08.03.2023

Chinas Generalabrechnung mit den USA

aus e-mail von Doris Pumphrey, 6. März 2023 18:49 Uhr


*Chinas Generalabrechnung

*Das chinesische Außenministerium hat eine quasi-offizielle und

umfangreiche Generalabrechnung mit den USA veröffentlicht.

Da die westlichen Qualitätsmedien die wesentlichen Aussagen des Papiers

weitgehend ignorierten, veröffentlicht es RT DE in voller Länge.


*Teil 1:* *Die Hegemonie der USA und ihre Gefahren :

*https://freeassange.rtde.live/international/164465-die-hegemonie-der-usa-und-ihre-gefahren-teil-1/


*Teil 2: Die wirtschaftliche und technologische Hegemonie der USA:

*https://freeassange.rtde.live/international/164514-chinas-generalabrechnung-wirtschaftliche-und-technologische/


*Teil 3: Kulturelle Hegemonie der USA und die Verbreitung falscher

Narrative

*https://freeassange.rtde.live/international/164621-chinas-generalabrechnung-kulturelle-hegemonie-usa


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

08.03.2023

Harald Kujat: Merkels "Minsk"-Täuschung "ist ein Völkerrechtsbruch"

aus e-mail von Doris Pumphrey, vom 6. März 2023, 18:31 Uhr


/Das ganze Interview mit General a.D. Harald Kujat ist nachzulesen in

der Schweizer Zeitung

/Zeitgeschehen im Fokus Nr. 1 vom 18. Januar 2023

<https://zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-1-vom-18-januar-2023.html>

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https://freeassange.rtde.live/inland/164583-harald-kujat-ueber-merkels-minsk/

6.März 2023


*Harald Kujat über Merkels "Minsk"-Täuschung: "Ja, das ist ein

Völkerrechtsbruch"


*Generalmajor a. D. Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr,

räumt in einem Interview mit einigen in Deutschland weit verbreiteten

Irrtümern über den Ukraine-Konflikt auf. Deutschland sei mit Schuld an

der Lage, Russland wolle verhandeln, Waffen würden der Ukraine keinen

Frieden bringen.


Die Zeitschrift /Emma/ druckt ein Interview mit dem Generalmajor a. D.

Harald Kujat nach, das ursprünglich in der Schweizer Internet-Zeitung

/Zeitgeschehen im Fokus/ erschienen war. In diesem Interview räumt Kujat

mit zahlreichen Vorurteilen über den Ukraine-Konflikt auf, die in

Deutschland verbreitet worden sind und weiter verbreitet werden.


Besonderes Augenmerk verdienen seine Ausführungen zu den Verhandlungen

zwischen der Ukraine und Russland im März des vergangenen Jahres.

Demnach bestand damals eine gute Chance auf einen raschen Frieden, die

vom Westen hintertrieben wurde.


/"Russland hatte sich in den Istanbul-Verhandlungen offensichtlich dazu

bereit erklärt, seine Streitkräfte auf den Stand vom 23. Februar

zurückzuziehen, also vor Beginn des Angriffs auf die Ukraine. (...) Die

Ukraine hatte sich verpflichtet, auf eine NATO-Mitgliedschaft zu

verzichten und keine Stationierung ausländischer Truppen oder

militärischer Einrichtungen zuzulassen. Dafür sollte sie

Sicherheitsgarantien von Staaten ihrer Wahl erhalten. Die Zukunft der

besetzten Gebiete sollte innerhalb von 15 Jahren diplomatisch, unter

ausdrücklichem Verzicht auf militärische Gewalt gelöst werden."/


Dieser für die Ukraine positive Friedensschluss wurde laut Kujat vom

damaligen Premierminister des Vereinigten Königreichs Boris Johnson

verhindert.


/"Nach zuverlässigen Informationen hat der damalige britische

Premierminister Boris Johnson am 9. April in Kiew interveniert und eine

Unterzeichnung verhindert. Seine Begründung war, der Westen sei für ein

Kriegsende nicht bereit."/


Damit macht Kujat auch deutlich, dass es sich bei dem Konflikt

keineswegs mehr um einen Konflikt zwischen der Ukraine und Russland

handelt, sondern vielmehr zwischen der von der von den USA geführten

NATO und Russland.


Die Rolle der deutschen Medien ist in den Augen Kujats in diesem

Zusammenhang unrühmlich. Faktisch verschweigen sie diese Möglichkeit

eines frühen Friedensschlusses. Auch die in deutschen Medien oft

erhobene Anschuldigung, Russland wolle nicht verhandeln, ist laut Kujat

falsch. Russland hat zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Konflikts

seine Verhandlungsbereitschaft signalisiert, die immer wieder

zurückgewiesen wurde – unter anderem von der deutschen Außenministerin

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen).


Unrühmlich war auch die Haltung Deutschlands im Rahmen von Minsk 2, das

die territoriale Integrität der Ukraine erhalten sollte. Die damalige

deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mittlerweile eingestanden,

dass es bei den Verhandlungen seitens der westlichen Partner nie um

Frieden, sondern lediglich darum gegangen sei, der Ukraine Zeit zur

Aufrüstung zu verschaffen. Sowohl der damalige französische Präsident

François Hollande als auch der damalige Präsident der Ukraine Petro

Poroschenko bestätigten dies. Kujat benennt dies ganz klar als

Völkerrechtsbruch.


/"Russland bezeichnet das verständlicherweise als Betrug. Und Merkel

bestätigt, dass Russland ganz bewusst getäuscht wurde. (...) Die

Bundesregierung hatte sich in der UNO-Resolution dazu verpflichtet, das

'gesamte Paket' der vereinbarten Maßnahmen umzusetzen. Darüber hinaus

hat die Bundeskanzlerin mit den anderen Teilnehmern des

Normandie-Formats eine Erklärung zur Resolution unterschrieben, in der

sie sich noch einmal ausdrücklich zur Implementierung der

Minsk-Vereinbarungen verpflichtete. (...) Ja, das ist ein

Völkerrechtsbruch, das ist eindeutig. Der Schaden ist immens."/


Was die Frage von Waffenlieferungen angeht, so würden Medien und

vermeintliche "Experten" die verantwortlichen Politiker vor sich her

treiben – zum Schaden der Ukraine. Waffenlieferungen würden nicht zum

Sieg führen können, sondern zur immer weiter gehenden Zerstörung der

Ukraine und zu einer Zunahme der Opfer. Die Frage sei zudem, ob die

Ukraine überhaupt noch über die menschlichen Ressourcen verfüge, um die

Waffenlieferungen des Westens auch nur annähernd sinnvoll einsetzen zu

können.


/"Ob die ukrainischen Streitkräfte angesichts der großen Verluste der

letzten Monate überhaupt noch über eine ausreichende Zahl geeigneter

Soldaten verfügen, um diese Waffensysteme einsetzen zu können, ist

allerdings fraglich."/


Noch im Januar 2022 hätte dieser Krieg verhindert werden können, wenn

die Ukraine Schritte zur Umsetzung des Minsker Abkommens eingeleitet

hätte, führt Kujat aus.


/"Nicht wegdiskutieren kann man allerdings, dass die Weigerung der

ukrainischen Regierung … das Abkommen umzusetzen, noch wenige Tage vor

Kriegsbeginn, einer der Auslöser für den Krieg war."/


Aus seiner eigenen beruflichen Laufbahn weiß Kujat um die

Zuverlässigkeit Russlands hinsichtlich gemachter Zusagen. Russland sei

vertragstreu. Allerdings stelle sich jetzt angesichts der Vertragsbrüche

des Westens die Vertrauensfrage. Selbst wenn es zu Verhandlungen käme,

wem könne Russland angesichts der Vorgeschichte überhaupt noch vertrauen?


Generell weist der ehemalige Generalmajor nach, dass die Diskussionen in

Deutschland von politischer und militärstrategischer Naivität getragen

sind. Die Ziele seien nicht klar formuliert, es mangele an Sachverstand

und es sei obendrein nicht klar benannt, welche eigenen Interessen

Deutschland in diesem Konflikt eigentlich verfolge. Die Diskussion würde

in den USA wesentlich rationaler und aufgeklärter geführt werden.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

08.03.2023

Freie Marschrouten      Die EU setzt den Ausbau ihrer Verkehrsinfrastruktur für umfangreiche Truppenbewegungen in Richtung Osteuropa und Ukraine fort und vermeldet erste Erfolge.

BRÜSSEL/BERLIN (Eigener Bericht) – Die EU treibt den Ausbau ihrer Verkehrswege in Richtung Osten für militärische Zwecke voran und vermeldet inzwischen greifbare Erfolge. Demnach haben erste Maßnahmen, die unter dem Schlagwort „militärische Mobilität“ („military mobility“) umgesetzt wurden, bereits zu Erleichterungen beim Transport von Kriegsgerät aller Art aus den Mitgliedstaaten von EU und NATO in die Ukraine geführt. Weitere Schritte werden gegenwärtig umgesetzt oder sind geplant, so zum Beispiel der Bau einer Brücke aus Rumänien über den Fluss Prut nach Moldawien, das fürchtet, in den Krieg gezogen zu werden. Vor allem geht es darum, potenzielle „militärische Hauptrouten“ auch militärisch nutzbar zu machen – etwa Straßen und Brücken so umzubauen, dass sie unter der Last überaus schwerer westlicher Kampfpanzer nicht zusammenbrechen. Der Ausbau der militärischen Mobilität wird in enger Abstimmung mit Soldaten der NATO-Staaten geplant, deren Erfahrungen aus Manövern in Ost- und Südosteuropa genutzt werden, um die Verkehrswege für die Streitkräfte zu optimieren. An einschlägigen Maßnahmen beteiligt ist unter anderem die Deutsche Bahn AG.


Zitat: „Bewegungen großer Kräfte“

Während die ersten deutschen Panzer im Ukraine-Krieg angekommen sind, treibt die EU die Militarisierung ihrer Transportnetze in Richtung Osteuropa weiter voran. Unter dem Schlagwort „militärische Mobilität“ finanziert und koordiniert Brüssel den Ausbau der transeuropäischen Verlegefähigkeit von Streitkräften und Kriegsgerät.[1] Ziel ist es, in enger Abstimmung mit der NATO physische und bürokratische Hürden auf grenzüberschreitenden Routen abzubauen. Dazu sollen „Kapazitäten der Verkehrsinfrastruktur im Hinblick auf Gewicht, Größe und Umfang militärischer Bewegungen“ verbessert, eine „Straffung und Harmonisierung komplexer, langwieriger und voneinander abweichender nationaler Vorschriften und Verfahren fortgesetzt“ und der „Schutz des Verkehrssektors vor Cyberangriffen und anderen hybriden Bedrohungen“ verbessert werden.[2] Ziel der Maßnahmen ist es, „rasche, effiziente und ungehinderte Bewegungen potenziell großer Kräfte“ zu ermöglichen, insbesondere auch im Rahmen der NATO. Russlands Einmarsch in die Ukraine habe gezeigt, heißt es, „wie wichtig eine möglichst schnelle und reibungslose Mobilität der militärischen Hilfe ist“.


Erste Erfolge

Tatsächlich profitieren die europäischen Staaten bei ihren Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben aus Brüssel schon jetzt von Fortschritten, die sie in den vergangenen Jahren im Bereich „militärische Mobilität“ erzielt haben. Allerdings behinderten unterschiedliche Eisenbahn-Spurbreiten „zwischen der Ukraine und den EU-Mitgliedstaaten sowie innerhalb der Europäischen Union“ die Militärtransporte in den Krieg noch immer, heißt es.[3] Mit ihrem Aktionsplan Militärische Mobilität 2.0 will die EU nun „das nächste Kapitel“ in Sachen Verlegegeschwindigkeit aufschlagen.


Wege in den Krieg

Ihr erstes Maßnahmenpaket – den Aktionsplan Militärische Mobilität – hatte die EU bereits 2018 beschlossen. Vorangegangen waren erhöhte Truppenbewegungen des NATO-Blocks innerhalb Osteuropas in der Krise, die im Anschluss an den prowestlichen Umsturz in der Ukraine 2014 sowie an die faktische Abspaltung der Krim und von Teilen des Donbass eskaliert war. Seitdem gehen erhöhte militärische Aktivitäten und der Ausbau der militärischen Mobilität in und nach Osteuropa Hand in Hand. Während der Manöver machen die Soldaten der NATO- und EU-Staaten sich mit den Marschrouten vertraut und testen ihre schnelle Passierbarkeit. Die in den Manövern gesammelten Erfahrungen fließen dann in die Planung der Maßnahmen zur Verbesserung der militärischen Mobilität ein. Diese wiederum ermöglicht immer schnellere und immer größere transatlantische und transeuropäische Truppenverlegungen in Richtung Osten. Dadurch wurde der erste gewaltige Aufmarsch des NATO-Blocks seit dem Ende des Kalten Krieges möglich: Während des Manövers Defender Europe 2020 verlegten rund 20.000 US-Soldaten auf zwölf unterschiedlichen Routen über den Atlantik und quer durch Europa in Richtung russische Grenze und Ukraine; insgesamt waren rund 37.000 Soldaten beteiligt.


„Connecting Europe“

Im Rahmen ihres Programms zum Ausbau der militärischen Mobilität hat die EU zunächst die Anforderungen an die Infrastruktur festgelegt, die sie seitdem entlang „militärischer Hauptrouten“ militärisch nutzbar macht. Für Projekte mit „Doppelnutzung“ (zivil und militärisch) stehen für den Zeitraum 2021 bis 2027 unter dem Schlagwort „Connecting Europe“ 1,69 Milliarden Euro bereit. Mittlerweile sei das Zusammenwirken des militärischen und des zivilen Netzes bereits verbessert worden, heißt es. Inzwischen gibt es einen offiziellen Vorschlag für eine Überarbeitung der Verordnung über die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V), mit der die Anforderungen für die militärische Mobilität in die Planung der bis jetzt formal rein zivilen europäischen Infrastruktur einfließen sollen. Darüber hinaus wurden regulatorische Hemmnisse für Militärbewegungen an Grenzübergängen abgebaut, beispielsweise im Zoll und bei Gefahrguttransporten. 24 EU-Staaten und Norwegen setzen diese Anstrengungen gegenwärtig in Form des Projekts „Optimierung der Verfahren für die Genehmigung grenzüberschreitender Bewegungen in Europa“ fort.


PESCO

Auch im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) treibt die EU die Militarisierung ihrer Infrastruktur voran, vor allem in Teilprojekten mit den Bezeichnungen Militärische Mobilität und Logistik-Drehkreuze. In diesem Rahmen werden nationale Maßnahmen auch über den Aktionsplan hinaus koordiniert und bereits bestehende nationale Infrastruktur und logistische Kapazitäten auf EU-Ebene militärisch nutzbar gemacht. All diese Maßnahmen laufen dabei unter der Maßgabe, sich eng mit der NATO abzustimmen. Folgerichtig sind auch die USA, Kanada und Norwegen in die PESCO-Projekte in Sachen militärische Mobilität eingegliedert.


Die Deutsche Bahn

Ein deutsches Unternehmen, das mit mehreren Initiativen am Ausbau der militärischen Mobilität beteiligt ist, ist die Deutsche Bahn AG. 2019 schlossen Bahn und Bundeswehr einen Vertrag in dreistelliger Millionenhöhe, der den deutschen Streitkräften bei Bedarf den Zugriff auf Lokomotiven und Wagons sowie auf das Schienennetz für transnationale Truppenverlegungen in Richtung Osten sichert.[4] Die Deutsche Bahn unterstützt zudem ein Projekt des Verteidigungsministeriums, das Bundeswehrsoldaten in Uniform seit 2020 kostenlose Zugfahrten ermöglicht.[5] Für das Großmanöver Defender Europe stellte Berlin unter anderem auch das zivile Schienennetz zur Verfügung und zertifizierte nebenbei Bundeswehreinheiten und -fahrzeuge für Transport von US-Großgerät.[6] Außerdem ist die Deutsche Bahn beteiligt an dem „military mobility“-Projekt des Washingtoner Center for European Policy Analysis.[7] Zurzeit werden zur Verbesserung der militärischen Mobiltät in Deutschland unter anderem sechs Eisenbahnbrücken erneuert.[8]


Räder rollen für den Sieg

Es ist nicht das erste Mal, dass die deutsche Bahn an der Erschließung militärischer Marschrouten nach und durch Osteuropa beteiligt ist. Für den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 stellte die Bahn 180.000 Wagons zur Verfügung und war insbesondere im Krieg gegen die Sowjetunion für Truppen- und Materialtransporte an die Front verantwortlich. Auch in den besetzten Gebieten Europas griff das faschistische Deutschland zur Gewährleistung der militärischen Mobilität auf die Bahn zurück: Sie sollte dort die notwendige Infrastruktur aufbauen. Bereits damals waren Unterschiede in den Spurbreiten der west- und der osteuropäischen Schienensysteme eine Hürde auf dem Weg an die Front.[9]

 

[1] Ein Strategischer Kompass für Sicherheit und Verteidigung – Für eine Europäische Union, die ihre Bürgerinnen und Bürger, Werte und Interessen schützt und zu Weltfrieden und internationaler Sicherheit beiträgt. Rat der EU, Pressemitteilung vom 21. März 2022.

[2], [3] Action Plan on Military Mobility 2.0. defence-industry-space.ec.europa.eu 10.11.2022.

Aktionsplan zur militärischen Mobilität 2.0 vom 10.11.2022

[4] Claudia Haydt: Bahn frei für die Bundeswehr. imi-online.de 07.01.2019.

[5] Großer Erfolg: Kostenloses Bahnfahren in Uniform. bmvg.de 07.10.2020

[6] Defender 20: Logistiker bereiten Transporte vor. bundeswehr.de 27.11.2019.

[7] S. dazu Das Military Mobility Project.

[8] Militärische Infrastruktur der EU. tagesspiegel.de 12.01.2023.

[9] "Räder müssen rollen für den Sieg" – Die Bahn im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg. kuwi.europa-uni.de.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9186


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Und sie bewegt sich doch!  – „Aufstand für Frieden“: Auftakt für eine neue Friedensbewegung?

seniora.org, 06. März 2023 Autor: Leo Ensel - übernommen mit Dank von globalbridge.ch,

07. März 2023

Zehntausende kamen zu der von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht initiierten Friedensdemonstration am Brandenburger Tor. Nun muss der Schwung genutzt werden, damit wieder eine kraftvolle unabhängige Friedensbewegung von unten entsteht, die Druck auf die Politiker ausübt.


 Endlich! Und es wurde auch allerhöchste Zeit. Wer, wie der Autor, seit nunmehr genau neun Jahren am Schreibtisch sitzt, um Konzepte für Deeskalation zwischen dem Westen und Russland zu entwickeln und eine Friedensbewegung 2.0 herbeizuschreiben, der kann nur erleichtert aufatmen.


Zehntausende   – jawohl!!   – ließen sich am Samstag, den 24. Februar vom wochenlangen Trommelfeuer aus Medien und Politik nicht abschrecken und kamen bei denkbar schlechtem Wetter nach Berlin zum Brandenburger Tor. „Aufstand für Frieden“ hieß das Motto der ersten großen und breiten Friedensdemonstration seit den Achtziger Jahren, die diesen Namen verdient. Und endlich ein vernünftiger Aufbruch, mit dem man sich inhaltlich im Großen und Ganzen identifizieren kann und der in der Lage wäre, dem bislang noch schweigenden Großteil der Bevölkerung eine Stimme zu verleihen!


Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht hatten aufgerufen und es kam keine „Querfront“   – wie sie nahezu alle Leitmedien von der FAZ bis zur taz ‚prognostiziert‘, genauer: Aufruf und Demonstration von der ersten Minute an geframet hatten, um die Akteure in die Pariaecke zu katapultieren und somit jegliche Kritik an der mittlerweile halsbrecherischen militärischen Unterstützung der Ukraine sowie jeden Einsatz für ein sofortiges Schweigen der Waffen von vornherein zu diskreditieren   –, sondern der bürgerliche Mittelstand. Zugegebenermaßen, aber das hat andere Gründe, mit einer erheblichen Überrepräsentanz der Generation ‚60 plus‘! Mag sein, dass auch noch irgendwo am Rande des Geschehens rechte Triefgestalten wie Jürgen Elsässer & Co. herumlaborierten, um davon (vergeblich) zu profitieren   – Bilder von ihnen und einigen wenigen anderen schrägen Vögeln waren heißersehntes Futter für die Leitmedien   –, ihre Anzahl dürfte sich allerdings im unteren einstelligen Prozentbereich gehalten haben. Die überwältigende Mehrheit der Plakate und Parolen   – weiße Friedenstauben auf blauem Grund (man mag von ihnen halten, was man will), die Anti-Atomrune, das „Schwerter zu Pflugscharen“-Symbol der DDR-Friedensbewegung oder Slogans wie „Frieden schaffen ohne Waffen“   – knüpfte bruchlos an denen der Achtziger Jahre an. (Hier und dort waren auch die etwas jüngeren bunten Regenbogenfahnen zu sehen.)


Propaganda   – damals und heute

Apropos: Wer schon bei der Demonstration im Bonner Hofgarten im Oktober 1981 dabei war   – seinerzeit ‚Startschuss‘ für eine kraftvolle Friedensbewegung von unten, die à la longue sogar das Handeln von Staatslenkern wie Michail Gorbatschow nicht unwesentlich beeinflusste   –, dem kam vieles bekannt vor: Schon damals waren wir nahezu unisono von den Regierungspolitikern, ein Teil der Leitmedien war da noch durchaus differenzierter, als „weltfremd“, „naiv“, „nützliche Idioten“ oder „von Moskau unterwandert“ verspottet worden. Und dass Menschen, die für Deeskalation einträten, de facto den Westen spalten würden, war ebenfalls bereits ein Standardargument der Aufrüstungsapologeten. Ein   – Gott hab‘ ihn selig!   – Ludolf Herrmann vom Bayerischen Rundfunk ließ es sich nicht nehmen, in seinem Kommentar gar von „kleinen, rachitischen Seelen“ in „pickeligen Körpern“, nein: sogar von einem „Koitus wie im Sportpalast“ zu faseln.


Was diesmal allerdings fehlte, das war das über den Demonstranten kreisende Flugzeug mit dem Banner „Wer demonstriert in Moskau?“ Dafür wurden prominente Mitglieder einer immer schriller kreischenden Regierungspartei, deren Repräsentanten und Sympathisanten vor vierzig Jahren die überwältigende Mehrheit der Demonstranten ausgemacht hatten, nicht müde, mit jahrzehntelanger Verspätung gebetsmühlenartig genau die Parolen zu bemühen, gegen die diese damals zu Hunderttausenden auf die Straße gegangen waren. (Was sie einer verblüfften Öffentlichkeit nun als einen Prozess der ‚politischen Reife‘ oder als ‚realistische Wende‘ verkaufen wollen.)   – The times they are a-changing …


Auch das von den Medien begierig aufgegriffene Herunterrechnen der Teilnehmerzahlen hat jahrzehntelange Tradition. Dieses Mal wurde allerdings auch noch optisch nachgeholfen: Bei der, durch Rahmeninterviews mit dem Bonner Politikwissenschaftler Frank Umbach eh schon artig regierungskompatibel geframeten, Live-Berichterstattung in Phoenix fiel auf, dass keine Aufnahmen aus der Vogelperspektive   – wie sonst bei Großdemonstrationen üblich und mithilfe von Drohnen heutzutage kinderleicht praktizierbar   – gezeigt wurden. Statt dessen hielt die Kamera, wenn sie die Demonstranten zeigte, in der Regel buchstäblich auf die Ränder der Veranstaltung. Hätte man statt dessen die Straße des 17. Juni in der Totale in den Blick genommen, wäre offensichtlich geworden, dass die von den Organisatoren angegebene Zahl von 50.000 erheblich dichter an der Realität lag, als die von der Polizei angegebenen   – und prompt von den Öffentlich-Rechtlichen bis hin zum Spiegel und dem ehemaligen publizistischen Flaggschiff der Entspannungspolitik genüsslich kolportierten   – angeblichen 13.000!


„Verhandlungen statt Militarismus pur!“

Die stärkste der vier Reden auf dem Podium hielt   – wohl nicht zufällig   – ein Militär: der Brigadegeneral a.D. und ehemalige Merkel-Berater, Erich Vad. Vad brachte das Kernanliegen der gesamten Demonstration klar und deutlich auf den Punkt: „Ende des fürchterlichen Krieges in der Ukraine, Ende der Kriegsrethorik in Deutschland, Ausstieg aus der Gewaltspirale und der militärischen Eskalation, eine politische Lösung des militärisch festgefahrenen Krieges sowie den baldigen Beginn von Verhandlungen.“ Der von Russland ausgelöste völkerrechtswidrige Angriffskrieg habe sich nach einem Jahr in einen „Abnutzungskrieg“ verwandelt wie seinerzeit 1916 in Verdun, als fast eine Million junger Franzosen und Deutscher „sinnlos und für nichts“ verbluteten. Eine militärische Lösung gebe es nicht mehr.

Waffenlieferungen ohne jede realistische Lösungsperspektive, ohne eine überzeugende Strategie der Konfliktlösung und ohne ein politisches Konzept, wie gegenwärtig vom Westen praktiziert, seien streng genommen nichts anderes als „Militarismus pur“, weil man militärische Hilfeleistungen nicht an realistische politische Ziele koppele. Weitere Waffenlieferungen könnten den Ukrainern nicht helfen, die aktuelle Pattsituation im Stellungskrieg aufzulösen oder den Krieg gar militärisch zu gewinnen. Die faktische russische Eskalationsdominanz   – „von der Mobilisierung bis hin zum Einsatz von Nuklearwaffen“   – sei nicht nur für die Ukraine sondern auch für ganz Westeuropa eine „existenzielle Gefahr, die man nicht unterschätzen sollte.“

Ein russischer Einsatz von Atomwaffen, so ließ Vad durchblicken, sei im äußersten Falle durchaus nicht auszuschließen. Schließlich habe die Schwarzmeerregion für Russland die gleiche strategische Bedeutung wie die Karibik für die USA. Die gesamte Situation erinnere an die Kubakrise 1962. Und ähnlich wie damals komme man auch heute nur durch besonnenes politisches Handeln, durch Verhandlungen und Kompromisse aus der Sackgasse wieder heraus. Auch in der Zukunft werde es keine tragfähige europäische Friedensordnung ohne Russland geben. „Säbelrasseln“ allein bringe sehr wenig, wenn es nicht mit einem klugen, besonnenen politischen Vorgehen verknüpft werde. 

