03.07.2024

Rainer Rupp: Friedensmission – Was genau hatte Orbán in Kiew vor?

freedert.online, 3 Juli 2024 12:00 Uhr, Von Rainer Rupp

Unmittelbar nach seiner Amtseinführung in Brüssel ist Orbán als Vorsitzender des EU-Ministerrats in die Ukraine gereist, um Selenskijs Bereitschaft für Friedensverhandlungen zu sondieren. Zugleich will er die EU-Friedensdiplomatie für europäische Interessen reaktivieren, statt weiter blind und taub Washington zu folgen.


Quelle: AFP © Pressedienst des ukrainischen Präsidenten/AFP


Dieses vom Pressedienst des ukrainischen Präsidenten am 2. Juli 2024 veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Selenskij beim Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Kiew.


Viktor Orbán ist seit Rekordzeiten mit solider Mehrheit Premierminister in Ungarn und mittlerweile auch der dienstälteste Regierungschef in der EU. Mit Beginn des zweiten Halbjahrs 2024 am 1. Juli ist Orbán auch der Vorsitzende des EU-Ministerrats. Unmittelbar nach seiner Amtseinführung in Brüssel ist er in einer bis zu diesem Zeitpunkt streng geheimen Aktion nach einer elfstündigen Autoreise in Begleitung seiner politischen Berater und einiger Journalisten von Ungarn aus in Kiew eingetroffen. Dort hat er sich am Dienstag, den 2. Juli, mit dem Nicht-mehr-Präsidenten und Amtsusurpator Wladimir Selenskij getroffen, um diesen von der Notwendigkeit einer baldigen Aufnahme von Friedensverhandlungen zu überzeugen.


Kiew lehnt Orbáns Plan für Waffenstillstand ab





Kiew lehnt Orbáns Plan für Waffenstillstand ab







Vor dem Hintergrund, dass die Beziehungen zwischen Orbán und Selenskij seit Beginn der bewaffneten russischen Sonderoperation im Donbass alles andere als gut waren, unterstreicht diese geheim vorbereitete kreative Friedensmission die Bedeutung, die Viktor Orbán als neuer Präsident des Europäischen Rates einem baldigen Frieden in der Ukraine beimisst.

Der Schweizer Weltwoche-Chefredakteur Roger Köppel hatte das Privileg, im Tross des ungarischen Ministerpräsidenten mitzureisen und mit ihm und seinen Beratern ausgiebig zu sprechen. Wenige Stunden vor dem Orbán-Selenskij-Treffen berichtete Köppel per YouTube-Video, welche Überlegungen und Erwartungen Orbán und sein Team an diese Reise nach Kiew geknüpft hatten.

Laut Köppel hat Orbán ihm persönlich in langen Gesprächen während der Reise deutlich gemacht, dass die Ukraine für ihn ein sehr wichtiges Thema ist. Was ihn beunruhigt und besorgt sei, dass die Europäische Union in diesem Konflikt scheinbar keine Rolle mehr spielt. Die Amerikaner hätten die Führung übernommen, und die Amerikaner, wie auch die Chinesen und Russen, gehörten zu den Gewinnern dieses Krieges, während die Europäer und vor allem die Ukrainer die größten Verlierer sind. Orbán will diesen Gordischen Knoten durchschlagen und Europa wieder als handlungsfähige politische Größe auf die internationale Bühne zurückbringen, so Köppel.


Lukaschenko: Westen will Weißrussland in militärischen Konflikt verwickeln





Lukaschenko: Westen will Weißrussland in militärischen Konflikt verwickeln






Weiter habe Orbán erklärt, das große Problem in Europa heute sei, dass alle anderen Regierungschefs außer ihm sich weigern, konstruktive Gespräche mit Wladimir Putin zu führen. Sie hätten Putin so sehr dämonisiert, dass sie sich nun hinter ihren eigenen Brandmauern versteckten und eine blockierte Situation geschaffen haben. Orbán wisse, dass er als ein umstrittener Politiker in der Europäischen Union das Eis in der EU allein nicht brechen kann, sondern vielmehr ziele er darauf ab, Selenskij zu überzeugen, eine Friedensinitiative zu ergreifen, um die europäische Blockade zu durchbrechen und Europa zu ermutigen, Gespräche mit den Russen zu führen.

In den bevorstehenden Verhandlungen wolle er Selenskij klarmachen, dass er nur verlieren kann, wenn er Friedensverhandlungen mit Russland weiter verzögert und zugleich Donald Trump bald wieder in den USA an die Macht zurückkehren wird. Allerdings ist Trump – im Gegensatz zu seinen EU-Kollegen – für Viktor Orbán kein Albtraum, sondern das Beste, was der Welt im Moment passieren könnte. Er glaubt auch, dass Trump den Ukraine-Krieg wie versprochen beenden und noch vor Amtsantritt direkt mit Putin diesbezügliche Gespräche beginnen wird. Das wäre keine gute Option für Selenskij, da er dadurch marginalisiert würde und nichts zu gewinnen hätte, wenn er weiter wartet. Selenskij sollte versuchen, noch vor den US-Wahlen eine Initiative zusammen mit Europa zu starten und sich dann mit Putin zu einigen, um noch vor den US-Wahlen Fakten zu schaffen.

Der entscheidende Punkt sei laut Orbán, dass man genau das Gegenteil von dem tun sollte, was die EU-Führer und unsere Medien vorschlagen – dass nämlich Putin zuerst militärisch zurückgeschlagen werden müsste, bevor über Frieden gesprochen werden kann. Dies sei der falsche Ansatz. "Wir brauchen jetzt dringend einen Waffenstillstand, und dann können wir über den Frieden sprechen. Einen stabilen Frieden zu schaffen ist viel schwieriger, als einen Waffenstillstand zu erreichen", zitiert Köppel den ungarischen Ministerpräsidenten und neuen EU-Ratspräsidenten.


Ukraine erhält zwei Dutzend F-16-Kampfjets aus den Niederlanden





Ukraine erhält zwei Dutzend F-16-Kampfjets aus den Niederlanden






Orbán habe auch schon einen Plan B in der Hinterhand, wenn Selenskij nicht auf diese Idee eines Waffenstillstands eingehen sollte. Dann schlägt Orbán einen Waffenstillstand während der Olympischen Spiele in Paris im Sommer vor, ähnlich wie die alten Griechen, die während der Olympischen Spiele das Kämpfen einstellten. Offensichtlich will Orbán alles versuchen, um den ukrainischen Präsidenten zu einer Initiative zu bewegen, die einerseits Selenskijs Position über einen Waffenstillstand hinaus festigen und selbst gemachte Blockaden in der EU überwinden könnte. Aber solange Selenskij nur eine Marionette der Vereinigten Staaten bleibt, wird er zum Spielball fremder Interessen, so Köppel zum Abschluss seiner Vorschau auf das wenige Stunden später stattfindende Treffen mit Selenskij.

In einem weiteren YouTube-Video einige Stunden später interviewt Köppel Viktor Orbán über den Ausgang der Gespräche mit Selenskij. Einführend bemerkt Köppel, dass er bei der gemeinsamen Pressekonferenz den Eindruck gehabt habe, dass die Atmosphäre zwischen Orbán und Selenskij etwas frostig gewesen sei.

Orbán erklärte, dass er versucht habe, grundsätzlich folgende Dinge zu tun:

"Erstens, das Kapitel der nicht sehr guten Beziehung zwischen der Ukraine und Ungarn zu schließen und zu sagen, dass dies der Vergangenheit angehört und wir in die Zukunft schauen, weil wir viele Dinge gemeinsam zu erledigen haben, Ungarn und die Ukraine, besonders weil wir hier in der Ukraine eine ziemlich große ungarisch-stämmige Gemeinschaft haben, besonders in dem Gebiet der Ukraine, das früher Teil Ungarns war. Diese ungarische Gemeinschaft wurde in der Vergangenheit diskriminiert. Ich sagte, da ihr jetzt die Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstrebt und mit den Verhandlungen vorankommen wollt, müsst ihr die sogenannten Kriterien erfüllen, was bedeutet, dass Menschenrechte und Minderheitenrechte respektiert werden müssen. Ihr solltet einen Aktionsplan vorlegen, der gut für die ungarische Minderheit ist. Ich bin bereit, mit euch zu kooperieren, wie ihr einen guten Aktionsplan erstellen könnt, der für euren Verhandlungsprozess hilfreich ist und gleichzeitig gut für die ungarischen Gemeinschaften in der Ukraine.

Das zweite Ziel war, die Situation zu erklären, dass die Zeit knapp wird und der Frieden sehr wichtig ist, weil jeden Tag Hunderte von Soldaten an der Front sterben und wir keine Lösung an der Front sehen. Mein Ziel war es nicht, Selenskij zu überzeugen oder ihm einen Vorschlag zu machen, sondern zu verstehen, was seine Position ist und wo seine Grenzen liegen, wenn wir über Frieden sprechen, weil es meine Absicht ist, dem Europäischen Rat einen Bericht über die Möglichkeit des Friedens zu erstellen. Um die Möglichkeit des Friedens zu erkennen und zu identifizieren, müssen wir zuerst verstehen, wo die Grenzen der anderen sind. Das habe ich heute getan: Klarstellung, ob es eine Chance gibt, die Methode zu ändern, die wir bisher verwendet haben.

Es liegen einige Vorschläge auf dem Tisch, die auf Friedensverhandlungen und Lösungen für den Konflikt abzielen, aber es ist offensichtlich, dass dieser Prozess lang, langsam und kompliziert ist und wir viel Zeit verschwenden. Es dauert Monate oder sogar ein halbes Jahr oder mehr, um einen Plan zu erstellen, der für alle als Verhandlungsbasis akzeptabel ist. Aber wir haben nicht so viel Zeit, weil Menschen sterben. Aus christlicher Sicht ist jeder Tag ein verlorener Tag.

Deshalb war meine Idee, Herrn Selenskij zu fragen, warum wir die Reihenfolge nicht ändern. Zuerst einen Waffenstillstand erreichen, auch wenn es nur ein begrenzter ist, zwei Wochen, drei Wochen, vier Wochen, und zu sagen, dass wir während dieses Waffenstillstands die Verhandlungen über den Friedensprozess beschleunigen können. Waffenstillstand zuerst, dann Frieden. So können wir den Prozess beschleunigen, der uns zum Frieden führen könnte.

Selenskij hat darauf geantwortet, er habe einige Zweifel an dem Vorschlag und war nicht sehr glücklich darüber. Er sagte, lasst uns darüber nachdenken, lasst uns darüber nachdenken. Er habe einige schlechte Erfahrungen mit früheren Waffenstillständen gemacht, die seiner Meinung nach nicht gut für die Ukraine waren. Er erklärte seine Grenzen, und wir werden sehen, wie es weitergeht … Insgesamt denke ich, dass wir heute einen Schritt nach vorne gemacht haben und morgen einen weiteren machen werden."

Hier bring Köppel noch eine letzte Frage an:

"Sie sagten in einem Interview mit 'Weltwoche' vor einem Jahr, dass Ihre wichtigste Beobachtung während des Ukraine-Krieges war, dass die Europäische Union als außenpolitisch aktive Macht im Grunde nicht existiert. Sie sind jetzt Präsident des Europäischen Rates. Was muss Ihrer Meinung nach am dringendsten geschehen, damit Europa in dieser Krise, die für Europa so wichtig ist, wieder das Steuer übernimmt?"

Orbán:

"Alles hängt von den großen Führern der Europäischen Union ab. Wenn die Deutschen, Franzosen und Italiener nicht zusammenkommen und Entscheidungen treffen und Vorschläge für die anderen machen, verschwinden wir langsam von der internationalen Bühne … Ich war in Berlin, Rom und Paris, so habe ich diese Friedensmission begonnen, um die Führer zu überzeugen, dass sie die Führung übernehmen sollten. Andernfalls wird Europa auf der internationalen Bühne überhaupt nicht mehr erscheinen."

Mehr zum ThemaEU konzentriert alle ihre Kräfte auf den Kampf gegen Russland


RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://freedert.online/international/211092-friedensmission-was-genau-hatte-orban-in-kiew-vor


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Orbán in Kiew: Ukraine lehnt seinen Vorschlag zur Waffenruhe ab

freedert.online, 3 Juli 2024 07:41 Uhr

Überraschend war Ungarns Regierungschef Viktor Orbán am Dienstag nach Kiew gereist, offenbar, um den ukrainischen Machthaber Wladimir Selenskij von einem Waffenstillstandsabkommen mit Russland zu überzeugen. Wie es scheint, ist er auf taube Ohren gestoßen.


Quelle: RT


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://freedert.online/kurzclips/video/211088-orban-in-kiew-ukraine-lehnt-seinen-vorschlag-zur-waffenruhe-ab


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

03.07.2024

Kein Außenseiter: Modis Besuch in Moskau ist ein diplomatischer Sieg für Putin

freedert.online, 2 Juli 2024 21:01 Uhr

Die Reise des indischen Premierministers Narendra Modi nach Moskau wird sein erster ausländischer Besuch nach erneutem Amtsantritt sein. Grund dafür sei die Besorgnis von Neu-Delhi um die Annäherung zwischen Peking und Moskau, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg.


Host Photo Agency / AFP


© Wladimir SMIRNOW / TASS 




Narendra Modi und Wladimir Putin bei einer Sitzung des Östlichen Wirtschaftsforums in Wladiwostok am 5. September 2019


Indiens Premierminister Narendra Modi wird nach seiner Wiederwahl seinen ersten offiziellen Besuch in Russland abstatten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg handelt es sich um einen zweitägigen Besuch am 8. und 9. Juli. Modis letzte Reise nach Russland fand im Jahr 2019 statt, als er am Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok teilnahm. 

Nachdem Wladimir Putin China als seine erste Auslandsreise nach dem Amtsantritt gewählt hat, beobachte Neu-Delhi die Annäherung zwischen Peking und Moskau mit wachsender Sorge, so Bloomberg. Was die indisch-chinesischen Beziehungen angehe, seien sie seit dem Jahr 2020 auf dem Tiefpunkt.

Modis dritte Amtszeit: Engere Sicherheitsbeziehungen zu den USA und zunehmende Rivalität mit China





Modis dritte Amtszeit: Engere Sicherheitsbeziehungen zu den USA und zunehmende Rivalität mit China





Das Gipfeltreffen zwischen Putin und Modi könnte dem russischen Präsidenten helfen, den Versuchen des Westens entgegenzuwirken, ihn als Außenseiter zu brandmarken, analysiert Bloomberg. "Angesichts der Tatsache, dass wir diese Besorgnis haben, ergibt es einen Sinn, dass der Premierminister dorthin reist und mit Putin auf höchster Ebene spricht", erklärte Swasti Rao, ein assoziierter Mitarbeiter am Manohar Parrikar Institut für Verteidigungsstudien und -analysen in Neu-Delhi, gegenüber der Nachrichtenagentur.

Narendra Modi bricht mit einer Tradition: Üblicherweise gilt sein erster Auslandsbesuch nach Amtsantritt den Nachbarländern wie Bhutan, Malediven und Sri Lanka. Die aktuelle Entscheidung soll demonstrieren, dass Neu-Delhi großen Wert auf bilaterale Beziehungen mit Moskau lege, schreibt Bloomberg. Das Land sei zum Hauptabnehmer russischen Öls geworden. Zudem hänge Indien von Militärausrüstung aus russischer Produktion ab.


Indiens Premierminister wird  im Juli Russland besuchen





Indiens Premierminister wird im Juli Russland besuchen







Auf der Tagesordnung stünden eine Vereinbarung über die Lieferung von materieller und technischer Ausrüstung zur Stärkung der Zusammenarbeit der Streitkräfte beider Länder, die Wiederaufnahme der Verhandlungen über die gemeinsame Entwicklung eines Kampfflugzeugs der fünften Generation und eine Kooperation im Bereich der Atomenergie, so Bloomberg. Dennoch sei nicht mit bahnbrechenden Vereinbarungen zu rechnen, so die Nachrichtenagentur unter Verweis auf ihre Quelle, einen indischen Beamten.

Die bilateralen Beziehungen seien stabil und stark, obwohl die Intensität der Zusammenarbeit in wirtschaftlichen und militärischen Bereichen sich verlangsamt habe, berichtet Bloomberg mit Bezug auf einen russischen Diplomaten. "Der Besuch eines Oberhaupts von einem Staat wie Indien demonstriert, dass Russland international nicht isoliert ist. Und für den Kreml ist das sehr wichtig", betonte Alexei Sacharow, ein Indien-Experte aus Moskau, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur. Es gehe darum, den Status quo aufrechtzuerhalten. "Die Verbindungen verschlechtern sich nicht, aber es gibt keinen besonderen Antrieb, die Beziehungen zu verbessern", resümierte der Fachmann.


Mehr zum Thema – Indien begründet seine Nichtunterzeichnung der Abschlusserklärung der Schweizer "Friedenskonferenz"


Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://freedert.online/international/211060-kein-aussenseiter-modis-besuch-in


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

03.07.2024

Bericht der Konferenz „Kämpfe verbinden“

Aktuelles, Presse

halimdener.blackblogs.org, vom 1 Juli 2024

Begrüßung auf der Konferenz mit mehr als 130 Teilnehmer:innen

„Kämpfe verbinden“-Konferenz in Gedenken an Halim Dener

Am Samstag, dem 29.06. fand im Pavillon Hannover eine Konferenz unter dem Motto „Kämpfe verbinden“ statt. Organisiert wurde die Konferenz in Gedenken an Halim Dener, einem kurdischen Jugendlichen, der vor 30 Jahren, am 30.06.1994 in Hannover am Steintor von einem Polizisten erschossen wurde. Vor 10 Jahren hat sich die Kampagne Halim Dener in Hannover zusammengefunden, um sich für ein würdevolles Gedenken an den Jugendlichen einzusetzen.

An der „Kämpfe verbinden“-Konferenz, die zum 30. Jahrestag des Todes von Halim Dener organisiert wurde, nahmen über 130 Personen teil und zahlreiche Organisationen und Initiativen aus Hannover und ganz Deutschland waren vertreten. In einer angeregten Atmosphäre haben sich die Teilnehmenden miteinander vernetzt und politische Perspektiven ausgetauscht.

Begonnen wurde die Konferenz mit einer Begrüßungsrede der Kampagne Halim Dener und einer Schweigeminute zum Gedenken an Halim Dener sowie weiterer Menschen, für die Halim’s Biographie auch steht und allen, die im Kampf für Freiheit ihr Leben gelassen haben. In der Begrüßungsrede wurden die Kämpfe gefoltert, geflüchtet, verboten, erschossen aus Halim’s Biographie ausgeführt, die stellvertretend auch heute für die Realität vieler anderer Menschen stehen. So heißt es am Ende der Begrüßung: „Lasst uns heute gemeinsam den Tag beginnen mit den Worten: Gefoltert. Geflohen. Verboten. Erschossen. Kämpfe verbinden! Wie Abdullah Öcalan sagt: „Eine andere Welt ist möglich. Wir können sie schaffen, wenn wir zusammenkommen und kämpfen. [Wenn wir] zusammen das hier und jetzt mit dem richtigen und dem schönen Leben beginnen.“


Die Situation ist eine des Chaos

Übergeleitet wurde dann in die Einordnung der politischen Lage durch den Journalisten und Aktivisten Tim Krüger. Darin wurden die globalen Verbindungen zwischen den Staaten und ihr Konkurrieren in der kapitalistischen Weltordnung beschrieben. Mit dem ziehen der Verbindungen nach Kurdistan, Europa und Deutschland wurde die Bedeutung der globalen Dimension des Kapitalismus für die lokalen Kämpfe deutlich.

„Als die Friedrich-Ebert-Stiftung, die der SPD nahesteht, im Jahr 2022 zu einer Konferenz eingeladen hat, um über die zukünftige Rolle der Bundesrepublik Deutschland im Weltgeschehen zu diskutieren, da hat der jetzige SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil die Eröffnungsrede dieses Symposiums gehalten. Bei dem Treffen waren verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Sicherheitspolitik, aber auch der Rüstungsindustrie, verschiedene Politiker der SPD, aus der Bundesregierung vertreten und haben darüber diskutiert, wie Deutschland sich wappnen kann, wie die Bundesrepublik Deutschland die Zeitenwende, die am 27. Februar 2022 eingeleitet worden ist, erfolgreich umsetzen kann und selbst wieder, so hat es Lars Klingbeil gesagt, nach 80 Jahren der Zurückhaltung zu einem Akteur in dieser Welt werden kann, der prägenden Einfluss auf das Weltgeschehen nimmt. Lars Klingbeil hat seine Rede mit einem Zitat des italienischen Revolutionärs und Philosophen Antonio Gramsci begonnen. Er hat gesagt „Gramsci hat gesagt, die Definition von Krise, die Definition von Chaos ist, wenn die alte Ordnung zerbrochen ist, aber die neue Ordnung noch nicht geboren worden ist.” Und Lars Klingbeil hält in seiner Rede fest, dass das genau die Definition der Situation ist, in der wir uns jetzt gerade auf dieser Welt befinden. Ich würde Lars Klingbeil in vielen Punkten nicht zustimmen, aber in dem Punkt würde ich ihm Recht geben. In dem Punkt hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Und er geht noch weiter, er sagt, wir befinden uns in einer Situation des Chaos. Und in einer Situation des Chaos ist es unklar, was aus dieser Situation erwachsen wird, welche politische Ordnung, welche wirtschaftliche Ordnung, welche gesellschaftliche Ordnung wir in Zukunft auf dieser Welt vorfinden werden. In den nächsten zehn Jahren, welche Weltordnung aus der aktuellen Chaos-Situation entstehen wird oder nicht, das ist zu dem jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend geklärt. Und es wird davon abhängen, welche Akteure
in der Lage sind, sich besser vorzubereiten. Welche Akteure besser in der Lage sind, ihr Projekt zum richtigen Zeitpunkt vorzustellen und durchzusetzen. Und zum richtigen Moment auch die nötige Initiative und den nötigen Mut zu beweisen, in die Lage einzugreifen, wie die Situation ausgehen wird. Deswegen sagt er, müssen wir uns vorbereiten. Deswegen sagt er, als Bundesrepublik Deutschland müssen wir bereit sein. Wir müssen über die militärischen und die ökonomischen Machtmittel verfügen, um selbst dieser neuen Weltordnung unseren Stempel aufzudrücken. Tatsächlich können wir sagen, dass die Situation, in der wir uns gerade befinden, eine Situation des Chaos ist.“


„Unsere andere Weltordnung, die existiert schon heute“

„Wenn wir darüber sprechen wollen, wie wir die Welt verändern können, wie wir selbst eingreifen können, in das, was sich tagtäglich vor unseren Augen entfaltet, dann müssen wir zuallererst sagen, dass die Grundbedingung, um die Welt zu verändern, das Verständnis von dieser Welt ist. Wer etwas verändern möchte, muss zuallererst verstehen, was ist um uns herum. Wer selbst eingreifen möchte in die Geschehnisse, muss verstehen, in welche Richtung entwickelt sich die politische Lage, was sind die Dynamiken, die sie vorantreiben, was sind die möglichen Richtungen, in die sich der politische Prozess entwickeln wird. Je besser wir in der Lage sind, das zu definieren, desto mehr werden wir auch in der Lage sein, zu einer Kraft zu werden, die den Hebel an der richtigen Stelle ansetzt, die zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Antworten auf die richtigen Fragen findet. Und deswegen ist es richtig, eine solche Konferenz auch mit einer Bewertung der politischen Lage zu beginnen […]. Wir leben auch in einer Zeit von großen sozialen Bewegungen. Unsere Seite der Geschichte, nicht die Seite der Herrschenden, die existiert schon heute. Unsere andere Weltordnung, die existiert schon heute. Der einzige Unterschied, den wir zu Ihnen haben, ist, dass wir noch nicht organisiert sind. Und das ist etwas, das wir angehen müssen. Das ist etwas, das wir mit dieser Konferenz heute auch hier in Deutschland weiter vorantreiben könnten.“


Notwendigkeit des Erfahrungsaustausches

Anschließend wurden in Kleingruppenphasen Diskussionen anhand der vier Schlagworte geführt, die auch Halims Biographie prägen: gefoltert, geflohen, verboten, erschossen. Die Gruppen Rheinmetall Entwaffnen, Flüchtlingsrat Niedersachsen und Solinet, Rechtshilfefonds Azadî und Solikreis Bilel gaben darin je einen kurzen Vortrag zu eigenen Arbeiten, Herausforderungen, Erfolge, und Vernetzung und öffneten die Diskussion. Auch wurden die Gruppendiskussionen mit Leitfragen zum Nachdenken angeregt.

