aus e-mail von Doris Pumphrey, 17. März 2023
https://www.jungewelt.de/artikel/447011.krieg-in-der-ukraine-selenskijs-schwarzer-haufen.html
17.3.2023
*»Selenskijs schwarzer Haufen«
***Die Ukraine wird zu einem protofaschistischen NATO-Satellitenstaat
umgebaut – hinter dem schönen Schein eines »jüdischen Präsidenten« und
einer »Volkspartei«
/Von Susann Witt-Stahl/
/
/Wolodimir Selenskij wird in der westlichen Welt als Garant für
Demokratie gehandelt. »Es gibt keine Nazis in der Ukraine«, versicherte
Wladimir Klitschko gegenüber /Bild Live/ kurz nach Beginn der russischen
Invasion. »Wir haben einen jüdischen Präsidenten.« Klitschkos zum
moralischen »Argument« für Kriegsunterstützung erhobene Lüge, die
Selenskijs Herkunft instrumentalisiert, könnte allein durch die
zahlreichen Nazikontakte seines Bruders Witali, der seit dem
Maidan-Putsch Bürgermeister von Kiew ist, mühelos entlarvt werden. Sie
wird aber von deutschen Medien und Politik bis hinein in die Linke seit
mehr als einem Jahr beharrlich verbreitet. Selenskijs bizarrer Auftritt
mit einem Kämpfer des Naziregiments »Asow« vor dem griechischen
Parlament im April 2022 irritierte nur kurzzeitig, die jüngst mit großem
Pathos von ihm vorgenommene Ehrung eines gefallenen
»Rechter-Sektor«-Kommandeurs schon nicht mehr. Womit der jüdische
Präsident beschäftigt ist, wenn er gerade keine Videoappelle für Panzer-
und Kampfjetlieferungen an die westliche Welt richtet, was seine Partei
»Sluga narodu« (»Diener des Volkes«)
<https://www.jungewelt.de/artikel/431336.rotlicht-diener-des-volkes.html?sstr=sluha>
in der Ukraine tut, mit wem sie kooperierten, wen sie protegierten –
darüber erfährt die deutsche Öffentlichkeit so gut wie nichts.
*»Das ist unser Staat!«
*Sinnbild des Verhältnisses von Selenskij zu den Faschisten in der
Ukraine vor der Eskalation des Krieges war ein Treffen am 9. Oktober
2019 mit Vertretern von »Asow«, dem Chef der Neonazischlägerbande »C14«,
Jewgeni Karas, Veteranen der »Antiterroroperation« (ATO) gegen die nicht
anerkannten »Volksrepubliken« und nationalistischen Bloggern. Selenskij
hatte die Rechten sowie einige seiner Minister, den Chef des
Generalstabs und hohe Beamte zu einer informellen Unterredung über das
2015 abgeschlossene »Minsk-II«-Friedensabkommen in sein Präsidialamt
geladen. Dabei warb er bei den Rechten um die Anerkennung der
Notwendigkeit, die durch die »Steinmeier-Formel« definierten ersten
Schritte zur Umsetzung des Abkommens einzuleiten, um die Reintegration
der von »prorussischen Rebellen« kontrollierten Gebiete erreichen zu
können. Vor allem durch die permanente Verletzung der
Waffenstillstandsvereinbarungen durch faschistische Milizen war »Minsk
II« jahrelang blockiert worden (mittlerweile ist es endgültig
gescheitert und seit dem russischen Einmarsch obsolet). Wie Teilnehmer
des Treffens später berichteten, sei es Selenskij nicht zuletzt darum
gegangen, der »Asow«-Abordnung und den anderen Gästen, die bisher nicht
durch Kompromissbereitschaft aufgefallen waren, zu versichern, dass es
von seiner Regierung keinen »Verrat« durch Konzessionen an Russland
geben werde.