Vads unmissverstän

dliches Fazit: „Um den Weltfrieden nicht zu gefährden, sind jetzt mehr Diplomatie und Interessenausgleich notwendig und weniger Kriegsrethorik und eine öffentlich zur Schau gestellte Haltungsdiplomatie! Verhandlungen sind jetzt der einzig mögliche Weg, zu einer Lösung zu kommen. Die Mehrheit der Deutschen ist eindeutig gegen die Ausweitung von Waffenlieferungen und für Verhandlungen. Und das Friedensgebot unserer Verfassung fordert dazu auf, Frieden zu bewahren und/oder baldmöglichst wieder herzustellen!“


Der Anfang ist gemacht …

Halten wir fest: Der von Schwarzer und Wagenknecht initiierte Aufruf brachte Zehntausende aus allen Ecken der Bundesrepublik in die Hauptstadt. Der wochenlange publizistische Gegenwind, im Fortissimo aus allen Kanälen, hat seine Wirkung grandios verfehlt, das Pawlow‘sche Labeling „Querfront“, die Drohung „Der AfD-Abgeordnete xy hat den Aufruf als 11.547ter auch unterschrieben!!“, verfängt nicht mehr. Immer mehr Menschen handelten statt dessen nach dem unausgesprochenen Motto: „Die Lage ist nicht nur sehr ernst, sie ist brandgefährlich. Nun müssen wir, nun muss ich Gesicht zeigen. Und sollten ein paar Rechte dort auch herumlaufen   – umso wichtiger, dass wir kommen! Um sie in die absolute Minderheitsposition zu drängen!“


Aber das kann nur ein Anfang gewesen sein. Der erste Schwung darf nicht verpuffen! Nun geht es darum, dass die Stimme des großen Teils der Bevölkerung der „gegen die Ausweiterung von Waffenlieferungen und für Verhandlungen“ ist, kontinuierlich vernehmbar wird. Und dass er Druck auf die Politiker ausübt. Notwendig ist, mit anderen Worten, endlich eine Friedensbewegung 2.0!


… nun muss es weitergehen!

Dazu könnte ein Blick zurück nach vorn in die Achtziger Jahre durchaus hilfreich sein. Die Friedensbewegung damals war keine straff organisierte ‚Kaderpartei‘, sondern eine breite Koalition zahlloser selbstorganisierter Gruppen, die sich in einem Punkt einig waren: „Keine Stationierung neuer Atomraketen in Westeuropa!“ Ihr Fernziel: ein atomwaffenfreies Europa und die Überwindung der Machtblöcke.


Es gab Berufsgruppen wie „Ärzte, Juristen, Lehrer etc. für den Frieden“. Es gab Friedensgruppen im kirchlichen, im gewerkschaftlichen, im kulturellen und   – ja, dort auch!   – im publizistischen Milieu. Es gab Gruppen von Alten wie „Kriegsgeneration gegen Kriegsrüstung“ und es gab Gruppierungen von sogenannten ‚unpolitischen‘ Menschen, die einfach zutiefst geschockt waren, als ihnen bewusst wurde, dass sie bereits seit Jahren, ohne es bemerkt zu haben, in der unmittelbaren Nachbarschaft von Massenvernichtungsmitteln lebten.


Und es gab ein ‚Zauberwort‘: Ökopax! Das Bewusstsein, dass der Kampf gegen die kriegerische und der Kampf gegen die ‚friedliche‘ Zerstörung unseres Planeten sachlich gar nicht von einander zu trennen sind, war Allgemeingut.


Eine neue Friedensbewegung, so wie ich sie mir wünsche, eine „Breite Koalition der Vernunft“, würde hier wieder anknüpfen. Sie würde versuchen, alle bereits existierenden Antikriegsaktivitäten lose zu bündeln. Sie würde, heute extrem wichtig!, den Dialog mit den Klimaschützern der jungen Generation suchen. Sie würde anstreben, sich zu internationalisieren. Nach dem Prinzip „Alle Menschen, die ein sofortiges Ende des Krieges und Deeskalation zwischen dem Westen und Russland wollen, sollten sich   – ungeachtet aller anderen Differenzen   – zusammenschließen.“ Und zwar nicht nur in die anderen Länder der Europäische Union hinein, sondern bis in die Ukraine, nein: bis nach Russland! Sie würde die Bürger aller Länder dazu ermuntern, sich den neuen und alten Feindbildern zu verweigern und statt dessen die direkten Kontakte von Mensch zu Mensch auf sämtlichen Ebenen wieder aufzubauen und zu pflegen. Und sie würde die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure   – alle Menschen auf beiden Seiten der Front, die das Morden, das Zerstören nicht mitmachen wollen   – mit offenen Armen empfangen.


Sie würde schließlich über den blutigen Krieg in der Ukraine hinausdenken und sich auf der politischen Ebene für eine Neue Entspannungspolitik, für einen „Helsinki-Prozess 2.0“, sprich: für eine komplette Neujustierung der gesamten Europäischen Sicherheitsstruktur unter gleichberechtigter Einbeziehung Russlands einsetzen. Für eine Friedensordnung, die den Kernsatz der „Charta von Paris“ vom November 1990 „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden“ wieder zu ihrem zentralen Dreh- und Angelpunkt macht.


Dass das alles keine Träume ‚weltfremder Idealisten‘, ‚naiver Gutmenschen‘ oder ‚nützlicher Idioten‘ sein müssen, sondern dass dieser Druck von unten sogar die höchsten Ebenen der Politik erreichen und dort Wirkung zeitigen kann, das hat 2017 kein Geringerer als Michail Gorbatschow bestätigt: „Ich erinnere mich gut an die lautstarke Stimme der Friedensbewegung gegen Krieg und Atomwaffen in den 1980er-Jahren. Diese Stimme wurde gehört!“ 

In diesem Sinne also.

Achtung: Dieser Beitrag von Leo Ensel wurde von Globalbridge.ch bestellt und honoriert. Er darf   – nein, er soll!   – von möglichst vielen Plattformen übernommen werden! Gratis! Eine Verlinkung auf das Original am Ende des Textes genügt. (cm)

Quelle: https://globalbridge.ch/und-sie-bewegt-sich-doch-aufstand-fuer-frieden-auftakt-fuer-eine-neue-friedensbewegung/


Info: https://seniora.org/wunsch-nach-frieden/der-wunsch-nach-frieden/und-sie-bewegt-sich-doch-aufstand-fuer-frieden-auftakt-fuer-eine-neue-friedensbewegung?acm=3998_1675


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

PM: Strafanzeige gegen Rheinmetall / Rüstungsexporte kontrollieren bevor es zu spät ist

aus e-mail von Jürgen Grässlin, 7. März 2023, 14:38 Uhr


*Mitteilung für die Medien *

**


*Berlin, 7. März 2023*


*Rüstungsexporte kontrollieren bevor es zu spät ist*


*Fall Rheinmetall: Strafanzeige und Pläne für Panzerfabrik*


„Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! hat Strafanzeige gegen

Rheinmetall gestellt wegen des Verdachts auf Beihilfe zu

Kriegsverbrechen im Jemen. Der Konzern hatte Waffen an die Vereinigten

Arabischen Emirate geliefert, die mutmaßlich bei der Seeblockade des

Jemen eingesetzt wurden. Diese Blockade von See-, Luft- und Landwegen

des Landes, in dem seit mittlerweile acht Jahren ein blutiger

Bürgerkrieg herrscht, hat laut UN zu der größten humanitären Krise der

Gegenwart geführt und Hunger wird als Mittel dieses Krieges benutzt“,

erklärt der Anwalt der Kampagne, Holger Rothbauer und führt weiter aus:

„Dass die Bundesregierung diese Rüstungsexporte entgegen nationalen und

europäischen Gesetzen und Selbstverpflichtungen scheinbar genehmigt hat,

entbindet den Konzern nicht von seiner Verantwortung. Es zeigt jedoch

auch, dass ein Verbandsklagerecht im aktuell geplanten

Rüstungsexportkontrollgesetz unablässig ist, um solche

Exportgenehmigungen künftig juristisch überprüfen lassen zu können,

bevor die Waffen ausgeliefert werden.“


Nun will Rheinmetall der Ukraine eine ganze Panzerfabrik des neu

entwickelten „Panther“ verkaufen. „Perfider Weise soll nun die Gunst der

Stunde – die ausnahmsweise erteilten Rüstungsexporte in den

Ukraine-Krieg auf Grundlage von Artikel 51 der VN-Charta –genutzt

werden, um eine Exportgenehmigung für eine ganze Panzerfabrik bzw. die

Herstellungsausrüstung im Rahmen einer Lizenzvergabe zu erhalten“,

resümiert die pax christi-Generalsekretärin und Kampagnen-Sprecherin

Christine Hoffmann. Dass es bis Baubeginn mindestens zwei Jahre dauert

und dann nochmals ein bis zwei Jahre vergehen, bis die ersten Panzer vom

Band rollen, bleibt unerwähnt. Der Krieg würde noch Jahre andauern und

die Ukraine brauche nun mal Panzer im Krieg gegen Russland, so der

Rheinmetall-Vorstandsvorsitzende Pappberger zu diesem beabsichtigten

Geschäft. „Die geplante Fabrik hilft der Ukraine in der aktuellen

Situation überhaupt nicht. Und dass, bzw. ob in drei bis vier Jahren der

Krieg immer noch anhält, kann weder jemand wissen noch wünschen, außer

vielleicht der Konzern, der damit seinen Umsatz steigert. Zur

Erinnerung: Rheinmetall lieferte Russland bis 2014 noch ein

Gefechtsübungszentrum. Nachdem 90 % des Auftrags abgearbeitet waren,

widerrief die damalige Bundesregierung die Genehmigung aufgrund der

Krim-Annexion und Russland stellte den verbleibenden Rest allein fertig.

Das Rüstungsunternehmen hat folglich kein Problem damit, wen es

beliefert“, kritisiert Hoffmann.


Jürgen Grässlin, Sprecher der „Aktion Aufschrei – Stoppt den

Waffenhandel!“ und Bundessprecher der DFG-VK führt dazu aus: „Unabhängig

vom Selbstverteidigungsrecht der Ukraine kann es nicht im Interesse der

Bundesregierung sein, Herstellungsausrüstung und Technologie im Rahmen

von Lizenzverträgen zum Bau schlüsselfertiger Rüstungsfabriken im

Ausland zu genehmigen und damit ihre Kontrollrechte über Kriegswaffen

abzugeben. Nicht ohne Grund hat deswegen die Bundesregierung auch bei

den aktuellen Rüstungsexporten in die Ukraine in den meisten Fällen eine

Endverbleibserklärung verlangt.“ „Lizenzvergaben und die damit

verbundenen Exporte von Herstellungsausrüstung und Technologie bedeuten

immer, dass die Kontrolle über die im Ausland produzierten Rüstungsgüter

komplett abgegeben wird. Weder die Verwendung im Land noch der Export in

andere Länder unterliegen dann noch der deutschen Exportkontrolle. Und

es ist vollkommen klar, dass die Fabrik früher oder später auch für den

Export produzieren wird. Entsprechend muss die Bundesregierung einer

Genehmigungsanfrage von Rheinmetall eine klare Absage erteilen und ein

Exportverbot für Herstellungsausrüstung und Technologie im Rahmen von

Lizenzverträgen im geplanten Rüstungsexportkontrollgesetz verankern“, so

Grässlin weiter.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Lasst uns „umstritten“ sein!

nachdenkseiten.de, 07. März 2023 um 9:07 Ein Artikel von: Jens Berger

Es gibt wohl kaum einen Begriff, der im Sprachschatz der Journalisten in den letzten Jahren derart inflationär auftauchte, wie der Begriff „umstritten“. Jeder, der sich dem medialen Konsens nicht beugt, gilt heute als „umstritten“. Mit steter Regelmäßigkeit wird der Begriff sogar als Namensbestandteil von Personen verwendet, die derart „umstrittene“ Positionen vertreten – „Die umstrittene Politikerin hat auf einer bereits im Vorfeld umstrittenen Veranstaltung abermals ihre umstrittenen Positionen verbreitet“. Man kennt diese Sätze. Doch sie sagen mehr über den Absender als über den Adressaten und wenn das Land eines braucht, dann ist es mehr „Umstrittenheit“. Ein Kommentar des umstrittenen Jens Berger.

Sahra Wagenknecht ist umstritten. Alice Schwarzer ebenfalls. Da war es offenbar nur folgerichtig, dass ihr gemeinsam formuliertes und initiiertes Manifest für den Frieden ebenfalls umstritten ist und die sich daraus ergebende Demo vor dem Brandenburger Tor natürlich auch umstritten, wenn nicht sogar stark umstritten war.

Aber die beiden finden sich ja in guter, umstrittener Gesellschaft. Bereits während der Corona-Pandemie galten den Medien plötzlich renommierte Virologen wie beispielsweise Alexander Kekulé oder Hendrik Streeck als umstritten. Warum? Sie widersprachen in Teilen der Meinung einer anderen Gruppe von Wissenschaftlern, denen damals die Maßnahmen nicht weit genug gehen konnten. Ein wissenschaftlicher Diskurs mit unterschiedlichen Positionen also. So was soll es geben. Genau so „funktioniert“ schließlich Wissenschaft.

Aber warum galt dann die eine Gruppe von Wissenschaftlern den Medien als „umstritten“ und die andere nicht? Getreu der eigentlichen Bedeutung des Begriffs waren die Positionen und Forderungen von Christian Drosten, Melanie Brinkmann, Michael Meyer-Hermann oder Viola Priesemann natürlich ebenfalls hoch umstritten und erwiesen sich in vielen Punkten später ja auch als falsch. Den „umstrittenen Virologen“ Christian Drosten oder die „umstrittene Modelliererin Viola Priesemann“ sucht man jedoch bis heute vergebens in den Zeitungen.

Besonders umstritten sind für die schreibende Zunft seit längerem vor allem Wissenschaftler und Journalisten, die sich zu außen- und sicherheitspolitischen Fragen äußern. Dazu gehören beispielsweise der umstrittene Michael Lüders und die umstrittene Gabriele Krone-Schmalz – die Liste ließe sich problemlos verlängern. Jedermann, der sich kritisch zu transatlantischen Positionen, der NATO und den Narrativen des „Wertewestens“ äußert, läuft sehr schnell Gefahr, schon bald das Label „umstritten“ verliehen zu bekommen. Umgekehrt dürfen Wissenschaftler und Journalisten, deren Positionen regierungsnah, also transatlantisch sind, so ziemlich jeden Unsinn schreiben und erzählen, ohne jemals umstritten zu sein. Ist das nicht seltsam?

Wer definiert überhaupt, wer oder was umstritten ist? Die Antwort ist banal: Der mediale Mainstream, also der Konsens, auf den sich das Gros der Meinungsjournalisten geeinigt hat – und irgendwie scheint heute ja jeder Journalist ein Meinungsjournalist mit Haltung zu sein. Die vielzitierte Vierte Gewalt maßt sich also an, die gültigen Werte und Normen zu definieren. Wer diese Werte teilt oder sich zumindest den daraus resultierenden Normen unterwirft, sich stets nach dem aktuellen Zeitgeist dreht und immer das denkt und sagt, was gerade unter Journalisten Konsens ist, ist demnach anerkannt. Sagt man nicht, „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“?

Wer anderer Meinung ist, sich nicht in eine Duldungsstarre begeben will oder gar die Legitimität dieser Konsensbildung bestreitet, also gegen den Strom schwimmt, ist indes umstritten. Wie arrogant. Eine kleine Gruppe von Haltungsjournalisten definiert die Regeln und die Leitplanken, innerhalb derer eine anerkannte Debatte möglich ist. Mit welchem Mandat?

Unabhängig davon, ob diese oder jene Position „richtig“ oder „falsch“ ist und welche Meinung man selbst zu bestimmten Themen hat – sieht so ein offener, produktiver gesellschaftlicher Diskurs aus? Natürlich nicht. Journalisten dürfen, ja sollen eine eigene Meinung haben und diese auch gerne offensiv vertreten. Wenn sie jedoch ihre Meinung zum Maß aller Dinge machen und ihre Macht nutzen, um Vertreter anderer Positionen gesellschaftlich auszugrenzen und ihnen die Freiheit, an öffentlichen Debatten mitzuwirken, aberkennen, ist dies ein klarer Machtmissbrauch.

Deutungsmonopole, Leitplanken für Debatten und Denkverbote vertragen sich nicht mit einer vermeintlich pluralistischen Gesellschaft. Debatte braucht Widerspruch! Und wenn man damit Gefahr läuft, selbst als „umstritten“ tituliert zu werden, dann sei dem so. Wir brauchen viel mehr umstrittene Stimmen. Anerkannte Sprechpuppen, die stets nur das sagen, was dem Konsens der Meinungsmacher entspricht, haben wir schließlich mehr als genug. Seid umstritten! Oder frei nach Lenin: Sag’ mir, wer Dich kritisiert und ich sage Dir, was Du richtig gemacht hast.


Rubriken:

Erosion der Demokratie Medienkritik Strategien der Meinungsmache


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=94719


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Wirtschaftlicher Niedergang durch Klima- + Anti-Russland/Anti-China-Politik

aus e-mail von Doris Pumphrey, 7. März 2023, 11:08 Uhr


(…) Der immer höhere Kapitalbedarf sei vor allem auf die verschärften

Klimaziele insbesondere der Bundesregierung zurückzuführen.(…)


https://freeassange.rtde.live/inland/164661-niederlaendischer-staat-will-deutsche-sparte-des-stromnetzbetreibers-tennet-abwickeln/


6.3.2023


*Niederländischer Staat will deutsche Sparte des Stromnetzbetreibers

Tennet abwickeln


*Auch im Ausland spricht sich der Niedergang der deutschen Wirtschaft

herum. Nun will die niederländische Regierung den Stromnetzbetreiber

Tennet Deutschland möglichst rasch an die Bundesregierung verkaufen.

Zumindest für die FDP ist das ein "Warnsignal" an den Standort Deutschland.


Die niederländische Regierung rät laut

<https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/tennet-niederlaender-wollen-deutschen-netzbetreiber-moeglichst-schnell-loswerden/29019510.html

dem /Handelsblatt/ dringend zu einem Komplettverkauf der

Deutschlandtochter des Stromnetzbetreibers Tennet an die

Bundesrepublik. Laut einem gemeinsamen Schreiben der niederländischen

Finanzministerin Sigrid Kaag und des Energieministers Rob Jetten

wolle man "einen vollständigen Verkauf von Tennet Deutschland an den

deutschen Staat für das bevorzugte Szenario" erreichen. Der

niederländische Staat sei dann nicht mehr den "den Risiken des deutschen

Geschäfts ausgesetzt".


In Den Haag gehe man davon aus, dass der zu erwartende Finanzbedarf

weiterhin deutlich ansteigen wird. Daran wolle man sich offenkundig

nicht beteiligen und die deutsche Tochter bereits bis 2024 abwickeln.

Man gehe von "Investitionen in Höhe von 111 Milliarden Euro in den

nächsten zehn Jahren" aus. Dabei entfielen 40 Prozent auf

die Niederlande und 60 Prozent auf Deutschland. Noch im November

vergangenen Jahres habe die Zehn-Jahres-Investitionsagendalediglich 89

Milliarden Euro umfasst. Im September 2022 seien es 70 Milliarden Euro

gewesen und im April 2022  60 Milliarden Euro.


2018 hatten 28 Milliarden Euro im Raum gestanden. Der immer höhere

Kapitalbedarf sei vor allem auf die verschärften Klimaziele insbesondere

der Bundesregierung zurückzuführen.


Allein für Tennet Deutschland beträgt der Kapitalbedarf für den gleichen

Zeitraum demnach rund 15 Milliarden Euro. Man gehe aber noch von

deutlich höheren Summen aus. Aus Sicht der FDP ist das Schreiben der

niederländischen Minister als Warnung zu verstehen. Michael Kruse,

energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, betonte: /"Wenn

selbst staatliche Netzbetreiber sich aus dem deutschen Netz zurückziehen

wollen, dann muss das die deutsche Regierung in Alarmbereitschaft

versetzen."/


Deutsche Wirtschaftsnachrichten 6.3.2023

<https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/702563/PCK-Raffinerie-Schwedt-kann-kein-Bitumen-mehr-produzieren>


*PCK-Raffinerie Schwedt kann kein Bitumen mehr produzieren

*Das von der Bundesregierung erlassene Öl-Embargo bringt die

PCK-Raffinerie und den gesamten Straßenbau im Osten in Bedrängnis.


Die Bauindustrie in Ostdeutschland befürchtet steigende Kosten beim

Straßenbau wegen des Bezugsstopps von russischem Öl aus der

Druschba-Pipeline. Hintergrund ist, dass die Raffinerie PCK in Schwedt

nach Angaben von Mitgesellschafter Rosneft Deutschland derzeit kein

Bitumen mehr herstellt. „Wenn die PCK-Raffinerie nicht mehr arbeiten

kann, kommt es definitiv zu einer Verknappung von Bitumen am Markt“,

sagte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Robert

Momberg, der Deutschen Presse-Agentur. „Dies bedeutet zwangsläufig eine

weitere Verteuerung der Baumaterialien und damit des Straßenbaus.“


Seit Januar fließt nach einer Entscheidung der Bundesregierung wegen des

Ukraine-Kriegs kein russisches Öl mehr über die Pipeline Druschba nach

Deutschland. Andere europäische Staaten – namentlich Ungarn, die

Slowakei und Tschechien – beziehen aber weiterhin günstiges russisches

Öl aus der Druschba-Pipeline - ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche

Wirtschaft.

(…)

Die Bauindustrie Ost betonte, Schwedt und die Raffinerie in Leuna

deckten fast den gesamten Bedarf an Ölprodukten wie Diesel, Benzin und

Kerosin in Ostdeutschland. Für die Bauwirtschaft ergebe sich eine hohe

Abhängigkeit, denn im Straßenbau werde überwiegend Asphalt verwendet.

Bei der Asphaltherstellung wird Bitumen benötigt, das aus der

Verarbeitung von Erdöl gewonnen wird. Es sei „elementar wichtig“,

betonte der Verband. Besonders drastisch könne die Situation mit Blick

auf das Ende der Winterpause werden, sobald das Wetter also günstige

Bedingungen im Straßenbau zulasse.

Der Verband sieht mehrere Nachteile, wenn Bitumen aus anderen

Bundesländern bezogen werden muss. Das führe zu langen Transportwegen

und damit weiter steigenden Kosten für Bauunternehmen. Dies erweise der

politisch und gesellschaftlichen geforderten Nachhaltigkeit in der

Bauwirtschaft einen „Bärendienst.“ „Die Politik setzt die Regeln und

muss die Versorgungssicherheit gewährleisten, so dass die Preise stabil

bleiben können“, forderte der Hauptgeschäftsführer.


https://www.infosat.de/digitale-welt/pr-fung-zu-huawei-technologie-bei-5g-ausbau-deutschland-dauert

7.3.2023

*Prüfung zu Huawei-Technologie bei 5G-Ausbau in Deutschland dauert an


*(dpa) - Mögliche Einschränkungen für die chinesischen

Technologie-Konzerne Huawei und ZTE beim Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes

in Deutschland sind weiterhin offen. Die Prüfung laufe noch, erfuhr die

Deutsche Presse-Agentur am Montagabend aus Regierungskreisen. Sollte

sich dabei herausstellen, dass Bauteile von Huawei und ZTE ein

Sicherheitsrisiko darstellen, werde die Bundesregierung den

Mobilfunkanbietern nicht nur verbieten, diese zu verwenden, sondern sie

auch dazu auffordern, ihre Anlagen entsprechend umzurüsten. Zuvor hatten

mehrere Medien berichtet, dass die Bundesregierung plane, den Einsatz

chinesischer Technologie beim Ausbau der Mobilfunknetze in Deutschland

deutlich einzuschränken beziehungsweise zu verbieten.

Die USA warnen Deutschland seit langem eindringlich vor einer

Beteiligung von Huawei am Mobilfunknetz. Mehrere Länder, unter anderem

die USA und Kanada, haben Netztechnik von Huawei und ZTE bereits aus

ihren Märkten ausgeschlossen. Die USA behaupten, China könne über die

5G-Technik etwa von Huawei Spionage betreiben. Huawei wies die Vorwürfe

stets zurück.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Neues von gestern – der Geschichte-Newsletter Ist Putin ein Faschist?

spiegel.de, 23.02.2023, 17.00 Uhr

Liebe Leserin, lieber Leser,


ein Jahr ist es am Freitag her, dass Russland die Ukraine angriff. Für eine historische Analyse des Angriffskrieges ist es zu früh, noch weiß niemand, wie die Sache ausgehen und was sich daraus entwickeln wird. Aber ist eine erste Einordnung aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive schon möglich? Das haben wir den Historiker Timothy Snyder gefragt, einen der besten und streitbarsten Kenner der ukrainischen Geschichte.


Seine Antwort war überraschend, in gewisser Weise auch überraschend optimistisch. Snyder sieht den Konflikt als einen Schritt Russlands bei der Transformation in einen, nun ja, normalen europäischen Staat: »Europäische Imperien müssen offenbar erst Kriege verlieren, um sich weiterzuentwickeln. So, wie Deutschland 1945 den Zweiten Weltkrieg verloren hat, Frankreich 1962 den Algerienkrieg, so wie Portugal und Spanien ihre afrikanischen Kolonien verloren haben. Russland muss in der Ukraine verlieren, um sich von einer Großmacht in etwas Neues zu verwandeln.«


Noch eine historische Vergleichsebene bringt Snyder ins Spiel: Er hält Putins Regime für faschistisch. Wir haben ihn gefragt, woran er das festmacht. Unter anderem daran, dass der Wille über der Vernunft stehe, sagt Snyder – der auch einen Ausblick wagt, wie der Krieg enden könnte. Das ganze Interview lesen Sie hier


- Ab hier Bezahlschranke -


Info: https://www.spiegel.de/geschichte/geschichte-newsletter-ist-putin-ein-faschist-a-2526fbe3-174f-4e56-99fe-6375573c6af5?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE


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07.03.2023

Soziologe Wolfgang Streeck über die Notwendigkeit des „Manifests für den Frieden“ und die Gefahr für Deutschland, in den Krieg hineingezogen zu werden.

fr.de, 7. März 2023, Von: Michael Hesse


Herr Streeck, Sie haben das Manifest für den Frieden unterschrieben, das auf eine Initiative von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht zurückgeht. Darin steht, dass Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt und Verhandlungen mit Russland aufgenommen werden sollen. Glauben Sie, dass die Russen derzeit verhandlungsbereit sind?

Das weiß ich nicht. Was ich weiß ist, dass die gegenwärtige ukrainische Regierung, mit Herrn Melnyk als Vize-Außenminister, es erklärtermaßen nicht ist: oder nur nach vorheriger russischer Kapitulation. Wie sich das auf russischer Seite verhält, wäre herauszufinden, und gerade auch, ob strategisch formulierte öffentliche Erklärungen so gemeint sind, wie sie klingen. Diplomaten werden bekanntlich dafür geschult und nicht schlecht bezahlt, auch bei scheinbar ausweglosen Konflikten Gemeinsamkeiten zu finden, die die unterschiedlichen Interessen, die zum Krieg geführt haben, überwiegen.