Die Arbeit der Kleingruppen wurde in Form einer Diskussion mit allen Teilnehmer:innen zusammengeführt. Fragen davon, was wir aktuell brauchen, um unsere Kämpfe zu verbinden, wie wir gegen Resignation ankämpfen können, was unsere gemeinsame Strategie sein kann und wie wir nach der Konferenz konkret weiterarbeiten und erneut zusammenkommen werden, wurden diskutiert.
Insbesondere die Notwendigkeit des Erfahrungsaustausches wurde betont und dementsprechend auch von Räumen wie die Konferenz, die dies ermöglichen. Der weit verbreiteten Resignation wurden die Organisierung und die daraus entwickelte Moral wie auch eine Verbundenheit mit Kämpfen auf der ganzen Welt entgegengestellt. In dem Kontext wurden auch ein Individualismus und eine Bequemlichkeit kritisiert, die häufig auch in der Linken vorherrschend ist: Es gehe nicht darum, dass unsere Kämpfe möglichst angenehm sind, sondern sie erfordern, wenn wir erfolgreich sein wollen, auch eine große Anstrengung und Willensstärke. Außerdem wurde die fehlende feministische Perspektive in der Konferenz kritisiert und die Notwendigkeit betont, die Verbindung der Themen zu der Unterdrückung der Frau und weiterer Geschlechter zu ziehen und unsere Perspektiven auf dieser Grundlage zu entwickeln. Abschließend wurde die Idee einer Hannover-weiten Vollversammlung aufgebracht, zu der möglichst breit eingeladen werden soll um als demokratische Kräfte zusammenzukommen und Perspektiven zu entwickeln. Dies könne auch in weiteren Orten umgesetzt werden.




















„Unsere Geschichten entfalten sich nie isoliert“

Zum Abschluss wurde die Planung einer Hannover weiten Vollversammlung festgehalten. Diese wurde um die Idee ergänzt, aus diesem Rahmen Delegationsreisen zu politischen Gefangenen auf der gesamten Welt durchzuführen. Auch wurde in der Planung festgehalten auf dem Rheinmetall Entwaffnen Camp die Diskussion fortzusetzen. Geschlossen wurde der Tag mit den Worten Angela Davis‘: „Unsere Geschichten entfalten sich nie isoliert. Wir können nicht wirklich erzählen, was wir für unsere eigene Geschichte halten, ohne die Geschichten der anderen zu kennen. Und oft entdecken wir, dass diese anderen Geschichten eigentlich unsere eigenen Geschichten sind.“


Zudem wurde erneut betont, weshalb es wichtig ist, auch auf der Straße die Kämpfe zu verbinden und gemeinsam an der Großdemonstration am kommenden Samstag, 06.07.2024 teilzunehmen. Auftakt ist um 13 Uhr auf dem Steintorplatz.


Hinweis: Hier wurde der Artikel auch veröffentlicht. Und hier auch auf türkisch verfügbar.


Info: https://halimdener.blackblogs.org/2024/07/01/bericht-der-konferenz-kaempfe-verbinden


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

03.07.2024

Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit positioniert sich als Alternative zum Westen

(Bild: Poetra.RH / Shutterstock.com)


telepolis.de, 01. Juli 2024

Die SOZ tagt in Astana. Der Block will sich als Alternative zum Westen positionieren. Doch was steckt hinter dem Bündnis, das im Westen kaum beachtet wird?


Die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) hat im Westen bisher wenig Beachtung gefunden – zu Unrecht. Von Dienstag bis Samstag treffen sich die Staatschefs der SOZ-Staaten in der kasachischen Hauptstadt Astana und beraten über eine weitere Annäherung der asiatischen und europäischen Mitgliedsländer.


Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit: Ein Bündnis gewinnt an Bedeutung

Der Block positioniert sich immer offener als Alternative zum Westen. Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen versuchten die Staaten, "zum Aufbau einer‚ kohärenteren und einflussreicheren‘ regionalen Gemeinschaft beizutragen", heißt es in der chinesischen Global Times. Damit grenze man sich etwa von den USA ab, die mit ihrer Politik die Welt zersplittern und Zwietracht säen.


In der Astana Times schreibt Aliya Mussabekova, Chefexpertin am Kasachischen Institut für Strategische Studien des kasachischen Präsidenten, dazu:

Inmitten globaler geopolitischer Umwälzungen, in denen alte Regeln nicht mehr gelten und neue erst noch aufgestellt werden müssen, befindet sich die Welt in einem Zustand des Misstrauens und der Dysfunktionalität, mit einer Mentalität des Krieges aller gegen alle. In diesem Zusammenhang spielen die SOZ und ihr wichtigstes Sicherheitsgremium, die Regionale Anti-Terror-Struktur (RATS), eine immer wichtigere Rolle. In diesem Jahr hat der RATS-Rat ein Terrorismusbekämpfungsprogramm für 2025-27 verabschiedet.

Gipfeltreffen sendet Signal an den Westen: Schwellenländer fordern Gehör

Und in der Global Times erklärt ein chinesischer Wissenschaftler, dass der Gipfel ein Signal an die westliche Welt sende. Denn es gebe viele verschiedene Stimmen aus den Schwellenländern, die gehört und vertreten werden müssen. Und dieser Trend können nicht vom Westen rückgängig gemacht werden.


Dementsprechend strebt die SOZ danach, ein globaler Akteur zu werden. Auf Initiative Kasachstans soll sich die Organisation zu einer "weltweiten Einheit für gerechten Frieden und Harmonie" entwickeln. Der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokajew betont, dass die SOZ künftig "zur Konsolidierung der internationalen Bemühungen zur Lösung von Konflikten in verschiedenen Regionen der Welt beitragen" soll. Diese Initiative soll im Einklang stehen mit der von China vorgeschlagenen Globalen Sicherheitsinitiative.


Die SOZ wurde 2001 als eurasisches politisches, wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Bündnis gegründet. Gründungsmitglieder waren China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan. Im Jahr 2017 wurde die SOZ um Indien und Pakistan als Vollmitglieder erweitert. 2023 folgte der Iran und in diesem Jahr könnte Weißrussland hinzukommen. Vierzehn weitere Länder haben den Status von Dialogpartnern.


In den 23 Jahren ihres Bestehens hat sich die SOZ gewandelt. Anfang wollte sie in erster Linie Grenzfragen zwischen den beteiligten Staaten klären. Inzwischen ist sie ein Forum, über welches vielfältige Sicherheitsbedrohungen angegangen werden. Das Ziel ist Stabilität in der Region und eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit der Länder.


Sicherheit als Grundlage für wirtschaftliche Zusammenarbeit

Beide Fragen sind ach in einem größeren geopolitischen Kontext relevant. Denn ohne ein sicheres Zentralasien wäre das Projekt der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI), das die Region wirtschaftlich stärker zusammenwachsen lässt, kaum zu realisieren. Das Projekt wird vom uigurischen Separatismus genauso bedroht wie durch terroristische Aktivitäten jeglicher Art, wie sie in diesem Jahr in Russland und Pakistan aufgetreten sind.

Ganz oben auf der Tagesordnung wird aber voraussichtlich die wirtschaftliche Zusammenarbeit stehen, heißt es in der Astana Times. Handelshemmnisse sollen abgebaut und die Vorschriften stärker angeglichen werden. Auch Investitionen zwischen den Mitgliedsländern sollen stärker gefördert werden. Die BRI wird dabei als entscheidender Rahmen angesehen, um die gewünschten Verbesserungen herbeizuführen.

Kommentare lesen (6 Beiträge)


Lesen Sie auch

Wie China Russland beim Gas auf Abstand hältTelepolis
Taiwan mit Waffengewalt stürmen?TelepolisChinesische Rüstungshersteller drängen auf den Weltmarkt für DrohnenTelepolisAssange auf freiem Fuß: Was die Freilassung des Wikileaks-Gründers mit dem Indopazifik zu tun hatTelepolisEU-Zölle auf Elektroautos: Warum China auf Deutschland hofftTelepolis


Info: https://www.telepolis.de/features/Shanghaier-Organisation-fuer-Zusammenarbeit-positioniert-sich-als-Alternative-zum-Westen-9785286.html


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

03.07.2024

Fremde Federn
Tourismus-Kritik, Degrowth-Debatte, Soviet America

Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)


makronom.de, vom 2. Juli 2024, Makrothek

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst Forum (früher piqd) eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. Formum.eu versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.




Warum chinesische E-Autos nicht die Welt übernehmen werden


piqer: Rico Grimm

Heißes Thema, viele Emotionen, die schon mal in apokalyptischen Posts münden können: das Schicksal der westlichen Autoindustrie angesichts der chinesischen E-Auto-Dominanz.

Kyle Chan argumentiert in seinem Post die ganze Sache nüchtern durch und es zeigt sich, dass es vielleicht auch noch in 15 Jahren eine florierende deutsche Autoindustrie geben kann. Allerdings muss sie dafür jetzt die richtigen Schlüsse ziehen, so Chan.

Drei Argumente führt er an (und belegt sie im Text gut):

  • Westliche Autobauer können die gleichen Lieferketten nutzen wie ihre chinesischen Konkurrenten. Die Zulieferer wollen an VW & Co verkaufen.
  • Sie können weiterhin Partnerschaften eingehen. Vor allem mit chinesischen Batteriefirmen.
  • Autos sind Imagemaschinen. Welches Auto man fährt, spiegelt die eigenen Vorlieben und es ist nicht klar, dass chinesische Autos es schaffen, eine entsprechende Reputation aufzubauen. Ein Mercedes bleibt ein Mercedes.

Chans Fazit:

Ich erwarte, dass die chinesischen Hersteller von Elektrofahrzeugen in Zukunft eher so aussehen werden wie die japanischen Hersteller heute: sehr erfolgreich, aber nicht allmächtig.

high capacityWhy Chinese EVs will not take over the worldAutor: Kyle Chan




Wohin entwickelt sich unser Sozialsystem?


piqer: Thomas Wahl

Es wird beträchtlich teurer (nicht nur) für die Arbeitenden:

Eine neue Studie beziffert das mögliche Ausmaß. Bis zum Jahr 2035 könnten die Beiträge der verschiedenen Versicherungszweige insgesamt um 7,5 Punkte auf 48,6 Prozent steigen, wie die Studie zeigt, …… Das Berliner IGES-Institut hatte im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit die Beitragsentwicklung bei der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung berechnet, wie sie aus heutiger Sicht naheliegend erscheint.

Damit wäre es nicht möglich, die Sozialabgaben wie politische angekündigt auf 40 Prozent zu deckeln. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Er prophezeit einen sprunghaften Anstieg des Gesamtbeitragssatzes zur Sozialversicherung in den kommenden zehn Jahren:

Schon für das Jahr 2035 sei mit einer Belastung von 51 Prozent des Bruttolohns zu rechnen, heißt es in einer neuen Berechnung des PKV-Verbands, die der F.A.Z. vorliegt. Derzeit summieren sich die Beitragssätze aller Sozialversicherungszweige auf 40,9 Prozent. Das ist schon jetzt mehr als die bis vor einigen Jahren gültige politische „Sozialgarantie“ von 40 Prozent.

Berechtigt warnen beteiligte Wissenschaftler vor einem gefährlichen Teufelskreis für das deutsche Sozialsystem, das sich damit auf einen „Kipppunkt“ zubewege.

Wörtlich heißt es in ihrem Gutachten: Ein Beitragsanstieg auf 50 Prozent sei „allerdings ein hypothetisches Szenario, denn durch die steigenden Beitragssätze würde ein Kipppunkt erreicht, bei dem die junge Generation den Generationenvertrag einseitig aufkündigen und sich entweder in Schwarzarbeit oder Auswanderung verabschieden wird.“ Wenn aber der Beitragsanstieg mehr Menschen aus der beitragspflichtigen Beschäftigung in andere Erwerbsformen treibe, werde sich der Anstieg der Beitragssätze für die verbleibenden Arbeitnehmer noch stärker beschleunigen.

Wie das iwd am Beispiel der Rentenpolitik deutlich macht, steckt heute dahinter durchaus auch Kalkül. Würde doch eine Plateaubildung oder gar eine Kürzung besonders die Versorgungsinteressen der Älteren treffen. Und da besonders die Rentner. Schon gegenwärtig sind mehr als die Hälfte der Wähler älter als 50. Der Anteil der über 67-Jährigen an allen Wahlberechtigten wird in Deutschland voraussichtlich von 24 Prozent im Jahr 2022 auf 31 Prozent im Jahr 2070 wachsen. Allein für die Renten heißt das:

Ein dauerhaft fixiertes Sicherungsniveau – wenn auf steuerliche Zuschüsse verzichtet wird – ist aber nur durch steigende Beiträge zu finanzieren. Der heutige Beitragssatz von 18,6 Prozent dürfte folglich auf 22,3 Prozent im Jahr 2035 steigen – 1 Prozentpunkt höher als ohne das Rentenpaket II.

Der demographische Wandel wird in jedem Fall auf das Rentenniveau und andere Sozialsysteme durchschlagen:

Heute stehen je 100 Beitragszahlern 52 Rentner gegenüber, in anderthalb Jahrzehnten werden es voraussichtlich 63 sein – auf Rentner und Arbeitnehmer verteilt. Die einen müssten sich mit geringeren Rentenanpassungen zufriedengeben, die anderen höhere Rentenbeiträge zahlen. Das Rentenpaket II soll nun aber gewährleisten, dass die Renten auch künftig in gleichem Maß steigen wie der Durchschnittsverdienst, das Sicherungsniveau also bei 48 Prozent verharrt. Die Politik suggeriert damit, das Armutsrisiko im Alter zu verringern.

Der Erfolg ist fraglich, ein weiterer Verlust an Vertrauen in das demokratische System und seine Politik ist vorprogrammiert. Schöne Zukunft …

fazFachleute rechnen vor: Krankenkassenbeiträge steigen auf 19,3 Prozent




Die Klimakrise verschärft die Wohnungskrise


piqer: Ole Wintermann

Das verkürzt „Heizungsgesetz“ genannte Ansinnen, unsere Heizungen mit staatlicher Unterstützung von den fossilen Energieträgern unabhängig gemacht, wurde ja durch liberale und konservative Parteien genutzt, um den dahinter stehenden Klimaschutz als Gefahr für den „Wohlstand“ zu framen.

In den USA kann man schon ein Jahren beobachten, wie das Gegenteil von Heizen, also das Kühlen im Sommer, immer mehr Menschen weiter in die Armut treibt. Hohe Stromrechnungen und hohe Anschaffungskosten für Klimaanlagen kommen zu der auch in den USA herrschenden Wohnungskrise als Armutsfaktoren hinzu. Die Bundesregierung hat inzwischen Regelungen beschlossen, um die Stromrechnungen für Klimaanlagen bei Einkommensschwachen zu übernehmen. Öffentliche Kühlräume müssen eingerichtet werden, um die Folgen schlecht gedämmter privater Immobilien in heißen Sommern abzufedern. Schlecht gedämmt sind diese zumeist aufgrund fehlender baulicher Regulierungen.

Kommt euch das alles bekannt vor? Die Klimakrise lässt bereits unseren „Wohlstand“ dadurch bröckeln, dass die Anpassungskosten – individuell und für die Gesellschaft als Ganzes – ansteigen. Wieso unternehmen wir nichts, um dagegen anzugehen? Vielleicht, weil es wieder erstmal „nur“ die Schwächsten trifft?

„Humble told me that we talk about how sharply smoking increases lung cancer risks, up to 3,000 percent according to government statistics. But, he added, “being homeless increases your chance of dying from heat in Phoenix by 50,000 percent.”

Wer erklärt diese simplen ökonomischen Fakten und Zusammenhänge den VertreterInnen liberaler und konservativer Parteien in Deutschland?

new york timesThe Heat Crisis Is a Housing CrisisAutor: Manuela Andreoni

Klimakrise: Warum die Degrowth-Debatte zu nichts führt

piqer:
Ralph Diermann

Brauchen wir Degrowth, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen? Der Volkswirt Mauricio Vargas, bei Greenpeace als Finanzexperte tätig, ist skeptisch: Damit hänge man in einem ähnlichen, nur spiegelbildlichen Gedankenkonstrukt wie die Wachstumsdogmatiker. So argumentiert er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, das in der meist sehr unterhaltsamen und mitunter äußerst interessanten Serie „Reden wir über Geld“ erschienen ist.

Die Degrowth-Debatte führt zu nichts, so Vargas – vielmehr sollten wir bei der Gestaltung der Bedingungen unseres Wirtschaftens von den planetaren Belastungsgrenzen ausgehen. Daraus ließen sich die verbleibenden Handlungsspielräume ableiten. Ob innerhalb dessen dann noch Wachstum möglich ist, lässt sich heute nicht sagen. Er erklärt:

„(…) wirtschaftlich zu wachsen oder zu schrumpfen ist kein Selbstzweck, sondern es geht darum, den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen, mit intakten ökologischen Grundlagen.“

Der Greenpeace-Experte ist überzeugt, dass Unternehmen gut mit solchen Restriktionen umgehen können – es ist schließlich ein Erfolgsrezept des Kapitalismus, unter jedweden Bedinungen schöpferische Kraft zu entfalten.

Bleibt natürlich die soziale Frage: Wer trägt die zusätzlichen Kosten, die entstehen, wenn die Handlungsspielräume kleiner werden? Vargas plädiert dafür, die Transformationskosten über eine ökologisch begründete Vermögenssteuer zu finanzieren. Denn:

„Schließlich steckt hinter den hohen Vermögen von heute, die extrem konzentriert sind (…), eine immense ökologische Schuld.“

Süddeutsche Zeitung„Mein Wunsch war nur, dass ich nicht weniger als die Hälfte verdiene“Interview: Meike Schreiber & Markus Zydra




Krise des Konservatismus oder des progressiven Lagers?


piqer: Ole Wintermann

Ein Blick in diesen Debattenbeitrag in der New York Times zeigt auf, welche Debatte wir in Deutschland vielleicht ab und an führen sollten – jenseits des „Heizungshammers“, des Genderns oder des Kampfes zwischen Befürwortenden des Alkohols versus des Cannabis. Lasst uns auf die Meta-Ebene schauen. Hat „Wokeness“ oder anders formuliert, der Ansatz, sich Gedanken über das Wohlergehen von Menschen zu machen, deren Interessen nicht im männlich-weißen Mainstream in der Politik stattfinden, ihren Höhepunkt überschritten? All diese Fragen stellt sich derzeit das US-Feuilleton unter der Überschrift „Soviet America“.

Wenn die EM im Fußball für die deutsche Mannschaft beendet sein wird, werden wir bemerken, dass die EM nur temporär diese notwendigen Debatten übertüncht hat und wir uns aber nach wie vor diesen Fragen und deren Implikationen für die deutsche Politik stellen müssen. Für AKW und Verbrenner einzutreten, konsequenten Klimaschutz anzulehnen, weiter nach Malle zu fliegen und dies als Freiheit zu titulieren, spiegelt die Angst der konservativen Seele vor Veränderung wider. Auf der anderen Seite des politischen Lagers muss man sich verstärkt der schmerzhaften Realität stellen, dass das Zeitalter der wissenschaftlichen Aufklärung noch nicht in Gänze in der Politik angekommen ist. Können wir an dieser Stelle also aus der US-Debatte etwas lernen?

new york timesWhy Conservatives Shouldn’t Be DoomersAutor: Ross Douthat




Das Stromnetz wird in Speicherkapazität schwimmen


piqer: Dominik Lenné

Ich hatte hier kürzlich einen optimistisches Video über Akkus – genauer Natrium-Ionen-Akkus – gebracht und will nun noch einmal in dieselbe Kerbe hauen. Der Autor Auke Hoekstra ist Experte für das niederländische Stromsystem (und auf X bekannt für seine Debunking-Artikel zu E-Autos). In diesem Text entwirft er die Vision eines Stromsystems, das durch Allgegenwart billiger Akkus eine gleichmäßige und sichere Stromversorgung zur Verfügung stellt.

Zunächst verlängert er die Kostenverminderung und Produktionssteigerung je KWh, die er der jüngsten IEA-Studie zu Batterien entnommen hat, in die Zukunft und kommt zu dem Schluss, dass wir 2030 Speicherkapazität für grob geschätzt 10 €/kWh kaufen können – nicht zuletzt, weil die Materialkosten von natriumbasierten Akkus so niedrig sind.

Das kann eine ganze Menge Probleme lösen. Wenn es wie abgeschätzt eintritt, bedeutet das Folgendes:

  • Wir beobachten im Sommerhalbjahr zunehmend tagsüber ein starkes Überangebot an Strom, verbunden mit extrem niedrigen, teilweise sogar negativen Strompreisen. Das ist ungünstig, weil es die Einnahmekalkulation der Solarkraftwerke ruiniert: wenn sie am meisten produzieren, ist der Preis am geringsten. Mit Akkus kann diese Überproduktion in die Abend- oder auch Morgenstunden geschaufelt werden. Die Batterien verdienen ihr Geld dabei mit Arbitrage, d.h. sie kaufen bei niedrigem, verkaufen bei hohem Strompreis. Je billiger die Batterien selbst sind, desto kleinere Preisdifferenzen können sie ausgleichen. Viele Batterien sorgen also dafür, dass Solar- und Windstrom ökonomisch funktioniert. In Kalifornien ist diese Vision schon weitgehend Realität – in den dortigen Verhältnissen sind große Speicherwerke auch bei jetzigen Batteriepreisen schon rentabel. (Auch in diesem Post hier auf forum.eu abgehandelt.)
  • Bekanntermaßen ist die Stromtransportkapazität zwischen dem Norden und dem Süden Deutschlands zu klein, so dass eine Menge Windstromerzeugung abgeregelt werden muss. Deshalb gibt es die großen Stromtrassenprojekte, die lange verzögert wurden und nun langsam umgesetzt werden. Des Weiteren ist das Netz auch sonst an vielen Stellen nicht an die Einspeisung aus den großen Solarkraftwerken angepasst – teurer Ausbau tut Not. Mit mehr Batteriekapazität kann man sich einen Teil davon sparen: auf der Erzeugerseite können Erzeugungsspitzen, auf der Verbraucherseite Lastspitzen per Akku aufgefangen werden. Die Energieübertragung wird geglättet und die Transportkapazität des Netzes so deutlich besser ausgenutzt.
  • Dann noch die Stromversorgung bei Dunkelflaute. Sollten Speicher so extrem billig werden, können sie in solchem Umfang aufgestellt werden, dass sie die komplette Stromversorgung für längere Zeit übernehmen können. Diese Aufgabe soll nach der momentanen Planung Gaskraftwerken übertragen werden, die mit elektrolytisch erzeugtem und in Kavernen gespeichertem Wasserstoff arbeiten sollen. Eine Lösung, die hohe Energie-Umwandlungsverluste mit sich bringt, welche bei Verwendung von Akkus nicht auftreten. Diese Möglichkeit ist, wie geschrieben, noch so gut wie nicht in die drei offiziellen Zukunftsstrategien¹  eingegangen, die sich nach Einschätzung des Speicherprojektfirma Kyon Energy sogar gegenseitig widersprechen.

Wir gehen also aller Wahrscheinlichkeit nach einer veritablen Disruption entgegen, die noch kaum jemand auf dem Schirm hat. Gaskraftwerke werden über kurz oder lang ebenfalls abgeschaltet werden. Die an die Mikroelektronik erinnernde Verbilligung der Stromspeicher, die noch vor nicht allzu langer Zeit unvorstellbar war, wird ein dezentrales, deshalb sehr resilientes Stromsystem erzeugen.

——

¹ Die Systementwicklungsstrategie, die Stromspeicher- und die Kraftwerksstrategie.

aukes substackBatteries: how cheap can they get?Autor: Auke Hoekstra




Überdrehter Tourismus!


piqer: Jürgen Klute

In vielen Regionen Europas und auch in etlichen Regionen auf den anderen Kontinenten ist Tourismus seit Jahrzehnten ein wichtiger – und oft sogar der wichtigste – Wirtschaftsfaktor. Trotzdem regt sich gerade auch in touristischen Zentrum Widerspruch gegen die Touristenströme. Auf den ersten Blick erscheint das widersinnig. Das ist es aber keineswegs.

Sascha Aumüller und Markus Böhm erklären in ihrem Beitrag für den Wiener Standard, was hinter den Protesten gegen einen stetig steigenden Touristenstrom steckt. Eigentlich, so die beiden Autoren, richtet sich der Protest nicht gegen die Touristen, sondern gegen das heutige Geschäftsmodell des Tourismus. Sie gehen auch auf mögliche Alternativen zum gegenwärtigen Geschäftsmodell ein, die allerdings auch nicht frei von Widersprüchen sind. Klar ist allerdings, dass ein klimaverträglicher Umbau unserer Art des Wirtschaftens den Tourismus nicht ausklammern kann.

der standardWarum in diesem Sommer halb Europa fordert: „Tourist go home!“Autoren: Sascha Aumüller & Markus Böhm


Info: https://makronom.de/tourismus-kritik-degrowth-debatte-soviet-america-46958?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=tourismus-kritik-degrowth-debatte-soviet-america


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

03.07.2024

Nun auch die Niederlande: Immer mehr Rechte regieren mit

lostineu, 3. Juli 2024

In den Niederlanden hat die neue rechtsgerichtete Regierung ihre Arbeit aufgenommen. Was früher die Ausnahme war, wird langsam zur Regel – denn eine “Brandmauer” gibt es nicht mehr.

Als Nachfolger von M. Rutte wurde in Den Haag der ehemalige Geheimdienstchef D. Schoof als Ministerpräsident vereidigt. Der 67-Jährige agiert im Namen des Wahlsiegers G. Wilders, der verzichten mußte, um seine Regierung zu bilden.

Daran sind neben Wilders rechtspopulistischer PVV auch die Bauernpartei BBB, die neue Anti-Korruptionspartei NSC und sogar die liberale VVD von Rutte beteiligt. Eine “Brandmauer” gibt es in den Niederlanden offenbar nicht mehr.