Dass Selenskij sich nicht mit den militanten Rechten anlegen will,
signalisierte er auch mit einem Besuch an der Kontaktlinie zur
»Volksrepublik« Lugansk rund zwei Wochen später. In der Stadt Solote
versuchte er, Kämpfern von »Asow« und anderen Faschisten in Ruhe zu
erklären, warum sie abziehen müssten. Vergeblich. Andrij Bilezkij,
Gründer der »Asow«-Bewegung und Chef ihrer Partei »Nationales Korps«,
verlautbarte drei Tage später in einer Videoansprache, dass Selenskijs
Anordnung ihn nicht interessiere und sich wenn nötig Zehntausende seiner
Leute widersetzen würden: »Dieses Recht haben sie sich mit ihrem Blut
verdient«, fand Bilezkij, obwohl sich seine Truppen illegal im Donbass
aufhielten.
Bereits im Mai 2019 hatte der Mitgründer des »Rechten Sektors« und
Exkommandeur des Freiwilligenkorps der Organisation, Dmitro Jarosch, in
einem Interview mit dem ukrainischen Medienportal /Obozrevatel/
eindeutige Warnungen an den frisch gewählten Präsidenten ausgesprochen:
»Das ist unser Staat! Und wir werden ihn nicht jedem überlassen, der ihn
haben will.« »Minsk II« habe nur die Funktion, Zeit zu gewinnen, um die
ukrainischen Streitkräfte aufzurüsten und auf NATO-Standard zu bringen.
»Es ist eine Gelegenheit zum Manövrieren. Aber nicht mehr als das«,
deklarierte Jarosch das Abkommen als rein taktische Maßnahme – eine
Vorstellung, die ganz und gar den Absichten der damaligen westlichen
Verhandlungsführer entsprach, wie Aussagen von Exbundeskanzlerin Merkel
und des ehemaligen französischen Präsidenten François Hollande erst im
Dezember 2022 offenbarten. »Die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen
wäre der Tod unseres Staates«, so Jarosch weiter. Selenskij »wird an
einem Baum auf dem Chreschtschatik (Hauptstraße in Kiew, die am Maidan
entlangführt, S. W.-S.) hängen, wenn er die Ukraine und die Menschen,
die in der Revolution und im Krieg gestorben sind, verrät«, drohte der
Naziführer, der inzwischen zum Berater des Generalstabs der ukrainischen
Streitkräfte aufgestiegen ist. Ein Teil seiner mindestens 5.000 Kämpfer
starken Miliz wurde im März 2022 in die Spezialkräfte integriert und
vergrößert, ein anderer bildet jetzt den Kern der 67. Separaten
Mechanisierten Brigade »DUK« des Heeres – Maßnahmen, mit denen den
»Rechten-Sektor«-Kriegern Zugang zu hochmodernen westlichen
Waffensystemen verschafft wurde. Sie haben bereits angekündigt,
weiterzukämpfen, bis sie den »Sieg über den Ruinen des brennenden Kremls
feiern« können.
Der Präsident und das Parlament fungieren als Megaphone und mehr oder
weniger willige Helfer der Kommandeure der mächtigsten Nazistrukturen
wie der »Asow«-Bewegung, die neben einem Militärapparat auch einen
eigenen Geheimdienst unterhält. Seit dem Maidan gilt: Keine ukrainische
Regierung kann sich ohne Duldung durch die Faschisten halten. Die
militanten Rechten waren die Triebkräfte der ATO, ebenso des Terrors
gegen linke und andere Oppositionelle durch das Innenministerium und den
Sicherheitsdienst SBU – und sie spielen zumindest objektiv eine
Schlüsselrolle bei der Unterdrückung des Widerstands aus der Bevölkerung
gegen die faktische Eingliederung der Ukraine in die NATO-Zone. Heute
sind sie als Elitekämpfer, gnadenlose Einpeitscher und Antreiber der
zwangsrekrutierten Ukrainer, die in Bachmut und anderen Blutmühlen im
Donbass zermahlen werden, absolut unverzichtbar – ohne sie und ihre
Mordlust würde die Stellvertreterkriegsmaschine gegen Russland innerhalb
kurzer Zeit zusammenbrechen.
