25.07.2023

BRICS-Probleme, BRI-Lösungen

aus e-mail von Doris Pumphrey, 25. Juli 2023, 12:27 Uhr


https://linkezeitung.de/2023/07/25/brics-probleme-bri-loesungen/

25.7.2023


*BRICS-Probleme, BRI-Lösungen


*von Pepe Escobar

https://new.thecradle.co/articles/brics-problems-bri-solutions

Übersetzung LZ


*Während die fünf ursprünglichen BRICS-Staaten geopolitische Differenzen

haben, finden sie an der geoökonomischen Front enorme Gemeinsamkeiten,

da das Handelsvolumen steigt und sich die Handelswege vervielfachen.*


Im Vorfeld des wichtigsten Gipfeltreffens der BRICS-Staaten in ihrer

Geschichte, das vom 22. bis 24. August in Johannesburg, Südafrika,

stattfinden wird, sind einige grundlegende Dinge zu beachten.


Die drei wichtigsten BRICS-Kooperationsplattformen sind Politik und

Sicherheit, Finanzen und Wirtschaft sowie Kultur. Die Vorstellung, dass

auf dem südafrikanischen Gipfel eine neue goldgedeckte

BRICS-Reservewährung angekündigt wird, ist also falsch.


Wie von den BRICS-Sherpas bestätigt wird, ist der R5 in Arbeit: ein

neues gemeinsames Zahlungssystem. Die Sherpas befinden sich erst in der

Anfangsphase der Diskussion über eine neue Reservewährung, die auf Gold

oder Rohstoffen basieren könnte. Die Diskussionen innerhalb der

Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) unter der Leitung von Sergey Glazyev

sind im Vergleich dazu schon viel weiter fortgeschritten.


Vorrangig geht es darum, R5 auf den Weg zu bringen. Alle derzeitigen

BRICS-Währungen beginnen mit einem “R”: Renminbi (Yuan), Rubel, Real,

Rupie und Rand. R5 wird es den derzeitigen Mitgliedern ermöglichen, den

gegenseitigen Handel zu steigern, indem sie den US-Dollar umgehen und

ihre US-Dollar-Reserven reduzieren. Dies ist nur der erste von vielen

praktischen Schritten auf dem langen und kurvenreichen Weg der

Entdollarisierung.

Eine erweiterte Rolle für die Neue Entwicklungsbank (NDB) – die

BRICS-Bank – wird noch diskutiert. Die NDB könnte zum Beispiel Kredite

vergeben, die auf BRICS-Gold lauten, wodurch es zu einer globalen

Rechnungseinheit bei Handels- und Finanztransaktionen würde. Die

Exporteure der BRICS-Staaten müssten dann ihre Waren gegen BRICS-Gold

statt gegen US-Dollar verkaufen, so wie die Importeure des kollektiven

Westens bereit sein müssten, in BRICS-Gold zu zahlen.


Das ist, gelinde gesagt, ein weiter Weg.


In häufigen Gesprächen mit Sherpas aus Russland und auch mit

unabhängigen Finanzakteuren in der EU und am Persischen Golf wird immer

wieder auf das Hauptproblem hingewiesen: Ungleichgewichte und schwache

Knotenpunkte innerhalb der BRICS, die sich mit der bevorstehenden

BRICS+-Erweiterung tendenziell noch verstärken werden.


Innerhalb der BRICS gibt es eine Fülle schwerwiegender ungelöster

Probleme zwischen China und Indien, während Brasilien zwischen einer

Liste imperialer Diktate und dem natürlichen Bestreben von Präsident

Luiz Inacio Lula da Silva, den globalen Süden zu stärken, eingeklemmt

ist. Argentinien wurde von den üblichen Verdächtigen geradezu gezwungen,

seinen Antrag auf Aufnahme in die BRICS+ zu verschieben”.

Und dann ist da noch das schwache Glied per Definition: Südafrika. In

der Zwickmühle hat sich der Organisator des wichtigsten Gipfels in der

Geschichte der BRICS für einen demütigenden Kompromiss entschieden, der

einer unabhängigen Mittelmacht des Globalen Südens nicht gerade würdig ist.


Südafrika beschloss, den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zu

empfangen und entschied sich stattdessen für die Anwesenheit von

Außenminister Sergej Lawrow – wie es Pretoria Moskau zuerst

vorgeschlagen hatte. Die anderen BRICS-Mitglieder bestätigten diese

Entscheidung.

Der Kompromiss bedeutet, dass Russland physisch durch Lawrow vertreten

sein wird, während Putin per Videokonferenz an dem gesamten Prozess –

und den nachfolgenden Entscheidungen – teilnehmen wird.

Übersetzung: Putin hat Pretoria auf die Probe gestellt und es vor dem

gesamten globalen Süden als fragilen Knotenpunkt des “Dschungels” – in

Wirklichkeit die globale Mehrheit – entlarvt, der leicht von der

westlichen “Garten”-Bande bedroht werden kann und keine wirklich

unabhängige Außenpolitik betreibt.


*St. Petersburg-Schanghai über die Arktis*


Allein diese südafrikanische Entscheidung wirft ernsthafte Fragen

darüber auf, ob die von den BRICS geführte Geopolitik nur eine Illusion ist.

In geoökonomischer Hinsicht hat die Gruppe jedoch ein ganz anderes Spiel

begonnen, wie die vielfältigen Verbindungen zwischen den BRICS und der

chinesischen Belt and Road Initiative (BRI) zeigen.


Der chinesische Handel mit den BRI-Ländern ist in der ersten Hälfte des

Jahres 2023 um 9,8 Prozent gestiegen – im Vergleich zum

Vorjahreszeitraum. Dies steht in starkem Kontrast zu dem Rückgang des

Handels zwischen China und dem gesamten Westen um 4,7 Prozent: Der

Handel mit der EU ging um 4,9 Prozent zurück, der mit den USA um 14,5

Prozent.


Der chinesische Handel mit Russland hingegen stieg neben den Exporten

nach Südafrika und Singapur exponentiell um 78

Prozent. So ist beispielsweise Ende letzter Woche eine chinesische

Fracht mit Düngemitteln, Chemikalien und Papierprodukten von St.

Petersburg aus in See gestochen. Sie wird die Arktis durchqueren und

Anfang August in Shanghai eintreffen.


Zhou Liqun, Vorsitzender der Chinesischen Handelskammer in Russland,

brachte es gleich auf den Punkt: Dies sei erst der Anfang des

“Routinebetriebs der arktischen Frachtroute zwischen China und

Russland”. Es geht um die “Sicherheit der logistischen Kanäle”, die in

der strategischen Partnerschaft zwischen Russland und China verankert sind.


Die arktische Seidenstraße wird von nun an zunehmend strategische

Bedeutung haben. Die Chinesen können sie mindestens von Juli bis Oktober

jeden Jahres offen halten. Und als Bonus ermöglicht eine sich erwärmende

Arktis einen besseren Zugang zu Öl- und Gasressourcen. Eine echte

“Win-Win-Situation” – kein Wunder, dass die Entwicklung der arktischen

Seidenstraße seit 2017 Teil der BRI ist.


All dies zeigt eine deutliche Verlagerung der chinesischen

Handelsbestrebungen in Richtung des globalen Südens. Der Handel mit

Chinas BRI-Partnern macht heute wertmäßig 34,3 Prozent des gesamten

chinesischen Welthandels aus – und diese Zahl steigt.


*Von der UAP-Eisenbahn zur Greater Bay Area*


An der russischen Front richten sich alle Augen auf den 7.200 km langen,

multimodalen Internationalen Nord-Süd-Verkehrskorridor (INSTC), der den

kollektiven Westen als De-facto-Ersatz des Suezkanals alarmiert. Der

INSTC senkt die Transportkosten um etwa 50 Prozent und spart im

Vergleich zur Suez-Route bis zu 20 Reisetage.


Der INSTC-Handel – über Schiff, Schiene und Straße zwischen Russland,

Iran, Aserbaidschan, Indien und Zentralasien – soll sich in den nächsten

sieben Jahren verdreifachen, wie der russische Verkehrsminister Witali

Saweljew auf dem jüngsten Forum in St. Petersburg erklärte. Russland

wird bis zum Jahr 2030 über 3 Milliarden Dollar in das INSTC investieren.


Der zunehmende Handel zwischen Russland, dem Iran und Indien über die

INSTC ist mit etwas verbunden, das bis vor kurzem noch als UFO galt: die

transafghanische Eisenbahn.


Die Trans-Afghanische Eisenbahn wird eine Folge von etwas sehr Wichtigem

sein, das letzte Woche geschah, als Pakistan, Usbekistan und Afghanistan

ein gemeinsames Protokoll zur Verbindung der usbekischen und

pakistanischen Netze über Mazar-i-Sharif und Logar in Afghanistan

unterzeichneten.


Willkommen bei der UAP-Eisenbahn, die nicht nur als BRI-, sondern auch

als Projekt der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ)

gepriesen werden könnte, bei der Taschkent und Islamabad Vollmitglieder

sind und Kabul Beobachterstatus hat. Nennen Sie es einen dringend

benötigten Handelskorridor, der gleichzeitig eine klassische chinesische

Plattform für den Austausch zwischen den Menschen darstellt.


Die Usbeken schätzen, dass die 760 km lange Bahnstrecke die Reisezeit um

fünf Tage und die Kosten um mindestens 40 Prozent reduzieren wird. Das

Projekt könnte bis 2027 fertiggestellt werden.


Die anschließende 573 km lange Trans-Afghanische Eisenbahn hat bereits

ihren Fahrplan: Sie soll den Schnittpunkt zwischen Zentral- und Südasien

mit den Häfen am Arabischen Meer verbinden.


All dies erweitert den chinesischen Handel in mehrere Richtungen. Das

bringt uns zu einer faszinierenden Symbiose zwischen Südchina und

Westasien, die durch die Greater Bay Area symbolisiert wird.


Während der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sein immens

ehrgeiziges Modernisierungsprojekt Vision 2030 vorantreibt, wird die

Greater Bay Area von den Saudis als “die Zukunft Asiens” gepriesen.


Jeder Investor von Jeddah bis Hongkong weiß, dass Peking die Greater Bay

Area in ein erstklassiges globales Technologiezentrum mit dem Zentrum in

Shenzhen, Hongkong als bevorzugtes globales Finanzzentrum und Macau als

kulturelles Zentrum verwandeln will.


Die Greater Bay Area ist nicht zufällig ein zentrales BRI-Thema.

Insgesamt werden die neun Städte in Guangdong sowie Hongkong und Macau

(mehr als 80 Millionen Menschen, 10 Prozent des chinesischen BIP) bis

2035 ein erstaunliches wirtschaftliches Kraftzentrum erster Klasse

bilden und die Tokyo Bay, die New Yorker Metro Area und die San

Francisco Bay Area weitgehend überholen.


Da Saudi-Arabien eine Vollmitgliedschaft sowohl in der BRI als auch in

der SOZ anstrebt, werden Peking und Riad ihre technologische

Zusammenarbeit zusätzlich zu Energie und Infrastruktur weiter ausbauen.


Im nächsten Monat werden alle Augen auf Südafrika gerichtet sein, um zu

sehen, wie die BRICS ihre internen Probleme lösen und gleichzeitig die

Erweiterung zu BRICS+ organisieren werden. Wer wird dem Club beitreten?

Saudi-Arabien? DIE VAE? Iran? Kasachstan? Algerien? Die beiden führenden

BRICS-Länder, China und Russland, investieren weiterhin in eine

geoökonomische Rolle, bei der Dutzende von Ländern Schlange stehen, um

sich anzuschließen.


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

25.07.2023

Interview

Bundeswehr-Experte : Wie KI Kriegsverläufe beeinflussen kann


zdf.de, vom 18.07.2023 22:20 Uhr

Zur Verteidigung gegen Russland setzt die Ukraine auch Künstliche Intelligenz ein. Wie entscheidend intelligente Systeme im Kriegsverlauf sind, erklärt Militärexperte Gary Schaal.

Sobald man wisse, wie Entscheidungen und Algorithmen funktionierten, "werde man berechenbar", sagt Gary Schaal von der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS.


Beitragslänge: 27 min  https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/schaal-bundeswehr-thinktank-gids-ki-militaer-ukraine-krieg-video-100.html  Datum: 18.07.2023

Ob für die Steuerung von Drohnen oder die Auswertung von Satellitenbildern: Das ukrainische Militär nutzt Künstliche Intelligenz zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg.

Zugleich ist die Tendenz eindeutig: Erfolgreiche Kriegsführung hängt immer stärker ab vom Grad der Technologisierung. Doch wie kriegsentscheidend sind intelligente Systeme mittlerweile? Einschätzungen von Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik "German Institute for Defense and Strategic Studies" (GIDS), bei ZDFheute live.

Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Militärexperte Gary Schaal ...

... zur Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Ukraine-Krieg

Künstliche Intelligenz könne auf Basis von Daten "andere Entscheidungen" treffen "als Menschen das tun würden". Vor dem Hintergrund habe die Nutzung von Künstlicher Intelligenz einen Vorteil:

Sie ist schneller und sie führt zu anderen Entscheidungen. Ob sie dann besser ist, müsste man erstmal in Simulationen überprüfen. Aber sie hat einen Vorteil: Den Überraschungsmoment.
Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

Sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer Seite werde Künstliche Intelligenz im Krieg eingesetzt. Damit meine er jede Form der algorithmischen Aufarbeitung von Daten, betont Schaal.

US-Firma Palantir - Künstliche Intelligenz im Ukraine-Krieg  Der Ukraine-Krieg wird auch mit Künstlicher Intelligenz geführt. Die Firma Palantir des umstrittenen Silicon-Valley-Milliardärs Peter Thiel liefert nun ein wichtiges Werkzeug.


von Julia Klaus

Gerade die automatisierte Identifikation von Zielen mit Drohnen, die Künstliche Intelligenz nutzen, sei "sehr relevant für die Ukraine und die Entwicklung des Krieges". Dabei gehe es um die Auswertung von Bildmaterial, aber auch von abgehörten Funksprüchen.

Wo früher beim Einsatz von Artillerie und Feuerleitsystemen bei menschlicher Bedienung vielleicht 30 Minuten vergingen, dauere es mit Künstlicher Intelligenz zwei bis drei Minuten. Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Kriegseinsatz fasst Schaal so zusammen:

Sie ist kein Game-Changer, weil sie auf beiden Seiten benutzt wird, aber ein Game-Veränderer, weil tatsächlich die Seite, die es nicht nutzen würde, meines Erachtens relativ schnell verlieren würde. Die Seite, die sie nutzt, aber nicht notwendigerweise gewinnt.
Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

Auch der Weltsicherheitsrat hat sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Mehr dazu im Video:

Einschätzungen von ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.


Beitragslänge: 9 min  https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/thevessen-weltsicherheitsrat-ki-kriege-ukraine-usa-video-100.html Datum: 18.07.2023

... zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Bundeswehr

Deutschland sei etwa vom Einsatz eines Robotergenerals "weit entfernt". In der Bundeswehr sei es "vollkommen klar", dass die Verantwortung bei einem Menschen liegen müsse, so Schaal. Die Bundeswehr habe KI-Systeme, die Entscheidungen unterstützen, die auch immer wichtiger würden. Damit könnten Daten erheblich schneller aufgearbeitet werden.

Damit man dann als Mensch mehr Zeit hat, um informierte, ethisch, moralisch informierte Entscheidungen zu treffen.
Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

Künstliche Intelligenz könne so ermöglichen, den Mensch wieder stärker in automatisierte Abläufe zu integrieren. Der Einsatz sei daher ein "ambivalenter Prozess".

Es gebe aber auch intelligente Systeme, bei denen der Mensch keine Zeit mehr habe zu reagieren: sogenannte Hyperschallwaffen. Bei ihrem Einsatz sei die "Wahrscheinlichkeit von Kollateralschäden" aber "ausgesprochen gering".


Der Drohnenhersteller Quantum Systems und das Rüstungsunternehmen Airbus entwickeln intelligente Drohnenschwärme für die Bundeswehr.


Beitragslänge: 3 min https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/ki-drohnen-bundeswehr-100.html Datum: 20.07.2023

... zu Künstlicher Intelligenz beim Einsatz von Drohnen

Beim Einsatz von Drohnen in Gebieten mit Zivilisten hingegen seien "potentielle Kollateralschäden so groß", dass man sich sehr gut überlegen müsse, mit welchem Autonomiegrad diese Systeme eingesetzt werden sollten.


Der UN-Sicherheitsrat hat sich erstmals mit den Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz befasst. UN-Generalsekretär Guterres warnte vor den Gefahren der Technologie.


Beitragslänge:  1 min https://www.zdf.de/nachrichten/heute-sendungen/un-sicherheitsrat-kuenstliche-intelligenz-video-100.html Datum: 19.07.2023

Es sei eine Frage der Programmierung, nach welchen ethischen Kriterien eine autonome Drohne Entscheidungen treffe. Organisationen für internationale Standardisierung etwa versuchten, "unsere ethischen Standards" in diese Systeme zu packen.

Künstliche Intelligenz macht genau eins: Sie zeigt uns auf, wo wir als Gesellschaft stehen und wofür wir stehen.
Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

Dass die Gesellschaft keinen Konsens in vielen dieser Fragen habe, zeige teilweise, dass wir uns vor der ethischen Frage drücken, was uns wie viel Wert sei. Das Minimum der Ethik sei das Recht und die Genfer Konvention, so Schaal.

Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

Liveblog

Russland greift die Ukraine an - Aktuelles zum Krieg in der Ukraine 

Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Wagner-Gruppe wagte kurzzeitig den Aufstand gegen Moskau. News und Hintergründe im Ticker.


Info: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/kuenstliche-intelligenz-ukraine-krieg-russland-100.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

25.07.2023

Ist die westliche Strategie in Bezug auf Russland zielführend?

nachdenkseiten.de, 25. Juli 2023 um 9:05 Ein Artikel von Jacques Baud

Für den Krieg in der Ukraine zeichnet sich keine Lösung ab, das Sterben schreitet voran. Obwohl dieser Krieg täglich in den Traditionsmedien präsent ist, bleibt vieles unterbelichtet, denn seine Vorgeschichte wird lediglich unvollständig dargestellt oder sogar ignoriert. Eine zu einfache Schuldzuweisung hat sich etabliert und verringert die Chancen auf eine Verhandlungslösung. Jacques Baud hat für den Schweizer Strategischen Nachrichtendienst, die NATO und die Vereinten Nationen gearbeitet. Mit seinem Buch „Putin – Herr des Geschehens?“ liefert er auf der Grundlage von Dokumenten, die hauptsächlich von den USA, der Ukraine, der russischen Opposition und internationalen Organisationen stammen, einen sachlichen Blick auf die Realität und öffnet die Tür für eine unvoreingenommene Einschätzung des Kriegs in der Ukraine. Für Baud ist es Zeit, zurück zu den Fakten und vor allem zum Dialog zu kommen. Ein Auszug.

Die Europäer sind recht naiv, was die amerikanische Politik angeht. Am 7.3.1992 veröffentlicht die New York Times einen Entwurf der Defense Planning Guidance 1994–1998 des Pentagon, in dem die Strategie der Vereinigten Staaten nach dem Kalten Krieg skizziert wird:

Unser oberstes Ziel besteht darin, das Aufkommen eines neuen Konkurrenten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo zu verhindern, der eine ähnliche Bedrohung, wie einstmals die Sowjetunion, darstellt.
In Bezug auf Europa:
»Wir müssen danach streben, rein europäische Sicherheitsvereinbarungen zu vermeiden, die die NATO schwächen könnten.«

Dieses Dokument sorgt für großes Protestgeschrei, und das Verteidigungsministerium wird sich gezwungen sehen, es in seiner endgültigen Form vom 16.4.1992 abzumildern. Nichtsdestotrotz bleibt es unter dem Namen »Wolfowitz-Doktrin« bekannt und prägt weiterhin die heutige amerikanische Strategie.

Der westliche Diskurs zu Russland ist eindeutig an der amerikanischen Position und Strategie ausgerichtet. Um die amerikanische Strategie verstehen zu können, ist es notwendig, auf die RAND Corporation zu verweisen, eine im Jahr 1948 gegründete amerikanische »Denkwerkstatt« (»Think Tank«), die das Verteidigungsministerium zur atomaren Strategie und zur nationalen Sicherheit beraten soll.

Im Jahr 2019 veröffentlichte die RAND Corporation ein Dokument über die US-Strategie gegenüber Russland, dessen sechs Unterkapitel des Kapitels 4 aussagekräftige Titel tragen:

»Maßnahme 1: Versorgung der Ukraine mit tödlichen Waffen
Maßnahme 2: Verstärkung der Unterstützung für die syrischen Rebellen
Maßnahme 3: Förderung eines Regimewechsels in Weißrussland
Maßnahme 4: Ausnutzung der Spannungen im Südkaukasus
Maßnahme 5: Verringerung des russischen Einflusses in Zentralasien
Maßnahme 6: Infragestellen der russischen Präsenz in Moldawien«

Man erkennt hier alle die Themen wieder, welche die Politik der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gegenüber Russland in den Jahren 2020–2022 bestimmt haben.

Was die Methode betrifft, wie diese Maßnahmen umgesetzt werden können, so ist sie im Jahr 2019 ebenfalls in einem weiteren Dokument der RAND Corporation ausführlich beschrieben worden. Diese Methode wurde »für die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten« entwickelt und hat zum Ziel, »Russlands Möglichkeiten zu überfordern und es aus dem Gleichgewicht zu bringen«. Es geht darum, Situationen zu schaffen, die zu sozialen und wirtschaftlichen Spannungen führen. Sie sollen Russland ständig in die Defensive drängen, und zwar an mehreren Fronten gleichzeitig, um es im Innern und Äußern zu destabilisieren und politisch zu schwächen.

Das Prinzip dieses Dokuments geht auf die – in Frankreich weit verbreitete – Legende zurück, die UdSSR sei durch ein Überstrapazieren seiner Ressourcen zerfallen. Diese Überstrapazierung sei durch Ronald Reagans Projekt »Krieg der Sterne« hervorgerufen worden.

Unter den Maßnahmen, die die RAND auf wirtschaftlichem Gebiet vorschlägt, finden sich auch Anstrengungen gegen die deutsch-russische Gasleitung wieder. Donald Trump unternahm diese Anstrengungen bis zum Ende seines Mandats, danach wurden sie von einigen Europaabgeordneten aufgegriffen:


  • Ein Ausbau der Energieerzeugung in den Vereinigten Staaten, um die russische Wirtschaft unter Druck zu setzen, sowohl seine öffentlichen Ausgaben als auch, im weiteren Sinne, seine Verteidigungsausgaben. Als ein Nebeneffekt würde so auch das weltweite Energieangebot steigen und der Weltmarktpreis sinken, somit auch die russischen Staatseinnahmen. Außerdem würde dies der amerikanischen Wirtschaft Vorteile bringen und keine multilaterale Zustimmung erfordern.
  • Das Verhängen von schärferen Handels- und Finanzsanktionen, um der russischen Wirtschaft Schaden zuzufügen.
  • Die Erhöhung der Importfähigkeit Europas für Erdgas, das nicht von Russland geliefert wird, um wirtschaftliche Spannungen in Russland zu erzeugen und Europa unabhängig von Russland zu machen.


Wir sind also sehr weit von europäischen Traditionen entfernt. Aber das Konzept der RAND geht noch weiter. Man erkennt dort das Untergraben des russischen politischen Systems: Hier finden sich sowohl die Maßnahmen zur Unterstützung Nawalnys als auch die von der NED finanzierten Projekte wieder (Abbildung 24).


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Abbildung 24: Amerikanische Strategie zur Destabilisierung Russlands [Quelle: »Overextending and Unbalancing Russia«, RAND Corporation, 2019 (S. 5)]


Was bei diesem Konzept, das etwa dreißig größere Empfehlungen enthält, ins Auge springt, ist die Tatsache, dass zu keinem Zeitpunkt die Förderung der Menschenrechte oder des Rechtsstaates genannt wird. Dies ist die Bestätigung für eine Beobachtung, die bereits gemacht wurde: Die Affäre Nawalny diente als Instrument zur Unterstützung einer Politik, die nichts mit einer Verbesserung der Lage in Russland zu tun hat, sondern nur den Interessen der Vereinigten Staaten dienen soll.


Im Juni 2018 wird auf einem vom britischen Außenministerium organisierten Treffen, das Unterstützung für Einflussoperationen einwerben soll, das Ziel dieser Operationen klar formuliert: »Das Programm hat zum Ziel, den Einfluss Russlands auf seine Nachbarn zu schwächen«, ohne dass ein einziges Mal der Rechtsstaat oder die Menschenrechte Erwähnung finden.


Im Unterschied zur UdSSR, wo nur 5-9 Prozent der Bevölkerung Kommunisten waren, unterstützen heute 60-65 Prozent der Russen das Handeln Wladimir Putins. Somit war im Kalten Krieg, bei einer Bevölkerung, die das Regime erdulden musste, die Propaganda (das heißt das Anpreisen des Westens) ausreichend für eine erhoffte Destabilisierung der UdSSR. Heute ist die Situation eine ganz andere: So unvollkommen sie auch sein mag, die russische Regierung befindet sich nicht im Widerspruch zu ihrer Bevölkerung. Propaganda ist also kein ausreichender Faktor der Destabilisierung mehr: Es muss desinformiert werden. Deshalb musste der Westen zu diesem Zweck geeignete Strukturen schaffen.


Unilaterale Sanktionen – aber mit einer weltweiten Reichweite, dank der Anwendung des amerikanischen Rechts überall auf der Welt – haben zum Ziel, eine für die örtliche Bevölkerung unerträgliche Lage zu schaffen, um diese zum Aufstand zu treiben. Dieses Prinzip wird von Richard Nephew, dem ehemaligen Sanktionsbeauftragten des Außenministeriums unter Obama und heutigen Iran-Delegierten unter Joe Biden, in einem Buch mit dem Titel »Die Kunst der Sanktionen«, dessen Geist eindeutig als abstoßend bezeichnet werden kann, in aller Deutlichkeit beschrieben.


In demselben Geist erklärt der Europaabgeordnete der französischen Präsidentenpartei La République en Marche (Die Republik auf dem Weg), Bernard Guetta, im Februar 2021 auf dem Sender France 5:

»Das Lebensniveau in Russland sinkt ständig, zum Teil, aber nur zum Teil, wegen der Sanktionen, oder dank der westlichen Sanktionen […]«

Das Lebensniveau in Russland sinkt also »dank« unserer Sanktionen! Auf so etwas kann man stolz sein!


Übrigens arbeiten die französischen Politiker mit der gleichen kriminellen Software. Nachdem Frankreich von einer Junta aus Mali vertrieben wurde, die in ihrem militärischen Ansatz für den Konflikt keine Perspektive sah, reagierte es, indem es Druck auf seine Nachbarn ausübte, um die malische Wirtschaft »abzuwürgen«.


