Sigmar Gabriel will "Putin unseren Eisenfuß entgegenstellen"
freedert.online, 12 Juni 2024 08:26 Uhr
Es ist ruhig geworden um Sigmar Gabriel, aber es gibt ihn noch. Nun fordert der frühere SPD-Chef einen härteren Kurs gegenüber Russland. Man müsse Russland niederringen wie einst die Sowjetunion. Der Westen solle "Putin unseren Eisenfuß entgegenstellen".
Gabriel gibt sich gern als "Elder Statesman", hier in einer wie üblich sehr ausgewogenen Runde in der ARD-Talkshow "Maischberger"
Der frühere deutsche Außenminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat im Ukraine-Konflikt einen härteren Kurs gegenüber Russland gefordert – und dabei auch die Entsendung deutscher Soldaten in die Ukraine ins Spiel gebracht.
Gabriel, der seit Juni 2019 Vorsitzender der transatlantischen Lobbyorganisation Atlantik-Brücke ist und auch den ähnlich ausgerichteten Netzwerken Trilaterale Kommission und European Council on Foreign Relations angehört, schlug gegenüber der Zeitschrift Stern (Bezahlschranke) einen überaus martialischen Ton an. So sagte er:
"Aber wir werden Russland noch einmal so niederringen müssen, wie wir das im Kalten Krieg mit der Sowjetunion gemacht haben."
Der russische Präsident Wladimir Putin müsse erkennen, wie ernst "wir" es meinen. Dabei brachte der frühere Pop-Beauftragte der Regierung Schröder (Spitzname: Siggi Pop) ausdrücklich die Entsendung deutscher Truppen und die Einrichtung von "Flugverbotszonen" ins Spiel:
"Es braucht das klare Signal an Putin: Stopp diesen Krieg – oder wir tragen ihn zu dir. Wenn das heißt, dass deutsche Raketenabwehrsysteme mithilfe der Bundeswehr Flugverbotszonen in der Ukraine durchsetzen, um damit ukrainische Städte vor den russischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung zu schützen, würde ich Herrn Putin nicht schon wieder versprechen, dass wir das nie tun werden."
Dies sei notwendig, um eine Niederlage der Ukraine zu verhindern:
"Niemand wünscht sich, die Bundeswehr in einen Krieg führen zu müssen. Aber wenn die Gefahr wächst, dass die Ukraine verliert, dann zerstört das auch unser bisheriges Leben in Frieden und Sicherheit in Europa."
Dabei unterstellt auch Gabriel Putin imperiale Ambitionen. Dieser, so der SPD-Mann, denke längst weit über die Ukraine hinaus:
"Er führt einen Krieg gegen den Westen, den er für dekadent hält, dessen Werte er ablehnt und als Gefahr für seine Macht sieht. Deshalb müssen wir Russland weit härter entgegentreten, als wir das bislang tun."
Laut Gabriel sollte der Westen eine Doppelstrategie fahren, die auch eine diplomatische Komponente beinhalten muss:
"Putin unseren Eisenfuß entgegenstellen und zugleich nach Gesprächsformaten und damit nach Auswegen aus dem Krieg suchen."
Dazu brauche es auch eine weitere Friedenskonferenz:
"Neben der Konferenz in der Schweiz bedarf es einer zweiten Friedenskonferenz, auf der sich Russlands Gesprächspartner treffen. Der Westen und die Ukraine brauchen die USA als Führungsnation, die "Russland-Allianz" sollte von China geführt werden."
Eingebracht werden sollte dieser ungewöhnliche Vorschlag von der deutschen Bundesregierung, so Gabriel, der auch noch eine kleine Spitze gegen seinen früheren innerparteilichen Rivalen Olaf Scholz bereithielt:
"Deutschland könnte einen solchen Vorschlag glaubwürdig einbringen. Dann würde das Wahlplakat des Bundeskanzlers zur Europawahl unter dem Motto "Frieden sichern" auch durch aktives Handeln unterlegt werden."
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
Chinas Außenminister: BRICS muss einen neuen Kalten Krieg verhindern
freedert.online, vom 11 Juni 2024 21:46 Uhr
Auf dem BRICS-Außenministertreffen im russischen Nischni Nowgorod erklärte Chinas Außenminister Wang Yi, dass die BRICS-Länder zusammenarbeiten müssten, um den Ausbruch eines neuen Kalten Krieges zu verhindern. Wang forderte die Gruppe auf, ihre gewachsene politische Bedeutung zu nutzen.
Die BRICS-Länder sollten zusammenarbeiten, um den Frieden zu fördern und den Ausbruch eines neuen Kalten Krieges zu verhindern, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi.
Auf dem BRICS-Außenministertreffen im russischen Nischni Nowgorod erklärte Wang Yi am Montag, dass einige Großmächte nach wie vor eine "Mentalität des Kalten Krieges" hegen. Dem Diplomaten zufolge stehe diese Haltung in direktem Widerspruch zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und untergrabe die Autorität multilateraler Mechanismen.
China sei bereit, mit Russland zusammenzuarbeiten, um die strategische Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, auf externen Druck zu reagieren und den nachhaltigen Fortschritt der bilateralen Beziehungen zu fördern, sagte Wang. Er bezeichnete die BRICS als eine wichtige Plattform für die Einheit und Zusammenarbeit zwischen Schwellen- und Entwicklungsländern und sagte, dass der erweiterte BRICS-Mechanismus eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines gerechteren und vernünftigeren globalen "Governance-Systems" spielen werde.
Er beschuldigte den Westen einer "Politisierung und übermäßigen Sicherheitsdoktrin" in wirtschaftlicher Fragen, was zu "zügellosen" einseitigen Sanktionen und technologischen Hindernissen für andere Länder wie unter anderem Russland und China geführt habe. Wang forderte die BRICS auf, ihre politische Bedeutung zu nutzen und die Gruppe in einen neuartigen multilateralen Kooperationsmechanismus umzuwandeln.
Der BRICS-Gruppe, zu der ursprünglich nur Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gehörten, traten Anfang 2024 auch Iran, Äthiopien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate bei.
"Durch die Erweiterung unserer Mitgliedschaft haben wir eine neue Ära der gemeinsamen Selbstständigkeit des Globalen Südens eingeleitet, wobei der Einfluss und die Attraktivität der BRICS ständig zunehmen", erklärte Wang.
Er fügte hinzu, dass in einem "Wettbewerb", in dem einige Kräfte die globale Multipolarität fördern, während andere eine "unipolare Hegemonie" aufrechterhalten, die BRICS-Länder "auf der Seite der Fairness und Gerechtigkeit stehen und die richtigen Entscheidungen treffen sollten".
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa hatte letzte Woche auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg erklärt, dass westliche Regierungen von der Idee der globalen Vorherrschaft geradezu "besessen" seien.
Sacharowa argumentierte, dass westliche Führer weiterhin einen "Exzeptionalismus" auf Kosten anderer ethnischer und kultureller Identitäten pflegen. Der "kollektive Westen" sei jedoch eine Minderheit, deren Weltanschauung nicht von der globalen Mehrheit geteilt werde, die sich bereits das Konzept der Multipolarität zu Eigen gemacht habe, betonte Sacharowa.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst Forum (früher piqd) eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. Formum.eu versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.
Die regelbasierte internationale Ordnung ist nicht „sexy“
Die regelbasierte internationale Ordnung (RBIO) prägt seit den frühen 2000er Jahren die politische Rhetorik des Westens. Auch Außenministerin Baerbock erklärt regelmäßig, sie verteidigen zu wollen. In Zeiten großer geopolitischer Dynamik sollten wir uns mit dem Konzept beschäftigen, findet auch Gideon Rachman in einem Kommentar für die Financial Times.
Die RBIO habe für DurchschnittsbürgerInnen keinerlei Bedeutung und lasse keine Herzen höher schlagen. Menschen würden in den Krieg ziehen, um Freiheit und Heimat zu verteidigen, aber nicht für die RBIO. Rachman kritisiert, dass der Westen an der Erzählung der RBIO festhalte, obwohl er sie selbst untergrabe. Das betrifft amerikanische Zölle gegen China, die WHO-Regeln brechen, oder auch die US-Sanktionsdrohungen gegen den Internationalen Strafgerichtshof wegen der Ermittlungen gegen Benjamin Netanjahu. Oder Vorwürfe aus den USA gegen China, gegen das UN-Seerechtsübereinkommen zu verstoßen, ohne es selbst ratifiziert zu haben.
All das ist nichts neues, aber bekommt in einer multipolaren Welt größere Relevanz und Dringlichkeit. Rachman schlägt recht pragmatisch vor, PolitikerInnen sollten stattdessen das Motiv der „Verteidigung der freien Welt“ betonen. Das sei ehrlicher, weil jene Verteidigung Raum für Inkonsistenz lässt.
Sich vom rhetorischen Fokus auf die RBIO abzuwenden bedeute aber nicht, sich gänzlich von internationalem Recht abzuwenden, betont Rachman. Das würde in Anarchie enden und sei unpraktisch. Und doch seien die Demokratien dieser Welt auf einem moralisch höheren Level als die Autokratien. So wie im frühen 20. Jahrhundert und im Kalten Krieg müssten sich „die Demokratien dieser Welt nicht dafür entschuldigen, ihre freien Gesellschaften skrupellos zu verteidigen“.
Rachmans Rezept ist in den falschen Händen ein Freifahrtschein für Menschenrechtsverbrechen — der „War on Terror“ beispielsweise wurde und wird mit ähnlicher Begründung geführt. Geht es um Freiheit, Demokratie und Wege, sie zu schützen, gibt es allerdings zumindest Raum für kritische Debatte: Wie viel ist zu viel? Die RBIO in ihrer eher bürokratischen Gestalt erlaubt eine solche Debatte kaum.
Eine ehrliche Auseinandersetzung mit der RBIO scheint mir eine gute Idee zu sein. Vielleicht wäre dann die Irritation in Europa über den international ausbleibenden Aufschrei über Russlands Angriff auf die Ukraine einer pragmatischeren Reaktion gewichen.
Hier erzählt der Journalist und Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung Falter, Florian Klenk, über seine Lernkurve beim Thema Landwirtschaft.
Das recht lange Interview beginnt mit einer kleinen, alltäglichen Situation, die schon eine Weile zurückliegt: Der Journalist äußerte sich öffentlich zu einem Thema und wird daraufhin in einem Video, das in den sozialen Netzwerken viral geht, beschimpft. Der Wütende ist ein Bergbauer. Er wirft Klenk vor, keine Ahnung von der Landwirtschaft zu haben. Man kennt diese Dynamik.
Doch sowohl Klenk als auch der Bergbauer steigen aus der vorhersehbaren Internetlogik aus. Klenk gesteht sich ein, dass das Urteil des Landwirts stimmt und nimmt die Einladung des Bauern an, ihn auf seinem Hof zu besuchen. Aus dem dreitägigen Landwirtschaftspraktikum Klenks ist inzwischen nicht nur ein Buch entstanden. Die beiden sind auch befreundet.
Von diesem Punkt aus erzählt Klenk im Interview erst einmal etwas darüber, warum Bauern ziemlich oft sehr wütend sind:
Die Milchpreise sind volatil, die Förderungen sind volatil, die eigene Arbeitskraft ist volatil. Der Bauer kann nicht berechnen, wovon er leben muss. Das ist die pure Existenzangst, und dass daraus Wut entsteht, ist nachvollziehbar.
Danach macht Klenk dann aber nicht mit den Forderungen der Landwirte weiter, so wie man es häufig liest und die oft Kopfschütteln auslösen, weil sie so wirken, als wollten sich die Bauern ihre eigene Lebensgrundlagen auch noch selbst zerstören. Dabei ist offensichtlich, dass viele Ziele der grünen Agenda am Ende der Landwirtschaft helfen würden. Trotzdem scheinen die Bauern keinen größeren Feind zu kennen als die Grünen. Klenk benennt diese Widersprüche:
Das wundert mich auch. Eigentlich sollte man erwarten, dass sich der Zorn gegen die Supermärkte wendet, gegen die Schlachtindustrie und auch gegen eine konservative Agrarpolitik, die letztlich die Bauern in diese Situation gebracht hat. Ständig hat diese den Bauern gesagt, dass sie mehr und mehr, immer mehr investieren müssen.
Diese Situation führt dazu, dass die Bauern wie in einem Schachspiel eingesetzt werden können, was den Gegensatz zwischen Städtern (Konsument:innen) und Landbevölkerung immer weiter anheizt.
Der Gegensatz Stadt und Land wird von der Fleisch- und Landwirtschaftsindustrie gerne in Stellung gebracht. Da geht es viel um die „blöden“ Stadtleute, die die Bauern nicht verstehen. Und umgekehrt.
Das Spielfeld dafür sind die öffentlichen Räume, besonders aber Social Media. Dort fallen die gemeinsamen Interessen von Stadt und Land unter den Tisch. Die wenigen Differenzen werden aufgebauscht und das Unverständnis füreinander wächst immer weiter. Das bekommen auch Journalist:innen zu spüren. Klenk erkennt interessante Parallelen. Sie sind in einer ähnlichen Lage wie die Landwirte, findet er.
Es ist sehr lesenswert, welche Schlüsse der Journalist aus der Begegnung mit dem Landwirt für seine eigene Situation im Journalismus zieht und für die Branche an sich.
Stefan Rahmstorf hat schon vor ein paar Jahren einen sehr guten, für Laien verständlichen Überblick über die Forschungslage geschrieben. Sein Fokus in dem Artikel ist eng, aber wichtig: Regen, der binnen Stunden in großen Mengen herunterfällt. Denn es ist genau dieser Regen, der Fluten auslöst, wie wir sie in den letzten Tagen beobachten konnten.
Drei Erkenntnisse aus dem Text sind zentral:
1. Das Gewitterpotenzial hat deutlich zugenommen. Womit auch das Potential heftiger Regengüsse zugenommen hat.
2. Die Starkniederschlagsmenge zeigt ausschließlich positive Trends. Heißt: Wenn es regnet, regnet es tendenziell heftiger.
3. Es gibt Indizien dafür, dass Wetterlagen viel länger bleiben als früher. Das aber mit Vorsicht genießen; hier fehlen noch Daten.
Dennoch bleibt ein klares Fazit. Die Frage ist nicht, ob eine Flut etwas mit dem Klimawandel zu tun hat. Die Frage ist heute eher, ob eine Flut nichts mit dem Klimawandel zu tun hat. Die Antwort ist immer öfter: nein.
Vor vier Jahren sind viele Menschen pandemiebedingt ins Homeoffice umgezogen. Mittlerweile ist Remote Work verbreitet. Und es gibt eine verbreitete Erzählung dazu: Chefs hassen sie – und die Arbeitnehmer:innen lieben sie.
Aber stimmt das?
Eine neue Podcast-Reihe des US-Magazins The Atlantic, „Good on Paper“, zielt darauf ab, populäre Erzählungen in Politik und Medien zu hinterfragen und zu zeigen, dass sie oft auf wackeligen Voraussetzungen beruhen.
