26.07.2023

Die deutsche Friedensbewegung und der Ukraine-Krieg

nachdenkseiten.de, 26. Juli 2023 um 10:43 Ein Artikel von Karl-Jürgen Müller

Die weltweite und insbesondere auch die deutsche Friedensbewegung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs («Nie wieder Krieg!») ist angetreten, Kriege als Mittel der Konfliktlösung grundsätzlich zu beenden. Dieses Ziel teilen alle Menschen guten Willens, so wie es auch die Charta der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1945 zum Ausdruck gebracht hat. Auch die Frage, die der folgende Artikel stellt, fühlt sich diesem Ziel verpflichtet. Die Frage lautet: Dient die teils scharfe Schuldzuweisung aus der deutschen Friedensbewegung an Russland für den Ukraine-Krieg wirklich dem Frieden?


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Gleich am 24. Februar 2022 veröffentlichte die deutsche Sektion der IPPNW (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg – Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) – eine namhafte Organisation der deutschen Friedensbewegung – eine Pressemitteilung, die wie folgt beginnt:

«Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW verurteilt den völkerrechtswidrigen russischen Militärangriff auf die Ukraine auf das schärfste.»

Die ausführliche Begründung des russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Einmarsch regulärer russischer Truppen in die Ukraine vom Morgen desselben Tages, in der sich dieser unter anderem auf das Selbstverteidigungsrecht in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen berief, wurde erst gar nicht einer ernsthaften und gründlichen Prüfung unterzogen:

«Die Umstände verlangen von uns, dass wir entschlossen und sofort handeln. Die Volksrepubliken des Donbass haben Russland um Hilfe gebeten. In diesem Zusammenhang habe ich gemäß Artikel 51 in Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen, mit Genehmigung des russischen Föderationsrates und in Übereinstimmung mit den von der Bundesversammlung am 22. Februar dieses Jahres ratifizierten Verträgen über Freundschaft und gegenseitigen Beistand mit der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Lugansk beschlossen, eine Militäroperation durchzuführen. Ihr Ziel ist es, die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden (…).»

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Unberücksichtigt blieben auch die vielen Tatsachen aus den Jahren, Monaten, Wochen und Tagen vor dem 24. Februar 2022, die die Verantwortlichen in Russland zu dem nachvollziehbaren Schluss hatten kommen lassen, dass das Leben russischer Staatsbürger und die staatliche Integrität Russlands von der Ukraine (und der NATO) ernsthaft und akut bedroht waren. Die Auflistung dieser Tatsachen soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden. (Verwiesen sei hier auf die Ausführungen von Jacques Baud «Putin. Herr des Geschehens?», insbesondere die Seiten 105–202).


Seit dem 24. Februar 2022 haben viele Erklärungen der deutschen Friedensbewegung ähnlich lautende Urteile über das russische Vorgehen formuliert wie die deutsche Sektion der IPPNW. Das gilt auch für den bislang wohl am meisten unterstützten Aufruf aus der deutschen Friedensbewegung, den von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten Aufruf «Manifest für den Frieden» vom 10. Februar 2023. Ihn haben mittlerweile mehr als 800.000 Menschen unterschrieben. Aber die außerordentlich wichtige Vorgeschichte des 24. Februar wird in diesem Aufruf ganz ausgeblendet.


Eine der wenigen gewichtigen Ausnahmen in der deutschen Friedensbewegung bildete eine öffentliche Stellungnahme des früheren Kanzlerberaters von Willy Brandt, Albrecht Müller, heute Herausgeber der NachDenkSeiten, vom 19. Juli 2022:

«Es gibt immer wieder Artikel und Videos, in denen die westliche Politik in Sachen Ukraine und Russland kritisch hinterfragt wird. Aber ganz selten kommen diese Beiträge ohne die Beschwörung der allgemeinen Empörung über Russlands Krieg in der Ukraine aus. Auch wenn das gar nicht zum Thema gehört, fallen die entsprechenden Worte: ‹völkerrechtswidriger Überfall›, ‹menschenverachtender Angriffskrieg›, ‹Putins Krieg› usw. Viele dieser Beschwörungen sind keinesfalls korrekt. Sie missachten, dass die Geschichte verkürzt erzählt wird, wenn der Beschuss der Ostukraine durch das ukrainische Militär nach 2014 nicht berücksichtigt wird. Viele gute Beiträge – auch solche in den NachDenkSeiten – werden so relativiert, aus meiner Sicht oft auch entwertet.»

Die Bedeutung der Friedensbewegung

Dass die deutsche Friedensbewegung noch nie in ihrer über hundertjährigen Geschichte Kriegsvorbereitungen und Kriege verhindert hat, mindert nicht ihr ehrenwertes Anliegen. Dieses Anliegen entspricht dem Grundbedürfnis menschlichen Lebens – Alfred de Zayas spricht mit guten Argumenten von einem «Menschenrecht auf Frieden». Ja, die Friedensbewegung hat nicht den Ersten und nicht den Zweiten Weltkrieg verhindert; nicht die deutsche Wiederbewaffnung Anfang der fünfziger Jahre; nicht die Umsetzung des NATO-Doppelbeschlusses Anfang der achtziger Jahre; nicht die erste unmittelbare Beteiligung Deutschlands an einem Krieg nach 1945, am Krieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999; nicht die Umwandlung der Bundeswehr in eine Angriffsarmee für weltweite Auslandseinsätze; nicht die Beteiligung der deutschen Bundeswehr am Krieg in Afghanistan; nicht den Krieg der «Koalition der Willigen» gegen den Irak; nicht die Kriege gegen Libyen und Syrien … Aber das kann nicht bedeuten, dass sie nicht wichtig ist – wenn sie tatsächlich eine überzeugende Stimme des Friedens ist.


Das setzt voraus, sich auch unvoreingenommen mit folgenden Fragen zu befassen: Was schafft tatsächlich Frieden? Welchen Beitrag dazu leistet die deutsche Friedensbewegung? Gibt es etwas, dass die Friedensbewegung davon ablenkt, das menschliche Grundbedürfnis Frieden, das «Menschenrecht auf Frieden», ganz ins Zentrum ihrer Bemühungen zu stellen?


Die deutsche Politik hat sich für Krieg entschieden

Sicher ist: Die derzeitige deutsche Politik hat entschieden, dass Deutschland Kriegspartei ist – auch wenn dies in dieser Klarheit noch immer öffentlich dementiert wird. Aber die Tatsachen sprechen eine klare Sprache. Man lese dazu nur einmal den aktuellen Artikel des früher international tätigen US-amerikanischen Offiziers und UNO-Waffeninspekteurs Scott Ritter über die konkrete deutsche Anleitung der ukrainischen Armee für ihre derzeitige «Offensive» mittels eines Kriegs-Simulationsprogramms der Bundeswehr. Leider ist diese Lektüre für die Deutschen nur über Umwege möglich, denn das Internetportal mit dem Beitrag von Scott Ritter ist in Deutschland verboten. Ein Skandal für ein Land, das sich offiziell auf das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit verpflichtet hat.


Und was ist passiert mit dem Grundbedürfnis Frieden, wenn martialische Schlagzeilen wie die der Zeitung BILD – «Ukrainische Offensive läuft. Jetzt stoßen deutsche Leopard-Panzer vor» – keinen breiten Aufschrei der Empörung mehr hervorrufen? Was ist los in Deutschland, dass verantwortliche Politiker und Medienvertreter ohne breiten Widerspruch ihre Propaganda-Formeln verbreiten können? Eines von vielen Beispielen dafür war die Sendung Kontrovers des Deutschlandfunks vom 10 Juli 2023.


Die Vorwürfe gegen Russland sind keine Lappalie

Der Vorwurf, Russland führe einen «völkerrechtswidrigen Angriffskrieg», ist keine Lappalie. Die Charta der Vereinten Nationen hat in Artikel 2, Absatz 4 festgehalten:

«Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.»

Nach Artikel 51 der Charta ist nur die individuelle oder kollektive Selbstverteidigung erlaubt. «Kollektiv» bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Staaten, die sich gegen einen Angriff verteidigen, dabei von anderen Staaten unterstützt werden dürfen. Der Nürnberger Prozess 1945/1946 und die von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen 1950 beschlossenen «Nürnberger Prinzipien» erklärten den Angriffskrieg zum schwersten Kriegsverbrechen, dem alle anderen Kriegsverbrechen fast zwangsläufig folgen. Das deutsche Grundgesetz hat mit seinem Artikel 26 schon die Vorbereitung eines Angriffskrieges für verfassungswidrig erklärt und unter Strafe gestellt.


Eine Friedensbewegung, die vom «völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg» spricht, muss sich fragen lassen, mit welcher Logik sie die westliche Kriegsführung gegen Russland seit dem 24. Februar 2022 beurteilen will. Die westlichen Kriegsführer werden fragen: Ist es nicht legitim, einem «völkerrechtswidrig angegriffenen» Staat mit allen Mitteln, auch militärischen, beizustehen? Mit anderen Worten: Die Formel vom «völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg» dient dem Westen vor allem zur Rechtfertigung der Eskalation seines Krieges gegen Russland.


Wann ist ein Krieg ein Angriffskrieg?

Indes gilt: Wann ein solcher Angriffskrieg tatsächlich geschieht oder geschehen ist, das entscheidet auch nicht die Friedensbewegung, das muss sehr gründlich, unvoreingenommen und vorurteilsfrei geprüft werden. Alle notwendigen Dokumente müssen zugänglich sein und gesichtet werden. Der Nürnberger Prozess gegen die 24 Hauptangeklagten des NS-Regimes begann ein halbes Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs und dauerte fast ein Jahr, die Akten hierzu füllen 5.215 Ordner mit 270.000 einzelnen Seiten (diese können seit 2020 auch online eingesehen werden).


Wie soll es da möglich sein, Russlands Vorgehen in der Ukraine schon gleich am ersten Tag als «völkerrechtswidrigen russischen Militärangriff» zu beurteilen?


An dieser Stelle soll und kann kein völkerrechtliches Urteil über den Krieg in der Ukraine formuliert werden. Und selbstverständlich gilt auch für den Krieg in der Ukraine: Die vielen Opfer und die Zerstörungen auf beiden Seiten der Front belegen erneut, dass Krieg immer ein «Versagen der Politik und der Menschheit» (Papst Franziskus) ist. Jeder sollte aber auch wissen: Wenn der Krieg (ob nun noch «kalt» oder schon «heiß») erst einmal tobt, ist der Vorwurf «völkerrechtswidriger Angriffskrieg» oftmals eine Propagandaformel, vor allem zur Rechtfertigung der eigenen Kriegsführung – wie schon oben gesagt. Um so wichtiger ist die Forderung nach einer gründlichen und unvoreingenommenen Untersuchung.


Dass in Deutschland gegen Bürger, die das offizielle und das Friedensbewegungs-Narrativ vom «völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg» kritisch hinterfragen, strafrechtlich ermittelt wird und schon erstinstanzliche Strafurteile gefällt wurden, ist eher ein Hinweis darauf, wie stark die deutsche Demokratie unter ihrer Kriegsbeteiligung schon gelitten hat. Jeder, der ein bisschen wach ist, hat mittlerweile mitbekommen, wie politisch unkorrekte Positionen zum Krieg in der Ukraine, aber auch zu anderen Kriegen, an denen Deutschland beteiligt ist, ausgegrenzt werden sollen.


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Denkfabrik SWP präsentiert drei Optionen für „dauerhafte Sicherheit der Ukraine“: Demilitarisierung Russlands, Aufbau eines Atomwaffenarsenals oder NATO-Beitritt


Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=101667


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

26.07.2023

Neues vom Wirtschaftskrieg (218): Russland knackt n Ölpreisdecke

lostineu.eu, 26. Juli 2023

Deutschland droht eine anhaltende Rezession. Die EU-Kommission will den Getreidedeal ersetzen und ukrainische Agrarprodukte exportieren. Und Russland knackt den vom Westen verhängten Ölpreisdeckel.

  • Im Ringen um Einfluss auf den globalen Ölmärkten hat Russland einen bemerkenswerten Sieg gegen die westlichen Staaten errungen. Der Preis für das begehrte russische Rohöl der Sorte Ural überschritt erstmals die westliche Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel, die von den USA und ihren Verbündeten im Dezember des Vorjahres als Sanktionspolitik eingeführt worden war. Dieser Erfolg zeige, schreibt das Wallstreet Journal (WSJ), dass sich Russland zumindest teilweise an die Restriktionen anpassen konnte und der Kreml weiterhin in der Lage sei, sich auf dem internationalen Ölmarkt zu behaupten. (telepolis) Um den Einfluss des Westens weiter einzuschränken, hat Russland eine alternative Tankerflotte aufgebaut, die von den westlichen Sanktionen nicht betroffen ist. 
  • EU-Kommission will Getreidedeal ersetzen. Die EU kann nach eigenen Angaben fast alle landwirtschaftlichen Produkte aus der Ukraine herausbringen, die wegen des russischen Ausstiegs aus dem Getreideabkommen nun nicht mehr über deren Schwarzmeerhäfen exportiert werden können. Dies könne über Schienen- und Straßenverkehrsverbindungen durch EU-Mitgliedstaaten geschehen, die an die Ukraine grenzen, sagt EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Er bezeichnet die Wege als „Solidaritätsrouten“. „Wir sind bereit, fast alles zu exportieren. Das sind etwa vier Millionen Tonnen Ölsaaten und Getreide pro Monat.“ Diese Menge habe man bereits im November 2022 aus der Ukraine herausgebracht. (Reuters) – Derweil fordern Polen und vier weitere EU-Staaten, den Import von ukrainischem Getreide dauerhaft zu verbieten. Das passt schlecht zusammen…
  • Deutschland droht anhaltende Rezession. Die konjunkturellen Aussichten in Deutschland trüben sich weiter ein. Im neuen Wachstumsausblick des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die deutsche Volkswirtschaft unter den 22 untersuchten Staaten und Regionen die einzige, in der das Bruttoinlandsprodukt 2023 sinken soll. Der IWF rechnet mit einem Minus von 0,3 Prozent, teilte die Organisation am Dienstag in Washington mit. „Deutschlands Wachstum verlangsamt sich deutlich und liegt sogar im negativen Wachstumsbereich“, sagte Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas. Auch 2024 kann Deutschland den Rückstand kaum kompensieren. Der IWF erwartet dann ein BIP-Wachstum von 1,3 Prozent. (Handelsblatt) – Derweil hat der IWF die Wachstumsprognose für Russland deutlich nach oben geschraubt. Die Sanktionen wirken – nur nicht so, wie gedacht…

Mehr zum Wirtschaftskrieg hier

1 Comment

  1. Stef
    26. Juli 2023 @ 08:54

    Eine unangenehme Erkenntnis betreffend der Sanktionen gegenüber Russland ist, dass die Ampel insbesondere unter Druck der Grünen nicht alleine Russland damit schädigen wollte. Mittels der energiepolitischen Sanktionen wollten die Grünen auch den Druck auf die bestehende Energieversorgung erhöhen, um ihre eigenen extremen Klimabekämpfungsmaßnahmen mit Rückenwind zu unterstützen. Dabei haben sich die bedingungslose Unterordnung der Grünen unter US-Interessen und das Bedürfnis nach einem radikalen Umstieg in eine klimaneutrale Energieversorgung zu einem toxischen Amalgam vermischt. Man kann den Grünen hier zwar zugute halten, dass wir in 16 Jahren Merkel im Wesentlichen Stillstand an allen relevanten Baustellen hatten. Aber eine Rosskur kommt einer industriellen Volkswirtschaft von der Größe Deutschlands nicht gut, dazu sind die Strukturen zu komplex, die Wechselwirkungen zu unvorhersehbar und die Systeme zu träge.

    Die Ironie ist, dass im Zuge dieser unheiligen Allianz zwischen Transatlantikern und Klimafundmentalisten die letztgenannten im Zweifel den Kürzeren ziehen. Dadurch werden z.B. Widersprüche wie der grüne Boom zu dreckigem LNG aus den USA erklärbar.


Info: https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-russland-knackt-den-oelpreisdeckel


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




Weiteres:




Aufgelesen: Streumunition – Blankoscheck für die USA?


lostineu.eu, vom 25. Juli 2023

In Brüssel hat die Urlaubszeit begonnen. Wir nutzen das „Sommerloch“, um lesenswerte Beiträge anderer Blogs und Medien zu präsentieren. Heute ein Beitrag zum Einsatz von Streumunition in der Ukraine.

Washington beliefert die Ukraine mit international geächteter Streumunition. Die mangelnde Kritik aus dem Westen ist erschreckend und feige, schreibt H. Wulf im IPG

Nun ist es soweit. Die US-Regierung hat sich, nach längeren kontroversen Debatten, entschieden, Streumunition an die Ukraine zu liefern. Mit dieser Maßnahme wird die nächste Stufe auf der Eskalationsleiter in diesem mörderischen Krieg bestiegen. Nach langen zögerlichen Diskussionen um die Lieferung einfachen militärischen Geräts, dem Versprechen zur uneingeschränkten Verteidigung der Ukraine, der Lieferung moderner Waffen wie Flugabwehrkanonen sowie heftigen Diskussionen um das Ja oder Nein von Kampfpanzern und -flugzeugen, jetzt also die Lieferung der geächteten Streumunition.

Kiew hat um diese Munition gebeten, da sie anscheinend militärisch hoch effektiv gegen Ziele wie Artillerie und Konvois der russischen Streitkräfte eingesetzt werden kann. Die Ukraine hofft, ihre Gegenoffensive so durchschlagender ausführen zu können.

Doch seit der Unterzeichnung der sogenannten Oslo-Konvention, die 2010 in Kraft trat, besteht ein Verbot zur Herstellung, Lagerung sowie zum Einsatz von Streumunition. Problematisch ist diese Munition vor allem, weil sie noch viele Jahre nach der Beendigung eines Krieges Leid und Zerstörung anrichtet. In einem Behälter befindet sich sogenannte Submunition, auch Bomblets oder Pellets genannt, die hoch über dem Ziel auf breiter Fläche abgeschossen wird. Wenn die Streumunition vom Himmel fällt und auf dem Boden explodiert, ist ein wesentlich größerer Bereich betroffen als bei einer einzelnen konzentrierten Explosion.

Manche dieser Streubomben enthalten mehr als 500 Projektile. Die Streumunition tötet wahllos und explodiert nicht immer beim Aufschlag auf dem Boden vollständig. Eine hohe Zahl von Blindgängern, von 2,5 bis 40 Prozent je nach Bombentyp, bedeutet noch für Jahrzehnte eine Gefahr für Zivilistinnen und Zivilisten. Die Amputation von Gliedmaßen sowie die Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen sind die Folge. Im Vietnamkrieg wurden mehrere hundert Millionen Streubomben über Wäldern und Reisfeldern abgeworfen, von denen bis heute noch viele Millionen nicht explodiert sind und auf dem oder im Boden liegen.

Die Streumunition tötet wahllos und explodiert nicht immer beim Aufschlag auf dem Boden vollständig.
Wegen der schlimmen Folgen dieser Waffen ächtet die Konvention von Oslo die Streumunition. Die Mehrzahl der UN-Mitglieder, 123 Länder, sind der Konvention beigetreten, jedoch weder die USA noch die Ukraine oder Russland.

Für die kontroverse Entscheidung Washingtons zur Lieferung dieser geächteten Streumunition werden mehrere Entschuldigungen bemüht. Die Munition sei militärisch effektiv und könne der Ukraine Vorteile verschaffen. Beflügelt wurde die US-Entscheidung zudem davon, dass es offensichtlich deutliche Engpässe bei der Produktion konventioneller Munition gibt, vor allem bei Artilleriegeschossen. Streumunition ist in den USA in großen Mengen vorhanden und könnte hier Abhilfe schaffen.

Weiterlesen im IPG-Journal

3 Comments

  1. Kleopatra
    26. Juli 2023 @ 08:07

    Die Konvention gegen Streumunition gilt nun einmal gegenwärtig weder für die Ukraine noch für Russland, noch für die USA. Bei chemischen Waffen liegt das anders. Die Lieferung bzw. der Einsatz von Senfgas wäre deshalb völkerrechtswidrig, die Lieferung und der Einsatz von Streumunition hingegen (noch) nicht. Russland setzt sie gegen die Ukraine seit langen ungeniert ein.

Reply

  • KK
    26. Juli 2023 @ 02:47

    @ Katla:
    „Sind etwa Effizienz und Vorteilhaftigkeit die neuen, allgemein gültigen Kriterien für den Einsatz von Waffen?“

    Natürlich, war immer schon so. Die Moral wird immer nur dann und insoweit bemüht, solange sie in den eigenen Kram passt. Und natürlich gegen den selbstverständlich – per se unmoralischen – Gegner verwendet werden kann.

    Reply

  • Katla
    25. Juli 2023 @ 17:38

    Und wenn Kiew um Senfgas (oder Biowaffen) bittet? Finden wir dann Senfgas auch militärisch effektiv, das Kiew Vorteile verschaffen kann? Das laute Schweigen der EU und der Regierungen der Mitgliedstaaten zu diesem Thema ist ein Skandal und zerstört weiter das Vertrauen in die angebliche Wertegebundenheit der westlichen Staaten.
    Sind etwa Effizienz und Vorteilhaftigkeit die neuen, allgemein gültigen Kriterien für den Einsatz von Waffen? Dann spräche ja eigentlich gar nichts mehr gegen den Einsatz von Atomwaffen – Kiew muss scheinbar nur noch darum bitten (wie bereits schon gelegentlich passiert, aber da hatten sie wohl noch genug konventionelle Munition).


  • Info: https://lostineu.eu/aufgelesen-streumunition-blankoscheck-fuer-die-usa


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    26.07.2023

    Nachrichten von Pressenza: Servas – Gratisübernachtung, Begegnung und Friedensinitiative

    aus e-mail von, <newsletter@pressenza.com>, 26. Juli 20243, 7:15 Uhr

    Nachrichten von Pressenza - 26.07.2023


    Servas &#8211; Gratisübernachtung, Begegnung und Friedensinitiative


    Seit 1985 bereise ich mit Servas Länder von Brasilien bis Israel, von Finnland bis Südafrika, übernachte bei Einheimischen, lerne deren persönliches Umfeld kennen &#8211; und bin überzeugt, dass sowohl meine Gastgeber*innen als auch ich damit ein Mosaikteilchen für Verständigung und&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/servas-gratisuebernachtung-begegnung-und-friedensinitiative/


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    Vom Hinterhof zum Vorgarten – 200 Jahre Monroe-Doktrin


    Als der fünfte USA-Präsident, James Monroe, am 2. Dezember 1823 die Leitlinien formulierte, die als nach ihm benannte Doktrin in die Geschichte eingingen, war das die Widerspiegelung einer neuen Qualität des Selbstbewusstseins der USA. Zu diesem Zeitpunkt war die Konsolidierung&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/vom-hinterhof-zum-vorgarten-200-jahre-monroe-doktrin/


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    Keine Alternative


    Habeck treibt bei Besuch in Indien den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU voran. Wirtschaftsvertreter erteilen dem Plan, das China- durch das Indiengeschäft zu ersetzen, eine klare Absage. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dringt bei seinem Besuch in Indien auf den raschen&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/keine-alternative/


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    Leere Versprechen der Konzerne – Ausbeutung in Bangladesch


    Textilarbeiterinnen in Dhaka werden nach wie vor ausgebeutet. Das Schicksal des Mädchens Shimu ist eines von vielen. Daniela Gschweng für die Online-Zeitung INFOsperber Bangladesch Eine Frau schlendert durch eine sommerliche Fussgängerzone, begutachtet und kauft eines der dünnen T-Shirts, die auf&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/leere-versprechen-der-konzerne-ausbeutung-in-bangladesch/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.07.2023

    Anzeichen für ein Endspiel in der Ukraine

    seniora.org, vom 25. Juli 2023, M. K. Bhadrakumar 25. Juli 2023  – übernommen von indianpunchline.com

    Das Problem mit dem Krieg in der Ukraine ist, dass es sich dabei um eine reine Augenwischerei gehandelt hat. Die russischen Ziele der "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" der Ukraine haben einen surrealen Anstrich bekommen.


