Pipeline-Terror: Das 9/11 der wilden 20iger Jahre
aus e-mail von Doris Pumphrey, 8. Okt 2022
https://test.rtde.tech/meinung/150890-pipeline-terror-911-wilden-zwanziger/
7.10.2022
*Pipeline-Terror: Das 9/11 der wilden Zwanziger Jahre
*/von Pepe Escobar
/
Es steht außer Frage, dass künftige unvoreingenommene Historiker die
Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Rückkehr der
Bärenjungen zu Mutter Bär – Donezk, Lugansk, Cherson und Saporoschje –
als Wendepunkt der wütenden 2020er Jahre einstufen werden.
Die zugrundeliegende Ehrlichkeit und Klarheit der Rede von Wladimir
Putin
<https://de.rt.com/international/150407-russland-bleibt-fur-immer-russland/>
vom 30. September war ein Spiegelbild seiner Rede an der Münchner
Sicherheitskonferenz von 2007. Doch diesmal ging sie weit über das
Drumherum des geopolitischen großen Spiels hinaus.
Diese Rede war eine Ansprache an den kollektiven globalen Süden. In
einer Schlüsselpassage bemerkte Putin, dass "die Welt in eine Periode
revolutionärer Veränderungen eingetreten ist, die von grundlegender
Natur sind. Es bilden sich neue Zentren der Entwicklung, in denen die
Mehrheit der Weltbevölkerung lebt".
Indem er eine direkte Verbindung zwischen Multipolarität und der
Stärkung der Souveränität herstellte, spannte er den Bogen hin zur
Entstehung einer neuen antikolonialen Bewegung, einer turbogeladenen
Version der Bewegung der Blockfreien Staaten in den 1960er Jahren:
/"Wir haben viele Gleichgesinnte in der ganzen Welt, auch in Europa und
den Vereinigten Staaten, und wir spüren und sehen ihre Unterstützung.
Eine befreiende, antikoloniale Bewegung gegen die unipolare Hegemonie
entwickelt sich bereits in verschiedenen Ländern und Gesellschaften.
Ihre Verinnerlichung wird noch zunehmen. Diese Kraft wird die zukünftige
geopolitische Realität bestimmen." Am Ende der Rede ging es um
Transzendenz – in einem spirituellen Sinne. Der letzte vollständige
Absatz beginnt mit "Hinter diesen Worten steht eine glorreiche
spirituelle Entscheidung"./
Die Moderne nach der Postmoderne begann mit dieser Rede vom 30.
September. Sie muss mit äußerster Sorgfalt gelesen werden, damit ihre
unzähligen Implikationen erfasst werden können. Und das ist genau das,
was schäbiges westliches Geschwafel und ein Korb voller abwertender
Adjektive niemals zulassen werden.
Diese Rede war ein präziser Reisebericht darüber, wie wir an diesen
strahlend historischen Scheideweg angekommen sind – an dem, um über die
Gedanken von Antonio Gramsci hinauszugehen, die alte Ordnung sich
weigert, ihren Untergang anzuerkennen, während eine neue Ordnung
unaufhaltsam errichtet wird. Es gibt kein Zurück mehr. Die wichtigste
Konsequenz aus der weitgehend dokumentierten Tatsache, dass gegen
Russland ein hybrider Krieg geführt wird, weil es der neokolonialen
Weltordnung im Wege steht, ist, dass sich Russland, zusammen mit den
eurasischen Großmächten China und Iran, auf einen totalen Zusammenstoß
mit dem Imperium der Lügen vorbereitet hat. Imperiale Vasallen sind in
diesem Fall bestenfalls als Kollateralschaden zu verbuchen.
Außerdem ist es bezeichnend, dass Putins Rede auf die Rede des indischen
Außenministers Dr. S. Jaishankar folgte, der in der
UN-Generalversammlung die "Ausplünderung Indiens durch die
Kolonialmacht" in Erinnerung rief. Putins Rede und Russlands
Entschlossenheit, den hybriden Krieg und andere Kriege gegen den
kollektiven Westen zu führen, bilden das Makrobild.
Das Mikrobild beinhaltet dagegen das Hin und Her auf den Schlachtfeldern
in der Ukraine und sogar die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines, ein
verzweifelter Schachzug, ausgeführt wenige Tage vor dem Ergebnis der
Referenden in der Ostukraine und ihrer offiziellen Anerkennung am 30.
September. Wo ist Osama bin Laden, wenn man ihn braucht?
Während sich die Hypothesen darüber, wie der Anschlag gegen die
Pipelines begangen wurde, überschlagen, sind einige Dinge ziemlich klar.
Russland hatte absolut kein Motiv, die milliardenschwere
Energieinfrastruktur von Gazprom zu zerstören. Man hätte sie jederzeit
als Druckmittel einsetzen können oder einfach das Gas abdrehen und es an
asiatische Kunden weiterleiten – was aufgrund des Sanktionswahns auch
getan wurde.
