*Paris: Frankreich will Kontakt mit Russland aufrechterhalten*
Der Dialog mit Russland sei notwendig, wenn die europäischen Länder zu
einem "nachhaltigen" Frieden zurückkehren wollen. Darauf wies die
französische Außenministerin Catherine Colonna hin. Paris unterhalte
Kontakte mit Moskau "auf allen Ebenen" und wolle dies auch beibehalten,
so die Ministerin in einem Interview mit dem Fernsehsender /LCI/. Sie
hob hervor: /"Wir möchten die Kontakte mit Russland aufrechterhalten,
wie viele andere Nationen und andere internationale Beamte auch."/
Sie erwähnte auch, dass sie Gelegenheit gehabt habe, mit dem russischen
Außenminister Sergei Lawrow am Rande des G20-Gipfels in Indonesien im
November 2022 zu sprechen. Auch der französische Botschafter in Moskau
stehe in ständigem Kontakt mit russischen Beamten. Colonna fügte hinzu:
/"Wir haben diplomatische Kontakte, die nicht immer einfach sind, aber
die es uns ermöglichen, Meinungen auszutauschen, Botschaften zu
übermitteln, Bitten zu äußern und zu hoffen, trotz allem gehört zu werden."/a
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
06.01.2023
Die Hungermacher (III) EU verhindert weiterhin die Belieferung Afrikas mit russischen Düngemitteln. UNO warnt vor Hunger. Deutscher Politiker zieht die Nutzung von Hunger als Druckmittel in Konflikten in Betracht.
german-foreign-policy.com, 6. Januar 2023
BERLIN/BRÜSSEL/MOSKAU (Eigener Bericht) – Die EU verhindert mit ihren Sanktionen trotz gegenteiliger Behauptungen immer noch die Belieferung vor allem afrikanischer Länder mit dringend benötigten russischen Düngemitteln. Dies belegt etwa die Tatsache, dass russische Unternehmen klagen, trotz der Erleichterungen, die Brüssel im Dezember zugesagt habe, würden Düngemittellieferungen nach Afrika weiterhin ausgebremst. Hinzu kommt, dass die Vereinten Nationen Gespräche über die Wiederöffnung einer blockierten Pipeline, die russisches Ammoniak durch die Ukraine leitet, ohne Termin vertagen mussten. Pipelines, die russisches Erdgas in die EU leiten, blockiert die Ukraine nicht. 2022 sanken die russischen Düngemittelexporte um rund 15 Prozent – wohl vor allem zu Lasten afrikanischer Staaten. Die Vereinten Nationen warnen, das Fehlen von Dünger verursache Ernteausfälle, die zu Hungersnöten führen können. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter zieht die Drohung mit Hunger in Handelskonflikten mit China in Betracht. Sofern ein Staat Deutschland keine Seltenen Erden mehr liefere, könne man laut Hofreiter fragen: „Was wollt ihr eigentlich essen?“ China muss Lebensmittel importieren – auch aus Deutschland.
Zitat: Die Folgen der Sanktionen
Die maßgebliche Ursache des derzeitigen Düngermangels in Afrika ist das undurchsichtige Geflecht der EU-Sanktionen gegen Russland, einen der größten Düngemittelproduzenten der Welt. Die Sanktionen sparen zwar der Form halber Düngemittellieferungen an afrikanische Staaten aus. Das nützt aber nicht viel, da die Sanktionen gegen die russischen Finanz- und Transportbranchen Lieferung und Bezahlung erschweren oder gar völlig unmöglich machen. Hinzu kommen Sanktionen gegen russische Milliardäre, die in der Branche ihren Reichtum verdienen. Die EU hat im Dezember in Reaktion auf den zunehmenden Protest aus Afrika ihren Mitgliedstaaten die Option eröffnet, die Sanktionen gegen sechs russische Milliardäre abzuschwächen, um die Düngemittellieferungen an afrikanische Staaten endlich wieder in Gang zu bringen (german-foreign-policy.com berichtete [1]). Zuvor hatte es darum heftigen Streit gegeben; vor allem Polen und die baltischen Staaten hatten sich grundsätzlich gegen jegliche Erleichterung gesperrt und dem Machtkampf gegen Russland klar Vorrang vor dem Kampf gegen Düngermangel und drohende Hungersnöte in Afrika eingeräumt.
