aus e-mail von Clemens Ronnefeldt, 7. Februar 2024, 20:46 Uhr
Liebe Friedensinteressierte,
nachfolgend einige Beiträge zu den Kriegen
in der Ukraine und in der Krisenregion Naher
und Mittlerer Osten:
1. taz: Krieg in der Ukraine: Wieder zurück nach Hause
2. SZ: Russlands Krieg: Menschen als Kanonenfutter
3. SZ: Ihr kriegt mich nicht
4. Die Zeit: Internationaler Gerichtshof: UN-Gericht weist Klage gegen Russland weitgehend ab
5. FR: Ohne die USA: Deutschland bereitet riesige Waffen-Lieferungen für die Ukraine vor
6. Hugendubel: Bedrohter Diskurs - Deutsche Stimmen zum Ukrainekrieg
7. DFG-VK: Zivilgesellschaftliche Organisationen starten Kampagne für den
Stopp des teuren Hochrisikoprojekts FCAS
8. Quantara: Die Haltung der Bundesregierung zum Gaza-Krieg - Gefährlicher Irrweg
9. FR: USA erwägen Anerkennung von Palästina-Staat nach Krieg
10. SZ: Nahost: Der Anführer, dem die Palästinenser wirklich vertrauen
11. Handelsblatt: Biden droht eine Multi-Fronten-Krise in Nahost
12. Koop-Frieden: Entschiedener deutscher diplomatischer Einsatz für das sofortige Ende aller Kampfhandlungen in und um Gaza
13. Amnesty International: Aufrufe zu Nahost-Mitmach-Aktionen
14. Programm der 22. Internationalen Münchner Friedenskonferenz vom 16.-18.2.2024
——
1. taz: Krieg in der Ukraine: Wieder zurück nach Hause
https://taz.de/Krieg-in-der-Ukraine/!5989669/
Krieg in der Ukraine: Wieder zurück nach Hause
Russland und Ukraine tauschen Kriegsgefangene aus.
Zu den Zahlen gibt es unterschiedliche Angaben.
Es ist die zweite Aktion nach einer längeren Pause.
31. 1. 2024, 18:50 Uhr
Bernhard Clasen
KYJIW taz | Russland und die Ukraine haben erneut Kriegsgefangene
ausgetauscht. „195 gefangene russische Militärs haben die Ukraine
verlassen, 195 gefangene Ukrainer Russland“, berichtet die russische
Nachrichtenagentur Interfax.
„Als Ergebnis der Verhandlungen mit dem vom Kyjiwer Regime
kontrollierten Gebiet wurden 195 russische Soldaten, die sich in
Gefangenschaft in Lebensgefahr befanden, zurückgebracht“, teilte das
Ministerium mit. Gleichzeitig seien 195 Kriegsgefangene der
ukrainischen Armee der ukrainischen Seite übergeben worden.
Auch ukrainische Medien melden den Austausch. Sie berichten jedoch von
207 ukrainischen freigelassenen Gefangenen, ohne anzugeben, wie viele
Russen im Gegenzug freigelassen worden sind. 36 der ukrainischen
ehemaligen Gefangenen, berichtet das Portal rbc.ua, seien verletzt
oder krank.
„Unsere Leute sind zu Hause. 207 Jungs. Wir bringen unsere zurück,
egal was passiert. Wir denken an jeden einzelnen in Gefangenschaft,
Soldaten oder Zivilisten. Wir müssen alle zurückholen. Wir arbeiten
daran“, schrieb Präsident Wolodimir Selenski auf Telegram.
Nach Angaben von Andriy Ermak, Chef der Präsidialadministration, seien
unter den freigelassenen Ukrainern Soldaten der ukrainischen
Streitkräfte, der Nationalgarde, Grenzsoldaten und Polizisten.
Unter den Freigelassenen, so Ermak, seien auch Soldaten, die Mariupol
verteidigt und Militärs, die in Asowstal, auf der Schlangeninsel, in Donezk,
Saporischschja, Charkiw, Lugansk, Cherson und Sumy gekämpft hätten.
Der 50. Austausch
„Dies ist der zweite große Austausch nach einer langen Pause. Wir
arbeiten weiter und erfüllen den Auftrag des Präsidenten – alle
zurückzubringen… Wir haben eine große Aufgabe, viele unserer Leute
sind noch in Gefangenschaft, wir arbeiten daran, sie nach Hause zu
bringen“, schrieb Jermak.