In dieser ersten Folge spricht die Moderatorin des Podcasts, Jerusalem Demsas, mit Natalia Emanuel, einer Arbeitsökonomin bei der Federal Reserve Bank of New York, die umfangreiche Forschungen zur Remote Work durchgeführt hat. Sie fand unter anderem heraus, wie Fernarbeit sich auf verschiedene demografische Gruppen auswirkt. Vor allem jüngere Mitarbeiter und Frauen profitieren demnach erheblich von persönlichem Feedback.
Weibliche Ingenieure erhalten etwa 40 Prozent mehr Kommentare zu ihrem Code als unsere männlichen Ingenieure, was einen Effekt ergibt, der etwa doppelt so groß ist wie bei männlichen Ingenieuren insgesamt.
Fernarbeit kann zwar die Produktivität von leitenden Angestellten steigern, behindert aber möglicherweise die berufliche Entwicklung jüngerer Mitarbeiter:innen.
Ein Sechstel aller Fähigkeiten, die man im Laufe seines Lebens erwirbt, kommt von Kollegen.
Emanuels Ergebnisse stellen einige frühere Studien infrage, wie etwa die Studie von Nicholas Bloom von Jahr 2015, die Produktivitätsgewinne durch Fernarbeit in einem chinesischen Callcenter aufzeigte. Emanuel vermutet, dass diese Diskrepanzen auf Unterschiede in der Art des Arbeitsplatzes und die Freiwilligkeit der Fernarbeit in Blooms Studie zurückzuführen sein könnten.
In Europa blicken wir mit viel Unverständnis auf Argentinien und seinen Präsidenten Milei (der „Anarchokapitalist“ mit der Kettensäge im Wahlkampf). Die NZZ bringt ein langes Interview zur Lage im Land mit einem argentinischen Großbauern namens Christian Zweifel.
Dessen Familie hat Schweizer Wurzeln. Interessanterweise gibt es in Argentinien zahlreiche Bauern mit Schweizer Pässen. Sie halten 850.000 Hektaren in ihrer Hand und sind damit nach Farmern aus den USA, Italien und Spanien die größten ausländischen Investoren in der argentinischen Landwirtschaft. Und Argentiniens Landwirtschaft ist die wichtigste Devisenquelle des Landes und gleichzeitig mit etwa 70 Prozent Steuern auf Exporte, Gewinne sowie Finanztransaktionen auch eine gewichtige Quelle für den Staatshaushalt. Die Landwirte haben demnach, so Christian Zweifel, den Populismus der peronistischen Vorgängerregierungen bezahlt. Er meint: „Milei ist trotz seiner Extravaganz kein Verrückter“.
Milei setzt auf einen Kulturwandel in der Bevölkerung, die daran gewöhnt ist, dass der Staat ihre Probleme löst. Hier in Argentinien galt unter den peronistischen Regierungen die Ideologie, dass dort, wo ein Bedürfnis besteht, auch ein Recht vorhanden ist. So ist der alles umfassende Populismus entstanden. …. Milei sagt jetzt, dass die Menschen ihre Probleme mit minimaler staatlicher Einmischung selbst lösen müssen. Er ist zutiefst von seinen liberalen Ideen überzeugt und setzt genau das um. Es heisst ja: Der Unterschied zwischen einem Verrückten und einem Genie ist der Erfolg. Das gilt auch für Milei.
Der Farmer hofft, das Milei ausländische Investoren und auch das auf ausländischen Konten lagernde beträchtliche Vermögen der Argentinier zurück ins Land holt. Er sieht dort großes Potential:
Die Internetkonzerne sind interessiert an den Lithium- und Kupfervorkommen in Argentinien. Wenn auch nur ein paar dieser Unternehmer hier investieren, dann wäre das doch schon ein Gewinn. Ausserdem sind es die Argentinier selbst, die am meisten Geld im Ausland auf Sparkonten haben. Es heisst, das Gesparte sei so gross wie das Bruttoinlandprodukt. Wenn davon etwas investiert wird, würde das viel verbessern. Gerade habe ich von meiner Hausbank in Argentinien per Whatsapp ein Angebot für Dollaranleihen mit guten Zinsen bekommen. Damit will die Regierung die Dollarbesitzer überreden, ihr Geld im Land anzulegen.
Unklar ist, wie lange die Bürger Milei noch unterstützen werden. Die Inflation sinkt zwar, ist aber mit 280% im Jahr immer noch die höchste der Welt. Die Wirtschaft wird gleichzeitig wahrscheinlich dieses Jahr um voraussichtlich 2,5 Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosigkeit steigt. Mehr als die Hälfte der Argentinier leben in Armut. Dazu Christian Zweifel:
Auf dem Land, in den wichtigen Agrarregionen, gibt es keinen Hunger. Wir sagen, solange die Menschen nicht auf die Felder gehen, um den Mais einzusammeln, der vom Mähdrescher gefallen ist, so lange gibt es hier keinen Hunger. Wie lange die Unterstützung für Milei anhalten wird, das ist die Schlüsselfrage: Wenn er es schafft, die Inflation so zu kontrollieren, dass ein normaler Argentinier mit seinem Gehalt bis am Monatsende über die Runden kommt, dann hat er gewonnen.
Und vor allem junge Menschen setzen auf Milei. Die sehen, dass ihre Eltern das ganze Leben hart gearbeitet, aber es nie zu etwas Wohlstand gebracht haben.
Die Familien können nicht das Auto wechseln und nicht mehr in den Urlaub fahren. Und die jungen Leute finden keinen Job, ganz zu schweigen davon, dass sie nie ein Auto oder Haus besitzen werden oder dafür eine Hypothek aufnehmen können. Und gleichzeitig reden linke Populisten wie die Kirchners immer über den verstorbenen Präsidenten Juan Perón und seine Frau Evita. Was haben die noch mit uns zu tun, das ist vorbei und erledigt!, sagen die Jugendlichen heute. Und genauso konnte ein Phänomen wie Milei entstehen, das vor allem von jungen Menschen getragen wird.
Es ist schwierig, von Europa aus die Lage in dem südamerikanischen Land zu beurteilen. Viele Meinungen in den Medien sind durch die europäisch getönte Brille der Berichterstatter gefiltert. Insofern ist es m.E. anregend, diese Einschätzung eines Insiders zur Kenntnis zu nehmen. Vielleicht ist nach Jahrzehnten der Korruption, der Misswirtschaft und des politischen Populismus der Peronisten das verrückt erscheinende ein Anstoß zum Neuanfang?
Pünktlich zur Europawahl: Vier Forscher, die sich mit Propaganda und Desinformation beschäftigen, legen in diesem programmatischen Artikel in Foreign Affairs dar, wie demokratische Gesellschaften, ihre Politiker und Medien mit der berüchtigten verdeckten Einflussnahme auf politische Debatten umgehen sollen.
Ihre wichtigsten Takeaways:
Am wichtigsten ist ihnen zufolge, nicht in Alarmismus zu verfallen: Don’t Hype the Disinformation Threat.
Wer vor ausländischer Einflussnahme warnt, sollte zunächst die Informationsketten genau prüfen: So holten sich russische Geheimdienste die Lügen, die sie verbreiteten, gerne von fringigen Rändern der westlichen Öffentlichkeit, wo sie ohnehin schon kursieren – und zwar vom HIV-Hoax („Aids kommt aus einem US-Labor“) der Achtzigerjahre bis zu anti-ukrainischen Mythen von heute.
Die ständige Beschäftigung der Öffentlichkeit mit vermeintlichen oder tatsächlichen Manipulationen hilft in erster Linie den Manipulatoren: Exaggerating the effects of foreign influence campaigns serves only the foreign operatives. It fosters a conspiratorial outlook, in which shadowy enemies are supposedly creating wedge issues, dissenters are merely parroting foreign spies, and trust in open democratic debate is eroded…false claims of clandestine foreign interference absolve U.S. leaders of responsibility for the health of our political discourse.
Das manchmal fast zwanghafte Debunking falscher Gerüchte und Geschichten ist oft von den Lügnern schon miteingepreist: Russian intelligence officers are likely designing their campaigns so that such falsehoods will gain even more traction once the subterfuge is revealed.
Viele Player in der „Anti-Desinformationssphäre“ haben falsche Anreize: For some investigative outfits and firms, a big exposé can bring press coverage, bigger budgets, investment dollars, grants, and reputational gains, even if the exposed activity does not warrant so much attention. (Zu dem Thema hilft auch dieser Artikel aus Harper’s).
Wie ich finde, ist dieser Artikel zwingende Lektüre, bevor man über neueste Desinformationskampagnen und dergleichen berichtet.
(Ich habe über diesen ganzen Themenkomplex übrigens zuletzt hier geschrieben.)
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
DieEU hängt weiter an russischem Gas – aus der Ukraine. DieWeltbank stellt Russland ein gutes Zeugnis aus.Und dieTürkei will der Wirtschaftsgemeinschaft Brics beitreten.
Die Türkei will der Wirtschaftsgemeinschaft Brics beitreten. Das sagte Außenminister Hakan Fidan bei seinem China-Besuch vergangene Woche – der ersten Peking-Reise eines hochrangigen türkischen Politikers seit zwölf Jahren. Fidan soll nun zu einem Treffen der Brics-Außenminister im russischen Nischni Nowgorod reisen. Kommentatoren diskutieren, was das für das Verhältnis Ankara-Brüssel bedeutet. (Eurotopics) Die Kommentare aus mehreren Zeitungen stehen hier. Ankara hat offenbar den Glauben an die EU verloren – oder man will Druck auf Brüssel ausüben.
Weltbank stellt Russland gutes Zeugnis aus. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine belegte der Westen Russland mit weitreichenden Sanktionen – die dortige Konjunktur erwies sich dennoch als widerstandsfähig. Das lag der Weltbank zufolge an der hochgefahrenen Kriegswirtschaft, Subventionen und der privaten Nachfrage, die stärker ausgefallen sei als erwartet. Für 2024 prognostiziert die Weltbank ein Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent (Januar: 1,3 Prozent), für das kommende Jahr werden 1,4 Prozent (Januar: 0,9 Prozent) geschätzt. (dpa) Die Prognose wurde für beide Jahre hochgeschraubt. Russland liegt beim Wachstum weiter deutlich vor der EU, von Deutschland zu schweigen!
EU hängt weiter an russischem Gas – aus der Ukraine. Die EU ist nach wie vor auf russisches Erdgas angewiesen, obwohl sich die meisten EU-Staaten davon emanzipieren wollten. (…) Einige kaufen verflüssigtes russisches Erdgas (LNG), andere sind weiterhin auf Importe über Pipelines angewiesen. Vor allem der Transit durch die Ukraine könnte Ende des Jahres zum Problem werden, denn die Regierung in Kiew zeigt sich bislang wenig geneigt, den Transitvertrag mit Russland zu verlängern. Nun sucht Wirtschaftsminister Habeck nach einer Lösung. (telepolis)Wenn er sich da mal nicht verhebt…
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Die überraschende Entscheidung des französischen Staatschefs Macron, noch im Juni ein neues Parlament wählen zu lassen, hat in Paris und Brüssel große Sorgen ausgelöst.
Macron habe die Europawahl viel zu stark an sich gezogen und “nationalisiert”, heißt es in Paris. Der liberale Politiker mache die EU zur “Geisel”, fürchten viele in Brüssel.
Denn nun müssten die anderen EU-Länder womöglich auf Frankreich warten, etwa bei der Nominierung der neuen EU-Kommission.
Zudem könne sich die französische Europapolitik ändern, wenn die Nationalisten die Wahl gewinnen und Macron zu einer “Cohabitation” gezwungen wird.
Die eigentliche Gefahr sehe ich allerdings woanders: Dass Macron versucht, sich noch mehr in der Außen- und Sicherheitspolitik zu profilieren – und in der Ukraine noch mehr ins Risiko zu gehen.
Schon seine letzten kriegerischen Ankündigungen waren ziemlich eindeutig dem Europawahlkampf und den schlechten Umfragen geschuldet…
Dieser Beitrag ist zuerst in unserem Newsletter “Watchlist Europa” erschienen. Mehr Newsletter und Abonnement per Mail hier
P.S. Die früheren Gaullisten, heute “Republikaner”, wollen sich mit den Nationalisten zusammenschließen, sagt ihr Parteichef. Damit hätte Macron auch noch die letzte “Brandmauer” gesprengt. Derweil planen die Linksparteien eine Art Volksfront. Das kann heiter werden…
Die Wahlbeteiligung in der EU lag bei 51,01 % – die größte Gruppe waren wohl die Nichtwähler. Damit hätte Macron auch noch die letzte “Brandmauer” gesprengt. – War das sowas wie der antifaschistische Schutzwall? Eric Zemmours Partei REC (also die ganz Rechtaußen-Partei) hat sich den Konservativen (EKR) angeschlossen. Die Brandmauer ist so löchrig wie ein Schweizer Käse (siehe auch „Die Anstalt“ von heute).
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Die EU führt ihre Ukraine-Politik auch nach der Europawahl fort, als wenn nichts gewesen wäre – und verteilt neue Hilfs-Milliarden. Doch das neu ins EU-Parlament gewählte BSW sagt Nein.
War was? Nur zwei Tage nach der Europawahl, die in vielen Ländern auch eine Protestwahl gegen die europäische Ukraine-Politik war, machen Deutschland und die EU, als wenn nichts gewesen wäre.
Die amtierende EU-Kommissionschefin von der Leyen sagte in Berlin – bei einer “Wiederaufbau”-Konferenz mitten im Krieg – neue Hilfs-Milliarden zu. Bis Ende Juni sollen erneut 1,9 Milliarden Euro fließen.
Bundesfinanzminister Lindner ging noch weiter: Er will Kiew bei der Aufbau-Finanzierung beraten. “Wir wollen schon jetzt dazu beitragen, dass die Ukraine mit dem Wiederaufbau auch die Weichen für zukünftiges Wachstum stellen kann” – als wenn Berlin wüßte, wie es geht…
Zuvor hatte der ukrainische Außenminister Kuleba an die EU appelliert, dem Land den Weg in den Staatenbund zu ebnen. “Glaubt an die Ukraine”, rief er aus. Von der Leyen und Lindner muß er nicht mehr überzeugen, sie haben schon grünes Licht gegeben.
Doch das neu ins EU-Parlament gewählte BSW sagt Nein. Es hat eine Bundestags-Sondersitzung zu Ehren von Präsident Selenskyj boykottiert. “Die Zeit für Kompromisse ist vorbei”,sagte Selenskyj im deutschen Parlament. “Slava Ukraini”, rief Kanzler Scholz aus.
Das BSW wollte da nicht mitmachen. Sie protestierte dagegen, dass Selenskyj “mittlerweile nach dem Urteil vieler internationaler Beobachter auf eine offene Eskalation des Krieges und einen unmittelbaren Kriegseintritt der Nato” setze.
Ob es ähnliche Proteste demnächst auch im Europaparlament gibt?
P.S. Derweil heben die USA ihr Waffenembargo gegen die rechtsextreme ukrainische Asow-Brigade auf. “Nach einer gründlichen Überprüfung hat die 12. Spezialeinheit der ukrainischen Streitkräfte, die Asow-Brigade, die Leahy-Überprüfung durch das US-Außenministerium bestanden“, schreibt die “Washington Post”
Lindsey Graham erzählt im US-TV, dass die Ukraine auf einem Schatz sitzt, der etwa 10 bis 12 Billionen US-Dollar (an Bodenschätzen) wert ist und will als Senator so lange Waffen an die Ukros liefern, bis der „Endsieg“ errungen ist.
