATO nach Gründen, die einen Krieg gegen Russland

rechtfertigen würden? Verschiedene Aussagen und Drohungen westlicher

Politiker und Funktionäre lassen das vermuten. Und so schwören sie die

westliche Gesellschaft schon vorsorglich auf einen militärischen

Konflikt ein.


Derzeit warnen westliche Politiker sowie Funktionäre der NATO nahezu

gebetsmühlenartig vor einer Eskalation des Kriegs in der Ukraine.

Vermeintliche Gründe dafür finden sich viele. Oftmals münden sie in

Drohungen gen Russland. Nun hat der Generalinspekteur der deutschen

Luftwaffe, Ingo Gerhartz, Russland angesichts sich häufender

Begegnungen mit russischen Flugzeugen über der Ostsee vor einem

Eindringen in den Luftraum der NATO gewarnt. "Wir haben mehr Vorfälle –

wie wir das nennen –, dass russische Kampfflugzeuge in Richtung des

NATO-Luftraums fliegen, sagte Gerhartz, im ZDF-"Morgenmagazin

<" rel="noopener">https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-morgenmagazin/gerhartz-wir-tauschen-altes-geraet-aus-sondervermoegen-bundeswehr-moma-vor-ort-100.html>".


Erst am Freitag sei ein Aufklärungsflugzeug, das von Kampfjets begleitet

wurde, vom russischen Kaliningrad aus in den Ostseeraum geflogen,

erklärte der Generalinspekteur. "Dann steigt die Alarmrotte auf."

Allerdings blieben die NATO-Maschinen dabei "auf Abstand". Die

sogenannte Alarmrotte gehört zum deutschen NATO-Kontingent, das vom

Stützpunkt im estnischen Ämari aus gemeinsam mit zusätzlichen

Luftstreitkräften aus Ungarn und Italien den Luftraum über dem Baltikum

überwacht. Ihr gehören derzeit insgesamt fünf Eurofighter an, die rund

um die Uhr einsatzbereit sind. Laut deutscher Luftwaffe sollen künftig

auch spanische Kampfjets das Nato-Kontingent im nördlichsten der drei

baltischen Länder verstärken.


Mit Blick auf die sich häufenden Begegnungen mit russischen Kampfjets

betonte der deutsche Luftwaffenchef, dass die NATO den Ostseeraum "im

Notfall" auch gegen etwaige Angriffe verteidigen könne. Durch

den geplanten NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens stünden in der

Region künftig auch erhebliche Luftstreitkräfte bereit. Die russischen

Flugmanöver im internationalen Luftraum seien zwar "völlig in Ordnung".

Der NATO-Luftraum bilde aber eine "rote Linie", die von russischen

Militärflugzeugen nicht überschritten werden dürfe, warnte Gerhartz.

Insgesamt sei die Nato ein "starkes Bündnis", mit dem man sich besser

nicht anlegen sollte.


Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass Gerhartz die massive

Aufstockung der NATO-Luftstreitkräfte im Ostseeraum zum Vorwand nimmt,

Warnungen gen Russland auszusprechen. Erst im Juni hatte der

Generalleutnant während seiner Ansprache auf dem "Kiel International

Seapower Symposium", das alljährlich vom Institut für Sicherheitspolitik

der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel veranstaltet wird,

angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen der NATO und Russland mit

einer Eskalation des Konflikts gedroht. "Putin, leg dich nicht mit uns

an", mahnte der Luftwaffenchef damals: /"Bis 2030 werden die Europäer

über 600 moderne Kampfjets im Ostseeraum verfügen. Dazu kommen noch die

Flugzeuge der Amerikaner."/


In diesem Zusammenhang forderte Gerhartz die NATO auf, im Ernstfall auch

Atomwaffen einzusetzen: "Für eine glaubhafte Abschreckung brauchen wir

sowohl die Mittel als auch den politischen Willen, die nukleare

Abschreckung nötigenfalls umzusetzen." Eine Drohung, die Gerhartz so

ähnlich auch schon kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs äußerte. "Auf

Putins Aggression gibt es nur eine Antwort: Geschlossenheit in der NATO

und glaubwürdige Abschreckung", mahnte der Inspekteur der Luftwaffe, der

in seiner Funktion unter anderem auch für die personelle und materielle

Einsatzbereitschaft des mit dem deutschen Anteil an der nuklearen

Teilhabe betrauten 33. Luftgeschwaders der Luftwaffe verantwortlich ist,

im März in einem gemeinsamen Statement

<mit" rel="noopener">https://www.bmvg.de/de/mediathek/lambrecht-f35-luftwaffe-5371706>mit 

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).


Die Aussage tätigte der Luftwaffenchef im Zusammenhang mit dem von der

Bundesregierung beabsichtigten Kauf der hochmodernen

F-35-Tarnkappenbomber, die künftig die in die Jahre gekommenen

Tornado-Jets des Taktischen Luftgeschwaders 33 ersetzen sollen. Der neue

Tarnkappenjet ist dabei hauptsächlich als neues Atombombenträgersystem

gedacht, um die im Nordatlantikvertrag

<https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_17120.htm?selectedLocale=de> festgehaltene

Einigung über die sogenannte nukleare Teilhabe weiterhin pflichtgemäß

erfüllen zu können.


Das vorübergehend im Fliegerhorst Nörvenich (Nordrhein-Westfalen)

stationierte Taktische Luftwaffengeschwader 33

<https://de.wikipedia.org/wiki/Taktisches_Luftwaffengeschwader_33> der

Bundeswehr hat im Rahmen von Deutschlands "nuklearer Teilhabe" der

NATO-Streitkräfte die Aufgabe, die von den USA auf dem Fliegerhorst

Büchel (Rheinland-Pfalz) stationierten rund 20 thermonuklearen

Wasserstoffbomben vom Typ B61 im Falle eines nuklearen Einsatzbefehls

<https://de.wikipedia.org/wiki/B61_(Kernwaffe)> an die hierfür

vorgesehenen PA-200-Tornado-Jets zu montieren und sie über den als Ziele

vorgesehenen Orten abzuwerfen.


*NATO bereitet sich auf Krieg gegen Russland vor


*Mit seinen Drohungen und Andeutungen ist Gerhartz allerdings nur einer

von vielen NATO-Generälen und Funktionären, die Russland unverhohlen

drohen und ihre Streitkräfte vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs auf

einen militärischen Konflikt des Bündnisses mit Russland einschwören.

Während sich junge US-Soldaten nach Meinung des ranghöchsten Generals

der US-Armee, Mark Milley, auf einen "bedeutenden internationalen

Konflikt" gegen Russland und China vorbereiten sollten, spricht die

militärische Führungsebene in Großbritannien gar schon von einem Dritten

Weltkrieg auf europäischem Boden

<https://test.rtde.tech/international/141482-nato-generale-schworen-truppen-auf/>.


"Wir sind die Generation, die die Armee darauf vorbereiten muss, wieder

in Europa zu kämpfen", erklärte Sir Patrick Sanders, der oberste

Heeresführer des Vereinigten Königreichs, im Juni bei seiner

Antrittsrede vor Soldaten. Der von Russland begonnene Ukraine-Krieg habe

demnach zu einer "neuen Ära der Unsicherheit" in Europa geführt. Deshalb

sei es "nun dringend nötig, eine Armee zu formen, die in der Lage ist,

Russland im Kampf zu besiegen".//


Auch der Chef der US-amerikanischen Nuklearstreitkräfte, Admiral Charles

Richard, hatte vor Senatoren des Streitkräfteausschusses des US-Senats

Anfang März mit Blick auf die russische Spezialoperation in der Ukraine

eingeräumt, dass sich sein Kommando bereits seit Längerem auf ein

Szenario wie das durch Putin in der Ukraine in Gang gesetzte vorbereite

<https://test.rtde.tech/nordamerika/133630-kommandeur-der-us-atomstreitkraefte-sind-bereit-ziele-des-praesidenten-zu-erreichen/>.

Demnach habe sein Kommando trainiert, auf einen "begrenzten Einsatz von

Nuklearwaffen in einem konventionellen Aggressionsszenario" ähnlich

Putins "Angriff" auf die Ukraine zu reagieren, sagte Richard. "Die

US-Atomstreitkräfte sind auf jeden Einsatz vorbereitet." Wenn es darauf

ankomme, versicherte Richard, seien seine Streitkräfte bereit, alles zu

tun, was "Präsident Joe Biden von uns verlangt".


Unvergessen ist in diesem Zusammenhang auch die Drohung der ehemaligen

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die

Russland angesichts der Streitigkeiten um die russische Halbinsel Krim

in einem Interview mit dem /Deutschlandfunk/ im Oktober 2021 ganz

unverhohlen mit dem nuklearen Erstschlag drohte. "Wir müssen Russland

gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende – und das ist ja auch

die Abschreckungsdoktrin – bereit sind, auch solche Mittel

[Nuklearwaffen] einzusetzen, damit es vorher abschreckend wirkt und

niemand auf die Idee kommt, etwa die Räume über dem Baltikum oder im

Schwarzmeer NATO-Partner anzugreifen. Das ist der Kerngedanke der NATO,

dieses Bündnisses, und das wird angepasst auf das aktuelle Verhalten

Russlands."


Noch genauer formulierte den in den Köpfen westlicher Funktionäre

offenbar festhängenden Wunsch nach einer militärischen Konfrontation mit

Russland zuletzt allerdings NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, als

er die vom andauernden Krieg in der Ukraine vermeintlich ausgehende

Gefahr für die Welt bei einem Besuch in seiner norwegischen Heimat

tatsächlich mit der des Zweiten Weltkriegs verglich. Europa befinde sich

in der gefährlichsten Situation seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte

Stoltenberg <am" rel="noopener">https://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_198141.htm>am 

5. August bei einer Veranstaltung der sozialdemokratischen

Jugendorganisation "AUF" auf der Insel Utøya bei Oslo. Der Angriff auf

die Ukraine stelle auch einen Angriff auf die Werte und die Weltordnung

dar, die der Westen haben wolle.


Russlands Präsident Wladimir Putin führe einen aggressiven Angriffskrieg

gegen ein Nachbarland, weil er diese Werte nicht leiden könne. "Er meint

in seinem verwirrten Kopf, er könnte bestimmen, was die Ukraine tun

kann", ergänzte Stoltenberg. Dieses Recht über andere Länder habe er

nicht. /"Wenn Präsident Putin auch nur daran denkt, einem Nato-Land

etwas Ähnliches anzutun wie Georgien, Moldawien oder der Ukraine, dann

wird sich die gesamte Nato sofort einschalten."/


Die NATO müsse das angegriffene Land unterstützen und verhindern, dass

sich der Krieg zu einem größeren ausweite, argumentierte der

Generalsekretär weiter. Der Angriff auf die Ukraine stelle auch einen

Angriff auf die Werte und die Weltordnung dar, die der Westen haben wolle.


*Kriegsangst wird absichtlich aufrechterhalten


*Fadenscheinige Begründungen, weshalb die NATO letztlich in den Krieg

mit Russland ziehen müsse, finden westliche Staats- und Regierungschefs

derweil viele. Eine davon lieferte der britische Premierminister Boris

Johnson, der im März während eines Interviews

<https://test.rtde.tech/europa/133242-boris-johnson-putin-wird-damit/

mit dem italienischen Nachrichtenmagazin /La Repubblica/ mit Blick auf

die Kämpfe um ukrainische Nuklearanlagen einräumte, dass es ihm so

vorkomme, "als ob Wladimir Putin – und das wird durch die Geschehnisse

deutlich – beschlossen hat, noch härter durchzugreifen": /"Er sieht

keinen anderen Ausweg aus der Sackgasse, in der er sich befindet, als

mit der Zerstörung, der Pulverisierung unschuldiger Menschen in

unschuldigen europäischen Städten fortzufahren."/


Weshalb der britische Premierminister den russischen Präsidenten des

Vorhabens beschuldigt, europäische Städte "zerstören" und die dort

lebenden Menschen "pulverisieren" zu wollen, geht aus dem Interview zwar

nicht hervor. Jedoch scheint es, dass dieses unwirkliche Szenario für

die EU und das Vereinigte Königreich, aller Absurdität dieser

Anschuldigung zum Trotz, eine bereits Form annehmende Realität

darstellt, auf die in naher Zukunft reagiert werden "muss". Johnson

zieht daraus den Schluss: "Wir werden also gemeinsam mit einem

verstärkten Paket reagieren müssen."


Ähnliche Andeutungen machte kürzlich auch Bundestagspräsidentin Bärbel

Bas, die anlässlich eines Gelöbnisses

<https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw29-geloebnis-904544> am 20.

Julivor den neuen Rekruten der Bundeswehr betonte, dass die "feierliche

Verpflichtung zur Verteidigung unseres Landes" mehr sei als der Beginn

eines Arbeitsvertrages – insbesondere in Zeiten, in denen die Sicherheit

in Europa neu gedacht und organisiert werden müsse. "Sie treten an zu

einem besonderen Dienst für unser Land, der vollen Einsatz und Loyalität

erfordert", sagte Bas und ergänzte mit Blick auf den Krieg in der Ukraine:


"Wenn Sie heute Ihre Gelöbnisformel sprechen, wissen Sie: In diesem

Moment verteidigen in der Ukraine Soldatinnen und Soldaten ihre Heimat

und setzen dafür ihr Leben ein. Und Sie wissen, dass der

Verteidigungsfall auch für Deutschland tatsächlich eintreten kann."

Ähnlich wie zuvor Johnson erläuterte sie allerdings nicht, was sie zu

der Annahme verleitete, Deutschland stünden kriegerische Angriffe bevor.


Aufschluss darüber könnte eventuell ein Ende Juli veröffentlichter

Bericht des NATO Defense Colleges (NDC)

<https://www.ndc.nato.int/news/news.php?icode=1731> in Rom geben. Darin

erklären die Autoren, dass die russische Darstellung zum Krieg in

der Ukraine zwar fast immer eine defensive sei. Aber eigentlich ginge es

Russland "um eine Änderung des Status-Quo". "In dieser Hinsicht bleibt

ein Angriff auf einen Nato-Staat eine Möglichkeit", so die Autoren. Mit

dieser Taktik versuche Moskau, die "russische Stärke und den Einfluss in

ehemaligen Sowjet-Staaten im Westen und Süden" auszubauen.


Schlussendlich ist die Botschaft hinter den Drohungen und Mahnungen

jedoch immer die gleiche: In den Köpfen der Bevölkerung soll die

Illusion einer von Russland ausgehenden Gefahr für Leib und Leben

aufrechterhalten werden.


*NATO sieht Europa laut Strategiepapier im Krieg


*Doch wie kommt die NATO überhaupt zu dem Schluss, künftig womöglich

gegen Russland zu kämpfen? Die Antwort findet sich in einem

Strategiepapier des Bündnisses

<https://www.nato.int/strategic-concept/>, das dessen Mitglieder im Juni

zum Abschluss des NATO-Gipfels im spanischen Madrid verabschiedeten. In

diesem Papier formuliert die NATO die Absicht, den Krieg gegen Russland

massiv auszuweiten. So erklärt das Bündnis in dem Strategiepapier unter

anderem, dass es sich quasi im Krieg befindet: "Im euro-atlantischen

Raum herrscht kein Frieden", mahnt das Militärbündnis, obwohl keiner der

im "euro-atlantischen Raum" ansässigen Staaten irgendwem offiziell den

Krieg erklärt hat.


Weiter kündigt die NATO an: "Wir werden einzeln und kollektiv das volle

Spektrum an Streitkräften ... liefern, das zur Abschreckung und

Verteidigung benötigt wird, und zwar auch für hochintensive

dimensionsübergreifende Kriegsführung gegen gleichwertige Wettbewerber,

die Kernwaffen besitzen." Doch wer sind diese "gleichwertigen

Wettbewerber"? Die Antwort darauf liefern die Autoren des Dokuments

gleich mit. Nach Meinung der NATO ist nämlich jede Atommacht, die eine

"Herausforderung für unsere Interessen" darstellt, als gleichwertiger

Wettbewerber zu sehen. Die größte "Bedrohung" für die Interessen des

Bündnisses ist demnach Russland.


In China sehe die NATO hingegen lediglich eine "Herausforderung". Um

ihre "Interessen" zu wahren, verpflichten sich die Verbündeten in dem

Strategiepapier deshalb dazu, "das Abschreckungs- und

Verteidigungsdispositiv deutlich zu verstärken". Auch die

NATO-Osterweiterung, die letzten Endes zur Eskalation des Konflikts in

der Ukraine führte, feiern die Autoren des Papiers als "historischen

Erfolg": /"Die Erweiterung der NATO ist ein historischer Erfolg." /


Angesichts dieses positiven Befunds kündigte die NATO deshalb an, mit

der Erweiterung des Militärbündnisses einstweilen fortzufahren. "Wir

bekräftigen unsere Politik der offenen Tür", heißt es in dem Dokument.

"Unsere Tür bleibt für alle europäischen demokratischen Staaten offen,

die die Werte unseres Bündnisses teilen." In einem Umfeld "strategischen

Wettbewerbs" bestehe das Ziel der NATO darin, ihr "globales Lagebild

aus[zu]bauen und unsere Reichweite [zu] vergrößern, um im Einklang mit

unserem 360-Grad-Ansatz in allen Dimensionen und Richtungen abschrecken,

verteidigen, und kämpfen zu können." /"Solange es Kernwaffen gibt, wird

die Nato ein nukleares Bündnis bleiben."

/

Zu diesem Zweck werde das Bündnis "eine substantielle und durchgängige

Präsenz auf dem Land, zur See und in der Luft sicherstellen", auch über

eine verstärkte Flug- und Raketenabwehr. So beruhe das nukleare

Abschreckungsdispositiv der NATO laut dem Strategiepapier insbesondere

"auf vorwärtsdislozierten Kernwaffen der Vereinigten Staaten in Europa

und auf den Beiträgen der betreffenden Verbündeten". Mit Blick auf den

Krieg in der Ukraine erklären die Autoren des Strategiepapiers abschließend:

/"Wir werden vorne mit robusten, im Einsatzgebiet stationierten,

dimensionsübergreifenden kampfbereiten Streitkräften, optimierten

Führungsregelungen, einsatznah bereitgestellter Munition und einsatznah

bereitgestelltem Gerät sowie einer verbesserten Fähigkeit und

Infrastruktur zur schnellen Verstärkung eines jeden Verbündeten auch bei

kurzer oder keiner Vorlaufzeit abschrecken und verteidigen."/


Allerdings geht es auch bei den vermeintlichen Abschreckungs- sowie

Verteidigungszielen der NATO letzten Endes nicht etwa um die

Verteidigung von "Frieden" oder "Freiheit", sondern vielmehr um die

Durchsetzung geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen mit

militärischen Mitteln. Und dies – zumindest laut dem Strategiepapier und

den zuvor geäußerten unzähligen Drohungen von NATO-Funktionären –

künftig wohl auch auf europäischem Boden.

25.08.2022

Fremde FedernTranformations-Boykotteure, Emissions-Offsets, Gaspreise


Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)


makronom.de, 24. August 2022

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.


Die Tranformationsboykotteurepiqer:
Jürgen Klute

Dass es nur eine überschaubare Gruppe von Unternehmen ist, die die globalen Gas-. Öl- und Kohlevorräte kontrolliert, ausbeutet und extrem viel Geld damit scheffelt, ist bekannt. Weniger bekannt ist, um welche Unternehmen es sich konkret handelt, wie dieser Wirtschaftssektor strukturiert ist und wie die dominierenden Unternehmen global agieren, um ihre Geldquellen auch in Zeiten der Energie- und Verkehrswende zu verteidigen.


Spiegel-Kolumnist Christian Stöcker hat mit seiner neuesten Kolumne ein bisschen Licht in diese dunklen Kanäle gebracht.

Zehn Banken, Finanzdienstleister und Staaten besitzen einer brandneuen, in einer wissenschaftlichen Publikation erschienenen Studie zufolge, gemeinsam die Rechte an fast fünfzig Prozent aller fossilen Brennstoffvorräte in privatwirtschaftlicher Hand.

schreibt Stöcker. Die wichtigsten Ergebnisse der von ihm erwähnten Studie skizziert Stöcker in seiner Kolumne. Er zieht den sehr einleuchtenden Schluss aus der Studie, dass die Investoren in fossile Energieproduktion, die bisher eine Dekarbonisierung der Wirtschaft massiv und erfolgreich blockieren, für die desaströsen Folgen ihrer Investitionen zur Rechenschaft gezogen werden müssen und dass die vom Export fossiler Energieträger abhängigen Staaten gedrängt werden müssen, alternative Wirtschaftsmodelle zu entwickeln.

SpiegelDie Katastrophe ist doch so lukrativ! Autor: Christian Stöcker



Das kalifornische Cap & Trade-System und seine Offsetting-Problemepiqer:
Dominik Lenné

Kalifornien hat ein großes Cap & Trade – System, um seine Emissionen zu senken. Es wurde 2008 als Teil der „Western Climate Initiative“ begründet, der mehrere US-Bundesstaaten und kanadische Provinzen angehörten. An der Gründung beteiligt war interessanterweise auch der damalige kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Es ist jetzt noch mit den entsprechenden Systemen im Bundesstaat Washington und den kanadischen Provinzen Québec und Nova Scotia verbunden, mit denen Emissionszertifikate ausgetauscht werden können.

Es deckt 74% der kalifornischen Treibhausgas-Emissionen ab und ist damit deutlich dichter als das europäische EU-ETS (EU Emission Trading System), das nur ca. 40% erfasst, aber dennoch fünf mal größer ist*. Seine Reduktionsziele sind ambitionierter, Klimaneutralität soll nämlich bereits 2045 erreicht werden, während die EU erst 2050 dort sein will.

Der gepiqte Text befasst sich mit einem Problem, das der EU auch nicht unbekannt ist: der mangelnden Verlässlichkeit sogenannter Offsets, hier solchen, die auf Forstwirtschaft beruhen. Das Thema ist ein bischen nerdig, aber ich kann mir vorstellen, dass der Eine oder die Andere es doch interessant findet. Offsetting auch in anderen Bereichen von Bedeutung (Luftverkehr, „voluntary carbon market“) und verdient mindestens einen extra-Piq.

Die beteiligten Treibhausgas-emittierenden Firmen und Institutionen müssen jährlich Emissionszertfikate entwerten, die ihnen zugeteilt wurden oder die sie gekauft haben. Waldbesitzer, die ihre Bewirtschaftungsweise so ändern, dass ihr Wald mehr Kohlenstoff bindet als vor der Änderung („Improved Forest Management“), erhalten dafür entsprechende Emissionzertifikate, die sie an die Firmen verkaufen. Der Anteil der Emissionen, die per Offsetting abgedeckt werden kann, ist auf einige Prozent beschränkt**.

Von emittiertem CO₂ ist nach 100 Jahren noch ca. 45%, nach 300 Jahren noch ca. 27% in der Atmosphäre (Quelle). Die Wiederaufnahme verlangsamt sich immer mehr, so dass auch noch nach 1000 Jahren ein bedeutsamer Rest übrigbleibt. In „nature based solutions“ gebundener Kohlenstoff sollte also möglichst lange auch gebunden bleiben.

So lange Zeiträume sind für lebende Systeme wie Wälder nicht vorhersehbar – das kalifornische Air Resources Board hat sich deshalb darauf beschränkt, eine Bindungsdauer von mindestens 100 Jahren zu verlangen. Leider ist aber der Wald oft Opfer von Ereignissen, die diese Bindungsdauer erheblich verkürzen und so das Offsetting anullieren: Baumkrankheiten, Insektenbefall, Dürren, Überschwemmungen, Stürme, übermäßiger Holzeinschlag und schließlich Brände. Dort ist noch nicht das Ausweichen (Leakage) der Emissionen durch erhöhten Holzeinschlag in nicht geschützten Beständen mitgezählt.

Das ARB fordert zur Sicherheit 10 – 20% Zertifikate mehr als aus der eigentlichen Berechnung hervorgehen, um diese erwartete Verminderung der Speicherdauer auszugleichen. Diese bilden den „buffer pool“, der aus Anteilen für die verschiedenen Arten von Risiko zusammengesetzt ist. Die Autoren des Textes haben nun herausgearbeitet, dass allein die Verluste durch die Waldbrände der vergangenen zehn Jahre den dafür vorgesehenen Anteil der Sicherheitsmarge aufgebraucht haben. Etwas Ähnliches stellten sie für Baumkrankheiten fest.

Dies ist nicht das einzige Problem mit Offsets in Kalifornien. Hier wurde festgestellt, dass die berechnete Kohlenstoffaufnahme von Anfang an deutlich zu hoch angesetzt wurde. Mit anderen Worten: es ist haarig.

Was sind Folgerungen für uns daraus? Dekarbonisierung durch Aufforstung ist unsicher und muss mit erheblichen Abschlägen angesetzt werden. Paul Davies von der Coalition for Negative Emissions, einem Thinktank, der das Wissen zu diesem Thema sammelt und verbreitet, schlägt sogar einen Abschlag von 90% für Nature Based Offsets vor (Quelle). Das würde die Offset-Kosten natürlich entsprechend erhöhen, die Offsets aber auch von dem nicht ganz unberechtigten Vorwurf befreien, „reine Ablasszahlungen“ zu sein.

Der gepiqte Artikel beruht auf diesem Paper.

* Durch das kommende EU-ETS2 für Verkehr und Gebäude wird die Abdeckung der europäischen Emissionen durch ein Cap & Trade -2 System auf ca. 80% steigen; das EU – System wird damit ca. zehn mal größer werden als das kalifornische.

** Das ist im Text falsch wiedergegeben; nicht die Offsets machen 75% der kalifornischen Emissionen aus, sondern das gesamte Cap & Trade – Programm.

physWorrying finding in California’s climate initiative reveals problem with using forests to offset CO2 emissions



Über spekulationsgetriebene Gaspreissteigerungenpiqer:
Jürgen Klute

Folgt mensch der deutschen Debatte über die extremen Steigerungen der Gaspreise und infolge auch der Strompreise, dann ergibt sich schnell der Eindruck, dass sich daran gar nichts ändern lässt – wahlweise weil es Folge einer naturgesetzähnlichen Marktgesetzlichkeit ist oder des völkerrechtswidrigen russischen Überfalls auf die Ukraine, gegen die mensch nun aber leider auch nichts machen kann. Also müssen alle irgendwie den in solchen Situationen gern bemühten Gürtel enger schnallen.

