„Diverse“ Bundesregierung und diverse Wolfsgrüße
Asow-Ritual. Bild: Asow
overton-magazin.de, 30. Juli 2024 Wolf Wetzel 27 Kommentare
Es gibt viele Gründe, den behaupteten Kampf der Bundesregierung „gegen rechts“ als eine Farce zu bezeichnen. Es gibt noch einmal so viele Gründe, die „Brandmauer gegen rechts“ für ein Luftschloss zu halten. Man kann dies an den folgenden zwei Beispielen erklären.
Am 21. Juli 2024 startete die Neonazi-Brigade „Asow“ aus der Ukraine eine Europatour, also nicht als getarnter Einmarsch, sondern als Welcome-Tour, um für Krieg, Heldentum und Vaterland zu werben. Sie heißt jetzt 3. Sturmbrigade, weil sie als „Asow“-Brigade einen, wie sagt man, „umstrittenen“ Ruf hat und man im Westen sehr darauf achtet, dass man damit dezent umgeht. Zunächst sind Auftritte in Warschau und Wrocław, später in Prag, Vilnius, Rotterdam und Brüssel vorgesehen. Aber selbstverständlich stellt sich die profaschistische Brigade auch in Deutschland vor – in Berlin, Hamburg und Köln.
Was die Asow-Brigade an „epischsten Geschichten von der Front“ und lockeren „Soldatenhumor“ anpreist, ist eine Verherrlichung des Faschismus und ein lebendiger Ehrenkult für Bandera. Dem Kollaborateur des Nazi-Regimes sind bis heute zahlreiche Denkmäler in der Ukraine gewidmet.
Der Anführer Bilezki und seine Truppe haben sich u.a. in den Kämpfen auf dem Maidan 2014 bewährt, als sie als „rechter Sektor“ quasi paramilitärisch die Proteste übernahmen und in eine für den Westen angenehme Richtung wendeten. Bereits damals war auch die deutsche Bundesregierung aktiv daran beteiligt, die Maidan-Proteste in einen regime-change zu transformieren.
Asow ist das andere Gesicht von Merkel
Bald im Handel!
In dieser Zeit ist das Asow-Bataillon entstanden. Sein politischer Flügel „Nationales Korps“ organisierte im Jahr 2018 bis 2020 sogenannte „Anti-Kapitulationsdemonstrationen“. Sie waren gegen die Minsk I und II-Abkommen (2014/15) gerichtet, die den Donbass-Konflikt politisch lösen wollten.
Bereits zu diesem Zeitpunkt marschierten „Asow“ und die deutsche Bundesregierung in dieselbe Richtung – also Hand in Hand. Offiziell feierte man die Abkommen als großen politischen Erfolg, unter Beteiligung Deutschlands. Tatsächlich hatte man nie vor, sich an diese Abkommen zu halten. Die Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel gab 2022 zu, dass man der Ukraine damit nur „Zeit geben“ wollte. Was sie damit gemeint hatte, sagte sie auch: „Sie hat diese Zeit auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht.“ (Die Zeit vom 7. Dezember 2022)
Während dessen rüstete man die ukrainische Armee auf. Parallel dazu gab es gezielte Angriffe auf die Donbass-Gebiete, wobei sich auch die Asow-Brigade verdient gemacht hatte.
Worauf sich die Asow-Brigade stützt (neben der materiellen Unterstützung aus dem Westen), in welchen historischen Kontext sich die Asow-Brigade stellt, dazu schreibt Wladislaw Sankin:
„Die 3. Sturmbrigade inszeniert sich bis heute mit Stolz als historischer Erbe des Bandera-Flügels der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und deren bewaffneten Arm, der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), die einst zu den willigsten Helfern im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und beim Holocaust zählten, stellt die jW fest. Ihre historische Verbundenheit mit Banderisten haben die Angehörigen der 3. Sturmbrigade im Zuge eines “historischen” Fotoshootings zum Ausdruck gebracht, wo sie sich in den gleichen Posen wie UPA-Kämpfer auf Archivfotos ablichten ließen, wie eine Ausstellung im Kiewer Stadtmuseum im September 2023 zeigte. Damit demonstrierten sie mehr als deutlich, dass sie nicht in den Kämpfern gegen den Hitler-Faschismus ihre Vorläufer sehen, sondern in deren Gegnern, den Nazi-Helfern.
Ungebrochen ist entsprechend ihre Bewunderung für Hitlers Elitekrieger: Diverse Symbole der 3. Sturmbrigade sind in Anlehnung an die Insignien der Waffen-SS gestaltet, eines sogar nach dem Truppenkennzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division ‚Dirlewanger‘. ‚Dirlewanger‘ und ähnliche Verbände der ukrainischen Nationalisten wüteten unter anderem in der benachbarten Weißrussischen SSR und halfen den Deutschen, die ‚Drecksarbeit‘ bei den sogenannten Strafaktionen gegen Partisanen und Zivilisten zu erledigen.“
Freie Fahrt für Asow
Die Laufstallmedien halten bezüglich der Asow-Tour die Füße still. Während jedes Palästina-Protest-Camp gegen den Vernichtungskrieg Israels in Gaza mit riesigen Schlagzeilen als Zumutung gegeißelt wird und man nach noch mehr Polizei und Verbote schreit, ist man jetzt mucksmäuschenstill.
Während man Einreisverbote und Betätigungsverbote für Menschen verhängt, die eine Genozid für ein Verbrechen halten, kommt bei Asow nicht einmal der Gedanke auf, eine solche profaschistische Werbetour zu verbieten.
Man kann also zu dem Schluss kommen:
Eine „diverse“ Bundesregierung und eine „mono“-faschistische Brigade „Asow“ aus der Ukraine sind kein Widerspruch – sondern kompatibel.