    Der russische Präsident Wladimir Putin (R) trifft den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, St. Petersburg, 23. Juli 2023

    Das westliche Narrativ, dass es sich um einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine handelt, bei dem das westfälische Prinzip der nationalen Souveränität im Mittelpunkt steht, hat sich nach und nach abgenutzt und eine Leere hinterlassen.

    Heute setzt sich die Erkenntnis durch, dass der Krieg in Wirklichkeit zwischen Russland und der NATO stattfindet und dass die Ukraine seit 2014 kein souveränes Land mehr ist, als die CIA und andere westliche Agenturen   – Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Schweden usw.   – ein Marionettenregime in Kiew installiert haben.

    Der Nebel des Krieges lichtet sich und die Kampflinien werden sichtbar. Auf maßgeblicher Ebene beginnt eine offene Diskussion über das Endspiel.

    Die Videokonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates am vergangenen Freitag in Moskau und sein Treffen mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko am Sonntag in St. Petersburg sind zweifellos der entscheidende Moment. Die beiden Transkripte gehören zusammen und müssen zusammengelesen werden. (hier und hier)

    Es steht außer Frage, dass die beiden Ereignisse von den Kreml-Beamten sorgfältig choreografiert wurden und mehrere Botschaften vermitteln sollten. Russland strahlt Zuversicht aus, dass es die Vorherrschaft an der Kampffront errungen hat   – es hat das ukrainische Militär vernichtend geschlagen und Kiews "Gegenoffensive" rückt in den Rückspiegel. Aber Moskau ahnt, dass die Regierung Biden möglicherweise einen noch größeren Kriegsplan im Kopf hat.

    Auf der Sitzung des Sicherheitsrates hat Putin die Geheimdienstberichte öffentlich gemacht, die Moskau aus verschiedenen Quellen erreichten und die darauf hinwiesen, dass ein polnisches Expeditionskorps in der Westukraine eingesetzt werden sollte. Putin bezeichnete sie als "gut organisierte und ausgerüstete reguläre Militäreinheit, die für Operationen" in der Westukraine "für die anschließende Besetzung dieser Gebiete" eingesetzt werden soll.

    In der Tat gibt es eine lange Geschichte des polnischen Revanchismus. Putin, selbst ein eifriger Geschichtsstudent, sprach ausführlich darüber. Er klang stoisch: wenn die Kiewer Behörden diesem polnisch-amerikanischen Plan zustimmen sollten, "wie es Verräter gewöhnlich tun, ist das ihre Sache. Wir werden uns nicht einmischen."

    Aber, fügte Putin hinzu, "Weißrussland ist Teil des Unionsstaates, und eine Aggression gegen Weißrussland würde eine Aggression gegen die Russische Föderation bedeuten. Darauf werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren". Putin warnte, dass das, was im Gange sei, "ein äußerst gefährliches Spiel sei, und die Urheber solcher Pläne sollten über die Konsequenzen nachdenken".

    Am Sonntag, bei dem Treffen mit Putin in St. Petersburg, nahm Lukaschenko den Gesprächsfaden wieder auf. Er informierte Putin über neue polnische Stationierungen in der Nähe der weißrussischen Grenze   – nur 40 km von Brest entfernt   – und andere laufende Vorbereitungen   – die Eröffnung einer Reparaturwerkstatt für Leopard-Panzer in Polen, die Aktivierung eines Flugplatzes in Rzeszow an der ukrainischen Grenze (etwa 100 km von Lemberg entfernt) für den Einsatz von Amerikanern, die Waffen und Söldner verlegen, usw.

    Lukaschenko sagte: "Das ist für uns inakzeptabel. Die Entfremdung der Westukraine, die Zerstückelung der Ukraine und die Abtretung ihrer Ländereien an Polen sind inakzeptabel. Sollten die Menschen in der Westukraine uns darum bitten, dann werden wir ihnen Unterstützung gewähren. Ich bitte Sie [Putin], diese Frage zu diskutieren und darüber nachzudenken. Natürlich möchte ich, dass Sie uns in dieser Hinsicht unterstützen. Wenn der Bedarf an einer solchen Unterstützung entsteht, wenn die Westukraine uns um Hilfe bittet, dann werden wir den Menschen in der Westukraine Hilfe und Unterstützung bieten. Wenn dies geschieht, werden wir sie auf jede erdenkliche Weise unterstützen."

    Lukaschenko fuhr fort: "Ich bitte Sie, diese Frage zu diskutieren und darüber nachzudenken. Natürlich möchte ich, dass Sie uns in dieser Hinsicht unterstützen. Mit dieser Unterstützung, und wenn die Westukraine um diese Hilfe bittet, werden wir der westlichen Bevölkerung der Ukraine auf jeden Fall Hilfe und Unterstützung zukommen lassen."

    Wie nicht anders zu erwarten, reagierte Putin nicht   – zumindest nicht öffentlich. Lukaschenko bezeichnete die polnische Intervention als gleichbedeutend mit der Zerstückelung der Ukraine und ihrer "stückweisen" Aufnahme in die NATO. Lukaschenko war ganz offen: "Dies wird von den Amerikanern unterstützt." Interessanterweise forderte er auch die Entsendung von Wagner-Kämpfern, um der Bedrohung für Belarus zu begegnen.

    Das Entscheidende ist, dass Putin und Lukaschenko ein solches Gespräch überhaupt öffentlich geführt haben. Offensichtlich sprachen beide auf der Grundlage nachrichtendienstlicher Informationen. Sie gehen davon aus, dass ein Wendepunkt bevorsteht.

    Es ist eine Sache, dass die russische Bevölkerung sehr wohl weiß, dass ihr Land in der Ukraine de facto gegen die NATO kämpft. Aber es ist eine ganz andere Sache, dass der Krieg dramatisch zu einem Krieg mit Polen eskalieren könnte, einer NATO-Armee, die die USA als ihren wichtigsten Partner in Kontinentaleuropa betrachten.

    Indem er sich ausführlich über den polnischen Revanchismus ausließ, der in der modernen europäischen Geschichte umstritten ist, kalkulierte Putin wahrscheinlich ein, dass es in Europa, auch in Polen, Widerstand gegen die Machenschaften geben könnte, die die NATO in einen kontinentalen Krieg mit Russland ziehen könnten.

    Und auch Polen muss zögern. Laut Politico ist Polens Militär etwa 150.000 Mann stark, von denen 30.000 zu einer neuen territorialen Verteidigungstruppe gehören, die "Wochenendsoldaten sind, die eine 16-tägige Ausbildung mit anschließenden Auffrischungskursen absolvieren."

    Auch hier gilt, dass sich Polens militärische Macht nicht in politischem Einfluss in Europa niederschlägt, da die zentristischen Kräfte, die die EU beherrschen, Warschau misstrauen, das von der nationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit kontrolliert wird, deren Missachtung demokratischer Normen und der Rechtsstaatlichkeit dem Ruf Polens in der gesamten Union geschadet hat.

    Polen hat vor allem Grund, sich über die Zuverlässigkeit Washingtons Sorgen zu machen. In Zukunft wird die Sorge der polnischen Führung paradoxerweise darin bestehen, dass Donald Trump 2024 nicht als Präsident zurückkehren könnte. Trotz der Zusammenarbeit mit dem Pentagon im Ukraine-Krieg misstraut Polens derzeitige Führung Präsident Joe Biden   – ähnlich wie Ungarns Premierminister Viktor Orban.

    Alles in allem kann man daher davon ausgehen, dass das Säbelrasseln Lukaschenkos und Putins Lektion in europäischer Geschichte eher als Vorwarnung an den Westen zu verstehen sind, um ein für die russischen Interessen optimales Endspiel in der Ukraine zu gestalten. Eine Zerstückelung der Ukraine oder eine unkontrollierte Ausweitung des Krieges über ihre Grenzen hinaus liegt nicht im russischen Interesse.

    Die Kremlführung wird jedoch die Möglichkeit einkalkulieren, dass Washingtons Dummheiten, die aus seinem verzweifelten Bedürfnis resultieren, sein Gesicht nach einer demütigenden Niederlage im Stellvertreterkrieg zu wahren, den russischen Streitkräften keine andere Wahl lassen, als den Dnjepr zu überqueren und bis zur polnischen Grenze vorzurücken, um eine Besetzung der Westukraine durch das so genannte Lubliner Dreieck zu verhindern, ein regionales Bündnis mit virulenter antirussischer Ausrichtung, das Polen, Litauen und die Ukraine umfasst und im Juli 2020 gebildet und von Washington gefördert wurde.

    Putins aufeinanderfolgende Treffen in Moskau und St. Petersburg geben Aufschluss über die russischen Überlegungen zu den drei Schlüsselelementen des Endspiels in der Ukraine. Erstens hat Russland nicht die Absicht, die Westukraine territorial zu erobern, sondern wird darauf bestehen, ein Mitspracherecht zu haben, wie die neuen Grenzen des Landes und das künftige Regime aussehen und agieren werden, was bedeutet, dass ein antirussischer Staat nicht zugelassen wird.

    Zweitens ist der Plan der Biden-Administration, aus der Niederlage doch noch einen Sieg zu machen, ein Fehlschlag, da Russland nicht zögern wird, jeden weiteren Versuch der USA und der NATO, ukrainisches Territorium als Sprungbrett für einen erneuten Stellvertreterkrieg zu nutzen, zu kontern, was bedeutet, dass die "stückweise" Aufnahme der Ukraine in die NATO ein Hirngespinst bleiben wird.

    Drittens, und das ist das Wichtigste, wird die kampferprobte russische Armee, die sich auf eine mächtige Verteidigungsindustrie und eine robuste Wirtschaft stützt, nicht zögern, die an die Ukraine angrenzenden NATO-Mitgliedstaaten zu konfrontieren, wenn diese die Kerninteressen Russlands verletzen, was bedeutet, dass die Kerninteressen Russlands nicht als Geisel von Artikel 5 der NATO-Charta gehalten werden können.


    Quelle: https://www.indianpunchline.com/glimpses-of-an-endgame-in-ukraine/
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4300&mailid=1852


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.07.2023

    Il Fatto Quotidiano: NATO-Stützpunkt trotz Protesten der Anwohner in Florenzer Wohnviertel geplant

    Ein NATO-Stützpunkt in einem historischen Wohnviertel von Florenz? Ja, das ist nun möglich – und auch die Proteste der Stadtbewohner könnten daran offenbar nichts ändern, schrieb die italienische Zeitung Il Fatto Quotidiano.


    Il Fatto Quotidiano: NATO-Stützpunkt trotz Protesten der Anwohner in Florenzer Wohnviertel geplantQuelle: Sputnik © RIA Nowosti


    (Symbolbild)











    In Florenz bahnt sich ein Skandal an: Die Regierung und das Verteidigungsministerium sind dabei, einen neuen NATO-Stützpunkt in einem Wohnviertel zu errichten, wobei ihnen die Meinung der Anwohner egal ist. Sie wurden über das Projekt nämlich nicht informiert – und erfuhren erst im Nachhinein davon. Die italienische Zeitung Il Fatto Quotidiano veröffentlichte dazu:

    "Die Ruhe der Bewohner eines Florentiner Stadtviertels, des Stadtteils Rovezzano, wird durch die Befürchtung gestört, dass Grünflächen für die Unterbringung des Militärs geopfert werden könnten. Die Florentiner erfuhren erst im Nachhinein von den bevorstehenden Bauarbeiten, ohne die Folgen für das Viertel überhaupt diskutieren zu können.
    Das Projekt sieht vor, dass in der Predieri-Kaserne das ständige Hauptquartier der multinationalen NATO-Division Süd untergebracht wird, die die von der Allianz zugewiesenen Bodentruppen entsprechend ihren Zuständigkeitsbereichen befehligt. Auf diese Weise wird ein wichtiges strategisches Zentrum auf einem Gelände entstehen, das derzeit mit zwei Gebäuden aus den 1940er Jahren mit einer Fläche von etwa 10.000 Quadratmetern belegt ist."


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    Analyse

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    Als die Neuerungen der Regierung bekannt wurden, meldete sich die empörte italienische Öffentlichkeit zu Wort – insbesondere der italienische Nationalverband der Partisanen, der italienische Verband für Kultur und Freizeit, der italienische Allgemeine Gewerkschaftsbund und viele andere.

    Die Vertreter der öffentlichen Organisationen befürchten, dass der NATO-Stützpunkt nicht nur die Verkehrsstruktur des Viertels verändern wird, was die Lebensqualität der Anwohner verschlechtern würde, sondern auch, dass die Florentiner den Zugang zu den Grünflächen rund um das Gebiet sowie zum Flusspark mit seinen Spazierwegen verlieren könnten.

    Außerdem seien die Methoden der Regierung fragwürdig. Il Fatto Quotidiano führte einen Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen an:

    "Eine solche Änderung ist angesichts der äußerst gefährlichen geopolitischen Lage, in der sich die NATO befindet, für uns sehr besorgniserregend. Wir sind erstaunt, dass die Entscheidung für die Ansiedlung des Militärkommandos unter Berücksichtigung der hohen Dichte der Zivilbevölkerung und der Wohnbebauung in diesem Viertel von Florenz getroffen wurde. Außerdem geschah dies, ohne die Zivilbevölkerung einzubeziehen und ohne die Anwohner zu konsultieren. Wir bestehen darauf, dass es eine klare, auch geografische, Trennung zwischen Zivilbevölkerung und Militär geben muss, insbesondere wenn die Nachbarschaft des letzteren ein Risiko darstellt."

    Die Regierung blieb jedoch hartnäckig und stellte sich taub für die Einwände der Bürger. Nach Angaben der Zeitung erhielten die Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen auf eine Anfrage an das Verteidigungsministerium folgende Antwort:

    "Für Rovezzano eröffnen sich dadurch reale, hervorragende Chancen. Bei der Planung wurde dem Umweltmanagement besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Kaserne wird das Wohlbefinden und die Sicherheit des Viertels verbessern und den Anwohnern keine Unannehmlichkeiten bereiten."

    Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass die italienische Regierung einseitig wichtige städtische oder geschützte Flächen an die NATO abtritt. So wurde beispielsweise auch im Naturpark Coltano in der Provinz Pisa ein Militärstützpunkt errichtet, schrieb die Zeitung.


    Mehr zum Thema Litauens Präsident fordert dauerhafte NATO-Stützpunkte an Grenze zu Russland


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    Info: https://freeassange.rtde.life/europa/176132-il-fatto-quotidiano-nato-stuetzpunkt


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    26.07.2023

    Niederlande: Richterin kritisiert These vom russischen Abschuss der MH17 und kündigt nach Mobbing

    freeassange.rtde.life, vom 25 Juli 2023 20:26 Uhr

    In den Niederlanden ist Medienberichten zufolge eine Richterin des Bezirksgerichts Den Haag, die die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden im Fall des Abschusses des MH17-Fluges über dem Donbass kritisiert und die These vom Abschuss der malaysischen Boeing durch eine russische Rakete abgelehnt hatte, nach internen Disziplinarmaßnahmen zurückgetreten.


    Quelle: Gettyimages.ru © Alexander Usenko/Anadolu Agency


    Denkmal am Ort des Absturzes des MH17-Fluges im Donbass am Jahrestag der Tragödie 2021


    Eine Richterin des Bezirksgerichts Den Haag, die sich im Fall des Absturzes von Flug MH17 öffentlich mit Kritik zu den Schlussfolgerungen der niederländischen Staatsanwaltschaft äußerte, ist zurückgetreten, berichtet der Niederländische Rundfunk.

    Nach Angaben des Fernsehsenders bezeichnete sie die Hypothese des niederländischen Sicherheitsrates und der Staatsanwaltschaft in dem Fall als "absichtliche Vertuschung" und in einigen Punkten sogar als "Manipulation und Lüge".

    Thomas Röper zum MH17-Gerichtsurteil: "Offensichtlich einseitig"



    Thomas Röper zum MH17-Gerichtsurteil: "Offensichtlich einseitig"






    Der Bruder der Richterin ist Autor eines Buches, in dem er behauptet, dass die malaysische Boeing nicht von einer russischen Rakete abgeschossen wurde. Die Frau verteilte die Bücher an die Richter und Staatsanwälte, die mit dem Fall Flug MH17 befasst waren. Dafür wurde sie vom Obersten Gerichtshof schriftlich gerügt, da ihr Verhalten "das Vertrauen in die Autorität der Justiz untergraben" habe. Außerdem wurde sie aus der Abteilung des Bezirksgerichts für Strafsachen in eine andere Abteilung versetzt. Daraufhin trat die Richterin zurück.

    Die malaysische Boeing MH17 stürzte am 17. Juli 2014 auf dem Flug von Amsterdam nach Kuala Lumpur in der Nähe von Donezk ab. An Bord befanden sich 298 Menschen, die alle starben. Kiew machte sofort die Miliz der Volksrepublik Donezk für den Absturz verantwortlich, die jedoch nach eigenen Angaben nicht über die Mittel verfügte, um das Flugzeug in einer solchen Höhe abzuschießen.

    Der MH17-Prozess fand zwischen 2020 und 2022 vor dem Bezirksgericht Den Haag statt. Die Russen Igor Girkin, Sergei Dubinski, Oleg Pulatow und der Ukrainer Leonid Chartschenko wurden beschuldigt, an dem Absturz beteiligt gewesen zu sein. Die Untersuchung wurde von einer gemeinsamen Ermittlungskommission unter Leitung der niederländischen Generalstaatsanwaltschaft durchgeführt. Russland war nicht beteiligt.

    Den Ermittlungen zufolge wurde die Boeing von einem von Milizen kontrollierten Gebiet aus mit einem Buk-Flugabwehrraketensystem abgeschossen, das der 53. Flugabwehrraketenbrigade aus Kursk gehört habe. Es wurde angeblich aus Russland geliefert und dann zurückgebracht. Russland übergab den Niederlanden Radardaten sowie Unterlagen, aus denen hervorging, dass die Rakete, die die Boeing traf, der Ukraine gehörte und von dem von Kiew kontrollierten Gebiet aus abgeschossen wurde, aber diese Informationen wurden von den Ermittlern ignoriert.

    Die Ukraine weigerte sich, die Daten ihrer Radargeräte zur Verfügung zu stellen, und die Vereinigten Staaten weigerten sich, der Untersuchungsgruppe Satellitenbilder zu übergeben, die angeblich den Moment des Abschusses der Rakete zeigten.


    Niederländisches Gericht ignoriert unbequeme Beweise beim MH17-Urteil


    Niederländisches Gericht ignoriert unbequeme Beweise beim MH17-Urteil






    Das Bezirksgericht Den Haag verurteilte schließlich am 17. November 2022 Girkin, Dubinski und Chartschenko in Abwesenheit zu lebenslanger Haft und einer Gesamtstrafe von 16 Millionen Euro. Pulatow hingegen wurde von der Anklage freigesprochen. Die Richter zeigten sich überzeugt, dass die MH17 mit einem zuvor aus Russland gelieferten BUK-Luftabwehrsystem abgeschossen worden war.

    Wer genau es bedient habe, vermochte das Gericht nicht festzustellen. Auch ging es davon aus, dass die Bediener in der Überzeugung gehandelt hätten, eine ukrainische Militärmaschine im Visier zu haben. Es habe nach Auffassung des Gerichts ebenso wenig das Recht bestanden, eine ukrainische Militärmaschine abzuschießen, weshalb trotz des Irrtums die volle strafrechtliche Verantwortung eintrete. Die Verurteilten hätten zwar nicht selbst gehandelt, aber entweder durch die Lieferung des Luftabwehrsystems die Voraussetzungen geschaffen oder trotz Möglichkeit nichts unternommen, um den Einsatz der Buk zu verhindern. Im Ergebnis beruht das Urteil darauf, dass es den Donbass-Aufständischen das Recht abspricht, sich gegen ukrainische Luftangriffe zu verteidigen.

    Das russische Außenministerium erklärte nach der Verhandlung, dass das Gericht die Beweise selektiv aufgenommen und die Grundsätze einer unparteiischen Justiz missachtet habe. Das russische Außenministerium fügte hinzu, dass der Verlauf und das Ergebnis des Prozesses zeigen würden, dass dieser auf einem politischen Auftrag beruhe, um die Theorie einer russischen Beteiligung zu untermauern.


    Mehr zum ThemaPutins angeblich "aktive Rolle" beim Abschuss von MH17: Wie deutsche Medien einen Hoax erzeugen


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    Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
    Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
    Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.

    Info: https://freeassange.rtde.life/europa/176153-niederlande-richterin-kritisiert-these-vom-russischen-abschuss


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    26.07.2023

    Russische Militärexperten über den aktuellen Stand des Krieges

    seniora.org, vom 25. Juli 2023, Von Gilbert Doctorow 25.07.2023 - übernommen von gilbertdoctorow.com

    Auf den westlichen alternativen Nachrichtenportalen werden die militärischen Erfolge Russlands häufig bejubelt.


    Auch die russischen Kriegskorrespondenten des russischen Staatsfernsehens, die an vorderster Front stehen, jubeln in großem Umfang. Doch wie ich bereits in früheren Beiträgen angedeutet habe, kommen in den seriöseren russischen Nachrichtensendungen wie "Sechzig Minuten" und "Abend mit Wladimir Solowjow" auch Militärexperten aus den Reihen der Duma-Ausschussvorsitzenden und anderer Personen zu Wort, die tatsächlich Verantwortung und Rechenschaft für die Kriegsanstrengungen tragen und nicht einfach nur "talking heads" sind. Diese Redner äußern sich sehr viel zurückhaltender über den Verlauf des Krieges, und ich nutze diese Gelegenheit, um den Lesern mitzuteilen, was ich aus solchen Quellen höre. Ich werde mich insbesondere auf das stützen, was vor zwei Tagen in der Solowjow-Sendung gesagt wurde.

    Die nüchternste Bemerkung war, dass es ein Fehler ist, sich über Berichte zu freuen, dass den Ukrainern die Reserven ausgegangen sind und dass ihre Soldaten an der Front nur noch alte Männer und junge Leute sind, die demoralisiert sind und sich den Russen ergeben, wenn sie können. Wenn wir das sagen, schmälert das unseren Respekt vor dem Heldentum der russischen Soldaten, die in den ukrainischen Streitkräften tatsächlich ihresgleichen haben. Dies ist ein harter Krieg.

    Außerdem sind die ukrainischen Reserven noch nicht erschöpft. Von den rund 60.000 Elitetruppen, die in NATO-Ländern ausgebildet wurden, sind in der Schlacht um Bakhmut und dem anschließenden ukrainischen Gegenangriff nach dem 4. Juni nur 30 bis 40 % gefallen oder verwundet worden. Die Russen werden ihre eigene massive Offensive zur Ausschaltung des ukrainischen Militärs erst dann beginnen, wenn sie sicher sind, dass die meisten ukrainischen Reserven in dem laufenden Zermürbungskrieg aufgebraucht sind.

    Dementsprechend handelt es sich in diesen Tagen um örtlich begrenzte Angriffe, die taktische, nicht strategische Bedeutung haben. Ja, die Ukrainer rücken hier und da ein paar Meter vor, aber das kostet viele Soldaten das Leben. Ja, die Russen rücken hier und da drei oder vier Kilometer vor, zu wesentlich geringeren Kosten. Die Russen warten ihre Zeit ab. Es handelt sich nicht um eine Pattsituation, wie die westlichen Medien ihrem Publikum immer wieder weismachen wollen.