Am 1.3.2022, am Tag nach den ersten Wirtschaftssanktionen gegen Russland und dem zweifelhaften Erfolg des Angriffs auf den Rubel, stellt der Westen fest, dass die russische Wirtschaft widerstandsfähiger ist als angenommen. Und zwar so sehr, dass man sich in Deutschland zu fragen beginnt, ob nicht vorschnell gehandelt wurde. In Frankreich erklärt der Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zu Russland:

»Wir werden einen totalen Wirtschafts- und Finanzkrieg gegen Russland führen. […] Aber das russische Volk wird dafür ebenso die Konsequenzen tragen.«

Er wird später schüchtern Abstand von einigen seiner Äußerungen nehmen, aber das Wesentliche bleibt bestehen: Das völlige Fehlen von Moral, politischer Ethik und Ehrgefühl bei unseren Politikern, die unfähig waren, die Krise im Vorhinein zu regeln, und nun versuchen, sich an der Zivilbevölkerung zu rächen.


Das Interessanteste an der von der RAND Corporation entwickelten Strategie war, dass sie die Entscheidungsträger im Weißen Haus im Vorhinein vor den Risiken warnte, die sie für die Ukraine schufen:

»[Eine solche Strategie] könnte die Ukraine, das Prestige und die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten auch erheblich schädigen. Dies könnte zu unverhältnismäßig hohen ukrainischen Verlusten, Territorialverlusten und Flüchtlingsströmen führen. Es könnte die Ukraine sogar in einen ungünstigen Frieden führen.«

Das heißt, als Anthony Blinken, Boris Johnson, Ursula von der Leyen, Bruno Le Maire oder Annalena Baerbock sich entschlossen, die Strategie der RAND Corporation gegen Russland umzusetzen, wussten sie genau, wie groß die Risiken für die Ukraine waren. Für sie ging es nicht darum, der Ukraine zu helfen, sondern Russland niederzuschlagen. Dies zeigt ihren Grad an Perversität und ihre Verachtung sowohl für Russland als auch für die Ukraine.


Inwieweit eine Offensive gegen die Ukraine die bestmögliche Lösung war, ist ein Thema für zukünftige Historiker. Das rechtfertigt aber nicht die Aufgabe unserer Werte und unserer Ehre: Überlassen wir das den anderen!


Jacques Baud: „Putin – Herr des Geschehens?“, aus dem Französischen von Philipp Otte, 320 Seiten, Westend Verlag, 10.7.2023


Rubriken: Außen- und Sicherheitspolitik Erosion der Demokratie Strategien der Meinungsmache


Schlagwörter:


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=101608


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

25.07.2023

Geopolitik Die Versuche der USA, die NATO auf den Pazifik auszudehnen

anti-spiegel.ru, 25. Juli 2023 06:00 Uhr, von Anti-Spiegel

Die USA versuchen seit Jahrzehnten, ein Militärbündnis gegen China zu schmieden. Bisher waren die Bemühungen der USA erfolglos, aber wird es den USA nun gelingen, die NATO auf den Pazifik auszudehnen und Europa in den Konflikt mit China hineinzuziehen?


Die russische Nachrichtenagentur TASS hat einen sehr interessanten Artikel veröffentlicht, in dem es um die Geschichte der Versuche der USA geht, im Pazifik ein Militärbündnis gegen China aufzubauen. Da das Thema in Europa nie eine Rolle gespielt hat, war auch mir fast alles, was ich in dem Artikel erfahren habe, neu. Daher habe ich ihn übersetzt.


Beginn der Übersetzung:

Die NATO im Fernen Osten: Können die USA ein Militärbündnis gegen China aufbauen?

Seit den 1950er Jahren arbeitet Washington daran, doch die bisherigen Versuche sind gescheitert

Der NATO-Gipfel in Vilnius (11.-12. Juli) ging zwar nicht mit bahnbrechenden Entscheidungen in die Geschichte ein, könnte aber als Meilenstein im China-West-Konflikt in Erinnerung bleiben, insbesondere was die Rhetorik betrifft. In ihrem Abschlusskommuniqué warf die Allianz China „böswillige hybride Angriffe, Cyberoperationen und die Verbreitung von Desinformationen“ vor, die sich gegen sie richteten. Im Gegenzug wurde die NATO davor gewarnt, „Chinas legitime Interessen“ zu verletzen und insbesondere davor, sich „nach Osten in Richtung Pazifik“ zu bewegen.

Die Besorgnis Chinas ist verständlich. An dem Treffen in Vilnius nahmen die Staats- und Regierungschefs Japans, Südkoreas, Australiens und Neuseelands – also der Pazifikstaaten – teil, was den Verdacht erhärtete, dass Washington die Ausweitung der NATO auf das größte Wassergebiet oder die Schaffung eines separaten Anti-China-Bündnisses innerhalb der NATO vorbereitet. Derartige Versuche haben die Amerikaner seit Beginn des Kalten Krieges tatsächlich unternommen, sie haben aber noch keine greifbaren Ergebnisse gebracht.


Sorgen auf dem Ozean

Es gibt ein halbes Dutzend davon: SEATO, ANZUS, ANZUK, ASPAC, AUKUS, QUAD. Das alles sind internationale Organisationen im Pazifischen Ozean, die irgendwann mal unter Beteiligung Großbritanniens oder der USA gegründet wurden. Ihre Namen sind der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Der Grund dafür ist einfach: Sie wurden geschaffen, um China einzudämmen, und haben keinen nennenswerten Erfolg erzielt.

Die Idee, dass die Volksrepublik China eingedämmt werden muss, geht auf die 1950er Jahre zurück, als das Weiße Haus sie nach dem Sieg der Kommunisten im Bürgerkrieg als ständigen Verbündeten der UdSSR und als Gegner für sich selbst betrachtete. Zeitgleich mit der NATO (1949) schufen die Amerikaner zwei weitere Blöcke mit ähnlichen Namen – CENTO (1955) und SEATO (1954). Letztere sollte die kommunistische Bedrohung an den ostasiatischen Küsten unter Kontrolle halten, also China ins Visier nehmen.

Die Organisationsstruktur der SEATO, die nach dem Vorbild der NATO aufgebaut war, ähnelte dem Prototyp recht stark: Sie umfasste ein Büro des Generalsekretärs, einen Ministerrat und einen Ausschuss von Militärberatern. Es gab einem Unterschied: Im Gegensatz zum Nordatlantischen Bündnis erklärte das Ostasiatische Bündnis die neutralen Länder Indochinas, von denen nicht alle um Schutz gebeten hatten, zu seinem Zuständigkeitsbereich. Auch Vietnam, das in einen kommunistischen Norden und einen kapitalistischen Süden geteilt war, fiel unter den „Schirm“.

Es wurde bald klar, dass die Koordinierung innerhalb des Blocks nicht funktionierte. Anders als in Europa, wo es in der NATO fast nie zu Meinungsverschiedenheiten kam, stritten sich die Länder des pazifischen Raums. Selbst mit den asiatischen Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien, die ebenfalls der SEATO beigetreten waren, aber andere Interessen im Osten hatten, konnten die USA keine gemeinsame Basis finden. Mitte der 1960er Jahre beschlossen die USA, in den Bürgerkrieg in Laos einzugreifen, konnten aber die Briten und Franzosen nicht dazu überreden, sich anzuschließen. Der SEATO-Block trat auf der Stelle.

Der Donnerschlag kam für ihn im Jahr 1964. Die USA entsandten Truppen nach Vietnam, aber sie taten das praktisch allein. Die SEATO leistete nur externe Unterstützung und überließ es den Amerikanern, im eigenen Namen zu handeln. Hätte der Krieg zu Gunsten der USA geendet, wäre das ausreichend gewesen. Aber die USA verloren, was das Ansehen der SEATO untergrub, und 1975 hörte das erste östliche Bündnis, das unter westlicher Schirmherrschaft gegründet worden war, auf Wunsch seiner Mitglieder auf zu existieren.


Die Angelsachsen streiten sich

In den Jahren des Vietnamkriegs wurde deutlich, dass die USA von der viel kleineren Pazifik-Allianz, ANZUS genannt, mehr Hilfe erhalten hatten als von der SEATO. Das 1951 gegründete Bündnis umfasste neben den Amerikanern auch die Australier und Neuseeländer. Es handelte sich um ein kollektives Verteidigungsabkommen: Ein Angriff auf eines der drei Länder wurde als Gefahr für alle anderen angesehen.

Die angelsächsischen Länder hielten im Dschungel von Indochina zusammen und zogen von 1972 bis 1973 praktisch gleichzeitig ihre Truppen und 1975 auch ihr humanitäres Personal ab. Aber in den 1980er Jahren stritten sie sich über die Frage der Atomtechnologie. 1986 erklärte Neuseeland seine Gewässer für atomwaffenfrei, ohne eine Ausnahme für US-Atom-U-Boote zu machen. Die USA sahen darin einen Verstoß gegen die Vereinbarungen und drohten den Streithähnen mit dem Entzug ihrer Verteidigung, doch Neuseeland fühlte sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht bedroht. Das Land setzte seine Mitgliedschaft in ANZUS aus und reduzierte es auf ein bilaterales Abkommen zwischen Australien und den USA, was dazu führte, dass der Name des Blocks allmählich aus den internationalen Nachrichten verschwand.

Das 21. Jahrhundert begrüßte der Pazifische Ozean ohne Militärblöcke. Die Situation begann sich jedoch schnell zu ändern, als Chinas Wirtschaftswachstum (von Platz sechs im Jahr 2000 auf Platz zwei im Jahr 2010) die Eifersucht und das Misstrauen der USA zu wecken begann. Im Jahr 2007 wandten sich die Amerikaner um Unterstützung an Chinas historische Gegner Japan und Indien. Unter deren Beteiligung und der Australiens wurde der Quadrilateral Security Dialogue (QUAD) gegründet. Der Status dieser Organisation ist weit von einem militärischen Bündnis entfernt. Dennoch hat sie unter ihrer Schirmherrschaft begonnen, Manöver durchzuführen, deren Größe nur gegen einen Gegner wie China gerichtet sein kann.

In den 2010er Jahren setzte sich die Konzentration von Streitkräften im Pazifik fort. Australien errichtete zum ersten Mal in der Geschichte amerikanische Stützpunkte auf seinem Territorium, und Neuseeland kehrte nach 25 Jahren zu ANZUS zurück. Zwischen den Japanern und den Australiern wurde ein Militärabkommen geschlossen. Und 2016, nach seinem Sieg bei den US-Wahlen, machte Donald Trump den Druck auf China zu seiner politischen Priorität. Seitdem nimmt die Gefahr einer militärischen Konfrontation im Pazifikraum konkrete Formen an.


Die Abenteuer der asiatischen NATO

Auf der Suche nach Möglichkeiten, Druck auf China auszuüben, versuchen die USA, die wichtigsten Länder des Fernen Ostens zusammenzubringen, stoßen dabei aber auf die Probleme, die seit der SEATO-Ära bekannt sind. Die Staaten der Region haben das Potenzial für lokalen Nationalismus noch nicht ausgeschöpft. Das bedeutet, dass die Feindseligkeit, die sie gegeneinander empfinden können, regelmäßig die Angst vor China und den Druck des Weißen Hauses überwiegt.

Besondere Schwierigkeiten haben die Amerikaner mit Japan und Südkorea, die beide jeweils enge Verbündete der USA sind. Doch diese Freundschaft tritt vor den dunklen Erinnerungen an die japanische Kolonialbesetzung der koreanischen Halbinsel von 1910 bis 1945 und die gegenseitigen Gebietsansprüche zurück. Es ist schwierig, eine Allianz zu bilden, die beide Staaten einbezieht, obwohl Washington ernsthafte Bemühungen unternimmt, sie einander näher zu bringen.

Das Jahr 2023 hat sich in dieser Hinsicht als produktiv erwiesen. Der südkoreanische Präsident Yoon Seok-youl, der mit den Stimmen der extremen Rechten gewählt wurde, verstieß gegen die Interessen der Nationalisten, indem er Japan die Schulden erließ: Japans Unternehmen müssen keine Entschädigungen mehr für die Mobilisierung koreanischer Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs leisten. Im Gegenzug hob Tokio die 2019 verhängten anti-koreanischen Wirtschaftssanktionen auf. Die gemeinsame Anwesenheit von Yoon Seok-yeol und seinem japanischen Amtskollegen Fumio Kishida in Vilnius ist also kein Zufall.

Aber können sie eine einheitliche Anti-China-Haltung erklären? Daran kann man zweifeln. Die öffentliche Meinung in beiden Ländern, die seit Jahrzehnten auf gegenseitige Forderungen eingestellt ist, braucht einen Generationswechsel, bevor eine gemeinsame Mitgliedschaft in einer möglichen asiatischen NATO wirklich Realität werden kann.


Das Unvereinbare vereinbaren

Die Situation mit den anderen möglichen Mitgliedern des Blocks ist nicht weniger kompliziert. Im Gegensatz zur Position des US-Außenministeriums, das China als regionalen Aggressor darstellt, sind Gebietsstreitigkeiten in Ostasien eine alltägliche Praxis der internationalen Beziehungen. Allein im Südchinesischen Meer beanspruchen Brunei, China, Malaysia und die Philippinen die Gewässer nördlich von Kalimantan, China, Malaysia, die Philippinen und Vietnam beanspruchen die Inseln im Meer, und die zu Malaysia gehörende Küstenregion von Sabah wird von den Philippinen und Indonesien beansprucht, allerdings nicht von China. Ohne die Fähigkeit, solche Streitigkeiten beizulegen, ist es unmöglich, schnell ein regionales Bündnis nach dem Vorbild der NATO zu bilden, und zu lange zu warten, liegt nicht im Interesse der USA, denn Chinas Wirtschaftswachstum übertrifft weiterhin das der USA, was bedeutet, dass China die Hoffnung behält, in Zukunft die erste Wirtschaftsmacht der Welt zu werden.

Auch in anderer Hinsicht arbeitet die Zeit nicht unbedingt für die USA, was man am Beispiel Südkoreas sieht. Die Wahl des rechtsextremen Yoon Seok-youl im Jahr 2022 hat den Weg zur Entspannung mit Japan geebnet, aber sein Vorgänger, der linksliberale Moon Jae-in, unter dem von Tokio im Gegenteil Entschädigung gefordert wurde, ist noch nicht vergessen. Bei den Neuwahlen könnte sich die Linke rächen – zumal Yoons Entscheidung, den Japanern entgegenzukommen, laut Umfragen von 60 Prozent seiner Landsleute verurteilt wurde und der Wechsel zwischen Rechten und Linken an der Macht ein übliches Phänomen in Seoul ist.

In Anbetracht des Mosaiks von Widersprüchen in Asien haben die USA jahrzehntelang bilaterale Abkommen mit Ländern in der Region bevorzugt, aber solche Maßnahmen würden eindeutig nicht ausreichen, um China einzudämmen. Im Jahr 2022 sagte der Senator von Nebraska, Ben Sasse: „Lasst uns eine NATO im Pazifik schaffen. Wir brauchen Verbündete, um die Offensive gegen die Kommunistische Partei Chinas anzuführen, und die Verbündeten brauchen uns, die amerikanische Führung“. Die Biden-Administration treibt die internationalen Beziehungen in diese Richtung, aber sie ist wohl noch weit von einem ernsthaften Erfolg entfernt.

Ende der Übersetzung


Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-versuche-der-usa-die-nato-auf-den-pazifik-auszudehnen


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

25.07.2023

Spanien: Rechte gestoppt, EU besorgt

lostineu.eu, 25. Juli 2023

Nach der Wahl in Spanien droht eine Hängepartie. Weder die regierenden Sozialisten noch die Rechten verfügen im neuen Parlament über eine Mehrheit. Für Europa ist das gut, für die EU schlecht.

Entgegen den Prognosen hat die rechtspopulistische Partei Vox bei der Spanien-Wahl nicht zugelegt, sondern 19 Sitze verloren – also fast die Hälfte ihrer Sitze. Damit scheint der Rechtsdrall bei den Wahlen in Europa gebrochen.

In Italien, Schweden und Finnland hatten rechte Parteien in den letzten Monaten zugelegt. Die Wahl in Spanien könnte nun eine Trendwende einleiten, denn die regierenden Sozialisten haben ihre Verluste begrenzt.

Allerdings gibt es in Madrid nun keine regierungsfähige Mehrheit – weder für Noch-Regierungschef Sanchez, noch für seinen konservativen Herausforderer Feijóo. Deshalb droht eine monatelange Hängepartie.

Für die EU wäre dies eine schlechte Nachricht – denn Spanien hat noch bis Dezember den sechsmonatigen EU-Ratsvorsitz inne. Ohne eine handlungsfähige Regierung droht eine Blockade.

In Brüssel sieht man die Wahl daher mit Sorge. Mit den Rechten hat sich die EU längst arrangiert – EU-Chefin von der Leyen folgte noch am Sonntag einer Einladung der Postfaschisin Meloni nach Rom.

Mit einem Patt hingegen kann die EU-Exekutive schlecht leben. Schließlich will sie ihre „grüne“, pro-ukrainische Agenda vorantreiben. Doch schon jetzt bröckelt der Konsens unter den 27 U-Staaten.

Wie soll das erst werden, wenn der spanische EU-Ratsvorsitz handlungsunfähig ist?

Siehe auch „Klima, Krise, Krieg: Der Konsens bröckelt“

3 Comments

  1. Arthur Dent
    25. Juli 2023 @ 10:06

    „Damit scheint der Rechtsdrall bei den Wahlen in Europa gebrochen“ – dem Sozialisten Sanchez ist es gelungen, die Inflation in Spanien in den Griff zu kriegen und die Wirtschaft auf einen Wachstumspfad zu bringen. Ganz anders sieht die Situation aufgrund der kläglichen Regierungsarbeit der „Ampel“ in Deutschland aus. Im trotzigen Aufzwingen einer Heizungstechnologie, die für jeden erkennbar das Weltklima nicht retten, aber zu massiven Wohlstandsverlusten führen wird, verlieren sie jegliche Bindung an die Bürger des Landes. Vor allem die Grünen legen dabei eine Ideologiegetriebenheit an den Tag, als wollten sie Deutschland im Eiltempo zerstören.
    (kleiner Exkurs: Kennzeichen der faschistischen Herrschaft während des Nationalsozialismus waren ihr Hang zur Aufrüstung des Militärs und die Militarisierung der Gesellschaft. Die Kosten dafür wurden auf die breiten Massen durch höhere Preise und Reallohnverluste abgewälzt, während die Finanzelite exorbitante Profite einfuhr). Da frag ich mich: Wo steht eigentlich die Ampel politisch, wo die EU-Kommission?

Reply

  • Thomas Damrau
    25. Juli 2023 @ 06:26

    Ob mit der Wahl in Spanien der Rechtstrend in der EU gestoppt ist, muss sich noch erweisen. Wir sollten nicht aus jedem Einzelereignis einen Trend machen. (Es gilt immer noch die statistische Daumenregel: einmal ist Zufall, zweimal ist verdächtig, dreimal könnte eine Gesetzmäßigkeit anzeigen, …)
    In Deutschland ist die AfD nicht nur im Osten auf dem Vormarsch, sondern auch in Hessen (https://dawum.de/Hessen/Wahlkreisprognose_de/2023-07-23/) oder Baden-Württemberg ( https://dawum.de/Baden-Wuerttemberg/Wahlkreisprognose_de/2023-07-24/ ), und es besteht die Gefahr, dass CDU und FDP irgendwann genug davon haben, im 35%-Ghetto (aktuell 28% CDU + 7% FDP) eingesperrt zu sein. Vor allem die FDP argumentiert auf vielen Politikfeldern wie eine AfD-Light.
    Deshalb würde ich eher die Frage stellen: Welche EU-Länder sind nicht von einem Rechtsrutsch bedroht? Da sehe ich keine lange Liste.
    Zurück zu Spanien: Wenn ich die Berichterstattung aus Spanien richtig verstanden habe, war es vor allem die geschickte Taktik von Sanchez, die den rechten Durchmarsch abgebremst hat. Damit ist er allerdings eine Ausnahme in der EU. In den meisten anderen EU-Ländern haben Sozialdemokraten und Linke alles getan, um sich von ihren potentiellen Wählern entfremden – auch in Deutschland.
    Ob ein Patt in Spanien wirklich die EU handlungsunfähig macht, möchte ich bezweifeln. Dazu hättet die EU vor der Wahl handlungsfähig sein müssen. Um’s mal polemisch auszudrücken: Eine Leiche kann man nicht mehr umbringen.

    Reply

    • ebo
      25. Juli 2023 @ 10:17

      Schon klar, ob der Rechtstrend gestoppt ist, muß sich erst noch erweisen. Aber ein Selbstläufer ist er nicht mehr.
      Wenn es gelänge, die PiS in Polen zu stürzen, hätten wir eine völlig neue Lage in Europa.
      Was die AfD betrifft: Sie profitiert m.E. von der Schwäche der „Ampel“ und vom fehlenden Pluralismus in den Medien. Ich würde mich jedoch hüten, alle Wähler der AfD als Rechte zu bezeichnen. Der größte Teil dürften frustrierte Protestwähler sein…


  • Info: https://lostineu.eu/spanien-rechte-gestoppt-eu-blockiert


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Flop beim Aufbaufonds: Nicht einmal Deutschland schafft es, EU-Geld abzurufen


    lostineu.eu, vom 24. Juli 2023

    Für den milliardenschweren Corona-Aufbaufonds hat die EU ein Tabu gebrochen und erstmals Schulden aufgenommen. Doch die Auszahlung stockt – nicht einmal Deutschland kommt an die EU-Hilfen.

    Das berichtet der Newsletter „Enthüllt“, der sich auf investigative Recherchen spezialisiert hat.

    „Die Bundesregierung hat es auch mit einem Jahr Verzögerung nicht geschafft, eine erste Milliardentranche aus dem EU-Aufbaufonds zur Konjunkturförderung nach Corona abzurufen“, heißt es unter Verweis auf einen Artikel der „Welt“.

    Vor dem Hintergrund der Rezession und knapper Kassen ist das ein Skandal. Schließlich war der Aufbaufonds dazu gedacht, die Konjunktur nach der Coronakrise zu stützen.

    Doch nicht nur Deutschland hat Probleme, wie das Portal „Follow the Money“ enthüllt. Auch Belgien und die Niederlande haben noch keinen Cent aus dem Fonds angefordert.

    EU-Chefin von der Leyen hat zwar an die Mitgliedstaaten appelliert, schneller zu reagieren. Doch seitdem hat sich der Geldfluß aus dem fast eine Billion Euro schweren Fonds sogar noch verlangsamt.

    Nun schieben sich Brüssel und die EU-Staaten gegenseitig die Schuld zu. Was mal als Modell für innovative EU-Finanzierung gedacht war, hat sich als Flop erwiesen…

    P. S. Die schleppende Auszahlung ist auch der Grund dafür, dass Deutschland und viele andere EU Staaten zögern, das Gemeinschaftsbudget aufzustocken!

    2 Comments

    1. Helmut Höft
      25. Juli 2023 @ 07:52

      Die schleppende Auszahlung ist auch der Grund dafür, dass Deutschland und viele andere EU Staaten zögern, das Gemeinschaftsbudget aufzustocken! Das ist zu unscharf. Stockt das Geld in der Brüsseler Bürokratie, oder kann es nicht abgerufen(!) werden weil die „Verwendungskapazitäten“ in den Mitgliedsländern verstopft sind – „erfolgreich“ verschlankte Verwaltungen, keine Planungskapazitäten usw.

      Mir scheint, dass Letzters auch eine große Rolle spielt.

    Reply

  • KK
    24. Juli 2023 @ 13:20

    „Doch seitdem hat sich der Geldfluß aus dem fast eine Billion Euro schweren Fonds sogar noch verlangsamt.“

    Wieso, der faktisch umgewidmete Teil des Geldes fliesst doch… in die Ukraine. Andere Haushaltsmittel sind ja für diesen Zweck gar nicht vorhanden, schon gar nicht in der zugesagten Höhe.


  • Info:https://lostineu.eu/flop-beim-aufbaufonds-nicht-einmal-deutschland-schafft-es-eu-geld-abzurufen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Nachrichten von Pressenza: Die USA sind keine Freunde, nicht einmal ihre eigenen

    aus e-mail von <newsletter@pressenza.com>, 25. Juli 2023, 7:15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 25.07.2023


    Die USA sind keine Freunde, nicht einmal ihre eigenen


    Mir ist bewusst, dass einige Artikel, die ich im Laufe letzten anderthalb Jahre geschrieben habe, für einige Leser schwer zu verdauen waren. Ich verstehe das. Das Schreiben dieser Artikel war auch für mich selbst eine große Herausforderung und ich möchte&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/die-usa-sind-keine-freunde-nicht-einmal-ihre-eigenen/


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    Emotionales Klima, dieses schwer fassbare Phänomen


    Das humanistische Gesundheitsnetzwerk REHUNO Salud bietet einen Ort des Austauschs, an dem wir einen neuen Blick auf den Alltag finden, der auf der Erfahrungs- und Existenzpsychologie (der Psychologie des Neuen Humanismus) basiert und einige konkrete Vorschläge für die persönliche Arbeit&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/emotionales-klima-dieses-schwer-fassbare-phaenomen/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Wer sind die Guten? Merz, die AfD und das Schaulaufen im Sommerloch

    freeassange.rtde.life, vom 24 Juli 2023 21:26 Uhr, Von Dagmar Henn

    Es ist Juli, der Monat, in dem Redaktionen für jedes Thema dankbar sind, und Friedrich Merz legt einen Streit um kommunalpolitische Zusammenarbeit mit der AfD auf den Tisch. Tut er das wirklich? Oder hat er nur die Gelegenheit genutzt, eine weitere Runde "Wir sind die Guten" zu spielen?


    Quelle: www.globallookpress.com © http://globallookpress.com





    /zpdtl.html?IMG=20230719_gaf_u39_447.jpg&CNT=0


    Friedrich Merz in Andechs, 19.07.2023.


    Man fragt sich unwillkürlich, war die Äußerung von Friedrich Merz überhaupt ernst gemeint oder war sie nur ein Schauspiel durch einen Politiker, der schon das Rentenalter erreicht hat, um eine weitere Runde Beteuerungen, wie sehr man nichts mit der AfD zu tun haben wolle, zu ermöglichen?


    Merz: Zusammenarbeit mit AfD auf kommunaler Ebene nicht auszuschließen





    Merz: Zusammenarbeit mit AfD auf kommunaler Ebene nicht auszuschließen






    Die Halbwertszeit dieser Aussage lag mit weniger als 24 Stunden an der Untergrenze des technisch Machbaren. Merz, dessen gesamte politische Karriere nicht wirklich von einem Streben nach Konsens geprägt war, wirft ein paar kontroverse Sätze in den Raum und rudert sofort wieder zurück? Das war genau so beabsichtigt.