Im Übrigen hat Russland im Herbst 2021 die USA wiederholt aufgefordert, über eine Reihe von russischen Memoranden zum Ukraine-Konflikt zu verhandeln; dies wurde abgelehnt. Auch nach Kriegsbeginn gab es noch direkte Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, unter anderem unter Vermittlung des israelischen Premierministers Bennett; diese endeten ergebnislos


Gräber gefallener Soldaten in der Ukraine. © IMAGO/ZUMA Wire


 – nach Bennetts Auskunft, die er später halb zurückgezogen hat, infolge von amerikanischen und britischen Interventionen auf ukrainischer Seite.

Und schließlich möchte ich mich weigern mir vorzustellen, dass ein zivilisiertes Land wie Deutschland nicht immer wieder alles nur Menschenmögliche versucht, um einen grauenvollen Krieg wie den in der Ukraine (alle Kriege sind grauenvoll) so schnell wie möglich zu beenden. Es geht hier nicht um Computerspiele, sondern um das Töten und Sterben wirklicher Menschen – pro Tag, wenn die Schätzungen stimmen, etwa eintausend, überwiegend junge Männer, auf beiden Seiten.


Russland hat mehrfach betont, die von ihm besetzten Gebiete müssten als russisches Territorium in einem Abkommen akzeptiert werden, eine aus Sicht der Ukraine unakzeptable Forderung. Wie sollte dennoch ein Kompromiss zustande kommen?

Alle, die sich mit dem Thema ernsthaft beschäftigen, wissen im Grunde, wie das Ergebnis dieses Krieges aussehen wird: nämlich ungefähr wie die Minsker Vereinbarungen – nicht unähnlich übrigens der politischen Plattform, auf der Selenskyj 2019 mit Dreiviertelmehrheit vom ukrainischen Volk gewählt wurde. Das heißt: die Krim bleibt bei Russland (über ihren endgültigen Status wird irgendwann in der Zukunft entschieden), die russischsprachigen Gebiete der Ukraine erhalten einen Sonderstatus, mit weitreichender Autonomie, unter internationaler Überwachung, und die Ukraine bleibt neutral, d.h. unter anderem: genehmigt anders als Rumänien und Tschechien keine Abschussbasen für amerikanische Mittelstreckenraketen auf ihrem Territorium, das Ganze garantiert durch eine der OSZE ähnliche internationale Sicherheitsarchitektur. Die Tragik ist, dass alle wissen, dass irgend so etwas am Ende herauskommen wird, aber niemand weiß, wie man erreichen kann, dass es jetzt herauskommt und nicht erst nach mehreren Jahren eines blutigen Abnutzungskrieges. Und je länger der Krieg dauert, desto unversöhnlicher werden die Kriegsparteien; auch das weiß man.


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Habermas bei Hertie School of Governance


Das Manifest erweckt den Eindruck, als gebe es keine Gespräche. Aber die hat es von Anfang an gegeben, Politiker wie Scholz und Macron fühlten sich persönlich von Putin belogen. Wer ist schuld daran, dass Verhandlungen bislang nicht möglich sind, wenn nicht Putin?


Ich war nicht dabei. Aber nachdem Frau Merkel behauptet hat, dass sie und Hollande die Minsker Abkommen nur ausgehandelt hatten, um der Ukraine Zeit zu verschaffen, weiter aufzurüsten, könnte sich ja auch Putin belogen fühlen. Allerdings glaube ich ihr nicht, dass das von ihrer Seite Scheinverhandlungen waren; sich aus ihrer Politik herauszureden, wenn diese nicht mehr populär ist, gehört zu ihrer Art, mit der sie sechzehn Jahre lang sehr erfolgreich war. Merkel und Sarkozy, Deutschland und Frankreich, haben damals einen europäischen Ausweg aus dem sich abzeichnenden Ukraine-Krieg gesucht („Normandie-Format“), einen ohne die Vereinigten Staaten, die darüber alles andere als glücklich waren.


Die Merkel-Sarkozy-Initiative entsprach in etwa der Weigerung von Schröder und Chirac 2003, im Gefolge der USA in den Irak einzumarschieren, mit dem Ergebnis, Sie erinnern sich, dass in Amerika die French Fries in Freedom Fries umgetauft wurden, allerdings nur kurzfristig. Im Übrigen wird in Kriegen immer gelogen, sehr selten zwischen den Chefs, wie John Mearsheimer gezeigt hat, umso mehr aber gegenüber den Bevölkerungen, der eigenen und der des Gegners. Das hat einen schlechten guten Grund: Es geht um Leben und Tod, ein Krieg ist kein Beichtstuhl oder philosophisches Seminar. Sobald man im Krieg ist, geht es nicht mehr um Wahrheit, sondern um „Narrative“: Wenn es dem eigenen Sieg dient, muss und darf man lügen. Auch deshalb muss man Kriege möglichst vermeiden oder doch schnellstens beenden: sie sind nicht nur dem Leben abträglich, sondern auch den guten Sitten.


Viele befürchten, dass ein schlechter Friedensdeal den russischen Appetit auf Land weiter steigern könnte. Es wäre eine Art Pyrrhussieg. Ist die Befürchtung ungerechtfertigt?

Also jeder „Friedensdeal“ ist erstmal ein guter: Er setzt der Schlächterei ein Ende. Im vorliegenden Fall würde ich allerdings vorziehen, von einem Waffenstillstand zu sprechen, den man nutzen kann, um darüber nachzudenken, wie man aus dem Schlamassel rauskommt. Auch ist ein „Friedensdeal“, wie Sie das ausdrücken, als ginge es dabei um einen Gebrauchtwagen, kein „Sieg“ (außer für die Vernunft), und schon gar kein „Pyrrhussieg“.


Was den Kern Ihrer Frage angeht, so glaube ich nicht, dass irgendjemand ernsthaft befürchtet, dass eine russische Armee, die nicht einmal in der Lage war, und jetzt weniger denn je in der Lage sein wird, Kiew zu erobern (750 Kilometer von Moskau!), in Berlin einmarschieren könnte. Übrigens war in den Verhandlungen zwischen den USA und Russland nach dem Ende der Sowjetunion, unter Gorbatschow, Jelzin und Putin, von russischer Seite immer wieder deutlich gemacht worden, dass die Ukraine ein casus belli sein würde, nicht die Tschechoslowakei, nicht Rumänien, nicht einmal die baltischen Staaten, so ungern die Russen diese im westlichen Bündnis sehen wollten. Jeder wusste: Die Ukraine war der eine Staat zu viel bei der Arrondierung der Nato nach dem Ende der Sowjetunion.


Es wird das Argument vorgebracht, die Ukraine könne keine Atommacht bezwingen – dabei haben Vietnam und auch Afghanistan vorgemacht, dass es geht.

Der Vergleich ist auf die denkbar lächerlichste Weise schief. Die USA liegen auf einem riesigen Inselkontinent und sind deshalb mit konventionellen Mitteln unangreifbar. Wenn sie irgendwo auf der Welt Landkriege verlieren, wie sie es ja mehr oder weniger laufend tun, können sie sich auf ihren Kontinent zurückziehen, auf den ihnen niemand folgen kann. Sie haben dann einen Krieg verloren, aber nicht ihr Land oder ihren Staat.


Das ist in Russland anders. Der Sieg gegen Russland, den sich die gegenwärtige ukrainische Regierung vorstellt, aber wohl auch die deutsche Außenministerin, mit Putin als Gefangenem, der dann vor einem Haager Tribunal endet, erfordert einen Einmarsch der ukrainischen Armee in Moskau, zusammen mit ihren dazu benötigten Verbündeten, wer immer sich da in die Front der kriegführenden Mächte einreihen würde, vielleicht Polen, vielleicht „Europa“, vielleicht Deutschland unter einer Kanzlerin Baerbock, so wie die sowjetischen Truppen 1945 in Berlin einmarschierten. Wenn ein solcher Einmarsch sich abzeichnete, würde Russland zu seinen nuklearen Gefechtsfeldwaffen greifen. Was dann geschähe, steht in den Sternen; ein „Sieg der Ukraine“ wäre es sicher nicht.


Einige meinen, dass die USA den russischen Einmarsch vor einem Jahr geradezu herbeigeredet habe. Die USA profitieren mit ihrer Energiewirtschaft, der Journalist Seymour Hersh erklärte, die Amerikaner hätten die Nord Stream-Pipelines gesprengt. Wie bewerten Sie die Rolle der USA in dem Konflikt mit Russland?

Das ist eine lange Geschichte, die sich über drei Jahrzehnte hingezogen hat; die Neunzigerjahre sind in dem Buch von M. E. Sarotte, „Not One Inch“, im Detail dokumentiert. Die USA haben den Einmarsch sicher nicht gewollt; ebenso sicher haben sie ihn riskiert. Abgesehen davon möchte ich wissen, ob es irgendjemanden gibt, der sich, um im Kommiss-Jargon zu sprechen, nicht die Hose mit der Kneifzange anzieht, der nicht glaubt, dass die Pipeline vom US-amerikanischen Militär auf Befehl Bidens gesprengt wurde. Die Rolle der USA als der bei weitem größten Militärmacht der Welt war von Anfang an zentral. Übrigens, um auf das Thema Verhandlungen zurückzukommen, werden es die USA sein, und niemand anderes, die, wenn überhaupt, mit Russland über ein Kriegsende Verhandlungen führen werden. „Wir“ – Deutschland, aber auch Frankreich und die EU – werden dabei nichts mit zu verhandeln haben, genauso wenig wie im Herbst 2021 oder bei den Bennett-Verhandlungen.


Zur Person

Wolfgang Streeck , geboren 1946, war bis 2014 Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Er ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der British Academy sowie Honorary Fellow der Society for the Advancement of Socio-Economics.


Sein Buch „Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus“ war 2013 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Streeck ist Mitunterzeichner des von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten „Manifests für den Frieden“. Foto: Imago Images


Putin führte ja stets die aus seiner Sicht drohende Nato-Mitgliedschaft der Ukraine an. Diese stand aber nach Aussagen westlicher Politiker nach 2008 nie auf der Tagesordnung. Wie bewerten Sie die Rolle des Westens als Mitauslöser des Krieges?

Nach 2008, nachdem die Nato-Aufnahme Russlands an Merkel und Sarkozy gescheitert war, haben die Vereinigten Staaten, wesentlich geführt von Vizepräsident Biden in seiner Rolle als Ukraine-Beauftragter Obamas (2009-2017) und Victoria Nuland im State Department („Fuck the EU“), sich darauf konzentriert, die Ukraine faktisch, als Ersatz für eine formelle Mitgliedschaft, in die Nato aufzunehmen. Von da an war die Ukraine über Jahre weltweit das Land mit dem höchsten jährlichen Zuwachs der Rüstungsausgaben, spendiert von den USA. 2020 erklärte die Nato dann, sie habe mit der Ukraine die lange angestrebte „Interoperabilität“ erreicht, also eben die gegenseitige Abstimmung der Militär- und Kommandostrukturen, wie sie für die Mitglieder der Nato Pflicht ist.


Sie haben zuletzt in Ihrem Buch auf den deutsch-französischen Konflikt verwiesen. Sehen Sie sich da bestätigt, was die Fliehkräfte innerhalb der EU angeht?

Ich sehe mich in letzter Zeit zu meinem Entsetzen immer öfter bestätigt. Europa ist handlungsunfähig, wenn Deutschland und Frankreich nicht wie 2003 und 2008 gemeinsam agieren. Frankreich wagt sich in der Russlandfrage nicht aus der Deckung, solange Deutschland nicht mitmacht; Deutschland wagt sich nicht aus der Deckung, solange Frankreich ihm keinen Ersatz für seine nukleare Rückversicherung durch die USA bieten kann.


Hierüber laufen seit Jahren im Hintergrund Verhandlungen, sie führen aber zu nichts. Wie sehr Deutschland unter der amerikanischen Kuratel steht, zeigt die schweigende Hinnahme der Sprengung der Pipelines, aber nicht nur die. Deutschland ist nach Okinawa die Weltgegend mit dem größten amerikanischen Truppenkontingent – 35 000, wenn ich recht informiert bin – und einer gigantischen militärischen Infrastruktur, die unter anderem sämtliche Operationen des amerikanischen Militärs und der CIA im Nahen Osten koordiniert. Zu dieser Infrastruktur gehört eine unbekannte Anzahl von Atomsprengköpfen, die gegebenenfalls auf amerikanische Anweisung von den deutschen Tornados auf von den USA vorgegebene Ziele abgeworfen werden können („nukleare Teilhabe“ heißt das). Ich wiederhole: Das sind keine Computerspiele, da geht es um richtiges großformatiges Töten und Sterben.


Befürchten Sie eine Eskalation des Krieges zu einem internationalen Krieg?

Es ist ja schon ein internationaler Krieg. Sie meinen, ob Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte? Aber ja. Heftige Bemühungen von allen Seiten in diese Richtung sind schon lange unterwegs, und wenn die Russen auf den Schlachtfeldern der Ukraine wieder vorwärts marschieren sollten, dann werden sie zunehmen. Für die USA wäre es ideal, gemeinsam mit Großbritannien Deutschland als lokalen Kommandeur eines langen Stellungs- und Abnutzungskrieges zu dienstverpflichten. Die Pro-Ukraine-Rhetorik der deutschen Grünen bereitet das schon vor. Sie beschreiben den Krieg in derart manichäischen Tönen, dass man immer weniger versteht, wieso man wollen kann, keine Kriegspartei zu sein. Wenn Putin das ist, was von ihm behauptet wird, darf man dann die Ukrainer im Kampf für ihren Endsieg, der ja angeblich auch unserer wäre, alleine sterben lassen?


Sind Biden und Scholz nicht zwei Politiker, die genau diese Eskalationsgefahr befürchten, die ja Anlass des Manifests ist, und ihre Politik danach ausrichten?

Es wird mir in der ganzen Angelegenheit schon lange viel zu viel bewertet. Biden hatte seit seiner Zeit als Obamas Ukraine-Beauftragter die Ukraine als Druckmittel gegen Russland auf dem Schirm. Großmächte sind so. Nachdem seine Armee aus Afghanistan flüchten musste, dürfte ihm die Zuspitzung um die Ukraine herum gelegen gekommen sein, um seine innenpolitischen Kritiker stillzustellen; ich vermute, dass die Weigerung im Herbst 2021, mit Russland zu verhandeln, auch damit zu tun hatte, dass er nach Afghanistan keine „Schwäche“ zeigen wollte.


Heute besteht sein Problem darin, die „Eskalation“, wie Sie das nennen, so unter Kontrolle zu halten, dass der Ukraine-Krieg Russland über Jahre militärisch bindet und wirtschaftlich ruiniert und zugleich die Nato unter amerikanischer Führung so in der Furcht ihres Herrn zusammenhält, dass sie out-of-area-Einsätze in Asien nicht verweigern kann, auch, aber nicht nur, in Gestalt eines ökonomischen Boykotts Chinas. Der „Player“ hier ist Biden bzw. der amerikanische Kongress, nicht Scholz. Was Scholz angeht, so kann man nur hoffen, dass es ihm halbwegs gelingt, Deutschland irgendwie aus dieser Zukunft herauszuwieseln; die Aussichten darauf sind nicht gut, zumindest solange die Grünen in der Regierung sind. Die Amerikaner, da kann man sicher sein, meinen es bitter ernst. Die Ukraine und Europa sind nur das Vorspiel.


Wie wird es Ihrer Ansicht nach weitergehen?

Eigentlich ist diese Frage gar nicht so schwer zu beantworten. Ich sehe zwei Pfade, der eine zwischen den USA und Russland ausgehandelt, mit China im Hintergrund, der andere unilateral von den USA der westlichen Allianz vorgegeben. Was eine Verhandlungslösung angeht, so würde China dem von ihm nunmehr abhängigen Russland verbieten, sich im äußersten Notfall mit Atomwaffen zu verteidigen, während die USA sich verpflichten müssten, einen solchen äußersten Notfall nicht eintreten zu lassen. Dies würde bedeuten, dass die Ukraine ihre derzeitigen Kriegsziele (Rückeroberung der Krim, Putin vor Gericht in Den Haag) mehr oder weniger stillschweigend aufgeben müsste. Substanziell würde das auf eine Art Friedensschluss nach Minsker Muster hinauslaufen. Dies wäre mit schweren Enttäuschungen für die radikale Fraktion der ukrainischen Nationalbewegung verbunden, die irgendwann um 2014 herum mit Unterstützung der USA und Großbritanniens daran gegangen war, den bis dahin eher kompromisslerischen Kurs ihres Landes bzw. seiner Oligarchen zu beenden.


Was wäre die Alternative?

Alternativ würden die USA Verhandlungen unter chinesischer Vermittlung ablehnen und es Deutschland übertragen, dafür zu sorgen, dass die Ukraine trotz ihrer unrealisierbaren Kriegsziele im Kriegsgeschäft bleiben kann. Deutschland würde dann innerhalb der Nato für die langen Jahre eines Abnutzungskrieges gewissermaßen die Konsortialführung in Europa übernehmen, wie schon jetzt bei den Panzern, mit allen Konsequenzen einschließlich, wenn es zu gut für Russland läuft, einer sich allmählich aufbauenden direkten Kriegsbeteiligung, etwa an der Spitze einer „europäischen Armee“.


Anders ließe sich Moskau jedenfalls nicht erobern, nicht einmal in einem „Narrativ“. Gleichzeitig würden sich die USA der Vorbereitung eines fernöstlichen Krieges gegen China, etwa um Taiwan, zuwenden. Für die Völker Europas einschließlich der Ukraine wäre dies eine einzige, riesige, lang hingezogene Katastrophe. Wir können nur hoffen, dass eine chinesisch vermittelte Verhandlungslösung Deutschland davor bewahrt, an der Seite der gegenwärtigen ukrainischen Regierung, die ja immerhin den Bandera-Fan Melnyk einschließt, die Krim für die Ukraine zurückerobern zu müssen. Dass dafür nicht nur Kampfflugzeuge gebraucht würden, sondern – zunächst, aber sicher nicht zuletzt – auch Splitter- und Brandbomben, ist uns schon mitgeteilt worden. (Michael Hesse)


Info: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/soziologe-wolfgang-streeck-die-amerikaner-meinen-es-bitterernst-92108110.html


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Jürgen Habermas: Warnung vor dem Weltkrieg


fr.de, vom  15.02.2023, 16:33 Uhr, Von: Michael HesseDer Philosoph Jürgen Habermas warnt in einem erneuten Beitrag vor der Gefahr eines Weltkrieges. Die Waffenlieferungen hätten eine nicht zu unterschätzende Eigendynamik.


Jürgen Habermas ist ein großer Denker. Schon Jacques Derrida staunte über seine Berühmtheit. Ob in Japan oder Brasilien oder den USA, Habermas gilt überall als einer der letzten verbliebenen großen deutschen Philosophen. Er ist einer, der sich oft zu Wort meldet. Vor einigen Jahren hat er einen gigantischen Streifzug durch die Philosophie von Platon bis, ja bis zu ihm selbst angetreten. „Auch eine Geschichte der Philosophie“ heißt das bei Suhrkamp erschienene Großwerk. Und soeben hat er sich erneut in die Debatte über die westlichen, besonders aber deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine eingemischt. Und hier ist er deutlich schärfer als in seinem vorhergehenden Beitrag. Er warnt nun in der „Süddeutschen Zeitung“ vor der Gefahr eines Weltkrieges.


„Der Krieg zieht sich hin, die Zahl der Opfer und der Umfang der Zerstörungen schwellen an. Soll nun die Eigendynamik unserer aus guten Gründen geleisteten militärischen Hilfe ihren defensiven Charakter abstreifen, weil nur ein Sieg über Putin das Ziel sein kann?“, fragt Habermas in der SZ. „Das offizielle Washington und die Regierungen der anderen Nato-Mitgliedsstaaten waren sich von Anbeginn einig, vor dem point of no return – dem Kriegseintritt – haltzumachen.“


Habermas deutet in diesem Kontext das Zögern des US-Präsidenten Joe Biden als eine Bestätigung der Haltung, die auch der deutsche Kanzler Scholz eingenommen habe. Und dieses Zögern sei „offensichtlich strategisch und nicht nur technisch begründet“.


Doch Habermas erkennt einen Wendepunkt in der Debatte, „seitdem sich auch China zur Ächtung des Einsatzes von ABC-Waffen bekannt hat“. Nun sei diese Sorge in den Hintergrund gerückt, so Habermas. Der mittlerweile 93 Jahre alte Philosoph und Soziologe warnt deshalb eindringlich: „Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis hat die Qualitätssteigerung unserer Waffenlieferungen eine Eigendynamik entwickelt, die uns mehr oder weniger unbemerkt über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg hinaustreiben könnte.“


Die Sorge des Weltgeistes aus Gummersbach scheint groß zu sein, dass man nun wie vor dem Ersten Weltkrieg quasi in einen neuen Weltkrieg hineintaumelt. Bei dem Theoretiker der kommunikativen Vernunft ist jedes Wort wohlbedacht, umso erstaunlicher ist es, dass er den Buch-Titel des Historikers Christopher Clark „Die Schlafwandler“ abwandelt, um den derzeitigen Weg der westlichen Staaten zu beschreiben: „Das Schlafwandeln am Rande des Abgrundes wird vor allem deshalb zu einer realen Gefahr, weil die westliche Allianz der Ukraine nicht nur den Rücken stärkt, sondern unermüdlich versichert, dass sie die ukrainische Regierung so ,lange wie nötig‘ unterstützt und dass die ukrainische Regierung allein über Zeitpunkt und Ziel möglicher Verhandlungen entscheiden kann“, schreibt Habermas.


Bereits Clark war für den Gebrauch des Wortes „Schlafwandler“ kritisiert worden. Er bezog sich damit auf eine Aussage des damaligen britischen Kriegspremiers Lloyd George, die Staaten seien in den Weltkrieg unbeabsichtigt „hineingeschlittert“. Ein früherer guter Bekannter und Gummersbacher Schulfreund von Habermas, der Historiker Hans-Ulrich Wehler, hatte Clark massiv dafür kritisiert. Denn man verschleiere so besonders die deutsche Schuld an dem Kriegsausbruch im Juli 1914. Habermas scheint sich nun daran nicht zu stören. Und so unterstellt er der internationalen Staatengemeinschaft eine ähnliche Sorglosigkeit wie dem imperial ausgerichteten Deutschen Reich vor dem Ersten Weltkrieg.


Habermas wendet sich gegen einen unbedachten Bellizismus. Was er fordert, sind Friedensverhandlungen. Die Staaten würden sich über die Notwendigkeit täuschen, „eigene Initiativen für Verhandlungen zu ergreifen“. Und hier wiederholt er ein Argument, das nicht nur von der Ukraine scharf kritisiert wird, nämlich über den Kopf des angegriffenen Landes zu einer Verhandlungslösung zu kommen. „Einerseits ist es trivial, dass nur eine am Krieg beteiligte Partei über ihr Kriegsziel und gegebenenfalls über den Zeitpunkt von Verhandlungen bestimmen kann. Andererseits hängt es auch von der Unterstützung des Westens ab, wie lange die Ukraine überhaupt durchhalten kann“, schreibt er.


Und die Ausgangslage für den Westen sei doch klar, so Habermas. Der Westen müsse nun einmal wichtige Entscheidungen selber treffen und verantworten. Das zeige sich an jener Situation, „die er am meisten fürchten muss – nämlich die erwähnte Situation, in der ihn eine Überlegenheit der russischen Streitkräfte vor die Alternative stellen würde, entweder einzuknicken oder zur Kriegspartei zu werden“.


Das aber sei nicht der einzige Grund, der zur Eile gemahne, es gebe auch näherliegende Gründe wie die Erschöpfung von personellen Reserven und kriegsnotwendigen materiellen Ressourcen, weshalb die Zeit zu Verhandlungen dränge, so Habermas. Man dürfe den Zeitfaktor nicht unterschätzen.


Es sei kein Zufall, dass dieser schwelende Konflikt jetzt auf Klärung dränge. Ganz offensichtlich zieht Habermas starke Parallelen zum Ersten Weltkrieg. So zitiert er einen leitenden Nato-Funktionär, der sich zu dem verlustreichen Stellungskrieg um Bachmut im Norden des Donbass äußert: „Es sieht dort aus wie in Verdun.“


Seit Monaten sei der Frontverlauf eingefroren. Es erinnere ihn an Darstellungen des Grauens an der Westfront von 1916, betont er: „Soldaten, ,die sich an die Kehle gehen‘, Berge von Toten und Verwundeten, die Trümmer von Wohnhäusern, Kliniken und Schulen, also die Auslöschung eines zivilisierten Lebens – darin spiegelt sich der destruktive Kern des Krieges, der die Aussage unserer Außenministerin, dass wir ,mit unseren Waffen Leben retten’, doch in ein anderes Licht rückt.“ Auch die Differenzierung, ob man nun von einem Sieg der Ukraine über Russland oder davon spreche solle, dass die Ukraine den Krieg gegen den Aggressor nicht verlieren dürfe, ist aus seiner Sicht von Bedeutung. Dieser begrifflich ungeklärte Unterschied habe zunächst mit einer Parteinahme für oder gegen Pazifismus wenig zu tun, wägt er ab. Die rhetorische Nuancierung zwischen den Formulierungen, den Krieg „nicht zu verlieren“ oder „zu gewinnen“, trenne nicht schon Pazifisten von Nicht-Pazifisten, argumentiert er.


Habermas, der für die Theorie eintritt, dass sich moralische Einsichten aus dem herrschaftsfreien Diskurs gewinnen lassen, betont: „Es sind vor allem moralische Gründe, die auf ein Ende des Krieges drängen.“ Er plädiert daher für eine Lösung im Sinne von „erträglichen Kompromissen“. Dem Westen gibt er eine moralische Mitverantwortung für Opfer und Zerstörungen. Die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Zerstörung müssten im Blick gehalten werden, fordert er.


Aber abgesehen davon, ob Verhandlungen mit Putin überhaupt möglich sind, muss auch Habermas sich der Frage stellen, ob mit einem Friedensschluss mit Russland Dämonen in der Zukunft heraufbeschworen werden, die noch weitaus schlimmer wüten, als es nun in der Ukraine der Fall ist.


Info: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/juergen-habermas-schlafwandeln-am-rande-des-abgrundes-92089736.html?trafficsource=ECRslide


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Bakhmut, strategisch oder nicht, fällt - Bakhmut, Strategic Or Not, Is Falling

seniora.org, 06. März 2023, Posted by b on March 4, 2023  – übernommen von moonofalabama.org

Die 'westlichen' Medien können sich nicht entscheiden, ob Bakhmut eine strategische Stadt ist oder einen geringen strategischen Wert hat. Sie behaupten, beides sei der Fall.


https://www.moonofalabama.org/16i/bak1.jpg

Bakhmut ist natürlich von strategischem Wert. Hier kreuzen sich drei wichtige Bahnlinien und vier wichtige Straßen (M-03, M-32, T-13-02, T-05-13). Als solche ist sie der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Donbass-Region. Außerdem gibt es hier einige wertvolle Mineralienminen.


Deshalb hat die ukrainische Regierung zehntausende ihrer Truppen geschickt, um für diese Stadt zu kämpfen und zu sterben.

Menschen, die etwas anderes behaupten, sind einfach nur auf dem Holzweg.

