09.07.2024

Die EU verliert in Frankreich, die Nato führt in der Ukraine – und Orban?

lostineu.eu, 9. Juli 2024

Die Watchlist EUropa vom 09. Juli 2024 – Heute mit dem europäischen Katzenjammer nach der Wahl in Paris, dem alliierten Kriegs-Kommando in Wiesbaden und ganz viel bösem Blut in Brüssel.

Frankreich hat gewählt – und die EU schweigt. Auf den ersten Blick ist das überraschend. Sollten sich die EU-Politiker nicht freuen, dass die Gefahr einer weiteren Rechts-Regierung (nach Italien, den Niederlanden und bald wohl auch in Belgien) abgewendet wurde?

Können Kommissionschefin von der Leyen und Ratspräsident Michel der französischen Linken nicht ebenso selbstverständlich zum überraschenden Wahlsieg gratulieren wie der britischen Labour-Partei?

Nein – können sie nicht, und wollen sie auch nicht. Denn zum einen hat ausgerechnet der EU-Kritiker Mélenchon die meisten Stimmen für die Linken geholt. Vor Mélenchon haben viele in Brüssel noch mehr Angst als vor Le Pen.

Ohne Linke geht in Paris nichts mehr

Zum anderen hat diese Wahl gezeigt, dass es keine Mehrheit für Präsident Macrons liberale Partei und seine Europapolitik gibt. Macrons “Ensemble” hat fast 100 Parlamentssitze verloren, ohne die Linke geht in Frankreich nichts mehr.

Damit hat sich der Trend der Europawahl bestätigt. Die Franzosen wollen weder Macron noch von der Leyen. Sie wollen die von Brüssel gedeckte Rentenreform rückgängig machen und den Strompreis nicht am liberalisierten EU-Markt, sondern am liebsten wieder national regeln.

Man mag das für unvernünftig und unrealistisch halten. Man mag sich eine “große Koalition” der “Pro-Europäer” nach “deutschem Vorbild” wünschen. Doch ein Blick auf die Ampel in Berlin zeigt, wie schwach dieses “Vorbild” ist.

Bardella schlägt Macron – in Brüssel

Die Wahrheit ist, dass nicht nur Macron, sondern auch die EU in Frankreich verloren hat. Das neue Führungstrio von der Leyen, Costa und Kallas verspürt keinen Rückenwind – weder in Paris, noch in Brüssel oder Straßburg.

Denn dort übernimmt ausgerechnet der Franzose Jordan Bardella die Führung der neuen rechtsradikalen Fraktion der “Patrioten”. Derweil fällt Macrons liberale “Renew” vom dritten auf den fünften Platz zurück.

Dabei war Macron angetreten, die ewige Herrschaft der EVP zu beenden und die Liberalen zur Nummer 1 zu machen. Nun hat er nicht nur die Rechten, sondern auch die Linken gestärkt, und die EU-treue Mitte geschrumpft…

Siehe auch “Macron hat verloren – sein EUropa auch” und “Brexit à la francaise”

News & Updates

  • Nato übernimmt Kommando in der Ukraine. Nun ist es offiziell: Die Nato führt Krieg in der Ukraine. Kurz vor Beginn des Jubiläums-Gipfels in Washington erklärte Noch-Generalsekretär Stoltenberg, dass die Allianz die Verantwortung für die “security assistance” – also für Waffen, Munition und Aufklärung – übernehmen wird. Dazu wird ein eigenes Nato-Kommando mit “mehreren hundert” Mitarbeitern in Wiesbaden geschaffen. Die Kampf-, pardon, Verteidigungs-Mission soll von einem deutschen Drei-Sterne-General geführt werden, heißt es in Berlin. Kriegspartei will man aber trotzdem nicht sein – offiziell sind ja keine boots on the ground
  • Brüssel prüft Corona-Hilfe für Lufthansa. Die EU-Kommission leitet eine Untersuchung zu den milliardenschweren Staatshilfen für die Lufthansa während der Corona-Pandemie ein. Damit soll geklärt werden, ob die Hilfen im Einklang mit europäischen Regeln waren.
  • Zweifel an EU-Milliarden für Strukturförderung. Die EU-Strukturfördermittel fließen oft nicht korrekt. Die Ausgabenprüfung sei nicht scharf genug, bemängelt der EU-Rechnungshof in einer Analyse. Es geht um rund 427 Milliarden Euro aus dem Sieben-Jahres-Budget!

Das Letzte

Und was macht Orban? Der ungarische Regierungschef kann’s nicht lassen – nach unerlaubten Besuchen in Kiew, Moskau und Peking will Orban nun auch noch nach Washington reisen, den Nato-Gipfel aufmischen und seinen alten Kumpel Trump besuchen. Darf er das? Kann man ihn ungestraft “Europas letzten Diplomaten” spielen lassen? Scherz beiseite und IRONIE OFF – diese Frage wird in Brüssel tatsächlich und sogar immer lauter gestellt. Nicht auszuschließen, dass es am Rande des Nato-Gipfels zum Eklat kommt, und dass die EU-Granden versuchen, Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft wieder zu entziehen. Habeck hat sich schließlich auch schon beschwert ????

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6 Comments

  1. Arthur Dent
    9. Juli 2024 @ 08:42

    Hihi, “Pro-Europäer” nach “deutschem Vorbid” – der ist gut. Man kann entweder Pro-Europäer sein oder Transatlantiker. Beides geht nicht. Ohne Erlaubnis der Amerikaner traut sich eine deutsche Regierung nicht mal zu atmen.

Reply

  • ebo
    9. Juli 2024 @ 09:01

    Richtig, aber nach deutscher Lesart sind “Pro-EUropäer” und Transatlantiker doch Synonyme! Alle sollen es machen wie wir – mit einer “dienenden Führungsrolle” gegenüber den USA und einer ganz großen Koalition von Hofreiter über Strck-Zimmermann bis von der Leyen, wenn es um die EU geht ????

    Reply

  • Bogie
    9. Juli 2024 @ 07:47

    Und all dies wird begleitet von der Vorbereitung und in Teilen schon Anwendung autoritärer Methoden in der Innenpolitik, wie Amnesty International konstatiert:
    https://www.german-foreign-policy.com/
    Abweichende Meinungen können eben nicht geduldet werden – Grundgesetz hin, Menschenrechtscharta her – nicht auf der Ebene der Staatschefs (Orban, Fico), nicht in den Parlamenten (Volksfront, BSW) und schon gar nicht auf der Straße.
    Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder dahergelaufene Hansel eine eigene Meinung hätte und diese womöglich auch noch vertreten wolle.
    Gesetze gegen ausländische Agenten? Furchtbar demokratischädlich außer im Westen!
    Friedensinitiativen?
    Furchtbar demokratieschädlich außer durch immer mehr Waffen!
    Klimaschutz?
    Furchtbar demokratieschädlich außer durch „grünes Wachstum“!
    Meinungsfreiheit?
    Furchtbar demokratieschädlich außer im vorgegebenen Meinungskorridor!

    Reply

  • Stef
    9. Juli 2024 @ 07:42

    „Nicht auszuschließen, dass es am Rande des Nato-Gipfels zum Eklat kommt, und dass die EU-Granden versuchen, Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft wieder zu entziehen.“

    Das wäre zu begrüßen! Nicht dass Orban für seine Bemühungen zu kritisieren ist, im Gegenteil. Aber es wäre ein Beitrag zu mehr Ehrlichkeit und Transparenz im Wertewesten, dass Gesetze und Spielregeln nur gegen Minderheit und Opposition in Stellung stehen, niemals aber den Spielraum des Establishments begrenzen.

    Reply

    • Michael
      9. Juli 2024 @ 09:47

      Interessante Hypothese. Sollten allerdings Orban‘s Sondierungen Teilerfolge oder gar Erfolge zeitigen würde es schwer werden für das Establishment sich länger durchzusetzen!?

      Reply

  • Michael
    9. Juli 2024 @ 07:13

    Dass die Grünen auch qua Habeck lieber Krieg statt Sondierungen wollen war mir klar!


  • Info: https://lostineu.eu/die-eu-verliert-in-frankreich-die-nato-kaempft-in-der-ukraine-und-orban


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Bardella findet neuen Job – in Brüssel


    lostineu.eu, vom 8. Juli 2024

    Eigentlich sollte er Premierminister in Frankreich werden. Doch nun hat der Chef der französischen Nationalisten einen neuen Job gefunden – im Europaparlament in Brüssel.

    Bardella wird Chef einer neuen Rechtsaußen-Fraktion im Europaparlament, meldet AFP. Er soll die vom ungarischen Regierungschef Viktor Orban gegründete Fraktion “Patrioten für Europa” führen.

    Die “Patrioten” dürften mit mindestens 79 Abgeordneten drittstärkste Kraft im neu gewählten Europaparlament werden, noch vor den Liberalen und der rechtskonservativen EKR.

    Neben der ungarischen Fidesz-Partei, der österreichischen FPÖ und der Partei ANO aus Tschechien sind nun auch Vox aus Spanien, die portugiesische Chega, die rechtsextreme Dänische Volkspartei, der belgische Vlaams Belang und die Partei für die Freiheit des niederländischen Rechtspopulisten Wilders dabei – plus das Rassemblement National von Bardella.

    Fehlt eigentlich nur noch die AfD – doch die sucht immer noch nach Anschluß. Sie ist wohl auch EUropas Rechten zu rechts!?

    4 Comments

    1. Arthur Dent
      8. Juli 2024 @ 19:53

      Ein abgebrochenes Studium gilt wohl immer öfter als Befähigungsnachweis des politischen Universal-Talents. Kann praktisch alles – vom Premierminister bis zum Fraktionsvorsitzender in der EU.

    Reply

    • exKK
      9. Juli 2024 @ 00:38

      Bei den kurzen Bachelor-Studiengängen heutzutage wird es immer schwieriger, ein Studium abzubrechen, um damit dann für eine politische Karriere bestens gerüstet zu sein – kaum hat man mit dem Studium angefangen, ist es schon vorbei ????

      Reply

    • Karl
      9. Juli 2024 @ 08:18

      Von Beruf Polit-Sohn der Le Pen. Er hat nicht nur nix gelernt. Vor allem hat er, wie viele jüngere Politiker, nie Kontakt mit dem Arbeitsleben gehabt. (Parteijobs zählen nicht.)

      Reply

  • exKK
    8. Juli 2024 @ 17:53

    “Fehlt eigentlich nur noch die AfD – doch die sucht immer noch nach Anschluß. ”

    Will keiner mit den Schmuddelkindern spielen? Na so was… kommt wohl im Rest EUropas nicht so gut, wenn man mit alten SA-Sprüchen und Verharmlosung der SS Wahlkampf macht?


  • Info: https://lostineu.eu/bardella-findet-neuen-job-in-bruessel


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Glückwunsch für Starmer – aber nicht für Mélenchon


    lostineu.eu, vom 8. Juli 2024

    In UK war die Wahl kaum vorbei, da gratulierte EU-Kommissionschefin von der Leyen schon dem Wahlsieger Starmer. In Frankreich hat sie dazu offenbar keine Lust.

    “Wir kommentieren nie den Ausgang von nationalen Wahlen”, sagte von der Leyen Chefsprecher in Brüssel auf die Frage, wie die Kommission das Ergebnis in Frankreich sieht.

    Das stimmt natürlich nicht – in UK war von der Leyen eine der ersten Gratulantinnen. Aber in Frankreich hatte sie offenbar keine Lust.

    Denn dann hätte sie ja der siegreichen Linken gratulieren müssen – und LFI-Chef Mélenchon, der das beste Ergebnis der “neuen Volksfront” eingefahren hat…

    Siehe auch Frankreich: Vereinte Linke stoppt Le Pen – vorerst

    3 Comments

    1. Titi
      9. Juli 2024 @ 08:10

      Mélenchon ist mehr auf der Seite der Palästinenser. Ich denke, dass Von der Leyen ihm deswegen nicht gratuliert hat.

    Reply

  • exKK
    8. Juli 2024 @ 18:02

    “Wir kommentieren nie den Ausgang von nationalen Wahlen…”

    Unsere tägliche Posse gib uns heute!

    Starmer (wir sollten seine Rolle im Fall Assange nicht vergessen) ist ja auch einer, den man wie einst Schröder hierzulande für die richtig unbequemen Massnahmen gegen das Volk braucht… seit Corbyn und andere wirklich Linke aus Labour von ihm rausgeekelt wurden, besteht Labour auch nur noch aus Tories mit einer dünnen roten Lackschicht.

    Reply

  • Arthur Dent
    8. Juli 2024 @ 16:29

    Bei den online-Ausgaben von NZZ und Berliner Zeitung kommt Starmer heute auf den ersten Artikeln überhaupt nicht vor, bei der taz schon.
    Uschis Manöver sind wie immer leicht zu durchschauen. Vielleicht kommen die Briten wieder zurück.
    (Fuck the brexit Referendum).


  • Info: https://lostineu.eu/glueckwunsch-fuer-starmer-aber-nicht-fuer-melenchon


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    09.07.2024

    Nachrichten von Pressenza: Das Wettern der Woche: Wolfsgruß!

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 9. Juli 2024


    Nachrichten von Pressenza - 09.07.2024


    Das Wettern der Woche: Wolfsgruß!


    Moooohment! Der Wolfsgruß ist lediglich ein Erkennungszeichen. Er sagt uns allenfalls: Hier bist du richtig, hier stehen die Feinde der Republik. Wir sind die Gegner von Atheisten und Christen, von Kurden und anderen Babymördern, solange sie leben. Hier demonstrieren die&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/das-wettern-der-woche-wolfsgruss/


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    „Multipolare Welt“ – Chance, Gefahr oder leere Worte?


    Eine Losung geistert zurzeit um die Welt: „multipolar“. Liegt in dieser Formel ein „Sesam öffne dich“ für den Weg zu einer friedlichen Lösung der gegenwärtigen Weltkrise? Öffnet sich mit ihr die Tür in eine friedliche, kooperative Zukunft gleichberechtigter Partnerschaften zwischen&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/multipolare-welt-chance-gefahr-oder-leere-worte/


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    Mercedes-Benz Warnschuss an den Vorstand


    Mercedes-Benz plant den Verkauf der verbliebenen rund 80 eigenen Verkaufsniederlassungen. Über 8000 Beschäftigte bundesweit machen sich Sorgen. Der Mercedes-Vorstand ist weder bereit, seine Verkaufsentscheidung zur Disposition zu stellen, noch will er ernsthafte Garantien verhandeln, um drohende negative Folgen für die&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/mercedes-benz-warnschuss-an-den-vorstand/


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    Der neue Wehrdienst: Freiwillig die Pflicht erfüllen &#8211; Uncle Boris wants you!


    Mit dem „Neuen Wehrdienst“ erweitert der deutsche Staat seinen Zugriff auf das Volk. Damit genügend Menschenmaterial für den Krieg zur Verfügung steht. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat Mitte Juniseinen „Neuen Wehrdienst“ vorgestellt. In der Öffentlichkeit traf das auf große Resonanz. Die&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/der-neue-wehrdienst-freiwillig-die-pflicht-erfuellen-uncle-boris-wants-you/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    „Stigmatisiert, kriminalisiert, angegriffen“Amnesty International wirft Deutschland und 20 weiteren Staaten Europas zunehmende Repression gegen friedliche Proteste, die Stigmatisierung abweichender Meinungen sowie das Schüren rassistischer Ressentiments gegen Araber vor.

    german-foreign-policy.com, 8. Juli 2024

    BERLIN (Eigener Bericht) – Amnesty International erhebt in einem aktuellen Bericht schwere Vorwürfe gegen 21 europäische Staaten, darunter nicht zuletzt Deutschland. Die Vorwürfe beziehen sich auf Einschränkungen des Rechts auf Protest; demnach werden in Europa und nicht zuletzt auch in der Bundesrepublik friedliche Demonstranten zunehmend „stigmatisiert, kriminalisiert und angegriffen“. Amnesty hat Fälle schwerer Polizeigewalt dokumentiert – zum Beispiel bei einer Demonstration in Frankfurt am Main –, konstatiert, wer zivilen Ungehorsam leiste, müsse in Deutschland damit rechnen, als „Terrorist“ oder auch als „ausländischer Agent“ diffamiert zu werden – auch von hochrangigen Politikern –, und kritisiert die harte Repression, der ausgesetzt ist, wer gegen den Gaza-Krieg protestiert. Dabei verfestigten staatliche Stellen nicht nur „stigmatisierende und diskriminierende Stereotypen“ über ethnische und religiöse Minderheiten; ihr Vorgehen offenbare auch einen „institutionalisierten Rassismus“, „der auf Araber und auf Muslime zielt“. Der Amnesty-Bericht wird zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, zu dem abweichende Meinungen in Deutschland zunehmend ausgegrenzt werden. Kritiker warnen vor einer autoritären Wende.


    Zitat: Exzessive Polizeigewalt

    Die Vorwürfe, die Amnesty International speziell gegen Deutschland erhebt, beziehen sich insbesondere auf drei Bereiche. Beim ersten davon geht es um exzessive Polizeigewalt gegen Demonstranten. Als Beispiel führt Amnesty eine Demonstration am 1. Mai 2021 in Frankfurt am Main an, bei der die Polizei zum Beispiel Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzte. Dabei wurden zahlreiche Demonstranten verletzt; mehrere von ihnen erlitten Knochenbrüche, zwei sogar einen Schädelbasisbruch. Sanitäter berichteten Amnesty zufolge, die Polizei habe sie „einige Stunden“ lang daran gehindert, die Schwerverletzten zu behandeln.[1] Der Amnesty-Report dokumentiert auch Fälle exzessiver Polizeigewalt gegen Kinder und Fälle, die als Misshandlung oder Folter einzustufen seien, zum Beispiel solche, bei denen Demonstranten, die wehrlos am Boden lägen, geschlagen und getreten worden seien. Es komme auch vor, erklärt Amnesty, dass Demonstrationsbeobachter von der Polizei gehindert würden, das polizeiliche Vorgehen gegen Demonstranten zu dokumentieren: Sie würden dabei ultimativ aufgefordert, den Ort der Proteste zu verlassen.


    „Zum Schweigen bringen“

    Vorwürfe erhebt Amnesty International des weiteren bezüglich des Vorgehens deutscher Behörden gegen zivilen Ungehorsam. Dies bezieht sich nicht nur, aber explizit auch auf die Repression gegen Klimaaktivisten. Man habe, heißt es bei Amnesty, „ein besorgniserregendes Muster“ identifiziert: Personen, die friedlich protestierten, würden „festgenommen, angeklagt und vor Gericht gestellt“ – dies selbst dann, wenn ihre Taten weder „öffentliches Interesse“ gefährdeten noch ernste Schäden anrichteten. Vier Staaten in Europa, darunter Deutschland, griffen auf Gesetze gegen organisierte Kriminalität sowie gegen Terrororganisationen zurück, um zivilen Ungehorsam zu bestrafen; dabei würden auch gegen Personen, die friedlich protestierten, Haftstrafen verhängt. Das offizielle Vorgehen wecke Sorgen, dass das Stichwort „nationale Sicherheit“ als Waffe instrumentalisiert werde, „um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen“. In diesem Zusammenhang konstatiert Amnesty, in Deutschland werde, wer gegen Missstände protestiere, immer öfter als „Extremist“, als „Terrorist“, als „Krimineller“ oder auch als „ausländischer Agent“ diffamiert – ein bequemes Mittel, dessen sich heute auch hochrangige Politiker bedienten, um missliebige Ansichten zu diskreditieren.


    Präventivhaft

    Besonders erwähnt Amnesty dabei den sogenannten Vorbeugegewahrsam, der es erlaubt, Personen auf den bloßen Verdacht hin, sie könnten an missliebigen Protesten teilnehmen, zu inhaftieren; in Bayern etwa ist das für bis zu 30 Tage möglich. Amnesty konstatiert, dies widerspreche gängigen internationalen Menschenrechtsstandards; man habe „mehrfach“ die betreffenden Bundesländer aufgefordert, ihre Gesetze an diese Standards anzupassen, damit aber – ähnlich wie in der Türkei – keinen Erfolg gehabt.


    „Institutionalisierter Rassismus“

    Gravierend sind die Vorwürfe, die Amnesty International bezüglich der Repression gegen Palästinenser und gegen Proteste gegen den Gaza-Krieg erhebt. Sie betreffen bereits die Zeit vor dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023. Demnach beruhten die präventiven Verbote von Demonstrationen rund um den Nakba-Tag im Frühjahr 2022 sowie im Frühjahr 2023 auf „stigmatisierenden und diskriminierenden Stereotypen“ bezüglich der erwarteten Teilnehmer, die etwa als „aus der arabischen Diaspora“ stammend, „mit palästinensischem Hintergrund“ oder als „von Muslimen beeinflusste Kreise“ beschrieben worden seien und denen man die Eigenschaft zugeschrieben habe, „eine Tendenz zu Gewalttaten“ zu haben. Dies zeige „institutionalisierten Rassismus gegen eine gesamte demografische Gruppe“. Nach dem 7. Oktober wiederum seien öffentliche Veranstaltungen, die Solidarität mit den Palästinensern hätten zeigen sollen, häufig komplett verboten, ansonsten lediglich mit unverhältnismäßigen Auflagen erlaubt worden, konstatiert Amnesty; Protestcamps an Universitäten seien auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage mit Gewalt aufgelöst worden. Das Vorgehen, urteilt die Menschenrechtsorganisation, „verankert rassistische Vorurteile und Stereotypen“ und legt „institutionalisierten Rassismus, der auf Araber und auf Muslime zielt“, offen.


    Autoritäre Wende

    Der Amnesty-Bericht erscheint zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kritik an einer autoritären Wende in Deutschland lauter wird. Im Kern bereits seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs, in zugespitzter Form seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober werden abweichende Meinungen insbesondere zu außenpolitischen Themen in wachsendem Maße ausgegrenzt. Jüngst hat zu Protest geführt, dass im Bundesbildungsministerium Überlegungen angestellt wurden, Hochschullehrer, die die Repression gegen die Palästina-Solidarität kritisieren, mit dem Entzug ihrer Forschungsmittel zu bestrafen (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Ein aktueller Gesetzesentwurf, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgelegt hat, enthält Bestimmungen, denen zufolge in Deutschland lebende Menschen ohne deutschen Pass ausgewiesen werden können, wenn sie angebliche oder tatsächliche Terrorakte billigen; zur Erfüllung des Tatbestands, der freilich unscharf definiert ist – es gab Zeiten, da galten Kämpfer des ANC als „Terroristen“ –, genügt es demnach bereits, einen inkriminierten Beitrag in den sozialen Medien zu liken.[3]

     

    [1] Zitate hier und im Folgenden: Under protected and over restricted. The state of the right to protest in 21 European countries. Amnesty International. 09.07.2024.