*40 Millionen UPA-Kämpfer
*Neben dem Aufstieg der Faschisten war die damit verbundene
Wiederbelebung des Banderismus als ukrainische Version des Nazismus von
Anfang an ein zentraler Strategiebaustein aller prowestlicher Politik
gewesen, mit der das Land aus dem Einflussbereich der Russischen
Föderation herausgebrochen werden soll, meint der in Kiew lebende
Journalist Dmitri Kowalewitsch*. Das erkläre auch, warum seit den 1990er
Jahren die Rehabilitierung ukrainischer Kollaborateure des
Hitlerfaschismus vorangetrieben wird, obwohl sie am Holocaust beteiligt
waren.
Dabei spielen Präsident Selenskij und seine Partei keine unwesentliche
Rolle. 2021 unterstützten Spitzenpolitiker der »Diener des Volkes« eine
Initiative der nazistischen »Swoboda«-Partei, die derzeit einen Sitz in
der Werchowna Rada hat: Gemeinsam mit Abgeordneten der anderen
prowestlichen Parteien – insgesamt waren es mehr als 70 – sorgten sie
dafür, dass Stepan Bandera und Roman Schuchewitsch den Titel »Held der
Ukraine« zurückbekamen. Der »prorussische« Präsident Wiktor Janukowitsch
hatte dem ehemaligen Führer des radikalen Flügels der »Organisation
Ukrainischer Nationalisten« (OUN-B) und dem Kommandeur der »Ukrainischen
Aufständischen Armee« (UPA), des bewaffneten Arms der OUN-B, diese von
seinem Vorgänger Wiktor Juschtschenko vorgenommene Ehrung vor seinem
Sturz wieder aberkannt. Schon 2020 hatten Abgeordnete von »Diener des
Volkes«, darunter Kulturminister Olexander Tkatschenko, ein Vertrauter
Selenskijs, im ukrainischen Nationalparlament und im Stadtrat von Kiew
eine mehr als schrille Resolution »Zur Feier von denkwürdigen Daten und
Jahrestagen« mit verabschiedet: Offizielles Gedenken wurde nicht nur für
den 75. Jahrestag der »Befreiung der Häftlinge des
Nazikonzentrationslagers Auschwitz« angeordnet, sondern auch für die
runden Geburtstage von Iwan Poltawez-Ostrjanizja, dem einstigen
Assistenten von Alfred Rosenberg, von Wladimir Kubijowitsch, dem
Organisator der SS-Division »Galizien«, sowie von weiteren NS-Verbrechern.
Die Ukrainer, die damals in der Waffen-SS gekämpft haben, seien keine
Nazis gewesen, erst recht nicht die UPA-Milizen. Beide hätten lediglich
ihre Heimat verteidigen wollen, wie auch die Soldaten der Roten Armee,
präsentierte der Vorsitzende des Ausschusses für Kultur- und
Informationspolitik der Werchowna Rada und einer der engsten Berater
Selenskijs, Nikita Poturajew, 2021 die eigenwillige Geschichtsschreibung
seiner Partei »Diener des Volkes«. »Die UPA ist ein sehr wichtiges
Kapitel in unserer Geschichte, insbesondere für den Prozess des Aufbaus
unseres Staates.«
Klartext über die Bedeutung der UPA für die USA und Großbritannien – mit
deren Unterstützung die Faschisten nach dem Rückzug der Hitlertruppen
1944 weitermorden konnten – und auch für alle Pro-NATO-Regierungen der
Ukraine spricht sein Parteikollege Jehor Tschernew: Immerhin konnten bis
zum Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg noch »etwa 30.000 russische
Besatzer und Kollaborateure vernichtet« werden, lobpreiste er den
UPA-Terror gegen die Sowjetunion (fast 80 Prozent der Opfer waren
Zivilisten, wie Zahlen des Instituts für Geschichte der Ukraine für den
Zeitraum 1944 bis 1953 belegen). Heute habe die Ukraine eine »40
Millionen Mann starke UPA«, protzte Tschernew. Am 1. Januar 2023
veröffentlichte die Werchowna Rada anlässlich des 114. Geburtstags von
Bandera ein Foto des Oberbefehlshabers der ukrainischen Streitkräfte,
Walerij Saluschnij, vor einem Porträt und mit Zitaten des
Faschistenführers – dessen Mordaufruf »Tod der moskowitisch-jüdischen
Kommune!« von 1941 war allerdings nicht dabei. Die Bandera-Würdigung
wurde nach dem Protest des polnischen Ministerpräsidenten gelöscht.