Diverse Wolfsgrüße
Von seinem zweiten Tor im EM-Spiel gegen Österreich am 2. Juli 2024 war der türkische Nationalspieler Merih Demiral ganz begeistert. Voller Freude streckte er beide Arme nach oben und zeigte dabei den „Wolfsgruß“. Viele türkische Fans jubelten mit und teilten ganz selbstverständlich den Wolfsgruß.
Der ntv-Sender ordnet diesen Gruß so ein: „Der Wolfsgruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung von Recep Tayyip Erdogan ist.“
Die Aufregung war groß und konzentrierte sich sehr gewollt auf Nebensächliches: Im Wesentlichen wollte man betonen, dass der Sport nicht politisch instrumentalisiert werden darf. Alleine das war heuchlerisch. Denn der Sport ist längst eine Waffe geworden, mit der man Politik macht. Ganz selbstverständlich wurden russische Sportler ausgeschlossen, weil man damit den Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine 2022 sanktionieren will. In diesem Zusammenhang fiel jedenfalls das Wort Instrumentalisierung nicht.
Symbolpolitik und integrierte Graue Wölfe
Bezeichnenderweise ging es in der anschließenden Debatte ausschließlich um das Symbol einer faschistischen Organisation und nicht um die faschistische Organisation selbst. Dabei wollte man die Debatte darauf lenken, ob die Menschen (im Stadion), die den Wolfgruß machen, Faschisten sind oder nicht. Damit sollten die Fragen, welchen (Duldungs-)Status die „Grauen Wölfe“ in Deutschland haben, was für eine politische Praxis und Ideologie sie auszeichnet, ins Abseits gedrängt werden.
Beobachtungen im Schlaf
Als die Frage aufkam, welche alltägliche Rolle die „Grauen Wölfe“ in Deutschland spielen, war die zuständigen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sehr schmallippig. Man lasse die „Grauen Wölfe“ vom Verfassungsschutz beobachten. Danach wusste der Laufstalljournalismus sofort, dass es jetzt genug ist. Investigativ wollte man unter keinen Umständen sein. Denn wer will schon im braunen Schlamm waden?
Auch die Frage, was die jahrelange, die jahrzehntelange Beobachtung der „Grauen Wölfe“ durch den Geheimdienst erbracht hat, verkniff man sich. Man wollte das Beschämende nicht wissen. Schon gar nicht stellte man laut und störend die Frage, warum man die „Grauen Wölfe“ nicht schon längst verboten hat?
Denn dafür bräuchte man keine geheimdienstlichen Erkenntnisse. Es gäbe genug Material und Dokumente, die einen solchen Schritt begründen würden. Stattdessen faselt man wie in der Dauerschleife von der „Brandmauer gegen rechts“.
Warum wollten die Laufstallmedien ihr Bedürfnis nach Skandalen und Hintergründen nicht stillen?
Die „Grauen Wölfe“, ihr Umgang in Deutschland damit, aber auch in anderen „demokratischen“ Ländern, würde zeigen, wie faschistische Organisationen überleben, gebraucht werden und wie man sie in die Regierungspolitiken einbindet. Denn es geht dabei um den „Graubereich“ staatlicher Exekutivmacht, so etwas wie ein legaler Untergrund.
Dafür sind die „Grauen Wölfe“ ein hervorragendes Beispiel.
„Die Grauen Wölfe, auch ‚Ülkücü‘-Bewegung genannt, sind für Hunderte Morde in der Türkei verantwortlich. In Deutschland rechnen die Sicherheitsbehörden der rechtsextremen Bewegung mehr als 12.000 Anhänger zu.“ (Welt vom 5.7.2024)
Deren Aufstieg geht auf die 1970er Jahre zurück, als die damalige Regierung von der Sorge getragen war, dass die kapitalistische Ordnung mit legalen Mitteln nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Damals besaß nicht nur eine systemantagonistische Linke einen großen Einfluss auf den Fortgang der Geschichte, auch die PKK, die kommunistische Arbeiterpartei Kurdistans, hatte mit ihrem bewaffneten Kampf beträchtlichen Einfluss.
Ohne die Verfassung (ganz) aufzuheben, ohne das parlamentarische System zu suspendieren, sollten Institutionen und Wege etabliert werden, die staatsterroristische Aktionen billigten und deckten. Dazu bediente man sich sowohl der faschistischen Kräfte (MHP/Partei der Nationalen Bewegung, „Graue Wölfe“), als auch besonderen militärischen Einheiten, die für staatsterroristische Ziele eingesetzt wurden. Diese Koalition aus verlässlichen Militärs und Geheimdienstsektoren, aus Faschisten und Regierungspartei bildete einen „Staat im Staat“, der über viele Jahre für die (außer-)parlamentarische Opposition eine Mutmaßung, ein kaum belegbarer Verdacht bleiben musste. Tatsächlich mündete diese Strategie 1980 in einen Militärputsch.
Aber auch mit dem Rückzug der Militärs änderte sich an der Existenz dieses Staat-im-Staat-Gebildes wenig. Die politische Klasse, das parlamentarische System knüpfte vielmehr dort an, wo es aufhörte. Mit einem entscheidenden Unterschied: Galt der staatsterroristische Untergrund in den 1970er und 1980er Jahren dem (kommunistischen) Feind, so wird dieser heute auch im Kampf um die Macht bzw. Rückkehr zur Macht genutzt. Das gilt vor allem, seitdem die alte kemalistische Klasse in Gestalt der Ewig-Regierungspartei Republikanische Volkspartei/Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) nicht mehr an der Macht ist und seit 2002 von der islamisch-geprägten Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP) abgelöst wurde.