Einige Beispiele:




    Bakhmut wird seit Monaten von russischen und ukrainischen Streitkräften heftig umkämpft. Moskau betrachtet die Einnahme der Stadt als strategisches Ziel und als Möglichkeit, die ukrainischen Nachschublinien in Donezk zu unterbrechen.

    Die Ukraine sagt, die Stadt habe nur einen begrenzten strategischen Wert, aber sie erschöpft die russischen Invasionstruppen in der blutigsten Schlacht des Krieges.

    Russland sagt, die Einnahme von Bakhmut würde den Weg zur vollständigen Kontrolle der restlichen strategischen Industrieregion Donbass an der Grenze zu Russland öffnen, eines der Hauptziele seiner Invasion vor einem Jahr am 24. Februar, berichtet Reuters.

    Die Einnahme der Stadt wäre für Russland ein seltener Erfolg auf dem Schlachtfeld in den letzten Monaten. Trotzdem wurde der strategische Wert der Stadt in Frage gestellt. Einige Experten sagen, dass ein russischer Sieg ein Pyrrhussieg sein könnte - das heißt, er wäre den Preis nicht wert.

    Die Ukraine sagt, die Stadt habe nur einen geringen strategischen Wert und die hohen Verluste, die Russland bei dem Versuch erlitten hat, Bakhmut einzunehmen, könnten den Verlauf des Konflikts bestimmen.

    Diese Festsetzungsoperation hatte zu einer massiven Zermürbung der russischen Streitkräfte geführt und sie auf ein Gebiet mit geringem strategischen Wert konzentriert.

    Ukrainische Soldaten suchen Schutz in den Wäldern entlang einer Straße außerhalb der strategischen Stadt Bakhmut

Dieser DW-Artikel, der ursprünglich auf Russisch geschrieben wurde, ist wahrscheinlich der beste zu diesem Thema:

   

Bakhmut ist sowohl für die ukrainischen als auch für die russischen Streitkräfte von großer strategischer Bedeutung, sagt Marina Miron, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centre for Military Ethics am King's College London. Miron glaubt, dass die russischen Truppen, wenn sie die Stadt einnehmen, weiter vorrücken werden, vielleicht in Richtung Kramatorsk.


    "Sie würden wichtige Straßen kontrollieren, die ukrainischen Streitkräfte abschneiden und ihnen die Verteidigung erheblich erschweren", sagt Miron. Sie warnt, dass dies auch die Moral der ukrainischen Truppen untergraben würde und dazu führen könnte, dass die westlichen Partner das Vertrauen in die Fähigkeiten der ukrainischen Armee verlieren.


    Ralph Thiele, ein deutscher Oberst im Ruhestand, der im persönlichen Stab des Obersten Alliierten Befehlshabers der NATO in Europa gedient hat, stimmt dem zu. "Die ukrainische Seite wird im Grunde genommen - auch von ihren westlichen Partnern - gezwungen, Erfolge zu erzielen. Es muss eine Art ständige öffentliche Rechtfertigung für die enorme Unterstützung geben, die der Ukraine gewährt wird", sagt Thiele.


    Mike Martin, Forscher am King's College London, meint, dass Russland an seinen Bemühungen festhält, Bakhmut einzunehmen, weil dies dem erklärten Kriegsziel Putins entspricht, das er als "Befreiung des Donbas" bezeichnet. Martin erklärt: "Wenn Sie sich die Anordnung der Straßen und des Schienennetzes ansehen, gibt es westlich von Bakhmut zwei größere Siedlungen, die aber noch im Donbass liegen: Sloviansk und Kramatorsk. Und um diese größeren Städte einnehmen zu können, was er tun muss, um sein strategisches Ziel zu erreichen, muss er zuerst Bakhmut einnehmen."


Die Ukrainer in Bakhmut und anderswo sind waffentechnisch 10 zu 1 unterlegen:

    Der Krieg in der Ukraine hat sich zu einer erbitterten Schlacht entwickelt, die von der Artillerie dominiert wird, und die ukrainischen Streitkräfte operieren mit einem großen Nachteil: Russland hat eine zahlenmäßige Überlegenheit von 10 schweren Geschützen gegenüber jedem einzelnen, das Kiew zur Verfügung steht. Außerdem geht der Ukraine die Munition aus und sie benötigt dringend Nachschub an Granaten, wie die Regierung von Wolodymyr Zelenskij mitteilte.

    ...

    Nach Angaben der Europäischen Kommission, zu denen EL PAÍS Zugang hatte, feuert Russland täglich zwischen 40.000 und 50.000 Artilleriegranaten ab, während die ukrainischen Streitkräfte 5.000-6.000 ausgeben. Die estnische Regierung, die einen der größten Beiträge zu Kiews Kriegsanstrengungen geleistet hat, schätzt den durchschnittlichen Einsatz der Artillerie auf 20.000 bis 60.000 russische Geschosse pro Tag und 2.000 bis 7.000 ukrainische Geschosse. Dies geht aus einem Dokument hervor, das Tallinn an die EU-Mitgliedstaaten geschickt hat und zu dem diese Zeitung Zugang hatte. Diese Zahlen entsprechen zwischen 600.000 und 1,8 Millionen abgefeuerten russischen Granaten pro Monat, verglichen mit 60.000 bis 210.000 der ukrainischen Artillerie.


In den letzten sechs Wochen hat die russische Gegenbatterie-Kampagne zusätzlich etwa 500 ukrainische Haubitzen und Mehrfachraketenwerfer zerstört. Die russischen Lancet-Selbstmorddrohnen (Videos) haben einen großen Teil dieser Arbeit geleistet. Russland hat damit seinen eigenen Artillerievorteil noch weiter ausgebaut.


Da die Artillerie in jedem modernen Krieg die Haupttodesursache ist, bedeutet dies auch, dass die Verluste auf beiden Seiten in einem ähnlichen Verhältnis zur Anzahl der von jeder Seite abgefeuerten Waffen und Geschosse stehen werden.


In den letzten Wochen meldete das russische Verteidigungsministerium in seinem täglichen 'Klatschbericht' etwa 350-400 getötete ukrainische Soldaten pro Tag entlang der gesamten Frontlinie. Am Donnerstag stieg diese Zahl auf 640, blieb im Bericht vom Freitag bei 640 und stieg im heutigen Bericht auf 880. 490 davon wurden in der Region Bakhmut gemeldet.

Die BBC arbeitet mit anderen Organisationen zusammen, um jede Meldung über einen toten Soldaten in den russischen Lokalmedien zu zählen. Seit Beginn des Krieges hat sie insgesamt 16.000 identifiziert:

    Während des gesamten Jahres 2022 meldeten russische Quellen in der Regel etwa 250-300 Tote pro Woche, wobei sich die Zahl im Januar verdoppelte und im Februar wieder anstieg.

Die russische Quelle meldet pro Woche weniger Todesfälle als die ukrainische pro Tag. Das Verhältnis liegt wiederum bei etwa 10 Ukrainern für 1 Russen. Die Zahl der russischen Toten hat sich im Januar verdoppelt und ist im Februar weiter gestiegen, berichtet die BBC. Aber das Verhältnis von 10 zu 1 zwischen ukrainischen und russischen Toten wird immer noch dasselbe sein.

Ich sage schon seit einer Weile, dass Bakhmut operativ eingekesselt war. Die russische Artillerie konnte seine letzten Ein- und Ausgänge erreichen. Seit drei Tagen befindet sich Bakhmut in einer taktischen Umzingelung. Das russische Direktfeuer, d.h. Panzerkanonen und tragbare Panzerabwehrraketen, kann nun alle Nachschubwege von Bakhmut abdecken. Sie werden auf jedes Auto schießen, das versucht, dorthin zu fahren. Das ist einer der Gründe, warum die Zahl der gemeldeten Todesopfer so stark gestiegen ist.


Sollte die Ukraine beschließen, ihren Soldaten zu befehlen, in Bakhmut zu bleiben, wird die Stadt physisch eingekesselt sein. Alle Straßen werden nicht nur durch Feuer, sondern auch durch schwer bewaffnete russische Kontrollpunkte blockiert sein. Den ukrainischen Soldaten in Bakhmut, von denen sich anscheinend immer noch mehrere Tausend dort aufhalten, bleiben dann nur noch zwei Möglichkeiten: aufgeben oder sterben.


Geschrieben von b am 4. März 2023 um 16:49 UTC | Permalink

Quelle:https://www.moonofalabama.org/2023/03/bakhmut-strategic-or-not-is-falling.html
Übersetzung mit DeeplePro von seniora.org

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Kommentare (nur einige)

Das Traurige daran ist, dass die Soldaten, die in Bakhmut zurückgeblieben sind, wahrscheinlich unfreiwillig von der Straße geholt wurden... wann wird die Sache mit den chemischen Waffen unter falscher Flagge ihr hässliches Haupt erheben... der Westen ist abscheulich...
Geschrieben von: james | Mar 4 2023 17:10 utc | 2

Prigozine hat bereits auf seine Weise mitgeteilt, dass der humanitäre Korridor zum Verlassen von Bakhmut offen ist und die AFU ihn nutzen können, um ihr Leben zu retten. Das Angebot wird wahrscheinlich in 7-10 Tagen auslaufen.
Geschrieben von: W | Mar 4 2023 17:11 utc | 3

Bahkmut ist in der Tat strategisch wichtig, das kann man auf der Karte erkennen. Es bietet auch einige Höhen, um Artillerie zu stationieren, was wie Popasna vor einigen Monaten ein kreisförmiges Feld bietet, um Feuerkraft in einer für den Feind vorteilhaften Entfernung zu platzieren.
Chasiv yar hat ebenfalls Höhen, so dass es wahrscheinlich den Vorstoß nach Westen unterstützen wird. Danach wird sich der Schwerpunkt nach Norden verlagern, um Lyman nachhaltig zu halten und das Ostufer des Flusses (Oskil?) zu halten, der Luhansk bewacht.
Sobald Sie das geschafft haben, kann die südliche Front mit der bahkmut-Front zusammenarbeiten und die Voraussetzungen für tiefere Kampagnen schaffen.
Ja, Bahkmut ist in jeder Hinsicht der Schlüsselstein.
Geschrieben von: Neofeudalfuture | Mar 4 2023 17:12 utc | 4

Big Serge argumentiert hier, dass wir über den Winter keine große Offensive der regulären RU gesehen haben, weil ihre Brigaden mit zusätzlicher Infanterie auf Divisionsgröße erweitert wurden.
https://bigserge.substack.com/p/russo-ukrainian-war-schrodingers
Während die UA-Vertreter heute davon sprechen, dass Bakhmut "Zeit gekauft" hat, scheint es so, als ob Wagner in Wirklichkeit Zeit für die RUAF gekauft hat, um sich neu zu organisieren. Aber die "Frühjahrsoffensive" der UA wird vielleicht nicht abgeblasen. Obwohl sie Bakhmut umsonst verstärkt haben, haben sie zumindest ihre neuen Bradleys, Stryker und Leoparden nicht eingesetzt.
Geschrieben von: catdog | Mar 4 2023 17:15 utc | 5

Ich glaube nicht, dass diese Sache beendet werden kann, bis Russland alles nach Odessa und in einen Umkreis von 225 km bringt oder es zu massiven Veränderungen in DC/London, ihren 3LAs und den 3LAs-Medienhacks kommt. Nur dann gäbe es eine Atempause, um Verhandlungen zu ermöglichen.
Aber mit der volksfeindlichen Außenpolitik der Clinton/Cheney/Obama/Biden-Administration [Singular beabsichtigt] sind keine Verhandlungen möglich und die Ukraine muss ihre Bürger zur Belustigung der Eliten von DC/London auf den Boden des Kolosseums schicken.
Würden Sie Ihr Land verraten, nur um eine Villa in Miami zu bekommen? Was ein goldenes Zeitalter der Menschheit hätte sein können, hat sich in einen brennenden Scheiterhaufen aus Menschenfleisch verwandelt. Dass die Elite der Imperien dieses Spiel mitspielt, ist nicht verwunderlich, schließlich haben sie nichts Nützliches mit ihrem mageren Talent anzufangen, aber warum fallen die einfachen Leute immer wieder auf die gleiche alte Truppe herein?
Geschrieben von: S Brennan | Mar 4 2023 17:30 utc | 6

Das Schicksal Bahkmuts und seiner Garnisonseinheiten war in dem Moment besiegelt, als die letzte marginale, teilweise lebensfähige MSR unter die Kontrolle der RF geriet.

Weiter geht es nach Chasovoy Yar, Kupyansk usw., wo die Verteidigungslinien immer schwächer werden, weniger entwickelt sind und die Einheiten durch kontinuierliche, unhaltbare und immer kritischere Verknappung von Arbeitskräften, Waffen und logistischem Nachschub durch anhaltende, nachteilige Zermürbung und unerbittlichen Verlagerungsdruck ausgedünnt werden, die von der RF entlang der FEBA in Kontakt gehalten werden. Keine Atempause, immer kleiner werdende Reserven, die versuchen, die Lücken zu schließen und zerbrochene Bataillone/Brigaden, zusammen mit unzureichenden Rotationen außerhalb der Linie, noch Einheiten, die neu organisiert und verstärkt werden, sind nichts wert.

Die ständig abnehmende Kampfeffektivität/Kohäsionskraft/Fähigkeiten der AFU-Formationen setzen ihre Abwärtsspirale fort, auf einem einzigen Weg nach Walhalla oder zur Kapitulation. Keine imaginäre Gegenoffensive der AFU, kein mythisches Panzerkorps, das das Blatt wenden könnte.

Wie die fiktiven deutschen Zivilisten, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs den Reden von Goebbels lauschten ...
Geschrieben von: Outraged | Mar 4 2023 17:33 utc | 7


Info: https://seniora.org/politik-wirtschaft/bakhmut-strategisch-oder-nicht-faellt-bakhmut-strategic-or-not-is-falling?acm=3998_1674


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Appell "Meinungsfreiheit verteidigen" - unterschreiben Sie mit!

seniora.org, 05. März 2023

Deutschland befindet sich in einer tiefen Krise. Sanktionen und Wirtschaftskrieg, Aufrüstung und Kriegsbeteiligung, Corona- und Klimapolitik haben zu Inflation, Preissteigerung, Energiekrise und in deren Folge zu einem massiven sozialen Abstieg für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung geführt. Die politisch Verantwortlichen sind unfähig und unwillig, ihrer verfassungsmäßigen Pflicht, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden, sowie dem Friedensgebot des Grundgesetzes gerecht zu werden.


Weitergeleitete Nachricht: Meinungfreiheit verteidigen!

===================================================

Am 03.03.2023 um 20:34 schrieb Laura von Wimmersperg <laurawimmersperg@t-online.de>:

Laura Freiin v. Wimmersperg

Tel: 030-7823382
laurawimmersperg@t-online.de

Hans Bauer, Rechtsanwalt
h.bauer.ra@t-online.de


...wir sind Bürgerinnen und Bürger, die sich als Initiative "Meinungsfreiheit verteidigen" zusammengefunden haben. Wir gehören unterschiedlichen Parteien, Organisationen oder Vereinen an, handeln aber nicht in deren Auftrag oder Namen.

Die Tatsache, dass in letzter Zeit immer öfter politische Meinungsäußerungen Benachteiligungen bis hin zu juristischen Konsequenzen zur Folge haben, hat uns veranlasst, den beigefügten Appell zu initiieren.

Wir beabsichtigen den Appell den Medien zur Kenntnis zu geben und würden uns über Ihre Unterstützung freuen.

Für die Initiative
mit freundlichen Grüßen
Laura v. Wimmersperg
RA Hans Bauer


Im Fall Ihrer Unterstützung, bitten wir Sie Ihren Namen unten anzugeben und an die E-Mail-Adresse laurawimmersperg@t-online.de zurückzusenden. Falls Sie Fragen haben, können Sie auch gerne anrufen (siehe obige Telefonnummer).

Name: 

Ich unterstütze den hier folgenden Appell "Meinungsfreiheit verteidigen"
und stimme einer Veröffentlichung meines Namens zu.



Text des Appells (als PDF-Datei auch im Anhang)

Grundgesetz Artikel 5. (1):
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild
 frei zu äußern und zu verbreiten…

Meinungsfreiheit verteidigen!

Deutschland befindet sich in einer tiefen Krise. Sanktionen und Wirtschaftskrieg, Aufrüstung und Kriegsbeteiligung, Corona- und Klimapolitik haben zu Inflation, Preissteigerung, Energiekrise und in deren Folge zu einem massiven sozialen Abstieg für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung geführt. Die politisch Verantwortlichen sind unfähig und unwillig, ihrer verfassungsmäßigen Pflicht, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden, sowie dem Friedensgebot des Grundgesetzes gerecht zu werden.

Die Außenministerin verkündet eine deutsch-amerikanische „Führungspartnerschaft“ und der Wirtschaftsminister verspricht dem US-Präsidenten eine „dienende Führungsrolle“ im Kampf gegen Russland. Mit dem Ziel, Russland zu ruinieren, ruinieren sie das eigene Land. Als NATO-Mitglied und mit Führungsanspruch in der EU tragen Bundesregierung und Bundestag mit ihren Entscheidungen zur Eskalation der militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine bei und schüren mit Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet und mit Feindseligkeiten insbesondere gegen Russland die Konfrontation zwischen den Staaten. Diplomatische Wege zur Beendigung des Krieges und zur Lösung des Konflikts werden abgelehnt.

Diese Politik des wirtschaftlichen und sozialen Niedergangs geht einher mit einem weiteren Abbau demokratischer Rechte. Besonders betroffen sind die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, wie sie in Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert sind. Obwohl demokratische Mitbestimmung voraussetzt, dass sich jeder   – so auch verfassungsrechtlich entschieden   – „aus allgemeinen Quellen ungehindert unterrichten kann“, wird dieses Recht durch die mediale Dominanz der Regierungspolitik zunehmend eingeschränkt. Politiker verschweigen, negieren und verfälschen aktuelle und historische Tatsachen, die Russland zur Entscheidung vom 24. Februar 2022 veranlasst haben.

Abhängige, auch öffentlich-rechtliche Medien, verhindern eine allseitige Informiertheit und somit eine freie unabhängige Meinungsbildung. Desinformation und Manipulation der Bevölkerung bestimmen weitgehend die gegenwärtige Medienkultur. Wer die verordnete offizielle Meinung zum Ukraine-Krieg nicht teilt, kritisiert und dies öffentlich kundtut, wird diffamiert, bedroht und sanktioniert oder ausgegrenzt.

Wer sich für Solidarität und humanitäre Hilfe für die Menschen im Donbass einsetzt, wird medial diffamiert und unterliegt Sanktionen. Kritische Medien außerhalb des Mainstreams werden in ihrer journalistischen Arbeit durch behördliche Maßnahmen behindert. Russische Kulturschaffende und Wissenschaftler stehen unter Generalverdacht. Normale zwischenstaatliche Beziehungen zu Russland werden abgelehnt. Freundschaft mit Russen macht verdächtig. Das Zeigen sowjetischer und russischer Symbole und Freundschaftsbekundungen zur Russischen Föderation werden staatlich missbilligt oder gar verboten.

Andersdenkende werden kriminalisiert. So wurde der Berliner Friedensaktivist Heinrich Bücker, Betreiber des Coop Anti-War Café, wegen bloßer Meinungsäußerung vom Amtsgericht Tiergarten (Berlin) zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, vor allem auf Grund seiner Rede im Rahmen einer Friedens-Kundgebung am 22. Juni 2022 am sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park (Berlin) anlässlich des Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion. Kriminalisiert wird, wer die historische Entwicklung zum heutigen Konflikt aufzeigt, deren Wurzeln schon im Raub- und Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands gegen die UdSSR und in der Kollaboration ukrainischer Faschisten mit den deutschen Besatzern liegen. Kriminalisiert wird, wer den Einfluss der Nachfolgeformationen dieser Nazi-Kollaborateure auf die heutige Politik der ukrainischen Regierung benennt und sich mit den Beweggründen Russlands zur militärischen Intervention befasst.

Durch die Erweiterung des Strafrechts mit der neuen Fassung des §130 StGB wird die Gesinnungsjustiz noch verschärft.

In einer solchen Atmosphäre sind offene Debatten, der Austausch und die Darstellung unterschied­licher Auffassungen in Medien, Wissenschaft, Kunst, Kultur und anderen Bereichen kaum mehr möglich. Eine wirklich freie Meinungsbildung durch Abwägung von unterschiedlichen Argumenten ist ausgeschlossen. Voreingenommenheit und Unkenntnis, aber auch Einschüchterung, Angst, Selbstzensur und Heuchelei sind die Folgen. Mit der Würde des Menschen und der Freiheit der Persönlichkeit ist dies unvereinbar.

Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte fordern wir, dieser gefährlichen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Wir rufen dazu auf, die grundgesetzlich verbriefte Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit zu verteidigen, wo und wann immer sie eingeschränkt wird.


Info: https://seniora.org/politik-wirtschaft/deutschland/appell-meinungsfreiheit-verteidigen-unterschreiben-sie-mit?acm=3998_1673


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.03.2023

Das Valdai-Treffen: Wo Westasien auf Multipolarität trifft

seniora.org, vom 05. März 2023, Von Pepe Escobar März 04 2023  – thecradle.co

Auf dem Treffen des russischen Valdai-Clubs - der Antwort des Ostens auf Davos - trafen sich Intellektuelle und einflussreiche Persönlichkeiten, um die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen in Westasien zu erörtern.


Zitat: Die 12. "Nahost-Konferenz" im Valdai-Club in Moskau bot ein mehr als willkommenes Füllhorn an Ansichten über die miteinander verknüpften Sorgen und Nöte in der Region.


Bildnachweis: The Cradle


Doch zunächst ein wichtiges Wort zur Terminologie - wie nur einer der Valdai-Gäste sich die Mühe machte, zu betonen. Dies ist nicht der "Nahe Osten" - ein reduktionistischer, orientalistischer Begriff, den sich die alten Kolonialherren ausgedacht haben: Wir bei The Cradle betonen, dass die Region korrekt als Westasien bezeichnet werden muss.


Der offizielle Valdai-Bericht "The Middle East and The Future of Polycentric World" (Der Nahe Osten und die Zukunft der polyzentrischen Welt) hat einige der Schwierigkeiten und Probleme der Region aufgezeigt.  Aber auch das intellektuelle und politische Gewicht der Anwesenden kann wertvolle anekdotische Einblicke liefern. Hier sind einige der wichtigsten Aspekte, die die Teilnehmer zu den aktuellen und zukünftigen regionalen Entwicklungen hervorgehoben haben:

Der stellvertretende russische Außenminister Michail Bogdanow machte den Anfang, indem er betonte, dass die Politik des Kremls die Bildung eines "umfassenden regionalen Sicherheitssystems" fördert. Das ist genau das, was die Amerikaner im Dezember 2021 ablehnten, mit den Russen zu diskutieren, und dann auf Europa und den postsowjetischen Raum anwendeten. Das Ergebnis war ein Stellvertreterkrieg.


Kayhan Barzegar von der Islamic Azad University in Iran hat die beiden wichtigsten strategischen Entwicklungen in Westasien beschrieben: einen möglichen Rückzug der USA und eine Botschaft an die regionalen Verbündeten: "Ihr könnt nicht auf unsere Sicherheitsgarantien zählen."

Jeder Vektor - von der Rivalität im Südkaukasus bis zur israelischen Normalisierung mit dem Persischen Golf - ist dieser Logik untergeordnet, stellt Barzegar fest, wobei nicht wenige arabische Akteure endlich begreifen, dass es jetzt einen Spielraum gibt, um zwischen dem westlichen oder dem nicht-westlichen Block zu wählen.


Barzegar bezeichnet die iranisch-russischen Beziehungen nicht als strategisches Bündnis, sondern als geopolitischen, wirtschaftlichen Block, der auf Technologie und regionalen Lieferketten basiert - ein "neuer Algorithmus in der Politik" - von Waffendeals bis hin zu nuklearer und energiepolitischer Zusammenarbeit, angetrieben von Moskaus wiederbelebter Süd- und Ostorientierung. Und was die Beziehungen zwischen dem Iran und dem Westen angeht, so glaubt Barzegar immer noch, dass der Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), das Atomabkommen mit dem Iran, nicht tot ist. Zumindest noch nicht.


Niemand weiß, was diese Regeln sind

Der Ägypter Ramzy Ramzy, bis 2019 stellvertretender UN-Sondergesandter für Syrien, hält die Reaktivierung der Beziehungen zwischen Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu Syrien für die wichtigste Neuausrichtung, die derzeit in der Region stattfindet. Ganz zu schweigen von den Aussichten auf eine Aussöhnung zwischen Damaskus und Ankara. "Warum geschieht dies? Weil das regionale Sicherheitssystem mit der Gegenwart unzufrieden ist", erklärt Ramzy.

Doch selbst wenn die USA abdriften, "sind weder Russland noch China bereit, eine Führungsrolle zu übernehmen", sagt er. Gleichzeitig dürfe Syrien "nicht zum Opfer von Interventionen von außen werden". Das Erdbeben hat diese Annäherungen zumindest beschleunigt."

Bouthaina Shaaban, eine Sonderberaterin des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, ist eine bemerkenswerte Frau, feurig und offen. Ihre Anwesenheit bei Valdai war geradezu elektrisierend. Sie betonte: "Seit dem US-Krieg in Vietnam haben wir verloren, was wir als freie Medien erlebt haben. Die freie Presse ist tot." Gleichzeitig "hat der koloniale Westen seine Methoden geändert", indem er Kriege an Subunternehmer vergab und sich auf lokale fünfte Kolumnisten verließ.

Shaaban lieferte die beste Kurzdefinition der "regelbasierten internationalen Ordnung" überhaupt: "Niemand weiß, was diese Regeln sind und was diese Ordnung ist."

Sie betonte erneut, dass in dieser Zeit der Post-Globalisierung, die regionale Blöcke hervorbringt, die üblichen westlichen Einmischer es vorziehen, nichtstaatliche Akteure einzusetzen - wie in Syrien und im Iran - "die Einheimischen zu beauftragen, das zu tun, was die USA gerne tun würden."

Ein entscheidendes Beispiel ist die US-Militärbasis al-Tanf, die souveränes syrisches Territorium an zwei kritischen Grenzen besetzt. Shaaban bezeichnet die Einrichtung dieses Stützpunktes als "strategisch für die USA, um die regionale Zusammenarbeit an der Kreuzung zwischen Irak, Jordanien und Syrien zu verhindern." Washington weiß sehr wohl, was es tut: Ungehinderter Handel und Transport an der syrisch-irakischen Grenze sind eine wichtige Lebensader für die syrische Wirtschaft.


Shaaban erinnerte noch einmal daran, dass "alle politischen Fragen mit Palästina zusammenhängen", und brachte eine gesunde Portion düsteren Realismus ins Spiel: "Der Ostblock ist nicht in der Lage gewesen, mit der westlichen Darstellung Schritt zu halten."