Der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Dmytro
Lubinets, der immer an Gefangenenaustauschaktionen beteiligt ist,
betonte, dass dies der 50. Austausch zwischen der Ukraine und Russland
gewesen sei. (…)
—
2. SZ: Russlands Krieg: Menschen als Kanonenfutter
https://www.sueddeutsche.de/meinung/russland-soldaten-menschenrechte-krieg-1.6342988?reduced=true
Russlands Krieg: Menschen als Kanonenfutter
2. Februar 2024, 15:39 Uhr
Opfer von Putins Aggression sind die Ukrainer - aber auch jene russischen Soldaten,
die unfreiwillig in einen ungerechten Krieg ziehen.
Die Wehrpflicht in einem Land wie Russland gehört geächtet.
Gastkommentar von Saira Mohamed
(…)
----
In der SZ-Printausgabe vom 3./4.2.2024 steht der Artikel auf Seite 5
unter der Überschrift: „Kanonenfutter“:
(…) Angesichts der steigenden Opferzahlen zieht Moskau vermehrt
Wehrpflichtige ein. Das Höchstalter für die Einberufung wurde
angehoben; wer den Dienst verweigert, muss mit bis zu zehn Jahren
Gefängnis rechnen.
Dennoch versuchen unzählige Menschen, sich dem Ausreiseverbot für
Wehrpflichtige zu widersetzen. Andere bleiben und entziehen sich auf
andere Weise der Einberufung. Sie wehren sich mit dagegen, geopfert zu
werden. (…)
Nach dem Zweiten Weltkrieg urteilten Gerichtshöfe, die Wehrpflicht in
einem verbrecherischen Staat sei ein Beleg für den Tatbestand der
Aggression, jedoch kein Unrecht an sich. Laut Völkerrecht gilt die
Einberufung erwachsener Bürger als ein Recht souveräner Staaten,
unabdingbar für die Erhaltung des Staates selbst.
Kriegsführung ist seit Langem ein Merkmal der Souveränität. Der Jurist
Emmerich de Vattel vertrat im 18. Jahrhundert die Auffassung, eine
„Nation ist verpflichtet, sich selbst zu erhalten", und jeder Bürger
habe dem Staat zu dienen, wenn nötig in Form von Kriegsdienst. (…)
Zwingt ein Staat Menschen, in einem Angriffskrieg zu den Waffen zu
greifen, zwingt er sie dazu, ihre Familien zu verlassen, seelische
und körperliche Verletzungen oder den Tod zu erleiden oder anderen
körperliche oder seelische Verletzungen oder den Tod zuzufügen - und
dies im Namen einer Aktion, welche die Weltgemeinschaft für grauenhaft
erklärt hat. Dies ist an sich bereits ein Missbrauch.
Die Vierte Genfer Konvention verbietet einer Besatzungsmacht, eine
Person zum Dienst in ihren Streitkräften zu zwingen. Dies ist eine
absolute Regel, ein „schwerer Verstoß“ - die schwerste Kategorie der
Verletzung. Grund dafür ist, dass der Zwang, einem feindlichen Staat
zu dienen, die Loyalität gegenüber dem eigenen Staat untergraben oder,
in den Worten des Juristen Jean Pictet, „die patriotischen Gefühle
verletzen" könnte.
Wenn wir den aggressiven Staat als mutierte Version seines
ursprünglichen Selbst betrachten, lässt sich diese Begründung auch auf
das Verbot der Einberufung seiner Bürger ausweiten.
Es klingt vielleicht befremdlich, als Opfer dieses Krieges nicht nur
die geschundenen ukrainischen Zivilisten und Soldaten zu sehen, die
zur Verteidigung ihres Landes genötigt werden, sondern auch die
russischen Soldaten, die gezwungen sind, gegen diese zu kämpfen.
Doch das Unbehagen rührt von der durch unsere Gesetze und
Institutionen genährten Tendenz her, den Soldaten und den Staat, dem
er dient, gleichzusetzen, einen Reinheitstest für die Opferrolle zu
verlangen und eine Welt zu akzeptieren, in der Staaten ihre Soldaten
als entbehrliche Ressourcen und nicht als Menschen behandeln dürfen.
Die Ächtung der Wehrpflicht für Angriffskriege würde nichts daran
ändern, dass Russland diese Praxis fortführt.
Doch sie kann der Behandlung, die seine Rekruten erfahren, einen Namen
geben und es rechtlich und moralisch für falsch erklären, dass ein
Staat Menschen zwingt, sich zur Unterstützung eines internationalen
Verbrechens zu opfern - und mit der Vorstellung aufräumen, dass ein
Mensch, sobald er Soldat wird, seine Menschlichkeit und sein Recht auf
Schutz vor einem misshandelnden Staat verliert und nicht mehr darauf
zählen kann, dass eine internationale Gemeinschaft diesen Missbrauch
auch nur benennt.