Schön zu sehen, dass sich in den letzten 2000 Jahren die Menschheit nicht geändert hat. Die Bauern in der Ukraine sterben für ihre Herren, mit dem Versprechen auf das Paradies.
Die Bauern in der EU bezahlen das Schlachten auf Anordnung der Dame in Brüssel… Selenskyj ist der Läufer.
Bleibt also nur die Frage, wer in der aktuellen Partie der König ist?
Die EU ist ein Eliten-Projekt, nicht für Millionen von Menschen, sondern für Miilionäre. Die AfD und “die Anderen” wurden von den Deplorables gewählt und um die geht es ja nicht. Deshalb fordert man Sondervermögen für fremde Länder, während man im eigenen Land den Sparhans gibt. Deshalb heißt die Deutsche Bundesbahn nur noch die Bahn, die deutsche Nationalmannschaft nur noch “Die Mannschaft”. Deutsche Politiker sprechen auch nur ungern von Deutschland, sie sagen lieber “das Land”. Die fühlen sich als verantwortungsbewusste Weltbürger im globalen Dorf.
Und schon wachsen die zukünftigen Ergebnisse links (BSW) von den etablierten, und rechts (AfD) von den etablierten Parteien weiter an.
Derweil hält sich die CDU für einen Wahlsieger ……. mit einen Ergebnis welches fast dem entspricht was sie bei der EU-Wahl 2019 noch bitterlich (und zu Recht) beklagt hatten. Und die SPD glaubt einfach nur besser kommunizieren zu müssen. Würde sie einfach einmal 2 Jahr die Klappe halten und den Laden einfach nur entsprechend geltender Gesetze verwalten …… sie stünde dann vermutlich wieder bei 22 + x %. Nicht gerade umwerfend, aber besser als die 12 % auf die sie (bundesweit) zusteuern. Die Grünen rätseln immerhin warum sie denn so viele % verloren haben …… und beweisen damit eindrucksvoll dass ihre Inkompetenz sich nicht alleine auf’s Regieren beschränkt. Einzig die FDP: Die arbeitet hart und konsequent daran ihren Parteienkürzel zukünftig wieder gerecht zu werden – Fast-Drei-Prozent. Das verdient Respekt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
Nachrichten von Pressenza: Das Wettern der Woche: Linke Socken mit Loch
Rache ist Blutwurst! Nein, nichts gegen die Grünen! Das mit der Blutwurst stammt aus Erich Maria Remarques‘ immer lesenswerten Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“ – wie prophetisch! Ich bezieh’s mal auf die Wahlen und frage mich: Werden sich die Wahlergebnisse…
So wie es eine Hierarchie der Grundbedürfnisse gibt, so gibt es auch eine Hierarchie der Vorurteile. Denn Vorurteile sind letztlich nichts anderes als eine Funktion unseres Bedürfnisses nach Abgrenzung. An der Spitze der Pyramide steht das Vorurteil gegen uns als…
Ein Appell zur Solidarität mit Julian Assange – „Lernt. Hinterfragt. Handelt. Jetzt!“
Julian Assange sorgte als investigativer, politischer Journalist und Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks international für Aufsehen. Wikileaks sammelt Dokumente von RegimekritikerInnen und Whistleblowern aus aller Welt und veröffentlicht sie online. 2010 veröffentlichte die Internet-Plattform Auszüge aus Militärprotokollen, die Kriegsverbrechen der US-Armee…
Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
Milei auf Europareise (I)Der geplante Deutschlandbesuch von Argentiniens Präsident Milei löst Proteste aus. Milei treibt mit seiner neoliberalen Politik die Bevölkerung in krasse Armut. Er soll einen Preis von einer Organisation mit Beziehungen zur AfD erhalten.
german-foreign-policy.com, 12. Juni 2024
HAMBURG/BUENOS AIRES (Eigener Bericht) – Gegen den geplanten Deutschlandbesuch des ultrarechten Präsidenten Argentiniens, Javier Milei, werden Proteste laut. Milei, der im Dezember vergangenen Jahres in Buenos Aires an die Macht gelangt ist, treibe mit seiner „beispiellosen“ neoliberalen Politik „weite Teile der Bevölkerung in die Armut“, heißt es in einem Offenen Brief eines Bündnisses von Nichtregierungsorganisationen an Bundeskanzler Olaf Scholz. Damit gingen „autoritäre und zunehmend repressive“ Maßnahmen und Angriffe auf „Menschen- und Freiheitsrechte“ einher. Scholz zieht es Berichten zufolge in Betracht, Milei in Berlin zu empfangen. Milei, gegen den sich in Argentinien seit seinen ersten Tagen im Amt massive Proteste regen, löse mit seiner Politik mittlerweile sogar ernste „Unruhen“ im abgelegenen Norden des Landes aus, wird berichtet. Anlass für seinen Deutschlandbesuch ist, dass die Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft ihn in zehn Tagen mit der Verleihung ihrer Hayek-Medaille ehren will. Die Hayek-Gesellschaft ist schon vor Jahren als „Mistbeet der AfD“ bezeichnet worden; ihr gehören bis heute führende AfD-Politiker an.
Zitat>: Erste Armutsunruhen
Unter der Präsidentschaft von Milei, der sich rühmt, die „stärkste Strukturanpassung der Geschichte nicht nur Argentiniens, sondern der Menschheitsgeschichte“ durchzuführen, sind Wirtschaft und Gesellschaft immer heftiger vom Kollaps bedroht.[1] Die Wirtschaft des Landes ist im März um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat eingebrochen und damit so stark wie zuletzt in der schlimmsten Phase der Covid-19-Pandemie. Dabei handelte es sich um den fünften Monatsrückgang in Folge seit Mileis Wahl. Die Jahresinflation in Argentinien wurde im April mit 289,4 Prozent angegeben. Die Armut, von der im vergangenen Jahr 41,7 Prozent der Bevölkerung betroffen waren, wurde im März von der Universidad Católica Argentina bereits mit fast 55 Prozent beziffert.[2] Der Konsum von Milchprodukten ist allein seit Jahresbeginn um ein Fünftel geschrumpft; der Fleischverbrauch ist so niedrig wie seit 30 Jahren nicht mehr. „Viele Menschen können ihre Grundbedürfnisse nicht mehr decken“, wird berichtet; im Norden des Landes komme es „bereits zu Unruhen, in weiteren Provinzen gärt es“.[3]
Preise und Medaillen
Milei, von dessen Schockprogramm es sogar in der liberalen Wirtschaftspresse heißt, „die Armen und die Mittelschicht“ seien dabei „die Leidtragenden“ [4], bereitet sich zur Zeit auf eine Europareise vor, die ihn auch nach Deutschland führen wird. Zunächst wird Milei ab Donnerstag dieser Woche als Gast auf dem G7-Gipfel in Italien erwartet. Anschließend sind Preisverleihungen in Prag und in Madrid geplant, bevor der argentinische Präsident am 22. Juni in Hamburg die Hayek-Medaille der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft in Empfang nehmen soll. Auch ein Treffen mit Kanzler Olaf Scholz ist geplant.
„Mistbeet der AfD“
Die Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft ist mehrfach wegen ihrer engen Kontakte in die extreme Rechte sowie insbesondere zur AfD in die Schlagzeilen geraten. Sie wurde 1998 gegründet, um die neoliberale Theoriebildung ihres Namensgebers in der Gesellschaft bzw. vor allem in den Eliten der Bundesrepublik tiefer zu verankern. Sie wies dabei immer einen ultrarechten Flügel auf, was mehrmals Austrittswellen auslöste. Eine erste gab es im Jahr 2015, als von damals rund 300 Mitgliedern etwa 50 unter Protest die Organisation verließen, darunter der heutige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP); da würden „wie am Stammtisch ... Vorurteile gepflegt, dogmatisch zugespitzt und hasserfüllt herausposaunt“, hieß es beispielsweise.[5] Zwei Jahre später verabschiedete sich ein Vorstandsmitglied mit der Äußerung aus der Hayek-Gesellschaft, diese sei zum „Mistbeet der AfD“ verkommen.[6] Eine weitere Austrittswelle wurde Anfang 2021 vermeldet, als unter anderem zwei FDP-Bundestagsabgeordnete ihre Mitgliedschaft beendeten, so die damalige migrationspolitische Fraktionssprecherin Linda Teuteberg. Anlass war ein erneuter Streit um die Mitgliedschaft mehrerer AfD-Politiker, zudem um den Beitrittsantrag des Ex-Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen, der inzwischen wegen seiner extrem rechten Positionen selbst vom Verfassungsschutz beobachtet wird.[7]
Die Hayek-Medaille
Maaßen ist als Teilnehmer einer Podiumsdiskussion auf den diesjährigen Hayek-Tagen am 21./22. Juni angekündigt, auf denen die Hayek-Medaille an Milei verliehen werden soll. Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel teilte Anfang 2021 mit, sie trete aus der Hayek-Gesellschaft aus, um die Auseinandersetzungen in der Organisation um die Rechtsaußenpartei zu entschärfen.[8] Weiterhin gehören der Hayek-Gesellschaft aber den offiziellen biografischen Angaben aus dem Deutschen Bundestag zufolge die Abgeordneten Beatrix von Storch und Peter Boehringer an. Boehringer ist stellvertretender Bundessprecher der AfD, von Storch ist stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion.
„Ein Glücksfall für den Liberalismus“
Die Vergabe der Hayek-Medaille an Milei hat im März Stefan Kooths in einem ausführlichen Interview begründet. Kooths ist Vorsitzender der Hayek-Gesellschaft und Direktor des Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW); er hat im Jahr 2021 zum Streit um die Mitgliedschaft mehrerer AfD-Politiker in der Hayek-Gesellschaft erklärt, „AfD-Nähe“ sei „zu einer politischen Kampfvokabel geworden, ähnlich der Nazikeule oder dem Vorwurf des Rechtspopulismus“.[9] In Wirklichkeit gehe es den „kollektivistisch-konstruktivistischen Kräften“, die den Vorwurf der AfD-Nähe erhöben, bloß darum, liberale Vorstellungen in Misskredit zu bringen. Milei dagegen sei „ein Glücksfall für den Liberalismus“, äußerte Kooths – denn er gebe „Argentinien die Chance ..., mit einem dezidiert marktwirtschaftlichen Reformprogramm aus dem ökonomischen Chaos der Vergangenheit auszubrechen und wieder die Grundlagen für Freiheit, Wohlstand und sozialen Frieden zu legen“.
Proteste
Gegen Mileis Deutschlandbesuch wird Protest laut. Man erlebe gegenwärtig, wie Mileis „marktradikale Regierung“ mit „nicht nur in der argentinischen Geschichte beispiellosen“ Maßnahmen „weite Teile der Bevölkerung in die Armut treibt“, heißt es in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Scholz, das vom Netzwerk Gerechter Welthandel und zahlreichen weiteren Nichtregierungsorganisationen unterzeichnet worden ist. Mit der „desaströsen“ Wirtschaftspolitik des argentinischen Präsidenten gehe „eine autoritäre und zunehmend repressive Sicherheitspolitik einher“; in dem Offenen Brief wird vor „anhaltenden Angriffe[n] der aktuellen argentinischen Regierung auf Menschen- und Freiheitsrechte“ sowie auf „den Naturschutz in Argentinien“ gewarnt.[10] Gegen die massiven Proteste im Land – es gab bereits zahlreiche Großdemonstrationen und zwei Generalstreiks – gehe die Regierung „zunehmend mit Gewalt“ vor; so sei bereits „kurz nach Amtsantritt der Regierung“ Milei das „Versammlungs- und Demonstrationsrecht ... massiv eingeschränkt“ worden. Weitere Proteste werden erwartet.
[1] Miguel Arndt: Konfrontation zwischen Regierung und sozialen Organisationen in Argentinien. amerika21.de 29.05.2024.
[2] La actividad económica en Argentina cayó 8.4% anual en marzo. jornada.com.mx 22.05.2024.
[3] Miguel Arndt: Konfrontation zwischen Regierung und sozialen Organisationen in Argentinien. amerika21.de 29.05.2024.
[4] Alexander Busch, Moritz Koch, Jens Münchrath, Julian Olk, Christian Rickens: Wie Javier Milei das Land aufmischt – und den Westen fasziniert. handelsblatt.com 15.03.2024.
[5] Karen Horn: Die rechte Flanke der Liberalen. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 17.05.2015.
[6] Katja Riedel, Sebastian Pittelkow: Die Hayek-Gesellschaft – „Mistbeet der Afd“? sueddeutsche.de 14.07.2017.
[7] Markus Pohl: Maaßen als Rechtsextremist abgespeichert. tagesschau.de 31.01.2024.
[8] Heike Göbel: Alice Weidel verlässt Hayek-Verein. faz.net 01.02.2021.
[9] Jens Münchrath, Julian Olk: „Milei ist ein Glücksfall für den Liberalismus“. handelsblatt.com 15.03.2024.
[10] Netzwerk Gerechter Welthandel: Kein Pakt mit dem Rechtsextremisten Milei – Verhandlungen zum EU-Mercosur-Handelsabkommen aussetzen! Offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Berlin, 10.06.2024.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
USA-Asow / Slowakei - MiG29 Jets
aus e-mail von Doris Pumphrey, 11. Juni 2024, 18:34 Uhr
_RT DE 11.6.2024
_*Peskow: Um Russland zu schaden, flirten die USA mit Neonazis
*Die USA schrecken vor nichts zurück, um Russland zu schaden, auch nicht
vor dem Einsatz von Neonazis. Das erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow
am Dienstag. Vorausgegangen war die Entscheidung der US-Regierung, das
Verbot von Waffenlieferungen an die ukrainische Asow-Brigade aufzuheben.
Die Asow-Brigade hat seit Jahren Personen in ihren Reihen, die
ultranationalistische und faschistische Ideologien vertreten. Auch in
der westlichen Presse wurde die Einheit als Magnet für solche Personen
aus der ganzen Welt beschrieben.
Am Montag gab das US-Außenministerium der Brigade die Erlaubnis,
US-Militärhilfe zu erhalten. Das Ministerium erklärte, man habe keine
Beweise für Menschenrechtsverletzungen durch die Gruppe gefunden. Dazu
sagte Peskow auf einer Pressekonferenz vor Journalisten:
/"Diese plötzliche Änderung der Haltung Washingtons beweist, dass sie
[US-Beamte] sich bei ihren Versuchen, Russland zu unterdrücken, zu allem
herablassen würden, indem sie das ukrainische Volk als Werkzeug
benutzen. Sie haben nicht einmal ein Problem damit, mit Neonazis zu
flirten."/
Asow war 2014 als Freiwilligenbataillon ukrainischer Rechtsextremer vom
weißen Rassisten Andrei Bilezki gegründet worden. Nach dem bewaffneten
Maidan-Putsch benutzten die vom Westen unterstützten neuen Machthaber
die Asow-Kämpfer, um Widerstand gegen die neue Regierung im Osten des
Landes gewaltsam zu unterdrücken. Das Bataillon wurde im folgenden Jahr
in die ukrainische Nationalgarde eingegliedert.