    [2] S. dazu Wissenschaft im Weltkriegsformat.

    [3] Chris Köver: Ausweisung schon nach einem Like. netzpolitik.org 26.06.2024.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9612


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.


    unser weiterer Kommentar: Zitat: Im Kern bereits seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs, in zugespitzter Form seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober werden abweichende Meinungen insbesondere zu außenpolitischen Themen in wachsendem Maße ausgegrenzt. Zitatende

    Im Wesen vergleichbares ist aber schon im Zusammenhang mit dem sog. Corona-Lockdown zu beobachten gewesen. (hierzu . Rolf Gössner, Menschenrechte und Demokratie im Ausnahmezustand, Gedanken und Thesen zum Corona-Lockdown, zu >>neuer Normalität<< und den Folgen, Hrsg. Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.)

    08.07.2024

    Wir wurden "jahrelang betrogen und betäubt", alles im Namen der "Demokratie"; und dann "puff", brach sie über Nacht zusammen

    seniora.org, 08. Juli 2024, Von Alastair Crooke 08.07.2024 - übernommen von strategic-culture.su

    Wir sehen deutlich den Zusammenbruch der Manipulation, die den Diskurs auf die verschiedenen Dörfer in Washington beschränkt hat.

    Biden.png
    © Photo: Public domain


    Der Chefredakteur des Wall Street Journal, Gerry Baker, sagt: "Wir wurden jahrelang "gaslit"* und betrogen"   – "alles im Namen der 'Demokratie'". Dieser Betrug ist mit der Präsidentschaftsdebatte am Donnerstag zusammengebrochen".

    "Bis die Welt die Wahrheit sah ... gegen die 'Fehlinformation' ... die Fiktion von Herrn Bidens Kompetenz ... legt nahe, dass sie [die Demokraten] offensichtlich dachten, sie könnten damit durchkommen, sie zu fördern. [Indem sie diese Fiktion aufrechterhielten, offenbarten sie auch ihre Verachtung für die Wähler und für die Demokratie selbst."

    Baker fährt fort:

    "Biden hatte Erfolg, weil er es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, der Parteilinie zu folgen. Wie alle Politiker, deren Ego ihre Talente in den Schatten stellt, erklomm er die schmierige Stange, indem er seiner Partei sklavisch folgte, wohin auch immer sie ihn führte ... Schließlich wurde er   – in einem ultimativen Akt parteipolitischer Unterwürfigkeit   – Barack Obamas Vizepräsident, der Gipfel der Errungenschaften für diejenigen, die unfähig, aber loyal sind: die Spitzenposition für den vollendeten 'Ja-Sager'.

    Aber dann, gerade als er bereit war, in eine bequeme und wohlverdiente Bedeutungslosigkeit abzudriften, brauchte seine Partei einen Frontmann ... Sie suchten nach einer loyalen und zuverlässigen Galionsfigur, einer Billigflagge, unter der sie das progressive Schiff in die tiefsten Tiefen des amerikanischen Lebens segeln konnten   – auf einer Mission zur Förderung von Etatismus, Klimaextremismus und selbstzerstörerischer Wokerei. Es gab kein loyaleres und bequemeres Vehikel als Joe."

    Wenn das so ist, wer hat dann in den letzten Jahren tatsächlich "Amerikas Fäden gezogen"?

    "Sie [die demokratische Maschinerie] können uns nicht jahrelang täuschen, verstellen und in den Wind schießen, dass dieser Mann sowohl brillant in seinem Job war als auch eine heilende Kraft für die nationale Einheit - und uns jetzt, wenn Ihr Betrug aufgedeckt wird, sagen, dass es 'Schlafenszeit für Bonzo' ist - danke für Ihren Dienst, und lassen Sie uns weitergehen", warnt Baker.

    "[Jetzt] läuft es furchtbar schief. Ein Großteil seiner Partei kann ihn nicht mehr gebrauchen ... in einem bemerkenswert zynischen Akt von Lockvogeltaktik versuchen sie, ihn gegen jemanden auszutauschen, der für ihre Sache nützlicher ist. Ein Teil von mir denkt, dass man ihnen das nicht durchgehen lassen sollte. Ich befinde mich in der merkwürdigen Lage, dem armen nuschelnden Joe die Daumen drücken zu wollen ... Es ist verlockend, der demokratischen Maschinerie, die verzweifelt gegen ihn mobilisiert, zu sagen: "Ihr dürft das nicht: Ihr dürft das nicht tun. Ihr dürft uns nicht jahrelang täuschen, betrügen und in die Irre führen".

    Im "System" ist etwas Entscheidendes in Bewegung geraten. Es ist immer verlockend, solche Ereignisse in die "unmittelbare Zeit" zu verlegen, aber selbst Baker scheint auf einen längeren Zyklus von Verblendung und Täuschung anzuspielen   – einen, der erst jetzt plötzlich ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist.

    Solche Ereignisse   – auch wenn sie scheinbar flüchtig und aktuell sind   – können Vorzeichen für tiefere strukturelle Widersprüche sein, die sich bewegen.

    Wenn Baker schreibt, Biden sei die neueste "Billigflagge", unter der die herrschenden Schichten das progressive Schiff in die tiefsten Bereiche des amerikanischen Lebens segeln könnten   – "auf einer Mission zur Förderung des Etatismus, des Klimaextremismus und der selbstzerstörerischen Wokerei"   –, dann scheint es wahrscheinlich, dass er sich auf die 1970er Jahre der Trilateralen Kommission und des Club of Rome bezieht.

    Die 1970er und 1980er Jahre waren der Zeitpunkt, an dem der lange Bogen des traditionellen Liberalismus einem erklärtermaßen illiberalen, mechanischen "Kontrollsystem" (Managertechnokratie) Platz machte, das sich heute fälschlicherweise als liberale Demokratie ausgibt.

    Emmanuel Todd, der französische Anthropologiehistoriker, untersucht die längere Dynamik der Ereignisse, die sich in der Gegenwart entfalten: Die Hauptursache für den Niedergang des Westens (La Défaite de l'Occident) war seiner Meinung nach die Implosion des "englischen" Protestantismus in den USA (und England) mit seinen Gewohnheiten der Arbeit, des Individualismus und der Industrie   – ein Glaubensbekenntnis, dessen Qualitäten damals die Gnade Gottes durch materiellen Erfolg widerspiegeln und vor allem die Zugehörigkeit zu den göttlichen "Auserwählten" bestätigen sollten.

    Während der traditionelle Liberalismus seine Sitten hatte, löste der Niedergang der traditionellen Werte das Abgleiten in die Technokratie der Manager und in den Nihilismus aus. Die Religion lebt im Westen weiter, wenn auch in einem "Zombie"-Zustand, wie Todd meint. Solche Gesellschaften, so argumentiert er, dümpeln vor sich hin   – in Ermangelung einer leitenden metaphysischen Sphäre, die den Menschen nicht-materiellen Lebensunterhalt bietet.

    Die aufkommende Doktrin, dass nur eine wohlhabende Finanzelite, Technikexperten, Führer von multinationalen Unternehmen und Banken über die nötige Weitsicht und das technologische Verständnis verfügen, um ein komplexes und zunehmend kontrolliertes System zu manipulieren, hat die Politik jedoch völlig verändert.

    Die Sitten waren verschwunden   – und damit auch die Empathie. Viele erlebten die Abkopplung und die Missachtung der kalten Technokratie.

    Wenn also ein hochrangiger WSJ-Redakteur sagt, dass die "Täuschung und das "Gaslighting" mit der CNN-Debatte zwischen Biden und Trump zusammengebrochen sind, sollten wir aufhorchen.

    Die Täuschung bestand in der Fiktion der Demokratie und auch diejenige Amerikas, das sich selbst   – in seiner eigenen Vorstellung   – zum Wegbereiter und Pfadfinder der Menschheit erklärt: Amerika als die außergewöhnliche Nation: die Einzigartige, die Herzensreine, die Täuferin und Erlöserin aller verachteten und geknechteten Völker; die "letzte, beste Hoffnung der Erde".

    Die Realität sah ganz anders aus. Natürlich können Staaten über einen langen Zeitraum eine "Lüge leben". Das eigentliche Problem   – auf das Todd so überzeugend hinweist   – besteht darin, dass man bei der Täuschung und Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung erfolgreich sein kann, aber nur bis zu einem gewissen Punkt.

    In Wirklichkeit hat es einfach nicht funktioniert.

    Das Gleiche gilt für "Europa". Das Bestreben der EU, auch ein globaler geopolitischer Akteur zu werden, war davon abhängig, dass der Öffentlichkeit vorgegaukelt wurde, Frankreich, Italien, Deutschland und andere könnten weiterhin echte nationale Einheiten sein   – auch wenn die EU sich alle nationalen Entscheidungsbefugnisse durch Täuschung aneignete. Die Meuterei bei den jüngsten Europawahlen spiegelte diese Unzufriedenheit wider.

    Natürlich ist Bidens Zustand schon lange bekannt. Wer hat also die Fäden in der Hand und trifft täglich wichtige Entscheidungen über Krieg, Frieden, die Zusammensetzung der Justiz und die Grenzen der staatlichen Autorität? Der WSJ-Artikel gibt eine Antwort: "Nicht gewählte Berater, Parteifunktionäre, intrigante Familienmitglieder und zufällige Mitläufer treffen täglich die entscheidenden Entscheidungen" in diesen Fragen.

    Vielleicht müssen wir uns mit der Tatsache abfinden, dass Biden ein wütender, seniler Mann ist, der seine Mitarbeiter anbrüllt: "Bei Treffen mit Mitarbeitern, die formelle Briefings zusammenstellen, haben sich einige hochrangige Beamte bisweilen große Mühe gegeben, die Informationen zu bündeln, um eine negative Reaktion zu vermeiden."

    "Es heißt: 'Das können Sie nicht einbauen, das würde ihn aufregen' oder 'Bauen Sie das ein, das mag er'", sagte ein hoher Verwaltungsbeamter. "Es ist sehr schwierig, und die Leute haben eine Heidenangst vor ihm. Der Beamte fügte hinzu: "Er lässt sich von niemandem beraten, außer von diesen wenigen hochrangigen Beratern, und es wird zu einem perfekten Sturm, weil er sich immer mehr von ihren Bemühungen, ihn zu kontrollieren, isoliert."

    Seymour Hersh, der bekannte Enthüllungsjournalist, berichtet:

    "Bidens Abdriften in die Leere dauert schon seit Monaten an, da er und seine außenpolitischen Berater auf einen Waffenstillstand drängen, der in Gaza nicht zustande kommen wird, während sie weiterhin die Waffen liefern, die einen Waffenstillstand unwahrscheinlicher machen. Ein ähnliches Paradoxon gibt es in der Ukraine, wo Biden einen Krieg finanziert, der nicht zu gewinnen ist   – und sich gleichzeitig weigert, an Verhandlungen teilzunehmen, die das Gemetzel beenden könnten.

    Die Realität hinter all dem ist, wie mir seit Monaten gesagt wird, dass Biden einfach 'nicht mehr da' ist   – in Bezug auf das Verständnis der Widersprüche der Politik, die er und seine außenpolitischen Berater betrieben haben."

    Einerseits berichtet uns Politico: "Bidens insulares Führungsteam ist gut mit den langjährigen Mitarbeitern vertraut, die weiterhin das Ohr des Präsidenten haben: Mike Donilon, Steve Ricchetti und Bruce Reed, sowie Ted Kaufman und Klain als Außenstehende."

    "Es sind dieselben Leute   – er hat diese Leute seit 40 Jahren nicht geändert ... Die Zahl der Leute, die Zugang zum Präsidenten haben, ist kleiner und kleiner geworden. Sie haben sich seit Monaten immer tiefer in den Bunker gegraben." Und, so der Stratege, "je mehr man in den Bunker geht, desto weniger hört man auf jemanden".

    Nach Todds Worten werden die Entscheidungen also von einem kleinen "Washingtoner Dorf" getroffen.

    Natürlich stehen Jake Sullivan und Blinken im Mittelpunkt dessen, was als "behördenübergreifende" Sichtweise bezeichnet wird. Hier wird die Politik hauptsächlich diskutiert. Sie ist nicht kohärent   – mit ihrem Zentrum im Nationalen Sicherheitsausschuss   –, sondern verteilt sich vielmehr auf eine Matrix ineinandergreifender "Cluster", zu denen der militärisch-industrielle Komplex, führende Vertreter des Kongresses, Großspender, die Wall Street, das Finanzministerium, die CIA, das FBI, ein paar kosmopolitische Oligarchen und die Prinzen der Welt der Sicherheits- und Geheimdienste gehören.

    All diese "Fürsten" geben vor, eine außenpolitische Meinung zu haben, und kämpfen wie die Katzen um die Autonomie ihres Lehnsgutes. Manchmal leiten sie ihre Ansichten über den Nationalen Sicherheitsrat weiter, aber wenn sie können, leiten sie sie auch direkt an den einen oder anderen "Schlüsselakteur" weiter, der in dem einen oder anderen "Dorf" in Washington Gehör findet.

    Nichtsdestotrotz ist die Wolfowitz-Doktrin von 1992, die die amerikanische Vorherrschaft um jeden Preis in einer postsowjetischen Welt betonte   – zusammen mit dem "Auslöschen von Rivalen, wo immer sie auftauchen"   –, auch heute noch die "aktuelle Doktrin", die den Rahmen für die "ressortübergreifende" Grundlinie bildet.

    Funktionsstörungen im Herzen einer scheinbar funktionierenden Organisation können jahrelang andauern, ohne dass die Öffentlichkeit den Abstieg in die Dysfunktionalität wirklich wahrnimmt oder würdigt. Aber dann plötzlich   – wenn eine Krise eintritt oder eine Präsidentschaftsdebatte fehlschlägt   – "puff" und wir sehen deutlich den Zusammenbruch der Manipulation, die den Diskurs auf die verschiedenen Dörfer in Washington beschränkt hat.

    Vor diesem Hintergrund werden einige der strukturellen Widersprüche, die Todd als Mitursache für den Niedergang des Westens ausgemacht hat, durch die Ereignisse unerwartet "beleuchtet": Baker hat einen davon hervorgehoben: Der zentrale faustische Handel: der Schein einer liberalen Demokratie, die mit einer "klassischen" liberalen Wirtschaft einhergeht, steht der Realität einer illiberalen oligarchischen Führung gegenüber, die an der Spitze einer hyperfinanzialisierten Unternehmensökonomie steht, die nicht nur der klassischen organischen Wirtschaft das Leben ausgesaugt, sondern auch giftige Ungleichheiten geschaffen hat.

    Die zweite Ursache für den Niedergang des Westens ist Todds Beobachtung, dass die Implosion der Sowjetunion die USA so verrückt gemacht hat, dass sie eine paradoxe Entfesselung der globalen Expansion des Imperiums auf der Grundlage einer "regelbasierten Ordnung" auslöste, während der Westen in Wirklichkeit bereits von seinen Wurzeln her aufgezehrt wurde.

    Der dritte Grund für den Niedergang sei, so Todd, dass Amerika sich selbst zur größten Militärnation der Welt erklärt habe   – im Gegensatz zur Realität eines Amerikas, das sich seit langem eines Großteils seiner Produktionskapazitäten (insbesondere der militärischen) entledigt habe, sich aber dennoch mit einem stabilisierten Russland, einer zurückgekehrten Großmacht, und mit China, das sich zum (auch militärisch) produzierenden Behemoth der Welt entwickelt habe, auseinandersetze.

    Diese ungelösten Paradoxien seien die Ursache für den Niedergang des Westens, so Todd. Da hat er Recht.

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    Alastair Crooke. Ehemaliger britischer Diplomat, Gründer und Direktor des Conflicts Forum in Beirut. 

    ______________________

    * Der Begriff "Gaslighting" stammt aus dem Theaterstück "Gas Light" von Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938. Das Stück wurde später in zwei Filmen adaptiert, von denen der bekanntere die amerikanische Version von 1944 mit Ingrid Bergman und Charles Boyer ist.

    Im Theaterstück und im Film versucht der Ehemann, seine Frau davon zu überzeugen, dass sie den Verstand verliert, indem er schrittweise und subtil ihre Wahrnehmung der Realität manipuliert. Ein zentrales Element dieser Manipulation ist das Dimmen der Gaslichter im Haus. Der Ehemann behauptet jedoch, dass das Flackern und Dimmen der Lichter nur in der Vorstellung seiner Frau stattfindet, obwohl es tatsächlich passiert. Diese kontinuierliche Täuschung und Manipulation bringen die Frau dazu, an ihrer eigenen Wahrnehmung und ihrem Verstand zu zweifeln.

    Der Begriff "Gaslighting" hat sich seither etabliert, um jede Form der psychologischen Manipulation zu beschreiben, bei der eine Person systematisch dazu gebracht wird, ihre eigene Wahrnehmung der Realität zu hinterfragen.

    Quelle: https://strategic-culture.su/news/2024/07/08/we-were-deceived-and-gaslit-for-years-all-in-the-name-of-democracy-then-poof-it-collapsed-overnight/
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=6004&mailid=2253


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    "Erinnert nicht allzu sehr an Demokratie"
    Lawrow äußert sich über die Wahlen in den USA und Frankreich

    anti-spiegel.ru, 8. Juli 2024 18:26 Uhr, von Anti-Spiegel

    ie Wahlen in Frankreich waren ein Lehrstück darin, wie im Westen Wahlen manipuliert werden. Und auch der US-Wahlkampf ist eine unwürdige Veranstaltung. Der russische Außenminister Lawrow wurde auf diese Wahlen angesprochen und hat sehr treffende Worte gefunden.



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    Der russische Außenminister wurde von einem russischen Journalisten nach Putins Äußerung gefragt, dass Biden für Russland als US-Präsident besser wäre als Trump. Putin hatte das damit begründet, dass Biden als „Politiker der alten Schule“ trotz seines offen antirussischen Kurses berechenbarer sei als Trump.

    Diese Aussage ist in Russland allgemein bekannt, weshalb Lawrow darauf kaum einging, sondern nur sagte, das sei eben Putins Antwort auf die Frage eines Journalisten danach gewesen, für welchen Kandidaten Russland sei. Interessant war, wie Lawrow danach fortfuhr. Ich werde seine Antwort in zwei Teile teilen, denn er sprach darin zuerst über die USA und danach über Frankreich.


    „Alles orchestriert und arrangiert“

    Über den Wahlkampf in den USA sagte Lawrow:

    „Aber im Ernst, das ist ein trauriger Anblick. Wenn das System der ‚amerikanischen Demokratie‘ solche Ergebnisse und so einen Verlauf des Wahlkampfs hervorbringt, kann jeder unabhängig seine eigenen Schlussfolgerungen darüber ziehen, wie alles orchestriert und arrangiert wird.“

    Wie orchestriert die Wahlkämpfe in den USA heute sind, konnte man spätestens 2020 beobachten, als beispielsweise genau zum richtigen Zeitpunkt die von Soros und anderen Unterstützern der Demokraten finanzierte BLM-Bewegung auftauchte und von den US-Mainstream-Medien und den US-Demokraten zu einer Freiheitsbewegung stilisiert wurde. Aber kaum hatte Biden die Wahl gewonnen, haben die Demokratischen Gouverneure, die BLM ein halbes Jahr gewähren ließen, jedoch noch härter gegen BLM durchgegriffen als Präsident Trump es gefordert hatte. Und damit die BLM-Führung den Demokraten das nicht übelnahm, haben die BLM-Gründer Millionen bekommen und leben nun im Luxus, während sich am Los der Schwarzen in den USA rein gar nichts geändert hat.

    Und auch der aktuelle US-Wahlkampf ist ausgesprochen „orchestriert und arrangiert“. In Deutschland waren viele Leser überrascht, dass meine Vorhersage von Mitte Mai, dass die Demokraten Biden nach der TV-Debatte mit voller Unterstützung der Mainstream-Medien abservieren würden, nun exakt eintrifft. In Russland waren Experten darüber nicht überrascht, sogar das russische Fernsehen hatte das vor der TV-Debatte aus den gleichen Gründen prognostiziert, wie ich.

    Daher sagte Lawrow nur, was in Russland alle Experten meinen, nämlich, dass die US-Wahlen inzwischen rein gar nichts mehr mit Demokratie zu tun haben, sondern eine von Politstrategen „orchestrierte und arrangierte“ Show sind. Und die besseren Strategen hatten 2020 die US-Demokraten und bisher vermute ich, dass das auch für 2024 gilt, denn bisher läuft der US-Wahlkampf offensichtlich wieder nach dem von den Demokraten erdachten Plan.

    Wie es weitergeht wird sich erst prognostizieren lassen, wenn wir wissen, durch welchen Kandidaten die Demokraten Biden ersetzen wollen, aber bisher haben die Demokraten die Initiative in der Hand, denn Trump ist ihnen in die Falle gegangen, indem er sich auf die so früh angesetzte TV-Debatte eingelassen hat. Er wäre wohl besser beraten gewesen, mit einer TV-Debatte zu warten, bis die Demokraten Biden offiziell als Kandidaten gekürt haben, damit sie ihn nicht mehr so ohne weiteres austauschen können, wie sie es jetzt können.

    Wenn die Demokraten beispielsweise Michelle Obama als zur Kandidatin küren, dürfte Trump es sehr schwer haben, die Wahl zu gewinnen, weil viele Amerikaner mit einer gewissen Nostalgie auf die „guten Zeiten“ unter Obama zurückblicken.