Erweitern wir unsere Perspektive auf die gewaltigen Schrecken dieses
Krieges, so können wir auch unser Verständnis ändern von der
vermeintlichen Freiheit eines Staates, seine Bürgerinnen und Bürger zu
Werkzeugen krimineller Zerstörung zu machen.
Saira Mohamed ist Professorin für Rechtswissenschaften an der
University of California, Berkeley, und auf Strafrecht und
Menschenrechte spezialisiert. Sie forschte unter anderem an der
American Academy in Berlin.
Aus dem Englischen übersetzten Ingo J. Biermann.
——
3. SZ: Ihr kriegt mich nicht
https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/ukraine-kriegsdienstverweigerung-deutschland-front-fluechtlinge-e447678/?reduced=true
Ihr kriegt mich nicht
Je verzweifelter die militärische Lage der Ukraine ist, desto härter
mobilisiert der Staat. Das Land bräuchte dringend neue Soldaten, zum
Beispiel die Männer, die nach Deutschland geflohen sind. Besuch bei
einem, der gar nicht daran denkt, in den Krieg zu ziehen.
Von Sonja Zekri
2. Februar 2024
(…)
——
In der Printausgabe der SZ vom 3./4.2.2024 , Seite 3, steht der
Artikel ebenfalls unter der Überschrift „Ihr kriegt mich nicht“.
(…)
Michail Prokopenko hat Kiew nicht verteidigt. (…) Er ist einer von
etwa 200 000 Männern im wehrfähigen Alter, die in Deutschland leben.
Und er hat sich sehr früh entschieden, dass er nicht kämpfen, nicht
töten und vor allem nicht sterben will. (…) Michail Prokopenko ist
nicht sein richtiger Name. (…)
Dass der ukrainische Präsident während seines Wahlkampfs großspurig
verkündet hatte, er werde im persönlichen Gespräch mit dem russischen
Präsidenten Wladimir Putin eine Lösung für die damals schon umkämpfte
Ostukraine finden, liegt Jahre zurück, aber Prokopenko hat es ebenso wenig
vergessen wie Selenskijs Satz, er habe „Frieden in Putins Augen“ gesehen.
Stattdessen hätte Selenkij rüsten müssen, was das Zeug hält, so wie es
sein Vorgänger Petro Poroschenko getan habe. (…)
Als er im Einberufungsbüro Manager, Lehrer, Anwälte, Geschäftsleute
sah, die zu Soldaten auf dem Weg in den Krieg wurden, eine
fließbandhafte Umwandlung von zivilen Individuen in eine Armee, wurde
ihm auch unheimlich. „Ich begriff: Wenn ich um mein Leben und die
Zukunft meiner Familie kämpfen will, dann beginnt der Kampf genau jetzt.“
(…) der Staat könne alles Mögliche versprechen, am Ende sei der Mensch
allein verantwortlich für seine Taten. „Dass mein Kind einen Vater
hat, ist meine Verantwortung und nur meine.“ (…)
Dass die Bundesregierung ihn ausliefern könnte, glaubt er keine
Sekunde. Dass die CDU die Kürzungen des Bürgergeldes für
Kriegsdienstflüchtlinge ins Spiel gebracht hat, findet er, vielleicht
nicht zu Unrecht, populistisch. (…)
—
4. Die Zeit: Internationaler Gerichtshof: UN-Gericht weist Klage gegen Russland weitgehend ab
https://www.zeit.de/news/2024-01/31/klage-von-ukraine-gegen-russland-weitgehend-abgewiesen
Internationaler Gerichtshof: UN-Gericht weist Klage gegen Russland weitgehend ab
Aktualisiert am 31. Januar 2024, 18:26 Uhr
ZEIT ONLINE hat diese Meldung redaktionell nicht bearbeitet. Sie wurde
automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen.
Der Internationale Gerichtshof hat eine Klage der Ukraine von 2017
gegen Russland wegen finanzieller Unterstützung der prorussischen
Rebellen in der Ostukraine zum größten Teil abgewiesen.
Das höchste Gericht der Vereinten Nationen wies in seinem Urteil am
Mittwoch in Den Haag zugleich auch die Klage wegen vermeintlicher
Diskriminierung von Ukrainern und Tataren auf der Krim weitgehend ab.
Die von der Ukraine erhobenen Vorwürfe seien in beiden Fällen nicht
ausreichend belegt, erklärte der Gerichtshof. Moskau muss nun auch
keinen Schadenersatz bezahlen. Die Richter wiesen eine entsprechende
Forderung der Ukraine ab.
Die UN-Richter erklärten aber, dass Moskau gegen eine rechtlich
bindende Anordnung von 2017 verstoßen habe. Damals hatte das Gericht
beiden Parteien auferlegt, alles zu tun, um den Konflikt nicht zu
verschlimmern. 2022 hatte Russland dann aber die Ukraine überfallen.