Der Logik dieser Debatte sollte mensch nicht leichtfertig Glauben schenken. Eric Bonse liefert in Beitrag auf seinem Blog gute Argumente für diese Skepsis. Die Gaspreissteigerungen wären wohl vermeidbar gewesen, hätte die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung sich auf die Argumente des liberalen belgischen Premierministers Alexander De Croo (Open VLD) eingelassen. Der hatte im Vorfeld und auf dem EU-Gipfel vom März 2022 für ein Einfrieren der Gaspreise auf EU-Ebene votiert, wie das deutschsprachige belgische Nachrichtenportal Flanderninfo am 10. März 2022 berichtete. In den Preissteigerungen sieht De Croo eine Marktverzerrung:

„Premierminister Alexander De Croo (Open VLD) plädiert für ein Einfrieren der Gaspreise auf europäischer Ebene. Ihm zufolge sind die hohen Preise das Ergebnis von Hysterie und Spekulation, sodass eine Preisobergrenze die einzig mögliche Lösung wäre: „Die Mittel kommen nun aus der Staatskasse und gehen an Lieferanten und Russland. Wir können das nicht länger hinnehmen“, sagte der belgische Regierungschef am Donnerstagnachmittag in der Sendung Villa politica.“

Weiterhin schlug De Croo einen gemeinsamen Einkauf von Gas auf EU-Ebene vor: „Energiekrise: Auch Belgiens Premier De Croo schlägt EU-weite gemeinsame Gaseinkäufe vor“ (Flanderninfo, 23.03.2022)

Doch die Bundesregierung blockiert diesen Weg, wie Eric Bonse darlegt, wie aber auch schon Flanderninfo in einem Artikel vom 26. März 2022 berichtete.

Der Unterschied zwischen dem Ansatz der Bundesregierung und etlichen anderen Regierungen von EU-Mitgliedsländern wie auch der EU-Kommission liegt offensichtlich darin, dass die EU auf eine Entlastung der Verbraucher setzt (die im Ergebnis natürlich auch den Energielieferanten zugutekommt), die Bundesregierung hingegen auf eine Entlastung der Energieunternehmen auf Kosten der Verbraucher. Dies ergibt sich aus dem SPIEGEL-Artikel „Gasumlage: EU lehnt Mehrwertsteuer-Ausnahme ab – schlägt aber Alternativen vor“ vom 17. August 2022. Der liberale Ansatz aus Belgien und anderen EU-Ländern hat gegenüber dem deutschen Ansatz den Vorteil, dass weder Verbraucher noch öffentliche Kassen übermäßig belastet würden, weil die Marktverzerrungen durch regulative Eingriffe von vornherein vermieden würden.

Doch nach wie vor sieht es nicht so aus, dass die Bundesregierung bereit ist, sich auf einen sozial und wirtschaftlich sinnvollen Ausweg aus der durch Spekulationen getriebenen Preisexplosion einzulassen, wie auch Bonse noch einmal in seinem Artikel bestätigt.

Lost in EUDer entfesselte Markt macht alles noch schlimmerAutor: Eric Bonse



„42 Prozent schämen sich, Arbeitslosengeld II zu beziehen“piqer:
Charly Kowalczyk

Schlange stehen im Jobcenter. Billig einkaufen im Discounter. Zeit totschlagen vor dem Fernseher. Bilder, die viele Menschen mit Hartz IV Empfänger verbinden. Ob sie stimmen oder nicht, das Label Hartz IV ist zum Stigma geworden. Langzeitzustand arbeitslos. Gefühlt heißt das für viele Hartz IV-Betroffene, unten angekommen zu sein. So beginnt Nicole Dittmer von Deutschlandfunk Kultur ihre Anmoderation. Äußerst treffend. Ihr Interview-Gast in Studio 9 ist Arbeitsmarktexperte Jürgen Schupp, Professor für empirische Sozialforschung an der FU Berlin.

Es geht um die Agenda 2010. Dabei um die Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Vorschläge für die Veränderungen hatte eine Kommission unter der Leitung des ehemaligen VW-Personalvorstands Peter Hartz entwickelt und bereits im August 2002 der damaligen rot-grünen Bundesregierung vorgelegt. Also das ist jetzt genau 20 Jahre her. Ein Grund Geburtstag zu feiern? Wohl eher nicht. Aber es lohnt schon, sich Zeit für ein Resümee zu nehmen.

„Der Begriff Reform hat ja eigentlich eine positive Konnotation und ich denke, unstrittig ist, dass mit dieser Reform die damals hohe Zahl an Arbeitslosen, immerhin über fünf Millionen, wirklich begonnen wurde, schrittweise abzubauen und die Arbeitsmarktforschung ist sich eigentlich einig in der Bewertung, dass den Hartz IV-Reformen dabei auch einen signifikanten Anteil beigemessen werden muss. Aber nicht minder relevant sind die makroökonomischen Bedingungen, die letztendlich auch zur Halbierung der Arbeitslosigkeit nach einer längeren Zeit geführt haben.“

Mir klingt noch heute Gerhard Schröder bei der Ankündigung der Arbeitsmarktreformen im Ohr: „Wir werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen.“ Fördern war dann in der Realität wesentlich seltener als Abfordern. Häufig mussten Menschen, um weiter finanzielle Unterstützung zu erhalten, irgendeine Arbeit annehmen. Qualifikation spielte häufig keine große Rolle. Wer die Arbeit nicht annahm, wurde sanktioniert. Würde ging oft im Jobcenter verloren. Selbstbestimmung sowieso. Wer da nicht hin musste, konnte froh sein. Wer da (schon mal) hin musste, kann ein Lied davon singen.

„Also die dunklen Seiten sind bspw., dass auch neue Zumutungen getroffen wurden. Die Zumutung einmal, bedingt durch die Abschaffung der damaligen Arbeitslosenhilfe mit dem Hartz IV System, was dann einen einheitlichen Regelsatz von damals 345 Euro für alle Alleinstehenden zur Folge hatte, während vorher in der Arbeitslosenhilfe jeweils die Erwerbsbiografie der Langzeitarbeitslosen gewürdigt wurde und differenziert in seiner Höhe war. (…) In der Bevölkerung ist die Skepsis gegen das Hartz IV System sehr, sehr hoch und ich denke (…) dass es vielfach auch zu einer Überforderung der Betroffenen geführt hat. Insbesondere in Ostdeutschland, wo es schlicht und ergreifend auch überhaupt keine Jobangebote oder offene Stellen gab und vielfach dann gefordert wurde, dass Bewerbungen geschrieben werden für Kurzfrist-Maßnahmen, die zu keiner dauerhaften, integrativen Perspektive für die Betroffenen geführt hatte. Dadurch war der Begriff, dass für alle die Arbeitslosigkeit schnell beendet werden würde, für alle zur Fiktion geworden.“

Jürgen Schupp spricht über das Versäumnis der Politik, den Mindestlohn schon damals einzuführen, was die Hartz-Kommission auch 2002 vorgeschlagen hatte. Der ist dann erst 2015 eingeführt worden. Allerdings halten sich noch immer viele Unternehmen nicht an die Bezahlung des Mindestlohns. Und: In Deutschland sind stattdessen Hunderttausende prekäre Arbeitsverhältnisse entstanden. Der Arbeitsmarktforscher zieht dabei Zusammenhänge zur Agenda 2010.

Für eine Studie hat er Langzeitarbeitslose befragt, auch mit Blick auf das Bürgergeld, das 2023 Hartz IV oder Arbeitslosengeld II ablösen wird. Diese Passage des Interviews finde ich besonders interessant. Doch die nehme ich jetzt nicht vorweg. Reinhören lohnt sich allemal.

Deutschlandfunk KulturDas Stigma Hartz IV Interview: Nicole Dittmer



Wie ist es um die Digitalisierung der Verwaltung bestellt?piqer:
Daniela Becker

Während wir bei Amazon ein Produkt per 1-Klick bestellen können, ist die Abfrage einer Geburtsurkunde bei einer deutschen Behörde oft eine wochenlange Odyssee. Ein Zustand, von dem wir alle wissen, aber irgendwie auch hingenommen haben. Deutschland kann Digitalisierung halt nicht.

In diesem ersten Teil einer Spezialfolge von „Lage der Nation“ gehen Philip Banse und Ulf Buermeyer der Frage nach, wie schlecht es um die Digitalisierung der deutschen Verwaltung steht: sehr schlecht.

Wie absurd es dann aber tatsächlich immer noch ist, hat zumindest mich doch noch einmal schockiert. Bei einem Vor-Ort-Termin begleiten die beiden eine Verwaltungsangestellte bei einem simplen Bezahlvorgang, der kafkaesk viel Arbeit und ausgedrucktes Papier beinhaltet.

Während man das noch irgendwie lustig finden könnte, zeigt das Beispiel von Menschen die Hartz IV beantragen müssen, was für eine zusätzliche Schikane diese Vorgehen für Menschen in Not darstellen. Man muss nicht besonders viel Phantasie haben, um sich vorzustellen zu können, wieviel schwieriger dann komplexere Vorgänge sind. (Wie etwa die Genehmigung von Windkraftanlagen.)

Das Problem: Jedes Land – oft jede Verwaltungseinheit – kocht seit Jahren sein eigenes Süppchen. Eigens entwickelte Programme können nicht miteinander kommunizieren. Standards gibt es keine. Die Pflicht zur Digitalisierung endet oft bei einem PDF auf der Webseite. Die Prozesse dahinter sind analog wie eh und je. Scheindigitalisierung nennen die beiden Podcaster diesen Zustand.

Interessant fand ich das Fazit der beiden: Natürlich ist die fehlende Digitalisierung  ganz offensichtlich ärgerlich, teuer und auch ein riesiges Problem für die deutsche Wirtschaft. Aber das vielleicht viel wesentlichere Problem ist, dass die Identifikation der Bürger:innen (und auch der Verwaltungsangestellten) mit dem Staat verloren geht. Statt stolz sein zu können, schämt man sich für die Rückständigkeit des Landes.

(In Teil 2 soll es Lösungsansätze und Positivbeispiele geben. Allerdings wurde schon verraten, dass für diese Beispiele erheblich länger gesucht werden musste als für die negativen.)

Lage der NationDigitalisierung der deutschen Verwaltung, Teil 1



Umfang der Gig-Arbeit in den USA nimmt weiter deutlich zupiqer:
Ole Wintermann

In den USA ist die Arbeitslosenquote inzwischen auf den niedrigsten Stand seit 53 Jahren gesunken. Unternehmen finden nicht mehr ausreichend Fachkräfte. Dennoch kann die Steigerung der Gehälter nicht mit der Inflation mithalten. Gleichzeitig verharren viele Unternehmen in einer organisatorischen Starrheit, die durch die Pandemie nur vorübergehend aufgehoben war. Folge: Der Anteil der mit Gig-Arbeit beschäftigten Menschen an allen Beschäftigten steigt immer weiter an.

Die im Text interviewten Fachkräfte und Matching-Plattformen wie Uber und Lyft geben übereinstimmend an, dass es drei Gründe sind, die zu einem weiteren Anstieg der Gig-Arbeiten geführt haben: Erstens erwarten Beschäftigte nach der Pandemie, dass Unternehmen in der Gestaltung der Arbeitszeiten deutlich flexibler werden. Da Unternehmen aber Probleme mit Flexibilitäten im Sinne der Beschäftigten haben, kehren viele Menschen ihrem Arbeitgeber den Rücken. Zweitens reduziert die Inflation die realen Gehälter, so dass Zusatzverdienste zwingend notwendig werden. Und drittens können sich Menschen bei der Ausübung von Gig-Arbeit tendenziell mehr mit Tätigkeiten beschäftigen, die sie auch persönlich interessanter finden.

Beim Angebot solcher Gig-Arbeiten konkurrieren zwei Modelle miteinander. Zum einen sind es Plattformen, die wie Uber zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber vermitteln. In diesem Fall greifen für die Beschäftigten kaum soziale Absicherungen. Im zweiten Modell bündeln Plattformen die Zeitarbeit-Angebote der Arbeitgeber. In diesem Fall arbeiten die vermittelten Menschen als Angestellte mit der entsprechenden sozialen Absicherung (Stichwort Zeitarbeitsfirma). Über die Gewichtung der Modelle auf dem US-Arbeitsmarkt trifft der Text aber leider keine Aussage.

Damit zeigt sich erneut, dass Gig-Arbeit nicht per se verurteilt werden sollte, da sie in sehr vielen Fällen eben auch eher den Präferenzen der Arbeitenden entspricht.

New York TimesIf the Job Market Is So Good, Why Is Gig Work Thriving?Autorin: Lydia DePillis



Nicht besorgt, sondern bescheuertpiqer:
Hasnain Kazim

Heute empfehle ich einen kleinen Wutausbruch von Nikolaus Blome im „Spiegel“: Er regt sich auf über Leute, die jetzt Bundeskanzler Olaf Scholz „Volksverräter“ und „Hau ab!“ entgegenschleudern.

Es sind dieselben Leute, die in diesem Ton mal gegen „Ausländer“ und „Flüchtlinge“ wüten, mal Sorge vor einer „Umvolkung“ haben, dann, bei Corona, „gechipped“ zu werden und jetzt, wegen des Krieges Russlands gegen die Ukraine und wegen der steigenden Preise deswegen eine „Enteignung“ befürchten.

Wie viel Verfolgungswahn geht in einen einzelnen Kopf? Sollte man es also nicht gleich lassen mit der Ansprache?

… fragt Blome. Zu Recht. Jetzt wird Kritik kommen, er „pauschalisiere“ und „verallgemeinere“. Aber das tut er nicht. Er spricht genau die Leute an, die es betrifft. Selbstverständlich kann, darf, soll man die Art der deutschen Migrations- und Flüchtlingspolitik kritisieren, die Corona-Maßnahmen und auch den Kurs in Sachen Russland und Ukraine. Aber doch nicht so!

Es gebe

eben auch eine Grenze, jenseits derer sind bestimmte Bürger [und eben nicht alle Bürger; Anmerkung H. K.] nicht mehr besorgt, sondern bescheuert, und es wäre an der Zeit, das einmal laut auszusprechen.

… schreibt Blome weiter, und ich stimme ihm zu, außer dass ich das schon seit Jahren ausspreche, denn es war schon seit Jahren an der Zeit. Zu Recht kritisiert er auch, dass Politiker aller Couleur permanent vor einem „Wutwinter“ warnen und diesen Typen damit unnötig Macht und Aufmerksamkeit verleihen.

Ich jedenfalls bin nicht bereit, mir von einer letztlich recht kleinen Gruppe diktieren zu lassen, in welchen gesamtgesellschaftlichen Modus wir zu schalten haben. Nicht schon wieder.

Wie gut!

Leseempfehlung.

SpiegelSolche Bürger sind nicht besorgt, sondern bescheuertAutor: Nikolaus Blome


Info: https://www.pressenza.com/de/2022/08/volunteer-des-monats-engagement-ist-notwendig

25.08.2022

Volunteer des Monats

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letsact.de, vom August 17, 2022, Charis Antolovic

Volunteer des Monats August - MimiMimi ist eine "Plantmom" und hat sogar schon ihre eigene Gemüsesorte gezüchtet. Sie engagiert sich leidenschaftlich in der Notübernachtung am Containerbahnhof der Berliner Stadtmission und kümmert sich dort um den Social-Media-Autritt. Darüber hina us bietet sie den Gästen viele coole Aktionen an wie Pizza backen, nähen oder Bewerbung schreiben. Im Interview erfahrt ihr außerdem, warum ein männlicher Gast mit Rock im Gottesdienst empört war und ein zurückgezogener Gast kurz aufblühte.





Wer bist du und was machst du, wenn du dich nicht gerade engagierst?

Ich bin Mimi, liebe es kreativ zu sein und bin eine Plantmom, wie sie auf Insta steht. Mein Homejungle besteht aus fast 100 Pflanzen und dazu kommt noch mein Garten, in dem ich eine eigene Gemüsepflanze gezüchtet hab - den Kürzini! Er ist eine zufällige Kreuzung aus Hokkaido Kürbis und Zucchini. Meiner Meinung das perfekte Gemüse. Ich bin gerade nach Kreuzberg gezogen, um dort ein soziales Wohnprojekt mit Freunden zu starten; Leben im, mit und für den Kiez sozusagen. Aktuell kuriere ich eine Kreuzband-OP aus und beschäftige mich viel mit Social Media und Quatsch. Wenn ich nicht gerade ans Bett gefesselt bin, unternehme ich auch gerne Kurztrips mit ‚Florence the machine‘, meinem kleinen Mitsubishi L300 Bus und hänge natürlich mit Freunden ab. Berufsmäßig arbeite ich in der Evangelischen Kirche und versuche Jugendarbeit neu zu gestalten. Shoutout an das Beste Team von UNBOX Berlin ;-)

Wo oder für was engagierst du dich?

Mein Hauptengagment liegt auf der Notübernachtung am Containerbahnhof der Berliner Stadtmission. Das ist eine ganzjährige Notschlafstelle für ca. 100 obdachlose Männer, Frauen, and all in between, die sogar ihre Haustiere mitnehmen können. Außerdem ist die Halle als eine derwenigen in Berlin barrierefrei, was uns sehr wichtig ist. Vor ein paar Jahren habe ich hauptamtlich im Leitungsteam und als Sozialarbeiterin dort gearbeitet. Auch wenn sich mein Job geändert hat, bin ich nie ganz losgekommen.

Was sind dabei deine Aufgaben?

Ich kümmere mich um den Social Media Auftritt, versuche Kontakte zu knüpfen und so viele Spenden wie möglich zu akquirieren. Vor 2 Jahren kam mir die Idee der Amazon-Wunschliste, auf die die Mitarbeiter*innen und Gäst*innen Wünsche stellen können. Die werden dann an mich geschickt und ich bringe sie in die Notübernachtung. Das funktioniert nun schon so lange erstaunlich gut und macht mich sehr sehr glücklich. Ansonsten habe ich mit ein paar Mitarbeiter*innen in unserer Freizeit hinter der Halle einen Gemüsegarten angelegt und ein Gewächshaus gebaut. Dort haben wir mit ein paar Gäst*innen gegärtnert und selbst gezogenes Gemüse geerntet. Ansonsten mache ich ab und zu Führungen mit Jugendgruppen oder Spender*innen, damit die Hauptamtlichen genug Zeit für ihre Aufgaben haben, bringe Lebensmittel von Foodsharing vorbei und helfe, wo ich gebraucht werde. Manchmal biete ich auch Aktionen außerhalb der Reihe an wie Nähen, Pizza backen oder Bewerbungen schreiben.

Wieso engagierst du dich?

Mein Herz schlägt für soziale Gerechtigkeit, für Menschen ohne Lobby. Eine der vulneralsten Gruppen von Menschen in Deutschland sind Obdachlose. Häufig sind sie krank (psychisch und/oder physisch), großer Gewalt ausgesetzt und enorm vom Leben gebeutelt. In der Arbeit mit Obdachlosen sieht man, wie lose unser Hilfsnetz in Deutschland sein kann und wie schwierig es ist, aus eigener Kraft wieder Fuß zu fassen. Es tut mir weh zu sehen, dass Obdachlose häufig entmenschlicht werden und unsichtbar für die Gesellschaft sind. Ich will mich dafür einsetzen, dass Berührungsängste abgebaut werden. Außerdem ist ein großes Ziel von mir, dass Ehrenamt und soziales Engagement wieder en vogue wird. Leute sollen nicht fragen, OB man sich ehrenamtlich engagiert, sondern WO bzw WIE <3

In einem Wort: Engagement ist

notwendig.

Und zum Schluss: Hast du vielleicht eine schöne/lustige/inspirierende...Geschichte während deines Engagements erlebt? Wenn ja, teile sie doch gern mit uns:

Lustige und schöne Geschichten hab ich wie Sand am Meer, ich könnte eine komplette Stand-Up Show nur mit Stories aus der Notübernachtung füllen. :D (btw. Ne ziemlich gute Idee… Stand-Up for Charity)


Wir hatten einen älteren männlichen Gast, der gerne kurze Röcke getragen hat. Eines Tages saß er mit weit gespreizten Beinen im Gottesdienst - und hatte nichts drunter. Ich hab ganz vorsichtig zu ihm gesagt, dass er vielleicht die Beine ein wenig zusammentun soll, weil er keinen Schlüpfer an hat. Er protestierte lautstark, dass er sehr wohl einen Schlüpfer an hätte, woraufhin ich ihm mit Nachdruck widersprach. Er beugte sich komplett nach vorne über, um demonstrativ unter seinen Rock gucken zu können und stellte fest, dass ich Recht hatte. Daraufhin beschwerte er sich, dass wir ihm ja keinen kleinen Damenschlüpfer gegeben hätten, er den aber lieber mag. Gut, dass wir jetzt Damenschlüpfer auf unserer Amazon Liste haben :D


Eine Geschichte, die mich traurig und nachdenklich stimmte, ist folgende: Ich habe meine Nähmaschine mit in die Halle gebracht, um mit den Gästen kleine Nähprojekte zu machen. Ein Mann, der sich vorher sehr distanziert und grumpy verhielt, blieb neben mir stehen und starrte die Nähmaschine an und fragte, ob es meine sei. Ich bejahte und lud ihn ein mitzumachen. Er zögerte kurz, fragte dann aber ob er mir etwas zeigen dürfte. Ich ließ ihn an die Maschine und er erklärte mir haarklein, wie man eine eingelassene Tasche für Sakkos näht. Seine Bewegungen waren dabei unglaublich schnell und smooth – so etwas hatte ich noch nicht gesehen. Ich war sehr beeindruckt und er erzählte mir mit strahlenden Augen, dass er früher Modedesigner war und viele verschiedene Dinge genäht hat. Dann wurde er traurig und sagte, dass das lange her sei. Ich wollte ihn ermutigen, Nähen nochmal in Erwägung zu ziehen. Er sagte nur bitter: „Look at me. I’m nobody. I work at the construction area. How can someone like me do this?“. Daraufhin zog er sich zurück und redete den ganzen Abend kein Wort mehr mit mir.

Mimis Engagement hat dich inspiriert? Dann finde auch DU dein Herzensprojekt und mach die Welt ein kleines Stückchen besser. Jetzt in der App nach Engagementmöglichkeiten in deiner Umgebung suchen.

 

Über den Autor

Charis Antolovic

Charis ist unsere Ansprechpartnerin für Organisationen und Volunteers und sorgt dafür, dass diese "happy" sind. Deswegen schreibt sie auch so viele Artikel für die Akademie und den Blog: Sie möchte beiden Seiten einen Mehrwert bieten, Tipps geben und zu guten Taten inspirieren.


Info: https://letsact.de/post/volunteer-des-monats-august

25.08.2022

Weniger Geburten – woran liegt es?


In der Politik ist es manchmal wie bei der Grammatik.
Ein Fehler, den alle begehen,
wird schliesslich als Regel anerkannt.
André Malraux


Liebe Leserinnen, liebe Leser


Plötzlich wird überall ein markanter Geburtenrückgang festgestellt. In geradezu historischen Dimensionen. In der Schweiz zum Beispiel handelt es sich um den grössten Rückgang seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen im Jahr 1871 (wir berichteten). Im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Jahre 2019 bis 2021 ist für den Zeitraum Januar bis Mai 2022 ein Geburtenrückgang von 13,1 Prozent feststellbar.


In anderen Ländern sieht es ähnlich aus: Deutschland verzeichnet im bisherigen Jahr 10,8 Prozent weniger Geburten, in den Niederlanden wird ein Geburtenrückgang im ersten Halbjahr 2022 von 11 Prozent gemeldet und in Grossbritannien von 9 Prozent.


Der bisherige Rückgang im Jahr 2022 korreliert mit dem Zeitpunkt der ersten Massenimpfungen von Menschen zwischen 20 und 49 Jahren neun Monate zuvor. Ist diese Korrelation ein Zufall oder besteht ein kausaler Zusammenhang? Laut Prof. Konstantin Beck von der Universität Luzern ist eine Kausalität möglich, zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht erwiesen.


Gemäss einem Dokument des Datenanalysten Raimund Hagemann und zwei Mitunterstützern gibt es innerhalb der Schweiz grosse geografische Unterschiede: Regionen mit vergleichsweise höherer Impfquote (vor allem Stadtkantone) verzeichnen einen höheren Geburtenrückgang als Regionen mit einer tieferen Impfquote.


Was hat sich 2021 so plötzlich verändert verglichen mit den vergangenen 150 Jahren? Historisch betrachtet hat keine Gesellschaftskrise der jüngeren Vergangenheit zu einem ähnlich drastischen Geburtenrückgang geführt – weder die Spanische Grippe noch die Ölkrise oder ähnliche Ereignisse. Zumal der Ländervergleich und die regionalen Unterschiede (hohe Impfquote = hoher Geburtenrückgang) eine plausible Kausalität nahelegen, von der erwähnten zeitlichen Korrelation ganz zu schweigen.


Der allgemeine Unsicherheitsfaktor, der den Geburtenrückgang allenfalls erklären könnte, wäre wahrscheinlich mit dem Überraschungsmoment zu Beginn der Corona-Krise ab Februar/März 2020 grösser gewesen als Mitte 2021, sprich: Da hätte wohl bereits für 2021 ein drastischer Geburtenrückgang verzeichnet werden müssen, was aber nicht der Fall ist, im Gegenteil: 2021 sind in der Schweiz knapp 90’000 Kinder geboren worden, so viele wie letztmals vor 50 Jahren.


Vielmehr scheint es, als wolle man den «grössten Medizinskandal aller Zeiten» (Prof. Andreas Sönnichsen) partout nicht wahrhaben und die kolossalen politischen Fehler vertuschen. Selbst die Hersteller (z.B. BionTech in England) können es nicht ausschliessen, dass die Gen-Injektionen gegen Corona die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen.


Stand jetzt ist vieles Spekulation. Es müssten präzisere Nachforschungen erfolgen, etwa wie viele werdende Eltern sich «impfen» liessen. Mindestens bis nachgewiesen ist, ob ein kausaler Zusammenhang besteht, müssten die bedingten Zulassungen für die Gen-Injektionen gegen Corona sofort ausgesetzt werden. Wenn den Behörden wirklich so viel an der von ihnen besungenen Gesundheit liegt, müssten sie zumindest eingehende und unabhängige Untersuchungen veranlassen.