    Schließlich sind bald Landtagswahlen in Bayern und Hessen, zwei der großen Bundesländer, es ist gerade Sauregurkenzeit, und wenn man jetzt ein Thema durch die Presse jagen will, dann bekommt es die ganze Aufmerksamkeit fast ohne Aufwand. Es war doch klar, dass auf einen Satz, der Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene mit der AfD akzeptiert, selbst aus der CDU eine ganze Meute anspringt.


    Im eigentlichen Sommerinterview des ZDF, aus dem diese Aussage stammt, gibt es davor einen Einspieler mit einer Reihe von CDU-Kommunalpolitikern, vor allem aus den annektierten Bundesländern, die alle erklären, die Kommunalpolitik sei weitestgehend nicht parteipolitisch, und selbstverständlich müsse man zusammenarbeiten, die proklamierte "Brandmauer" sei widersinnig. Der Einspieler endet mit dem Kommentarsatz: "Friedrich Merz kann die Brandmauer seiner Basis nicht mehr diktieren."


    Dann wird, ehe die Frage an Merz geht, ein früheres Zitat von ihm aufgegriffen: "Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an." Ein Satz, der Merz in die Zwickmühle bringen muss – es blieben in manchen Regionen nicht mehr allzu viele Kommunalpolitiker übrig.


    Katrin Göring-Eckardt: "Ostdeutsche in der Diktaturverherrlichung hängen geblieben"





    Katrin Göring-Eckardt: "Ostdeutsche in der Diktaturverherrlichung hängen geblieben"






    Wobei Kommunalpolitik wirklich ein anderes Feld ist als die Landes- oder Bundespolitik. Selbst bei größter Aufmerksamkeit ist die Zahl der Themen, bei denen man eine grundsätzliche Auseinandersetzung führen kann, äußerst begrenzt. Dort, wo die Kommunen unter Haushaltsaufsicht stehen, also über keine Mittel verfügen, über die frei entschieden werden könnte, werden diese Themen noch seltener. Eine Schulrenovierung benötigt einen Beschluss, weil öffentliche Mittel nicht ohne Beschluss ausgegeben werden dürfen, aber eine politische Auseinandersetzung lässt sich darum nicht führen, weil die Kommune in der Regel dazu verpflichtet ist. In kleinen Kommunen kommt noch der Faktor hinzu, dass sich viele der Beteiligten üblicherweise bereits seit Jahren oder Jahrzehnten kennen, ehe sie sich in der Rolle als Vertreter einer bestimmten Partei begegnen.

    "Auf der kommunalen Ebene ist die Parteipolitisierung ohnehin ein wenig zu weit vorangeschritten. Es ist jetzt in Thüringen ein Landrat gewählt worden, und natürlich ist das eine demokratische Wahl. [...] Und natürlich muss dann in den Kommunalparlamenten nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet."

    Hat sich Merz, der alte Hase, da wirklich vom ZDF aufs Glatteis führen lassen, das damit Aufmerksamkeit für seine Sommerinterviews erntet? (der nächste Gast ist der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan, das dürfte der Live-Übertragung einer Beerdigung gleichen). Nein, die Annahme, dass in diesen Interviews echte Überraschungen stattfinden und eine nicht abgesprochene Frage im fertig geschnittenen Beitrag landet, hat keinerlei Grundlage, schon gar nicht bei einem Interview des ZDF, jahrzehntelang der CDU-Haussender, mit dem CDU-Vorsitzenden.

    Es ist denkbar, dass er das Wasser prüfen wollte, also ein wenig den Fuß ins Nass gesteckt und mit den Zehen gewackelt hat. Aber dafür hätte er andere Möglichkeiten, das Sommerloch ist da eher ungünstig, weil klar ist, dass Hinz und Kunz bis zum letzten Hinterbänkler auf diese Nummer aufspringen werden.


    Nur Stunden später: Merz rudert beim Thema AfD zurück





    Nur Stunden später: Merz rudert beim Thema AfD zurück







    "Fünf Stunden später, um Mitternacht, sah sich Generalsekretär Carsten Linnemann genötigt, festzustellen: 'Für die CDU ist klar: keine Zusammenarbeit mit der AfD, egal auf welcher Ebene.'", berichtet der Tagesspiegel. Na, wer verbindet schon etwas mit dem Namen Linnemann?

    Das RND lässt in seinem Bericht eine ganze Parade auflaufen. Angefangen mit Markus Söder (gerade im Landtagswahlkampf) über den hessischen Ministerpräsidenten Rhein (gerade im Landtagswahlkampf), drei Grünen-Vertreter (Vorsitzende Ricarda Lang, Paula Piechotta und Britta Haßelmann), den bayrischen SPD-Spitzenkandidaten Florian von Brunn, Sebastian Fiedler (SPD-MdB aus NRW), aus der FDP Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle; alle betonen sie, wie wichtig es sei, auf gar keiner Ebene auch nur daran zu denken, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Einziger Ausreißer ist Julia Klöckner, zurzeit Schatzmeisterin der CDU.


    Interessant, dass Söder als Erster zitiert wird. Könnte also auch ein kleiner abgesprochener Gefallen sein, auch wenn Merz und Söder angeblich nicht so wirklich miteinander können. Söder jedenfalls bringt einen Aspekt ins Spiel, der sonst tunlichst vermieden wird.

    Die CSU lehnt jede Zusammenarbeit mit der AfD ab - egal auf welcher politischen Ebene. Denn die AfD ist demokratiefeindlich, rechtsextrem und spaltet unsere Gesellschaft. Das ist mit unseren Werten nicht vereinbar. Die AfD fordert den Austritt aus EU und Nato und schwächt damit…

    — Markus Söder (@Markus_Soeder) July 24, 2023

    "Die AfD fordert den Austritt aus EU und NATO und schwächt damit den Wohlstand und gefährdet unsere Sicherheit." Es würde diesen Text sprengen, hier noch einmal nachzuweisen, dass beides weder für den Wohlstand noch für die Sicherheit nützlich ist; das durfte man in den letzten 18 Monaten weidlich genießen. Aber Söder erwähnt diese Punkte, um damit all jene, die von NATO und EU nicht lassen können, zur CSU zu ziehen.


    Wer die Geschichte der Bundesrepublik kennt, kann angesichts dieser einhelligen Ablehnung der "rechtsextremen" AfD nur den Kopf schütteln. Da gab es ganz andere Nummern, gerade in der CDU. Ich sage nur Filbinger. Der war immerhin nicht nur Mitglied der Nazi-Partei, er war Richter und hat es geschafft, wenige Tage vor Kriegsende noch einen Deserteur zum Tode zu verurteilen. Man kann sich auch schlicht einmal das Braunbuch zu Gemüte führen. Die Bundesrepublik war so lange auf allen politischen Ebenen mit echten, wirklichen Nazis gespickt, bis diese alle das Pensionsalter erreicht und überschritten hatten.


    Umfrage-Wumms: 57 Prozent halten die deutschen Parteien für unfähig





    Umfrage-Wumms: 57 Prozent halten die deutschen Parteien für unfähig






    Inzwischen ist allerdings etwas geschehen, das die ständige Wiederholung dieser "Einheit der Demokraten" erforderlich macht – ein Spiel, das übrigens in der gleichen Weise erst gegen die Grünen, dann gegen die Linke gespielt wurde. Von diesen Varianten unterscheidet sich die heutige darin, dass der angebliche Antifaschismus der Bundesrepublik inzwischen zur Grundlage einer deutschen Variante des Exzeptionalismus wurde.


    In den USA, insbesondere bei den Neocons, ist es "die leuchtende Stadt auf dem Hügel", eigentlich eine Referenz der mittelalterlichen Vorstellung vom himmlischen Jerusalem, nicht zufällig eine Idee aus den Kreuzzügen; eine postapokalyptische Stadt, die für das Paradies auf Erden steht und für die Neocons die USA als "auserwählte Nation" symbolisiert.


    Die deutsche Variante ist etwas komplizierter und funktioniert über eine Kette aus Kollektivschuld und Katharsis, weshalb sie mit wirklichem Antifaschismus auch gänzlich inkompatibel ist. Wir, die Deutschen, haben uns zutiefst schuldig gemacht (natürlich weder gegenüber den Nazigegnern in Deutschland noch gegenüber der Sowjetbevölkerung, sondern vor allem gegenüber den ermordeten Juden), und leisten dafür immerwährende Abbitte. Aber weil wir uns aus einem solch sündigen Zustand haben bekehren lassen (interessant, in welchem Ausmaß hier christliche Themen verwertet werden), also vom Saulus zum Paulus geworden sind, können wir – wie Paulus – jetzt einen Führungsanspruch erheben.


    Boris Palmer: "Deutschland hat den Zenit überschritten"





    Boris Palmer: "Deutschland hat den Zenit überschritten" 







    Würde man die reale Anwesenheit von realen Nazis in der Ukraine eingestehen und zugeben müssen, dass man sie jahrzehntelang erst gerettet, dann beschützt, dann ausgeschickt und schließlich an die Macht gehievt hat, wäre damit die Grundlage dieses Führungsanspruchs bedroht. Ein Makel in der Bekehrung oder gar eine unverkennbare Apostasie darf es nicht geben. Also wird nun ein ins Abstrakte verlagerter Antifaschismus, dieses wolkige "gegen Rechts", bei dem man Konservative und Faschisten munter vermengt, immer dann hervorgezogen, wenn man die Grundlage für die Auserlesenheit mal wieder festigen muss.


    Der Wahlkampf, der sowohl in Bayern als auch in Hessen gegen die AfD geführt wird, ist nur ein kleiner Teil dieser Geschichte. Dahinter findet sich die Notwendigkeit, immer wieder die eigene Konversion hervorzukehren. Eine Konversion, deren beständige Betonung für all jene absurd wäre, die tatsächlich in der Tradition der deutschen Antifaschisten stehen; die können es sich leisten, den alten Erkenntnissen zu folgen und in Konservativen nicht den Feind, sondern den möglichen Verbündeten zu sehen. Aber wenn man einen Weltmachtanspruch auf einer Bekehrungsgeschichte aufbaut, braucht es natürlich eine Verkörperung des Bösen, und die wird gefunden, um jeden Preis, gleich, was die Wirklichkeit dazu sagt.


    Eine kurze Zeit lang, nach Richard von Weizsäckers Rede vom Tag der Befreiung, wirkte es so, als hätte eine wirkliche antifaschistische Position eine Chance in der Bundesrepublik, nachdem zuvor jahrzehntelang die Nazis protegiert und die von ihnen verfolgten Kommunisten weiter verfolgt worden waren. 1989 war es damit schon wieder vorbei, weil der finsterste adenauersche Antikommunismus entstaubt und wieder in Stellung gebracht wurde. Damit war klar, dass es nur einen geheuchelten Antifaschismus geben wird, denn wenn es einen Punkt gibt, den sämtliche Varianten faschistischer Ideologien und faschistischer Herrschaft, egal, in welchem Jahrzehnt, und egal, auf welchem Kontinent, miteinander gemein haben, dann ist es der militante Antikommunismus. Weil aber im Verlauf dieser finsteren zwölf Jahre alle Nazigegner mit Kommunisten zusammengearbeitet hatten, die unter ihnen die stärkste Gruppe stellten, bedeutete der Schwenk zurück zum Antikommunismus den vollständigen Bruch mit der realen antifaschistischen Tradition.


    Die Hungermacherin – Göring-Eckardt sind die Ärmsten egal, Hauptsache die Sanktionen bleiben




    Meinung

    Die Hungermacherin – Göring-Eckardt sind die Ärmsten egal, Hauptsache die Sanktionen bleiben





    Alles kein Problem, irgendeinen Popanz wird man sich schon bauen können, der die Rolle übernimmt. Das ist nun eben die AfD. Insofern ist auch nichts an diesem Spektakel außergewöhnlich. Das wirklich Beachtenswerte ist nicht der Zirkus, den Merz entfesselt hat.


    Das Beachtenswerte ist die Tatsache, dass er eigentlich Dinge gesagt hat, die Selbstverständlichkeiten sein sollten. Die Kommunalpolitik ist die meiste Zeit zu konkret, um Anlass für diese Art von grundsätzlichem Streit zu liefern. Sie ist auch weitaus stärker mit realen Verhältnissen befasst als Landes- und Bundespolitik. Die Bundespolitik kann das Problem der Wohnungslosigkeit ignorieren, die Kommunalpolitik kann das nicht. Sollte es in Deutschland noch Politiker geben, die imstande wären, das Land aus der Misere zu ziehen, sollte man sie nicht oberhalb der kommunalen Ebene suchen.


    Ja, die Kommunalpolitik ist zu sehr im Griff der Parteipolitik, was desto schlimmer wird, je weiter sich diese Parteipolitik von den wirklichen Problemen entfernt. Was Merz tatsächlich getan hat, ist, dieser Tendenz weiteren Schub zu verleihen, indem er im gähnenden Sommerloch eine Schwurrunde eröffnet hat, in der nun alle erklären, die AfD nicht mit der Kneifzange anzufassen, auch nicht auf kommunaler Ebene. Vermutlich willkommene Wahlkampfhilfe, zum Preis einer weiteren Demontage der eigentlichen demokratischen Grundsätze, und eine zusätzliche Gelegenheit, wirklich demokratisches Handeln durch lautstarke Proklamationen, Demokrat zu sein, zu ersetzen.


    Mehr zum Thema - Deutschland-Trend sieht AfD vorn – Demokratie kann man üben


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    Info: https://freeassange.rtde.life/meinung/176069-merz-afd-und-schaulaufen-im


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    „Ein irreversibler demographischer Schock”Experten warnen vor dauerhaftem massivem Bevölkerungsschwund in der Ukraine durch Kriegstote und Flucht. Vor allem die jüngere Generation und Hochqualifizierte drohen beim Wiederaufbau zu fehlen.

    german-foreign.policy.com, 25. Juli 2023

    KIEW/BERLIN (Eigener Bericht) – Experten sagen der Ukraine einen „irreversiblen demographischen Schock“ und massive Probleme beim Anwerben der nötigen Arbeitskräfte für den Wiederaufbau nach Kriegsende voraus. Die Bevölkerung des Landes sei schon von 1990 bis 2021 um rund 20 Prozent geschrumpft, heißt es in einer aktuellen Analyse aus dem Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Kriegstote und Flüchtlinge reduzierten die Zahl der Einwohner weiter. Weil vor allem jüngere und gut ausgebildete Menschen geflohen seien und ein beträchtlicher Teil der ukrainischen Flüchtlinge auf Dauer in der EU bleiben wolle, drohten für den Wiederaufbau besonders wichtige Teile der Bevölkerung zu fehlen. Laut dem WIIW wird die arbeitsfähige Bevölkerung in der Ukraine bis 2040 im Vergleich zum Vorkriegsjahr 2021 um 22,6 bis 25 Prozent schrumpfen – mit gravierenden Folgen für das ganze Land. Je länger der Krieg dauere, desto schwerer wögen die Folgen. Kiew müsse unbedingt Rückkehrprogramme für Flüchtlinge starten. Allerdings konkurriert es dabei unter anderem mit der Bundesrepublik: Deutsche Firmen setzen auf kostengünstige Fachkräfte unter den ukrainischen Flüchtlingen.


    Zitat: Von Emigration gezeichnet

    Die demographische Entwicklung in der Ukraine war, wie die Analyse des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) feststellt, bereits vor Kriegsbeginn ein Problem. In Ost- und Südosteuropa ist ein starker Bevölkerungsschwund durch Emigration vor allem jüngerer Einwohner in wohlhabendere Länder und Regionen weiter westlich in der EU verbreitet; hinzu kommen oft sinkende Geburtenraten. So ging beispielsweise die Einwohnerzahl Estlands von 1990 bis 2021 um 15,5 Prozent zurück. In Kroatien schrumpfte die Bevölkerung allein in den Jahren von 2011 bis 2021 um zehn Prozent auf gut 3,8 Millionen Menschen.[1] In Bulgarien wiederum brach die Einwohnerzahl von 1992 bis 2022 von 8,5 Millionen auf 6,5 Millionen Menschen ein – ein Minus von annähernd 24 Prozent. Die Ukraine verzeichnete von 1990 bis 2021 einen Rückgang von rund 20 Prozent. Hauptursachen der Emigration seien Armut, niedrige Einkommen, soziale Unsicherheit und ein ineffizientes Gesundheitssystem gewesen, erläutert das WIIW. Weil vor allem Menschen im erwerbsfähigen Alter emigriert und die Geburtenrate gesunken seien, sei der Anteil der Unter-14-Jährigen von 21 Prozent im Jahr 1990 auf 15 Prozent 2021 gefallen; der Anteil der Über-65-Jährigen sei im selben Zeitraum von 12 Prozent auf 18 Prozent gestiegen.[2] Das Schrumpfen der erwerbsarbeitsfähigen Bevölkerung beeinträchtige den Wiederaufbau.


    Kriegstote, Flüchtlinge

    Der Krieg verschärft die ohnehin desolate Lage in dramatischer Weise. Dokumentiert sind laut Angaben der Vereinten Nationen – Stand: 17. Juli 2023 – exakt 9.287 zivile Todesopfer. Beobachter sind sich allerdings sicher, dass die tatsächliche Opferzahl erheblich höher liegt. Hinzu kommen zahllose Todesopfer in den ukrainischen Streitkräften; US-Schätzungen vom November 2022, laut denen schon damals rund 100.000 ukrainische Soldaten umgekommen oder verwundet worden seien, könnten sich als viel zu niedrig erweisen, warnt das WIIW.[3] Seitdem hat sich die Zahl der getöteten Soldaten – fast ausschließlich Männer im erwerbsarbeitsfähigen Alter, überwiegend jüngere – stark erhöht. In der Ukraine selbst seien 5,5 Millionen Menschen auf der Flucht, heißt es in der Studie; es sei ungewiss, ob sie nach Kriegsende in ihre Herkunftsgebiete zurückkehrten oder ob ganze Landstriche verwaist blieben. Zudem seien mehr als acht Millionen Menschen in die EU geflohen. Gut ein Drittel der ukrainischen Flüchtlinge seien unter 18 Jahre alt; unter den Erwachsenen seien rund 70 Prozent Frauen, die Mehrheit von ihnen im gebärfähigen Alter. Zudem seien die Flüchtlinge weit überdurchschnittlich gebildet; 47 Prozent von ihnen hätten einen Hochschulabschluss. Da nicht alle heimkehren würden, fehlten der Ukraine beim Wiederaufbau die jüngere Generation und besser ausgebildete Menschen, konstatiert das WIIW.


    Eine Generation verloren

    Exemplarisch lassen sich die Perspektiven am Beispiel Deutschland aufzeigen. Hier sind derzeit 1,07 Millionen ukrainische Flüchtlinge registriert. Einer aktuellen Umfrage zufolge wollten schon zu Jahresbeginn 29 Prozent von ihnen dauerhaft in Deutschland bleiben, 15 Prozent zumindest „noch einige Jahre“ – beides mit steigender Tendenz: Die Bleibeabsicht nimmt üblicherweise mit der Dauer des Aufenthalts zu.[4] Zusätzlich gaben 23 Prozent an, sie seien sich noch unsicher. Eine feste Rückkehrabsicht – in den allermeisten Fällen erst nach Kriegsende – hatten demnach nur 33 Prozent. Zwei Drittel aller erwachsenen ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland sind Frauen. Das Durchschnittsalter liegt mit 40 Jahren deutlich unter demjenigen der ukrainischen Bevölkerung (42,9 Jahre). 72 Prozent der erwachsenen ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland haben einen tertiären, in der Regel akademischen Bildungsabschluss – knapp die Hälfte mehr als der ukrainische Durchschnitt (50 Prozent). Die Angaben bestätigen: Die Ukraine wird in hohem Maße jüngere Menschen, vor allem Frauen und ganz besonders Hochqualifizierte an Deutschland und andere Staaten der EU verlieren – dies zusätzlich zu ganz erheblichen Teilen ihrer jüngeren männlichen Generation, die besonders viele Kriegstote an der Front hinnehmen muss.


    Langfristiger Bevölkerungsschwund

    Die Prognosen des WIIW für die Ukraine sind düster. Faktisch stehe fest, heißt es in der Untersuchung, dass das Land infolge des Krieges „einen langfristigen Bevölkerungsverlust“ erleiden werde. Wie stark er ausfalle, das hänge allerdings von der Entwicklung des Krieges ab. Die günstigste Vorhersage ergebe sich für den Fall, dass er noch in diesem Jahr ende. Dann werde die Bevölkerung im Jahr 2040 immerhin noch bei rund 36 Millionen Menschen liegen, auch dies schon satte 17 Prozent weniger als bei Kriegsbeginn. Die arbeitsfähige Bevölkerung werde in diesem Szenario wohl um 22,6 Prozent auf 19,9 Millionen Menschen sinken.[5] Das schlimmste Szenario ergebe sich, wenn der Krieg noch bis 2025 andauere. Dann sei mit einem Schrumpfen der Bevölkerung bis zum Jahr 2040 sogar um 21 Prozent gegenüber 2021 auf 34,6 Millionen Menschen zu rechnen; die arbeitsfähige Bevölkerung sei dann für das Jahr 2040 auf 19,2 Millionen Menschen zu schätzen – 25 Prozent weniger als 2021. Dabei werde besonders die arbeitsfähige Bevölkerung für den Wiederaufbau benötigt. Je länger der Krieg andauere, desto schlechter die Prognose und desto schlechter auch die Chancen für den Wiederaufbau der Ukraine; für jeden aktuell denkbaren Fall sagt das WIIW allerdings schon jetzt einen nicht mehr abzuwendenden „irreversiblen demographischen Schock“ voraus.


    „Eine monoethnische Nation“

    Um das Äußerste zu vermeiden und die Bevölkerungsverluste zu reduzieren, empfiehlt das WIIW der ukrainischen Regierung, die Rückkehr von Flüchtlingen aktiv zu fördern. Darüber hinaus dringt es darauf, die Aufnahmeländer sollten ihrerseits die Rückkehr der Flüchtlinge aktiv unterstützen, etwa durch die Finanzierung einschlägiger Kiewer Regierungsprogramme. Da dies voraussichtlich nicht genüge, werde die Ukraine Arbeitsmigranten anwerben müssen. Dies werde in den ersten Nachkriegsjahren wegen der fürchterlichen Kriegsschäden kaum möglich sein. Längerfristig könne Kiew kaum auf Arbeitsmigration aus reicheren Ländern hoffen, sondern müsse in den Ländern etwa des Südkaukasus, des Mittleren Ostens, Asiens und Afrikas um neue Arbeitskräfte werben. Da die Ukraine „eine monoethnische Nation“ sei, werde, so heißt es in höflicher Umschreibung des ukrainischen Nationalismus, die Förderung von Arbeitsimmigration wohl zu „substanziellen gesellschaftlichen Spannungen“ führen.[6] Das Land benötige daher „eine massive Veränderung ihrer geistigen Haltung auf allen Ebenen der Gesellschaft“.


    Konkurrenz um Fachkräfte

    Spezielle Schwierigkeiten sind aber auch bei der Rückgewinnung von Flüchtlingen aus der EU zu erwarten. Vor allem mit Blick auf das Bildungsniveau der Flüchtlinge macht sich die deutsche Wirtschaft Hoffnungen, sie könnten als kostengünstige Fachkräfte auf Dauer angeworben werden. „Wirtschaftsvertreter“, so wurde bereits im März berichtet, „loben das große Fachkräftepotential“.[7] Ein konkretes Beispiel beschrieb im April die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Demnach könnten ukrainische Flüchtlinge, da Kiew nach dem Krieg im großen Stil Mietwohnungen bauen müsse, schon jetzt in „energetischer Sanierung und gemeinwohlorientiertem Wohnungsbau“ ausgebildet werden. Dann besäßen sie nach Kriegsende die erforderlichen Fähigkeiten, um den Wohnungsbau in der Ukraine nach EU-Standards voranzutreiben. Allerdings wies die SWP darauf hin, dass auch „die deutsche Wohnungswirtschaft ... angesichts der auch hier anstehenden umfangreichen energetischen Gebäudesanierung ... unter einem zunehmenden Fachkräftemangel leidet“ – und Interesse hätte, die Flüchtlinge in Deutschland zu halten. Spannungen mit der Kiewer Regierung zeichnen sich also schon heute ab.[8]

     

    [1] Croatias population has dropped 10% in a decade, reveals census. euronews.com 14.01.2022.

    [2], [3] Maryna Tverdostup: The Demographic Challenges to Ukraine’s Economic Reconstruction. WIIW Policy Notes and Reports 71. Vienna, July 2023.

    [4] Geflüchtete aus der Ukraine: Knapp die Hälfte beabsichtigt längerfristig in Deutschland zu bleiben. diw.de.

    [5], [6] Maryna Tverdostup: The Demographic Challenges to Ukraine’s Economic Reconstruction. WIIW Policy Notes and Reports 71. Vienna, July 2023.

    [7] Andreas Mihm: „Wir verlieren eine ganze Generation“. Frankfurter Allgemeine Zeitung 07.03.2023.

    [8] Steffen Angenendt, André Härtel, Knut Höller, David Kipp: Für den Wiederaufbau von Wohnraum braucht die Ukraine Fachkräfte. swp-berlin.org 06.04.2023.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9307


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Rechtes Medienportal „Nius“: Grundprinzip verdrehte Fakten

    taz.de, 18. 7. 2023, 18:51 Uhr,

    Das Medienportal „Nius“ bietet rechter Hetze eine Bühne. Es wird finanziert von einem Milliardär und vereint Julian Reichelt mit Jan Fleischhauer.


    Der CDU-nahe Milliardär Frank Gotthardt unterstützt „Nius“ finanziell Foto: Rudolf Wichert/laif


    Im Grunde muss man Julian Reichelt dankbar sein. Sein neues Medienportal „Nius“ sorgt endlich für Ordnung. Solange Jan Fleischhauer noch Kolumnen für den Spiegel schrieb oder Judith Sevinç Basad als freie Journalistin arbeitete, fiel es vielen schwer, diese Stimmen einzuordnen: Liberale Vordenker:innen, die mit erfrischender Brillanz den linken Meinungskorridor durchbrechen und deren originelle Thesen, gewürzt mit einer Prise Provokation, uns alle aufrütteln sollten? Oder doch nur rechtspopulistische Stimmungsmacher:innen?


    Dass es sich bei „Nius“ um rechtspopulistische Stimmungsmache handelt, ist sicher. Und auch, dass Jan Fleischhauer und Judith Sevinc Basad für das Portal arbeiten. Genau wie die neurechte Influencerin Anabel Schunke oder der Journalist Jan Karon, mit dem der RBB im letzten Herbst eiligst die Zusammenarbeit beendete, nachdem Karon Somalia öffentlich als „Shithole-Country mit Steinzeitkultur“ bezeichnet hatte.