    „Konzipiert, um den Wählerwillen zu manipulieren“

    Danach hat Lawrow sich auch noch zur französischen Wahl geäußert und auch diese Aussage war sehr interessant:

    „Eine weitere „Demokratie“ ist Frankreich. Die erste Runde der Parlamentswahlen ist vorbei. Es gibt insgesamt zwei. Die zweite wurde offenbar genau dazu konzipiert, um den während der ersten geäußerten Wählerwillen zu manipulieren. Wenn irgendwer seine Kandidatur zurückziehen kann, man ihn dazu überredet, um die Möglichkeit auszuschließen – wie die sagen -, die Konservativen oder die Populisten zu besiegen, dann erinnert das nicht allzu sehr an Demokratie.
    Die direkte Willensäußerung ist das Ergebnis der öffentlichen Meinung. Und die ist bekannt. Wären die Ergebnisse der ersten Runde die Grundlage für die Bildung des Parlaments, gäbe es in Frankreich ernsthafte Veränderungen.“

    In die „westlichen Demokratien“ sind tatsächlich viele „Sicherrungen“ eingebaut, die dafür sorgen, dass der Wählerwille nichts entscheiden kann. Das beginnt damit, dass es sich bei den westlichen Staaten nicht um echte Demokratien, sondern um „repräsentative Demokratien“ handelt, bei denen die Wähler nichts entscheiden dürfen, sondern nur „Repräsentanten“ wählen dürfen, die dann für die Wähler die Entscheidungen treffen.

    Das hat sehr lange gut funktioniert, denn die Wähler haben jahrzehntelang immer die gleichen Parteien gewählt, die sich in wechselnder Zusammensetzung an der Regierung abgewechselt haben, ohne dass sich in den Kernbereichen der Politik irgendwas geändert hätte. Inzwischen sind die Menschen im Westen mit der Politik ihrer Regierung jedoch so unzufrieden, dass sie diesen Altparteien den Rücken kehren und Repräsentanten wählen wollen, die behaupten, für einen echten Politikwechsel zu stehen.

    Aber auch dagegen gibt es offensichtlich „Sicherrungen“ im System, denn Lawrow hat mit seiner Aussage recht, dass alle Umfragen und auch das Ergebnis des ersten Wahlgangs in Frankreich klar gezeigt haben, dass die Mehrheit der Franzosen eigentlich die bösen Rechten um Le Pen als stärkste Partei im Parlament sehen wollte.

    Dass im zweiten Wahlgang dann überraschend die Linken gewonnen und so den Gesamtsieg errungen haben, war in der Tat das Ergebnis politischer Manipulation, weil sich die anderen Parteien, die offiziell Gegner voneinander waren, plötzlich abgesprochen und Kandidaten aus dem Rennen genommen haben, um das Wahlergebnis in die gewollte Richtung zu beeinflussen. Tatsächlich, da gebe ich Lawrow Recht, hat der erste Wahlgang die wahre Stimmung in Frankreich gezeigt, die im zweiten Wahlgang nach den Absprachen einiger Parteien untereinander verfälscht wurde.


    „Westliche Demokratie“

    Generell entpuppen sich die „westlichen Demokratien“ als ziemliche Mogelpackungen, wenn man genauer hinschaut, wie ich heute morgen am Beispiel Großbritanniens aufgezeigt habe, wo in Wahrheit – und von dem Medien vollkommen unbeachtet – immer noch das Königshaus herrscht, das die Mitglieder einer Kammer des Parlaments ernennt. Da werden Wahlen nicht einmal simuliert, sie finden einfach gar nicht statt.

    Natürlich darf dazu jeder seine eigene Meinung haben, aber ich finde, dass Lawrow die Zustände in den USA und in Frankreich in seiner kurzen Antwort sehr treffend beschrieben hat.


    Info: https://anti-spiegel.ru/2024/lawrow-aeussert-sich-ueber-die-wahlen-in-den-usa-und-frankreich


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    Ist Einsatz der Fregatte "Hamburg" ein "Himmelfahrtskommando"?

    ndr.de, 08.07.2024 19:05 Uhr

    Die Fregatte "Hamburg" ist zu einem Einsatz im Roten Meer ausgelaufen. Es soll wichtige Ausrüstung fehlen: Ein Radargerät, mit dem die "Hamburg" anfliegende Raketen erkennen und abwehren könnte.

    von Katharina Seiler und Christina Gerlach

    Wie gefährlich ist das für die rund 240 Besatzungsmitglieder? Viele Soldatinnen und Soldaten hätten ein mulmiges Gefühl bei diesem Einsatz. Das hörte man im Vorfeld des Einsatzes aus dem Kreis der Mannschaft. Im vertraulichen Gespräch mit einem erfahrenen Marinesoldaten fiel sogar das böse Wort vom "Himmelfahrtskommando". So sagte er es dem NDR. Der Grund: Der "Hamburg" fehlt, wie auch den anderen deutschen Fregatten, ein spezielles Radargerät an Bord, mit dem moderne Anti-Schiffs-Raketen geortet werden können. Solche Waffen werden regelmäßig von den jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer eingesetzt, um Handelsschiffe, aber auch die sie schützenden Marineschiffe von Land aus anzugreifen. Dennoch stach die Fregatte am Montag von ihrem Heimathafen Wilhelmshaven aus in See.


    Verteidigungsministerium äußert sich erstaunt

    Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin wies die Bedenken zurück: "Seien Sie sicher, dass an die Sicherheit der Besatzung zuallererst gedacht wird". In welchem Rahmen der Einsatz genau erfolge, werde laufend und aktuell mit den Alliierten abgesprochen. Genauere Details könne er nicht preisgeben, da sonst die Sicherheit der Besatzung gefährde wäre. Die Fregatte "Hamburg" sei dezidiert für die Flugabwehr eingerichtet und verfüge demnach über entsprechende Fähigkeiten, so der Sprecher. Zunächst hatte sich das Bundesverteidigungsministerium nicht auf NDR Nachfrage geäußert.


    Die Fregatte "Hessen" läuft im Hafen ein. © Screenshot




    2 Min

    Wilhelmshaven: Fregatte "Hessen" zurück im Heimathafen







    Im Roten Meer hatte die Marine Schiffe gegen Angriffe der Huthi-Miliz geschützt. 240 Soldatinnen und Soldaten kehren zurück. (05.05.2024)



    Bundeswehrverband bestätigt fehlendes Radar

    Marco Thiele, Vorsitzender der Marine beim Bundeswehrverband, der sich um die Angelegenheiten der Marinesoldaten kümmert, hatte im NDR Interview bestätigt, dass deutsche Fregatten nicht mit dem speziellen Radar ausgerüstet sind. Deshalb, so Thiele, könnte die Fregatte "Hamburg" schnell und steil anfliegenden Anti-Schiffs-Raketen, sogenannte Anti Ship Ballistic Missiles (ASBM), nicht allein abwehren. Das Bundesverteidigungsministerium hätte sich 2017/2018 entschieden, die Technik aus Kostengründen auf den Fregatten nicht nachzurüsten. Die Bedrohungslage sei damals so eingeschätzt worden, dass es nicht notwendig erschien. Und weiter erklärt Thiele: "Grundsätzlich würde ich sagen, es ist ein Fehler gewesen." Geliefert werden die ASBM wahrscheinlich vom Iran.


    Ein Containerschiff von Hapag-Lloyd. © Screenshot




    2 Min

    Aus Angst vor Angriffen: Reedereien umschiffen das Rote Meer







    Um Huthi-Rebellen auszuweichen, nehmen Reedereien wie Hapag Lloyd jetzt weite und damit teure Umwege in Kauf. (12.03.2024)



    Andere Schiffe sollen unterstützen

    Thiele sagte aber auch: "Dieser Fehler ist heute lösbar, also von daher besteht keine Gefahr." Denn, so sein Argument, die Fregatte kreuze ja nicht allein durchs Rote Meer. Der Einsatz erfolge im Verbund mit Kriegsschiffen anderer Nationen und die hätten solche Radargeräte an Bord. Das bestätigt auch der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums: "Flugabwehr, ob zu Land oder zu Wasser, ist nie eine Einzelleistung, sondern geschieht immer im Verbund und dort ergänzen sich entsprechend die Fähigkeiten." Laut Thiele können sie ASBM orten und dann die Fregatte "Hamburg" entsprechend warnen, damit sie den Angriff abwehren kann. Bei so einer ASBM-Attacke auf die Fregatte "Hessen" im Roten Meer habe es auch funktioniert. Deshalb hält er die Wahrscheinlichkeit für sehr gering, dass die Fregatte "Hamburg" oder Handelsschiffe, die sie durchs Rote Meer eskortieren soll, tatsächlich von Huthi-Raketen getroffen werden. Außerdem: Niemand würde die Besatzung in einen Einsatz schicken, der nicht zu verantworten sei, sagte der Vorsitzende der Marine im Bundeswehrverband.


    Opposition vertraut Generalinspekteur

    Und so schätzte das auch die Opposition im Deutschen Bundestag ein. Henning Otte, CDU-Abgeordneter aus Niedersachsen und stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, sagte dem NDR, die Fregatte "Hamburg" sei mit einer gut ausgebildeten Besatzung bemannt. Aber: "Dies ist eine europäische Mission, wo mehrere Nationen beteiligt sind, auch mit unterschiedlichen Schiffen, die sich natürlich auch ergänzen. Aber klar ist für uns als CDU/CSU, dass sich die Fregatte zu jeder Zeit selbst schützen können muss." Der Generalinspekteur der Bundeswehr habe dem Verteidigungsausschuss zugesichert, dass alle Fähigkeiten vorhanden seien, die notwendig wären. "Wir als Parlament - und das ist für uns CDU/CSU-Fraktion wichtig - würden keine Einschränkungen zulassen, die zu Lasten der Besatzung gehen." Auch Verteidigungspolitiker Otte erwartete, dass eventuelle Raketenangriffe der Huthi-Rebellen im Wirkverbund mit anderen Marineschiffen abgewehrt werden könnten.


    Ein Soldat steht bei einem Übungseinsatz auf der Fregatte "Hamburg". © Screenshot



    4 Min

    Fregatte "Hamburg" trainiert vor Südengland für NATO-Einsätze







    Voraussichtlich ab August soll das Kriegsschiff im Roten Meer Handelsschiffe vor Angriffen der Huthi-Milizen schützen. (05.03.2024)


    Fregattenkapitän schreibt Angehörigen

    Klar ist, die Mission im Roten Meer ist ein gefährlicher Kampfeinsatz. Und das sah offenbar auch die Bundeswehr so. In einem persönlichen Schreiben an die Angehörigen vom 2. Juli, das dem NDR vorliegt, versicherte der Kommandant der "Hamburg", Fregattenkapitän Andreas Schmidt, dass "die Sicherheit und das Wohl der Besatzung übergeordnete Priorität" habe. Und weiter: die Fregatte sei "gut ausgerüstet" und die "Besatzung hervorragend ausgebildet". Er dankte den Angehörigen für ihre Geduld, Stärke und Unterstützung.


    Presse und Politik beim Auslaufen nicht dabei gewesen

    Familienmitglieder der rund 240 Soldatinnen und Soldaten waren beim Auslaufen der Fregatte zu ihrem Einsatz am Montag in Wilhelmshaven dabei. Presse und Politik wurden nicht - wie sonst üblich - eingeladen. Ein Sprecher der Marine begründet es damit, dass die Besatzung der "Hamburg" darum gebeten habe. Nach Angaben der Marine fährt die Fregatte zunächst ins Mittelmeer zur griechischen Insel Kreta, wo sich Schiff und Besatzung mit einem Flugkörperschießen auf den Einsatz vorbereiten. Erst dann sei die Weiterreise zum Roten Meer geplant.


    An Bord der Fregatte "Hamburg" © NDR





    Fregatte "Hamburg" bereitet sich auf Einsatz im Roten Meer vor







    Sie soll laut Minister Pistorius in der zweiten Jahreshälfte Handelsschiffe vor Angriffen der Huthi-Milizen schützen. (07.03.2024)


    Die Fregatte "Hessen" läuft in Wilhelmshaven aus. © dpa-picture alliance Foto: Sina Schuldt






    Deutsche Marine im Roten Meer: Nur bedingt einsatzfähig?







    Munitions- und Personalmangel - die deutsche Marine ist nicht so "kriegstüchtig", wie sie sein müsste. (28.02.2024)


    Die Fregatte "Hessen" läuft in Wilhelmshaven aus. © dpa-picture alliance Foto: Sina Schuldt/dpa






    Fregatte "Hessen" wehrt Huthi-Angriff im Roten Meer ab







    Das Marine-Schiff hat zwei Drohnen der Huthi-Miliz abgeschossen. Fast hätte die "Hessen" auch eine US-Drohne versenkt. (27.02.2024)


    Angehörige winken bei der Abfahrt der Fregatte "Hessen". © dpa-Bildfunk Foto: Sina Schuldt/dpa






    Bund stimmt zu: Fregatte "Hessen" beteiligt sich an EU-Mission






    Das Schiff war vor zwei Wochen von Wilhelmshaven gen Rotes Meer gestartet. Kriegsschiffe sollen dort den Seeweg gegen Huthi schützen. (23.02.2024)


    Ein bewaffnetes Mitglied der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz steht mit dem Rücken zur Kamera. © picture alliance Foto: Osamah Yahya





    27 Min

    Huthis gegen Welthandel: Was will die Miliz?







    Die Huthi-Miliz entführt Frachtschiffe und feuert Raketen auf Israel – und hält derzeit die westliche Außenpolitik in Atem. Eine schnelle Lösung ist derzeit nicht in Sicht. 11KM über die Hintergründe der Miliz. (31.01.2024)


    Ein Container der Reederei Hapag-Lloyd auf einem Lkw. (Symbolfoto) © picture alliance / dpa Foto: Stringer






    Huthi-Angriffe: Hapag-Lloyd will Container über Land transportieren






    Die Hamburger Reederei plant einen Containertransport quer durch Saudi-Arabien. Hintergrund sind die Angriffe der Huthi-Rebellen im Jemen auf Schiffe. (23.01.2024)


    Ein Handout-Foto, das am 21. November 2023 vom Huthi Military Media Center zur Verfügung gestellt wurde, zeigt Huthi-Rebellen an Deck des Frachtschiffs "Galaxy Leader". © picture alliance/dpa/Houthi Military Media Center




    Angriffe von Huthi-Rebellen: Harener Reeder meiden Rotes Meer







    Krisengebiete werden trotzdem angefahren, sonst drohen Klagen wegen Vertragsbruchs, so die Harener Reeder. (19.01.2024)


    Info: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Ist-Einsatz-der-Fregatte-Hamburg-ein-Himmelfahrtskommando,fregattehamburg168.html


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    Ein Pyrrhus-Sieg – oder: von der Erleichterung über das Chaos

    overton-magazin.de, 8. Juli 2024,  21 Kommentare



    Quelle: Pixabay (Bild)


    Frankreich hat gewählt und …. nichts ist klar. Parteien waren gestern, in Frankreich spricht man nur noch von Blöcken.

    Keine der drei “Blöcke“ aber hat eine absolute Mehrheit und kann regieren: 178 Sitze hat der zusammengewürfelte „Front Populaire“ zur allgemeinen Überraschung erzielt, 150 Sitze immerhin die Parteien des macronistischen Regierungsbündnisses „Ensemble“ und schließlich 143 Sitze für das Rassemblement National, der gestern noch von der absoluten Mehrheit träumte und jetzt geprellt erscheint.

    Unterschlagen wird dabei in den meisten Nachrichten – so viel Wasser in den Wein muss sein: das Rassemblement ist trotzdem eindeutig stärkste Partei mit einem Zugewinn von immerhin 54 Sitzen im Vergleich zur letzten Parlamentswahl 2022 (2022: 89 Sitze). Wenn man nicht nach „Blöcken“, sondern doch nach Parteien rechnet, aus denen sich die Blöcke zusammensetzen, dann haben neben dem Rassemblement National nur die Sozialisten unter Oliver Faure einen deutlichen Zugewinn an Sitzen zu verzeichnen, wobei Jean-Luc Mélenchon von der France Insoumise innerhalb des Front Populaire voraussichtliche eine relative Mehrheit haben wird – was alle nervt, auch die Linken.


    Abwehr ist noch kein politisches Programm

    Schaut man auf Wahlkreiskarten, sieht man auffällig viele Departements – im Norden und im Westen Frankeichs – in denen der RN Ergebnisse von 48% oder so erzielt, also kurz vor der absoluten Mehrheit steht.[i] „Die Nationalversammlung repräsentiert Frankreich nicht,“ erklärte deswegen ein sichtlich enttäuschter Jordan Bardella, der sich schon als Premierminister im Matignon gesehen hat und als solcher die letzte Woche in den Medien auch gehandelt wurde. Von amertume, Verbitterung wird gesprochen.

    Doch sollte niemand übersehen, was auch in Frankreich in der Sprache einer Flutung gehandelt wird: la maré monte, der Wasserstand steigt, das Rassemblement Nationale nimmt seit Jahren stetig zu, und ob man das mag oder laut sagen möchte oder nicht: das Rassemblement ist der eigentliche Wahlsieger und wenn es noch nicht regiert, dann weil die „Barrage“ – also der Damm gegen die Flutung – der sozusagen aus allen verfügbaren „Sandsäcken“ dagegen aufgebaut wurde, gehalten hat. Hätten die Franzosen nach Verhältniswahlrecht und nicht nach Mehrheitswahlrecht gewählt – ein Wahlrecht, das im zweiten Wahlgang jene „barrage“ erst erlaubt, in dem sich alle Kandidaten zugunsten des „Stärksten gegen den RN“ zurückziehen, dann würde das Rassemblement jetzt in Frankreich regieren. Das Ergebnis konnte nur zustande kommen, weil 80% (220 von 303) der „Désistements“ funktioniert haben: mehr als eine Wahl war es eine Art „nationale Kraftanstrengung“ gegen die „Flutung“.

    Der Jubel über den unerwarteten Erfolg des Front Populaire auf dem Place de la République gestern in Paris und in anderen Städten wie Marseille, Lyon oder Lille – und in den internationalen Kommentarspalten von Washington bis Warschau – muss also mit Vorsicht genossen werden: der Sieg des Front Populaire könnte sich als Pyrrhus-Sieg erweisen!

    Abwehr ist noch kein politisches Programm und der Preis für die Abwehr des RN ist jetzt erst einmal politisches Chaos und eine allgemeine Fragilisierung des politischen Systems in Frankreich. Momentan scheint niemand zu wissen, was jetzt passieren soll. Am Ende ist nur klar: Macron wird es entscheiden!


    Mehrheit der Mitte?

    Laut Art. 8 der französischen Verfassung ernennt er den Premierminister. Ohne Rücksprachen, ohne Konsultationen. Alleine. Macron bleibt also erst einmal „Roi Jupiter“, König Jupiter, je größer das Chaos ist. Mal sehen, wen er als Premierminister aus dem Hut zaubern wird, wahrscheinlich oder hoffentlich noch vor Beginn der Olympischen Spiele am 26. Juli. 2024. Die ganze Welt schaut hin….

    Die V. Republik, mit der De Gaulle 1958 präsidentielle Klarheit gegenüber dem Parteienchaos der IV. Republik schaffen wollte, eine Art „Weimarer Republik“, die am Ende in ständig wechselnden Koalitionen von zu vielen Klein- und Kleinstparteien ertrunken ist, ist wieder da. Was für die einen jetzt als „Parlamentarisierung“ der V. Republik gewertet wird, ist für die anderen die Wiederholung der IV. Republik in der V. Republik. Vom Ende der V. Republik ist auch schon die Rede.

    Macron müsse die Linke jetzt regieren lassen, tönt es aus dem Front Populaire Aber das scheint genau das zu sein, was Macron – und viele andere! – gerade nicht wollen. Die Linke, das ist vor allem Jean-Luc Mélenchon, und seine France Insoumise, der mit Blick auf die Sitze wohl die relative Mehrheit innerhalb des Front Populaire haben wird. Aber genau jener Mélenchon ist das enfant terrible auf der Linken, bei dem alle nur stöhnen, wenn er den Mund aufmacht, zum Beispiel gestern in seiner Ansprache wenige Minuten nach Verkündigung der Hochrechnungen, in denen er sich schon als Premierminister sah. Die größte Erleichterung für viele ist, dass das RN und La France Insoumise zusammen als anti-System-Parteien keine absolute Mehrheit haben. Das wäre nämlich tatsächlich das Risiko einer französischen „Querfront“ gewesen. Uff…

    Jetzt geht es offenbar viel um eine Minderheitenregierung, die „Mitte“ des macronistischen Ensemble – die sich mal rechts, mal links – Mehrheiten für einzelnen Gesetzesprojekte sucht. Tatsächlich sieht es nicht nach linker Regierung einer Volksfront aus, sondern eher danach, dass die Macronisten aus den beiden anderen Blöcken – links und rechts – die jeweils „radikalen“ Elemente abspalten, die jeweils moderaten Element herausschälen und in einer „Mehrheit der Mitte“ versammeln: „Alliance des modéré“, die Allianz der Moderierten, heißt das seit heute morgen.


    Ni gauche, ni droite?

    Rassembler la Gauche oder Rassembler les Francais? Geht es darum, die Franzosen zu einen oder die Linke? Im Moment sieht alles danach aus, als ob Macron im Parlament die Franzosen einen möchte und nicht die Linke. Und die dürfte ihm dabei helfen, indem sie Mélenchon fallen lässt.

    Auf der Linken würde Mélenchon sozusagen abgeschnitten, aber Raphael Glucksmann, Oliver Faure oder auch Francois Hollande würden zur „Allianz der Mitte“ gehören; auf der Rechten bliebe das RN draußen, aber die Republikaner, die alten Gaulisten, könnten dazukommen. Als Namen für mögliche Premierminister – Gabriel Attal hat seinen Rücktritt bereits angekündigt – werden bekannte (alte) Namen gehandelt: Gérald Darmanin, Bernard Cazeneuve, Olivier Faure. Jenseits der Jubelschreie von gestern man könnte auch sagen: im Westen nichts Neues…

    Macron könnte dann seine liberalen Gesetze als „Block der Mitte“ mit wechselnden Mehrheiten durchbringen, mal mit moderat rechts, mal mit eher links. Ni gauche, ni droite, weder rechts noch links, war der Spruch, mit dem er 2017 angetreten ist und Präsident wurde.