Die Ukraine hatte Russland bereits 2017, also lange vor der russischen
Invasion vor zwei Jahren, vor dem Gerichtshof verklagt und sich dabei
auf die Konvention zum Verbot der Finanzierung von Terrorismus berufen.
Nach Darstellung der Ukraine hatte die Aggression Russlands 2014 im
Donbass und auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim begonnen,
die Russland bis heute annektiert.
Die Richter beurteilten jetzt nur die Ereignisse vor der Invasion von
2022 und erklärten, dass die von der Ukraine vorgelegten Beweise für
einen angeblich von Moskau finanzierten Terrorismus im Donbass nicht
ausreichten.
Die Konvention, die der Klage zugrunde lag, beziehe sich auch nicht
auf die Unterstützung mit Waffen. Moskau hat dem Urteil zufolge aber
nicht genug getan, um einzelne Vorwürfe zu möglicher Finanzierung von
Terrorismus zu untersuchen.
Kein Schadenersatz für Abschuss von MH17
Die Richter wiesen auch die Forderung nach Schadenersatz für den
Abschuss des Passagierfluges MH17 vor fast zehn Jahren ab. Im Sommer
2014 war die Boeing der Malaysia Airlines über umkämpftem Gebiet der
Ostukraine von Rebellen mit einer russischen Luftabwehrrakete
abgeschossen worden.
Alle 298 Menschen an Bord wurden getötet. Ein Strafgericht in Den Haag
sah es als erweisen an, dass die Rakete aus Russland geliefert worden war.
Urteile des Internationalen Gerichtshofes sind bindend. Das Gericht
hat aber nicht die Mittel, diese durchzusetzen. Das jetzige Urteil ist
eine Niederlage für die Ukraine, die sich Unterstützung für weitere
Forderungen nach mehr Sanktionen gegen Russland erhofft hatte. Moskau
hatte die Vorhaltungen strikt zurückgewiesen.
Auch im zweiten Teil der Klage war die Ukraine nicht erfolgreich. Die
UN-Richter sahen kaum eine Grundlage für den Vorwurf der ethnischen
Diskriminierung von Ukrainern und Tataren auf der Krim.
In dem nun seit fast zehn Jahren andauernden Konflikt läuft noch ein
zweites Verfahren gegen Russland, ebenfalls nach einer Klage der
Ukraine. Kiew beschuldigt Russland des Missbrauchs der
Völkermord-Konvention. Moskau hatte seinen Überfall auf die Ukraine
nämlich damit begründet, dass ein Völkermord gegen Russen verhindert
werden müsse.
In diesem Verfahren fällt am Freitag eine erste Vorentscheidung. Die
UN-Richter entscheiden, ob sie befugt sind, über diese Klage zu
urteilen. 32 westliche Verbündete der Ukraine, darunter auch
Deutschland, unterstützen die Klage.
——
5. FR: Ohne die USA: Deutschland bereitet riesige Waffen-Lieferungen für die Ukraine vor
https://www.fr.de/politik/panzer-marder-usa-deutschland-waffen-lieferungen-ukraine-ausgaben-leopard-92814394.html?utm_source=pocket-newtab-de-de
Ohne die USA: Deutschland bereitet riesige Waffen-Lieferungen für die Ukraine vor
Stand: 07.02.2024, 14:54 Uhr
Von: Patrick Mayer
Von: Patrick Mayer
Kiew – Deutschland belegt bei den Ausgaben für Waffen-Lieferungen an
die Ukraine den zweiten Platz – weit hinter den USA. Aber deutlich vor
den anderen Nato-Mitgliedern.
Laut „heute journal“ des ZDF hat die Bundesrepublik den ukrainischen
Streitkräften bislang Waffen im Wert von 17,13 Milliarden Euro (Stand
31. Januar) übergeben. Die Amerikaner stellten demnach Waffen und
anderes Material im Wert von 43,86 Milliarden Euro bereit. Auf Platz
drei rangiert Großbritannien mit einem Investment von 6,57 Milliarden Euro.
Italien (0,69 Milliarden Euro) und Frankreich (0,54 Milliarden Euro)
liegen bei der Ukraine-Unterstützung indes weit hinter Deutschland,
weswegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Partner aus der Nato und
aus der Europäischen Union (EU) jüngst sogar öffentlich kritisierte.
Während zudem die Militärhilfen aus den Vereinigten Staaten aktuell
durch die Republikaner von Donald Trump im Kongress geblockt sind,
arbeitet Deutschland am nächsten riesigen Waffenpaket für die Ukraine,
deren Armee an mehreren Stellen der Front schwer unter Druck steht.