In der EU auch nicht – denn die VVD wurde trotz des Pakts mit Wilders nicht aus der liberalen “Renew”-Fraktion geworfen. Daran sieht man, wie ernst die “Pro-Europäer” ihre eigenen Sprüche nehmen, wenn es um die Macht geht…

Zuvor hatte der konservative Regierungschef Kroatiens, A. Plenković die ultra-rechte Heimatbewegung an der Regierung in Zagreb beteiligt. Auch da sucht man vergeblich nach einem Einspruch der konservativen EVP.

Die Beteiligung von Rechten an der Regierung war früher tabu (man denke nur an Österreich und die FPÖ). Heute ist sie fast schon die Regel. Auch im einst liberalen Belgien dürfte es bald eine Rechts-Regierung geben.

An der Macht sind Nationalisten und Rechtspopulisten schon in Italien, Ungarn und Finnland. In Schweden sind sie zwar nicht im Kabinett vertreten, unterstützen aber die konservativ-bürgerliche Regierung.

Sperrminorität im Rat möglich

Und dann wäre da natürlich noch Frankreich, wo die Nationalisten die erste Runde der Parlamentswahlen gewonnen haben und schon bald an der Regierung beteiligt werden dürften – zulasten von Präsident E. Macron.

Wenn es so weit kommen sollte, könnten die Rechten übrigens genug Gewicht im Ministerrat erhalten, um umstrittene EU-Gesetz zu blockieren. Die sog. Sperrminorität wird durch mindestens vier EU-Staaten gebildet, die mindestens 35 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung stellen.


Info: https://lostineu.eu/nun-auch-die-niederlande-immer-mehr-rechte-regieren


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Orban will Selenskyj auf Friedens-Kurs bringen


lostineu.eu, vom 2. Juli 2024

Wer hätte das gedacht? Als erste Amtshandlung als EU-Ratspräsident ist Ungarns Regierungschef Orban nach Kiew gereist. Dort will er Präsident Selenskyj auf Friedens-Kurs bringen – die Aussichten stehen gar nicht mal so schlecht.

Orban sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten, er habe Selenskyj aufgefordert, “die Möglichkeit einer Waffenruhe schnell in Betracht zu ziehen”. Eine solche Waffenruhe wäre “zeitlich begrenzt und würde es erlauben, die Friedensverhandlungen zu beschleunigen”.

Selenskyj sagte, Orbans Besuch in Kiew zeige die gemeinsamen europäischen Prioritäten, “der Ukraine und ganz Europa einen gerechten Frieden zu bringen”. Zugleich rief der ukrainische Staatschef die EU auf, ihre Hilfen für sein Land beizubehalten. Kiew brauche weiter Waffen gegen den “russischen Terror”.

Das Verhältnis zwischen Orban und Selenskyj ist seit Kriegsbeginn extrem angespannt. In einer Rede nach seiner Wiederwahl 2022 hatte Orban Selenskyj zu seinen “Gegnern” gezählt. Selenskyj wiederum kritisierte Orban wegen seiner mangelnden Unterstützung für die Ukraine immer wieder scharf.

Doch zuletzt hat sich die Tonlage geändert. Schon beim letzten EU-Gipfel in Brüssel haben sich die beiden Streithähne angeregt unterhalten, wie Videos zeigen. Zudem hat Selenskyj begonnen, seinen Diskurs zu ändern. Neuerdings betont er, sein Land könne nicht ewig kämpfen, man brauche Frieden.

Noch in diesem Jahr will Selenskyj einen neuen Friedensplan vorlegen, der von der “Mehrheit der Welt” unterstützt würde. Ob es sich dabei um eine Variante der ukrainischen “Friedensformel” oder um einen neuen Plan handelt, ist unklar. Klar ist nur, das der “Friedensgipfel” in der Schweiz ein Fehlschlag war.

Klar ist auch, dass sich Selenskyj mehr und mehr auf den Abgang von US-Präsident Biden und die Wahl von Trump einstellen muß. Trump und Orban könnten dann gemeinsam auf einen Waffenstillstand dringen – oder zumindest versuchen, Waffenhilfe für die Ukraine an Friedensgespräche zu binden…

Siehe auch “Der doppelte Orban”

P.S. In einem Interview mit der “Weltwoche” (YouTube) kündigt Orban an, die Ergebnisse seiner Gespräche mit Selenskyj in Brüssel vorzulegen. Er habe sich mit Berlin Paris und Rom abgestimmt, fügt er hinzu. Das könnte interessant werden…

2 Comments

  1. Michael
    2. Juli 2024 @ 20:35

    Orban – auch weil und obwohl ich ein Gegner bin – hat im Gegensatz zu den unbedarften Politikern des sog. Westens, der NATO und der EU begriffen a. dass die Ukraine gegen Russland nicht nur nicht gewinnen sondern nur verlieren kann; b. dass es garnicht um das Bauernopfer Ukraine geht sondern den Antagonismus Russland- USA, und dass Russland in der multipolaren Welt aufsteigt, während die USA als Hegemon absteigen und schon jetzt einen verzweifelten aber historisch aussichtslosen Überlebenskampf führt. Da können Brückenköpfe a la Orban oder auch Erdogan, Xi, etc. nur gewinnen, auch weil sie Geschichtsbewußtsein haben und die Dialektik der kritischen Vernunft beherrschen. Putin und Trump, sollte letzterer die Wahl gewinnen, werden es zu schätzen wissen.
    Darüberhinaus ist es nicht etwa so dass der Komiker Selenskyj plötzliche Eingebungen hatte oder Kreide gefressen hätte: nein, ihm erwächst in der Ukraine selbst stark zunehmende Kritik, Opposition und Widerstand ! Und er weiß, dass man in der Ukraine nicht unbedingt überlebt wenn man Feinde hat!

Reply

  • exKK
    2. Juli 2024 @ 17:56

    Ja, Machthaber Selenskyj hatte beim Gipfel in Brüssel schon erste zaghafte Töne hören lassen – aber so lange er an einem „gerechten“ Frieden nach seinen bisherigen Vorstellungen festhält, heisst das auch Maximalforderungen der Ukraine – und wäre nur eine weitere Worthülse. Nein, die Ukraine kann tatsächlich nicht ewig kämpfen, das ist aber keine neue Erkenntnis, sondern war schon vom ersten Kriegstag an ein unumstösslicher Fakt.


  • Info: https://lostineu.eu/orban-will-selenskyj-auf-friedens-kurs-bringen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Die Grünen werden Teil der “Plattform” für von der Leyen


    lostineu.eu, 2. Juli 2024

    Keine Überraschung, dennoch bemerkenswert: Die Grünen wollen Kommissisonschefin von der Leyen (CDU) zu einer zweiten Amtszeit verhelfen – und werden Teil der Matrix “Plattform”.

    So nennt sich die ganze große Koalition der “Pro-EUropäer”, die sich vor der entscheidenden Abstimmung Mitte Juli im Europaparlament formiert.

    Sie läuft auf eine “Ampel” nach Berliner Vorbild hinaus – allerdings unter Führung der CDU-Politikerin und der konservativen EVP.

    Bisher verfügte die “Plattform” noch nicht über eine sichere Mehrheit, da Konservative und Sozialisten aus Frankreich und Italien gegen VDL stimmen wollen. Nach Schätzungen fehlen mindestens 50 Stimmen.

    Mithilfe der Grünen soll die “Wahl”, die eher eine Bestätigung für die umstrittene Aufstellung der EU-Chefs ist, abgesichert werden. Einzige Bedingung: VDL soll sich nicht mit den Rechten einlassen.

    Und wie begründen die Grünen ihre Entscheidung, der nicht wirklich zu den grünen Wahlversprechen passt? Zitat aus der Presseerklärung:

    Die EU braucht eine verlässliche Mehrheit im Europäischen Parlament, die nicht auf dem rechten Auge blind ist, die den Green Deal sichert und dafür sorgt, dass grüne Industrien in der Europäischen Union weltweit an der Spitze stehen.”

    Das ist etwas holprig, denn schließlich ist von der Leyen ja nicht “die EU”. Das Europaparlament hat sogar gegen sie geklagt, doch das scheint jetzt nicht mehr so wichtig.

    Im Vordergrund steht für die Grünen das “Ziel einer stabilen, verlässlichen Mehrheit”. Man darf gespannt sein, ob dies noch schriftlich fixiert wird – in einer Art Koalitionsvereinbarung -, und ob sich VDL auch daran hält…

    6 Comments

    1. Arthur Dent
      2. Juli 2024 @ 14:42

      Bin mal gespannt, wann zehntausende gegen einen Parteitag der Grünen demonstrieren. Einfach mal gegen grün statt gegen rechts

    Reply

    • exKK
      2. Juli 2024 @ 16:03

      Haben sie doch schon bei der Europawahl – der hohe Stimmenverlust von 20,5% auf 11,9% ist doch eine Demonstration, die deutlicher kaum sein könnte ????

      Reply

    • Skyjumper
      2. Juli 2024 @ 16:26

      Also nach meiner, zugegeben sehr persönlichen, Deutung brauchen Sie die Slogan’s gar nicht auszutauschen: “Gegen rechts”, “Gegen Faschismus”, “Für Demokratie” paßt wunderbar wenn es gegen die Grünen gehen soll.

      Reply

  • european
    2. Juli 2024 @ 14:23

    Ich behaupte mal ganz ketzerisch, dass die Gruenen hier sich selbst retten. In der Europawahl sind sie abgestuerzt und zumindest in den deutschen Umfragen setzt sich dieser Trend fort. Es ist nur eine Frage der Zeit bis das BSW die Gruenen bundesweit ueberholt hat.

    Um nicht in die Bedeutungslosigkeit abzusinken, klammern sie sich jetzt an die Konservativen und von der Leyen. Ja, so sind sie, unsere Moralisten. Wenn es drauf ankommt, verzichtet man auch auf das eigene Rueckgrat. Hauptsache, man kann die anderen massregeln. ????

    Reply

  • Michael
    2. Juli 2024 @ 14:21

    Die Grünen proben in Brüssel nur die Annäherung an die CDU in Berlin!

    Reply

    • exKK
      2. Juli 2024 @ 17:50

      Ich mag ja bildhafte Umschreibungen abstrakter Vorgänge: Hier fiele mir eine ein, die wohl aus Gründen des Jugendschutzes Gefahr liefe, zensiert zu werden ????


  • Info: https://lostineu.eu/die-gruenen-werden-teil-der-plattform-fuer-von-der-leyen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.


    image001_2_


    unser weiterer Kommentar: aus http://www.arnt-web.de/faust/texte/anmerk/paralipoanmerk.html  Paralipomena 48 und 50


    aus Paralipomena 50 ( http://www.arnt-web.de/faust/texte/anmerk/paralipoanmerk.html )

    Die folgenden Textfragmente gehören nicht zum authentischen Textkorpus des Faust, sondern sind nur handschriftlich überliefert. Konzeptionell gehören sie in die Szene Walpurgisnacht, verm. kurz vor den Hexentanz und bevor Faust eine Messe (V. 4115) erwähnt. Zu möglichen Gründen, warum Goethe sie nicht in die Druckfassung des Faust aufgenommen hat, vgl. Kap. 3.6.1, Satansszenen.


    Einzelne Audienzen.

    Ceremonien Meister
      X
    und kann ich wie ich bat
    Mich unumschränckt in diesem Reiche schauen
    So küß ich, bin ich gleich von Haus aus Demokrat
    Dir doch Tyrann voll Danckbarkeit die Klauen.
      Ceremonienmstr.
    Die Klauen! das ist für einmal
    Du wirst dich weiter noch entschließen müssen.
      X
    Was fordert denn das Ritual.
      Cer Mstr.
    Beliebt dem Herrn den Hintern Theil zu küssen.
      X
    Darüber bin ich unverworrn
    Ich küsse hinten oder vorn.
    Scheint oben deine Nase doch
    Durch alle Welten vorzudringen,
    So seh ich unten hier ein Loch
    Das Universum zu verschlingen
    Was duftet aus dem kolossalen Mund!
    So wohl kanns nicht im Paradiese riechen
    Und dieser wohlgebaute Schlund
    erregt den Wunsch
    hinein zu kriechen.
    Was soll ich mehr!
      Satan
        Vasall du bist erprobt
    Hierdurch beleih ich dich mit Millionen seelen
    Und wer des Teufels Arsch so gut wie du gelobt
    Dem soll es nie an Schmeichelphrasen fehlen.

    Info: http://www.arnt-web.de/faust/texte/anmerk/paralipoanmerk.html

    03.07.2024

    Nachrichten von Pressenza: Zwischen Todesstrafe und illegalem Flüchtlingsstatus: die Flucht eines Deserteurs aus Belarus

    aus e-mail von <newsletter@pressenza.com>, 3. Juli 2024, 7:30 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 03.07.2024


    Zwischen Todesstrafe und illegalem Flüchtlingsstatus: die Flucht eines Deserteurs aus Belarus


    Mikita Sviryd: Die Geschichte eines belarussischen Deserteurs in Litauen, der zwischen der drohenden Todesstrafe in Belarus und dem illegalen Flüchtlingsstatus in Litauen gefangen ist. Heute ist Mikita ein illegaler Flüchtling, Litauen hat dem jungen Deserteur politisches Asyl verweigert. In Belarus&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/zwischen-todesstrafe-und-illegalem-fluechtlingsstatus-die-flucht-eines-deserteurs-aus-belarus/


     -----------------------


    Zivilgesellschaftliche Allianz lanciert in der Schweiz Initiative für ein Atomwaffenverbot


    Die Allianz für ein Atomwaffenverbot hat am Dienstagnachmittag in Bern offiziell ihre Initiative lanciert, die den Beitritt der Schweiz zum Atomwaffenverbotsvertrag der UNO fordert. Im März dieses Jahres beschloss der Bundesrat trotz grossem Druck aus Parlament und Zivilgesellschaft, dem Atomwaffenverbotsvertrag&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/zivilgesellschaftliche-allianz-lanciert-in-der-schweiz-initiative-fuer-ein-atomwaffenverbot/


     -----------------------


    Damit die Panzer rollen


    Berlin treibt mit Blick auf einen etwaigen Krieg gegen Russland den Ausbau von Straßen, Schienen und Brücken in Richtung Osten voran – auch mit zivilen Mitteln. Experten fordern Investitionen in bis zu dreistelliger Milliardenhöhe. Berliner Regierungsberater fordern kurzfristig für „die&hellip;

    https://www.pressenza.net/?l=de&track=2024/07/damit-die-panzer-rollen/


     -----------------------


    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    03.07.2024

    Das größte Marinemanöver der WeltDeutsche Marine beteiligt sich an Manöver bei Hawaii und setzt Asien-Pazifik-Fahrt an potenzielle Schauplätze eines Kriegs zwischen dem Westen und China fort – während die Spannungen zwischen China und den Philippinen eskalieren.

    german-foreign-policy.com, 3. Juli 2024

    BERLIN/WASHINGTON/BEIJING (Eigener Bericht) – Deutsche Kriegsschiffe haben auf ihrer Übungsfahrt durch den Pazifik Hawaii erreicht und bereiten sich dort auf die Teilnahme am größten Marinemanöver der Welt vor. Das US-Manöver (RIMPAC 2024) versammelt vor allem die engsten asiatisch-pazifischen sowie diverse europäische Verbündete der USA; es umfasst die verschiedensten Operationen vom Kampf gegen Piraten bis zu Gefechtsübungen. Dabei richtet es sich insbesondere gegen China. Die Fregatte Baden-Württemberg und der Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main, die sich RIMPAC 2024 beteiligen sollen, werden anschließend nach Japan und ins Südchinesische Meer weiterfahren – und damit also in Gebiete, die im Fall einer Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China als wahrscheinliche Kriegsschauplätze gelten. Zur Zeit spitzen sich Auseinandersetzungen zwischen der Volksrepublik und den Philippinen um Inseln und Riffe im Südchinesischen Meer zu. Zuletzt standen sich chinesische und philippinische Soldaten mit Waffen gegenüber. Kommt es zu Todesfällen, will der Präsident der Philippinen militärischen US-Beistand einfordern – dort, wo in Kürze die deutschen Kriegsschiffe kreuzen.


    Zitat: Potenzielles Kriegsgebiet

    Die bisherige Fahrt der Fregatte Baden-Württemberg und des Einsatzgruppenversorgers Frankfurt am Main spiegelt in mancher Hinsicht den Operationsradius wider, in dem sich die Deutsche Marine im Fall eines Krieges zwischen den westlichen Staaten und China bewegen würde. Dies trifft schon auf die Geografie zu. Nach dem Ablegen aus Wilhelmshaven bzw. dem spanischen Rota am 7. Mai überquerten die Kriegsschiffe zunächst den Atlantik, bevor sie den Panamakanal passierten, um in den Pazifik einzudringen – ihr Hauptoperationsgebiet. Ende Juni trafen sie in Hawaii ein, wo sie am größten Marinemanöver der Welt teilnehmen sollen. Anschließend werden die Fregatte und der Einsatzgruppenversorger die gewaltige Strecke nach von Hawaii nach Japan zurücklegen – 3.500 Seemeilen oder 6.500 Kilometer, „vergleichbar mit der Entfernung von Hamburg nach Chicago“, wie kürzlich der Kapitän der Frankfurt am Main, Fregattenkapitän Hanno Weisensee, festhielt.[1] Spätestens mit der Ankunft in Japan hätten die deutschen Schiffe im Fall eines Krieges gegen China unmittelbar das Kriegsgebiet erreicht. Dies gilt auch für die geplante Fahrt durch das Südchinesische Meer, in dem nach Lage der Dinge mit heftigen Kämpfen zu rechnen wäre.


    Potenzielle Kriegsverbündete

    Die verbündeten Streitkräfte wiederum, mit denen die Fregatte Baden-Württemberg und der Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main auf der Reise gemeinsam üben, sind die, mit denen sie auch im Kriegsfalle gemeinsam operieren würden. Der erste Marinehafen, den die Kriegsschiffe nach ihrer Atlantiküberquerung ansteuerten, war der Hafen im kanadischen Halifax. Dort liegt das Hauptquartier von Kanadas Maritime Forces Atlantic (MARLANT). Von ihm aus würden kanadische Truppen in Richtung Europa aufbrechen, sollte es zum Krieg zwischen der NATO und Russland kommen. Übungsweise geschah dies zuletzt etwa während des Großmanövers Steadfast Defender.[2] Nach der Passage durch den Panamakanal legten die zwei deutschen Kriegsschiffe im US-amerikanischen San Diego an. Der Hafen dort ist der Heimathafen der U.S. 3rd Fleet, die im zu San Diego gehörenden Naval Base Point Loma auch ihr Hauptquartier hat. Die 3rd Fleet wiederum hat in den vergangenen Jahren ihre Aktivitäten signifikant intensiviert; sie ist für Operationen im Pazifischen Ozean östlich der Datumslinie zuständig, unter anderem für den Nachschub im Falle eines Krieges gegen China. Zu ihren Aufgaben gehören auch Planung und Führung der RIMPAC-Manöver (Rim of the Pacific, Randgebiete des Pazifik), der größten Marinemanöver der Welt.[3]


    RIMPAC 2024

    RIMPAC 2024 hat am Donnerstag vergangener Woche (27. Juni) begonnen und dauert bis zum 1. August an. Beteiligt sind rund 25.000 Soldaten aus 29 Staaten. Zur Verfügung stehen für die Übungsoperationen 40 Überwasserschiffe und drei U-Boote sowie mehr als 150 Flugzeuge und Hubschrauber. Zudem sind Soldaten der Landstreitkräfte von insgesamt 14 Staaten beteiligt.[4] Geprobt wird eine große Spannbreite an Operationen, die vom Kampf gegen Piraten über das Minenräumen bis zur Flug- und U-Boot-Abwehr sowie umfassenden maritimen Gefechtsübungen reichen. Auf dem Manöverprogramm stehen darüber hinaus Landungsoperationen. Beteiligt sind außer den USA und Kanada bedeutende Verbündete der Vereinigten Staaten am Pazifik, darunter Japan und Südkorea, Australien und Neuseeland sowie die Philippinen und Singapur, zudem Verbündete aus Europa von Großbritannien über Deutschland und Italien bis Frankreich. Hinzu kommen Länder, die Washington gern in eine gemeinsame Kriegsfront gegen China einbinden würde, ohne damit bislang erfolgreich zu sein – etwa Malaysia und Indonesien in Südostasien sowie in Lateinamerika Mexiko, Kolumbien und Chile. Auch Indien und Sri Lanka, die die Vereinigten Staaten systematisch gegen Beijing in Stellung zu bringen suchen, nehmen teil.[5]


    Wie die NATO-Osterweiterung

    Während die deutschen Kriegsschiffe sich auf ihre ersten Aktivitäten im RIMPAC-Rahmen vorbereiten – Mitte Juli sollen noch Flugzeuge der deutschen Luftwaffe hinzukommen –, spitzt sich die Kriegsgefahr in der Asien-Pazifik-Region immer weiter zu. Dies gilt nicht nur für den sich sukzessive verschärfenden Konflikt um Taiwan, sondern vor allem für den Konflikt zwischen China und den Philippinen um Inseln sowie Riffe im Südchinesischen Meer. Hintergrund ist, dass die Regierung der Philippinen im Jahr 2022 einen Kurswechsel weg von einer neutralen Position zwischen den USA und China vollzogen hat und sich nun eng an die Vereinigten Staaten bindet. Dabei stellt sie den US-Streitkräften ihr Hoheitsgebiet als Plattform für den Aufmarsch gegen die Volksrepublik zur Verfügung (german-foreign-policy.com berichtete [6]). Beobachter ziehen bereits Parallelen zwischen der militärischen Einkreisung Chinas durch die USA auf der sogenannten ersten Inselkette, die von Japan über Taiwan bis zu den Philippinen reicht, und der NATO-Osterweiterung bis an die russische Grenze: Die US-Streitkräfte und ihre engsten asiatischen Verbündeten besetzen dabei militärische Positionen, von denen aus sie China jederzeit angreifen können, und bringen die Volksrepublik damit in eine strategisch unhaltbare Lage.


    Zum Greifen nah

    Vor diesem Hintergrund hat China begonnen, den Druck auf die Philippinen zu erhöhen, um eine Klärung des Streits insbesondere um das Second Thomas Shoal herbeizuführen, ein Riff, auf das beide Staaten Anspruch erheben, das Manila jedoch seit zweieinhalb Jahrzehnten besetzt hält: Es hat im Jahr 1999 ein altes Kriegsschiff, die Sierra Madre, auf es gerammt und auf dem Schiff Soldaten stationiert. Beijing behindert seit geraumer Zeit die Versorgung der Soldaten; Manila ist bemüht, das Kriegsschiff entgegen früheren Absprachen zur dauerhaften Nutzung auszubauen.[7] Kam es zunächst zur Kollision von Schiffen beider Seiten, so enterten chinesische Militärs kürzlich philippinische Boote; zuletzt standen sich Soldaten aus China und den Philippinen auf Booten mitten im Südchinesischen Meer mit Hieb- und Stichwaffen gegenüber.[8] Der Präsident der Philippinen, Ferdinand Marcos Jr., hat bereits vor geraumer Zeit angekündigt, falls es zu Todesopfern komme – dies könnte schon in Kürze geschehen –, werde er das Bündnis seines Landes mit den USA nutzen und deren Beistand einfordern. Kommt Washington dem nach, dann stünden sich China und die Vereinigten Staaten militärisch gegenüber. Der Krieg, für den in diesen Tagen auch deutsche Kriegsschiffe im Pazifik üben, wäre zum Greifen nah.

     

    [1] Die „Frankfurt am Main“ beim Indo-Pacific Deployment 2024. bundeswehr.de 10.06.2024.

    [2] Camille MacKenzie Dolphin: HMCS Charlottetown, the Steadfast Defender. tridentnewspaper.com 13.03.2024. S. auch Ein halbes Jahr Aufmarschmanöver.

    [3] Mallory Shellbourne: U.S. 3rd Fleet Expanding Operational Role in Indo-Pacific. news.usni.org 03.08.2022.

    [4] Robert Reinheimer: RIMPAC 2024 Kicks Off in Hawaii. cpf.navy.mil 28.06.2024.

    [5] U.S. Pacific Fleet Announces 29th RIMPAC Exercise. cpf.navy.mil 21.05.2024.

    [6] S. dazu Spiel mit dem Feuer.

    [7], [8] Till Fähnders, Jochen Stahnke: Wie bei einem Piratenüberfall auf hoher See. Frankfurter Allgemeine Zeitung 22.06.2024.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9606


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Operationsplan Deutschland – die Kriegsvorbereitungen laufen

    Screenshot_2024_07_02_at_20_55_05_Operationsplan_Deutschland_die_Kriegsvorbereitungen_laufen

    Titelbild: Ein US-Soldat der 100th Infantry (“Century”) Division geht durch das zerstörte Heilbronn. Links die Türme der Kilianskirche / US Army / Public Domain


    nachdenkseiten.de, 02. Juli 2024 um 11:30 Ein Artikel von: Albrecht Müller

    Die NachDenkSeiten hatten im April schon auf der Basis eines FAZ-Artikels auf einen ominösen „Operationsplan Deutschland“ hingewiesen. Jetzt hat einer der zuständigen Bundeswehrsoldaten, Generalleutnant André Bodemann, in einem Interview mit ntv die Planungen erläutert. 15 Minuten und 39 Sekunden, die Sie sich anschauen sollten. Sie werden erkennen, dass die für unsere Sicherheit Verantwortlichen offen mit der Möglichkeit eines Krieges spielen und zu diesem Zweck dem potentiellen Kriegsgegner Russland Falsches unterstellen. Übrigens: Während ich diesen Text schreibe, üben über mir NATO-Kampfflugzeuge.


    Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

    Podcast: Play in new window | Download


    Das Interview enthält eine Reihe von unglaublichen Aussagen:

    • Zum Beispiel wird unterstellt, Russland habe Nord Stream 2 selbst zerstört.
    • Zum Beispiel wird unterstellt, Russland wolle das Gebiet der baltischen Staaten zurückerobern.
    • Zum Beispiel wird ohne Zögern akzeptiert, dass Deutschland die Aufmarschbasis der US-amerikanischen Truppen sein soll. Hier sollen die Truppen, die in Holland angelandet werden und durch Deutschland an die Ostfront ziehen, versorgt werden. Das soll durch zivile Kräfte geschehen, weil die deutschen Soldaten schon an der Front im Osten seien.


    Screenshot_2024_07_02_at_20_52_14_Operationsplan_Deutschland_die_Kriegsvorbereitungen_laufen

    Bergung von Leichen in Dresden – Dresden nach dem Bombenangriff, Bergung der Toten – Foto: © Deutsches Historisches Museum Berlin 1989/2337.1


    Das sind nur einige Beispiele der ungeheuerlichen Aussagen des Generalleutnants Bodemann, der mit einer größeren Zahl von Gehilfen und auf Kosten von uns Steuerzahlern den „Operationsplan Deutschland“ ausgearbeitet hat.

    Man muss davon ausgehen, dass ein solches Interview wie auch die Aufstellung des Operationsplanes selbst nicht ohne Rückendeckung des Bundesverteidigungsministers und wahrscheinlich auch nicht ohne Rückendeckung des Bundeskanzlers gemacht wurden. Die Nachfolger der sozialdemokratischen Erfinder und Träger der Entspannungs- und Friedenspolitik betreiben heute die Kriegsvorbereitung. Von den Wählerinnen und Wählern werden sie dabei nicht unterstützt. Die Sozialdemokraten sind von 45,8 Prozent bei den Bundestagswahlen im Jahr 1972, die man als Wahlen zur Bestätigung der Ostpolitik von Willy Brandt verstehen kann, heute nach Umfragen auf ca. 15 Prozent gefallen – also auf ein Drittel.

    Kriegsvorbereitungen wie im „Operationsplan Deutschland“ sind heute ohne Protest der Öffentlichkeit auch deshalb möglich, weil die entsetzlichen Folgen und Schrecken des Krieges nicht mehr gegenwärtig sind.


    Screenshot_2024_07_02_at_20_53_33_Operationsplan_Deutschland_die_Kriegsvorbereitungen_laufen

    Heilbronn in einer Bombennacht – 4. Dezember 1944 – Blick von Süden. – Foto: Fotograf unbekannt, Stadtarchiv Heilbronn F001D-20011866


    Umso wichtiger ist es, dass Sie und wir über die Schrecken des Krieges informieren. Auch deshalb die Fotos zerstörter deutscher Städte zur Illustration dieses kleinen Artikels.

    Sprechen Sie mit anderen Menschen in Ihrem Umfeld über die Kriegsgefahr und die Bedrohung menschlichen Lebens, die Kriege immer darstellen. Es gibt keine sauberen, es gibt keine guten Kriege.


    Rubriken: Audio-Podcast Aufrüstung Kampagnen/Tarnworte/Neusprech

    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=117494


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Ausgewähltes... Kriegsvorbereitung

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 2. Juli 2024, 20:22 Uhr


    *Operationsplan Deutschland – die Kriegsvorbereitungen laufen


    *Die NachDenkSeiten hatten im April schon auf der Basis eines

    FAZ-Artikels auf einen ominösen „Operationsplan Deutschland“

    hingewiesen. Jetzt hat einer der zuständigen Bundeswehrsoldaten,

    Generalleutnant André Bodemann, in einem Interview mit /ntv/ die

    Planungen erläutert

    <https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Geheimer-Operationsplan-Deutschland-betrifft-uns-alle-article25055402.html>.

    15 Minuten und 39 Sekunden, die Sie sich anschauen sollten. Sie werden

    erkennen, dass die für unsere Sicherheit Verantwortlichen offen mit der

    Möglichkeit eines Krieges spielen und zu diesem Zweck dem potentiellen

    Kriegsgegner Russland Falsches unterstellen. Übrigens: Während ich

    diesen Text schreibe, üben über mir NATO-Kampfflugzeuge. *Albrecht Müller*.

    /Hier:/https://www.nachdenkseiten.de/?p=117494



    _RT DE Liveticker Ukraine-Krieg 2.7.2024


    _*Deutschland und Polen betrachten Russland als "unmittelbarste"

    Bedrohung für Frieden in Europa*


    Polens Ministerpräsident Donald Tusk und Bundeskanzler Olaf Scholz haben

    sich am Dienstag auf einen gemeinsamen Aktionsplan geeinigt, der eine

    verstärkte Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik

    vorsieht. In dem bei den Regierungskonsultationen in Warschau

    verabschiedeten 40-seitigen Aktionsplan heißt es unter anderem, Russland

    sei derzeit die "unmittelbarste" und größte Bedrohung für den Frieden in

    Europa. Die militärische Stärke des westlichen Verteidigungsbündnisses

    an der Ostflanke der NATO soll gestärkt werden. Zudem fordert das

    Dokument noch mehr Sanktionen gegen Russland und Weißrussland.


    Darüber hinaus wollen Deutschland und Polen demnach ihre Zusammenarbeit

    auf Regierungsebene vertiefen, um der Ukraine militärische Hilfe zu

    leisten, unter anderem bei der Reparatur und Wartung von

    Leopard-2-Panzern. Polen erwägt dem Aktionsplan zufolge auch eine

    Teilnahme an der von Deutschland initiierten European Sky Shield

    Initiative (ESSI), einem gemeinsamen europäischen Luftverteidigungssystem.



    _RT DE 2.7.2024


    _*NATO will Ukraine-Hilfe sichern - gegen Trump und rechte EU-Parteien


    *Die NATO betrachtet rechte politische Kräfte in der EU als eine

    Bedrohung für die Hilfe an Kiew, berichtet das Wall Street Journal.

    Zudem könnte Trump im Falle seiner Wiederwahl die US-Unterstützung

    einstellen. Jetzt plant die NATO eine langfristige Sicherstellung.


    Die Stärkung der Positionen der rechten Parteien in der EU und die

    Wahrscheinlichkeit, dass Donald Trump erneut ins Weiße Haus einzieht,

    erfordert von den NATO-Staaten, neue Maßnahmen zur langjährigen

    Unterstützung Kiews zu ergreifen. Die Allianz werde einen hochrangigen

    Zivilbeamten nach Kiew schicken, der für die Hilfeleistung zuständig

    sein werde, teilt

    <https://www.wsj.com/world/europe/nato-to-establish-new-kyiv-post-for-ukraine-81b4205c

    die Tageszeitung /The Wall Street Journal/ mit.


    In dieser Hinsicht erklärte Ivo Daalder, ein ehemaliger US-Vertreter bei

    der NATO, der Hauptgrund für die Einführung neuer Maßnahmen sei die

    Notwendigkeit, die Hilfeleistung gegen eine Wiederwahl von Donald Trump

    abzusichern. "Anstatt Washington für die Ausbildung und Hilfelieferung

    verantwortlich zu machen, wird die NATO dafür zuständig sein. Selbst

    wenn die USA ihre Unterstützung reduzieren oder darauf verzichten, wird

    diese nicht ganz eingestellt", erklärte er gegenüber der Zeitung.


    Douglas Lute, ein Generalleutnant a.D. der US-Armee, betonte in einem

    Gespräch mit der Zeitung, dass rechte Parteien nach den jüngsten Wahlen

    große Unterstützung in den EU-Ländern bekommen hätten, darunter auch in

    Frankreich und den Niederlanden. Die neuen Maßnahmen der Allianz müssten

    daher die Militärunterstützung der Ukraine weniger anfällig für

    politische Schwankungen innerhalb der NATO-Staaten machen.


    Vergangene Woche teilte

    <https://www.nytimes.com/2024/06/26/world/europe/nato-ukraine-washington-membership-summit.html

    die Zeitung /The New York Times/ mit, dass das Militärbündnis ein

    Hauptquartier für die Koordinierung von Waffenlieferungen und die

    Ausbildung ukrainischer Soldaten in Wiesbaden einrichten wolle. Das Ziel

    der NATO-Mission in Deutschland sei es, alle Arten der an Kiew

    geleisteten Militärhilfe unter ein Dach zu bringen.


    An der Mission werden fast 700 Militärangehörige aus NATO-Staaten und

    Partnerländern beteiligt sein. Sie werden teilweise Aufgaben übernehmen,

    die das US-Militär seit Kriegsbeginn in der Ukraine im Februar 2022

    geleistet hat. Der in Kiew angesiedelte NATO-Beamte muss sich vor allem

    auf langfristige Bedürfnisse der Ukraine nach militärischer

    Modernisierung konzentrieren. Die Allianz wird die Pläne voraussichtlich

    kommende Woche beim 75. Jubiläumsgipfel in Washington ankündigen,

    berichtet /The Wall Street Journal/.


    Laut Angaben der Zeitung habe die Allianz diese Pläne im Laufe von

    mehreren Monaten entwickelt. Nach der jüngsten Debatte zwischen Joe

    Biden und Donald Trump seien die Anliegen dringlicher geworden. Die

    neuen Maßnahmen sollen das Ausrüstungs- und Ausbildungsniveau der

    ukrainischen Streitkräfte den NATO-Standards annähern, so /The Wall

    Street Journal/.


    Das Militärbündnis plane nicht, Beitrittsgespräche mit Kiew beim

    bevorstehenden Treffen aufzunehmen, so die Zeitung. Allerdings zielten

    die neuen Initiativen darauf ab, langfristiges Engagement der Allianz

    für die Sicherheit der Ukraine zu demonstrieren. Den Quellen der Zeitung

    zufolge werden die NATO-Staaten auf dem Gipfel höchstwahrscheinlich die

    künftige Mitgliedschaft zu einem unumkehrbaren Prozess erklären.


    Info:


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Analyse         
    Die Grünen nach der Europawahl: Es braucht mehr Augenhöhe und Gegenseitigkeit

    boell.de, 13. Juni 2024,  Von Jan Philipp Albrecht und Dr. Dietrich Herrmann

    Der Einbruch bei der Europawahl ist schmerzhaft für die Grünen – doch eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Wahlkampf kann viel bewirken. Eine andere Kommunikation ist nur eine der Stellschrauben, die über den Erfolg bei den nächsten Wahlen entscheiden werden.


    Screenshot_2024_07_02_at_20_14_53_Die_Gr_nen_nach_der_Europawahl_Es_braucht_mehr_Augenh_he_und_Gegenseitigkeit_Heinrich_B_ll_Stiftung



    Teaser Bild Untertitel Europawahl 2024: Wahlplakat von Bündnis 90/Die Grünen. Bildnachweise


    Die Ampelparteien haben bei der Europawahl herbe Verluste im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 erlitten. Auch Bündnis 90/Die Grünen müssen ein enttäuschendes Ergebnis hinnehmen, vor allem im Vergleich zur Europawahl 2019. In den Großstädten in West- und Ostdeutschland bleiben die Grünen zwar trotz Verlusten starke Kraft. Doch vor allem in den als stagnierend wahrgenommenen ländlichen Regionen erleiden sie einen starken Einbruch. Gleichzeitig sind die Ergebnisse für die AfD noch höher als 2019 und 2021, vor allem – aber nicht nur – in den ostdeutschen Bundesländern. 

    Die Ergebnisse der Europawahl liefern viel Stoff für Nachlese und Analyse. Und ganz offensichtlich ist diese auch dringend nötig. Für Bündnis 90/Die Grünen ist das Wahlergebnis ein Weckruf, der nutzbar gemacht werden kann. Noch ist Zeit bis zu den entscheidenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg in diesem Jahr und vor den wegweisenden Bundestagswahlen im kommenden Jahr.

    Die wohl wichtigste Beobachtung: Die einst für grüne Politik potenziell erreichbaren Wähler*innen waren diesmal massiv demobilisiert. Zahlreiche Menschen, die vor Kurzem für die Grünen als Wahlalternative erreichbar waren, haben ihnen – wenigstens temporär – den Rücken zugekehrt und entweder gar nicht gewählt oder eine andere Partei vorgezogen. Vor allem die CDU einerseits und Kleinstparteien wie VOLT andererseits profitierten davon. Die Suche nach den Gründen ist komplex, denn hier spielen durchaus unterschiedliche Aspekte hinein. Es gibt aber gute Argumente für die Annahme, dass diese Demobilisierung nicht von Dauer sein muss und die Grünen die Fehler dieses Wahlkampfes und ihrer politischen Arbeit und Kommunikation wieder wettmachen können. Dazu müssen aber ein paar Punkte auf den Tisch.


    Realistische Erwartungen

    Nach 16 Jahren als Opposition im Bund waren die Erwartungen an die Grünen als die heilsbringende Kraft einer erneuten grünen Regierungsbeteiligung enorm, vor allem im Lichte der massiven Klimaproteste. Wegen der erheblichen Versäumnisse der Bundesregierungen unter Angela Merkel war der Handlungsstau tatsächlich enorm. Die Hoffnung allerdings, mit einer grünen Regierungsbeteiligung ließen sich Klimaschutzmaßnahmen im Akkord verabschieden und umsetzen, musste zwangsläufig enttäuscht werden. Nicht nur finden sich dafür im Dreier-Bündnis mit SPD und FDP viel zu schwer gemeinsame Nenner. Vor allem aber wurden die Zielkonflikte dieser Vorgehensweise mit der Bewältigung von Pandemie, Inflation und Krieg schnell deutlich schärfer, als dies noch während der Koalitionsverhandlungen zum Ampel-Vertrag der Fall war. Die zuvor geschürten Erwartungen wurden zu wenig an diese neuen Realitäten – und auch an die gesellschaftliche Akzeptanz – angepasst. Gleichzeitig fehlte es zu Beginn der schwierigen Regierungsarbeit an einem intensiven Austausch mit breiten Bündnissen von Akteuren aus allen Bereichen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Plötzlich standen die Grünen verlassen auf dem Platz. Und wurden zum Prügelknaben der Nation. Und das, obwohl sie gemessen an den Vorgängerregierungen bereits nach der Hälfte der Legislaturperiode mehr geliefert hatten  und gegenüber den anderen Koalitionspartnern regelmäßig zugunsten einer handlungsfähigen Regierung auf Kompromiss einschwenkten.


    Regierungsarbeit erklären

    Die Aufgaben einerseits und die politischen Machtverhältnisse andererseits verlangen es: Ein hartes Ringen um Kompromisse in der Koalition, die auch schmerzhaft in den eigenen Milieus sein können. Ganz ohne Zumutungen, wie es uns die politische Konkurrenz weismachen will, wird es kaum gehen. 

    Anders als in der Vergangenheit wird es auch nicht mehr ausreichen, mit zusätzlichen Milliardenausgaben notwendige Strukturentscheidungen aufzuschieben und falsche Priorisierungen vorzunehmen. Stattdessen müssen nun grundlegende Veränderungen in der Sache vorgenommen werden. Diese lassen sich nicht durch ein Diktum einer politischen Position heraus erreichen, sondern nur in der Überzeugung aller nötigen Akteure. 

    Das ist harte Arbeit, für die geworben und eine Erzählung gefunden werden muss. Innerhalb der Koalition muss es darum gehen, zügig und verlässlich zu politischen Lösungen zu kommen und diese souverän gemeinsam zu kommunizieren. Selbst wenn man sich nicht in jedem Detailaspekt mit eigenen Forderungen durchsetzt: Ein verlässlicher Kompromiss ist auch für die eigene Basis akzeptabler als wochenlange Hängepartien oder gegenseitige Blockaden, für die niemand außerhalb der Politikszene Verständnis hat. 

    Gerade angesichts der populistischen Herausforderungen in Deutschland und Europa muss die Koalition in gegenseitigem Respekt ohne unnötiges Klein-Klein für die Menschen in unserem Land überzeugende Lösungen in Zukunftsfragen gemeinsam entwickeln, kommunizieren und umsetzen. Das gilt auch für die Grünen, die nun mal in diesem Land Regierungsverantwortung tragen. Entscheidend ist allerdings, dass das Ringen um Kompromisse vermittelt und erklärt wird. Das gilt gerade mit Blick auf jene (vor allem jüngeren) Menschen, die Veränderung in der Politik dringlich erreichen wollen und hohe Erwartungen in Bündnis 90/Die Grünen haben, weil sie Macht und Veränderungsanspruch verbinden wollen und können. Wenn der Veränderungsanspruch nicht ausreichend überzeugend vermittelt wird – selbst bei schwierigen Dilemmata – wird die Anhängerschaft zwangsläufig demobilisiert. Gerade im Vorfeld wichtiger Wahlen braucht es daher eine Kommunikation, die den Horizont und die langen Linien einer Regierungsarbeit besser ausformuliert und vermittelt.


    Kommunikation anpassen

    Ein ambitioniertes politisches Programm kann nur gemeinsam mit den Menschen in den unterschiedlichen Sphären unserer Gesellschaft angegangen werden. Dies erfordert respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe mit Bürgerinnen und Bürgern, mit gesellschaftlichen Partnern. Dies gilt umso mehr mit Blick auf diejenigen in der Gesellschaft, die eher skeptisch gegenüber den ambitionierten grünen Zielen sind, aber gleichzeitig für die Umsetzung und Verbreitung entscheidend sind. 

    Grüne Politik wird mitunter als Ausdruck eines spezifischen Lebensstils betrachtet, der sich über andere stellen würde. Einerseits gilt es darum, solchen einschlägigen Überzeichnungen durch die politische Konkurrenz deutlich entgegenzutreten. Andererseits sollten die Grünen selbst keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass unterschiedliche Lebensstile selbstverständlich in ihrer Vielfalt und in gegenseitigem Respekt zu einer offenen Gesellschaft gehören. Überheblichkeit hat dort keinen Platz, ganz gleich, ob in der Millionenmetropole, im Bergdorf oder in der Kleinstadt. Es gilt jedoch immer, dass die Grenze der Liberalität klar gezogen werden muss, wo der Rahmen der demokratischen Verfassungsordnung und der Grundrechte in Frage gestellt, mit Wort und Tat beeinträchtigt und bekämpft wird. Diesen Gegnern der Demokratie muss in Deutschland wie in Europa und international entgegengetreten werden.

    Genauso sollten wir aber auch anerkennen, dass der ganz große Teil der Gesellschaft in Deutschland zu den Grundwerten unserer demokratischen Verfassung steht – und somit als Kommunikationspartner der Grünen nicht nur angesprochen werden sollte, sondern auch angesprochen werden will. Entscheidend ist das Wie der Kommunikation. Das heißt unter anderem, die Potenziale grüner Politik für ländliche Räume deutlicher und selbstbewusst durch regional verwurzelte Menschen glaubwürdig zu kommunizieren. Entgegen mancher Darstellung hat sich die Mitgliederzahl bei Bündnis 90/Die Grünen auch in ländlichen Regionen Ostdeutschlands erhöht und liegt landesweit über der der AfD.


    Emotionen ansprechen

    Das deutlich schwächere Abschneiden der Grünen als vor fünf Jahren hat natürlich vor allem einen Grund, denn 2019 wurde in einer Ausnahmesituation gewählt: Die Herausforderung der Klimakrise war mit einer breiten und präsenten Klimabewegung – obwohl im Kern seit Jahrzehnten bekannt – erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bewusstgeworden. Die Europawahl war zum wichtigen Hebel für den Einstieg in die Klima-Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft geworden. Und als glaubwürdigster Garant dafür, dass dieser Hebel nun auch umgelegt würde, erschienen Bündnis 90/Die Grünen. Grüne Parteien wurden nicht nur in Deutschland, sondern europaweit von vielen Menschen gewählt – und ihr überwältigender Wahlerfolg hatte maßgeblichen Einfluss auf das ambitionierte Programm der Von der Leyen-Kommission zum Green Deal. 

    Anders als damals spielte die emotionale Bindung an ein solches Ziel bei dieser Europawahl eine eher untergeordnete Rolle. Die Verteidigung der Demokratie gegen die autokratischen Kräfte von innen und außen ist heute ein solch relevanter Faktor, wie die hohe Wahlbeteiligung zeigt. Aber eine emotionale Mobilisierung für Grüne Politik ergibt sich daraus nicht automatisch. Gerade bei den jüngeren Wählergruppen braucht es hierfür andere emotional anknüpfungsfähige Ziele, für die es sich lohnt, den Grünen die eigene Stimme zu geben. Hier müssen Partei und ihr nahestehende Bewegungen nacharbeiten, ohne dabei Realismus und eine breite Ansprache aus dem Blick zu verlieren. 

    Zentrale Bedürfnisse, wie jene nach sozialem Aufstieg und einem hohen Lebensstandard, müssen stärker gehört und in Sprache und Kommunikation anerkannt werden. Auch das muss nicht notwendigerweise zu Lasten anderer Programmschwerpunkte gehen. Doch klar ist auch, dass es für eine glaubwürdige Ansprache der Menschen nicht genügt, ihre Interessen lediglich zu benennen. Was stattdessen nötig ist, sind konkrete Politikansätze und eine emotional vermittelte Erzählung.
     

    Schlagworte

    Dieser Beitrag steht unter folgender Urheberrechtslizenz: CC-BY-NC-ND 4.0


    Info: https://www.boell.de/de/2024/06/13/die-gruenen-nach-der-europawahl-es-braucht-mehr-augenhoehe-und-gegenseitigkeit


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.


    unser weiterer Kommentar: Bei den Zielkonflikten der Ampelkoalition läuft Krieg neben Pandemie noch knapp vor unter ferner liefen, wobei das die Asche des früheren Mutlangendemonstranten Böll und Namensgeber dieser Stiftung, im Grabe zum Beben bringen müsste.

    02.07.2024

    Russischer Politologe meint: «Für Frieden muss die NATO ihre Funktion aufgeben»

    transition-news.org, Veröffentlicht am 2. Juli 2024 von Tilo Gräser.

    Die NATO-Osterweiterung gehört für den russischen Politikwissenschaftler Fjodor Lukjanow zu den Ursachen des Krieges in der Ukraine. In einem Gastbeitrag in der aktuellen «Weltwoche» erinnert er an an die westliche Siegermentalität nach dem Kalten Krieg als treibendes Element auf dem Weg zum Krieg in der Ukraine.


    Das Ausmaß des auf ukrainischem Territorium ausgetragenen Konflikts zwischen dem US-geführten Westen und Russland hat «alle ursprünglichen Erwartungen übertroffen». Um die Konfrontation zu beenden, müssten nach Äußerungen Moskaus die Grundsätze, auf denen die europäische Sicherheit beruht, grundlegend überdacht werden.


    Das schreibt der russische Politikwissenschaftler Fjodor Lukjanow in einem Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der Schweizer Zeitung Die Weltwoche. Er ist Chefredakteur der russischen Zeitschrift Russia in Global Affairs.

    Lukjanow erinnert daran, dass vor 30 Jahren, am historisch bedeutsamen 22. Juni im Jahr 1994, der damalige russische Außenminister Andrej Kosyrew in Brüssel das NATO-Programm «Partnerschaft für den Frieden» unterzeichnete. Damit hätten die offiziellen Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und dem von den USA geführten Block begonnen. Die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Russland und der NATO sei «recht intensiv und interessant» gewesen.

    Der russische Politologe schreibt von einer «merkwürdigen Mischung aus guten Absichten, politischer Heuchelei und gegenseitigen Missverständnissen, die manchmal ganz natürlich, manchmal aber auch absichtlich entstanden».

    Aus seiner Sicht gab es «nie eine reelle Chance, eine echte Partnerschaft zwischen Russland und der NATO aufzubauen, auch wenn es zu einem bestimmten Zeitpunkt gewisse Illusionen in dieser Hinsicht gab». Russland habe die Idee, Länder über das Programm «Partnerschaft für den Frieden» an die NATO auch mit Blick auf die Erweiterung zu binden, zwar abgelehnt, sei aber nicht konsequent gewesen.

    «Kosyrew warnte vor den Folgen der Erweiterung, erklärte jedoch wiederholt, dass die NATO nicht der Feind Russlands sei. Der russische Präsident Boris Jelzin riet den westlichen Staats- und Regierungschefs davon ab, den Block zu erweitern, erklärte aber gleichzeitig dem polnischen Präsidenten Lech Walesa, dass Moskau nicht gegen einen Beitritt Warschaus sei.»

    Lukjanow sieht die derzeit in Russland vorherrschende Ansicht als zu einfach an, der US-geführte Westen habe nach der Auflösung der UdSSR einen Kurs der militärischen und politischen Übernahme der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre eingeschlagen – mit der NATO als Hauptinstrument. Der «leichte und unerwartete Erfolg» im Kalten Krieg habe im Westen zu einem «Gefühl eines bedingungslosen Sieges» geführt, politisch, wirtschaftlich, vor allem aber moralisch.