Ein 'zweischichtiger Stellvertreterkrieg'

Cagri Erhan, Rektor der Altinbas Universität in der Türkei, bot eine recht griffige Definition eines Hegemons: derjenige, der die Lingua franca, die Währung, das rechtliche Umfeld und die Handelswege kontrolliert.


Erhan bezeichnet die derzeitige hegemoniale Situation des Westens als "zweischichtigen Stellvertreterkrieg", natürlich gegen Russland und China. Die Russen wurden von den USA als "offener Feind" definiert - eine große Bedrohung. Und wenn es um Westasien geht, herrscht immer noch der Stellvertreterkrieg: "Die USA ziehen sich also nicht zurück", sagt Erhan. Washington wird immer erwägen, die Region "strategisch gegen aufstrebende Mächte" einzusetzen.


Und wie sieht es mit den außenpolitischen Prioritäten der wichtigsten westasiatischen und nordafrikanischen Akteure aus?


Der algerische Politikjournalist Akram Kharief, Herausgeber des Online-Magazins MenaDefense, besteht darauf, dass Russland sich Algerien annähert, "das immer noch in der französischen Einflusssphäre liegt", und sich davor hütet, wie die Amerikaner versuchen, Moskau als "neue imperiale Bedrohung für Afrika" darzustellen.


Professor Hasan Unal von der Maltepe Universität in der Türkei machte deutlich, wie Ankara endlich "seine Verstrickungen im Nahen Osten [Westasien] losgeworden ist", während es sich zuvor "gegen alle gewandt hat".


Mittelgroße Mächte wie die Türkei, der Iran und Saudi-Arabien treten nun auf der politischen Bühne der Region in den Vordergrund. Unal stellt fest, dass "die Türkei und die USA in keiner für Ankara wichtigen Frage einer Meinung sind". Das erklärt sicherlich die Stärkung der türkisch-russischen Beziehungen - und ihr gegenseitiges Interesse, "vielschichtige Lösungen" für die Probleme der Region zu finden.


Zum einen vermittelt Russland aktiv bei der Annäherung zwischen der Türkei und Syrien. Unal bestätigte, dass der syrische und der türkische Außenminister bald persönlich in Moskau zusammentreffen werden, was das höchste direkte Treffen zwischen den beiden Nationen seit dem Ausbruch des Syrienkriegs darstellen wird. Und das wird den Weg für einen Dreiergipfel zwischen Assad, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan ebnen.


Beachten Sie, dass die großen regionalen Versöhnungen - wieder einmal - entweder in oder mit Beteiligung Moskaus stattfinden, das zu Recht als Hauptstadt der multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden kann.

In Bezug auf Zypern stellt Unal fest, dass "Russland nicht an einem vereinigten Staat interessiert wäre, der EU- und NATO-Gebiet wäre". Es ist also Zeit für "kreative Ideen: So wie die Türkei ihre Syrienpolitik ändert, sollte Russland seine Zypernpolitik ändern."

Dr. Gong Jiong vom israelischen Campus der chinesischen University of International Business and Economics hatte einen eingängigen Neologismus parat: die "Koalition der Unwilligen" - und beschrieb damit, dass "fast der gesamte Globale Süden die Sanktionen gegen Russland nicht unterstützt", und schon gar keiner der Akteure in Westasien.


Gong merkte an, dass der Handel zwischen China und Russland stark ansteigt - zum Teil als direkte Folge der westlichen Sanktionen - und dass die Amerikaner es sich zweimal überlegen müssten, ob sie Sanktionen gegen China verhängen. Der Handel zwischen Russland und China beläuft sich immerhin auf 200 Milliarden Dollar pro Jahr, während der Handel zwischen den USA und China satte 700 Milliarden Dollar pro Jahr beträgt.


Der Druck auf das "Neutralitätslager" wird ohnehin nicht nachlassen. Was die "schweigende Mehrheit der Welt", wie Gong sie definiert, braucht, ist "eine Allianz". Er beschreibt den chinesischen 12-Punkte-Friedensplan für die Ukraine als "eine Reihe von Prinzipien" - Pekings Basis für ernsthafte Verhandlungen: "Dies ist der erste Schritt."


Es wird kein neues Jalta geben

Die Valdai-Debatten haben einmal mehr deutlich gemacht, dass Russland der einzige Akteur ist, der in der Lage ist, auf alle westasiatischen Akteure zuzugehen und ihnen aufmerksam und respektvoll zuzuhören.


Anwar Abdul-Hadi, Direktor der politischen Abteilung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und offizieller Gesandter der PLO in Damaskus, fasste die Gründe für die derzeitige geopolitische Lage zusammen: "Ein neues Jalta oder ein neuer Weltkrieg? Sie [der Westen] haben sich für den Krieg entschieden."


Und dennoch, während sich immer neue geopolitische und geoökonomische Verwerfungslinien herausbilden, scheint es, als ob Westasien etwas "Großes" vor sich sieht. Dieses Gefühl war auf der Valdai-Konferenz spürbar.


Um Yeats zu paraphrasieren und ihn auf das junge, turbulente 21. Jahrhundert zu übertragen: "Welche raue Bestie, deren Stunde endlich gekommen ist, schleicht sich an die Wiege [der Zivilisation], um geboren zu werden?


Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die von The Cradle wider.


Pepe Escobar

Quelle: https://thecradle.co/article-view/22167/the-valdai-meeting-where-west-asia-meets-multipolarity


Mit freundlicher Genehmigung von thecradle.co
Übersetzung mit deeplePro von seniora.org


Info: https://seniora.org/politik-wirtschaft/das-valdai-treffen-wo-westasien-auf-multipolaritaet-trifft?acm=3998_1672

07.03.2023

Norddeutsche Konferenz in Bremen fordert Offensive für Frieden und soziale Gerechtigkeit – jetzt!

aus e-mail von <bremer.friedensforum@gmx.de>, 6. März 2023, 17:22 Uhr
Kurzbericht Konferenz und Ostermarsch Bremen sowie Termine


Bremen. 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hamburg, Hannover, Kiel, Bremerhaven, Soltau, Rotenburg/Wümme, Oldenburg, Emden, Bremen und weiteren Orten nahmen an der Konferenz norddeutscher Gruppen der Friedensbewegung am 25. Februar 2023 in Bremen in der Andreas-Gemeinde teil, zeitgleich mit der Berliner Kundgebung vor dem Brandenburger Tor #aufstandfuerfrieden.


Fotobericht (wird noch ergänzt):


https://www.bremerfriedensforum.de/1533/aktuelles/Norddeutsche-Konferenz-in-Bremen-fordert-Offensive-fuer-Frieden-und-soziale-Gerechtigkeit-jetzt/


Das Bremer Regionalfernsehen "Buten & Binnen (NDR/RB 3. Programm) hatte am 25. Februar seine Sendung mit diesem Beitrag begonnen:


https://www.butenunbinnen.de/videos/friedensdemo-berlin-wagenknecht-schwarzer-bremen-100.html


Ostermarsch Bremen (Flyer im Anhang)


https://www.friedenskooperative.de/termine/ostermarsch-2023-in-bremen


Weitere Termine:


* Termine aus der Friedensbewegung: 

https://www.friedenskooperative.de/termine

* Weitere Informationen aus der Friedensbewegung: https://friedensratschlag.de/

* Regelmäßige Termine in Bremen und Bremen-Nord:

+ Jeden Donnerstag, 17 bis 18 Uhr, Friedens-Mahnwache Bremer Friedensforum, Marktplatz Bremen

+ Jeden dritten Freitag im Monat, 12 bis 13 Uhr, Mahnwache gegen die Rüstungshochburg Bremen an der Domsheide (vor "Kapitel 8")

+ Jeden Dienstag, von 10.45 bis 12.30 Uhr, Fußgängerzone in der Gerhard-Rohlfs-Straße, Friedensmahnwache mit Plakaten und Transparenten

+ Jeden Freitag, 17 Uhr, Kundgebung der "Nordbremer Bürger gegen den Krieg", Bremen-Vegesack, Gerhard-Rohlfs-Straße/Breite Straße


Bremen: Ausstellung KUTAIBA MAMOU Obsession, Verletzbarkeit und die Schatten des Krieges, HAUS DER SYRISCHEN KUNST, Wachtstraße 27-29, AUSSTELLUNGSDAUER bis 27. Mai 2023 | ÖFFNUNGSZEITEN DI - FR 13 - 17 Uhr, SA 11 - 17 Uhr

>

 https://www.takla-stiftung.org


Freitag, 10. März, 17 Uhr, Ecke Breite Staße / Gerhard-Rohlfs-Straße,

1.050. Freitags-Friedenskundgebung der Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg mit Eva Böller (Bremer Friedensforum)


Samstag, 11. März, 13 Uhr, Hauptbahnhof Bremen, Friedensdemonstration, Veranstalter: Bremer Bündnis für Frieden

>

 https://www.aufstehen-bremen.org/index.php/theme-styles/ag-frieden/1111-friedensdemonstration-in-der-bremer-innenstadt-am-11-maerz


Samstag, 18. März, 14:30 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz 4, 28203 Bremen, „Agrarwirtschaft und Ernährungssicherheit in Cuba“, Referenten: Prof. Osvaldo Romero, Zuckertechnologe und Chemie-Ingenieur aus Cuba, und …
… ernähren kann? Welche Rolle spielt die Öko-Landwirtschaft? Wie kann Cuba mit dem Klimawandel umgehen? Wie schädigt die US-Blockade die Entwicklung Cubas? Die Referate werden in deutscher Sprache gehalten.>

 https://www.netzwerk-cuba.org/event/bremen-agrarwirtschaft-und-ernaehrungssicherheit/


Montag, 20. März, 19 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz 4, 28203 Bremen, Prof. Dr. Manfred O. Hinz, Bremen, Der Völkermord an den Herero und Nama – Ein deutsches Kolonialverbrechen und der lange Kampf um die Anerkennung der Schuld,

Veranstalter: Masch Bremen (Forum für Politik und Kultur e.V.) und Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz)

>> https://masch-bremen.de/2023-03-20-prof-manfred-o-hinz/


Donnerstag, 23. März, 19 Uhr, Bremen, Übersee-Museum (am Hauptbahnhof), "Den Schmerz Der Anderen Begreifen. Holocaust Und Weltgedächtnis", Vortrag von Charlotte Wiedemann mit anschließender Diskussion; Veranstaltet von: Deutsch-Palästinensische Gesellschaft Bremen e.V., Israelisches Komitee gegen Hauszerstörung (ICAHD), AK Nahost Bremen, Bremer Friedensforum, Kairos Palästina Solidaritätsnetz Gruppe Bremen; biz (Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung)

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 http://nahost-forum-bremen.de/?ai1ec_event=charlotte-wiedemann-den-schmerz-der-anderen-begreifen-holocaust-und-weltgedaechtnis&instance_id=63


6. bis 10. April, Ostermärsche der Friedensbewegung

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 https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2023


Samstag, 8. April, Ostermarsch Bremen, 11 Uhr, Auftakt am "Friedenstunnel", 12 Uhr Kundgebung Marktplatz mit Eugen Drewermann

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 https://www.friedenskooperative.de/termine/ostermarsch-2023-in-bremen


Freitag/Samstag, 28./29. April, Bremen, Vereinigte Ev. Gemeinde Bremen-Neustadt, Gemeindezentrum Zion, Kornstraße 31, 28201 Bremen, Strategiekonferenz der (bundesweiten) Kooperation für den Frieden in …
… tun? Beginn am Freitag, 28. April, um 18 Uhr, um 20 Uhr das Kulturprogramm mit dem Bremer Playbacktheater. Ende am Samstag, 29. April, ca. 16:30 Uhr; Einladungen und Programm sind Kürze bei uns erhältlich.>

 https://www.friedenskooperative.de/termine/optionen-fuer-eine-kooperative-globale-sicherheitsarchitektur


Samstag, 6. Mai, Bahnstation Munster, im Planungsstadium: Demonstration durch den größten Bundeswehr-Heeresstandort, Ansprechpartner Heinz-Dieter (Charly) Braun (Friedensaktion Lüneburger Heide), charly_schule@yahoo.de


Samstag, 10. Juni, 11.55 Uhr, Haupttor Fliegerhorst Wunstorf, Demonstration 5 vor 12 gegen Nato-Manöver Air Defender 23, Ansprechpartner Gerhard Biederbeck (Friedensinitiative Neustadt/Wunstorf),http://ger.bie @t-online.de


18. bis 25. Juni, Ramstein/Steinwenden – Friedenswoche: Soziale Sicherheit statt Krieg!

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 https://www.stoppramstein.de/


Viele Grüße


Ekkehard Lentz

Sprecher

Bremer Friedensforum


07.03.2023

Die NATO am Pazifik (II)     Südkoreas Präsident verzichtet auf Entschädigungen aus Japan für Weltkriegsverbrechen, um den Schulterschluss des Westens gegen China zu ermöglichen. Bundeswehr übt mit Einheiten aus Südkorea.

german-foreign-policy.com, 7. März 2023

BRÜSSEL/SEOUL (Eigener Bericht) – Zugunsten einer engeren, auch militärischen Kooperation mit dem Westen kündigt Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol einen Verzicht auf japanische Entschädigung für Okkupationsverbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg an. Wie Yoon gestern mitteilte, will er eine Stiftung gründen, die mit südkoreanischen Geldern Zwangsarbeiter entschädigt, die bis 1945 von japanischen Konzernen ausgebeutet wurden. Der Plan stößt in Südkorea auf breiten Protest, wird aber im Westen mit Wohlwollen beobachtet: Er bereitet den Weg für einen gemeinsamen Schulterschluss der transatlantischen Mächte mit Japan und mit Südkorea gegen China. Seoul ist – wie auch Tokio – bereits seit Jahren dabei, seine Zusammenarbeit mit der NATO zu intensivieren; so nimmt Yoon an NATO-Gipfeln teil, die südkoreanischen Streitkräfte planen die Beteiligung an Manövern des transatlantischen Militärbündnisses. Auch die Bundeswehr führt regelmäßig gemeinsame Kriegsübungen mit südkoreanischen Soldaten durch, seit die Fregatte Bayern 2021/22 ihre erste Asien-Pazifik-Fahrt durchführte. Südkorea steigert dabei seinen Militärhaushalt – aktuell um 6,8 Prozent. Am stärksten treibt Japan die Militarisierung der Region.


Zitat: Partners across the globe

Die NATO hat bereits 2005 begonnen, ihre Beziehungen zu Südkorea auszubauen. Damals empfing sie in ihrem Brüsseler Hauptquartier den südkoreanischen Außenminister und späteren UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, mit dem sie über eine engere Zusammenarbeit verhandelte. Seit dem NATO-Gipfel im April 2008 in Bukarest stuft das Militärbündnis Südkorea explizit als einen seiner „partners across the globe“ ein. Von 2010 bis 2013 nahm das Land am NATO-Einsatz in Afghanistan teil; später eskortierten zeitweise Kriegsschiffe der südkoreanischen Marine in Kooperation mit der NATO Handelsschiffe am Horn von Afrika.[1] Im Jahr 2012 unterzeichneten Südkorea und die NATO ein Individual Partnership and Cooperation Programme (IPCP), das sie 2017 erneuerten. 2020 nahm Südkorea zum ersten Mal an einem NATO-Außenministertreffen teil – gemeinsam mit Japan, Australien, Neuseeland, Finnland und Schweden. Beim Madrider NATO-Gipfel im Juni 2022 war Seoul erstmals mit seinem Präsidenten, Yoon Suk-yeol, vertreten. Yoon wird auch beim NATO-Gipfel am 11./12. Juli 2023 in der litauischen Hauptstadt Vilnius erwartet. Seit November ist Südkorea zudem mit einer eigenen Vertretung am Sitz der NATO in Brüssel präsent.


Gemeinsame Manöver

Um den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit zu besprechen, hielt sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Ende Januar zwei Tage in Seoul auf. Nach Gesprächen mit Präsident Yoon und Außenminister Park Jin teilte er mit, man wolle unter anderem in puncto Cyberabwehr enger kooperieren.[2] Bereits jetzt beteiligt sich Südkorea an den Aktivitäten des NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence (CCDCOE), das in der estnischen Hauptstadt Tallinn angesiedelt ist und die NATO-Mitglieder in der Cyberabwehr unterstützt; eingebunden sind weitere Länder, darunter die Ukraine und die offiziell noch neutralen Staaten Österreich und Schweiz. Südkorea nahm auch am NATO-Cybermanöver Exercise Cyber Coalition 2022 teil. Mitte Februar besprach eine NATO-Delegation in Seoul eine Beteiligung südkoreanischer Militärs an weiteren NATO-Manövern.[3] Aktuell dringt das Militärbündnis zudem darauf, dass Südkorea Waffen in die Ukraine liefert. Seoul hat daran kein Interesse, da es die Spannungen in seinem Verhältnis zu Russland nicht mutwillig verschärfen will. Für die NATO wiederum wären Waffenlieferungen aus Südkorea in die Ukraine genau deshalb vorteilhaft: Sie würden das Land noch enger an das transatlantische Militärbündnis binden.


„Universelle Werte“

Als wünschenswert gilt aus Sicht des Westens und insbesondere der Vereinigten Staaten neben einer möglichst weit reichenden Annäherung Südkoreas an die NATO auch eine enge Militärkooperation des Landes mit Japan, um eine fest geschlossene Front gegen China aufzubauen. Dem steht schon seit Jahren Japans Weigerung im Weg, für seine Verbrechen in der Zeit seiner Kolonialherrschaft über Korea (1905 bis 1945) endlich Entschädigungen zu zahlen; dies gilt für Koreanerinnen, die zur Prostitution gezwungen wurden, genauso wie für Zwangsarbeiter in japanischen Betrieben. Südkoreas seit Mai 2022 amtierender Präsident Yoon Suk-yeol ist – nicht zuletzt auf US-Druck – bestrebt, eine Annäherung zwischen Tokio und Seoul um nahezu jeden Preis durchzusetzen. Am 1. März, dem Tag der koreanischen Unabhängigkeitsbewegung, behauptete Yoon, Japan habe sich „von einem militaristischen Aggressor der Vergangenheit in einen Partner umgewandelt, der dieselben universellen Werte mit uns teilt“.[4] Gestern hat Yoon zudem die Gründung einer Stiftung vorgeschlagen, die früheren südkoreanischen Zwangsarbeitern japanischer Konzerne Entschädigung zahlen soll. Finanziert werden soll die Stiftung offenbar vor allem von Südkorea. Der Plan stieß gestern in Südkorea auf breiten Protest.[5]


Aufrüstung in Ostasien

Eine offizielle Beendigung der Spannungen zwischen Japan und Südkorea wäre auch für die Bundesregierung überaus vorteilhaft. Berlin baut seit geraumer Zeit seine außen- und militärpolitische Zusammenarbeit mit Tokio aus. Seit April 2021 kommen die Außen- und Verteidigungsminister beider Staaten regelmäßig zu sogenannten 2+2-Konsultationen zusammen, zuletzt am 3. November. Das Format gewährleistet eine engere Verschmelzung der klassischen Außenpolitik mit den Planungen der Militärs. Auch Japan intensiviert zudem die Kooperation mit der NATO. Zuletzt hielt sich NATO-Generalsekretär Stoltenberg unmittelbar nach seinem Besuch in Seoul in Tokio auf. Darüber hinaus rüstet Japan gewaltig auf. Ministerpräsident Fumio Kishida will den japanischen Militärhaushalt im kommenden Fünfjahreszeitraum um 56 Prozent auf rund 318 Milliarden US-Dollar erhöhen; damit leistet sich Japan den drittgrößten Wehretat weltweit. Die japanischen Streitkräfte sollen zudem – in Abkehr von ihrer offiziell fortbestehenden Beschränkung auf Selbstverteidigung – die Fähigkeit entwickeln, „Gegenschläge“ auf feindliches Territorium durchzuführen; das richtet sich faktisch direkt gegen China (german-foreign-policy.com berichtete [6]). Nicht ganz so massiv, aber dennoch stark rüstet aus Südkorea auf. Aktuell ist eine jährliche Ausweitung des Rüstungshaushalts um 6,8 Prozent geplant.[7] Präsident Yoon hat zudem eine Debatte über eine mögliche nukleare Bewaffnung Südkoreas ausgelöst.[8]


Gegen China

Ein Beispiel für die Bedeutung, die Berlin einer Militärkooperation mit Tokio und zugleich mit Seoul beimisst, bietet die Ausgestaltung der neuen deutschen Asien-Pazifik-Manöver, die im August 2021 mit der Entsendung der Fregatte Bayern begonnen haben, im vergangenen Jahr unter anderem mit der Entsendung eines Luftwaffengeschwaders nach Australien fortgesetzt wurden und in diesem Sommer mit der Teilnahme von Soldaten des Deutschen Heeres an einem Großmanöver weitergeführt werden, das gleichfalls in Australien stattfindet. Bereits die Fregatte Bayern war nicht nur in Tokio, sondern auch im südkoreanischen Busan vor Anker gegangen.[9] Die Luftwaffe hatte in Australien gemeinsam mit japanischen und südkoreanischen Soldaten geübt sowie anschließend Kurzbesuche nicht nur in Japan, sondern auch in Südkorea folgen lassen.[10] Auch an Talisman Sabre 2023, dem Großmanöver, das von Juli bis August im Nordwesten Australiens stattfindet, werden neben deutschen Soldaten auch Einheiten aus Japan und Südkorea teilnehmen.[11] Dass an allen Kriegsübungen auch die US-Streitkräfte beteiligt waren, versteht sich fast von selbst. Die gegen die Volksrepublik China gerichtete Front des Westens in Ostasien schweißt sich immer enger zusammen.

 

Mehr zum Thema: Die NATO am Pazifik.

 

[1] Relations with the Republic of Korea. nato.int 10.02.2023.

[2] Secretary General stresses value of NATO’s global partnerships in visit to Republic of Korea. nato.int 30.01.2023.

[3] NATO military delegation at staff talks with Partner, Republic of Korea. nato.int 17.02.2023.

[4] Mitch Shin: South Korean President Calls Japan ‘Partner’ on Independence Day. thediplomat.com 01.03.2023.

[5] Südkorea will Streit mit Japan über ehemalige Zwangsarbeiter beilegen – Opposition übt scharfe Kritik. handelsblatt.com 06.03.2023.

[6] S. dazu Die Militarisierung der ersten Inselkette.

[7] South Korea Unveils 2023-2027 Mid-term Defense Plan. navalnews.com 26.01.2023.

[8] Kim atomar Kontra geben? tagesschau.de 11.02.2023.

[9] S. dazu Mit der Luftwaffe an den Pazifik.

[10] S. dazu Die zweite Front der Bundeswehr.

[11] S. dazu Das Deutsche Heer am Pazifik.


Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9184

06.03.2023

Warum viele Deutsche Russlandversteher sind und die Russen im Krieg still halten

berliner-zeitung.de, vom 05.03.2023 | aktualisiert am 06.03.2023 - 06:38 Uhr,

Die Historikerin Botakoz Kassymbekova hat eine höchst erhellende Perspektive auf Deutschland sowie auf Russland und dessen imperiale und rassistische Natur.


Die Historikerin Botakoz Kassymbekova.Sabine Gudath


Den Deutschen werden wir es zeigen, sei der Tenor in Russland. So hat es die aus Kasachstan stammende Historikerin Botakoz Kassymbekova bei ihrem letzten Besuch erlebt. „Auf nach Berlin“ heißt es auf Auto-Aufklebern. Und die Deutschen hätten den Zweiten Weltkrieg nicht ordentlich aufgearbeitet, daher ihr fortwährendes Bemühen, Russland zu verstehen. 

Frau Kassymbekova, Sie beschäftigen sich mit dem Thema Imperialismus im Zarenreich und in der Sowjetunion und ziehen eine Verbindung zur Gegenwart. Worin besteht diese?

Die Besiedlung eroberter Gebiete mit Russen, um das Gebiet als russisch zu deklarieren, ist alte russische Kolonialpolitik, die schon im 16. Jahrhundert praktiziert wurde. Auch wurde mit Hilfe von Sprache und Kultur russifiziert, um eroberte Territorien als russisch zu beanspruchen. Puschkin wurde im 19. Jahrhundert ins Exil auf die Krim geschickt, und er verankerte die Halbinsel in der russischen Imagination literarisch als russischen Ort. Als die Sowjetunion zerfiel, erklärte Michail Gorbatschow 1989 in einem persönlichen Gespräch mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush, dass die baltischen Staaten sich nicht von der Sowjetunion trennen könnten, da in Estland und Lettland zu 50 Prozent Russen lebten. Er sprach auch von Russen in der Ukraine und Kasachstan und nannte diese Länder russische Minderheitenregionen, nicht einmal Republiken.


Und Putin macht es genauso?

Putin greift auf diese alte russische Strategie zurück: Besiedlung durch Russen für territoriale Kontrolle und Anspruch auf das Territorium derjenigen Nachbarländer, die sich Russland politisch nicht unterwerfen. Nach altem Muster argumentiert er mit der russischen Sprache und Bevölkerung. Unter Putin hat man seit der Annexion der Krim 2014 Hunderttausende Russen dort angesiedelt, um jetzt sagen zu können, die Krim sei russisch. Dabei hat die Regierung bei der Mobilisierung im Krieg gegen die Ukraine auf der Krim hauptsächlich Krimtataren mobilisiert, um deren Zahl zu verkleinern. Diese sind wegen des Genozids im Jahr 1944, als Stalin die ganze krimtatarische und griechische Bevölkerung nach Zentralasien deportieren ließ, ohnehin eine kleine Minderheit. Im aktuellen Krieg wird die ethnische Säuberung durch die überproportionale Mobilisierung von Vertretern nationaler Minderheiten weitergeführt. Die Ansiedlung von Russen und ethnische Säuberungen innerhalb der indigenen Bevölkerung haben eine lange Geschichte.

Aber der Kommunismus sollte doch jede Form der Unterdrückung beenden, auch koloniale Unterdrückung.

Darauf haben viele gehofft. Aber auch die Sowjetunion war ein Imperium. Vielen Historikern galt sie allerdings als eine Art gutes Imperium. Vor allem Wissenschaftlern, denen es darum ging, den Kapitalismus zu kritisieren. Sie stellten die Sowjetunion als antikoloniale Macht dar. Dabei blendeten sie vieles aus. Gewalt zum Beispiel.


Gilt das auch für die westliche akademische Welt?

Ja, viele haben das Imperiale gar nicht bemerkt, denn die meisten Wissenschaftler waren vor allem in Moskau und höchstens noch Leningrad/Petersburg unterwegs, schon weil dort die Archive konzentriert sind. Wenn sie in Georgien oder Zentralasien geforscht haben, lernten sie in den seltensten Fällen die lokalen Sprachen und reproduzierten stattdessen russische Narrative. Die Unterdrückung von Kulturen wurde ausgeblendet oder in eine Fortschrittserzählung verwandelt. Und wenn man schaut, wer aus der ehemaligen Sowjetunion an westlichen Universitäten russische Geschichte unterrichtet und darüber publiziert, dann sind das meistens Menschen aus Moskau und Petersburg. Ukrainische, kasachische oder tschetschenische Stimmen dagegen werden kaum gehört. Russische Wissenschaftler gelten oft als Experten für ganz Osteuropa und sogar für Zentralasien und den Kaukasus, sie werden als solche eingeladen und gehört, dabei haben sie einen kolonialen Blick auf diese Regionen. Wissenschaftler von dort werden dagegen nie eingeladen, um über Russland zu sprechen, obwohl sie Russland aus einer ganz anderen Perspektive kennen. Die akademische Welt reproduziert oft koloniale Hierarchien.