Hinter der von der Selenskij-Partei beschleunigten
Persilscheinproduktion für die Banderisten und der systematischen
Besudelung der sowjetischen Vergangenheit stecken auch handfeste
ökonomische Interessen: 2019 empfahl Nikita Poturajew seine Partei in
einer Sitzung der Werchowna Rada als Diener des westlichen Kapitals mit
einem geschichtspolitischen Argument: Er ideologisierte seine Forderung
nach Deregulierung des Bodenmarktes als Befreiung von den russischen
»Henkern des ukrainischen Volkes«, die angeblich den »Holodomor« (so
nennen die ukrainischen Nationalisten und ihre westlichen Verbündeten
die Hungerkatastrophe von 1932/33 in der Sowjetunion, um sie mit dem
Holocaust gleichzusetzen) organisiert haben. Bevor wieder »ein Moskauer
Stiefel hierherkommt und alle verhungern lässt«, möchte Nikita Poturajew
»den Kommunismus endgültig begraben« und kündigte an: »Wir werden
endlich mit diesem verrückten Lenin und dem Kannibalen Stalin abrechnen,
die alles getan haben, um das ukrainische Volk seines größten Reichtums
zu berauben – des Landes.« Die damals noch in der Werchowna Rada
vertretene »Oppositionsplattform – Für das Leben«, eine Sammelbewegung
für sozialistische und »prorussische« Parteien, protestierte gegen diese
Geschichtsklitterung zugunsten von US-Agrarkonzernen wie Cargill, ebenso
Blackrock und anderen großen Investmentgesellschaften, die die Ukraine
sukzessive in eine Kolonie des NATO-Imperiums verwandeln. Daraufhin
drückte Poturajew sein Bedauern darüber aus, dass solche
»kremlfreundlichen« Abgeordneten nicht erschossen werden können, und
verlangte wenigstens die »politische Zerstörung« ihrer Partei. Präsident
Selenskij kam dieser Aufforderung im März 2022 nach und hat sie – wie
jegliche Opposition, die mittlerweile pauschal als »Einflussagenten
Putins« gehandelt wird – verbieten lassen.
*»Ruhm den ukrainischen Titanen!«
*Dagegen erfährt das in der Tradition der ukrainischen Verbündeten der
Wehrmacht und SS stehende »Asow«-Regiment eine fast schon religiöse
Verherrlichung. Nicht nur wegen sentimentaler Erinnerungen an die gute
Kameradschaft mit dem deutschen Imperialismus unter Hitler damals,
sondern auch wegen hervorragender Verdienste bei der brutalen
Kriegführung unter dem Kommando der NATO heute: »Ruhm den ukrainischen
Titanen, die Mariupol verteidigen – die offene Wunde der Ukraine. Sie
sind unser Schild, unser Stolz und unsere Verteidigung!«, gratulierte
Ruslan Stefantschuk, Parlamentspräsident und Chefideologe der »Diener
des Volkes«, »Asow« am 5. Mai 2022 zum achten Geburtstag.
Selenskijs Gefolgschaft steht auch an der Spitze der Bewegung zur
Verteidigung der Ehre der Nazitruppe gegen selten kritische
Berichterstattung in internationalen Medien: Als /CNN/ es vergangenes
Jahr gewagt hatte, den rechten Oligarchen Igor Kolomoiskij als
Mitfinanzier der Einheit zu nennen, fand sie sich unter den 200
Werchowna-Rada-Abgeordneten und reichen Geschäftsleuten, die die
»Asow«-Krieger in einem gemeinsamen Protestbrief an den US-Sender als
»Supercyborgs«, also Übermenschen, im Abwehrkampf bis zur letzten
Patrone »gegen die russische Bestie« fetischisierten. Elfenhafte
Lichtgestalten strahlen um so heller, je dämonischer ihre Todfeinde aus
der barbarischen Finsternis Mordors erscheinen: »Wir öffnen die Büchse
der Pandora«, wenn die »Orks« in die »zivilisierte Welt« gelassen
würden, untermauerte die »Dienerin des Volkes« Olga Saladucha kürzlich
ihre Forderung nach konsequentem Ausschluss russischer Sportler von
internationalen Wettbewerben.