Und welche Rolle spielt die ultranationalistische Partei MHP/Graue Wölfe heute in der Türkei: Sie ist heute Regierungspartner der Erdogan-Regierung.
Man kann erahnen, dass diese lange und erfolgreiche Geschichte der „Grauen Wölfe“ nicht nur viele Tote hinterlassen, sondern auch viel Geld und Macht eingebracht hat. Sie haben einen legalen Arm, in Form der Regierungsbeteiligung und einen weiterhin aktiven „illegalen Arm“.
Graue Wölfe in Deutschland in einer exekutiven Schutzzone
„In Deutschland haben Anhänger der ‚Grauen Wölfe‘ mehrere Morde und Mordversuche, u. a. an türkischen und kurdischen Aktivisten, Anschläge auf Vereine und Einschüchterungen von Oppositionellen sowie Kritikerinnen und Kritikern des türkischen Präsidenten Erdogan einschließlich ‚türkischstämmiger‘ Bundestagsabgeordneter, etwa bezüglich der Resolution zum Genozid an den Armeniern, zu verantworten.“
Das weiß nicht nur das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das damit einen Antrag begründete, eine Verbotsverfahren gegen die Grauen Wölfe einzuleiten. Dass das auch das Wissen des deutschen Geheimdienstes abdeckt, ist ebenfalls schnell erklärt. Denn zur „Beobachtung“ der Grauen Wölfe gehört sicherlich auch das Abschöpfen von V-Leuten.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass es bereits seit 2020 ein Antrag des Bundestages gibt, die Prüfung eines Vereinsverbotes gegen die Grauen Wölfe einzuleiten. Was ist seitdem passiert? Nichts. Oder doch: Das Bundesinnenministerium (BMI) beweist auf Nachfrage vor allem Verschleierungsarbeit. Zum einen will sich das BMI zum Stand eines Verbotsverfahrens nicht äußern. Und verrät dabei unfreiwillig, woran es „hängt“:
„Eine aktuelle schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (Bündnis Sahra Wagenknecht), die WELT vorliegt, beantwortete das BMI nur ausweichend. Man äußere sich generell nicht zu Verbotsüberlegungen, unabhängig davon, ob zu solchen Überlegungen im Einzelfall Anlass bestehe. Ohnehin, so das BMI, handele es sich beim Verbotsverfahren nach dem Vereinsgesetz „um kein Antragsverfahren, sondern um eine Entscheidung in alleiniger Hoheit der Exekutive“. An den Beschluss aus dem November 2020 fühlt man sich also offenkundig nicht gebunden.“ (Welt vom 05.07.2024)
Kurzum: Die Grauen Wölfe genießen den Schutz der Exekutive, denn diese unternimmt nichts gegen diese faschistische Organisation.
In Deutschland haben sich die „Grauen Wölfe“ längst ins deutsche Geschäftsleben integriert. Man besitzt Restaurants und andere Etablishments. Sie verdienen und waschen dabei zugleich Geld und stellen damit eine Infrastruktur bereit, die für extra-legale Praktiken gebraucht werden kann.
Wenn man deren Bedeutung in politischer und ökonomischer Weise erahnen kann und dies mit den „Reichsbürgern“ vergleicht, dann bekommt man eine Ahnung davon, wieviel Placebo-Politik betrieben wird, wenn man die Zerschlagung der „Reichsbürger“ als „Kampf gegen rechts“ feiert und gleichzeitig die „Grauen Wölfe“ in Deutschland nicht nur gewähren lässt. Man bedient sich auch ihrer, wenn man mit der Erdogan-Regierung gute Geschäfte macht. Dazu gehört eben auch der milliardenschwere Flüchtlingsdeal.
Diese beiden Beispiele zeigen, dass die deutsche Bundesregierung kein Problem damit hat, mit faschistischen Organisationen und pro-faschistischen Parteien zusammenzuarbeiten.
Eine gute Nachricht zum Schluss
Die Kriegswerbetour der 3. Sturmbrigade des ukrainischen Asow-Regiments wurde nicht nur für Berlin abgesagt: „Neben Berlin und Hamburg fallen auch die Termine in Rotterdam, Brüssel und Köln aus. Die Europatour der ukrainischen Ultranationalist*innen mit Kontakt ins Nazi-Milieu ist damit größtenteils ausgefallen. Lediglich in Prag und Vilnius will die Sturmbrigade noch auftreten. Die Absagen in Westeuropa sind der Erfolg des Protests von antifaschistischen und antimilitaristischen Gruppen.“ (Neues Deutschland vom 25.7.2024)
Quellen und Hinweise
Ukrainische Neonazi-Brigade kommt auf Werbetour nach Berlin – Proteste gegen “rechts” geplant? Wladislaw Sankin: RT deutsch vom 17.7.2024
„Asow“ on the Road. Neonazibrigade geht auf Europatournee – auch in Deutschland sind Auftritte geplant, Susann Witt-Stahl, jW vom 15.7.2024
„Omas gegen Rechts“, übernehmen Sie: Ukrainische Nazi-Brigade kommt nach Deutschland, Tobias Riegel, NDS vom 23.7.2024: https://www.nachdenkseiten.de/?p=118593
„Wolfsgruß“: Ihr wolltet den politisierten Sport – jetzt habt ihr ihn, Tobias Riegel, NDS, 2024: https://www.nachdenkseiten.de/?p=117654
Nach dem Wolfsgruß beim EM-Spiel wächst der Druck auf Nancy Faeser, Welt vom 5.7.2024: https://www.welt.de/politik/deutschland/article252360942/Graue-Woelfe-Verbot-EM-Gruss-erhoeht-Druck-auf-Faeser.html
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Schlagwörter: Brandmauer gegen rechts, Kampf gegen rechts, Pseudoantifaschismus
27 Kommentare
Das ist deutsche Tradition. Egal wo es ein rechtsradikales Regime oder eine rechtsradikale Gruppe gibt, sie werden immer von Deutschland in Schutz genommen und unterstützt. Die einzige Ausnahme ist Deutschland selbst, da haben die Blockparteien den Rechtsradikalismus entsprechend eingefärbt, ihn schön bunt gemacht, und ihn damit sakrosankt gegen Kritik gemacht. Und da stören Konkurrenzveranstaltungen wie die AfD nur, auch wenn sich deren Politik, bis auf den Umgang mit Russland, praktisch gar nicht den Blockparteien unterscheidet.