    Wenden wir uns nun einem anderen Aspekt des Konflikts zu, der in der vergangenen Woche für Schlagzeilen sorgte, als die Bodenscharmützel zwischen den verfeindeten Kräften auf die hinteren Seiten unserer Zeitungen wanderten. Ich denke dabei an die spektakulären russischen Raketenangriffe auf die ukrainische Hafeninfrastruktur in Odessa, in Nikolajew und gestern in einem Flusshafen an der Donaumündung gleich hinter der rumänischen Grenze. Diese Angriffe werden von offiziellen russischen Militärquellen als "Racheangriffe" für die Schäden beschrieben, die ukrainische Bodendrohnen, die unter Brückenpfeilern explodierten, auf einer der Fahrbahnen der Krimbrücke angerichtet haben.

    Das ist natürlich nur PR-Geschwätz, um die russische Öffentlichkeit zu befriedigen und die lokale Empörung über das Versagen bei der Verteidigung einer letztlich verwundbaren Infrastruktur zu übertönen. Nein, der Grund für die russische Zerstörung der ukrainischen Hafenanlagen Tag für Tag liegt woanders. Die Raketenangriffe dienten nicht so sehr dazu, den Ukrainern Schmerzen zuzufügen, sondern vielmehr dazu, eine mögliche Seeschlacht im Schwarzen Meer und einen Quantensprung im Risiko eines totalen Krieges abzuwenden. Und sie haben en passant gezeigt, dass die neuesten russischen Marschflugkörper mit einer Reichweite von 3.000 km, die mit Mach 3 nur 15 Meter über dem Meer fliegen, von der derzeitigen ukrainischen Luftabwehr nicht abgefangen werden können.

    Wir erinnern uns: Als Wladimir Putin ankündigte, dass das Getreideabkommen mit der Türkei und den Vereinten Nationen am 18. Juli auslaufen würde, verkündete das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation, dass alle Schiffe, die ukrainische Häfen anlaufen, um angeblich Exportgetreide zu empfangen, fortan als Waffentransporter für die Ukraine betrachtet würden und von den russischen Streitkräften vernichtet werden könnten.

    Unmittelbar danach ging der ukrainische Präsident Zelensky mit seinem Vorschlag an die Türkei auf Sendung, die Getreideexporte auf dem Seeweg ohne russische Beteiligung fortzusetzen. Die Sicherheit der Schiffe würde durch türkische und andere NATO-Marinekonvois gewährleistet werden. Vor dem Hintergrund von Erdogans jüngster Hinwendung zu den USA und weg von Russland schien es, als sei Ankara bereit, mit Zelensky eine Vereinbarung zu treffen. In diesem Fall wären die Chancen auf Seeschlachten zwischen russischen und NATO-Schiffen im Schwarzen Meer gestiegen.

    So beschlossen die Russen, die im Getreidehandel tätigen ukrainischen Hafenanlagen zu zerstören und so den drohenden Gefahren vorzubeugen. Erdogan sah sich gezwungen, von einer Vereinbarung mit Zelensky über die Wiederaufnahme der Getreidekorridormission Abstand zu nehmen.

    Sicherlich ist der Getreideexport per Schiff die billigste Lösung, um ukrainisches Getreide auf die Weltmärkte zu bringen. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten, nämlich den Transport per Bahn und Lkw über Bulgarien, Rumänien oder Polen nach Norden und Westen. Auf diese Weise wurde im letzten Herbst viel Getreide transportiert, das jedoch in den nominellen Transitländern verschwand, wo es bei den Landwirten dieser Länder für Empörung sorgte, weil ihre eigene Getreideernte zu niedrig bewertet wurde. In den kommenden Monaten ist mit weiteren politischen Unruhen in Osteuropa und Protesten gegen die Ukraine zu rechnen, was auch dem russischen Ziel dienen wird, Europa für seine Unterstützung Kiews bezahlen zu lassen.

    Die Vertreter des US-Außenministeriums haben sich über die humanitäre Katastrophe aufgeregt, die die Russen erst durch den Rückzug aus dem Getreidehandel und dann durch die Zerstörung der ukrainischen Exportinfrastruktur im Schwarzen Meer verursacht haben. Besonderes Augenmerk wurde auf die afrikanischen Länder gerichtet, die angeblich einen großen Teil der armen Zielländer für ukrainisches Getreide darstellen.

    Es ist interessant festzustellen, dass die afrikanischen Staats- und Regierungschefs trotz der bösartigen amerikanischen Propaganda gegen den russischen Ausstieg aus dem Getreideabkommen nicht auf den Köder hereingefallen sind. Heute versammeln sich alle 47 afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Russland zu strategischen Gesprächen und Verhandlungen auf höchster Ebene mit ihren russischen Amtskollegen. Die Russen bieten den ärmsten Ländern kostenloses Getreide an und den anderen Ländern Verträge über Getreidelieferungen zu normalen Handelsbedingungen. Die Versorgungssicherheit wird dadurch gewährleistet, dass die Russen in dieser Saison die größte Getreideernte aller Zeiten einfahren werden.

    Obwohl ich die Politik des US-Außenministeriums unter Antony Blinken als eine Kraft des Bösen in der gegenwärtigen Weltlage anprangere, will ich nicht sagen, dass jeder einzelne Akteur dort ein Schurke ist. Es amüsiert mich, im russischen Fernsehen Bilder der Reden zu sehen, die Rosemary Di Carlo, eine ehemalige US-Karrierediplomatin, die seit 2018 bei den Vereinten Nationen als Untergeneralsekretärin für politische und friedensfördernde Angelegenheiten tätig ist, vor den Vereinten Nationen zum Getreidekorridor hält.

    Es war vor langer Zeit, 1998, als ich mich mit Rosemary unterhielt, als sie in der US-Botschaft in Moskau für kulturelle Angelegenheiten zuständig war. Wir saßen zusammen am Kopfende eines Treffens amerikanischer Studenten und Professoren im Rahmen des akademischen Austauschs mit Russland, der von einer aus dem Kalten Krieg übrig gebliebenen Nichtregierungsorganisation, IREX, geleitet wurde, für die ich damals kurzzeitig Landesleiter war. Rosemary sprach über die Theatersaison in Moskau, und wir erörterten Möglichkeiten, wie man russische Museen und andere Kultureinrichtungen dabei unterstützen könnte, sich an die postsowjetischen Gegebenheiten anzupassen, die von geringen staatlichen Mitteln und der Suche nach privaten Sponsoren geprägt waren. Sie hat einen Doktortitel in slawischer Literatur. Sie war eine der relativ wenigen Berufsdiplomaten, die tatsächlich Russisch verstanden und sprachen. Sie hatte das Herz am rechten Fleck, und ich bezweifle sehr, dass sie heute daran arbeitet, den Russen einen schlechten Dienst zu erweisen.

    Die Moral von der Geschichte: Sehr oft sind die Dinge nicht so, was sie zu sein scheinen.


    Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
    Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/index.php?option=com_acymailing&ctrl=url&subid=3998&urlid=4299&mailid=1851


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    26.07.2023

    Angriffe auf Donauhäfen lassen die Ukraine ohne Geld und Waffen

    freeassange.rtde.life, vom 25 Juli 2023 21:38 Uhr, Von Darja Wolkowa

    Russlands Streitkräfte greifen ukrainische Häfen erneut an. Hatten sich die Schläge zuvor gegen Odessa und Nikolajew gerichtet, sind inzwischen Häfen an der Donau das Ziel. Welche Strategie verfolgt Russland und wie hängt sie mit Selenskijs Plänen zur Fortsetzung des Getreideexports zusammen?


    Quelle: Gettyimages.ru © Education Images


    Symbolbild: Der Hafen von Odessa.


    In der Nacht auf Montag ist die Infrastruktur eines der ukrainischen Häfen an der Donau beschädigt worden. Dies berichtete die Pressesprecherin des ukrainischen operativen Kommandos Süd, Natalja Gumenjuk, ohne zu präzisieren, um welches Objekt es sich genau handele. Ihr zufolge seien "bestimmte Hafenkapazitäten" unter Beschuss genommen worden.

    Gumenjuk behauptete, dass die Rede von Kränen sei, die die Arbeit des Hafens gewährleisten. Darüber hinaus seien ein Getreidesilo und mehrere Lagergebäude für sonstige Güter beschädigt worden. Medienberichten zufolge waren in der Nacht auf Montag heftige Explosionen im Gebiet Odessa zu hören, unter anderem in der Stadt Ismail.


    Nach Getreide-Deal: Moskau kündigt Angriffe an



    Nach Getreide-Deal: Moskau kündigt Angriffe an







    Der Militäranalytiker Daniil Bessonow berichtete auf seinem Telegram-Kanal, dass im Netz Angaben über Einschläge in der im Gebiet Odessa an der Donau gelegenen Stadt Reni erschienen seien. Der Hafen und Ölspeicher sollen angegriffen worden sein, erklärte er. Die Stadt Reni gehört zum Kreis Ismail.

    Dies ist nicht die erste Attacke der russischen Streitkräfte auf die Hafeninfrastruktur der Ukraine. So hatte Russland in der vergangenen Woche einen massiven Vergeltungsschlag gegen Objekte in Odessa ausgeführt, die Terroranschläge gegen Russland vorbereiteten unter Einsatz von unbemannten Booten. Parallel dazu wurden in den Kreisen Odessa und Nikolajew Getreidesilos mit einem Gesamtvolumen von über 70.000 Tonnen vernichtet.

    Später räumte dies auch das ukrainische Kommando ein und gab an, dass die Terminals mit Raketen der Typen Onyx und X-22 angegriffen worden seien. Nachdem eine Industrieanlage und zwei Lagerhäuser im Kreis Odessa getroffen worden waren, bezeichnete der Bürgermeister Odessas, Gennadi Truchanow, die Vergeltungsschläge als den größten Angriff seit dem Beginn der Militäroperation. Er bezeichnete jene Nacht außerdem als "schrecklich".

    Nach Meinungen von Experten müssen Angriffe gegen die Hafeninfrastruktur der Ukraine täglich erfolgen, um effektiv zu sein. Hierfür gibt es zwei Gründe.

    Erstens versucht Selenskijs Regierung nach der Kündigung des Getreideabkommens beharrlich, andere Länder dazu zu bringen, die Zusammenarbeit mit der Ukraine fortzusetzen und alternative Getreidetransportrouten einzurichten. Dies verwundert nicht, war doch das Abkommen eine Quelle der Bereicherung für hochrangige Beamte und Militärs der Ukraine. Dabei ist die Donau ein wichtiger Flusstransportweg.

    Der zweite Aspekt hängt mit der Militärlogistik zusammen. Wie auch im Fall des Getreideabkommens, war es möglich, auf Schiffe Kriegsgerät, Waffen und Treibstoff für das ukrainische Militär zu verladen und diese Güter als Lebensmittel auszugeben. Die Zerstörung der ukrainischen See- und Flusshäfen werde Russland erlauben, dieses Problem zu lösen, vermuten Experten.

    "Die Donauhäfen sind im Vergleich zu denjenigen in Odessa relativ kompakt gelegen. Daher können systematische Angriffe gegen diese Infrastruktur sie gänzlich außer Betrieb setzen", erklärte der Wirtschaftswissenschaftler und Politologe Iwan Lisan.


    Russische Vergeltungsschläge auf ukrainische Militäranlagen und Hafeninfrastruktur



    Russische Vergeltungsschläge auf ukrainische Militäranlagen und Hafeninfrastruktur








    "Ein Einzelangriff wird allerdings die Schifffahrt kaum ernsthaft beeinträchtigen. Die Donau ist ein großer Fluss, der schnell in die territorialen Gewässer Rumäniens übergeht. Da Russland seine Angriffe präzise und punktuell ausführt, kann sich der Umfang der Schifffahrt nur verringern", erklärte der Experte.

    "Nachdem das Getreideabkommen aufgekündigt worden war, verringerten sich die ukrainischen Agrarexporte um das Doppelte. Selenskij benötigt neue Routen für die Getreideausfuhr. Und hier wurde die Donau zur besten Option. Sollte die Ukraine auch diesen Kanal verlieren, wird der Export noch einmal stärker einbrechen", betonte er. Somit haben Russlands Angriffe nicht nur einen militärischen Zweck, sondern sollen auch die Ukraine daran hindern, ihr Getreide auf Umwegen auszuführen, so Lisan weiter.

    "Die Donau ist eine sehr wichtige Wasserroute, die praktisch durch halb Europa fließt. Jetzt, nach dem Ende des Getreideabkommens, nutzt Selenskijs Regierung die Häfen an diesem Fluss, um Kriegsgerät zu erhalten und Agrarerzeugnisse zu exportieren. Dank dieser Route hält die Ukraine die Kampffähigkeit ihrer Gruppierung an der Schwarzmeerküste aufrecht", erklärte der Militärexperte Wassili Dandykin.

    "Deswegen besteht die militärische Zweckmäßigkeit der Angriffe auf die Hafeninfrastruktur der Ukraine an der Donau darin, dass es notwendig ist, Waffenimporte und Getreideexporte auf diesem Weg zu verhindern. Werden solche Maßnahmen systematisch ergriffen, wird es möglich sein, die Schifffahrt ganz zum Stillstand zu bringen und diese für Selenskij wichtige logistische Route zu kappen", erklärte er.


    Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.


    Mehr zum ThemaRussische Vergeltungsschläge auf ukrainische Militäranlagen und Hafeninfrastruktur


    RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

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    Info: https://freeassange.rtde.life/international/176179-angriffe-auf-donauhaefen-lassen-ukraine

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    26.07.2023

    Warschau schäumt vor Wut: Putin hat Polen an Stalins Geschenk erinnert

    freeassange.rtde.life, 25 Juli 2023 20:34 Uhr,von Wladimir Kornilow, RIA Nowosti

    Das hat was: Die polnischen Geschichtsrevisionisten werfen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Geschichtsrevisionismus vor. Warum? Weil Putin an die belegte historische Tatsache erinnert hat, dass Polen dank Stalin in Besitz der früher deutschen Ostgebiete ist.


    Quelle: Gettyimages.ru © Pictures From History/Universal Images Group


    Auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) setzte der sowjetische Staats- und Parteichef Josef Stalin die Übergabe der deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Grenze an Polen durch. Von links nach rechts: Winston Churchill, Harry S. Truman, Josef Stalin.


    Polen befindet sich wieder einmal im Zustand der Hysterie. Seit einigen Tagen kochen Politiker und Propagandisten verschiedener Couleur vor Wut über die Äußerungen Wladimir Putins beim Treffen mit den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates am Freitag.

    Auf offizieller Ebene hat sich der Zorn bereits in Form einer Vorladung des russischen Botschafters Sergei Andrejew in das polnische Außenministerium entladen. Gleichzeitig kann Warschau nicht in klare Worte fassen, was es an den Worten des russischen Präsidenten konkret auszusetzen hat – deshalb die Hysterie.


    Tausende deutsche und polnische Söldner eliminiert – Moskau warnt: "Sie werden gezielt vernichtet"


    Tausende deutsche und polnische Söldner eliminiert – Moskau warnt: "Sie werden gezielt vernichtet"





    Putin hat einen Teil seiner Rede am Freitag den Plänen Warschaus gewidmet, ukrainisches Land zu besetzen. Dies ist nicht aus der Luft gegriffen – Polen selbst diskutiert seit einigen Tagen über das viel beachtete Interview seines Präsidenten Andrzej Duda mit der deutschen Bild-Zeitung. Darin räumte dieser die Stationierung polnischer Truppen auf ukrainischem Gebiet "im Falle eines Waffenstillstands" ein. Die polnische Presse ist von diesen Aussichten regelrecht begeistert. Die Zeitung Fakt zum Beispiel widmete dem Thema eine ganze Seite unter der Überschrift "Wir müssen unseren Nachbarn helfen". Den Lesern wird eine Umfrage unter normalen Bürgern präsentiert, von denen die meisten die mögliche Einführung polnischer Truppen in der Ukraine enthusiastisch unterstützen.


    Es wäre seltsam, wenn Russland darauf nicht reagieren würde. Zumal Polen seit langem Pläne diskutiert, sich auch einen Teil des weißrussischen Territoriums anzueignen. Deshalb reagierte das russische Staatsoberhaupt darauf mit einer strengen Warnung an die Polen:

    "Eine Aggression gegen Weißrussland ist eine Aggression gegen die Russische Föderation. Darauf werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln antworten."

    Eine nützliche Mahnung – damit man sich in Warschau in dieser Hinsicht keine Illusionen macht.

    Aber der größte Teil der Hysterie polnischer Beamter hat nicht einmal etwas mit diesem Teil der Rede des russischen Präsidenten zu tun. Warschau reibt sich an Putins anlassbezogenem historischen Exkurs. Vor allem an seinen Worten über die Grenzen Polens:

    "Die westlichen Gebiete des heutigen Polens sind ein Geschenk Stalins an die Polen. Haben das unsere Freunde in Warschau vergessen? Wir werden sie daran erinnern."

    Es war diese Passage, die die polnischen Spitzenpolitiker aufschreien ließ. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schrieb:

    "Stalin war ein Kriegsverbrecher, der für den Tod von hunderttausenden Polen verantwortlich war. Die historische Wahrheit steht außer Frage."

    Stanisław Zarin, Sprecher des polnischen Geheimdienstes, schlug ähnliche Töne ein:

    "Wladimir Putin bedient sich wieder einmal des Geschichtsrevisionismus, um falsche Anschuldigungen gegen die Republik Polen zu verbreiten."

    Und der stellvertretende polnische Außenminister Paweł Jabłoński sagte nach einem Krisentreffen mit unserem Botschafter:

    "Diese pseudohistorischen Argumente, Versuche, den Kriegsverbrecher Stalin zu beschönigen, (...) sind ein Akt, den Polen als Versuch interpretiert, eine Eskalation zu provozieren."

    Und dies ist nur eine kleine Liste von Beamten, die ihre Meinung zu Putins historischem Exkurs kundgetan haben. Ganz zu schweigen von einer Flut von Äußerungen verschiedener "Experten", "Analysten" und anderer "Institutionen des nationalen Gedächtnisses" zum selben Thema in polnischen Medien – man kann sie nicht zählen!


    Keine Russophobie? Polnische Grenzbeamte ließen russische Tennisspielerin nicht ins Land





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    Nur eines fehlt bei all dem empörten Aufheulen: die Widerlegung der von Putin angeführten Fakten. Denn es ist unmöglich, sie zu widerlegen, sie sind offensichtlich und wohlbekannt. Es genügt, sich mit den Unterlagen der Potsdamer Konferenz von 1945 vertraut zu machen, wo die Frage der Festlegung der Westgrenze Polens zum Hauptstreitpunkt zwischen Stalin, Truman und Churchill wurde. Bei dem Treffen am 21. Juli (übrigens am selben Tag wie Putins Rede – 78 Jahre später!) verteidigte Stalin entschlossen das Recht Polens auf die deutschen Ostgebiete und ging sogar so weit, auf Reparationen zugunsten der UdSSR aus diesen Gebieten zu verzichten. Und das zu einer Zeit, als unser Land in Trümmern lag und enorme Mittel für den Wiederaufbau benötigte!


    Jetzt behaupten die Polen, die Feststellung dieser unbestreitbaren Tatsache, die durch Dokumente und zahlreiche Memoiren bestätigt wird, sei "pseudohistorischer Revisionismus"! Und wie man Putins Worte über Polen auch dreht und wendet, man wird nirgends einen Versuch finden, Stalin zu "beschönigen". Wenn man will, kann man sie sogar als Verurteilung interpretieren: Warum sollten wir den Polen deutsches Land gegeben haben, wenn Warschau es sowieso nicht danken wird? Aber das ist es ja, was Hysterie ausmacht – Argumente, Fakten, Daten und Zitate spielen bei einem Wutanfall absolut keine Rolle.


    Die zunehmende Nervosität Warschaus lässt sich damit erklären, dass den Behörden der Boden unter den Füßen entgleitet. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden Parlamentswahlen gleichen sich die Werte der Regierung allmählich denen der Opposition an. Der einst solide Abstand zwischen der Regierungskoalition und der Opposition hat sich bereits praktisch auf null reduziert. Daher die abenteuerlichen Pläne der polnischen Regierungschefs, die Ukraine zu besetzen, und die provokativen Äußerungen über Russland. Sie versuchen, ihre Popularität auf einer chauvinistischen Welle zu steigern (wie es das Piłsudski-Regime schon in den 1930er Jahren tat).

    Deshalb flippen sie jetzt in Warschau aus. Nicht, weil Putin sie an die unumstößlichen Fakten der Geschichte erinnert hat. Sondern, weil er die Polen deutlich vor den Folgen von Abenteuern gewarnt hat. Und hier wird eine Kenntnis der Geschichte nicht überflüssig sein – Warschau sollte sich daran erinnern, dass jedes antirussische Abenteuer mit der Teilung Polens endete. Und nur im Bündnis mit Moskau hat es einst Geschenke in Form deutscher Gebiete erhalten.


    Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 24. Juli 2023 auf ria.ru erschienen.


    Mehr zum Thema - Russlands Auslandsgeheimdienst: Polen erwägt Truppenstationierung in der Westukraine


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    Info: ttps://freeassange.rtde.life/europa/176086-warschau-schaeumt-vor-wut-putin-erinnterte


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.07.2023

    Meinungsartikel zu „Rechtsoffen- Die Nebelkerze der Kriegsunterstützer“ von Jürgen Schütte!

    ak-gewerkschafter.com, vom Publiziert am 25. Juli 2023 von Manni


    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    als Gewerkschafter/Innen-Arbeitskreis (AK) veröffentlichen wir den Meinungsartikel mit dem Titel „Rechtsoffen- Die Nebelkerze der Kriegsunterstützer“ des Jürgen Schütte zu Eurer gefälligen Kenntnisnahme.


    Wir sagen dem Jürgen Schütte ein herzliches Dankeschön für seine offenen Worte.

    Für den AK Manni Engelhardt -Koordinator-


    ************************************************


    „Rechtsoffen“ – Die Nebelkerze der Kriegsunterstützer

    von Jürgen Schütte


    Deutschland ist faktisch längst Kriegspartei im Ukrainekrieg. Deshalb tobt auch an der „Heimatfront“ in Deutschland ein gnadenloser Kampf um Meinungsführerschaften und Deutungshoheiten. Vor dem Hintergrund des immer weiter eskalierenden Krieges – gerade wieder milliardenschwere Waffenlieferungen, rund fünf Hundert toten ukrainischen und russischen Soldaten jeden Tag, Einsatz von Uranmunition und Streubomben, Sprengung der Krim-Brücke und der drohenden Gefahr eines baldigen Eintritts in einen 3. Weltkrieg (Jeffrey Sachs https://www.jeffsachs.org/interviewsandmedia/3xelgfrf8b9aewxydgeagm3e5b8dtz) – wird auch an der „Heimatfront“ in Deutschland in und im Umfeld der Friedensbewegung eine erbitterte Auseinandersetzung geführt. Erstaunlicherweise geht es dabei nicht um den besten und schnellsten Weg aus dem Krieg hin zum Frieden, sondern um die Frage, mit wem man demonstrieren und von welchen Friedenskräften man sich fernhalten sollte, um nicht „mit den Falschen“ zu demonstrieren.


    Der Begriff der „Rechtsoffenheit“


    Die „Falschen“, das sind unter dem Gebot des „antifaschistischen Grundkonsenses“ der Friedensbewegung Akteure und Gruppen die als „rechtsoffen“, „rechts“, „extrem rechts“, „AfD-nah“, „Nazis“, oder gar „faschistisch“ identifiziert werden. Insbesondere der inflationär gebrauchte Begriff der „Rechtsoffenheit“ steht dabei im Zentrum der Ab- und Ausgrenzungsdebatte. Jedoch schon seine Unbestimmtheit lässt den Begriff und seine Verwendung fragwürdig erscheinen. „Rechts“ ist nicht gleichbedeutend mit AfD-nah, Nazi oder faschistisch; „Rechts“ ist auch die CDU im Parteienspektrum angesiedelt. Es kommt im Übrigen auch darauf an, wo man sich selbst im politischen Spektrum verortet. Wenn man sich extrem links positioniert, steht praktisch der ganze Rest der Gesellschaft „rechts“davon.