Laut „heute journal“ des ZDF hat die Bundesrepublik den ukrainischen
Streitkräften bislang Waffen im Wert von 17,13 Milliarden Euro (Stand
31. Januar) übergeben. Die Amerikaner stellten demnach Waffen und
anderes Material im Wert von 43,86 Milliarden Euro bereit. Auf Platz
drei rangiert Großbritannien mit einem Investment von 6,57 Milliarden Euro.
Italien (0,69 Milliarden Euro) und Frankreich (0,54 Milliarden Euro)
liegen bei der Ukraine-Unterstützung indes weit hinter Deutschland,
weswegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Partner aus der Nato und
aus der Europäischen Union (EU) jüngst sogar öffentlich kritisierte.
Während zudem die Militärhilfen aus den Vereinigten Staaten aktuell
durch die Republikaner von Donald Trump im Kongress geblockt sind,
arbeitet Deutschland am nächsten riesigen Waffenpaket für die Ukraine,
deren Armee an mehreren Stellen der Front schwer unter Druck steht.
(…)
-------
6. Hugendubel: Bedrohter Diskurs - Deutsche Stimmen zum Ukrainekrieg
https://www.hugendubel.info/detail/ISBN-9783949116216/HerausgegebenTheisen-Hermann/Bedrohter-Diskurs
Buchhinweis:
Bedrohter Diskurs
Deutsche Stimmen zum Ukrainekrieg
Herausgegeben von Theisen, Hermann <https://www.hugendubel.info/suchergebnis?bpmquery=A%3A%22herausgegeben%20theisen%20hermann%22> und Donat, Helmut <https://www.hugendubel.info/suchergebnis?bpmquery=A%3A%22donat%20helmut%22>
"Bedrohter Diskurs - Deutsche Stimmen zum Ukrainekrieg“
368 Seiten, Hardcover, Donat-Verlag 2023, 24,80 Euro.
—————
7. DFG-VK: Zivilgesellschaftliche Organisationen starten Kampagne für den
Stopp des teuren Hochrisikoprojekts FCAS
https://escape-fcas.dfg-vk.de/
Zivilgesellschaftliche Organisationen starten Kampagne für den
Stopp des teuren Hochrisikoprojekts FCAS
Zivilgesellschaftliche Gruppen starten eine neue Kampagne, „[ESC]
FCAS: Cyberkampfjets stoppen!“, die sich für den Stopp des in der
Entwicklung befindlichen Projekts „Next Generation Weapon Systems im
Future Combat Air System“ (kurz NGWS im FCAS) einsetzt, welches in der
Öffentlichkeit oft verkürzt als FCAS bezeichnet wird.
Im Rahmen der Verabschiedung des Haushalts für 2024 warnt die
Kampagne vor enormen (Folge-)Kosten und fordert die Abgeordneten des
Bundestages zu einem Stopp des risikobelasteten Gemeinschaftsprojekts auf.
(…)
Allein die Entwicklungskosten werden auf 100 Milliarden Euro
geschätzt. Doch das ist erst der Anfang: Wie kürzlich in einer
Studie von Greenpeace errechnet wurde, könnte das Projekt über den
Lebenszyklus zwei Billionen Euro verschlingen.
Dabei zeichnet sich ab, dass die Rüstungsindustrie viel zu spät
liefern wird, von zehn Jahren ist jetzt schon die Rede. 2021, kurz vor
der Entscheidung des Bundestags über Finanzmittel für das Projekt
warnte der Bundesrechnungshof wie das Beschaffungsamt der Bundeswehr
vor Risiken des Projekts.
Die einseitige Priorisierung des Militärischen birgt zudem soziales
Konfliktpotenzial. Marius Pletsch von der Deutschen
Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
meint:
„Gebunden durch die selbst angelegten Fesseln der Schuldenbremse geht
die Priorisierung fraglicher Rüstungsprojekte wie dem
Cyberkampfjetsystem FCAS zulasten wichtiger staatlicher Aufgaben, wie
der Eindämmung der Klimakatastrophe, der Schaffung von bezahlbarem
Wohnraum, der Beendung von Kinderarmut und der Gewährleistung
funktionierender öffentlicher Mobilität.“
Daher fordert die neue Kampagne die Abgeordneten des Bundestages zu
einem sofortigen Stopp des enorm kostspieligen Hochrisikoprojekts FCAS auf.