In EU-Häfen festgesetzt
Nun geht jedoch aus Berichten hervor, dass die stolz verkündeten Sanktionserleichterungen unzureichend sind und russische Düngemittel immer noch nicht in ausreichendem Maß nach Afrika gelangen. Zwar ist – nach mehrmaligerVerzögerung – am Neujahrswochenende eine erste Düngemittellieferung von 20.000 Tonnen im Hafen von Beira in Mosambik eingetroffen, von wo aus sie weiter nach Malawi transportiert werden soll; dort dürfte sie in einigen Wochen eintreffen. Sie deckt drei Prozent des malawischen Jahresbedarfs.[2] Sie entstammt einer deutlich größeren Menge russischer Düngemittel, die wegen der Sanktionen in diversen Häfen Europas festgesetzt worden waren und dort nutzlos lagerten, während in Afrika Mangel herrschte. Die EU bzw. ihre Mitgliedstaaten haben sie auch jetzt lediglich im Rahmen eines speziellen Programms freigegeben, bei dem die russischen Produzenten den Dünger ausgewählten afrikanischen Staaten spenden. Insgesamt handelt es sich um ungefähr 260.000 Tonnen. Sogar ihre Lieferung verzögert sich wegen der europäischen Blockaden; obwohl sie bereits im November beschlossen wurde, kommt die erste Teillieferung erst nächsten Monat in Malawi an.
Immer noch blockiert
Darüber hinaus werden weiterhin Düngemittellieferungen in wohl erheblichem Umfang durch die EU-Sanktionen verhindert. Wie Ende Dezember bekannt wurde, berichtet Andrej Melnitschenko, ein russischer Milliardär, der bis vor kurzem den Düngemittelhersteller Eurochem kontrollierte, mit ihren angeblichen Erleichterungen für Düngerlieferungen habe die EU zwar faktisch eingestanden, dass ihre Sanktionen mitverantwortlich für die aktuellen Probleme in der Nahrungsmittelversorgung seien. Allerdings verbesserten ihre Maßnahmen die Lage nicht wirklich, sie verkomplizierten sie sogar noch.[3] Demnach hat Eurochem weiterhin ernste Schwierigkeiten damit, seinen Handel mit Düngemitteln in Gang zu bekommen. Nicht geholfen hat, dass Melnitschenko, auf der Bloomberg-Milliardärsliste zur Zeit auf Rang 134, zwei Plätze hinter dem süddeutschen Schraubenmagnaten Reinhold Würth, seine Kontrolle über Eurochem an seine Ehefrau weitergegeben und sich selbst aller Form nach zurückgezogen hat: Die EU hat inzwischen auch seine Ehefrau mit Sanktionen belegt.[4] Damit ist Eurochem weiterhin kaum geschäftsfähig; die Düngemittelexporte kommen nicht vom Fleck.
Verlierer: Afrika
Um welche Größenordnung es sich bei den ausgebliebenen russischen Lieferungen handelt, lässt ein Blick auf die russische Exportstatistik des vergangenen Jahres erahnen. Demnach ging die Ausfuhr russischer Düngemittel sanktionsbedingt um rund 15 Prozent auf gut 31,6 Millionen Tonnen zurück.[5] Zwischenzeitlich war in Moskau mit noch deutlich größeren Ausfällen gerechnet worden; dies konnte verhindert werden. Grund dafür war etwa eine Steigerung der Düngemittelausfuhr nach Indien, die die Einbußen im Export in die Länder Europas beinahe ausgleichen konnte; sie war möglich, weil der russisch-indische Handel zunehmend ohne Rückgriff auf die westliche Finanz- und Transportbranche auskommt. Die Lieferungen in Länder des Nahen und Mittleren Ostens – Russland zählt auch die Türkei dazu – nahmen aus demselben Grund ebenfalls zu. Schlechte Karten hatten allerdings die in Sachen Finanz- und Transportinfrastruktur schlechter aufgestellten Staaten Afrikas. Hinzu kommt, dass riesige Mengen russischer Düngemittel und Rohstoffe in Frachtern in fremden Häfen festsaßen. Russische Stellen bezifferten die Menge im August auf sieben bis acht Millionen Tonnen.[6] Wieviel davon inzwischen freigestellt wurde, ist unbekannt.
