Ukraine: Blackrock will sein Geld zurück
aus e-mail von Doris Pumphrey, 23. Juni 2024, 22:52 Uhr
23.6.2024
*Blackrock will sein Geld zurück: Ukrainische Oligarchen profitieren von
westlicher Hilfe
*Investoren haben der Ukraine wegen des Kriegs lange ein
Schuldenmoratorium gewährt. Doch die Zeit läuft ab. Kein Problem für die
Oligarchen im Land.
De russische Invasion in der Ukraine geht bereits in das dritte Jahr.
Nun droht der Ukraine auch noch das Geld auszugehenn der vergangenen
Woche sind erneut Gespräche der ukrainischen Regierung mit
internationalen Investoren gescheitert, in denen Kiew um eine
Verlängerung der Rückzahlungsfrist und einen teilweisen Schuldenerlass
gebeten hat. Die Gespräche wurden zwischen dem 3. und 14. Juni hinter
verschlossenen Türen geführt, wie das ukrainische Finanzministerium
diese Woche mitteilte.
*Der Ukraine geht das Geld aus – doch die Gläubiger bleiben hart
*Die Anleihegläubiger haben seit 2022 keine Zahlungen mehr von der
Ukraine erhalten. Mit dem Beginn der russischen Invasion hatten sie
einem zweijährigen Moratorium zugestimmt. Aber nun drängt die Zeit, denn
die Tilgungsfrist des Anleihepakets im Wert von 20 Milliarden US-Dollar
endet am 1. August.
Die Ukraine bittet die Anleihegläubiger – darunter der amerikanische
Großinvestor Blackrock, der französische Fonds Amundi und der britische
internationale Anleger Amia Capital – größere Verluste zu akzeptieren,
da sie andernfalls ihre Ausgaben für das Militär und den Wiederaufbau
des Landes empfindlich einschränken müsse. „Um Kriege zu gewinnen,
müssen starke Armeen durch starke Volkswirtschaften gestützt werden“,
sagte der ukrainische Finanzminister Sergii Marchenko.
Doch die Forderungen gehen den Investoren zu weit. In einer Erklärung
teilte die Gläubigergruppe um Blackrock und Co. mit, dass sie sich um
eine Einigung bemühe. Allerdings liege der von der ukrainischen
Regierung vorgeschlagene Abschlag in Höhe von 60 Prozent deutlich über
den Erwartungen des Finanzmarktes. Lediglich ein „Haircut“
(Schuldenschnitt) von rund 20 Prozent sei vertretbar. Der von Kiew
vorgeschlagene Abschlag berge die Gefahr, dass das Vertrauen künftiger
Investoren in der Ukraine „erheblichen Schaden“ nehme.
Eine Einigung mit den privaten Gläubigern ist auch deshalb nötig, weil
die Ukraine auf weitere Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF)
angewiesen ist. Der IWF hat mit der ukrainischen Regierung vereinbart,
dass das Verhältnis der Staatsverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt bis
2033 auf 60 Prozent sinken soll. Im vergangenen Jahr lag die
Schuldenquote bei 82,87 Prozent, Ende 2024 dürfte sie Schätzungen
zufolge mehr als 94 Prozent betragen.
*Ökonom: Westliche Hilfe begünstigt Oligarchen in der Ukraine
*Um die Forderungen der internationalen Gläubiger erfüllen zu können,
muss Kiew Privatisierungen von Staatsunternehmen vorantreiben. „Das
Problem ist, dass die westliche Hilfe an ein drastisches
Strukturanpassungsprogramm geknüpft wurde, das Sparmaßnahmen, Kürzungen
der sozialen Sicherheitsnetze und die Privatisierung von
Schlüsselsektoren der Wirtschaft umfasst“, sagt der Ökonom Frederic
Mousseau vom amerikanischen Oakland Institute im Gespräch mit der
Berliner Zeitung.
Das Herzstück sei dabei die Landreform von 2021, die den Ausverkauf des
Landes eingeleitet habe. „Der Krieg in der Ukraine steht seit Februar im
Mittelpunkt der außenpolitischen und medialen Berichterstattung 2022.
Wenig Aufmerksamkeit wurde jedoch einer wichtigen Frage gewidmet, die im
Mittelpunkt des Konflikts steht: Wer kontrolliert die
landwirtschaftlichen Flächen in dem Land, das als ‚Kornkammer Europas‘
bekannt ist?“, heißt es in einer Studie
<https://www.oaklandinstitute.org/war-theft-takeover-ukraine-agricultural-land>
des Oakland Institute mit dem Titel „Krieg und Diebstahl: Die Übernahme
der landwirtschaftlichen Flächen der Ukraine“.