    Was dabei wieder auf der Strecke bleiben dürfte, ist das, wonach die Franzosen sich am meisten sehnen: soziale Gerechtigkeit, Kaufkraft, Erhöhung des Mindestlohns, Rücknahme der Rentenreform, also eigentlich die Rücknahme der liberalen Gesetze und Reformen, die Macron in den letzten Jahren gemacht hat. Genau dafür aber dürfte es eben kleine klaren Mehrheiten in der neuen, fragmentierten Nationalversammlung, geschweige denn in einer „Allianz der Mitte“ geben, der linke Sieg des Front Populaire ist hier Augenwischerei. Die Börse ist auch deswegen wohl auffällig ruhig. Auf der Strecke bleiben dürfte auch das Bedürfnis nach mehr „Sicherheit und weniger Migration“, das in den Stimmen für das RN zum Ausdruck kam und die jetzt (wieder einmal) ignoriert werden.


    Der politische Kater in Frankreich ist nur aufgeschoben

    Kurz: fast alles, was sich die meisten Franzosen – die vielen, die den „rechten“ oder den „linken“ Block gewählt haben – wünschen, dürfte in der neuen Nationalversammlung nicht passieren…. Letzte Woche habe ich über den sogenannten „Block Bourgeois“ gesprochen, den „bürgerlichen Block“, der in Frankreich praktisch gegen die Bevölkerung regiert: im Kern hat er wieder gewonnen. Der zunächst mit Entsetzen beäugte Husarenritt Macrons, Neuwahlen auszurufen, könnte sich als kluger Schachzug erweisen für alle, die vor allem mit der Macron’schen Wirtschaftspolitik zufrieden sind. Das aber sind die wenigsten Franzosen, die aus Angst vor dem RN für den Front Populaire gestimmt haben, aber statt linker Sozialpolitik oder auch nur sozialer Gerechtigkeit jetzt wieder Liberalismus bekommen.

    Selten war wohl die gefühlte (oder verbreitete?) positive Stimmung nach Wahlen so weit entfernt von der politischen Realität in Frankreich wie nach diesen Wahlen. Frankreich ist in Aufruhr, und irgendwie in Auflösung – wie viele westliche Parteiensysteme im Übrigen auch in anderen Ländern, wo die Koalitionsbildung fast unmöglich geworden ist. Marcon ist jedenfalls 2027 weg, seine Gesetze werden Bestand haben. Der politische Kater in Frankreich ist nur aufgeschoben. Auf die Präsidentschaftswahlen von 2027 darf man gespannt sein!

     

    [i] https://search.app/6wg2CjNbWpubLrJZ8

     

    Ulrike Guérot studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie. 2022 erschien ihr Buch »Endspiel Europa – Warum das politische Projekt Europa gescheitert ist und wie wir wieder davon träumen können« im Westend Verlag.


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    Info: https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/ein-pyrrhus-sieg-oder-von-der-erleichterung-ueber-das-chaos


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    Orbán im Interview: Man muss die Realität anerkennen ‒ Russland wird Krieg nicht verlieren

    Springer-Journalist Paul Ronzheimer interviewte Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán zu dessen Friedensmission. Ronzheimer fragt aus deutscher Perspektive, Orbán antwortet als Diplomat. Dazwischen liegen Welten. Deutschland müsse seinen Blick auf den Konflikt ändern, wenn es Frieden geben soll.


    Quelle: Sputnik © Valeriy Sharifulin


    Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bei Russlands Präsident Wladimir Putin auf Friedensmission


    Paul Ronzheimer war einfach eine schlechte Wahl. Der Springer-Journalist, der vor allem für die Bild-Zeitung über den Ukraine-Krieg berichtet, glaubt das deutsche Narrativ zum Ukraine-Konflikt, setzt in seiner Berichterstattung auf Emotionalisierung und moralische Empörung. Für Ronzheimer beginnt der Ukraine-Konflikt am 24.02.2022 und hat keine Vorgeschichte.


    "Friedensmission 3.0" – Orbáns Überraschungsbesuch in China





    "Friedensmission 3.0" – Orbáns Überraschungsbesuch in China







    Die Ukrainer leiden unendlich und die Russen sind grausam wie Tiere. Was die Ukraine im Donbass tut, fällt bei Ronzheimer unter den Tisch. Ronzheimer hat wie die deutsche Politik keinen rationalen Zugang zum Konflikt. Beide lassen aus, was nicht ins Bild passt, und überzeichnen das, was seiner Dramatik dient. Wäre es anders, wäre Ronzheimer nicht bei Springer. 

    Viktor Orbán verfügt dagegen über diesen rationalen Zugang ‒ seine Friedensmission ist daher in der Lage, einen Beitrag zur Beendigung des Krieges zu leisten. Ronzheimer als Vertreter einer typisch deutschen Position kann das nicht. Das politische und mediale Establishment in Deutschland hat sich im eigenen Narrativ verfangen und kann daher nichts zur Lösung beitragen. Der Zugang zur Rationalität muss in Deutschland erst wieder erarbeitet werden. Orbán weist Ronzheimer dabei den Weg. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es ein anderer Vertreter des journalistischen Mainstreams besser gemacht hätte. Vermutlich nicht. Es ist ein sehr deutsches, systemisches Problem, das im Interview der Welt deutlich wird.

    "Der Krieg ist das Ergebnis der Entscheidung bestimmter Menschen. Deshalb müssen wir diese Führer der Welt finden. Wie gehen China, die Vereinigten Staaten und die Europäische Union vor? China hat einen Friedensplan. Amerika hat eine Kriegspolitik. Und Europa, statt eines eigenen strategischen Ansatzes, kopiert einfach die amerikanische Position", ist der Vorwurf Orbáns an die Politik der EU.

    Statt auf den schweren Vorwurf des ungarischen Ministerpräsidenten einzugehen und ihn aufzunehmen, spielt Ronzheimer die moralische Karte:  

    "Wie ist es, Wladimir Putin die Hand zu schütteln, den viele für einen Kriegsverbrecher halten und der Stalin schätzt?"


    Orbán: Ich, ein Putin-Freund? Ich bin ein Freund Ungarns und des Friedens



    Orbán: Ich, ein Putin-Freund? Ich bin ein Freund Ungarns und des Friedens






    Ein Fremdschäm-Moment. Dass Ronzheimer mit gleicher moralischer Hybris eine ähnliche Frage an einen Staatenlenker stellen könnte, der Obama, Blair, Bush, Trump oder Biden die Hand geschüttelt hat, kann bezweifelt werden. Er macht damit auf eine Schieflage im deutschen Journalismus aufmerksam. Man ist um Ausgewogenheit und journalistische Distanz noch nicht einmal mehr bemüht. 

    Orbán weist Ronzheimer auf seine Defizite hin. Die Entscheidung, in einen Krieg zu ziehen, wird rational getroffen, führt er aus. Im Falle des Ukraine-Konflikts geht es darum, den Beitritt der Ukraine zur NATO zu verhindern, nachdem das zuvor auf diplomatischem Weg nicht umzusetzen war. Russland sieht in einem NATO-Beitritt eine rote Linie, da er die Sicherheit Russlands bedrohen würde.

    "Zunächst einmal müssen wir verstehen, dass der Krieg nicht darüber entscheidet, wer Recht hat und wer nicht. Jede Seite hat ihre eigenen Argumente, warum es vernünftig ist, in den Krieg zu ziehen. Im Krieg wird nur entschieden, wer stirbt und wer am Leben bleibt. In Brüssel, in Paris oder in der Nähe des Atlantiks hat man vielleicht die Distanz, den Krieg theoretisch zu betrachten."

    Orbán macht deutlich, dass es um eine nachhaltige Lösung gehen muss. Sowohl die ukrainische als auch die russische Seite denkt, dass ein Waffenstillstand nur der anderen Seite dienen würde, indem er ihr Zeit zur Aufrüstung verschafft. 

    Orbán sagt es nicht, aber aus diesem Grund ist der Vorschlag Putins, gemeinsam mit allen Ländern auf dem eurasischen Kontinent eine neue Sicherheitsarchitektur zu etablieren, weitreichend. In ihm ist die nachhaltige Lösung des Ukraine-Konflikts und die Verhinderung der Entstehung neuer Konflikte angelegt. Deutschland hat Putins Einladung zur Kooperation unmittelbar abgelehnt. Orbán weist auf das dafür zugrundeliegende Problem hin.


    Keinen Bock auf Baerbock? Ungarn sagt Treffen kurzfristig ab



    Keinen Bock auf Baerbock? Ungarn sagt Treffen kurzfristig ab







    Die EU und auch Deutschland sind nicht in der Lage, eine eigenständige Position zu formulieren. Die EU folgt ausschließlich den US-Vorgaben. Sie liefert Waffen mit dem Ziel, Russland eine strategische Niederlage beizubringen. Das aber ist unmöglich. 

    Orbán ist das klar: "Man muss auf die Realitäten blicken. Putin kann nicht verlieren, wenn man sich die Zahl der Soldaten, die Ausrüstung und die Technologie anschaut."

    Diese Realität will in Deutschland kaum jemand zur Kenntnis nehmen. Experten, die auf diese Tatsache hinweisen, kommen in den großen deutschen Medien nicht mehr zu Wort. Deutschland hat sich medial von der Realität isoliert. Von dieser geistigen Isolation ist auch der Duktus des Interviews getragen. Dort zeigt sich diese Isolation Deutschlands in Ronzheimers Frage:

    "Wir sprechen seit Kriegsbeginn auch darüber, dass die russische Armee ein NATO-Land angreifen könnte. Haben Sie mit Putin darüber gesprochen?"

    Orbáns Antwort ist klar. 

    "Ich mag es nicht, lächerlich zu sein. Kein ernsthafter Mensch kann davon sprechen, dass Russland die Absicht hat, die NATO anzugreifen."

    In Deutschland wird genau dieses lächerliche Narrativ gezüchtet. Die Deutschen müssen kriegstüchtig werden, denn Russland plane, das Land anzugreifen, ist eine weitgehend unhinterfragte These, mit der in Deutschland die Entstehung eines neuen Militarismus legitimiert wird. Orbán dagegen fordert, endlich eine eigenständige europäische Position zu formulieren. Seine Reise nach Kiew, Moskau und nun China ordnet er hier ein.


    Wagenknecht zu Orbáns Moskau-Reise: "Wie wollen wir dieses Sterben sonst beenden – mit Bodentruppen?



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    Orbáns Reisen haben das Potenzial, das politische Vakuum zu lösen, das in der EU herrscht. Er hat bewiesen, dass man ‒ entgegen den Behauptungen zahlreicher Politiker ‒ mit Putin reden kann. Seine Reisen haben deutlich gemacht, dass es im Gegenteil die EU ist, die keinen Frieden will. 

    "Ich denke, wir sollten anfangen, etwas mehr und gründlicher darüber zu sprechen, was das strategische Interesse Europas ist, insbesondere für die Zeit nach den US-Wahlen. Ich will Alternativen zu den vorherrschenden Linien aufzeigen. Deshalb ist die Diskussion, die meine Reisen ausgelöst haben und die meine künftigen Reisen auslösen werden, nicht schlecht, sondern gut."

    Orbán denkt aufgeklärt und in den Abläufen der Geschichte. An einen "unprovozierten russischen Überfall auf die Ukraine" wie die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) die Entstehung des Konflikts beschreibt, glaubt Orbán selbstverständlich nicht, denn das entspricht schlicht nicht der Abfolge der Ereignisse. Im Gegenteil sieht er eine große Mitverantwortung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten bei der Entstehung des Konflikts. 

    "Wir haben den Fehler gemacht, dass es einen Konflikt gibt, dass es einen Krieg gibt. Und anstatt ihn zu isolieren, haben wir ihn eskaliert und immer internationaler gemacht."

    Für den Mainstream-Journalisten Ronzheimer, der die unterkomplexe deutsche Sicht vertritt, müssen die eigentlich selbstverständlichen Aussagen Orbáns zum Konflikt eine nervliche Belastungsprobe gewesen sein. Aber ja, Orbán hat Recht, es muss verhandelt werden, denn ohne Verhandlungen ist der Konflikt nicht zu lösen. Moralische Empörung und geistige Verhärtung helfen bei der Konfliktlösung nicht.


    Mehr zum Thema – Europa gegen Orbán: Eins zu null für den Ungarn


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freedert.online/inland/211653-orban-im-interview-man-muss


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    China im Fokus: Philippinen und Japan schließen Verteidigungspakt

    Wegen anhaltender Streitigkeiten im Südchinesischen Meer haben die Philippinen und Japan ein Verteidigungsabkommen unterzeichnet. Es erlaubt, Truppen auf dem Boden des jeweils anderen Staates zu stationieren.


    Quelle: Gettyimages.ru


    Die Philippinen und Japan haben im Hinblick auf chinesische Ansprüche im Südchinesischen Meer ein Verteidigungsabkommen unterzeichnet. Damit ist es den Streitkräften erlaubt, Truppen auf dem Boden des jeweils anderen Staates zu stationieren.

    Japan unterstütze die Philippinen im Streit um Hoheitsrechte über Inselgruppen, sagte der philippinische Außenminister Enrique Manalo heute.


    Moskau: BRICS will unabhängiges Finanzsystem einführen





    Moskau: BRICS will unabhängiges Finanzsystem einführen







    Der philippinische Verteidigungsminister Gilberto Teodoro und die japanische Außenministerin Yoko Kamikawa hatten den Verteidigungspakt in Manila im Beisein des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. unterzeichnet.

    Das sei ein Meilenstein angesichts der zunehmenden Spannungen im Indopazifik, sagten Regierungsmitarbeiter. Japan hat damit erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg einen derartigen Pakt in Asien abgeschlossen. Die Parlamente beider Länder müssen das Abkommen noch ratifizieren.

    Japan erhebt keine Ansprüche im Südchinesischen Meer, streitet aber mit China um Rechte im Ostchinesischen Meer. Die Regierung in Tokio hatte Ende 2023 die größte militärische Aufrüstung seit dem Zweiten Weltkrieg angekündigt und rückte damit vom Pazifismus der Nachkriegszeit ab.

    Mit dem Vertrag ist Japan bereit, den Philippinen Radarsysteme zur Überwachung der Küsten zu überlassen. Der Umfang der japanischen Militärhilfe wird durch ein selbst auferlegtes Verbot der Ausfuhr von tödlichen Waffen begrenzt.


    Mehr zum Thema"Mentalität des Kalten Kriegs": Peking verurteilt NATO-Politik in Asien-Pazifik

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    Info: https://freedert.online/asien/211668-china-im-fokus-philippinen-und-japan-schliessen-verteidigungsabkommen


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    08.07.2024

    Aussichten auf die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts

    seniora.org, 08. Juli 2024, 05.07.2024 Von Glenn Diesen,* Norwegen - übernommen mit Dank von schweizer-standpunkt.ch

    Der Ukraine-Krieg war eine vorhersehbare Folge einer unhaltbaren Weltordnung und wurde zum Schlachtfeld für die Gestaltung einer künftigen Weltordnung, die entweder auf globaler Hegemonie oder westfälischer Multipolarität beruht. Die Ziele, Russland militärisch, wirtschaftlich oder politisch zu besiegen, indem es in der Welt isoliert wird, sind allesamt gescheitert.


    Glenn Diesen.(Bild zvg)


    Die Reaktion der Nato war eine ständige Eskalation und Theatralik. Angesichts des unsäglichen Leids in der Ukraine und der Tatsache, dass Russland seine militärischen Ziele nicht erreichen kann, besteht die einzig mögliche Lösung des Konflikts darin, dass der Westen die legitimen Sicherheitsbedenken Russlands anerkennt und damit das Sicherheitsdilemma entschärft. Die Schwierigkeit, dies zu tun, liegt darin, dass dies das Ende der Ära der liberalen Hegemonie bedeuten würde.


    ISBN 978-1-949762-95-2Globale Abkopplung vom Westen In den 1990er Jahren konnten die russischen Sicherheitsbedenken ignoriert werden, da Russland schwach und im Niedergang begriffen war und die Russen sich auf eine zunehmend ungünstige und schwierige Position einstellen mussten, da sie keine Partner hatten. Drei Jahrzehnte später ist die strategische Situation für Russland unerträglich geworden, da die Nato-Erweiterung in der Ukraine als existenzielle Bedrohung angesehen wird. Die internationale Machtverteilung hat sich jedoch grundlegend geändert.

    In der ganzen Welt sind neue Machtzentren entstanden, die Russlands Ambitionen zum Aufbau einer multipolaren westfälischen Weltordnung teilen. Die Unipolarität war bereits zu Ende und die Welt befand sich mitten im Übergang zur Multipolarität, als Russland im Februar 2022 in die Ukraine einmarschierte. Der Krieg verstärkte die globale Abkopplung vom Westen, der den Krieg offen als einen Alles-oder-nichts-Kampf um die Weltordnung darstellte.


    Unabhängig vom Ausgang des Ukraine-Krieges hat er bereits zum Friedhof der «liberalen» Hegemonie geführt. Sicherheit, wie sie der Westen definiert, bedeutet die Wiederherstellung der militärischen Überlegenheit, die Ausweitung von Militärbündnissen, die Zunahme gemeinsamer Militärübungen, die Ausübung der Freiheit der Schifffahrt entlang der Küsten rivalisierender Mächte und die Bewaffnung der wirtschaftlichen Verflechtung. Im Dienste dieses Ziels wurden Demokratie, Zivilgesellschaft und Menschenrechte instrumentalisiert und als Waffe eingesetzt.

    Hegemonie hat die Rivalität zwischen Grossmächten nicht entschärft, sondern die dominierende Macht in die Lage versetzt, ohne Rücksicht auf andere zu handeln und die Diplomatie durch die Sprache des Ultimatums zu ersetzen. Was der Öffentlichkeit als «pro-ukrainische» Politik und «Hilfe für die Ukraine» verkauft wurde, hatte zur Folge, dass die demokratisch gewählte Regierung der Ukraine ohne die mehrheitliche Unterstützung der Ukrainer gestürzt wurde, dass eine «Anti-Terror-Operation» gegen ukrainische Bürger im Osten unterstützt wurde, dass die politische Opposition gesäubert und die Demokratie in der Ukraine abgebaut wurde, dass rechtsextreme militante Gruppen gestärkt wurden, dass von Kiew unterstützte Friedensvereinbarungen sabotiert wurden und dass die ukrainischen Streitkräfte unter Druck gesetzt wurden, eine verheerende Gegenoffensive zu starten, die wenig bis gar keine Aussicht auf Erfolg hatte.

    Ein friedliches Ende des Ukraine-Krieges ist nur schwer vorstellbar. Da die Nato ihre Waffenlager geleert hat und die Ukraine durch die Verluste erschöpft ist, wird es vorhersehbar Vorschläge für einen Waffenstillstand geben, um den Konflikt einzufrieren. Ein vorübergehender Waffenstillstand ohne eine politische Lösung wäre für Russland inakzeptabel, da es befürchtet, dass die Nato versuchen würde, das Minsker Abkommen zu wiederholen und das Friedensabkommen erneut dazu zu nutzen, Zeit zu gewinnen, um die Ukraine wieder aufzurüsten und so den Kampf an einem anderen Tag fortzusetzen. Im Idealfall ist die humanitäre Tragödie eine Motivation, den Krieg, der so viele ukrainische und russische Menschenleben gefordert hat, zu beenden.

    Eine politische Lösung des Krieges setzt voraus, dass der Expansionsdrang der Nato und der Zusammenbruch der gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur als der eigentliche Casus Belli angegangen werden. Die Europäer sollten am meisten über den Krieg auf ihrem Kontinent und seine weiteren verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen besorgt sein. Sie sollten am stärksten darauf drängen, die Diplomatie wiederzubeleben und möglicherweise die russischen Forderungen nach Sicherheitsgarantien von Ende 2021 zu überdenken   – und sogar ein Neutralitätsangebot für die Ukraine in Betracht ziehen.

    Was die Europäer wollen, ist jedoch von geringerer Bedeutung, da die euroatlantischen Entscheidungen in erster Linie in Washington getroffen werden. Das war schon vor dem Krieg so, und das gilt erst recht seit dem Krieg. Auch wenn die USA es vorziehen, sich auf China als ihren Hauptherausforderer zu konzentrieren, wird die Niederlage oder Schwächung Russlands als ein wichtiger Schritt gesehen, um auch China zu besiegen.

    Moskau seinerseits rechnet möglicherweise damit, dass Russland mehr Gebiete erobern kann, wenn die Ukraine endgültig zusammenbricht, was den Druck auf Washington erhöht, ein Abkommen zu schliessen, bevor sich das strategische Umfeld verschlechtert. Die Nato muss vor diesem Hintergrund entweder eine demütigende Niederlage hinnehmen oder direkt in einen Krieg eintreten, der schnell zu einem Atomkrieg eskalieren könnte.


    Keine Angst vor einem Atomkrieg

    Der Ukraine-Krieg, der den Planeten in einem nuklearen Holocaust zu zerstören droht, ist ein Symptom für eine umfassendere Krise des internationalen Systems. Nach fünf Jahrhunderten Hegemonie und der Schaffung und Durchsetzung globaler Regeln, die den westlichen Interessen dienten, kommt es nun zu einer spektakulären Neuordnung der Machtverhältnisse in der Welt. Die globale Mehrheit strebt nach Multipolarität im Sinne einer westfälischen Weltordnung, während der Westen unter Führung Washingtons versucht, seine dominante Stellung in der Welt wiederherzustellen.

    Die USA haben China und Russland als die wichtigsten Herausforderer ausgemacht, die eine Anziehungskraft ausüben, um die Weltordnung in Richtung Multipolarität umzugestalten. Da es nicht möglich ist, China und Russland mit wirtschaftlichen Mitteln zu Fall zu bringen, werden die Konflikte um die künftige Weltordnung weiterhin militarisiert werden. Die Angst vor einem Atomkrieg scheint verschwunden zu sein, und Kriege zwischen den Grossmächten sind nicht mehr unvorstellbar. Die Welt befindet sich in einer Übergangsphase zwischen Unipolarität und Multipolarität; gemeinsame Regeln sind weitgehend nicht vorhanden.