    „Rechts“ wird in dieser Debatte niemals wirklich an den Inhalten von Politik festgemacht. Müssten nicht diejenigen Parteien wie Grüne und SPD, die Waffenlieferungen in Kriegsgebiete fordern und für Wirtschaftssanktionen eintreten, Rußland ruinieren wollen, per se als „rechts“ eingeordnet werden? Und was bedeutet denn „Offenheit“? Erfordert dies ein Tolerieren, ein billigendes Akzeptieren, einen Kontakt oder eine Gesprächsbereitschaft? Der Begriff der „Rechtsoffenheit“ ist für eine seriöse politische Auseinandersetzung offensichtlich unbrauchbar. Seine Verwendung suggeriert jedoch eine Nähe zu außerhalb des demokratischen Spektrums liegenden Positionen und hat deshalb diskriminierenden Charakter. Um die Ausgrenzung noch zu vertiefen werden bei seiner Verwendung häufig auch bewusst weitere Begriffe wie „rechts“, „extrem rechts“,„rechtsesoterisch“ oder „Nazi“ ohne irgendeinen Anhaltspunkt oder Beweis in einem Atemzug genannt.


    Bei den sachlichen Grundlagen für die Einordnung als „rechtsoffen“ werden geltende Beweisregeln stets missachtet. Musterbeispiel dafür ist der Artikel in der Terz Düsseldorf (Nr. 6.23) „Das „Friedensbündnis NRW“ „Querfront“-Bestrebungen in Düsseldorf?“ (https://terz.org/2023/06/friedensbuendnis-nrw.html) . Zentrales Argument für eine Verbindung nach „rechts“ sind stets Kontaktschuldvorwürfe („…er ist dort gesehen worden“…. „hatte dazu Kontakt…“), negativ verstärkt durch Attribute wie „extrem rechts“, „rechtsesoterisch“. Beweise für eine rechte politische Betätigung werden niemals vorgelegt.


    Der Autor des Artikels, ein Tom Burkhardt, agiert als Anonymus. Die Terz Redaktion weigerte sich auf Aufforderung, seine wahre Identität preiszugeben, behauptet gar, diese nicht zu kennen, obwohl dies ein Verstoß gegen geltendes Presserecht wäre. Dem Duktus nach erscheint der Artikel wie eine Aneinanderreihung von Verfassungsschutzdossiers. Dies liegt auch deswegen nahe, weil die unterstellten Kontakte überhaupt erst durch eine professionelle Dauerbeobachtung von Einzelpersonen zustande gekommen sein könnten.


    In der publizistischen Praxis nimmt der evidenzlose Artikel der Terz allerdings eine zentrale Stellung ein. Die meisten Stellungnahmen, die mit der „Rechtsoffenheit“ argumentieren, verwenden immer wieder Teile dieses Artikels, sozusagen als „Fundgrube“. Dies und seine vermeintliche Herkunft aus trüben Quellen sprechen für sich. Bei der Zuschreibung einer „Rechtsoffenheit“ werden neben nebulösen Kontaktschuldvorwürfen auch echte Falschbehauptungen und Lügen verwendet. Dies hat die Initiative „Frieden Links“ in ihrer Stellungnahme zu Verleumdungen durch die Bundesvorsitzenden des antifaschistischen Vereins VVN-BdA (https://frieden-links.de/2023/07/stellungnahme-zu-verleumdungen-der-vvn-bda-vorsitzenden/) vom Juli 2023 belegt.


    Das Fehlen von alternativen Friedensprotesten


    Ginge es im Zusammenhang mit den vorgeblichen „rechtsoffenen Protesten“ allein um die Frage, dass nicht „mit den Falschen“ protestiert werden soll, so müssten die Kräfte, die die Aus- und Abgrenzungsdiskussion befeuern – also die Funktionäre der VVN und der DFG- VK in NRW, die Redakteure der Terz Düsseldorf und des Netzwerks Friedenskooperative (https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/friedensbuendnis-nrw), und andere –  selbst aktiv werden und Friedensproteste ohne diese inkriminierten „rechtsoffenen“ Kräfte durchführen. Insofern ist jedoch nur Fehlanzeige zu melden. Die VVN hat bislang keinerlei Antikriegsprotest gefordert, angeboten oder durchgeführt. Die DFG-VK erledigt, zumindest in NRW, ihr jährliches Pflichtprogramm – Ostermarsch im April, im Sommer Mini-Protest vor Rheinmetall anlässlich der Aktionärsversammlung, im Oktober dann der Anti-NATO-Protest im abgelegenen niederrheinischen Ort Kalkar – ohne die eskalierende Kriegspolitik der Bundesregierung mit hör- und sichtbarem Protest auf zentralen öffentlichen Plätzen zu begleiten.


    Es gibt schlicht keinen nennenswerten Protest etablierter zivilgesellschaftlicher Organisationen gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung. In Düsseldorf tritt gar bei jeder Friedensdemo eine Störtruppe unter der Flagge der „Antifa“ auf, um den Friedensprotest des Friedensbündnisses NRW zu behindern und zu stören. Mit Flaggen der Ukraine und der EU sprechen sich die Störer offiziell für die Waffenlieferungen der Bundesregierung und die Kriegspolitik der EU aus. Die Demonstranten des Friedensbündnis NRW werden von den unter der Flagge der „Antifa“ agierenden Störern als Nazis beschimpft . Eine offenbar der Antifa nahestehende Online-Zeitung (https://www.ddorf-aktuell.de/2023/02/12/duesseldorf-friedensbewegung-und-querdenken-gruppen-demonstrieren-gemeinsam-gegen-waffenlieferungen/) diffamierte sogar namentlich Mitglieder der VVN, die sich in Düsseldorf an Friedensdemos beteiligen.


    Der „Rechtsoffen-Vorwurf“ führt also nicht zu einem alternativen „nichtrechtsoffenen Protest“ gegen die Kriegspolitik der Bundestegierung, sondern zur Warnung vor Friedensprotesten (DFG-VK), zum Nicht Protest, zur friedenspolitischen Passivität, zur Diffamierung und Delegitimierung laufender Proteste und gar zu deren massiver Behinderung und Störung.


    Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Antikriegsproteste


    Die mit dem Vorwurf der „Rechtsoffenheit“ agierenden Kräfte der Friedensbewegung
    geben vor, die „Rechtsoffenheit“ sei die zentrale Hürde für einen gemeinsamen Protest aller Kräfte der Friedensbewegung. Dass es auch, oder insbesondere, zur Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Antikriegsprotesten inhaltliche Differenzen gibt, wird von ihnen nicht offen thematisiert. Doch bei genauem Hinsehen liegt genau hier die entscheidende Trennlinie.


    Antikriegsproteste, die sich gegen die eskalierende Politik der Bundesregierung richten,müssten sich nach den bisherigen Maßstäben der Friedensbewegung gegen die Lieferung von Waffen, insbesondere schweren Waffen, die Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland, den einstweiligen Ausschluss von Verhandlungen mit Russland, die Ablehnung eines Waffenstillstands richten. Die VVN (bzw. deren Bundesvorsitzende Cornelia Kerth und Florian Gutsche) macht jedoch in ihrer Veröffentlichung vom 12.7.2023 „Falsche Frontstellung“ (https://vvn-bda.de/falsche-frontstellung/#more-5232) das Gegenteil deutlich.


    Die VVN-Funktionäre sehen in den Protesten gegen Waffenlieferungen und Sanktionen „das Konzept einer Friedensbewegung, die den russischen Angriffskrieg und die notwendigen Konsequenzen daraus aus der Perspektive und ihren Debatten ausblendet“. Mit den „notwendigen Konsequenzen“ sind selbstredend jene Konsequenzen gemeint, die die deutsche Bundesregierung mit ihrem Kriegskurs seit März 2022 gezogen hat, nämlich die immer weitere Lieferung von schweren Waffen, die Verhängung von Wirtschaftssanktionen (de facto ein Wirtschaftskrieg gegen Russland), der Ausschluss von Verhandlungen, und die Ablehnung eines Waffenstillstands. Damit stellt sich die VVN faktisch an die Seite der Bundesregierung, die mit ihrer weiteren Kriegseskalation alles dafür tut, dass dieser Krieg fortgeführt wird.


    Auch in den bekannten Veröffentlichungen der DFG-VK kommt eine Kritik an der konkreten eskalierenden Kriegsscharfmacherei der Bundesregierung nicht vor. Immer wieder wird der „Gessler-Hut“ in der Kriegsschuldfrage („völkerrechtswidriger Krieg Russlands gegen die Ukraine“) einseitig zulasten Russlands zu gezogen. Auf Drängen der DFG-VK NRW grüßte auch der Ostermarschaufruf Rheinland 2023 den geschichtsvergessenen Gesslerhut der russischen Alleinschuld. Die Entwicklung zum Krieg, insbesondere seit dem Putsch im Jahr 2014 und dem Beschuss des Donbass mit vierzehn Tausend toten Zivilisten, blendet der Aufruf aus, ebenso,dass Deutschland durch die Waffenlieferungen längst Kriegspartei geworden ist. Konsequent wird auch nicht berücksichtigt, dass nicht nur derjenige das Elend eines Krieges zu verantworten hat, der den ersten Schuss abgibt, sondern auch derjenige, der alles dafür tut, dass der Krieg nicht beendet wird. Gerade dies trifft auf die Politik der Bundesregierung zu. Die sog. Antifa steht vollständig hinter der Kriegspolitik der Bundesregierung, indem sie Waffenlieferungen und Wirtschaftssanktionen begrüßt, den Rückzug Russlands aus der Krim und aus dem Donbass fordert, und bis zur Erfüllung dieser einseitigen Forderungen alle Friedensverhandlungen ablehnt. Seine olivgrünen Ansichten ehrlich und direkt zu formulieren traut sich der Geschäftsführer des bundesweiten Netzwerks Friedenskooperative, Kristian Golla in der taz: „Wer als Pazifist gegen Waffenlieferungen ist, macht sich schuldig durch Unterlassen, weil dann auch Menschen ums Leben kommen.“ (taz, 7. April 2023)


    Das Dilemma der „Kriegskuschler“ wie VVN und DFG-VK


    In der Friedensbewegung der Nachkriegszeit in Deutschland gab und gibt es friedenspolitische Positionen, die bislang als unumstößlich galten. Dazu gehörten die Selbstverständlichkeiten, dass man Waffenlieferungen (in Kriegsgebiete) ebenso ablehnte wie Wirtschaftssanktionen bzw. Wirtschaftskriege. Ebenso galt der Primat des Verhandelns gegenüber der kriegerischen Auseinandersetzung, dem Schießen, als gesetzt. Und schließlich wurden Waffenstillstände immer gefordert, um damit in Verhandlungen einzutreten. Diese „Friedenspolitischen Grundsätze“ wurden von niemand infrage gestellt, wollte er oder sie sich nicht selbst aus der Friedensbewegung ausschließen. Erstmals in der Vorbereitung zu einer bundesweiten zentralen Friedenskundgebung zum 1.Oktober 2022 äußerte jedoch ein Vertreter der IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs) im Rahmen einer ZOOM- Konferenz, dass seine Organisation gar nicht eindeutig gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und Wirtschaftssanktionen gegen Russland sei. Der hier eingeleitete „Tabubruch“ setzte sich mit dann in Positionen von VVN und DFG-VK zum Erstaunen und zum Entsetzen großer Teile der Friedensbewegung fort. Die IPPNW verbat dann auch ihrem langjährigen Mitglied Dr. med. Ingrid Pfanzelt, auf der Münchner Demonstration gegen die NATO- Sicherheitskonferenz im Namen der IPPNW zu sprechen. Dr. Pfanzelt sprach als friedensbewegte Privatperson vor über zwanzig Tausend Menschen auf dem Königsplatz über die aktuelle Gefahr eines Atomkriegs auf europäischem Boden. Die IPPNW blieb bei dem Massenprotest gegen die bundesdeutsche Kriegspolitik auf eigenen Wunsch außen vor. 


    Die traditionellen Organisationen der Friedensbewegung wie VVN, DFG-VK, Netzwerk Friedenskooperative oder IPPNW müssten nun eigentlich den staunenden Aktiven dermtraditionellen deutschen Friedensbewegung erklären, warum sie gerade in der schlimmsten den Weltfrieden bedrohenden Situation von den selbstverständlichen Grundforderungen der Friedensbewegung – die nie in Zweifel standen – abrücken und sich hinter dem Kriegseskalationskurs der Bundesregierung versammeln. Dies tun sie jedoch bis heute nicht!


    Die Keule der „Rechtsoffenheit“


    Statt defensiver Erklärungen liefern die Kriegskuschler eine offensive Kampagne unter dem Kampfbegriff der „Rechtsoffenheit“ gegen jene Organisationen, Initiativen und Einzelne, welche die friedenspolitischen Grundforderungen weiter hochhalten. Die aktiven Friedensaktivisten werden von den passiven Kriegskuschlern als nicht kompatibel ausgegrenzt, weil sie eben „rechtsoffen“, „rechts“ oder gar „rechtsesoterisch“ seien. Ob in Berlin, München, Hamburg oder Düsseldorf: überall entstanden Friedensgruppen oder -bündnisse, die sich die einfachen und selbstverständlichen Forderungen der Friedensbewegung auf ihre Fahnen schrieben: Keine Waffenlieferungen, kein Wirtschaftskrieg (gegen Russland), verhandeln statt schießen und Waffenstillstand sofort. Deutlich wird, dass es in dieser Auseinandersetzung in Wirklichkeit nicht um „rechts“ oder “links“ geht, sondern darum, das eigene Aufgeben der friedenspolitischen Grundpositionen der Friedensbewegung zu kaschieren. Mit einer aggressiven Kampagne, die natürlich von der herrschenden Politik und deren Medien (insbesondere der olivgrünen taz) nachdrücklich unterstützt wird, zündet man die Nebelkerze der „Rechtsoffenheit in der Friedensbewegung“, um davon abzulenken, dass man selbst – als vermeintliches Mitglied der Friedensbewegung – vor der herrschenden Kriegspolitik kapituliert, bzw. sich dieser unterworfen hat. Die Funktionäre nutzen eine gängiges Mittel der Propaganda: Um von der eigenen Kriegszustimmung abzulenken, stellt man diejenigen, die sich der Kriegsunterstützung verweigern, weil sie die guten Grundsätze, Prinzipien und Politiken beibehalten, als die „Vaterlandsverräter“, „ferngesteuerte Gesellen“ oder eben „Rechte“ dar. Geschichtliche Parallelen zur Abstimmung über die Kriegskredite 1914 oder zur Wiederbewaffnung 1956 sind insofern nicht fernliegend. Auch damals schuf man sich das entsprechende „absolute Feindbild“. Politisch geht es darum, an der „Heimatfront“ jeden Widerstand gegen den Kriegskurs der Bundesregierung und ihrer Helfer – auch in der Friedensbewegung – zu diskreditieren und unwirksam zu machen. War die Friedensbewegung davon zunächst überrascht wenn nicht gar überrumpelt, in vielen Fällen gar vor Empörung gelähmt angesichts langjähriger eigener Mitgliedschaft in den Organisationen der angreifenden Funktionäre, so gelingt die Diffamierungskampagne zunehmend immer weniger.


    Die wirklichen Kräfte des Friedens – in der Tradition der alten Friedensbewegung – begreifen diese Situation, und lassen sich Sie werden zunehmend aktiv und wehren sich, z.B. „alte Fahrensleute der Friedensbewegung“ in der Initiative Frieden links (https://frieden-links.de/2023/07/stellungnahme-zu-verleumdungen-der-vvn-bda-vorsitzenden/).

    Jürgen Schütte ist Sprecher des Friedensbündnis Mönchengladbach und Mit-Koordinator des Friedensbündnis NRW.


    Ähnliche Beiträge:


    Info: http://ak-gewerkschafter.com/meinungsartikel-zu-rechtsoffen-die-nebelkerze-der-kriegsunterstuetzer-von-juergen-schuette


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    26.07.2023

    Kooperationspartner von Anfang an   Bereits seit den 1950er Jahren arbeiten die Bundesrepublik Deutschland und das südasiatische Pakistan eng miteinander zusammen. Heute sucht Berlin über das Land seine Stellung am Indischen Ozean zu stärken.

    german-foreign-policy.com, 26. Juli 2023

    ISLAMABAD/BERLIN (Eigener Bericht) – Bei ihrem Streben nach stärkerem Einfluss am Indischen Ozean im Machtkampf gegen China kann die Bundesrepublik an lange Jahrzehnte zeitweise intensiver Beziehungen zu Pakistan anknüpfen. Die Beziehungen reichen bis in die frühen 1950er Jahre zurück, als die Bundesrepublik einer von Pakistans bedeutendsten Außenhandelspartnern war. Bonn schloss einen seiner ersten Investitionsschutzverträge mit Islamabad – nicht zuletzt, um die dortige Regierung von der etwaigen Verstaatlichung von Industriebetrieben abzuhalten. Pakistan verdankt die Tatsache, dass es Atomwaffen besitzt, der Bundesrepublik: Der Chef der pakistanischen Atomenergiebehörde, Munir Ahmad Khan, konnte einst unverzichtbares nukleares Know-how aus Westdeutschland herausschmuggeln. Besonders eng kooperierten beide Länder in den 1980er Jahren bei der Unterstützung der Mudschahedin in Afghanistan im Krieg gegen die sowjetische Armee. Noch in den 1990er Jahren war Deutschland Pakistans zweitgrößter Entwicklungshilfegeber. Zuletzt lief im Jahr 2021 die Fregatte Bayern zum Flottenbesuch in der Hafenstadt Karachi ein, um die Militärbeziehungen aufrechtzuerhalten.


    Zitat: Grundlagen

    Als Teil einer „begrenzten Revolution von oben“, die gedacht war, eine „Revolution von unten“ zu verhindern [1], erlangten Pakistan (damals noch inklusive Ostpakistan, dem heutigen Bangladesch) und Indien im Jahr 1947 die Unabhängigkeit von Großbritannien. Während in Indien sich die politische Elite vom Westen abwandte, orientierte sich die pakistanische weiterhin an den Kolonialmächten des Westens und blieb in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis von ihnen.[2] Im Jahr 1951 nahmen das damalige Dominion Pakistan und die kurz zuvor etablierte Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen miteinander auf. Von Beginn an hatte die BRD einen großen Einfluss auf den neuentstandenen Staat: In den ersten Jahren der Unabhängigkeit war Westdeutschland einer seiner größten Außenhandelspartner.[3]


    Doppelt eingebunden

    Im Rahmen der globalen Systemkonfrontation drang die US-Regierung bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf die Gründung verschiedener Militärbündnisse, durch die die US-Hegemonie in einer ganzen Reihe von Ländern etabliert, ausgebaut und abgesichert werden sollte. Neben der NATO in Europa entstanden im Mittleren Osten die CENTO (Central Treaty Organization) und, mit Schwerpunkt in der Asien-Pazifik-Region, die SEATO (Southeast Asia Treaty Organization). Pakistan trat gleich zweien der Vertragssysteme bei – der 1955 etablierten CENTO und der 1954 gegründeten SEATO. 1973 trat es wieder aus der SEATO aus; diese löste sich 1977 auf, die CENTO zwei Jahre später.


    Überzeugungsarbeit

    Im Jahr 1958 putschte sich in Islamabad General Ayub Khan an die Spitze der Regierung und rief ein „Jahrzehnt der Entwicklung“ aus. Plan der Militärregierung war es, das Land per Importsubstitution zu industrialisieren und die Abhängigkeit von der Landwirtschaft zu minimieren.[4] Wenige Monate nach dem Putsch besuchte der bundesdeutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Ludwig Erhard das südasiatische Land und traf sich mit dem Putschgeneral Khan.[5] Erhard versuchte, ihn davon zu überzeugen, die Industrialisierungsziele aufzugeben, und behauptete, es sei von beiderseitigem Nutzen, wenn die globale Arbeitsteilung aufrechterhalten bliebe. Pakistan solle sich also weiter auf die Landwirtschaft konzentrieren.[6] Doch Khan beharrte auf dem Industrialisierungskurs.


    Ratschläge

    Im Jahr darauf, 1959, erschien unter der Schlagzeile „Bonner Wirtschaft gibt Pakistan Auftrieb“ ein Artikel in der New York Times, in dem es hieß, die pakistanische Regierung halte sich nun endlich an wirtschaftspolitische Ratschläge aus der Bundesrepublik. Nach Erhard besuchten Bundesbankpräsident Wilhelm Vocke und Theodor Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, das südasiatische Land. Basierend auf ihren Vorschlägen seien „radikale Änderungen in der Finanz-, Handels- und Industriepolitik“ Pakistans umgesetzt worden, berichtete die New York Times.[7] Noch im selben Jahr lobte der Ökonom Egon Sohmen, wie Erhard Mitglied der wirtschaftsliberalen Mont Pèlerin Society, in einem Artikel für die führende US-Fachzeitschrift für Wirtschaftswissenschaft die „an neoliberalen Grundsätzen ausgerichtete kompromisslose Neuausrichtung“ der „Wirtschaftsplanung“ Pakistans.[8]


    Modell-Schutzvertrag

    Weil die pakistanische Staatsführung aber trotz allem nicht davon abgebracht werden konnte, die Industrialisierung des Landes abzubrechen, forcierte die Bonner Regierung die Ausformulierung des ersten Investitionsschutzvertrages überhaupt. Islamabad wurde damit genötigt, von Verstaatlichungen abzusehen. In dem Vertrag schrieben beide Regierungen fest, dass – sollte es zu Verstaatlichungen kommen – eventuell betroffene deutsche Konzerne in D-Mark entschädigt werden müssten.[9] Der Vertrag hatte Modellcharakter. Bis in die 1990er Jahre stieg die Zahl ähnlicher Abkommen auf fast 2.000.[10]


    Wasser

    1960 einigten sich die Regierungen Indiens und Pakistans im Indus-Wasservertrag auf eine Aufteilung der grenzüberschreitenden Wasserstraßen. Das Abkommen kam unter Vermittlung der Weltbank zustande. Ein Konsortium aus verschiedenen Commonwealth-Staaten, den USA und der Bundesrepublik Deutschland wurde gebildet, um Pakistan beim Bau von Staudämmen zu unterstützen. Die US-Strategie für die Region favorisierte damals Pakistan.[11] Im Windschatten der US-Dominanz baute auch Westdeutschland seinen Einfluss in dem südasiatischen Land aus.


    Atombomben

    Im Jahr 1972 beschloss der damalige pakistanische Präsident Zulfikar Ali Bhutto, sein Land solle den Bau von Atomwaffen in Angriff nehmen. Bhutto delegierte die Aufgabe an den Chef der pakistanischen Atomenergiebehörde Munir Ahmad Khan. Dieser entschied, aus Großbritannien und Westdeutschland die notwendigen Teile herauszuschmuggeln. Von 1977 bis 1980 ließ der „Vater der pakistanischen Atombombe“ eine gesamte Fabrik Stück für Stück illegal aus der Bundesrepublik nach Pakistan transportieren.[12] Auch wenn die Bonner Regierung davon nichts wusste, spielte die BRD damit eine wichtige Rolle bei der Produktion der pakistanischen Atombombe. Dem Atomwaffensperrvertrag trat Pakistan gar nicht erst bei.