Herzliche Grüsse,

Armin Stalder


***


Passend zum Thema bei Transition News:


Info: https://transition-news.org/weniger-geburten-woran-liegt-es

25.08.2022

Die Lateinamerika-Offensive der EU      EU bereitet Lateinamerika-Offensive vor, um ihren geschwundenen Einfluss in der Region wiederzuerlangen. Anlass ist fehlende lateinamerikanische Unterstützung gegen Russland.

german-foreign-policy.com, 25. August 2022

BERLIN/BRÜSSEL/MADRID (Eigener Bericht) – Die EU kündigt eine Einflussoffensive in Lateinamerika an. Eine führende Rolle will Spanien übernehmen und dazu seine EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 nutzen. Um erste Vorbereitungen für einen neuen EU-Lateinamerika-Gipfel zu treffen, ist Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstag zu einer Reise in die Region aufgebrochen. Hintergrund ist der deutliche Einflussverlust der EU sowie Deutschlands in Lateinamerika, den deutsche Regierungsberater bereits im Juli angeprangert hatten. Ursache ist einerseits der rasante ökonomische Aufstieg Chinas, das auf dem Subkontinent längst zum aktuell wichtigsten Wirtschaftspartner geworden ist, zugleich aber auch ein ignoranter Umgang sowohl der USA als auch der Mächte Europas mit der Region; so ist die EU bis heute unfähig, ihren vor drei Jahren abschließend vereinbarten Freihandelsvertrag mit dem südamerikanischen Bündnis Mercosur zu ratifizieren. Auslöser für die neue Einflussoffensive ist insbesondere, dass die Staaten Lateinamerikas dem Westen im Machtkampf gegen Russland die Gefolgschaft verweigern und teils offene Kritik an der antirussischen Politik der westlichen Mächte üben.


Zitat: Wirtschaftliche Einflussverluste

Ausgangspunkt für die bevorstehende Einflussoffensive der EU in Lateinamerika ist die – nicht neue – Erkenntnis, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten in Mittel- und Südamerika erheblich an Einfluss verloren haben. Dies zeigt sich zunächst auf ökonomischer Ebene, wo China faktisch längst zur Nummer eins geworden ist. Das Land ist größter Handelspartner Südamerikas und zweitgrößter Handelspartner ganz Lateinamerikas nach den USA; darüber hinaus ist es zu einem der bedeutendsten Investoren auf dem Subkontinent aufgestiegen. Deutschland hingegen fällt zurück; exemplarisch dafür ist sein wirtschaftlicher Einfluss in Brasilien, seinem größten Handelspartner in Südamerika, wo es 2002 noch mit einem Anteil von 9,4 Prozent drittwichtigster Lieferant war, heute jedoch mit einem Anteil von nur 5,8 Prozent weit hinter China (22,1 Prozent) liegt.[1] Wirtschaftspolitisch tut sich die EU mit Ignoranz hervor. So ist sie bisher nicht in der Lage, das Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur, auf das sich beide Seiten vor über drei Jahren geeinigt hatten, zu ratifizieren.[2] Zugleich verschleppt sie die geplante Erneuerung der Freihandelsverträge mit Mexiko und Chile. Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin konstatierte im Juli dementsprechend „deutliche Positionsverluste bei Handel und Investitionen“.[3]


„Belehrung statt Impfstoffe“

Auch der politische Einfluss der EU schrumpft, ohne dass es der Union bislang gelungen wäre, gegenzusteuern. Pläne des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, wieder stärker Einfluss in Lateinamerika zu nehmen, scheiterten an der Pandemie, in der sich Brüssel – anders als Beijing und Moskau – vor allem mit der Verweigerung von Impfstofflieferungen hervortat [4]; „keine Impfstoffe, dafür Demokratiebelehrung“, so kritisieren Beobachter [5]. Es kommt hinzu, heißt es mittlerweile selbstkritisch bei der Union, dass man sich in den vergangenen Jahren in den Ländern an den EU-Außengrenzen verkämpft habe – so etwa in Syrien und in Libyen, heute insbesondere in der Ukraine.[6] Zur selben Zeit sei es China gelungen, 21 der 35 Staaten Lateinamerikas und der Karibik zur Teilnahme an der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) zu gewinnen und dadurch seinen Einfluss klar zu steigern. Deutlich geschwächt ist dabei inzwischen auch die Stellung der Vereinigten Staaten, der traditionellen Vormacht in der Region. Kürzlich hielten US-Experten in der Fachzeitschrift Foreign Affairs fest, es gebe eine „gewaltige Lücke zwischen Washingtons Anspruch auf bedeutungsvolle Führung“ in Lateinamerika „und seiner gleichzeitig zu beklagenden Gleichgültigkeit gegenüber der Region“.[7] Die Rede war vom „postamerikanischen Lateinamerika“.


Fatale Sanktionen

Sorgen bereitet Brüssel zur Zeit vor allem, dass die Staaten Lateinamerikas dem Westen im Machtkampf gegen Russland nicht zur Seite stehen. So haben zwar Anfang März die meisten von ihnen in der UN-Generalversammlung den russischen Überfall auf die Ukraine verurteilt. An den umfassenden Wirtschaftssanktionen, die Russland „ruinieren“ sollen (Annalena Baerbock), beteiligen sie sich jedoch nicht – mit Ausnahme diverser kleiner Karibikstaaten, die gewisse Maßnahmen gegen russische Oligarchen unterstützen. Die Wirtschaftssanktionen werden in Lateinamerika, wie kürzlich der frühere Präsident des Europaparlaments und heutige Vorsitzende der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, Martin Schulz, schilderte, offen abgelehnt, weil sie dazu beitragen, die Energie- und Nahrungsmittelpreise in die Höhe zu treiben. Auf einer Reise nach Brasilien, Uruguay und Argentinien sei ihm deutlich gemacht worden, berichtete Schulz: „Für euch reiche Europäer sind die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise verkraftbar. Für uns bedeutet das aber teilweise Hunger in der Bevölkerung, teilweise den Absturz der Mittelschicht“.[8]


Kritik am Westen

Hinzu kommt, dass die Regierungen Lateinamerikas sich politischer Unterstützung für die Ukraine verweigern und teils sogar offene Kritik an der antirussischen Politik der westlichen Staaten üben. So hat sich etwa der Staatenbund Mercosur ausdrücklich geweigert, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskyj öffentlichkeitswirksam auf seinem Gipfel am 21. Juli in Asunción sprechen zu lassen.[9] In Chile war zuvor ein Versuch des ultrarechten Partido Republicano gescheitert, einen Auftritt Zelenskyjs vor dem chilenischen Parlament zu ermöglichen. Erst vor wenigen Tagen gelang es der chilenischen Rechten, Zelenskyj eine Videoansprache an der Universidad Católica de Chile zu ermöglichen. Präsident Gabriel Boric und Außenministerin Antonia Urrejola waren eingeladen, blieben dem Event aber fern.[10] Bereits im April hatte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador kritisiert, die westlichen Mächte hätten, obwohl sie die Mittel dazu besessen hätten, „nichts“ getan, um den Ukraine-Krieg zu verhindern.[11] Der in Umfragen klar führende brasilianische Präsidentschaftskandidat Luiz Inácio Lula da Silva übte im Mai scharfe Kritik am Krieg, erklärte jedoch, „auch die USA und die EU“ trügen „Schuld“: Sie hätten Kiew ohne weiteres den Beitritt zu NATO und EU verweigern können – und „das hätte das Problem gelöst“.[12]


Wille ohne Weg

In einem aktuellen Papier des Europäischen Auswärtigen Dienstes heißt es nun, zahlreiche Regierungen in Lateinamerika seien heute „weniger auf den Atlantik fokussiert und offener für alternative Allianzen als für traditionelle“ wie diejenigen mit den USA und der EU.[13] „Die EU muss ihr multilaterales Engagement mit den Ländern Lateinamerikas und der Karibik mit Blick auf zunehmende Konkurrenz von China, Russland und anderen systematisch verstärken“, heißt es weiter. Man benötige einen „qualitativen Sprung“ in der Intensität der Beziehungen zu dem Subkontinent. Spanien will eine neue Einflussoffensive der EU in Lateinamerika während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 vorantreiben und dazu einen EU-Lateinamerika-Gipfel organisieren; zur Vorbereitung ist Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstag zu Besuchen nach Kolumbien, Ecuador und Honduras aufgebrochen.[14] Der bislang letzte Gipfel fand bereits im Jahr 2015 statt. Dabei ist unklar, wie die EU bisher nicht vorhandene Ressourcen in einer Zeit mobilisieren will, in der sie unter der Last dramatisch gestiegener Energiepreise, hoher Inflationsraten, einer drohenden Verarmungswelle in den Mitgliedstaaten und eines andauernden Krieges in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ächzt – ganz zu schweigen von ihrem Scheitern in Bosnien-Herzegowina [15] oder in Mali [16] sowie vom hochgefährlich eskalierenden Machtkampf gegen China [17].

 

[1] S. dazu Kräfteverschiebungen in Lateinamerika.

[2] S. dazu Freihandel mit Folgen.

[3] Günther Maihold: Amerika-Gipfel mit hemisphärischen Divergenzen. Warum Lateinamerika auf Unabhängigkeit setzt und was das für Europa bedeutet. SWP-Aktuell 2022/A 42. Berlin, 07.07.2022.

[4] S. dazu Die Welt impfen und Die Pandemie als Chance (II).

[5] Alexander Busch: Keine Impfstoffe, dafür Demokratiebelehrung: Europa und die USA müssen stärker um Partner in Lateinamerika werben. handelsblatt.com 06.06.2022.

[6] Bernardo de Miguel: Brussels prepares diplomatic offensive to stop the advance of China and Russia in Latin America. english.elpais.com 18.08.2022.

[7] Michael Shifter, Bruno Binetti: A Policy for a Post-American Latin America. foreignaffairs.com 03.06.2022.

[8] Oliver Noyan: Martin Schulz: Die EU hat Lateinamerika zu lange vernachlässigt. euractiv.de 16.08.2022.

[9], [10] Marta Andujo: Präsident der Ukraine ruft Lateinamerika zum Abbruch von Handelsbeziehungen mit Russland auf. amerika21.de 21.08.2022.

[11] Vilma Guzmán: Ukraine-Krieg: Kritik in Lateinamerika an Ausschluss Russlands aus Menschenrechtsrat. amerika21.de 09.04.2022.

[12] Ciara Nugent: Lula Talks to TIME About Ukraine, Bolsonaro, and Brazil’s Fragile Democracy. time.com 04.05.2022.

[13] Bernardo de Miguel: Brussels prepares diplomatic offensive to stop the advance of China and Russia in Latin America. english.elpais.com 18.08.2022.

[14] Fernando Heller: Spain to organise EU-Latin America-Caribbean summit in 2023. euractiv.com 24.08.2022.

[15] S. dazu Zurück auf Los (II).

[16] S. dazu Kampf um Mali (I) und Kampf um Mali (II).

[17] S. dazu Die zweite Front der Bundeswehr und Schäden im Wirtschaftskrieg.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9004

25.08.2022

nuklearer Showdown in der Ukraine? Unwahrscheinlich!

aus e-mail von Doris Pumphrey, 25. August 2022, 20:14 Uhr


(…) /"Dieser Krieg wird als strategischer russischer Sieg in die

Geschichte eingehen. Russland wird die Ausweitung der NATO beendet, ein

gefährliches Nest von Naziideologie in der Ukraine zerstört, die

europäische Sicherheit durch die Untergrabung der NATO neu definiert und

das russische militärische Können gezeigt haben, eine wichtige

Abschreckung."/


https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/147009-nuklearer-showdown-in-ukraine-unwahrscheinlich/

25.8.2022

*Ein nuklearer Showdown in der Ukraine? Unwahrscheinlich!


*/Eine Analyse von Scott Ritter/


Eine der größten Befürchtungen der "Realisten" bezüglich des Konflikts

zwischen Russland und der Ukraine ist tatsächlich unbegründet. Die USA

werden nicht direkt eingreifen, weil es für Washington keine

existentielle Krise ist – es hat bei Kiews unvermeidlicher Niederlage

wenig zu verlieren.


Befürchtungen, dass sich der Ukraine-Konflikt jetzt in einer Art Patt

festgefahren hat, welches die Gefahr schafft, dass eine der beteiligten

Parteien gefährlich eskaliert, um den Sieg zu erreichen, sind

unangebracht. Es gibt nur einen Sieger im Ukraine-Konflikt, und das ist

Russland. Nichts kann etwas an dieser Wirklichkeit ändern.


Der angesehene amerikanische Intellektuelle John Mearsheimer hat einen

wichtigen Artikel über den Konflikt geschrieben, mit dem Titel "Spiel

mit dem Feuer in der Ukraine: die unterschätzten Risiken katastrophaler

Eskalation". Der Artikel malt ein düsteres Bild sowohl von der Natur des

Krieges in der Ukraine (verlängertes Patt) wie auch des wahrscheinlichen

Ergebnisses (entschiedene Eskalation durch eine der beteiligten Seiten,

um die Niederlage abzuwenden).


Die Voraussetzungen, die Mearsheimers Sicht zu Grunde liegen, sind

jedoch fundamental mangelhaft. Russland hat die strategische Initiative

– militärisch, politisch und wirtschaftlich –, wenn es um den Krieg in

der Ukraine, wie auch, wenn es um den größeren Stellvertreterkrieg mit

der NATO geht. Des Weiteren sind weder die USA noch die NATO in der

Position, zu eskalieren, entscheidend oder nicht, um einen russischen

Sieg zu verhindern, und Russland seinerseits bedarf keiner

entsprechenden Eskalation.


Kurz gesagt, der Ukraine-Konflikt ist vorbei, und Russland hat gesiegt.

Alles, was bleibt, ist ein langes und blutiges Aufräumen.


Der Schlüssel, um zu begreifen, wie Mearsheimer so falsch liegen konnte,

ist, seine Sicht auf die Ziele sowohl der USA als auch Russlands

diesbezüglich zu untersuchen. Laut Mearsheimer haben, "seit der Krieg

begann, sowohl Moskau als auch Washington ihre Ziele bedeutend erhöht,

und beide sind jetzt völlig entschlossen, den Krieg zu gewinnen und

entscheidende politische Ziele zu erreichen".


Diese Passage ist besonders schwer zu zergliedern. Zuallererst ist es

äußerst schwierig, eine solide Grundlage zu finden, wenn es darum geht,

die "Ziele" der USA Russland und die Ukraine betreffend zu bewerten. Die

Regierung von Joe Biden erbte eine Politik, die in der Ära des

US-Präsidenten George W. Bush entworfen und unter der Mannschaft von

Barack Obama teilweise umgesetzt wurde (in der Biden eine wichtige Rolle

spielte). Das war eine sehr aggressive Politik, die sich darauf

richtete, Russland zu untergraben, mit dem Ziel, den russischen

Präsidenten Wladimir Putin derart zu schwächen, dass er durch jemanden

ersetzt würde, der eher bereit ist, einer von den USA vorgegebenen

politischen Linie zu folgen.


Aber man kann nicht so tun, als gäbe es nicht vier Jahre Politik der

Regierung Trump, die damals das gegen Putin – und, erweitert, gegen

Russland – gerichtete Narrativ, das die Regierung Obama verfolgte, auf

den Kopf stellte. Während es Trump nie gelang, seine Herangehensweise

des "Warum können wir nicht Freunde sein?" an die Diplomatie zwischen

den USA und Russland durchzusetzen, gelang es ihm doch, zwei

bedeutendere Säulen, auf denen die Politik der Obama-Ära beruhte, zu

untergraben: die Einheit der NATO und die ukrainische Solidarität.


Die Regierung Biden war nie imstande, die Richtung der Politik der

Obama-Ära wiederzubeleben, ihre kurz- wie langfristigen Ziele gegen

Putin eingeschlossen. Trumps Untergrabung von Einheit und Zweck der NATO

brachte, zusammen mit dem erniedrigenden Rückzug aus Afghanistan, den

Block zum Zögern, als es darum ging, der Herausforderung eines

russischen Staates zu begegnen, der entschlossen war, das, was er als

seine legitimen nationalen Sicherheitsinteressen sah, energischer

durchzusetzen, einschließlich einer neuen europäischen

Sicherheitsordnung, die den Gedanken einer russischen "Einflusssphäre"

respektiert.


Stattdessen wurde der Welt das Spektakel serviert, in dem Joe Biden sein

russisches Gegenstück gleich einem Cartoon mit Kommentaren wie "Er ist

ein Mörder" beleidigte und währenddessen Versprechungen bezüglich

diplomatischer Initiativen machte (Druck auf die Ukraine auszuüben,

Minsk II zu akzeptieren, "ernsthafte" Verhandlungen über Waffenkontrolle

zu führen), die umzusetzen sich seine Regierung als unfähig oder

unwillig erwies.


Als sie es mit der Realität eines russischen Militäraufgebots um die

Ukraine zu tun bekam, war das Beste, was die Regierung Biden tun konnte,

leere militärische Drohungen auszustoßen und noch leerere Drohungen mit

"bedeutenden und nie dagewesenen" Wirtschaftssanktionen, sollte Russland

militärisch eingreifen.


Tatsächlich sind es die USA, die, auch wenn Regierungsvertreter

großspurig davon reden, dem russischen Militär durch die Lieferung von

Waffen im Wert von vielen Milliarden Dollar an die Ukraine über den

Stellvertreter Schaden zuzufügen, durch die fortgesetzten Verluste der

ukrainischen Stellvertreterarmee und die Zerstörung des zur

Unterstützung gelieferten Materials eine Niederlage erleiden. Die USA

haben sich, wie ihre NATO-Alliierten, bei der Verkündung kühner

Erklärungen über Ziele und Absichten wirklich hervorgetan, aber als

schwach erwiesen, wenn es darum geht, sie in die Praxis umzusetzen.


Das ist der Zustand der US-amerikanischen "Ambitionen" bezüglich der

Ukraine heute – viel Rhetorik, keine bedeutende Handlung. Jegliche

Befürchtung bezüglich einer militärischen Intervention der USA und/oder

der NATO in der Ukraine muss mit der Wirklichkeit abgewogen werden, dass

heiße Luft keinen kalten Stahl erzeugt; die Politiker der USA mögen

kundig darin sein, die Seiten gefügiger Mainstream-Medien mit

beeindruckend klingenden Wörtern zu füllen, aber weder das US-Militär

noch seine NATO-Verbündeten sind imstande, die Art bedeutender

militärischer Kapazitäten zu liefern, die es bräuchte, um Russland auf

dem Boden der Ukraine wirksam herauszufordern.


Diese Realität begrenzt die Breite und das Ausmaß jeder möglichen

Absicht der USA in der Ukraine. Am Ende des Tages gibt es für Washington

nur einen Weg nach vorne – weiterhin Milliarden an Steuergeldern

vergeuden, um Militärausrüstung in die Ukraine zu schicken, die keine

Chance hat, das Ergebnis auf dem Schlachtfeld zu ändern, um das

heimische amerikanische Publikum davon zu überzeugen, dass seine

Regierung in vergeblichem Bemühen "das Richtige tut".


Es gibt weder für die USA noch die NATO in der Ukraine eine

"militärische Option", weil es, einfach gesagt, kein Militär gibt, das

imstande wäre, eine solche Option tatsächlich umzusetzen.


Diese Schlussfolgerung ist entscheidend, um Russlands "Ambitionen" zu

verstehen. Anders als die USA hat Russland seine Ziele klar und genau

formuliert, warum es entschieden hat, seine Streitkräfte in die Ukraine

zu schicken. Man kann sie folgendermaßen beschreiben: dauerhafte

ukrainische Neutralität (d.h. keine NATO-Mitgliedschaft), die

Entnazifizierung der Ukraine (die dauerhafte Auslöschung der widerlichen

nationalistischen Ideologie des Stepan Bandera) und die

Demilitarisierung des Staates – die Zerstörung und Auslöschung aller

Spuren der NATO-Einmischung in die Sicherheitsfragen der Ukraine.


Diese drei Ziele geben nur die unmittelbaren Ziele des speziellen

Militäreinsatzes in der Ukraine wieder. Das endgültige Ziel – eine

umgeformte europäische Sicherheitsarchitektur, in der die gesamte

NATO-Infrastruktur auf ihre Grenzen von 1997 zurückgezogen wird –

verbleibt als nicht verhandelbare Forderung, die behandelt werden wird,

wenn Russland seinen militärischen und politischen Sieg in der Ukraine

endgültig gesichert hat.


Kurz gesagt, Russland siegt auf dem Boden der Ukraine, und es gibt

nichts, was die USA oder die NATO tun können, um dieses Ergebnis zu

ändern. Und wenn Russland diesen Sieg einmal gesichert hat, wird es in

einer weit stärkeren Position sein, darauf zu bestehen, dass seine

Sorgen um eine funktionsfähige europäische Sicherheitsarchitektur

respektiert und umgesetzt werden.


Mearsheimer glaubt, dass die Lage in der Ukraine sowohl den USA als auch

Russland "starke Anreize gibt, um Wege zum Sieg zu finden, und,

wichtiger noch, die Niederlage zu vermeiden".


Am Ende des Tages ist der Konflikt in der Ukraine weder für die USA noch

für die NATO existentiell; eine Niederlage in der Ukraine ist ein

weiterer Rückschlag – Afghanistan auf Speed. Aber eine ukrainische

Niederlage bedroht, aus sich selbst heraus, weder die NATO mit dem

Zusammenbruch, noch verkündet sie das Ende der amerikanischen Republik.


Einfach gesagt, Mearsheimers Furcht, dass eine Niederlage in der Ukraine

"bedeutet, dass die Vereinigten Staaten sich den Kämpfen anschließen,

entweder, weil sie verzweifelt siegen, oder, weil sie eine ukrainische

Niederlage verhindern wollen", ist unbegründet.


So ist es auch mit seiner Vorhaltung, dass "Russland nukleare Waffen

gebrauchen könnte, wenn es verzweifelt siegen will oder vor einer

unmittelbaren Niederlage steht, was wahrscheinlich wäre, wenn US-Truppen

in die Kämpfe hineingezogen würden". Russland "steht" weder "vor der

Niederlage", noch hat es existentiell irgendetwas von einer

militärischen Intervention der USA zu fürchten, die sich, in jeder

praktischen Hinsicht, nicht materialisieren könnte, selbst wenn die USA

so kühn sein wollten.


Mearsheimer schließt seinen Artikel mit der Bemerkung, "diese

gefährliche Situation schafft einen mächtigen Anreiz, eine diplomatische

Lösung für den Krieg zu finden".


Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. So, wie die USA

unwillig waren, in den Konflikten gegen Nazideutschland und das

japanische Kaiserreich eine "diplomatische Lösung" zu suchen, so wäre

Russland abgeneigt, sich mit irgendwelcher Diplomatie zu befassen, die

ihm die volle Umsetzung seiner Kernziele verwehrt.


Damals im März antwortete ich auf einen Tweet von Joe Biden, in dem

dieser erklärte, "Es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Krieg für

Russland bereits ein strategisches Scheitern ist", mit der Aussage:

/"Dieser Krieg wird als strategischer russischer Sieg in die Geschichte

eingehen. Russland wird die Ausweitung der NATO beendet, ein

gefährliches Nest von Naziideologie in der Ukraine zerstört, die

europäische Sicherheit durch die Untergrabung der NATO neu definiert und

das russische militärische Können gezeigt haben, eine wichtige

Abschreckung."/

Diese Worte haben damals gestimmt, und sie stimmen heute.

25.08.2022

text


24.08.2022

Ukraine-Konflikt   Eskalation des Konflikts: Ukrainische Terrorakte und Beschuss des AKW

anti-spiegel.ru, 24. August 2022 17:33 Uhr

Die Ukraine muss den Konflikt eskalieren und tut derzeit alles, um eine härtere russische Reaktion zu provozieren.


Zitat: Der Enthusiasmus im Westen, die Ukraine mit allen Mitteln zu unterstützen, schwindet. Wurden nach dem Beginn des Konfliktes Milliarden aus dem Westen in Form von finanziellen Hilfen und Waffenlieferungen nach Kiew gepumpt, hat dieser Strom nun merklich nachgelassen. Neue Versprechen des Westens werden seltener, Waffenlieferungen erst recht. Wenn zum Beispiel die deutsche Regierung großspurig neue Präzisionsmunition verspricht, ist die Rede von Munition, die erst noch produziert werden muss und daher nicht so bald zur Verfügung steht. So sieht es derzeit fast überall aus.


Die Lage

Hinzu kommt, dass die westlichen Regierungen aufgrund ihrer eigenen Sanktionen immer mehr mit ihren eigenen Problemen und den Folgen der Sanktionen zu kämpfen haben. Die Begeisterung westlicher Regierungen, der eigenen Bevölkerung zusätzlich zu den ohnehin schon kommenden Entbehrungen weitere aufzubürden, schwindet. Auch wenn EU-Chefdiplomat Borrell inzwischen offen gesagt hat, man sei im Krieg und die Menschen müssten den Preis für die Verteidigung der Freiheit zahlen und andere Politiker dem zustimmen, wächst der Widerstand, wie zum Beispiel der offene Brief von Handwerksvereinigungen gezeigt hat, in dem Bundeskanzler Scholz offen gesagt wurde, dass die Kunden der Handwerker nicht der Meinung sind, das wäre ihr Krieg und dass sie nicht bereit sind, ihren Wohlstand für die Ukraine zu opfern.

Dass Außenministerin Baerbock offen vor Aufständen in Deutschland gewarnt hat, die im Herbst drohen, zeigt, dass die Nervosität wächst. Dass die Bundeswehr nun auch der Polizei Amtshilfe leisten darf, also offenbar gegen Proteste in Deutschland eingesetzt werden darf, ist ein weiterer Beleg für die Nervosität der Regierung. Und in vielen anderen westlichen Ländern ist Stimmung ähnlich.


In Kiew weiß und spürt man das natürlich, also wächst dort der Druck, den internationalen Fokus auf dem Geschehen in der Ukraine zu halten. Dazu braucht es nun einmal neue Horrormeldungen. Diese jedoch sind nur dann zu erwarten, wenn es Kiew gelingt, Russland zu einem härteren Vorgehen zu provozieren.


Wenn man die Situation aus diesem Blickwinkel betrachtet, macht sogar der Beschuss des AKW in Saporischschja Sinn. Kiew mag darauf hoffen, zum Beispiel einen „kleinen“ Atomunfall provozieren zu können, indem zum Beispiel ein Lager für abgebrannte Brennstäbe beschädigt wird. Aber das Risiko des Beschusses ist unkalkulierbar.


Die westlichen Medien spielen das Spiel jedoch mit und beschuldigen Russland, das unter russischer Kontrolle stehende AKW selbst zu beschießen. Das westliche Publikum wird auf einen möglichen Atomunfall vorbereitet und der Schuldige wird – ganz im Sinne Kiews – bereits im Vorwege von den westlichen Medien benannt. Für Kiew ist das ein Freifahrtsschein, um mit dem Wahnsinn fortzufahren.


Die roten Linien

Wer die Kampfhandlungen beenden – oder zumindest deeskalieren – will, der muss dafür sorgen, dass Kiew den Beschuss des AKW, den Beschuss ziviler Ziele im Donbass und erst recht Angriffe auf russisches Staatsgebiet unterlässt. Solche Aktionen zwingen die russische Seite dazu, die ukrainische Armee weiter zurückzudrängen, um den Beschuss dieser Ziele zu unterbinden.