    Der ehemalige australische Premierminister Kevin Rudd warnte 2012, dass der Aufstieg Chinas bedeute, dass der Westen mit einer Welt konfrontiert sein werde, die nicht mehr unter seiner Kontrolle stehe:

    «Sehr bald werden wir uns an einem Punkt in der Geschichte wiederfinden, an dem zum ersten Mal seit George III. ein nichtwestlicher, nichtdemokratischer Staat die grösste Volkswirtschaft der Welt sein wird. Wenn dies der Fall ist, wie wird China seine Macht in der künftigen internationalen Ordnung ausüben? Wird es die Kultur, die Normen und die Struktur der Nachkriegsordnung akzeptieren? Oder wird China versuchen, die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts nicht nur für Asien, sondern für die ganze Welt zu gestalten?»1

    «Mehr als ein Test»

    Dem Westen steht eine traumatische Erfahrung bevor, denn er muss sich an eine multipolare internationale Machtverteilung und an Regeln gewöhnen, die von nichtwestlichen Mächten festgelegt oder beeinflusst zu werden scheinen. Es sieht jedoch nicht danach aus, dass die USA einen friedlichen Übergang zu einer westfälischen Weltordnung akzeptieren werden. Der Mangel an politischer Vorstellungskraft in Washington hat zu einer Weltsicht geführt, in der das Chaos die einzige Alternative zur globalen Dominanz der USA ist.

    US-Aussenminister Antony Blinken hielt im September 2023 eine Lobrede auf die Weltordnung der liberalen Hegemonie, als er an eine Ära bemerkenswerter Fortschritte durch wirtschaftliche Interdependenz, politischen Liberalismus und Menschenrechte im Zentrum erinnerte. Doch dann räumte Blinken das Ende dieser Ordnung ein: «Was wir jetzt erleben, ist mehr als ein Test der Ordnung nach dem Kalten Krieg. Es ist das Ende dieser Ordnung.»

    China und Russland werden als die Hauptschuldigen für das Ende der Ära der liberalen Hegemonie genannt. Blinken sieht die Welt als geteilt zwischen Gut und Böse und besteht darauf, dass «Peking und Moskau zusammenarbeiten, um die Welt für die Autokratie sicher zu machen». Anstatt sich einen Übergang zu einer ausgewogenen multipolaren westfälischen Weltordnung vorzustellen, sah Blinken einen Kampf gegen China und Russland unter der globalen Führung Amerikas voraus.

    Wenn dies weiterhin die Sichtweise des Westens ist, werden wir Zeugen einer grossen Tragödie für die Menschheit.

    *  Glenn Diesen ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Südost-Norwegen. Der vorliegende Text ist ein Auszug aus seinem neuen Buch «The Ukraine War & the Eurasian World Order», erschienen bei Clarity Press.
    Zum Autor siehe auch: https://braveneweurope.com/glenn-diesen-this-is-why-the-west-is-really-doomed

    Quelle: Schlusskapitel des Buches «The Ukraine War & the Eurasian World Order» von Glenn Diesen.
    (Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.)

    (Übersetzung ins Deutsche «Weltwoche»-Redaktion)

    1 Rudd, K., 'West is unprepared for China's rise', The Australian, 14 July 2012

    Quelle: https://www.schweizer-standpunkt.ch/news-detailansicht-de-international/der-ukraine-krieg-und-die-eurasische-weltordnung.html
    Mit freundlicher Genehmigung von schweizer-standpunkt.ch


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=6000&mailid=2252


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    aus e-mail von Irene Eckert, 8. Juli 2024, 17:47 Uhr


    05.07.2024 Von Glenn Diesen,* Norwegen - übernommen mit Dank von

    schweizer-standpunkt.ch danke Willy! Verfolge Glenn Diesen schon lange,

    habe sein jüngstes Buch gelesen. Herzliche Grüße  in die Schweiz und an

    alle, die einen Beitrag zur Aufklärung leisten wollen u. können  Irene


    Weiterlesen

    <https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=4321&urlid=6000&mailid=2252>


    *  Glenn Diesen ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität

    von Südost-Norwegen. Der vorliegende Text ist ein Auszug aus seinem neuen

    Buch «The Ukraine War & the Eurasian World Order», erschienen bei Clarity

    Press.

    Zum Autor siehe auch:

    https://braveneweurope.com/glenn-diesen-this-is-why-the-west-is-really-doomed


    Quelle: Schlusskapitel des Buches «The Ukraine War & the Eurasian World

    Order» von Glenn Diesen.

    (Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.)


    (Übersetzung ins Deutsche «Weltwoche»-Redaktion)


    1 Rudd, K., 'West is unprepared for China's rise', The Australian, 14 July

    2012


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    „Schwächung des Westens“    Parlamentswahl in Frankreich endet mit Sieg des Nouveau Front populaire (NFP). Berliner Außenpolitiker rechnen mit „Handlungsunfähigkeit“ in Paris und fordern für die EU künftig mehr deutsche „Führungsverantwortung“.

    german-foreign-policy.com, 8. Juli 2024

    PARIS/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit Blick auf das Ergebnis der Parlamentswahl in Frankreich gehen einflussreiche deutsche Politiker von einer Schwächung des Landes sowie der EU aus. In der zweiten Runde der Wahl hat am gestrigen Sonntag keiner der drei großen Blöcke eine absolute Mehrheit erhalten. Führende Politiker der Konservativen und des liberalkonservativen Präsidentenblocks Ensemble haben sich kurz nach der Wahl gegen eine Koalition mit zumindest einem Teil des Nouveau Front populaire (NFP), der Linkspartei La France insoumise (LFI), ausgesprochen; damit ist zunächst keine Regierungskoalition in Sicht. Deutsche Außenpolitiker warnen, Frankreich stehe „Handlungsunfähigkeit und Zerrissenheit“ bevor; Macron könne damit „ganz Europa in eine Krise“ ziehen. Deutschland müsse nun „Führungsverantwortung in Europa“ zeigen. Dass der Rassemblement national (RN) von Marine Le Pen nicht über genügend Stimmen verfügt, um in Paris eine Regierung zu bilden, macht die Forderung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz gegenstandslos, in Zukunft auch unter einer RN-Regierung mit Frankreich zu kooperieren. Die Forderung reiht sich ein in Bestrebungen, Kräfte der äußersten Rechten für koalitionsfähig zu erklären.


    Zitat: Blöcke ohne Mehrheit

    In der Parlamentswahl in Frankreich hat keiner der drei großen Blöcke – der Nouveau Front populaire (NFP, Neue Volksfront), der Präsidentenblock Ensemble sowie der Rassemblement national (RN) von Marine Le Pen – eine absolute Mehrheit von 289 Sitzen gewonnen. Jegliche Beteiligung an einer Regierungskoalition hat für die konservativen Les Républicains Laurent Wauquiez ausgeschlossen; er lehne „Kombinationen“ mit dem Ziel, „widernatürliche Mehrheiten zusammenzubringen“, grundsätzlich ab, sagte er am gestrigen Sonntagabend.[1] Für die Partei von Präsident Emmanuel Macron, Renaissance, die Teil des Präsidentenblocks Ensemble ist, erklärte Außenminister Stéphane Séjourné, er schließe jegliche Koalition mit Jean-Luc Mélenchon „und einer gewissen Anzahl seiner Verbündeten“ aus. Mélenchon ist Vorsitzender von La France insoumise (LFI), der stärksten Partei des NFP. Gleichfalls gegen jegliche Koalition mit LFI hat sich Ex-Ministerpräsident Édouard Philippe ausgesprochen, der als Vorsitzender der Partei Horizons dem Präsidentenblock Ensemble angehört. Philippe erklärte, eine „Übereinkunft, die die politische Lage stabilisieren“ solle, könne „weder mit dem Rassemblement National noch mit La France insoumise“ getroffen werden.[2] Eine Koalition ohne LFI und Les Républicains aber schließt sich rechnerisch aus.


    „Politisch weitgehend gelähmt“

    Ändert sich an den Festlegungen der verschiedenen Parteien nichts, dann sei eine stabile Regierung für Frankreich nicht in Sicht; es könne sogar dazu kommen, dass Paris „politisch weitgehend gelähmt“ sei, hatte es bereits vor der ersten Runde der Parlamentswahl in einer Stellungnahme aus der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) geheißen.[3] Einer „Minderheitenregierung ‘Macron 2.0‘“ werde es „kaum gelingen, Mehrheiten für ihre politischen Vorhaben zu erreichen“. Der Präsident werde deshalb etwa „in der Europapolitik deutlich vorsichtiger agieren“ müssen, „vor allzu großen Reforminitiativen zurückschrecken und für eine eher defensiv ausgerichtete Kommissionsagenda votieren“. Zudem drohe sich „die französische Staatsschuldenkrise [zu] verschärfen“. Frankreichs Schulden liefen „seit Jahren aus dem Ruder“; erst kürzlich habe „die EU-Kommission ein Defizitverfahren gegen Frankreich eingeleitet“. „Nervöse Märkte werden ihr übriges tun, um Frankreich an die Schwelle der Zahlungsunfähigkeit zu bringen“, prognostiziert die SWP: „Die EU wird sich also bald ernsthaft mit der Frage der gemeinsamen Schuldenhaftung befassen müssen.“


    „Europa in der Krise“

    Pessimistisch hatte sich schon unmittelbar nach dem ersten Wahlgang auch der für Außenpolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, geäußert. Frankreich werde „keine stabile Regierung erhalten“, hatte Wadephul gewarnt; dem Land drohe auf Jahre „Handlungsunfähigkeit und Zerrissenheit“. „Damit zieht Macron ganz Europa in eine Krise“, sagte Wadephul voraus.[4] „Für Deutschland bedeutet dies“, fuhr der CDU-Außenpolitiker fort, „dass es jetzt noch mehr Führungsverantwortung in Europa zeigen muss.“ Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wiederum, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, hatte gleichfalls gewarnt, bekomme der RN keine absolute Mehrheit, dann stehe Frankreich vor der „Unregierbarkeit“. „Das Land ist gespalten zwischen Rechts- und Linksradikalen, die Mitte ist die Minderheit“, äußerte Röttgen: „Macron ist gescheitert und isoliert“. Addiere man „das Verhalten von Macron und Biden“, dann ergebe sich „eine selbstverschuldete Schwächung des Westens“. Auch Röttgen verlangte, Bundeskanzler Olaf Scholz müsse „endlich Führung“ zeigen; unterlasse er dies, „dann trägt auch er zur Schwäche des Westens bei“.[5]


    „Ausgestreckte Hand“

    Nicht zum Zuge kommt – entgegen manchen Prognosen – der RN, der mit 143 Sitzen zwar zur mit Abstand stärksten Einzelpartei wurde; sowohl der NFP als auch Ensemble sind Parteienbündnisse. Dennoch hat der RN keine Chance, in der Nationalversammlung eine wie auch immer geartete Mehrheit für seinen Kandidaten Jordan Bardella als Ministerpräsidenten zu schmieden. Hinfällig ist damit eine Forderung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, Frankreich auch mit einem extrem rechten Ministerpräsidenten eine „ausgestreckte Hand“ zu reichen und „immer auch Angebote“ zu machen, „ganz gleich, welche Regierung im Amt ist“.[6] Die Tatsache, dass die vom RN dominierte Fraktion Identität und Demokratie (ID) im Europaparlament die Alternative für Deutschland (AfD) ausgeschlossen habe, werde „eine Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich etwas leichter machen“, hatte Merz am Mittwoch mit Blick auf eine etwaige RN-geführte Regierung in Paris erklärt. Auch der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gunther Krichbaum, hatte zur möglichen Kooperation mit einer RN-Regierung nur geäußert, falls Paris die Vorrangstellung etwa des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr akzeptiere, könne man in einer „Sackgasse“ enden.[7] Andere rote Linien nannte Krichbaum nicht.


    Die neue Brandmauer

    Merz‘ Bereitschaft, mit einem RN-Ministerpräsidenten zu kooperieren, gilt als Konsequenz der Bereitschaft der Unionsparteien, sich im Europaparlament für eine Zusammenarbeit mit den Fratelli d’Italia, der Partei von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, und mit Teilen von deren EKR-Fraktion (Europäische Konservative und Reformer) zu öffnen. Dazu hatte im Mai der CDU-Politiker und ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn erklärt, die „Brandmauer“ gegenüber Parteien, mit denen man nichts zu tun haben wolle, verlaufe „im Europaparlament rechts von Melonis Partei“.[8] Spahn hatte dabei die „Brandmauer“ – international wird meist vom cordon sanitaire gesprochen – nicht mehr als Abgrenzung von Demokraten gegenüber der extremen Rechten definiert, sondern so, dass alle denkbaren Kooperationspartner „pro-europäisch, pro-NATO, pro-Rechtsstaat und pro-Ukraine sein müssen“. Die Einreihung in eine gemeinsame außenpolitische Front gewinnt damit Vorrang vor grundlegenden Fragen innerer staatlicher Ordnung. Merz hatte den RN diesseits der außenpolitisch neu definierten „Brandmauer“ eingeordnet. Die Frage bleibt allerdings noch, wie sich der RN – nun nicht durch Regierungszwänge gebunden – im Europaparlament organisieren wird, in dem sich die äußerste Rechte zur Zeit neu sortiert.[9]

     

    [1], [2] En direct, résultats des législatives 2024. lemonde.fr 07.07.2024.

    [3] Ronja Kempin: Frankreichs teure Wahlen: Ein Weckruf für die EU. swp-berlin.org 25.06.2024.

    [4], [5] Paul-Anton Krüger: „Damit zieht Macron ganz Europa in eine Krise“. sueddeutsche.de 01.07.2024.

    [6], [7] Nick Alipour: Merz: Deutschland müsste französischer Le Pen-Regierung die Hand reichen. euractiv.de 04.07.2024.

    [8] Nick Alipour: Jens Spahn: „Die Brandmauer in Europa verläuft rechts von Meloni“. euractiv.de 21.05.2024.

    [9] S. dazu Europa auf dem Weg nach rechts (III).


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9611


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    08.07.2024

    Frankreich: Vereinte Linke stoppt Le Pen – vorerst

    lostineu.eu, 8. Juli 2024

    Beim entscheidenden zweiten Durchgang der Parlamentswahl in Frankreich kommen Le Pens Nationalisten nur auf Platz drei. Vorn liegen überraschend die Parteien der linken Volksfront.

    Le Pen wurde ausgebremst – aber nicht von Präsident Macron, sondern von den Linksparteien, die sich in vielen Wahlkreisen sogar gegen bürgerliche Kandidaten zurückgezogen haben, um die Nationalisten zu stoppen.

    Dies ist das bemerkenswerte, ja historische Ergebnis einer ebenso umstrittenen wie unnötigen Parlamentswahl, die Macron in einer völligen Verkennung der Lage direkt nach der verlorenen Europawahl angesetzt hat.

    Nach vorläufigen Schätzungen (Stand: Montag 07:30 Uhr, Quelle: Le Monde) kommt die linke Volksfront (La France Insoumise LFI, Sozialisten, Kommunisten und Grüne) auf 182 Sitze und liegt damit klar vorn.

    Macrons liberale “Ensemble”-Bewegung liegt mit 168 Sitzen auf Platz zwei, Le Pens “Rassemblement National” (RN) landet mit nur 143 Sitzen auf dem wohl nicht mehr regierungsfähigen dritten Platz.

    Liberale wollen Linke spalten

    Keiner der drei Blöcke kommt auf eine absolute Mehrheit. Für eine Koalition aus Linken und Macronisten würde es zwar theoretisch reichen – doch die Liberalen ubd Macronisten hassen LFI fast noch mehr als den RN.

    Deshalb dürften sie nun versuchen, die Linke zu spalten und LFI samt ihrem Chef J.-L. Mélenchon zu isolieren. Damit würden die “Liberalen” aber objektiv Le Pen in die Hände spielen – wie schon vor der Wahl.

    Deshalb sind die Rechten auch nur vorerst gestoppt. Im ersten Wahlgang sind haben sie mehr Stimmen geholt denn je. Spätestens bei der Präsidentschaftswahl 2027 dürfte Le Pen einen neuen Anlauf unternehmen…

    This is what the European establishment thinks https://t.co/AX5byG9aFT

    — Eric B. (@LostinEU) July 7, 2024

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    8 Comments

    1. WBD
      8. Juli 2024 @ 09:32

      Was ist das denn für eine Demokratie, wenn man (wie in vielen Wahlkreisen mit nur noch RN und anti-RN zur Auswahl) nur noch zwischen Pest und Cholera wählen kann?
      Da lob ich mir doch mal ausnahmsweise das heimische Verhältniswahlrecht…
      …wenn da nicht die 5% Klausel wäre!

    Reply

  • Arthur Dent
    8. Juli 2024 @ 08:59

    Nächste Wahl dann gegen links? Jetzt hat das Volk ja „gegen rechts“ gewählt – also, für gar nichts, allenfalls fürs gute Gewissen. Jetzt hat man sich in Frankreich erstmal gegenseitig blockiert, gut für die EU. Bei der nächsten Wahl gilt es dann, den beinharten Kommunisten und Antisemiten Jean-Luc zu verhindern. Der will schließlich, o Graus, die Rentenreform rückabwickeln und den Mindestlohn erhöhen.
    Frankreichs Wirtschaftsdaten sind besser als die deutschen, vom Wohlstand kommt aber bei den breiten Massen nichts an.
    So bleibt das Credo der Finanzaristokratie: „Alles für uns und nichts für die anderen“ weiter unangetastet.

    Reply

  • Helmut Höft
    8. Juli 2024 @ 08:42

    Wie man bei Wahlen in „Demokratien“ beobachtet: Es geht der Politniki um Macht, um einen Platz an den Trögen, es geht nie um das Land, um die Menschen, es geht gegen DIE, gegen DIe oder gegen Die … Das Einzige FÜR ist: für Spaltung, für Verhinderung …
    Haupteredewendung gestern abend (phoenix), sehr emotional (und daher wohl sehr natürlich): „Wir haben verhindert!“
    Bah, was widert mich das an!

    Reply

  • Skyjumper
    8. Juli 2024 @ 08:12

    Sehe ich sehr ähnlich. Unterm Strich – ein kleiner Sieg für RN, und ein Pyyhrussieg für die Brandmauerparteien.

    Die RN erreicht ein Plus von 59 Sitzen in der Nationalversammlung. Und sitzt damit komfortabel in der hinteren Reihe. Gut aufgestellt und ohne Verantwortung für das Hickhack und seine Folgen die nun wohl kommen werden. Le Pen war (vor der EU-Wahl) sicher nicht auf den Posten des Premier fokussiert, sondern auf den Präsidentenposten. Die vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung hat sie lediglich (erfolgreich) genutzt um ihr Sprungbrett zu stabilisieren. 2027 ist und bleibt ihr Ziel.

    Die LFI fordert selbstbewußt die Regierungsverantwortung für das linke Bündnis ein. Ist aber in zentralen Punkten ziemlich uneins über die Politik die folgen soll. „Raus aus der Nato“ ist selbst innerhalb der LFI ziemlich umstritten und hat wohl keine Aussicht auf Umsetzung. Sand im Getriebe bedeutet es jedoch allemal. Das werden sehr schwieriige, und wahrscheinlich langwierige Koalitionsverhandlungen.

    Macron‘s Bündnis steht viel besser da als ich es erwartet hätte. Um aber seinen Haushalt im Herbst durchzubringen braucht es noch eine Menge Verhandlungsarbeit. Zur Disposition stehen mit einiger Sicherheit das Rentenalter und einige weitere kostspielige soziale Forderungen des linken Bündnis. Gut für viele Franzosen, aber sicher nicht hilfreich für die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmendaten. Hätte die RN auch gefordert, wäre damit aber nicht durchgekommen.

    Macron hat den Teufel zunächst mit dem Belzebub ausgetrieben. Es bleibt sehr spannend wie die Franzosen die praktischen Ergebnisse dieser Wahl 2027 einschätzen werden.

    Reply

    • ebo
      8. Juli 2024 @ 08:35

      Macrons Partei hat fast 100 Parlamentssitze verloren. Sein Premier Attal tritt heute zurück. Im Europaparlament sind die Liberalen schwächer denn je und fallen wohl auf den vierten oder fünften Platz zurück – hinter rechten Fraktionen.
      “Jupiter” hinterlässt einen Scherbenhaufen – in Paris und in Brüssel bw. Strasbourg.

      Reply

    • Kleopatra
      8. Juli 2024 @ 09:43

      Da die „Nicht-RN-Mehrheit“ nur negativ definiert ist, kann eigentlich keine Partei, weder Linke noch Macronisten noch Republikaner, aus dem Wahlergebnis eine Legitimierung oder einen Auftrag für ihre spezifischen politischen Ziele ableiten. Denn gegen jede entschiedene Parteilinie kann eingewandt werden, dass die Linke/Mitte/Rechte ihre Kandidaten nur durchgebracht hat, weil die jeweils entgegengesetzte Partei ihre Kandidaten zurückgezogen hat.
      Somit bleibt letztlich ein bis 2027 gewählter Präsident, der nach eigenem Gutdünken einen Premierminister ernennen kann, und ein Parlament, das der Präsident nach Gutdünken mit der Auflösungsdrohung schrecken und disziplinieren kann, wenn es die Regierung zu stürzen droht. Frankreich lebt in interessanten Zeiten.

      Reply

  • Thomas Damrau
    8. Juli 2024 @ 08:03

    Wer die Berichterstattung in den Medien verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, die französischern BürgerInnen hätten den RN im zweiten Wahlgang ausgebremst.
    Dabei hat der RN in beiden Wahlgängen knapp unter einen Drittel der Stimmen erhalten – und war damit relativ stärkste Partei.

    Das französische Mehrheitswahlrecht hat die Befürchtung “RN führt relativ nach Stimmen -> könnte absolut nach Mandaten gewinnen” geschürt.

    Und dann hat sich am Ende herausgestellt, dass ein Drittel der Stimmen eben nicht reicht, wenn Macronisten und Linke ein informelles Wahlbündnis bilden (“Wir ziehen unseren KandidatInnen zurück, wenn sie im ersten Wahlgang nur Dritte geworden sind.”)

    Kennen wir aus den letzten Präsidentschaftswahlen: Vor die Frage gestellt “Le Pen oder Macron” findet sich dann doch eine Mehrheit gegen Le Pen, hinter der eben nur ein Drittel der FranzösInnen steht.