Infobox imageprivat

Zur Person

Botakoz Kassymbekova, gebürtige Kasachin, lehrt Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel. Sie hat an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert, an der University of Essex und der American University Central Asia studiert. Sie forscht zur Sowjetisierung Zentralasiens, zum russischen Kolonialismus, dem Alltag in der Sowjetunion, dem Stalinismus und dessen Aufarbeitung.


Info: https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/botakoz-kassymbekova-ukraine-krieg-warum-so-viele-deutsche-russland-versteher-sind-li.320550


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

06.03.2023

Zuspitzung im Nahost-Konflikt:  Am Kipppunkt

taz.de, vom 4.3.2023, 10:01  Uhr, Ein Artikel von Judith Poppe

Es brennt in den besetzten Gebieten. Ein Besuch in der jüdischen Siedlung Yitzhar und dem Dorf Huwara, in dem es gerade heftige Ausschreitungen gab.

Zitat: Rauchwolken hängen am Nachthimmel über dem palästinensischen Dorf Huwara, Dutzende Häuser und Autos stehen in Flammen. So ist es kurz darauf auf Fotos in den sozialen Medien zu sehen. Geschäfte brennen, Steine fliegen in dieser Nacht. Ein Palästinenser wird getötet, Hunderte werden verletzt.

Am vergangenen Sonntag hatte zunächst ein Palästinenser zwei Israelis in Huwara getötet, Siedler aus einer nahe gelegenen Siedlung, die im Auto die Hauptstraße entlangfuhren. Wenige Stunden später dringt eine Gruppe israelischer Sied­le­r*in­nen in das Dorf ein, um Rache zu nehmen. Die Armee greift erst spät in der Nacht ein.

„Ich habe solche Angst um meine Familie“, schreibt per Whatsapp Shadeen Saleem, die wir zwei Wochen zuvor in Huwara getroffen haben: „Meine Brüder und meine Eltern sind in unserem Haus, Siedler greifen sie an.“ Saleem ist während des Angriffs nicht zu Hause, sie studiert im nahe gelegenen Nablus, doch die Stadt ist vom israelischen Militär abgeriegelt. Saleem hat keine Chance, zu ihrer Familie durchzukommen.

Während Huwara brennt, tanzen nicht weit entfernt auf einem Hügel ein Dutzend Siedler*innen, Schulter an Schulter. In dieser Nacht haben sie einen neuen Außenposten besetzt. Der Knessetabgeordnete Zvi Sukkot ist einer von ihnen. „Tänze der Liebe zum Land. Tränen des Schmerzes und der Hoffnung vermischen sich“, schreibt er zu dem Video auf Twitter.

Zwei Wochen zuvor liegen diese Ereignisse noch in der Zukunft – doch im Rückblick kann man sagen, sie standen schon wie Zeichen an der Wand.

„Schade, dass es bewölkt ist“, sagt Zvi Sukkot und blickt Richtung Westen zum Mittelmeer: „Normalerweise kann man bis Netanja sehen.“ Er steht vor seinem Büro auf dem höchsten Punkt der Siedlung Yitzhar, auf der Spitze des Hügels. Von dem weißen Container aus hat er eine Rundumsicht auf das, was er „unser Land“ nennt.


Die jüdische Siedlung Yitzhar im Westjordanland Foto: Victorine Alisse

Er zeigt auf das Mittelmeer und Tel Aviv, dann dreht er sich im Halbkreis. Seine Hand gleitet über das Westjordanland hinweg, über arabische Dörfer, auch über Huwara. Über weitere jüdische Siedlungen, bis sein Zeigefinger auf der Grenze nach Jordanien ruht. Eine imperiale Geste, könnte man meinen, doch dafür ist sein Blick zu kritisch, seine Bewegung zu vorsichtig. Er gleicht eher einem Wächter, der sich in Abwesenheit des Besitzers um dessen Land sorgt.

Sukkot trägt Schläfenlocken und Tzitziot, weiße Fäden, die religiöse Juden an den Oberteilen befestigen und an den Seiten der Hosen entlangfallen lassen. Auf dem Kopf hat er eine gehäkelte Kippa, Markenzeichen der Siedler.


Steile Karriere in der Politik

Er ist erst 32 Jahre alt und hat eine steile Karriere hingelegt: Zwei Tage nach dem Interview wird er für die rechtsextreme Partei Religiöser Zionismus als Nachrücker in die Knesset einziehen. Ihr Programm sieht unter anderem die Annexion von Land für Siedlungen im Westjordanland, die Ausweisung von Geflüchteten und eine Entmachtung des Obersten Gerichtshofs vor.

In Sitzungszeiten wird er von nun an in der Knesset sein, den Rest der Zeit in seinem Büro in Yitzhar arbeiten – einem Büro, das sich nach internationalem Recht illegal dort auf der Hügelspitze befindet: Es liegt in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Im Westjordanland war das vergangene Jahr das blutigste seit dem Ende der Zweiten Intifada. 2022 starben mehr als 150 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen durch israelische Sicherheitskräfte und Zivilist*innen. Siebzehn Israelis wurden bei Anschlägen von Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen getötet. Im Jahr 2023 sind allein in den ersten zwei Monaten bereits 61 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen von israelischen Sicherheitskräften getötet worden.


Zvi Sukkot ist Siedler in Yitzhar – und seit Kurzem Knessetabgeordneter Foto: Victorine Alisse

Der CIA und israelische Sicherheitsapparate warnen, dass eine dritte Intifada bevorstehen könnte. Noch gibt es keinen Aufruf der großen palästinensischen Fraktionen dazu. Doch viele sorgen sich, dass die neue rechtsextrem-religiöse Regierung Israels den Konflikt zwischen Sied­le­r*in­nen und Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen weiter anheizt.

Zvi Sukkot schließt die Tür zu seinem Containerbüro auf. Seine Zusage zu dem Interview kam prompt – anders als die meisten radikalen Sied­le­r*in­nen ist er bereit, mit den Medien zu sprechen. Die Welt sei gegen die Siedler*innen, sagt er, er will das Image verbessern.

Jüdische Israelis haben unterschiedliche Gründe, in eine Siedlung zu ziehen. Die meisten Sied­le­r*in­nen leben in Pendlerstädten in der Nähe zum Kernland Israel oder in Ostjerusalem. Viele ziehen wegen der günstigen Mieten und der Lebensqualität dorthin. Aber wer nach Yitzhar zieht, macht das, um das Versprechen Gottes einzulösen: Dieses Land wurde den Jü­d*in­nen von Gott versprochen, komplett, inklusive des Westjordanlandes – davon sind die Be­woh­ne­r*in­nen Yitzhars überzeugt. Etwa 2.000 radikale Sied­le­r*in­nen leben hier.

Bezalel Smotrich, Chef der Partei Religiöser Zionismus und neuer Finanzminister, war einmal in seinem Büro, erzählt Sukkot. Beide waren in der Hilltop-Jugend aktiv – hier sammeln sich junge extremistische Siedler*innen, die Gewalt für ein legitimes Mittel halten, und die sogenannte Außenposten im Westjordanland errichten, die auch nach israelischem Recht illegal sind. Die Hilltop-Jugend ist überzeugt davon, dass die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen aus den palästinensischen Gebieten vertrieben werden müssen.

Für Sukkot ist die Hilltop-Jugend eine Gruppe junger Menschen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Gottes Versprechen einzulösen: die Besiedlung von Eretz Israel, dem gelobten Land. Dazu gibt es Lagerfeuer auf den Hügeln des Westjordanlandes, Zusammengehörigkeitsgefühl und Pioniergeist.

Bis vor Kurzem waren die extremistischen Sied­le­r*in­nen die Outlaws der israelischen Gesellschaft, die Troublemaker unter den 500.000 Siedler*innen, die mittlerweile im besetzten Westjordanland leben. Nun lenken sie die Geschicke des Landes mit.

Judäa und Samaria

Shaden Saleem kommt aus Huwara und studiert im nahen Nablus Foto: Victorine Alisse

Benjamin Netanjahu hat die radikalen Siedlerparteien hoffähig gemacht und ihnen in den Koalitionsvereinbarungen weitreichende Zugeständnisse eingeräumt. Er, der derzeit in drei Korruptionsfällen vor Gericht steht, will vor allem eins: nicht ins Gefängnis. Immunität versprechen ihm seine Bündnispartner. Und die wissen, wie erpressbar Netanjahu ist. Zum ersten Mal in der Geschichte Israels steht das „exklusive und unbestreitbare Recht auf alle Teile des Landes“ in der Koalitionsvereinbarung, auch auf „Judäa und Samaria“ – die biblischen Namen für das besetzte Westjordanland.

Aus einem Haufen grüner T-Shirts, die in einer Ecke seines Büros liegen, zieht Sukkot eines hervor. „Mein Herz brennt für Josef“, steht darauf. Zurückkehren zu können an das Grab des jüdischen Stammvaters Josef – auch das ist eines der Ziele von Sukkot. Derzeit dürfen jüdische Israelis nur mit Spezialgenehmigung dorthin, an den Stadtrand von Nablus: Für Israelis gilt die palästinensische Stadt als Terrornest, für Palästinenser als eine Zentrale des Widerstands. „Manchmal lassen sie uns dorthin“, sagt Sukkot. Dann werden sie vom Militär eskortiert, es kommt dabei regelmäßig zu heftigen Zusammenstößen.

„Es kann doch nicht sein, dass wir uns nicht überall in unserem Land bewegen dürfen“, sagt Sukkot. Der Ort ist für ihn nicht nur in religiöser und politischer Hinsicht wichtig, auch privat. Im Oktober 2000, kurz nach dem Beginn der Zweiten Intifada, wurde der Vater seiner heutigen Frau am Josefsgrab von Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen getötet. Man fand ihn erschossen am Stadtrand von Nablus. Sukkots Frau war damals acht Jahre alt. Im Wohnzimmer über einem Bücherregal hängt ein Bild von ihrem Vater. Ein Mann mit spitzem Bart und Nickelbrille liest in der Bibel. Er war Rabbiner und 36 Jahre alt, als er starb. Mehr erzählt Sukkot dazu nicht.

Bis Juden im ganzen biblischen Israel ohne Einschrän­kungen leben können, werde er kämpfen, sagt Zvi Sukkot. Seine Partei ist nun Teil der israelischen Regierung

Fragen nach Gefühlen scheinen ihm nicht zu behagen. Überhaupt private Fragen. „Mh?“, antwortet er, scheinbar abgelenkt, und kaut seinen Kaugummi fester. Über seine Eltern ist wenig aus ihm herauszukriegen: Er ist in einem ultraorthodoxen Elternhaus aufgewachsen. Damit ist das Thema erledigt.

Politische Fragen beantwortet er geduldig, mehr oder weniger freundlich. „Als Knessetabgeordneter will ich dafür sorgen, dass alle Terroristen entweder im Knast oder tot sind“, sagt Sukkot. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist für ihn eine Terrororganisation. In anliegende palästinensische Städte und Dörfer fahre er nicht. „Die wollen uns umbringen.“

Zvi Sukkot sorgt sich um seine fünf Töchter. Seine Waffe liegt auf dem Nachttisch in seinem Schlafzimmer. Wenn er die Siedlung verlässt, trägt er sie am Gürtel. Doch die besetzten Gebiete zu verlassen und seine Kinder in einer weniger konfliktgeladenen Gegend aufzuziehen, kommt für ihn nicht infrage.

Für ihn wäre das Verrat, und Verrat – oder das, was er dafür hält – hat ihn nach Yitzhar gebracht. Sukkot war 15, als die israelische Armee nach dem Abkoppelungsplan des damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon die Sied­le­r*in­nen aus den Siedlungen im Gazastreifen evakuierte. Sukkot konnte nicht fassen, was er im Fernsehen sah: Soldaten, die ihre Landsleute aus ihren Häusern trugen und in Tränen ausbrachen. Bulldozer, die Häuser zerstörten, Männer, die ihre Haare rauften und zum Himmel beteten, Frauen, die mit ihren Babys im Arm von Soldaten aus den Häusern eskortiert wurden – für sie viel mehr als eine Bleibe. Der Inbegriff dessen, woran sie glaubten und wofür sie kämpften: Gott zu gehorchen, sein Erbe anzunehmen.

„Sie haben unser Land einfach der Hamas überlassen“, sagt Sukkot. Noch heute spürt man die Wut darüber in ihm. Nach diesem Ereignis beschloss er, seinen Weg zu ändern: Aus dem ultraorthodoxen Studenten wurde ein nationalreligiöser Zionist. Er schloss sich der Hilltop-Jugend an und zog nach Yitzhar.


Ausgebrannte Autos in Huwara am Tag nach den Ausschreitungen Foto: Ammar Awad/reuters

In den palästinensischen Dörfern um Yitzhar herum fürchten Bauern um ihre Olivenhaine und Gläubige um ihre Moscheen. Yitzhar ist bekannt für sogenannte Preisschildaktionen. Preisschild, weil die Siedler diese Aktionen als Vergeltung für palästinensische Gewalt betrachten.

Zvi Sukkot stand schon vor Gericht, wegen des Verdachts, an einer solchen Aktion beteiligt gewesen zu sein. Ihm wurde vorgeworfen, als 20-Jähriger im Dezember 2009 gemeinsam mit anderen Hilltop-Jugendlichen eine Moschee in einem palästinensischen Dorf angezündet zu haben. Aus Mangel an Beweisen wurde er jedoch freigelassen. Wegen Aktionen gegen israelische Sicherheitskräfte und Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen blieb Sukkot aber im Visier des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet.

An seiner Ideologie hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert. Möglicherweise aber an der Form. Er gibt sich versöhnlicher. Wenn vor der Knesset Zehntausende gegen die Justizreform protestieren, mit der unter anderem der Oberste Gerichtshof entmachtet werden soll, spricht er mit ihnen, twittert, dass er ihre Sorgen ernst nehme, diese aber unberechtigt seien.

„Selbstjustiz darf nicht sein“, sagt er, wenn man ihn fragt, was er von Siedlergewalt gegen Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen halte. Aber der Vergleich sei schief. Auf der einen Seite stünden die Palästinenser*innen, die den Staat Israel zerstören wollten. Auf der anderen Seite nur eine Handvoll Leute.

Bis Jü­d*in­nen ohne Einschränkung im ganzen biblischen Israel leben können, werde er kämpfen. Er blickt über die steinige Hügellandschaft. Ob die Regierung das umsetzen wird, was er als seinen Traum bezeichnet? „Es gibt viele, die uns Steine in den Weg legen“, sagt Sukkot. „Aber Schritt für Schritt werden wir dahin kommen.“ Dann lächelt er und verabschiedet sich. Bald beginnt der Schabbat.

Ein paar Hundert Meter unterhalb von Yitzhar liegt das palästinensische Huwara. Shaden Saleem steht dort am Rand eines kleinen Vergnügungsparks. Das Riesenrad steht still. Bewegungslos hängen die Gondeln in der Luft. Auch das Karussell dreht sich nicht. Vor sechs Monaten habe der Besitzer alles geschlossen, erzählt Saleem. Die Siedler hätten das Gelände immer wieder angegriffen, Steine auf die Gondeln geworfen. Bis keine Gäste mehr kamen.

Immer wieder blickt Saleem den Hügel hinauf, über den steinigen Boden mit seinen Olivenbäumen und schmalen Zypressen hinweg in Richtung Yitzhar.

Wenige Meter entfernt, auf der anderen Straßenseite, hängen verkohlte Dachbalken über einer Terrasse. Das Café dort ist abgebrannt. An einem Morgen im Oktober 2022 hatten Siedler es angezündet. Verletzt wurde niemand. „Es kamen schon lange keine Gäste mehr in das Café“, sagt Shaden Saleem, „aus Angst vor den Siedlern“.

Saleem studiert Englische Literatur und Übersetzung an der Universität in Nablus, nur wenige Autominuten von Huwara entfernt. Sie hat Angst, zu lange an dem Café zu verweilen. „Sie kommen, wenn sie uns hier sehen“, ruft sie. „Wir müssen weiter.“ Sie steigt von einer kleinen Mauer, streicht über ihr Kopftuch und zieht den Wintermantel enger. Dann winkt sie uns Richtung Auto. Ein Stacheldrahtzaun zieht sich an der Straße entlang ins Zentrum des Dorfs. Vor Kurzem habe ihn jemand zum Schutz vor Angriffen hier angebracht. Ob er helfe? Saleem schüttelt den Kopf. „Sie kommen trotzdem.“

Fast alle Häuser, die an der Straße am Stacheldrahtzaun entlang stehen, sind von Siedlergewalt betroffen. Ein zweistöckiges Familienhaus hat keine Fensterscheiben in der oberen Etage. „Der Besitzer hat aufgegeben“, sagt Saleem. Immer wieder seien die Scheiben eingeworfen worden.

Auch Saleem selbst wurde schon angegriffen. Im Oktober ging sie mit ihrer Schwester die Hauptstraße entlang, erzählt sie, als ihr Siedler vom Auto aus Pfefferspray ins Gesicht sprühten. Sie wurde im Krankenhaus behandelt. Seitdem hat sie Angst, allein das Haus zu verlassen. Wenn sie einen Siedler sieht, schreckt sie zusammen. Aber sie versuche, ihre Angst zu überwinden, sagt sie.

Huwara ist seit Langem ein Brennpunkt der Gewalt im Westjordanland. Es ist einer der wenigen palästinensischen Orte, durch die Israelis regelmäßig fahren, um Siedlungen im nördlichen Westjordanland zu erreichen.

Saleem ist zwanzig Jahre alt und zierlich. Sie liebt es, mit ausländischen Gästen zu sprechen. Sie kann dann ihr Englisch trainieren und gleichzeitig über „die Sache der Palästinenser“ reden.

Nur wenn die Sprache auf Israel kommt, wird sie einsilbig. Israelis, die keine Sied­le­r*in­nen oder Sol­da­t*in­nen sind, kennt sie durch die Trennungspolitik nicht. Keine Gleichaltrigen, die nur wenige Kilometer von ihr entfernt leben und vielleicht den gleichen Traum haben wie sie: Übersetzerin und Hochschuldozentin zu werden.

Bei einem Haus etwas außerhalb von Huwara steigen wir aus dem Auto. „Wann auch immer die Siedler kommen – sie gehen niemals, ohne dieses Haus anzugreifen.“ Die obere Etage ist nicht fertig gebaut, aus den Außenwänden ragen Eisenstangen. „Salaam“, ruft ein Junge, der sich als Ibrahim vorstellt. Er ist 13 Jahre alt. Ibrahim führt uns Richtung Olivenhain: „Von hier kommen sie.“ Dann läuft er zurück und öffnet die Haustür, seine Mutter und zwei Brüder, der 23-jährige Abdallah und der 19-jährige Ahmed, sitzen im Wohnzimmer. Ihr Nachname soll nicht genannt werden.

Ihr Vater besitzt eine Autowerkstatt, Ahmed und Abdallah arbeiten dort. Oft geht es in ihren Erzählungen darum, dass sie die Autos davor bewahren wollen, beschädigt zu werden. Manchmal kämen die Siedler, kurz nachdem es einen Anschlag auf Israelis gegeben hat, oft sei es aber willkürlich, erzählen sie.

Ob die Angriffe schlimmer geworden sind seit Antritt der neuen Regierung? Die Mutter wirft die Arme in die Luft, die Brüder nicken heftig. Vor einer Woche seien sie wieder dagewesen, erzählen sie. Männer mit schwarzen Masken warfen Steine auf das Haus. Abdullah und Ahmed liefen auf das Dach und warfen Steine zurück. Kurz darauf begannen die Siedler zu schießen.

Abdullah und Ahmed haben keine Waffe. „Wir dürfen keine besitzen“, sagt Abdullah. Im Westjordanland gibt es zwei Rechtssysteme. Eines gilt für die Siedler*innen. Für die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen aber gilt das Militärrecht. Demzufolge ist das Tragen einer Waffe ein krimineller Akt. Das heißt nicht, dass es keine Waffen hier gibt. Einige auf dem Schwarzmarkt kommen aus Nachbarländern, andere sind aus dem Arsenal der israelischen Armee gestohlen. Dem israelischen Sicherheitsapparat bereiten die Waffen Sorgen. Viele Anschläge der letzten Monate haben Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen mit Schusswaffen verübt.

In der Regel interessieren sich die meisten Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen nur wenig für israelische Innenpolitik. Doch Itamar Ben Gvir, der neue rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, hat es geschafft, sie in Alarmstimmung zu versetzen. Auch Ahmed und Abdullah sind gut über seine Pläne informiert. Zum Beispiel darüber, dass Ben Gvir es für Sol­da­t*in­nen erleichtern will, das Feuer zu eröffnen. Oder dass er für Israelis das Genehmigungsverfahren für Waffenscheine beschleunigt hat. Seitdem ist die Zahl der neu ausgestellten Waffenscheine um das Fünffache angestiegen.

Ahmed und Abdullah wollen nicht zur Waffe greifen. Sie hängen an ihrem Leben. Aber bei dem Namen „Die Höhle des Löwen“ hellen sich ihre Gesichter auf. Im August 2022 wurde die militante Gruppe in Nablus gegründet. Unter Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen hat sie mit ihren Anschlägen auf israelisches Militär und Sied­le­r*in­nen im Westjordanland schnell an Beliebtheit gewonnen. Es sind vor allem junge Männer um die 20.

„Sie verteidigen unser Land“, sagt Abdullah. Indirekt dürften auch viele der Anschläge auf Zi­vi­lis­t*in­nen innerhalb Israels auf das Konto der „Höhle des Löwen“ gehen. Über die sozialen Medien dürften sie manche dazu motiviert haben.

Als zwei Wochen nach dem Besuch ein Palästinenser in Huwara zwei Israelis erschießt, soll er ein T-Shirt mit den Insignien der Gruppe getragen haben. Wenige Stunden später setzen Sied­le­r*in­nen den Ort in Brand. Viele sprechen von einem Pogrom. Am Mittwoch fordert der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich, Huwara müsse „ausradiert werden“. Der Staat Israel müsse das aber tun, nicht Privatleute.

Am Freitag hindert das israelische Militär dann linke israelische Ak­ti­vis­t*in­nen daran, eine Solidaritätskundgebung in Huwara abzuhalten. Soldaten sollen den Ak­ti­vis­t*in­nen den Weg blockiert haben.

Bei unserem Besuch liegt diese Eskalation noch in der Zukunft. Ibrahim bringt zum Abschied Schokoriegel für alle. Haben sie jemals daran gedacht, hier wegzuziehen? „Wohin?“, sagt die Mutter. Dann lächelt sie und begleitet uns zur Tür.


Info: https://taz.de/Zuspitzung-im-Nahost-Konflikt/!5917262

06.03.2023

Scholz in Washington Das russische Fernsehen über Onkel Joe und Klein-Olaf

anti-spiegel.ru, 6. März 2023 04:00 UhrDer USA-Besuch von Bundeskanzler Scholz war auch in russischen Medien ein wichtiges Thema, allerdings war die Sicht darauf eine andere als in deutschen Medien.


Dieser USA-Besuch von Bundeskanzler Scholz war wohl eine Premiere. Ich jedenfalls kann mich nicht daran erinnern, dass ein deutscher Kanzler (oder Kanzlerin) jemals ohne seine Berater und ohne Journalisten zum US-Präsidenten geflogen ist. Der Grund dafür könnte sein, dass man „dumme Fragen“ von Journalisten vermeiden wollte, denn eine Wiederholung der Situation, in der Scholz mit betretenem Gesicht und hilflosem Stammeln vor etwas über einem Jahr, als US-Präsident Biden neben Scholz stehend offen das Ende für die Nord Streams versprochen hatte, wollte man wohl vermeiden. Also am besten gar keine Presse beim Washington-Besuch des Bundeskanzlers.


Der USA-Besuch von Scholz war zwar das wichtigste, aber nicht das einzige Thema, über das der Deutschland-Korrespondent in seinem Bericht für den wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens berichtet habe und ich habe den Bericht, wie fast jede Woche, übersetzt.


Beginn der Übersetzung:

Details der Beziehung von „Onkel“ Biden und dem „Buben“ Scholz

Während des Besuchs bei Biden saß Scholz in geschlossener Haltung: Die Beine eng beieinander, die Arme vor dem Körper verschränkt. Das ist etwas aus dem Bereich des Unbewussten. Psychologen würden sagen, dieser Mann traut seinem Gesprächspartner nicht, innerlich ist er anderer Meinung. Ansonsten ist er natürlich sehr glücklich.


„Ich schätze die sehr gute Zusammenarbeit zwischen uns, unseren Regierungen der USA, Deutschlands und Europas sehr. Und die transatlantische Partnerschaft, die heute wirklich sehr gut ist, das ist weitgehend Ihrer Führung zu verdanken. Deshalb freue ich mich sehr, hier zu sein und mit Ihnen zu sprechen“, sagte Olaf Scholz.


Er hätte zum Beispiel über die Abrams sprechen und Biden fragen können, wo die der Ukraine versprochenen amerikanische Panzer sind, die die Vorbedingung für die Lieferung deutscher Panzer waren. Oder waren sie das nicht? Anfang dieser Woche bestätigte US-Präsidentenberater Sullivan, dass das Weiße Haus zugestimmt hatte, Abrams zu schicken, aber nicht, um das Versprechen zu erfüllen, sondern um Deutschland dazu zu bewegen, Leoparden zu schicken. Gleichzeitig bestreitet der deutsche Regierungssprecher Hebestreit, dass Berlin diese Bedingung für die Entsendung von Panzern in die Ukraine gestellt hat.


Einer von beiden lügt. Wohl eher Hebestreit, denn die Deutschen wollen nicht als diejenigen dastehen, die zynisch benutzt wurden. Aber was tun, bei einer solchen Freundschaft?

„Ich möchte Dir, Olaf, für Deine entschlossene und zuversichtliche Führung danken. Ich sage das ganz ehrlich. Ich würde sagen, dass neben der militärischen Unterstützung auch die moralische Unterstützung, die Du den Ukrainern gegeben hast, tiefgreifend war. Und Du hast im eigenen Land einen historischen Wandel ermöglicht, indem Du die Verteidigungsausgaben erhöht und die russischen Energieträger diversifiziert hast. Ich weiß, dass das nicht einfach war, es war sehr schwierig für Dich“, sagte Biden.