    «Der Westen war der Meinung, dass er als Sieger das Recht hatte, die Struktur Europas zu bestimmen, und er wusste genau, wie er es anstellen musste. Dies war nicht nur ein Ausdruck bewusster Arroganz, sondern vielmehr von freudiger Euphorie. Es schien, dass es von nun an immer so sein würde.»

    Die NATO in erweiterter Form sei als Garant für die Sicherheit Europas angesehen worden. Der erste Schritt dazu sei gewesen: Die Beteiligten bei den 2+4-Verhandlungen 1990 seien sich darüber einig gewesen, dass das größere Deutschland in der NATO verbleiben würde.

    Zu dem oft vorgebrachten Argument, jedes Land habe das Recht, selbst zu entscheiden, ob und welchem Bündnis es beitreten wolle, meint Lukjanow: Dies werde durch das geopolitische Kräfteverhältnis beschränkt. Das habe die Bündnisse gezwungen, die Reaktion von Nichtmitgliedsländern zu berücksichtigen.

    Nach 1990 habe der westliche «Triumphalismus» die entsprechende Bereitschaft, Rücksicht zu nehmen, «erheblich verringert». Die NATO habe das Gefühl gehabt, «sie könne alles tun, ohne dass eine Reaktion erfolgen würde».

    Die immer wieder diskutierte Möglichkeit einer russischen Mitgliedschaft in der NATO ist aus Sicht des Politologen von Beginn an unmöglich gewesen. Der Grund: Russland sei selbst in seiner schwächsten Phase eine der größten Militärmächte der Welt geblieben und habe über das größte Atomwaffenarsenal verfügt.

    Einen so starken potenziellen Partner innerhalb der NATO hätte deren Führungsmacht USA nicht geduldet, da dieser «nicht auf demselben Niveau gehorcht hätte wie andere Verbündete». Stattdessen habe die erfolgte NATO-Erweiterung Russland immer weiter in den Osten gedrängt.

    «Moskaus Versuche, diesen Prozess zu regulieren – zunächst durch die Beteiligung an gemeinsamen Institutionen (wie dem NATO-Russland-Rat von 2002, der eine Erweiterung der NATO-Russland-Grundakte von 1997 darstellte) und dann durch zunehmenden Widerstand (beginnend mit Putins Münchner Rede 2007) –, brachten nicht die gewünschten Ergebnisse.»

    Der US-geführte Westen habe Moskau das Recht abgesprochen, Bedingungen zu stellen. Es sollte sich dagegen «nur an die von der stärkeren und erfolgreicheren westlichen Gemeinschaft aufgestellten Regeln halten».

    Lukjanow meint zum westlichen Argument, die russische Sicht auf die NATO als Bedrohung habe zum Krieg geführt: Der Westen sei darauf vorbereitet gewesen. Dies zeige «die Geschwindigkeit und Leichtigkeit, mit der die NATO zu einer starken Konfrontation mit Russland zurückkehrte».

    Das russische Memorandum vom Dezember 2021 und die Militäroperation in der Ukraine im Jahr 2022 hätten sich gegen die bis dahin unangefochtene Expansion der NATO gewandt. Für den russischen Experten handelt es sich dabei nicht um einen Territorialkonflikt, sondern um einen Konflikt, «der nur dann beendet werden kann, wenn die NATO ihr Hauptziel und ihre Funktion aufgibt». Bislang sei kein Kompromiss in Sicht:

    «Die westliche Seite ist nicht bereit, zu akzeptieren, dass die Ergebnisse des Kalten Krieges überdacht werden müssen, und die russische Seite ist nicht bereit, sich ohne diese Zusicherung zurückzuziehen.»

    30 Jahre nach Kosyrews Unterschrift unter der «Partnerschaft für den Frieden» gebe es beides immer noch nicht: Partnerschaft und Frieden zwischen Russland und der NATO. Es fehle auch ein klares Verständnis für die Ursachen dafür.


    Info: https://transition-news.org/russischer-politologe-meint-fur-frieden-muss-die-nato-ihre-funktion-aufgeben

    unser ommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Tucker Carlson über westliche Demokratien: "Das ist Oligarchie"

    freedert.online, 2 Juli 2024 17:10 Uhr

    Tucker Carlson zeigt sich amüsiert und das australische Publikum lacht mit: US-Demokraten haben sind nach der TV-Debatte Trump vs. Biden schockiert, dass ihr Kandidat offenbar doch dement ist. Wenn es nicht so ernst wäre ...


    Quelle RT


    Der Journalist und politische Analyst Tucker Carlson hat sich bei einem Auftritt in Sydney zur jüngsten US-Präsidentschaftsdebatte geäußert. Dabei kritisierte er auf humorvolle Weise die Scheinheiligkeit der Mainstream-Medien, die aus machtpolitischem Kalkül bisher bewusst eine allgemein wohlbekannte Tatsache verschwiegen hätten, nämlich den Geisteszustand von US-Präsident Joe Biden.

    Dessen schlechte Verfassung im Hinblick auf eine erneute Kandidatur sei nun durch die Debatte unwiderlegbar ans Licht gekommen, und die Demokratische Partei und die von ihr kontrollierten Medien täten so, als seien sie überrascht. Dabei sei die Öffentlichkeit über das Internet längst im Bilde, so Carlson. Bidens Familie habe schon vor seiner Wahl zum Präsidenten von seiner Demenz gewusst.


    Mehr zum Thema - Gibt es noch ein positives Szenario für Deutschland und Europa?


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freedert.online/kurzclips/video/211067-tucker-carlson-ueber-westliche-demokratien


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Marine Le Pen: Macron bereitet "administrativen Staatsstreich" vor

    freedert.online, 2 Juli 2024 18:43 Uhr

    Offenbar plant Emmanuel Macron, noch vor dem am kommenden Sonntag stattfindenden zweiten Wahlgang wichtige Verwaltungsposten mit engen Vertrauten neu zu besetzen. Diese Beschuldigung erhoben Marine Le Pen und mehrere Medien am Dienstag. Statt eines Dementis gab es aus dem Präsidentenpalast Beschwichtigungen.


    Quelle: AFP © JEAN-FRANCOIS MONIER / AFP


    Frankreichs Premierminister Gabriel Attal (R) posiert mit einem Unterstützer und dem scheidenden stellvertretenden Wohnungsbauminister Guillaume Kasbarian (L) in Châtres am 2. Juli 2024. Macrons Kumpane brauchen dringend neue Posten.


    Der französische Präsident Emmanuel Macron bereitet angesichts der Wahlniederlage seiner Partei einen "administrativen Putsch" vor, sagte die Fraktionsvorsitzende der Partei Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, gegenüber dem Radiosender France Inter.

    "Es gibt Gerüchte, dass der Präsident der Republik morgen – also vier Tage vor dem zweiten Wahlgang – den Generaldirektor der nationalen Polizei, der eigentlich bis zum Ende der Olympischen Spiele im Amt bleiben sollte, und den Direktor der nationalen Gendarmerie ablösen will", so die Politikerin wörtlich.

    Sie erklärte weiter, mit diesen übereilten Ernennungen solle verhindert werden, dass der Vorsitzende des RN, Jordan Bardella, das Land "nach seinem Gutdünken" regieren könne, falls die Partei in der zweiten Runde der Parlamentswahlen eine Mehrheit erhalte und er das Amt des Ministerpräsidenten gewinne.

    "Dies ist eine Art administrativer Staatsstreich", betonte Le Pen.

    "Wiedergeburt der Hoffnung" – Rassemblement National gewinnt erste Wahlrunde deutlich





    "Wiedergeburt der Hoffnung" – Rassemblement National gewinnt erste Wahlrunde deutlich





    Das Journal du Dimanche spekuliert, dass Macron diese Beamten ersetzen könnte, indem er seine Kumpane an deren Stelle setzt. Es wird behauptet, dass der Präsident auf diese Weise die Macht eines möglichen Premierministers aus der Opposition einschränken wolle. Laut Medienberichten könnte Macron in aller Eile auch einige Präfekten ersetzen.

    Das Lager des Präsidenten versucht seinerseits, die Anschuldigungen von Marine Le Pen herunterzuspielen und den Spieß umzudrehen. Der Abgeordnete Clément Beaune sagte auf BFMTV, dass die Worte und das Verhalten von Marine Le Pen "schwerwiegend" seien.

    Das Präsidialamt der Republik erklärte später am Tag:

    "Seit 66 Jahren [Beginn der Fünften Republik, Anm. d. Red.] gibt es jede Woche Ernennungen und Bewegungen, insbesondere im Sommer, unabhängig von den politischen Momenten, die unsere Institutionen durchlaufen, und es ist in keiner Weise vorgesehen, dass sich eine dieser Bestimmungen in den nächsten Monaten ändern könnte."

    Éric Ciotti, der inzwischen mit dem RN verbündet ist, sprach seinerseits auf Europe 1/CNews von "einer allgemeinen Panik" und prangerte Postengeschiebe und Vetternwirtschaft an. "Das ist ein Zeichen der Niederlage, vielleicht der Klarheit in dieser Sache", stellte er außerdem fest. "Das wurde schon immer so gemacht", schloss er.

    In der ersten Runde hatte die Partei von Marine Le Pen zusammen mit ihren Verbündeten 33,15 Prozent der Stimmen erhalten und bislang 37 der 577 Sitze im Parlament sicher. Nach Prognosen von Meinungsforschern könnte sie im Ergebnis des zweiten Wahlgangs bis zu 270 Mandate erhalten. Der linke Block des Noveau Front Populaire (Neue Volksfront) erhielt 27,99 Prozent der Stimmen; die Koalition von Präsident Emmanuel Macron kam mit 20,04 Prozent auf den dritten Platz.

    Der zweite Wahlgang wird am 7. Juli stattfinden.


    Mehr zum Thema - Frankreich: Wird der "republikanische Damm" Le Pens Wahlsieg noch verhindern?


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freedert.online/europa/211071-marine-le-pen-macron-bereitet-staatsstreich-vor


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Weltwoche berichtet aus Kiew - Viktor Orbán bei Selenskij

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 2. Juli 2024, 16:43 Uhr


    */Siehe Bericht auf YouTube:/https://www.youtube.com/watch?v=B27v-TQWzR0*


    _RT DE 2.7.2024

    _*Mutiger Journalismus: Chef der Weltwoche Roger Köppel berichtet aus Kiew *


    Der Schweizer Journalist Roger Köppel wagt einen mutigen Schritt: Er

    reist nach Kiew und spricht auf den Straßen der Stadt über seine

    Einblicke. Auf offener Straße diskutiert er über die Geschichte Kiews,

    den Krieg und die Hoffnung auf Frieden.


    Der /Weltwoche/-Chefredakteur befindet sich auf geheimer Friedensmission

    mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bei Präsident Wladimir Selenskij.


    *Ungarischer Ministerpräsident zu Friedensgesprächen in Kiew*


    Der Chefredakteur der /Weltwoche/ ist zusammen mit dem ungarischen

    Ministerpräsidenten nach Kiew gereist. Es ist der erste Besuch Orbáns in

    der Ukraine seit zehn Jahren. Der ungarische Regierungschef traf am

    Dienstag in der ukrainischen Hauptstadt ein, wie sein Sprecher Bertalan

    Havasi der ungarischen Nachrichtenagentur /MTI/ mitteilte.


    In Kiew führt Orbán Gespräche mit Präsident Selenskij, um Möglichkeiten

    für einen Frieden mit Russland sowie aktuelle Fragen der

    ungarisch-ukrainischen Beziehungen zu erörtern, so der Sprecher.


    Am Montag hatte Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres

    übernommen. Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Ungarn sind

    schwierig. Orbán hat sich wiederholt gegen EU-Hilfen für das Land

    gestellt und pflegt weiterhin gute Beziehungen zur Regierung in Moskau

    und China.


    Im Oktober 2023 nahm Orbán zusammen mit Wladimir Putin am

    Seidenstraßen-Forum in Peking teil, was das erste Treffen eines

    EU-Staats- und Regierungschefs mit Putin seit Ende Februar 2022 war.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Unsichere Hoffnung auf eine gute Zukunft

    Karin Leukefeld

    nachdenkseiten.de, 02. Juli 2024 um 10:49 Ein Artikel von Karin Leukefeld

    Krisen und Kriege im Nahen und Mittleren Osten untergraben das Recht auf Bildung. Aleppo, Juni 2024. Das Schuljahr geht zu Ende. Vor den langen Sommerferien bereiten die Schüler in Syrien sich auf die Prüfungen vor. Für die Älteren geht es um das Abitur, um das Baccalaureat, für die anderen um die Jahresabschlusszeugnisse. Das zentralistische Schulsystem ist ein Relikt aus der Zeit des französischen Mandats (1920-1946), das die Syrer, wie auch die Libanesen, beibehalten haben. In anderen Teilen der arabischen Welt, die vom britischen Mandat oder – nach dem 2. Weltkrieg – von den USA geprägt wurden, herrschen britische oder US-amerikanische Schulsysteme vor. Eine Reportage von Karin Leukefeld aus Aleppo.

    In den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens ist eine gute Schulbildung für die Kinder ein „Muss“ für die Familien. Den Kindern mit guter Schul- und Ausbildung den Weg für eine bessere Zukunft zu ebnen, ist Lebensinhalt und Aufgabe der Eltern. Doch anhaltende Krisen, Sanktionen, wirtschaftliche Probleme, Kriege und Kriegsdrohungen berauben die Jugend in den betroffenen Ländern ihres Rechts auf Sicherheit, Gesundheit und des Rechts auf Bildung.


    Libanon

    Im Libanon mussten Ende Juni die Prüfungen für rund 3.000 Schülerinnen und Schüler aus dem Südlibanon unter dem Schutz der libanesischen Streitkräfte in Schuleinrichtungen im Landesinneren stattfinden. Beteiligte berichteten, dass israelische Kampfjets während der Prüfungen in Tiefflügen die Schallmauer über den Prüfungsorten durchbrachen, um die Menschen einzuschüchtern.

    Rund 90.000 Menschen wurden seit Oktober 2023 wegen der anhaltenden gegenseitigen Angriffe von Hisbollah und Israel aus dem Südlibanon evakuiert. Für Kinder und Jugendliche stockte der Schulunterricht. Während die Hisbollah Militärbasen, Abschussrampen und Überwachungsanlagen der israelischen Streitkräfte angreift, attackiert Israel Agrarflächen und Wohnhäuser auch im Landesinneren des Libanon. Die Waffen könnten sofort schweigen, wenn ein Waffenstillstand im Krieg gegen Gaza erreicht werde, so die Hisbollah. Doch der Waffenstillstand kommt nicht voran und Israel hat in den letzten Wochen wiederholt erklärt, nun den Libanon „in die Steinzeit“ zu bomben.


    Gazastreifen

    Im Gazastreifen sprechen die Vereinten Nationen, Zusammenschlüsse von Universitäten und Akademikern weltweit von einem „Educide“, der systematischen Vernichtung der Bildung für die betroffenen Gesellschaften. Der englische Begriff wird aus „Education“, auf Deutsch Bildung, und „Genocide“, der massenhaften Vernichtung (von Menschen), zusammengesetzt. Die Situation im Gazastreifen seit Beginn des israelischen Krieges vor fast neun Monaten und das Schweigen der westlichen Regierungen, die Israel weiter mit Waffen, Ausrüstung, Munition und militärischer Aufklärung unterstützen, wird mit Entsetzen kommentiert.

    In dem englischsprachigen Internetportal University World News, einem „Globalen Fenster auf die Hochschulbildung“, werden die israelischen Angriffe auf die Hochschulen im Gazastreifen und die „komplette Zerstörung des Bildungssystems in Gaza“ scharf kritisiert. 23.000 Lehrer und Professoren hätten bis zum Beginn des Krieges an den sieben Universitäten mehr als 625.000 Studierende unterrichtet (Stand 27. Februar 2024), heißt es. 4.327 Studierende und 231 Lehrer und Professoren sowie Mitarbeiter seien getötet worden. Die massive Zerstörung von Schulen, die teilweise und komplette Zerstörung der Universitäten sei, wenn man der Sprachregelung der Völkermordkonvention folge, eine Form des „Educide“, eine vollständige und teilweise Vernichtung des Bildungssystems im Gazastreifen.

    Die UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF wies im April 2024 darauf hin, dass acht von zehn Schulen (76 Prozent) im Gazastreifen ganz oder teilweise zerstört seien. 620.000 Schülerinnen und Schüler könnten keinen Unterricht mehr besuchen. Die Angriffe auf die Bildungseinrichtungen zerstörten nicht nur den Unterricht, sondern „untergraben die Grundlage für nachhaltiges gesellschaftliches Wachstum und Entwicklung“, so Talal al-Hathal, Direktor der Stiftung „Bildung über alles“, in Doha (Katar).


    Syrien

    Trotz vieler Probleme können die meisten Schülerinnen und Schüler in Syrien ihre Abschlussprüfungen wahrnehmen. Es scheint, als würden für die Zeit der Prüfungen alle Kräfte mobilisiert, um die Kinder zu unterstützen. Eltern sorgen sich darum, dass ihre Sprösslinge gute Lernbedingungen haben, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten. Die Prüflinge selber sind angespannt und besuchen die von den Schulen angebotenen Kurse oder, wenn die Eltern es sich leisten können, private Lehrer, um Unsicherheiten im Lehrstoff zu überwinden. Strommangel und die enorme Hitze in diesem Juni stellen alle Beteiligten vor eine große Herausforderung.

    Die Prüfungstage beginnen mit einer Art Ausnahmezustand. Landesweit wird am frühen Morgen das Internet für mehrere Stunden abgeschaltet. Begründet wird die drastische Maßnahme damit, dass die Prüfungsaufgaben für alle Prüfungsfächer zentral erstellt werden und an jedem Prüfungstag per Internet an die Prüfungsstellen verschickt werden. Damit niemand sich auf welchem Weg auch immer Informationen über die Prüfungsfragen verschaffen kann, bleibt das Internet für die Allgemeinheit an diesen Tagen von 6:00 Uhr früh bis 10:00 oder auch 11:00 Uhr abgeschaltet.


    In Idlib und im Nordosten wird das syrische Schulsystem nicht anerkannt

    In Idlib und im Nordosten Syriens können die Prüfungen nicht durchgeführt werden. Sowohl die dogmatischen Islamisten von Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die Idlib kontrollieren, als auch die kurdisch geführte Autonome Verwaltung im Norden und Osten Syriens (AANES), erkennen das Schulsystem Syriens nicht an und verhindern die Durchführung der Prüfungen.


    Mustafa Abdul Ghani leitet in Aleppo die Bildungsdirektion (Bild)


    In Aleppo organisiert die Bildungsdirektion der Provinzbehörde seit Jahren, dass Schülerinnen und Schüler aus diesen Gebieten nach Aleppo kommen können. Mustafa Abdul Ghani, Leiter der Bildungsdirektion, berichtet von einem Angebot an die Schülerinnen und Schüler, zwei bis drei Wochen in Aleppo zu verbringen, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten und diese dann auch in Aleppo abzulegen. „Die Autonomiebehörde im Nordosten – die ja verschiedentlich mit den syrischen Behörden kooperiert – lässt die Schülerinnen und Schüler nach Aleppo oder auch nach Deir Ez-Zor fahren, damit sie an den zentralen Abschlussprüfungen teilnehmen zu können“, sagt Abdul Ghani im Gespräch mit der Autorin in Aleppo. „Doch die Islamisten geben den Schülern und Schülerinnen keine Genehmigung, blockieren die Straßen nach Aleppo und führen Kontrollen durch.“ Die Zeugnisse und Abschlussnoten seien für die Jugendlichen wichtig, weil das syrische Schulsystem international anerkannt sei. Man wisse nicht, welche Abschlüsse die Kinder in den Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung erhalten würden.

    Die Bildungsdirektion in Aleppo biete den Schülerinnen und Schülern Transport, Unterkunft und Verpflegung, Strom, Wasser und psychologische Hilfe an, um sich in Aleppo auf die Prüfungen vorzubereiten, sagt Abdul Ghani. 45 Schulen und andere Einrichtungen seien für die Unterkunft vorbereitet worden, Schulmaterial und Bücher würden zur Verfügung gestellt. Lehrerinnen und Lehrer hätten die Aufsicht und Betreuung übernommen. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF unterstütze, wenn auch nicht mehr so wie in früheren Jahren, sagt er. Die meiste Hilfe komme von syrischen privaten und öffentlichen Hilfsorganisationen.

    Um an den Prüfungen teilnehmen zu können, müssten die Kinder „15 Jahre alt sein und sich mit einem Personalausweis und ihren Zeugnissen anmelden“. In diesem Jahr seien 9.500 Schülerinnen und Schüler aus den Gebieten, die nicht von der syrischen Regierung kontrolliert würden, nach Aleppo gekommen. Mehr als 200 Schülerinnen und Schüler seien auf eigene Faust sogar aus Idlib gekommen. „Sie nutzten den Übergang bei Khan Scheikhun, Hilfsorganisationen haben den Transport organisiert und finanziert.“ 7.200 der Schülerinnen und Schüler seien in den öffentlichen Schulen untergebracht, die anderen wohnten in der Zeit der Prüfungen bei Verwandten.


    Screenshot_2024_07_02_at_18_48_28_Unsichere_Hoffnung_auf_eine_gute_Zukunft

    Teamwork und mehr für den Erfolg. Die Lehrerin Fatima al-Kurdi in der Eingangshalle einer Schule in Masaken Hanano (Bild)


    Mustafa Abdul Ghani und Osama Sorour vom Bildungsministerium (Damaskus), der die Prüfungen in Aleppo beaufsichtigt, begleiten die Autorin nach Masaken Hanano am Stadtrand von Aleppo. Dort sind zwei der Schulen, in denen die Prüflinge untergebracht sind. In einer Schule sind Mädchen, in der anderen Jungen. Im Eingangsbereich und auf den Fluren sind viele Zeichnungen, die den Kindern Sinn und Ziel des Schulunterrichts und des Lernens nahebringen sollen. „Konzept, Fähigkeiten, Strategie, Profit, harte Arbeit, Erneuerung, Teamwork“ steht in Kreisen, die um eine Glühbirne angeordnet sind, die den „Erfolg“ symbolisiert.


    Eine Mädchengruppe kommt aus Jaraboulus, das an der syrisch-türkischen Grenze liegt und von türkisch unterstützten islamistischen Milizen kontrolliert wird (Bild)


    Die Schülerinnen und Schüler wohnen und lernen in den Schulzimmern, die mit Schränken, Matratzen, Stühlen und Tischen ausgestattet sind. Auf jedem Flur gibt es Bäder, die Kinder erhalten Gutscheine, um sich Essen zu kaufen. In den früheren Jahren wurde Essen verteilt, das von privaten Hilfsorganisationen vorbereitet wurde, doch in diesem Jahr fehlt dafür das Geld, erklärt Herr Abdul Ghani. Die Jungen und Mädchen kommen aus Dörfern und kleinen Städten in den ländlichen Gebieten von Idlib, Hama und Aleppo. Die Schülerinnen und Schüler in den beiden Schulen in Masaken Hanano kommen aus dem Nordosten von Aleppo, aus Ain Arab/Kobane, Manbij, Jaraboulus und Al Bab.


    Schülerinnen aus Ain Arab/Kobane müssen erst ihr Arabisch auffrischen. Eine Großmutter (Mitte) begleitet ihre Enkelin. (Bild)


    An diesem Tag ist prüfungsfrei und die jungen Leute bereiten sich in kleinen Gruppen oder mit Lehrern auf die nächsten Prüfungen vor. Eine Gruppe der Mädchen aus Ain Arab/Kobané musste zunächst die arabische Sprache auffrischen. Die kurdische Autonomiebehörde hat an den Schulen Arabisch abgeschafft und der Unterricht findet nur noch in Kurdisch, zumeist Kurmanci statt. Dennoch gehört die arabische Sprache der Bevölkerung weiterhin zum Alltag. Eine der Schülerinnen wird von ihrer Großmutter begleitet, die mit den Mädchen zusammen in dem Klassenraum wohnt. Sie wollte unbedingt bei ihrer Enkelin bleiben, sagt Lehrerin al-Kurdi. Die meisten der befragten Mädchen wollen Apothekerinnen werden. Der Beruf der Lehrerin steht nicht hoch im Kurs, stellt die Lehrerin Fatima al-Kurdi fest, die die Mädchenunterkunft beaufsichtigt. Doch sie zwinkert mit den Augen, als sie das sagt, und die Mädchen lachen.


    Osama Sorour (2. v.links) vom Bildungsministerium beaufsichtigt die Prüfungen. Die drei Jungen bereiten sich auf das Abitur vor


    In der Schule, wo die Jungen untergebracht sind, wird mit einem Lehrer gerade Mathematik gepaukt. In einem anderen Klassenraum bereiten sich drei ältere Jungen auf das Abitur vor. Zwei von ihnen kommen aus Manbij und Ain Arab/Kobane. Der dritte Schüler sagt, er komme aus Raqqa. Seine Familie lebe aber in Manbij, weil Raqqa völlig zerstört sei. Er wolle Betriebswirtschaft studieren, um später den Betrieb seines Vaters übernehmen zu können, sagt der Schüler. Er werde Syrien auf keinen Fall verlassen. Seine beiden Mitprüflinge planen nach dem Abitur ein Studium zum IT-Ingenieur und Medizin. Sie denken darüber nach, Syrien zu verlassen, doch wie und wohin, ist unklar.