    Reply

  • Kleopatra
    8. Juli 2024 @ 06:29

    Das Wahlergebnis ist ein Beweis dafür, dass die Tendenz, schnell einen „Wahlsieger“ auszurufen, sehr in die Irre führen kann; im konkreten Fall aus zwei Gründen: erstens ist nicht das Ergebnis nach abgegebenen Stimmen entscheidend, sondern die Verteilung der vergebenen Mandate auf Parteien, und zweitens führen Wahlen mit zwei Wahlgängen dazu, dass die Bündnisfähigkeit von Parteien ein entscheidender Faktor ist. Der RN hat (vorläufig) kaum jemanden, der mit ihm zusammenarbeiten würde; deshalb hat diese Partei schlechter als erwartet abgeschnitten, wenn auch besser als jemals zuvor bei einer Wahl zur französischen Nationalversammlung.
    An dem Umstand, dass der RN die nach Stimmen stärkste Partei ist, ändert das informelle ad-hoc-Bündnis fast aller anderen Parteien gegen den RN nichts. Um eine Präsidentschaftswahl zu gewinnen, würde jeder RN-Kandidat eine Mehrheit im zweiten Wahlgang brauchen, und die ist für RN schwer zu erreichen.

    Reply

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    Info: https://lostineu.eu/frankreich-linke-volksfront-stoppt-le-pen-vorerst


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    Weiteres:




    Orban, der letzte Diplomat – next stop Peking?


    lostineu.eu, vom 7. Juli 2024

    Nach Kiew und Moskau ist Ungarns Regierungschef Orban nun auf dem Weg nach Peking. Er setzt seine “Friedensmission” fort – auch gegen den Willen der EU.

    Dies melden ungarische Medien sowie der Enthüllungsjournalist Szabolcs Panyi, der schon den Trip nach Moskau angekündigt hatte.

    Wir dürfen uns also auf neue Wutanfälle in Brüssel freuen einstellen. Schon die letzten Trips hatten die EU-Spitze an den Rand des Nervenzusammenbruchs gebracht…

    …und offenbart, was man in Brüssel von einer proaktiven Pendeldiplomatie hält: nichts!

    Siehe auch “Orban, der letzt Diplomat?”

    P.S. Vor allem EU-Chefdiplomat Borrell ist angefressen. Der Spanier, von dem keine einzige erfolgreiche diplomatische Mission bekannt ist, hat schon wieder ein Statement herausgegeben!

    5 Comments

    1. Helmut Höft
      8. Juli 2024 @ 08:32

      Jaja, so ist das. Der Friedensnobelpreisträger sollte bloß die Finger von Friedensgesprächen lassen, das ist Bäh!

      Unbeschreiblich was Borell da von sich gibt. Leidet er etwa an einem “Wumms”?

      @ Michael
      Schöne lakonische Beschreibung von Politik: Ersteinmal reden! Standpunkte zu Kenntnis nehmen und respektieren. Brüssel, herhören: So geht ein Anfang.

      Hinweis: Im Innern des russischen Geistes https://makroskop.eu/23-2024/im-innern-des-russischen-geistes/

    Reply

  • MarMo
    7. Juli 2024 @ 22:24

    Ich habe mir das Interview von Roger Köppel mit Orban nach dem Besuch bei Putin angeschaut. Ich bin dem ungarischen Präsidenten nicht gerade zugetan, aber in diesem Interview fand ich seine Aussagen wohltuend klar und vernünftig. Da spricht mal jemand von den Opfern dieses bitterbösen geopolitischen Spiels, den Menschen, die sterben oder schwer verletzt werden – an Leib und Seele. Und betont, dass man sich um den Frieden bemühen muss. Recht hat er! Ich wünsche mir nichts mehr, als das endlich über einen Frieden verhandelt wird.
    Die deutschen Politiker – einschließlich der grauenhaften EU-Kommissionspräsidentin und sowie ihrer Außenbeauftragten – scheinen an nichts mehr als einer fortwährenden Eskalation des Krieges hin zu einem Weltkrieg interessiert zu sein.

    Reply

  • Michael
    7. Juli 2024 @ 22:07

    Auf Borrell folgt Kallas. Katastrophe folgt auf Katastrophe! Und Orban sondiert! Großartiges Szenario auch wenn ich darüber meine Gegnerschaft zu Orban nicht vergesse!

    Reply

    • ebo
      7. Juli 2024 @ 22:08

      Das ist doch wirklich mal großes Kino, leider mit einem Katastrophenfilm ????

      Reply

      • exKK
        8. Juli 2024 @ 00:07

        Einem Katatstrophenfilm, in dem aber auch Slapstickelemente nicht fehlen dürfen. Oder wie ist das fortgesetzte kindische Wettern eines Chefdiplomaten gegen Diplomatie in Kriegszeiten sonst zu verstehen?


  • Info: https://lostineu.eu/update-zu-orban-der-letzte-diplomat


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    08.07.2024

    Nachrichten von Pressenza: Nationalismus des Hasses – Partner des Konzernliberalismus

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 8. Juli 2024, 7:30 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 08.07.2024


    Nationalismus des Hasses &#8211; Partner des Konzernliberalismus


    Vandana Shiva (Dehradun, 1952) ist eine der bekanntesten ökofeministischen Aktivistinnen und Denkerinnen der heutigen Zeit. Sie ist Doktor in Quantenphysik und war Mitbegründerin des Weltsozialforums, hat maßgeblich die Agroökologie- und Saatgutkontrolldebatte angestoßen und über 15 Bücher verfasst. Seit 1987 betreibt&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/nationalismus-des-hasses-partner-des-konzernliberalismus/


     -----------------------


    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


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    07.07.2024

    "Die Ideale der Revolution sind ihm nicht fremd" – Wer ist der neue Präsident Irans?

    Von Abbas Dschuma

    Iran hat einen neuen Präsidenten gewählt – den liberalen Massud Peseschkian. Eines seiner Hauptziele soll der Weg aus der internationalen Isolation und die Beendigung der Sanktionen werden. Doch wer genau ist der Mann, der dies erreichen will?



    © Fatemeh Bahrami/Anadolu via Getty Images


    Der neu gewählte iranische Präsident Massud Peseschkian besucht den Schrein des Gründers der Islamischen Republik, Ajatollah Ruhollah Chomeini, Teheran, 6. Juli 2024.


    Entgegen zahlreicher Prognosen und Analysen, die das konservative Lager favorisierten, hat der Reformer Massud Peseschkian, der ehemalige Leiter des Gesundheitsministeriums, die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Iran gewonnen.


    Reformer Peseschkian gewinnt Präsidentenwahl in Iran: Kurswechsel in der Außenpolitik?





    Analyse

    Reformer Peseschkian gewinnt Präsidentenwahl in Iran: Kurswechsel in der Außenpolitik? 





    Dies ist die zweite unerwartete Wendung bei den Präsidentschaftswahlen in der Islamischen Republik. In der ersten Runde galt Mohammad Bagher Ghalibaf weithin als der aussichtsreichste Kandidat, während die anderen Kandidaten aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung und ihrer geringeren Popularität viel verwundbarer erschienen.

    Aber was geschehen ist, ist geschehen. Und ich habe von Anfang an darauf gedrängt, Peseschkian nicht zu unterschätzen und daran zu denken, dass er der einzige Reformist unter den sechs Kandidaten ist. Das bedeutet, dass er die Stimmen der gesamten liberalen Wählerschaft bekommt, während die konservativen Schwergewichte gezwungen sind, ihre Wählerschaft zu teilen.

    Dabei gibt es eine wichtige Nuance: In Iran enthält sich das reformorientierte Lager oft der Stimme, wenn seine Mitglieder glauben, dass ihre Stimme nicht zählt. So wurde die erste Runde mit einer rekordverdächtig niedrigen Wahlbeteiligung abgehalten. Dies änderte sich jedoch im zweiten Wahlgang mit einer Wahlbeteiligung von 49,8 Prozent, als die Reformisten erkannten, dass nun viel von ihnen abhing. Peseschkian aktivierte die schlafende (oder, wie man in Iran sagt, graue) Wählerschaft. Auch einige iranische Aseris und Kurden dürften für ihn gestimmt haben.


    Was man über den neuen Präsidenten wissen sollte

    Der 69-jährige Peseschkian wurde in der kurdischen Stadt Mahabad in einer aserischen Familie geboren. Vor der Islamischen Revolution 1979 studierte er Medizin. In der Zeit nach der Revolution, während des iranisch-irakischen Krieges (1980 bis 1988), war er für die Entsendung von Sanitätsbrigaden an die Front verantwortlich. Er war nicht nur Feldarzt, sondern nahm auch aktiv an Kampfhandlungen teil. Während der Präsidentschaft von Mohammad Chatami (1997 bis 2005) ging er in die Politik. In dieser Zeit war Peseschkian stellvertretender Gesundheitsminister und Minister für Gesundheit und medizinische Ausbildung.

    Als Mahmud Ahmadineschād Präsident wurde, zog sich Peseschkian kurzzeitig aus der Politik zurück und widmete sich der Medizin, was ihm eine Menge Geld einbrachte. Dann kamen die Wahlen 2013 und 2021. Bei diesen zog sich der Politiker zunächst zurück und durfte dann überhaupt nicht mehr kandidieren. Aber er hat nicht aufgegeben.

    Der liberale Kandidat trat bei den aktuellen Wahlen unter dem Slogan "Für Iran" als Befürworter gemäßigter Reformen an, die darauf abzielen sollen, den Weg aus der internationalen Isolation zu finden und die Sanktionen zu beenden. Peseschkian setzt sich für die Freiheit des Internets und die Freiheit der Frauen in Iran ein (er kritisierte die Behörden während der Hijab-Proteste im Land). Bei den Debatten übte er zum Thema Wirtschaft scharfe Kritik an seinen Gegnern und versprach, einen Sonderausschuss zur Überwachung der Regierung zu bilden.

    Gleichzeitig ist anzumerken, dass Peseschkian die Ideale der Revolution nicht fremd sind. Er ist religiös und dem Obersten Führer des Iran gegenüber loyal. Daher ist unwahrscheinlich, dass er dessen Entscheidungen sabotieren wird.


    Präsidentenwahl: Iran am politischen Scheideweg





    Analyse

    Präsidentenwahl: Iran am politischen Scheideweg






    Außerdem hat er versprochen, auf der Grundlage der Politik von Imam Chamenei zu arbeiten. Der Oberste Führer hat in Iran das Sagen. Der Präsident kann die Entscheidungen Chameneis und die von ihm verfolgte strategische Politik nicht ernsthaft beeinflussen.

    Es ist also nicht zu erwarten, dass er von der Strategie der Annäherung an die Nachbarn und der Vertiefung der strategischen Zusammenarbeit mit Russland und China von Ebrahim Raisi abrückt.

    Nichtsdestotrotz bezeichnen Peseschkians Gegner den Politiker als Pan-Turkisten, weil sie befürchten, dass er eine Annäherung an die Türkei forcieren könnte.

    Hervorzuheben ist auch, dass diese Wahlen für sich genommen wichtig waren, unabhängig davon, wer sie gewonnen hat. Sie sind selbst nach den Maßstäben des "demokratischen" Westens richtungsweisend und demonstrieren der ganzen Welt das hohe Maß an Freiheit und Wettbewerb in der iranischen Politik sowie die Inklusivität und Legitimität der iranischen Regierung.

    Ich denke, dass der Westen dieses Signal wahrgenommen hat, da die Wahlbeteiligung im Ausland im zweiten Wahlgang um bis zu 20 Prozent höher war als im ersten Wahlgang.


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    Info: https://freedert.online/meinung/211572-ideale-revolution-sind-ihm-nicht


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    Reformer Peseschkian gewinnt Präsidentenwahl in Iran: Kurswechsel in der Außenpolitik?

    freedert.online, 7 Juli 2024 11:33 Uhr

    In Iran wird der "Reformer" Peseschkian neuer Präsident. Einen Kurswechsel in der Außenpolitik bedeutet dies aber vorerst nicht. Das Staatsoberhaupt Irans übermittelte Putin bereits eine Botschaft, wonach Teheran an seiner Orientierung gen Osten festhält.


    Quelle: AFP © ATTA KENARE


    Der iranische Reformkandidat Massud Peseschkian mit erhobener Faust am 3. Juli 2024 bei einer Wahlkampfveranstaltung in einem Stadion in Teheran, zwei Tage vor der Stichwahl für die Präsidentschaftswahlen


    Mit 53,7 Prozent der Stimmen hat der sogenannte "Reformer" Massud Peseschkian die Stichwahl in Iran für sich entschieden. Das Ergebnis kam überraschend. Zwar landete der 69-jährige Herzchirurg bereits im ersten Wahlgang auf Platz eins. Allerdings konkurrierten gleich zwei Kandidaten um die Stimmen aus dem konservativen Lager. Viele Beobachter waren daher irrtümlich davon ausgegangen, dass Said Dschalili die konservativen Wähler in der Stichwahl hinter sich versammeln würde. Die Gespräche zur Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten im konservativen Lager waren bei der ersten Runde der Wahl bereits gescheitert.


    Stichwahl um Präsidentschaft in Iran gestartet






    Stichwahl um Präsidentschaft in Iran gestartet






    Rund 61 Millionen Menschen waren am Freitag dazu aufgerufen, zwischen Peseschkian und Dschalili zu wählen. Den Angaben zufolge kam Peseschkian auf mehr als 16 Millionen Stimmen, Dschalili auf mehr als 13 Millionen Stimmen. Die vorgezogene Wahl war nach dem Tod von Ebrahim Raisi angesetzt worden, der im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war.

    Die Wahl fand vor dem Hintergrund erhöhter regionaler Spannungen wegen des Kriegs im Gazastreifen, eines Streits mit dem Westen über das iranische Atomprogramm und der Unzufriedenheit im Land über den Zustand der von Sanktionen betroffenen iranischen Wirtschaft statt.

    Peseschkian erklärte nach seinem Sieg, die Wahl sei der Beginn einer "Partnerschaft" mit dem iranischen Volk. "Der schwierige Weg, der vor uns liegt, wird nur durch Ihre Begleitung, Ihr Einfühlungsvermögen und Vertrauen zu bewältigen sein", schrieb der 69-jährige Wahlsieger auf der Plattform X. "Ich reiche Ihnen meine Hand."

    Peseschkian wirbt für eine Annäherung an den Westen und eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über das Atomabkommen von 2015, um eine Aufhebung der westlichen Sanktionen zu erzielen. Darin sieht er den "Schlüssel" für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Iran. Außerdem plädierte er für die Einhaltung der Vorgaben der internationalen Financial Action Taskforce gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung. 


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    Ali Chamenei gratulierte Peseschkian zur Wahl. "Ich rufe alle zur Zusammenarbeit auf", sagte das Staatsoberhaupt Irans. Auch der Kommandeur der Revolutionsgarden, Hussein Salami, gratulierte: "Wir sind entschlossen, die Zusammenarbeit und Interaktion zwischen den Revolutionsgarden und der Regierung fortzusetzen und zu stärken."

    Während Chamenei die höchste Entscheidungsinstanz in der Außenpolitik ist und die Leitlinie des Landes in strategischen Fragen bestimmt, könnte Peseschkian die gegenwärtige Linie der Außenpolitik des Landes, und zwar die Orientierung gen Osten, beeinflussen. 

    Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, der auf eine Entspannungspolitik mit Iran eingegangen ist, übermittelte Peseschkian seine Glückwünsche, in denen er seine "Bereitschaft zum Ausbau und zur Vertiefung der Beziehungen, die unsere beiden Länder und Völker verbinden", betonte. Der russische Präsident Wladimir Putin, der im Ukraine-Krieg Drohnen aus iranischer Produktion eingesetzt haben soll, gratulierte Peseschkian ebenfalls.

    In einer Antwort auf Fragen von Associated Press bezeichnete das US-Außenministerium die iranischen Wahlen als "nicht frei und fair" und stellte fest, dass "eine beträchtliche Anzahl von Iranern sich entschieden hat, überhaupt nicht teilzunehmen".

    Trotz seiner liberalen Linie gilt Peseschkian als Unterstützer der iranischen Sicherheitsarchitektur in der Region. Er stellte sich hinter die mächtigen Revolutionsgarden und lobte den jüngsten Angriff Irans mit Drohnen und Raketen auf Israel. Auch steht er loyal zum Obersten Führer Irans, Ajatollah Chamenei.

    Chamenei übermittelte iranischen Angaben zufolge Präsident Putin beim jüngsten Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Astana bereits die Botschaft, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern durch den Regierungswechsel in Teheran nicht beeinträchtigt würden.


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    07.07.2024

    Rainer Rupp: Kein Ausweg – Die NATO auf der Schnellstraße in den großen Krieg (Teil 2)

    Von Rainer Rupp

    Die NATO befindet sich auf der Schnellstraße in den großen Krieg. In einer zweiteiligen Analyse erklärt unser Autor Rainer Rupp, wie es dazu kam. Im zweiten Teil betrachtet er den Niedergang der schönen "Neuen Weltordnung" und den Weg der westlichen Eliten in den großen Krieg.


    Quelle: AFP © Ludovic MARIN


    Der Westen am Ende der "Neuen Weltordnung": G7-Gipfel in Italien im Juni 2024


    Teil eins dieses Textes finden Sie hier.

    Im August 1998 veröffentlichte der private Spionage- und Analysedienst Stratfor einen längeren Bericht über den umwerfenden Erfolg von Bushs "Neuer Weltordnung". Stratfor war selbst überrascht, dass sich trotz des Unilateralismus der USA die NWO rasch zu einem globalen Renner entwickelt hatte, (Zitat) "zu einer Vision, die von einem Großteil der Weltelite geteilt wurde". Die NWO habe zweifelsfrei eine neue Qualität in den Beziehungen zwischen kapitalistischen Staaten geschaffen.


    "Alle Nationen waren jetzt vernünftig" – und den USA gefügig

    Der Erfolg dieser "Ideologie der Neuen Weltordnung" liege darin, so Stratfor, dass grundlegende politische Meinungsverschiedenheiten zwischen den Nationen, d. h. zwischen den Eliten der Nationen verschwunden waren. Statt ideologischer Streitigkeiten, waren alle Eliten der großen Nationen sich nun bezüglich der fundamentalen Prinzipien, also Marktwirtschaft und bürgerliche Demokratie, Förderung der globalisierten Finanzwirtschaft und Märkte einig.

    Demnach stimmten alle "vernünftigen Menschen", egal in welchem Land, darin überein, dass Wirtschaftswachstum und Wohlstand, von dem vor allem die Eliten profitierten, alle anderen Interessen übertrafen. Daher war es wichtig, diese neue internationale Stabilität nicht zu stören.


    Rainer Rupp: Die mentale Verwirrung der Machtelite in Washington hat System




    Analyse

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    Die einzigen internationalen Probleme, welche die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten konfrontierten, so Stratfor, waren "Schurkenstaaten" wie Irak und Nordkorea oder die Bedrohung der inneren Instabilität von Staaten wie z. B. in Jugoslawien und Somalia, oder auch Ausbrüche des internationalen Terrorismus.

    Aber all das war nur noch "ein Randproblem". Denn "alle Nationen waren jetzt vernünftig. Sie hatten alle die Notwendigkeit eingesehen, dafür zu sorgen, dass die Schurkenstaaten davon abgehalten werden, durch Bürgerkriege oder durch Ausbreitung von Terrorismus die Finanzmärkte zu beunruhigen".

    "Da alle Nationen", bzw. ihre Eliten, "im Rahmen der NWO an der Erhaltung gut funktionierender Finanzmärkte ein gleich-großes Interesse hatten, waren sie auch bereit, bei der Lösung der marginalen Probleme (siehe Jugoslawien, Irak und Somalia) zusammenzuarbeiten".

    Absolute Priorität galt laut Stratfor der Aufgabe, das internationale Wirtschaftssystem zu einem eingeebneten Spielfeld zu machen, auf dem globale operierende Unternehmen ohne Einschränkungen durch Zölle, nationale Regularien, Deviseneinschränkungen oder Investitionshindernissen nach eigenem Gutdünken schalten und walten konnten.

    Daher sei diese Aufgabe zur Mehrung des westlichen Wohlstandes – so Stratfor – in die Hände einer Gruppe von multilateralen Organisationen delegiert worden, wie z. B. der Internationale Währungsfonds IWF, das GATT (seither von der Welthandelsorganisation WHO ersetzt), die Weltbank, die OECD und nicht zuletzt die NATO. Diese Organisationen "dienen alle dem gleichen Zweck und sie haben einen sehr guten Job gemacht", lobte Stratfor.

    Selbstredend würden "die Vereinigten Staaten, als weltweit führende Nation, auch eine besondere und entscheidende Rolle bei der Festlegung der Missionen der UNO und der anderen multilateralen Organisationen spielen, betonte Stratfor, und fuhr fort:

    "Da jedoch alle Nationen jetzt die gleichen grundlegenden Interessen hätten, würde daraus folgen, dass keine vernünftige Nation sich dem US-Führungsanspruch und dessen Entscheidungen widersetzt."


    Die europäische Dimension der NWO

    Wie sehr diese US-Ideologie von der NWO auch in Europa, insbesondere in der EU auf fruchtbaren Boden gefallen ist, lässt sich exemplarisch an der Person Robert Coopers festmachen. Cooper begann seine diesbezügliche Karriere als Chefberater des britischen Premiers Tony Blair. Von dort ging er zur EU und wurde "Generaldirektor für Äußere und Politisch-Militärische Angelegenheiten" im Generalsekretariat des EU-Rats und hatte ständigen Umgang mit Ministern und Staatschefs. In dieser Rolle hat Cooper laut Wikipedia auch die Philosophie der "Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik maßgeblich geprägt". Dafür wurde er später von der Queen zum Ritter geschlagen und so gut wie von allen Regierungen der EU-Mitgliedsländer mit Orden und Ehrungen überhäuft.

    Wofür genau? Für Forderungen wie diese, die dann in der EU auch umgesetzt wurden:

    "Wir brauchen eine neue Art von Imperialismus, einen Imperialismus, der mit den Menschenrechten und den kosmopolitischen Werten kompatibel ist: ein Imperialismus, der sich zum Ziel setzt, Ordnung und Organisation zu bringen."


    Wie im Kosovo – Auch im Fall der Ukraine wird die schmutzige Wahrheit unter den Teppich gekehrt




    Analyse

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    Im Anschluss an den Angriffskrieg gegen Jugoslawien unterscheidet Cooper zwischen zwei Arten des "neuen Imperialismus": Da wäre zunächst der "freiwillige Imperialismus" der "demokratischen" (!) Institutionen der westlichen Welt, wie der "Internationale Währungsfonds" (IWF) oder die "Weltbank".