Publikumswirksame Inszenierungen beherrschen die »Diener des Volkes«
hervorragend. Als die neoliberale Partei 2018 aus der Retorte gehoben
wurde und im Juli 2019 mit 43,2 Prozent der Wählerstimmen ins Parlament
einzog, bestand ein signifikanter Teil ihrer Fraktion aus politischen
Debütanten, die aus dem Showgeschäft, PR-Agenturen und Medien kamen.
Einige Abgeordnete waren für den Fernsehsender /1+1/ von Igor
Kolomoiskij tätig, beispielsweise Olexander Dubinskij, der die Sendung
»Money« moderierte. Laut seiner Kritiker soll Kolomoiskij, der in
unzählige Korruptionsskandale verwickelt ist, zwischen 2012 und 2016 41
Millionen US-Dollar in Offshorefirmen wie Film Heritage in Belize
gesteckt haben, die Selenskij gehören – Vorwürfe, die zumindest
teilweise durch die »Pandora Papers« belegt wurden. Nicht wenige
Abgeordnete waren auch in Selenskijs Rundfunkproduktionsfirma Studio
Kwartal 95 beschäftigt, die eng mit /1+1/ kooperiert, etwa der
Schauspieler Jurij Korjawtschenkow. Rund 30 Mitarbeiter von Studio
Kwartal 95 soll Selenskij mit Regierungsaufgaben betraut und in hohe
Positionen gehievt haben. So nahm er Andrij Jakowlew, Filmregisseur,
Produzent und Koautor der Fernsehserie »Diener des Volkes«, nach der
seine Partei benannt wurde, in seinen Beraterstab auf. Den Leiter von
Studio Kwartal 95, Iwan Bakanow, beförderte er sogar zum Chef des SBU
(im Juli 2022 hat er ihn wieder abgesetzt).
Neben der Showbiztruppe finden sich unter Selenskijs »Volksdienern« auch
viele ehemalige Politiker der rechtsliberalen Partei »Ukrainische Union
der Patrioten« (Ukrop), die 2015 von Kolomoiskij gegründet worden war.
Ukrop galt als Sammelbecken von ATO-Veteranen und Militaristen und ging
aus einer gleichnamigen interfraktionellen Vereinigung hervor, der
Faschisten wie Dmitro Jarosch und Borislaw Bereza, ehemaliger Sprecher
des »Rechten Sektors«, angehörten.
*Catch-all-Nazis-Politik
*Es gibt nicht nur indirekte Verbindungen zwischen Selenskijs Partei
über einen der wichtigsten Geldgeber für den Aufbau der
paramilitärischen Nazitruppen – Kolomoskij hat unter anderem auch das
Bataillon »Ajdar« finanziert – ins Milieu der militanten Rechten. Die
»Diener des Volkes« haben auch dafür gesorgt, dass Faschisten an der
Gesetzgebung beteiligt werden: Im Dezember 2020 brachten sie gemeinsam
mit der »Asow«-Partei »Nationales Korps« den Entwurf für ein
»Antikollaborationsgesetz« auf den Weg. »Es soll dazu dienen, dass die
fünfte Kolonne keine Möglichkeiten und Instrumente mehr hat, die Ukraine
zu beeinflussen«, erklärte »Asow«-Führer Bilezkij. Die Werchowna Rada
hat das Gesetz, mit dem praktisch alle Beziehungen zu Russland
kriminalisiert werden können, im März 2022 verabschiedet. Bei Verstößen
drohen Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren, der Ausschluss aus dem
öffentlichen Dienst, Verbote von Parteien und die Auflösung von
Unternehmen. Ende 2020 hat mit Swjatoslaw Jurasch auch ein Abgeordneter
der »Diener des Volkes« an einer internationalen
»Intermariums«-Konferenz teilgenommen, die von Bilezkij und anderen
Rechten initiiert wurde. Die »Intermariums«-Strategie, die von
polnischen Nationalisten stammt, von ukrainischen und anderen
osteuropäischen Faschisten vorangetrieben und seit dem Kalten Krieg von
den USA gestützt wird, erstrebte einst ein antisowjetisches Bündnis,
heute hat sie den Aufbau einer antirussischen Allianz der Staaten
zwischen der Ostsee, dem Schwarzen Meer und der Adria zum Ziel. Laut
Jurasch unterstützt die Mehrheit der Werchowna Rada dieses Projekt.