    Viele junge Männer haben in den letzten Jahren Syrien verlassen, weil sie nicht in der syrischen Armee dienen und auch nicht von den verschiedenen bewaffneten Gruppen für den Krieg rekrutiert werden wollten. Die Erklärung des syrischen Verteidigungsministeriums (Ende Juni 2024), Rekruten und Reservisten aus dem Militärdienst bis Ende des Jahres zu entlassen und die Dauer der Wehrpflicht für junge Männer neu zu regeln, sorgt in Syrien und vor allem bei den Familien für Aufatmen.


    Daumen hoch: Die Schüler hoffen auf ein gutes Zeugnis für die Zukunft (Bild)


    Der Mathematikunterricht ist inzwischen abgeschlossen, die Jungen versammeln sich neugierig im Flur, um die ausländische Journalistin zu befragen. „Nehmen Sie mich mit nach Deutschland“, sagt ein Schüler mit roten Haaren und Sommersprossen. Alle lieben deutschen Fußball und wollen auch wissen, wie es denn mit der Schule in Deutschland sei. Während Mustafa Abdul Ghani sich zu Einzelgesprächen mit einigen Jungen zurückzieht, verfolgt Osama Sorour interessiert den Austausch zwischen den Jungen und der Autorin. Schließlich werden Fotos und Selfis mit der deutschen Journalistin gemacht, bevor die Jungen zur nächsten Unterrichtsstunde zusammengerufen werden.

    Die syrische Jugend habe es schwer, sich eine Zukunft in Syrien vorzustellen, sagt Osama Sorour. Die Probleme seien sehr groß, der Krieg habe alles verändert. „Unsere Aufgabe ist, den Kindern die beste Schulbildung mitzugeben. Gute Zeugnisse können ihren Weg in die Zukunft ebnen.“


    Bildnachweis: Alle Bilder © Karin Leukefe


    Rubriken: Bildungspolitik Länderberichte

    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=117489


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Wahlen in Frankreich: Raphaël Glucksmann

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 2. Juli 2024, 16:43 Uhr


    Sollte die NFP (Nouveau Front Populaire

    <https://www.nouveaufrontpopulaire.fr/> – Neue Volksfront) und die

    Macron Partei am kommenden Sonntag die Mehrheit erlangen, dann käme

    Raphaël Glucksmann für die NFP in die engere Auswahl für den Posten des

    Premierministers. Hier ein Artikel über ihn, der vor den EU-Wahlen

    erschienen ist:


    https://www.euractiv.de/section/europawahlen/news/raphael-glucksmann-mann-der-ukraine-und-eu-spitzenkandidat-der-sozialisten/

    17. Mai 2024


    *Raphaël Glucksmann: Mann der Ukraine und EU-Spitzenkandidat der Sozialisten

    *Von: Laurent Geslin


    *Mit 14 Prozent in den Umfragen macht Raphaël Glucksmann, der

    Spitzenkandidat der französischen Sozialistischen Partei (PS), die

    Unterstützung der Ukraine zur Priorität seiner Kampagne. Bei anderen

    internationalen Krisen, wie dem Krieg in Gaza, bleibt er dagegen

    differenzierter.*


    „Er ist ein Freiheitskämpfer“, meinte Batu Kutelia und beschrieb, wie

    sehr er seinen Freund Raphaël schätze. Batu Kutelia, ehemaliger

    georgischer Botschafter in den Vereinigten Staaten von 2011 bis 2013,

    lernte Raphaël Glucksmann kennen, als dieser zu Beginn der 2010er Jahre

    Berater des georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili war. „Er half

    uns, nach dem Krieg mit Russland 2008 Unterstützung aus dem Westen zu

    bekommen.“


    Als Sohn des französischen Philosophen André Glucksmann wurde Raphaël

    Glucksmann in der Nähe von Paris in ein privilegiertes und

    kosmopolitisches Umfeld hineingeboren. Er schwankte lange Zeit zwischen

    humanitärer Arbeit und Journalismus, bevor er „Revolutionsberater“

    wurde, wie er in einem Artikel in /Le Monde/ im Frühjahr 2014 scherzte.

    Damals war er in der Ukraine tätig und schrieb Reden für Vitali

    Klitschko, den Boxer, der einer der Anführer der Demonstranten auf dem

    Maïdan-Platz und später Bürgermeister von Kyjiw wurde.


    „Raphaël Glucksmann wurde sich schnell der kriegerischen Absichten

    Wladimir Putins und seiner Fähigkeit bewusst, die Republiken der

    ehemaligen Sowjetunion zu destabilisieren, die sich von der russischen

    Kolonialherrschaft emanzipieren wollten“, merkte der Journalist Régis

    Genté, ein Experte für den Kaukasus, an.


    *Unterstützung für die Ukraine bis zum Schluss


    *Die unerschütterliche Unterstützung für Kyjiw macht Glucksmann zu einem

    der zentralen Punkte seiner Kampagne für die Europawahlen. Zu den

    vorgeschlagenen Maßnahmen gehören die Beschlagnahmung des eingefrorenen

    russischen Staatsvermögens in Höhe von 206 Milliarden Euro zur

    Unterstützung des ukrainischen Widerstands und die Einrichtung eines

    100-Milliarden-Euro-Fonds „für Investitionen in die europäische

    Verteidigungsindustrie.“


    Seine Gegner vom linken Spektrum kritisieren seine „kriegstreiberische“

    Haltung, von der Waffenhändler profitierten würden. Andere werfen ihm

    seine jahrelange Zusammenarbeit mit Micheil Saakaschwili vor, der von

    Januar 2004 bis November 2013 Staatspräsident Georgiens war. Dieser gilt

    als „atlantischer und neoliberaler“ Präsident und ist seit 2021 in

    seinem eigenen Land offiziell wegen „Amtsmissbrauchs“ inhaftiert.


    Diese Anschuldigungen werden von der rechten Rassemblement National (RN)

    und ihrem Spitzenkandidaten Jordan Bardella aufgegriffen. Dieser

    prangert den sozialistischen Kandidaten regelmäßig als „Sprachrohr für

    ausländische Interessen im Europäischen Parlament“ an.


    Indem er seine Kampagne auf internationale Solidarität und

    Menschenrechte ausrichte, „hat [Raphaël Glucksmann] dennoch die Merkmale

    beibehalten, die die Identität der Sozialistischen Partei ausmachen“,

    bemerkte Pierre-Nicolas Baudot, Doktor der Politikwissenschaft und

    Spezialist für die Sozialistische Partei. „Er nutzt die Lücke, die sich

    zwischen der Renaissance, die sich in nationalen Themen verfangen hat,

    und France Insoumise, deren außenpolitische Optionen die Menschen nur

    schwer überzeugen können, aufgetan hat“, so der Forscher weiter.


    In einem Interview

    <https://www.euractiv.de/section/europawahlen/interview/eu-wahlen-spitzenkandidatin-kritisiert-gespaltene-linke-in-frankreich/

    mit Euractiv forderte die Spitzenkandidatin von Macrons La France

    Insoumise, Manon Aubry, die Aufnahme von Verhandlungen mit Wladimir

    Putin. Des Weiteren empfahl sie die Entsendung von UN-Friedenstruppen

    zum Schutz der ukrainischen Atomkraftwerke.

    In einem Interview mit /LCI/ am 12. Mai sorgte sie für Kontroversen, als

    sie erklärte, dass die russische Armee „nicht auf Kyjiw marschiert“ sei,

    während im Frühjahr 2022 in den Vororten der ukrainischen Hauptstadt

    Kämpfe tobten.


    „Wir haben alle für die Hilfe für die Ukraine gestimmt“, unterstrich der

    Europaabgeordnete Emmanuel Maurel, der für die Kommunisten kandidiert.

    „Aber es gibt Themen, bei denen wir echte Differenzen mit Raphaël

    Glucksmann haben. Wir sind gegen die Erweiterung der Europäischen Union

    um die Ukraine und gegen die Aufhebung des Einstimmigkeitserfordernisses

    im Europäischen Rat für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

    (GASP).“


    Während Raphaël Glucksmann sich lautstark für die Ukraine einsetzt, ist

    seine Position zum Krieg in Gaza differenzierter. Er ruft regelmäßig zur

    Mobilisierung auf, um „das Gemetzel zu verhindern.“ Er weigert sich

    hingegen, den Begriff Völkermord zu verwenden, um die andauernden

    Massaker zu beschreiben. Damit unterscheidet er sich von anderen linken

    Politikern, wie dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei (PC), Fabien

    Roussel, oder dem Vorsitzenden von La France Insoumis, Jean-Luc Mélenchon.


    Ende April vertrat Raphaël Glucksmann außerdem die Ansicht, dass die

    Leitung der Universität Sciences Po Paris „das Recht zur Räumung“ der

    pro-palästinensischen Aktivisten habe, die das Gebäude blockierten. Er

    stand damit im Widerspruch zum ersten Sekretär der französischen

    Sozialistischen Partei (PS), Olivier Faure, der das Eingreifen der

    Ordnungskräfte als „katastrophal“ bezeichnete.


    Glucksmanns Ansichten zur Ukraine scheinen jedoch bei den Wählern in

    einer Europawahl, in der internationale Fragen im Mittelpunkt stehen,

    Anklang zu finden. Für Philippe Marlière, Professor für

    Politikwissenschaft am University College London, „sind die Wähler, die

    für Raphaël Glucksmann stimmen werden, ehemalige PS-Mitglieder, die

    während des Debakels von 2017 zu Mélenchon und Macron übergelaufen sind

    und nun wieder zurückkommen.“

    ----------------------------------------

    /Zur Erinnerung/

    Auszug aus dem/Programm/

    </der" rel="noopener">https://assets.nationbuilder.com/nouveaufrontpopulaire/pages/1/attachments/original/1718371078/Programme-nouveaufrontpopulaire.pdf?1718371078>/der 

    „Neuen Volksfront“ zu Ukraine/Russland/ /(Übersetzung), dem auch /La

    France Insoumise/und PCF zugestimmt haben:/


    *"Die Ukraine und den Frieden auf dem europäischen Kontinent verteidigen"

    /"/*/Um Wladimir Putins Angriffskrieg scheitern zu lassen und ihn vor

    der internationalen Justiz für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu

    ziehen, verteidigen wir mit aller Konsequenz die Souveränität und

    Freiheit des ukrainischen Volkes, sowie die Unversehrtheit seiner

    Grenzen durch die Lieferung der notwendigen Waffen, die Annullierung

    seiner Außenschulden, die Pfändung der Vermögen der Oligarchen, die zum

    russischen Krieg beitragen, im vom Völkerrecht erlaubten Rahmen, sowie

    die Entsendung von Blauhelmen zur Sicherung der Kernkraftwerke. Damit

    arbeiten wir im internationalen Kontext der Spannungen und des Krieges

    auf dem europäischen Kontinent auf die Rückkehr des Friedens hin."


    Info: 


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Sawsan Chebli über den Gaza-Krieg: „Ich war eine stolze Deutsche“

    taz.de, vom 29. 6. 2024, 09:36 Uhr, Daniel Bax

    Die in Berlin aufgewachsene Autorin und SPD-Politikerin Sawsan Chebli ist palästinensischer Herkunft. Der Gaza-Krieg hat etwas in ihr zerbrochen.

    Sawsan Chebli

    Sawsan Chebli in Berlin Foto: Miriam Klingl










    Wir treffen uns in einem Café in der Nähe des Kurfürstendamms im Westen Berlins. Sawsan Chebli ist schon früh da und hat einen Kaffee bestellt. Sie hat eine Tasche dabei, deren schwarz-weißes Muster an eine Kufiya erinnert, das Palästinensertuch. Bei ihren öffentlichen Auftritten wird Chebli seit ihrer Zeit als Staatssekretärin in der Berliner Senatskanzlei von Sicherheitskräften des Berliner Landeskriminalamts begleitet. Die Deutsch-Palästinenserin wird viel von Rechten angefeindet.


    wochentaz: Frau Chebli, wie geht es Ihnen angesichts des Kriegs in Gaza?

    Sawsan Chebli: 

    Es fühlt sich wie ein Albtraum an, da geht es mir wie Zehntausenden Palästinensern, Arabern und Muslimen. Wir wachen mit Bildern von toten und verstümmelten Kindern auf und gehen mit Bildern von toten und verstümmelten Kindern ins Bett. Und von der deutschen Öffentlichkeit erfahren wir kaum Empathie und Solidarität, sondern Ausgrenzung, Misstrauen und immer öfter puren Hass. Es tut auch weh zu sehen, dass so viele Menschen, die sonst laut sind, wenn es um Menschenrechte geht und darum, Grundrechte zu verteidigen, zu Gaza schweigen.


    Wie verfolgen Sie die Entwicklungen in Gaza? Über soziale Medien?

    Vor allem über US-amerikanische und britische Medien. Ich schaue auch, was die arabische Presse berichtet. Die deutschen Medien verfolge ich hauptsächlich, um die Debatte hier mitzubekommen.


    Wie empfinden Sie die deutsche Debatte?

    Ich denke mir oft: In welcher Parallelwelt leben wir in Deutschland eigentlich? Viele Nachrichten kommen hier schlicht nicht vor, vieles ist einseitig und verzerrt. Und natürlich verfolge ich auch soziale Medien. Viele Palästinenser aus Gaza, aber auch internationale Akteure mit großer Reichweite nutzen soziale Medien, um über die Lage in Gaza und in der Westbank zu berichten.


    Haben Sie durch den Krieg Freunde verloren?

    Es gibt Menschen, bei denen ich dachte, dass wir uns in der Achtung von universellen Menschenrechten einig sind und darüber, dass kein Leben mehr wert ist als das andere. Ich fürchte, ich habe mich getäuscht. Für jüdische Freunde, die nicht in der Lage waren, Empathie für das Leid der Menschen in Gaza zu empfinden, hatte ich zu Beginn Verständnis. Trotz meines eigenen Schmerzes konnte ich immer auch ihren Schmerz sehen. Bei einigen Leuten offenbart sich aber ein antipalästinensischer Rassismus, der mich wirklich erschüttert.


    Liegen die unterschiedlichen Sichtweisen auf diesen Krieg auch daran, dass man in unterschiedlichen me­dialen Welten lebt?

    Man muss schon sehr bewusst die Augen vor der Realität verschließen, um nicht zu sehen, dass das, was in Gaza und in der Westbank passiert, Verbrechen sind. Wer sehen will, der sieht das. Wer nicht sehen will, sieht nichts.


    Auch die Hamas hat schlimme Verbrechen verübt.

    Die habe ich sofort klar verurteilt und deutlich gemacht, dass sie durch nichts zu rechtfertigen sind. Wer aber heute, nach über 35.000 Toten, die meisten davon Kinder und Frauen, und all dem, was wir über die Kriegsführung und die Politiker in der israelischen Regierung wissen, immer noch blind Israel verteidigt und lediglich „aber Hamas“ sagt, mit dem teile ich keine gemeinsamen Werte.


    Ihre Eltern kamen als Flüchtlinge aus dem Libanon. Welchen Bezug haben Sie zur Heimat Ihrer Eltern?

    Ich habe mich schon immer stark mit der Heimat meiner Eltern verbunden gefühlt, meine palästinensische Identität ist sehr ausgeprägt. Ich habe einst Politikwissenschaften studiert, weil ich hoffte, für eine internationale Organisation in einem unabhängigen Staat Palästina zu arbeiten. Auf der anderen Seite habe ich mich immer sehr deutsch gefühlt und war stolze Deutsche. Ich habe das nie als einen Widerspruch empfunde


    Woher stammen Ihre Eltern? Meine Eltern stammen aus Orten, die in Israel liegen und die es heute nicht mehr gibt. Sie sind als Kinder mit ihren Eltern geflüchtet, sie gehören der klassischen Nakba-Generation an. Wie sehr viele Palästinenser, die 1948 aus ihrem Land geflohen sind oder vertrieben wurden, sind sie nie wieder an den Orten gewesen, in denen sie geboren wurden.


    Wo war das? Meine Mutter ist in der Nähe von Haifa geboren, mein Vater stammt aus einem Dorf in der Nähe von Safed. Den Eltern meiner Mutter ging es relativ gut. Nach 1948 haben sie alles verloren. Sie hatten immer die Hoffnung, zurückzukehren. Doch dann wurden aus Tagen Wochen, aus Wochen Monate, aus Monaten zwanzig Jahre. Zwanzig Jahre haben sie in Flüchtlingslagern im Libanon gelebt – bis mein Vater beschloss, den Libanon zu verlassen, weil es politisch zu gefährlich wurde und er uns Kindern ein Leben mit Zukunft ermöglichen wollte.


    Waren Sie schon mal in Israel?

    Ja, oft. Ich war auch an den Geburts­orten meiner Eltern. Das war intensiv, es fühlte sich wie Heimat an. Ich hatte immer den Wunsch, meinen Vater einmal dorthin mitzunehmen, aber er ist leider vorher gestorben. Auch meine Mutter würde gern an ihre Geburtsstätte zurückkehren, aber sie ist leider körperlich zu angeschlagen.


    Wie alt waren Ihre Eltern, als sie fliehen mussten?

    Das genaue Alter ist unbekannt, sie waren Kinder, aber alt genug, um sich an die Flucht beziehungsweise Vertreibung zu erinnern. Mein Vater redete nie darüber. Auch meine Mutter tut sich bis heute schwer, über ihre Flucht und ihre Kindheit zu sprechen.


    Sie sind als Kind von Flüchtlingen in Berlin aufgewachsen. Wie hat Sie das geprägt?

    Es hat mein ganzes Leben bestimmt. Meinen Gang in die Politik, mein Interesse für internationale Beziehungen, mein Engagement für Menschen, deren Stimme weniger hörbar ist, mein Lautsein, wenn ich Unrecht sehe. Ich bin als als zwölftes von dreizehn Kindern aufgewachsen. Unsere Familie war fünfzehn Jahre staatenlos, wir wurden nicht als Flüchtlinge anerkannt. Mein Vater wurde zweimal abgeschoben. Ohne all das wäre ich nicht die Sawsan Chebli, die ich heute bin.


    Sie mussten sich durchbeißen.

    Es hat sich wie ein Dauerkampf angefühlt – ums Überleben, ums Dableiben, um Zugehörigkeit, um Anerkennung. Ohne ein gutes Elternhaus und vernünftige Freunde hätte ich es nicht geschafft. Ich hatte auch das Glück, gute Lehrer zu haben, die an mich glaubten, denn als ich in die erste Klasse gekommen bin, habe ich kaum Deutsch gesprochen. Aber ich weiß, wie wenig selbstverständlich Biografien wie meine in Deutschland sind. Zu viele Kinder haben überhaupt keine Chance, in diesem Land aufzusteigen, wenn ihre Eltern arm sind und über zu wenig akademische Bildung verfügen.


    Hat Ihr Ehrgeiz den Ausschlag gegeben?

    Hätte ich Lehrer gehabt, die der Meinung gewesen wären, dass Leute wie ich nichts auf dem Gymnasium zu suchen haben, oder Eltern, die mit Bildung nichts anfangen können, hätte ich weder Abitur gemacht noch studiert. Obwohl meine beiden Eltern der deutschen Sprache nicht mächtig waren und weder schreiben noch lesen konnten, hatten sie das Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, sich zu bilden, um etwas zu erreichen.


    Die Schule allein war es nicht.

    Nein. Das politische System ist nicht dafür geschaffen, Menschen mit meiner Biografie den Aufstieg zu erleichtern. Deswegen sage ich immer, ich habe es trotz des Systems geschafft. Ich hatte eine liebevolle und bildungsbewusste Familie, tolle Lehrer, ein gutes soziales Umfeld und Ehrgeiz. Aber davon darf die Zukunft unserer Kinder in Deutschland nicht abhängen.


    Deswegen sind Sie Sozialdemokratin geworden?

    Ja. Es war das sozialdemokratische Aufstiegsversprechen, das mich SPD-Mitglied werden ließ.


    Wie geht es Ihnen jetzt mit der Partei?

    Keine Wahl ist mir bisher so schwergefallen wie die letzte Europawahl, vor allem wegen der Haltung der SPD zu Gaza. Ich kenne so viele Menschen, die sonst immer die SPD gewählt haben, ihr dieses Mal aber die Stimme verweigert haben. Die SPD täte aus moralischen und realpolitischen Gründen gut daran, dies nicht einfach zu ignorieren.


    Sie kommentieren relativ viel auf Social Media. Hat der Hass im Netz seit dem 7. Oktober zugenommen?

    Mit Sexismus und antimuslimischem Rassismus war ich vorher schon jeden Tag konfrontiert. Seit dem 7. Oktober hat der Hass auf Palästinenser aber eine völlig neue Dimension angenommen. In den Hassmails wird explizit meine palästinensische Identität adressiert. Mir wird Gewalt angedroht – dass man mit mir das Gleiche machen wolle, was das israelische Militär mit den Menschen in Gaza macht, und vieles mehr. Das gab es in dieser Brutalität vorher nicht.


    Wie halten Sie diesen Hass aus?

    Ich habe gelernt, den Hass nicht allzu sehr an mich heranzulassen. Diese Leute haben ein ganz bestimmtes Ziel: Sie wollen mich zum Schweigen bringen. Heißt das, dass Hass und Drohmails immer an mir abprallen? Nein, es gibt Tage, da trifft es mich mehr als an anderen. Am meisten treffen mich der Hass und die Hetze gegen mich als Palästinenserin.


    Warum?

    Weil es das Gefühl verstärkt, dass palästinensisches Leben in diesem Land weniger wert zu sein scheint. Dieser Rassismus wird ja auch viel mehr hingenommen und ist akzeptierter.


    Sie selbst teilen in den sozialen Medien auch aus: Dieter Nuhr haben Sie mal „dumm und uninformiert“ genannt …

    Ich habe gesagt, dass das, was er sagt, dumm und uninformiert ist – das ist ein Unterschied. Und unabhängig davon, ob ich zugespitzt formuliere oder, wie Sie sagen, „austeile“: Für Hass und Hetze gibt es keine Rechtfertigung.


    Haben Sie Ihr Verhalten im Netz verändert?

    Ich twittere weniger, sondern nutze die sozialen Medien heute eher zur Informationsvermittlung und als Informationsquelle. Ich diskutiere nicht mehr so, wie ich das am Anfang gemacht habe.


    Viele greifen Sie aufgrund Ihrer Religion an Ich werde als Frau, als Migrantin, als Flüchtlingskind, als Palästinenserin und als Muslimin angegriffen. Muslimfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus sind in Deutschland weit verbreitet – nicht nur bei Rechten. Jede zweite Person in Deutschland stimmt antimuslimischen Aussagen zu. Antimuslimische Straftaten haben stark zugenommen, Muslime gehören mehreren Studien zufolge zu den am stärksten benachteiligten Gruppen in Deutschland. In diesem Klima überrascht es nicht, dass ich als sichtbare Muslimin angefeindet und bedroht werde. Leider bleibt der Aufschrei meist aus, wenn Muslime angegriffen werden. Medien berichten kaum darüber, und die Politik bleibt oft sprach- und tatenlos.


    Sie haben sich als Staatssekretärin des Berliner Senats gegen Antisemitismus eingesetzt. Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019 haben Sie zu einer Mahnwache aufgerufen, zu der auch Angela Merkel erschien. Trotzdem wird Ihnen Misstrauen entgegengebracht.

    Dieses Misstrauen gab es auch schon vorher. Das ändert nichts daran, dass ich mich immer gegen Antisemitismus einsetzen werde, genauso wie gegen Rassismus. Das ist für mich eine Frage der Haltung. Aber ich finde es sehr problematisch, wenn einem das Eintreten gegen Antisemitismus nur dann abgenommen wird, wenn man sich von seiner palästinensischen Identität distanziert und sich mit Kritik am Vorgehen der israelischen Armee in Gaza zurückhält. Ist das so? Wir erleben, dass der Antisemitismusbegriff zunehmend entgrenzt und instrumentalisiert wird, um legitime Kritik zu unterbinden. Das schadet dem Kampf gegen Antisemitismus. Wir müssen dringend zu einer sachlichen Verwendung des Begriffs zurück. Im Moment wird selbst Wissenschaftlern, die zu Antisemitismus forschen und für eine differenzierte Sichtweise plädieren, unterstellt, sie würden Antisemitismus nicht ernst nehmen – nur weil sie darauf dringen, Kritik an staatlichem Handeln nicht mit der Hetze gegen eine verletzliche Minderheit gleichzusetzen.


    Als Jugendliche haben Sie selbst Juden mit Israelis gleichgesetzt, Wut auf sie empfunden und sie für das Leid Ihrer Familie verantwortlich gemacht. So haben Sie es vor einem Jahr in einem Interview erzählt.

    Ich bin dankbar dafür, dass ich jüdische Menschen kennenlernen durfte, die mir einen anderen Blick auf das Thema gegeben haben. Abertausende Juden gehen gerade weltweit mit Palästinensern, Arabern und Muslimen auf die Straße, um gegen den Krieg und die Besatzung zu demonstrieren. Auch in Israel gehen Juden und Palästinenser gemeinsam auf die Straße. Wir müssen alles tun, um diese Allianzen zu schützen und stärken.