    Laut Cooper bringen diese Institutionen "all jenen Staaten Hilfe, die freiwillig ihren Weg zurück in die globale Wirtschaft der internationalen Gemeinschaft finden wollen". D. h. also all jene Staaten, die bereit sind, sich zu beugen und sich ihre wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Verfasstheit von den "undemokratischen Institutionen" IWF und Weltbank vorschreiben zu lassen, die brauchen keine Angst vor "humanitären" Bombardements der NWO zu haben.

    Allen anderen Staaten aber, die sich nicht freiwillig der NWO unterwerfen, droht Cooper mit "gut nachbarschaftlichem Imperialismus", d. h., dass "verantwortliche" Staaten – wie die USA oder Frankreich, Großbritannien oder Deutschland – zuerst wirtschaftliche und politische Zwangsmaßnahmen verhängen und wenn die nichts nützen, militärisch intervenieren, um Instabilitäten im globalen Dorf zu verhindern.

    Als leuchtendes Beispiel für den "gut nachbarschaftlichen Imperialismus" verweist Cooper auf die erfolgreiche "humanitäre Intervention" der NATO im Kosovo. Das dort errichtete NATO-Protektorat zeige wie kein anderes Beispiel, wie gut "der neue Kolonialismus (!) Ordnung und Organisation" bringen kann.

    In seinem Buch von 2002 "The Post-Modern State" entwickelt Cooper die EU-Doktrin des "neuen, liberalen Imperialismus" weiter. Dabei unterstreicht er im Umgang mit sogenannten Problemstaaten "die Notwendigkeit von doppelten Standards". Eine weitere Steigerung kommt in seinem nächsten Buch, "The Breaking of Nations" (auf Deutsch: "Wie man Nationen gefügig macht"). 

    Dort heißt es: "Untereinander sollten die Europäer auf der Grundlage des Rechts und gemeinsamer Sicherheit operieren. Aber außerhalb Europas sollten sie die raueren Methoden früherer Zeiten anwenden – Gewalt, Präventivschläge, Hinterlist und was sonst noch alles nötig ist. Denn wenn wir im Dschungel sind, dann müssen wir auch die Gesetze des Dschungels anwenden". Im Original: "When in the jungle, one must use the laws of the jungle."


    Störenfried Russland

    Laut einer weiteren Stratfor-Analyse funktionierte diese Version der Neuen Weltordnung für eine Weile sehr gut für die USA. Auch die internationalen Eliten konnten gut davon profitieren. Auch habe es "unter den Eliten der beteiligten Nationen keine namhaften Konflikte gegeben". Daraus wurde dann die bekannte Phrase gestrickt, dass Demokratien keine Kriege gegen einander führen.

    Während in Russland noch das Jelzin-Regime herrschte, sah man im Westen gute Chancen auch Russland in diese US-geführte neue Weltordnung hineinzuziehen.

    Dann aber kam 1998/99 der russische Finanzkollaps, bei dem Hilfe vom Westen ausblieb und IWF und Weltbank tatenlos dem Absturz Russlands zusahen. Diese Untätigkeit des Westens, verbunden mit kaum verdeckter Freude der auf reiche Beute lauernden westlichen Geier gab der zukünftigen Entwicklung Russlands einen entscheidenden Stoß in eine andere Richtung und förderte neue auftauchende politische Kräfte, die Russlands Zukunft nicht im Westen sahen.


    "Gleichberechtigte Partnerschaft" in den Neunzigern? Wie es wirklich war: Clinton-Jelzin-Abschriften





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    In dem Chaos, das von westlichen Beratern der russischen Regierung im Verein mit lokalen Oligarchen angerichtet worden war, entstand der Keim, aus dem in den nachfolgenden 25 Jahren der mächtigste Widersacher der NWO geworden ist.

    Seither hat sich das wirtschaftlich, moralisch und militärisch wiedererstarkte Russland, das heute wie selten in seiner Geschichte geeint hinter Präsident Putin steht, als unüberwindbarer Widersacher gegen die US-geführte, "regelbasierte Ordnung" – wie heute die NWO heißt – erwiesen hat. Zugleich ist Russland gemeinsam mit seinem strategischen Partner China zum Leuchtturm der Hoffnung vieler Länder des Globalen Südens geworden, die sich aus der räuberischen Umklammerung der westlichen Neo-Kolonialisten befreien wollen.


    Kein Plan B: Auf der Schnellstraße in den Krieg

    Und jetzt kommen wir zurück auf die eingangs geschilderte Lage in der Ukraine. Inzwischen verstehen Sie sicherlich auch besser, wieso die politischen, medialen, wissenschaftlichen und militärischen Eliten in Europa kein Problem damit hatten und haben, die vitalen Interessen ihrer eigenen Völker zu missachten, solange es ihnen selbst gut geht und sie die Rückendeckung der befreundeten Eliten in Europa und jenseits des Atlantiks haben.

    Das Wichtigste für diese Leute sind die Finanzmärkte, von denen sie alle kräftig profitieren. Denn trotz der katastrophalen Wirtschaftslage in allen Ländern des kollektiven Westens erklimmen die Börsen dort dank geldpolitischer Manipulationen ständig neue Höchststände, was die Eliten weiter bereichert, während aufgrund der gleichzeitigen Geldentwertung die arbeitende Bevölkerung immer ärmer wird.


    Deutsche Vernichtungsphantasien: Russland niederringen





    Meinung

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    Nach wie vor gelingt es den Eliten dank des Corps williger Presstituierter, dem Gros der Bevölkerung vorzugaukeln, dass sie alles im Griff haben, egal ob in der Ukraine, bei der Inflationsbekämpfung, beim Wirtschaftswachstum etc. Aber der Moment, an dem die Realität den Schleier der Lügen, der Manipulationen und des Schönredens zerreißt, kommt unaufhaltsam näher.

    Je länger diese tragische Entwicklung anhält, desto weniger Optionen zur Rettung oder Milderung der Lage bleiben übrig. Der Westen ist an seine Belastungsgrenze gekommen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten zeigen sich jetzt tiefe Bruchlinien zwischen den Eliten auf nationaler wie auf internationaler Ebene innerhalb des Westens. Realisten und Pragmatiker wollen mit den Russen verhandeln, während Extremisten vom Typ der eingangs erwähnten Kriegstreiber mit einem direkten Waffengang zwischen Russland und der NATO liebäugeln.

    Die aktuelle Situation in der Ukraine, die dem Westen als Rammbock dient und dabei gleichzeitig selbst zerstört wird, lässt sich wie folgt skizzieren.

    Erstens: Russland hatte auf dem Schlachtfeld von Anfang an eindeutig die Oberhand, militärtechnisch ebenso wie in Bezug auf Strategie und Taktik, oder in puncto Reserven, aber auch bezüglich Ausbildungsstands und Moral der Soldaten, Unterstützung und Einigkeit der russischen Bevölkerung usw. Die Ukraine hat längst verloren, selbst wenn sie noch einige Zeit in selbstzerstörerischem Wahn weiterkämpfen kann. Fest steht aber, dass der Ukraine die Zeit davonläuft.

    Zweitens ist die Führung der Ukraine ungeachtet ihrer Schwäche nicht bereit, auf Verhandlungen zur Beendigung des Krieges zu für Russland akzeptablen Bedingungen einzugehen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat wiederholt bekräftigte, dass Moskau grundsätzlich offen für Gespräche bleibt, allerdings nicht auf der Grundlage von "Wunschdenken", sondern ausgehend von den Realitäten an der Front.

    Die mangelnde Flexibilität des Kiewer Regimes ist nicht verwunderlich. Für Präsident Wladimir Selenskij persönlich und zumindest für sein Kernteam gibt es wahrscheinlich weder politisch noch physisch eine Möglichkeit, die Katastrophe zu überleben, die sie ihrem Land zugefügt haben. Sie selbst waren Spielbälle der neokonservativen Strategie Washingtons, mit dem Ziel, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. Sie alle haben versagt und werden auf der Strecke bleiben.

    Und drittens besteht zumindest in NATO-Europa die Möglichkeit, dass auch dort die Eliten auf der Strecke bleiben, weil sie zur Unterstützung der Strategie Washingtons die vitalen Interessen ihrer eigenen Völker an Washington verkauft und sie ins wirtschaftliche Elend geführt haben.

    Ein Zusammenbruch der ukrainischen Front wird es den West-Eliten unmöglich machen, die bisherigen Lügen aufrecht zu halten. Selbst die gutgläubigsten Schafe im Westen werden sich von den herrschenden Eliten in Politik und Medien abwenden. Letztere fürchten sich zu Recht vor dem Tag, an dem die Zeitenwende der Abrechnung beginnt.


    Der Westen zerstört sich selbst






    Meinung

    Der Westen zerstört sich selbst






    Die Westeliten haben in ihrer Abgehobenheit von jeglicher Realität nie daran gedacht, dass ihre ursprünglichen, ihrem Wunschdenken entsprungenen Pläne zur Destabilisierung der russischen Gesellschaft und zur strategischen Schwächung des russischen Militärs scheitern könnten. Daher haben sie keinen Plan B. Sie haben keinen Ausweg, weshalb sie mehr und mehr von Panik ergriffen werden.

    Panik, in der Tat, denn nur mit Panik sind die offensichtlich verzweifelten Forderungen z. B. nach dem Einsatz der Nuklearwaffen fähigen deutschen Taurus-Marschflugkörper zu erklären. In dieselbe Kategorie fortgeschrittenen Wahnsinns fällt auch der Plan des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden, womit wir dem großen Krieg einen gewaltigen Schritt näherkämen. Auf ihrer Schnellstraße in den Krieg haben die siegessicheren westlichen Eliten keinen Platz für eine Ausfahrt gelassen.

    Dies ist das Manuskript einer Rede, die Rainer Rupp am 23. März 2024 im HoffART-Theater Darmstadt gehalten hat. Die Veranstaltung wurde organisiert von den NachDenkSeiten und dem Deutschen Freidenker-Verband e.V.


    Mehr zum Thema - Die russische Superbombe und die bizarre Berichterstattung deutscher Medien


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    07.07.2024

    Sahel-Staaten wenden sich von ECOWAS ab: Mali, Burkina Faso und Niger gründen Konföderation

    Die Abkehr vom prowestlichen Regionalblock ECOWAS zementierten Mali, Burkina Faso und Niger nun mit einem eigenen Integrationsprojekt. Berlin verkündete zugleich das Scheitern von Verhandlungen über den Weiterbetrieb eines Bundeswehrstützpunkts in Niamey.


    Sahel-Staaten wenden sich von ECOWAS ab: Mali, Burkina Faso und Niger gründen KonföderationQuelle: AFP


    Der nigrische General Abdourahamane Tchiani, der malische Oberst Assimi Goïta und der burkinische Staatschef Ibrahim Traoré zeigen die Dokumente der Allianz der Sahel-Staaten (AES), die sie während ihres ersten Gipfeltreffens in Niamey am 6. Juli 2024 unterzeichnet haben


    Die Juntas von Niger, Mali und Burkina Faso schlossen am Samstag eine Rückkehr ihrer Länder in den westafrikanischen Regionalblock ECOWAS aus, dessen Spaltung den abnehmenden Einfluss des Westens in Afrika darstellt.


    USA beginnen mit Abzug aus Niger





    USA beginnen mit Abzug aus Niger







    Die Staats- und Regierungschefs der drei Länder verkündeten diese Position während ihres ersten Gipfeltreffens in Niamey, der Hauptstadt von Niger, nach ihrem Austritt aus dem westafrikanischen Block ECOWAS im Januar.

    Sie warfen der ECOWAS vor, ihr Mandat nicht erfüllt zu haben, und versprachen, ihre eigene Union ‒ die Allianz der Sahel-Staaten ‒ zu konsolidieren, die im vergangenen Jahr inmitten der zerrütteten Beziehungen zu ihren Nachbarn gegründet wurde. Die fast 50 Jahre alte ECOWAS sei "zu einer Bedrohung für unsere Staaten geworden", sagte Nigers Militärchef, General Abdourahamane Tchiani.

    Die Abkehr vom Regionalblock ECOWAS zementieren sie nun mit einem eigenen Integrationsprojekt: Die von Juntas regierten westafrikanischen Sahel-Staaten Mali, Burkina Faso und Niger haben am Wochenende offiziell einen Staatenbund gegründet. Die Konföderation "Allianz der Sahel-Staaten" (AES) solle sich in der Außen- und Sicherheitspolitik enger abstimmen, die freie Bewegung von Menschen und Gütern untereinander regeln und eine gemeinsame Investitionsbank gründen, hieß es zum Abschluss des Gipfels in der nigrischen Hauptstadt Niamey. Die Staatschefs Oberst Assimi Goïta (Mali), General Abdourahamane Tchiani (Niger) und Hauptmann Ibrahim Traoré (Burkina Faso) stehen nach Militärputschen an der Spitze von Übergangsregierungen.

    Die Juntas hatten die Allianz der Sahel-Staaten im Herbst zunächst als Verteidigungsbündnis ins Leben gerufen und im Januar ihren Austritt aus der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) angekündigt. Sie beschuldigen den Regionalblock, der die Machtergreifungen verurteilt und Sanktionen verhängt hatte, unter dem Einfluss der Interessen der Ex-Kolonialmacht Frankreich zu stehen. 

    Seit den patriotischen Putschen zwischen 2020 und 2023 haben sich alle drei Länder an Russland und Staaten im Globalen Süden angenähert und von früheren westlichen Partnern distanziert. Am Samstag verkündete zudem die Bundesregierung das Scheitern von Verhandlungen über den Weiterbetrieb eines Bundeswehrstützpunkts in Niamey.


    Mehr zum Thema ‒ Wie Frankreich in Afrika versucht, sich an Russland zu rächen


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    07.07.2024

    Südlicher Gaskorridor: Ein Mittel der USA zur Beherrschung des Gasmarktes auf dem Balkan

    freedert.online, 7 Juli 2024 09:00 Uhr,

    Die USA üben Druck auf Bosnien und Herzegowina aus – wieder einmal. Diesmal geht es um Gas. Das Balkanland bezieht es aus Russland. Viel besser wäre es doch, meint man in Washington, wenn Bosnien US-amerikanisches Flüssigerdgas kaufen würde, das über Kroatien ins Land kommen könnte.



    Quelle: AFP © DENIS LOVROVIC / AFP


    Freiheitsgas"? Ein Schiff mit Flüssigerdgas bei seiner Ankunft in Kroatien im April 2023

    Die Vereinigten Staaten von Amerika üben sowohl direkt als auch indirekt Druck auf die Balkanländer aus, künftig auf das russische Gas zu verzichten, das über den Zweig der Gasleitung Turkish Stream ankommt. Bosnien steht unter dem größten Druck, sich aus der "Abhängigkeit" von der russischen Energiequelle zu "befreien".

    Dieses Land deckt seinen Gasenergiebedarf zu 100 Prozent mit russischem Gas, was den Bürokraten in Washington, D.C. und Brüssel missfällt, die das schwache und national heterogene Bosnien fest an den Westen binden wollen. Ziel ist es, damit zugleich eine Botschaft an Russland zu senden und Sanktionen gegen Moskau als sinnvollen Schritt darzustellen. Als Alternative bietet sich natürlich der Südliche Gaskorridor an, also das deutlich teurere amerikanische verflüssigte Erdgas, das in Terminals im benachbarten Kroatien angelandet und gelagert wird.


    Westbalkan: Auf wen hört die NATO – und wen versteht sie?





    Analyse

    Westbalkan: Auf wen hört die NATO – und wen versteht sie?






    Doch die Absicht der USA ist bei der Mehrheit der Bürger und einigen Politikern bisher auf wenig Verständnis gestoßen. Mit anderen Worten: Gasverbraucher, Industrie und Haushalte akzeptieren nicht, dass sie aufgrund politischer und strategischer Vereinbarungen in eine Situation geraten sollen, in der sie – wie derzeit viele westeuropäische Länder – deutlich höhere Preise für diese Energiequelle zahlen müssen.

    In der Regel wird Politikern vorgeworfen, wenn sie die derzeitige Art der russischen Gasversorgung über die "Ost-Leitung" in der Stadt Zvornik über Serbien nach Bosnien verteidigen, "russische Akteure" zu sein und westliche Sanktionen zu ignorieren. Eine solche Rolle ist in der Regel dem Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, vorbehalten, der öffentlich als solch ein russischer Akteur auf dem Balkan bezeichnet wird.

    Aber um die Sache noch seltsamer zu machen, wird selbst einigen kroatischen Politikern eine russenfreundliche Politik im Bereich der Gasversorgung vorgeworfen, wenn sie die derzeitige Art der Versorgung verteidigen. Auch der Vorsitzende Dragan Čović der größten kroatischen Partei in Bosnien, der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ), steht im Visier US-amerikanischer Kritik, weil er sich offen gegen die monopolistischen Absichten der USA stellt, die unter dem Vorwand der "Gasdiversifizierung" vorhaben, den europäischen Gasmarkt bald vollständig zu dominieren.

    Wie hartnäckig die US-Amerikaner ihre Absichten verfechten, zeigt auch die Tatsache, dass sich höchste Vertreter der Regierung von Biden der Lobbyarbeit für den Südlichen Gaskorridor angeschlossen haben. Sogar der US-Außenminister Antony Blinken forderte mehr Druck auf den ersten Mann der HDZ BiH, also Dragan Čović, und forderte auch von der Zentrale seiner Partei in Zagreb, diese Angelegenheit zu beschleunigen. In einem Brief an den Außenminister Kroatiens Gordan Grlić Radman und von Bosnien und Herzegowina Elmedin Konaković erklärte Blinken:

    "In Anbetracht der Tatsache, dass dieses Projekt im klaren Interesse Ihres Landes und der Region liegt, ermutige ich Sie und andere in Ihrer Regierung, Druck auf Dragan Čović auszuüben, damit er seine Blockade in dieser Angelegenheit beendet."

    Die Umsetzung des Projekts "Südlicher Gaskorridor" sollte übrigens schon vor drei Jahren starten, aber aufgrund von Streitigkeiten darüber, wem das Hauptventil gehören werde, verzögerte sich der gesamte Prozess auf unbestimmte Zeit. Eine ähnliche Warnung hatte zuvor der US-Botschafter in Sarajevo Michael Murphy zum Ausdruck gebracht, jedoch ohne Erfolg.

    Murphys diplomatisches Mandat geht zu Ende, obwohl er mit seinen Versuchen, seine Favoriten auf dem Gasmarkt zu etablieren, gescheitert ist. Insbesondere gelang es ihm nicht, die Bürger davon zu überzeugen, dass sie mit viel teurerem amerikanischem Gas besser beheizt werden.


    Entschließung zu Srebrenica – Ein Stolperstein für das Funktionieren von Bosnien-Herzegowina




    Entschließung zu Srebrenica – Ein Stolperstein für das Funktionieren von Bosnien-Herzegowina






    Unverständlich ist auch die Logik einiger bosniakischer Politiker, mit der sie ihre Lobbyarbeit für die US-Interessen zu rechtfertigen versuchen. Das eine ist, was jemand möchte, etwas anderes ist die Realität. Die Kroaten wollen nämlich die Führung des künftigen Gasunternehmens nicht der Regierung in Sarajevo überlassen, wo die Bosniaken die dominierende Mehrheit bei der Entscheidungsfindung darstellen. Und sie sagen, dass sie ihren Widerstand nicht aufgeben werden, obwohl Befürworter dieser Idee auf der anderen Seite des Atlantiks Čović mit Sanktionen gedroht haben.

    Natürlich betonen die USA mit Sanktionsdrohungen, dass hinter all dem die persönlichen Interessen korrupter Politiker stehen würden. Sie betonen allerdings nicht, ob es sich dabei um lokale Politiker oder ausländische, in diesem Fall also US-amerikanische handelt, die ihre privaten wirtschaftlichen und politischen Interessen mit neokolonialen Methoden festigen wollen.

    Auch in der Öffentlichkeit gibt es Stimmen, die diese Absicht der USA verteidigen und behaupten, sie sei nicht durch Finanzinteressen in den USA motiviert. Sie betonen, dass das LNG-Terminal auf der Insel Krk in Kroatien vielmehr eine Chance für BIH sei, unabhängiger in der Energieversorgung zu werden, obwohl klar ist, dass alles darauf ausgelegt ist, eine Alternative zu russischem Gas zu bieten. Nüchterne Beobachter wissen jedoch, dass es sowohl in Serbien als auch im benachbarten Bosnien und Herzegowina derzeit keine vernünftige Alternative zur Gaslieferung aus Russland gibt.


    Mehr zum Thema - Neue Spekulationen über angeblichen Munitionsexport aus Serbien in die Ukraine

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    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freedert.online/europa/211342-suedlicher-gaskorridor-mittel-usa-zur


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    07.07.2024

    Doctorow: Bedeutung des jüngsten Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Astana (Kasachstan)

    seniora.org, 07. Juli 2024, Von Gilbert Doctorow 05.07.2024 - übernommen von gilbertdoctorow.com

    Gestern ging der zweitägige Gipfel in Astana, Kasachstan, zu Ende, an dem die Staats- und Regierungschefs von acht der neun Mitglieder der Shanghai Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organization   – SCO) teilnahmen. Lediglich der indische Premierminister Modi fehlte, doch wird er dies in der kommenden Woche mit einem Staatsbesuch in Moskau nachholen. Positiv zu vermerken ist, dass Alexander Lukaschenko aus Weißrussland anwesend war, um den Aufstieg seines Landes vom Beobachterstatus zur Vollmitgliedschaft mitzuerleben. Unter den zahlreichen Beitrittskandidaten, die in Astana auf höchster Ebene vertreten waren, fiel vor allem der türkische Präsident Erdogan auf.


    Was die Ergebnisse von Astana betrifft, so können wir sagen, dass sie den Teilnehmern zumindest die Gelegenheit zu vertraulichen bilateralen Gesprächen in einer Zeit boten, die angesichts der Kriegsherde in der Ukraine, im Gazastreifen und in der Straße von Taiwan mit Risiken behaftet ist. Wir wissen, dass Wladimir Putin den Besuch genutzt hat, um einen ganzen Tag lang eine Reihe von Tête-à-Têtes zu führen, von denen das wichtigste sicherlich mit dem chinesischen Präsidenten Xi stattfand.

