Neues vom Wirtschaftskrieg (218): Russland knackt n Ölpreisdecke
lostineu.eu, 26. Juli 2023
Deutschland droht eine anhaltende Rezession. Die EU-Kommission will den Getreidedeal ersetzen und ukrainische Agrarprodukte exportieren. Und Russland knackt den vom Westen verhängten Ölpreisdeckel.
- Im Ringen um Einfluss auf den globalen Ölmärkten hat Russland einen bemerkenswerten Sieg gegen die westlichen Staaten errungen. Der Preis für das begehrte russische Rohöl der Sorte Ural überschritt erstmals die westliche Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel, die von den USA und ihren Verbündeten im Dezember des Vorjahres als Sanktionspolitik eingeführt worden war. Dieser Erfolg zeige, schreibt das Wallstreet Journal (WSJ), dass sich Russland zumindest teilweise an die Restriktionen anpassen konnte und der Kreml weiterhin in der Lage sei, sich auf dem internationalen Ölmarkt zu behaupten. (telepolis) Um den Einfluss des Westens weiter einzuschränken, hat Russland eine alternative Tankerflotte aufgebaut, die von den westlichen Sanktionen nicht betroffen ist.
- EU-Kommission will Getreidedeal ersetzen. Die EU kann nach eigenen Angaben fast alle landwirtschaftlichen Produkte aus der Ukraine herausbringen, die wegen des russischen Ausstiegs aus dem Getreideabkommen nun nicht mehr über deren Schwarzmeerhäfen exportiert werden können. Dies könne über Schienen- und Straßenverkehrsverbindungen durch EU-Mitgliedstaaten geschehen, die an die Ukraine grenzen, sagt EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Er bezeichnet die Wege als „Solidaritätsrouten“. „Wir sind bereit, fast alles zu exportieren. Das sind etwa vier Millionen Tonnen Ölsaaten und Getreide pro Monat.“ Diese Menge habe man bereits im November 2022 aus der Ukraine herausgebracht. (Reuters) – Derweil fordern Polen und vier weitere EU-Staaten, den Import von ukrainischem Getreide dauerhaft zu verbieten. Das passt schlecht zusammen…
- Deutschland droht anhaltende Rezession. Die konjunkturellen Aussichten in Deutschland trüben sich weiter ein. Im neuen Wachstumsausblick des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die deutsche Volkswirtschaft unter den 22 untersuchten Staaten und Regionen die einzige, in der das Bruttoinlandsprodukt 2023 sinken soll. Der IWF rechnet mit einem Minus von 0,3 Prozent, teilte die Organisation am Dienstag in Washington mit. „Deutschlands Wachstum verlangsamt sich deutlich und liegt sogar im negativen Wachstumsbereich“, sagte Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas. Auch 2024 kann Deutschland den Rückstand kaum kompensieren. Der IWF erwartet dann ein BIP-Wachstum von 1,3 Prozent. (Handelsblatt) – Derweil hat der IWF die Wachstumsprognose für Russland deutlich nach oben geschraubt. Die Sanktionen wirken – nur nicht so, wie gedacht…
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1 Comment
Stef
26. Juli 2023 @ 08:54Eine unangenehme Erkenntnis betreffend der Sanktionen gegenüber Russland ist, dass die Ampel insbesondere unter Druck der Grünen nicht alleine Russland damit schädigen wollte. Mittels der energiepolitischen Sanktionen wollten die Grünen auch den Druck auf die bestehende Energieversorgung erhöhen, um ihre eigenen extremen Klimabekämpfungsmaßnahmen mit Rückenwind zu unterstützen. Dabei haben sich die bedingungslose Unterordnung der Grünen unter US-Interessen und das Bedürfnis nach einem radikalen Umstieg in eine klimaneutrale Energieversorgung zu einem toxischen Amalgam vermischt. Man kann den Grünen hier zwar zugute halten, dass wir in 16 Jahren Merkel im Wesentlichen Stillstand an allen relevanten Baustellen hatten. Aber eine Rosskur kommt einer industriellen Volkswirtschaft von der Größe Deutschlands nicht gut, dazu sind die Strukturen zu komplex, die Wechselwirkungen zu unvorhersehbar und die Systeme zu träge.
Die Ironie ist, dass im Zuge dieser unheiligen Allianz zwischen Transatlantikern und Klimafundmentalisten die letztgenannten im Zweifel den Kürzeren ziehen. Dadurch werden z.B. Widersprüche wie der grüne Boom zu dreckigem LNG aus den USA erklärbar.
Info: https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-russland-knackt-den-oelpreisdeckel
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
lostineu.eu, vom 25. Juli 2023
In Brüssel hat die Urlaubszeit begonnen. Wir nutzen das „Sommerloch“, um lesenswerte Beiträge anderer Blogs und Medien zu präsentieren. Heute ein Beitrag zum Einsatz von Streumunition in der Ukraine.