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Nein, Herr Wetzel, Andrej Bilezki saß während des Maidan gemeinsam mit anderen führenden Mitgliedern der neo-faschistischen Organisationen “Patriot Ukraini” und “Sozial-Nationale Versammlung” im ukrainischen Knast. Drei Tage nach dem Staatsstreich, also am 24. Februar 2014, wurden sie auf freien Fuß gesetzt. Die Janukowitsch-Regierung hatte sie im Sommer 2012 “eingelocht”. Grund war meiner Erinnerung nach irgendeine versuchte Sprengung eines Denkmals.Der Anführer Bilezki und seine Truppe haben sich u.a. in den Kämpfen auf dem Maidan 2014 bewährt, als sie als „rechter Sektor“ quasi paramilitärisch die Proteste übernahmen und in eine für den Westen angenehme Richtung wendeten.
Anfang April 2014 begann die Aufstellung der “Freiwilligenbrigaden”, deren Kondensationskern die (rechten) Angehörigen der “Maidan-Selbstverteidigung” bildeten. Natürlich geschah dies in Reaktion auf die Erhebung im Donbass gegen den Putsch. Diese Batallione gaben sich zumeist irgendeinen regionalen Namen: Dnepr, Donbass, Aidar usw. Die Truppe um Bilezki wählte den Namen Asow (nach dem Asowschen Meer) und übernahm das Wolfsangel-Symbol von ihrer Organisation “Sozial-Nationale Versammlung”.
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Der regelrechte Brüller ist, daß diese Absagen aus gewissen Kreisen auch noch als “Cancel Culture” bejammert werden. Ich denke eher nicht, daß das Werben für faschistische Kriegstreiberei, und das auch noch mit einem ganzen Gebirge an Lügen, als “Kultur” durchgeht.
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Schon Allein die Aussage von Baerbock, die Ukraine darf die von den Russen besetzten Gebiete beschießen weil es um die Befreiung geht.
Die Hisbollah darf das nach ihrer Auffassung nicht obwohl es sich um von Israel rechtswidrig annektiertes Land handelt.
Man biegt sich alles so hin wie es einem als Kolonialist gerade passt.
GERECHTIGKEIT???
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Lese ich da richtig? Das Verbot der Grauen Wölfe sei eine “Entscheidung in alleiniger Hoheit der Exekutive“. Wer soll das machen? Polizeigewerkschafter Wendt? Der ist Exekutive. Wohl ein Witz.
Letzte Woche nun wurde das BIZ und andere schiitischen Vereine verboten und durchsucht. Das wurde von allen Parteien begrüßt und da fragt sich, warum das nicht schon längst gemacht wurde. Hat da der Tiefe Staat eine schützende Hand darüber gehalten? Darf man ja mal fragen. Wenn das Innenministerium das BIZ verbieten kann, dann wäre das bei den Grauen Wölfen noch viel leichter, denn diese sind keine Religionsgemeinschaft. Man will nicht. Aus Unterwürfigkeit gegen Erdogan.
Wobei ein Verbot nicht unbedingt zielführend ist. Diese Organisationen arbeiten dann im Untergrund weiter und bleiben unentdeckt. Eine Einstufung als Terrororganisation würde die Betreffenden sofort ins Visier der Terrorfahnder bringen. Damit endlich ermittelt wird, was die da so treiben. Mehr als gerechtfertigt, nach dem, was Herr Wetzel hier enthüllt hat.
Nicht einverstanden bin ich mit der Verharmlosung der Reichsbürger. Erst letzte Woche wurden 1000 Schusswaffen und 1,5 Tonnen Muinition in Aldingen konfisziert. Die sind in jeder Hinsicht zum Staatsstreich in der Lage. Mit Sturmgewehren, die nur die Bundeswehr haben darf. Ganz große Überraschung, wo haben sie denn die her? Natürlich von der Bundeswehr selbst, bei der in buchstäblich jeder Kaserne Waffen verschwunden sind. Wobei die BW nichts tat, um sie wieder zu bekommen. Na ja, sie hat einen Container aufgestellt, in den man die entwendeten Waffen einwerfen konnte. Die sind ja sicher nur versehentlich mitgenommen worden.
Das fanden alle völlig normal. Ich nicht.
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Das muss man sich mal vorstellen wie tief wir gesunken sind diesen Nazis nicht nur einen riesen Berg von Waffen sondern auch einen riesen Berg an Geldern einfach so zu überlassen. Könnt ihr euch vorstellen wie lange man rechtsradikale und gewaltbreite Terroristische rechte Netzwerke weltweit mit ein paar dutzend Milliarden Dollar betreiben kann?
Ich sag`s mal so wahrscheinlich bis zum Sankt Nimmerleinstag.
Habt ihr mittbekommen das die ehemaligen Wagner Leute von Ukrainischen Soldaten ausgebildeten ISIS Kämpfern in Mali getötet wurden?