Im Jahr 2018 verbot der US-Kongress die Lieferung von Waffen an die
Asow-Brigade. Diese Entscheidung wurde mit der Verbindung der Einheit
zur Neonazi-Ideologie begründet.
Seit dem Ausbruch des Konflikts mit Russland arbeiten ukrainische Beamte
und Asow daran, der Einheit ein neues Image zu verpassen. Ihre
Insignien, die ursprünglich eine Hommage an die Nazi-Symbolik
darstellten, wurden entschärft, die Botschaft lautete, dass sich die
Asow-Brigade von ihren Wurzeln distanziert habe.
Einige ehemalige und aktive US-Beamte wie der frühere Botschafter in
Russland Michael McFaul unterstützten Asows Bemühungen aktiv, indem sie
Veranstaltungen auf US-Territorium organisierten.
Russland betont allerdings, dass sich der Charakter der Einheit nicht
wesentlich geändert hat. So erklärte Peskow, Asow bleibe weiterhin eine
"ultranationalistische bewaffnete Gruppe".
_RT DE 11.6.2024_
*Slowakisches Verteidigungsministerium: Weitergabe von MiG-29-Jets an
Ukraine war illegal *
Die Weitergabe von MiG-29-Kampfjets durch die Slowakei an die Ukraine im
vergangenen Jahr war illegal, und es werden rechtliche Schritte gegen
den ehemaligen Verteidigungsminister Jaroslav Nad' vorbereitet, erklärte
der Staatssekretär des slowakischen Verteidigungsministeriums, Igor
Melicher, auf seiner Facebook-Seite.
/"MiG-29-Kampfjets wurden illegal an die Ukraine geliefert. Ich bereite
rechtliche Schritte im Zusammenhang mit den Handlungen des ehemaligen
Verteidigungsministers Jaroslav Nad' vor. Die Wahrheit ist ans Licht
gekommen. Heute wurde sie durch den Ombudsmann Dobrovodský bestätigt.
Die Expertenanalyse, mit der ... Nad' den Transfer der MiG-29 ...
rechtfertigte, gibt es eindeutig nicht"/, schrieb Melicher.
Wie Melicher anmerkte, verbietet die slowakische Verfassung einer
zurückgetretenen Regierung, wichtige außenpolitische Entscheidungen zu
treffen, zu denen auch die Übergabe dieser Kampfjets im Wert von mehr
als 500 Millionen Euro in die Ukraine gehört.
Dem Beamten zufolge gibt es kein offizielles Dokument des
Verteidigungsministeriums der Republik, das den ehemaligen Minister zu
einem "solchen Schritt" ermächtigte.
Im Dezember 2022 hatte das slowakische Parlament dem von Eduard Heger
geführten Kabinett das Misstrauen ausgesprochen, doch die Regierung nahm
ihre Aufgaben kommissarisch weiterhin wahr. Im März 2023 beschloss diese
Regierung, 13 MiG-29-Kampfjets und einen Teil des Luftabwehrsystems Kub
aus früherer sowjetischer Produktion an die Ukraine zu übergeben. Die
Partei des derzeitigen Ministerpräsidenten Robert Fico der Slowakischen
Republik beantragte eine Untersuchung der Angelegenheit mit der
Begründung, Heger sei zu diesem Zeitpunkt nicht befugt gewesen, solche
Entscheidungen zu treffen. Der früher dafür zuständige
Verteidigungsminister Jaroslav Nad' behauptete seinerseits, dass
Experten die erforderliche rechtliche Analyse des Verfahrens
durchgeführt hätten.
Zuvor hatte der slowakische Ombudsmann Róbert Dobrovodský am Dienstag
erklärt, das Verteidigungsministerium des Landes habe keine juristische
Analyse finden können, die die Rechtmäßigkeit des Transfers von MiG-29
an die Ukraine im vergangenen Jahr als rechtmäßig bestätigt hätte.
Insgesamt lieferte die Slowakei bisher Militärhilfe im Wert von 680
Millionen Euro an Kiew. Im Herbst 2023, als Fico die Regierungsgeschäfte
übernahm, wurden die Waffenlieferungen aus staatlichen Mitteln
eingestellt. Der neue Premierminister wies darauf hin, dass die
Entsendung von Kampfjets in das postsowjetische Land eine grobe
Verletzung der slowakischen Verfassungsnormen darstellt.
Außerdem kritisierte er das vorherige Kabinett für die Übergabe eines
voll funktionsfähigen S-300-Luftverteidigungssystemsan die ukrainische
Armee. Laut Fico ist nicht klar, wie die Slowakei in den kommenden
Jahren mit dem Thema Luftverteidigung umgehen wird.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
Pokerspiel – Warum Macron wirklich Neuwahlen will
freedert.online, 11 Juni 2024 15:11 Uhr, Von Pierre Lévy
Kaum stand das Ergebnis der EU-Wahlen fest, überraschte der französische Präsident Emmanuel Macron sein Land – und die internationale Gemeinschaft – mit der Ankündigung von sofortigen Neuwahlen. Übermut oder eiskaltes Kalkül?
"Pokerspiel", "Banque-Spiel", "Sprung ins Leere"... Die Auflösung der Nationalversammlung, die Emmanuel Macron nur eine Stunde nach Bekanntgabe der ersten französischen Ergebnisse der Wahlen vom 9. Juni ankündigte, hat viele Kommentatoren und politische Analysten in Erstaunen versetzt. Ebenso verunsicherte – und beunruhigte – sie zahlreiche Persönlichkeiten in der EU, auch wenn diese sich diskret verhielten.
Der französische Präsident nahm das sehr hohe Ergebnis für den Rassemblement National – 31,4 Prozent – zum Anlass, die Franzosen am 30. Juni und 7. Juli an die Urnen zu rufen. Dies bestätigt, dass es keine Europawahl gab, sondern 27 nationale Wahlen in Ländern, die sich in Bezug auf den Kontext, die Aktualität, die Folgen, aber auch die nationale Geschichte und politische Kultur unterscheiden (auch wenn einige globale Trends analysiert werden sollten).
Natürlich hat der Herr des Élysée-Palasts diese Entscheidung nicht in wenigen Minuten getroffen. Wie einige seiner engsten Vertrauten berichten, hatte er schon seit Monaten darüber nachgedacht; die Entscheidung scheint bei einem Mittagessen mit einigen Beratern am 20. Mai gereift zu sein. Die Umfragen sagten bereits ein sehr starkes Ergebnis für die Rassemblement National und eine Katastrophe für die macronistische Liste voraus, die von der Liberalen Valérie Hayer angeführt wurde. Diese erhielt schließlich 14,6 Prozent der Stimmen und lag damit zwar auf dem zweiten Platz, aber mit einem abgrundtiefen Abstand zur Liste des Siegers, Jordan Bardella.
In seiner kurzen Ansprache musste der Staatschef implizit seine Niederlage eingestehen. Er hatte sich nämlich im Mai 2022 mit dem erklärten Ziel wiederwählen lassen, den als "nationalistisch" und "antieuropäisch" bezeichneten RN zugunsten einer Strategie der Fortsetzung der europäischen Integration, die er seit 2017 verkörpert, zu schwächen.
Zwar hat der RN viel Wasser in seinen Wein geschüttet in der Hoffnung, in den Kreis der Eliten aufgenommen zu werden, also salonfähig zu sein. Seine historische Chefin und schon Elysée-Kandidatin Marine Le Pen hat offiziell darauf verzichtet, die Franzosen über die Mitgliedschaft in der EU zu befragen – eigentlich hatte sich ihre Partei nie für einen Austritt aus der EU eingesetzt. Ebenso schwor die Partei, dass sie künftig der westlichen Unterstützung für die Ukraine treu bleiben würde.
Nichtsdestotrotz: Für sehr viele Wähler verkörpert der RN weiterhin die Opposition gegen Brüssel. Und er behält das Image einer Partei, die weniger moskaufeindlich und friedensfreundlicher ist als die traditionellen politischen Kräfte – was diese ihm im Übrigen immer wieder vorgeworfen haben. In diesem Zusammenhang stellt das Ergebnis vom 9. Juni einen Rückschlag nicht nur für Emmanuel Macron, sondern auch für die "europäische Idee" dar, mit der sich Macron identifiziert hat.
Da sich diese monumentale Ohrfeige nicht verbergen ließ, gingen die Strategen im Élysée-Palast davon aus, dass sie als Gelegenheit dienen könnte, die Karten neu zu mischen. Denn seit 2022 verfügt der Staatschef nicht mehr über eine Mehrheit in der Nationalversammlung. Daher muss jedes Projekt und jedes Gesetz endlos verhandelt werden, bevor es verabschiedet werden kann. Manchmal enden die Verhandlungen im Parlament in einer Sackgasse, sodass die Regierung verfassungsrechtliche Tricks anwenden muss, um Texte ohne Abstimmung durchzusetzen.
Dies war der Fall, als die unpopuläre Rentenreform durchgesetzt werden sollte. Auch die Verabschiedung von Haushaltstexten bereitet Kopfzerbrechen. Kurzum, seit vielen Monaten herrscht eine Lähmung des politischen Handelns. Und das zu einer Zeit, in der die EU die Wiederaufnahme von "Reformen" und Haushaltskürzungen fordert. Im Übrigen ist der französische Präsident, der versucht, seinen Einfluss in Brüssel zu festigen, durch das Image eines nicht reformierbaren Landes mit ständigen Defiziten behindert.
Das strategische Ziel des Präsidenten besteht also darin, aus dieser Situation herauszukommen. Nebenbei spielten auch taktische Ziele eine Rolle: Emmanuel Macron, der 2027 nicht erneut kandidieren darf, versucht, die Kontrolle über die Wahl seines Nachfolgers zu behalten. Das bedeutet, dass er einige Bewerber überrumpeln muss, die sich schon fast im Wahlkampf befanden.
Eine Frage bleibt natürlich: Hat das Pokern des Staatschefs angesichts des Wahldesasters vom 9. Juni und seiner sehr großen Unbeliebtheit, die dazu beigetragen hat, überhaupt eine Chance auf Erfolg? Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh, um eine eindeutige Antwort zu geben.
Dies gilt insbesondere für die Tragfähigkeit der präsidialen Berechnungen. Diese beruhen auf dem Slogan: "Ich oder das Chaos", wobei das "Chaos" hier durch das fantastische Gespenst der Rückkehr der "braunen Pest" und der "dunkelsten Stunden unserer Geschichte" dargestellt wird. Ein Gespenst, gegen das ein heiliger Bund geschlossen werden solle. Dieser Aufruf richtet sich in erster Linie an die Partei der klassischen Rechten, Les Républicains (LR).
Der Präsident hofft, auf diese Weise große Teile der LR unter seinem Banner einfangen zu können, zumal es bereits zu punktuellen Anschlüssen gekommen ist, die manchmal mit Ministerposten belohnt wurden. Es stimmt, dass es keine ideologischen Hindernisse zwischen den Freunden Emmanuel Macrons und der LR gibt (einer Partei, die mit 7,2 Prozent der Stimmen nach wie vor blutleer bleibt).
Es gibt auch keine ideologische Kluft zur Sozialistischen Partei (deren Liste 13,8 Prozent der Stimmen erhielt, was angesichts deren Geschichte ein klägliches Ergebnis ist, aber immerhin doppelt so viel wie 2019). Auf dieser Seite ist das makronistische Kalkül jedoch anders. Indem er die kürzestmögliche Kampagne durchsetzt, hofft der Élysée-Palast (wahrscheinlich erfolglos), jegliche Allianz innerhalb der "Linken" zu überrumpeln.
Zwar rufen die verschiedenen Parteien dieser Seite alle zu einer "Volksfront" gegen den RN auf. Aber zwischen der PS, die sich treu an den Dogmen der EU orientiert, und La France insoumise (LFI), die eine radikalere Sprache spricht und auf die Notwendigkeit besteht, sich auf ein klares Programm zu einigen, sind die Spannungen, insbesondere in den letzten Monaten, immer stärker geworden. Wird es daher möglich sein, wie 2022, aber diesmal innerhalb weniger Tage, gemeinsame Kandidaturen und ein gemeinsames Programm aufzustellen?
All dies wird das Profil der nächsten Nationalversammlung bestimmen: Ausgestattet mit einer absoluten Mehrheit von Macron-freundlichen Abgeordneten? Erobert von einer heterogenen, linken Mehrheit? Dominiert von der RN? Oder zersplittert und noch unregierbarer als die scheidende Kammer?
Keine dieser Hypothesen ist bislang ausgeschlossen. Die letzten beiden sind nicht die unwahrscheinlichsten – und sind genau die, die in Brüssel gefürchtet werden. Denn für eine Europäische Union, die bereits durch ihre Spaltungen und Widersprüche zwischen den Mitgliedstaaten bei wichtigen Themen (Haushaltszwänge, gemeinsame Anleihen, Industrie- und Handelspolitik, Umwelt, Erweiterung, Einwanderung usw...) belastet ist, würde die "Destabilisierung" der zweitgrößten Macht des Klubs ein zusätzliches großes Handicap darstellen.
Ganz nebenbei erschwert die Auflösung der französischen Nationalversammlung bereits jetzt die diskreten und ohnehin schon komplexen Verhandlungen zwischen den Hauptstädten über die Besetzung der höchsten EU-Posten (Kommissions- und Ratspräsident, Hoher Vertreter...).
Wie dem auch sei, angesichts der Kürze der Kampagne wird man bald mehr Klarheit haben.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
Medien: Macron schließt Rücktritt nicht aus
freedert.online, vom 11 Juni 2024 12:14 Uhr
Laut Medienangaben zieht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Möglichkeit eines Rücktritts in Betracht. Mit der extremen Maßnahme wolle Macron schockieren und die nächste Präsidentenwahl "dramatisieren". Der Élysée-Palast dementierte die Informationen.
Vor dem Hintergrund der Auflösung der Nationalversammlung schließt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Rücktritt nicht aus. Dies hat am Dienstag der Rundfunksender Europe 1berichtet. Demnach soll Macron in den vergangenen Wochen eine mögliche Amtsaufgabe mit einem seiner Ansprechpartner besprochen haben. Eine dem Präsidenten nahe Quelle betonte gegenüber Europe 1, ein Rücktritt sei kein Tabu. In der aktuellen Lage müsse man alle Szenarien in Erwägung ziehen. Der Staatschef sei bereit, den Rest seiner fünfjährigen Amtszeit zu opfern.
Offenbar würde der Schritt als extreme Maßnahme und keine bevorzugte Variante angesehen, lautet der Medienbericht weiter. Die Aussicht auf einen Rücktritt könne jedoch zu einer "Dramatisierung der bevorstehenden Wahl" dienen. Macrons Hauptziel bestehe letztendlich darin, zu schockieren.
Eine andere Strategie sehe die Koexistenz mit der Partei "Rassemblement National" vor, um diese bis zur nächsten Präsidentenwahl im Jahr 2027 "glücklich scheitern" zu lassen.