Die Diversifizierung der Quellen war schwierig, aber die Amerikaner haben geholfen. Wie Biden bei ihrem letzten Treffen im Weißen Haus am 7. Februar letzten Jahres versprochen hatte, sind die Nord Streams zu Ende. Eine Gruppe europäischer Wissenschaftler hat letzte Woche einen Bericht über die Umweltschäden veröffentlicht, die durch die Terroranschläge auf die Pipelines entstanden sind: Bei den vier Explosionen wurden schätzungsweise 250.000 Tonnen Erde vom Meeresboden aufgewirbelt. Im Umkreis von vier Kilometern wurde die gesamte Tierwelt abgetötet und sie wurde im Umkreis von 50 Kilometern stark beeinträchtigt. Gleichzeitig wurden Hunderttausende von Kubikmetern eines Treibhausgasgemischs in die Atmosphäre freigesetzt. Und das Schlimmste: Die Explosionen wirbelten den Boden auf, der bereits mit chemischen Giften verseucht war, die im letzten Jahrhundert in der Ostsee versenkt worden waren.


„Natürlich haben das die USA getan. Es ist in ihrem Interesse. Jetzt können sie Gas zu einem Preis nach Europa verkaufen, der drei bis vier Mal höher ist als in den USA. Das ist eine Art Wirtschaftsterrorismus“, sagt Jan Oberg, Mitbegründer der Transnationalen Stiftung für Friedens- und Zukunftsstudien.


„Wo zum Teufel sind diese Greta Thunberg und all diese Umweltaktivisten? Warum sagt Greta Thunberg nichts über die von den USA organisierte Sprengung der Nord Streams?“, empört sich George Galway, Publizist und Vorsitzender der britischen Workers Party.


Wenn man Scholz glaubt, dass die Alliierten gemeinsam handeln, dann war er wohl eingeweiht, bevor das passiert ist. Aber es gab niemanden, der eine Diskussion über das so sensible Thema begonnen hätte, denn um so etwas wie eine Konfrontation zu verhindern, nahm der Kanzler diesmal keine Journalisten mit nach Washington, damit sie keine Fragen stellen konnten. Und die amerikanischen Medien kann man sehr leicht ignorieren, weil sie immer alles zu einer Farce machen. 18 Stunden hin und zurück in der Luft für zwei Stunden im Weißen Haus. Der Kanzler scheint den sicheren Telefonleitungen nicht genug zu trauen, um sie für die Gespräche über die Ukraine zu nutzen.


Sie war das einzige bestätigte Gesprächsthema. Das Kiewer Regime soll vom Westen so viel Unterstützung erhalten, wie es braucht. Allerdings verbirgt sich für Berlin hinter dieser bis zum Erbrechen wiederholten These die wichtigste Frage: Was soll Deutschland tun, wenn China beginnt, Russland offensichtlicher zu unterstützen? Ja, die deutsche Regierung versucht, ihre Abhängigkeit vom Handel mit China zu verringern, was auch als offizielle Politik festgehalten wurde. Deutschland sucht verzweifelt nach neuen Partnern in Asien. Scholz war gerade in Indien, aber es gab keine Resultate, überhaupt sind überall sehr düstere Perspektiven.


Aber die 300 Milliarden Dollar im Handel mit China sind immer noch da. China ist Deutschlands weltweit wichtigster Wirtschaftspartner. Wie kann man den verlieren? Biden konnte Scholz das natürlich nicht sagen, er konnte sich nur die Sorgen anhören. Als nächstes passiert wahrscheinlich das gleiche, wie mit den früheren deutschen Sorgen über die Energiepartnerschaft mit Russland oder über die Abwerbung deutscher Industrien in die USA: Die Amerikaner werden die Wünsche der Deutschen nicht berücksichtigen, denn sie müssen alles geben. Und bisher klappt das.


„Unsere Streitkräfte sind nicht verteidigungsfähig, sie können keinen offensiven, brutalen Krieg abwehren“, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius. Letzte Woche hat er den völligen Verfall des deutschen Militärs konstatiert. Wo sind die hundert Milliarden Euro, die die Regierung Scholz noch im Juni letzten Jahres für die Modernisierung der Bundeswehr versprochen hatte? Pistorius hätte kaum so dramatisch geklungen, wenn ihre Verwendung in der Armee auch nur ansatzweise spürbar wäre. Die große Neuigkeit ist, dass der Konzern Rheinmetall in Gesprächen über den Bau einer Panzerfabrik ist, die 400 Panzer pro Jahr produzieren soll. Dabei geht es sich nicht um den Leopard, sondern um den neuesten Panther, der erst vor ein paar Jahren vorgestellt wurde. Und es ist geplant, diese Fabrik in der Ukraine zu bauen, um den Bedarf der ukrainischen Streitkräfte zu decken.


Wahrscheinlich hat das jetzt Priorität, aber man dürfe sich selbst nicht vergessen, drängte die CDU-Opposition Scholz: „Wir müssen Sicherheit in Europa für die nächsten Jahrzehnte nicht mit Russland, sondern vor Russland aufbauen. Und dafür, Herr Bundeskanzler, müssen Entscheidungen getroffen, und nicht nur Regierungserklärungen abgegeben werden.“


Die Financial Times schreibt, dass die deutschen Waffenarsenale wegen der Munitionslieferungen in die Ukraine völlig erschöpft sind. Allein 20 Milliarden Euro werden benötigt, um sie wieder aufzufüllen, während gleichzeitig Munition am Fließband an die Ostfront geschickt werden muss. Mit anderen Worten: Es geht um Dutzende Milliarden. Hinzu kommt, dass Deutschland laut „Bild“ nun völlig ungeschützt vor Luftangriffen ist, denn die gesamte deutsche Luftabwehr wurde in die Ukraine verlegt. Auch das sind Milliarden, und Entschuldigungen gelten nicht: die Alliierten erwarten, dass Europas Wirtschaftsmotor militärisch voll durchstartet.


„Wir werden unsere Streitkräfte und unsere Militärindustrie auf Jahre im Voraus anpassen müssen, um die große Herausforderung annehmen zu können“, betont der lettischer Ministerpräsident Krišjānis Kariņš.


Natürlich ist es lächerlich, vom lettischen Ministerpräsidenten etwas über Industrie zu hören, aber am Wesentlichen ändert das nichts: Mit der Entscheidung, Panzer zu liefern, hat Scholz Deutschland auf einen Weg getrieben, aus dem es nicht raus kann. Und es gibt keinen Rückwärtsgang, nur den Vorwärtsgang. Die Dynamik ist übrigens beeindruckend.


„2021 konnten wir mit einem Schuldendienst von vier Milliarden Euro abschließen, 2023 werden wir einen Schuldendienst von 40 Milliarden Euro haben“, sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner. Das wird noch mehr, denn es gibt keine andere Möglichkeit, als das Land in die Verschuldung zu treiben. Und das vor dem Hintergrund der steigenden Inflation. Sie liegt im Februar bei 8,7 Prozent.


In Berlin haben diese Woche Studenten protestiert. Normalerweise haben junge Leute ihr Studium mit einem Nebenjob kombiniert, was ausreichte, um Kleidung zu kaufen, zu essen und die Miete zu bezahlen, aber jetzt kommen sie nicht mehr über die Runden, denn Vermieter verlangen von Neumietern exorbitante Preise. Anfang der Woche streikte das Personal an den zwei großen Flughäfen in Köln und Düsseldorf, 300 Flüge wurden abgesagt. Am Freitag kamen in München alle öffentlichen Verkehrsmittel zum Stillstand, weil die Mitarbeiter eine Lohnerhöhung mindestens in Höhe der Inflationsrate fordern. Aber es ist kein Geld da. Nicht dafür.


Aber die Menschen sehen, dass für die Ukraine Geld da ist. Und in der Zukunft wäre es logisch, zu erwarten, dass sich gewerkschaftliche und pazifistische Gruppen zusammenschließen. In München, Nürnberg und Köln fanden Demonstrationen gegen Waffenlieferungen an Kiew statt. Wohl zum ersten Mal seit dem „heißen Herbst“ 1983 marschierten mehrere tausend Menschen vor die Tore des amerikanischen Stützpunktes Ramstein.


„Wir glauben, dass alles, was jetzt in Europa passiert, nämlich die Kriegstreiberei, der Krieg in der Ukraine, das sind alles Themen, die auf der US-Agenda stehen, auch die Ereignisse auf dem Maidan und acht Jahre Bürgerkrieg in der Ukraine, das ist das Ergebnis transatlantischer Einflussnahme“, sagt ein Demonstrant.


Die Hälfte der Deutschen hält die Waffenlieferungen an die Ukraine für einen Fehler der Regierung Scholz. Politisch wird diese Ansicht derzeit jedoch nur von der Linken und der AfD vertreten, zwei kleinen Parteien an entgegengesetzten Enden des Spektrums, was jede Koordinierung zwischen ihnen unmöglich macht.


„Wer ein Ende des Krieges will, ist kein Verschwörungstheoretiker oder Putin-Anhänger. Wer Friedensgespräche fordert, will Tod und Leid in der Ukraine beenden und eine atomare Eskalation verhindern. Die Jagd auf diejenigen, die den Kurs der Bundesregierung für falsch halten, muss aufhören“, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag Dietmar Bartsch.

„In diesem Krieg gibt es nur einen Gewinner. Und dieser Gewinner sind die USA. Wie oft war dieses Land in den letzten Jahren am Rande des Bankrotts? Und wie reagieren wir hier in Europa? Wir finanzieren mit unseren Steuergeldern das amerikanische Lend-Lease zur Verteidigung der Ukraine und gleichzeitig einen Krieg auf unserem eigenen Kontinent“, betont der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla.


Sie klingen ähnlich, aber es gibt in Deutschland keine innenpolitische Kraft, um Scholz zu korrigieren. Aber es gibt jemanden von außen, der den Weg weist. Der große Bruder ist wieder da, ironisiert das Magazin Stern, das auf seinem Titelbild den großen Biden zeigt, der den kleinen Scholz an der Hand hat. Aber ist das nur ein Bruder oder ein erwachsener Onkel, der den kleinen Jungen irgendwohin führt…?


Interessant ist, dass der Onkel nicht einmal einen Schokoriegel braucht, um den Jungen zu verführen. Alles ist einvernehmlich. Die deutschen Eliten, abgesehen von der Linken und der AfD, sind sich sicher, dass sie aus eigenem Antrieb handeln und das Richtige tun. Dabei gibt es sehr viele Signale dafür, dass dieser Weg nicht zum Guten führt, zumindest wird Deutschland aus der Krise sehr geschwächt hervorgehen. Man bekommt das Gefühl, dass die deutschen Politiker mit dieser Zuversicht versuchen, das ebenso starke Gefühl des Untergangs zu überspielen.

Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/das-russische-fernsehen-ueber-onkel-joe-und-klein-olaf


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

06.03.2023

Würzburg: Eine Städtepartnerschaft mit Lwow oder die Kunst des Vergessens

freeassange.rtde.live, 5 Mär. 2023 09:03 Uhr, Von Dagmar Henn

Man drückt in Deutschland gerne mal ein Auge zu bei SS-Runen auf ukrainischen Helmen oder Hitlergrüßen von Panzern und Lkw; auch die Symbolik von Asow übergeht man gern. Um die Bandera-Hochburg Lwow zur Partnerstadt zu machen, muss man aber beide Augen schließen. Fest.


Pogrom in Lwow, vermutlich 1. Juli 1941 (Archivbild)



Info: Wenn es eine Stadt gibt, die den ukrainischen Nazismus symbolisiert, dann ist das Lwow. Die westukrainische Stadt war nicht nur der Ort eines blutigen Pogroms gewesen, mit dem die Truppen der Bandera-Anhänger ihre Tätigkeit als Hilfstruppen der Naziwehrmacht begonnen hatten; sie ist auch heute der Ort, an dem die Verehrung dieser Hilfstruppen am weitesten getrieben wird, eine Stadt, die sich mit Denkmälern für Stepan Bandera schmückt.


Meta streicht ukrainisches Nationalistenregiment Asow von der Liste der gefährlichen Organisationen




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Und seit einigen Tagen ist Lwow offiziell Partnerstadt der deutschen Stadt Würzburg. Bürgermeister Christian Schuchardt (CDU) ist extra dorthin gereist, um die Dokumente zu unterzeichnen. "Aus Sicherheitsgründen war nur ein kleiner Personenkreis in die Reisepläne eingeweiht", berichtete darüber der Bayerische Rundfunk, als läge Lwow nicht über 700 Kilometer von der Frontlinie entfernt.


Am Abend besuchte das Würzburger Stadtoberhaupt noch den Friedhof der Stadt; genauer gesagt das neue Gräberfeld für die Gefallenen. Die Lokalzeitung Mainpost zitiert aus seiner Rede: "Ich kann Ihnen versichern, dass die Bevölkerung der Stadt Würzburg und auch unser ganzes Land zu Ihnen steht." Etwa jedes dritte dieser neuen Gräber ist mit zwei Fahnen geschmückt, der ukrainischen und der schwarz-roten des Rechten Sektors, und im Hintergrund ist eine Strahlerbatterie aufgebaut, deren Lichtfinger doch sehr an Leni Riefenstahl erinnern. Aber dem Würzburger OB ist vermutlich nicht einmal die Bandera-Statue in der Innenstadt aufgefallen.


Die Geschichte dieser Stadt ist auf der Seite der Stadt Würzburg gründlich weißgewaschen. "Die Stadt, die an der Kreuzung zweier profitabler Handelsrouten liegt, entwickelte und blühte schnell und wurde zu einem der wichtigsten Handelszentren des mittelalterlichen Europas. Später verwandelte sich Lwow in eine moderne Hauptstadt des wissenschaftlichen, architektonischen, spirituellen und künstlerischen Lebens und hat seither eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Demokratie und dem Kampf für die Unabhängigkeit der Ukraine eingenommen." War da etwas?

Ja. Die "wichtige Rolle" beim "Kampf für die Unabhängigkeit der Ukraine" kann man auf den Fotos vom Sommer 1941 genauer betrachten. Lwow/Lemberg hatte damals 312.000 Einwohner gehabt; knapp die Hälfte davon waren Polen gewesen, ein Drittel Juden und nur 16 Prozent Ukrainer. Durch Flüchtlinge aus dem von den Nazis besetzten Polen war die jüdische Bevölkerung auf schätzungsweise 160.000 angewachsen.


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Als die Wehrmacht zusammen mit dem aus ukrainischen Nationalisten gebildeten Bataillon Nachtigall in der Stadt eingezogen war, hatte ein tagelanges Massaker begonnen, an dem sich auch die ukrainische Bevölkerung beteiligt hatte. Bereits Ende Juli war es zum nächsten Pogrom gekommen, nach dem Tod des ukrainischen Nationalisten Simon Petljura. Die Zahl der Opfer kann bis heute nicht genau beziffert werden; insgesamt dürften es aber zusammen mit den im Stadion der Stadt durch die Wehrmacht hingerichteten über 10.000 sein.


Die Wehrmachtseinheit, die in Lwow einmarschiert war, war übrigens die erste Gebirgsjäger-Division gewesen, mit dem Edelweiß als Kennzeichen, das erst vor wenigen Tagen vom ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij für eine westukrainische Einheit übernommen wurde, als "Auszeichnung". Ein Edelweiß, das für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Galiziens steht.


Die jüdische Bevölkerung von Lwow war in der Folge erst in ein Ghetto gesperrt und dann ins Vernichtungslager Belzec deportiert worden. Die Spuren dieses Lagers waren noch 1943 weitgehend getilgt worden; dafür waren sogar die Toten exhumiert worden. Als die Rote Armee am 26. Juli 1944 Lwow befreite, waren von den 160.000 jüdischen Bewohnern der Stadt noch weniger als 300 übrig.


Ab Februar 1943 hatte sich Banderas Organisation Ukrainischer Nationalisten zusätzlich noch der Vertreibung der polnischen Bevölkerung Galiziens gewidmet. Zwischen 50.000 und 100.000 Polen waren ihnen zum Opfer gefallen. Eines der Ergebnisse war eine ukrainisierte Stadt Lwow gewesen, deren Bevölkerung mit der jahrhundertelangen Geschichte davor nichts mehr verbunden hatte.


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Noch 2017 konnte man sich darüber sogar beim Deutschlandfunk informieren. Auch über andere Details dieser Jahre: "In der Zitadelle über der Stadt, in der sich jetzt ein Luxushotel befindet, starben über 140.000 sowjetische Kriegsgefangene, weil die Nazis sie verhungern ließen." Und die Glorifizierung der Bandera-Ideologie erfuhr aus Deutschland noch Widerspruch.

"Derzeit erfährt alles heroisch Ukrainische eine Würdigung, wie die Schriftsteller Taras Schewtschenko und Iwan Franko. Dass die Kiewer Regierung aber in diese Reihe auch Stepan Bandera stellt, macht schon deutlich, dass sich weder Lemberg noch die Ukraine insgesamt hinreichend mit der eigenen Kollaborations-, Faschismus- und Antisemitismus-Geschichte auseinandergesetzt haben. Was sich im aktuellen Ukrainekrieg rächt."


Ja, 2017 bedeutete Ukrainekrieg selbst für den Deutschlandfunk das, was die ukrainische Armee im Donbass anrichtete, und es war noch möglich, zu erwähnen, dass die Verherrlichung der Mörder von Lwow einen beträchtlichen Anteil daran hatte, dass der Donbass mit diesem ukrainischen Regime nichts mehr zu tun haben wollte.


Als im Frühjahr vergangenen Jahres im Würzburger Stadtrat der Beschluss zu dieser Städtepartnerschaft getroffen wurde, waren diese historischen Hintergründe kein Thema. Im Gegenteil; im Protokoll wird Schuchardt mit der Bemerkung zitiert, er sei "darauf aufmerksam gemacht worden, dass Norbert Glanzberg, der Komponist und Dirigent, sich zeitlebens selbst als 'Lemberger' bezeichnet habe. Er habe in Würzburg gewirkt, sodass es auch diesbezüglich eine Verbindung gebe."


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Diese Verbindung mit der heutigen Bandera-Hochburg dürfte Glanzberg kaum zugesagt haben, der im habsburgischen Lemberg geboren worden, in Würzburg aufgewachsen, aus Nazideutschland schon 1933 geflüchtet war, sich in Frankreich versteckt und mit falschen Papieren überlebt hatte. Erst 1998 hatte er Würzburg wieder betreten. Eines seiner kompositorischen Werke ist ein Liederzyklus, dessen Titel "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" aus der Todesfuge von Paul Celan übernommen ist. Ein "Lemberger"? Das Lemberg, in dem er geboren worden war, war unter maßgeblicher Mitwirkung der Bandera-Anhänger zerstört worden.


Hat Schuchardt die Bilder der Pogrome in Lwow gesehen? Man kann es sich kaum vorstellen; von den vielen schrecklichen Bildern, die man aus diesen Jahren finden kann, gehören sie zu den schlimmsten. Es gibt sogar eine kurze Filmaufnahme, die nach dem Krieg in einer SS-Baracke gefunden worden war. Nackte und halbnackte Menschen, die durch die Straßen getrieben werden, und rundherum, das ist das Besondere dieser Bilder, andere Einwohner, die zusehen. Sie zeigen Entwürdigung und Menschenverachtung in einem schwer erträglichen Ausmaß. Kann man sie gesehen haben und vergessen? Kann man durch eine Stadt gehen, die auf Bandera-Denkmäler stolz ist, ohne an diese Bilder denken zu müssen, wenn man sie kennt?


Die Stadt Lwow feiert nicht nur Bandera, sondern auch Roman Schuchewitsch, der im Gegensatz zum Ideologen Bandera an allen Mordtaten vom Lemberger Pogrom bis zum Wolhynien-Massaker persönlich beteiligt war. Schon 2001 war das Haus, in dem ihn die sowjetischen Behörden 1950 gestellt hatten, zur Gedenkstätte erklärt worden, und im März 2021 beschloss der Rat des Bezirks Lwow, das größte Stadion nach Schuchewitsch und Bandera zu benennen.


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Man kann an den Aussagen aus der Stadt Würzburg nachvollziehen, welche Verheerungen die "Solidarität" mit dieser Ukraine in der deutschen Wahrnehmung der jüngeren Geschichte anrichten. Natürlich, die Unterstützung der Stadt Würzburg für eine Rehabilitationseinrichtung für Kriegsversehrte ist nicht schädlich, nur peinlich, solange ihre Leistungen nicht auch den Opfern der ukrainischen Armee im Donbass zur Verfügung stehen. Aber die schreckliche Geschichte, die Lwow zu einer ukrainischen Stadt machte, verschwinden zu lassen, weil man um keinen Preis der Welt benennen will, wes Geistes Kind die heutige Ukraine ist, weil sich eine kommunale Vertretung berufen fühlt, einen Beitrag zur Kriegspropaganda zu leisten, indem man den Bürgern das Leid in Lwow serviert, das in Donezk aber verschweigt, und sich dafür noch auf einen ehemaligen Bewohner Würzburgs zu berufen, der mit viel Glück sowohl den Würzburger als auch den ukrainischen Nazis entronnen war, macht die Partnerschaft, die Würzburg nun eingegangen ist, zu einem Symbol moralischer Verkommenheit.


Das Denkmal, das in Lwow für Bandera errichtet wurde, ist sieben Meter hoch, und hinter ihm steht ein 30 Meter hohes Säulenportal, das vom Dreizack des ukrainischen Staatswappens geziert wird, das beim Abzeichen des Bataillons Nachtigall der Naziadler in den Klauen gehalten hatte. Die Stadt dürfte mühelos den globalen Rekord halten, was die Verherrlichung von Nazis und deren Hilfstruppen betrifft. "Wer also in schönen und beeindruckenden Gebäuden gut und vielfältig essen möchte, ist in Lwow genau richtig", wird auf der Würzburger Webseite für Tourismus nach Lwow geworben. Menschen mit einem ausgeprägteren historischen Gedächtnis als dem Würzburger OB könnte da ein bekannter Spruch Max Liebermanns zum Essen und seinen Folgen in den Sinn kommen...


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06.03.2023

Biden dankt Scholz für Abkehr von Energie aus Russland

berliner-zeitung.de, 05.03.2023 | 17:46 Uhr,

Olaf Scholz besuchte am Freitag Joe Biden. Es gab nur dürre öffentliche Erklärungen. Indirekt spielte jedoch auch Nord Stream 2 eine Rolle. 


Olaf Scholz bei Joe Biden im Weißen Haus

Olaf Scholz bei Joe Biden im Weißen HausSusan Walsh/AP


Zitat: Beim Kurzbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz bei US-Präsident Joe Biden wurde eines der zentralen bilateralen Themen – die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines – nicht öffentlich diskutiert. Allerdings sprach Biden das Thema indirekt an. Der US-Präsident lobte Scholz laut CNBC „für die Abkehr Deutschlands von russischen Energiequellen bei gleichzeitiger Erhöhung der Verteidigungsausgaben“. Biden sagte demnach: „Sie haben zu Hause historische Veränderungen vorangetrieben, Sie haben die Verteidigungsausgaben erhöht und haben die Diversifizierung weg von russischen Energiequellen vollzogen und ich weiß, das war nicht einfach und sehr schwierig für Sie.“ Eine offizielle Untersuchung der Nord-Stream-2-Anschläge lehnt die US-Regierung ab, weil sie die Auffassung vertritt, dass sie nicht für die Aufklärung von Ereignissen zuständig ist, die sich nicht auf US-Territorium ereignen. Die Recherchen des Journalisten Seymour Hersh, denen zufolge die US-Regierung gemeinsam mit Norwegen hinter den Anschlägen stecken soll, haben die Regierungen in Washington und Oslo scharf dementiert. Die Untersuchungen, die von Deutschland, Schweden und Dänemark durchgeführt werden, sind nach Regierungsangaben aus den Staaten noch nicht abgeschlossen. Die Bekanntgabe von Details wird von den Regierungen mit dem Verweis auf das Staatswohl abgelehnt. Eine Journalisten-Fragerunde mit Scholz und Biden war diesmal, anders als bei sonstigen Besuchen, nicht vorgesehen. Die New York Times notierte: „Das Treffen verlief für einen so hochrangigen Besuch ungewöhnlich abgeschirmt. Es gab keine Zeremonie, und Herr Scholz und Herr Biden hielten nach ihrem Treffen keine Pressekonferenz ab. Auch reiste der Kanzler nicht wie üblich mit einem Kontingent von Journalisten.“


Scholz danke Biden laut CNBC Biden bei dem Treffen im Oval Office für seine Führungsrolle in der Ukraine. „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir die Botschaft vermitteln, dass wir so lange zusammenarbeiten, um die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen“, sagte Scholz, der neben Biden saß.


Das offizielle Dokument des Weißen Hauses zu dem Treffen war eher dürr gehalten. Hier heißt es: „Anlässlich der einjährigen brutalen Invasion Russlands in der Ukraine erörterten die Staats- und Regierungschefs die laufenden Bemühungen, der Ukraine Sicherheit, humanitäre, wirtschaftliche und politische Hilfe zu leisten, sowie die Bedeutung der Aufrechterhaltung der globalen Solidarität mit dem ukrainischen Volk. Sie bekräftigten ihre Zusage, Russland so lange wie nötig Kosten für seine Aggression aufzuerlegen. Die Staats- und Regierungschefs tauschten auch Perspektiven zu anderen globalen Themen aus.“ Mit den „anderen globalen Themen“ dürfte China gemeint sein. Die US-Regierung hatte angekündigt, Belege vorlegen zu wollen, dass China Russland Militärhilfe leisten wolle. Außenminister Antony J. Blinken warnte davor, dass Peking sich möglicherweise darauf vorbereite, Waffen und Munition nach Russland zu schicken. Scholz hatte am Freitag China aufgefordert, seinen Einfluss in Moskau geltend zu machen, „um auf den Abzug der russischen Truppen zu drängen“. Laut New York Times wollen Biden und Scholz durch ihren „Gleichschritt“ deutlichen machen, dass beide Länder die Ukraine weiterhin vorbehaltlos unterstützen, und „der Welt zeigen, dass sie die Verwalter eines starken Nato-Bündnisses gegen russische Aggression und chinesische Einmischung sind“. Eine Sprecherin des Weißen Hauses relativierte die Warnungen jedoch am Freitag und sagte: „Wir haben noch nichts gesehen, was China in Bezug auf tödliche Waffen unternommen hat, und wir glauben, dass Russlands Krieg in der Ukraine China es schwer macht, tatsächlich Schritte in diese Richtung zu unternehmen.“


Es dürfte bei dem Treffen auch um finanzielle Fragen gegangen sein. Am Freitag kündigte Washington an, die USA würden eine weitere Waffen- und Munitionslieferung im Wert von etwa 400 Millionen US-Dollar in die Ukraine schicken, die neue Waffen wie Haubitzen, große Nachlader-Schusswaffen, Himars-Trägerraketen und satellitengesteuerte Raketen mit einer Reichweite von etwa 80 Kilometern umfasst. In den USA wird auch die innenpolitische Debatte in Deutschland aufmerksam beobachtet. Jackson Janes, Senior Fellow beim German Marshall Fund, sagte der New York Times, Scholz arbeite daran, sein „Versprechen“ für die Lieferung von Panzern „inmitten der Antikriegsproteste in Berlin einzulösen“.