    Sowjetischer Afghanistankrieg

    Ende Dezember 1979 marschierten sowjetische Truppen in das an Pakistan grenzende Afghanistan ein. Mit „finanzieller, politischer und logistischer Unterstützung aus dem Budget des Auswärtigen Amtes, die entweder als humanitäre Hilfe getarnt oder durch pakistanische Kanäle geleitet wurde“ [13], half die Bundesregierung den Mudschahedin in Afghanistan. In Pakistan, das die BRD zur Durchleitung ihrer Unterstützung nutzte, regierte seit 1977 Mohammed Zia-ul-Haq, der mit allen Mitteln eine islamistische Prägung des Landes forcierte.[14] Um die eigenständige pakistanische Unterstützung für die afghanischen Mudschahedin zu fördern, sandte der Bundesnachrichtendienst im Jahr 1986 eine Anlage zur signalerfassenden Aufklärung an den pakistanischen Geheimdienst.[15]


    Ende der Systemkonfrontation

    Mit dem Beginn von „Strukturanpassungsmaßnahmen“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Jahr 1988 begann die pakistanische Wirtschaft langsamer zu wachsen; Einkommensungleichheit, Arbeitslosigkeit und Armut stiegen an, eine langsame Deindustrialisierung setzte ein.[16] Seit 1988 haben pakistanische Regierungen mehr als ein Dutzend Kreditabkommen mit dem IWF unterzeichnet.[17] Dadurch wurden immer wieder neoliberale Maßnahmen forciert; der Bedarf an Hilfe von außen nahm in dem südasiatischen Land zu. In den 1990er Jahren war Deutschland Pakistans zweitgrößter Entwicklungshilfegeber – nach Japan.[118] Seit 1961 hat die Bundesrepublik Projekte im Wert von rund 3,8 Milliarden Euro an das südasiatische Land zugesagt.[19] Laut dem Human Development Index des United Nations Development Programme (UNDP) gehört Pakistan zu den 30 Ländern mit dem niedrigsten Lebensstandard überhaupt (Platz 161 von 191).


    Bundeswehr und Rüstungsexporte

    Die Bundeswehr hatte im Jahr 1970 zum ersten Mal humanitäre Hilfe nach Pakistan geflogen.[20] Während des Afghanistan-Einsatzes der NATO-Staaten von 2001 bis 2021 kooperierten die deutschen Streitkräfte auch enger mit dem pakistanischen Militär. Die Bundesrepublik exportiert darüber hinaus seit langer Zeit Rüstungsgüter in das südasiatische Land. So hieß es schon 2006 im Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung, Pakistan erhalte „in erheblichem Umfang konventionelle deutsche Rüstungsgüter“.[21] Auch nach dem desaströsen Abzug der Bundeswehr und der anderen NATO-Staaten aus Afghanistan im Sommer 2021 suchte Berlin die Militärkooperation mit Pakistan fortzuführen. So besuchte eine Delegation der Fregatte Bayern im September 2021 während ihrer Asien-Pazifik-Fahrt das Mausoleum von Muhammad Ali Jinnah, der als Pakistans Staatsgründer gilt.[22]


    Konkurrent China

    Aufgrund seines militärischen Dauerkonflikts mit Indien pflegt Pakistan seit Jahrzehnten enge Beziehungen mit der Volksrepublik China, die im vergangenen Jahrzehnt ökonomisch relevant wurden. Anfang der 2010er Jahre stieg China zum größten Außenhandelspartner Pakistans auf. Deutschland fiel weit gegenüber der Volksrepublik zurück, rangierte allerdings weiterhin auf einer der fünf Spitzenpositionen.[23] Im April 2015 etablierten die Regierungen Chinas und Pakistans den China–Pakistan Economic Corridor (CPEC), der den Indischen Ozean mit dem westchinesischen Xinjiang verbindet. Als Teil des CPEC werden seitdem im ganzen Land Energie-, Transport- und andere Infrastrukturprojekte realisiert. Ziel des CPEC ist es, so formuliert es der pakistanische Planungsminister, das Land „von einer landwirtschaftlichen in eine industrielle Struktur“ zu überführen.[24] Alle vermeintlichen Hilfen aus dem Westen, bei denen die Bundesrepublik seit den späten 1950er Jahren eine wichtige Rolle spielte, hatten es nicht geschafft, das Land nachhaltig zu industrialisieren. Zumindest zeitweise hatten die westlichen Staaten sogar das Gegenteil angestrebt.

     

    [1] Ajit Roy: Contemporary India—A Perspective, Bombay 1986, S. 31.

    [2] Kees van der Pijl: Global Rivalries – From the Cold War to Iraq, London 2006, S. 45.

    [3] S. Akbar Zaidi: Issues in Pakistan’s Economy – A Political Economy Perspective, Oxford/Karachi 2015, S. 199.

    [4] Ingo Venzke/Philipp Günther: International Investment Protection Made in Germany? On the Domestic and Foreign Policy Dynamics behind the First BITs, in: The European Journal of International Law, Jg. 33 (2022), Nr. 4, S. 1183–1207 (hier: S. 1198/1199).

    [5] Quinn Slobodian: Globalisten – Das Ende der Imperien und die Geburt des Neoliberalismus, Berlin 2019, S. 205.

    [6] Venzke/Günther: International Investment Protection Made in Germany, S. 1198.

    [7] Bonn Economics Buoys Pakistan, in: New York Times, 26.02.1959.

    [8] Slobodian: Globalisten, S. 206.

    [9] Venzke/Günther: International Investment Protection Made in Germany, S. 1201.

    [10] Slobodian: Globalisten, S. 208.

    [11] Han Dorussen/Syed Mansoob Murshed/Hugh Ward: Any Ties That Bind? Diplomacy on the South Asian Subcontinent, in: The Hague Journal of Diplomacy, Jg. 6 (2011), S. 149–169 (hier: S. 165).

    [12] Jeffrey Richelson: Spying on the bomb – American nuclear intelligence, from Nazi Germany to Iran and North Korea, New York (NY) 2007, S. 331.

    [13] Matin Baraki: Von Berlin nach Kabul – Kaiser Wilhelm, Kanzler Schröder: Die deutsche Einmischung in Afghanistan hat eine fast hundertjährige Tradition, in: Konkret, Jg. 44 (2001), Nr. 12, S. 20–21.

    [14] Diethelm Weidemann: Die pakistanische Dauerkrise, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 41 (1997), Nr. 3, S. 323–330 (hier: S. 327).

    [15] Erich Schmidt-Eenboom: The Bundesnachrichtendienst, the Bundeswehr and Sigint in the Cold War and After, in: Matthew M. Aid/Cees Wiebes (Hgg.): Secrets of Signals Intelligence During the Cold War – From Cold War to Globalization, London 2001, S. 129–176 (hier: S. 155).

    [16] Zaidi: Issues in Pakistan’s Economy, S. xix.

    [17] Aasim Sajjad Akhtar: The Neoliberal State in Pakistan Is a Machine for Plunder, jacobin.com 09.06.2022.

    [18] Erich Riedler: Relations between Germany and Pakistan, in: Pakistan Horizon, Jg. 48 (1995), Nr. 4, S. 7–14 (hier: S. 9).

    [19] Deutschland und Pakistan: Bilaterale Beziehungen. auswaertiges-amt.de 21.04.2023.

    [20] Henrik Alexander Hartig: Humanitäre Einsätze der Bundeswehr, Staatsexamensarbeit an der Universität Mannheim, 2009, S. 107.

    [21] Rüstungsexportbericht 2006 der GKKE, Bonn/Berlin 2007, S. 9.

    [22] @FregatteBayern. twitter.com 10.09.2021.

    [23] Zaidi: Issues in Pakistan’s Economy, S. 204.

    [24] Pakistan has a lot to learn from China: Iqbal. tribune.com.pk 31.12.2022.



    Info:  https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9308


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Stockende Großoffensive: Die Zeit läuft ab, den USA bleiben noch wenige Monate

    freeassange.rtde.life, 25 Juli 2023 13:29 Uhr,Von Irina Alksnis, RIA Nowosti

    Angesichts der stockenden ukrainischen "Großoffensive" herrschen in den USA und im übrigen Westen Durchhalteparolen vor. Dabei ist immer wieder von "wenigen Monaten" die Rede, in denen die Ukraine Erfolge vorweisen muss. Was hat es damit auf sich?


    Quelle: Gettyimages.ru © Ruma Aktar


    Symbolbild


    Gestern erklärte US-Außenminister Antony Blinken, dass der Fortschritt der Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte, die nach seinen Worten "sehr schwierig" sei, weil "die Russen eine starke Verteidigung aufgebaut haben", für Kiew und den Westen nicht ermutigend sei. Dennoch äußerte er sich optimistisch über die ukrainischen Aussichten an der Front, räumte aber ein, dass "dies nicht in den nächsten ein oder zwei Wochen enden wird." Ihm zufolge rechne Washington mit "einigen Monaten".


    Hier stellt sich natürlich die Frage: Was wird passieren und was ist zu erwarten, wenn (oder besser gesagt, sobald) die amerikanischen Hoffnungen auf Erfolge der ukrainischen Streitkräfte endgültig zusammenbrechen? Die Frage ist umso relevanter, als Blinken bei Weitem nicht der Erste ist, der von "ein paar Monaten" spricht. Auf dem jüngsten NATO-Gipfel in Vilnius wurde von verschiedenen Seiten verdeckt und manchmal auch direkt geäußert, dass Kiew höchstens einen Herbst Zeit habe, um Ergebnisse und eine Rendite für die Investitionen des Westens in das Land vorzuweisen.


    Dreitägige Marineübung: China und Russland trainieren Seekampf im Japanischen Meer



    Dreitägige Marineübung: China und Russland trainieren Seekampf im Japanischen Meer





    Eine weit verbreitete Antwort auf diese Frage lautet, dass die Position des Westens, der die Ukraine zu seinem Hauptanliegen im Krieg gegen Russland gemacht hat, selbst bei einem völligen Scheitern der Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte nicht grundlegend beeinträchtigt wird. Die Verfechter dieses Standpunktes schätzen zwar die wichtigste antirussische Karte der NATO absolut richtig ein, irren sich aber in einem anderen, viel wichtigeren Aspekt.


    Es mag anstößig erscheinen, aber Russland ist keineswegs die Hauptrichtung der geopolitischen Bemühungen der Vereinigten Staaten. Es ist China, das in allen außenpolitischen und militärisch-politischen Strategien Washingtons direkt verankert ist. Und das ist keine List oder ein Vorwand, sondern eine unumstößliche Realität, mit der sich die Amerikaner auseinandersetzen müssen.

    Geopolitik basiert immer auf Wirtschaft, auf dem Kampf um Märkte, Ressourcen, technologische Führerschaft usw. China, das zur ersten (oder zweiten – je nach Berechnungsmethode) Wirtschaftsmacht der Welt aufgestiegen ist, ist zur größten Herausforderung für die Vereinigten Staaten geworden. Und die USA haben zu ihrer eigenen Rettung einfach keine andere Möglichkeit, als einen gefährlichen Konkurrenten zu erwürgen und zu ertränken.


    Außerdem haben die amerikanischen Strategen völlig richtig gedacht: Solange Moskau China den Rücken deckt und es in seiner Konfrontation mit dem Westen aktiv unterstützt, sind die Chancen des Letzteren auf Erfolg in der Auseinandersetzung mit Peking nicht sehr hoch. Deshalb wurde uns der erste Schlag versetzt.


    Russlands Außenhandel endgültig nach Osten und Süden umgestellt




    Analyse

    Russlands Außenhandel endgültig nach Osten und Süden umgestellt






    Die Idee war in ihrer Einfachheit und Schönheit brillant: Praktisch bei jedem Ausgang wäre Russland in der Ukraine auf die eine oder andere Weise festgenagelt worden. Und es gab mindestens ein Dutzend solcher Ergebnisse für unser Land – von katastrophal (mit militärischer Niederlage und Zusammenbruch der Staatlichkeit) bis hin zu scheinbar triumphal (mit der Übernahme der Kontrolle über das gesamte Territorium der Ukraine und der daraus resultierenden Notwendigkeit, es zu ernähren, was sich natürlich als schwerste Belastung für die Wirtschaft herausstellen würde). In jedem Fall wäre Russland gezwungen gewesen, sich auf die Lösung interner Probleme zu konzentrieren, und hätte keine Energie und Ressourcen für eine aktive Außenpolitik übrig gehabt. Mit leeren Händen wäre China in einer direkten Konfrontation mit den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten sehr viel verwundbarer geworden.


    Moskau hat es jedoch geschafft, den Konflikt so zu gestalten, dass es auf den ersten Blick unmöglich ist, zu erkennen, wer in der Ukraine mehr verstrickt ist – Russland oder der Westen. Natürlich kann man darüber diskutieren und streiten, wie die Chancen unseres Landes stehen, in einem langen Zermürbungskrieg gegen die NATO zu bestehen. Aber dem Bündnis, oder besser gesagt: den Vereinigten Staaten, geht die wichtigste "Zutat" für einen solchen Konflikt aus – die Zeit. Ihnen läuft die Zeit davon, und zwar sehr schnell.


    Wir leben nicht mehr in den Neunzigern oder in den Nullerjahren. Die Amerikaner können es sich nicht mehr leisten, im Format von Jahrzehnten oder gar Jahren zu planen. Sie rechnen in Monaten. Die Prozesse des Abbaus ihrer Hegemonie und des Aufbaus alternativer internationaler Strukturen, die nicht von den Staaten kontrolliert werden, haben sich entscheidend beschleunigt. Der Verfall der westlichen Wirtschaft und des politischen Einflusses beschleunigt sich so schnell, dass er mit bloßem Auge sichtbar ist. China bereitet sich auf den unvermeidlichen – weil die Logik des historischen Prozesses selbst dazu führt – Zusammenstoß mit dem Westen vor und nutzt jede Stunde der Verzögerung, um "seine Fähigkeiten zu trainieren" (und seine Investitionen in US-Staatsschulden aktiv zu veräußern).


    Kampf um die Weltordnung: matt in sechs Zügen, aber keine Siegesparade




    Meinung

    Kampf um die Weltordnung: matt in sechs Zügen, aber keine Siegesparade






    So verschlechtert jeder Monat, jede Woche und sogar jeder Tag der militärischen und politischen Konzentration auf die – aus strategischer Sicht – zweitrangige ukrainische Richtung die Aussichten der Vereinigten Staaten an ihrer Hauptfront, der chinesischen. Jetzt versuchen die Amerikaner verzweifelt, um kostbare Zeit zu feilschen. Es ist kein Zufall, dass eine Reihe hochrangiger Besucher nach Peking gereist sind (Henry Kissinger Ende letzter Woche war der "Jüngste", aber kaum der Letzte in dieser Reihe).


    Dies wird jedoch nichts Dramatisches ändern – bald werden die Staaten eine Entscheidung über den Rückzug aus dem ukrainischen Projekt treffen müssen. Sie haben nicht die Ressourcen, um sich an zwei großen Konflikten zu beteiligen, und sie können es sich einfach nicht leisten, China in Ruhe zu lassen, da dies ihren geopolitischen Zusammenbruch garantieren würde.


    Zweifellos werden die Amerikaner versuchen, sich so aus der Ukraine zurückzuziehen, dass sie Russland möglichst viele Probleme bereiten und ihr Gesicht wahren können. Aber sie müssen sich unbedingt auf den asiatischen Operationsraum konzentrieren. Das ist es, wofür sie nur noch wenige Monate Zeit haben.


    Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. Juli 2023 auf ria.ru erschienen.


    Mehr zum Thema - Der Überraschungsbesuch von Kissinger in Peking zeigt den Ernst der Lage zwischen China und den USA


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    Info: https://freeassange.rtde.life/meinung/176091-zeit-laeuft-ab-usa-bleiben-wenige-monate


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    BRICS-Probleme, BRI-Lösungen

    aus e-mail von Doris Pumphrey, 25. Juli 2023, 12:27 Uhr


    https://linkezeitung.de/2023/07/25/brics-probleme-bri-loesungen/

    25.7.2023


    *BRICS-Probleme, BRI-Lösungen


    *von Pepe Escobar

    https://new.thecradle.co/articles/brics-problems-bri-solutions

    Übersetzung LZ


    *Während die fünf ursprünglichen BRICS-Staaten geopolitische Differenzen

    haben, finden sie an der geoökonomischen Front enorme Gemeinsamkeiten,

    da das Handelsvolumen steigt und sich die Handelswege vervielfachen.*


    Im Vorfeld des wichtigsten Gipfeltreffens der BRICS-Staaten in ihrer

    Geschichte, das vom 22. bis 24. August in Johannesburg, Südafrika,

    stattfinden wird, sind einige grundlegende Dinge zu beachten.


    Die drei wichtigsten BRICS-Kooperationsplattformen sind Politik und

    Sicherheit, Finanzen und Wirtschaft sowie Kultur. Die Vorstellung, dass

    auf dem südafrikanischen Gipfel eine neue goldgedeckte

    BRICS-Reservewährung angekündigt wird, ist also falsch.


    Wie von den BRICS-Sherpas bestätigt wird, ist der R5 in Arbeit: ein

    neues gemeinsames Zahlungssystem. Die Sherpas befinden sich erst in der

    Anfangsphase der Diskussion über eine neue Reservewährung, die auf Gold

    oder Rohstoffen basieren könnte. Die Diskussionen innerhalb der

    Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) unter der Leitung von Sergey Glazyev

    sind im Vergleich dazu schon viel weiter fortgeschritten.


    Vorrangig geht es darum, R5 auf den Weg zu bringen. Alle derzeitigen

    BRICS-Währungen beginnen mit einem “R”: Renminbi (Yuan), Rubel, Real,

    Rupie und Rand. R5 wird es den derzeitigen Mitgliedern ermöglichen, den

    gegenseitigen Handel zu steigern, indem sie den US-Dollar umgehen und

    ihre US-Dollar-Reserven reduzieren. Dies ist nur der erste von vielen

    praktischen Schritten auf dem langen und kurvenreichen Weg der

    Entdollarisierung.

    Eine erweiterte Rolle für die Neue Entwicklungsbank (NDB) – die

    BRICS-Bank – wird noch diskutiert. Die NDB könnte zum Beispiel Kredite

    vergeben, die auf BRICS-Gold lauten, wodurch es zu einer globalen

    Rechnungseinheit bei Handels- und Finanztransaktionen würde. Die

    Exporteure der BRICS-Staaten müssten dann ihre Waren gegen BRICS-Gold

    statt gegen US-Dollar verkaufen, so wie die Importeure des kollektiven

    Westens bereit sein müssten, in BRICS-Gold zu zahlen.


    Das ist, gelinde gesagt, ein weiter Weg.


    In häufigen Gesprächen mit Sherpas aus Russland und auch mit

    unabhängigen Finanzakteuren in der EU und am Persischen Golf wird immer

    wieder auf das Hauptproblem hingewiesen: Ungleichgewichte und schwache

    Knotenpunkte innerhalb der BRICS, die sich mit der bevorstehenden

    BRICS+-Erweiterung tendenziell noch verstärken werden.


    Innerhalb der BRICS gibt es eine Fülle schwerwiegender ungelöster

    Probleme zwischen China und Indien, während Brasilien zwischen einer

    Liste imperialer Diktate und dem natürlichen Bestreben von Präsident

    Luiz Inacio Lula da Silva, den globalen Süden zu stärken, eingeklemmt

    ist. Argentinien wurde von den üblichen Verdächtigen geradezu gezwungen,

    seinen Antrag auf Aufnahme in die BRICS+ zu verschieben”.

    Und dann ist da noch das schwache Glied per Definition: Südafrika. In

    der Zwickmühle hat sich der Organisator des wichtigsten Gipfels in der

    Geschichte der BRICS für einen demütigenden Kompromiss entschieden, der

    einer unabhängigen Mittelmacht des Globalen Südens nicht gerade würdig ist.


    Südafrika beschloss, den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zu

    empfangen und entschied sich stattdessen für die Anwesenheit von

    Außenminister Sergej Lawrow – wie es Pretoria Moskau zuerst

    vorgeschlagen hatte. Die anderen BRICS-Mitglieder bestätigten diese

    Entscheidung.

    Der Kompromiss bedeutet, dass Russland physisch durch Lawrow vertreten

    sein wird, während Putin per Videokonferenz an dem gesamten Prozess –

    und den nachfolgenden Entscheidungen – teilnehmen wird.

    Übersetzung: Putin hat Pretoria auf die Probe gestellt und es vor dem

    gesamten globalen Süden als fragilen Knotenpunkt des “Dschungels” – in

    Wirklichkeit die globale Mehrheit – entlarvt, der leicht von der

    westlichen “Garten”-Bande bedroht werden kann und keine wirklich

    unabhängige Außenpolitik betreibt.


    *St. Petersburg-Schanghai über die Arktis*


    Allein diese südafrikanische Entscheidung wirft ernsthafte Fragen

    darüber auf, ob die von den BRICS geführte Geopolitik nur eine Illusion ist.

    In geoökonomischer Hinsicht hat die Gruppe jedoch ein ganz anderes Spiel

    begonnen, wie die vielfältigen Verbindungen zwischen den BRICS und der

    chinesischen Belt and Road Initiative (BRI) zeigen.


    Der chinesische Handel mit den BRI-Ländern ist in der ersten Hälfte des

    Jahres 2023 um 9,8 Prozent gestiegen – im Vergleich zum

    Vorjahreszeitraum. Dies steht in starkem Kontrast zu dem Rückgang des

    Handels zwischen China und dem gesamten Westen um 4,7 Prozent: Der

    Handel mit der EU ging um 4,9 Prozent zurück, der mit den USA um 14,5

    Prozent.


    Der chinesische Handel mit Russland hingegen stieg neben den Exporten

    nach Südafrika und Singapur exponentiell um 78

    Prozent. So ist beispielsweise Ende letzter Woche eine chinesische

    Fracht mit Düngemitteln, Chemikalien und Papierprodukten von St.

    Petersburg aus in See gestochen. Sie wird die Arktis durchqueren und

    Anfang August in Shanghai eintreffen.


    Zhou Liqun, Vorsitzender der Chinesischen Handelskammer in Russland,

    brachte es gleich auf den Punkt: Dies sei erst der Anfang des

    “Routinebetriebs der arktischen Frachtroute zwischen China und

    Russland”. Es geht um die “Sicherheit der logistischen Kanäle”, die in

    der strategischen Partnerschaft zwischen Russland und China verankert sind.


    Die arktische Seidenstraße wird von nun an zunehmend strategische

    Bedeutung haben. Die Chinesen können sie mindestens von Juli bis Oktober

    jeden Jahres offen halten. Und als Bonus ermöglicht eine sich erwärmende

    Arktis einen besseren Zugang zu Öl- und Gasressourcen. Eine echte

    “Win-Win-Situation” – kein Wunder, dass die Entwicklung der arktischen

    Seidenstraße seit 2017 Teil der BRI ist.


    All dies zeigt eine deutliche Verlagerung der chinesischen

    Handelsbestrebungen in Richtung des globalen Südens. Der Handel mit

    Chinas BRI-Partnern macht heute wertmäßig 34,3 Prozent des gesamten

    chinesischen Welthandels aus – und diese Zahl steigt.


    *Von der UAP-Eisenbahn zur Greater Bay Area*


    An der russischen Front richten sich alle Augen auf den 7.200 km langen,

    multimodalen Internationalen Nord-Süd-Verkehrskorridor (INSTC), der den

    kollektiven Westen als De-facto-Ersatz des Suezkanals alarmiert. Der

    INSTC senkt die Transportkosten um etwa 50 Prozent und spart im

    Vergleich zur Suez-Route bis zu 20 Reisetage.


    Der INSTC-Handel – über Schiff, Schiene und Straße zwischen Russland,

    Iran, Aserbaidschan, Indien und Zentralasien – soll sich in den nächsten

    sieben Jahren verdreifachen, wie der russische Verkehrsminister Witali

    Saweljew auf dem jüngsten Forum in St. Petersburg erklärte. Russland

    wird bis zum Jahr 2030 über 3 Milliarden Dollar in das INSTC investieren.