Am Dienstagmorgen dementierte der Élysée-Palast jegliche Informationen zu vermeintlichen Absichten des Präsidenten, das Amt niederzulegen.
Am vergangenen Wochenende hatten Marine Le Pen und ihre Partei Rassemblement National bei der Europawahl einen klaren Sieg erzielt. Am Sonntagabend kündigte Macron die Auflösung der Nationalversammlung, der Unterkammer des französischen Parlaments sowie Neuwahlen am 30. Juni und 7. Juli an. Zum letzten Mal veranlasste Jacques Chirac im Jahr 1997 eine Regierungsauflösung.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
12.06.2024
Einstein im Bundestag
nachdenkseiten.de, 12. Juni 2024 um 13:30
Ein Artikel von Oskar Lafontaine
Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach im Deutschen Bundestag. Die Mehrheit der Abgeordneten bestätigte Albert Einstein: „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Zu Beginn zitierte die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas passenderweise den ukrainischen Schriftsteller und Faschisten Serhij Zhadan, der die Russen als „Unrat“, „Tiere“ und „Schweine“ bezeichnet: „Wer sich im Raum des Krieges befindet, macht keine Zukunftspläne. Denkt nicht weiter darüber nach, wie die Welt von morgen aussehen wird.“
Ohne es zu wollen, hatte die SPD-Politikerin Bas damit das Ergebnis des Selenskyj-Besuchs im Deutschen Bundestag zusammengefasst. Der entscheidende Satz seiner Rede lautete: „Die Zeit der Kompromisse ist vorbei.“ Damit sagte der Präsident, der Verhandlungen mit Russland per Dekret verboten hat, der Krieg, das Sterben in der Ukraine und das Zerstören des Landes werden endlos weitergehen. Selenskyj fordert ultimativ, dass die Atommacht Russland ihre Truppen aus dem Donbas und der Krim wieder zurückzieht. Diese Forderung ist – wie die ganze Welt mit Ausnahme der USA und ihrer Vasallen weiß – fernab jeder Wirklichkeit. Und auf die Idee, dass die russischsprachige Bevölkerung auf der Krim und im Donbas ein Mitspracherecht hätte und darüber abstimmen müsste, ob sie nach dem jahrelangen Krieg Kiews gegen die russischsprachige Bevölkerung mit 14.000 Toten zur Ukraine gehören will, kommen weder Selenskyj noch die ihn unterstützenden Parteien im Bundestag.
Welch ein Segen wäre es für die ukrainische Bevölkerung gewesen, wenn Selenskyj vor zwei Jahren nicht dem Drängen des US-Präsidenten Biden und dem damaligen britischen Premierminister Johnson nachgegeben und das für die Ukraine vorteilhafte Abkommen zur Beendigung des Krieges unterschrieben hätte.
Dass die Mehrheit des Deutschen Bundestages am Ende einer Rede einen Präsidenten mit stehenden Ovationen feiert, dessen Politik zu einem nicht enden wollenden Sterben der Menschen und der Zerstörung der Ukraine führt, bestätigt Albert Einstein.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Duma-Vorsitzender Wolodin zu EU-Wahlen: Macron und Scholz sollten zurücktreten
freedert.online, vom 10 Juni 2024 12:10 Uhr
In einem Kommentar zu den Europawahlen meint der Dumasprecher Wjatscheslaw Wolodin, dass sich der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz "mit letzter Kraft an die Macht klammern", aber besser zurücktreten sollten.
Bild vom 28. Mai 2024: Der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz auf Schloss Meseberg bei Berlin
Wjatscheslaw Wolodin, der Vorsitzende der russischen Staatsduma, stellte am Montag fest, dass die Ergebnisse der EU-Wahlen zwar noch nicht ausgewertet seien, aber bereits erste Schlussfolgerungen am Beispiel der wichtigsten EU-Staaten gezogen werden könnten. Der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz sollten zurücktreten. Die vorläufigen Ergebnisse zeigten, dass Macrons Politik gescheitert sei und die deutsche Regierungskoalition die Unterstützung der Bevölkerung verloren habe. Wolodin schrieb auf Telegram:
"Die Ergebnisse in Frankreich und Deutschland waren vorhersehbar. Die Wirtschaft stagniert, es gibt eine Migrationskrise, die Länder sind gegen ihre nationalen Interessen in den Ukraine-Krieg verwickelt. Macron und Scholz klammern sich mit letzter Kraft an die Macht. Es wäre gut, wenn sie selbst zurücktreten und aufhören würden, die Bürger ihrer Länder zu schikanieren."
In Frankreich habe die Partei Rassemblement National von Marine Le Pen fast 32 Prozent der Stimmen erhalten – doppelt so viel wie Macrons Verbündete, erklärte Wolodin.
Walentina Matwijenko, die Sprecherin des russischen Föderationsrates, bezeichnete die "vernichtende Niederlage" von Macron und Scholz als verdient. Dies bestätige deren "Versagen als nationale und europäische Politiker".
Wenn man den Befehlen Washingtons folge und seine Souveränität aufgebe, "kann man nichts anderes erwarten", so Matwijenko. Sie betonte:
"Es scheint, dass sich ein gefährlicher Virus der Illegitimität auf dem europäischen Kontinent auszubreiten beginnt."
Nach vorläufigen Angaben lag die Wahlbeteiligung EU-weit bei 51 Prozent. In Deutschland haben CDU und CSU mit großem Abstand gewonnen. Zweitstärkste Partei wurde die AfD mit 15,9 Prozent. Die SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz kam mit 13,9 Prozent auf den dritten Platz. Die Grünen stürzten von 20,5 Prozent im Jahr 2019 auf 11,9 Prozent ab und erreichten damit Platz vier. Das erstmals zur Wahl stehende Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam aus dem Stand auf 6,2 Prozent.
Macron kündigte nach den Verlusten seines Bündnisses die Auflösung des Parlaments an. Neuwahlen sollen bereits am 30. Juni und 7. Juli stattfinden.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
EU: Keine Wahleinmischung durch ausländische Staaten
freedert.online, 11 Juni 2024 14:34 Uhr
Im Vorfeld der Wahl zum EU-Parlament wurde vor Desinformation und Propaganda gewarnt. Vor allem Russland war im Fokus. Russland wird unterstellt, für Propagandakampagnen verantwortlich zu sein. Nun stellt die EU-Task Force gegen Desinformation fest, es hat keine Einmischung gegeben.
Die EU hat aufgrund ihrer Sorge vor ausländischer Einmischung eine eigene Task-Force eingerichtet, die mit dem Kampf gegen Desinformation und Wahleinmischung beauftragt ist, das European Digital Media Observatory, abgekürzt EDMO. Auch im Vorfeld der Wahl zum EU-Parlament wurde vor ausländischer Desinformation und Propaganda gewarnt. Vor allem Russland stand im Fokus. Auf der Website von EDMO heißt es dazu:
"Die Produktion und Verbreitung von Desinformation in vielen EU-Ländern ist ein zunehmendes Problem. Die Auswirkungen von Desinformation müssen durch Schulung von Medienkompetenz und ein stärkeres Problembewusstsein aufseiten der öffentlichen Institutionen, der Medien sowie anderer relevanter Interessengruppen und Bürger kompensiert werden. Darüber hinaus wird ausländischen Medienunternehmen, die die EU durch die Verbreitung von Desinformation schwächen wollen, große Aufmerksamkeit gewidmet."
Die Taskforce habe die Aufgabe, alle Versuche zu bekämpfen, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in den demokratischen Prozess zu unterminieren versuchen, heißt es weiter.
Nun sind die EU-Parlamentswahlen gelaufen und die EDMO zieht Bilanz. Die fällt ernüchternd aus, denn nach Aussagen der Kämpfer gegen Desinformation und russische Propaganda hat es keine nennenswerten Versuche der Einmischung gegeben.
"Während die Bürger zu den Wahlen aufgerufen sind, scheinen keine größeren Desinformationskampagnen im Gange zu sein", gibt das EDMO kleinlaut zu. Weiter heißt es: "Obwohl es im Vorfeld der Wahlen Falschmeldungen über Wahlbetrug und Unregelmäßigkeiten gab, die zur Wahlenthaltung drängen sollten, wurden derartige Meldungen bei der Wahl nicht beobachtet."
Der Glaube, Russland und andere ausländische Mächte würden alles daran setzen, sich in westliche Wahlen einzumischen, hat inzwischen Tradition. Bei den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 behauptete die Wahlverliererin Hillary Clinton, Wahlsieger Donald Trump hätte seinen Erfolg illegaler russischer Unterstützung zu verdanken. Wie auch jetzt zur EU-Wahl konnte Clinton ihre Behauptungen nicht belegen. Auch in Deutschland wird immer wieder behauptet, die AfD verdanke ihre Erfolge russischer Einmischung. Jedoch gibt es auch für diese Behauptung keine hinreichenden Beweise.
Das führte allerdings nicht dazu, dass die Kritik abflaute, sondern dass die Kriterien, ab wann es sich um "Einmischung" handelt, immer weiter abgesenkt wurden. Inzwischen gilt in der deutschen Politik und in den großen deutschen Medien ein Gespräch mit einem russischen Vertreter oder ein Besuch in Russland oder der russischen Botschaft in Berlin bereits als Beleg für russische Einflussnahme. Ziel ist dabei offenbar, jeden Kontakt in Richtung Russland durch öffentliches Skandalisieren zu unterbinden.
Für den Westen gelten jedoch andere Regeln als die, die er an Russland oder China anlegt. Durch politische Stiftungen und sogenannte NGOs nehmen sich die Länder des Westens das Recht heraus, unter dem Deckmantel der "Demokratieförderung" und der "Förderung der Zivilgesellschaft" sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder massiv einzumischen. Das geht bis hin zur Unterstützung von Putschversuchen.
Zuletzt hat sich Georgien mit einem Transparenzgesetz gegen die ausländische Einmischung zur Wehr gesetzt. Die EU hat aufs Schärfste protestiert und damit gedroht, den Prozess zur Aufnahme des Landes in die EU auszusetzen. In Georgien ist eine Regierung an der Macht, die sich um Neutralität bemüht und ihre Kontakte nach Russland aufrechterhält. Die EU versucht das durch Einflussnahme und Einmischung zu unterbinden.
In Russland wurde im vergangenen Jahr die LGBT-Bewegung verboten. Die in Russland operierenden LGBT-Organisationen werden massiv vom Westen unterstützt und gefördert. Ziel ist, das Thema der sexuellen Identität zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands zu nutzen. Die von der LGBT-Bewegung proklamierte Identitätspolitik ist ein fundiertes Mittel zur Fragmentierung und Spaltung von Gesellschaften.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
AfD und BSW boykottieren Selenskyj-Rede im Bundestag
aus e-mail von Doris Pumphrey, 11. Juni 2024, 18:29 Uhr
_Berliner Zeitung 11.6.2024
_
*AfD und BSW boykottieren Selenskyj-Rede im Bundestag
*Kurz vor der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im
Bundestag haben die Abgeordneten des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) das
Plenum verlassen. Auch die Stühle der AfD-Reihen blieben größtenteils
leer. Das BSW hatte den Schritt angekündigt. Der AfD-Fraktionsvorstand
hatte dies seinen Abgeordneten ebenfalls empfohlen.
Von der AfD-Fraktion blieben nur die Abgeordneten Rainer Kraft, Joachim
Wundrak, Norbert Kleinwächter und Albrecht Glaser sitzen.
In einer Erklärung schrieb das BSW, dass sie „den völkerrechtswidrigen
Krieg Russlands in der Ukraine“ zwar verurteilen, allerdings trage
Präsident Selenskyj aktuell dazu bei, „eine hochgefährliche
Eskalationsspirale zu befördern“. Er nehme damit das Risiko eines
atomaren Konfliktes mit verheerenden Konsequenzen für ganz Europa in Kauf.
Wörtlich hieß es in der Erklärung weiter, dass Selenskyj mit seiner
Politik „mittlerweile nach dem Urteil vieler internationaler Beobachter
auf eine offene Eskalation des Krieges und einen unmittelbaren
Kriegseintritt der Nato“ setze. Der jüngste Angriff auf das
Frühwarnsystem der strategischen Atomstreitkräfte Russlands sei „der
bisherige Gipfel dieser hochgefährlichen Strategie“. Das halte das BSW
für unverantwortlich.
Dass Selenskyj im Bundestag sprechen darf, wertet die im Januar
gegründete Partei als „Symbol der kritiklosen Zustimmung zu seiner
Politik“ – das könne das BSW nicht unterstützen. Der ukrainische
Präsident sollte im Bundestag „nicht mit einer Sonderveranstaltung
gewürdigt werden“. Denn das sei kein kritischer Dialog.
Das BSW fordert die Bundesregierung auf, „ihren Einfluss auf Selenskyj
geltend zu machen, damit er sich für Friedensgespräche
/*Aus anderen Parteien kam umgehend scharfe Kritik.* "Sahra Wagenknecht
ist scheinbar jedes Mittel zur eigenen Profilierung Recht. Das alles auf
dem Rücken der Ukraine, wo Menschen auch zur Stunde um ihr Leben bangen
und kämpfen müssen", sagte die *Parlamentarische Geschäftsführerin der
SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast.*
Der Linkspartei-Politiker *Dietmar Bartsc*h nannte das Vorgehen ein
"Unding": Wie auch immer man zu Selenskyj oder zu Waffenlieferungen
stehe, in der Demokratie gehe es darum, zumindest zuzuhören, und nicht
darum, Aufmerksamkeit zu erregen, so Bartsch.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes *Strack-Zimmermann* reagierte im
Onlinedienst X: "Mit dem BSW hat Putin nun schon die zweite Partei in
Deutschland, die ihm unreflektiert folgt." Strack-Zimmermann spielt
damit offenbar auf die AfD an.
*Sowohl BSW als auch AfD hatten im Wahlkampf vor der Europawahl stark
auf das Thema Ukraine gesetzt und sich dabei von der Position aller
anderen im Bundestag vertretenen Parteien abgegrenzt*. Das BSW bekam
dabei von vielen seiner Wählerinnen und Wählern ausdrücklich
Rückendeckung für diesen außenpolitischen Kurs. In einer Umfrage im
Auftrag der /ARD/ gaben 74 Prozent von ihnen an, dass sie es gut finden,
dass sich das BSW gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine einsetzt.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Mahnwachen / Erinnerung nächster FORUM-Abend 17.6. / weiteres FORUM 6.8. und Mitte August
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Konsequenzen nach der vernichtenden Wahl-Niederlage?
aus e-mail von Joachim Schäfer, vom 11. Juni 2024, 12:13 Uhr
Danke für diese Diskussion (um 2010 haben wir noch ständig über das BGE etc. diskutiert) und Ralfs Hinweis auf Pepe Mujica: https://gruen4future.de/2020/05/08/pepe-mujica-was-wir-kaufen-bezahlen-wir-nicht-mit-geld/, der auch mein Lieblingspolitiker ist und ein großes Vorbild für alle „Eliten“ (Politiker, Manager, Besitzer großer Vermögen etc. – natürlich auch für „normale“ Menschen) sein sollte.