    Julian Reichelt hat sie alle bei seinem Unternehmen versammelt, unterstützt von seinem Förderer, dem CDU-nahen Milliardär Frank Gotthardt. Einige der „Nius“-Autor:innen waren ihrem ehemaligen Chef bereits von der Bild zu seinem Medienunternehmen Rome Medien gefolgt. Auch Sevinç Basad wechselte von der Bild zu Reichelts Unternehmen, begleitet von ordentlich Tamtam, bei dem ihr gleich zwei Kunststücke gelangen: dem Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner mangelnde Resilienz gegen die „Tyrannei der woke Aktivisten“ zu bescheinigen und von den Bild-Vorgesetzten für die Verletzung journalistischer Standards kritisiert zu werden.


    Keine „Stimme der Mehrheit“

    „Nius“ wird wie News ausgesprochen, es bleibt unklar, ob das witzig sein soll oder ob der Kulturkampf nun schon so weit geht, dass man dem eigenen Publikum keine englischen Wörter mehr zumuten möchte. Dass es sich bei dem Claim „Die Stimme der Mehrheit“ um Wunschdenken statt Tatsachenbeschreibung handelt, ist selbst in Zeiten eines AfD-Höhenflugs klar.


    Genau wie auf Reichelts Youtube-Kanal wird auch hier daran gearbeitet, rechtspopulistische Inhalte mehrheitsfähig zu machen. Die Topthemen der vergangenen Tage: die Wahl einer trans Frau zur Miss Niederlande, die Proteste beim Eritrea-Festival in Gießen, die Berliner Freibäder.

    Das ist kein Zufall: Nach dem Vorbild weitaus reichweitenstärkerer Medien in den USA wie „Fox News“ werden Nachrichten ausgewählt, bei denen das vermutete Empörungspotenzial möglichst große Teile der Bevölkerung umfasst. Kritik an der Transbewegung ist bis in feministische Kreise hinein anschlussfähig, das wissen auch Jan Karon und Judith Sevinç Basad, die dem „vielleicht gefährlichsten Zeitgeist-Phänomen“ gleich eine anderthalbstündige „Dokumentation“ widmen. Worum es bei den Ausschreitungen in Gießen ging, spielt auch in der Berichterstattung etablierter deutscher Medien kaum eine Rolle, genauso wenig wie die Frage gestellt wird, ob zwischen Neuköllns unterfinanzierter Jugendhilfe und Neuköllns randalierenden Jugendlichen ein Zusammenhang bestehen könnte.


    An all das knüpft „Nius“ an: Jedes Topthema wird in möglichst vielen Beiträgen durchgenudelt. Zum Freibad­thema lässt ein Artikel 17 mit Vornamen zitierte Personen erzählen, warum sie sich im Freibad nicht mehr wohlfühlen. Ein Reporter rennt so lange mit der Kamera um den Badesee, bis er eine Frau findet, die das Problem bei den „ausländischen Bürgern“ sieht. Es gibt einen kitschigen Kommentar zum verlorenen „Sehnsuchtsort Freibad“, eine Chronologie über Gewaltvorfälle in Freibädern mit dem Titel „Freibadistan“ und sechs weitere Beiträge zum Thema.


    Hetze gegen Minderheiten und Leugnung der Klimakrise

    Eine deutlich offensivere Berichterstattung als etwa zum Ukrainekrieg, der bei „Nius“ nur am Rande vorkommt, vielleicht, weil man hier zu Recht Uneinigkeiten im Zielpublikum vermutet. Für ein Nachrichtenportal eine spezielle Themenauswahl. Klar: Die Selektion von Themen allein wäre, ebenso wenig wie die Tatsache, dass Journalismus aus einer bestimmten politischen Haltung heraus betrieben wird, kein Grund, „Nius“ zu kritisieren. Zu selektieren und zu gewichten gehört zum Kerngeschäft aller Redaktionen, und nicht nur bei der taz, sondern auch bei der „Tagesschau“ spielen dabei politische Haltungen eine Rolle, denn es gibt keinen Journalismus im luftleeren Raum.


    Dabei wird überspitzt, verkürzt, aus dem Zusammenhang gerissen und manchmal auch schlicht gelogen


    Die Luft, in der sich „Nius“ bewegt, riecht allerdings nach Rassismus, nach Hetze gegen Minderheiten, nach Leugnung der Klimakrise, und das ist das Problem. Dabei wird überspitzt, verkürzt, aus dem Zusammenhang gerissen und manchmal auch schlicht gelogen.


    In Sachen Klimakrise ist die Berichterstattung fast schon putzig: So voll und ganz zu leugnen, dass es ein Problem geben könnte, trauen sich offenbar selbst Rechts­po­pu­lis­t:in­nen wie die Ma­che­r:in­nen von „Nius“ nicht mehr. Stattdessen versuchen sie auch hier, an den Alltagsverstand anzuknüpfen – Sommer ist doch was Schönes – und werden nicht müde zu betonen, so heiß sei es doch gar nicht. Es seien zwar 38 Grad in Möhrendorf-Kleinseebach gemessen worden, heißt es dann, aber letztes Jahr, da waren es in Hamburg-Neuwiedenthal 40,1 Grad, und 2019 in Tönisvorst sogar 41,2! Wenn Karl Lauterbach aus Bologna per Twitter auf die Hitzewelle in Südeuropa hinweist, schreibt Julian Reichelt auf „Nius“, „zum Zeitpunkt seines Tweets“ sei es dort „klar unter 30 Grad“ gewesen. Na dann, alles prima.


    Wie das mit dem Lügen funktioniert, lässt sich an einem Fall der vergangenen Tage beobachten: Verschiedene deutsche Medien zitieren, teils etwas unsauber, aus einer Meldung der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Diese erwähnt eine Wetterprognose, der zufolge es auf Sizilien bis zu 48 Grad heiß werden könnte, und nennt dann verschiedene in Italien gemessene Bodentemperaturwerte, die häufig deutlich höher als die Lufttemperatur sind. Julian Reichelt macht daraus auf „Nius“ „die heißeste Klima-Lüge des Jahres“: Die 48 Grad hätten sich auf die sizilianische Bodentemperatur bezogen, „ALLE Journalisten“ hätten das gewusst und die Zahlen vorsätzlich falsch angegeben, und zwar weil Medien und Politik absichtlich Angst vor dem Klimawandel verbreiten, um die Bevölkerung besser beherrschen zu können.


    Nichts davon stimmt – aber dass die Wahrheit das erste Opfer des Kriegs ist, eben schon. Und das gilt auch für den Kulturkampf, in dem der ehemalige Kriegsreporter Julian Reichelt längst selbst zum Krieger geworden ist.


    Info: https://taz.de/Rechtes-Medienportal-Nius/!5945019


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    24.07.2023

    Die BR24 Reportage Administrativhaft - Der blinde Fleck des Rechtsstaates Israel

    br.de/radio/br24, vom Stand: 12.07.2023, Ein Beitrag von: Jan-Christoph Kitzler|Bildnachweis

    Screenshot_2023_07_24_at_22_27_35_Die_BR24_Reportage_Administrativhaft_Der_blinde_Fleck_des_Rechtsstaates_Israel_BR.de


    Israel wird allgemein als einzige Demokratie im Nahen Osten betrachtet. Doch das Prinzip "gleiches Recht für alle" ist auch hier nicht überall anzutreffen. Im besetzen Westjordanland werden die bis zu 800.000 jüdischen Siedler wie jeder andere israelische Bürger behandelt. Palästinenser indes unterliegen dort dem Militärrecht, das andere Verfahren, längere Untersuchungshaft etc. vorsieht. Ein von Menschenrechtsorganisationen viel kritisiertes Element der israelischen Besatzung ist die so genannte Administrativhaft. Rund 1.100 Menschen - fast alle von ihnen Palästinenser - befinden sich zurzeit in Administrativhaft. Das bedeutet, es gibt für sie kein ordentliches Gerichtsverfahren, denn die Prozessakten unterliegen in der Regel der Geheimhaltung und können auch von ihren Anwälten nicht eingesehen werden. Israel begründet das Instrument der Administrativhaft mit der Gefahr für die Sicherheit. Menschenrechtsorganisationen in Israel und in den palästinensischen Gebieten vermuten aber, dass die Administrativhaft vor allem auch dazu genutzt wird, um politisch unliebsame Personen ruhig zu stellen. Jan-Christoph Kitzler über den blinden Fleck des Rechtsstaates Israel.


    Audioqualität

    XL
    MP3
    224 Kbit/s
    für DSL
    45 MB
    M
    MP3
    128 Kbit/s
    für UMTS
    22 MB


    Audio Dauer 18:49 Uhr


    Info: https://www.deutschlandfunk.de/umstrittene-administrativhaft-der-blinde-fleck-des-rechtsstaates-israel-dlf-e67c89fe-100.html


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    24.07.2023

    Putin schreibt einen Artikel über die Beziehungen zu Afrika

    seniora.org, 24. Juli 2023, Von Thomas Röper 24.07.2023 - übernommen von anti-spiegel.ru

    Der russische Präsident Putin hat einen Artikel geschrieben, in dem er auf die Beziehungen Russlands zu Afrika und auf das Getreideabkommen eingeht. Thomas Röper hat den Artikel übersetzt.


    Wer die internationale Politik verstehen will, muss sich anschauen, was die handelnden Personen sagen und tun. Deshalb ist der Artikel, den Präsident Putin über die Beziehungen Russlands zu Afrika und das Getreideabkommen geschrieben hat, sehr wichtig, schließlich findet demnächst der zweite Russland-Afrika-Gipfel statt. Daher habe ich Putins Artikel übersetzt.


    Beginn der Übersetzung: Russland und Afrika: Gebündelte Anstrengungen für Frieden, Fortschritt und eine erfolgreiche Zukunft Am 27. und 28. Juli findet in St. Petersburg der zweite Russland-Afrika-Gipfel samt Wirtschafts- und humanitärem Russland-Afrika-Forum statt. Im Vorfeld der großangelegten repräsentativen Veranstaltungen, bei denen sich Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter aus Wissenschaft und Gesellschaft versammeln werden, möchte ich mit den Lesern der führenden afrikanischen Medien meine Vision von der Entwicklung der russisch-afrikanischen Beziehungen teilen und die Richtungen der Zusammenarbeit skizzieren, die für die gemeinsame Arbeit der bevorstehenden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts vorrangig sind.

    Die partnerschaftlichen Verbindungen unseres Landes mit Afrika haben feste, tiefe Wurzeln und sind in allen Phasen der Zeit durch Stabilität, Vertrauen und Freundschaftlichkeit gekennzeichnet. Wir haben die afrikanischen Völker kontinuierlich bei ihrem Kampf für die Befreiung vom kolonialen Joch unterstützt. Wir haben Unterstützung beim Aufbau der Staatlichkeit, der Festigung der Souveränität und der Verteidigungsfähigkeit geleistet. Es wurde viel für die Schaffung einer stabilen Grundlage der nationalen Wirtschaften getan. Zur Mitte der 1980er-Jahre wurde unter Teilnahme unserer Spezialisten in Afrika mehr als 330 große Infrastruktur- und Industrieobjekte gebaut   – Stromkraftwerke, Bewässerungssysteme, Industrie- und Agrarunternehmen, die bis heute erfolgreich funktionieren und weiterhin einen gewichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents leisten. In unserem Land wurden zehntausende afrikanische Ärzte, technische Fachkräfte, Ingenieure, Offiziere und Lehrer ausgebildet.

    Ich möchte insbesondere das traditionell enge Zusammenwirken in der Welt, den festen und kontinuierlichen Schutz seitens der Sowjetunion und dann Russlands der Interessen der Länder Afrikas auf internationalen Plattformen hervorheben. Wir haben immer an dem Prinzip „afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ festgehalten und waren mit den Afrikanern bei ihrem Kampf für Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Verteidigung ihrer legitimen Rechte solidarisch. Wir haben nie versucht, unseren Partnern unsere Vorstellungen vom inneren Aufbau, Formen und Methoden der Regierung, Zielen der Entwicklung und Wegen zu ihrer Erreichung aufzudrängen. Unverändert bleibt unser Respekt gegenüber der Souveränität der Staaten Afrikas, ihren Traditionen und Werten, dem Wunsch, das eigene Schicksal selbstständig zu bestimmen und die Beziehungen zu den Partnern frei aufzubauen.

    Wir wissen das ehrlich gesammelte Kapital der Freundschaft und Zusammenarbeit, die Traditionen des Vertrauens und der gegenseitigen Unterstützung, das sich bei Russland mit den Ländern Afrikas gebildet hat, zu schätzen. Wir streben gemeinsam nach der Bildung eines Systems der Beziehungen, das auf der Priorität des Völkerrechts, der Berücksichtigung der nationalen Interessen, der Unteilbarkeit der Sicherheit und der Anerkennung der zentralen koordinierenden Rolle der Vereinten Nationen beruht.

    In unseren Tagen ist die schöpferische, vertrauensvolle, zukunftsorientierte Partnerschaft Russlands und Afrikas von besonderer Bedeutung. In der Welt bilden sich starke wirtschaftliche und politische Macht- und Einflusszentren, die immer beharrlicher hervortreten und fordern, dass ihre Position berücksichtigt werden soll. Wir sind sicher, dass die neue, multipolare Weltordnung, deren Konturen bereits skizziert sind, gerechter und demokratischer wird. Es bestehen keine Zweifel daran, dass Afrika neben Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika darin einen würdigen Platz findet, sich endgültig von seinem schweren Erbe des Kolonialismus und Neokolonialismus befreit, indem dessen gegenwärtigen Praktiken beseitigt werden.

    Russland nimmt das wachsende internationale Ansehen sowohl einzelner Staaten, als auch Afrikas im Ganzen, ihr Streben, hervorzutreten, die Lösung der Probleme des Kontinents in die eigene Hand zu nehmen, mit Befriedigung wahr. Wir unterstützen die konstruktiven Initiativen der Partner immer und wir treten dafür ein, dass den afrikanischen Ländern ein würdiger Platz in den Gremien, die für die Schicksale der Welt zuständig sind, darunter UN-Sicherheitsrat und G20, gegeben wird. Wir treten für eine Reform der globalen Finanz- und Handelsinstitutionen, die ihren Interessen entsprechen, ein.

    Leider sehen wir, dass die jetzige Situation in der Welt bei Weitem nicht stabil ist. Es spitzen sich „alte“ Konflikte zu, die fast in jeder Region zu erkennen sind, es entstehen neue Bedrohungen und Herausforderungen. Afrika spürt wie kein anderer Teil der Welt die Last der globalen Probleme. Unter diesen nicht einfachen Bedingungen rechnen wir damit, zusammen mit afrikanischen Partnern eine nicht-diskriminierende Agenda für die Zusammenarbeit zu bilden. Die strategischen Richtungen unseres Zusammenwirkens wurden durch Beschlüsse des ersten Russland-Afrika-Gipfels, der Ende Oktober 2019 in Sotschi stattfand, festgelegt. Für ihre effiziente Umsetzung wurde das Russland-Afrika-Partnerschaftsforum gebildet. Mit vielen Staaten des Kontinents wurden bilaterale Interregierungskommissionen für die handelswirtschaftliche und wissenschaftstechnische Zusammenarbeit ins Leben gerufen, es steht eine Erweiterung des Netzes unserer Botschaften und Handelsvertretungen in Afrika bevor. Es werden aktiv zusätzliche Instrumente, mit denen die Wirtschaftsverbindungen besser strukturiert werden und an Dynamik gewinnen, geschaffen.

    Ich möchte mit Befriedigung betonen, dass der Handelsumsatz Russlands mit den Ländern Afrikas 2022 auf fast 18 Milliarden US-Dollar gestiegen ist. Allerdings verstehen wir alle sehr gut, dass das Potential unserer handelswirtschaftlichen Partnerschaft deutlich größer ist. Russische Unternehmen sind daran interessiert, auf dem Kontinent in Bereichen High-Tech und geologische Erkundung, Kraftstoff- und Energiekomplex, darunter Atomenergie, Chemieindustrie, Förderung von Bodenschätzen und Transportmaschinenbau, Landwirtschaft und Fischerei aktiver zu arbeiten. Die aktuellen Änderungen in der Welt erfordern eine Suche nach den Lösungen, die mit der Schaffung neuer Transport- und Logistik-Ketten, der Bildung eines Währungs- und Finanzsystems und Mechanismen des gegenseitigen Zahlungsverkehrs, die sicher und frei von ungünstigen äußeren Faktoren sind, verbunden sind.

    Wir verstehen, von welcher Bedeutung die reibungslose Lebensmittelversorgung für die sozialwirtschaftliche Entwicklung und Aufrechterhaltung der politischen Stabilität in den afrikanischen Staaten ist. Daher haben wir den Fragen, die mit den Lieferungen von Weizen, Gerste, Mais und anderem an afrikanische Länder verbunden sind, immer große Aufmerksamkeit gewidmet. Wir haben das sowohl auf vertraglicher Basis, als auch unentgeltlich, als humanitäre Hilfe, darunter via UN-Welternährungsprogramm getan. 2022 hat Russland 11,5 Millionen Tonnen Getreide nach Afrika exportiert, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres schon fast zehn Millionen Tonnen. Und das trotz der gegen unsere Exporte eingeführten Sanktionen, die die Ausfuhr russischer Lebensmittel in die Entwicklungsländer tatsächlich bedeutend erschweren, sowie Logistik, Versicherung und Bankzahlungen erschweren.

    Viele haben wohl vom sogenanntem „Getreideabkommen“ gehört, das ursprünglich auf die Gewährleistung der globalen Lebensmittelsicherheit, Senkung der Gefahr des Hungers und Hilfe an die ärmsten Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas gerichtet war. Gerade deswegen übernahm Russland die Verpflichtungen, seine Umsetzung zu fördern. Allerdings wurde dieses „Abkommen“, das im Westen öffentlich als Zeichen ihrer Sorgen für Afrikas Wohl präsentiert wurde, de facto ungeniert ausschließlich zur Bereicherung der großen US-amerikanischen und europäischen Konzerne, die das Getreide aus der Ukraine ausführten und weiterverkauften, genutzt.

    Urteilen Sie selbst: Im Laufe von fast einem Jahr wurden im Rahmen des „Abkommens“ insgesamt 32,8 Millionen Tonnen Güter aus der Ukraine ausgeführt, mehr als 80 Prozent davon kamen in Länder mit hohen und höheren als durchschnittlichen Einkommen, darunter die EU, während auf die Länder wie Äthiopien, Sudan und Somalia sowie Jemen und Afghanistan weniger als drei Prozent der Gesamtmenge entfielen, das ist weniger als eine Million Tonnen.

    Dabei wurde keine einzige Bedingung des „Abkommens“ erfüllt, die den Ausschluss der russischen Getreide- und Düngemittel-Ausfuhren auf die Weltmärkte aus den Sanktionen betrafen. Zudem werden sogar Hindernisse für unsere unentgeltliche Übergabe von Mineraldüngern an die am bedürftigsten, ärmsten Länder bereitet. Von den 262.000 Tonnen landwirtschaftlicher Erzeugnissen, die in europäischen Häfen blockiert sind, wurden nur zwei Lieferungen   – 20.000 Tonnen nach Malawi und 34.000 Tonnen nach Kenia   – ausgeführt. Der Rest bleibt in den gewissenlosen Händen der Europäer, obwohl es sich um eine rein humanitäre Aktion handelt, die prinzipiell nicht von Sanktionen betroffen sein soll.

    Angesichts all dieser Faktoren hat die Fortsetzung des „Getreideabkommens“, das seine humanitäre Bedeutung verloren hat, keinen Sinn. Wir haben uns gegen eine weitere Verlängerung des „Abkommens“ ausgesprochen, seit dem 18. Juli ist seine Umsetzung gestoppt. Ich will zusichern, dass unser Land imstande ist, das ukrainische Getreide sowohl auf kommerzieller, als auch auf unentgeltlicher Grundlage zu ersetzen, zumal in diesem Jahr bei uns wieder Rekordernte erwartet wird.

    Trotz der Sanktionen wird Russland weiterhin mit Energie an den Lieferungen von Getreide, Nahrung, Düngemittel und anderem an Afrika arbeiten. Wir wissen die ganze Palette der Wirtschaftsverbindungen mit Afrika   – sowohl mit einzelnen Staaten, als auch mit regionalen Integrationsvereinigungen und natürlich mit der Afrikanischen Union   – hoch zu schätzen und werden sie weiter dynamisch entwickeln. Wir begrüßen den strategischen Kurs dieser Organisation auf die weitere Wirtschaftsintegration und die Bildung einer Afrikanischen Kontinental-Freihandelszone. Wir sind bereit, pragmatische, gegenseitig vorteilhafte Verbindungen, darunter durch die Eurasische Wirtschaftsunion, auszubauen. Wir sind auch auf die Intensivierung der Zusammenarbeit mit anderen regionalen Vereinigungen des Kontinents positiv gestimmt.

    In Fortführung der Tradition werden wir weiter Hilfe bei der Ausbildung nationaler Fachkräfte für afrikanische Staaten leisten. Nach aktuellem Stand studieren in unserem Land rund 35.000 Studenten aus Afrika, darunter mehr als 6.000 Personen mit russischen Stipendien. Jedes Jahr wird die Zahl der Stipendien erhöht, es werden die Ausbildung auf kommerzieller Grundlage und die in letzter Zeit immer verbreiteter gewordenen Verbindungen zwischen Hochschulen gefördert.

    Unser gemeinsames Interesse ist es, die Zusammenarbeit im humanitären Bereich, in Kultur, Sport und Massenmedien auf ein neues, höheres Niveau zu bringen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und unsere jungen afrikanischen Freunde zu den Weltfestspielen der Jugend im März 2024 nach Sotschi einladen. Bei diesem großangelegten internationalen Forum werden sich mehr als 20.000 Vertreter aus über 180 Ländern für einen informellen, freundlichen und offenen Dialog, der frei von ideologischen und politischen Barrieren, rassischen und religiösen Vorurteilen ist und die junge Generation um die Ideen eines festen und nachhaltigen Friedens, Prosperität und Schöpfung vereinigt, versammeln.

    Zum Schluss möchte ich noch einmal hervorheben, dass wir dem bevorstehenden zweiten Russland-Afrika-Gipfel große Bedeutung beimessen. Bei dem Gipfel sollen eine komplexe Erklärung und mehrere gemeinsame Erklärungen angenommen und der Aktionsplan für das Russland-Afrika-Partnerschaftsforum bis 2026 gebilligt werden. Ein gewichtiges Paket der Interregierungs- und ressortübergreifenden Abkommen und Memoranden mit einzelnen Staaten und regionalen Vereinigungen des Kontinents wird zur Unterzeichnung vorbereitet.

    Ich warte mit Ungeduld auf die Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der afrikanischen Länder in St. Petersburg und freue mich auf fruchtbare und konstruktive Gespräche. Ich bin sicher, dass die Beschlüsse des Gipfels und des Forums sowie die gemeinsame ständige vielfältige Arbeit der weiteren Entwicklung der russisch-afrikanischen strategischen Partnerschaft zum Wohle unserer Länder und Völker dienen werden.

    Ende der Übersetzung


    In meinem neuen Buch „„Putins Plan   – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht   – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme - den wir gerade erleben - wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

    Quelle: https://www.anti-spiegel.ru/2023/putin-schreibt-einen-artikel-ueber-die-beziehungen-zu-afrika/


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4296&mailid=1850


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    10 Menschen & Meinungen, Publik-Forum Nr. 14 | 2023
    Ein fatales Symbol, mehr nicht

    Die Ukraine muss weiter unterstützt werden. Das Tor zur Nato sollte ihr dafür aber nicht geöffnet werden  Von Constantin Wißmann


    Die Entscheidung der Nato, die Ukraine vorerst nicht in das Bündnis zu lassen, hat nicht nur bei Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskij Frustration ausgelöst. Auch deutsche Kommentatoren kritisierten das Bündnis heftig. Es sei zu träge, zu ängstlich und würde so die Ukraine im Stich lassen und verhöhnen. Diese Reaktion ist verständlich, vor allem seitens der Ukraine. Der Aggressor Russland wütet weiterhin im Land, hält noch immer große Teile besetzt und scheint nicht von seiner Wahnidee abzukommen, das Nachbarland besiegen zu müssen. Andererseits kommt die ukrainische Gegenoffensive nicht wirklich voran, die russischen Panzersperren scheinen kaum überwindbar, das schreckliche Sterben an der Front geht weiter und weiter. Und doch weigert sich der Westen, das Tor zum Bündnis und der dort erhofften Sicherheit zu öffnen.


    Doch bei allem Mitgefühl im Herzen, muss die Staatspolitik kühl im Verstand bleiben, sie muss das Wünschenswerte vom Machbaren unterscheiden. Und das hat sie in Vilnius in Person der Vernunftpolitiker Joe Biden und Olaf Scholz getan.


    Am Kriegsverlauf hätte es kaum etwas geändert, jetzt den Weg frei zu machen für eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. Ein tatsächlicher Beitritt ist sowieso nicht möglich, solange dieser Krieg andauert. Denn dann wäre sozusagen rückwirkend der Bündnisfall eingetreten, und das hätte bedeutet: AngrifTe von westlichen Armeen auf die Atommacht Russland - die Welt stünde vor dem dritten Weltkieg. Trotzdem argumentieren einige, allein der konkrete Plan, die Ukaine aufzunehmen, würde ein klares Signal der Abschreckung an Wladimir Putin senden. Jetzt, so Selenskij, sei der russische Präsident motiviert, »seinen Terror fortzusetzen".


    Das erscheint nicht logisch. Denn warum sollte Putin den Krieg beenden, wenn am Ende ohnehin sicher ist, dass die Ukraine der Nato angehört? Er hätte zwei Möglichkeiten: Verlieren und zusehen, wie die Nato-Grenze zu Russland noch länger wird als heute, die dank Finnlands Beitritt
    zum Bündnis in diesem Jahr bereits um etwa 1000 Kilometer gewachsen ist. Oder er kann weiterhin Menschen und Ressourcen in den Krieg stecken, um doch noch zu gewinnen oder zumindest eine Pattsituation aufrechtzuerhalten. Eine diplomatische Lösung des Krieges rückte so in immer weitere Ferne.


    In der Staatspolitik ist es unedässlich, den Gegner zu verstehen. Und für Russland wäre eine längere Grenze zu einer aus seiner Sicht feindlichen Militärallianz ein höchst aggressiver Akt. Das hätten alle russischen Präsidenten so gesehen, nicht nur Putin. Die Tatsache, dass die Nato nicht die Absicht hat, russisches Territorium anzugreifen, wie westliche Politiker so oft betonen, ist kein hinreichendes Argument für ein Land, das im Laufe seiner Geschichte mehrfach überfallen wurde und glaubt, Anspruch auf einen Einflussbereich zu haben. Eine Nato-Mitgliedschaft der Ukaine wäre also nicht mehr als ein Symbol, möglicherweise ein im Wortsinn fatales: ein töd-
    liches. Nötig ist es nicht. Denn die Konsequenzen seiner Politik erlebt Putin schon jetzt jeden Tag. Selbst dem wahnsinnigsten Kreml-Propagandisten wird es schwerfallen zu behaupten, dass die Invasion Russland stärker, reicher oder widerstandsfähiger gemacht hat.