Das Weiße Haus, das von einem senilen Ableser von Telepromptern
"geführt" wird und in einer dunklen politisch-wirtschaftlichen Leere
versinkt, war mit Sicherheit ahnungslos. Der Hauptverdächtige im Fall
der Pipelines ist eine abtrünnige Fraktion im Apparat des Nationalen
Sicherheitsrats und des Außenministeriums, jener Teil, der in den Hallen
der Macht in Washington als "The Blob" – der Klumpen – bekannt ist. Das
sind die Akteure, die eine "US-Außenpolitik" betreiben, deren zentrale
Prämisse die Zerstörung Russlands ist, mit den europäischen
"Verbündeten" als Kollateralschaden.
Eine unvermeidliche – und sicherlich unvorhergesehene – Konsequenz ist,
dass bei dieser neuen Wendung im Krieg der Wirtschaftskorridore jetzt
alles auf dem Spiel steht. Keine Pipeline und kein Unterseekabel, egal
wo auf der Welt, ist jetzt mehr sicher und kann bei Vergeltungsmaßnahmen
zum legitimen Angriffsziel werden. Die Sprengung der Pipelines Nord
Stream 1 und Nord Stream 2 ist somit eine Neuauflage des 11. Septembers
in der Gestalt von Pipeline-Terror, ohne einen Islamisten mit
Kalaschnikow im Anschlag, der sich in einer afghanischen Höhle
verstecken und die Schuld auf sich nehmen muss.
Die finanziellen Verluste aus der Zerstörung der Pipelines werden einige
wichtige Akteure treffen. Die Aktionäre der Nord Stream AG sind die
russische Gazprom (51 Prozent), die deutsche Wintershall Dea AG (15,5
Prozent), die schweizerische PEG Infrastruktur AG, eine
Tochtergesellschaft der deutschen E.ON (15,5 Prozent), die
niederländische N.V. Nederlandse Gasunie (9 Prozent) und die
französische Engie (9 Prozent). Es handelt sich also nicht nur um einen
Angriff auf Russland und Deutschland, sondern auch auf große europäische
Energieunternehmen.
Nord Stream 2 ist ein technisches Wunderwerk. Über 200.000 Rohrsegmente,
die mit rund 15 Zentimeter Beton ummantelt sind und jeweils 22 Tonnen
wiegen, wurden auf den Grund der Ostsee verlegt. Und auch wenn es erst
so aussah, als sei alles verloren, blieben die Rohre stabil, sie brachen
nicht auseinander, sondern sind lediglich durchstochen worden. Gazprom
teilte mit, dass es einen intakten Strang von Nord Stream 2 gibt, der
"potenziell" verwendet werden könnte. Zudem ist eine Reparatur möglich,
wie der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Nowak
betonte: "Es gibt technische Möglichkeiten, die Infrastruktur
wiederherzustellen, aber das erfordert Zeit und entsprechende Mittel.
Ich bin sicher, dass entsprechende Möglichkeiten gefunden werden."
Doch zunächst will Russland die Täter eindeutig ermitteln.
*Henry Kissinger, der schlechte Verlierer*
Henry Kissinger, das Orakel des US-Establishments und notorischer
Kriegsverbrecher, zelebrierte erneut sein Markenzeichen: die Rückkehr
des lebenden Toten. Russland habe "den Krieg bereits verloren", weil
seine Fähigkeit, Europa mit konventionellen Angriffen zu bedrohen, für
das es jahrzehntelang gefürchtet wurde, "nun nachweislich widerlegt
ist". Moskau hat Europa weder mit konventionellen noch mit anderen
Mitteln "bedroht" – man hat versucht, Geschäfte zu machen, und die
Amerikaner haben das mit aller Macht zu verhindern versucht und dabei
sogar auf den Pipeline-Terror zurückgegriffen.
Dieser taktische Sieg der Amerikaner wurde in nur sieben Monaten
erzielt, kostete so gut wie nichts und die Ergebnisse mögen
beeindruckend erscheinen. Die Hegemonie der USA über das gesamte
EU-Spektrum ist nun unangefochten, da Russland seinen wirtschaftlichen
Einfluss verloren hat. Aber das wird Moskaus Entschlossenheit – wie in
Putins Rede betont –, den Kampf gegen das Imperium und seine Vasallen
bis zum Äußersten zu führen, nur noch verstärken.
Auf den Schlachtfeldern der Ukraine bedeutet das, Kiew und seine
Unterstützer zu Russlands Bedingungen an den Verhandlungstisch zu
zwingen und sie dann zu zwingen, einer neuen europäischen Vereinbarung
über die "Unteilbarkeit der Sicherheitsgarantien" zuzustimmen. Man
bedenke, dass all dies mit einem einfachen Telefonanruf Ende 2021 hätte
erledigt werden können, nachdem Moskau Briefe an Washington und Brüssel
geschickt hatte, in denen ernsthafte Gespräche vorgeschlagen wurden.