Zweierlei Pipelines
Zusätzlich zu den Schiffs- sind auch russische Pipelinelieferungen von Ammoniak blockiert worden; Ammoniak ist ein wichtiger Ausgangsstoff für die Düngemittelproduktion. Er wird seit vielen Jahren unter anderem durch eine Pipeline aus der russischen Stadt Togliatti, wo mit Togliatti Azot einer der größten Ammoniakproduzenten der Welt ansässig ist, in die ukrainische Hafenstadt Odessa geleitet und dort verschifft. Die Ukraine stoppte die Nutzung der Pipeline unmittelbar am 24. Februar. Das ist deshalb bemerkenswert, weil Kiew den Erdgastransport aus Russland in die EU nicht unterbindet und weiter Transportgebühren aus Russland kassiert. Offenbar besteht aus ukrainischer Sicht ein Unterschied zwischen der EU und ihrem Erdgas- sowie ärmeren Staaten und ihrem Ammoniakbedarf; Letzterer gilt der ukrainischen Regierung wohl als weniger wichtig.[7] Die Vereinten Nationen bemühen sich, Kiew zur Freigabe der Pipeline zu bewegen, mussten entsprechende Verhandlungen aber Mitte Dezember ohne Angabe eines neuen Gesprächstermins vertagen.[8] Es geht um Mengen von bis zu 2,5 Millionen Tonnen Ammoniak pro Jahr.[9]
Hunger als Waffe
Dass nicht nur die EU, sondern insbesondere auch deutsche Politiker nicht zögern, Mittel zur Nahrungsproduktion und sogar Nahrung selbst als Druckmittel – im Sprachgebrauch Berlins: als Waffe – einzusetzen, zeigt eine Äußerung von Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), dem Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der EU. Hofreiter äußerte Mitte Dezember zu der Frage, wie Berlin reagieren könne, sollte China einmal damit drohen, keine Seltenen Erden mehr zu liefern: „Wenn uns ein Land Seltene Erden vorenthalten würde, könnten wir entgegnen: ‘Was wollt ihr eigentlich essen?‘“[10] Damit ist die Option, in ernsten Handelskonflikten mit dem Aushungern zu drohen, auf dem Tisch.
Westen nicht anpassungsfähig an neue Konstellation
*/Von Jörg Kronauer
/Einer aus dem internationalen Außenpolitik-Establishment, der das Ende
der westlichen Dominanz über die Welt schon lange prognostiziert, ist
Kishore Mahbubani. Der Diplomat aus Singapur, der sein Land von 1984 bis
1989 und von 1998 bis 2004 bei den Vereinten Nationen vertrat und in
dieser Funktion zweimal, im Januar 2001 und im Mai 2002, dem
UN-Sicherheitsrat vorstand, tut sich seit vielen Jahren als Publizist
hervor. Sein großes Thema ist, so lautet der Untertitel eines seiner
Bücher, das im Jahr 2008 erschien, »die unwiderstehliche Verschiebung
der globalen Macht nach Osten«. Sie hat er über die Jahrzehnte hin
penibel beobachtet und beschrieben.
Dabei hatte er, so das Vorwort zu seinem jüngsten Buch »Das asiatische
21. Jahrhundert« (2022), immer auch ein spezielles Ziel: Als »Freund des
Westens« habe er sich stets nicht zuletzt bemüht, den Menschen in Europa
und Nordamerika nahezubringen, dass man sich an die globale
Kräfteverschiebung nach Asien anpassen müsse, um weiterhin zu
prosperieren. Diese sei nicht aufzuhalten – und wenn, dann höchstens mit
kriegerischer Gewalt. Es sei »ein totaler Schock« für ihn gewesen,
realisieren zu müssen, dass die jahrhundertelang dominierenden Mächte
des alten Westens sich als völlig unfähig erwiesen, sich an den Aufstieg
Asiens »intelligent anzupassen«. Die USA etwa seien zwar theoretisch
»eine offene Gesellschaft«, deren Intellektuelle »die Ansichten des
Rests der Welt« mit echtem Interesse zur Kenntnis nähmen. In der Praxis
seien die Vereinigten Staaten jedoch »eine offene Gesellschaft mit einem
verschlossenen Geist«. Damit könne man die notwendige Anpassung an die
globalen Veränderungen nicht vollziehen.