    Es stellte sich heraus, dass das russische Militär keine wirklich efEziente Streitmacht ist, sondern eine dysfunktionale Armee, die sehr gut darin ist, Mörser und Artilleriegranaten in Gebäude zu schießen, aber ziemlich schlecht in allen anderen Dingen. Mithilfe von mehr a1s 120 Milliarden Euro des Westens haben die Ukraine die russischen Truppen auf rund einem Fünftel des ukainischen Territoriums eingedämmt - eine beachtliche Leistung für eine Armee, der ein Zusammenliruch nach wenigen Tagen verheißen wurde. Wenn Putins großer Plan ein Regimewechsel in Kiew war, hat er schon lange mit Pauken und Trompeten verloren.


    Somit ist eine andere Zusage an die Ukraine in Vilnius wichtiger: Die Unterstützung des Landes in seinem Freiheitskampf aufrechtzuerhalten mit Waffen, Geld und humanitärer Hilfe. Putin muss vor allem eins gezeigt werden: dass er diesen Krieg nicht gewinnen kann und nicht gewinnen wird.



    -----Original-Nachricht-----


    Betreff: Zu: "Ein fatales Symbol, mehr nicht" - PF 14/2023, S. 10


    Datum: 2023-07-23T11:02:39+0200


    Von: "fuchs.albert@t-online.de" <fuchs.albert@t-online.de>


    An: "PF, Rd" <redaktion@publik-forum.de>


    Werte Redaktion, sehr geehrte Damen und Herren,


    hiermit darf ich Sie um den Abdruck des unten folgenden Leserbriefs zu

    dem vorgenannten Beitrag bitten. Ziemlich deutlich zielt meine Kritik

    allerdings (auch) auf Ihre ganze "Linie" in puncto Ukraine-Konflikt -

    klar, soweit ich die einschlägigen Beiträge verfolgt habe. Ich würde

    mich freuen, wenn Sie meine Anmerkungen trotzdem ungekürzt

    veröffentlichen könnten.


    Vielen Dank i.V. und freundliche Grüße

    A. Fuchs


    Prof. Dr. Albert Fuchs | An der ev. Kirche 39, 53340 Meckenheim


    ***


    Warum nur spielt schon wieder ein PF-Redakteur eine Art

    Regierungs-Sprecher? Drischt verbal auf den /"Aggressor Russland" /ein,

    der nicht abkomme /"von seiner Wahnidee..., das Nachbarland besiegen zu

    müssen"/, bejubelt die/"Vernunftpolitiker Joe Biden und Olaf Scholz"/,

    die in Vilnius als Staatspolitiker /"bei allem Mitgefühl im Herzen...

    kühl im Verstand... das Wünschenswerte vom Machbaren [zu]

    unterscheiden"/ gewusst und für die/"wichtiger[e] ... Zusage an die

    Ukraine"/ gesorgt hätten: /"Die Unterstützung des Landes in seinem

    Freiheitskampf  aufrechtzuerhalten mit Waffen, Geld und humanitärer

    Hilfe"./ Gleichzeitig aber beklagt der Autor, dass /"das schreckliche

    Sterben an der Front... weiter und weiter"/ gehe. Seinen

    Selbstwiderspruch sieht er offensichtlich nicht. Die sich aufdrängende

    Frage, wohin das alles führen soll, beantwortet er mit einem Satz, der

    einem Vademecum der "schwarzen Pädagogik" für Staatenlenker entstammen

    könnte: "/Putin muss vor allem eins gezeigt werden: dass er diesen Krieg

    nicht gewinnen kann und nicht gewinnen wird." /Und die ständig

    zunehmende kriegsethische wie völkerrechtliche Fragwürdigkeit der

    militärischen Mittel, die zum Einsatz kommen, scheint ihm nicht der

    Erwähnung wert. /

    /


    Ist das nun die Sprache und die Perspektive des Geistes, der inzwischen

    im Zusammenhang des Ukraine-Kriegs ein sich einst als

    /"kritisch-christlich-unabhängig" /verstehendes (und sich immer noch so

    anpreisendes) Blatt durchweht? Dem Autor (und der Redaktion) sei

    empfohlen, sich doch einmal die "Friedensrede" von JF Kennedy im

    Nachgang zur Kuba-Krise (10. Juni 1963 an der American University,

    Washington) in Ruhe vorzunehmen und insbesondere über die folgende

    Warnung Kennedys nachzudenken: /"Vor allem müssen die Atommächte

    Konfrontationen abwenden, bei denen ein Gegner nur die Wahl zwischen

    demütigender Niederlage und Atomkrieg hat. Würde man im atomaren

    Zeitalter einen solchen Kurs einschlagen, wäre das lediglich ein Beleg

    des Bankrotts unserer Politik – oder ein Beweis dafür, dass wir der

    ganzen Welt den kollektiven Tod wünschen." / Vielleicht käme man dann

    bei PF auch angesichts des Ukraine-Kriegs auf andere,

    dem/"kritisch-christlich-unabhängig" /nähere Ideen als die hier

    kritisierten und Ähnliches.


    Dr. Albert Fuchs, Meckenheim


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.


    unser weiterer Kommentar:  Die Zeit zur Offenbarung ist immer!

    24.07.2023

    Medien: Die USA haben die Zahl ihres Militärpersonals auf Stützpunkten in Syrien von 500 auf 1.500 erhöht.

    anti-spiegel.ru, vom 23. Juli 2023 23:12 Uhr, von Anti-Spiegel

    Wie die Zeitung Al Watan berichtet, hat das US-Kommando auch zusätzliche militärische Ausrüstung und Logistik aus dem Irak verlegt.

    BEIRUT, 24. Juli. /TASS/ Das US-Kommando hat am Sonntag zusätzliche militärische Ausrüstung und Logistik aus dem Irak in seine Stützpunkte in Syrien verlegt. Das berichtet die syrische Zeitung Al Watan unter Berufung auf Quellen in Oppositionsgruppen. Demnach überquerten mehrere Militärtransportkonvois den Grenzübergang al-Walid und gelangten auf das Gebiet der nordöstlichen Provinz Hasakeh.

    Zusammen mit gepanzerten Fahrzeugen wurde auch eine große Gruppe amerikanischer Soldaten nach Syrien verlegt. Der Zeitung zufolge hat sich ihre Zahl seit dem 15. Juli von 500 auf 1.500 Personen erhöht. Ein Teil des militärisch-technischen Personals hilft bei der Ausbildung kurdischer Kämpfer der „Kräfte des demokratischen Syriens“, während andere Flugplätze sowie Öl- und Gasfelder in Hassakeh und der benachbarten Provinz Deir ez-Zor bewachen.

    Ein Großteil der an den Irak grenzenden Gebiete im Nordosten Syriens wird inzwischen von Kurden kontrolliert. Seit 2015 hat das US-Kommando dort neun Militärstützpunkte eingerichtet.

    Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wurde die Zahl der Truppen in Syrien auf 500 reduziert. Unter dem Vorwand, die verstärkten Terrorbanden der Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) zu bekämpfen, erhöht das US-Kommando nun wieder seine militärische Präsenz in Syrien.

    Am 15. Juli berichtete der Fernsehsender Al Mayadeen, dass die USA die Sicherheit ihrer Stützpunkte auch auf Kosten der Kämpfer der von ihnen kontrollierten Brigaden al-Sanadid und Suwwar al-Jaysh verstärkt haben, die zur sogenannten Freien Syrischen Armee gehören.

    Wie der Fernsehsender feststellt, befürchtet das US-Kommando in den kommenden Tagen mögliche Angriffe auf seine militärischen Einrichtungen in Syrien durch pro-iranische Milizen, die auf der Seite der syrischen Regierungsarmee kämpfen.


    Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/medien-die-usa-haben-die-zahl-ihres-militaerpersonals-auf-stuetzpunkten-in-syrien-von-500-auf-1-500-erhoeht


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    Russland und Afrika Putin schreibt einen Artikel über die Beziehungen zu Afrika

    anti-spiegel.ru, 24. Juli 2023 09:00 Uhr, von Anti-Spiegel

    Der russische Präsident Putin hat einen Artikel geschrieben, in dem er auf die Beziehungen Russlands zu Afrika und auf das Getreideabkommen eingeht. Ich habe den Artikel übersetzt.


    Wer die internationale Politik verstehen will, muss sich anschauen, was die handelnden Personen sagen und tun. Deshalb ist der Artikel, den Präsident Putin über die Beziehungen Russlands zu Afrika und das Getreideabkommen geschrieben hat, sehr wichtig, schließlich findet demnächst der zweite Russland-Afrika-Gipfel statt. Daher habe ich Putins Artikel übersetzt.

    Beginn der Übersetzung:

    Russland und Afrika: Gebündelte Anstrengungen für Frieden, Fortschritt und eine erfolgreiche Zukunft

    Am 27. und 28. Juli findet in St. Petersburg der zweite Russland-Afrika-Gipfel samt Wirtschafts- und humanitärem Russland-Afrika-Forum statt. Im Vorfeld der großangelegten repräsentativen Veranstaltungen, bei denen sich Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter aus Wissenschaft und Gesellschaft versammeln werden, möchte ich mit den Lesern der führenden afrikanischen Medien meine Vision von der Entwicklung der russisch-afrikanischen Beziehungen teilen und die Richtungen der Zusammenarbeit skizzieren, die für die gemeinsame Arbeit der bevorstehenden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts vorrangig sind.

    Die partnerschaftlichen Verbindungen unseres Landes mit Afrika haben feste, tiefe Wurzeln und sind in allen Phasen der Zeit durch Stabilität, Vertrauen und Freundschaftlichkeit gekennzeichnet. Wir haben die afrikanischen Völker kontinuierlich bei ihrem Kampf für die Befreiung vom kolonialen Joch unterstützt. Wir haben Unterstützung beim Aufbau der Staatlichkeit, der Festigung der Souveränität und der Verteidigungsfähigkeit geleistet. Es wurde viel für die Schaffung einer stabilen Grundlage der nationalen Wirtschaften getan. Zur Mitte der 1980er-Jahre wurde unter Teilnahme unserer Spezialisten in Afrika mehr als 330 große Infrastruktur- und Industrieobjekte gebaut – Stromkraftwerke, Bewässerungssysteme, Industrie- und Agrarunternehmen, die bis heute erfolgreich funktionieren und weiterhin einen gewichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents leisten. In unserem Land wurden zehntausende afrikanische Ärzte, technische Fachkräfte, Ingenieure, Offiziere und Lehrer ausgebildet.

    Ich möchte insbesondere das traditionell enge Zusammenwirken in der Welt, den festen und kontinuierlichen Schutz seitens der Sowjetunion und dann Russlands der Interessen der Länder Afrikas auf internationalen Plattformen hervorheben. Wir haben immer an dem Prinzip „afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ festgehalten und waren mit den Afrikanern bei ihrem Kampf für Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Verteidigung ihrer legitimen Rechte solidarisch. Wir haben nie versucht, unseren Partnern unsere Vorstellungen vom inneren Aufbau, Formen und Methoden der Regierung, Zielen der Entwicklung und Wegen zu ihrer Erreichung aufzudrängen. Unverändert bleibt unser Respekt gegenüber der Souveränität der Staaten Afrikas, ihren Traditionen und Werten, dem Wunsch, das eigene Schicksal selbstständig zu bestimmen und die Beziehungen zu den Partnern frei aufzubauen.

    Wir wissen das ehrlich gesammelte Kapital der Freundschaft und Zusammenarbeit, die Traditionen des Vertrauens und der gegenseitigen Unterstützung, das sich bei Russland mit den Ländern Afrikas gebildet hat, zu schätzen. Wir streben gemeinsam nach der Bildung eines Systems der Beziehungen, das auf der Priorität des Völkerrechts, der Berücksichtigung der nationalen Interessen, der Unteilbarkeit der Sicherheit und der Anerkennung der zentralen koordinierenden Rolle der Vereinten Nationen beruht.

    In unseren Tagen ist die schöpferische, vertrauensvolle, zukunftsorientierte Partnerschaft Russlands und Afrikas von besonderer Bedeutung. In der Welt bilden sich starke wirtschaftliche und politische Macht- und Einflusszentren, die immer beharrlicher hervortreten und fordern, dass ihre Position berücksichtigt werden soll. Wir sind sicher, dass die neue, multipolare Weltordnung, deren Konturen bereits skizziert sind, gerechter und demokratischer wird. Es bestehen keine Zweifel daran, dass Afrika neben Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika darin einen würdigen Platz findet, sich endgültig von seinem schweren Erbe des Kolonialismus und Neokolonialismus befreit, indem dessen gegenwärtigen Praktiken beseitigt werden.

    Russland nimmt das wachsende internationale Ansehen sowohl einzelner Staaten, als auch Afrikas im Ganzen, ihr Streben, hervorzutreten, die Lösung der Probleme des Kontinents in die eigene Hand zu nehmen, mit Befriedigung wahr. Wir unterstützen die konstruktiven Initiativen der Partner immer und wir treten dafür ein, dass den afrikanischen Ländern ein würdiger Platz in den Gremien, die für die Schicksale der Welt zuständig sind, darunter UN-Sicherheitsrat und G20, gegeben wird. Wir treten für eine Reform der globalen Finanz- und Handelsinstitutionen, die ihren Interessen entsprechen, ein.

    Leider sehen wir, dass die jetzige Situation in der Welt bei Weitem nicht stabil ist. Es spitzen sich „alte“ Konflikte zu, die fast in jeder Region zu erkennen sind, es entstehen neue Bedrohungen und Herausforderungen. Afrika spürt wie kein anderer Teil der Welt die Last der globalen Probleme. Unter diesen nicht einfachen Bedingungen rechnen wir damit, zusammen mit afrikanischen Partnern eine nicht-diskriminierende Agenda für die Zusammenarbeit zu bilden. Die strategischen Richtungen unseres Zusammenwirkens wurden durch Beschlüsse des ersten Russland-Afrika-Gipfels, der Ende Oktober 2019 in Sotschi stattfand, festgelegt. Für ihre effiziente Umsetzung wurde das Russland-Afrika-Partnerschaftsforum gebildet. Mit vielen Staaten des Kontinents wurden bilaterale Interregierungskommissionen für die handelswirtschaftliche und wissenschaftstechnische Zusammenarbeit ins Leben gerufen, es steht eine Erweiterung des Netzes unserer Botschaften und Handelsvertretungen in Afrika bevor. Es werden aktiv zusätzliche Instrumente, mit denen die Wirtschaftsverbindungen besser strukturiert werden und an Dynamik gewinnen, geschaffen.

    Ich möchte mit Befriedigung betonen, dass der Handelsumsatz Russlands mit den Ländern Afrikas 2022 auf fast 18 Milliarden US-Dollar gestiegen ist. Allerdings verstehen wir alle sehr gut, dass das Potential unserer handelswirtschaftlichen Partnerschaft deutlich größer ist. Russische Unternehmen sind daran interessiert, auf dem Kontinent in Bereichen High-Tech und geologische Erkundung, Kraftstoff- und Energiekomplex, darunter Atomenergie, Chemieindustrie, Förderung von Bodenschätzen und Transportmaschinenbau, Landwirtschaft und Fischerei aktiver zu arbeiten. Die aktuellen Änderungen in der Welt erfordern eine Suche nach den Lösungen, die mit der Schaffung neuer Transport- und Logistik-Ketten, der Bildung eines Währungs- und Finanzsystems und Mechanismen des gegenseitigen Zahlungsverkehrs, die sicher und frei von ungünstigen äußeren Faktoren sind, verbunden sind.

    Wir verstehen, von welcher Bedeutung die reibungslose Lebensmittelversorgung für die sozialwirtschaftliche Entwicklung und Aufrechterhaltung der politischen Stabilität in den afrikanischen Staaten ist. Daher haben wir den Fragen, die mit den Lieferungen von Weizen, Gerste, Mais und anderem an afrikanische Länder verbunden sind, immer große Aufmerksamkeit gewidmet. Wir haben das sowohl auf vertraglicher Basis, als auch unentgeltlich, als humanitäre Hilfe, darunter via UN-Welternährungsprogramm getan. 2022 hat Russland 11,5 Millionen Tonnen Getreide nach Afrika exportiert, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres schon fast zehn Millionen Tonnen. Und das trotz der gegen unsere Exporte eingeführten Sanktionen, die die Ausfuhr russischer Lebensmittel in die Entwicklungsländer tatsächlich bedeutend erschweren, sowie Logistik, Versicherung und Bankzahlungen erschweren.

    Viele haben wohl vom sogenanntem „Getreideabkommen“ gehört, das ursprünglich auf die Gewährleistung der globalen Lebensmittelsicherheit, Senkung der Gefahr des Hungers und Hilfe an die ärmsten Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas gerichtet war. Gerade deswegen übernahm Russland die Verpflichtungen, seine Umsetzung zu fördern. Allerdings wurde dieses „Abkommen“, das im Westen öffentlich als Zeichen ihrer Sorgen für Afrikas Wohl präsentiert wurde, de facto ungeniert ausschließlich zur Bereicherung der großen US-amerikanischen und europäischen Konzerne, die das Getreide aus der Ukraine ausführten und weiterverkauften, genutzt.

    Urteilen Sie selbst: Im Laufe von fast einem Jahr wurden im Rahmen des „Abkommens“ insgesamt 32,8 Millionen Tonnen Güter aus der Ukraine ausgeführt, mehr als 80 Prozent davon kamen in Länder mit hohen und höheren als durchschnittlichen Einkommen, darunter die EU, während auf die Länder wie Äthiopien, Sudan und Somalia sowie Jemen und Afghanistan weniger als drei Prozent der Gesamtmenge entfielen, das ist weniger als eine Million Tonnen.

    Dabei wurde keine einzige Bedingung des „Abkommens“ erfüllt, die den Ausschluss der russischen Getreide- und Düngemittel-Ausfuhren auf die Weltmärkte aus den Sanktionen betrafen. Zudem werden sogar Hindernisse für unsere unentgeltliche Übergabe von Mineraldüngern an die am bedürftigsten, ärmsten Länder bereitet. Von den 262.000 Tonnen landwirtschaftlicher Erzeugnissen, die in europäischen Häfen blockiert sind, wurden nur zwei Lieferungen – 20.000 Tonnen nach Malawi und 34.000 Tonnen nach Kenia – ausgeführt. Der Rest bleibt in den gewissenlosen Händen der Europäer, obwohl es sich um eine rein humanitäre Aktion handelt, die prinzipiell nicht von Sanktionen betroffen sein soll.

    Angesichts all dieser Faktoren hat die Fortsetzung des „Getreideabkommens“, das seine humanitäre Bedeutung verloren hat, keinen Sinn. Wir haben uns gegen eine weitere Verlängerung des „Abkommens“ ausgesprochen, seit dem 18. Juli ist seine Umsetzung gestoppt. Ich will zusichern, dass unser Land imstande ist, das ukrainische Getreide sowohl auf kommerzieller, als auch auf unentgeltlicher Grundlage zu ersetzen, zumal in diesem Jahr bei uns wieder Rekordernte erwartet wird.

    Trotz der Sanktionen wird Russland weiterhin mit Energie an den Lieferungen von Getreide, Nahrung, Düngemittel und anderem an Afrika arbeiten. Wir wissen die ganze Palette der Wirtschaftsverbindungen mit Afrika – sowohl mit einzelnen Staaten, als auch mit regionalen Integrationsvereinigungen und natürlich mit der Afrikanischen Union – hoch zu schätzen und werden sie weiter dynamisch entwickeln. Wir begrüßen den strategischen Kurs dieser Organisation auf die weitere Wirtschaftsintegration und die Bildung einer Afrikanischen Kontinental-Freihandelszone. Wir sind bereit, pragmatische, gegenseitig vorteilhafte Verbindungen, darunter durch die Eurasische Wirtschaftsunion, auszubauen. Wir sind auch auf die Intensivierung der Zusammenarbeit mit anderen regionalen Vereinigungen des Kontinents positiv gestimmt.

    In Fortführung der Tradition werden wir weiter Hilfe bei der Ausbildung nationaler Fachkräfte für afrikanische Staaten leisten. Nach aktuellem Stand studieren in unserem Land rund 35.000 Studenten aus Afrika, darunter mehr als 6.000 Personen mit russischen Stipendien. Jedes Jahr wird die Zahl der Stipendien erhöht, es werden die Ausbildung auf kommerzieller Grundlage und die in letzter Zeit immer verbreiteter gewordenen Verbindungen zwischen Hochschulen gefördert.

    Unser gemeinsames Interesse ist es, die Zusammenarbeit im humanitären Bereich, in Kultur, Sport und Massenmedien auf ein neues, höheres Niveau zu bringen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und unsere jungen afrikanischen Freunde zu den Weltfestspielen der Jugend im März 2024 nach Sotschi einladen. Bei diesem großangelegten internationalen Forum werden sich mehr als 20.000 Vertreter aus über 180 Ländern für einen informellen, freundlichen und offenen Dialog, der frei von ideologischen und politischen Barrieren, rassischen und religiösen Vorurteilen ist und die junge Generation um die Ideen eines festen und nachhaltigen Friedens, Prosperität und Schöpfung vereinigt, versammeln.

    Zum Schluss möchte ich noch einmal hervorheben, dass wir dem bevorstehenden zweiten Russland-Afrika-Gipfel große Bedeutung beimessen. Bei dem Gipfel sollen eine komplexe Erklärung und mehrere gemeinsame Erklärungen angenommen und der Aktionsplan für das Russland-Afrika-Partnerschaftsforum bis 2026 gebilligt werden. Ein gewichtiges Paket der Interregierungs- und ressortübergreifenden Abkommen und Memoranden mit einzelnen Staaten und regionalen Vereinigungen des Kontinents wird zur Unterzeichnung vorbereitet.

    Ich warte mit Ungeduld auf die Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der afrikanischen Länder in St. Petersburg und freue mich auf fruchtbare und konstruktive Gespräche. Ich bin sicher, dass die Beschlüsse des Gipfels und des Forums sowie die gemeinsame ständige vielfältige Arbeit der weiteren Entwicklung der russisch-afrikanischen strategischen Partnerschaft zum Wohle unserer Länder und Völker dienen werden.

    Ende der Übersetzung


    Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/putin-schreibt-einen-artikel-ueber-die-beziehungen-zu-afrika


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    Der kommende Krieg zwischen Russland und Polen

    seniora.org, 24. Juli 2023, Von Gilbert Doctorow 23.07.2023 - übernommen von gilbertdoctorow.com

    Putins Rede am Freitag schien an Warschau gerichtet zu sein. Das Programm des heutigen Abends richtete sich eindeutig an die breite russische Öffentlichkeit, um sie auf den Ausbruch eines möglichen russisch-polnischen Krieges in unmittelbarer Zukunft vorzubereiten.


    Die heutigen "Nachrichten der Woche" des russischen Staatsfernsehens begannen mit einem 30-minütigen Dokumentarfilm über die polnisch-russischen Beziehungen seit dem Ende des Ersten Weltkriegs und während des russischen Bürgerkriegs, als die Regierung von Marschall Pilsudski erhebliche Gebiete der russischen Kontrolle entriss. Auch Polens gut dokumentierte Rolle als Aggressor und Besetzer tschechoslowakischer, litauischer, ukrainischer und weißrussischer Gebiete vor Beginn des Zweiten Weltkriegs und bis zum Überfall Hitlers auf Polen wurde ausführlich behandelt.

    Grundlage für die Berichterstattung war die Rede von Wladimir Putin vor dem Sicherheitsrat der Russischen Föderation am Freitag, die teilweise ausgestrahlt wurde. Auszüge aus dieser Rede wurden als Einleitung oder als Segmente der gesamten Dokumentation verwendet.

    Erinnern wir uns daran, dass Putin am Freitag erklärt hat, wie und warum wir den formellen Kriegseintritt einer gemeinsamen polnisch-litauisch-ukrainischen Streitmacht erwarten können, die offiziell als Verteidiger der ukrainischen Staatlichkeit durch Besetzung der Westukraine dargestellt wird. Putin bezeichnete dies jedoch als eine Besatzungstruppe, die, einmal in Lemberg und der Westukraine installiert, nicht mehr abziehen würde. Dies wäre in Wirklichkeit eine Wiederholung des Ausverkaufs ukrainischer Interessen an Polen und der Abtretung von Gebieten an Polen, wie er von ihrem Führer Semjon Petljura im April 1920 begangen wurde und sich nun in den geheimen Vereinbarungen zwischen den Präsidenten Zelensky aus der Ukraine und Duda aus Polen wiederholt.

    Dies war jedoch nicht die einzige anstehende polnische Aggression, die Wladimir Putin am Freitag ankündigt hat. Er sagte, Polen habe auch Pläne für weißrussisches Land. In dem Dokumentarfilm von heute Abend wurde diese Bemerkung vertieft und daran erinnert, welches weißrussische Gebiet Polen im 20. Jahrhundert gewaltsam an sich gerissen hat, als sich die Gelegenheit dazu bot. Außerdem wurde auf die belarussischen Kämpfer im Ausland hingewiesen, die von Polen eingesetzt werden, um von polnischem Territorium aus den Angriff auf Minsk anzuführen, und welche Waffen sie von den Vereinigten Staaten und den NATO-Mitgliedstaaten erhalten.

    In Bezug auf die polnischen Pläne für die Ukraine gab Putin keine Auskunft darüber, wie Russland darauf reagieren könnte. In Bezug auf Weißrussland erklärte er am Freitag jedoch direkt, dass jeder Angriff auf Weißrussland als Angriff auf Russland gewertet werde und Russland mit allen ihm zur Verfügung stehenden militärischen Mitteln antworten werde. Er ermahnte Warschau, die Konsequenzen seines Handelns zu bedenken.

    Putins Rede am Freitag schien an Warschau gerichtet zu sein. Das Programm des heutigen Abends richtete sich eindeutig an die breite russische Öffentlichkeit, um sie auf den Ausbruch eines möglichen russisch-polnischen Krieges in unmittelbarer Zukunft vorzubereiten.