Für Interviews oder bei Nachfragen nehmen Sie bitte jederzeit Kontakt zu uns auf:
Marius Pletsch (DFG-VK): pletsch@dfg-vk.de, +49 175 3503405
Christoph Marischka (IMI): imi@imi-online.de, 07071/49154
Frederic Jage-Bowler (IPPNW): jagebowler@ippnw.de, 03069807415
—
8. Quantara: Die Haltung der Bundesregierung zum Gaza-Krieg - Gefährlicher Irrweg
https://qantara.de/artikel/die-haltung-der-bundesregierung-zum-gaza-krieg-gef%C3%A4hrlicher-irrweg
Die Haltung der Bundesregierung zum Gaza-Krieg - Gefährlicher Irrweg
Die kaum hörbare Kritik der Bundesregierung an der israelischen
Kriegsführung in Gaza richtet großen außen- und sicherheitspolitischen
Schaden an und schwächt die Demokratie in Deutschland und weltweit.
Umsteuern ist dringend nötig.
Kommentar von Matthias Sailer
Das parteiübergreifende Entsetzen in Deutschland über die Massaker der
Hamas am 7. Oktober war und ist groß. Etwa 1139 Menschen wurden getötet,
rund 240 als Geiseln entführt.
Die unmenschlichen Gräueltaten haben einen Aufschrei und eine
umgehende Solidarisierung mit Israel bewirkt. Solche Empathie ist
ein Zeichen von Menschlichkeit und sollte eine normale Reaktion auf
erbarmungslose Grausamkeit sein.
(…)
Das humanitäre Völkerrecht gilt absolut
Die ethisch-moralische Schuld, die nicht mehr überzeugend zu
leugnenden Kriegsverbrechen Israels gegen die Menschen in Gaza so
lange ignoriert und gedeckt zu haben, müssen diese Politiker mit ihrem
Gewissen ausmachen.
Ethik und Moral allein hätten bereits vor Monaten geboten, dieser
israelischen Regierung in wachsender Deutlichkeit und Lautstärke auch
öffentlich zu kommunizieren, dass die Kriegsverbrechen der Hamas kein
Rechtfertigungsgrund für Kriegsverbrechen durch Israel sein können.
Das ist schlicht geltendes Völkerrecht. Sie hätten geboten, sich
frühzeitig mit ganzer Kraft auf allen diplomatischen Kanälen und mit
wachsendem politischem Druck für eine schnelle und andauernde
Waffenruhe einzusetzen.
Doch wenn Ethik und Moral als Argument nicht ausreichen, hätten
zumindest kühle geostrategische Betrachtungen die Bundesregierung aus
ihrer dogmatisch-ideologischen Starre rütteln müssen.
Denn ihre monatelange Verteidigung der israelischen Kriegsführung
trotz der erdrückenden Indizienlage für Kriegsverbrechen ist
international, insbesondere in den Ländern des globalen Südens,
genau beobachtet worden.
Unentwegt hatte die deutsche Regierung die Länder seit dem russischen
Angriff auf die Ukraine dazu aufgefordert, Russlands
Völkerrechtsverbrechen in internationalen Foren und den Institutionen
der Vereinten Nationen zu verurteilen und Sanktionen gegen Russland
mitzutragen.
Ansonsten werde man bald in einer Welt leben, in der das Recht des
Stärkeren gelte und nicht mehr das Völkerrecht. Es gehe um nicht
weniger als die Verteidigung der regelbasierten internationalen
Ordnung. Hatte es geheißen.
Heute blicken eben diese Länder auf die nicht mehr glaubhaft vom Tisch
zu wischenden schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch
Israel und auf dieselbe deutsche Regierung, wie sie das israelische
Wüten in Gaza verteidigt oder verharmlost.
Das Ausmaß des so verursachten Glaubwürdigkeitsverlusts Deutschlands
ist gewaltig.
Messen mit zweierlei Maß
Das lange Schweigen und die auch heute noch viel zu leise Kritik der
Bundesregierung an der israelischen Kriegsführung in Gaza gefährdet so
direkt die Sicherheit der Europäischen Union und Deutschlands.
Denn zukünftig wird es schwerer werden, Verbündete gegen Russland zu
gewinnen oder zumindest zu halten, um gemeinsam für eine auf dem
Völkerrecht basierende internationale Ordnung zu kämpfen.
Der Vorwurf, Deutschlands politische Führung setze sich für das
internationale Recht nur dann ein, wenn es gerade in ihrem Interesse
liegt, ist berechtigt.
Dieses Messen mit zweierlei Maß wird uns noch lange vorgehalten
werden. Und sollte Russland irgendwann erneut auf territorialen
Beutezug gehen, oder auch China, werden uns viele auslachen, wenn wir
mit dem Völkerrecht argumentierend um Unterstützung bitten.
Der Schaden ist jedoch noch weit größer. Denn die Bevölkerungen der
Länder im Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika hegen große
Sympathien für die in Gaza und im von Israel völkerrechtswidrig
besetzten Westjordanland leidenden Menschen.