Und Europa? Mahbubani stuft den Kontinent recht ähnlich ein. Im Frühjahr
2014 hatte er, vom Auswärtigen Amt in Berlin um einen Diskussionsbeitrag
zur künftigen Entwicklung der deutschen Außenpolitik gebeten,
vorhergesagt, das globale Staatensystem werde sich »weg von der
monozivilisatorischen Welt mit einer dominanten westlichen Kultur (…)
hin zu einer multizivilisatorischen Welt mit zahlreichen erfolgreichen
Kulturen« bewegen. In dieser werde »die Fähigkeit zur interkulturellen
Sensibilität eine wesentliche Voraussetzung dafür sein, um führen zu
können«. Mit Blick auf die deutsch-europäischen Weltmachtambitionen
fügte er trocken hinzu: »Diese Sensibilität fehlt Europa.«
An Kritik spart Mahbubani bis heute nicht. Im Oktober vom /Handelsblatt/
befragt, warum die westlichen Bemühungen, China »demokratischer« zu
machen, nicht zum Erfolg geführt hätten, antwortete er: »Warum sollte
ein Land wie China mit seiner 4.000 Jahre alten Kultur sagen: ›Hey komm,
lass uns so werden wie der Westen‹?« In Asien frage man sich eher, wie
»eine Minderheit von zwölf Prozent der Weltbevölkerung« denn »den Rest
der Welt bevormunden wollen« könne. Jenseits von Ökonomie und Militär,
in den Sphären sogenannter Soft Power, trägt die stetige Bevormundung
denn auch wohl eher zur Abkehr vom Westen bei.
05.01.2023
Die Billionenfrage – haben die Polen (und auch die Deutschen) im Geschichtsunterricht geschlafen?
nachdenkseiten.de, 05. Januar 2023 um 16:23
Ein Artikel von: Jens Berger
1,3 Billionen Euro – auf diese Summe will die polnische Regierung Deutschland nun bei nicht näher genannten „internationalen Organisationen“ verklagen. Es geht um Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Das Auswärtige Amt gibt sich ausnahmsweise mal diplomatisch und wies die Forderungen am Montag in einer Note zurück. Da fragt man sich, ob gerade in diesem Punkt nicht einmal Klartext angesagt wäre. Schließlich hat Polen nicht zuletzt dank Willy Brandts Ostpolitik mehrfach unzweideutig auf weitere Reparationszahlungen verzichtet. Folgt man der geschichtsvergessenen Argumentation der polnischen Nationalisten, würde dies einen ganzen Rattenschwanz an revisionistischen Forderungen nach sich ziehen – inklusive deutscher Forderungen auf die von Polen einverleibten ehemaligen Ostgebiete. Das kann doch keiner ernsthaft wollen.
Zitat: Es ist nicht einfach, als Deutscher über Reparationsforderungen anderer Völker zu schreiben, die sich auf die unsagbaren Gräuel beziehen, mit der Deutschland im Zweiten Weltkrieg halb Europa und ganz besonders Polen überzogen hat. Doch der Zweite Weltkrieg ist nun seit fast 78 Jahren beendet und es ist ja nicht so, dass frühere Generationen sich nicht der Verantwortung gestellt und die Weichen für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen gestellt hätten. Das war nicht immer so. In der jungen Bundesrepublik war beispielsweise die Frage der Gebietsabtretungen an Polen äußerst umstritten. Vor allem die Unionsparteien sahen Deutschland nicht nur als Täter, sondern auch aufgrund der Vertreibungen und der „Besatzung“ der Ostgebiete durch Polen und die Sowjetunion auch als Opfer. Ziel der bundesrepublikanischen, von der CDU/CSU und Adenauer geprägten Ostpolitik war es bis in die 1960er Jahre, die faktische Grenzziehung der Nachkriegszeit zu revidieren.