    Dieser Punkt wurde durch den derzeitigen Besuch des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko in Petersburg unterstrichen. Dieser Besuch wurde mit viel Pomp und Zeremonie begangen. Beide Präsidenten besuchten heute Kronstadt und besichtigten die dortige Hauptkirche, die die geistige Heimat der russischen Marine ist. Sie besichtigten auch das neue Museum der russischen Marine, das demnächst eröffnet wird und in dem das erste russische Atom-U-Boot ausgestellt ist, die damalige Antwort des Landes auf die amerikanische Nautilus. Außerdem führten sie Gespräche über die militärischen und politischen Bedrohungen, denen ihre Länder ausgesetzt sind. Diese Gespräche werden morgen unerwartet im Konstantinovsky-Palast außerhalb von Petersburg fortgesetzt. Der Grund für die ausführlichen Konsultationen ging aus Äußerungen Lukaschenkos vor der Presse während seines Treffens mit Putin hervor: Der belarussische Militärgeheimdienst hat nämlich den massiven Aufbau polnischer Streitkräfte, darunter Panzer, Hubschrauber und anderes schweres militärisches Gerät, an mehreren Standorten nahe der belarussischen Grenze sehr genau verfolgt.

    In der heutigen Sendung " Nachrichten der Woche" wurde der russischen Öffentlichkeit erklärt, dass die neuen aggressiven Pläne der Polen nur deshalb ausgeführt werden, weil Polen darauf vertraut, dass Uncle Sam sie unterstützt. Und sie nannten die Person, die diese Verbindung verkörpert, den ehemaligen polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski (2014-15), der heute Mitglied des Europäischen Parlaments und für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zuständig ist. Ein Foto von Sikorskis letzten Treffen mit Pentagon-Beamten und mit Joe Biden und seinen Beratern wurde auf dem Bildschirm gezeigt. Wer sich über Sikorskis politische Ansichten wundert, dem sei gesagt, dass er der Ehemann der neokonservativen, russenhassenden Journalistin Anne Applebaum ist, die dem amerikanischen Publikum durch ihre regelmäßigen Kolumnen in der Washington Post sehr bekannt ist.

    Aus den russischen Talkshows der letzten Tage lässt sich leicht ablesen, wie der Kreml den derzeitigen Stellvertreterkrieg in der und um die Ukraine sieht: Washington sieht, dass die ukrainische Gegenoffensive ein völliger Fehlschlag ist, der Zehntausende von Menschenleben unter den ukrainischen Streitkräften gekostet hat und bei dem ein großer Teil der in den letzten Monaten an die Ukraine gelieferten westlichen Ausrüstung zerstört wurde. Anstatt sich um Frieden zu bemühen, versucht Washington, eine "zweite Front" zu eröffnen und nutzt dafür Polen.

    Eine mögliche russische Antwort auf ein Vorgehen gegen Weißrussland wurde ebenfalls im Radio diskutiert: die Einnahme des Suwalki-Korridors, der Kaliningrad über polnisches Gebiet mit Weißrussland verbindet. Die Übernahme der Kontrolle über diesen Korridor hätte zur Folge, dass die baltischen Staaten von Polen isoliert würden und damit ihre Sicherheit gefährdet wäre.

    Die unausweichliche Schlussfolgerung aus den jüngsten Nachrichten ist, dass Washingtons aufrührerische Politik und die weitere Eskalation des Konflikts Russlands Niederlage nicht sichern können. Im Gegenteil, sie können durchaus zum völligen Zusammenbruch des NATO-Bündnisses führen, sobald dessen militärischer Wert auf eine Weise widerlegt ist, die von den kreativsten Propagandisten in Washington nicht weggeredet oder vertuscht werden kann.


    Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
    Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4294&mailid=1849


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    Rhodos brennt, Brüssel pennt

    lostineu.eu, 24. Juli 2023

    Rhodos brennt. Am Wochenende sind die Waldbrände auf der griechischen Insel außer Kontrolle geraten, so daß Zehntausende Einheimische und Touristen evakuiert werden mussten. Die EU glänzte durch Abwesenheit.

    „Gelebte europäische Solidarität“, versprach EU-Chefin von der Leyen, als sie Ende Mai die Verdoppelung der europäischen Kapazitäten für die Brandbekämpfung aus der Luft ankündigte.

    Doch wo ist diese Solidarität, wenn man sie mal braucht? Auf Rhodos war davon nichts zu sehen. In Brüssel auch nicht. Am Sonntag gab es von der Kommissionspräsidentin nur eine Rede zur Migration, das war’s.

    Dabei ist die Lage diesmal wirklich ernst. 30.000 Touristen und Einheimische mussten am Wochenende auf Rhodos vor den Flammen flüchten, 19.000 von ihnen wurden mit Bussen und Schiffen in Sicherheit gebracht.

    Die Bilder von Touristen, die mit Rollkoffern aus den Hotels fliehen, gingen um die Welt. Sie könnten zum Sinnbild für eine aus den Fugen geratene Welt werden – die Klimakrise lässt grüßen.

    Polizeisprecherin Konstantia Dimoglidou sprach von der „größten Brand-Evakuierung“, die es je in Griechenland gegeben habe. Doch die EU war daran nicht beteiligt – allen vollmundigen Versprechen zum Trotz.

    Vor zwei Jahren hat Brüssel schon die Flutkatastrophe im Ahrtal verpennt. Doch statt den Katastrophenschutz endlich auf Vordermann zu bringen, hat die EU einen Gedenktag für die „Klimaopfer“ eingeführt – und sich selbst gefeiert…

    Mehr zur Klimakrise hier

    P.S. Von der Leyen sprach am Sonntag übrigens bei einem Migrationsgipfel in Rom, zu dem die postfaschistische Regierungschefin Meloni eingeladen hatte. Es ging um neue Flüchtlingsdeals wie zuletzt mit Tunesien…

    1 Comment

    1. Michael Schwabe
      24. Juli 2023 @ 09:52

      Hab nix anderes erwartet von v.d. Leyen…diese dauerlächelnde Notlösung wurde in einer hinterzimmer kungelstunde von Macron und merkel ( war ja klar) aus dem hut gezaubert…immerhin konnte sie ihren 7 Kinder je einen us- Amerikanischen

      pass zukommen lassen, für den Fall dass Europa mal brennt….


    Info: https://lostineu.eu/rhodos-brennt-bruessel-pennt


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Aufgelesen: EUropa rückt nach rechts


    lostineu.eu, vom 23. Juli 2023

    In Brüssel hat die Urlaubszeit begonnen. Wir nutzen das „Sommerloch“, um lesenswerte Beiträge anderer Blogs und Medien zu präsentieren. Heute ein Beitrag zum Rechtsruck in EUropa.

    Am Wochenende des 23. Juli finden in Spanien Wahlen statt, bei denen eine Koalition aus der konservativen Partido Popular (Volkspartei) und der rechtspopulistischen und europaskeptischen Partei Vox die bisherige sozialdemokratisch-linke Regierung ablösen könnte.

    Mehr als drei Viertel der Bundesbürger sind mit der Ampel-Regierung in Berlin unzufrieden, so die jüngste Forsa-Umfrage. Mit dem Umfragehoch der AfD und dem Wählerschwund der Linken steht Deutschland nicht alleine da. EU-weit zeichnet sich ein Rechtsruck ab.

    Er zeigt sich nicht nur in Italien, wo die Postfaschistin Giorgia Meloni im Oktober 2022 Ministerpräsidentin wurde. Allerdings konnte sie in Brüssel durchsetzen, dass die EU ihre Agenda in der Einwanderungspolitik unterstützt. Gegenüber linken Regierungen wie der von Alexis Tsipras in Griechenland 2015 gab es weniger Entgegenkommen.

    Diese unterschiedliche Akzeptanz und Kooperationsbereitschaft Brüssels gegenüber den Regierungen der Mitgliedstaaten hat offenbar Auswirkung auf den grundsätzlichen politischen Kurs der Union. Denn während die Rechten Erfolge erzielen und Vereinbarungen mit Brüssel treffen, werden die Linken wie eben die damalige griechische Regierung ausgebremst und auch in geradezu entwürdigender Weise bloßgestellt.

    Ein Ergebnis: Wenn im nächsten Jahr das EU-Parlament neu gewählt wird, können nach den aktuellen Umfrage- und Wahlergebnissen rechte und rechtsextreme Parteien mit einer stärkeren Präsenz im Plenum rechnen.

    In Polen und Ungarn regieren bereits Rechtspopulisten.

    Auch in Lettland werden nach den Wahlen im November 2022 nationalkonservative Kräfte die Regierung stellen.

    Nach dem Wahlsieg Melonis mit den Fratelli d’Italia folgte auch in Finnland die Regierungsübernahme durch ein rechtspopulistisches Parteienbündnis.

    Ist nun auch noch Spanien an der Reihe?

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    7 Comments

    1. KK
      24. Juli 2023 @ 13:26

      @ WBD:
      „Mich würde bei dieser Diskussion hier eher einmal interessieren, wie die geneigten Diskutanten die Begriffe ‚Links‘, ‚Pseudolinks‘, und ‚Rechts‘ definieren.“
      Heute muss man leider feststellen, dass links da ist, wo der Daumen rechts ist!
      Angesichts des real existierenden Zustands der Parteienlandschaft kann man diese Trennlinien wohl nur noch schwer ziehen, seitdem sich die ehemals Linke zum Teil Methoden ganz Rechter (wie zB Unterdrückung anderer Meinungen, faktische Berufsverbote, Zensur zB in der Kunst) zu eigen gemacht hat.

    Reply

  • KK
    24. Juli 2023 @ 13:09

    @ Arthur Dent:
    „Bislang eifert Gott sei Dank kein amtierender europäischer Politiker diesen „Führern“ nach.“

    Können wir denn sicher wissen, was in der Ukraine gerade passiert? Soweit ich das mitbekomme, ist Selenskij und seine Bandera-Camarilla durchaus dabei, Minderheiten massiv zu unterdrücken. Das geht auch mit Berichten über recht rüde Formen der Zwangsrekrutierung einher, deren Opfer man dann kaum ausgebildet als Kanonenfutter ganz nach vorn schickt.
    Mit der Unterdrückung von Minderheiten hat es bislang immer angefangen…

    Und unsere Politiker befördern das durch ihre bedingungslose Unterstützung, allen voran die EUCO-Präsidentin.

    Reply

  • WBD
    24. Juli 2023 @ 13:04

    Mich würde bei dieser Diskussion hier eher einmal interessieren, wie die geneigten Diskutanten die Begriffe ‚Links‘, ‚Pseudolinks‘, und ‚Rechts‘ definieren.
    zB würde ich Wagenknecht als ‚Links‘, und die ‚Linkspartei‘ als Pseudolinks, und die AfD als ‚Rechts‘ definieren…
    Wagenknecht deshalb als ‚echt Links‘, weil sie sich auch um die realen Sorgen der am unteren Rand stehenden kümmert; Umwelt und Wokeness ist für mich erstmal nicht originär ‚Links‘.

    Reply

  • Arthur Dent
    24. Juli 2023 @ 09:56

    Ein einfaches Links/Rechts-Gut/Böse-Schema ist womöglich ein bisschen simpel. Warum wählen die Unterpriveligierten (falls sie überhaupt wählen) oder die „Arbeiterklasse“ rechts – angeblich gegen ihren Interessen? Womöglich deshalb, weil sie im politisch links-liberalen Spektrum kaum vorkommen? Nur als Minderheit in der Opferrolle schafft man es ins Blickfeld der Politik. Der mit Tarifvertrag ausgestattete „Normalo“, der brav ein geregeltes Arbeitsleben führt und zunehmend die Rentner sollen die Kosten des „verantwortungsbewussten Weltbürgers mit Willkommenskultur“ tragen. Sie fühlen sich nur noch als Verfügungsmasse einer sozialdemokratisch-grün-liberalen Politik. Früher bedeutete links progressiv, fortschrittlich – rechts konservativ zu sein. Heute bedeutet „rechts“ offenbar sich gemein zu machen mit nationalsozialistischen Verbrechern. Kann ich bei Meloni bisher aber nicht erkennen. (Persönlich würde ich den Massenmörder Hitler näher zu Stalin als zu Mussolini rücken). Bislang eifert Gott sei Dank kein amtierender europäischer Politiker diesen „Führern“ nach.

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  • Pittiplatsch
    24. Juli 2023 @ 09:13

    Linke & Pseudolinke sind darum zum Steigbügelhalter des ausufernden Raubtierkapitalismus geworden – ein historisches Versagen.

    Reply

  • Udo
    23. Juli 2023 @ 18:47

    Die Pseudolinken in Europa werden sind der Brandbeschleuniger für die Rechten. Solange die echte Linke sich weiter in kleinteiligen Streitereien ergeht und sogar den Schulterschluss mit den Pseudolinken machen, wird Europa immer weiter nach rechts wandern. Hinzu kommt der ausufernde Kapitalismus; der kleine Bruder der Rechten.

    Was wir aktuell erleben, ist eine Neuauflage der Weimarer Republik.

    Ich hoffe, nicht mit dem gleichen Ergebnis

    Reply

  • KK
    23. Juli 2023 @ 17:33

    Was Mussolini, Hitler und Franco nicht geschafft haben, das schafft die aktuelle EUCO: Ganz EUropa den Ultrarechten zum Frass vorwerfen! Ganz EUropa? Ganz!


  • Info: https://lostineu.eu/aufgelesen-europa-rueckt-nach-rechts


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    Nachrichten von Pressenza: Ab in die Wüste

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 24. Juli 2023, 7:15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 24.07.2023



    Ab in die Wüste


    EU reagiert auf Deportation von Flüchtlingen durch tunesische Behörden in die Wüste mit umfassenden Finanzhilfen für Tunis und der Unterzeichnung eines Flüchtlingsabwehrdeals. Die EU belohnt die Deportation von Flüchtlingen durch tunesische Behörden in die Wüste und sagt Tunis Finanzhilfen im&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/ab-in-die-wueste/


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    Mahnwache gegen Streubomben – der Protest formiert sich!


    Es hatte gerade eine Handvoll &#8222;Omas gegen Rechts&#8220; die Initiative ergriffen. Zu einer Mahnwache gegen den Einsatz von US-Streubomben in der Ukraine. Menschenrecht ist unteilbar. Vor der US-Botschaft in Berlin am Brandenburger Tor. Am Donnerstag, den 20.Juli. Wir luden ein&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/mahnwache-gegen-streubomben-der-protest-formiert-sich/


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    Erste Debatte im UN-Sicherheitsrat über Risiken und Nutzen von Künstlicher Intelligenz


    Unter Mitwirkung von Experten zu diesem Thema und einem abschließenden Aufruf zu einer konzertierten Aktion debattierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum ersten Mal über die neuen Realitäten, mit denen die internationale Gemeinschaft durch die sogenannte &#8222;künstliche Intelligenz&#8220; konfrontiert wird.&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/erste-debatte-im-un-sicherheitsrat-ueber-risiken-und-nutzen-von-kuenstlicher-intelligenz/


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    Neue Proteste in Israel gegen die Justizreformen der Regierung Netanjahu


    Tausende von Demonstranten veranstalteten einen neuen &#8222;Tag des Widerstands&#8220; gegen die von der rechtsextremen Regierung Benjamin Netanjahus vorangetriebene Justizreform. Die Straßenproteste, die mehrere Straßen blockierten und sich über die wichtigsten Zentren des Landes ausbreiteten, wurden von der Ärztevereinigung unterstützt, die&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/neue-proteste-in-israel-gegen-die-justizreformen-der-regierung-netanjahu/


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    Nawalny drohen 20 Jahre Straflager


    Die russische Staatsanwaltschaft hat in einem Prozess Alexej Nawalny unter Ausschluss der Öffentlichkeit wegen »Extremismus« angeklagt &#8211; und nun eine Haftstrafe von 20 Jahren in einer Strafkolonie beantragt. Das Urteil soll am 4. August ausgesprochen werden. Nawalny zeigte sich in&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/nawalny-drohen-20-jahre-straflager/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    Wir leben in keiner offenen Situation mehr

    Wir leben in keiner offenen Situation mehr

    Thesen zum Ende des Interregnums und
    warum es gerade jetzt einen Neustart der LINKEN braucht

    «Wir leben in keiner offenen gesellschaftlichen Situation mehr, die Entwicklungspfade sind umkämpft, viele mögliche Alternativen aber bereits verunmöglicht, Wege sind verschlossen.» Mario Candeias, Direktor des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung, beschreibt mit 15 Thesen die sich neu herausbildenden Kräftekonstellationen, politischen Verwerfungen und die aktuellen Herausforderungen für die Linke.

    Als zentrales strategisches Moment sieht er

    • die Herausbildung eines neuen hegemonialen Entwicklungspfades entlang verschiedener Ausprägungen eines grünen Kapitalismus.

    • Damit einher geht die Herausbildung einer neuen Blockkonfrontation um die globale Führung in dieser neuen Entwicklungsperiode.

    • Entgegen dieses neuen Projektes bildet sich eine nationalautoritäre Melange aus radikalisiertem Konservatismus und radikaler Rechter.

    Für viele Länder des Südens wird es eine Phase externer Schocks und innerer Zerfallsprozesse werden und auch in den kapitalistischen Zentren wird es zu heftigen Transformationskonflikten kommen. Aus diesen Verwerfungen entsteht immer auch ein Potential für Widerstand, aber nicht zwangsläufig eine erfolgreiche Verbindung von möglichen, realisierbaren Schritten, Gestaltungswillen und einer Perspektive des Systemwechsels. Vielmehr sollte sich die Linke auf eine langjährige Position in der Defensive einstellen und vor allem entlang der Schnittstellen von sozialer, ökologischer und Friedensfrage produktive Konflikte zu herzustellen.

    • Falsche Strategie

    Mario Candeias versucht entlang seiner Thesen den Weg einer erfolgreichen disruptiven Neugründung der parteipolitischen Linken aufzuzeigen.

    Die 15 Thesen für einen linken Neustart von Mario Candeias sind kostenlos auf der Webseite der Zeitschrift «LuXemburg» nachzulesen. 



    Thesen zum Ende des Interregnums und warum es gerade jetzt einen Neustart der LINKEN braucht

    Von Mario Candeias

    Juli 2023

    These 1 Viele Wege sind verschlossen

    Wir leben in keiner offenen gesellschaftlichen Situation mehr, die Entwicklungspfade sind umkämpft, viele mögliche Alternativen aber bereits verunmöglicht, Wege sind verschlossen.

    • Nichtssagende Aussage


    These 2: Zukunft des Kapitalismus ist gesichert mit unterschiedlichen Formen

    Es bildet sich ein hegemonialer Entwicklungspfad heraus, der unterschiedliche Ausprägungen eines grünen Kapitalismus umfasst. Weshalb hegemonial? Anders als andere gesellschaftlichen Projekte hat er das Potenzial, neue Anlagefelder für das Kapital zu erschließen, welche zugleich eine Bearbeitung der größten und langfristigsten (Menschheits-)Krise, der ökologischen Krise, durch eine grüne Modernisierung ermöglicht und so ein tragfähiges Akkumulationsregime etabliert. Regulativ erhält ein solches Projekt mit einigen mehr oder weniger ausgeprägten sozialen Ausgleichmaßnahmen einen prekären gesellschaftlichen Konsens, nach außen und innen autoritär bewehrt, sozusagen „gepanzert mit Zwang“ (Gramsci). Je nach (Welt-)Region wird sich dieses Projekt unterschiedlich ausprägen, in China anders als in Deutschland oder den USA, in den Zentren kapitalistischer Macht anders als an den (Semi-)Peripherien. Wir haben es mit Varieties of Green Capitalism – mit unterschiedlichen Ausprägungen eines grünen Kapitalismus zu tun. Am deutlichsten findet sich dieser als ausgeprägtes Akkumulationsregime in China, seit dem sogenannten Green Deal allerdings auch mehr und mehr in der EU.

    • Reformistischer Glaube an die Widerstandsfähigkeit des Kapitalismus


    These 3: Kampf um Vorherrschaft auf den Weltmärkten

    Diese Entwicklung wird überlagert von einer neuen Blockkonfrontation, die sich weniger entlang der Linie Demokratie vs. Autoritarismus anordnet, als entlang einer harten Konkurrenz um die globale Führung in der neuen Entwicklungsperiode hin zu einem hochtechnologischen und aufgerüsteten grünen Kapitalismus. Im Wesentlichen sortiert sich das Feld zwischen China und den USA, mit Europa in einer problematischen Zwischenposition zwischen subalternem US/NATO-Partner und eigenständigem Akteur. Die Folge sind eine hochtechnologische Konkurrenz, Handelskriege, eine partielle Deglobalisierung, eine dramatische Aufrüstung, gewaltförmige Konflikte und Kriege an den Rändern der „Green Empires“ bzw. an den tektonischen Berührungspunkten der Blöcke. Zugleich wird dadurch die Klima- und Umweltkrise verschärft, stoffliche, finanzielle und andere gesellschaftliche Ressourcen verschleudert, die für den Umbau dringend nötig wären, es werden nicht zuletzt Menschenleben aufs Spiel gesetzt. 




    These 4: zunehmender Konservatismus mit Kultur- statt Klassenkämpfen

    Dieses hegemoniale Projekt unterschiedlicher Formen eines grünen Kapitalismus wird bereits jetzt herausgefordert von der Konvergenz eines radikalisierten Konservatismus mit der radikalen Rechten und einer aggressiven Verteidigung der fossilistischen Lebensweise, einschließlich harter Kulturkämpfe auf allen Ebenen. Repräsentiert wird diese Allianz durch wechselnde Führungsfiguren wie Trump, Bolsonaro, Duterte, Modi, Melloni, Núñez Feijóo und andere. In Deutschland war dies zuletzt (wieder) an den heftigen Kämpfen um die Heizungswende zu erkennen. Innergesellschaftlich markieren diese nationalistischen, rechts-autoritären Projekte den Gegenspieler zu einem grün-liberalen Projekt der Modernisierung (zumindest in Europa und den USA sowie Lateinamerika). Sie bergen ein großes Destruktionspotenzial. Es mangelt diesen Projekten abgesehen von einer noch extremeren Ausbeutung von Mensch und Natur[1] jedoch an einer produktiven Perspektive: Die Aussichten auf Akkumulation jenseits eines Extreme Fossilism sowie die Möglichkeiten zur Moderation von Sozial- und Klimakrisen jenseits von Zwang sind begrenzt. Eben deshalb erweist sich diese Internationale der Nationalen, auf globaler Ebene nicht als Konkurrent des hegemonialen Projekts, ist vielmehr gezwungen sich jeweils einem regionalen Hegemon unterzuordnen (Russland unter China, Polen/Ungarn oder Italien unter Meloni der EU, GB nach dem Brexit unter den Tories sowohl unter die EU als auch die USA, die lateinamerikanische Rechte unter die USA etc.) – oder sie verbleiben in schwierigen Zwischenpositionen. 

    • Abkehr von Klassenkampf

    • Stattdessen Kulturkampf (was immer das sein mag)


    These 5: Klimaziele nicht erreichbar, zunehmende Katastrophen

    Die verschärfte Polarisierung im Inneren sowie die neue globale Blockkonfrontation in dieser Entwicklungsperiode führen zu einem deutlich höheren Niveau an gesellschaftlicher und zwischenstaatlicher Gewalt. Zugleich bildet die ökologische Modernisierung zwar das Herz der ökonomischen Transformation und Akkumulation, jedoch erfolgt der Umbau nicht nur mit kapitalistischen, also wachstumsorientierten Formen, sondern auch zu spät. Das 1,5-Grad-Ziel, dazu braucht es keine Glaskugel, ist nicht mehr zu erreichen, schon gar nicht unter den oben genannten Bedingungen einer hochgerüsteten Blockkonfrontation und massiver inner-gesellschaftlicher Widerstände. Die Klimaziele wären selbst dann nicht zu erreichen, wenn wir morgen einen linken Green New Deal implementieren könnten.[2] Die neue Entwicklungsperiode wird also von Gewalt und Katastrophen geprägt sein. Das neue hegemoniale Projekt hat seine Grenzen und Krisen, das heißt jedoch nicht, dass es nicht die nächsten 20 bis 30 Jahre dominieren kann, bis eben das Potenzial ausgeschöpft ist.


    These 6: Zunehmende internationale Ungleichheit

    Für viele Länder des globalen Südens, die entweder über wichtige Rohstoffreserven verfügen und/oder von der Klimakrise stark betroffen sein werden, bringen die kommenden Krisen und Katastrophen externe Schocks und innere Zerfallsprozesse mit sich. Die alten kapitalistischen Zentren stellen sich darauf ein: „Die direkte (militärische) Intervention zur Befriedung und zur Herausbildung marktwirtschaftlicher, liberal-demokratischer Staaten ist gescheitert, in Somalia und Bosnien, in Afghanistan, Libyen und im Irak. Ende des »End of History« (Fukuyama). Der Markt schafft es nicht, und eine Besetzung der Märkte mit Bodentruppen steht nicht mehr an. … Doch die Zonen der Unsicherheit müssen nicht unbedingt kontrolliert, können vielmehr eingehegt werden. Es entsteht eine Art »gated capitalism« – auch ohne funktionierende Gemeinwesen in den Zonen der Unsicherheit.“[3] Länder, die nicht zwischen den Blöcken zerrieben werden und im Staatszerfall enden wollen, werden sich früher oder später einem der Blöcke zuordnen. 


    These 7: steigende Probleme mit heftigen Konflikten

    Katastrophen (Wetterereignisse wie Überschwemmungen oder Dürren), Probleme der Ernährungssouveränität, ökonomische und soziale Krisen infolge langfristiger Preissteigerungen aufgrund von beschränkten Ressourcen, Abriss und Neuordnung von Lieferketten, Internalisierung ökologischer Kosten in die Preise für Lebensmittel und Konsumgüter, Kapitalvernichtung bei fossilistischen Industrien etc. werden auch in den kapitalistischen Zentren zu heftigen Transformationskonflikten führen. Zum Beispiel ist es nicht unwahrscheinlich, dass wir bereits am Beginn einer langsamen Erosion des deutschen Exportmodells stehen, mit allen ökonomischen, sozialen Folgen, auch für die Kräfteverhältnisse und die Zersetzungstendenzen einer Europäischen Union. Noch stärker sind davon die Semiperipherien innerhalb der Blöcke betroffen, etwa der Osten und Süden der EU, oder Mexiko am Rande der USA. 


    These 8: zunehmende Protestbewegung

    Viele spüren in diesen Zeiten multipler Krisen und kommender Katastrophen eine Überforderung, die ihre eigene und eine gemeinsame Handlungsfähigkeit gefährdet. Viele haben das Gefühl, eigentlich muss alles anders werden, die Dringlichkeit ist fast überwältigend, und doch geht kaum etwas voran. Das „Weiter so“ bringt eine verallgemeinerte Unsicherheit – alles zu ändern, ohne recht zu wissen wie, löst ebenfalls Ängste und Unsicherheit aus. Daraus erwächst eine Sehnsucht nach Normalität, die selbst jedoch irreal geworden ist. Die Reaktion ist häufig ein Rückzug ins Private, in ein vereinzeltes Sich-Durchschlagen bis hin zu durch Überforderung bewirkte Burn-Outs und/oder Depressionen. Aus der immer schwieriger werdenden Möglichkeit sich-zu-arrangieren, erwächst aber auch ein Potenzial des Widerstands. Dies kann aber nur gehoben und organisiert werden, wenn es gelingt, eine Verbindung von möglichen, realisierbaren Schritten, Gestaltungswillen und Perspektive des Systemwechsels überzeugend zu verbinden. 