    Wären Sie noch stellvertretende Pressesprecherin des Auswärtigen Amts oder Staatssekretärin in Berlin, dann müssten Sie sich mit öffentlichen Äußerungen zu Gaza sicher stärker zurückhalten.

    Vor allem als Sprecherin wäre ich heute in einer sehr schwierigen Lage.


    War es nicht gut im Auswärtigen Amt?

    Die Zeit im Auswärtigen Amt war mit die intensivste Zeit meines Lebens. Ich habe viel gelernt und weltweite Krisen wie die Annexion der Krim, den Brexit, den Wahlsieg von Trump, die Flüchtlingskrise als stellvertretende Sprecherin hautnah miterlebt. Politik so nah zu erleben und mitprägen zu können, und das mit meinem Hintergrund – das war etwas Besonderes.


    Sie sind jetzt hauptsächlich als Autorin und Speakerin unterwegs. Wollen Sie in die Politik zurückkehren?

    Ich bin mit 21 Jahren in die SPD eingetreten, heute bin ich 45 Jahre. Politik ist Teil meines Lebens, das kann man nicht einfach so wegwischen. Wohin mich das die nächsten Jahre führen wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Politik ist meine Leidenschaft, und das wird immer so sein. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, Politik zu machen, als in einer politischen Partei aktiv zu sein.


    Wollen Sie in Deutschland bleiben?

    Es gibt in der Tat viele Menschen, die sich diese Frage stellen und mit dem Gedanken spielen, das Land zu verlassen. Auch ich stelle mir diese Frage. Zumindest habe ich noch nie so stark an meinem Deutschsein, an meiner Heimat und an der Frage, ob mich dieses Land will, gezweifelt wie jetzt. Mein Deutschsein hat schon durch Sarrazin, die NSU-Affäre, die Islam-Debatten und den Anschlag von Hanau immer wieder Schrammen bekommen. Inzwischen ist aus einer Schürfwunde eine tiefere Verletzung geworden.


    Was hat die deutsche Politik falsch gemacht­?

    Es fehlt an aufrichtigem Interesse, an Gesprächen auf Augenhöhe und auch an Achtung von religiöser Vielfalt jenseits von Sonntagsreden. Da ist das kollektive Wegsehen bei antimuslimischem Rassismus und die entmenschlichende Art, wie die Politik über Migration spricht. In der muslimischen und arabischen Community ist viel Vertrauen verloren gegangen. Ich habe mit jungen Leuten geredet, die politisch engagiert waren und die jetzt sagen: Ich will mit dieser Politik nichts mehr zu tun haben. Da wächst eine Generation heran, die sich abwendet, sich nicht gesehen fühlt und verletzt ist. Der Umgang der Politik mit Gaza, die Doppelmoral der deutschen Nahostpolitik und die fehlende Empathie mit dem Leid der Palästinenser haben das Gefühl des Nichtdazugehörens noch einmal um ein Vielfaches verstärkt. Viele sind zudem zutiefst verunsichert und haben Angst.


    Auf der Straße sieht man zugleich so viele Palästinensertücher wie nie.

    Da, wo Menschen das Gefühl haben, etwas unterdrücken zu müssen, entsteht das Gegenteil – da entsteht Widerstand gegen empfundenes Unrecht. Es hat eine starke Renationalisierung stattgefunden. Ein Vater hat mir gesagt, dass seine Kinder, deren Mutter Deutsche ist, vorher nichts mit Palästina am Hut hatten. Jetzt tragen die Kinder das palästinensische Tuch, hören palästinensische Musik, befassen sich mit palästinensischer Dichtung und wollen mehr über ihre palästinensischen Wurzeln und das Land ihrer Eltern und Großeltern wissen. Ist das bei Ihnen auch so? Nein, weil ich diese Verbindung schon immer hatte. Was leider aber auch stimmt, ist, dass ich mich noch nie so einsam, so verdächtigt und unerwünscht gefühlt habe. Es ist mir noch nie so schwergefallen, mich als Deutsche zu fühlen.


    Info: https://taz.de/Sawsan-Chebli-ueber-den-Gaza-Krieg/!6017664


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    [liste@kopi-online.de] Zur Antisemitismus-Bekämpfung beim Innenministerium

    aus e-mail von Ingrid Rumpf, 2. Juli 2024, 9:37 Uhr


    *_Wohin soll das noch führen???_* Nicht nur das Landgericht Mannheim

    (s.u.), auch der Bayrische Gerichtshof hat inzwischen das

    undifferenzierte Verbot der Parole "From the river to the sea, Palestine

    will be free"

    als rechtswidrig eingestuft!


    https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/antisemitismus-216.html 

          (1.7.24)


    Berlin Mitte Mai gegen 6 Uhr am Morgen. Ein lautes andauerndes "Bollern"

    gegen die Wohnungstür holt Studentin Alina T. aus dem Schlaf. Die junge

    Frau weiß im ersten Moment nicht, was los ist. "Der DHL-Mann? - Nein,

    kann nicht sein!", sie ist völlig verwirrt.


    Als ihr Ehemann die Tür öffnet, "stürmen" mehrere LKA-Beamte, zwei

    Mitarbeiter des Bezirksamts und auch das SEK an ihm vorbei in die

    Wohnung. Verdutzt schaut er auf den Durchsuchungsbeschluss.


    Alina T., derweil noch im Schlafzimmer, versucht die Türe zu schließen,

    die junge Frau ist halbnackt. Doch zwei weibliche Beamte halten sie auf

    und betreten das Schlafzimmer, setzen Alina T. fest, die vor Angst

    zittert. So schildert sie den Moment der Hausdurchsuchung gegenüber dem

    /ARD-Hauptstadtstudio/.


    *Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole?*


    Hintergrund war ein Facebook-Eintrag im Profil der Studentin: "From the

    river to the sea, Palestine will be free". Als ihr das mitgeteilt wird,

    habe Alina T. zunächst auflachen müssen - vor Erleichterung. Denn nun

    sei ja klar, dass es sich nur um ein Missverständnis handeln könne.


    "Es ist doch offensichtlich, was der Spruch bedeutet: Vom Fluss bis zum

    Meer frei von einer israelischen Besatzung! Ein freies Land halt, neben

    Israel. Wie kann man etwas anderes denken?", fragt die junge Frau

    ungläubig, die noch nie vorher etwas mit der Polizei zu tun hatte.


    Sie ist auch jetzt, Ende Juni, verängstigt - denn das "Missverständnis"

    hat sich bislang nicht aufgelöst. Ein Strafverfahren wegen der

    Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole läuft. Ihre Identität möchte

    sie schützen, ihren Namen haben wir daher geändert.


    *Hohe Zahl antisemitischer Delikte*


    Alina T. ist ein Fall in der Statistik, die Bundesinnenministerin Nancy

    Faeser regelmäßig als Beleg der massiv angestiegenen Zahl

    antisemitischer Delikte heranzieht. Für das Jahr 2023 sind im

    Verfassungsschutzbericht 5.164 Delikte in dieser Kategorie gelistet. Das

    Gros entfällt auf die Unterkategorie "rechts" mit mehr als 3.000

    Vorfällen. 531 werden einer "religiösen Ideologie" zugeordnet, 373

    Delikte sind unter "Sonstiges" gelistet.


    Wie häufig sich die Parole "From the river to the sea - Palestine will

    be free" in dieser Statistik niederschlägt, kann das

    Bundesinnenministerium auf Anfrage nicht beziffern. Bei einer Abfrage

    verschiedener Polizeidienststellen aus dem Herbst des Jahres 2023 durch

    das /ARD-Hauptstadtstudio/ ist aber immer wieder dieser Slogan gefallen,

    der strafrechtliche Ermittlungen ausgelöst hat und auch als Grund zum

    Auflösen von Versammlungen von den Behörden herangezogen wurde.


    "Allein dieser Slogan hat in wenigen Monaten zu einer großen Anzahl von

    Ermittlungsverfahren geführt. Ich gehe bundesweit von einer hohen

    dreistelligen, wenn nicht gar vierstelligen Zahl seit dem 7. Oktober

    2023 aus. Wegen ihm werden Wohnungen durchsucht, Demonstrationen

    verboten und immer wieder Menschen auf Versammlungen festgenommen", sagt

    Rechtsanwalt Benjamin Düsberg, der auch Alina T. vertritt, dem

    /ARD-Hauptstadtstudio/.


    *Parole per Verfügung verboten?*


    Maßgeblich für eine Strafbarkeit ist bei solchen Delikten grundsätzlich

    der sogenannte objektive Empfängerhorizont - also wie ein Unbeteiligter

    eine solche Äußerung versteht. Als Auslöschung Israels oder Befreiung

    Palästinas von der israelischen Besatzung? Angelehnt daran sei der

    Ausspruch schlicht nicht eindeutig, sagte Strafrechtsexperte Thomas

    Fischer der Legal Tribune Online bereits Mitte Oktober 2023.

    <https://www.lto.de/recht/meinung/m/frage-fische-jubel-terror-hamas/> Es

    müssten weitere Elemente dazukommen.


    Dass der Ausspruch ohne weitere Umstände dennoch zu einer Strafbarkeit

    führen soll, liegt an einer Verfügung des Bundesinnenministeriums von

    Anfang November. Danach wird der Ausspruch grundsätzlich der Hamas

    zugeordnet. Wer ihn verwendet, soll demnach automatisch das Kennzeichen

    einer Terrororganisation verwenden.


    Dieser Logik widersprach das Landgericht Mannheim Mitte Juni in zweiter

    und letzter Instanz. Aus Sicht der Kammer bleibe der Ausspruch

    "allgemein gehalten" und habe eine komplexe Geschichte. Es lasse sich

    aus ihm nicht entnehmen, auf welche Weise das historische Palästina

    befreit werden solle. Zudem "ist eine Zueigenmachung der Parole durch

    die Hamas zu verneinen". Wörtlich sei sie kein Bestandteil der Hamas-Charta.


    *Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens*


    Weiter führt das Gericht aus: "Inwieweit die Hamas den Slogan in Gänze

    verwendet und sich zu eigen gemacht haben soll, ist in den Ausführungen

    im Bericht Lagebild Antisemitismus des Bundesamts für Verfassungsschutz

    nicht dargetan, sondern wird dort lediglich behauptet."


    Das Gericht stellt zudem klar, dass das Innenministerium gar nicht

    verbindlich definieren kann, ob es sich um ein Kennzeichen der Hamas

    handelt. Dass das Ministerium den bloßen Teil der Parole "From the river

    to the sea" in seiner Verbotsverfügung vom 3. November als Kennzeichen

    der Hamas eingeordnet habe, führe daher nicht zur Strafbarkeit der Parole.


    Der Verbotsverfügung komme, so das Gericht, "keine konstitutive Wirkung

    zu, wobei zudem wegen der Anknüpfung des Verbots der spezifischen Parole

    an eine politische Meinung bereits erhebliche Zweifel erhoben worden

    sind, ob das Verbot mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar ist und nicht auch

    gegen die staatliche Neutralitätspflicht und das Diskriminierungsverbot

    verstößt".


    *Durchsuchungen und erleichterte Abschiebungen*


    Die Entscheidung des Landgerichts Mannheim "sollte alljenigen als eine

    Mahnung gereichen, die im politischen Diskurs allzu vorschnell eine

    Strafbarkeit bei Verwendung des Slogans annehmen", schreibt Kai Ambos in

    der ersten Juli-Ausgabe der JuristenZeitung.


    Doch das lehnt das Bundesinnenministerium weiterhin ab. Auf Nachfrage

    des /ARD-Hauptstadtstudios/ teilt das Ministerium mit, dass es sich an

    die Entscheidung nicht gebunden fühlt. Ambos nennt das "kontrafaktisch"

    und "enttäuschend". "Statt sich mit der gut recherchierten Begründung

    der Kammer auseinanderzusetzen, bezieht sich das Ministerium auf diffuse

    Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden", sagt er.


    Durchsuchungen wie bei Alina T. dürften damit nicht als Ausnahme gelten.

    Doch auch weitere Konsequenzen könnten sich abzeichnen, die über eine

    Hausdurchsuchung noch hinausgehen. Das Ministerium plant, Abschiebungen

    zu erleichtern, sollte im Internet "Terror verherrlicht werden"

    <https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/faeser-terrorverherrlichung-100.html

    - selbst ohne entsprechendes Gerichtsurteil.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    02.07.2024

    Projekt mBRIDGE erklärt: BRICS, Multi-Währungs-Realität über neues Blockchain-Abrechnungssystem

    seniora.org, 02. Juli 2024, 30.06.2024 Lena Petrova mit Dr. Warwick Powell im Gespräch - übernommen von - https://lenapetrova.substack.com/

    Das Blockchain-basierte Projekt mBRIDGE wird die Grundlage für ein neues, globales alternatives Finanzsystem bilden. mBRIDGE unterstützt keine Abrechnungen in US Dollar.

    Lena Petrova mit Dr. Warwick Powell

    Transkript und Übersetzung für seniora.org besorgte Dr. Andreas Mylaeus

    Heute erörterten Warwick und Lena, wie das Projekt mBRIDGE funktioniert, seine Struktur, die wichtigsten Akteure sowie die Vorteile, die es der globalen Mehrheit bringen wird. Die Diskussion konzentriert sich auf den Prozess der Entdollarisierung, den BRICS+-Block und die Zukunft der Zahlungsabwicklung.


    Warwick Powell:

    Es besteht kein Zweifel daran, dass eine technologische Architektur wie mBridge die Möglichkeiten eines einzelnen Landes, in die Transaktionen anderer Länder einzugreifen, einschränkt, und das ist eines der wichtigsten attraktiven Merkmale einer Distributed-Ledger-Architektur*. In diesem Sinne besteht für mich kein Zweifel daran, dass die Fähigkeit der Vereinigten Staaten, Transaktionen auf Dollarbasis als Waffe einzusetzen, indem sie die Operationen von Swift beeinflussen können, in Zukunft eingeschränkt wird.

    Lena Petrova:

    Hallo zusammen. Heute freue ich mich, Warwick Powell wieder begrüßen zu dürfen. Warwick ist Adjunct Professor an der Queensland University of Technology in Australien und Senior Fellow am [?] Institute in Peking. Warwick ist außerdem ein Experte in Sachen Blockchain und digitale Technologien, die heute im Mittelpunkt unseres Gesprächs stehen.

    Warwick, willkommen zurück. Ich freue mich sehr, Sie wiederzusehen.

    Warwick Powell:

    Ich freue mich, wieder hier bei Ihnen zu sein.

    Lena Petrova:

    Das CBDC-Projekt mBridge hat in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt. Soweit ich weiß, unterstützt die Blockchain-basierte mBridge keine Abrechnungen in US-Dollar, und das könnte bedeuten, dass sie nach ihrer Fertigstellung das System sein wird, das die Entdollarisierung auf der ganzen Welt beschleunigen wird. Das Ziel von mBridge ist es, die Grundlage für ein globales alternatives Finanzsystem zu schaffen, das die Multipolarität unterstützen wird.

    Warwick, könnten Sie uns zu Beginn erläutern, was das Projekt mBridge ist, wie es strukturiert ist und wer die wichtigsten Akteure sind?

    Warwick Powell:

    Sicher. Lassen Sie uns versuchen, es aufzuschlüsseln. Das Projekt mBridge ist ein Gemeinschaftsprojekt, an dem eine Reihe von Zentralbanken zusammen mit einer größeren Gruppe von Zentralbanken und zugehörigen Finanzaufsichtsbehörden aus verschiedenen Ländern der Welt als Beobachter beteiligt sind. Zu den Gründungspartnern des Projekts gehören die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die Währungsbehörde von Hongkong und die Zentralbanken von China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Thailand. Seit kurzem ist auch die Zentralbank von Saudi-Arabien als Vollmitglied dabei.

    Die Funktionsweise dieses Projekts   – bevor wir zum technologischen Teil kommen   – besteht darin, dass es in der Tat als ein auf einem Mehrparteienausschuss basierendes Steuerungssystem organisiert ist, bei dem die Hauptteilnehmer zusammenarbeiten, um gemeinsam eine Technologie zu entwerfen und schrittweise zu testen, zu implementieren und erneut zu testen, um einige seit langem bestehende Probleme bei der grenzüberschreitenden Zahlungsabwicklung anzugehen.

    Die Probleme, die sie zu lösen versuchen, betreffen die Kosten und die zeitliche Ineffizienz sowie die Risiken der Zensur, die sich aus der traditionellen Architektur der grenzüberschreitenden Abrechnung ergeben. Die Art und Weise, wie grenzüberschreitende Abrechnungen in der Vergangenheit funktioniert haben, besteht darin, dass die Abrechnung von Transaktionen zwischen Organisationen in verschiedenen Ländern über eine Reihe von Schritten erfolgt, und diese Schritte umfassen Beziehungen zwischen diesen Organisationen und ihrer Geschäftsbank, der Geschäftsbank und ihrer Beziehung zur Zentralbank des betreffenden Landes, der Beziehung dieser Zentralbank zur Zentralbank der Gegenpartei und dann wieder zurück zur Organisation der Gegenpartei. Wenn also traditionell Transaktionen getätigt werden, müssen sie letztlich durch Nachrichtenübermittlung von Zentralbank zu Zentralbank abgewickelt werden, wobei die Hauptbücher in beiden Banken entsprechend angepasst werden, indem der Betrag auf dem Konto des Hauptbuchs in einer Zentralbank addiert und bei dem Hauptbuch in der Bank der Gegenpartei subtrahiert wird. Dieser Prozess ist ziemlich umständlich. Er ist recht langsam und ziemlich teuer.

    In jüngster Zeit wurde dieses Verfahren hauptsächlich über die so genannte Swift-Nachrichtenplattform umgesetzt, die es den teilnehmenden Banken ermöglicht, miteinander zu kommunizieren und sichere Nachrichten in einem Standardformat zu versenden, so dass sie die Anweisungen der anderen Seite verstehen können. Dieser Prozess kann viele Tage dauern, bis die Konten angepasst sind, und die dabei anfallenden Gebühren und Kosten sind recht hoch. Wir haben also ein Kosten- und Zeitproblem.

    Diese Probleme gab es natürlich schon vor den neueren Problemen, und diese neueren Probleme haben damit zu tun, dass diese von einer speziellen Gruppe von Institutionen zu einer Waffe gemacht worden sind. Mit "zur Waffe gemacht" meine ich, dass sie nun Teil eines Prozesses geworden sind, durch den eine bestimmte Partei   – insbesondere die Vereinigten Staaten   – in der Lage war, die Betreiber von Swift zu veranlassen, die Banken aus bestimmten Ländern oder bestimmte Banken davon auszuschließen, Nachrichten mit anderen auszutauschen, mit anderen Worten: sie aus den Vereinbarungen zum Informationsaustausch auszuschließen, die grenzüberschreitende Zahlungen ermöglichen.

    mBridge nimmt sich all dieser Probleme an. Die Art und Weise, wie mBridge dies tut, ist die einer Distributed-Ledger-Architektur* oder einer Blockchain. Die Blockchain-Architektur ist in zwei grundlegende Schichten gegliedert. Auf der ersten Ebene betreiben die teilnehmenden Zentralbanken Knotenpunkte, d.h. ihre eigenen Computer, die eine Kopie des Hauptbuchs führen, und diese Knotenpunkte haben auch die Befugnis, am Konsensmechanismus teilzunehmen, mit dem dieses gemeinsame Hauptbuch aktualisiert wird. Die zweite Ebene dieser Architektur ist die Ebene der teilnehmenden Geschäftsbanken. Diese Geschäftsbanken haben ebenfalls Knoten und diese Knoten haben eine Kopie desselben Hauptbuchs. Der Unterschied besteht darin, dass die Geschäftsbanken nicht befugt sind, sich direkt an der Aktualisierung des Hauptbuchs zu beteiligen. Nur die teilnehmenden Zentralbanken sind befugt, sich an dem Konsensmechanismus zu beteiligen, der schließlich die Aktualisierungen festlegt.

    Diese dezentrale Infrastruktur ermöglicht die gleichzeitige Aktualisierung aller Konten, so dass wir das Zeitproblem gelöst haben, da wir nicht mehr warten müssen, bis Nachrichten von einer Partei zur anderen übermittelt und Aktualisierungen vorgenommen werden, sondern diese zur gleichen Zeit vorgenommen werden. Dadurch, dass wir sie gleichzeitig vornehmen können, reduzieren wir auch die Kosten, und vor allem, weil es sich um ein dezentrales Hauptbuch handelt, bei dem alle teilnehmenden Zentralbanken Mitglieder des Konsensmechanismus sind, kann keine einzelne Bank Transaktionen zensieren, blockieren oder ändern. Das ist, wenn Sie so wollen, das Grundkonzept und der bisherige Betrieb von mbridge.

    Lena Petrova:

    Konzentriert sich das Projekt mBridge ausschließlich auf Großhandels-CBDCs** oder E‑Commerce-Transaktionen oder ist geplant, auch Einzelhandels-CBDCs einzubeziehen?

    Warwick Powell:

    Zum jetzigen Zeitpunkt konzentriert sich das System auf Transaktionen von Bank zu Bank, und ich denke, in diesem Sinne könnte man sagen, dass es sich um ein Stück Architektur für Großhandelstransaktionen handelt. In jüngster Zeit hat der Eigentümer von WeBank, WeChat in China, eine sehr bedeutende Plattform für den elektronischen Handel und Einzelhandelszahlungen, an einer Reihe von Technologie- und Transaktionsversuchen teilgenommen, die grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Unternehmen ermöglichen. Aber am hinteren Ende, wenn Sie so wollen, sind es die Geschäftsbanken, die über die Zentralbanken in diesem kollektiven Hauptbuch die Transaktionen abwickeln. Für die teilnehmenden Unternehmen ändern sich also ihre Konten, sei es, dass Zahlen hinzukommen oder weggenommen werden, aber der Mechanismus findet tatsächlich auf der Ebene der einzelnen Banken statt.

    Lena Petrova:

    Ich verstehe. Soweit ich weiß, wird das Projekt mBridge vom IWF und der Weltbank unterstützt und wird derzeit von den Zentralbanken Südkoreas, der Türkei und Norwegens beobachtet. Es besteht also durchaus ein gewisses Interesse. Es sieht so aus, als ob diese Länder irgendwann zu Vollmitgliedern werden könnten, so wie Saudi-Arabien gerade zu einem Vollmitglied wurde. Seit einigen Monaten nehmen auch einige große Banken wie HSBC und Goldman teil, so dass sowohl die Zentralbanken als auch der Privatsektor sich engagieren. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für diese Einigkeit zwischen den beiden?

    Warwick Powell:

    Ich denke, sie alle suchen nach einer Infrastruktur für die Transaktionsabwicklung, die schnell und billig ist und die letztlich zensurresistent ist. Diese drei Hauptziele sind also, wenn Sie so wollen, die gemeinsamen Gründe für alle teilnehmenden Institutionen.

    Zusätzlich zu den von Ihnen erwähnten Institutionen, Lena, sind mehr als 20 Zentralbanken aus der ganzen Welt als Beobachter beteiligt, und ich denke, das spricht für das Interesse an dieser speziellen technologischen Lösung für die von mir beschriebenen Probleme und eröffnet auch die Möglichkeit der Skalierung. Vor etwa 18 Monaten führte das Projektteam seinen ersten echten Versuch mit etwa 150 Transaktionen im Wert von etwa 25 Millionen US-Dollar durch, um zu prüfen, wie weit sie bei der Entwicklung ihrer Software gekommen waren. Und das hat alles funktioniert. Sie haben also gewissermaßen den Beweis erbracht, dass die Ziele des Konzepts erreicht werden können.

    Dabei entdeckte das Team, dass es einige Verbesserungen am Konsensmechanismus der Blockchain selbst vornehmen musste, die im Laufe des Jahres 2023 durchgeführt wurden und zu einer erheblichen Überarbeitung des Konsensmechanismus führten, der nun viel schnellere und kostengünstigere Abrechnungen ermöglicht. Dies geschah in Vorbereitung auf die Markteinführung eines Minimum Viable Product***. In den letzten sechs Monaten hat es in der Branche eine Menge Aufregung gegeben, und zwar unter einer kleinen Gruppe von Leuten, die sich für diese Dinge interessieren, und die auf die Einführung dieses Minimalprodukts gewartet hatten, und das ist nun geschehen.

    Das mBridge-Projekt fordert Organisationen auf, Vorschläge für Anwendungen zu unterbreiten, die mit ihrer Abwicklungsarchitektur interagieren, um spezifische Anwendungslösungen für bestimmte Arten von grenzüberschreitenden Transaktionen und Möglichkeiten zu liefern. So konzentrierte sich der Großteil dieser Architektur natürlich auf die Abwicklung von Geldkonten. Aber wenn es um grenzüberschreitende Transaktionen geht, geht es auch um die Bewegung von Waren. Die Art und Weise, wie diese Geldabwicklungsarchitektur mit Daten im Zusammenhang mit Lieferketten interagiert, wird wahrscheinlich eine der nächsten Aufgaben sein, die nicht nur von mBridge selbst angegangen werden, weil mBridge einen sehr engen Aufgabenbereich hat, sondern von den teilnehmenden Organisationen in der Industrie, in der Technologie und schließlich im Bereich des Handels und der Lieferketten. Ich denke, dass dieses MVP***, das jetzt veröffentlicht wurde, das nächste Kapitel für mBridge aufschlägt, um allgemeiner zu werden und die reale Welt des grenzüberschreitenden Handels zu erreichen   – nicht nur grenzüberschreitende Transaktionen, sondern grenzüberschreitenden Handel.