Mai 08 2020
Pepe Mujica: Was wir kaufen, bezahlen wir nicht mit Geld
Wir haben Berge von überflüssigem Bedarf angehäuft. Ständig müssen wir kaufen, wegwerfen, kaufen … .Es ist unser Leben, das wir verschwenden. Denn wenn wir etwas kaufen, bezahlen wir nicht mit Geld. Wir bezahlen mit unserer Lebenszeit, die wir aufwenden, um dieses Geld zu verdienen.Der Unterschied ist: Leben lässt sich nicht kaufen. Es vergeht einfach. Und es ist schrecklich, dein Leben zu verschwenden, indem du deine Freiheit verlierst.
“Pepe” José Mujica, ehemaliger Präsident von Uruguay.
Das Problem der Zukunft ist natürlich: Wie könnte – wenn es denn gewollt wäre – Politik in „hochentwickelten“ (was auch immer das inhaltlich bedeutet) Ländern eine Umkehr in diese Richtung schaffen?
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Kampf um den Ukraine Schatz
aus e-mail von Thomas Nauerth, 11. Juni 2024, 14:22 Uhr
Liebe VB Vernetzte,
anbei eine, nun sagen wir mal, recht ungewöhnliche Sicht auf den Krieg
in der Ukraine. Kampf um Werte, unsere Freiheit und unsere Demokratie?
Da scheint es ganz andere Ideen zu geben. Was zu solchen Perspektiven
wohl die Soldaten sagen, die ihre Haut zu Markte tragen?
/"Die Bedeutung der Ukraine im geopolitischen Wettbewerb hatte am
Sonntag der republikanische Senator Lindsey Graham herausgearbeitet. Er
sagte in der Sendung „Face The Nation“ von CBS, es sei wichtig, der
Ukraine jetzt unter die Arme zu greifen. Die Ukraine verfüge über „zehn
bis zwölf Billionen Dollar an kritischen Mineralien“, das Land sitze
„auf einer Goldmine“ und könnte „das reichste Land in ganz Europa
sein“. Graham sagte: „Wenn wir der Ukraine jetzt helfen, kann sie der
beste Geschäftspartner werden, von dem wir je geträumt haben.“ Der
einflussreiche Senator weiter: „Ich möchte dieses Geld und diese
Vermögenswerte nicht Putin geben, damit er sie mit China teilt.“ Diese
zehn bis zwölf Billionen Dollar an kritischen Mineralien könnten von der
Ukraine und dem Westen genutzt werden, anstatt an Putin und China
gegeben zu werden. Es sei eine entscheidende Frage, wie der Krieg in der
Ukraine ende: „Helfen wir ihnen, einen Krieg zu gewinnen, den wir uns
nicht leisten können zu verlieren. Lassen Sie uns eine Lösung für diesen
Krieg finden. Putin zehn oder zwölf Billionen Dollar für kritische
Mineralien zu überlassen, damit er diese mit China teilen wird, ist
lächerlich.“/
//
/Ukraine: Wiederaufbau mit Hindernissen. Die Regierung der USA will mit
dem Wiederaufbau bereits während des Krieges beginnen. Doch es gibt
- Zeitenwende und Machtwechsel. Die Wallfahrt der orientalischen Wissenschaftselite in Mt 2,1–12. In: transformatio; 2 (2/2023) 96-109 (https://transformatio-journal.org)
- Politische Mediation als religiöse Aufgabe. Eine mittelalterliche Entdeckung und gegenwärtige Herausforderung. In: Harbeck-Pingel, Bernd / Hinrichs, Karen / Schwen-demann, Wilhelm (Hg.), Diskurse und Differenzen. Friedensethische Perspektiven, Berlin 2023, 13-32
וְאֹהֵ֣ב חָמָ֑ס שָֽׂנְאָ֥ה נַפְשֽׁוֹ
"Ich denke an all die Grausamkeit, an all die unschuldigen Menschen, die für den Wahnsinn bezahlen, den Wahnsinn auf allen Seiten, denn der Krieg ist ein Wahnsinn, und im Krieg kann keiner sagen: „Nein, ich bin nicht wahnsinnig.“ Der Wahnsinn des Krieges. (…)
Die Unschuldigen bezahlen den Krieg, die Unschuldigen! Denken wir an diese Wirklichkeit und sagen wir zueinander:
Der Krieg ist ein Wahnsinn. Und jene, die am Krieg und am Waffenhandel verdienen, sind Verbrecher, die die Menschheit töten. (Papst Franziskus, Generalaudienz, 24. August 2022)
»Krieg ist zuerst die Hoffnung, dass es einem besser gehen wird,
hierauf die Erwartung, dass es dem anderen schlechter gehen wird,
dann die Genugtuung, dass es dem anderen auch nicht besser geht,
und hiernach die Überraschung, dass es beiden schlechter geht.« (Karl Kraus)
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Bundeskanzler Scholz zu 36.586 toten Palästinensern: „Israel tut alles, um sich an das Völkerrecht zu halten“
nachdenkseiten.de, 10. Juni 2024 um 14:00
Ein Artikel von: Florian Warweg
Mit Stand 5. Juni spricht UN-OCHA, das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, von weit über 36.000 von der israelischen Armee getöteten Palästinensern, davon die Mehrheit Frauen und Kinder. Über 10.000 Zivilisten gelten zudem als unter den Trümmern vermisst. 1,1 Millionen Einwohner Gazas, also über die Hälfte der Gesamtbevölkerung, sind durch das israelische Vorgehen laut UN-Angaben direkt vom Hungertod bedroht (IPC-Phase 5). Spanien schloss sich vor diesem Hintergrund als zweites EU-Land dem von Südafrika angestrengten Völkermordverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen Israel an. Auch alle großen renommierten Menschenrechtsorganisationen sprechen von belegten Völkerrechtsverbrechen Israels im Gazastreifen. Doch all dies scheint keine Auswirkungen auf die entsprechende Bewertung der Bundesregierung zu haben. Auf Nachfrage der NachDenkSeiten betonte Regierungssprecher Steffen Hebestreit erneut, dass Kanzler Olaf Scholz – wider allen Fakten – davon überzeugt sei, dass Israel weiterhin alles tue, um sich an das Völkerrecht zu halten.
Seit acht Monaten überzieht die israelische Armee die palästinensische Zivilbevölkerung mit rücksichtslosen Vergeltungsschlägen, die vor nichts und niemandem Halt machen. Die Granaten, Raketen, Bomben und MG-Salven der anhaltenden Luft- und Bodenoffensive töteten bis zum 5. Juni dieses Jahres allein 196 UN-Mitarbeiter von insgesamt fünf UN-Institutionen (192 UNRWA, 1 WHO, 1 UNDP, 1 UNOPS, 1UNDSS), 493 Mitarbeiter im Gesundheitswesen und 147 Journalisten. Alles Vertreter von Berufsgruppen, die als eigentlich besonders vom Völkerrecht geschützt gelten. Die Zahl der von der israelischen Armee innerhalb der ersten vier Monate getöteten Kinder übersteigt signifikant die Gesamtzahl aller in den letzten vier Jahren in allen Konflikten weltweit getöteten Kinder.
Die eklatante Doppelmoral hinter der Aussage des Regierungssprechers („Der Bundeskanzler ist davon überzeugt, dass Israel alles tut, um sich an das Völkerrecht zu halten“) angesichts der aufgeführten Zahlen wird nochmal deutlicher, wenn man sich vorstellen würde, solche Verhältnisse wie in Gaza würden in der Ukraine herrschen. Würde die Bundesregierung auch darauf beharren, dass Russland Völkerrecht einhält, wenn seit Monaten wegen der Zerstörung der gesamten zivilen Energieinfrastruktur ein kompletter Blackout in der gesamten Ukraine herrschen würde, systematisch Gesundheitseinrichtungen (155), Schulen (516 von 563 Schulen gelten als beschädigt oder zerstört, davon 55 Prozent als von der IDF gezielt beschossen), Universitäten und Wohngebäude (60 Prozent) ins Visier genommen würden und die Mehrzahl der Todesopfer Frauen und Kinder wären? Würde die Bundesregierung auch schweigen, wenn die russischen Streitkräfte eine je dreistellige Anzahl an Journalisten, humanitären Helfern und UN-Mitarbeitern getötet hätten sowie weit über die Hälfte der ukrainischen Bevölkerung unter einer Hungersnot (ICP-Phase 5 „katastrophales Niveau der Ernährungsunsicherheit“) leiden würde? Die Antwort auf diese Frage ist evident. Völkerrechtliche Maßstäbe richten sich aber außerhalb Deutschlands nicht nach politischen Präferenzen oder einer vorgeblichen „Staatsräson“:
Vor diesem Hintergrund hat sich im Juni nach Irland auch Spanien als zweites EU-Land dem von Südafrika angestrengten Völkermordverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen Israel wegen des militärischen Vorgehens im Gazastreifen angeschlossen.
Es handele sich, so die Begründung des spanischen Außenministers José Manuel Albares, „um einen großangelegten Krieg, der nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen unterscheidet“. Außerdem verweist die spanische Regierung darauf, dass Israel die vom IGH angeordneten Maßnahmen völlig ignoriert. Ebenfalls ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht.
Doch die Bundesregierung unter Olaf Scholz verschließt im Namen einer vorgeblichen „Staatsräson“ vor all diesen Zahlen und Fakten – auch nach acht Monaten und Abertausenden getöteten Kindern und Frauen – die Augen, isoliert sich international immer mehr und verliert massiv an Glaubwürdigkeit und Reputation, selbst bei einst engen Partnern in Europa, Afrika, Nahost und Lateinamerika. Durch ihre uneingeschränkte politische, militärische und diplomatische Unterstützung für Israels Vorgehen in Gaza wird die Bundesregierung zudem immer mehr zum Mittäter bei einem militärischen Agieren, welches die Mehrzahl der internationalen Staatengemeinschaft mittlerweile als Genozid bewertet.
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 5. Juni 2024
Frage Warweg Herr Hebestreit, am 15. Mai hat Ihr Stellvertreter Herr Büchner hier noch erklärt, dass der Kanzler vollumfänglich davon ausgehe, dass sich Israel bei seinem Vorgehen in Gaza an das Völkerrecht halte. Inzwischen ist fast ein Monat vergangen. Bleibt der Kanzler nach wie vor bei der Aussage, dass er vollumfänglich daran glaubt, dass sich Israel in Gaza an das Völkerrecht hält?
Regierungssprecher Hebestreit Der Bundeskanzler ist davon überzeugt, dass Israel alles tut, um sich an das Völkerrecht zu halten. Es gibt Vorfälle, die kritisierbar sind. Sie werden auch in Israel gerade untersucht, unter anderem durch eine Untersuchung, die auch uns hier in der vergangenen Woche beschäftigt hat. Die Ergebnisse muss man abwarten.
In Ihrer Frage geht es, denke ich, um die grundsätzliche Haltung. Das sehen wir weiterhin so, ja.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Palästinensischer Arzt verklagt Ampel in Berlin / Scholz-Israel
aus e-mail von Doris Pumphrey, 11. Juni 2024, 10:20 Uhr
Waffenembargo gegen Israel zu verhängen, wird am Donnerstag im Bundestag
debattiert.
Die Haltung der Bundesregierung könnte ihr jetzt auf die Füße fallen.
Vor dem Verwaltungsgericht Berlin wird eine Klage verhandelt, in der ein
Stopp deutscher Waffenexporte nach Israel gefordert wird. Laut Zahlen
des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) war
Deutschland 2023 nach den USA der zweitgrößte Lieferant schwerer
konventioneller Waffen an Israel.
Der Kläger ist Palästinenser und arbeitet als Oberarzt im Bereich der
Kindermedizin an einer Berliner Klinik. „In einem Land zu leben, das
sich mit Waffenlieferungen an den Kriegsverbrechen gegen die
Palästinenser in Gaza, in der Westbank und im Besonderen an seiner
Familie beteiligt, ist für den Kläger unerträglich“, sagt seine Anwältin
Beate Bahnweg der Berliner Zeitung. Deshalb habe er sich im Februar 2024
entschlossen, gegen die Genehmigung von Kriegswaffenexporten durch die
Bundesregierung zu klagen. Durch den Feldzug der israelischen Armee nach
dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 habe der Kläger bereits 27
Familienmitglieder verloren.
„Bei Israel handelt es sich um einen Drittstaat“, heißt es in der
Klageschrift, die der Berliner Zeitung vorliegt. Und weiter:
„Genehmigungen für Kriegswaffenexporte sind bei einem Drittstaat
restriktiv zu erteilen.“ Sie seien generell zu versagen, soweit die
Gefahr bestehe, dass Deutschland hierdurch seine völkerrechtlichen
Verpflichtungen verletze. „Es ist mittlerweile als gesichert anzusehen,
dass Israel gezielt gegen Zivilisten vorgeht oder deren Tod zumindest
billigend in Kauf nimmt.“
In ihrer Erwiderung argumentiert die Bundesregierung, sie könne einen
vollständigen Rüstungsexportstopp nicht verhängen, weil dies negative
Auswirkungen auf die deutsch-israelische Rüstungskooperation habe.
Darunter fielen etwa „aktuelle Projekte zum Schutz deutschen
Territoriums vor Flugkörpern“ – gemeint ist die Beschaffung des
Raketenabwehrsystems Arrow. Insofern sei die deutsch-israelische
Kooperation „auch für die Verteidigungsfähigkeit der von der
Bundesregierung unterstützten Ukraine von grundlegender Bedeutung“.
*Bei einem Waffenexportstopp müsste Israel den Einsatz in Gaza überdenken
*Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium teilte auf Anfrage mit,
dass man sich zu einem laufenden Verfahren nicht äußere.
Ministeriumssprecher Robert Säverin erklärte lediglich, die
Entscheidungen der Bundesregierung über die Erteilung von
Rüstungsexportgenehmigungen würden stets in einer „Gesamtwürdigung der
Umstände und im deutschen Rechtsrahmen“ getroffen.
In jedem Einzelfall geschehe dies nach sorgfältiger Prüfung unter
Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen und einer
sorgfältigen Lagebeurteilung. Die Menschenrechte und das humanitäre
Völkerrecht würden bei allen ausfuhrkontrollrechtlichen Entscheidungen
der Bundesregierung berücksichtigt. „Das gilt selbstverständlich auch
für etwaige Rüstungsexporte nach Israel angesichts der
besorgniserregenden Lage in Gaza“, so Säverin.
In den USA hat die Unterstützung der israelischen Armee zu Rücktritten
hochrangiger Beamter geführt. Josh Paul war mehr als zehn Jahre im
amerikanischen Außenministerium für die Lieferung von Waffen zuständig.
Noch im Oktober 2023 quittierte er aus Protest gegen die einseitige
Unterstützung der israelischen Regierung seinen Dienst.
Im Gespräch mit der Berliner Zeitung sagte Paul, ein Stopp der
Waffenlieferungen würde Israel nicht wehrlos gegenüber realen
Bedrohungen machen. „Das Land verfügt über umfangreiche strategische
Vorräte, beispielsweise für den Fall eines Libanon-Einsatzes“, so Paul.
Eine Pause bei der Lieferung tödlicher Waffen würde Israel lediglich
dazu zwingen, den harten Militäreinsatz in Gaza zu überdenken.