    Der zunehmende Handel zwischen Russland, dem Iran und Indien über die

    INSTC ist mit etwas verbunden, das bis vor kurzem noch als UFO galt: die

    transafghanische Eisenbahn.


    Die Trans-Afghanische Eisenbahn wird eine Folge von etwas sehr Wichtigem

    sein, das letzte Woche geschah, als Pakistan, Usbekistan und Afghanistan

    ein gemeinsames Protokoll zur Verbindung der usbekischen und

    pakistanischen Netze über Mazar-i-Sharif und Logar in Afghanistan

    unterzeichneten.


    Willkommen bei der UAP-Eisenbahn, die nicht nur als BRI-, sondern auch

    als Projekt der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ)

    gepriesen werden könnte, bei der Taschkent und Islamabad Vollmitglieder

    sind und Kabul Beobachterstatus hat. Nennen Sie es einen dringend

    benötigten Handelskorridor, der gleichzeitig eine klassische chinesische

    Plattform für den Austausch zwischen den Menschen darstellt.


    Die Usbeken schätzen, dass die 760 km lange Bahnstrecke die Reisezeit um

    fünf Tage und die Kosten um mindestens 40 Prozent reduzieren wird. Das

    Projekt könnte bis 2027 fertiggestellt werden.


    Die anschließende 573 km lange Trans-Afghanische Eisenbahn hat bereits

    ihren Fahrplan: Sie soll den Schnittpunkt zwischen Zentral- und Südasien

    mit den Häfen am Arabischen Meer verbinden.


    All dies erweitert den chinesischen Handel in mehrere Richtungen. Das

    bringt uns zu einer faszinierenden Symbiose zwischen Südchina und

    Westasien, die durch die Greater Bay Area symbolisiert wird.


    Während der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sein immens

    ehrgeiziges Modernisierungsprojekt Vision 2030 vorantreibt, wird die

    Greater Bay Area von den Saudis als “die Zukunft Asiens” gepriesen.


    Jeder Investor von Jeddah bis Hongkong weiß, dass Peking die Greater Bay

    Area in ein erstklassiges globales Technologiezentrum mit dem Zentrum in

    Shenzhen, Hongkong als bevorzugtes globales Finanzzentrum und Macau als

    kulturelles Zentrum verwandeln will.


    Die Greater Bay Area ist nicht zufällig ein zentrales BRI-Thema.

    Insgesamt werden die neun Städte in Guangdong sowie Hongkong und Macau

    (mehr als 80 Millionen Menschen, 10 Prozent des chinesischen BIP) bis

    2035 ein erstaunliches wirtschaftliches Kraftzentrum erster Klasse

    bilden und die Tokyo Bay, die New Yorker Metro Area und die San

    Francisco Bay Area weitgehend überholen.


    Da Saudi-Arabien eine Vollmitgliedschaft sowohl in der BRI als auch in

    der SOZ anstrebt, werden Peking und Riad ihre technologische

    Zusammenarbeit zusätzlich zu Energie und Infrastruktur weiter ausbauen.


    Im nächsten Monat werden alle Augen auf Südafrika gerichtet sein, um zu

    sehen, wie die BRICS ihre internen Probleme lösen und gleichzeitig die

    Erweiterung zu BRICS+ organisieren werden. Wer wird dem Club beitreten?

    Saudi-Arabien? DIE VAE? Iran? Kasachstan? Algerien? Die beiden führenden

    BRICS-Länder, China und Russland, investieren weiterhin in eine

    geoökonomische Rolle, bei der Dutzende von Ländern Schlange stehen, um

    sich anzuschließen.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Interview

    Bundeswehr-Experte : Wie KI Kriegsverläufe beeinflussen kann


    zdf.de, vom 18.07.2023 22:20 Uhr

    Zur Verteidigung gegen Russland setzt die Ukraine auch Künstliche Intelligenz ein. Wie entscheidend intelligente Systeme im Kriegsverlauf sind, erklärt Militärexperte Gary Schaal.

    Sobald man wisse, wie Entscheidungen und Algorithmen funktionierten, "werde man berechenbar", sagt Gary Schaal von der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS.


    Beitragslänge: 27 min  https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/schaal-bundeswehr-thinktank-gids-ki-militaer-ukraine-krieg-video-100.html  Datum: 18.07.2023

    Ob für die Steuerung von Drohnen oder die Auswertung von Satellitenbildern: Das ukrainische Militär nutzt Künstliche Intelligenz zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg.

    Zugleich ist die Tendenz eindeutig: Erfolgreiche Kriegsführung hängt immer stärker ab vom Grad der Technologisierung. Doch wie kriegsentscheidend sind intelligente Systeme mittlerweile? Einschätzungen von Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik "German Institute for Defense and Strategic Studies" (GIDS), bei ZDFheute live.

    Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Militärexperte Gary Schaal ...

    ... zur Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Ukraine-Krieg

    Künstliche Intelligenz könne auf Basis von Daten "andere Entscheidungen" treffen "als Menschen das tun würden". Vor dem Hintergrund habe die Nutzung von Künstlicher Intelligenz einen Vorteil:

    Sie ist schneller und sie führt zu anderen Entscheidungen. Ob sie dann besser ist, müsste man erstmal in Simulationen überprüfen. Aber sie hat einen Vorteil: Den Überraschungsmoment.
    Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

    Sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer Seite werde Künstliche Intelligenz im Krieg eingesetzt. Damit meine er jede Form der algorithmischen Aufarbeitung von Daten, betont Schaal.

    US-Firma Palantir - Künstliche Intelligenz im Ukraine-Krieg  Der Ukraine-Krieg wird auch mit Künstlicher Intelligenz geführt. Die Firma Palantir des umstrittenen Silicon-Valley-Milliardärs Peter Thiel liefert nun ein wichtiges Werkzeug.


    von Julia Klaus

    Gerade die automatisierte Identifikation von Zielen mit Drohnen, die Künstliche Intelligenz nutzen, sei "sehr relevant für die Ukraine und die Entwicklung des Krieges". Dabei gehe es um die Auswertung von Bildmaterial, aber auch von abgehörten Funksprüchen.

    Wo früher beim Einsatz von Artillerie und Feuerleitsystemen bei menschlicher Bedienung vielleicht 30 Minuten vergingen, dauere es mit Künstlicher Intelligenz zwei bis drei Minuten. Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Kriegseinsatz fasst Schaal so zusammen:

    Sie ist kein Game-Changer, weil sie auf beiden Seiten benutzt wird, aber ein Game-Veränderer, weil tatsächlich die Seite, die es nicht nutzen würde, meines Erachtens relativ schnell verlieren würde. Die Seite, die sie nutzt, aber nicht notwendigerweise gewinnt.
    Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

    Auch der Weltsicherheitsrat hat sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Mehr dazu im Video:

    Einschätzungen von ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.


    Beitragslänge: 9 min  https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/thevessen-weltsicherheitsrat-ki-kriege-ukraine-usa-video-100.html Datum: 18.07.2023

    ... zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Bundeswehr

    Deutschland sei etwa vom Einsatz eines Robotergenerals "weit entfernt". In der Bundeswehr sei es "vollkommen klar", dass die Verantwortung bei einem Menschen liegen müsse, so Schaal. Die Bundeswehr habe KI-Systeme, die Entscheidungen unterstützen, die auch immer wichtiger würden. Damit könnten Daten erheblich schneller aufgearbeitet werden.

    Damit man dann als Mensch mehr Zeit hat, um informierte, ethisch, moralisch informierte Entscheidungen zu treffen.
    Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

    Künstliche Intelligenz könne so ermöglichen, den Mensch wieder stärker in automatisierte Abläufe zu integrieren. Der Einsatz sei daher ein "ambivalenter Prozess".

    Es gebe aber auch intelligente Systeme, bei denen der Mensch keine Zeit mehr habe zu reagieren: sogenannte Hyperschallwaffen. Bei ihrem Einsatz sei die "Wahrscheinlichkeit von Kollateralschäden" aber "ausgesprochen gering".


    Der Drohnenhersteller Quantum Systems und das Rüstungsunternehmen Airbus entwickeln intelligente Drohnenschwärme für die Bundeswehr.


    Beitragslänge: 3 min https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/ki-drohnen-bundeswehr-100.html Datum: 20.07.2023

    ... zu Künstlicher Intelligenz beim Einsatz von Drohnen

    Beim Einsatz von Drohnen in Gebieten mit Zivilisten hingegen seien "potentielle Kollateralschäden so groß", dass man sich sehr gut überlegen müsse, mit welchem Autonomiegrad diese Systeme eingesetzt werden sollten.


    Der UN-Sicherheitsrat hat sich erstmals mit den Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz befasst. UN-Generalsekretär Guterres warnte vor den Gefahren der Technologie.


    Beitragslänge:  1 min https://www.zdf.de/nachrichten/heute-sendungen/un-sicherheitsrat-kuenstliche-intelligenz-video-100.html Datum: 19.07.2023

    Es sei eine Frage der Programmierung, nach welchen ethischen Kriterien eine autonome Drohne Entscheidungen treffe. Organisationen für internationale Standardisierung etwa versuchten, "unsere ethischen Standards" in diese Systeme zu packen.

    Künstliche Intelligenz macht genau eins: Sie zeigt uns auf, wo wir als Gesellschaft stehen und wofür wir stehen.
    Gary Schaal, Leiter der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS

    Dass die Gesellschaft keinen Konsens in vielen dieser Fragen habe, zeige teilweise, dass wir uns vor der ethischen Frage drücken, was uns wie viel Wert sei. Das Minimum der Ethik sei das Recht und die Genfer Konvention, so Schaal.

    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Liveblog

    Russland greift die Ukraine an - Aktuelles zum Krieg in der Ukraine 

    Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Wagner-Gruppe wagte kurzzeitig den Aufstand gegen Moskau. News und Hintergründe im Ticker.


    Info: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/kuenstliche-intelligenz-ukraine-krieg-russland-100.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Ist die westliche Strategie in Bezug auf Russland zielführend?

    nachdenkseiten.de, 25. Juli 2023 um 9:05 Ein Artikel von Jacques Baud

    Für den Krieg in der Ukraine zeichnet sich keine Lösung ab, das Sterben schreitet voran. Obwohl dieser Krieg täglich in den Traditionsmedien präsent ist, bleibt vieles unterbelichtet, denn seine Vorgeschichte wird lediglich unvollständig dargestellt oder sogar ignoriert. Eine zu einfache Schuldzuweisung hat sich etabliert und verringert die Chancen auf eine Verhandlungslösung. Jacques Baud hat für den Schweizer Strategischen Nachrichtendienst, die NATO und die Vereinten Nationen gearbeitet. Mit seinem Buch „Putin – Herr des Geschehens?“ liefert er auf der Grundlage von Dokumenten, die hauptsächlich von den USA, der Ukraine, der russischen Opposition und internationalen Organisationen stammen, einen sachlichen Blick auf die Realität und öffnet die Tür für eine unvoreingenommene Einschätzung des Kriegs in der Ukraine. Für Baud ist es Zeit, zurück zu den Fakten und vor allem zum Dialog zu kommen. Ein Auszug.

    Die Europäer sind recht naiv, was die amerikanische Politik angeht. Am 7.3.1992 veröffentlicht die New York Times einen Entwurf der Defense Planning Guidance 1994–1998 des Pentagon, in dem die Strategie der Vereinigten Staaten nach dem Kalten Krieg skizziert wird:

    Unser oberstes Ziel besteht darin, das Aufkommen eines neuen Konkurrenten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo zu verhindern, der eine ähnliche Bedrohung, wie einstmals die Sowjetunion, darstellt.
    In Bezug auf Europa:
    »Wir müssen danach streben, rein europäische Sicherheitsvereinbarungen zu vermeiden, die die NATO schwächen könnten.«

    Dieses Dokument sorgt für großes Protestgeschrei, und das Verteidigungsministerium wird sich gezwungen sehen, es in seiner endgültigen Form vom 16.4.1992 abzumildern. Nichtsdestotrotz bleibt es unter dem Namen »Wolfowitz-Doktrin« bekannt und prägt weiterhin die heutige amerikanische Strategie.

    Der westliche Diskurs zu Russland ist eindeutig an der amerikanischen Position und Strategie ausgerichtet. Um die amerikanische Strategie verstehen zu können, ist es notwendig, auf die RAND Corporation zu verweisen, eine im Jahr 1948 gegründete amerikanische »Denkwerkstatt« (»Think Tank«), die das Verteidigungsministerium zur atomaren Strategie und zur nationalen Sicherheit beraten soll.

    Im Jahr 2019 veröffentlichte die RAND Corporation ein Dokument über die US-Strategie gegenüber Russland, dessen sechs Unterkapitel des Kapitels 4 aussagekräftige Titel tragen:

    »Maßnahme 1: Versorgung der Ukraine mit tödlichen Waffen
    Maßnahme 2: Verstärkung der Unterstützung für die syrischen Rebellen
    Maßnahme 3: Förderung eines Regimewechsels in Weißrussland
    Maßnahme 4: Ausnutzung der Spannungen im Südkaukasus
    Maßnahme 5: Verringerung des russischen Einflusses in Zentralasien
    Maßnahme 6: Infragestellen der russischen Präsenz in Moldawien«

    Man erkennt hier alle die Themen wieder, welche die Politik der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gegenüber Russland in den Jahren 2020–2022 bestimmt haben.

    Was die Methode betrifft, wie diese Maßnahmen umgesetzt werden können, so ist sie im Jahr 2019 ebenfalls in einem weiteren Dokument der RAND Corporation ausführlich beschrieben worden. Diese Methode wurde »für die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten« entwickelt und hat zum Ziel, »Russlands Möglichkeiten zu überfordern und es aus dem Gleichgewicht zu bringen«. Es geht darum, Situationen zu schaffen, die zu sozialen und wirtschaftlichen Spannungen führen. Sie sollen Russland ständig in die Defensive drängen, und zwar an mehreren Fronten gleichzeitig, um es im Innern und Äußern zu destabilisieren und politisch zu schwächen.

    Das Prinzip dieses Dokuments geht auf die – in Frankreich weit verbreitete – Legende zurück, die UdSSR sei durch ein Überstrapazieren seiner Ressourcen zerfallen. Diese Überstrapazierung sei durch Ronald Reagans Projekt »Krieg der Sterne« hervorgerufen worden.

    Unter den Maßnahmen, die die RAND auf wirtschaftlichem Gebiet vorschlägt, finden sich auch Anstrengungen gegen die deutsch-russische Gasleitung wieder. Donald Trump unternahm diese Anstrengungen bis zum Ende seines Mandats, danach wurden sie von einigen Europaabgeordneten aufgegriffen:


    • Ein Ausbau der Energieerzeugung in den Vereinigten Staaten, um die russische Wirtschaft unter Druck zu setzen, sowohl seine öffentlichen Ausgaben als auch, im weiteren Sinne, seine Verteidigungsausgaben. Als ein Nebeneffekt würde so auch das weltweite Energieangebot steigen und der Weltmarktpreis sinken, somit auch die russischen Staatseinnahmen. Außerdem würde dies der amerikanischen Wirtschaft Vorteile bringen und keine multilaterale Zustimmung erfordern.
    • Das Verhängen von schärferen Handels- und Finanzsanktionen, um der russischen Wirtschaft Schaden zuzufügen.
    • Die Erhöhung der Importfähigkeit Europas für Erdgas, das nicht von Russland geliefert wird, um wirtschaftliche Spannungen in Russland zu erzeugen und Europa unabhängig von Russland zu machen.


    Wir sind also sehr weit von europäischen Traditionen entfernt. Aber das Konzept der RAND geht noch weiter. Man erkennt dort das Untergraben des russischen politischen Systems: Hier finden sich sowohl die Maßnahmen zur Unterstützung Nawalnys als auch die von der NED finanzierten Projekte wieder (Abbildung 24).


    Screenshot_2023_07_25_at_11_50_08_Ist_die_westliche_Strategie_in_Bezug_auf_Russland_zielf_hrend


    Abbildung 24: Amerikanische Strategie zur Destabilisierung Russlands [Quelle: »Overextending and Unbalancing Russia«, RAND Corporation, 2019 (S. 5)]


    Was bei diesem Konzept, das etwa dreißig größere Empfehlungen enthält, ins Auge springt, ist die Tatsache, dass zu keinem Zeitpunkt die Förderung der Menschenrechte oder des Rechtsstaates genannt wird. Dies ist die Bestätigung für eine Beobachtung, die bereits gemacht wurde: Die Affäre Nawalny diente als Instrument zur Unterstützung einer Politik, die nichts mit einer Verbesserung der Lage in Russland zu tun hat, sondern nur den Interessen der Vereinigten Staaten dienen soll.


    Im Juni 2018 wird auf einem vom britischen Außenministerium organisierten Treffen, das Unterstützung für Einflussoperationen einwerben soll, das Ziel dieser Operationen klar formuliert: »Das Programm hat zum Ziel, den Einfluss Russlands auf seine Nachbarn zu schwächen«, ohne dass ein einziges Mal der Rechtsstaat oder die Menschenrechte Erwähnung finden.


    Im Unterschied zur UdSSR, wo nur 5-9 Prozent der Bevölkerung Kommunisten waren, unterstützen heute 60-65 Prozent der Russen das Handeln Wladimir Putins. Somit war im Kalten Krieg, bei einer Bevölkerung, die das Regime erdulden musste, die Propaganda (das heißt das Anpreisen des Westens) ausreichend für eine erhoffte Destabilisierung der UdSSR. Heute ist die Situation eine ganz andere: So unvollkommen sie auch sein mag, die russische Regierung befindet sich nicht im Widerspruch zu ihrer Bevölkerung. Propaganda ist also kein ausreichender Faktor der Destabilisierung mehr: Es muss desinformiert werden. Deshalb musste der Westen zu diesem Zweck geeignete Strukturen schaffen.


    Unilaterale Sanktionen – aber mit einer weltweiten Reichweite, dank der Anwendung des amerikanischen Rechts überall auf der Welt – haben zum Ziel, eine für die örtliche Bevölkerung unerträgliche Lage zu schaffen, um diese zum Aufstand zu treiben. Dieses Prinzip wird von Richard Nephew, dem ehemaligen Sanktionsbeauftragten des Außenministeriums unter Obama und heutigen Iran-Delegierten unter Joe Biden, in einem Buch mit dem Titel »Die Kunst der Sanktionen«, dessen Geist eindeutig als abstoßend bezeichnet werden kann, in aller Deutlichkeit beschrieben.


    In demselben Geist erklärt der Europaabgeordnete der französischen Präsidentenpartei La République en Marche (Die Republik auf dem Weg), Bernard Guetta, im Februar 2021 auf dem Sender France 5:

    »Das Lebensniveau in Russland sinkt ständig, zum Teil, aber nur zum Teil, wegen der Sanktionen, oder dank der westlichen Sanktionen […]«

    Das Lebensniveau in Russland sinkt also »dank« unserer Sanktionen! Auf so etwas kann man stolz sein!


    Übrigens arbeiten die französischen Politiker mit der gleichen kriminellen Software. Nachdem Frankreich von einer Junta aus Mali vertrieben wurde, die in ihrem militärischen Ansatz für den Konflikt keine Perspektive sah, reagierte es, indem es Druck auf seine Nachbarn ausübte, um die malische Wirtschaft »abzuwürgen«.


    Am 1.3.2022, am Tag nach den ersten Wirtschaftssanktionen gegen Russland und dem zweifelhaften Erfolg des Angriffs auf den Rubel, stellt der Westen fest, dass die russische Wirtschaft widerstandsfähiger ist als angenommen. Und zwar so sehr, dass man sich in Deutschland zu fragen beginnt, ob nicht vorschnell gehandelt wurde. In Frankreich erklärt der Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zu Russland:

    »Wir werden einen totalen Wirtschafts- und Finanzkrieg gegen Russland führen. […] Aber das russische Volk wird dafür ebenso die Konsequenzen tragen.«

    Er wird später schüchtern Abstand von einigen seiner Äußerungen nehmen, aber das Wesentliche bleibt bestehen: Das völlige Fehlen von Moral, politischer Ethik und Ehrgefühl bei unseren Politikern, die unfähig waren, die Krise im Vorhinein zu regeln, und nun versuchen, sich an der Zivilbevölkerung zu rächen.


    Das Interessanteste an der von der RAND Corporation entwickelten Strategie war, dass sie die Entscheidungsträger im Weißen Haus im Vorhinein vor den Risiken warnte, die sie für die Ukraine schufen:

    »[Eine solche Strategie] könnte die Ukraine, das Prestige und die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten auch erheblich schädigen. Dies könnte zu unverhältnismäßig hohen ukrainischen Verlusten, Territorialverlusten und Flüchtlingsströmen führen. Es könnte die Ukraine sogar in einen ungünstigen Frieden führen.«

    Das heißt, als Anthony Blinken, Boris Johnson, Ursula von der Leyen, Bruno Le Maire oder Annalena Baerbock sich entschlossen, die Strategie der RAND Corporation gegen Russland umzusetzen, wussten sie genau, wie groß die Risiken für die Ukraine waren. Für sie ging es nicht darum, der Ukraine zu helfen, sondern Russland niederzuschlagen. Dies zeigt ihren Grad an Perversität und ihre Verachtung sowohl für Russland als auch für die Ukraine.


    Inwieweit eine Offensive gegen die Ukraine die bestmögliche Lösung war, ist ein Thema für zukünftige Historiker. Das rechtfertigt aber nicht die Aufgabe unserer Werte und unserer Ehre: Überlassen wir das den anderen!


    Jacques Baud: „Putin – Herr des Geschehens?“, aus dem Französischen von Philipp Otte, 320 Seiten, Westend Verlag, 10.7.2023


    Rubriken: Außen- und Sicherheitspolitik Erosion der Demokratie Strategien der Meinungsmache


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    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=101608


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Geopolitik Die Versuche der USA, die NATO auf den Pazifik auszudehnen

    anti-spiegel.ru, 25. Juli 2023 06:00 Uhr, von Anti-Spiegel

    Die USA versuchen seit Jahrzehnten, ein Militärbündnis gegen China zu schmieden. Bisher waren die Bemühungen der USA erfolglos, aber wird es den USA nun gelingen, die NATO auf den Pazifik auszudehnen und Europa in den Konflikt mit China hineinzuziehen?


    Die russische Nachrichtenagentur TASS hat einen sehr interessanten Artikel veröffentlicht, in dem es um die Geschichte der Versuche der USA geht, im Pazifik ein Militärbündnis gegen China aufzubauen. Da das Thema in Europa nie eine Rolle gespielt hat, war auch mir fast alles, was ich in dem Artikel erfahren habe, neu. Daher habe ich ihn übersetzt.


    Beginn der Übersetzung:

    Die NATO im Fernen Osten: Können die USA ein Militärbündnis gegen China aufbauen?

    Seit den 1950er Jahren arbeitet Washington daran, doch die bisherigen Versuche sind gescheitert

    Der NATO-Gipfel in Vilnius (11.-12. Juli) ging zwar nicht mit bahnbrechenden Entscheidungen in die Geschichte ein, könnte aber als Meilenstein im China-West-Konflikt in Erinnerung bleiben, insbesondere was die Rhetorik betrifft. In ihrem Abschlusskommuniqué warf die Allianz China „böswillige hybride Angriffe, Cyberoperationen und die Verbreitung von Desinformationen“ vor, die sich gegen sie richteten. Im Gegenzug wurde die NATO davor gewarnt, „Chinas legitime Interessen“ zu verletzen und insbesondere davor, sich „nach Osten in Richtung Pazifik“ zu bewegen.