Also die Ukrainer den Russen mittlerweile weltweit im Auftrag der CIA nachstellen und diese töten?
Für mich ist das die Geburtsstunde einer neuen USA Terrorbande die weltweit agieren kann. Da sind wir mit unseren naiven Unterstützung voll mittverantwortlich.
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es gibt heute keine Regierung mehr sondern nur einen Haufen bildungsloser , böser, egozentrischer Knalltüten die als Vollzieher der Wünsche des globalen Kapitals agieren und bei Bedarf jederzeit ausgewechselt werden können.
Vergeßt die Wahlen und lest lieber das Buch “How to take the risk out of democracy”
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Vielleicht mal eine Interview- Anfrage an “Türken- Armin” rausschicken.
Der soll eine Menge wissen, der Herr Laschet.
Das osmanische Reich kam zu seinem Ende, irgendwie im ehemaligen Yugoslawien wurde ein König getötet und danach brach der erste Weltkrieg aus. Das osmanische Reich wurde mit ‘europäischen Repressalien’ versorgt für 100 Jahre.
Diese Zeit ist lange her, aber diese ursprünglichen Auswirkungen sind existent bis heute.
Ursache /Wirkung / Exploration waren damals bis heute wirksam, vielleicht aber heute in einem neuen finalen Stadium.
Was jedoch von allen Seiten vehement gemieden wird, das jeder Teilnehmer mit krasser Nationalität vorging, hier existiert keine Entschuldigung noch eine bestätigte Äußerung ihres missverhaltens.
Es hat ja jeder tatkräftig mit dazu bei getragen für das töten von Menschen.
Hollande und Merkel schon ausser Dienst, schrien, ja wir haben Minsk I und II Verträge gebrochen und die Faschisten aufgerüstet.
Hat irgendjemand einen Prozess beantragt gegen die Personen?
Wir sprechen hier über Verträge die sogar von der UN unterzeichnet wurden.
Nein hier geht es in dieser Simulation darum, das gewisse Simulanten weiterhin in der Simulierung tätig sein dürfen.
Das was ich seit Jahren lese, versuche zu analysieren hat nichts und rein gar nichts mit Demokratie, nach meinem Verständnis, am Hut.
Die SMO durch Russland hatte vom Anfang bis zum heutigen Stand eine klare definierte Zielrichtung definiert. Diese Definition ist wohl auf die Ukraine ‘beschränkt’, ursprüngliche, aber doch über andere Länder hinweg zu verstehen.
Ich hatte immer dunkle schwarze Locken und als ich 16 war, begann ich in einem großen sozialistischen Betrieb mit einer Lehre. Sprüche wie ua. :”der Adi hätt dich vergast, von alten roten Genossen waren mir nicht fremd”. Sicher hat sich einiges geändert, aber vor allem deshalb weil den Linken aufgrund des hohen Alters die Nazis ausgingen und die Jungen nichts damit zu tun haben wollen. Aber ich denke das Ganze geschah nur oberflächlich und auch wegen der Vorherrschaft der USA.
Jetzt wird mir schon langsam klar, warum Baerboeck immer wieder vor den Russen warnt. Vermutlich will sie uns keine antifaschistische, bürgerfreundliche Regierung gönnen.
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Zum Hintergrund von Asow und deren Führer (der sich tatsächlich so sieht) Andrej Biletzki empfiehlt sich auch die Folge 73 von “Geschichten aus Wikihausen” mit Dirk Pohlmann:
Info: https://overton-magazin.de/top-story/diverse-bundesregierung-und-diverse-wolfsgruesse
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Weiteres:
Cancel Culture: Machtmittel und Gefahr für die Demokratie
nachdenkseiten.de, 30. Juli 2024 um 10:00 Ein Artikel von Tilo Gräser
„Nur was perfekt kontrolliert wird, kann die Sicherheit nicht bedrohen. Perfekte Kontrolle aber heißt Unterwerfung, heißt besiegen.“ Das schrieb der Kommunikationswissenschaftler Claus Eurich in seinem 1994 veröffentlichten Buch „Tödliche Signale – Die kriegerische Geschichte der Informationstechnik“. Es gilt bis heute und darüber hinaus. Die Methoden dabei werden ständig erweitert, wie Eurichs Fachkollege Michael Meyen in seinem neuesten Buch zeigt.
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Cancel Culture ist nicht nur einfach eine Marotte woker „Gutmenschen“ und selbsternannter „Antifa“-Aktivisten. Dieses Phänomen ist eher kulturlos und zerstört Kultur, aber es ist mehr: ein gezielt eingesetztes Machtmittel. Das hat der Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen kürzlich im Berliner „Sprechsaal“ deutlich gemacht, als er über dieses gesellschaftliche Phänomen sprach. Der selbst von dieser „sanften Zensur“ betroffene Kommunikationswissenschaftler hat sein neuestes Buch vorgestellt, das kürzlich unter dem Titel „Cancel Culture – Wie Propaganda und Zensur Demokratie und Gesellschaft zerstören“ erschien.
Meyen beschreibt darin unter anderem die technischen Grundlagen dieser neuen Form der Zensur, die ihre Wirkung vor allem mit Hilfe des Internets und der digitalen Plattformen erzielt. Er stellt fest, dass Internet und Ideologie, Kommunikationskanal und Inhalte „zusammenpassen wie die Faust aufs Auge“. Die digitalen Kommunikationskanäle würden über Spaltung funktionieren, erklärte er seinem Publikum in Berlin. Die digitale Kommunikation und das Internet funktionieren mit dem Code Eins und Null „und nichts dazwischen“. Wer Erfolg auf diesen Kanälen haben will, müsse moralisieren und „klare Kante zeigen. Dann muss ich mich zu einer Gruppe bekennen und alle anderen Gruppen ablehnen.“ Dieses Prinzip der Kommunikationskanäle sei in den 1960er-Jahren vom US-Kriegsministerium Pentagon auf den Weg gebracht worden, so Meyen.