Der Westen tut jedoch das Gegenteil und liefert Kiew stattdessen Waffen mit immer größerer Reichweite, mit denen Kiew diesen Beschuss fortsetzen kann. Russland hat Angriffe auf sein Staatsgebiet und auf zivile Ziele dort als rote Linie bezeichnet, was Kiew wohl als Motivation versteht, genau diese Angriffe durchzuführen.


Die Krim

Ob es einem gefällt oder nicht, Russland sieht die Krim als sein Hoheitsgebiet an. Daher gelten diese roten Linien auch und gerade für die Krim. Wenn der Westen eine weitere Eskalation vermeiden wollte, würde er Kiew von Angriffen auf die Krim zurückhalten.


Es geschieht aber das Gegenteil. Eine Pentagon-Sprecherin wurde vor einigen Tagen danach gefragt und ihre Antwort war eindeutig:

„Es besteht kein Zweifel, dass die amerikanische Politik die Krim als ukrainisch betrachtet. Ich möchte mich in diesem Punkt klar ausdrücken. Wir leisten Unterstützung für die Ukraine. Sie haben HIMARS erwähnt, aber die USA übermitteln auch Geheimdienstinformationen, damit die Ukraine ihr ganzes Gebiet verteidigen kann.“

Das bedeutet im Klartext, dass die USA ukrainische Angriffe auf die Krim ausdrücklich gutheißen und sogar unterstützen.


Dass die USA Aufklärungsdaten, auch Satellitenbilder, in Echtzeit an die Ukraine weitergeben, wurde in den USA schon öfters bestätigt. Das macht die USA rein völkerrechtlich bereits zu einer Kriegspartei in dem Konflikt. Hinzu kommt, dass die USA bei der Zielauswahl der HIMARS-Raketenwerfer das letzte Wort haben, die Ukraine beschießt mit diesen Waffen kein Ziel, das von den USA nicht abgesegnet wurde.


Für die HIMARS gibt es unterschiedliche Raketen mit unterschiedlicher Reichweite. Offiziell haben die USA der Ukraine nur Raketen mit einer Reichweite von etwa 80 Kilometer geliefert, im Donbass wird jedoch berichtet, es seien auch bereits HIMARS-Raketen mit der maximalen Reichweite von 300 Kilometern in der Ukraine angekommen. Das wurde bisher als russische Propaganda abgetan und bestritten.


Umso interessanter ist es, dass ausgerechnet der Spiegel in einem langen Artikel über die ukrainischen Angriffe auf die Krim schreibt:

„Ukrainische und amerikanische Offizielle dementierten Lieferungen von Artilleriemunition mit erhöhter Reichweite zuletzt aber nur vorsichtig. Es könnte sich beispielsweise um Raketen-Artillerie vom Typ ATACMS handeln, die bis zu 300 Kilometer weit reicht. Die USA hatten unter der Hand bereits AGM-88-Raketen und Excalibur-Artilleriegeschosse geliefert und dies erst später offiziell bestätigt.“

ATACMS sind die genannten HIMARS-Raketen mit 300 Kilometer Reichweite und der Spiegel berichtet in seinem Artikel über die Explosion in einem russischen Militärstützpunkt auf der Krim:

„Im Fall der Luftwaffenbasis Saki sind sich selbst Experten nicht sicher, ob die Explosionen von Bodentruppen oder von ballistischen Raketen verursacht wurden.“

Die HIMARS-Raketen sind nur schwer abzufangen und stellen daher ein Problem für Russland dar. Ich habe in meiner Analyse über die Explosionen auf der Krim bereits geschrieben, dass ich davon ausgehe, dass dabei auch diese Raketen zum Einsatz gekommen sind. Dass nun ausgerechnet der Spiegel das – zumindest vorsichtig – bestätigt, ist bemerkenswert.

Offensichtlich unterstützen die USA Kiew dabei, Russland zu einer harten militärischen Reaktion zu zwingen, indem sie Angriffe auf Ziele auf der Krim zulassen, die für Russland rote Linien darstellen.


Die Krimbrücke

Nach der Wiedervereinigung der Krim mit Russland hat Russland im Rekordtempo die Krimbrücke gebaut, die Russland mit der Krim verbindet. Über die Brücke führen eine Autobahn und eine Zugverbindung. Diese Brücke ist für die Versorgung der Bevölkerung auf der Krim extrem wichtig. Und übrigens auch für die Bevölkerung der von Russland kontrollierten Teile der Ukraine, denn deren Versorgung wird durch Zugverbindungen über die Krim sichergestellt.


Ukrainische Militärs sagen offen, dass das „Ziel Nummer 1“ für sie die neue Krimbrücke ist. Ein Angriff auf die Brücke würde sicher eine sehr heftige russische Reaktion auslösen. Der ukrainische Abgeordnete Alexej Gontscharenko, Mitglied der Fraktion von Poroschenkos Partei, hat am 11. August auf Telegram erklärt, zusammen mit dem britischen Verteidigungsminister Ben Wallace schon im Juni einen Plan zur Zerstörung der Krimbrücke besprochen zu haben. Alleine solche Gespräche unter aktiver Teilnahme des NATO-Staates Großbritannien wären eine weitere direkte Kriegsbeteiligung der NATO.


In dem schon zitierten Artikel äußert sich der Spiegel auch über die Krimbrücke:

„Auf der Krim heulen fast allabendlich die Luftalarmsirenen, und dass die Brücke, die russisches Festland und Krim verbindet, explodiert, ist schon lange kein Hirngespinst mehr.“

Der Beschuss des AKW

Ich habe schon oft über den Beschuss des AKW Saporischschja berichtet und die deutschen Medienberichte darüber sind ebenfalls hinlänglich bekannt. Dass es Kiew ist, dass das AKW beschießt, kann kaum bezweifelt werden. Das zeigen auch die Erklärungen aus Kiew, die zwar mal Russland beschuldigen, das unter russischer Kontrolle stehende AKW selbst zu beschießen, dann aber wieder offen erklären, das AKW sei für Kiew ein legitimes Ziel, weil da angeblich russische Waffen gelagert würden.


In russischen Medien lösen die Erklärungen aus Kiew, Russland beschieße sich selbst, nur noch bitteres Lachen aus, denn wenn der Beschuss ziviler Ziele im Donezk nicht zu leugnen ist, wird eben behauptet, Russland schieße auf seine eigenen Zivilisten oder werfe die völkerrechtswidrigen Blattminen selbst über Donezk ab. Gleiches gilt für das AKW: Russland beschießt sich eben ständig selbst, so zumindest wird es aus Kiew gemeldet und von den westlichen Medien übernommen.


Ich will hier – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit – aktuelle Beispiele für ukrainischen Beschuss des AKW in Saporischschja aufzählen. Am 13. August sind neun Artilleriegranaten auf dem Gebiet des AKW eingeschlagen. Am 15. August wurde die Stadt Energodar, bei der das AKW liegt, über eine Stunde lang mit Artillerie beschossen. Dabei wurde zivile Infrastruktur beschädigt und es gab eine Explosion auf dem Gelände des AKW. Am 20. August wurde das AKW-Gelände mit aus dem Westen gelieferter Langstreckenartillerie beschossen.


Ebenfalls am 20. August meldete Russland Details über einen Vorfall vom 31. Juli. An dem Tag sind mehrere russische Soldaten in dem Gebiet des AKW mit schweren Vergiftungserscheinungen in ein Militärspital eingeliefert worden. Am 20. August meldete das russische Militär, dass Experten des Zentralen Instituts für Militärmedizin in St. Petersburg bei den Soldaten ein organisches Toxin künstlicher Herkunft nachgewiesen hätten. Bei dem Giftstoff handele es sich um Botulinumtoxin vom Serotyp B.


Terror in Russland

Einige Vorfälle auf der Krim scheinen auf Schläferzellen zurückzugehen, die auf der Krim aktiv geworden sind. Das ist die Strategie von Gladio, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt haben. Damals haben die USA in allen westeuropäischen Ländern Geheimarmeen aufgebaut, die bei Bedarf Terror verbreiten sollten. Sie waren, wie man seit 1990 weiß, für die schwersten Terroranschläge in Italien verantwortlich, die vorher der Terrorgruppe der Roten Brigaden angelastet wurden.


Genau dieses Prinzip scheint Kiew – sicher mit Hilfe der Erfahrung der CIA – auch in der Ukraine anzuwenden. In den russisch kontrollierten Gebieten kommt es zu Mordanschlägen auf pro-russische Regierungsbeamte und auf zivile Objekte. Auch einige Vorfälle auf der Krim scheinen auf das Konto solcher Zellen zu gehen. Diese Aktionen haben keinen militärischen Zweck, sie sollen einzig und allein Terror und Angst verbreiten.


Das gleiche gilt für den feigen Mord an der russischen Journalistin Darja Dugina, die am Samstag mit einer Autobombe in die Luft gesprengt wurde. Das hat zu einer großen Welle der Empörung in Russland geführt und ist seitdem Thema Nummer 1 in allen Nachrichtensendungen. Der Druck auf die russische Regierung, darauf mit einer möglicherweise härteren Gangart in der Ukraine zu reagieren, wächst dadurch weiter.


Auch dieser Mord hat nur den Zweck, Terror unter all jenen zu verbreiten, die als Journalisten in Russland arbeiten. Dass russische Journalisten im Donbass für die Ukraine legitime Ziele sind, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Es sind auf russischer Seite bereits mehrere Journalisten verletzt oder getötet worden, auf ukrainischer Seite hingegen nicht. Das ist ein weiterer Beleg dafür, wie unterschiedlich die ukrainische und die russische Armee vorgehen: Die Ukraine schießt bewusst auf Journalisten, Russland nicht.


Wie reagiert Russland?

Russland reagiert bisher zurückhaltend auf all diese Vorfälle, obwohl ich bei Gesprächen in Moskau gehört habe, dass alle Experten erwarten, dass Russland demnächst mit einem harten Gegenschlag reagieren dürfte. Diese Entwicklung habe ich Ende Juli bereits vermutet. Bisher ist die harte russische Reaktion ausgeblieben, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht noch kommt.

Russland steht mit dem Rücken zur Wand, denn es ist gezwungen, sein eigenes Staatsgebiet vor ukrainischen Angriffen zu schützen, von den vom Beschuss des AKW ausgehenden Risiken ganz zu schweigen. Mit der bewussten Eskalation, die die Ukraine betreibt, und die offensichtlich von den USA unterstützt wird, wird Russland immer stärker unter Druck gesetzt, hart zu reagieren.

Militärisch sind diese ukrainischen Angriffe sinnlos, sie sollen lediglich Terror verbreiten und die russische Regierung reizen. Ob, wann und wie Russland reagiert, steht in den Sternen, aber eine weitere Eskalation scheint fast unvermeidbar zu sein.


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2022/eskalation-des-konflikts-ukrainische-terrorakte-und-beschuss-des-akw


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Fortschritt für Venezuela

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. August 2022, 19:42 Uhr


https://de.rt.com/amerika/146947-venezuela-schlaegt-kolumbien-sonderwirtschaftszone-im-grenzgebiet-vor/

24.8.2022

*Venezuela schlägt Kolumbien Sonderwirtschaftszone im Grenzgebiet vor


*Venezuela will im Grenzgebiet zu Kolumbien ein wirtschaftliches

Experiment in Gang setzen. Caracas plant eine Sonderwirtschaftszone, die

den Handel zwischen den Ländern ankurbeln soll. Indes wird für Venezuela

für dieses Jahr ein hohes Wirtschaftswachstum prognostiziert.


Nicolás Maduro hat am Dienstag bei einem Treffen mit Unternehmern in

Caracas eine besondere Handels-, Wirtschafts- und Produktionszone an der

Grenze zu Kolumbien in Aussicht gestellt. Venezuelas Staatschef kündigte

<https://www.telesurtv.net/news/venezuela-propondra-colombia-crear-zona-economico-binacional-20220823-0027.html

an, er werde seinem kolumbianischen Amtskollegen Gustavo Petro

vorschlagen, in der Region zwischen dem venezolanischen Bundesstat

Táchira und der kolumbianischen Provinz Norte de Santander eine

zwischenstaatliche Sonderwirtschaftszone ins Leben zu rufen.

/"Es wird eine zwischenstaatliche Zone der Entwicklung in den Bereichen

Handel, Wirtschaft und Produktion sein. Es ist Zeit, dass wir sie

aufbauen!"/


Maduro gab bekannt, dass die geplante Sonderwirtschaftszone als

Experiment beginnen sollte. Im Erfolgsfall könnte das Projekt auf andere

Grenzgebiete in den venezolanischen Bundesstaaten Zulia, Apure und

Amazonas ausgedehnt werden. /"Wir werden alle unsere Grenzen zu

Kolumbien für den Handel öffnen und wir bereiten uns schon darauf vor,

damit der Plan sicher und ohne Störungen abgewickelt wird."/


In diesem Zusammenhang bat Maduro die Unternehmer um ihre Vorschläge,

welche Waren ins Nachbarland exportiert werden könnten. Mit der weiteren

Erarbeitung des Vorhabens beauftragte er die venezolanische

Vizepräsidentin und Ministerin für Wirtschaft und Finanzen Delcy Rodríguez.


Seit der Wahl von Petro zum ersten linken Präsidenten Kolumbiens machen

die Regierungen in Caracas und Bogotá deutliche Fortschritte, um ihre

Beziehungen auf allen Ebenen zu normalisieren.


Maduro kündigte ferner ein neues Wirtschaftsmodell im Land an. Es fuße

auf der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die den Bedarf und

die Nachfrage im Inland decken müsse. Außerdem müsse die Abhängigkeit

der einheimischen Wirtschaft von der Erdölförderung reduziert werden.

Gefördert werden müssten jene Branchen, die nicht von der

Erdölproduktion abhängig seien. Sie sollten sich dann zu

wirtschaftlichen und technologischen Treibern entwickeln.


/"Nachdem wir mit den schärfsten Folgen der kriminellen Sanktionen gegen

unser Land konfrontiert worden sind, können wir jetzt sagen: Venezuela

hat seinen Weg zum Wachstum gefunden. Es hat den Weg zu einem neuen

Wirtschaftsmodell gefunden."/


Inzwischen veröffentlichte die Wirtschaftskommission für Lateinamerika

und die Karibik (CEPAL) am 23. August einen neuen Bericht über die

Aussichten für die Entwicklung der Region in diesem Jahr. Venezuela

wurde

<https://www.telesurenglish.net/news/Venezuelan-Economy-To-Grow-18.7-Second-Quarter-Central-Bank-20220823-0018.html

ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von zehn Prozent

prognostiziert. Somit könnte das südamerikanische Land in diesem Jahr

unter den wachstumsstärksten Nationen der Region rangieren.


Calixto Ortega, der Chef der venezolanischen Zentralbank, sagte am

Dienstag, im ersten Quartal des laufenden Jahres sei die einheimische

Wirtschaft um 17,4 Prozent gewachsen. Dies sei der größte Kennwert in

ganz Lateinamerika. Nach vorläufigen Schätzungen könnte die

Wachstumsrate im zweiten Quartal 18,7 erreichen.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Faktencheck: Warum die Strompreise wirklich durch die Decke gehen

Obwohl nur ein geringer Teil der Stromerzeugung aus Gaskraftwerken stammt, erreichen die Strompreise neue Rekordhöhen. Die Gründe dafür sind ein dysfunktionaler Marktmechanismus an der Energiebörse – und Krisengewinner wie RWE, die so Rekordgewinne einfahren.


Faktencheck: Warum die Strompreise wirklich durch die Decke gehen


Quelle: www.globallookpress.com © Ingo Schulz via


Angesichts der Energiekrise, die aus den extrem gestiegenen Gaspreise resultiert, fragen sich einige vermutlich, warum unter anderem geplant ist, auch Strom zu sparen und beispielsweise auf die nächtliche Beleuchtung am Brandenburger Tor verzichtet werden soll. Obwohl der Anteil von Gas an der Stromerzeugung überschaubar ist (2021 betrug der Anteil etwa 12 Prozent), hatte sich der Strompreis bis Juli bereits verfünffacht, mittlerweile beträgt die Preissteigerung sogar das 20-Fache. Doch noch im Juli erklärte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, man habe ein Gasproblem und kein Stromproblem.


Mit dieser Äußerung zeigt Habeck allerdings selbst für einen Grünen erstaunlich wenig Verständnis für die Zusammenhänge der Energiewirtschaft in der Bundesrepublik, denn Strom- und Gaspreise hängen über einen mittlerweile völlig aus dem Ruder gelaufenen Marktmechanismus zusammen. An dieser Stelle ist es hilfreich, sich die Funktionsweise der Strombörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig vor Augen zu führen.


Gewinnsteuer: Die Linke will Krisengewinner zur Kasse bitten





Gewinnsteuer: Die Linke will Krisengewinner zur Kasse bitten






Elektroenergie muss ständig nach dem aktuellen Bedarf in das Netz eingespeist werden, da sonst ein Blackout droht. Falls kurzfristige Schwankungen zwischen Verbrauch und Produktion bestehen, kann Strom an der Börse kurzfristig in Schritten von 15 Minuten bestellt werden. Der größte Teil der Elektroenergie wird allerdings vorab für den nächsten Tag verkauft. Zunächst kommen dabei die günstigeren Energieanbieter zum Zuge: Erneuerbare Energien, Atomkraft und Kohlekraftwerke. Wird mehr Strom verbraucht, kommen die teuersten Anbieter zum Einsatz, also in den meisten Fällen Gaskraftwerke.


Das Absurde kommt aber erst noch: Die Preisbildung erfolgt nämlich nach dem Merit-Order-Prinzip. Das heißt, der teuerste Anbieter bestimmt den Marktpreis und jeder Anbieter erhält den Preis des teuersten Kraftwerks.


Sofern die Energiepreise für die verschiedenen Anbieter ähnlich sind, kann ein solches System zwar funktionieren. Angesichts der exorbitant hohen Gaspreise wird der Marktmechanismus jedoch dysfunktional und das System gerät in eine drastische Schieflage.


Natürlich wird nicht das gesamte Elektroenergieaufkommen an der EEX gehandelt. Doch auch die Preise bei längerfristigen Verträgen orientieren sich letztlich an den Börsenpreisen, da zusätzlich benötigter Strom an der Börse eingekauft werden muss. Außerdem ergibt es in einem kapitalistischen System keinen Sinn, Strom langfristig billig anzubieten, wenn man an der Börse damit kurzfristig höhere Gewinne erzielen kann. In erster Linie bekommen natürlich Neukunden die Preissteigerungen zu spüren, aber auch länger laufende Verträge enden irgendwann einmal.


Gasumlage statt Übergewinnsteuer – Wer profitiert von der Gaskrise?



Gasumlage statt Übergewinnsteuer – Wer profitiert von der Gaskrise?






Gewinner der Krise sind bei einem nicht mehr funktionierenden Marktmechanismus die Energiekonzerne. Bei diesen sorgt die Gaskrise für unerwartet hohe Gewinne – in Fachkreisen auch "Windfall Profits" genannt. (Eine Ausnahme stellt E.ON dar, da sich das Unternehmen in den letzten Jahren aus der Energieerzeugung zurückgezogen hatte und sich seitdem in erster Linie um den Vertrieb und das Netzgeschäft kümmert, was sich nun rächt.) RWE hingegen profitiert von der Krise und rechnet mit Gewinnen von mehr als fünf Milliarden Euro. Der Grund für die hohen Gewinne dürfte klar sein: Eine Schieflage am Markt, von der alle Energieerzeuger profitieren – auch die Anbieter erneuerbarer Energien. Die Energiekonzerne müssen dazu nicht einmal an der Börse spekulieren, sondern – salopp gesagt – nur die Taschen aufhalten.


Dass der sogenannte "freie Markt" an dieser Stelle nicht mehr funktioniert, ist mehr als offensichtlich. Daher müsste der Staat an dieser Stelle zwingend eingreifen. Allerdings werden die verschiedenen Möglichkeiten hierzu kaum diskutiert – wohl auch, weil der zugrundeliegende Marktmechanismus nur in vergleichsweise wenigen Medienbeiträgen erläutert wird, die zudem vorzugsweise zu später Stunde gesendet werden. Stattdessen werden in den meisten Fällen relativ unkritisch die Pressestatements der Energiekonzerne wiedergegeben. In entsprechenden Beiträgen ist häufig die Rede davon, dass die Energieunternehmen auf erneuerbare Energien setzen. Die wahren Gründe für die Rekordgewinne werden jedoch selten hinterfragt. Dies dürfte einem allerdings mit Blick auf die Pharmakonzerne bereits aus der Corona-Krise bekannt vorkommen.


Koalitionsstreit über Laufzeitverlängerung?





Koalitionsstreit über Laufzeitverlängerung?







Eine entsprechende Stellschraube könnte beispielsweise eine Erhöhung des Angebots sein. Allerdings wäre ein Ausbau der erneuerbaren Energieträger kurzfristig kaum zu bewerkstelligen und daher eher nur mittel- bis langfristig eine Option. Hinzu kommt außerdem, dass im Jahr 2021 bereits eine Reihe von Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken vom Netz genommen wurden, was die gegenwärtige Situation zusätzlich verschärft. Eine Reaktivierung von Kohlekraftwerken ist zwar bereits geplant, allerdings sind die Preise für den Energieträger Kohle infolge der Sanktionen gegen Russland ebenfalls deutlich gestiegen. Letztendlich bleibt noch eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten denkbar. Diese Maßnahme würde die erforderlichen Laufzeiten von Gaskraftwerken verkürzen, was wiederum den Strompreis senken würde.


Im Moment wird eine solche Verlängerung von AKW-Laufzeiten bekanntlich geprüft, doch diese Idee könnte nicht nur an der grünen Ideologie scheitern. So erklärte RWE-Chef Markus Krebber gegenüber dem Handelsblatt wenig enthusiastisch:

"Die Kapazitäten sind überschaubar, und der Effekt hält sich beim Blick auf die Gaskrise in Grenzen."

An dieser Stelle dürfte jedem endgültig klarwerden: Auch die Energiekonzerne werden kein großes Interesse haben, die Laufzeiten zu verlängern, da sie damit zugleich das lukrative Geschäftsmodell für ihre unerwarteten derzeitigen Gewinne zunichtemachen würden. Dies erklärt auch, weshalb im Mai dieses Jahres so viel Gas "verstromt" wurde wie noch nie. Außerdem profitiert davon sogar der Bundeshaushalt: Für den Bund sinkt die EEG-Umlage, die er ab dem 1. Juli von den Verbrauchern übernommen hatte, nahezu auf null.


Auch bedingt durch die Hitzewelle der letzten Wochen wurde im Juli wesentlich mehr Gas zur Stromerzeugung genutzt als im Vorjahreszeitraum. Dies wurde vor allem in den Stromexporten deutlich: So wurde Elektroenergie aus Deutschland verstärkt in die Schweiz exportiert, da dort die Wasserkraftwerke aufgrund des niedrigen Wasserpegels in den Flüssen nicht so viel Strom erzeugen konnten, aber auch nach Frankreich. Dort lieferten die Atomkraftwerke aufgrund des hitzebedingten Kühlwassermangels nur eine verminderte Leistung. Zudem wurden zahlreiche Kernkraftwerke in Frankreich aufgrund von Korrosionsschäden der Kühlrohre erst einmal vom Netz genommen.


Allerdings hat dies weniger mit angeblich "solidarischem Verhalten europäischer Länder" zu tun, wie Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie gegenüber Focus Online behauptete. Im Interview räumte er selbst  ein, dass es sich für die Unternehmen schlicht und einfach lohnt. Die Energiekonzerne haben also vermutlich gar kein Interesse an der Beseitigung der Schieflage am Markt, von der sie profitieren. Daher ist an dieser Stelle ein Eingriff des Staates notwendig, um die Fehler der Liberalisierung des Strommarktes in den 2000er Jahren zu korrigieren.


Andere und effektivere Eingriffe neben einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke wären zum Beispiel eine Preisdeckelung für Strom oder – ganz simpel – eine Aussetzung oder zumindest eine Anpassung des Merit-Order-Prinzips, da der Markt an dieser Stelle versagt und bei weiterer Gasknappheit für auch weiterhin explodierende Strompreise sorgen wird.


Zumindest ein weiterer Punkt wird jedoch in letzter Zeit häufig diskutiert: Eine Übergewinnsteuer zulasten der Krisenprofiteure. Einige Länder haben eine solche Steuer bereits eingeführt, wie zum Beispiel Italien im März, oder sie planen es, wie Ungarn, Großbritannien, Rumänien, Griechenland und weitere. Deutschland verhält sich allerdings derzeit wieder einmal wie ein Geisterfahrer: Habeck äußerte sich dazu zurückhaltend und erklärte bereits, dass die Umsetzung solch einer Idee schwierig werden könne. Sein Ministerium wiederum ist offenbar mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Der wahre Grund dürften allerdings Marktradikale wie der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sein, der eine zusätzliche Besteuerung von Unternehmen kategorisch ablehnt.

Habeck erntet in sozialen Medien Kritik für Katar-Besuch





Habeck erntet in sozialen Medien Kritik für Katar-Besuch







Den größten Vogel hat Habeck selbst jedoch mit der Gasumlage abgeschossen: Anschließend "bedankte" er sich auch noch allen Ernstes bei RWE und Shell, dass diese auf die Umlage verzichten. Grund für die Entscheidung der Unternehmen ist offenbar die Befürchtung, dass womöglich doch noch eine Übergewinnsteuer kommt, so die Berliner Zeitung. Habeck erklärte diesbezüglich:

"Einige Unternehmen, die aber am Markt breit aufgestellt sind, haben gesagt: Wir wollen keine Kosten erstattet bekommen und von dieser Umlage keinen Gebrauch machen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken."

Habeck bedankt sich also dafür, dass einige Unternehmen auf Geld verzichten, dass ihnen der Staat freiwillig geben würde, obwohl sie als Krisengewinner das ohnehin gar nicht nötig haben. Auf alle Bürger als Endverbraucher hingegen kommt noch die Gasumlage zu – neben der Inflation und den ohnehin explodierenden Strompreisen. Offenbar steht Habeck seinem Koalitionspartner Lindner in nichts nach, was die Anbiederung an Großkonzerne und die Verachtung der Lohnabhängigen angeht.