    Bisher wurden die Texte der von den Teilnehmern unterzeichneten offiziellen Dokumente nicht veröffentlicht oder gar beschrieben. Wir können davon ausgehen, dass diese hauptsächlich wirtschaftlicher Natur sind. Die Nachricht von der Vollmitgliedschaft Weißrusslands und die Ankündigung von Präsident Xi am Rande des Gipfels, dass China den Antrag des SCO-Gastgebers Kasachstan auf Beitritt zu den BRICS unterstützen wird, sind jedoch eindeutige Hinweise darauf, dass dieser Gipfel einen Wendepunkt in der Umwidmung der SCO von einem regionalen Klub, der die Sicherheit in Zentralasien gewährleistet, was ihre Gründungsaufgabe im Jahr 2001 war, in einen Sicherheitsdienstleister für den eurasischen Kontinent markiert, und dass sie schließlich vor 2030 mit den BRICS fusionieren könnte.

    Bei der Gründung der Shanghai Organisation für Zusammenarbeit im Jahr 2001 war der von Afghanistan ausgehende islamische Terror eine echte Bedrohung für die zentralasiatische Region, die im Osten an China und im Westen und Norden an Russland grenzt. Diese Region stand im Mittelpunkt der amerikanischen und britischen Bemühungen, die Sicherheit zu schwächen und die Aufmerksamkeit dieser beiden Großmächte von ihrer Präsenz auf globaler Ebene abzulenken. Darüber hinaus erschwerten sowohl der Terror als auch die Intervention der westlichen Mächte die Bemühungen Chinas und Russlands, Konflikte zwischen ihren eigenen konkurrierenden politischen und wirtschaftlichen Ambitionen in der Region zu vermeiden. Die Gründung der Shanghai Organisation für Zusammenarbeit ermöglichte es, diese Herausforderungen effektiv zu bewältigen.

    Die Dauerhaftigkeit dieser Lösung wurde zuletzt unter Beweis gestellt, als die Bemühungen der USA unter Tony Blinken im vergangenen Jahr und der Briten unter Lord Cameron in den vergangenen Monaten, die verschiedenen zentralasiatischen Staaten von Russland und China weg in die US-geführte Weltordnung zu ziehen, kläglich scheiterten. Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan sind nach wie vor fest in die russisch-chinesischen Einflusssphären eingebettet, und der klare Sieg Russlands in der militärischen Konfrontation mit dem kollektiven Westen in und um die Ukraine hat den Attraktionen des regionalen Status quo den Glanz verliehen, im weltweiten Wettbewerb auf der Gewinnerseite zu stehen. Der Gedanke an eine Wiederbelebung des britisch-russischen Great Game aus dem 19. Jahrhundert in diesem Teil der Welt kann ad acta gelegt werden.

    Die Aufnahme Indiens und Pakistans im Jahr 2017 und die Aufnahme des Iran als Vollmitglied in die SCO im Jahr 2023 deuteten auf die bevorstehende Neuausrichtung hin. Von diesem Zeitpunkt an repräsentierte sie den Löwenanteil der Bevölkerung Asiens. Die Aufnahme Weißrusslands verleiht der SCO nun eine eindeutig europäische Dimension, da Weißrussland im Gegensatz zu Russland eine rein europäische geografische Einheit ist. Dies kommt dem neuen Interesse Russlands und Chinas entgegen, eine Sicherheitsarchitektur für die gesamte eurasische Landmasse zu schaffen, die sich auf die dort ansässigen Nationalstaaten stützt und äußere Mächte, vor allem die Vereinigten Staaten, ausschließt.

    Wir bewegen uns metaphorisch von den Karten der Mercator-Projektion zu einer eurasisch-zentrierten Weltkarte, die keine Toleranz für den Atlantismus kennt. In dieser neuen Karte befinden sich die äußeren Ränder der Welt nicht irgendwo in Afrika oder Südostasien: Der äußere Rand ist Europa, das auf eine Halbinsel am westlichen Ende des eurasischen Kontinents reduziert wird. Geopolitisch ausgedrückt, verkünden Russland und China derzeit ihre eigene Version der Monroe-Doktrin und sagen den Vereinigten Staaten, sie sollen sich zurückziehen.

    Diese veränderte Sicht auf die Welt und die Gewährleistung von Sicherheit ist eine direkte Folge dessen, was Russland in den letzten zwei Jahren und im Krieg in der Ukraine erlebt hat.

    Im Jahr 2008, während der Präsidentschaft von Dmitri Medwedew, hatte das russische Außenministerium die Aufgabe, den NATO-Mitgliedstaaten eine überarbeitete Sicherheitsarchitektur für Europa vorzulegen und mit ihnen zu verhandeln, die Russland aus der Kälte herausholen sollte. Wie wir wissen, wurde diese Initiative von Angela Merkel und den anderen Entscheidungsträgern in Europa und Nordamerika hochmütig abgelehnt.

    Noch im Dezember 2021 hatte Präsident Putin versucht, den Dialog mit den Vereinigten Staaten und der NATO über eine überarbeitete Sicherheitsarchitektur für Europa zu erneuern, die die Truppen und Einrichtungen der NATO aus den östlichsten Mitgliedstaaten dorthin zurückführen würde, wo sie vor der NATO-Erweiterung der Clinton-Jahre standen.

    Das neue Konzept einer eurasischen Sicherheitsarchitektur, das sich jetzt im Rahmen der Schanghai Organisation für Zusammenarbeit entwickelt, stellt einen Bruch mit all diesen früheren russischen Initiativen dar und ist die größte Herausforderung für die Existenz der NATO, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, an dem eine mögliche Rückkehr Donald Trumps ins Präsidentenamt diese Organisation durch den Entzug der Unterstützung durch ihren größten Beitragszahler in Gefahr bringt.

    In der gestrigen Podiumsdiskussion des iranischen Senders Press TV hatte ich die Gelegenheit, die wichtigsten Punkte des Vorstehenden darzulegen.

    Siehe https://www.urmedium.net/c/presstv/130005


    Nachstehend das Transkript eines Lesers

    PressTV: 0:01
    Gilbert Doctorow, unabhängiger Analyst für internationale Angelegenheiten aus Brüssel, und John Bosnitch, Journalist, Aktivist und politischer Analyst aus Fredericton, sind jetzt bei uns zu Gast. Ich möchte Sie beide in unserer Sendung willkommen heißen.

    Ich denke, wir beginnen mit Ihnen, Herr Doctorow. Ich meine, die Shanghai Organisation für Zusammenarbeit (SOZ/SCO) und die BRICS begannen mit ein paar wenigen Ländern, die sich schnell ausbreiteten und grösser wurden. Ich glaube, die SCO hat jetzt neun ständige Mitglieder und vier Beobachter, aber sowohl die SCO als auch die BRICS wachsen schnell. Worin liegt hier die Anziehungskraft?

    Gilbert Doctorow, PhD: 0:42
    Der Reiz liegt darin, dass die Shanghai Organisation für Zusammenarbeit allein 40 Prozent der menschlichen Bevölkerung auf der Erde ausmacht. Sie macht 20 Prozent des BSP aus. Es handelt sich also um einen sehr großen Teil menschlicher Aktivitäten und eine große Chance für ihre Mitglieder, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten und die Sicherheitsvereinbarungen mit anderen Mitgliedern zu steigern. Die Expansion ist nicht chaotisch, die Expansion ist nicht zufällig, die Expansion der Shanghai-Organisation hat, genau wie die jüngste Expansion der BRICS, eine gewisse Logik. Und die Logik besteht darin, dass diese beiden Organisationen, wenn man sie auf mehrere Jahre hinaus projiziert, zusammenwachsen werden.

    1:31
    Die Schanghai-Organisation wurde in erster Linie als Sicherheitsorganisation gegründet, mit einem wirtschaftlichen und handelspolitischen Interesse als zweitem Tätigkeitsfeld. Die BRICS hingegen wurden in erster Linie als Wirtschafts-, Handels- und Finanzorganisation gegründet. Die BRICS haben keine institutionelle Struktur, während die Shanghai Organisation für Zusammenarbeit traditionelle internationale Elemente in ihrer Struktur aufweist. Diese beiden Organisationen ergänzen sich also, und es ist keineswegs zufällig, dass der Iran Mitglied in beiden ist.

    Die diesjährige Erweiterung der Schanghai-Organisation um Weißrussland zeigt uns, dass sich der Zweck dieser Organisation grundlegend ändert, und das ist natürlich für den Iran und die anderen Mitglieder von Interesse. Ursprünglich wurde die Organisation, die auf die chinesische und russische Gründung zurückgeht, geschaffen, um sich um Zentralasien zu kümmern und in Zeiten des grassierenden Terrorismus Sicherheitsvorkehrungen für Zentralasien zu treffen.

    2:56
    Was wir jedoch jetzt sehen, ist eine Neufassung, eine Überarbeitung der Schanghai-Organisation im Einklang mit dem, was die Gründungsmitglieder, insbesondere Russland, als neue Aufgabe ansehen. Russland hatte seit 2008, während der Präsidentschaft von Herrn Medwedew, daran gearbeitet, die Sicherheitsarchitektur Europas umzuschreiben, zu überarbeiten. Und es hatte Westeuropa und den Staaten Bestimmungen zur Überarbeitung dieser Sicherheitsarchitektur vorgeschlagen.

    Was wir jetzt sehen, ist etwas ganz anderes. Russland hat seine Lehren aus dem Konflikt mit der NATO über die Ukraine gezogen und drängt nun auf eine gesamteurasische Sicherheitsarchitektur. Und das ist ein sehr interessanter Vorschlag, der, wie ich vermute, in den kommenden Sitzungen weiterentwickelt werden wird.

    PressTV: 3:59
    Ja, gut. Ich danke Ihnen, Herr Doctorow. Herr John Bosnitch aus New Brunswick, willkommen zu unserem Gespräch. Nun, John, wie fördert die SCO eine multipolare Weltordnung, und wie stellt sie den Status quo in Frage?

    John Bosnitch
    Nun, wie wir wissen, bricht das amerikanische, wir nennen es im Grunde das anglo-amerikanische Imperium, langsam zusammen. Und in dem Bemühen, eine direkte militärische Konfrontation zu vermeiden, haben sich sowohl China als auch Russland dafür entschieden, Selbstverteidigungsmechanismen und bilaterale Handelsorganisationen zu schaffen, die sich nun, wie mein Kommentatorenkollege heute sagte, über die Wirtschaftsgrenzen hinweg ausbreiten und Wirtschaft und Staatssicherheit vermischen, die mit den Maßnahmen gegen den Terrorismus begonnen hatten.

    4:55
    Aber jetzt, da der Westen seine Operationen in der Ukraine auf die Ebene des Staatsterrors gehoben hat, nachdem er die Regierung der Ukraine durch einen Staatsstreich übernommen hat, müssen diese Organisationen weiter expandieren. Und es ist kein Zufall, dass Weißrussland   – das direkt an die Ukraine und an die dortige Konfliktregion grenzt   – jetzt mit ins Boot geholt wurde. Das ist ein klares Indiz dafür, dass China ein großes Interesse daran hat, den Status Russlands in der Ukraine zu schützen und die ethnischen Russen in der Ukraine zu schützen.

    Diese Entwicklungen, die in typisch chinesischer und russischer Manier ablaufen   – mit anderen Worten: gut durchdacht, bewusst geplant und in aller Ruhe ausgeführt   –, stellen eine ernsthafte Blockade gegen eine fortgesetzte westliche Aggression in der gesamten eurasischen Region dar. Und sie kommen genau zum richtigen Zeitpunkt, da wir sehen, dass es dem Westen nicht gelingt, die militärische Kontrolle über die gesamte Ukraine zu übernehmen, und er den Konflikt dort vielleicht ganz verlieren könnte. Es handelt sich also um eine entscheidende parallele Entwicklung im Interesse des Friedens und gegen die anhaltende militärische Aggression, die seit dem Fall der Berliner Mauer vom Westen vorangetrieben wird.

    PressTV: 6:19
    Ich danke Ihnen, Herr Bosnitch. Und nun, Herr Doctorow, zurück zu Ihnen. Iran: Wie kann der Iran von seiner SCO-Mitgliedschaft in einem neuen Licht profitieren, insbesondere angesichts der schweren Sanktionen, die ihm auferlegt wurden?

    Doctorow:
    Was die wirtschaftliche Seite betrifft, so arbeiten bekanntlich sowohl die BRICS als auch die Schanghai-Organisation an der De-Dollarisierung. Das ist für den Iran von großem Interesse. Beide Organisationen unterstützen den Nord-Süd-Korridor, bei dem der Iran ein wichtiger Akteur und Nutznießer ist. Die Lage des Iran als logistisches Drehkreuz bietet eine große Chance für eine Ausweitung des Verkaufs von Kohlenwasserstoffen durch den Iran und für einen Ausgleich der inländischen Versorgung mit Kohlenwasserstoffen, die nicht gleichmäßig über das ganze Land verteilt ist, sondern in verschiedenen Gebieten konzentriert ist.

    7:25
    Die Zusammenarbeit mit Russland, sowohl als BRICS- als auch als SCO-Mitglied, im Energiebereich ist von größter Bedeutung. Wir wissen, dass russische Kohlenwasserstoffunternehmen in großem Umfang in die Exploration und Produktion im Iran investieren. Ich denke, der Iran fühlt sich durch die starke politische Unterstützung, die ihm die beiden Gründungsmitglieder und wichtigsten Mitglieder beider Organisationen, China und Russland, gewähren, beruhigt. Und das mäßigt die iranische Politik, was allen zugute kommt.

    PressTV: 8:04
    Richtig, und abschließende Gedanken von Ihnen, Herr John Bosnitch. Die Liste der Länder, die sich von dieser Ideologie der Entdollarisierung angezogen fühlen, wächst. Warum erleben wir das?

    Bosnitch:
    Enschuldigung, wie war der letzte Satz?

    PressTV:
    Entdollarisierung. Warum ist sie zu einer so attraktiven Ideologie geworden?

    Bosnitch:
    Nun, wenn Sie dem angloamerikanischen Imperium erlauben, endlos Dollar zu drucken, und Sie akzeptieren, dass diese Dollar einen Tauschwert gegen reale Güter wie Gold, Öl, Gas und ähnliche Produkte haben, dann erlauben Sie dem Imperium tatsächlich, unbegrenzt Toilettenpapier zu drucken, das Sie als etwas wertvoll akzeptieren.

    8:56
    Sobald also die Länder, die in diesen verschiedenen größeren Wirtschaftsorganisationen versammelt sind   – die sich vom Pazifik bis ins Zentrum Europas und hinunter nach Afrika und nach Südamerika erstrecken   –, sobald diese Länder die Tatsache akzeptieren, dass sie dem US-Dollar einen Wert verleihen, indem sie ihn im Gegenzug für ihre massiven Ressourcen eintauschen, sobald sie sich weigern, dies zu tun, dann hat der US-Dollar nichts mehr, worauf er sich stützen kann, außer auf die Ressourcen der Vereinigten Staaten.

    Und wie wir wissen, sind die Vereinigten Staaten das am höchsten verschuldete Land in der Geschichte der Welt. Dies ist das Ende. Wenn der amerikanische Dollar nicht mehr als Wert in Form von Kohlenwasserstoffen akzeptiert wird und nicht mehr als Wert in Form von Gold akzeptiert wird, ist dies das Ende des Imperiums. Die Macht eines Imperiums wird durch die Kaufkraft seiner Währung bestimmt. Wenn der US-Dollar nicht mehr das wert ist, was er in der Vergangenheit wert war, ist das Imperium am Ende, und zwar ohne einen Schuss abzufeuern.

    PressTV: 10:04
    Nun gut, meine Herren, ich danke Ihnen beiden für Ihre Teilnahme an unserer Sendung. Gilbert Doctorow meldet sich aus Brüssel. Und John Bosnitch ist aus Fredericton, New Brunswick, bei uns. Das ist draußen in Kanada.

    10:19
    Und damit, liebe Zuschauer, sind wir am Ende dieses Abschnitts Ihrer PressTV-Nachrichtenübersicht angelangt. Vielen Dank, dass Sie eingeschaltet haben, und auf Wiedersehen für heute.

    Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
    Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=5995&mailid=2250


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.07.2024

    Orban im Interview „Am Montagmorgen gibt’s eine weitere Überraschung“

    anti-spiegel.ru, vom 6. Juli 2024 17:50 Uhr, von Anti-Spiegel

    Auf dem Rückflug aus Moskau hat der ungarische Ministerpräsident Orban ein sehr interessantes Interview über seine Treffen mit Selensky und Putin gegeben und für Montagmorgen eine weitere Überraschung angekündigt.


    Nach seinem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Putin hat der ungarischen ungarische Ministerpräsident Orban dem Chefredakteur der Schweizer Weltwoche Roger Köppel ein 20-minütiges Interview gegeben. Köppel hat schon mehrere Interviews mit Orban geführt und war als Journalist bei den Reisen nach Kiew und Moskau dabei. Einen Link zu dem Interview, das auf Englisch geführt wurde, finden Sie am Ende dieses Artikels

    Geheime Vorbereitungen

    In dem Interview erzählte Orban von den geheimen Vorbereitungen der Reisen, die offenbar im direkten Kontakt und ohne Telefon oder Internet stattfanden, weil – wie Orban es ausdrückte – „immer einer der großen Jungs mithört“. Erst als sein Regierungsflieger die Überflugrechte über Polen beantragt hat, sei Außenstehenden klar geworden, dass Orban nach Moskau fliegen würde.

    Die russische Seite hat sich dazu zuvor ähnlich geäußert. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte am 5. Juli, der Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten in Russland sei von Budapest initiiert worden, und der Vorschlag sei nur zwei Tage vor dem Besuch in Moskau eingegangen.

    „Putin ist super-rational“

    Auf die Frage, wie Putin in Verhandlungen sei, antwortete Orban, Putin sei zu mehr als 100 Prozent rational:

    „Er ist zu mehr als 100 Prozent ein rationaler Mensch. Wenn er verhandelt, wenn er anfängt, einen Standpunkt zu erklären, einen Vorschlag zu machen, ist er ein super-rationaler Mensch.“

    Laut Orban ist Putin ein „unerschütterlicher, sehr sorgfältiger, pünktlicher und disziplinierter“ Politiker. Der ungarische Ministerpräsident bezeichnete es als „echte Herausforderung“, sich auf ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten vorzubereiten, um mit ihm „auf der gleichen intellektuellen und politischen Ebene“ zu sein.


    Gegenseitiger Respekt

    Auf die Frage des Journalisten, welchen Eindruck Putin auf ihn gemacht habe, holte Orban ein wenig aus und erzählte, die beiden hätten sich bei ihrem ersten Treffen 2009 darauf geeinigt, dass „die Grundlage der Zusammenarbeit der gegenseitige Respekt“ sei, und daran hielten sie sich bis heute. Orban erzählte auch, dass Putin bei allen Gesprächen „gut gelaunt“ sei.

    Als der Journalist sagte, Russen würden als emotionale Menschen gelten, die, wenn man sie verärgert, sehr aufbrausend könnten, und er Orban dazu befragte, antwortete Orban:

    „Ich weiß nicht, wie er sich verhält, wenn er sich über etwas ärgert, denn ich habe mich nie so verhalten.“

    Ist ein vorläufiger Waffenstillstand möglich?

    Viktor Orban enthüllte in dem Interview, dass er Putin bei dem Treffen im Kreml vorgeschlagen hat, über die Möglichkeit eines kurzfristigen Waffenstillstands in der Ukraine nachzudenken. Orban habe Putin gefragt, was er von der Möglichkeit halte, „einen kurzfristigen Waffenstillstand zu vereinbaren, bevor echte Verhandlungen beginnen“. Laut Orban antwortete Putin darauf, dass er in dieser Frage „nicht optimistisch“ sei.

    Orban erinnerte daran, dass er bei seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selensky den gleichen Vorschlag gemacht hat, doch dieser hat das abgelehnt, da er der Meinung sei, die russischen Streitkräften könnten das ausnutzen. Putin wiederum, so Orban, habe gesagt, die Ukrainer würden einen Waffenstillstand nutzen, um Angriffe auf Russland zu starten. Orban habe darauf erwidert, Putin solle zumindest darüber nachdenken, man könne über das Thema Waffenstillstand „beim nächsten Mal“ weiter sprechen.

    Am 4. Juli hatte Putin gegenüber Reportern erklärt, Russland könne einem Waffenstillstand im Konflikt mit der Ukraine nicht zustimmen, weil es sich der Reaktion Kiews nicht sicher sei. Man dürfe nicht zulassen, dass der Gegner den Waffenstillstand dazu nutze, seine Lage zu verbessern, sich zu bewaffnen, seine Armee mit Hilfe der Zwangsmobilisierung aufzufüllen und sich darauf vorzubereiten, den bewaffneten Konflikt fortzusetzen, so Putin.

    Auf der Pressekonferenz im Anschluss an seine Gespräche mit Orban am 5. Juli wiederholte der russische Präsident, dass Russland nicht für einen Waffenstillstand oder eine Pause sei, die Kiew ausnutzen könne, sondern für eine vollständige Beendigung des Konflikts in der Ukraine. Putin erinnerte daran, dass er die Bedingungen dafür in seiner Rede im Außenministerium skizziert hatte.

    Überraschungen am Montag?

    Orban erzählte in dem Interview mit dem Schweizer Journalisten Köppel auch, dass Russland immer noch bereit sei, die Einigung, die es zwischen Moskau und Kiew im April 2022 gegeben hat, die Kiew dann aber widerrufen hat, als Basis für künftige Verhandlungen zu nehmen.

    Als Köppel fragte, wie es nun weitergehe mit einem möglichen Friedensprozess, kündigte Orban für Montagmorgen eine weitere Überraschung an unerwartete Treffen in der kommenden Woche an, ohne Einzelheiten zu nennen:

    „Ich werde nächste Woche wieder überraschenden Treffen haben, die Situation ist völlig unter Kontrolle. Wenn ich in Budapest ankomme, wird es eine Überraschung geben. Verfolgen Sie die Medien.“

    Hier finden Sie den Link zu dem Interview, das auf Englisch geführt wurde.


    Info: https://anti-spiegel.ru/2024/am-montagmorgen-gibts-eine-weitere-ueberraschung


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

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