Differenzierung und Zwischentöne seien bei alldem nicht mehr gefragt, machte er deutlich und verwies auf die „intellektuelle Barrierefreiheit“ der Inhalte. „Da muss man nicht viel lesen, um zu verstehen, worum es dabei geht“, was sich auch sehr gut eigne, „um Gut und Böse zu benennen“. Die ideologischen und theoretischen Konstrukte, auf die sich die entsprechenden Aktivisten – von Klima über Gender bis „Antifa“ – stützen, würden ihnen helfen, die Welt in Gut und Böse einzuteilen. Das passe zu den Kommunikationskanälen auf den digitalen Plattformen, die über Moralisierung und Polarisierung funktionierten.
„Beide Dinge kommen also aus der gleichen Küche“, erklärte der Kommunikationswissenschaftler und verwies auf die Zusammenarbeit des Pentagons mit den Digitalkonzernen. Und bei beiden, der Technologie wie den ideologisierten Inhalten, gehe es um Kontrolle. In den 1960er-Jahren begann nicht nur die Umwälzung der Technologie und Gesellschaft mit ihren einzelnen Bereichen durch die zunehmend massenhaft einsetzbaren Computer und damit der Digitalisierung. Die gleichzeitigen und teilweise mit der technologischen Entwicklung verbundenen globalen gesellschaftlichen Umbrüche machten den bis dahin Herrschenden Sorgen und Angst um ihre Macht – in Ost und West.
Gezielte Ablenkung
Zunehmend sei weltweit nach den Möglichkeiten einer freieren und gerechteren Gesellschaft gesucht worden, auch ausgehend von den sozialistischen Ideen, erinnerte Meyen. „Für die wenigen, die fast alles besitzen, ist das bedrohlich: Sehr viel mehr Menschen, die formal sehr viel besser gebildet sind und Zeit haben, weil sie sich nicht permanent ums Überleben kümmern müssen.“ Das sei in den 1960er-Jahren der Ansatzpunkt für die Entwicklung des Internets gewesen, das neben der Funktion als atomkriegssicheres Kommunikationssystem die eines Überwachungs- und Kontrollsystems habe. Letzteres könne nur funktionieren, wenn es global genutzt wird und die Eingabeinstrumente wie Computer und Smartphones von allen benutzt werden.
Dazu seien die Menschen gebracht worden mit Hilfe von Unterhaltungs- und Ablenkungsprogrammen, aber auch mit dem Aspekt der Bequemlichkeit und der scheinbaren Schnelligkeit der Kommunikation. Zu den Folgen gehöre, dass Studien zufolge junge Menschen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren rund 70 Stunden in der Woche die digitalen Geräte nutzen. Wir werden dabei in die Überwachung und Kontrolle gelockt, so Meyen, indem uns online Dinge geboten werden, nach denen wir suchen, zuallererst ein bequemes Leben. Dazu gehöre aber auch die Möglichkeit, auf diesen Geräten Informationen abzurufen, die den offiziellen Interpretationen der Wirklichkeit, der Rechtfertigungslehre und herrschenden Ideologie widersprechen. „Das ist der Trigger, der uns ins Netz bringt und der letztlich uns überwacht und kontrollierbar macht.“
Hinzu komme eine Ideologie, „die jungen Leuten das Gefühl gibt, fortschrittlich zu sein, auf der Seite der Guten zu stehen, ohne die entscheidende Frage nach dem Eigentum zu stellen: Wem gehört die Welt?“ Diese Frage werde nicht gestellt, und trotzdem könnten sich die davon abgelenkten jungen Aktivisten gut fühlen, weil sie „gegen das noch Bösere“ kämpfen. Meyen beschreibt das in seinem neuen Buch ausführlicher: „Cancel Culture ist ein Programm, das Deutungshoheit sichert und damit Macht.“
Meyen analysiert darin nicht nur einzelne Fälle wie Warnhinweise vor alten Filmen, vermeintlich nicht bestellbare Bücher und Quasi-Berufsverbote für Menschen, die diffamiert werden. Bei der Buchvorstellung machte er deutlich, wer für Cancel Culture verantwortlich ist: „Die Cancel Culture geht von den Leitmedien aus und von den Institutionen, die der Parteienstaat sich extra dafür geschaffen hat oder sich in den letzten Jahren unterworfen hat, die er gekapert hat. Diese Form der Zensur stützt sich auf ein intellektuelles Prekariat.“
Zu den Grundlagen der Cancel Culture gehöre die „Bewusstseinsindustrie“ in Bildung, Kultur, Medien und Politik. Wer dort tätig sei und in den großen Städten mit ihren hohen Lebenshaltungskosten lebe, habe oft nur Zeitverträge und halbe Stellen. Dieses „intellektuelle Prekariat“ konkurriere um die Posten in der Bewusstseinsindustrie. Es arbeite die Themen und die Moral ab, die von oben vorgegeben werden. Das sei das Futter für die Propaganda und die Zensur, die im Digitalkonzernstaat in der Zusammenarbeit von Regierung und Unternehmen durchgesetzt werden.