Nicht selten nutzen die in diesen Ländern herrschenden Autokraten
diese Ungerechtigkeiten gegen die Palästinenser auch zur Mobilisierung
der eigenen Bevölkerungen.
Wut auf ein westliches Land zu schüren, das solche Ungerechtigkeiten
unterstützt, ignoriert oder mit zweierlei Maß misst, eignet sich dabei
hervorragend, um von der Unterdrückung, wirtschaftlichen Ausbeutung
oder dem politischen Versagen im eigenen Land abzulenken und um
Unzufriedenheit auf einen externen Feind zu kanalisieren.
(…)
Jetzt ist Schadensbegrenzung angesagt
Schließlich ist es der Kern der vage formulierten und undefinierten
Staatsräson der Bundesregierung selbst, dem die derzeitige
Israel-Palästina-Politik Deutschlands großen Schaden zufügt: der
Sicherheit Israels.
Das Wüten der in großen Teilen ultrarechten israelischen Regierung im
Gaza-Streifen ist ein gigantischer Inkubator für Wut und Hass gegen
Israel - in Gaza, den besetzten Gebieten, der Region und weltweit.
Die unfassbaren Zerstörungen durch die israelischen Streitkräfte in
Gaza, die tausenden getöteten Frauen und Kinder, die grausam
Verstümmelten und die unzähligen für den Rest ihres Lebens
Traumatisierten müssen jedem Politiker in Deutschland klar machen,
dass diese Kriegsführung der Sicherheit Israels nicht nützt, sondern
ihr enormen Schaden zufügt.
Die derzeitige Interpretation der Staatsräson, deren Kern ja die Sicherheit
Israels sein soll, führt diesen Kern ad absurdum.
Die Bundesregierung darf die erdrückende Indizienlage für israelische
Kriegsverbrechen nicht weiter ignorieren. Sie muss sie sehr viel
lauter und klarer benennen und thematisieren. Ansonsten deckt sie
solche Verbrechen und signalisiert der israelischen Regierung, dass
sie in Gaza weiter wüten kann wie bisher.
Angesichts der Entscheidung des IGH sind auch deutsche
Waffenlieferungen derzeit nicht mehr vertretbar. Vielmehr muss sich
die Bundesregierung mit aller Kraft für die Umsetzung der vom IGH an
Israel gemachten Auflagen einsetzen.
Schließlich muss sie all ihre Ressourcen für eine schnelle und
andauernde Waffenruhe mobilisieren und sich dann für eine auch von der
Mehrheit der Palästinenser als gerecht empfundene Lösung dieses
Konflikts einsetzen. Die von ihr begangenen geostrategischen Fehler
und der angerichtete außen- und sicherheitspolitische Schaden können
auf absehbare Zeit nicht rückgängig gemacht werden. Jetzt geht es vor
allem um Schadensbegrenzung.
Matthias Sailer
Dr. Matthias Sailer ist Politikwissenschaftler und war bis Ende 2022
Vorstandsreferent des Bundesvorstands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für
den Bereich Europa & Internationales.
Von 2014 bis 2017 war er Mitglied der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer
Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
Zuvor arbeitete er als freier Journalist in Kairo.
—————
8. FR: USA erwägen Anerkennung von Palästina-Staat nach Krieg:
https://www.fr.de/politik/israel-krieg-gaza-palaestina-staat-anerkennung-usa-nahost-konflikt-zweistaatenloesung-zr-92808447.html
USA erwägen Anerkennung von Palästina-Staat nach Krieg:
Ex-Nahost-Gesandter sieht „Verrat an Israel“
Stand: 01.02.2024, 13:05 Uhr
Von: Lukas Rogalla
Washington, D.C. – Die USA erwägen offenbar, nach dem Krieg in Israel
und im Gazastreifen einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Das
berichten US-Medien wie Axios unter Berufung auf das Außenministerium
in Washington. US-Top-Diplomat Antony Blinken habe das Ministerium
demnach damit beauftragt, mehrere entsprechende Optionen zu prüfen.
Etwa könnten die USA ihr Veto im UN-Sicherheitsrat zugunsten der
Anerkennung eines palästinensischen Staats aufgeben und international
um weitere Unterstützung werben.
„Ja, wir streben aktiv die Errichtung eines unabhängigen
palästinensischen Staates mit echten Sicherheitsgarantien für Israel
an“, sagte Ministeriumssprecher Matthew Miller am Mittwoch (31.
Januar) in Washington.
Blinken habe auch um Vorschläge gebeten, wie ein „demilitarisierter
palästinensischer Staat“ aussehen könnte, heißt es im Bericht. Man
wolle prüfen, wie die Sicherheit Israels in einer Zweistaatenlösung
gewährleistet werden kann.