Unter den »Dienern des Volkes« und Vertrauten des Präsidenten finden
sich auch Politiker, die keinen Hehl daraus machen, dass sie die
Vorstellungen der Nazis von Rechts- und Sozialstaat teilen. Im
vergangenen Jahr prahlte Selenskijs innenpolitischer Berater Anton
Geraschtschenko damit, dass ein »ukrainischer Mossad« geschaffen wurde,
der im Osten des Landes »Verräter« eliminiert: »Jeder von ihnen, der in
den besetzten Gebieten gestorben ist, geht auf das Konto unserer
Sonderdienste.« Tatsächlich gab es diverse Anschläge auf von Kiew als
»prorussisch« stigmatisierte Bürgermeister und Beamte, bei denen
Menschen verletzt oder getötet wurden. Galina Tretjakowa, Abgeordnete
aus Charkiw und Vorsitzende des Sozialausschusses der Werchowna Rada,
vertritt sogar eugenische Positionen und meint, dass Arbeitslose nur
Kinder von »sehr geringer Qualität« produzierten – und schlug
»Sterilisation« zur Entlastung des Sozialsystems vor.
Zu Selenskijs Verständnis einer »Catch-all-Partei«, als die seine
»Diener des Volkes« angetreten sind, gehört offenbar auch, Faschisten in
den Sicherheitsdienst einzubinden: Laut Sergij Sternenko, einem
ehemaligen Führer des »Rechten Sektors«, hatte Selenskij ihm vor seiner
Wahl die Leitung der SBU-Direktion in der Region Odessa angeboten –
obwohl gegen Sternenko wegen Entführung, Raub und Mord ermittelt wurde
(nach einer Verurteilung und kurzem Gefängnisaufenthalt ist er wie die
meisten Nazistraftäter wieder auf freiem Fuß). Mitarbeiter von
Selenskij, darunter der Exchef des Präsidialamtes, haben Sternenkos
Angaben bestätigt und »Personalmangel« als Grund für die Anwerbung
angegeben.
Immer wieder treten Faschisten als Zwangsvollstrecker des Präsidenten
und seiner westlichen Verbündeten auf. »Wir sind Selenskijs schwarzer
Haufen« – in Anlehnung an das Fahrtenlied »Wir sind des Geyers schwarzer
Haufen«, das später von der SS vereinnahmt wurde –, prahlte Andrij
Medwedko, »C14«-Führer und mutmaßlicher Mörder des Journalisten Oles
Busina, als der Präsident am 3. Februar 2021 die oppositionellen
Fernsehsender /News One/, /Zik/ und /112/ schließen ließ. Diese Medien
waren Naziorganisationen wie »C14«, die seit 2018 offiziell für die
Stadt Kiew als Security tätig ist, schon lange ein Dorn im Auge. Nachdem
die Botschaften der USA, Großbritanniens und Kanadas die Verbote
öffentlich begrüßt hatten, zog »C14«-Chef Jewgeni Karas noch am selben
Tag mit seinen Schlägern vor das Gebäude von /Nash TV/. Er wollte
»darauf aufmerksam machen, dass Selenskij vergessen hat«, auch diesen
Kanal abschalten zu lassen. Als die Faschisten auf Journalisten
losgingen und versuchten, den Sender zu stürmen, griffen Polizisten ein
und nahmen einige der Randalierer fest. Diese wurden kurz darauf
freigelassen und die verantwortlichen Beamten vom Dienst suspendiert.
/Nash TV/ wurde am 11. Februar 2022 die Sendelizenz entzogen.