Mehr zum Thema - Energiekrise: Ein Drittel der Deutschen wird Energiekosten laut Mieterbund nicht zahlen können


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info:  https://pressefreiheit.rtde.tech/inland/146930-faktencheck-warum-strompreise-wirklich-durch


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Deutschlands einsame Außenpolitik im Namen der Energie

pressefreiheit.rtde.tech, 24 Aug. 2022 19:12 Uhr,eine Analyse von Dr. Karin Kneissl

Die deutsche Außenpolitik ist derzeit vor allem emsige Außenhandelspolitik. Es geht um den Einkauf von Erdgas und Erdöl. Die Dramatik dessen ist dabei selbst erzeugt – durch die eigene Versorgungssicherheit in Frage stellende Sanktionen gegen Russland.


Der Kanzler als Handelsreisender – Deutschlands einsame Außenpolitik im Namen der Energie


Quelle: www.globallookpress.com © CHROMORANGE


Außenpolitik ist die Umsetzung nationaler Interessen. Diese kreisen in Deutschland nunmehr um die Energieversorgungssicherheit der Bevölkerung und der Industrie. Nach Jahrzehnten der Klimaschutz-Außenpolitik, die sich oft in Großkonferenzen erschöpfte, wird nun wieder so etwas wie Energiepolitik betrieben. Infolge der gemeinsamen EU-Sanktionen und der klaren politischen Entscheidung der deutschen Bundesregierung, für immer auf russische Energie Importe verzichten zu wollen, müssen neue Lieferanten für Erdöl, Erdgas aber auch Kohle und wichtige Metalle gesucht werden.


Erdgas ist nicht irgendein Rohstoff

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck reiste in dieser Mission bereits nach Katar, Norwegen und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Viele EU-Staaten stiegen infolge entsprechender Brüsseler Direktiven in den letzten 20 Jahren zunehmend aus langfristigen Lieferverträgen aus und kauften kurzfristig am Spot-Markt ihr Erdgas ein. Doch dieser für Deutschland so entscheidende Energieträger ist nicht in den Mengen am Weltmarkt verfügbar, die erforderlich sind, um die bisherigen Liefermengen aus Russland zu ersetzen.


Es stinkt – Minister Habeck nach Katar





Meinung

Es stinkt – Minister Habeck nach Katar






Im Gegensatz zu seinen europäischen Partnern ist Deutschland im Jahre 2011 im Zuge der einseitig verkündeten Energiewende aus sehr vielen Energieträgern, von der Atomkraft bis zu wichtigen fossilen Kraftwerken, ausgestiegen. Warnungen, dass dies für die deutsche Industrie, die zuverlässige und auch leistbare Energie benötigt, um gegenüber der Konkurrenz zu bestehen, wurden im wörtlichen Sinne in den Wind geschlagen.


Die Energiekrise begann für viele europäische Kunden bereits im April 2021, als infolge einer grundsätzlichen Verknappung von Erdöl und Erdgas die Preise stiegen. Dies wiederum war auf fehlende Investitionen in den fossilen Sektor zurückzuführen. Die gesamte Industrie war mit einem ständigen Bashing im Namen des Klimaschutzes konfrontiert.


Nun findet ein regelrechter Erdöl- und Erdgasrausch wieder statt, Kohletransporte haben Vorrang auf dem deutschen Schienennetz und Berlin versucht Verträge zu ergattern, wo es nur geht. Die hochkarätige dreitätige Besuchsdiplomatie von Kanzler Olaf Scholz und Habeck sowie einer Wirtschaftsdelegation soll unter anderem die Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG) sicherstellen. Kanada verfügt derzeit über keine LNG-Terminals für den Export und der Bau neuer Anlagen würde Jahre dauern. Die deutschen Kunden wollen aber bereits in den nächsten Monaten LNG beziehen.


Nun ist es kein Geheimnis, dass auf EU-Ebene der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis 2035 geplant ist. Wer wird sich auf die erforderlichen Investitionen in der Infrastruktur einlassen, wenn diese nur für einige Jahre eingesetzt werden darf.


Auch die Erneuerbaren benötigen Rohstoffe

Alle Formen der erneuerbaren Energie benötigen Rohstoffe, übrigens viel Erdöl für die Kunststoffproduktion, für die Photovoltaik- und die Batterie-Erzeugung müssen Metalle importiert werden, die auch in Russland abgebaut werden. Deutschland will die in Kanada verfügbaren Mineralien, wie  Nickel, Kobalt, Lithium und Graphit, beziehen, die für die Elektromobilität wichtig sind.


Vom Perpetuum mobile, also der völlig autonomen Energieerzeugung, wird seit Jahrhunderten geträumt. Doch jede Form der Energieerzeugung ist letztlich Umwandlung von Energie. Diese ist bei der Wasserstoff-Erzeugung nun forschungsmäßig teils im Umbruch, denn bislang waren die Kosten zu hoch.


Nach Absage Norwegens für zusätzliche Erdgaslieferungen: Scholz wirbt um kanadisches LNG-Gas





Nach Absage Norwegens für zusätzliche Erdgaslieferungen: Scholz wirbt um kanadisches LNG-Gas





Es wird erwartet, dass ein längerfristiges Abkommen zwischen Deutschland und Kanada über eine engere Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien wie grünem Wasserstoff unterzeichnet wird. So plant Kanada den Bau einer Wasserstoffanlage in Neufundland, die Windenergie zur Herstellung des Kraftstoffs nutzen soll. Dazu gab es in den letzten 20 Jahren auch an der deutschen Nordseeküste immer wieder Projekte.


Welche Rolle spielen die Firmen?

Grundsätzlich wissen Firmen genau, was sie wollen und wenden sich an die Politik, um entweder der Unterzeichnungszeremonie mehr Glanz zu geben oder um das eine oder andere Problem auf politischer Ebene lösen zu lassen. Es sind daher die Wirtschaftsvertreter im Zusammenspiel mit den Handelsdelegierten, welche die Verträge zwecks Einkaufs von Rohstoffen oder der Kooperation bei großen Investitionsprojekten ausarbeiten.


Gerade in der so zersplitterten Energiewirtschaft wie jener des föderal organisierten Deutschlands sind es die Energieversorger, die das Sagen haben. Deutschland verfügt nicht über (teil)staatliche Energiekonzerne vom Schlage einer französischen EDF oder Totalenergie oder einer italienischen ENI, um nur einige zu nennen. Auch BP steht jeder britischen Regierung sehr nahe, wenngleich der Firmenname schon lange "Beyond Petroleum" und nicht mehr "Britisch Petroleum" ist. Die Politik dirigiert das Energiegeschäft sehr viel stärker, als dies in Deutschland der Fall ist.


Es gibt einen trefflichen Spruch aus der US-Ölindustrie des frühen 20. Jahrhunderts, der da lautet: "The oil business is too important to leave it to the oil people" (Das Ölgeschäft ist zu wichtig, um es nur den Geschäftsleuten zu überlassen). Der Anspruch der Politik auf Einmischung ist damit gut illustriert. Wenn also ein italienischer Regierungschef oder ein französischer Präsident in den Diensten der Energieversorgung reist, so kann er auch um einiges mehr bewirken, als dies einem deutschen Politiker möglich ist. Zweifellos ist jeder Pipelinebau stets auch geopolitisch mitbestimmt, aber in Deutschland fällt das jeweilige Konsortium mehr ins Gewicht.


Die Türkei und Indien als aktuelle Champions des Energie-Außenhandels

Während also die EU aus Sanktionsgründen auf russische Energieträger verzichtet, übernehmen unter anderem die Türkei und Indien die frei gewordenen Volumina. Die Türkei profitierte bereits 2014 vom Projekt South Stream, das zu TurkStream wurde. Die EU stieg aus, die Türkei stieg ein, die EU kauft heute über die Türkei das russische Erdgas. Pipelines und Airlines drehen auf Ost und nicht West – das ist eine Tatsache seit bald 20 Jahren.


Pipelines und Airlines drehen von West nach Ost – und dies seit 20 Jahren





Meinung

Pipelines und Airlines drehen von West nach Ost – und dies seit 20 Jahren





In der europäischen Diplomatie hat man sich für die fundamentalen Veränderungen nur selten interessiert, denn alles wurde nur mehr im Namen einer fossilfeindlichen Klimapolitik unternommen. Außenpolitik und Außenhandel sind trotz aller europäischen Integration gerade in diesen beiden Bereichen immer noch die "domaine reservé", also die Kompetenz des Souveräns. Diese Tatsache zeigt sich in der brisanten Energiekrise, die sich seit Jahren infolge fehlender Investitionen und verabsäumter Infrastrukturplanung zuspitzt.


Politiker als Handelsreisende sind wie gesagt nichts Neues, aber sie kommen zum glänzenden Finale. Einen deutschen Bundeskanzler nun als Einkäufer nach Kanada zu schicken, birgt in sich das Risiko, dass auch er scheitert, wie bereits zuvor der Wirtschafts- alias Energieminister.

Auf EU-Ebene wird es nicht zum gemeinsamen Einkauf von Erdgas kommen, es wird jeder für sich an seinen bilateralen Versorgungsverträgen arbeiten und außenpolitisch wird man sich maximal in Kosmetik üben, um diese Probleme mit viel gutem Willen zu übertünchen.


Wie immer diese schwere Krise ausgeht, die für die europäischen Bürger eben erst mit dem Verfall ihrer Kaufkraft beginnt, aber in Deindustrialisierung und Verarmung enden kann, es wird ein Danach geben. Dann sollte man sich auch wieder Gedanken machen, was Außenpolitik und Außenhandel bedeuten und wie diese klug zu praktizieren sind. Dafür bedarf es keiner "Klima-Diplomatie" oder "feministischen Außenpolitik". Es wird dann nur um das Handwerk der Diplomatie gehen: also Interessen definieren, Gesprächskanäle immer offenhalten und das Gegenüber respektieren. Es ist sehr viel schief gegangen in der Diplomatie und der deutschen Außenpolitik.


Mehr zum Thema - Kanada statt Russland? Scholz und Habeck suchen weiter neue Energie- und Rohstoffquellen


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/inland/146869-deutschlands-einsame-aussenpolitik-im-namen


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Lawrow zu syrischem Amtskollegen: Militäroperation der Türkei in Syrien "inakzeptabel"

Die Türkei hat vor Kurzem ihre Bereitschaft zur Normalisierung der Beziehungen zu Syrien signalisiert. Auf die Frage zur Rolle Moskaus als Vermittler in den Beziehungen zwischen Damaskus und Ankara erklärte Lawrow, dass Russland als Teilnehmer des Astana-Formats seit Jahren an der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten arbeitet.


Lawrow zu syrischem Amtskollegen: Militäroperation der Türkei in Syrien "inakzeptabel"Quelle: AFP

 




© Natalia Kolesnikova

Im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer neuen möglichen Invasion der türkischen Armee in Syrien, sagte der russische Außenminister Sergei Lawrow auf einer Pressekonferenz nach Gesprächen mit seinem syrischen Amtskollegen Faisal Mekdad, dass Russland eine neue Militäraktionen in Nordsyrien für inakzeptabel hält. Mekdad forderte seinerseits, dass das türkische Militär seine Truppen aus dem syrischen Hoheitsgebiet abziehen, die Unterstützung für terroristische Organisationen einstellen und sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen sollte.

"Im Hinblick auf die Situation in Nordsyrien geht es vor allem darum, den Ausbruch neuer Militäraktionen zu verhindern und auf diplomatischem Wege auf der Grundlage der bestehenden politischen Prinzipien in den Beziehungen zwischen Syrien und der Türkei zu verhandeln", sagte Lawrow. 

Auf die Frage zur Rolle Moskaus als Vermittler in den Beziehungen zwischen Damaskus und Ankara wies Lawrow darauf hin, dass Russland als Teilnehmer des Astana-Formats (Russland, Iran, Türkei) seit Jahren an der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten beteiligt sei.

"Russland setzt sich für eine Annäherung zwischen Syrien und der Türkei ein (...) auf der Grundlage von Resolutionen der Vereinten Nationen, die die Bewahrung der Souveränität und territorialen Integrität Syriens bekräftigen", sagte der russische Spitzendiplomat.

Diplomatischer Erfolg für den Kreml: Neue Annäherungsversuche zwischen Türkei und Syrien




Analyse

Diplomatischer Erfolg für den Kreml: Neue Annäherungsversuche zwischen Türkei und Syrien





Die Türkei hat mehrfach die mögliche Normalisierung der Beziehungen zu Syrien angedeutet. Die überraschende Entscheidung der Türkei nach elf Jahren nun erneut die Beziehungen zu Syrien herzustellen, dürfte bei einer der vielen Gesprächsrunden zwischen Präsident Erdoğan und dessen Amtskollegen Putin gefallen zu sein. Während des Besuchs von Erdoğan in der Ukraine am 18. August äußerte sich der türkische Präsident zu seinen Absichten, die Beziehungen der Türkei zu Syrien zu verbessern. Er erklärte, dass die Türkei nicht den Wunsch habe, den syrischen Präsidenten al-Assad als Staatschef zu stürzen.


Lawrow verurteilte zudem am Dienstag die "gefährlichen" israelischen Raketenangriffe in Syrien und unterstrich damit die zunehmende Abkühlung der Beziehungen zwischen Moskau und Tel Aviv, die seit dem Ukraine-Krieg zunehmend angespannt sind.


Gemeinsam mit dem syrischen Außenminister Mekdad sagte Lawrow auf der Pressekonferenz in Moskau: "Wir verurteilen die gefährliche Praxis israelischer Angriffe auf das syrische Territorium aufs Schärfste". "Wir fordern, dass Israel die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen respektiert und vor allem die Souveränität und territoriale Integrität Syriens achtet", sagte er weiter.


Die Spannungen zwischen Israel und Russland sind seit Beginn des Ukraine-Krieges gestiegen. Im letzten Monat hatte Israel erklärt, dass im Mai seine Militärjets über Syrien unter russischen Raketenbeschuss gerieten, die Raketen aber ihr Ziel verfehlten.


Mehr zum Thema - Nahe dem russischen Marinestützpunkt: Drei Soldaten bei israelischem Angriff in Syrien getötet


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://pressefreiheit.rtde.tech/der-nahe-osten/146957-lawrow-zu-seinem-syrischen-amtskollegen


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

DKP – nicht länger mehr solidarisch mit Venezuela?

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. August 2022, 13:07 Uhr


(...) Bei der Kritik an Venezuela zeigt sich ein Verhalten, das Domenico

Losurdo bereits in seinem Buch „Der westliche Marxismus“ beschrieb und

das er als typisch für das Verhalten der hiesigen Marxisten ansah: „Auch

die auf intellektueller wie moralischer Ebene Mittelmäßigsten haben

keine Schwierigkeit damit, die Zukunft der ‚freien Entwicklung eines

jeden‘ zu beschwören, von der das Manifest (MEW 4, S. 482) spricht, und

gleichzeitig die politische Macht zu verurteilen oder zu diskreditieren,

die aus der Revolution hervorgegangen ist und (in einer ganz anderen

geopolitischen Lage) berufen war, die ihr drohenden Gefahren abzuwehren.

Die konkrete Geschichte der neuen postrevolutionären Gesellschaft, die

sich zwischen Widersprüchen, Versuchen, Schwierigkeiten und Fehlern

aller Art zu entwickeln sucht, wird dann en bloc als Degeneration und

Verrat an den revolutionären Idealen erledigt. Eine solche Haltung, die

die wirkliche Bewegung im Namen der eigenen Phantasien und Träume

verurteilt und ihre Verachtung für die ’stattfindende‘ und nahe im Namen

der fernen und utopischen Zukunft zum Ausdruck bringt, diese Haltung,

die Marx und Engels völlig fremd ist, beraubt den Marxismus jedes realen

emanzipatorischen Gehalts.“


https://linkezeitung.de/2022/08/24/die-dkp-nicht-laenger-mehr-solidarisch-mit-venezuela/

24.8.2022

*Die DKP – nicht länger mehr solidarisch mit Venezuela?

Über einen irritierenden Artikel in der Zeitung „Unsere Zeit“

*

In der Ausgabe vom 29. Juli 2022 konnte man in „Unsere Zeit –

UZ/„,/ Zeitung der DKP lesen: „Am Donnerstag vergangener Woche griffen

Polizeikräfte Mitglieder und Aktivistinnen der Kommunistischen Partei

Venezuelas (PCV) an, die sich an einer Demonstration der Arbeitenden in

Caracas gegen die Lohnsenkungspolitik der sozialdemokratischen

PSUV-Regierung beteiligt hatten. (…)“


In einer Erklärung des Politbüros der Partei wurden Details zum Vorgehen

der Polizei veröffentlicht: „Jackeline López, Mitglied des

Zentralkomitees der PCV und Vorsitzende der Clara-Zetkin-Frauenbewegung,

wurde von Schlägertrupps in der Kleidung des Bürgermeisteramtes von

Caracas angegriffen, die von der Vereinigten Sozialistischen Partei

Venezuelas (PSUV) ­koordiniert wurden.“ Die Mitglieder der PCV seien

belästigt, bestohlen und „feige zusammengeschlagen“ worden. Als Täter

wurden „Beamte des Bolivarischen Geheimdienstes (Sebin)“ benannt. Ein

Aktivist sei gar entführt worden. All dies geschah „unter den

mitschuldigen Blicken der Bolivarischen Nationalpolizei, die die

Arbeiterinnen und Arbeiter auch daran hinderte, zur Vizepräsidentschaft

der Republik zu gelangen.“


Die Übergriffe seien nicht überraschend erfolgt. Im UZ-Artikel heißt es:

„Repressionen und Verleumdungen gegen die Mitglieder der Kommunistischen

Partei Venezuelas sind nichts Neues. Die PCV hält in diesem Zusammenhang

fest: ‚Diese Ereignisse zeigen, dass die antikommunistische Kampagne,

die von den Sprechern der PSUV-Führung und ihren politischen Akteuren in

den Medien geführt wird, eine gewalttätige Wendung genommen hat, um

vergeblich zu versuchen, die eindeutige Unzufriedenheit der Bevölkerung

mit dem neoliberalen Anpassungsplan, der von der antikommunistischen

Regierung von Nicolás Maduro umgesetzt wird, zu neutralisieren. (…)’“


Das einst so solidarische Verhältnis zwischen der regierenden PSUV und

der PCV hat sich in ein gegnerisches, ja feindliches verkehrt. Das

Tischtuch zwischen beiden Parteien scheint endgültig zerschnitten.

Gewandelt hat sich ganz offensichtlich aber auch das Verhältnis zwischen

der PSUV, der einst von Hugo Chávez gegründeten Bewegung, und der DKP,

deren Zeitung sich die Sichtweise der PCV zu eigen macht. Sind also die

Zeiten vorbei, in denen die DKP solidarisch an der Seite Venezuelas

stand? Es sieht ganz danach aus, wenn jetzt die bolivarische Regierung

unter Maduro in eindeutig abwertender Diktion als „sozialdemokratisch“

und „antikommunistisch“ bezeichnet wird. Damit würde die DKP der Partei

Die LINKE folgen, die bereits vor Jahren auf Distanz zu Venezuela ging.

So bezeichnete Gabi Zimmer, die Europaabgeordnete der Linkspartei, 2003

Hugo Chávez als „Polithasardeur“

<https://taz.de/Gabi-Zimmer-wird-Antikommunistin/!688708/>.


*Wirtschaftspolitischer Kurswechsel der Regierung Maduro*


Doch was ist der Hintergrund des jetzigen Zerwürfnisses zwischen der

Regierung unter Maduro und der PCV? Aus dem UZ-Artikel erfährt man

darüber so gut wie nichts. Man beschränkt sich auf die Wiedergabe der

Sicht der PCV. Informativer ist da schon ein Artikel vom 3. August 2022

von Ociel Alí López auf RT Deutsch. Ociel Alí López ist Soziologe,

politischer Analyst und Dozent an der Universidad Central de

Venezuela/./ Im RT-Artikel heißt es unter der Überschrift „Eine neue

Rechte in Venezuela?“: „Die Regierung von Nicolás Maduro versucht

gegenwärtig, die Beschränkungen durch die Sanktionen der USA und der EU

zu durchbrechen und eine neue Wirtschaftsentwicklung Venezuelas in Gang

zu setzen. Sie zielt auf eine verbesserte Industrialisierung,

landwirtschaftliche Produktion und Selbstversorgung ab. Maduro will

dafür internationale Investitionen durch Wirtschaftsallianzen vor allem

mit Mitgliedstaaten der OPEC anlocken. Es liegt nahe, dass im Zuge

dieser Entwicklung auch Sozialmaßnahmen und das Lohngefälle unter die

Konkurrenzbedingungen der kapitalistischen ‚Investments‘ fallen.“


Diese neue Wirtschaftspolitik kann nur vor dem Hintergrund der

desaströsen Lage verstanden werden, in der sich Venezuela während der

ersten Amtszeit von Maduro 2013 bis 2018 befand. In diesen Jahren

brachen staatliche Dienste reihenweise zusammen, Millionen Menschen

emigrierten, Mangelernährung war in ganzen Bevölkerungsgruppen

verbreitet. Eine Armee hungriger Menschen drang in die Mülldeponien ein.

Die Inflation entwickelte sich zur Hyperinflation. Selbst Benzin wurde

knapp – und das in einem Land mit einem der größten Erdölvorkommen weltweit!


Über die Ursachen dieses Niedergangs ist oft berichtet worden: Die

harten Sanktionen der USA und der EU wirkten verheerend, die Anlagen zur

Erdölförderung und Verarbeitung konnten deshalb kaum mehr gewartet,

geschweige denn modernisiert werden. Im Kampf um die Macht versuchte die

Bourgeoisie des Landes die Regierung Maduro durch Kapitalflucht und

Investitionsstreiks zu stürzen. Zur tiefen Krise trugen aber auch

Versäumnisse und Fehleinschätzungen der Regierung in Caracas selbst bei:

Die verbreitete Korruption im Staatsapparat, eine überbordende

Bürokratie und nicht zuletzt üppige Sozialprogramme.


Unter der Überschrift* „*Maßnahmen zur wirtschaftlichen Öffnung in

Venezuela: Stabilisierung oder Demontage?*“ *

<beschrieb" rel="noopener">https://amerika21.de/analyse/239838/venezuela-wirtschaftliche-oeffnung>beschrieb 

Ociel Alí López im Mai 2020 im Informationsdienst „Amerika 21“ die

Ergebnisse dieses Kurswechsels: „Die Liberalisierungsmaßnahmen haben den

Mangel verringert. Es gibt keine Warteschlangen mehr. Die Inflation ist

nach wie vor hoch, aber die Stellen der von der Opposition

kontrollierten Nationalversammlung verzeichnen für 2019 einen Rückgang

im Vergleich zu 2018 und den Vorjahren. (…)


Die Veränderung ist täglich wahrnehmbar. Selbst in verarmten

Bevölkerungsgruppen ist eine höhere Kaufkraft zu verzeichnen. Der

öffentliche Transport hat sich verbessert. Viele Bereiche des Handels

haben die schlimmsten Jahre der Krise überstanden und beginnen, wieder

aufzuleben. Der Dollar wird in allen Gesellschaftsschichten verwendet.

Es gibt neue Geschäfte und Läden. Der Diskurs über die humanitäre Krise

ist unhaltbar geworden und aus den Mündern der Oppositionspolitiker

verschwunden. (…) Vorbei sind die täglichen Bilder von Plünderungen auf

Straßen und Dörfern im Landesinneren, die wir von 2016 bis 2018 sehen

konnten.“


Als Gründe für diese relativ wirtschaftliche Stabilisierung benennt

López: Der Zufluss harter Devisen durch Geldüberweisungen emigrierter

Venezolaner, die Rückführung von ins Ausland transferiertem Kapital, das

zu neuen Investitionen im Land anregte, eine verstärkte Goldförderung

und der Einstieg in die „Schürfung“ von Kryptowährungen, die in

Venezuela, einem Land mit extrem niedrigen Stromkosten, besonders

lohnend ist.


López verschweigt aber auch nicht die Schattenseiten dieses Schwenks:

„Die drängendste Herausforderung und das Merkmal dieser Zeit ist der

allgemeine Zusammenbruch der öffentlichen Dienste und die Unfähigkeit

des Staates, dagegen anzugehen. Die Regierung kann nicht mehr für die

öffentlichen Dienstleistungen sorgen, was eine Ära der Mikro- und

Makroprivatisierungen einleitet. Wer Geld hat, kann sich auf Gesundheit,

Transport, Bildung, Licht und Wasser verlassen. Wer kein Geld hat, wird

es viel schwerer haben. Die Staatskasse wurde geplündert. Die

Sozialprogramme (misiones sociales), die Chávez‘ erfolgreiche

Sozialhilfepolitik waren, sind deutlich geschwächt worden: Medizinische

Vorzeigezentren wie das in Las Mercedes inmitten der oberen

Mittelschicht von Caracas, sind seit drei Jahren geschlossen; die vielen

kubanischen Ärzte, die dort arbeiteten, haben sich zurückgezogen. (…)

All dies wird zur Zunahme der Armut führen und das Leben des Landes in

den kommenden Jahrzehnten sicherlich beeinflussen; aber vorerst bringt

der wirtschaftliche Wandel direkt oder indirekt etwas Luft für alle

sozialen Schichten.“


Angesichts dieser negativen Begleiterscheinungen kann es kaum

überraschen, dass es zu Protesten und sozialen Unruhen kommt. Die in dem

UZ-Artikel geschilderte Konfrontation zwischen dem venezolanischen

Staatsapparat und der PCV ist Teil dieser Spannungen. Doch ist dies

Grund genug, um der bolivarischen Regierung generell die Unterstützung

zu entziehen, sie als „sozialdemokratisch“ und „antikommunistisch“ zu

verurteilen – wie im UZ-Artikel geschehen?


*Der antikolonialistische Kampf Venezuelas*


Notwendig wäre doch vielmehr, die gesamte Situation in den Blick zu

nehmen: Die von Hugo Chavéz angeleitete Bolivarische Revolution hat

gewiss nicht den von den Linken weltweit erhofften „Sozialismus des 21.

Jahrhunderts“ gebracht. Er blieb eine Schimäre – und wie konnte es auch

anders sein in einem kaum industrialisierten Land, das fast

ausschließlich von seinem Ölreichtum lebte und damit Sanktionen und

internationalen Krisen hilflos ausgeliefert war.


Und doch schlug die Bolivarische Revolution ein neues Kapitel in der

Geschichte des Landes auf, indem es erstmals die breiten Volksmassen zu

Akteuren des geschichtlichen Prozesses bestimmte. Vor allem aber führt

Venezuela einen antikolonialistischen Kampf gegen die westlichen Mächte

USA und EU, die danach trachten die bolivarische Revolution rückgängig

zu machen. Das Land ist weiterhin eng mit Kuba und Nicaragua verbunden,

für deren Volkswirtschaften die günstigen venezolanischen Öllieferungen

überlebenswichtig sind. Venezuela führt weiter die „Bolivianische

Allianz für Amerika (ALBA)“ an, die unter Chávez gegründet wurde, um der

US-amerikanischen Hegemonie etwas entgegenzusetzen. Das von Venezuela

aus sendende „Fernsehen des Südens“ (Televisión del Sur -Telesur),

leistet täglich eine gegenüber den einseitigen Medien des Westens

alternative Berichterstattung. Auf globaler Ebene sieht sich das Land

heute als Verbündeter Chinas und Russlands.