China hat unterdessen die höchste Steigerung seiner Verteidigungsausgaben der vergangenen vier Jahre angekündigt. Der scheidende Ministerpräsident Li Keqiang verwies zum Auftakt des Nationalen Volkskongresses am Sonntag auf „Versuche von außen, China zu unterdrücken und einzudämmen“. Der von Li vorgestellte Haushaltsplan sieht eine Erhöhung der Rüstungsausgaben um 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr vor. Damit stünden in diesem Jahr 1,55 Billionen Yuan (210 Milliarden Euro) für den Wehretat zur Verfügung.


Info: https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/biden-dankt-scholz-fuer-abkehr-von-energie-aus-russland-li.324494


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06.03.2023

"Russland will verhandeln!"

Generalmajor a.D. Harald Kujat erklärt im Interview, warum der Krieg längst beendet sein könnte und klagt über Medien, die selbst Politik machen wollen. Der vormals ranghöchste deutsche Soldat und Vorsitzende des NATO-Russland-Rates sagt: „Vielleicht wird einmal die Frage gestellt, wer diesen Krieg nicht verhindern wollte.“

emma.de, 4. März 2023

Foto: Sergey Dolzhenko/epa/dpa


Welchen Wert geben Sie der Berichterstattung über die Ukraine in unseren Mainstream-Medien?
Der Ukrainekrieg ist nicht nur eine militärische Auseinandersetzung; er ist auch ein Wirtschafts- und ein Informationskrieg. In diesem Informationskrieg kann man zu einem Kriegsteilnehmer werden, wenn man sich Informationen und Argumente zu eigen macht, die man weder verifizieren noch aufgrund eigener Kompetenz beurteilen kann. Zum Teil spielen auch als moralisch verstandene oder ideologische Motive eine Rolle. Das ist in Deutschland besonders problematisch, weil in den Medien überwiegend „Experten“ zu Wort kommen, die über keine sicherheitspolitischen und strategischen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen und deshalb Meinungen äußern, die sie aus Veröffentlichungen anderer „Experten“ mit vergleichbarer Sachkenntnis beziehen. Offensichtlich wird damit auch politischer Druck auf die Bundesregierung aufgebaut. Die Debatte über die Lieferung bestimmter Waffensysteme zeigt überdeutlich die Absicht vieler Medien, selbst Politik zu machen. Es mag sein, dass mein Unbehagen über diese Entwicklung eine Folge meines langjährigen Dienstes in der Nato ist, unter anderem als Vorsitzender des Nato-Russland-Rats und der Nato-Ukraine-Kommission der Generalstabschefs. Besonders ärgerlich finde ich, dass die deutschen Sicherheitsinteressen und die Gefahren für unser Land durch eine Ausweitung und Eskalation des Krieges so wenig beachtet werden. Das zeugt von einem Mangel an Verantwortungsbewusstsein oder, um einen altmodischen Begriff zu verwenden, von einer höchst unpatriotischen Haltung. In den Vereinigten Staaten, einem der beiden Hauptakteure in diesem Konflikt, ist der Umgang mit dem Ukrainekrieg wesentlich differenzierter und kontroverser, gleichwohl aber immer von nationalen Interessen geleitet.


Sie haben sich Anfang 2022, als die Lage an der Grenze zur Ukraine immer zugespitzter wurde, zum damaligen Inspekteur der Marine, Vizegeneral Kai-Achim Schönbach, geäußert und sich im gewissen Sinne hinter ihn gestellt. Er warnte eindringlich vor einer Eskalation mit Russland und machte dem Westen den Vorwurf, er hätte Putin gedemütigt, und man müsse auf gleicher Augenhöhe mit ihm verhandeln.
Ich habe mich nicht in der Sache geäußert, sondern um ihn vor unqualifizierten Angriffen in Schutz zu nehmen. Ich war allerdings immer der Ansicht, dass man diesen Krieg verhindern muss und dass man ihn auch hätte verhindern können. Dazu habe ich mich im Dezember 2021 auch öffentlich geäußert. Und Anfang Januar 2022 habe ich Vorschläge veröffentlicht, wie in Verhandlungen ein für alle Seiten akzeptables Ergebnis erzielt werden könnte, mit dem ein Krieg doch noch vermieden wird. Leider ist es anders gekommen. Vielleicht wird einmal die Frage gestellt, wer diesen Krieg wollte, wer ihn nicht verhindern wollte und wer ihn nicht verhindern konnte.


Wie schätzen Sie die momentane Entwicklung in der Ukraine ein?
Je länger der Krieg dauert, desto schwieriger wird es, einen Verhandlungsfrieden zu erzielen. Die russische Annexion von vier ukrainischen Gebieten am 30. September 2022 ist ein Beispiel für eine Entwicklung, die nur schwer rückgängig gemacht werden kann. Deshalb fand ich es so bedauerlich, dass die Verhandlungen, die im März in Istanbul geführt wurden, nach großen Fortschritten und einem durchaus positiven Ergebnis für die Ukraine abgebrochen wurden. Russland hatte sich in den Istanbul-Verhandlungen offensichtlich dazu bereit erklärt, seine Streitkräfte auf den Stand vom 23. Februar zurückzuziehen, also vor Beginn des Angriffs auf die Ukraine. Jetzt wird immer wieder der vollständige Abzug als Voraussetzung für Verhandlungen gefordert.


Was hat denn die Ukraine als Gegenleistung angeboten?
Die Ukraine hatte sich verpflichtet, auf eine Nato-Mitgliedschaft zu verzichten und keine Stationierung ausländischer Truppen oder militärischer Einrichtungen zuzulassen. Dafür sollte sie Sicherheitsgarantien von Staaten ihrer Wahl erhalten. Die Zukunft der besetzten Gebiete sollte innerhalb von 15 Jahren diplomatisch, unter ausdrücklichem Verzicht auf militärische Gewalt gelöst werden.


Warum kam der Vertrag nicht zustande, der Zehntausenden das Leben gerettet und den Ukrainern die Zerstörung ihres Landes erspart hätte?
Nach zuverlässigen Informationen hat der damalige britische Premierminister Boris Johnson am 9. April in Kiew interveniert und eine Unterzeichnung verhindert. Seine Begründung war, der Westen sei für ein Kriegsende nicht bereit.


Es ist ungeheuerlich, was da gespielt wird, von dem der gutgläubige Bürger keine Ahnung hat.
Die Verhandlungen in Istanbul waren bekannt, auch dass man kurz vor einer Einigung stand, aber von einem Tag auf den anderen hat man nichts mehr gehört. Mitte März hatte beispielsweise die britische Financial Times über Fortschritte berichtet. Auch in einigen deutschen Zeitungen erschienen entsprechende Meldungen. Weshalb die Verhandlungen scheiterten, ist allerdings nicht berichtet worden. Als Putin am 21. September die Teilmobilmachung verkündete, erwähnte er zum ersten Mal öffentlich, dass die Ukraine in den Istanbul-Verhandlungen im März 2022 positiv auf russische Vorschläge reagiert habe. „Aber“, sagte er wörtlich, „eine friedliche Lösung passte dem Westen nicht, deshalb hat er Kiew tatsächlich befohlen, alle Vereinbarungen zunichte zu machen.“


Darüber schweigt tatsächlich unsere Presse.
Anders als beispielsweise die amerikanischen Medien. Foreign Affairs und Responsible Statecraft, zwei renommierte Zeitschriften, veröffentlichten dazu sehr informative Berichte. Der Artikel in Foreign Affairs war von Fiona Hill, einer ehemals hochrangigen Mitarbeiterin im nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses. Sie ist sehr kompetent und absolut zuverlässig. Sehr detaillierte Informationen wurden bereits am 2. Mai auch in der regierungsnahen Ukrainska Pravda veröffentlicht.


Haben Sie noch weitere Angaben zu dieser Ungeheuerlichkeit?
Es ist bekannt, dass die wesentlichen Inhalte des Vertragsentwurfs auf einem Vorschlag der ukrainischen Regierung vom 29. März beruhen. Darüber berichten inzwischen auch viele US-amerikanische Medien. Ich habe jedoch erfahren müssen, dass deutsche Medien selbst dann nicht bereit sind, das Thema aufzugreifen, wenn sie Zugang zu den Quellen haben.


Warum ist für Sie das Argument, in der Ukraine würde unsere Freiheit verteidigt, unsinnig? Alle argumentieren so.
Die Ukraine kämpft um ihre Freiheit, um ihre Souveränität und um die territoriale Integrität des Landes. Aber die beiden Hauptakteure in diesem Krieg sind Russland und die USA. Die Ukraine kämpft auch für die geopolitischen Interessen der USA. Denn deren erklärtes Ziel ist es, Russland politisch, wirtschaftlich und militärisch so weit zu schwächen, dass sie sich dem geopolitischen Rivalen zuwenden können, der als einziger in der Lage ist, ihre Vormachtstellung als Weltmacht zu gefährden: China. Zudem wäre es doch höchst unmoralisch, die Ukraine in ihrem Kampf für unsere Freiheit allein zu lassen und lediglich Waffen zu liefern, die das Blutvergießen verlängern und die Zerstörung des Landes vergrößern. Nein, in diesem Krieg geht es nicht um unsere Freiheit. Die Kernprobleme, weshalb der Krieg entstanden ist und immer noch fortgesetzt wird, obwohl er längst beendet sein könnte, sind ganz andere.


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Was ist Ihrer Meinung nach das Kernproblem?
Russland will verhindern, dass der geopolitische Rivale USA eine strategische Überlegenheit gewinnt, die Russlands Sicherheit gefährdet. Sei es durch Mitgliedschaft der Ukraine in der von den USA geführten Nato, sei es durch die Stationierung amerikanischer Truppen, die Verlagerung militärischer Infrastruktur oder gemeinsamer Nato-Manöver. Auch die Dislozierung amerikanischer Systeme des ballistischen Raketenabwehrsystems der Nato in Polen und Rumänien ist Russland ein SelbstverteiDorn im Auge, denn Russland ist überzeugt, dass die USA von diesen Abschussanlagen auch russische interkontinentalstrategische Systeme ausschalten und damit das nuklearstrategische Gleichgewicht gefährden könnten. Eine wichtige Rolle spielt auch das Minsk II-Abkommen, in dem die Ukraine sich verpflichtet hat, der russischsprachigen Bevölkerung im Donbas bis Ende 2015 durch eine Verfassungsänderung mit einer größeren Autonomie der Region Minderheitenrechte zu gewähren, wie sie in der Europäischen Union Standard sind. Es gibt inzwischen Zweifel, ob die USA und die Nato bereit waren, vor dem russischen Angriff auf die Ukraine ernsthaft über diese Fragen zu verhandeln. Wilfried Scharnagl zeigt in seinem Buch „Am Abgrund“ bereits 2015 ganz deutlich auf, dass die Politik des Westens eine unglaubliche Provokation ist, und wenn EU und Nato ihren Kurs nicht ändern, es zu einer Katastrophe kommen könnte. Ja, damit muss man rechnen. Je länger der Krieg dauert, desto grösser wird das Risiko einer Ausweitung oder Eskalation.


Das haben wir bereits in der Kubakrise gehabt.
Das war eine vergleichbare Situation.


Wie beurteilen Sie die beschlossene Lieferung von Panzern an die Ukraine?
Waffensysteme haben Stärken und Schwächen aufgrund technischer Merkmale und damit – abhängig vom Ausbildungstand der Soldaten sowie den jeweiligen operativen Rahmenbedingungen – einen bestimmten Einsatzwert. Im Gefecht der verbundenen Waffen wirken verschiedene Waffensysteme in einem gemeinsamen Führungs- bzw. Informationssystem zusammen, wodurch die Schwächen des einen Systems durch die Stärken anderer Systeme ausgeglichen werden. Bei einem niedrigen Ausbildungsstand des Bedienungspersonals oder wenn ein Waffensystem nicht gemeinsam mit anderen Systemen in einem funktionalen Zusammenhang eingesetzt wird und möglicherweise die Einsatzbedingungen schwierig sind, ist der Einsatzwert gering. Damit besteht die Gefahr der frühzeitigen Ausschaltung oder sogar das Risiko, dass die Waffe in die Hand des Gegners fällt. Das ist die gegenwärtige Lage, in der moderne westliche Waffensysteme im Ukrainekrieg zum Einsatz kommen. Russland hat im Dezember ein umfangreiches Programm zur Auswertung der technischen und operativ-taktischen Parameter eroberter westlicher Waffen begonnen, was die Effektivität der eigenen Operationsführung und Waffenwirkung erhöhen soll. Darüber hinaus stellt sich grundsätzlich die Frage der Mittel-Zweck-Relation. Welchem Zweck sollen die westlichen Waffen dienen? Selenskyj hat die strategischen Ziele der ukrainischen Kriegsführung immer wieder geändert. Gegenwärtig verfolgt die Ukraine das Ziel, alle von Russland besetzten Gebiete einschließlich der Krim zurückzuerobern. Der deutsche Bundeskanzler sagt, wir unterstützen die Ukraine, solange das nötig ist, also auch bei der Verfolgung dieses Ziels, obwohl die USA mittlerweile betonen, es ginge darum, lediglich „das Territorium zurückzuerobern, das seit dem 24. Februar 2022 von Russland eingenommen wurde“. Es gilt somit die Frage zu beantworten, ob das Mittel westlicher Waffenlieferungen geeignet ist, den von der Ukraine beabsichtigten Zweck zu erfüllen. Diese Frage hat eine qualitative und eine quantitative Dimension. Die USA liefern keine Waffen außer solche zur Selbstverteidigung, keine Waffen, die das Gefecht der verbundenen Waffen ermöglichen und vor allem keine, die eine nukleare Eskalation auslösen könnten. Das sind Präsident Bidens drei Neins.


Wie will die Ukraine ihre militärischen Ziele erreichen?
Der ukrainische Generalstabschef, General Saluschnij, sagte kürzlich: „Ich brauche 300 Kampfpanzer, 600 bis 700 Schützenpanzer und 500 Haubitzen, um die russischen Truppen auf die Positionen vor dem Angriff vom 24. Februar zurückzudrängen. Jedoch mit dem, was er erhalte, seien „größere Operationen nicht möglich“. Ob die ukrainischen Streitkräfte angesichts der großen Verluste der letzten Monate überhaupt noch über eine ausreichende Zahl geeigneter Soldaten verfügen, um diese Waffensysteme einsetzen zu können, ist allerdings fraglich. Jedenfalls erklärt auch die Aussage General Saluschnijs, weshalb die westlichen Waffenlieferungen die Ukraine nicht in die Lage versetzen, ihre militärischen Ziele zu erreichen, sondern lediglich den Krieg verlängern. Hinzu kommt, dass Russland die westliche Eskalation jederzeit durch eine eigene übertreffen könnte. In der deutschen Diskussion werden diese Zusammenhänge nicht verstanden oder ignoriert. Dabei spielt auch die Art und Weise eine Rolle, wie einige Verbündete versuchen, die Bundesregierung öffentlich nun auch zur Lieferung von Leopard 2-Kampfpanzern zu drängen. Das hat es in der Nato bisher nicht gegeben. Es zeigt, wie sehr Deutschlands Ansehen im Bündnis durch die Schwächung der Bundeswehr gelitten hat und mit welchem Engagement einige Verbündete das Ziel verfolgen, Deutschland gegenüber Russland besonders zu exponieren.


Was nährt Selsenkyjs Auffassung, man könne die Russen aus der Ukraine vertreiben?
EinschränkunMöglicherweise werden die ukrainischen Streitkräfte mit den Waffensystemen, die ihnen auf der nächsten Geberkonferenz am 20. Januar zugesagt werden, etwas effektiver in der Lage sein, sich gegen die in den nächsten Wochen stattfindenden russischen Offensiven zu verteidigen. Sie können dadurch aber nicht die besetzten Gebiete zurückerobern. Nach Ansicht des US-amerikanischen Generalstabschefs, General Mark Milley, hat die Ukraine das, was sie militärisch erreichen konnte, erreicht. Mehr ist nicht möglich. Deshalb sollten jetzt diplomatische Bemühungen aufgenommen werden, um einen Verhandlungsfrieden zu erreichen. Ich teile diese Auffassung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die russischen Streitkräfte offenbar die Absicht haben, das eroberte Gebiet zu verteidigen und den Rest des Donbas zu erobern, um die von ihnen annektierten Gebiete zu konsolidieren. Sie haben ihre Verteidigungsstellungen gut dem Gelände angepasst und stark befestigt. Angriffe auf diese Stellungen erfordern einen hohen Kräfteaufwand und die Bereitschaft, erhebliche Verluste hinzunehmen. Durch den Abzug aus der Region Cherson wurden ungefähr 22.000 kampfkräftige Truppen für Offensiven freigesetzt. Zudem werden weitere Kampfverbände als Verstärkung in die Region verlegt.


Aber was sollen dann die Waffenlieferungen, die das Erreichen von Selenskyjs Ziel nicht ermöglichen?
Die derzeitigen Bemühungen der USA, die Europäer zu weiteren Waffenlieferungen zu veranlassen, haben möglicherweise mit dieser Lageentwicklung zu tun. Man muss zwischen den öffentlich geäußerten Gründen und den konkreten Entscheidungen der Bundesregierung unterscheiden. Es würde zu weit führen, auf das ganze Spektrum dieser Diskussion einzugehen. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die Bundesregierung in dieser Frage wirklich kompetent beraten wird und – was vielleicht noch wichtiger ist – der Bedeutung dieser Frage entsprechend aufnahmebereit und urteilsfähig wäre. Die Bundesregierung ist mit der Unterstützung der Ukraine schon sehr weit gegangen. Zwar machen Waffenlieferungen Deutschland noch nicht zur Konfliktpartei. Aber in Verbindung mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an diesen Waffen unterstützen wir die Ukraine dabei, ihre militärischen Ziele zu erreichen. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hat deshalb in seinem Gutachten vom 16. März 2022 erklärt, dass damit der gesicherte Bereich der Nicht-Kriegsführung verlassen wird. Auch die USA werden ukrainische Soldaten in Deutschland ausbilden. Das Grundgesetz enthält in seiner Präambel ein striktes Friedensgebot für unser Land. Das Grundgesetz toleriert die Unterstützung einer Kriegspartei also nur dann, wenn diese geeignet ist, eine friedliche Lösung zu ermöglichen. Die Bundesregierung ist deshalb in der Pflicht, der deutschen Bevölkerung zu erklären, innerhalb welcher Grenzen und mit welchem Ziel die Unterstützung der Ukraine erfolgt. Schließlich müssten auch der ukrainischen Regierung die Grenzen der Unterstützung aufgezeigt werden. Selbst Präsident Biden hat vor einiger Zeit in einem Namensartikel erklärt, dass die USA die Ukraine zwar weiter militärisch unterstützen werden, aber eben auch ihre Bemühungen, in diesem Konflikt einen Verhandlungsfrieden zu erreichen.


Seit Wochen rennt die ukrainische Armee gegen die Russen an – ohne Erfolg. Dennoch spricht Selenskyj von Rückeroberung. Ist das Propaganda oder besteht diese Möglichkeit tatsächlich?
Nein, dazu sind die ukrainischen Streitkräfte sowohl nach Einschätzung des amerikanischen wie des ukrainischen Generalstabschefs nicht in der Lage. Beide Kriegsparteien befinden sich gegenwärtig wieder in einer Pattsituation, die durch die Einschränkungen aufgrund der Jahreszeit verstärkt wird. Jetzt wäre also der richtige Zeitpunkt, die abgebrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die Waffenlieferungen bedeuten das Gegenteil, nämlich dass der Krieg sinnlos verlängert wird, mit noch mehr Toten auf beiden Seiten und der Fortsetzung der Zerstörung des Landes. Aber auch mit der Folge, dass wir noch tiefer in diesen Krieg hineingezogen werden. Selbst der Nato-Generalsekretär hat kürzlich vor einer Ausweitung der Kämpfe zu einem Krieg zwischen der Nato und Russland gewarnt.


Sie sagen, wir haben wieder eine „Pattsituation“. Was meinen Sie damit?
Eine positive Ausgangslage für eine Verhandlungslösung hatte sich beispielsweise Ende März vergangenen Jahres ergeben, als die Russen entschieden, vor Kiew abzudrehen und sich auf den Osten und den Donbas zu konzentrieren. Das hat die Verhandlungen in Istanbul ermöglicht. Eine ähnliche Lage entstand im September, bevor Russland die Teilmobilisierung durchführte. Die damals entstandenen Möglichkeiten sind nicht genutzt worden. Jetzt wäre es wieder Zeit zu verhandeln, und wir nutzen auch diese Gelegenheit nicht, sondern tun das Gegenteil: Wir schicken Waffen und eskalieren. Auch dies ist ein Aspekt, der den Mangel an sicherheitspolitischem Weitblick und strategischem Urteilsvermögen offenlegt.


Sie haben in Ihrem Text noch erwähnt, dass der russische Verteidigungsminister Schoigu Bereitschaft für Verhandlungen signalisiert hat …
… das hat auch Putin gemacht. Putin hat am 30. September, als er zwei weitere Regionen zu russischem Territorium erklärte, ausdrücklich wieder Verhandlungen angeboten. Er hat das zwischenzeitlich mehrfach getan. Jetzt ist es allerdings so, dass Schoigu das nicht an Bedingungen geknüpft hat, aber Putin hat sozusagen die Latte höher gelegt, indem er sagte, wir sind zu Verhandlungen bereit, aber es setzt natürlich voraus, dass die andere Seite die Gebiete, die wir annektiert haben, anerkennt. Daran sieht man, dass sich die Positionen beider Seiten immer mehr verhärten, je länger der Krieg dauert. Denn Selenskyj sagte, er verhandle erst, wenn sich die Russen vollständig aus der Ukraine zurückgezogen hätten. Damit wird eine Lösung immer schwieriger, aber sie ist noch nicht ausgeschlossen.


Ich möchte noch auf ein Ereignis zu sprechen kommen. Frau Merkel hat in einem Interview …
… ja, was sie sagt, ist eindeutig. Sie hätte das Minsk II-Abkommen nur ausgehandelt, um der Ukraine Zeit zu verschaffen. Und die Ukraine habe diese auch genutzt, um militärisch aufzurüsten. Das hat der ehemalige französische Präsident Hollande bestätigt.


Petro Poroschenko, der ehemalige ukrainische Staatspräsident, hat das ebenfalls gesagt.
Russland bezeichnet das verständlicherweise als Betrug. Und Merkel bestätigt, dass Russland ganz bewusst getäuscht wurde. Das kann man bewerten, wie man will, aber es ist ein eklatanter Vertrauensbruch und eine Frage der politischen Berechenbarkeit. Nicht wegdiskutieren kann man allerdings, dass die Weigerung der ukrainischen Regierung – in Kenntnis dieser beabsichtigten Täuschung – das Abkommen umzusetzen, noch wenige Tage vor Kriegsbeginn, einer der Auslöser für den Krieg war. Die Bundesregierung hatte sich in der Uno-Resolution dazu verpflichtet, das „gesamte Paket“ der vereinbarten Maßnahmen umzusetzen. Darüber hinaus hat die Bundeskanzlerin mit den anderen Teilnehmern des Normandie-Formats eine Erklärung zur Resolution unterschrieben, in der sie sich noch einmal ausdrücklich zur Implementierung der Minsk-Vereinbarungen verpflichtete.


Das ist doch auch ein Völkerrechtsbruch?
Ja, das ist ein Völkerrechtsbruch, das ist eindeutig. Der Schaden ist immens. Man muss sich die heutige Situation einmal vorstellen. Die Leute, die von Anfang an Krieg führen wollten und immer noch wollen, haben den Standpunkt vertreten, mit Putin kann man nicht verhandeln. Der hält die Vereinbarungen so oder so nicht ein. Jetzt stellt sich heraus, wir sind diejenigen, die internationale Vereinbarungen nicht einhalten.


Nach meinen Kenntnissen halten die Russen ihre Verträge ein, sogar während des aktuellen Krieges hat Russland weiterhin Gas geliefert. Aber Frau Baerbock hat vollmundig verkündet: „Wir wollen kein russisches Gas mehr!“ Daraufhin hat Russland die Menge gedrosselt. So war es doch?
Ja, wir haben gesagt, wir wollen kein russisches Gas mehr. Alle Folgewirkungen, die Energiekrise, die wirtschaftliche Rezession etc. sind das Resultat der Entscheidung der Bundesregierung und nicht einer Entscheidung der russischen Regierung.


Aber wenn Sie die Nachrichten hören oder sehen, dann gibt es die Energiekrise aufgrund von Putins Entscheid, Krieg gegen die Ukraine zu führen.
In der Vergangenheit gab es zweimal Schwierigkeiten bei der Lieferung von Gas, die von der Ukraine verursacht wurden. Da sollte man ehrlich sein. Russland würde weiter liefern, aber wir wollen von dort nichts mehr, weil es die Ukraine angegriffen hat. Dann kommt noch die Frage auf: Wer hat eigentlich North-Stream II in die Luft gesprengt?


Welche Erfahrungen haben Sie in Verhandlungen mit Russland gemacht?
Ich habe viele Verhandlungen mit Russland geführt, z. B. über den russischen Beitrag zum Kosovo-Einsatz der Nato. Die USA hatten uns darum gebeten, weil sie mit Russland zu keinem Ergebnis kamen. Russland war schließlich bereit, seine Truppen einem deutschen Nato-Befehlshaber zu unterstellen. In den 90er Jahren entstand eine enge politische Abstimmung und militärische Zusammenarbeit zwischen der Nato und Russland, seit 1997 durch den Nato-Russland-Grundlagenvertrag geregelt. Die Russen sind harte Verhandlungspartner, aber wenn man zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt, dann steht das und gilt auch.


Wie sah das Ergebnis aus?
Die Russen wollten in den Verhandlungen um den Grundlagenvertrag eine Art Mitentscheidungsrecht erhalten. Das war nicht möglich. Wir haben aber einen Weg gefunden, gemeinsame Lösungen in Fällen zu finden, in denen die Sicherheitsinteressen der einen oder anderen Seite betroffen sind. Nach dem Georgienkrieg hat die Nato die Zusammenarbeit leider weitgehend suspendiert. Es hat sich auch im Vorfeld des Ukrainekrieges gezeigt, dass Regelungen, die in Zeiten eines guten Verhältnisses für die Beilegung von Krisen und Konflikten geschaffen werden, dann ihren Wert haben, wenn es zu Spannungen kommt. Leider hat man das nicht verstanden.

Das von Thomas Kaiser geführte Interview erschien zuerst in der Schweizer Internet-Zeitung Zeitgeschehen im Focus. Wir danken für die Erlaubnis zum Nachdruck.


Ausgabe EMMA März/April 2023
Format Interview
Themen Frieden Ukraine-Krieg Russland


Info: ttps://www.emma.de/artikel/russland-will-verhandeln-340083 https://deref-gmx.net/mail/client/4_GwaLEQI-Q/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fwww.emma.de%2Fartikel%2Frussland-will-verhandeln-340083


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