Die Landreform war Teil des Strukturanpassungsprogramms unter der
Schirmherrschaft westlicher Finanzinstitutionen, die die proeuropäische
Regierung nach der sogenannten Maidan-Revolution im Jahr 2014 auf den
Weg gebracht hatte, heißt es in der Studie. „Mit 33 Millionen Hektar
Ackerland verfügt die Ukraine über große Teile des fruchtbarsten
Ackerlandes der Welt.“ Doch fehlgeleitete Privatisierungen und korrupte
Regierungsführung seit den frühen 1990er-Jahren hätten das Land in den
Händen einer neuen oligarchischen Klasse konzentriert. Rund 4,3
Millionen Hektar werden demnach im großen Stil landwirtschaftlich
genutzt, der Großteil aber, nämlich drei Millionen Hektar, befänden sich
in den Händen von nur einem Dutzend großer Agrarunternehmen.
Ausländische Investoren und ukrainische Oligarchen machten gemeinsam
gute Geschäfte. Die Fonds stammten vornehmlich aus Europa und
Nordamerika, darunter ein in den USA ansässiger Private-Equity-Fonds und
der Staatsfonds von Saudi-Arabien.
*Landlords parken ihr Geld in Steueroasen, Kleinbauern verarmen
*Von den Oligarchen kommt dem ukrainischen Staat und auch der
Bevölkerung wenig zugute. Neun der zehn größten Landlords in der Ukraine
sind der Studie zufolge im Ausland registriert, hauptsächlich in
Offshore-Zentren wie Zypern oder Luxemburg. So entledigen sich die
Landeigentümer lästiger Steuerzahlungen. Die Firmen sind zum größten
Teil an der Börse notiert. Westliche Banken und Investmentfonds
kontrollieren dadurch einen erheblichen Anteil ihrer Aktien
Das Oakland Institute listet die bedeutendsten Investoren auf, die im
ukrainischen Agrarsektor Fuß gefasst haben: Die Vanguard Group aus den
USA ist nach Blackrock der zweitgrößte Vermögensverwalter der Welt,
ebenfalls aus den Vereinigten Staaten sind Kopernik Global Investors und
die zu Goldman Sachs gehörende NN Investment Partners mit an Bord. Aus
Europa mischen die BNP Asset Management Holding aus Frankreich und die
Norges Bank Investment Management, die Norwegens Staatsfonds verwaltet,
mit. „Eine Reihe großer amerikanischer Pensionsfonds, Stiftungen und
Universitätsfonds sind ebenfalls in ukrainisches Land investiert“, heißt
es in der Studie.
„Diese internationale Finanzierung kommt direkt den Oligarchen zugute,
von denen einige des Betrugs und der Korruption beschuldigt werden“,
kritisiert das Oakland Institute. Die rund acht Millionen ukrainischen
Kleinbauern müssten hingegen mit einer begrenzten Menge an Land und
Finanzmitteln auskommen, viele stünden bereits am Rande der Armut.
„Die Kleinbauern werden dazu gedrängt, ihr Land an große Eigentümer zu
verkaufen“, sagt Mousseau im Gespräch. „Das ist wiederum im Interesse
der großen ausländischen Investoren.“ Viele der ukrainischen Kleinbauern
und auch zahlreiche Wissenschaftler forderten bereits, dass die
internationalen Institutionen wie der IWF und die EU, die diese Politik
vorantreiben, einen Richtungswechsel vornähmen und nicht mehr die
ukrainischen Oligarchen unterstützten, erläutert der Ökonom.
Doch wieso versprechen sich ausländische Investoren gute Geschäfte von
ukrainischen Agrarbetrieben? Schließlich ist das Land auf noch
unbestimmte Zeit im Krieg mit Russland. Die Anrainerstaaten protestieren
gegen ukrainische Lebensmittelexporte in die EU.
„Für ausländische Investoren ist das Engagement sehr rentabel, da die
Agrarunternehmen, an denen sie sich beteiligen, über großen Landbesitz
verfügen und in der Lage sind, in großem Maßstab zu produzieren und zu
exportieren“, erklärt Mousseau im Gespräch. Ein Beispiel ist der
ukrainische Oligarch Jurij Kossjuk, der auch der Hühnchen-König genannt
wird, der Chef des Agrarkonzerns Myronivsky Hliboproduct (MHP). Kossjuks
Imperium besitzt 60 Prozent der ukrainischen Geflügelproduktion. Die
MHP-Betriebe bewirtschaften nicht weniger als 300.000 Hektar Land in der
Ukraine.
Weil ukrainische Landwirtschaftsprodukte den europäischen Markt fluten,
kommt es zu Protesten. Im Frühjahr demonstrierten polnische Bauern gegen
die ukrainischen Getreideeinfuhren, mit denen sie nicht konkurrieren
können. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron attackierte sogar Kossjuk
öffentlich auf einem EU-Gipfel im Februar 2024, weil die MHP-Hühnchen
die Existenzen der französischen Bauern bedrohen: „Wir sind nicht daran
interessiert, für diesen Mann Geld zu verdienen. Das ist nicht das Ziel,
es hilft der Ukraine nicht“, sagte Macron und kritisierte damit die
Zollfreiheit für ukrainische Exporte in die EU. Die Einfuhren von
ukrainischem Geflügelfleisch in die EU sind nach EU-Angaben zwischen
2022 und 2023 um 47 Prozent gestiegen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.