Gefahr für die Demokratie
Meyen stellte zu Propaganda und Zensur fest, dass diese als Begriffe für die Analyse westlicher Gesellschaften den Wissenschaftlern „weggenommen“ worden seien. Beides werde nur noch dem politischen Gegner in anderen Systemen zugeschrieben. Es gelte für Sozialwissenschaftler nicht mehr als legitim, Propaganda und Zensur auch in den westlichen Gesellschaften auszumachen – „beides machen nur die anderen“. Dass sie auch in dem Fall zutreffende Begriffe sind, dafür liefert er in seinem Buch eine Reihe von Beispielen.
„Propaganda ist für mich jeder Versuch staatlicher Stellen, öffentliche Meinung auf eine bestimmte Weise zu beeinflussen. Propaganda verlangt zwingend nach Zensur, wenn ich Öffentlichkeit auf bestimmte Weise beeinflussen will“, stellte er in Berlin klar. Als aktuelles Beispiel verwies er auf die politische und mediale Aufregung um die Friedensmission des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Das zeige, wie gegenläufige Ansichten, Gegenmeinungen unterdrückt werden. Diese würden sogar erfolgreich durch Zensur unterdrückt, die gegen Botschaften und Inhalte zum Einsatz komme. Entscheidend seien dabei zwei Eigenschaften der betroffenen Medien und Inhalte: Die eine ist der Widerspruch zur herrschenden Meinung und die andere die hohe Reichweite unter der Bevölkerung. Deshalb werde gegen Medien wie KenFM oder wie jüngst das Magazin Compact vorgegangen. Auch die NachDenkSeiten haben diese Methoden schon mehrfach zu spüren bekommen.
Meyen, der als Professor für Kommunikationswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) das von ihm Beschriebene selbst erlebt hat, betonte: „Propaganda und Zensur widersprechen meinem Demokratieverständnis. Demokratie ist für mich die Möglichkeit für uns alle, mitbestimmen zu können, wenn es um unser Leben geht, also um die Bedingungen geht, unter denen wir leben.“
Propaganda und Zensur würden mit Hilfe der sogenannten Leitmedien um- und durchgesetzt, die das „Gedächtnis der Gesellschaft“ fütterten. Sie würden die Themen bestimmen, über die die Menschen reden, ebenso die herrschende Moral. Wenn jemand nicht wisse, was in den Leitmedien berichtet wurde, falle er „aus der Gruppe von Menschen, die man ernst nehmen muss“. Auch dafür sei das Magazin Compact ein Beispiel, das nur wenige wirklich kennen würden und gelesen hätten. Aber die meisten hätten aus den Nachrichten erfahren, es sei „rechtsextremistisch“. Der „Stempel, den die Leitmedien für diese Angebote in das Gedächtnis der Gesellschaft eingebrannt haben“, wirke. Deshalb sei es schwer, diese Art von Zensur auch als Zensur deutlich zu machen und zu benennen.
Als eine der Grundlagen dieser Mechanismen beschrieb der Kommunikationswissenschaftler „eine sehr homogene Besetzung in einer Redaktion“ in den etablierten Medien. Es handele sich vorrangig um „Mittelschichtkinder mit akademischer Bildung, die in teuren Großstädten leben. Um seine Kinder heute in den Journalismus zu schicken, muss man Geld haben.“ Der Weg zu einer festen Stelle, wenn es solche noch gibt, sei zugleich sehr lang und dauere mehrere Jahre. Das bedeute lange Zeit wenig Einkommen und Unsicherheit, die sich junge Menschen aus Arbeiterfamilien nicht leisten könnten. Gegenwärtig würden beispielsweise zwei Drittel der Programmmacher im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 18.000 Menschen, ohne festen Arbeitsplatz arbeiten, so Meyen.
Zunehmende Moralisierung
Das sei bis Ende des 20. Jahrhunderts anders gewesen, erklärte er und stellte fest, dass Journalismus heute ein prekärer Beruf ist. Seit Jahren würden die Stellen selbst in den Lokalredaktionen abgebaut, was Konkurrenz und Konsensdruck erhöhe. Das sorge mit dafür, dass es in den Medien keinen Widerstand gegen die Vorgaben von oben gebe. Diese seien aber nur selten nötig, wofür eine „Verantwortungsverschwörung“ sorge: Diese stütze sich zum einen auf das vermeintliche Wissen der Journalisten, „was gut und richtig ist“ – „das ist bei Journalisten oft das Gleiche wie bei anderen Eliten in Wirtschaft, Kultur, Politik“. Zum anderen wüssten die Journalisten, dass sie Einfluss auf die Gesellschaft und die Öffentlichkeit haben. Und zuletzt bereinigten sie die Wirklichkeit um die Teile, die dem im Weg stehen könnten, was sie für gut und richtig hielten.
Meyen machte im Vortrag wie auch im Buch für die letzten Jahrzehnte eine zunehmende Moralisierung in Politik und Medien aus. Daraus seien gleichzeitig die Lebenswelt und die Themen der arbeitenden Menschen weitgehend verschwunden. Doch während in den Medien fortgesetzt Stellen abgebaut würden, rüste der politische und staatliche Propaganda-Apparat weiter auf. Dazu gehöre auch die zunehmende Kumpanei zwischen Regierungsstellen und Leitmedien, wie sich auch beim Überfall auf die Compact-Zentrale gezeigt habe. Solche Vorfälle habe es auch schon in den Jahren davor gegeben, so beim Vorgehen gegen einen Verlag, der kurdische Literatur herausgab.
Dabei würden die „Stempel im Gedächtnis der Mehrheitsgesellschaft“ in Bezug auf vermeintliche „Rechtsextremisten“ und „Terroristen“ helfen, eingebrannt mit Hilfe der Leitmedien. Für diese würde zum Beispiel auch die auf 40 Mitarbeiter aufgestockte Abteilung für „strategische Kommunikation“ im Bundesaußenministerium unter Annalena Baerbock (Grüne) sorgen.