Die bolivarische Revolution ist daher nicht zu Ende. Auch deshalb ist

Venezuela weiterhin harten Sanktionen der USA und der EU ausgesetzt. All

diese Fakten müssen bei der Beurteilung des Landes berücksichtigt

werden. Es reicht nicht aus, lediglich die Positionen einer Partei –

selbst wenn es sich hier um eine kommunistische Partei handelt –

unhinterfragt zu übernehmen und allein auf dieser Grundalge die

Gesamtbewertung des Landes vorzunehmen.


*Eine typische Kritik westlicher Marxisten *


*Bei der Kritik an Venezuela zeigt sich ein Verhalten, das Domenico

Losurdo bereits in seinem Buch „Der westliche Marxismus“ beschrieb und

das er als typisch für das Verhalten der hiesigen Marxisten ansah:*

„Auch die auf intellektueller wie moralischer Ebene Mittelmäßigsten

haben keine Schwierigkeit damit, die Zukunft der ‚freien Entwicklung

eines jeden‘ zu beschwören, von der das Manifest (MEW 4, S. 482)

spricht, und gleichzeitig die politische Macht zu verurteilen oder zu

diskreditieren, die aus der Revolution hervorgegangen ist und (in einer

ganz anderen geopolitischen Lage) berufen war, die ihr drohenden

Gefahren abzuwehren. Die konkrete Geschichte der neuen

postrevolutionären Gesellschaft, die sich zwischen Widersprüchen,

Versuchen, Schwierigkeiten und Fehlern aller Art zu entwickeln sucht,

wird dann en bloc als Degeneration und Verrat an den revolutionären

Idealen erledigt. Eine solche Haltung, die die wirkliche Bewegung im

Namen der eigenen Phantasien und Träume verurteilt und ihre Verachtung

für die ’stattfindende‘ und nahe im Namen der fernen und utopischen

Zukunft zum Ausdruck bringt, diese Haltung, die Marx und Engels völlig

fremd ist, beraubt den Marxismus jedes realen emanzipatorischen

Gehalts.“ [1]<https://www.andreas-wehr.eu/#_edn1>


Die Entsolidarisierung gegenüber dem heute mit ungeheuren ökonomischen,

politischen und sozialen Problemen kämpfenden Venezuela folgt einem

bekannten Muster. Bereits die Einführung der Neuen Ökonomischen Politik

im revolutionären Russland 1921 und damit die Rückkehr zu

marktwirtschaftlichen Regelungen wurde von vielen westlichen Kommunisten

und Sozialisten als Wiedereinführung des Kapitalismus und damit als

endgültiges Scheitern der Revolution verurteilt. Ähnlich erging es der

Volksrepublik China nach der unter Deng Xiaoping Ende der 70er Jahre

eingeleiteten Wende hin zu einer sozialistischen Marktwirtschaft. Nicht

wenige linke westliche Marxisten versagten später China die Solidarität

als westliche Staaten wegen der angeblichen Unterdrückung der Tibeter

die Absage der Olympischen Spiele in Peking im Jahr 2000 verlangten.

Begründung dafür: Mit dem Beitritt des Landes zur

Welthandelsorganisation habe China bewiesen, dass es endgültig ein

kapitalistisches Land geworden sei. Und mit solch einem Land müsse man

nicht, ja dürfe man nicht solidarisch sein.


Es ist bemerkenswert, dass die UZ ihren Artikel über Venezuela der

österreichischen „Zeitung der Arbeit“ entnommen hat, ein Medium mit

einer sehr übersichtlichen Verbreitung, das Zentralorgan der „Partei der

Arbeit“ – einer Organisation mit einer noch übersichtlicheren

Anhängerschaft – ist. Der größte Fundus dieser Partei besteht darin,

dass die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) – eine Partei mit

echter Verankerung im Volk – sie als Schwesterpartei ansieht. Die KKE

wiederum ist aber dafür bekannt, dass sie China schon seit langem als

kapitalistisches Land bewertet, und Russland im Ukraine-Krieg als

imperialistische Macht verurteilt. Das ist selbstredend auch die

Sichtweise der „Partei der Arbeit“. Es ist besorgniserregend, dass sich

nun auch die DKP solchen Positionen gegenüber

öffnet.[2]<https://www.andreas-wehr.eu/#_edn2>



[1]<https://www.andreas-wehr.eu/#_ednref1> Domenico Losurdo, Der

westliche Marxismus – Wie er entstand, verschied und auferstehen

könnte“, Köln 2021, S. 248


[2]<https://www.andreas-wehr.eu/#_ednref2> So sieht auch das prominente

DKP-Mitglied Lucas Zeise China als kapitalistisch an. Vgl. Andreas Wehr,

„China ein kapitalistisches Land?“

<https://www.andreas-wehr.eu/china-ein-kapitalistisches-land.html>, .

Auch finden sich in der DKP gegenwärtig immer wieder Stimmen, vor allem

in ihrer Jugendorganisation SDAJ, die das Vorgehen Russlands in der

Ukraine als klassischen imperialistischen Angriffskrieg ansehen.


https://www.andreas-wehr.eu/die-dkp-nicht-laenger-mehr-solidarisch-mit-venezuela.html

24.08.2022

Meinungsfreiheit? – Im deutschen Journalismus Mangelware

pressefreiheit.rtde.tech, 24 Aug. 2022 06:15 Uh,Von Gert Ewen Ungar

Mit seiner tendenziösen, ja einseitigen Ausrichtung und der Unterschlagung von Fakten tragen die großen deutschen Blätter selbst zur Erosion der Meinungsfreiheit in Deutschland bei. Die Unterdrückung von Nachrichten leistet der Repression und der "Cancel-Culture" Vorschub.


Meinungsfreiheit? – Im deutschen Journalismus Mangelware


Quelle: www.globallookpress.com


Der deutsche Journalismus ist in einem schlechten Zustand. Er hat eine seiner wichtigsten Aufgaben, Regierungshandeln kritisch zu begleiten und zu hinterfragen, längst aufgegeben. Begonnen hat diese Entwicklung schon vor zwanzig Jahren – mit der "Agenda 2010" der SPD und den "Reformen" genannten sozialen Einschnitten für die Mehrheit der Bevölkerung: mit faktischen Lohnsenkungen, Kürzungen im Rentensystem und Kahlschlägen in den sozialen Sicherungssystemen. 

Unter Schlagworten für Deutschland wie "demographischer Wandel", "kranker Mann Europas", "Globalisierung" und "Verkrustungen aufbrechen" haben die großen deutschen Medien den forcierten Umbau der deutschen Gesellschaft nicht nur einfach hingenommen. Die Wortwahl machte vielmehr deutlich, dass sich die großen Medien als Vermittler eines angeblich alternativlosen Umgestaltungsprozesses verstanden. Sie missverstanden ihre Aufgabe als die der Kommunikation und Erläuterung von Regierungshandeln. Die "Agenda 2010" wurde den Bürgern medial als notwendig und alternativlos vermittelt – sie war es nie.


Folgen der Sanktionen: Deutschland verliert sein Geschäftsmodell





Meinung

Folgen der Sanktionen: Deutschland verliert sein Geschäftsmodell





In den darauffolgenden Krisen hat sich diese Preisgabe des journalistischen Auftrags noch ausgeweitet. Die aktuelle Berichterstattung ist inzwischen völlig in der Propaganda und Desinformation angekommen.


Wer die Meldungen und Einordnungen zum Ukraine-Krieg verfolgt, reibt sich verwundert die Augen: "Das soll Journalismus sein?" Nein, das, was die großen Blätter da von sich geben, hat in seiner Einseitigkeit und mit all seinen Auslassungen mit Journalismus nichts mehr zu tun.


Ein Mangel an Wissen lag dem nicht zugrunde, denn natürlich verfolgen auch deutsche Journalisten russische Quellen und Medien, und sie lesen auch auf jenen Telegram-Kanälen mit, vor deren Lektüre sie ihre Leser warnen. Der Grund dafür ist weniger, dass es sich dabei um russische Propaganda handelt, sondern dass nach der eigenen Lektüre solcher russischen Nachrichten relativ schnell der Eindruck entsteht, mit der deutschen Berichterstattung und der dort etablierten Schwarz-Weiß-Malerei könne etwas ganz grundsätzlich nicht stimmen.


All diese Zeugnisse über den Beschuss ziviler Infrastruktur durch die Ukraine mittels westlicher Waffen in Donezk und Lugansk können nicht erfunden sein. Es handelt sich dabei um Kriegsverbrechen der Ukraine. Dass all die Berichte angeblich von russischen Journalisten vor Ort inszeniert sein sollen, ist schlicht undenkbar. In den deutschen Medien werden diese Informationen ins Gegenteil verkehrt oder einfach weggelassen. Sie passen nicht ins Bild, sie stören das Narrativ.


Deutsche Journalisten kennen diese Quellen und verschweigen sie ihrem Publikum dennoch. Das ist hoch manipulativ und deutet zudem auf eine Form der berüchtigten "Gleichschaltung", denn kein großes deutsches Medium nimmt solche authentischen Berichte auf. Wie schon zu Zeiten der "Agenda 2010" beteiligt sich der deutsche Mainstream an einer politischen Kampagne. Diesmal richtet sie sich nicht nur gegen die Interessen der Bürger Deutschlands, sondern auch gegen Russland.


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Meinung

Erlebnisbericht: Wie die Ukraine in Donezk ein Hotel voller Journalisten bombardiert





Würden deutsche Medien auch russische Berichte einbeziehen, entstünde für die Medienkonsumenten ein gänzlich anderes Bild. Die Ukraine würde unmittelbar ihre "Aura der Unschuld" verlieren, denn das ukrainische Militär begeht schwerste Kriegsverbrechen – mutmaßlich muss man aktuell noch hinzufügen, denn die fortlaufenden Untersuchungen und Ermittlungen dauern an. Aber auch die sind ein Thema, das der deutsche Mainstream seinen Lesern verschweigt: Die Verfolgung und Aufarbeitung von Kriegsgräueln durch die Ermittlungskomitees der Volksrepubliken und Russlands.


Auch die Zeugnisse davon, dass die russische Armee in Mariupol und anderen Orten des Donbass tatsächlich als Befreier begrüßt wurde, unterschlägt der deutsche Mainstream – oder er diffamiert sie einfach als angebliche russische Propaganda. Gewiss stehen nicht alle Einwohner des Donbass hinter dem Einsatz Russlands in der Ukraine. Aber ein unübersehbarer und damit nennenswerter Teil eben schon.


Bilder vom Wiederaufbau in Mariupol schaffen es ebenfalls nicht bis in die deutsche Presselandschaft. Den bezahlt nämlich – laut Andrei Turtschak, Generalsekretär der Partei Einiges Russland und stellvertretender Vorsitzender des Föderationsrates – die russische Föderation. Die Meldungen des Mainstreams über Mariupol brachen genau an der Stelle ab, als vermeldet wurde, es sei dort nun eine humanitäre Katastrophe zu erwarten. Sie trat nicht ein, und folglich wurde es still um Mariupol in den deutschen Medien.


Auch über die angeblichen wie auch die tatsächlichen Ereignisse von Butscha wird inzwischen ein Mantel des Schweigens ausgebreitet. Butscha wurde in westlichen Medien zum Symbol für die Grausamkeit der russischen Armee inszeniert. Westliche Politiker unternahmen regelrechte Pilgerfahrten nach Butscha, um sich von der angeblichen Barbarei der Russen persönlich zu überzeugen sowie ihre im Vorfeld schon auswendig gelernten Texte der Empörung in die bereitstehenden Kameras zu sprechen. Gab es jemals eine offizielle und vor allem eine unabhängige Untersuchung? Die Frage lässt sich leicht beantworten: Nein.


Die Ukraine stellt eigene Ermittlungen an, die freilich nicht unabhängig genannt werden können. Westliche Organisationen – beispielsweise die von westlichen Thinktanks wie dem "National Endowment for Democracy" und den "Open Society Foundations" unterstützten Hobby-Forensiker von Bellingcat – versuchten sich im Nachweis der russischen Schuld. Auch das ist alles andere als unabhängig. Im Sande dagegen verliefen Forderungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres nach einer internationalen und unabhängigen Untersuchungskommission.

ARD-Magazin Kontraste über Russland: Propaganda mit Schaum vor dem Mund





Meinung

ARD-Magazin Kontraste über Russland: Propaganda mit Schaum vor dem Mund





So werden die Bilder von Butscha immer mal wieder ausgegraben, wenn es in den propagandistischen Kram passt. Mit kritischem Journalismus hat aber auch das nichts zu tun. Der würde – wenn auch spät – irgendwann einmal nach Beweisen fragen und eine unabhängige Untersuchung anmahnen, statt fortgesetzt die Behauptungen der ukrainischen Seite affirmativ zu wiederholen.


All das hat Folgen. Die schlechte Qualität der Breite des deutschen Journalismus hat gesellschaftliche Auswirkungen. Würde das Metier seine Aufgaben erfüllen, sich um Aufklärung und Objektivierung zu bemühen, könnte in Deutschland auch offen über den Zustand der Ukraine, den Zweck von Waffenlieferungen dorthin und den Sinn und die Möglichkeiten von Friedensgesprächen diskutiert werden. In der aktuellen Situation geht das aber nicht. Diese Freiheit fehlt in Deutschland heute – und die deutschen Medien haben daran Anteil.


In ihrer Einseitigkeit treiben die großen deutschen Medien vielmehr noch die Politiker und die ganze Gesellschaft vor sich her. Angesichts der mangelnden Differenzierung und der Unterschlagung von Information in den deutschen Nachrichten erscheinen somit – aufgrund der angeblichen Brutalität der russischen Armee – sogar Waffenlieferungen in ein akutes Krisengebiet als legitimes Mittel. Das Problem ist aber, dass die Informationen, auf denen diese Argumentation aufbaut, höchst fragwürdig sind.


Da Russland sich einfach einen Teil der Ukraine einverleiben wolle, sei die Unterstützung der Ukraine geboten. Sollte aber tatsächlich ein relevanter Prozentsatz der Einwohner des Donbass die russische Armee nicht als Besatzer, sondern als Befreier sehen, gerät diese Argumentation ebenfalls ins Wanken.


Würden zudem Zeugnisse im deutschen Mainstream zugelassen, die darauf hindeuten, dass vom Westen gelieferte Waffen zur Ausübung schwerster Kriegsverbrechen verwendet werden, würden deutsche Waffenlieferungen in ein Krisengebiet wie die Ukraine sicherlich anders eingeordnet und Diskussion darüber offener geführt werden.


Eingebetteter Journalismus – Die Tagesschau scheitert an ihrem Auftrag





Meinung

Eingebetteter Journalismus – Die Tagesschau scheitert an ihrem Auftrag





Es ließen sich noch viele Beispiele finden, an denen der Gedanke weiter ausgeführt werden könnte. Die offene Lynchjustiz in der Ukraine beispielsweise, die Strafandrohung gegenüber jenen Ukrainern, die bereit sind, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen oder sich aus den umkämpften Gebieten nicht in Richtung Kiew, sondern in Richtung jener Territorien aufmachen, die von Russland und den Alliierten Kräften eingenommen wurden. Man könnte auch "befreit" sagen.


All diese Zeugnisse lassen sich nicht einfach als russische Propaganda und Desinformation abtun. Dessen ungeachtet hält der deutsche Mainstream entweder an dieser Einordnung fest oder verschweigt sie einfach gänzlich. Damit bewirkt er noch ein zweites Versagen. Jeder, der für einen etwas differenzierten Blick auf die Ereignisse in der Ukraine wirbt, wird mit Hinweis auf die vermeintlich objektive und um Objektivierung bemühte deutsche Berichterstattung diffamiert und diskriminiert. Es sind paradoxerweise die deutschen Medien, die für eine zunehmende Verengung des geduldeten Meinungskorridors sorgen und aktiv jede andere Sichtweise als "russische Propaganda" verunglimpfen. Dabei wissen die entsprechenden Redakteure und Journalisten, wie schon ausgeführt, um den Wahrheitsgehalt der russischen Quellen, denn sie lesen dort mit – und die Aussagen lassen sich vielfach überprüfen.


Mit anderen Worten: In Deutschland fördert der aktuelle Journalismus ein System der Repression. Abweichende Meinungen werden "gecancelt" und unterdrückt. Deutsche Medien beteiligen sich nicht nur an Diffamierungskampagnen, sondern initiieren sie auch selbst. Inzwischen fordert der deutsche Mainstream sogar die Strafverfolgung von Journalisten, die nicht die von Staats wegen veröffentlichte Meinung teilen und anderes berichten. Mit seiner eigenen Verengung in Richtung Propaganda trägt der deutsche Mainstream aktiv zur Erosion der Meinungs- und Pressefreiheit bei. Er ist damit im Gegenteil von seiner grundgesetzlich verankerten Rolle angekommen und eine Gefahr für Freiheit und Demokratie.


Mehr zum Thema – Klammheimliche Freude? Reaktionen in Deutschland auf Tod von Darja Dugina


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

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unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

einige Infos 23.24. August

aus e-mail von Doris Pumphrey, 24. August 2022


*Mögliche Nachfolgerin von Boris Johnson: "Ich bin bereit" Atomwaffen

einzusetzen

*Bei den Tories gilt Liz Truss wohl als aussichtsreichste Kandidatin für

die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson.

Während einer Wahlkampf-Debatte sagte die derzeitige Außenministerin

nun, sie sei für den Einsatz von Atomwaffen bereit.

/Hier: /https://pressefreiheit.rtde.tech/europa/146939-liz-truss-atomwaffen/



*Lieferten die USA insgeheim Hochgeschwindigkeitsraketen und

Präzisionslenkmunition an die Ukraine?

*Haben die USA der Ukraine hinter vorgehaltener Hand doch mehr Waffen

geliefert als angekündigt? Das geht aus einem Bericht der

US-Tageszeitung Politico hervor. Darunter könnten sich auch

Hochgeschwindigkeits-Anti-Strahlungsraketen vom Typ HARM befunden haben.

/Hier:

/https://pressefreiheit.rtde.tech/nordamerika/146858-lieferten-usa-insgeheim-hochgeschwindigkeitsraketen-an-ukraine/



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 20:35 Uhr

*Scholz kündigt umfangreiche weitere Waffenlieferungen für Ukraine an

*Bundeskanzler Olaf Scholz hat umfangreiche weitere Waffenlieferungen an

die Ukraine angekündigt. Man habe ein neues Paket auf den Weg gebracht,

das hochmoderne Flugabwehrsysteme, Raketenwerfer, Munition und

Anti-Drohnen-Geräte umfasse, sagte der SPD-Politiker am Dienstag auf

einer Konferenz zur Lage auf der Krim, zu der er aus Kanada zugeschaltet

war. Der Bundeskanzler sagte weiter, Deutschland werde mit seinen

Partnern die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten, finanziell

helfen, Waffen liefern und sich auch am Wiederaufbau beteiligen.

Wie ein Regierungssprecher auf Anfrage mitteilte, werde Kiew drei

weitere Flugabwehrsysteme des Typs IRIS-T SLM

<https://de.wikipedia.org/wiki/IRIS-T_SLM> für Lenkflugkörper, ein

Dutzend Bergepanzer und 20 auf Pick-ups montierte Raketenwerfer

erhalten. Das Paket umfasse auch Präzisionsmunition. Insgesamt gehe es

um Rüstungsgüter im Wert von deutlich mehr als 500 Millionen Euro. Das

Geld müsse vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages noch

freigegeben werden. Die Waffen sollen "maßgeblich 2023" geliefert

werden, "einige deutlich früher". Es sei der Einstieg in eine

nachhaltige Modernisierung der ukrainischen Streitkräfte.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

24.8 2022 08:42 Uhr

*Norwegen und Großbritannien liefern der Ukraine Black-Hornet-Drohnen im

Wert von über neun Millionen Euro

*Wie das norwegische Verteidigungsministerium am Mittwoch mitteilt,

haben Norwegen und Großbritannien vereinbart, der Ukraine unentgeltlich

Drohnen vom Typ Black Hornet zu liefern, deren Wert neun Millionen Euro

übersteigen wird. In einer Erklärung auf der norwegischen

Regierungswebseite heißt es dazu:

/"Norwegen und das Vereinigte Königreich haben sich zusammengetan, um im

Rahmen einer Spende für die Ukraine norwegische

Black-Hornet-Mikrodrohnen zu kaufen. Die Kosten belaufen sich auf bis zu

90 Millionen norwegische Kronen." /Umgerechnet sind das ungefähr 9,2

Millionen Euro.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

24.8 2022 09:13 Uhr

*Behörden von Saporoschje lehnen Selenskijs Ultimatum für AKW ab

*Das Ultimatum des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, die

russischen Truppen aus dem Gebiet des Kernkraftwerks Saporoschje

abzuziehen, werde niemand umsetzen, da dies eine selbstmörderische

Entscheidung wäre. Dies erklärte Wladimir Rogow, Mitglied des Hauptrates

des Gebietes Saporoschje, gegenüber /RIA Nowosti/

<https://ria.ru/20220824/svo-1811716559.html>. Er sagte:

/"Selenskijs Ultimatum bedeutet in die menschliche Sprache übersetzt nur

eines: Die Kontrolle über das Kernkraftwerk an die ukrainische Seite

zurückzugeben, damit sie ihre Experimente mit schmutzigen Bomben

fortsetzen und die ganze Welt als Geisel nehmen können. Die Rückgabe des

Kernkraftwerks, das Selenskijs Kämpfer seit vier Monaten beschießen,

käme einem Selbstmord gleich. Eine solche Entscheidung wird nicht

getroffen werden."/

Zuvor hatte Selenskij die internationale Gemeinschaft aufgefordert,

Moskau zum Rückzug der russischen Truppen aus dem Gebiet des AKW

Saporoschje zu zwingen.

Seit Wochen beschießen ukrainische Streitkräfte die Anlage. Die

Situation droht in einer großen nuklearen Katastrophe zu enden. Beim

wiederholten Beschuss wurde bereits die Hochspannungsleitung des

Umspannwerks Kachowskaja beschädigt. In der Folge musste das Personal

die Leistung zweier Kraftwerksblöcke reduzieren.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 21:54 Uhr

*Russland kommentiert Verhinderung der IAEA-Mission zum AKW Saporoschje

durch UN-Sekretariat

*Das russische Außenministerium übte harte Kritik am Vorgehen des

UN-Sekretariats in Bezug auf die Lagesondierung am Atomkraftwerk

Saporoschje auf befreitem ukrainischem Territorium. Die Sprecherin Maria

Sacharowa betonte, Moskau habe die Situation bei der Vorbereitung der

Mission der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA

<https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Atomenergie-Organisation

wiederholt öffentlich dargelegt. Damit wies sie implizit auf den

russischen Vorwurf an das Sicherheitsdepartement des UN-Sekretariats

hin, dass dieses die IAEA-Inspektion des von den kiewtreuen Truppen

beschossenen Kraftwerks verhindert habe.


/"Wir bringen tiefstes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Mission

noch nicht stattgefunden hat. Wie bekannt ist, ist dies ein

bedauerliches Ergebnis eines unsauberen Spiels seitens des

UN-Sekretariats. Falls aber die Kollegen im Westen, einschließlich

Paris, nun glauben, dass der Sachverlauf zur praktischen Umsetzung einer

solchen verantwortungsvollen Maßnahme führt, so ist dies ein wichtiger

und positiver Wandel in ihrem Ansatz. Bis jetzt haben die Gönner und

Betreuer Kiews einzig und allein darauf hingearbeitet, die IAEA-Mission

zu torpedieren, indem sie dem Kiewer Regime bei dessen ständigen

Provokationen, einschließlich des gefährlichen Beschusses des AKW

Saporoschje, zuspielten." /


Sacharowa betonte: Russland ist wie niemand anderes daran interessiert,

dass die IAEA-Vertreter diese Anlage besuchen, "um mit eigenen Augen die

zerstörerischen Folgen des Beschusses durch die ukrainische Seite zu

sehen und eine objektive – und harte – Bewertung der Geschehnisse

abzugeben."



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 20:55 Uhr

*Moskau zu AKW Saporoschje:

Hoffen auf Machtwort aus Paris Richtung Kiew –

Gewährenlassen könnte "Schuss in eigenen Kopf" gleichkommen

*Moskau hofft, dass die Regierung in Paris die Gefahr einer Duldung der

Schüsse auf das Kernkraftwerk Saporoschje seitens ukrainischer Truppen

erkennt und in der Lage sein wird, ihren arroganten "Betreuten" in Kiew

zurechtzuweisen. So lautet ein am Dienstag veröffentlichter Kommentar

der Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa: /"Wir

fordern die westlichen Länder auf, den geopolitischen Ambitionen und

Launen des Selenskij-Regimes nicht länger nachzugeben – und stattdessen

die Interessen der nuklearen Sicherheit in den Vordergrund zu stellen.

Weiteres Gewährenlassen im Hinblick auf den ukrainischen Beschuss des

AKW Saporoschje ist nicht einfach nur kriminell, sondern könnte sich als

'Schuss in den eigenen Kopf' erweisen. Wir hoffen, dass Paris dies

begreift und es endlich schafft, seinen arroganten 'Betreuten' in Kiew

zurechtzuweisen."/



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 22:49 Uhr

*Nebensja im UN-Sicherheitsrat: Russland über Ausbildung von

Sprengstoffterroristen im Westen für ukrainische Geheimdienste empört


*Russland ist empört darüber, dass der Westen ukrainische Geheimdienste

bei der Ausbildung von Sprengstoffterroristen unterstützt. Dies brachte

der ständige Vertreter Russlands im UN-Sicherheitsrat Wassili Nebensja

ebendort zum Ausdruck, als er die Situation im Zusammenhang mit der

Ermordung der russischen Journalistin Darja Dugina kommentierte:

/"Offizielle Vertreter des Kiewer Regimes rufen offen dazu auf, Russen

zu töten. Der ukrainische Botschafter in Kasachstan Pjotr Wrublewski

erklärte kürzlich öffentlich, das Ziel der Ukraine sei es, so viele

Russen wie möglich zu töten. Je mehr von ihnen jetzt getötet würden,

desto weniger Russen würden die nächsten Generationen von Ukrainern

töten müssen."/


Anschließend brachte Nebensja den schweren Vorwurf Russlands gegen den

kollektiven Westen zu Gehör, den er an Tschechien als ein jüngstes

Beispiel knüpfte: /"Wir sind empört darüber, dass westliche Länder dies

nicht nur nicht verurteilen, sondern auch ukrainischen Geheimdiensten

bei der Ausbildung von Sprengsaboteuren zum Vernichten Unerwünschter

helfen./


/Ein markantes Beispiel ist der Fall des ukrainischen Staatsbürgers

Jewgeni Karpenko, der von ukrainischen Sicherheitsdiensten in der

Tschechischen Republik rekrutiert wurde und auf einem Militärstützpunkt

in der tschechischen Stadt Český Krumlov eine Ausbildung in Minen- und

Sprengstoffsabotage absolvierte. Er wurde darin geschult, Sprengsätze in

Gebäuden und an Automobilen anzubringen, und dann in das Gebiet der

Volksrepublik Donezk abkommandiert, wo er einen Terroranschlag im

Verwaltungsgebäude des Landkreises Wolodarskoje verüben sollte."