    These 9: Gefahr der Auflösung der Linkspartei

    Was bedeutet das für die gesellschaftliche Linke? Sie wird nicht vergehen, aber sie wird für mindestens ein Jahrzehnt oder länger eine defensive Position einnehmen, kaum Gestaltungsraum haben. Grund dafür ist eine innergesellschaftliche Polarisierung zwischen den Trägern einer grün-liberalen Modernisierung und den autoritären Verteidigern einer fossilistischen Lebensweise (bei gleichzeitiger Zersplitterung von Zusammenhängen und bizzarer Neuzusammensetzung). Die Polarisierung lässt wenig Raum für Alternativen. Die als Zeitenwende deklarierte globale Aufrüstung und Blockkonfrontation verengen den Raum schon jetzt erheblich. Die Krise der parteipolitischen Linken kann in Deutschland, wie schon in Italien zuvor, zu ihrer praktischen Vernichtung führen. Dies gilt es mit möglichst vielen Kräften zu verhindern (notfalls auch durch klare Profilbildung, die Trennungen in Kauf nimmt). Die gesellschaftliche Linke wird in jedem Fall konfrontiert sein mit drastisch schwindenden Ressourcen, weniger Kräften und der Gefahr der Zersplitterung.


    These 10: Versagen der Linkspartei

    In der krisenhaften Übergangsphase der letzten eineinhalb Jahrzehnte, die ich mit Antonio Gramsci als Interregnum bezeichne [s. Anmerkung], sind neue gesellschaftliche Konflikt- und Spaltungslinien entstanden, die quer durch alle Parteien gehen und seit 2011 zu einer permanenten Umordnung des Parteiensystems geführt haben. Zentrale Entwicklungen waren die Finanz- und dann die Schuldenkrise, die Bewegung der Geflüchteten 2015, die Pandemie, der Kulturkampf um die liberale gesellschaftliche Modernisierung mit Blick auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Repräsentation sowie das Aufbrechen damit verbundener Macht- und Gewaltverhältnisse, der Druck zur ökologischen Modernisierung – die mit multikultureller, geschlechtergerechter und ökologischer Modernisierung empfundene Entwertung traditioneller Lebensweisen und Identitäten – und zuletzt natürlich die Zeitenwende mit dem Krieg in der Ukraine. Die Konfliktlinien gehen quer durch die Gesellschaft und natürlich auch durch die LINKE. Seit dem Erstarken der radikalen Rechten 2015 ist es der LINKEN an keiner dieser Konfliktlinien gelungen, jeweils einen Pol in der Auseinandersetzung zu besetzen, zum einen wegen der Polarisierung durch rechte Kräfte, zum anderen, weil die Position der Partei nach außen von innen regelmäßig konterkariert wurde. In jedem Fall erweist sich der Versuch einer rein sozial-politischen Vermittlung der Widersprüche als verkürzt.

    Ursächlich für die Krise der Partei war auch, dass politische Konfliktlinien und Widersprüche sich mit Fragen innerparteilicher Macht und des Kampfes um Ämter und Positionen verwickelten, was zum Teil erklärt, weshalb viele der Konflikte in den letzten Jahren mit solcher Heftigkeit ausgetragen wurden. Es geht um eine Neuordnung des Parteiensystems, sowohl zwischen den Parteien wie auch in ihrem Inneren. Besonders zugespitzt trifft es jene, bei denen der reale Wille zur Macht angesichts von Wahlergebnissen und Umfragen nicht mehr als Kitt zwischen den Strömungen und Flügeln wirkt. Dann schlägt die mediale Dynamik zu, die eben solche Differenzen zur mächtigen Gegensätzen werden lässt, in denen einzelne sich gegen die Partei profilieren und die Zentrifugalkräfte die Partei auseinandertreiben. Der anti-neoliberale Konsens, der die LINKE lange geeint hat, zerfasert von den Rändern in Richtung eines sozial- oder linkskonservativen Projekts auf der einen und in ein (transatlantisch) sozialliberales Projekt auf der anderen – die tragende Mitte dazwischen wird zerrieben. Die damit einhergehende Kultur der permanenten Kritik, des Schlechtredens aus der Partei selbst heraus, wirkt wie eine selbsterfüllende Prophezeiung: Sympathisant*innen werden verunsichert und abgestoßen, Mitglieder demotiviert und frustriert (seit der Bundestagswahl sind rund 8 000 Mitglieder aus der Partei ausgetreten). Dies arbeitet den Gegner*innen einer in den Parlamenten verankerten linken und sozialistischen Partei zu. Gegenwärtig gibt es einige, die den Moment gekommen sehen, die LINKE endgültig zu zerstören.


    These 11: Notwendigkeit linker Basisarbeit

    Gesellschaftliche Marginalisierung der Linken bei eingeschränkten Mitteln zur Förderung des sozialen Zusammenhalts, zunehmenden Gewaltverhältnissen und einem Leben mit der Katastrophe stellt die Frage nach Überlebensstrategien. In welchen Strukturen organisieren wir uns, wie können effektive Zentren regionaler Stärke, 

    Inseln des Überlebens und der Sorge umeinander konstruiert werden, die Raum schaffen für eine demokratische und solidarische Lebensweise in sozialistischer Perspektiven in Zeiten eines Post-Growth? Es braucht Organisationen, in denen es möglich ist, Veränderung selbst in die Hand zu nehmen, oft im Kleinen, aber mit Blick auf das Ganze. Solidaritätsinitiativen können wichtige Ausgangspunkte dafür sein. Die LINKE arbeitet an Modellprojekten für die Organisierung in sozialen Brennpunkten, an aufsuchende Praxen in den Nachbarschaften. In Initiativen wie solidarity4all zu Zeiten der großen Depression in Griechenland oder der Bewegung der von Zwangsräumung betroffenen (PAH) im Spanien der Schuldenkrise kann „das Selbstbild der Menschen, von dem, was sie erreichen können“, verändert werden, kann „mit ihnen zusammen das Verständnis ihrer eigenen Fähigkeit zur Macht“ entfaltet werden (Wainwright 2012, 122), kann ein neues inklusives WIR entstehen. Denn die Erfahrung des Gemeinsamen verleiht Handlungsfähigkeit und gibt den Glauben an eine machbare Veränderung und die eigene Zukunft zurück. Im besten Falle gesellen sich dazu Enklaven eines rebellischen Regierens in Städten und Räumen, in denen es der Linken gelingt, relative Mehrheiten zu organisieren und gesellschaftliche Bewegungen, Organisierung und institutionelle Politik in ein produktives Verhältnis zu bringen. Dazu gehört auch eine Perspektive offen zu halten, die an einem Ende des Kapitalismus arbeitet, an einer solidarischen Gesellschaft. Dazu gehören ganz selbstverständliche Dinge wie eine kostenfreie Gesundheitsversorgung und Bildung sowie bezahlbares Wohnen für alle; entgeltfreie öffentlichen Dienstleistungen von Bibliotheken bis zum öffentlichen Personennahverkehr; demokratische Mitsprache, die etwas bewegt; selbstbestimmte Arbeit und Autonomie, der ökologische Umbau der Städte, des Verkehrs, der Energieversorgung und Landwirtschaft; viel mehr Zeit füreinander und zum Leben. Hier scheint das Unabgegoltene vergangener Zukünfte auf, von der Französischen Revolution über die Russische Revolution bis hin zu 1968 oder 1989 – die Hoffnung auf einen und Arbeit an einem erneuerten Sozialismus. Denn die Hegemonie der Herrschenden ist nie vollständig und die inneren Widersprüche des Kapitals und des Blocks an der Macht brechen immer wieder auf, können angesichts des Niveaus immer neuen Krisen und Katastrophen zu ungeahnten Brüchen und Öffnungen für eine Alternative führen. Auf diese Möglichkeit gilt es sich stets vorzubereiten.


    These 12; Wiederaufbau der Linkspartei durch ???

    Linke Defensive bedeutet entsprechend nicht, dass nicht fortwährend gesellschaftliche Auseinandersetzungen stattfänden. Gesellschaftliche Widersprüche werden auch in einer neuen Periode nicht stillgestellt. Das insgesamt höhere Niveau von Krisen und Katstrophen bildet vielmehr die Grundlage dafür, dass aus kleinen generischen Krisen schnell größere werden können, Kämpfe sich verdichten. So erleben wir trotz einer strukturellen Schwäche und schwindender Organisationsmacht von Gewerkschaften (und Bewegungen) derzeit das Aufkeimen einer neuen Streikbewegung von Frankreich und Spanien über Großbritannien bis zur Bundesrepublik, die sich um Verteidigung der und Arbeitsbedingungen in der Daseinsvorsorge/sozialen Infrastrukturen und Ausgleich von Reallohnverlusten im Zuge von Pandemie und Inflation drehen. Und doch scheitern diese Aufbrüche an den soliden Mauern der Institutionen. Vor allem an den Schnittstellen von sozialer, ökologischer und Friedensfrage können sich nichtsdestotrotz gesellschaftliche Mobilisierungen in Zukunft immer wieder verdichten. Solche Momente können eine wichtige Grundlage für einen Wiederaufbau einer gesellschaftlichen Linken darstellen. Neue Handlungssituationen werden sich einstellen und selbst in der Defensive müssen Vorbereitungen für eine Offensive gelegt werden. Zentral wäre dabei, nicht passiv auf solche zu Momente zu hoffen, sondern selbst mit Partnern herausgehobene gesellschaftlich produktive Konflikte mit klarem Gegnerbezug zu produzieren.[4] 

    • Unklar, war er hier gemeint hat




    These 13; Wiederaufbau der Linkspartei durch ???

    Eine neue Hegemonie schafft durchaus neue Bedingungen für etwas Neues von links. So führte erst die Verallgemeinerung des Neoliberalismus durch sozialdemokratische Regierungen (bei uns Rot-Grün) dazu, dass oppositionelle gesellschaftliche Gruppen entweder in den Machtblock aufstiegen oder eben draußen blieben. Damit waren viele vorher denkbare Wege und Bündnisse verstellt. Es wuchs der Druck zur Konvergenz auf die übriggebliebenen Teile der gesellschaftlichen Linken, sich neu zur formieren, was letztlich zur Partei Die LINKE führte, sozusagen auf dem Höhepunkt des Neoliberalismus. Ähnliches ist wieder denkbar, diesmal wächst der Druck zur Konvergenz links-sozial-ökologischer, links-gewerkschaftlicher, sozialistischer, feministischer und radikaler Kräfte, die unter der neuen Hegemonie keine Repräsentation oder ausreichend Bündnispartner*innen mehr finden, um wirksam zu sein.

    • Unklar, war er hier gemeint hat


    These 14: Linkspartei nicht leichtfertig aufs Spiel setzen
    Für eine programmatische Erneuerung
    Für eine reformistische Linkspartei besteht ein hohes
    Wählerpotential
    Linkspartei muss sich als moderne sozialistische
    Gerechtigkeitspartei darstellen

    Da gibt es aber leider keinen Automatismus. Sofern eine mediale Diskursdynamik eingesetzt hat, die in einer Abwärtsspirale mündet und aus dem Inneren der Organisation selbst weiterbefördert wird, gibt es eigentlich nur zwei Wege aus der Krise: a) eine Art disruptive Neugründung einer bestehenden Organisation (wie etwa Labour unter Corbyn mit Momentum) oder durch die Gründung einer neuen Organisation (wie Podemos in Spanien). Über den Umweg von Unidas Podemos, also sozusagen der Kombination beider Wege, gelang es in Spanien auch, die Vereinigte Linke – Izquierda Unida – vorübergehend zu retten. Dies muss aber keineswegs der Fall sein. Die Gründung einer neuen Organisation kann auch zu einer Fragmentierung der Linken (wie in Italien) führen. Bestehende Organisationen sollten also nicht leichtfertig auf Spiel gesetzt werden – was wiederum kein Argument für eine ausbleibende Erneuerung einer bestehenden Organisation sein sollte. 

    Nach innen braucht es eine programmatische Erneuerung und ein Signal des Aufbruchs auf den Feldern Frieden,[5] sozial-ökologischer Systemwechsel und Infrastruktursozialismus, Arbeit und Ökonomie der Zukunft. Dabei muss auf das im engeren Sinne linkskonservative Spektrum um Sahra Wagenknecht keine Rücksicht mehr genommen werden – nach dem von ihr selbst erklärten Bruch haben wir bereits eine Situation Post-Wagenknecht. Das ermöglicht es, die blockierte Richtungsentscheidung aufzulösen und gesellschaftlichen Widersprüche anders und in verbindender Perspektiven anzugehen. Denn trotz des negativen Trends existiert nach jüngsten Umfragen[6] vom Mai 2023 immer noch ein Wählerpotenzial von ca. 16 Prozent für eine sozial-ökologisch ausgerichtete, kapitalismuskritische und friedenspolitisch neu profilierte linke Partei mit sozialistischer Perspektive. Welche sozialen Gruppen wären es, die wir für eine Stabilisierung über 5 Prozent bräuchten? Ihr höchstes Potenzial hat die LINKE weiter bei Haushalten mit einem niedrigen Einkommen, von denen – anders als häufig suggeriert – die dezidiert sozial-ökologischen Forderungen der Partei am stärksten befürwortet werden.[7] Bekanntermaßen wählen diese Wählergruppen aber besonders selten. Hier braucht es also eine überzeugende Nichtwähler-Strategie

    Das zweitgrößte Wählerreservoir liegt bei SPD und Grünen. Es sind all jene, die bereits jetzt und künftig von SPD und Grünen enttäuscht werden, v.a. links-gewerkschaftliche und linksökologische Wählergruppen. Dazu kommen jene linken sozial-ökologischen, antifaschistischen, antirassistischen oder feministischen Klassenmilieus, die derzeit nicht (mehr) die LINKE wählen, eher zu Bewegungen neigen oder Kleinparteien wählen. Das ist durchaus ein wichtiger Sektor, nicht nur, weil Tierschutzpartei, die Urbane, Klimaliste oder Volt der LINKEN entscheidende 0,5 Prozentpunkte kosten, sondern auch neue Initiativen für Wahlplattformen entstehen können. All das sind Gruppen, die für eine Neugründung der LINKEN zu gewinnen wären. 

    Ob ein linkskonservatives Projekt gegründet wird, hat die LINKE nicht in der Hand. Wenn es kommt, verliert die Partei sicherlich ein erhebliches Potenzial in diese Richtung. In jedem Fall gilt es möglichst viele Mitglieder und Wähler*innen zu halten. Aus dem links sozialdemokratischen sowie traditionell gewerkschaftlichen Spektrum wollen sich viele für das Überleben der LINKEN einsetzen. Sie sollten offensiv angesprochen, in ein neues Projekt integriert werden, gemeinsam mit den innerparteilichen Mehrheitsfraktionen von „Bewegungslinken“ und „progressiver Linken“ sowie den gesellschaftlichen Gruppen, die sie jeweils repräsentieren. Das Halten von Sympathisant*innen genügt jedoch längst nicht mehr, die Stammwähler*innenschaft ist zu klein geworden. Die LINKE muss ihre Basis erweitern, neue Mitglieder gewinnen und mit ihnen gemeinsam um Wähler*innenstimmen kämpfen. Nur in klarer inhaltlicher wie symbolischer Abgrenzung vom Linkskonservatismus und durch kluge Neuorientierung und Bündnispolitik kann sie wieder eine attraktive Repräsentantin und Partnerin einer breiteren gesellschaftlichen Linken werden. Das gelingt nur durch klare Profilierung als moderne sozialistische Gerechtigkeitspartei bzw. als klassenorientierte sozialökologische und feministische Partei der Gleichheit und Freiheit und des Friedens mit sozialistischer Perspektive, als LINKEplus.[8] 


    These 15: Wir brauchen eine Neugründung der Linskpartei

    Zu bedenken wären bereits jetzt Wege zu einer disruptiven Neugründung der LINKEN aus dem strategischen Zentrum der Partei heraus. Das wäre der umgekehrte Weg von #aufstehen, vergleichbar eher mit Momentum in UK: Es wird eine Struktur für Aktive, Gewerkschafter*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen geschaffen, die nicht Teil der Partei sein wollen (oder können) und sich dennoch in eine verbindliche Unterstützungsstruktur einbringen wollen. Denn bereits jetzt zeichnet sich ein Feld links von SPD und Grünen ab, welches derzeit keine Repräsentation findet, teilweise auch keine Repräsentation in der typischen Parteiform mehr sucht, deren Wert aber sehr wohl erkennen kann. Dies reicht von #armutsbetroffen und dem Paritäter über Fridays for Future, BUND und linke Gewerkschafter*innen bis hin zu Antifa und Migrant*innen-Selbstorganisierungen und nicht zuletzt kritischen Intellektuellen.

    Um Missverständnisse zu vermeiden: Disruptiv meint nicht „zerstörerisch“, sondern einen Aufbruch im Sinne eines erkennbaren und wirkungsvollen Bruchs mit dem „Weiter-so“ hin zu einer neuen, klassenorientiert sozialökologischen, feministischen, antirassistischen LINKEN Friedenspartei mit sozialistischer Perspektive. Der Beginn einer neuen gesellschaftlichen Entwicklungsperiode macht auch die Neugründung der Partei zur Notwendigkeit, sofern sie überleben will. Wie viel Erneuerung/Bruch und wie viel konstruktive Weiterentwicklung/Zusammenhalten brauchen wir? Selbstverständlich braucht es beides, ist jedoch ein schwieriger Balanceakt. Ziemlich sicher wird die Partei Leute verlieren und andere eben nicht gewinnen, selbst wenn sie es gut macht. Umgehen kann sie es nicht, sie muss sich in diesem Widerspruch bewegen. An dem Schritt kommt sie nicht vorbei. Für die LINKE ist sonst die Chance verbaut, den Ring der Isolierung zu durchbrechen. 

    Es braucht eine Art Doppelbewegung nach innen und nach außen, ein Signal an die „eigenen Leute“, die Aktiven und nicht-mehr Aktiven der Partei, aber auch ein Signal der Partei nach außen, dass nun eine neue Zeit beginnt. Ein Neustart der Partei und der Linken insgesamt, auf der Höhe der gesellschaftlichen Situation eines beginnenden neuen Herrschaftsprojektes konkurrierender Varieties of Green Empires in einer Zeit von Gewalt und Katastrophen.

    Anmerkung

    [i] Mit dem Begriff des Interregnums bezeichnete Antonio Gramsci offene Übergangsperioden der Krise. In diesen Phasen habe die herrschende Klasse den Konsens verloren und ihre Hegemonie eingebüßt. Die Krise bestehe darin, „dass das Alte stirbt und das Neue nicht zur Welt kommen kann: in diesem Interregnum kommt es zu den unterschiedlichsten Krankheitserscheinungen“ (Gramsci). Ausführlich siehe Candeias, Mario, 2010: Interregnum – Molekulare Verdichtung und organische Krise, in: Alex Demirović u.a. (Hg.), Vielfachkrise, Hamburg, 45–62

     

    Fußnoten/Literatur

    [1] vgl. Candeias, Mario 2019: Aufstieg des globalen Autoritarismus. 19 Thesen zu Ursachen und Bestimmungsmomenten, www.rosalux.de/publikation/id/40834/aufstieg-des-globalen-autoritarismus/, u. Alex Demirovic, 2018: Autoritärer Populismus als neoliberale Krisenbewältigungsstrategie, in: Prokla 190, www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/30

    [2] vgl. Zeitschrift LuXemburg, 2022: Unangepasst, H. 2, https://zeitschrift-luxemburg.de/ausgaben/unangepasst/; Candeias, Mario, 2022: Der Übergang. Der verspätete grüne Kapitalismus und eine sozialistische Reproduktionsökonomie, in: Zeitschrift LuXemburg, https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/der-uebergang/ 

    [3] Vgl. Candeias, 2014: Weltumordnung. Wie Konturen des Neuen allmählich sichtbar werden, in: Zeitschrift LuXemburg, https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/weltumordnung/

    [4] Mario Candeias, 2020: Am Konflikt arbeiten, in: LuXemburg, Dezember, https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/am-konflikt-arbeiten/

    [5] Tatsächlich sind die – in der Kommunikation unklaren – außenpolitischen Positionen der LINKEN der stärkste Grund für Wähler*innen im LINKEN-Potenzial, die Partei nicht zu wählen, vgl. Mario Candeias, 2022: Eine Partei mit Zukunft: DIE LINKE. Repräsentative Umfrage zum Potenzial der LINKEN, www.rosalux.de/pressemeldung/id/46582/eine-partei-mit-zukunft-die-linke-1

    [6] Johanna Bussemer, Krunoslav Stojaković, Dorit Riethmüller, 2023: Europa sozial und ökologisch: Ja! Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, www.rosalux.de/publikation/id/50679/europa-sozial-und-oekologisch-ja 

    [7] vgl. Mario Candeias, 2022: Eine Partei mit Zukunft: DIE LINKE. Repräsentative Umfrage zum Potenzial der LINKEN, www.rosalux.de/pressemeldung/id/46582/eine-partei-mit-zukunft-die-linke-1.

    [8] Vgl. Michael Brie, 2003: Ist die PDS noch zu retten? Analyse und Perspektiven, RLS-Standpunkte Nr. 3, https://www.rosalux.de/publikation/id/2962/ist-die-pds-noch-zu-retten/ 

    Mario Candeias

    Mario Candeias ist Direktor des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung  und Mitbegründer dieser Zeitschrift.



    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    24.07.2023

    Der dritte Karthagische Friede


      freeassange.rtde.life, vom 23 Juli 2023 13:35 Uhr,Von Dagmar Henn

      Der Versailler Vertrag wurde oft ein "Karthagischer Friede" genannt, nach dem, was Rom mit Karthago nach dem Zweiten Punischen Krieg tat. Nach der Erzählung des US-Ökonomen Jeffrey Sachs war der Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der 1990er der dritte Karthagische Friede.


    Quelle: www.globallookpress.com © Carlos LujáN


    Jeffrey Sachs, 14. Juni 2022


    Jeffrey Sachs hat vor wenigen Tagen in einem Gespräch mit den beiden Journalisten von The Duran eine Bombe platzen lassen. Im Grunde geht es um die Voraussetzungen der heutigen Situation, um den Ausgangspunkt dieses Konflikts zwischen den USA und Russland, nach dem Ende des Kalten Krieges (obwohl er, wenn man diese Geschichte genau betrachtet, eigentlich nie aufgehört hat).


    Warum es für Russland und die USA kein "Zurück zur Normalität" geben wird





    Analyse

    Warum es für Russland und die USA kein "Zurück zur Normalität" geben wird





    Dazu muss man wissen, wer Jeffrey Sachs ist. Sachs ist ein sehr bekannter Ökonom, der weitgehend den Lehren von John Maynard Keynes folgt, auf den er sich häufig beruft. Keynes wiederum war ein britischer Wirtschaftswissenschaftler, der unter anderem dadurch bekannt wurde, dass er die Regelungen des Versailler Vertrages nach dem Ersten Weltkrieg für einen kolossalen Fehler hielt und vorhersagte, damit würden die Grundlagen für den nächsten großen Krieg gelegt. Er nannte den Versailler Vertrag einen "Karthagischen Frieden"; eine Anspielung auf die römischen Strategie nach dem Sieg im Zweiten Punischen Krieg, das konkurrierende Karthago an jeder Erholung zu hindern. Noch bekannter ist Keynes allerdings für seine Strategie zur Eindämmung der Weltwirtschaftskrise 1929 ff. über eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen.

    Sachs hatte im Laufe seines Lebens viele Funktionen, als Professor an Universitäten, bei der Weltbank, bei verschiedensten internationalen Gremien. Wenn man seinen englischsprachigen Wikipedia-Eintrag betrachtet, sieht man allerdings, dass er einiges richtig gemacht haben muss, weil gegen ihn dennoch jede Technik der Diffamierung eingesetzt wird.

    Anfang der 1990er war er Berater mehrerer osteuropäischer Regierungen, angefangen mit der polnischen Regierung unter Mazowiecki, danach auch der Regierung von Gorbatschow. Zuvor hatte er Mitte der 1980er die Regierung von Hugo Banzer in Bolivien dabei beraten, die Hyperinflation zu bekämpfen.


    Die Hintergründe des Krieges (III): Monopole, Hunger und Staatsbankrotte





    Analyse

    Die Hintergründe des Krieges (III): Monopole, Hunger und Staatsbankrotte





    Eine Hyperinflation ist in der Regel die Folge einer zu hohen Verschuldung, vor allem einer zu hohen externen Verschuldung in einer fremden Währung. Wenn nicht genug Devisen erwirtschaftet werden können, um den Schuldendienst zu leisten (was üblicherweise heißt, die Zinsen zu decken, da Staatsschulden selten tatsächlich zurückgezahlt, sondern in der Regel durch neue abgelöst werden), dann ist die einzige Option, die dem verschuldeten Staat bleibt, zusätzliches Geld zu schaffen. Wenn dieses Geld dann in den Binnenmarkt fließt, steht dort die gleiche Menge Güter einer stetig steigenden Menge Geld gegenüber, was eine Inflation auslöst, die desto größer und desto bösartiger ist, je größer die Verschuldung im Verhältnis zu besagter Menge Güter ist.


    Keynes prognostizierte 1919, dass die Verschuldung der europäischen Staaten, die die Folge des ersten Weltkriegs war, letztlich eine Inflation auslösen müsse, die nur verhindert werden könnte, indem die Staatsschulden nicht zurückgezahlt, sondern gestrichen werden. Der Versailler Vertrag, den er heftig kritisierte, war durch seine hohen Reparationsforderungen im Grunde ein Mechanismus, diese Probleme primär auf Deutschland abzuwälzen. Wie dies funktioniert, kann man unter anderem sehen, wenn man einen Blick auf die Lateinamerika-Krise der 1980er wirft, wo die Zinserhöhungen in den USA die US-Inflation in die lateinamerikanischen Länder exportierte, deren Schulden in Dollar notiert waren, was dort eine ganze Serie von Staatsbankrotten auslöste.


    Der Grund, warum Keynes eine Löschung der Schulden forderte, war, dass er sagte, es sei gar nicht möglich, die ökonomischen Folgen auf ein Land zu begrenzen. Der Grund, warum er damit in der damaligen Zeit nicht ganz recht hatte, war, dass der Umfang des globalen Handels und insbesondere des europäischen Binnenhandels in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg massiv einbrach; so tief, dass erst in den 1970ern wieder das Niveau erreicht wurde, das noch im Jahr 1913 herrschte. Und natürlich ist Keynes ein Verfechter des Kapitalismus und seine Maßnahmen dienten laut eigenen Aussagen dazu, ein Ende desselben zu verhindern. Das ändert aber nichts an der Gültigkeit einiger von ihm festgestellter Zusammenhänge.