Tatsächlich sind es die USA, die "den Krieg bereits verloren" haben.
Mindestens 87 Prozent der Weltbevölkerung – einschließlich des praktisch
gesamten globalen Südens – sind zu dem Schluss gekommen, dass es sich
bei den USA und dem kollektiven Westen um ein skrupelloses, außer Rand
und Band geratenes Imperium handelt.
Laut Henry Kissinger bedeutet "verlieren" auch, dass Russland in nur
sieben Monaten 110.000 Quadratkilometer – oder 15 Prozent des
ukrainischen Territoriums – eingenommen hat, das fast 80 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet und über acht Millionen Einwohner
hat. Auf dem Weg dorthin zerstörten die alliierten Streitkräfte große
Teile der ukrainischen Armee, was sie weiterhin rund um die Uhr tun.
Milliarden von US-Dollar an verlorener NATO-Ausrüstung beschleunigten
den Niedergang der meisten westlichen Volkswirtschaften und ließen die
Idee einer amerikanischen Hegemonie verblassen.
Was das ausgeflippte Idiotistan betrifft, so geht der Oscar an seinen
Außenminister Antony Blinken, der den Spielplan verriet, indem er sagte,
die Sprengung der Pipelines sei eine "enorme strategische Chance".
Genauso wie 9/11 eine "enorme strategische Chance" für wahllose
Invasionen, Bombardierungen, Tötungen und Plünderungen in den Ländern
des Islam war.
*Das Schocken und Einschüchtern ist zurück*
Die EU ist auf dem Weg in ein todsicheres wirtschaftliches Debakel. Von
nun an müsste jede Möglichkeit eines Handels mit Russland die Folge des
Zusammenbruchs sowohl der NATO als auch der EU sein. Das könnte
stattfinden, aber es wird Zeit brauchen. Wie also geht es jetzt weiter?
Die EU kann sich nicht auf Asien verlassen. Das liegt zu weit weg und in
Bezug auf die Kosten für die Verflüssigung und Wiederverdampfung von
Flüssiggas (LNG) unerschwinglich. Jede Pipeline – zum Beispiel aus
Kasachstan – würde durch Russland verlaufen oder von China über Russland
kommen. Turkmenistan kann man vergessen, das Land liefert sein Gas
bereits nach China.
Die EU kann sich nicht auf Westasien verlassen. Die Pipeline Turk Stream
ist vollständig ausgebucht. Die gesamte Produktion des Persischen Golfs
ist bereits aufgekauft. Wenn – und das ist ein großes Wenn – mehr Gas
zur Verfügung stünde, wäre es eine kleine Menge aus Aserbaidschan – und
Russland könnte diese Verbindung problemlos stören. Iran wird weiterhin
vom Imperium sanktioniert, was ein fabelhaftes Eigentor darstellt,
während der Irak und Syrien weiterhin von den USA ausgeplündert werden.
Bleibt nur noch Afrika, wo Frankreich derzeit aus einer Nation nach der
anderen kurzerhand rausgeschmissen wird. Italien wird möglicherweise Gas
aus Algerien, Libyen und den zypriotisch-israelischen Feldern in das
deutsche Gasnetz leiten können. Um die Gasfelder in der Sahara und in
Zentralafrika – von Uganda bis zum Südsudan – wird es ein wahnsinniges
Gerangel geben.
Die Ostsee mag ein NATO-See sein, aber Russland könnte sich leicht dazu
entschließen, darin Wellen zu schlagen, indem es unter anderem
Flüssiggas in Tankern über Kaliningrad – das im Winter eisfrei ist – an
deutsche Seehäfen transportiert. Sollte Litauen versuchen, dies zu
blockieren, könnte Herr Kinschal
<https://de.wikipedia.org/wiki/Ch-47M2_Kinschal> die Angelegenheit durch
Vorlegen seiner Visitenkarte regeln. Russland könnte auch den Finnischen
Meerbusen nutzen, was für die riesigen russischen Eisbrecher kein
Problem darstellt. Das bedeutet, dass Russland mit Leichtigkeit die
Konkurrenz ausschalten könnte – wie zum Beispiel das absurd teure LNG
aus den USA. Schließlich sind es von St. Petersburg nach Hamburg nur
etwa 800 Seemeilen und von Kaliningrad gerade mal 400.
Das gesamte Schachbrett wird sich noch vor der Ankunft von General
Winter radikal verändern. 9/11 führte zur Bombardierung, Invasion und
Besetzung Afghanistans. "Pipeline 9/11" führt zu Schock und
Einschüchterung für die NATO, das in der Ukraine stattfinden wird.
"Stirb langsam" ist zurück – diesmal mit Rache.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.