Die Bundesregierung könnte vor Gericht unterliegen. Es ist nicht einmal
unwahrscheinlich, dass die Richter einen Waffenexportstopp nach Israel
verhängen. Einen ersten Erfolg konnten die Anwältin Bahnweg und ihr
Mandant bereits verbuchen. Unter dem Druck der Klagen und nicht zuletzt
der gerichtlichen Androhung eines sogenannten Hängebeschlusses vom 26.
April hat die Bundesregierung seit März so gut wie keine
Kriegswaffenexporte mehr genehmigt, sagt die Anwältin der Berliner
Zeitung. Eine im Februar angekündigte Genehmigung für 10.000 Schuss
120-Millimeter-Präzisionsmunition sei bisher ebenso auf Eis gelegt wie
die ausstehende zweite Genehmigung für ein U-Boot. Die Entscheidung, ob
dauerhaft keine Waffen mehr nach Israel geliefert werden, obliegt jetzt
den Berliner Richtern.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
11.06.2024
Ukraine-Wiederaufbaukonferenz Mit Entwicklungszusammenarbeit gegen Putin
makronom.de, vom 10. Juni 2024, Entwiclungspolitik, JULIAN BERGMANN ,
Im Vorfeld der Ukraine-Konferenz gibt es Zweifel daran, in dieser Phase des Krieges über den Wiederaufbau zu sprechen.Die Kritik ignoriert jedoch wesentliche Effekte, die sich aus der zivilen Unterstützung der Ukraine ergeben – auch und gerade in Kriegszeiten.
Am morgigen Dienstag beginnt in Berlin die Ukraine Recovery Conference 2024 (UCR 2024)– eine zweitägige internationale Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine, welche die Bundesregierung gemeinsam mit der ukrainischen Regierung ausrichtet. An der Konferenz werden rund 2000 Vertreter*innen von Regierungen, internationalen Organisationen, Städten und Kommunen, Wirtschaftsunternehmen und -verbänden sowie der Zivilgesellschaft teilnehmen. Vier zentrale Themen stehen auf der Agenda: die Mobilisierung der Privatwirtschaft, die soziale und menschliche Dimension, die Verzahnung von Wiederaufbau und EU-Integration der Ukraine sowie die Rolle von Städten und Gemeinden im Wiederaufbau.
Doch macht es überhaupt Sinn, in dieser Phase des Krieges über den Wiederaufbau zu sprechen? Sollte aktuell nicht viel eher die militärische Unterstützung im Vordergrund stehen als der Wiederaufbau einer Infrastruktur, die beim nächsten russischen Raketenangriff möglicherweise schon wieder vernichtet wird? Brauchen wir nicht erst einen Friedensvertrag oder zumindest einen Waffenstillstand, bevor wir uns dem Thema Wiederaufbau widmen können?
Politiker*innen und Expert*innen, die sich in den letzten zwei Jahren mit dem Thema Wiederaufbau der Ukraine beschäftigt haben, kennen diese wichtigen und berechtigten Fragen nur zu gut. Auf sie können jedoch auch klare Antworten gegeben werden – vor allem durch eine Klärung dessen, was unter dem Begriff „Wiederaufbau“ eigentlich gemeint ist.
Der Wiederaufbau in der Ukraine ist kein theoretisches Post-Konflikt-Szenario für den Moment, wenn der Krieg vorbei ist. Wiederaufbau findet bereits seit zwei Jahren statt – durch direkte Budgethilfen an den ukrainischen Staat, aber auch in Form von Wiederaufbau und Reparatur von Schulen, Krankenhäusern, Wohngebäuden oder von Infrastruktur im Transport- und Energiesektor. Diese Form der Unterstützung ist zentral für die Aufrechterhaltung staatlicher Leistungen und zur Deckung der Grundbedürfnisse der ukrainischen Bevölkerung. Neben dem konkreten Nutzen für die Menschen wird durch den Wiederaufbau auch eine wichtige politische Botschaft gesendet: Wir lassen es nicht zu, dass durch die russische Aggression das Land in Schutt und Asche gelegt wird.
Die jüngst in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung formulierte Kritik, „Entwicklungshilfe … nütz[e] nicht gegen Putin“ scheint die wesentliche Bedeutung der zivilen Unterstützung der Ukraine in Kriegszeiten zu ignorieren. Doch genau um diese wichtige Dimension wird es in den nächsten Tagen in Berlin gehen. Entwicklungszusammenarbeit ist das zentrale Instrument des Wiederaufbaus, erfüllt somit auch eine wichtige geopolitische Rolle und trägt maßgeblich zur Stärkung der gesellschaftlichen Widerstandskraft und Resilienz in Kriegszeiten bei. Letzteres ist genauso wichtig wie die militärische Befähigung der Ukraine zum Widerstand gegen die russische Aggression.
Statt des Gegeneinanderstellens von ziviler und militärischer Unterstützung der Ukraine ist ein integriertes Sicherheitsverständnis notwendig – so wie es auch in der vor einem Jahr veröffentlichten Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung formuliert ist. Es macht Sinn, auf der Konferenz auch einen Raum für Gespräche zur Intensivierung der militärischen Hilfen für die Ukraine zu schaffen, insbesondere im Bereich der Flugabwehr.
Wiederaufbau als langfristiges Transformationsprojekt wird letztlich nur dann vollständig gelingen, wenn in der Ukraine Frieden herrscht. Dieser Frieden muss gerecht und darf kein Okkupationsfrieden sein, sondern muss Frieden in Freiheit für die Ukrainer*innen bedeuten. Es ist kein Zufall, dass nur drei Tage nach der Wiederaufbaukonferenz in Berlin ein globaler Friedensgipfel für die Ukraine in der Schweiz stattfindet. Sollte es dort gelingen, ein gemeinsames Verständnis von gerechtem Frieden in der Ukraine unter den Vertreter*innen von über 80 Regierungen zu erzielen, dann ist das auch ein wichtiges Signal der internationalen Unterstützung für den Wiederaufbau des Landes.
Auf zwei Kriterien wird bei der Bewertung der Wiederaufbau-Konferenz zu achten sein. Zum einen kann sie dann als Erfolg betrachtet werden, wenn es gelingt, jenseits des Kreises der G7 und EU-Mitgliedstaaten eine breite Allianz für den Wiederaufbau zu schmieden, die neben Staaten des Globalen Südens auch internationale Unternehmen und die globale Zivilgesellschaft umfasst.
Zum anderen wird es darauf ankommen, den inklusiven Ansatz der Konferenz auf die Umsetzung des Wiederaufbaus in der Ukraine zu übertragen. Die enge Einbindung der Zivilgesellschaft in das Konferenzprogramm und die erstmalige Einladung von Vertreter*innen von ukrainischen Kommunen sind ein gutes Zeichen. Gleichzeitig muss die konkrete Umsetzung von Wiederaufbaumaßnahmen von der ukrainischen Regierung so organisiert werden, dass es Teilhabe- und Mitspracherechte für zivilgesellschaftliche, kommunale und privatwirtschaftliche Akteure gibt, damit diese sowohl den Wiederaufbau als auch den Integrationsprozess in die EU aktiv mitgestalten können.
Die Wiederaufbau-Konferenz ist ein klares Zeichen: Putins imperialistischer Expansionspolitik wird eine umfassende Unterstützung der Ukraine entgegengesetzt – jetzt und in der Zukunft.
Zum Autor:
Julian Bergmannist wissenschaftlicher Mitarbeiter amGerman Institute of Development and Sustainability (IDOS) und Privatdozent an der Johannes Gutenberg Universität Mainz.
Hinweis:
DieserBeitrag ist eine leicht überarbeite Version derAktuellen Kolumnedes German Institute of Development and Sustainability (IDOS), die jeden Montag Entwicklungen und Themen der internationalen Entwicklungspolitik kommentiert.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
unser weiterer Kommentar:
Zitat: Im Vorfeld der Ukraine-Konferenz gibt es Zweifel daran, in dieser Phase des Krieges über den Wiederaufbau zu sprechen. Die Kritik ignoriert jedoch wesentliche Effekte, die sich aus der zivilen Unterstützung der Ukraine ergeben – auch und gerade in Kriegszeiten. Zitatende
Hier wird ein aberwitziger Nebenschauplatz aufgemacht, umvom Krieg ablenken.
11.06.2024
»Zwischen Skylla und Charybdis«
iz3w.org, vom 6. Juni 2024, Interview mit Klaus Dörre über die ökonomisch-ökologische Krise, Das Interview führte Georg Lutz Veröffentlicht im iz3w-Heft 402, Teil des Dossiers Die Vielfachkrise
Die Weltwirtschaft stagniert, doch altbekannte Wege der Krisenlösung durch ressourcenintensives Wachstum verbieten sich aus ökologischen Gründen. Das Zusammenspiel von ökonomischer und ökologischer Krise stellt unsere Gesellschaft vor eine neue Herausforderung, meint der Jenaer Wirtschaftssoziologe Klaus Dörre. Welche Auswege gibt es aus dieser »Zangenkrise«?
iz3w: Sie lehren in Jena. In Eisenach, nur 100 Kilometer entfernt, befindet sich das Opel-Werk Eisenach. Dort beteiligen Sie sich an Debatten, bei denen die Lebenswelten von Automobilarbeiter*innen und auf jene von Sozialwissenschaftler*innen treffen.
Klaus Dörre1: Ich beteilige mich nicht nur an Diskussionen. Wir haben dort als soziologisch Forschende, mit der Unterstützung des Betriebsrates, auch Studien erstellt.
Wie kam es dazu?
Lange Zeit, seit Ende der neunziger Jahre, haben wir dort vergeblich angeklopft. Eisenach war ein Vorzeigewerk von General Motors. Dort war Forschung schwer möglich. Das hat sich mit der allgemeinen Verunsicherung geändert. Unsere jüngste Untersuchung belegt: Schon der Begriff der Transformation löst in der Belegschaft negative Emotionen aus. Nach Schätzungen der Betriebsräte kann sich bis zu einem Drittel der Belegschaft vorstellen, die AfD zu wählen.
Warum war der Erstkontakt so schwer?
Opel Eisenach war und ist ein industrieller Leuchtturm in der Region. Zudem war das Werk ein Vorzeigemodell für Just-in-time-Produktion. Interessengegensätze waren da tabu. Gewerkschaften hatten im Vergleich zu den anderen Standorten von Autoherstellern in Rüsselsheim, Wolfsburg oder Stuttgart einen schweren Stand. Man war stolz auf sein modernes Unternehmen – man fühlte sich sicher. Da brauchte man auch keine Soziolog*innen.
Und dann kam die Pandemie?
Genau. Das Werk war während der Pandemie drei Monate komplett geschlossen. Zuvor war Opel von General Motors an den französischen Konzern PSA verkauft worden. Das Stammwerk ist jetzt Peugeot im französischen Sochaux. Außerdem lief auch die Produktion der bisher hergestellten Fahrzeugtypen aus…
Seither hat sich auch in der Belegschaft das Bewusstsein verbreitet, dass man sich in einer Krise befindet?
Ja, es gab dann aber noch einen ganz anderen Wendepunkt. Das war der Besuch einer französischen Gewerkschaftsdelegation, die von der recht kämpferischen Confédération générale du travail (CGT) geprägt war. Dieser Besuch hat Spuren hinterlassen. Am Schluss sang man zusammen die Internationale.
Haben Sie nicht gerade angedeutet, dass viele Arbeiter*innen mit der AfD liebäugeln?
Ja, es passt aber in die Umbruchzeit. Zwei Drittel der Belegschaft sympathisieren eben nicht mit der AfD, man wählt andere Parteien oder häufig gar nicht. Außerdem ist das Arbeiterbewusstsein widersprüchlich. Es stellt subjektiv nicht unbedingt einen Gegensatz dar, sich einerseits im Betrieb als Vertrauensmann zu betätigen und andererseits im politischen Feld die AfD für eine Denkzettelwahl gegen die politische Klasse zu nutzen. Die Betriebsräte wissen um diese Problematik. Sie wollen Öffentlichkeit herstellen und haben uns die Türen geöffnet, da sie wissen möchten, wie die Belegschaft die Transformation einschätzt.
Wie würde die Belegschaft Krise definieren?
Die Schließung des Werks wäre die Megakrise. Die Abkehr vom Verbrenner ist ist bei Opel und im Stellantis-Konzern beschlossene Sache. Die Beschäftigten selbst sind von dem vollelektrischen »Grandland«, den sie in Eisenach produzieren sollen, nicht unbedingt überzeugt. Dazu kommen die aktuell sinkenden Absatzzahlen für E-Mobilitäts-Fahrzeuge im inländischen Markt. So kann kaum eine Aufbruchsstimmung entwickelt werden.
Für das, was Sie hier mit Blick auf Opel Eisenach im Kleinen beschreiben, haben Sie mit Blick auf das große Ganze den Begriff der Zangenkrise geprägt. Warum?
Zunächst gibt es zwei Entwicklungslinien, die mit der industriellen Revolution eingesetzt haben und sich kreuzen: Ein rasches, permanentes Wirtschaftswachstum einerseits und beschleunigter Energie- und Ressourcenverbrauch sowie steigende Emissionen andererseits.
»Mit Wachstum bekommen wir ökologische Probleme, ohne Wachstum soziale Verwerfungen«
Und die fossilen Rohstoffe führen zu steigenden Umweltverschmutzungen.
Allein um Verschmutzungen geht es schon lange nicht mehr, es geht um soziale und ökologische Destruktionskräfte. Sie kulminieren bis hin zu Schwellenwerten, an denen eine irreversible Destabilisierung globaler Ökosysteme einsetzt. Die Zangenkrise mit ihrer ökologischen und sozialen Konfliktachse stellt zentrale Grundlagen in Frage. Das wichtigste Mittel zur Überwindung ökonomischer Stagnation und zur Befriedung interner Konflikte im Kapitalismus stellt die Generierung von Wirtschaftswachstum nach Kriterien des Bruttoinlandsproduktes dar. Dieses stößt nun an eine Grenze. Zangenkrise heißt, dass das wichtigste Mittel zur Befriedung sozialer Konflikte in fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaften – das Wirtschaftswachstum – diese Funktion nicht mehr erfüllt. Zum einen kommt der gesellschaftlich erzeugte Reichtum vor allem den Reichsten zugute, zum anderen bewirkt diese Art der Reichtumsproduktion ökologische Zerstörung. Es beschleunigt den Klimawandel, forciert das Artensterben und bedroht die natürlichen Lebensgrundlagen. Die Gesellschaften bewegen sich zwischen Skylla und Charybdis. Mit Wachstum handeln wir uns ökologische Probleme ein, ohne Wachstum steigt die soziale Not.
Was ist daran neu?
Diese Zäsur ist keine Wirtschaftskrise im herkömmlichen Sinne. Sie erfasst alle sozialen Felder und alle gesellschaftlichen Teilsysteme.
Ökonom*innen der Regulationstheorie sprechen in so einem Fall, wenn die Normen der Produktion und Konsumption und auch die Leittechnologien, auf denen das Wachstum basiert, erschüttert werden, von einer Krise des Akkumulationsregimes. Haben wir es damit zu tun?