/Karpenko hatte sich zuvor Sicherheitskräften der DVR gestellt und

gestanden.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

23.8.2022 21:07 Uhr

*Polens Präsident Duda fordert Beseitigung von Nord Stream 2

*Der polnische Präsident Andrzej Duda hat in Kiew eine Beseitigung der

Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland

gefordert. Wegen des Ukraine-Kriegs könne es im Verhältnis zu Moskau

keine Rückkehr zur Normalität geben, erklärte der Politiker am Dienstag

bei den Online-Beratungen der sogenannten Krim-Plattform. Deshalb sei

eine andere Politik des Westens nötig, "die nicht nur dazu führt, Nord

Stream 2 zu stoppen, sondern Nord Stream 2 zu beseitigen".

Polen und andere östliche EU-Länder kritisieren das russisch-deutsche

Projekt seit vielen Jahren, weil es angeblich den Gastransit durch die

Ukraine aushebelt. Im Februar hat die Bundesregierung schließlich die

Inbetriebnahme der Leitung abgelehnt. Es gibt aber Stimmen in

Deutschland, die fordern, insbesondere angesichts der Gaskrise in Europa

Nord Stream 2 zu öffnen.



liveticker RT

<https://pressefreiheit.rtde.tech/international/131481-liveticker-zum-ukraine-krieg-kiew/

24.8 2022 11:51 Uhr

*Lettland: Präsident ruft zur Isolierung von Teilen der

russischsprachigen Bevölkerung auf

*Der lettische Präsident Egils Levits hat dazu aufgerufen, die

russischsprachige Bevölkerung seines Landes, die die antirussische

Politik Rigas nicht unterstützt, "auszusortieren". Dies berichtet das

vereinigte Radio- und Fernsehnachrichtenportal der Republik /lsm.lv

</" rel="noopener">https://www.lsm.lv/raksts/zinas/latvija/levits-kops-kara-ukraina-esam-kluvusi-patriotiskaki-un-nacionalaki--labak-apzinamies-brivibas-cenu.a470664/?utm_source=lsm&utm_medium=theme&utm_campaign=theme>/.

/"Seit dem Beginn [der russischen Sonderoperation in der Ukraine] ist

ein Teil der lettischen Gesellschaft aufgetaucht, der nicht loyal

gegenüber dem Staat ist. Unsere Aufgabe ist es, mit ihnen umzugehen und

sie vom Rest der Gesellschaft zu isolieren."/


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

24.08.2022

Hitlers drastische Geheimrede im Jahr 1939

22.08.2022, 06.07 Uhr, Von Norman Domeier

»Das Kriegsziel besteht in der physischen Vernichtung des Gegners«

Im August 1939 kündigte Adolf Hitler vor Generälen Völkermord und »Erdherrschaft« an. Ein Protokoll der Rede wurde einem US-Journalisten durchgestochen, galt aber später als
Fälschung. Doch das Dokument des Hasses ist echt.


Getarnt mussten die führenden Generäle und Admiräle der Wehrmacht am 22. August 1939 auf
dem Obersalzberg erscheinen: Sie kamen trotz ihrer militärischen Ränge in Zivilkleidung, wie

Mitglieder einer Verbrecherorganisation.


Die Zusammenkunft sollte kein Aufsehen erregen. Zudem wollte Hitler durch diese äußerliche
Degradierung von vornherein jeden Widerspruch der Spitzenmilitärs ausschalten. Denn an
diesem Tag, gut eine Woche vor dem Überfall auf Polen am 1. September 1939, sprach er

Klartext:


Zum Autor
Norman Domeier, Jahrgang 1979, ist DAAD-Gastprofessor für deutsche und europäische
Geschichte an der Karls-Universität Prag. Für sein Buch »Der Eulenburg-Skandal. Eine politische
Kulturgeschichte des Kaiserreichs« erhielt er den Geisteswissenschaften-International-Preis des
Deutschen Börsenvereins. Im Dezember 2021 erschien seine Habilitationsschrift
»Weltöffentlichkeit und Diktatur. Die amerikanischen Auslandskorrespondenten und das ›Dritte

Reich‹« im Wallstein Verlag.


»Unsere Stärke ist unsere Schnelligkeit und unsere Brutalität. Dschingis Chan hat Millionen
Frauen und Kinder in den Tod gejagt, bewusst und fröhlichen Herzens. Die Geschichte sieht in
ihm nur den großen Staatengründer. Was die schwache westeuropäische Zivilisation über

mich behauptet, ist gleichgültig.


Ich habe den Befehl gegeben – und ich lasse jeden füsilieren, der auch nur ein Wort der Kritik
äußert – dass das Kriegsziel nicht im Erreichen von bestimmten Linien, sondern in der
physischen Vernichtung des Gegners besteht. So habe ich, einstweilen nur im Osten, meine
Totenkopfverbände bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib
und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken. Nur so gewinnen wir
den Lebensraum, den wir brauchen. Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?
... Nach Stalins Tod, er ist ein schwerkranker Mann, zerbrechen wir die Sowjetunion. Dann

dämmert die deutsche Erdherrschaft herauf.«


Schweigen und Begeisterung
Die Mehrheit der Wehrmachtsführung zeigte sich begeistert von Hitlers Ankündigung, durch
Völkermorde in Polen, Russland und anderswo die »Erdherrschaft« zu erlangen. Die übrigen
Generäle nahmen Hitlers Pläne hin, ohne an Widerstand zu denken, viele wohl in Erwartung
des versprochenen Kriegsruhms.Eine der wenigen Ausnahmen war Admiral Wilhelm Canaris, der Chef der Abwehr. Er machte
im Hintergrund des Saals unauffällig Notizen. »Gleich am nächsten Tag las er uns die
wichtigsten Stellen vor«, erinnerte sich einer seiner Mitarbeiter nach 1945. »Er war immer
noch voller Entsetzen. Seine Stimme zitterte. Er fühlte, Zeuge von etwas Ungeheuerlichem
gewesen zu sein.« Man war sich im Kreis um Canaris einig, »dieses Dokument einer

verworrenen Zeit müsse der Nachwelt erhalten bleiben«.


Ausersehen dazu war Louis Lochner, der Berliner Chefkorrespondent der amerikanischen
Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Der Sozialdemokrat Hermann Maaß händigte
Lochner im Auftrag des ehemaligen Generalstabschefs Ludwig Beck ein Dokument aus, das
seither als »Lochner-Version« bezeichnet wird: ein Kondensat der Hitler-Rede, das Beck von

Admiral Canaris und dessen Vertrautem, Oberst Hans Oster, erhalten hatte.


Der Vorwurf der Fälschung
Die Kontakte von Widerstandskreisen zu Lochner waren alt, er galt als absolut
vertrauenswürdig. Bereits 1936 hatte General Beck ihm vorab die Remilitarisierung des
Rheinlandes verraten. Es gab eine jahrelange Zusammenarbeit zwischen kritischen deutschen
Militärs und amerikanischen Auslandskorrespondenten – allein schon deshalb entbehrt es
jeder Plausibilität, dass die militärhistorische Literatur nach 1945 das Lochner-Transkript
mitunter als unglaubwürdige, gar erfundene Quelle ablehnte. Man vermutete, dass es sich bei
der Weitergabe der Hitler-Rede an Lochner um einen einmaligen – und darum schwer
verständlichen – Vorgang handelte. Tatsächlich aber wurde über Jahre hinweg mit wahren
Informationen gehandelt. Wäre eine Fälschung übermittelt worden, hätte das zum sofortigen

Abbruch der Kontakte zur amerikanischen Presse geführt.


Konservative Historiker wie Winfried Baumgart und Andreas Hillgruber interessierten sich für
die medienhistorische Seite der Vorgänge nicht. Sie wussten auch beinahe nichts über den
Empfänger der Rede, Louis Lochner. Daher qualifizierten sie die Lochner-Version Ende der
Sechzigerjahre leichtfertig als »Dramatisierung« und »Fälschung« ab. Sie nahmen irrtümlich
an, die Rede sei absichtlich durchgestochen worden, um die Briten zu einer schnellen Aktion
gegen NS-Deutschland zu provozieren. Doch hinter dieser Deutung stand vor allem die Sorge
um das Ansehen der Wehrmachtsführung, deren Mitverantwortung für die Taten des Zweiten
Weltkriegs man damals noch nicht anerkennen wollte. Die Lochner-Version jedoch belegt,
dass die Generäle bereits eine Woche vor Beginn des Zweiten Weltkriegs in sämtliche

verbrecherischen Ziele Hitlers eingeweiht waren.


Manche Hobbyhistoriker verfolgen dennoch offenbar noch heute das Ziel, die »Ehre« der
Generalität zu wahren. So strotzt der Wikipedia-Eintrag zur Hitler-Rede vom 22. August 1939
vor Fehlern und behauptet unter Verweis auf überholte Literatur, die Lochner-Version sei

zweifelsfrei eine Fälschung.


Raum für Zweifel bot, dass die mehrstündige Hitler-Rede nur in stark kondensierten
Mitschriften einiger Teilnehmer überliefert wurde. Die authentischste Fassung war jene von
Admiral Canaris. Seine Mitschrift wurde noch einmal gekürzt und in entschärfter Form zu den
Akten der Wehrmacht gegeben, denn offiziell herrschte ein Mitschreibeverbot. Louis Lochner

erhielt allerdings eine nicht entschärfte Kurzfassung – die Lochner-Version.


Lochners gute Kontakte
Das war weder Zufall, Verlegenheit noch ein einmaliger Geheimnisverrat deutscher Offiziere.
Es erfolgte im Rahmen einer langen Kontinuität politischer Kontakte zwischen deutschenMilitärs und amerikanischen Auslandskorrespondenten in Berlin. Diese erprobten
Vertrauensverhältnisse bestanden sogar nach Kriegsbeginn 1939 weiter. Im Jahr 1941 erfuhr
Lochner auf demselben Wege vorab von den Angriffsplänen gegen die Sowjetunion.
Mit der Mitschrift der Hitler-Rede tat Lochner im Sommer 1939 genau das, was von den
Widerstandskreisen erwartet wurde: Er lief in die amerikanische Botschaft und war überzeugt,
das Dokument würde in die USA geschickt werden. Doch er traf auf den mutlosen
Botschaftsleiter Alexander C. Kirk, der ihm erklärte, er könne solches »Dynamit« nicht einmal
eine Stunde aufbewahren. Überdies schützte Kirk vor, der Code, mit dem die US-Botschaft ihre

Nachrichten nach Washington chiffrierte, könnte geknackt sein.


Erst nach dieser unerwarteten Abfuhr versuchte Lochner am 25. August 1939 sein Glück in der
britischen Botschaft. Dort nahm der Diplomat George Ogilvie-Forbes das Dokument dankbar
entgegen und schickte eine übersetzte Fassung noch am selben Tag nach London. Diese
englische Fassung wurde 1954 in den amtlichen Dokumenten zur britischen Außenpolitik

veröffentlicht.


»Ob die Welt das glaubt, ist mir scheißegal«
»Die Gelegenheit ist günstig wie nie zuvor. Ich habe nur eine Sorge, dass mir Chamberlain
oder irgend so ein anderer Saukerl im letzten Augenblick mit Vorschlägen und Umfallen
kommt. Er fliegt die Treppe herunter. Und wenn ich ihm persönlich vor den Augen aller

Photographen in den Bauch treten muss.


... Der Angriff und die Vernichtung Polens beginnt am Sonnabend früh. Ich lasse ein paar
Kompanien in polnischer Uniform in Oberschlesien oder im Protektorat angreifen. Ob die
Welt das glaubt, ist mir scheißegal. Die Welt glaubt nur an den Erfolg. Für Sie, meine Herren,
winken Ruhm und Ehre wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Seien Sie hart, seien Sie
schonungslos, handeln Sie schneller und brutaler als die andern. Die Bürger Westeuropas
müssen vor Entsetzen erbeben. Das ist die humanste Kriegsführung. Denn es schreckt sie ab.«
Historiker wie Winfried Baumgart wandten ein, mit solchen Worten habe Hitler vielleicht vor
Parteifreunden, aber nicht vor seinen Generälen zu sprechen gewagt. Ein Argument, das auch
die Generäle selbst nach 1945 aus Selbstschutz vorbrachten, um ihre Mitwisserschaft an den

geplanten Menschheitsverbrechen Hitlers zu bestreiten.


»Seine Sprache war brutal und voller Ausfälle«
Tatsächlich befand sich Hitler in jenen Tagen des Augusts 1939 bereits in einem Kriegsrausch,
auch sprachlich. Dies belegen etwa Berichte des britischen Botschafters Nevile Henderson. Er
übergab Hitler einen Tag nach dessen Geheimrede einen Brief der britischen Regierung, der
den »Führer« in rasende Wut versetzte: »Seine Sprache war in Bezug auf England und Polen
brutal und voller Ausfälle.« Hitlers Tiraden wurden sogar im Protokoll des Auswärtigen Amts

festgehalten.


Sprachlich und weltanschaulich entsprechen viele markante Passagen der Lochner-Version
bisher unbekannten oder unbeachteten Hitler-Äußerungen. Der Satz »So werde ich in einigen
Wochen Stalin an der gemeinsamen deutschrussischen Grenze die Hand reichen und mit ihm
eine Neuverteilung der Welt vornehmen« ähnelt auffallend der geopolitisch ausgreifenden
Szenerie, die Hitler am 7. Februar 1937 in einem »Cosmopolitan«-Interview mit
Chefkorrespondent Karl von Wiegand entworfen hatte.Darin bekundete Hitler, dass er Napoleons Fehler bei dessen Russlandfeldzug nicht
wiederholen werde und seine Kriegsziele global seien. Von Wiegand auf den Wert Japans als
weit entfernter Verbündeter angesprochen, entgegnete Hitler bereits 1937: »Wir werden den

Japanern im Kaukasus die Hand reichen.«


Hitlers Anleihe bei Nietzsche
Das wichtigste Element der Weltanschauung Hitlers, das die Lochner-Version in Reinform
wiedergibt, liegt in der Bestimmung des eigentlichen Kriegsziels. Es bestand für Hitler
geopolitisch nicht im »Erreichen von bestimmten Linien«, sondern in der »physischen
Vernichtung des Gegners«. Für Hitler war »Lebensraum« nur als von anderen Menschen
entleerter Raum wünschenswert: Das Völkermorden war Selbstzweck und wichtiger als die

reine Projektion militärischer Macht.


Besonders interessant ist, dass in der Lochner-Version der Hitler-Rede ein ungewöhnlicher,
sonst kaum gebrauchter Begriff auftaucht: »Erdherrschaft«. Doch hat ihn Hitler nicht zufällig
verwendet oder selbst kreiert. Er stammt, in der Schreibweise »Erd-Herrschaft«, aus Friedrich
Nietzsches Werk »Jenseits von Gut und Böse«. Hitler hat ihn offenbar bewusst entnommen,
denn Nietzsche verkündet eine Prophezeiung, als deren historisches Werkzeug sich Hitler
offenkundig verstand: ein Wiedererwachen Europas gegenüber Russland/Asien.
Die »Zunahme der Bedrohlichkeit Russlands«, schrieb Nietzsche, könne dazu führen, dass
Europa sich entschließe, »gleichermaßen bedrohlich zu werden«. Er wünsche sich das zwar
nicht, aber eine neue, »über Europa herrschende Kaste« könne die europäische Kleinstaaterei
beenden. Das mündet in der Vorhersage des Philosophen: »Die Zeit für kleine Politik ist
vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die Erd-Herrschaft, – den Zwang

zur großen Politik.«


Warum das Dokument in Nürnberg nicht zugelassen wurde
Bis heute wird behauptet, die Lochner-Version sei vom Nürnberger
Kriegsverbrechertribunal »verworfen« worden. Doch dieser Einwand ist leicht zu entkräften,

wenn man sich die Details der Vorgänge 1945/46 genau ansieht.


Lochner hatte 1945 den US-Staatsanwälten seine Schriftfassung der Hitler-Rede übergeben und
dachte, damit seiner Pflicht Genüge getan zu haben. Für die juristische Verwertbarkeit
entscheidend war jedoch nicht allein der Inhalt, sondern die Rekonstruktion der
Zusammenhänge, die das Dokument in den Besitz Lochners gebracht hatten. Eine persönliche
Aussage Lochners im Prozess wäre daher von entscheidender Bedeutung gewesen. Dies kam
für Lochner jedoch nicht infrage, da er für die Nachrichtenagentur AP aus Nürnberg
berichtete. Seine Karriere stand damals auf der Kippe. Als Zeuge hätte er nicht mehr als

Journalist berichten können.


Anders als die Kritiker der Lochner-Version mutmaßen, wurde auf »L-3«, wie das Dokument in
Nürnberg genannt wurde, nicht deshalb als Beweismittel verzichtet, weil die Version als
unglaubwürdig oder gefälscht galt. Im Gegenteil. Es gelang innerhalb der kurzen Zeit nur
nicht, die Forderungen der Staatsanwaltschaft zu erfüllen: insbesondere Lochners Informanten
Hermann Maaß ausfindig zu machen und das »Original« von »L-3« zu beschaffen.
Lochner verpasste eine historische ChanceNur durch Lochners persönliche Aussage wäre »seine« Version der Hitler-Rede im Nürnberger
Prozess verwertbar geworden. Denn alle anderen Männer, die die Rede an ihn weitergeleitet
hatten – Canaris, Beck, Oster und Maaß – waren von den Nationalsozialisten ermordet

worden. Sie konnten kein Zeugnis mehr ablegen.


In Nürnberg dürften manche der früheren Berliner Auslandskorrespondenten, ganz sicher
auch Lochner, heilfroh gewesen sein, dass ihre Namen im Prozess nicht auftauchten: Sie
hatten mit einigen der angeklagten Nationalsozialisten vertrauliche Absprachen getroffen und
Deals gemacht, die nach deren Hinrichtung nicht mehr ans Licht kommen konnten. Louis

Lochner vergab dadurch jedoch eine historische Chance.


Die Staatsanwälte in Nürnberg griffen zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Sie verteilten die
Lochner-Version in Hunderten Exemplaren an die Weltpresse. Für die Londoner »Times«
bewies dieses Dokument, auch wenn es nicht als Beweisstück aufgenommen worden war, die
Verbrechen des Nationalsozialismus: »Diese kalkulierten Worte sind so belastend, dass es fast
überflüssig erscheint, auf das Bündel anderer Dokumente hinzuweisen, die von der
Staatsanwaltschaft als Beweis für die Absichten der Nazis, einen Angriffskrieg zu beginnen,
vorgelegt wurden«, schrieb Großbritanniens Leitblatt im November 1945. Die Rede offenbare

»den wahren Hitler«.


Die Geschichtswissenschaft verfügt heute über mehr Informationen zu den Hintergründen als
die Ermittler und Richter 1945/46 und die Historiker der Sechziger- und Siebzigerjahre. Das
Narrativ von der »sauberen« Wehrmacht ist längst dekonstruiert worden. Die
Schutzbehauptungen der Wehrmachtsführung nach 1945 wirken hingegen bis heute nach.
Es ist daher überfällig, dass die Lochner-Version der Hitler-Rede vom 22. August 1939 für neue
Forschungen herangezogen wird. 83 Jahre nachdem Hitler vor seinen Generälen ganz offen
über geplante Menschheitsverbrechen gesprochen hatte, muss die Rede als das anerkannt
werden, was sie ist: ein Schlüsseldokument der NS-Weltanschauung, in dem zwei
Kerngedanken kristallklar zum Ausdruck kommen: Hitlers Wille zur Weltherrschaft und zum

Völkermord.


Zum Weiterlesen: Norman Domeier: »Die ›Lochner-Version‹ der Hitler-Rede vom 22. August
1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung.« In: »Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft« 6/2022. Darin ist die Rede in ihrer deutschen und englischen Fassung
dokumentiert.
24.08.2022

Weltherrschaft und Völkermorden
Die „Lochner-Version“ der Hitler-Rede vom 22. August 1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung   I von III

 F G 7 0 (2 02 2) 6 Norman Domeier
Weltherrschaft und Völkermorden


Die „Lochner-Version“ der Hitler-Rede vom 22. August 1939

als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung
Während des Nürnberger Prozesses 1945/46 war ein mediales Phänomen zu beobach
ten, das sich aus der Kriegszeit fortsetzte: Der Mord an den europäischen Juden wurde
weitgehend ausgeblendet oder relativiert.1 Insbesondere die amerikanischen Korres
pondenten konzentrierten sich auf die verbrecherischen Angriffskriege Hitlers und
ihren juristischen Nachweis, wie Anneke de Rudder dargelegt hat. 2 Frappierend war
diese Schwerpunktsetzung in Nürnberg auch beim Umgang mit einem historischen
Dokument, das als die entlarvendste historische Quelle zur Weltanschauung Adolf
Hitlers und des Nationalsozialismus bezeichnet werden kann. Gemeint ist die berüch
tigte Geheimrede Hitlers vor der Wehrmachtführung am 22. August 1939 auf dem
Obersalzberg.
Obwohl mit Louis Lochner ein führender amerikanischer Berlin Korrespondent die
Schlüsselfigur bei der Sicherstellung, Verbreitung und Veröffentlichung dieses Schrift
stückes war, blieb er, trotz dauerhafter Anwesenheit, im Nürnberger Prozess ein Phan
tom. Auch bei der ab den 1960er Jahren erfolgten geschichtswissenschaftlichen Quel
lenkritik zu dieser Hitler Rede wurde Lochners Rolle kaum beachtet oder verzerrt
dargestellt. Dabei stellt Lochners Aktivität im August 1939 eines der eindrücklichs
ten Zeugnisse für Auslandskorrespondenten als politische Akteure in der Geschichte
des 20. Jahrhunderts dar. 3 Dass die Bedeutung der Auslandskorrespondenten in der
Geschichtswissenschaft bisher kaum gesehen wurde, ist einer der Gründe, weshalb die
von Lochner überlieferte Fassung der Hitler Rede vom 22. August 1939 bis heute entwe
der unbekannt ist oder meist falsch eingeschätzt wird. Daher sollen die Hintergründe
und Zusammenhänge hier erstmals umfassend rekonstruiert werden, um zu einer Neu
bewertung dieser zentralen Quelle für die Weltanschauung Hitlers und für den Natio
nalsozialismus als Ideologie mit globalem Anspruch zu gelangen.

1 Siehe Norman Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur. Die amerikanischen Auslandskor
respondenten im „Dritten Reich“, Göttingen 2021, Kap. 6.4.
2 Anneke De Rudder, „Warum das ganze Theater?“ Der Nürnberger Prozeß in den Augen der
Zeitgenossen, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 6 (1997), S. 218–242, hier S. 233.

3 Vgl. Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, S. 15–26.


                                                                                    543
Der übersehene historische Kontext: Die intimen Kontakte zwischen Politik,
Militär und Auslandspresse im „Dritten Reich“
Große Namen der deutschen Geschichtswissenschaft haben in den 1960er und
1970er Jahren erheblichen Aufwand betrieben, um die Hitler Rede vom 22. August
1939, kurz vor dem Angriff auf Polen, zu interpretieren. Insbesondere Winfried Baum
garts Deutungen aus den Jahren 1968 und 1971 in den Vierteljahrsheften für Zeit
geschichte erwiesen sich als wirkungsmächtig. Seine und Andreas Hillgrubers Darle
gungen waren von dem Bestreben gekennzeichnet, die Spitzen der Wehrmacht von den
in der Rede angekündigten Welteroberungsplänen und Kriegsverbrechen zu entlasten.
Der Zweck ihrer Quelleninterpretation war offenkundig: Die alleinige Schuld
sollte auf den Diktator und vielleicht noch die Führungsriege um Göring, Goebbels
und Himmler abgewälzt werden, um die Vorstellung von einer „sauberen“ Wehrmacht
aufrechtzuerhalten. Louis Lochner als historische Figur wurde marginalisiert und
der Wert der Zusammenfassung der Rede, die ihm zugespielt wurde (im Folgenden
„Lochner Version“), als „Dramatisierung“ und redigierte Manipulation zu politischen
Zwecken,4 als „Mischung von zutreffenden, halbwahren und vermuteten Angaben“5
sowie als „gefälschtes Dokument“ abqualifiziert.6 Ziel war es, alle Belege zu desavou
ieren, die in der Lochner Version die Generäle – von den „wenigen [!] Bedenklichen“7
abgesehen – als eifrige Anhänger ihres Feldherrn Adolf Hitler zeigten.8 Dies führte in
4 Winfried Baumgart, Zur Ansprache Hitlers vor den Führern der Wehrmacht am 22. August 1939.
Eine quellenkritische Untersuchung, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) 16 (1968) 2,
S. 120–149, hier S. 139. Ergänzungen in: Hermann Boehm/Winfried Baumgart, Zur Ansprache
Hitlers vor den Führern der Wehrmacht am 22. August 1939, in: VfZ 19 (1971) 3, S. 294–304.
5 Klaus Jürgen Müller, Das Heer und Hitler. Armee und nationalsozialistisches Regime 1933–
1940, Stuttgart 1969, S. 412 f.
6 Andreas Hillgruber, Quellen und Quellenkritik zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs, in:
Gottfried Niedhart (Hrsg.), Kriegsbeginn 1939. Entfesselung oder Ausbruch des Zweiten Welt
kriegs?, Darmstadt 1976, S. 369–395, hier S. 384 f.
7 Siehe die Lochner Version der Hitler Rede vom 22. August 1939 im Anhang dieses Beitrags.
Diese Fassung wurde von den Briten am 25. August 1939 ins Englische übersetzt (ebenfalls im
Anhang). In der in der Wisconsin Historical Society erhaltenen Abschrift aus dem Privatbesitz
Louis Lochners fehlt der letzte Abschnitt, der nicht mehr Hitlers Rede wiedergibt, sondern die
Reaktion der Zuhörer und das Verhalten Görings beschreibt. Da diese Version Tippfehler ent
hält, scheint es sich um eine spätere Abschrift Lochners vom Original mit Schreibmaschine
zu handeln, zumal er dem Dokument einen kurzen erläuternden Text mit derselben Schreib
maschinenschrift vorangestellt hat. Louis Lochner Papers, Wisconsin Historical Society,
Madison/Wisconsin, Reel 58/Frame 149.
8 Vgl. den informativen, an vielen Stellen jedoch unsachlich argumentierenden Aufsatz von
Richard Albrecht, „Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ Adolf Hitlers
Geheimrede am 22. August 1939: Das historische L 3 Dokument, in: Zeitschrift für Genozid

forschung 9 (2008) 1, S. 93–131.