Washington beliefert die Ukraine mit international geächteter Streumunition. Die mangelnde Kritik aus dem Westen ist erschreckend und feige, schreibt H. Wulf im IPG
Nun ist es soweit. Die US-Regierung hat sich, nach längeren kontroversen Debatten, entschieden, Streumunition an die Ukraine zu liefern. Mit dieser Maßnahme wird die nächste Stufe auf der Eskalationsleiter in diesem mörderischen Krieg bestiegen. Nach langen zögerlichen Diskussionen um die Lieferung einfachen militärischen Geräts, dem Versprechen zur uneingeschränkten Verteidigung der Ukraine, der Lieferung moderner Waffen wie Flugabwehrkanonen sowie heftigen Diskussionen um das Ja oder Nein von Kampfpanzern und -flugzeugen, jetzt also die Lieferung der geächteten Streumunition.
Kiew hat um diese Munition gebeten, da sie anscheinend militärisch hoch effektiv gegen Ziele wie Artillerie und Konvois der russischen Streitkräfte eingesetzt werden kann. Die Ukraine hofft, ihre Gegenoffensive so durchschlagender ausführen zu können.
Doch seit der Unterzeichnung der sogenannten Oslo-Konvention, die 2010 in Kraft trat, besteht ein Verbot zur Herstellung, Lagerung sowie zum Einsatz von Streumunition. Problematisch ist diese Munition vor allem, weil sie noch viele Jahre nach der Beendigung eines Krieges Leid und Zerstörung anrichtet. In einem Behälter befindet sich sogenannte Submunition, auch Bomblets oder Pellets genannt, die hoch über dem Ziel auf breiter Fläche abgeschossen wird. Wenn die Streumunition vom Himmel fällt und auf dem Boden explodiert, ist ein wesentlich größerer Bereich betroffen als bei einer einzelnen konzentrierten Explosion.
Manche dieser Streubomben enthalten mehr als 500 Projektile. Die Streumunition tötet wahllos und explodiert nicht immer beim Aufschlag auf dem Boden vollständig. Eine hohe Zahl von Blindgängern, von 2,5 bis 40 Prozent je nach Bombentyp, bedeutet noch für Jahrzehnte eine Gefahr für Zivilistinnen und Zivilisten. Die Amputation von Gliedmaßen sowie die Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen sind die Folge. Im Vietnamkrieg wurden mehrere hundert Millionen Streubomben über Wäldern und Reisfeldern abgeworfen, von denen bis heute noch viele Millionen nicht explodiert sind und auf dem oder im Boden liegen.
Die Streumunition tötet wahllos und explodiert nicht immer beim Aufschlag auf dem Boden vollständig.
Wegen der schlimmen Folgen dieser Waffen ächtet die Konvention von Oslo die Streumunition. Die Mehrzahl der UN-Mitglieder, 123 Länder, sind der Konvention beigetreten, jedoch weder die USA noch die Ukraine oder Russland.
Für die kontroverse Entscheidung Washingtons zur Lieferung dieser geächteten Streumunition werden mehrere Entschuldigungen bemüht. Die Munition sei militärisch effektiv und könne der Ukraine Vorteile verschaffen. Beflügelt wurde die US-Entscheidung zudem davon, dass es offensichtlich deutliche Engpässe bei der Produktion konventioneller Munition gibt, vor allem bei Artilleriegeschossen. Streumunition ist in den USA in großen Mengen vorhanden und könnte hier Abhilfe schaffen.
Weiterlesen im IPG-Journal
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3 Comments
Kleopatra
26. Juli 2023 @ 08:07Die Konvention gegen Streumunition gilt nun einmal gegenwärtig weder für die Ukraine noch für Russland, noch für die USA. Bei chemischen Waffen liegt das anders. Die Lieferung bzw. der Einsatz von Senfgas wäre deshalb völkerrechtswidrig, die Lieferung und der Einsatz von Streumunition hingegen (noch) nicht. Russland setzt sie gegen die Ukraine seit langen ungeniert ein.
KK
26. Juli 2023 @ 02:47
@ Katla:
„Sind etwa Effizienz und Vorteilhaftigkeit die neuen, allgemein gültigen Kriterien für den Einsatz von Waffen?“
Natürlich, war immer schon so. Die Moral wird immer nur dann und insoweit bemüht, solange sie in den eigenen Kram passt. Und natürlich gegen den selbstverständlich – per se unmoralischen – Gegner verwendet werden kann.
Katla
25. Juli 2023 @ 17:38
Und wenn Kiew um Senfgas (oder Biowaffen) bittet? Finden wir dann Senfgas auch militärisch effektiv, das Kiew Vorteile verschaffen kann? Das laute Schweigen der EU und der Regierungen der Mitgliedstaaten zu diesem Thema ist ein Skandal und zerstört weiter das Vertrauen in die angebliche Wertegebundenheit der westlichen Staaten.
Sind etwa Effizienz und Vorteilhaftigkeit die neuen, allgemein gültigen Kriterien für den Einsatz von Waffen? Dann spräche ja eigentlich gar nichts mehr gegen den Einsatz von Atomwaffen – Kiew muss scheinbar nur noch darum bitten (wie bereits schon gelegentlich passiert, aber da hatten sie wohl noch genug konventionelle Munition).
Info: https://lostineu.eu/aufgelesen-streumunition-blankoscheck-fuer-die-usa
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.