Ja, auch. Es geht um die zunehmende Inkompatibilität von Akkumulationsregimen, etwa der Wachstumsdynamik unserer Wirtschaft, und Regulierungsweisen, sprich: um die Normen, Gesetze, Politiken und Machtverhältnissen, in die Ökonomien eingebettet sind. Die globale Finanzkrise von 2007 bis 2009 signalisierte, dass das finanzmarktgetriebene Akkumulationsregime nicht mehr funktioniert. Deshalb handelt es sich um eine »große Krise« kapitalistischer Akkumulation, die sich von bloßen Konjunkturkrisen unterscheidet. »Große Krisen« sind Krisen von (Re-)Produktionsmodellen, Staatsapparaten, Ideologien, sozialen Beziehungen, Regeln und auch, soweit vorhanden, von demokratischen Institutionen. »Große Krisen« führen im Zuge ihrer Bewältigung zu einem neuen Modus Operandi der Kapitalakkumulation. Unter den gegebenen Verhältnissen heißt das: Eine neue kapitalistische Landnahme steht auf der Agenda. Es kommt, mit Antonio Gramsci gesprochen, zu einer passiven Revolution, zur Revolutionierung des Kapitalismus in den Grenzen kapitalistischer Vergesellschaftung, um die gesellschaftlichen Bedingungen für eine neue Prosperität zu erzeugen.
Man könnte dem entgegnen, dass das marktradikale liberale Modell, das es seit Mitte der 1970er-Jahre gibt, noch quietschlebendig ist. Schauen wir nach Argentinien. Dort gehen die Aktienkurse durch die Decke und ein Rechtsextremer, der den Staat verteufelt, wird zum Präsidenten gewählt.
Ja, das zeigt auch die Schwächen der Regulationsschule, die die kapitalistische Entwicklung oft zu statisch beschreibt. Es geht offensichtlich nicht um ein fertiges Kapitalismusmodell, welches auf ein anderes folgt. Kontinuitäten und Wandel beeinflussen sich gegenseitig.
Rosa Luxemburg ging in »Die Akkumulation des Kapitals« davon aus, dass der Kapitalismus stets versucht, seine eigenen Schranken zu überwinden, indem er Nicht-Kapitalistisches verwertbar macht.
Gibt es für das Kapital einen solchen Weg aus der Krise?
Durchaus, es braucht ein nichtkapitalistisches Außen. Ich würde den Begriff der Landnahme aber breiter fassen als Luxemburg: Es geht nicht nur um Kolonien, sondern um Lebensformen, Wissensbestände oder Körper, die noch nicht durchkapitalisiert sind. Die digitale Transformation der Lebenswelten ist dafür ein Beispiel. Allerdings schimmerte bei der These von der Landnahme ein Zusammenbruchs-Gedanke durch. Da habe ich einen Einwand: Die Geschichte des Kapitalismus lehrt uns, dass es eine Evolution von Stabilisierungsmechanismen gibt, die solche Zusammenbrüche verhindern. Die Weltfinanzkrise 2007/08 wurde durchaus mittels umfangreichem staatlichen Handelns abgefedert. In der aktuellen Krise bräuchten wir selbst aus der Perspektive eines ideellen Gesamtkapitalisten mehr staatliche Interventionen. Diese Mechanismen zur Selbststabilisierung des Kapitalismus werden aber immer aufwändiger.
Sind also die Türen für eine neue Prosperität versperrt?
Die Besonderheit des heutigen Umbruchs reicht über den bisherigen Analyserahmen hinaus. Zunächst sind Krisen, so wie wir sie klassisch definieren, überwindbare Zustände: Alte Strukturen zerfallen und neue Modelle sind schon sichtbar, aber noch nicht etabliert. Daher brauchen wir auch eine Analyse der zentralen Krisenursachen.
Jetzt kommt die ganz große Hausnummer?
Wir befinden uns in einer epochalen Krise der Gesellschafts-Natur-Beziehungen.
Die wir unter dem Stichwort Klimakrise gerne verdrängen. Diese Krise kommt Stück für Stück und ist ein schleichender Prozess.
Es geht um ein neues Erdzeitalter, das Anthropozän, in dem der Mensch zu einem prägenden Faktor für die Biologie oder das Klima wird. Die historische Zäsur liegt auf der ökologischen Zeitachse. Neu ist, dass sich der Lebensstandard der oberen Schichten nicht mehr potentiell im globalen Maßstab verallgemeinern lässt.
»Es geht wieder um die Eigentumsfrage«
Und wie kann diese fundamentale Krise überwunden werden?
Es muss gelingen einen Natur-Gesellschafts-Metabolismus zu etablieren, der die Reproduktionsfähigkeit der Netzwerke menschlichen und außermenschlichen Lebens sicherstellt.
Wie verarbeiten der wirtschaftspolitische Mainstream und die kapitalistischen Eliten eigentlich diese Krise? Welche Lösungen schweben Ihnen vor?
Lösungen gibt es in diesen Vorstellungswelten nur über marktkompatible Mechanismen, wie den Zertifikate-Handel mit Emissionspapieren. Das bewirkt aber wenig, da die CO2-Preise meist zu niedrig sind, sodass sie keine Lenkungsfunktion haben, oder sie sind zu hoch und gehen zulasten der kleinen Portemonnaies, was zu sozialem Protest führt.
Und dann gibt es die Technikfraktion. Im liberalen Talk-Show-Diskurs läuft dies unter dem Begriff »Technologieoffenheit«. Da wird dann beispielsweise über eine Renaissance der Atomtechnologie schwadroniert. Diese ist aber immer noch gefährlich und teuer, die Endlagerfrage ist weiter offen und Lösungen stehen auch erst in zwei Jahrzehnten zur Verfügung. So viel Zeit haben wir tatsächlich nicht.
Was folgt aus dem Faktor Zeitdruck?
Es ist richtig, dass aufgrund der knappen Zeitschienen im Rahmen des Klimawandels fast alle technologischen Lösungen angeschaut werden müssen. Aber die Vorstellung, dass Gesellschaften den Klimawandel nur mit Technik abbremsen können, führt in die Gedankenwelten von Bill Gates und Elon Musk. Damit entkommt man der Zangenkrise nicht. Zudem verbrauchen beispielsweise vermeintliche Innovationen wie Kryptowährungen oder auch KI Unmengen von Energie. Wir benötigen dennoch eine Technikdiskussion, die beispielsweise auch das Einfangen und Verpressen von CO2 beinhaltet.
Also doch eine (teil)technologische Lösung – anstatt Degrowth-Kommunismus wie bei Kohei Saito oder die Kriegsökonomie, die Ulrike Hermann in ihrem Buch »Das Ende des Kapitalismus« vorschwebt?
Beide unterschätzen beispielsweise Speichermöglichkeiten, die wir bei regenerativen Energien haben. Hermann setzt auf einen Katastrophendruck, der Eliten und Gesellschaften dazu zwingt, wie in einer Kriegsökonomie zu handeln. Da geht es dann beispielsweise um Kontingentierung von Ressourcen und Energie. Das ist aber völlig unattraktiv. Der Kriegskapitalismus in England Ende der 1930er-Jahre war nur wegen des Krieges gegen die Nazis auch für die unteren Klassen attraktiv. Hier können wir wieder an die Belegschaft bei Opel anknüpfen. Der Klimawandel ist für sie nicht der Krieg, im Gegenteil: Viele Arbeiter tendieren dazu, den Klimawandel zu relativieren. Mit der Vorstellung vom Schrumpfungsprozess wird man der Differenziertheit des Wandels nicht gerecht.
Wie sieht dann aus Ihrer Sicht die Rolle des Staates aus?
Diese wird viel zentraler werden. Die Analysen der Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato sind hier teilweise vorbildlich. Der Staat war im Rahmen einer technologischen Sprungsituation schon immer ein zentraler Akteur. Es geht aber nicht um einen Staat, der nur Märkte repariert und rudimentäre Rahmen setzt, sondern um einen Staat, der Märkte schafft.
Kommen wir zum Globalen Süden. Verfestigt sich die Tendenz, dass periphere Gesellschaften in klassische Rollen, zum Beispiel die als Rohstofflieferant für regenerative Energien, zurückfallen?
Die festgestellte Dichotomie zwischen Nord und Süd kann in Frage gestellt werden. Allerdings zeigen die Terms of Trade, das Austauschverhältnis zwischen dem Import und dem Export eines Landes, ein klassisches Süd-Nord-Gefälle. Die Terms of Trade der Industriestaaten verbesserten sich im Vergleich zu den Terms of Trade der Rohstofflieferanten des Globalen Südens. Dabei geht es heute auch um die Rohstoffe für die E-Mobilität. Wir können eine klare Form der Überausbeutung in Krisenzeiten erkennen. Dazu passt der erwähnte neue Präsident in Argentinien, der das staatliche Tafelsilber verschleudert.
Nun gibt es aber nicht nur Argentinien, sondern ein sozialdemokratisches Gegenmodell im Nachbarland Chile, nicht wahr?
Da kommen außerdem noch Brasilien und einige andere, auch afrikanische Länder, wie Senegal nach den Wahlen, dazu. Die Regierungen von Lula da Silva und Gabriel Boric wären gut beraten, ihre Ressourcen zu kartellieren. Zum Beispiel betrifft das Lithium. Dann könnten sie den Ländern des Nordens Auflagen machen.
Wie hat man sich das vorzustellen?
Betrachten wir das Beispiel vom grünen Wasserstoff. Natürlich kann man diesen in Patagonien, wo der Wind immer bläst, produzieren. Aber wie geht die Wertschöpfungskette weiter?
Zunächst müsste nun die Erzeugerregion profitieren. Zudem sollte in der Region auch eine Weiterverarbeitung stattfinden. Um dies durchzusetzen, bräuchte eine machtvolle Verknüpfung, wie in den 1970er-Jahren, als es die Gruppe der Blockfreien gab. Die hatte auch ein wirtschaftspolitisches Konzept. Das Stichwort dazu heißt Nie mehr allein. Die neue Weltwirtschaftsordnung NIEO. Es war das Projekt einer sozialistischen Globalisierung, wie es Julius Nyerere, der damalige Präsident von Tansania, genannt hat.
Das Projekt ist schon in den 1980er-Jahren in den Sackgassen der bipolaren Weltlage versandet.
Es müsste aber unter den aktuellen Vorzeichen neu belebt werden. Allerdings haben wir gerade die Situation, in der die Volksrepublik China und die Russische Föderation mit einer ganz anderen Agenda das Thema besetzen. Ausgerechnet der Kriegstreiber Putin spricht von einer globalen Oberklasse des Nordens, welche den Süden beherrsche.
Aus meiner Sicht sind spätestens heute die alten antiimperialistischen Konzepte unfähig, einen überzeugenden Analyserahmen zu spannen. Zudem bekommen wir den Klimawandel entweder global oder gar nicht in Griff.
Aber es gibt neue imperiale Bestrebungen?
Ja, China und Russland wollen eine neue multipolare Welt, in der es ein Ringen um hegemoniale Konzepte und Räume gibt. In Russland hängen die Eliten politischen Machtphantasien von alter Größe nach. Wobei sie ökonomisch in einer einseitigen Kriegs- und Rohstoffwirtschaft feststecken. Das Akkumulationsregime ist semiperipher.
Lula, Boric und Co. müssen deshalb einen unabhängigen Kurs fahren. Die Vorstellung, man könnte über die Gruppe der BRICS eine emanzipatorische Veränderung einleiten, ist falsch.
Außerdem gibt es dort den Hindu-Nationalisten Narendra Modi in Indien und BRICS-Neuzugänge wie Iran und Saudi-Arabien ...
Genau, daher braucht es auch in Europa Bewegungen, die beispielsweise Boric und seine zivilgesellschaftlichen Unterstützer*innen in Chile fördern.
Wenn linke und emanzipatorische Kräfte in der Vergangenheit erfolgreich waren, hatten sie eine klare und wirkungsmächtige Erzählung zur Verfügung, die aus Krisen herausführte und Massen mobilisierte. Was braucht es da heute?
In meinem Buch »Die Utopie des Sozialismus. Kompass für eine Nachhaltigkeits-Revolution« vertrete ich die These, dass man positiv werden muss. Es richtet sich gegen das Bilderverbot der Kritischen Theorie. Wenn du die Karten nicht auf den Tisch legst, wohin die Reise gehen soll, bist du nicht glaubwürdig und kannst die Leute nicht überzeugen. Man klebt dann wie der implodierte Realsozialismus oder selbst ehemalige Befreiungsbewegungen wie der ANC in Südafrika nur noch an der Macht. Man strahlt keinen Willen zur Veränderung mehr aus. Dabei waren die Möglichkeiten zu Veränderungen schon lange nicht mehr so groß wie heute.
Das ist eine steile These. Sie sprechen doch selbst von einer demobilisierten Klassengesellschaft.
Ja, linke Parteien, Gewerkschaften und Bewegungen sind schwach. Sie haben aber Handlungsmöglichkeiten. Zunächst muss man aus alten Fehlern lernen. Etwa: Die schlechteste demokratische Institution ist besser als gar keine.
Denkt die Linke noch immer zu avantgardistisch und zu wenig demokratisch?
Es geht immer um mehr Demokratie. Da können Linke von Liberalen lernen, allerdings nicht von den aktuellen liberalen und konservativen Protagonisten, die eine halbierte Demokratie voranbringen wollen. In einigen politischen Sektoren gibt es eine lebendige Demokratie. In den Wirtschaftswelten haben wir es aber zunehmend mit fast feudalen Strukturen zu tun, die die Privilegien weniger auf Kosten großen Mehrheiten sichern.
In den letzten Jahrzehnten wurden wichtige demokratische Rechte erkämpft. Heutige junge Frauen stehen in vielen Ländern mit Blick auf ihre Rechte deutlich besser da als ihre Großmütter. Auch die antirassistischen und queeren Bewegungen haben Kämpfe gewonnen. Gleichzeitig geht die Einkommens- und Vermögensschere zwischen arm und reich auseinander. Ist der Neoliberalismus nur gesellschaftlich tolerant, solange es nicht um materielle Gerechtigkeit geht?
Diesen Gap haben auch Feministinnen wie Nancy Fraser erkannt. Der Feminismus für die 99 Prozent kann aus der Sicht von Fraser und ihren Weggefährtinnen daher nur ein ökosozialistischer sein. Da können wir anknüpfen. Es geht wieder um die Eigentumsfrage, aber nicht so wie im 19. und 20. Jahrhundert. Es geht um die Entscheidungsmacht, über das was, wie, wo und womit der Reproduktion und Produktion. Es geht um einen Übergang hin zu Produktionsweisen, die eine hohe Qualität aufweisen. Das sind langlebige und mehrfach zu nutzende Güter. Man kann weiter Autos bei Opel produzieren, denn es braucht sie gerade auf dem Land und im Globalen Süden noch lange. Aber die Autos sind dann immer weniger im Privatbesitz, sondern in der öffentlichen Hand oder in einer Genossenschaft und können über Sharing-Modelle genutzt werden.
Georg Lutz hat mitgewirkt am Themendossier »Multiple Krise« des iz3w.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.