Die Ukraine ist längst zum Menschenjagdrevier der militanten Rechten und
Eldorado für ihre kriminellen Machenschaften verkommen. Im Juni 2021
scheiterte in der Werchowna Rada der letzte nennenswerte Versuch,
wenigstens die Verbreitung ihrer Hassideologie und Geschichtslügen
einzudämmen: Der Antrag von Maxim Buschanskij – ein parteiloser
Außenseiter in der »Diener des Volkes«-Fraktion – für eine
Gesetzesreform zum Zweck effektiverer »Verhinderung der Verherrlichung
von Kriegsverbrechern und der Legalisierung des Nazismus« wurde
abgeschmettert. Nur rund ein Drittel der Abgeordneten hatte dafür
gestimmt – darunter die komplette Oppositionsplattform –, von
Buzhanskijs »Volksdienern« gerade einmal etwas mehr als die Hälfte.
Seit dem Verbot der Oppositionsplattform muss Selenskij im Parlament nur
noch Gegenwind von ganz rechts fürchten. Beispielsweise von Faschisten
wie Andrij Parubij, einst ein Führer der »Asow«-Keimzelle »Patriot der
Ukraine«, der derzeit Abgeordneter der Poroschenko-Partei »Europäische
Solidarität« ist. »Ich selbst bin ein großer Befürworter der direkten
Demokratie«, verkündete Parubij 2018. »Übrigens, der größte Mann, der
direkte Demokratie praktiziert hat, war Adolf Aloisowitsch (Hitler, S.
W.-S.) in den 1930er Jahren.«
*»Besser ein Jude …«
*Präsident Selenskij hat die Faschisten, die nach dem Maidan eine
schlagkräftige paramilitärische, politische und kulturelle
Massenbewegung aufbauen konnten, bereits vor dem russischen Einmarsch
verstärkt in den ukrainischen Staat inkorporiert. Seit 2022 jedoch seien
rechte Organisationen auf Betreiben der »Sponsoren«, NATO und EU, vor
allem durch die Eingliederung in die Strukturen der Armee, der
Nationalgarde, des SBU und anderer Geheimdienste legalisiert und von
einem einflussreichen, aber nicht autarken Durchsetzungsinstrument in
eine politische Kraft mit großer Macht verwandelt worden, sagt der
Soziologe und Rechtsextremismusforscher Iwan Michailenko* von der
Universität Charkiw im Gespräch mit /jW/. Durch ihre Integration in den
Sicherheitsapparat habe Selenskij den Faschisten, die er nur nominell
unter Kontrolle hat, neue Möglichkeiten zur »viralen ideologischen und
politischen Infektion« der Armeesoldaten und Nationalgardisten eröffnet.
»Selenskij hat allen Grund, sich Sorgen zu machen«, meint Michailenko.
Falls der Westen eines Tages ein Staatsoberhaupt fürs richtig Grobe
brauchen sollte, könnten die militanten Rechten für einen Militärputsch
eingesetzt werden.
Solange NATO und EU noch ihr Narrativ über die Ukraine als Frontstaat
zur »wertegeleiteten« Verteidigung des »zivilisierten Europas«
aufrechterhalten können, braucht ihre Propagandamaschine aber »Freedom
and Democracy«-Ikonen. Niemand könnte – vor allem gegenüber der
deutschen Bevölkerung – moralisch überzeugender immer mehr
Waffenlieferungen für den »heldenhaften Abwehrkampf« der Ukraine gegen
den »Vernichtungskrieg« des »blutrünstigen Putler« im Kreml einklagen
als ein telegener jüdischer Präsident. Das haben mittlerweile sogar
eingefleischte Antisemiten verstanden. »Ich war wütend auf das
ukrainische Volk – wie konnten sie einen Juden als eines der nationalen
Symbole wählen!? Der Präsident ist ein nationales Symbol wie die Flagge,
die Hymne und so weiter. Er muss ein Ukrainer sein«, erklärte Dmitro
Kortschinskij, Exchef der faschistischen »Ukrainischen
Nationalversammlung – Ukrainische Nationale Selbstverteidigung«
(UNA-UNSO) und einer der prominentesten Nazis der Ukraine, im März 2022
in einem Interview. »Aber es hat sich herausgestellt, dass es sogar
besser ist, wenn er ein Jude ist. Versuchen Sie doch nur einmal zu
behaupten, wir würden den Nazismus unterstützen.«
* Der Name musste aus Sicherheitsgründen geändert werden.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.