Meyen bezeichnete die Zensur als die „andere Seite der Propaganda-Medaille“. Diese sei von der Europäischen Union (EU mit dem Digital Services Act (DSA)) massiv ausgebaut worden. Damit würden die Internetkonzerne mit ihren digitalen Plattformen zu Kumpanen der Politik und zu „Zensurmaschinen“ gemacht. Aber auch die Technologie der Plattformen wirke als Zensurmechanismus, da Reichweite von Inhalten und Botschaften nur durch Moralisieren erreichbar seien. Zugleich unterstütze sie die „Mechanik der Cancel Culture“: „Wir haben Leitmedien, die eine bestimmte Moral vorgeben, die bestimmte Themen vorgeben. Wir haben eine Reihe von Aktivisten im Hintergrund, die bereit sind, sich entsprechend zu äußern. Und wir haben die Angst vor dem öffentlichen Pranger.“
Er habe das selbst erlebt, sagte Meyen und verwies auf den Umgang der LMU mit ihm, nachdem ihm Aktivisten mit Hilfe der Süddeutschen Zeitung Nähe zu Antisemiten und „Verschwörungstheoretikern“ vorgeworfen hatten. Er sei durch die Zeitung gar zum „Fall für den Verfassungsschutz“ erklärt worden, weil er sich für ein „Querdenker“-Medium engagiert habe. Wer einmal durch Leitmedien, Plattformen oder einen Wikipedia-Eintrag negativ gebrandmarkt worden sei, laufe „Gefahr, dass ihnen entweder der Raum gekündigt wird, Demonstranten vor der Tür stehen, dass Bankdirektoren ihre Konten kündigen“. Die Angst vor dem öffentlichen Pranger bringe Bankdirektoren, Saalbetreiber, Buchherausgeber dazu, sich von Veranstaltungen und Menschen zu distanzieren.
Widerstand gegen geistige Verarmung
Dieses digitale Kesseltreiben mit einem negativen Wikipedia-Eintrag als Höhepunkt sorge dafür, dass Autoren keine Bücher mehr veröffentlichen, Künstler nicht mehr auftreten und ausstellen, Wissenschaftler nicht mehr lehren und vortragen können. Es treffe inzwischen selbst Ärzte, wie Meyen am Beispiel eines Psychiaters schilderte, der sich aktivistischen Trends widersetze.
„Allein schon die Angst, dass dieser Mechanismus in Gang gesetzt wird, führt dazu, dass bestimmte Dinge nicht mehr passieren, dass bestimmte Dinge nicht mehr stattfinden. Bestimmte Ausstellungen, bestimmte Vorträge, bestimmte Bücher werden nicht mehr publiziert.“
In der Folge würden viele Dinge nicht mehr an die Öffentlichkeit kommen. Vieles werde „stillschweigend entsorgt“. Das Ergebnis ist nicht nur eine Verengung des Debattenraumes, der zunehmend beklagt wird, und die Unterdrückung jeglichen freien Diskurses, worauf Meyen auch aufmerksam machte. Diese Entwicklung führe auch zu einer geistigen Armut in der Gesellschaft, die nur noch den Unterschied zwischen Gut und Böse zulässt – mit Hilfe der auf 0 und 1 basierenden digitalen Technologie. Eines der Mittel gegen die geistige Verarmung seien analoge Bücher, erklärte der Kommunikationswissenschaftler.
In der Diskussion nach seinem Vortrag betonte er: „Macht hat der, der bestimmen kann, wie wir über die Wirklichkeit sprechen, wie wir die Wirklichkeit sehen.“ Der Kommunikationswissenschaftler hat nach seinen Worten die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass „Ideen wachsen werden, auch Informationssammlung und Aufbereitung auf eine andere Basis zu stellen, als wir das jetzt in den Leitmedien haben“. Das gesellschaftliche Bewusstsein für die Rolle der Medien habe in den letzten zehn Jahren zugenommen, was eine Quelle für eine Gegenbewegung sei.
Er wurde auch nach Alternativen gefragt, worauf er auf die Möglichkeiten der analogen Kommunikation und Medien verwies. Letztere könnten nicht so schnell abgeschaltet werden wie digitale Kanäle und könnten Inhalte vermitteln, die auf den Internet-Plattformen durch die „Cancel Culture“ verschwinden.
Deshalb sei nicht nur auf Meyens Bücher hinweisen, sondern zum Abschluss ein weiteres Mal der Kommunikationswissenschaftler Claus Eurich zitiert. Der schrieb in seinem 1991 erschienenen Buch „Die Megamaschine – Vom Sturm der Technik auf das Leben und Möglichkeiten des Widerstands“:
„Eine Gesellschaft ohne Bibliotheken, ohne Buch und Lesen hat sich selbst aufgegeben. Sie wird sich hoffnungslos im Netzwerk der Elektronik verstricken, der überlebensnotwendigen Ideen beraubt.“
Eurich stellte klar: „Lesen ist kultureller Widerstand. Wer es missachtet, ist gegen das Denken.“
Titelbild: © Tilo Gräser
Buchtipp: Michael Meyen: Cancel Culture – Wie Propaganda und Zensur Demokratie und Gesellschaft zerstören. Verlag Hintergrund 2024, 80 Seiten, ISBN 978-3-910568-07-5, 10,90 Euro
Rubriken: Audio-Podcast Erosion der Demokratie Medienkritik Strategien der Meinungsmache Veranstaltungshinweise/Veranstaltungen
Schlagwörter: Cancel Culture Digitalisierung Kampagnenjournalismus Konformitätsdruck Leitmedien Meyen, MichaelZensur