    Die Besorgnis Chinas ist verständlich. An dem Treffen in Vilnius nahmen die Staats- und Regierungschefs Japans, Südkoreas, Australiens und Neuseelands – also der Pazifikstaaten – teil, was den Verdacht erhärtete, dass Washington die Ausweitung der NATO auf das größte Wassergebiet oder die Schaffung eines separaten Anti-China-Bündnisses innerhalb der NATO vorbereitet. Derartige Versuche haben die Amerikaner seit Beginn des Kalten Krieges tatsächlich unternommen, sie haben aber noch keine greifbaren Ergebnisse gebracht.


    Sorgen auf dem Ozean

    Es gibt ein halbes Dutzend davon: SEATO, ANZUS, ANZUK, ASPAC, AUKUS, QUAD. Das alles sind internationale Organisationen im Pazifischen Ozean, die irgendwann mal unter Beteiligung Großbritanniens oder der USA gegründet wurden. Ihre Namen sind der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Der Grund dafür ist einfach: Sie wurden geschaffen, um China einzudämmen, und haben keinen nennenswerten Erfolg erzielt.

    Die Idee, dass die Volksrepublik China eingedämmt werden muss, geht auf die 1950er Jahre zurück, als das Weiße Haus sie nach dem Sieg der Kommunisten im Bürgerkrieg als ständigen Verbündeten der UdSSR und als Gegner für sich selbst betrachtete. Zeitgleich mit der NATO (1949) schufen die Amerikaner zwei weitere Blöcke mit ähnlichen Namen – CENTO (1955) und SEATO (1954). Letztere sollte die kommunistische Bedrohung an den ostasiatischen Küsten unter Kontrolle halten, also China ins Visier nehmen.

    Die Organisationsstruktur der SEATO, die nach dem Vorbild der NATO aufgebaut war, ähnelte dem Prototyp recht stark: Sie umfasste ein Büro des Generalsekretärs, einen Ministerrat und einen Ausschuss von Militärberatern. Es gab einem Unterschied: Im Gegensatz zum Nordatlantischen Bündnis erklärte das Ostasiatische Bündnis die neutralen Länder Indochinas, von denen nicht alle um Schutz gebeten hatten, zu seinem Zuständigkeitsbereich. Auch Vietnam, das in einen kommunistischen Norden und einen kapitalistischen Süden geteilt war, fiel unter den „Schirm“.

    Es wurde bald klar, dass die Koordinierung innerhalb des Blocks nicht funktionierte. Anders als in Europa, wo es in der NATO fast nie zu Meinungsverschiedenheiten kam, stritten sich die Länder des pazifischen Raums. Selbst mit den asiatischen Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien, die ebenfalls der SEATO beigetreten waren, aber andere Interessen im Osten hatten, konnten die USA keine gemeinsame Basis finden. Mitte der 1960er Jahre beschlossen die USA, in den Bürgerkrieg in Laos einzugreifen, konnten aber die Briten und Franzosen nicht dazu überreden, sich anzuschließen. Der SEATO-Block trat auf der Stelle.

    Der Donnerschlag kam für ihn im Jahr 1964. Die USA entsandten Truppen nach Vietnam, aber sie taten das praktisch allein. Die SEATO leistete nur externe Unterstützung und überließ es den Amerikanern, im eigenen Namen zu handeln. Hätte der Krieg zu Gunsten der USA geendet, wäre das ausreichend gewesen. Aber die USA verloren, was das Ansehen der SEATO untergrub, und 1975 hörte das erste östliche Bündnis, das unter westlicher Schirmherrschaft gegründet worden war, auf Wunsch seiner Mitglieder auf zu existieren.


    Die Angelsachsen streiten sich

    In den Jahren des Vietnamkriegs wurde deutlich, dass die USA von der viel kleineren Pazifik-Allianz, ANZUS genannt, mehr Hilfe erhalten hatten als von der SEATO. Das 1951 gegründete Bündnis umfasste neben den Amerikanern auch die Australier und Neuseeländer. Es handelte sich um ein kollektives Verteidigungsabkommen: Ein Angriff auf eines der drei Länder wurde als Gefahr für alle anderen angesehen.

    Die angelsächsischen Länder hielten im Dschungel von Indochina zusammen und zogen von 1972 bis 1973 praktisch gleichzeitig ihre Truppen und 1975 auch ihr humanitäres Personal ab. Aber in den 1980er Jahren stritten sie sich über die Frage der Atomtechnologie. 1986 erklärte Neuseeland seine Gewässer für atomwaffenfrei, ohne eine Ausnahme für US-Atom-U-Boote zu machen. Die USA sahen darin einen Verstoß gegen die Vereinbarungen und drohten den Streithähnen mit dem Entzug ihrer Verteidigung, doch Neuseeland fühlte sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht bedroht. Das Land setzte seine Mitgliedschaft in ANZUS aus und reduzierte es auf ein bilaterales Abkommen zwischen Australien und den USA, was dazu führte, dass der Name des Blocks allmählich aus den internationalen Nachrichten verschwand.

    Das 21. Jahrhundert begrüßte der Pazifische Ozean ohne Militärblöcke. Die Situation begann sich jedoch schnell zu ändern, als Chinas Wirtschaftswachstum (von Platz sechs im Jahr 2000 auf Platz zwei im Jahr 2010) die Eifersucht und das Misstrauen der USA zu wecken begann. Im Jahr 2007 wandten sich die Amerikaner um Unterstützung an Chinas historische Gegner Japan und Indien. Unter deren Beteiligung und der Australiens wurde der Quadrilateral Security Dialogue (QUAD) gegründet. Der Status dieser Organisation ist weit von einem militärischen Bündnis entfernt. Dennoch hat sie unter ihrer Schirmherrschaft begonnen, Manöver durchzuführen, deren Größe nur gegen einen Gegner wie China gerichtet sein kann.

    In den 2010er Jahren setzte sich die Konzentration von Streitkräften im Pazifik fort. Australien errichtete zum ersten Mal in der Geschichte amerikanische Stützpunkte auf seinem Territorium, und Neuseeland kehrte nach 25 Jahren zu ANZUS zurück. Zwischen den Japanern und den Australiern wurde ein Militärabkommen geschlossen. Und 2016, nach seinem Sieg bei den US-Wahlen, machte Donald Trump den Druck auf China zu seiner politischen Priorität. Seitdem nimmt die Gefahr einer militärischen Konfrontation im Pazifikraum konkrete Formen an.


    Die Abenteuer der asiatischen NATO

    Auf der Suche nach Möglichkeiten, Druck auf China auszuüben, versuchen die USA, die wichtigsten Länder des Fernen Ostens zusammenzubringen, stoßen dabei aber auf die Probleme, die seit der SEATO-Ära bekannt sind. Die Staaten der Region haben das Potenzial für lokalen Nationalismus noch nicht ausgeschöpft. Das bedeutet, dass die Feindseligkeit, die sie gegeneinander empfinden können, regelmäßig die Angst vor China und den Druck des Weißen Hauses überwiegt.

    Besondere Schwierigkeiten haben die Amerikaner mit Japan und Südkorea, die beide jeweils enge Verbündete der USA sind. Doch diese Freundschaft tritt vor den dunklen Erinnerungen an die japanische Kolonialbesetzung der koreanischen Halbinsel von 1910 bis 1945 und die gegenseitigen Gebietsansprüche zurück. Es ist schwierig, eine Allianz zu bilden, die beide Staaten einbezieht, obwohl Washington ernsthafte Bemühungen unternimmt, sie einander näher zu bringen.

    Das Jahr 2023 hat sich in dieser Hinsicht als produktiv erwiesen. Der südkoreanische Präsident Yoon Seok-youl, der mit den Stimmen der extremen Rechten gewählt wurde, verstieß gegen die Interessen der Nationalisten, indem er Japan die Schulden erließ: Japans Unternehmen müssen keine Entschädigungen mehr für die Mobilisierung koreanischer Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs leisten. Im Gegenzug hob Tokio die 2019 verhängten anti-koreanischen Wirtschaftssanktionen auf. Die gemeinsame Anwesenheit von Yoon Seok-yeol und seinem japanischen Amtskollegen Fumio Kishida in Vilnius ist also kein Zufall.

    Aber können sie eine einheitliche Anti-China-Haltung erklären? Daran kann man zweifeln. Die öffentliche Meinung in beiden Ländern, die seit Jahrzehnten auf gegenseitige Forderungen eingestellt ist, braucht einen Generationswechsel, bevor eine gemeinsame Mitgliedschaft in einer möglichen asiatischen NATO wirklich Realität werden kann.


    Das Unvereinbare vereinbaren

    Die Situation mit den anderen möglichen Mitgliedern des Blocks ist nicht weniger kompliziert. Im Gegensatz zur Position des US-Außenministeriums, das China als regionalen Aggressor darstellt, sind Gebietsstreitigkeiten in Ostasien eine alltägliche Praxis der internationalen Beziehungen. Allein im Südchinesischen Meer beanspruchen Brunei, China, Malaysia und die Philippinen die Gewässer nördlich von Kalimantan, China, Malaysia, die Philippinen und Vietnam beanspruchen die Inseln im Meer, und die zu Malaysia gehörende Küstenregion von Sabah wird von den Philippinen und Indonesien beansprucht, allerdings nicht von China. Ohne die Fähigkeit, solche Streitigkeiten beizulegen, ist es unmöglich, schnell ein regionales Bündnis nach dem Vorbild der NATO zu bilden, und zu lange zu warten, liegt nicht im Interesse der USA, denn Chinas Wirtschaftswachstum übertrifft weiterhin das der USA, was bedeutet, dass China die Hoffnung behält, in Zukunft die erste Wirtschaftsmacht der Welt zu werden.

    Auch in anderer Hinsicht arbeitet die Zeit nicht unbedingt für die USA, was man am Beispiel Südkoreas sieht. Die Wahl des rechtsextremen Yoon Seok-youl im Jahr 2022 hat den Weg zur Entspannung mit Japan geebnet, aber sein Vorgänger, der linksliberale Moon Jae-in, unter dem von Tokio im Gegenteil Entschädigung gefordert wurde, ist noch nicht vergessen. Bei den Neuwahlen könnte sich die Linke rächen – zumal Yoons Entscheidung, den Japanern entgegenzukommen, laut Umfragen von 60 Prozent seiner Landsleute verurteilt wurde und der Wechsel zwischen Rechten und Linken an der Macht ein übliches Phänomen in Seoul ist.

    In Anbetracht des Mosaiks von Widersprüchen in Asien haben die USA jahrzehntelang bilaterale Abkommen mit Ländern in der Region bevorzugt, aber solche Maßnahmen würden eindeutig nicht ausreichen, um China einzudämmen. Im Jahr 2022 sagte der Senator von Nebraska, Ben Sasse: „Lasst uns eine NATO im Pazifik schaffen. Wir brauchen Verbündete, um die Offensive gegen die Kommunistische Partei Chinas anzuführen, und die Verbündeten brauchen uns, die amerikanische Führung“. Die Biden-Administration treibt die internationalen Beziehungen in diese Richtung, aber sie ist wohl noch weit von einem ernsthaften Erfolg entfernt.

    Ende der Übersetzung


    Info: https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-versuche-der-usa-die-nato-auf-den-pazifik-auszudehnen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Spanien: Rechte gestoppt, EU besorgt

    lostineu.eu, 25. Juli 2023

    Nach der Wahl in Spanien droht eine Hängepartie. Weder die regierenden Sozialisten noch die Rechten verfügen im neuen Parlament über eine Mehrheit. Für Europa ist das gut, für die EU schlecht.

    Entgegen den Prognosen hat die rechtspopulistische Partei Vox bei der Spanien-Wahl nicht zugelegt, sondern 19 Sitze verloren – also fast die Hälfte ihrer Sitze. Damit scheint der Rechtsdrall bei den Wahlen in Europa gebrochen.

    In Italien, Schweden und Finnland hatten rechte Parteien in den letzten Monaten zugelegt. Die Wahl in Spanien könnte nun eine Trendwende einleiten, denn die regierenden Sozialisten haben ihre Verluste begrenzt.

    Allerdings gibt es in Madrid nun keine regierungsfähige Mehrheit – weder für Noch-Regierungschef Sanchez, noch für seinen konservativen Herausforderer Feijóo. Deshalb droht eine monatelange Hängepartie.

    Für die EU wäre dies eine schlechte Nachricht – denn Spanien hat noch bis Dezember den sechsmonatigen EU-Ratsvorsitz inne. Ohne eine handlungsfähige Regierung droht eine Blockade.

    In Brüssel sieht man die Wahl daher mit Sorge. Mit den Rechten hat sich die EU längst arrangiert – EU-Chefin von der Leyen folgte noch am Sonntag einer Einladung der Postfaschisin Meloni nach Rom.

    Mit einem Patt hingegen kann die EU-Exekutive schlecht leben. Schließlich will sie ihre „grüne“, pro-ukrainische Agenda vorantreiben. Doch schon jetzt bröckelt der Konsens unter den 27 U-Staaten.

    Wie soll das erst werden, wenn der spanische EU-Ratsvorsitz handlungsunfähig ist?

    Siehe auch „Klima, Krise, Krieg: Der Konsens bröckelt“

    3 Comments

    1. Arthur Dent
      25. Juli 2023 @ 10:06

      „Damit scheint der Rechtsdrall bei den Wahlen in Europa gebrochen“ – dem Sozialisten Sanchez ist es gelungen, die Inflation in Spanien in den Griff zu kriegen und die Wirtschaft auf einen Wachstumspfad zu bringen. Ganz anders sieht die Situation aufgrund der kläglichen Regierungsarbeit der „Ampel“ in Deutschland aus. Im trotzigen Aufzwingen einer Heizungstechnologie, die für jeden erkennbar das Weltklima nicht retten, aber zu massiven Wohlstandsverlusten führen wird, verlieren sie jegliche Bindung an die Bürger des Landes. Vor allem die Grünen legen dabei eine Ideologiegetriebenheit an den Tag, als wollten sie Deutschland im Eiltempo zerstören.
      (kleiner Exkurs: Kennzeichen der faschistischen Herrschaft während des Nationalsozialismus waren ihr Hang zur Aufrüstung des Militärs und die Militarisierung der Gesellschaft. Die Kosten dafür wurden auf die breiten Massen durch höhere Preise und Reallohnverluste abgewälzt, während die Finanzelite exorbitante Profite einfuhr). Da frag ich mich: Wo steht eigentlich die Ampel politisch, wo die EU-Kommission?

    Reply

  • Thomas Damrau
    25. Juli 2023 @ 06:26

    Ob mit der Wahl in Spanien der Rechtstrend in der EU gestoppt ist, muss sich noch erweisen. Wir sollten nicht aus jedem Einzelereignis einen Trend machen. (Es gilt immer noch die statistische Daumenregel: einmal ist Zufall, zweimal ist verdächtig, dreimal könnte eine Gesetzmäßigkeit anzeigen, …)
    In Deutschland ist die AfD nicht nur im Osten auf dem Vormarsch, sondern auch in Hessen (https://dawum.de/Hessen/Wahlkreisprognose_de/2023-07-23/) oder Baden-Württemberg ( https://dawum.de/Baden-Wuerttemberg/Wahlkreisprognose_de/2023-07-24/ ), und es besteht die Gefahr, dass CDU und FDP irgendwann genug davon haben, im 35%-Ghetto (aktuell 28% CDU + 7% FDP) eingesperrt zu sein. Vor allem die FDP argumentiert auf vielen Politikfeldern wie eine AfD-Light.
    Deshalb würde ich eher die Frage stellen: Welche EU-Länder sind nicht von einem Rechtsrutsch bedroht? Da sehe ich keine lange Liste.
    Zurück zu Spanien: Wenn ich die Berichterstattung aus Spanien richtig verstanden habe, war es vor allem die geschickte Taktik von Sanchez, die den rechten Durchmarsch abgebremst hat. Damit ist er allerdings eine Ausnahme in der EU. In den meisten anderen EU-Ländern haben Sozialdemokraten und Linke alles getan, um sich von ihren potentiellen Wählern entfremden – auch in Deutschland.
    Ob ein Patt in Spanien wirklich die EU handlungsunfähig macht, möchte ich bezweifeln. Dazu hättet die EU vor der Wahl handlungsfähig sein müssen. Um’s mal polemisch auszudrücken: Eine Leiche kann man nicht mehr umbringen.

    Reply

    • ebo
      25. Juli 2023 @ 10:17

      Schon klar, ob der Rechtstrend gestoppt ist, muß sich erst noch erweisen. Aber ein Selbstläufer ist er nicht mehr.
      Wenn es gelänge, die PiS in Polen zu stürzen, hätten wir eine völlig neue Lage in Europa.
      Was die AfD betrifft: Sie profitiert m.E. von der Schwäche der „Ampel“ und vom fehlenden Pluralismus in den Medien. Ich würde mich jedoch hüten, alle Wähler der AfD als Rechte zu bezeichnen. Der größte Teil dürften frustrierte Protestwähler sein…


  • Info: https://lostineu.eu/spanien-rechte-gestoppt-eu-blockiert


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Flop beim Aufbaufonds: Nicht einmal Deutschland schafft es, EU-Geld abzurufen


    lostineu.eu, vom 24. Juli 2023

    Für den milliardenschweren Corona-Aufbaufonds hat die EU ein Tabu gebrochen und erstmals Schulden aufgenommen. Doch die Auszahlung stockt – nicht einmal Deutschland kommt an die EU-Hilfen.

    Das berichtet der Newsletter „Enthüllt“, der sich auf investigative Recherchen spezialisiert hat.

    „Die Bundesregierung hat es auch mit einem Jahr Verzögerung nicht geschafft, eine erste Milliardentranche aus dem EU-Aufbaufonds zur Konjunkturförderung nach Corona abzurufen“, heißt es unter Verweis auf einen Artikel der „Welt“.

    Vor dem Hintergrund der Rezession und knapper Kassen ist das ein Skandal. Schließlich war der Aufbaufonds dazu gedacht, die Konjunktur nach der Coronakrise zu stützen.

    Doch nicht nur Deutschland hat Probleme, wie das Portal „Follow the Money“ enthüllt. Auch Belgien und die Niederlande haben noch keinen Cent aus dem Fonds angefordert.

    EU-Chefin von der Leyen hat zwar an die Mitgliedstaaten appelliert, schneller zu reagieren. Doch seitdem hat sich der Geldfluß aus dem fast eine Billion Euro schweren Fonds sogar noch verlangsamt.

    Nun schieben sich Brüssel und die EU-Staaten gegenseitig die Schuld zu. Was mal als Modell für innovative EU-Finanzierung gedacht war, hat sich als Flop erwiesen…

    P. S. Die schleppende Auszahlung ist auch der Grund dafür, dass Deutschland und viele andere EU Staaten zögern, das Gemeinschaftsbudget aufzustocken!

    2 Comments

    1. Helmut Höft
      25. Juli 2023 @ 07:52

      Die schleppende Auszahlung ist auch der Grund dafür, dass Deutschland und viele andere EU Staaten zögern, das Gemeinschaftsbudget aufzustocken! Das ist zu unscharf. Stockt das Geld in der Brüsseler Bürokratie, oder kann es nicht abgerufen(!) werden weil die „Verwendungskapazitäten“ in den Mitgliedsländern verstopft sind – „erfolgreich“ verschlankte Verwaltungen, keine Planungskapazitäten usw.

      Mir scheint, dass Letzters auch eine große Rolle spielt.

    Reply

  • KK
    24. Juli 2023 @ 13:20

    „Doch seitdem hat sich der Geldfluß aus dem fast eine Billion Euro schweren Fonds sogar noch verlangsamt.“

    Wieso, der faktisch umgewidmete Teil des Geldes fliesst doch… in die Ukraine. Andere Haushaltsmittel sind ja für diesen Zweck gar nicht vorhanden, schon gar nicht in der zugesagten Höhe.


  • Info:https://lostineu.eu/flop-beim-aufbaufonds-nicht-einmal-deutschland-schafft-es-eu-geld-abzurufen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Nachrichten von Pressenza: Die USA sind keine Freunde, nicht einmal ihre eigenen

    aus e-mail von <newsletter@pressenza.com>, 25. Juli 2023, 7:15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 25.07.2023


    Die USA sind keine Freunde, nicht einmal ihre eigenen


    Mir ist bewusst, dass einige Artikel, die ich im Laufe letzten anderthalb Jahre geschrieben habe, für einige Leser schwer zu verdauen waren. Ich verstehe das. Das Schreiben dieser Artikel war auch für mich selbst eine große Herausforderung und ich möchte&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/die-usa-sind-keine-freunde-nicht-einmal-ihre-eigenen/


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    Emotionales Klima, dieses schwer fassbare Phänomen


    Das humanistische Gesundheitsnetzwerk REHUNO Salud bietet einen Ort des Austauschs, an dem wir einen neuen Blick auf den Alltag finden, der auf der Erfahrungs- und Existenzpsychologie (der Psychologie des Neuen Humanismus) basiert und einige konkrete Vorschläge für die persönliche Arbeit&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/07/emotionales-klima-dieses-schwer-fassbare-phaenomen/


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    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    Wer sind die Guten? Merz, die AfD und das Schaulaufen im Sommerloch

    freeassange.rtde.life, vom 24 Juli 2023 21:26 Uhr, Von Dagmar Henn

    Es ist Juli, der Monat, in dem Redaktionen für jedes Thema dankbar sind, und Friedrich Merz legt einen Streit um kommunalpolitische Zusammenarbeit mit der AfD auf den Tisch. Tut er das wirklich? Oder hat er nur die Gelegenheit genutzt, eine weitere Runde "Wir sind die Guten" zu spielen?


    Quelle: www.globallookpress.com © http://globallookpress.com





    /zpdtl.html?IMG=20230719_gaf_u39_447.jpg&CNT=0


    Friedrich Merz in Andechs, 19.07.2023.


    Man fragt sich unwillkürlich, war die Äußerung von Friedrich Merz überhaupt ernst gemeint oder war sie nur ein Schauspiel durch einen Politiker, der schon das Rentenalter erreicht hat, um eine weitere Runde Beteuerungen, wie sehr man nichts mit der AfD zu tun haben wolle, zu ermöglichen?


    Merz: Zusammenarbeit mit AfD auf kommunaler Ebene nicht auszuschließen





    Merz: Zusammenarbeit mit AfD auf kommunaler Ebene nicht auszuschließen






    Die Halbwertszeit dieser Aussage lag mit weniger als 24 Stunden an der Untergrenze des technisch Machbaren. Merz, dessen gesamte politische Karriere nicht wirklich von einem Streben nach Konsens geprägt war, wirft ein paar kontroverse Sätze in den Raum und rudert sofort wieder zurück? Das war genau so beabsichtigt.


    Schließlich sind bald Landtagswahlen in Bayern und Hessen, zwei der großen Bundesländer, es ist gerade Sauregurkenzeit, und wenn man jetzt ein Thema durch die Presse jagen will, dann bekommt es die ganze Aufmerksamkeit fast ohne Aufwand. Es war doch klar, dass auf einen Satz, der Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene mit der AfD akzeptiert, selbst aus der CDU eine ganze Meute anspringt.


    Im eigentlichen Sommerinterview des ZDF, aus dem diese Aussage stammt, gibt es davor einen Einspieler mit einer Reihe von CDU-Kommunalpolitikern, vor allem aus den annektierten Bundesländern, die alle erklären, die Kommunalpolitik sei weitestgehend nicht parteipolitisch, und selbstverständlich müsse man zusammenarbeiten, die proklamierte "Brandmauer" sei widersinnig. Der Einspieler endet mit dem Kommentarsatz: "Friedrich Merz kann die Brandmauer seiner Basis nicht mehr diktieren."


    Dann wird, ehe die Frage an Merz geht, ein früheres Zitat von ihm aufgegriffen: "Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an." Ein Satz, der Merz in die Zwickmühle bringen muss – es blieben in manchen Regionen nicht mehr allzu viele Kommunalpolitiker übrig.