                                                                            544
der geschichtswissenschaftlichen Literatur der folgenden Jahre dazu, dass die Lochner
Version entweder gar nicht genutzt wurde und vielen Forschern unbekannt blieb 9 oder
in wüsten Geschichtsverfälschungen als Beleg missbraucht wurde, um die deutsche
Schuld am Zweiten Weltkrieg zu leugnen.10 Der aktuelle Wikipedia Eintrag zur Hitler
Rede vom 22. August 1939 strotzt vor Fehlern und behauptet unter Verweis auf diese
Literatur apodiktisch, die Lochner Version sei eine „Fälschung“.11
Daher gilt es, die Quellenkritik vom Kopf auf die Füße zu stellen. Insbesondere
ist der Kontext zu rekonstruieren, in dem Lochner im August 1939 die Zusammen
fassung der Hitler Rede erhielt. Dieser Hintergrund, der von engen, mitunter symbio
tischen Beziehungen zwischen Politik, Militär und Auslandspresse im „Dritten Reich“
gekennzeichnet ist, hat für die Quellenkritik höchste Bedeutung und ist bisher unbe
achtet geblieben.
Spätestens im August 1939 sickerten Informationen über den baldign Kriegsbe
ginn aus den NS Führungskreisen in das Berliner Auslandspressekorps durch. Der
26. August galt als möglicher Tag des deutschen Überfalls auf eines der Nachbar
länder, was dadurch belegt wird, dass alle bekannten englischen, französischen und
polnischen Auslandskorrespondenten zu diesem Zeitpunkt Berlin verlassen hat
ten.12 S igrid Schultz, die Berlin Korrespondentin der einflussreichen amerikanischen
Zeitung Chicago Tribune, veröffentlichte bereits am 13. Juli 1939 unter ihrem Pseu
donym „John Dickson“ einen Artikel mit Ortsangabe „Oslo“, in dem sie die Unzu
friedenheit in der Wehrmachtführung thematisierte, nicht über Hitlers politische und
militärische Strategie informiert zu sein. „The high command of the armed forces of
Germany no longer is aware of Fuehrer Hitler.“13 Da Schultz seit der späten Weimarer
Republik enge Kontakte zu Hermann Göring unterhielt, galt die Chicago Tribune als
ein aus dem Machtzentrum NS Deutschlands stets besonders gut informiertes Blatt.
9 In seinen Schriften nimmt etwa Eberhard Jäckel keinen Bezug auf die Lochner Version, obwohl
sie seine Deutung von Hitlers Weltanschauung vollauf gestützt hätte. Über das „Armenier
Zitat“ aus der Lochner Version grübelte er hingegen in seinen späteren Jahren immer wieder,
wie er dem Autor im Mai 2013 in Stuttgart mitteilte.
10 Gerd Schultze Rhonhof, 1939. Der Krieg, der viele Väter hatte. Der lange Anlauf zum Zweiten
Weltkrieg, Rottenburg 2003, S. 321 f.
11 https://de.wikipedia.org/wiki/Ansprache_Hitlers_vor_den_Oberbefehlshabern_am_22._
August_1939 [11. 5. 2022].
12 Anders als bei den „Blitzkriegen“ 1940, als viele norwegische, dänische, belgische und nieder
ländische Auslandskorrespondenten vom jeweiligen Kriegsbeginn überrascht und in Berlin
interniert wurden. Vgl. Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, S. 337.
13 In jedem Fall sei nun Großbritannien „World Foe No. 1“, während ein Ausgleich mit der
Sowjetunion gesucht werde, „England has superseded Russia in Hitler’s hatred.“ Die radikale
Wende solle den Deutschen dadurch schmackhaft gemacht werden, dass die Kommunisten alle
Juden aus ihren Reihen vertrieben. John Dickson (d. i. Sigrid Schultz), Nazi Dictator Brands

Britain World Foe No. 1 (Oslo), in: Chicago Tribune, 13. 7. 1939, S. 1, 8.


                                                                               545
Überdies besaß Schultz, wie auch ihre Kollegen Max Jordan von NBC und Louis Loch
ner von Associated Press (AP), enge Kontakte zu Widerstandskreisen. Die drei amerika
nischen Korrespondenten können sogar als fester Teil des deutschen Widerstandes bis
1941 bezeichnet werden.14 Vermutlich hat die amerikanische Presse mit ihren „Krieg
in der Luft“ Artikeln und provozierenden Spekulationen, die Wehrmachtführung
habe den Kontakt zum Diktator verloren, Hitler erst motiviert, seine Top Generäle am
22. August 1939 noch einmal persönlich über seine Pläne ins Bild zu setzen und sie auf
die bevorstehenden Ereignisse einzustimmen. Der „Führer“ rezipierte die ausländische
Presse sorgfältig und betrieb Politik als Pressepolitik in einem weit stärkeren Ausmaß,
als bisher angenommen wurde.15
Louis Lochner, der Berliner Chefkorrespondent der bis heute größten Nachrichten
agentur der Welt, Associated Press, erhielt seit 1933 Informationen aus dem Arkanbe
reich der politischen und militärischen Macht im „Dritten Reich“. Die Übergabe der
Hitler Rede vom 22. August 1939 an ihn erfolgte im Rahmen einer langen Kontinui
tät politischer Kontakte zwischen deutschen Militärs und amerikanischen Auslands
korrespondenten in Berlin. Diese erprobten Vertrauensverhältnisse bestanden auch
nach Kriegsbeginn 1939 bis zur Internierung der amerikanischen Journalisten am
10. Dezember 1941 fort, ja sogar noch darüber hinaus.16 Die Übergabe der Hitler Rede
vom 22. August 1939 an Lochner war also weder Zufall, Verlegenheit noch ein einma
liger Geheimnisverrat deutscher Offiziere.
Ausgehändigt wurde Lochner das Dokument von Hermann Maaß im Auftrag
des ehemaligen Generalstabschefs Ludwig Beck, der eine Mitschrift der Rede von
Admiral Wilhelm Canaris erhalten hatte.17 Die Verbindung Beck Maaß Lochner war
über Jahre eingespielt und stammte bereits aus der Frühphase des „Dritten Reiches“,
wie Lochner in einer Vorbefragung zum Nürnberger Prozess schilderte. Beck hatte
14 Zu Jordan und Schultz siehe Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, Kap. 3.3.2 sowie
S. 315–319.
15 Dies ist etwa während der „Kristallnacht“ gut rekonstruierbar. Domeier, Weltöffentlichkeit
und Diktatur, Kap. 6.1. Zur täglichen „Bildvorlage“ bei Hitler siehe ebenda, S. 482, 488, 698,
sowie zu Hitlers Pressepolitik über Otto Dietrich und Walter Hewel S. 698 f. Eine Studie zu
Hitlers Presserezeption und Pressepolitik ist nach wie vor ein Desiderat.
16 Zum geheimen Deal zwischen AP und NS Regime: Norman Domeier, Geheime Fotos. Die
Kooperation von Associated Press und NS Regime (1942–1945), in: Zeithistorische Forschun
gen 14 (2017) 2, S. 199–230, aktualisiert in: Domeier, Weltöffentlichkeit und Diktatur, Kap. 5.
17 Hans Rothfels, Die deutsche Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung, Zürich 1994 (1949),
S. 101 f. Zu Maaß siehe die biografische Skizze von Johannes Tuchel in: Sigrid Grabner/Hendrik
Röder (Hrsg.), Im Geiste bleibe ich bei Euch. Texte und Dokumente zu Hermann Maaß, Ber
lin 2003 (1997), S. 66–81; zur Weitergabe der Hitler Rede an Lochner ebenda, S. 70. Verstreute
Hinweise auf Maaß auch in Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbe
wegung, Stuttgart 1984 (1956), S. 196, 292, 370, 499, 514, 521 f, 541 f, 558; Baldur von Schirach,

Ich glaubte an Hitler, Hamburg 1967, S. 177 f.


                                                                               546
Lochner auf diese Weise schon 1936 vorab die Remilitarisierung des Rheinlandes
verraten.18
Zur Vertrauenswürdigkeit von Maaß und den Widerstandskreisen, die er reprä
sentierte, sowie der Genauigkeit ihrer Informationen vor und nach Übergabe der
Hitler Rede im August 1939 schrieb Lochner im März 1943 in seinem Buch „What
about Germany?“: „It was he who not only gave me the zero hour for the outbreak of
World War II, but who later informed me of the exact day and minute for the attack on
Crete. It was he, too, who, thirty days before Hitler started his offensive against Russia,
revealed the day and hour – 3 A.M. on June 22, 1941 – when Nazi waves would start
to inundate the U.S.S.R. A week before Hitler’s assault on Poland, this man delivered
to me a three page typed manuscript. The document, written in German, is entitled
‚Contents of Speech to the Supreme Commanders and Commanding Generals, Ober
salzberg, August 22, 1939.‘ It is one of the most sensational and, at the same time, most
revealing papers I own.“19
Die aus heutiger Sicht geradezu orchestriert anmutende Umdeutung der Lochner
Version in den 1960er und 1970er Jahren wird erst verständlich, wenn man die morali
sche Fallhöhe beachtet, die Hans Bernd Gisevius errichtete, um die deutsche Generalität
von dieser hinunterzustoßen. Als erster Deuter der Ereignisse vom 22. August 1939 –
nach Lochner in seinem Buch „What about Germany?“ – gab Gisevius mit seinem 1946
in Zürich erschienenen Werk „Bis zum bittern Ende“ den Maßstab vor, an dem sich
deutsche Militärs und ihnen nahestehende Historiker in den folgenden Jahren abarbei
teten. 20 So schrieb Gisevius über die Hitler Rede vom 22. August 1939: „Sie könnte spä
teren Historikern einen tiefen Einblick in die Psychologie Hitlers vermitteln, vor allem
in jene diabolische Überredungsgabe, mit der er die Generalität und Admiralität hin
ter sich in die Katastrophe zog.“ Hitler habe nicht einmal davor zurückgeschreckt, seine
wahre Meinung über die Bundesgenossen des Deutschen Reiches zu enthüllen, was
jedem an diesen zweifelnden Deutschen den Kopf gekostet hätte: „Umso brutaler wurde
den Generälen die Binde von den Augen gerissen.“
18 Louis Paul Lochner, What About Germany?, New York 1943, S. 11. Für Maaß befürchtete Loch
ner im Juli 1945 das Schlimmste, da er sich, anders als andere seiner Informanten, noch nicht
bei ihm gemeldet habe. Testimony of Mr. Louis P. Lochner, taken at Berlin, on 25 July 1945,
by Colonel John H. Amen, IGD. NARA (National Archives and Records Administration),
6105243, S. 3–4. Vgl. Morrell Heald (Hrsg.), Journalist at the Brink. Louis P. Lochner in Berlin,
1922–1942, Philadelphia 2007, S. 472. General Ludwig Beck unterhielt auch langjährige Kon
takte zu Sigrid Schultz von der Chicago Tribune. Siehe Sigrid Schultz, German Underground.
Unveröffentlichtes Manuskript, S. 51, NL Sigrid Schultz, Wisconsin Historical Society.
19 Lochner, What About Germany?, S. 11.
20 Zu den Verflechtungen von Wehrmachtgeneralität und Historikerschaft nach 1945 siehe Paul
Fröhlich, Der Generaloberst und die Historiker. Franz Halders Kriegstagebuch zwischen

Apologie und Wissenschaft, in: VfZ 68 (2020) 1, S. 25–61.


                                                                                 547
Die entscheidende Stelle bei Gisevius aber lautet: Ohne „Vorkehrungsmaßnah
men“, welche die Wehrmachtführung gegen die angekündigten Verbrechen hätte tref
fen müssen, „bedeutete das bloße Anhören dieser historischen Berchtesgadener Rede
für alle diejenigen, die nicht offen zur Fronde übergingen, eine nie mehr abzuwaschende
Schande, eine untilgbare Schuld.“ 21
An diesem Schlag ins Gesicht der Wehrmachtführung arbeiteten sich nach 1945
Historiker und Ex Militärs wie Baumgart und Hillgruber, Boehm und Halder ab – ohne
den Mut zu haben, den Ankläger Gisevius klar zu benennen und vollständig zu zitieren.
Auch Gisevius’ Einschätzung des Quellenwertes der Lochner Version wurde unterschla
gen. Gisevius zitierte aus dieser Fassung und merkte an: „Dem Nürnberger Gerichtshof
sind allein drei Versionen vorgelegt worden. Keine kommt nach Umfang und Inhalt
annähernd an das Manuskript von Canaris heran, das mir in plastischer Erinnerung
bleibt, zumal ich später oft in ihm geblättert habe.“22 Im Vergleich zu Canaris’ Manu
skript sei die Lochner Version, die er als am authentischsten einschätzte, sprachlich und
inhaltlich noch harmlos, so Gisevius.
Von einer Dramatisierung oder gar Fälschung der Lochner Version zu sprechen, wie
in der militär und diplomatiehistorischen Literatur nach 1945 kolportiert, entbehrt vor
diesem Hintergrund jeder Plausibilität. Denn es wurden in der von Canaris über Oster/
Beck/Maaß an Lochner gelangten Version nur Kürzungen vorgenommen. Canaris hatte
sich laut Gisevius veranlasst gesehen, Hitlers Rede „in einer verborgenen Ecke Wort für
Wort nachzustenographieren“. Ob es ein Mitschreibeverbot gab, ist umstritten. 23 Die
im vorliegenden Beitrag angeführten Belege sprechen eindeutig dafür. Eine Kopie von
Canaris’ Originalfassung wurde jedenfalls von Hans Oster in seine Dokumentensamm
lung aufgenommen. Canaris’ Manuskript und Osters Kopie davon sind bis heute ver
schollen; vielleicht finden sie sich eines Tages im Sonderarchiv Moskau oder an einem
anderen Ort.
Dass die Lochner Version gegenüber der längeren Fassung von Canaris (die trotz
Stenografie auch nur ein Kondensat der mehrstündigen Hitler Rede sein konnte)
inhaltlich nicht von Dritten wie Hans Oster zugespitzt werden musste, wie die Kritiker
der Lochner Version behaupteten, erklärte Gisevius mit dem folgenden Satz: „Gleich
am nächsten Tag las er [Canaris] uns die wichtigsten Stellen vor. Er war immer noch
voller Entsetzen. Seine Stimme zitterte. Er fühlte, Zeuge von etwas Ungeheuerlichem
gewesen zu sein.“ Man war sich im Kreis um Canaris einig, „dieses Dokument einer
21 Hans Bernd Gisevius, Bis zum bittern Ende. II. Band: Vom Münchner Abkommen zum 20. Juli
1944, Zürich 1946, S. 119–123.
22 Ebenda, S. 120.
23 Bestritten wird das Mitschreibeverbot von Baumgart und Boehm, siehe VfZ 19 (1971) 3, S. 294–
304, hier S. 295. Angenommen hingegen von Hillgruber, Quellenkritik zur Vorgeschichte des

Zweiten Weltkriegs, S. 385.


                                                                          548
verworrenen Zeit müsse der Nachwelt erhalten bleiben“. 24 Ausersehen dazu war der
Berliner AP Chefkorrespondent Louis Lochner.
Von Winfried Baumgart und den ihm folgenden Interpreten wurde – schlicht posi
tivistisch vom Ergebnis her denkend – hervorgehoben, dass Lochner die Hitler Rede am
25. August 1939 dem bereits faktischen Kriegsgegner Großbritannien übergeben habe.
Von Großbritannien wurde sie in der Tat 1954 in den Papieren zur britischen Außen
politik veröffentlicht. Für Baumgart war nur vorstellbar, dass der militärische Wider
stand um Canaris/Oster/Beck mit dieser Übermittlung eine Wirkung auf Großbritan
nien erzielen wollte. Daher habe man die Lochner Version dramatisiert, um die Briten
zu einer militärischen Intervention oder diplomatischen Aktion zu verleiten. Tatsäch
lich waren dies reine Spekulationen Baumgarts, die von seiner mangelhaften Beschäfti
gung mit dem politischen Akteur Louis Lochner zeugen und seine gesamte Quellenkri
tik entwerten. Denn in Wirklichkeit war die Lochner Version gar nicht für die Briten,
sondern für die Amerikaner bestimmt.
Alle Beteiligten gingen im August 1939 davon aus, dass die Vereinigten Staaten in
dem bevorstehenden Krieg noch geraume Zeit oder vielleicht sogar dauerhaft neutral
bleiben würden. Die Hitler Rede sollte als historische Quelle schlichtweg der Nach
welt erhalten bleiben, wie Gisevius 1946 versicherte. Es gab keinerlei Dramatisie
rungs und Fälschungsnotwendigkeit, um kurzfristige politische Ziele zu erreichen.
Baumgart wie auch Hillgruber blieb offensichtlich unbekannt, dass Louis Lochner
die größte amerikanische Nachrichtenagentur – AP – repräsentierte. Wenn der mili
tärische Widerstand die Hitler Rede nach dem 22. August 1939 möglichst schnell und
sicher nach London hätte durchstechen wollen, wäre sie einem der wegen der Kriegs
gefahr ohnehin dorthin abreisenden britischen Berlin Korrespondenten zugespielt
worden.
Lochner hingegen, fern jedes Gedankens an eine schnelle Abreise aus NS Deutsch
land, 25 tat nach Erhalt der Rede, was von den Widerstandskreisen erwartet wurde: Er
ging in dem festen Glauben in die amerikanische Botschaft, dass das Dokument oder
zumindest sein Inhalt in die USA geschickt und dort zu den Akten genommen werden
würden. Allerdings hatte er seine Rechnung ohne die Feigheit des Geschäftsträgers
Alexander C. Kirk gemacht, der ihm erklärte, er könne solches „dynamite“ nicht einmal
24 Gisevius, Bis zum bittern Ende II, S. 119 f.: „Inzwischen hatte der Admiral den Mitgliedern sei
ner eigenen Dienststelle am Tirpitzufer Auszüge aus der Rede Hitlers vom 22. August vorge
lesen. Er erklärte ihnen, daß die Niederlage Deutschlands furchtbar sein würde, aber daß ein
Sieg Hitlers noch furchtbarer wäre. Seine Überlegung war, daß nichts ungeschehen bleiben
solle, was den Krieg abkürzen könnte.“ Ian Colvin, Admiral Canaris – Chief of Intelligence,
London 1973, S. 107.
25 Lochner arbeitete bereits zu dieser Zeit an dem geheimen Deal zwischen AP und NS Regime,
wie er Ende 1941 in Kraft trat, um selbst nach einem Kriegseintritt der USA das Geschäft mit

Pressefotos zwischen den Kriegsgegnern aufrechtzuerhalten.


                                                                               549
eine Stunde lang in der Botschaft aufbewahren. Zudem schützte Kirk vor, der Code,
mit dem die US Botschaft ihre Nachrichten an das State Department in Washington
chiffrierte, könnte geknackt sein. 26
Lochner sah sich nun gezwungen, das Schriftstück aus Selbstschutz mit dem hand
schriftlichen Vermerk „Ein Stück gemeiner anti Hitler Propaganda“ zu versehen und
bei sich zu Hause aufzubewahren, bis er es auf anderem Wege in die USA bringen lassen
konnte. Im Falle einer Hausdurchsuchung hätte er auf andere heikle Dokumente ver
wiesen, deren Besitz er ebenfalls als „my right and my journalistic duty“ betrachtete, um
über „all sides of a question“ im Bilde zu sein. 27
Erst nach dieser unerwarteten Abfuhr in der amerikanischen Botschaft versuchte
Lochner sein Glück in der britischen Botschaft. Dies erwähnte er in seinen Memoiren
„What about Germany?“ vom März 1943, auf dem Höhepunkt des Weltkrieges, aus
Sicherheitsgründen verständlicherweise nicht. In der britischen Botschaft wurde das
Dokument von George Ogilvie Forbes – dem Chargé d’affaires – dankbar entgegen
genommen und in einer ins Englische übersetzten Fassung noch am selben Tag, dem
25. August 1939, nach London geschickt. Diese Fassung wurde 1954 in den amtlichen
Dokumenten zur britischen Außenpolitik veröffentlicht. 28
Weltherrschaft und Völkermorden:
Die beiden Kerninhalte von Hitlers Weltanschauung in der Lochner-Version
Die Mehrheit der Wehrmachtführung zeigte sich begeistert von Hitlers Ankündi
gung am 22. August 1939, durch Völkermorde in Polen, Russland und anderen Tei
len der Welt die „Erdherrschaft“ zu erlangen. Dies war der eigentliche Grund für
Nachkriegs Publizisten, die Lochner Version als eine Dramatisierung und Manipula
tion zu politischen Zwecken hinzustellen. Die übrigen Generäle und Admiräle nah
men Hitlers Pläne hin, ohne an Widerstand zu denken, einige wohl in Erwartung des
26 Testimony of Mr. Louis P. Lochner (25 July 1945), S. 4 f. Vgl. Klemens von Klemperer, The Ger
man Resistance Against Hitler: The Search for Allies Abroad, 1938–1945, Oxford 1993, S. 133;
Michael Marrus, The Holocaust in History, Hanover 1987, S. 20 f. Zu Kirk als einem auch im
Kriegs Deutschland opulent lebendem Diplomaten: Otto D. Tolischus, They Wanted War,
London 1940, S. 197, 325. Lochner bezeichnete Kirk abfällig als „Plutokraten“, Heald (Hrsg.),
Lochner in Berlin, S. 446 f., Brief vom 10. 9. 1940.
27 Lochner, What about Germany?, S. 13 f.
28 Siehe Anhang; vgl. Colvin, Canaris, S. 99–102. Allgemein zum Wissensstand über die deut
schen Angriffspläne in Großbritannien Wesley K. Wark, The Ultimate Enemy. British Intelli
gence and Nazi Germany, 1933–1939, London 1985, S. 116 f. Darin jedoch kein Hinweis auf die
Hitler Rede vom 22. August 1939 und ihre Weitergabe an das Foreign Office in London. Vgl.

Klemperer, German Resistance, S. 32 f.6          

                                                                

                                                                         550

versprochenen „Kriegsruhms“. 29 In der Quellenkritik Baumgarts spielt die Weltan

schauung Hitlers keine nennenswerte Rolle. Ihr einen gebührenden Platz einzuräu
men, hätte zwangsläufig bedeutet, die Wehrmachtführung als Mitwisserin aller Ver
brechen Hitlers zumindest zu diskutieren. Vermutlich aus diesem Grund bemängelte
Baumgart die sprachliche Qualität der Lochner Version, insbesondere die folgende
Stelle: „Die Gelegenheit ist günstig wie nie zuvor. Ich habe nur eine Sorge, daß mir
Chamberlain oder irgend so ein anderer Saukerl im letzten Augenblick mit Vorschlä
gen und Umfallen kommt. Er fliegt die Treppe herunter. Und wenn ich ihm persönlich
vor den Augen aller Photographen in den Bauch treten muß.“30 Der Begriff „Saukerl“,
in einer der anderen Redefassungen durch „Schweinehund“ ersetzt, wurde allen Erns
tes mit folgender Begründung gegen den Quellenwert der Lochner Version gerichtet:
Hitler habe, so Baumgart, in einer derartig niedrigen Sprache vielleicht vor Parteige
nossen, nicht aber vor seinen Generälen zu sprechen gewagt. Dass Hitler am 22. August
1939 vor dem klandestin wie eine Verbrecherorganisation einberufenen Zuhörerkreis,
der trotz seiner militärischen Ränge in Zivil erscheinen musste, unverblümt sprach
und sich auch dadurch zum Feldherrn aufzuschwingen versuchte, scheint außerhalb
des Vorstellungsvermögens deutscher Nachkriegs Historiker gelegen zu haben – oder
wurde bewusst umgedeutet.
Tatsächlich befand sich Hitler in jenen Tagen bereits in einem Kriegsrausch,
auch sprachlich. 31 Dies belegen etwa die Berichte des britischen Botschafters Nevile
Henderson, der Hitler einen Tag nach dessen Rede vor den Militärs, am 23. August
1939, in Berchtesgaden einen Brief der britischen Regierung übergab, der den „Führer“
in rasende Wut versetzte: „His language was violent and exaggerated both as regards
England and Poland.“ Hitlers Tiraden und Ausfälle wurden sogar im Protokoll des
Auswärtigen Amts festgehalten. 32
29 Die Völkermord Pläne waren nicht auf „den Osten“ beschränkt, der nur am Anfang der
Angriffe stehen sollte, sondern sie waren global: „Wir werden weiterhin die Unruhe in Fernost
und in Arabien schüren. Denken wir als Herren und sehen wir in diesen Völkern bestenfalls
lackierte Halbaffen, die die Knute spüren wollen.“ Akten zur deutschen auswärtigen Politik
(ADAP), D 7, Nr. 193, S. 171 f. (Lochner Version, siehe Anhang). Zu Hitlers eigentlichem Ziel,
„world conquest“, irgendwann auch gegen seinen Verbündeten Japan, siehe zeitgenössisch:
Gunnar Thorstensson Pihl, Germany. The Last Phase, New York 1944, S. 34, 63. Hitlers ultima
tives Ziel „world power or nothing“ betonte jüngst noch einmal Brendan Simms, Hitler. Only
the World Was Enough, London 2019, S. 554.
30 ADAP D 7, Nr. 193, S. 171 f. (Lochner Version, siehe Anhang).
31 Auch bei Kordt heißt es dazu: „Canaris hatte die Rede Hitlers persönlich mit angehört und den
größten Teil mitstenographiert. Es war ein erschütterndes Dokument, in dem nur von Ver
nichtung, Mitleidlosigkeit, größter Härte, dem Recht des Stärkeren die Rede war.“ Erich Kordt,
Nicht aus den Akten. Die Wilhelmstraße in Frieden und Krieg. Erlebnisse, Begegnungen und
Eindrücke 1928–1945, Stuttgart 1950, S. 325.
32 Vgl. William L. Shirer, Rise and Fall oft the Third Reich, New York 1960, S. 490, Fn. 605.                                                                          

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