    Lena Petrova:

    Als ich vor ein paar Wochen ein Video über den Beitritt Saudi-Arabiens zum Projekt mBridge gedreht habe, war eine der Fragen, die ich erhielt, sehr interessant, und ich würde gerne Ihr Feedback zu dieser Frage erhalten. Das Projekt mBridge wird also von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich verwaltet und vom IWF und der Weltbank unterstützt, wie wir gerade besprochen haben. Was ist Ihre Meinung dazu?

    Warwick Powell:

    Ich glaube, dass Organisationen auf der ganzen Welt, wenn sie von der Geopolitik einen Schritt zurücktreten, erkennen, dass die vorherrschenden Institutionen und Technologien, die grenzüberschreitende Transaktionen in den letzten 70 Jahren unterstützt haben, wirklich das Ende ihres Verfallsdatums erreicht haben. Und damit meine ich die Erkenntnis, dass diese Systeme und Institutionen teuer sind, mehr Zeit in Anspruch nehmen, als sie eigentlich sollten, und in jüngster Zeit anfällig für Zensur oder für die Benutzung als Waffe geworden sind. All diese Faktoren kommen also zusammen, wenn jemand, der in all dem relativ neutral ist und einfach an einer Technologie und einem Governance-System interessiert ist, das Vertrauen und Vorhersehbarkeit bei grenzüberschreitenden Konto-Anpassungen ermöglicht, nach besseren Möglichkeiten sucht.

    Und Distributed-Ledger-Technologien*, die von gut etablierten, ausgereiften Institutionen in den Ländern sowie von grenzüberschreitenden Institutionen wie der BIZ unterstützt werden, haben ein großes Potenzial, diese Ambitionen und Ziele zu erreichen.

    Lena Petrova:

    Wie wichtig wird das Projekt mBridge für die Entdollarisierung werden? Welche Rolle wird es Ihrer Meinung nach dabei spielen?

    Warwick Powell:

    Sehen Sie, das Projekt könnte entweder direkt oder indirekt eine sehr wichtige Rolle spielen   – direkt natürlich als ein Teil der Infrastruktur selbst. Es könnte sicherlich Handelsabwicklungen auf der Grundlage nationaler Währungen erleichtern, die nicht den Umtausch von nationalen Währungen in US-Dollar und den anschließenden Rücktausch von US-Dollar in nationale Währungen als Art der Handelsabwicklung beinhalten.

    Die andere Art und Weise, in der es meiner Meinung nach eine sehr wichtige Rolle spielen kann, sind die Lehren, die aus der Entwicklung von mBridge als Projekt selbst gezogen wurden   – die Lehren in Bezug auf das technologische Design und auch in Bezug auf die nicht-technologischen Aspekte der Verwaltung eines konsensbasierten Netzwerks von Organisationen. Ich denke, dass diese Erkenntnisse letztlich eine wichtige Rolle bei der Art und Weise spielen werden, wie BRICS ihr eigenes, auf nationaler Währung basierendes Handelsabwicklungssystem entwickeln werden. Es besteht also kein Zweifel daran, dass die Arbeit, die in mBridge geleistet wurde, eine entscheidende Rolle in den Prozessen der Währungsmultipolarität spielen wird, die sich in den nächsten 5 bis 10 Jahren entwickeln wird.

    Lena Petrova:

    Und das bringt uns zu einem wirklich interessanten Thema, über das unsere Zuschauer sicher gerne etwas hören würden. mBridge ist eine Alternative zu Swift, wie Sie gerade erwähnt haben.

    Was bedeutet mBridge für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten in Bezug auf ihre Fähigkeit, einen Wirtschaftskrieg zu führen und bündnisfreie Regierungen anzugreifen? Wird das diese Möglichkeit erheblich einschränken, oder glauben Sie, dass es mit der Entwicklung der Zahlungssysteme, der multipolaren Weltordnung und der Transaktionen in mehreren Währungen irgendwann eine Möglichkeit geben wird, dieses spezielle System zu umgehen, die es den Ländern ermöglicht, das Recht, die Verwendung ihrer Währungen einzuschränken, auch innerhalb des Systems effektiv auszuüben?

    Warwick Powell:

    Es besteht kein Zweifel daran, dass eine technologische Architektur wie mBridge die Möglichkeiten eines einzelnen Landes, in die Transaktionen anderer Länder einzugreifen, einschränkt, und das ist eines der wichtigsten attraktiven Merkmale einer Distributed-Ledger-Architektur*. In diesem Sinne besteht für mich kein Zweifel daran, dass die Fähigkeit der Vereinigten Staaten, Transaktionen auf Dollarbasis als Waffe einzusetzen, indem sie die Operationen von Swift beeinflussen können, in Zukunft eingeschränkt wird.

    Dies ist bereits seit einigen Jahren der Fall, natürlich lange bevor mBridge konzipiert und entwickelt wurde. Länder wie China und Russland haben an unabhängigen, von Swift getrennten Bank-zu-Bank-Nachrichtenübermittlungssystemen gearbeitet, um ihren Instituten die Möglichkeit zu geben, sich gegenseitig auf zuverlässige und sichere Weise Nachrichten zu übermitteln, damit die Konten in diesen Instituten entsprechend angepasst werden können. Diese Interbank-Nachrichtensysteme, die seit 2014/2015 entwickelt wurden, haben in den letzten zwei Jahren bereits eine wichtige Rolle gespielt, da die Welt, insbesondere im grenzüberschreitenden Handel, die Entdollarisierung erforscht und schließlich umgesetzt hat.

    Ein klassisches Beispiel ist natürlich die Art und Weise, wie der Handel zwischen China und Russland abgewickelt wird. Heutzutage werden etwa 95 % des russischen Handels in anderen Währungen als dem US-Dollar und dem Euro abgewickelt, und das gilt auch für den Handel mit China. Ein Großteil des Handels mit China wird in Renminbi abgewickelt, wenngleich ein erheblicher Teil davon auch in Rubel abgewickelt wird. Das gilt auch für den Handel Russlands mit Indien und den Handel Indiens mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate in nationalen Währungen handeln.

    Dieses Netzwerk von Handelsabwicklungen auf der Grundlage nationaler Währungen beginnt also an Dynamik zu gewinnen und fasst durch den Handel zwischen Russland und China mit Sicherheit Fuß, und das zeigt, dass es möglich ist und relativ schnell umgesetzt werden kann. Für viele Menschen war der Gedanke, von einem auf dem US-Dollar basierenden oder dominierenden Handelsabwicklungssystem wegzukommen, noch vor drei Jahren unvorstellbar. Es war ein sehr, sehr langsamer Entwicklungsprozess. Aber wenn ein dringender Bedarf besteht, wie es seit der Zuspitzung des Ukraine-Konflikts Anfang 2022 und der Verhängung der Sanktionen gegen Russland der Fall war, kann der Wandel unglaublich schnell vonstatten gehen.

    Die Anpassungsfähigkeit von Organisationen, Unternehmen und Banken, die mit den vorhandenen Technologien neue Systeme für grenzüberschreitende Abrechnungen einführen können, ist also für uns alle sichtbar.

    Lena Petrova:

    Wir haben gerade erwähnt, dass Saudi-Arabien als jüngstes Land dem Projekt als Vollmitglied beigetreten ist. Wie beurteilen Sie die Bedeutung der Teilnahme der Saudis und welche Auswirkungen wird dies Ihrer Meinung nach auf die Rohölpreise haben?

    Warwick Powell:

    Das ist eine bedeutende Entwicklung. Einer der Hauptgründe, warum Länder auf der ganzen Welt in der Vergangenheit beträchtliche Dollarreserven hielten, bestand darin, sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, ihren Bedarf an Ölkäufen zu bezahlen. Die Tatsache, dass Saudi-Arabien an einer Abwicklungsarchitektur teilnimmt, die Abwicklungen auf Basis nationaler Währungen ermöglicht, ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt in der Entwicklung globaler Abwicklungssysteme.

    Ich glaube, wir sehen, dass die Abwicklungsarchitektur langsam mit den Vorgängen in der Realwirtschaft Schritt hält. In den letzten zehn Jahren haben die Handelsbeziehungen zwischen Saudi-Arabien und China beispielsweise erheblich zugenommen, und es gibt keinen wirklichen Grund, warum die Handelsbeziehungen zwischen Unternehmen in diesen beiden Ländern durch die Währung einer dritten Partei vermittelt werden müssen, so dass wir allmählich die Verwendung nationaler Währungen als Teil der Handelsabwicklung zwischen Unternehmen in Saudi-Arabien und denen in China sehen. Die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Realitäten der Wertströme   – Öl und Energie von Saudi-Arabien nach China und Elektronik und andere Investitionsgüter von China nach Saudi-Arabien   – haben also ein Volumen erreicht, bei dem der direkte Handel zwischen diesen beiden Ländern eine Menge Vorteile in Form von Zeit- und Geldersparnis sowie ein geringeres Risiko in Bezug auf die Volatilität der Wechselkurse mit sich bringt.

    Der Wechsel zu mBridge spiegelt meiner Meinung nach diese grundlegende Realität wider und zeigt vielleicht auch, dass die saudi-arabische Zentralbank versteht, wie wichtig es ist, Teil einer Governance-Architektur zu sein, die ein zensurresistentes Abwicklungssystem bietet. Es ist also wichtig, an der Integrität dieses Systems beteiligt zu sein und dazu beizutragen, anstatt einfach nur am Rande zu sitzen und es bei Bedarf zu nutzen.

    Lena Petrova:

    Angesichts der Tatsache, dass Saudi-Arabien der größte Erdölexporteur und China aufgrund seiner enormen Produktionskapazitäten der größte Erdölimporteur ist, kann man sagen, dass mBridge ein Weg zu einem Petro-Yuan sein könnte?

    Warwick Powell:

    Sehen Sie, mBridge ist ein Ausgleichsmechanismus, wenn Sie so wollen. Es ist ein Weg, auf dem wir Konten gleichzeitig und kostengünstig anpassen können. Sobald dies möglich ist, wird es einfacher und schneller, den Wert von Waren in verschiedenen Währungen zu denominieren. Wir fangen also an, die Transaktionskosten zu senken, und wenn das gelingt, dann gibt es keinen Grund, warum man nicht weltweit eine Situation erleben könnte, in der der Wert verschiedener Rohstoffe, einschließlich Rohöl, in anderen Währungen als dem US-Dollar angegeben wird. Die Shanghaier Öl- und Gasbörse ist wahrscheinlich eines der am wenigsten geschätzten, aber entscheidenden institutionellen Institutionen in dieser Währungsmultipolarität, und zwar deshalb, weil diese Börse den Kauf und Verkauf von Öl und Gas in RMB ermöglicht. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass Chinas Präsident Xi Jinping bei seinem Besuch in Saudi-Arabien   – das muss fast 20 Monate her sein   – unter anderem ankündigte, dass er sich verpflichten würde, die Menge an Ölprodukten aus Saudi-Arabien schrittweise zu erhöhen, wenn diese an dieser Börse gehandelt werden würden.

    Auf institutioneller Ebene sind die Architekturen für den Nachrichtenaustausch bereits vorhanden. Aber es gibt auch neue Technologien wie mBridge, die eine noch reibungslosere, kostengünstigere Transaktionsabwicklung ermöglichen werden. Die Teile des Puzzles, wenn Sie so wollen, sind nun für den Übergang zur Multipolarität der Währungen als Grundlage der internationalen wirtschaftlichen Interaktion bereit.

    Lena Petrova:

    Wenn wir uns etwas mehr auf den Begriff Währungsmultipolarität konzentrieren könnten   – ich weiß, dass unsere Zuschauer den ziemlich oft hören, vor allem in letzter Zeit, wahrscheinlich in den letzten sechs Monaten, glaube ich, wurde er von mehreren unabhängigen Journalisten und sicherlich von vielen YouTubern genannt. Viele Menschen denken, dass die Multipolarität in Bezug auf die Währung und die Machtverteilung in der Welt ein Weg ist, um sich direkt gegen die westliche Macht oder die Vereinigten Staaten zu stellen   – während es in Wirklichkeit ein Weg für Länder auf der ganzen Welt ist, sich auf ihre eigene Entwicklung zu konzentrieren und eine Ordnung herzustellen, die für sie und zu ihren Gunsten funktioniert.

    Könnten Sie uns vielleicht die Währungsmultipolarität erläutern und was sie für die Volkswirtschaften in der ganzen Welt bedeutet, für die Entwicklungs- oder Schwellenländer, sollte ich sagen, und wie sie erwarten, dass sie in zwei bis fünf Jahren davon profitieren werden?

    Warwick Powell:

    Ja, bei der Konzentration auf nationale Währungen geht es in erster Linie darum, die nationale wirtschaftliche Souveränität zu betonen. In Wirklichkeit sind die meisten Volkswirtschaften der Welt überwiegend binnenwirtschaftlich ausgerichtet, und ihr Handelsengagement macht in unterschiedlichem Maße einen relativ kleinen Teil ihrer gesamten Wirtschaftstätigkeit aus. Die andere Dimension bezieht sich natürlich auf die Frage der Kapitalströme unter dem Gesichtspunkt der Investitionen, und dabei handelt es sich insbesondere für die Entwicklungsländer oft nicht so sehr um Kapitalzuführungen auf der Basis von Eigenkapital, sondern um Kapitalzuführungen auf der Basis von Schulden. Die Entwicklungsländer haben also in der Vergangenheit von Institutionen wie dem IWF Geld geliehen, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Das ist jedenfalls die Wirtschaftstheorie.

    Wenn dies geschehen ist, lauteten die Schulden, die sie machten, auf US-Dollars. Um diese Schulden zu begleichen, brauchen sie also US-Dollar. Es stellt sich also die Frage, wie die Zentralbanken dieser Länder US-Dollar akkumulieren? Eine Möglichkeit besteht darin, Dinge, die sie besitzen, an die Vereinigten Staaten oder andere Parteien zu verkaufen, die auf US-Dollar lauten, um auf diese Weise US-Dollar zu erhalten, mit denen sie schließlich ihre Schulden beim IWF oder zunehmend auch bei privaten Kreditgebern begleichen können, bei privat ausgegebenen Fonds, privaten Anleihen, um all diese Schulden in US-Dollar zu begleichen. Und was bedeutet das? Nun, es bedeutet, dass das, was Sie in Ihrem Land produzieren, und die Menge an US-Dollar, die Sie dafür bekommen können, Kräften unterliegt, die Sie nicht kontrollieren können. Wenn sich also der relative Wert Ihrer Produkte, die auf inländische Währungen lauten, im Verhältnis zum Wert des US-Dollars ändert, könnten Sie in eine Situation geraten, in der Sie viel mehr von dem, was Sie produzieren, gegen viel weniger US-Dollars eintauschen müssen, was Sie in Bezug auf Ihre Fähigkeit, Ihre Kredite zu begleichen, ins Hintertreffen bringt.

    Die nächste Herausforderung besteht darin, dass für diese Kredite Zinsen anfallen, und für die Begleichung dieser Zinsen werden ebenfalls US-Dollar benötigt. Die Zinsen, die auf viele dieser Kredite erhoben werden, werden durch die Zinssätze für den US-Dollar beeinflusst, die durch die US-Währungspolitik festgelegt werden. Wenn also die Kosten für Ihre Kredite als Entwicklungsland aufgrund der US-Währungspolitik steigen   – was wiederum etwas ist, worauf Sie keinen Einfluss haben   –, sind Sie der Notwendigkeit ausgesetzt, noch mehr Ihrer physischen Produkte gegen eine bestimmte Menge US-Dollar einzutauschen, damit Sie Ihre Schulden begleichen können. Das Risiko dabei ist, dass es zu einer wirtschaftlichen Spirale kommt, in der das Entwicklungsland niemals genügend US-Dollar anhäufen kann, um seinen Kreditverpflichtungen nachzukommen, und wir sehen, dass dies immer wieder passiert, und zwar schon seit den letzten 50 Jahren.

    Die Folge ist, dass sich die Entwicklungsländer über den IWF refinanzieren müssen. Der IWF stellt eine Reihe von Bedingungen, die die Länder oft dazu zwingen, eine Politik zu betreiben, die den Verkauf von Vermögenswerten, nationalen Vermögenswerten, beinhaltet, damit sie US-Dollar für die Rückzahlung der Kredite anhäufen können, und der Bevölkerung Sparmaßnahmen aufzuerlegen, weil der Kreditgeber in der Rangfolge höher steht als alle anderen. Nichts davon trägt tatsächlich zur wirtschaftlichen Entwicklung bei.

    Der Übergang zur Währungsmultipolarität ermöglicht es den Nationen hoffentlich, sich von diesem Spiralrisiko zu befreien und sich auf ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung zu konzentrieren, ohne der Volatilität der Wechselkurse und den Launen der amerikanischen Geldpolitik ausgesetzt zu sein. Es handelt sich um mühsame und technische Diskussionen, die jedoch den Kern der Frage treffen, ob ein Land in der Lage ist, seine eigenen Produktionskapazitäten zu entwickeln und sich so aus dem Zustand der Unterentwicklung zu befreien, ohne in einer Reihe von Schuldenverpflichtungen gefangen zu sein, die es einfach nicht bedienen kann.

    Lena Petrova:

    Eine Sache, die die Entwicklungsländer zu den BRICS und zu alternativen Finanzierungsmöglichkeiten hinzieht, ist die Tatsache, dass die heutigen geopolitischen Spannungen sie wirklich beunruhigen und sie befürchten, dass sie nicht in der Lage sein könnten, auf einer Linie zu bleiben oder eine Position einzunehmen, die für die Vereinigten Staaten akzeptabel ist. Wenn sie also nicht ihre eigenen Interessen verfolgen, wenn sie sich für die eine oder andere Richtung entscheiden, die von dieser Partei, den Vereinigten Staaten, nicht gebilligt wird, dann könnten sie doppelt zahlen. Sie könnten am Ende nicht in der Lage sein, sich wirtschaftlich zu entwickeln. Als Folge davon könnten sie mit wirklich schwerwiegenden Einschränkungen, ja sogar mit innenpolitischer Instabilität konfrontiert werden.

    Sie sind also wirklich motiviert, sich von dem als extrem risikoreich angesehenen System abzuwenden und sich dem alternativen System zuzuwenden, das mBridge voraussichtlich unterstützen wird.

    Warwick Powell:

    Ja, sehen Sie, ich denke, die BRICS haben eine Reihe wirklich interessanter Eigenschaften, wenn Sie so wollen, warum sie für viele Entwicklungsländer attraktiv sind. Westliche Beobachter kritisieren die BRICS oft dafür, dass sie inkohärent sind und dass es ihnen an einer Art Sinn für ein gemeinsames Ziel fehlt. Es wird von der Vielfalt aller Mitgliedsländer gesprochen und davon, dass sie unterschiedliche Meinungen und Differenzen untereinander haben.

    Aber genau das macht die Stärke der BRICS aus.

    Die BRICS haben keinen besonders, wie ich es nennen würde, sehr moralisierenden Ansatz, wenn es darum geht, wie Länder zusammenkommen. Es gibt keine einzelne Partei, die versucht, bestimmte Bedingungen in Bezug auf innenpolitische Fragen zu diktieren, und sie unterstützt die Fähigkeit der teilnehmenden Mitgliedsländer, als souveräne Nationen miteinander zu interagieren und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu ihren eigenen Bedingungen zu verfolgen. Die BRICS-Bank, die Neue Entwicklungsbank, ist ebenfalls auf dem Weg, die nationale Souveränität durch die Ausgabe von Krediten in nationalen Währungen weiter zu unterstützen. Die BRICS-Bank vergibt derzeit etwa 75 % ihrer Kredite in US-Dollar und 25 % in nationalen Währungen, wobei geplant ist, dass der Anteil der auf nationale Währungen lautenden Finanzierungen in den nächsten drei Jahren auf über 30 % ansteigt. Dies ist ein bedeutender Schritt, wissen Sie. Man denkt sich, na ja, 25 % bis über 30 % hört sich nicht viel an. Aber wenn der Gesamtwert des Kreditbuchs wächst und die Finanzierungsbilanz zunimmt, stellen diese prozentualen Verschiebungen sehr bedeutende Entwicklungen in der Zusammensetzung der Stückelung der betreffenden Finanzinstrumente dar. Wir werden also sehen, dass Unternehmen und Regierungen in verschiedenen Teilen der Welt durch ihre Mitgliedschaft in den BRICS-Staaten in der Lage sein werden, auf Entwicklungsfinanzierungen zuzugreifen, die auf ihre eigenen Landeswährungen lauten, und das löst die Probleme, die ich zuvor beschrieben habe.

    Sie werden nicht den Problemen der Währungsvolatilität ausgesetzt sein. Sie werden nicht den Herausforderungen ausgesetzt sein, die Ihnen infolge der US-Geldpolitik auferlegt werden können, und letztlich bedeutet dies auch, dass Sie bei Ihren Interaktionen untereinander, insbesondere bei der Einführung von Institutionen oder Technologien wie mBridge, nicht einer institutionellen und technischen Architektur ausgesetzt sein werden, die es einer Partei ermöglicht, willkürlich zu zensieren oder auf irgendeine andere Weise in Ihre Geschäfte mit anderen einzugreifen.

    All dies macht Institutionen wie BRICS unglaublich effektiv und attraktiv für Länder auf der ganzen Welt, und wir sehen das an dem großen Interesse, das Länder in Afrika, Asien, Südamerika usw. an einer Teilnahme an BRICS bekunden.

    _______________________

    * Eine Distributed-Ledger-Architektur (DLA) ist ein digitales System zur Aufzeichnung von Transaktionen in mehreren dezentralen Computern, auch bekannt als Knoten oder Nodes [„Ledger“ = „Hauptbuch“ oder „Kontobuch“]. Im Gegensatz zu traditionellen zentralisierten Datenbanken, bei denen eine zentrale Instanz alle Transaktionen verwaltet, verteilt eine Distributed-Ledger-Architektur die Aufzeichnungen auf viele Knoten im Netzwerk. Diese Architektur hat mehrere wichtige Merkmale:


    1. Dezentralisierung: Es gibt keinen zentralen Punkt der Kontrolle oder des Versagens. Jede Transaktion wird von mehreren Knoten validiert und gespeichert.
    2. Konsensmechanismen: Um sicherzustellen, dass alle Knoten im Netzwerk über denselben Stand der Daten verfügen, kommen Konsensmechanismen wie Proof of Work (PoW), Proof of Stake (PoS) oder andere Algorithmen zum Einsatz.
    3. Transparenz und Unveränderlichkeit: Einmal in das Ledger eingetragene Transaktionen können in der Regel nicht mehr geändert werden. Dies sorgt für hohe Transparenz und Sicherheit, da Manipulationen sofort erkennbar wären.
    4. Verteilte Datenspeicherung: Daten werden auf mehreren Knoten gespeichert und synchronisiert. Dies erhöht die Ausfallsicherheit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Angriffen oder technischen Ausfällen.
    5. Kryptografie: Starke kryptografische Methoden werden verwendet, um die Integrität und Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten.


    Ein bekanntes Beispiel einer Distributed-Ledger-Architektur ist die Blockchain, die unter anderem in Kryptowährungen wie Bitcoin verwendet wird. Es gibt jedoch auch andere Formen von Distributed-Ledgers, wie z.B. Directed Acyclic Graphs (DAGs), die in Systemen wie IOTA zum Einsatz kommen.

    ** Eine Zentralbank-Digitalwährung (CBDC, Central Bank Digital Currency) ist eine digitale Form einer Landeswährung, die von der Zentralbank ausgegeben und reguliert wird. Im Gegensatz zu Kryptowährungen wie Bitcoin, die dezentralisiert und nicht von einer einzigen Instanz kontrolliert werden, sind CBDCs zentralisiert und werden von der ausgebenden Zentralbank kontrolliert.

    *** Minimum Viable Product (MVP) lässt sich auf Deutsch als "Minimal funktionsfähiges Produkt" oder "Minimal überlebensfähiges Produkt" übersetzen. Es handelt sich dabei um eine Entwicklungsstrategie, bei der ein Produkt mit den minimal notwendigen Funktionen erstellt wird, um es auf den Markt zu bringen und Benutzerfeedback zu sammeln. Dieses Feedback wird dann genutzt, um das Produkt iterativ zu verbessern.

    Quelle: ▪️Substack - https://lenapetrova.substack.com/

    https://www.youtube.com/watch?v=hRwzx7WnT7s
    Das Transkript und die Übersetzung besorgte Dr. Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=5985&mailid=2246


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    Seite 203 von 762

    < 1 2 3 4 .. 10 .. 20 .. 30 .. 100 .. 170 .. 180 .. 190 .. 200 201 202 203 204 205 206 .. 210 .. 220 .. 230 .. 300 .. 400 .. 500 .. 600 .. 700 .. 730 .. 740 .. 750 .. 759 760 761 762 >