    Katrin Göring-Eckardt: "Ostdeutsche in der Diktaturverherrlichung hängen geblieben"





    Katrin Göring-Eckardt: "Ostdeutsche in der Diktaturverherrlichung hängen geblieben"






    Wobei Kommunalpolitik wirklich ein anderes Feld ist als die Landes- oder Bundespolitik. Selbst bei größter Aufmerksamkeit ist die Zahl der Themen, bei denen man eine grundsätzliche Auseinandersetzung führen kann, äußerst begrenzt. Dort, wo die Kommunen unter Haushaltsaufsicht stehen, also über keine Mittel verfügen, über die frei entschieden werden könnte, werden diese Themen noch seltener. Eine Schulrenovierung benötigt einen Beschluss, weil öffentliche Mittel nicht ohne Beschluss ausgegeben werden dürfen, aber eine politische Auseinandersetzung lässt sich darum nicht führen, weil die Kommune in der Regel dazu verpflichtet ist. In kleinen Kommunen kommt noch der Faktor hinzu, dass sich viele der Beteiligten üblicherweise bereits seit Jahren oder Jahrzehnten kennen, ehe sie sich in der Rolle als Vertreter einer bestimmten Partei begegnen.

    "Auf der kommunalen Ebene ist die Parteipolitisierung ohnehin ein wenig zu weit vorangeschritten. Es ist jetzt in Thüringen ein Landrat gewählt worden, und natürlich ist das eine demokratische Wahl. [...] Und natürlich muss dann in den Kommunalparlamenten nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet."

    Hat sich Merz, der alte Hase, da wirklich vom ZDF aufs Glatteis führen lassen, das damit Aufmerksamkeit für seine Sommerinterviews erntet? (der nächste Gast ist der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan, das dürfte der Live-Übertragung einer Beerdigung gleichen). Nein, die Annahme, dass in diesen Interviews echte Überraschungen stattfinden und eine nicht abgesprochene Frage im fertig geschnittenen Beitrag landet, hat keinerlei Grundlage, schon gar nicht bei einem Interview des ZDF, jahrzehntelang der CDU-Haussender, mit dem CDU-Vorsitzenden.

    Es ist denkbar, dass er das Wasser prüfen wollte, also ein wenig den Fuß ins Nass gesteckt und mit den Zehen gewackelt hat. Aber dafür hätte er andere Möglichkeiten, das Sommerloch ist da eher ungünstig, weil klar ist, dass Hinz und Kunz bis zum letzten Hinterbänkler auf diese Nummer aufspringen werden.


    Nur Stunden später: Merz rudert beim Thema AfD zurück





    Nur Stunden später: Merz rudert beim Thema AfD zurück







    "Fünf Stunden später, um Mitternacht, sah sich Generalsekretär Carsten Linnemann genötigt, festzustellen: 'Für die CDU ist klar: keine Zusammenarbeit mit der AfD, egal auf welcher Ebene.'", berichtet der Tagesspiegel. Na, wer verbindet schon etwas mit dem Namen Linnemann?

    Das RND lässt in seinem Bericht eine ganze Parade auflaufen. Angefangen mit Markus Söder (gerade im Landtagswahlkampf) über den hessischen Ministerpräsidenten Rhein (gerade im Landtagswahlkampf), drei Grünen-Vertreter (Vorsitzende Ricarda Lang, Paula Piechotta und Britta Haßelmann), den bayrischen SPD-Spitzenkandidaten Florian von Brunn, Sebastian Fiedler (SPD-MdB aus NRW), aus der FDP Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle; alle betonen sie, wie wichtig es sei, auf gar keiner Ebene auch nur daran zu denken, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Einziger Ausreißer ist Julia Klöckner, zurzeit Schatzmeisterin der CDU.


    Interessant, dass Söder als Erster zitiert wird. Könnte also auch ein kleiner abgesprochener Gefallen sein, auch wenn Merz und Söder angeblich nicht so wirklich miteinander können. Söder jedenfalls bringt einen Aspekt ins Spiel, der sonst tunlichst vermieden wird.

    Die CSU lehnt jede Zusammenarbeit mit der AfD ab - egal auf welcher politischen Ebene. Denn die AfD ist demokratiefeindlich, rechtsextrem und spaltet unsere Gesellschaft. Das ist mit unseren Werten nicht vereinbar. Die AfD fordert den Austritt aus EU und Nato und schwächt damit…

    — Markus Söder (@Markus_Soeder) July 24, 2023

    "Die AfD fordert den Austritt aus EU und NATO und schwächt damit den Wohlstand und gefährdet unsere Sicherheit." Es würde diesen Text sprengen, hier noch einmal nachzuweisen, dass beides weder für den Wohlstand noch für die Sicherheit nützlich ist; das durfte man in den letzten 18 Monaten weidlich genießen. Aber Söder erwähnt diese Punkte, um damit all jene, die von NATO und EU nicht lassen können, zur CSU zu ziehen.


    Wer die Geschichte der Bundesrepublik kennt, kann angesichts dieser einhelligen Ablehnung der "rechtsextremen" AfD nur den Kopf schütteln. Da gab es ganz andere Nummern, gerade in der CDU. Ich sage nur Filbinger. Der war immerhin nicht nur Mitglied der Nazi-Partei, er war Richter und hat es geschafft, wenige Tage vor Kriegsende noch einen Deserteur zum Tode zu verurteilen. Man kann sich auch schlicht einmal das Braunbuch zu Gemüte führen. Die Bundesrepublik war so lange auf allen politischen Ebenen mit echten, wirklichen Nazis gespickt, bis diese alle das Pensionsalter erreicht und überschritten hatten.


    Umfrage-Wumms: 57 Prozent halten die deutschen Parteien für unfähig





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    Inzwischen ist allerdings etwas geschehen, das die ständige Wiederholung dieser "Einheit der Demokraten" erforderlich macht – ein Spiel, das übrigens in der gleichen Weise erst gegen die Grünen, dann gegen die Linke gespielt wurde. Von diesen Varianten unterscheidet sich die heutige darin, dass der angebliche Antifaschismus der Bundesrepublik inzwischen zur Grundlage einer deutschen Variante des Exzeptionalismus wurde.


    In den USA, insbesondere bei den Neocons, ist es "die leuchtende Stadt auf dem Hügel", eigentlich eine Referenz der mittelalterlichen Vorstellung vom himmlischen Jerusalem, nicht zufällig eine Idee aus den Kreuzzügen; eine postapokalyptische Stadt, die für das Paradies auf Erden steht und für die Neocons die USA als "auserwählte Nation" symbolisiert.


    Die deutsche Variante ist etwas komplizierter und funktioniert über eine Kette aus Kollektivschuld und Katharsis, weshalb sie mit wirklichem Antifaschismus auch gänzlich inkompatibel ist. Wir, die Deutschen, haben uns zutiefst schuldig gemacht (natürlich weder gegenüber den Nazigegnern in Deutschland noch gegenüber der Sowjetbevölkerung, sondern vor allem gegenüber den ermordeten Juden), und leisten dafür immerwährende Abbitte. Aber weil wir uns aus einem solch sündigen Zustand haben bekehren lassen (interessant, in welchem Ausmaß hier christliche Themen verwertet werden), also vom Saulus zum Paulus geworden sind, können wir – wie Paulus – jetzt einen Führungsanspruch erheben.


    Boris Palmer: "Deutschland hat den Zenit überschritten"





    Boris Palmer: "Deutschland hat den Zenit überschritten" 







    Würde man die reale Anwesenheit von realen Nazis in der Ukraine eingestehen und zugeben müssen, dass man sie jahrzehntelang erst gerettet, dann beschützt, dann ausgeschickt und schließlich an die Macht gehievt hat, wäre damit die Grundlage dieses Führungsanspruchs bedroht. Ein Makel in der Bekehrung oder gar eine unverkennbare Apostasie darf es nicht geben. Also wird nun ein ins Abstrakte verlagerter Antifaschismus, dieses wolkige "gegen Rechts", bei dem man Konservative und Faschisten munter vermengt, immer dann hervorgezogen, wenn man die Grundlage für die Auserlesenheit mal wieder festigen muss.


    Der Wahlkampf, der sowohl in Bayern als auch in Hessen gegen die AfD geführt wird, ist nur ein kleiner Teil dieser Geschichte. Dahinter findet sich die Notwendigkeit, immer wieder die eigene Konversion hervorzukehren. Eine Konversion, deren beständige Betonung für all jene absurd wäre, die tatsächlich in der Tradition der deutschen Antifaschisten stehen; die können es sich leisten, den alten Erkenntnissen zu folgen und in Konservativen nicht den Feind, sondern den möglichen Verbündeten zu sehen. Aber wenn man einen Weltmachtanspruch auf einer Bekehrungsgeschichte aufbaut, braucht es natürlich eine Verkörperung des Bösen, und die wird gefunden, um jeden Preis, gleich, was die Wirklichkeit dazu sagt.


    Eine kurze Zeit lang, nach Richard von Weizsäckers Rede vom Tag der Befreiung, wirkte es so, als hätte eine wirkliche antifaschistische Position eine Chance in der Bundesrepublik, nachdem zuvor jahrzehntelang die Nazis protegiert und die von ihnen verfolgten Kommunisten weiter verfolgt worden waren. 1989 war es damit schon wieder vorbei, weil der finsterste adenauersche Antikommunismus entstaubt und wieder in Stellung gebracht wurde. Damit war klar, dass es nur einen geheuchelten Antifaschismus geben wird, denn wenn es einen Punkt gibt, den sämtliche Varianten faschistischer Ideologien und faschistischer Herrschaft, egal, in welchem Jahrzehnt, und egal, auf welchem Kontinent, miteinander gemein haben, dann ist es der militante Antikommunismus. Weil aber im Verlauf dieser finsteren zwölf Jahre alle Nazigegner mit Kommunisten zusammengearbeitet hatten, die unter ihnen die stärkste Gruppe stellten, bedeutete der Schwenk zurück zum Antikommunismus den vollständigen Bruch mit der realen antifaschistischen Tradition.


    Die Hungermacherin – Göring-Eckardt sind die Ärmsten egal, Hauptsache die Sanktionen bleiben




    Meinung

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    Alles kein Problem, irgendeinen Popanz wird man sich schon bauen können, der die Rolle übernimmt. Das ist nun eben die AfD. Insofern ist auch nichts an diesem Spektakel außergewöhnlich. Das wirklich Beachtenswerte ist nicht der Zirkus, den Merz entfesselt hat.


    Das Beachtenswerte ist die Tatsache, dass er eigentlich Dinge gesagt hat, die Selbstverständlichkeiten sein sollten. Die Kommunalpolitik ist die meiste Zeit zu konkret, um Anlass für diese Art von grundsätzlichem Streit zu liefern. Sie ist auch weitaus stärker mit realen Verhältnissen befasst als Landes- und Bundespolitik. Die Bundespolitik kann das Problem der Wohnungslosigkeit ignorieren, die Kommunalpolitik kann das nicht. Sollte es in Deutschland noch Politiker geben, die imstande wären, das Land aus der Misere zu ziehen, sollte man sie nicht oberhalb der kommunalen Ebene suchen.


    Ja, die Kommunalpolitik ist zu sehr im Griff der Parteipolitik, was desto schlimmer wird, je weiter sich diese Parteipolitik von den wirklichen Problemen entfernt. Was Merz tatsächlich getan hat, ist, dieser Tendenz weiteren Schub zu verleihen, indem er im gähnenden Sommerloch eine Schwurrunde eröffnet hat, in der nun alle erklären, die AfD nicht mit der Kneifzange anzufassen, auch nicht auf kommunaler Ebene. Vermutlich willkommene Wahlkampfhilfe, zum Preis einer weiteren Demontage der eigentlichen demokratischen Grundsätze, und eine zusätzliche Gelegenheit, wirklich demokratisches Handeln durch lautstarke Proklamationen, Demokrat zu sein, zu ersetzen.


    Mehr zum Thema - Deutschland-Trend sieht AfD vorn – Demokratie kann man üben


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    Info: https://freeassange.rtde.life/meinung/176069-merz-afd-und-schaulaufen-im


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    25.07.2023

    „Ein irreversibler demographischer Schock”Experten warnen vor dauerhaftem massivem Bevölkerungsschwund in der Ukraine durch Kriegstote und Flucht. Vor allem die jüngere Generation und Hochqualifizierte drohen beim Wiederaufbau zu fehlen.

    german-foreign.policy.com, 25. Juli 2023

    KIEW/BERLIN (Eigener Bericht) – Experten sagen der Ukraine einen „irreversiblen demographischen Schock“ und massive Probleme beim Anwerben der nötigen Arbeitskräfte für den Wiederaufbau nach Kriegsende voraus. Die Bevölkerung des Landes sei schon von 1990 bis 2021 um rund 20 Prozent geschrumpft, heißt es in einer aktuellen Analyse aus dem Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Kriegstote und Flüchtlinge reduzierten die Zahl der Einwohner weiter. Weil vor allem jüngere und gut ausgebildete Menschen geflohen seien und ein beträchtlicher Teil der ukrainischen Flüchtlinge auf Dauer in der EU bleiben wolle, drohten für den Wiederaufbau besonders wichtige Teile der Bevölkerung zu fehlen. Laut dem WIIW wird die arbeitsfähige Bevölkerung in der Ukraine bis 2040 im Vergleich zum Vorkriegsjahr 2021 um 22,6 bis 25 Prozent schrumpfen – mit gravierenden Folgen für das ganze Land. Je länger der Krieg dauere, desto schwerer wögen die Folgen. Kiew müsse unbedingt Rückkehrprogramme für Flüchtlinge starten. Allerdings konkurriert es dabei unter anderem mit der Bundesrepublik: Deutsche Firmen setzen auf kostengünstige Fachkräfte unter den ukrainischen Flüchtlingen.


    Zitat: Von Emigration gezeichnet

    Die demographische Entwicklung in der Ukraine war, wie die Analyse des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) feststellt, bereits vor Kriegsbeginn ein Problem. In Ost- und Südosteuropa ist ein starker Bevölkerungsschwund durch Emigration vor allem jüngerer Einwohner in wohlhabendere Länder und Regionen weiter westlich in der EU verbreitet; hinzu kommen oft sinkende Geburtenraten. So ging beispielsweise die Einwohnerzahl Estlands von 1990 bis 2021 um 15,5 Prozent zurück. In Kroatien schrumpfte die Bevölkerung allein in den Jahren von 2011 bis 2021 um zehn Prozent auf gut 3,8 Millionen Menschen.[1] In Bulgarien wiederum brach die Einwohnerzahl von 1992 bis 2022 von 8,5 Millionen auf 6,5 Millionen Menschen ein – ein Minus von annähernd 24 Prozent. Die Ukraine verzeichnete von 1990 bis 2021 einen Rückgang von rund 20 Prozent. Hauptursachen der Emigration seien Armut, niedrige Einkommen, soziale Unsicherheit und ein ineffizientes Gesundheitssystem gewesen, erläutert das WIIW. Weil vor allem Menschen im erwerbsfähigen Alter emigriert und die Geburtenrate gesunken seien, sei der Anteil der Unter-14-Jährigen von 21 Prozent im Jahr 1990 auf 15 Prozent 2021 gefallen; der Anteil der Über-65-Jährigen sei im selben Zeitraum von 12 Prozent auf 18 Prozent gestiegen.[2] Das Schrumpfen der erwerbsarbeitsfähigen Bevölkerung beeinträchtige den Wiederaufbau.


    Kriegstote, Flüchtlinge

    Der Krieg verschärft die ohnehin desolate Lage in dramatischer Weise. Dokumentiert sind laut Angaben der Vereinten Nationen – Stand: 17. Juli 2023 – exakt 9.287 zivile Todesopfer. Beobachter sind sich allerdings sicher, dass die tatsächliche Opferzahl erheblich höher liegt. Hinzu kommen zahllose Todesopfer in den ukrainischen Streitkräften; US-Schätzungen vom November 2022, laut denen schon damals rund 100.000 ukrainische Soldaten umgekommen oder verwundet worden seien, könnten sich als viel zu niedrig erweisen, warnt das WIIW.[3] Seitdem hat sich die Zahl der getöteten Soldaten – fast ausschließlich Männer im erwerbsarbeitsfähigen Alter, überwiegend jüngere – stark erhöht. In der Ukraine selbst seien 5,5 Millionen Menschen auf der Flucht, heißt es in der Studie; es sei ungewiss, ob sie nach Kriegsende in ihre Herkunftsgebiete zurückkehrten oder ob ganze Landstriche verwaist blieben. Zudem seien mehr als acht Millionen Menschen in die EU geflohen. Gut ein Drittel der ukrainischen Flüchtlinge seien unter 18 Jahre alt; unter den Erwachsenen seien rund 70 Prozent Frauen, die Mehrheit von ihnen im gebärfähigen Alter. Zudem seien die Flüchtlinge weit überdurchschnittlich gebildet; 47 Prozent von ihnen hätten einen Hochschulabschluss. Da nicht alle heimkehren würden, fehlten der Ukraine beim Wiederaufbau die jüngere Generation und besser ausgebildete Menschen, konstatiert das WIIW.


    Eine Generation verloren

    Exemplarisch lassen sich die Perspektiven am Beispiel Deutschland aufzeigen. Hier sind derzeit 1,07 Millionen ukrainische Flüchtlinge registriert. Einer aktuellen Umfrage zufolge wollten schon zu Jahresbeginn 29 Prozent von ihnen dauerhaft in Deutschland bleiben, 15 Prozent zumindest „noch einige Jahre“ – beides mit steigender Tendenz: Die Bleibeabsicht nimmt üblicherweise mit der Dauer des Aufenthalts zu.[4] Zusätzlich gaben 23 Prozent an, sie seien sich noch unsicher. Eine feste Rückkehrabsicht – in den allermeisten Fällen erst nach Kriegsende – hatten demnach nur 33 Prozent. Zwei Drittel aller erwachsenen ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland sind Frauen. Das Durchschnittsalter liegt mit 40 Jahren deutlich unter demjenigen der ukrainischen Bevölkerung (42,9 Jahre). 72 Prozent der erwachsenen ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland haben einen tertiären, in der Regel akademischen Bildungsabschluss – knapp die Hälfte mehr als der ukrainische Durchschnitt (50 Prozent). Die Angaben bestätigen: Die Ukraine wird in hohem Maße jüngere Menschen, vor allem Frauen und ganz besonders Hochqualifizierte an Deutschland und andere Staaten der EU verlieren – dies zusätzlich zu ganz erheblichen Teilen ihrer jüngeren männlichen Generation, die besonders viele Kriegstote an der Front hinnehmen muss.


    Langfristiger Bevölkerungsschwund

    Die Prognosen des WIIW für die Ukraine sind düster. Faktisch stehe fest, heißt es in der Untersuchung, dass das Land infolge des Krieges „einen langfristigen Bevölkerungsverlust“ erleiden werde. Wie stark er ausfalle, das hänge allerdings von der Entwicklung des Krieges ab. Die günstigste Vorhersage ergebe sich für den Fall, dass er noch in diesem Jahr ende. Dann werde die Bevölkerung im Jahr 2040 immerhin noch bei rund 36 Millionen Menschen liegen, auch dies schon satte 17 Prozent weniger als bei Kriegsbeginn. Die arbeitsfähige Bevölkerung werde in diesem Szenario wohl um 22,6 Prozent auf 19,9 Millionen Menschen sinken.[5] Das schlimmste Szenario ergebe sich, wenn der Krieg noch bis 2025 andauere. Dann sei mit einem Schrumpfen der Bevölkerung bis zum Jahr 2040 sogar um 21 Prozent gegenüber 2021 auf 34,6 Millionen Menschen zu rechnen; die arbeitsfähige Bevölkerung sei dann für das Jahr 2040 auf 19,2 Millionen Menschen zu schätzen – 25 Prozent weniger als 2021. Dabei werde besonders die arbeitsfähige Bevölkerung für den Wiederaufbau benötigt. Je länger der Krieg andauere, desto schlechter die Prognose und desto schlechter auch die Chancen für den Wiederaufbau der Ukraine; für jeden aktuell denkbaren Fall sagt das WIIW allerdings schon jetzt einen nicht mehr abzuwendenden „irreversiblen demographischen Schock“ voraus.


    „Eine monoethnische Nation“

    Um das Äußerste zu vermeiden und die Bevölkerungsverluste zu reduzieren, empfiehlt das WIIW der ukrainischen Regierung, die Rückkehr von Flüchtlingen aktiv zu fördern. Darüber hinaus dringt es darauf, die Aufnahmeländer sollten ihrerseits die Rückkehr der Flüchtlinge aktiv unterstützen, etwa durch die Finanzierung einschlägiger Kiewer Regierungsprogramme. Da dies voraussichtlich nicht genüge, werde die Ukraine Arbeitsmigranten anwerben müssen. Dies werde in den ersten Nachkriegsjahren wegen der fürchterlichen Kriegsschäden kaum möglich sein. Längerfristig könne Kiew kaum auf Arbeitsmigration aus reicheren Ländern hoffen, sondern müsse in den Ländern etwa des Südkaukasus, des Mittleren Ostens, Asiens und Afrikas um neue Arbeitskräfte werben. Da die Ukraine „eine monoethnische Nation“ sei, werde, so heißt es in höflicher Umschreibung des ukrainischen Nationalismus, die Förderung von Arbeitsimmigration wohl zu „substanziellen gesellschaftlichen Spannungen“ führen.[6] Das Land benötige daher „eine massive Veränderung ihrer geistigen Haltung auf allen Ebenen der Gesellschaft“.


    Konkurrenz um Fachkräfte

    Spezielle Schwierigkeiten sind aber auch bei der Rückgewinnung von Flüchtlingen aus der EU zu erwarten. Vor allem mit Blick auf das Bildungsniveau der Flüchtlinge macht sich die deutsche Wirtschaft Hoffnungen, sie könnten als kostengünstige Fachkräfte auf Dauer angeworben werden. „Wirtschaftsvertreter“, so wurde bereits im März berichtet, „loben das große Fachkräftepotential“.[7] Ein konkretes Beispiel beschrieb im April die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Demnach könnten ukrainische Flüchtlinge, da Kiew nach dem Krieg im großen Stil Mietwohnungen bauen müsse, schon jetzt in „energetischer Sanierung und gemeinwohlorientiertem Wohnungsbau“ ausgebildet werden. Dann besäßen sie nach Kriegsende die erforderlichen Fähigkeiten, um den Wohnungsbau in der Ukraine nach EU-Standards voranzutreiben. Allerdings wies die SWP darauf hin, dass auch „die deutsche Wohnungswirtschaft ... angesichts der auch hier anstehenden umfangreichen energetischen Gebäudesanierung ... unter einem zunehmenden Fachkräftemangel leidet“ – und Interesse hätte, die Flüchtlinge in Deutschland zu halten. Spannungen mit der Kiewer Regierung zeichnen sich also schon heute ab.[8]

     

    [1] Croatias population has dropped 10% in a decade, reveals census. euronews.com 14.01.2022.

    [2], [3] Maryna Tverdostup: The Demographic Challenges to Ukraine’s Economic Reconstruction. WIIW Policy Notes and Reports 71. Vienna, July 2023.

    [4] Geflüchtete aus der Ukraine: Knapp die Hälfte beabsichtigt längerfristig in Deutschland zu bleiben. diw.de.

    [5], [6] Maryna Tverdostup: The Demographic Challenges to Ukraine’s Economic Reconstruction. WIIW Policy Notes and Reports 71. Vienna, July 2023.

    [7] Andreas Mihm: „Wir verlieren eine ganze Generation“. Frankfurter Allgemeine Zeitung 07.03.2023.

    [8] Steffen Angenendt, André Härtel, Knut Höller, David Kipp: Für den Wiederaufbau von Wohnraum braucht die Ukraine Fachkräfte. swp-berlin.org 06.04.2023.


    Info: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9307


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