    Was Russland und die Welt aus den Misserfolgen und Erfolgen von Michail Gorbatschow lernen können





    Meinung

    Was Russland und die Welt aus den Misserfolgen und Erfolgen von Michail Gorbatschow lernen können




    Jeffrey Sachs setzte bereits in Bolivien 1985 eine Reihe von Maßnahmen ein, die ihm zum Teil den Vorwurf einbrachten, der Erfinder der Schock-Therapie zu sein. Was aber nicht ganz stimmt. Sicher waren Kürzungen des öffentlichen Budgets und Freigabe von Preisen Teil des Konzepts. Aber die unten zitierte Aussage belegt, dass – wie von Keynes 1919 vorgeschlagen – eine Streichung der externen Schulden mit dazu gehörte, sowie unter Umständen weitere Unterstützung von außen. Das führt allerdings zu völlig anderen Konsequenzen als das, was als Schock-Therapie bekannt ist.


    Bei seiner Beratertätigkeit in Polen und danach in der Sowjetunion ging es darum, irgendwie den Übergang von einer sozialistischen Wirtschaft zurück in eine kapitalistische zu organisieren, nach Möglichkeit, ohne einen völligen Zusammenbruch zu provozieren. Was in Polen tatsächlich gelungen ist; wie die Meisten wissen dürften, in der Sowjetunion allerdings nicht.


    Nun kann man die Kapitulation der Sowjetunion für einen ungeheuren Fehler halten (eine Überzeugung, die ich zumindest teile), aber in dem Moment, in dem das geschehen war, und das war spätestens 1989, war die Anpassung der Wirtschaft an die Regeln des anderen Systems eine Notwendigkeit, die nicht umgangen werden konnte. Die Frage war nicht mehr ob, sondern nur noch wie. Tatsächlich verlief diese Umstellung katastrophal, führte zu einem völligen ökonomischen und sozialen Zusammenbruch, der Millionen das Leben kosten sollte und in unzähligen weiteren Ländern schlimme Folgen hatte, beispielsweise durch den Kollaps des indischen Gesundheitssystems. Der Dreh- und Angelpunkt ist nun die Frage: Hätte es in dieser Form ablaufen müssen? Und wenn sich, von der Kapitulation selbst einmal abgesehen, an irgendeiner Stelle politische Entscheidungen finden, die diese Form der Entwicklung auslösten, wer hat sie getroffen?


    Russlands historischer Irrtum: Faschismus begann und endete nicht mit Hitler und Mussolini




    Meinung

    Russlands historischer Irrtum: Faschismus begann und endete nicht mit Hitler und Mussolini





    Und jetzt sind wir auch durch mit den einführenden Erläuterungen und kommen zu der Geschichte, die Sachs erzählt – immerhin ein Zeitzeuge, der unmittelbar beteiligt war.

    "Ich weiß eine Menge über Währungsstabilisierung, das war mein Fachgebiet. Also half ich Polen und seiner neuen Regierung, der Regierung Mazowiecki, und ich hatte wortwörtlich eines Morgens die Idee – ich war auf dem IMF-Treffen im September '89 – ich sagte, Polen braucht einen Stabilisierungsfonds für seine Währung, jetzt, wo es Marktreformen macht. Also tippte ich auf einer Seite zusammen, was ein Stabilisierungsfonds ist, aus der Wirtschaftsgeschichte, und rief Senator Dole an, der der Mehrheitsführer im Senat war. Erst rief ich den polnischen Finanzminister an, der in Washington war, an seinen ersten Tagen als Finanzminister, beim IMF-Treffen in Washington. Und ich sagte, Lesza (Leszek Balcerowicz), soll ich versuchen, heute eine Milliarde Dollar für dich aufzutreiben? Und er: Ja, natürlich, wenn du das schaffst, fein!"

    Sachs ging also zu Robert Dole und erklärte seinen Plan. Eine Stunde später erklärt er ihn dem damaligen Nationalen Sicherheitsberater der USA, Brent Scowcroft.

    "Und ich gab ihm die Seite, erklärte, was Währungsstabilierung ist, wie das ein Teil der Einsichten von Keynes 1919 war, warum Polen das braucht, und General Scowcroft sagte, gut, wir werfen einen Blick drauf, und Senator Dole sagte, ruf mich gegen Ende des Arbeitstages an. Also am Ende des Tages, um fünf Uhr nachmittags, rief ich im Büro des Senators an, und er sagte, Jeff, sag deinen Freunden, sie haben ihre Milliarde Dollar. Das war ein Tag, das waren acht Stunden."

    Sachs hatte mit seinen weiteren Vorschlägen ebenfalls Erfolg, auch die polnischen Schulden wurden gestrichen, und obwohl die Handelsverbindungen nach Osten wegbrachen, hatte Polen fünf Jahre danach wieder eine wachsende Wirtschaft.

    "Die Sowjetunion, Jawlinski [Grigori Jawlinksi, mit verantwortlich für den Plan zum Wirtschaftsumbau] beobachtete das und rief mich an: Kann ich dich in Warschau treffen? Und wir trafen uns, lernten uns ein wenig kennen, und ich sagte, ich würde mich freuen, Gorbatschow zu helfen, den ich, nebenbei, kolossal bewunderte. Ich weiß, viele Leute tun das nicht, sie sehen den wirtschaftlichen Zusammenbruch und den der Sowjetunion und den ganzen Rest. Aber Gorbatschow war ein Mann des Friedens und ein Mann von unglaublichem Anstand. Und er wollte ein gemeinsames europäisches Haus, und ich liebte die Idee und blieb bei ihr, das muss ich sagen, die nächsten 33 Jahre hängen, denn das ist das, was wir wirklich brauchen. Nicht die Barrieren."

    Sachs arbeitete zu der Zeit nicht allein, sondern mit einer ganzen Reihe später bedeutender Wirtschaftswissenschaftler zusammen, um diese Hilfe zu leisten.

    "Wir hatten im Frühjahr 1991 sogar ein Projekt in Harvard und dem MIT, um einen Plan zu entwerfen. Ich habe einen wichtigen Teil davon geschrieben, beruhend auf dem, was Polen getan hatte, die Währung stabilisieren, eine Hyperinflation vermeiden und die Schulden erlassen zu bekommen, einen Neuanfang und Wirtschaftswachstum. Und das Weiße Haus lehnte es direkt ab. Absolut. Sofort. (…) Das war keine schräge Gruppe, wir waren wirklich Establishment, und wir sagten: Helft der Sowjetunion, um einen finanziellen Zusammenbruch zu vermeiden. Nichts. Das Weiße Haus sagte im Grunde: Lächerlich, wir helfen der Sowjetunion nicht, ob das nun Gorbatschow ist oder nicht."

    Dieselbe Reaktion wiederholte sich noch einmal im September des gleichen Jahres.

    "Ich kam im September '91 und traf mich mit Gaidar, und, nur als Beispiel: die Finanzvertreter der G7 kamen im November nach Moskau. Und ich weiß eine Menge darüber. Also sagte ich zu Gaidar, ein wunderbarer Mensch, sag ihnen, du brauchst ein Moratorium bei den Zahlungen der Schulden. Euch gehen die Reserven aus. Ehe alles explodiert, braucht ihr einen Stillstand. Ich war bei ihm in dem Raum, als die Vertreter der G7 hereinkamen, dann wartete ich draußen. Das Treffen endete, und er kam mit fahlem Gesicht heraus. Ich fragte, Jegor, was ist passiert? Er sagte, sie haben mir gesagt, wenn wir nicht jeden Dollar zahlen, stoppen sie sofort alle Hilfen, die Nahrungsmittellieferungen auf See – ihr zahlt jeden Penny, den ihr schuldet. Und in den ersten Tagen des Jahres 1992 gingen Russland die Devisenreserven aus. Und wenn man Erfahrung mit Finanzen hat, dann heißt das: Bumm! So fängt eine Hyperinflation an. Ich ging zurück ins Weiße Haus und sagte: Macht ihr Witze? Ich ging zum IMF, schaut, was Polen gemacht hat. Nichts. Ich ging zum Außenminister. Der sagte mir: Mister Sachs, selbst wenn ich Ihnen zustimme, möchte ich Ihnen sagen, das wird nicht passieren. Diese Hilfe werden sie nicht bekommen."

    Schätzungen sprechen davon, dass der Zusammenbruch der Sowjetunion etwa dreieinhalb Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Durch den Wegfall der Gesundheitsversorgung, den Mangel an Nahrungsmitteln, die Kriminalität – es gibt viele konkrete Gründe. Deutlichster Beleg dafür, wie groß die Katastrophe war, die sich entfaltete, ist, dass die Lebenserwartung der Männer in Russland um ganze zehn Jahre zurückging und sich erst unter Putin langsam wieder erholte.


    Zahlungsausfall der USA: Apokalyptisch für die Märkte, aber auch die Ukraine





    Analyse

    Zahlungsausfall der USA: Apokalyptisch für die Märkte, aber auch die Ukraine





    Sachs redet für Polen von einer Finanzhilfe von einer Milliarde US-Dollar und einem Schuldenerlass. Sicher, das wäre im Falle der Sowjetunion teurer gewesen. Aber man sollte nicht vergessen, dass die USA allein für den Maidan-Putsch nach Aussagen von Viktoria Nuland fünf Milliarden US-Dollar aufgewandt haben; von den Summen, die augenblicklich in die Ukraine fließen, ganz zu schweigen. Man kann kaum behaupten, dass die wirtschaftliche Stabilisierung der Sowjetunion durch den Westen nicht hätte finanziert werden können. Und die Wirksamkeit der Strategie war zu diesem Zeitpunkt keine Vermutung, da das Beispiel Polen sie bereits belegt hatte.


    Was Jeffrey Sachs hier erzählt, beweist, dass das Elend, das die neunziger Jahre in Russland prägte, vermeidbar war; dass aber in Washington eine politische Entscheidung fiel, genau dieses Elend zuzulassen. Es war der Anfang der US-amerikanischen Hybris, den Kalten Krieg gewonnen zu haben; eine Hybris die nur möglich war, weil die ungeheuren Kosten, die der Kalte Krieg auch in den USA ausgelöst hatte, über die Dominanz des US-Dollar bis heute auf andere Länder abgewälzt werden können. Vernünftigere Menschen als jene, die bereits damals die US-Außenpolitik bestimmten, sagen, die USA hätten nicht gewonnen, sie seien nur übrig geblieben.


    Was ihnen nun droht, ist die zweite Hälfte des Zusammenbruchs, der eigentlich die Folge des Kalten Krieges ist. Sobald die Weitergabe über den US-Dollar nicht mehr möglich ist, ersticken die USA unter dem Gewicht ihrer Schulden. Wird es irgend jemanden geben, der bereit ist, sie vor der Katastrophe zu bewahren, wie sie es der Sowjetunion damals verweigerten?


    Mehr zum Thema - Kapitalismus bis zum bitteren Ende


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    24.07.2023

    Vergessene Schicksale: "Unter den Russen waren wir frei"

    Von Rainer Rupp

    Gedächtnisverlust gibt es nicht nur in der Ukraine, sondern auch in den baltischen Kleinstaaten. Beim NATO-Gipfel in Vilnius wurde mit Rücksicht auf die dort regierenden Eliten die Erwähnung des Holocaust in Litauen peinlichst vermieden. Damit wurde das Gedenken an die Opfer von den Repräsentanten der westlichen Zivilisation mit Füßen getreten.


    Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de


    Friedensdemo vor der Luftwaffenbasis in Ramstein im Juni 2023


    Der Gedächtnisverlust über historische Zusammenhänge ist in den letzten Jahren in den Hauptstädten der westlichen Hemisphäre immer akuter geworden und hat inzwischen katastrophale Zustände erreicht. Das hat unter anderem zu einer totalen Begriffsverwirrung mit bestürzenden und gefährlichen Folgen in der realen Welt geführt. In unserem Land diffamieren zum Beispiel Politiker der etablierten Parteien von CDU/CSU bis zur Linken die national-konservative Partei AfD als rechtsradikal und die medialen Hofschranzen denunzieren pauschal die Partei und ihre Wähler nicht selten als Faschisten und sogar als Nazis.


    Die ach so gefährliche  AfD - Was ist dagegen schon eine Regierung im Kriegswahn





    Meinung

    Die ach so gefährliche AfD - Was ist dagegen schon eine Regierung im Kriegswahn





    Dieser Realitätsverlust wird jedem klar, der sieht, wie dieselben elitären deutschen Herrschaften echten, blutbesudelten Nazis in Ländern wie der Ukraine und in den baltischen Giftzwerkstaaten huldigen und sie mit Waffen und Geld zuschmeißen. Denn im Unterschied zur AfD sind die Ukro-Nazis für die deutsche Elite keine Faschisten, sondern bewundernswerte Freiheitskämpfer gegen die bösen Russen.


    Bei Freiheitskämpfern gegen Putin spielt natürlich keine Rolle, wenn die Leute öffentlich mit Nazi-Symbolen herumlaufen, sich mit Heil Hitler begrüßen, die Nazi-Ideologie vertreten oder aus Göbbels' Werken zitieren und jeden Mitbürger, der nicht reinrassig ukrainisch ist und etwa russische oder ungarische Vorfahren hat, als Feind betrachten, der vertrieben oder vernichtet werden muss. Und diese echten Ukro-Nazis reden nicht nur darüber, sondern sie schreiten ungehemmt zu ihren mörderischen Taten. Aber in ganz Deutschland erkennt kein Politiker der etablierten Parteien und kein Presstituierter und keine Presstituierte ein Nazi-Problem in der Ukraine.


    RT DE-Leser wissen seit Langem, welche immens zerstörerische Rolle der Nazi-Gedankenunrat inzwischen in allen Lebensbereichen des ukrainischen Staates spielt. Die Macht der Ukro-Nazis, die nach 2014 alle Schlüsselpositionen in den Sicherheitsministerien und -behörden besetzt haben, basiert dabei auf den vielen, mit westlicher Hilfe mit schweren Waffen ausgerüsteten Nazi-Brigaden, wie zum Beispiel "Asow", die in den letzten Jahren in die reguläre Armee integriert wurden.


    Ähnlich wie bei der deutschen Waffen-SS haben diese politisch-fanatisierten Brigaden den Ruf einer Elitetruppe für Aufgaben an der Front, um zugleich für "besondere Aufgaben" hinter der Front eingesetzt zu werden, aktuell etwa um fahnenflüchtige, zwangsrekrutierte Soldaten abzufangen und um mit einigen exemplarischen, standrechtlichen Exekutionen die Anderen zum Weiterkämpfen gegen die Russen zu "motivieren".


    Im Zweiten Weltkrieg haben die Väter und Großväter der heute aktiven ukrainischen Nazis an der Seite der deutschen SS und anderer Sondereinheiten Hundert Tausende von ukrainischen Menschen (Gewerkschaftlern, Kommunisten, Juden, Russen und Polen) oft mitsamt deren Familien ermordet und in Massengräbern verscharrt. Und obwohl heute wieder alle staatlichen Schlüsselpositionen der Ukraine von Nazis besetzt sind, leiden deutsche Medien mitsamt der politischen Kaste unter einem akuten Gedächtnisverlust, wenn es darum geht, waschechte Nazi-Monster zu erkennen.


    "Kampf für die Freiheit": Wie eine US-Universität ukrainische Neonazis weißwäscht





    Meinung

    "Kampf für die Freiheit": Wie eine US-Universität ukrainische Neonazis weißwäscht 





    Das gilt nicht nur für die Ukraine. Der NATO-Gipfel in Vilnius hat – sicherlich unbeabsichtigt – für Leute ohne Gedächtnisverlust ein Schlaglicht auf die Nazi-Vergangenheit in Litauen geworfen, wo viele Mitglieder der lokalen Bevölkerung ebenfalls an der Seite der deutschen SS oder für die SS im eigenen Land Juden, Kommunisten und Russen aufgespürt und ermordet haben. Nach dem Krieg konnten sich viele dieser Nazi-Killer und ihrer Helfer in die USA und vor allem nach Kanada retten, wo sie in der Weite des Landes in ihren faschistischen Gettos ihre menschenfeindliche Gesinnung weiter gepflegt und ihr nach außen eine demokratische Maske aufgesetzt haben.


    Nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 kamen nicht nur aus dem fruchtbar gebliebenen Schoß der West-Ukraine neue Nazi-Monster gekrochen, sondern auch in den drei baltischen ehemaligen Sowjetrepubliken, Litauen, Estland und Lettland. Begeisterte ideelle, finanzielle und personelle Verstärkung bekamen diese neuen Nazi-Bewegungen von der Nazi-Diaspora in Kanada und den USA. Die Nazi-Diaspora selbst bekam dabei vor allem vom US-Auslandsgeheimdienst CIA tatkräftige Unterstützung, der während des gesamten Kalten Krieges den Kontakt zu diesen Nazi-Gruppen aus der Sowjetunion gepflegt hatte.


    Diesbezüglich sei daran erinnert, dass bis zu zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die von Stepan Bandera von München aus gesteuerten Ukro-Nazis mithilfe von CIA und BND immer wieder Gruppen für Sabotageanschläge in die West-Ukraine geschleust haben. Dabei haben die Vorbilder der jetzt als Freiheitskämpfer firmierenden Ukro-Nazis vor allem leicht zu treffende zivile Ziele zerstört, ohne Rücksicht auf zivile Opfer.

    Diese nie verfolgten Kriegsverbrechen des BND und der CIA in der ukrainischen Sowjetrepublik fanden erst ein Ende, nachdem Stepan Bandera in München 1959 auf offener Straße – angeblich von einem sowjetischen Agenten – erschossen worden war und zuvor der sowjetische Geheimdienst sein Netzwerk aus lokalen Nazi-Helfern zerschlagen hatte.

    Banderas Grab in München ist heute ein Wallfahrtsort für Ukro-Nazis. Zu Banderas Todestag war auch der vormalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrei Melnyk, gepilgert. Dort hatte er einen Kranz niedergelegt und die Bilder davon stolz in den sozialen Netzwerken verbreitet. Es handelt sich bei ihm um denselben Nazi-Botschafter, der ungestraft den deutschen Kanzler als "beleidigte Leberwurst" bezeichnen durfte.


    Mit dem Ukraine-Konflikt offenbaren sich unverblümt die faschistischen Ursprünge der CIA




    Meinung

    Mit dem Ukraine-Konflikt offenbaren sich unverblümt die faschistischen Ursprünge der CIA





    Auch sonst konnte sich Melnyk jede undiplomatische Pöbelei erlauben, ohne von deutscher Seite zurechtgewiesen zu werden oder dass seine ideelle Nähe zu Banderas Erbe von unseren Qualitätsmedien kritisiert worden wäre. Denn ukrainische Nazis dürfen sich in Deutschland praktisch alles erlauben, ohne als Nazis bezeichnet zu werden. Ein AfD-Politiker braucht jedoch nur die wahnsinnige Klima-Politik der Ampel-Regierung zu hinterfragen, schon wird er von deutschen Faschistenjägern in den Medien als rechtsextrem oder als Nazi beschimpft.


    Aber wenden wir uns nun Litauen zu. Rechtzeitig zum NATO-Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilnius hatte der US-Amerikaner John Wight in einem Artikel an das 1988 erschienene Buch mit den persönlichen Erinnerungen des litauischen Juden und Überlebenden des Holocaust, William W. Mishell, erinnert. Das Buch mit dem Titel "Kaddish for Kovno: Life and Death in a Lithuanian Ghetto" (Kaddisch für Kowno: Leben und Tod in einem litauischen Ghetto) handelt von seinen persönlichen Erinnerungen an das Leben als Jude während der Nazi-Besatzung Litauens. Einer der hervorstechenden Sätze in Mishells Buch lautet:

    "Wir [die Juden Litauens] waren unter Deutschland dem Untergang geweiht. Unter den Russen waren wir frei."

    Auch der Autor Wight stellt in seinem Artikel erstaunt fest, "dass der Gedächtnisverlust in den Hauptstädten der westlichen Hemisphäre aktuell der letzte Schrei ist", und zum Beweis dafür blickt er zurück auf die Durchführung des Holocausts in Litauen und darauf, welche unsägliche Rolle viele nichtjüdische Bürger dieses kleinen und heutigen NATO-Mitgliedstaates dabei gespielt haben.


    Die Tatsache, dass im Umfeld des Medienauftriebs zum Gipfel in Vilnius NATO-Politiker und die westliche Presse die Geschichte des Holocausts in Litauen komplett ignoriert haben, ist in der Tat ein weiteres Indiz dafür, dass der Holocaust politisch instrumentalisiert wird. Der Holocaust spielt nur dann eine Rolle, wenn es politisch von Nutzen ist.


    Vilnius-2023: Wohl der letzte NATO-Gipfel der Osterweiterung





    Meinung

    Vilnius-2023: Wohl der letzte NATO-Gipfel der Osterweiterung





    Wight urteilt in seinem Artikel: Sich in Vilnius an den Holocaust zu erinnern sei "schließlich das Mindeste gewesen, um den Toten Tribut zu zollen". Die Tatsache, dass dieser Tribut nicht gezollt wurde, hat damit zu tun, dass dabei womöglich historische und eventuell sogar familiäre Zusammenhänge zwischen den damaligen litauischen Tätern und ihren Kindern und Enkeln im aktuellen Parlament und in der Regierungselite Litauens aufgedeckt worden wären.


    Doch der Artikel Wights enthält noch einige weitere interessante Aspekte, die hier zusammenfassend genannt sein sollen. So verweist Wight darauf, dass bereits am 17. November 1940 in Berlin die rechtsextreme, antisowjetische Litauische Aktivistenfront (LAF) von einer Gruppe litauischer Emigranten unter dem ehemaligen litauischen Gesandten in Berlin, Oberst Kazys Škirpa, gegründet worden war. Ihr Ziel war es, den antisowjetischen Untergrund in Litauen mithilfe der Nazis zu vereinen. Aber sie hatten nicht nur die "Befreiung" Litauens von der sowjetischen Kontrolle im Sinn, sondern auch die Säuberung des Landes von seiner jüdischen Bevölkerung.

    In der damals veröffentlichten Proklamation, in der der jüdischen Gemeinde Litauens die Gründung der LAF verkündet wurde, heißt es unter anderem:

    "Juden, eure Geschichte im litauischen Land, die fünfhundert Jahre gedauert hat, ist jetzt vorbei. Habt keine hoffnungsvollen Illusionen! Das litauische Volk, das sich für ein neues Leben erhebt, betrachtet Euch als Verräter und wird Euch behandeln, wie ein Verräter behandelt werden sollte!"

    Mit der Besetzung Litauens durch die Nazis erfüllte sich diese düstere Prophezeiung. Die Juden des Landes waren in der Tat dem Untergang geweiht. Kurz vor dem Start von Hitlers Operation Barbarossa gegen die Sowjetunion am 22. Juni 1941 erließ die LAF eine weitere Proklamation, die sich diesmal an die nichtjüdische Bevölkerung des Landes richtete:

    "Die Stunde der Befreiung Litauens ist nahe. Sofort nach Beginn der Kampagne aus dem Westen werdet Ihr im Radio informiert. … Lokale Kommunisten und andere Verräter Litauens müssen sofort verhaftet werden, damit sie nicht der gerechten Bestrafung für ihre Verbrechen entgehen (ein Verräter wird nur begnadigt, wenn er zweifelsfrei beweist, dass er mindestens einen Juden getötet hat). … Informieren Sie die Juden ab heute darüber, dass über ihr Schicksal entschieden wurde."

    Laut der Holocaust-Enzyklopädie des Holocaust-Gedenkmuseums der Vereinigten Staaten wurden neunzig Prozent der jüdischen Bevölkerung Litauens von den Deutschen und ihren litauischen Kollaborateuren ermordet, die zu speziellen Hilfsbataillonen ausgebildet worden waren. Das Land verzeichnet eine der höchsten Raten von Holocaust-Opfern im von den Nazis besetztem Europa. Die Massaker dauerten bis zur Befreiung Litauens von der deutschen Besatzung durch die Rote Armee im Sommer 1944 an.


    "Lästige Russlandfixierung" – ZEIT rechnet mit deutschem Geschichtsbild ab





    Analyse

    "Lästige Russlandfixierung" – ZEIT rechnet mit deutschem Geschichtsbild ab





    Angesichts der einunddreißig Staats- und Regierungschefs der heutigen NATO-Mitgliedsstaaten, die sich 2023 auf dem Gipfel des Militärbündnisses in der litauischen Hauptstadt Vilnius versammelt haben, wiederholte sich, ungeachtet der schrecklichen Rolle, die litauische Kollaborateure beim Nazi-Holocaust und bei der Verwirklichung von Hitlers Traum einer Zerstörung des slawischen Russlands gespielt haben, in Vilnius "die Geschichte als Farce", heißt es im Artikel von Wight. Denn heute, nur acht Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg, habe sich "eine neue Geißel des Friedens in Europa in Form des aggressiven Militärbündnisses NATO" ebenfalls dazu aufgemacht, "Russland zu zerstören".


    Das Ende der US-geführten westlichen Vorherrschaft und Hegemonie ist laut Wight "voller krankhafter Symptome, aber das bei weitem schändlichste ist bisher die Bereitschaft, Russland bis zum letzten Tropfen ukrainischen Blutes zu bekämpfen". Weiter schreibt Wight:

    "Erschreckend ist, dass mit Ausnahme des ungarischen Viktor Orbán derzeit kein einziger westlicher Führer für ein Ende des anhaltenden Abschlachtens der männlichen ukrainischen Bevölkerung eintritt. Das Kriegsfieber hat die verwirrten Köpfe der vermeintlichen Vertreter der westlichen Zivilisation unter seine Kontrolle gebracht, und es ist dieses Kriegsfieber, das sie in Richtung ihrer eigenen Zerstörung treibt."

    Vor dem Hintergrund, dass Präsident Selenskijs Hoffnungen auf eine schnelle Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO beim Gipfel in Vilnius verpufft sind, und obwohl alle Anzeichen darauf hindeuten, dass die viel gepriesene ukrainische Gegenoffensive angesichts starker russischer Verteidigungslinien, überlegener Feuerkraft, riesiger Minenfelder und bisher enttäuschender Leistungen der NATO-Wunderwaffen und -Panzer nicht vom Platz kommt und zu einer Katastrophe für die Ukraine zu werden droht, setzen die westlichen Eliten weiter auf Krieg. Wight schließt:

    "Eskalation statt Diplomatie, der nicht verhandelbare Weg für die westlichen Regierungseliten. … Adolf Hitler war von genau demselben Glauben besessen. … Das Besorgniserregende daran ist, dass es im Prozess oder auf dem Weg in den Dritten Weltkrieg unser aller Tod sein könnte."

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