Jason Greenblatt, der den damaligen Präsidenten Donald Trump in
Nahost-Fragen beraten hatte und als Gesandter für die Region agierte,
zeigte sich mit Hinblick auf den Bericht bitter enttäuscht: „Dies wäre
ein großer Fehler, ein Verrat an Israel und würde es viel
komplizierter machen, etwas Wahres zu erreichen, das allen
zugutekommen könnte“, schrieb er auf X. (…)
Viele Länder in Nahost setzen die Schaffung eines palästinensischen
Staats voraus, um überhaupt diplomatische Beziehungen zu Israel
aufzunehmen. Die USA sehen vor allem Saudi-Arabien als zukünftigen
Partner Israels in der Region, sollte es einen Staat Palästina und
folglich ein Normalisierungsabkommen geben.
Auch Großbritanniens Außenminister David Cameron hat sich für eine
vorgezogene Anerkennung eines palästinensischen Staats offen gezeigt.
Ein solcher Schritt würde helfen, eine Zweistaatenlösung zu einem
unumkehrbaren Prozess zu machen, sagte Cameron am Dienstag (30.
Januar). Es sei notwendig, den Palästinensern einen „politischen
Horizont“ aufzuzeigen, um den Konflikt mit Israel zu beenden. (…)
———
10. SZ: Nahost: Der Anführer, dem die Palästinenser wirklich vertrauen
https://www.sueddeutsche.de/politik/palaestinenser-anfuerher-marwan-barghouti-fatah-hamas-israel-1.6344244?reduced=true
Nahost: Der Anführer, dem die Palästinenser wirklich vertrauen
5. Februar 2024, 16:34 Uhr
Marwan Barghouti, Fatah-Mann mit besten Drähten zur Hamas, gilt vielen
als Retter und der Mann für die Zweistaatenlösung. Dass er seit mehr
als 20 Jahren in israelischer Haft sitzt? Egal.
Von Peter Münch, Tel Aviv
——
In der SZ-Printausgabe vom 6.2.2024 steht der Artikel unter
der Überschrift: Profil - Marwan Barghouti auf Seite 4:
Es ist Krieg, es herrscht Verzweiflung, und niemand hat eine Lösung.
Kein Wunder also, dass in den nahöstlichen Wirren nun nach einem
Retter gesucht wird - und dass dabei schnell sein Name auf- taucht:
Marwan Barghouti. Als prominentester palästinensischer Häftling könnte
er im Austausch gegen die israelischen Geiseln in Gaza aus dem
Gefängnis freikommen.
Das allerdings soll nur die erste Stufe sein in einem hochfliegenden Plan.
Anschließend nämlich soll der Fatah-Mann mit besten Drähten zur Hamas
nicht nur die Palästinenser einen, sondern gleich noch den Frieden im Rahmen
einer Zweistaatenlösung vorantreiben.
Alles in dieser Barghouti-Saga spielt sich noch im Konjunktiv ab. Noch
gibt es keinen Geisel-Deal, noch weiß niemand, ob er es dabei auf die
Austauschliste schaffen würde - und erst recht kann keiner vorsagen,
welche Rolle der 64-Jährige dann nach mehr als 20 Jahren in Haft
tatsächlich spielen könnte.
Aber Barghoutis Vita lässt Raum für Hoffnungen eben so wie für
Projektionen, und überdies wird der Mythos noch aufgeladen durch eine
gern gepflegte Parallelität: War nicht Nelson Mandela auch für 27
Jahre eingesperrt, ehe er in Südafrika zum Präsidenten und
Friedensbringer wurde?
Für viele Israelis mag Barghouti ein Terrorist sein mit Blut an den
Händen. Für die Palästinenser ist er über alle Lager hinweg ein
Volksheld und Freiheitskämpfer. (…)
1994, zu Zeiten der Osloer Verträge, kehrte er an Arafats Seite in die
Heimat zurück. Er bekannte sich zum Frieden mit Israel und zur
Zweistaatenlösung. (…)
Als die Palästinenser nach zwei Kriegsmonaten nun in einer Umfrage
wählen sollten, wen sie im Präsidentenamt sehen wollen, kam Barghouti
unangefochten auf den ersten Platz. Hamas-Chef Ismail Hanija wurde
Zweiter, der amtierende Präsident Mahmut Abbas landete weit
abgeschlagen auf Platz 3.
Die Frage ist allerdings, ob Israels rechte Regierung einen Mann
freilässt, der die Zweistaatenlösung voran bringen könnte. Und ob die
Palästinenserführung wirlich Interesse hat an solcher Konkurrenz.
Peter Münch
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