Dies änderte sich erst nach 1969, als die neu gewählte sozialliberale Regierung Brandt durch ihre Politik des „Wandels durch Annäherung“ Verträge mit der Sowjetunion und Polen ausarbeitete, in denen (Moskauer Vertrag, August 1970) die Grenzen zwischen der Bundesrepublik und der DDR und der DDR und Polen als unverletzlich erklärt wurden und die Bundesrepublik (Warschauer Vertrag, Dezember 1970) die Oder-Neiße-Grenze gegenüber Polen als Polens Westgrenze anerkannte und Polen und die Bundesrepublik bilateral auf gegenseitige Gebietsansprüche verzichteten. Von den Unionsparteien wurde Brandt damals übrigens unterstellt, seine Ostpolitik sei ein „Ausverkauf der deutschen Interessen“. Beide Verträge wären so nicht möglich gewesen, wenn Polen bereits damals nicht auf weitere Reparationszahlungen verzichtet hätte.
Um diese Forderungen zu bewerten, ist ein kurzer Ausflug in die Geschichte nötig. Auf der Potsdamer Konferenz einigten sich 1945 die Siegermächte darauf, ihre Reparationsansprüche durch Demontagen und Sachlieferungen aus ihren eigenen Besatzungszonen zu befriedigen. Polen war zwar kein Teilnehmer der Potsdamer Konferenz, es wurde dort aber festgelegt, dass die polnischen Reparationsansprüche durch die Sowjetunion erhoben und an Polen weitergeleitet würden. Die Besatzung großer ehemaliger deutscher Gebiete galt überdies – ungeschrieben – als Zugeständnis der Sowjetunion an Polen. So sah es damals zumindest die polnische Regierung. 1947 erklärte der damalige polnische Ministerpräsident Osóbka-Morawski den Verzicht auf Reparationsansprüche, da diese „durch die Übernahme der deutschen Ostgebiete erledigt“ seien. Nachdem die Sowjetunion 1953 ihrerseits aufgrund des Aufstands vom 17. Juni 1953 in Ost-Berlin ihre Reparationsansprüche für beendet erklärte, bekräftigte auch Polen durch einen Beschluss des Ministerrats abermals seinen Verzicht auf weitere Reparationen.
Auf dieser Grundlage konnte 1970 der Warschauer Vertrag ratifiziert werden. Bei dessen Unterzeichnung versicherte der polnische Ministerpräsident Gomułka dem Bundeskanzler Willy Brandt abermals den Verzicht Polens auf weitere Reparationsforderungen. Völkerrechtlich verbindlich wurde die Reparationsfrage dann 1990 im Rahmen der „Zwei-plus-Vier-Verhandlungen“ beigelegt, in denen notiert ist, dass die „Reparationsfrage ihre Berechtigung verloren“ habe.
Wie kommt die polnische Regierung also dazu, jetzt die unglaubliche Summe von 1,3 Billionen Euro zu fordern? Dazu muss man sagen, dass die polnische Argumentation recht abenteuerlich ist. Im Wesentlichen wird behauptet, dass Polen 1954 nicht souverän gewesen sei und die einseitige Verzichtserklärung auf Druck der Sowjetunion zustande kam. Letzteres ist vermutlich richtig, aber wenn die polnische Regierung 1954 nicht souverän war, dann war sie es nach dieser Lesart 1947, 1970 und wohl auch 1990 ebenfalls nicht, was freilich völkerrechtlich eine absurde Behauptung ist. Wenn man diese Argumentation zu Ende verfolgt, war auch die Anerkennung der polnischen Westgrenze und die Eingliederung der deutschen Ostgebiete völkerrechtlich null und nichtig, da die polnische Seite bei diesen Erklärungen und Verträgen auch nicht souverän war. Dann stellt sich heute – 78 Jahre nach Kriegsende – die gesamte Frage der deutschen Ostgebiete neu. Jeder ostelbische Junker und jeder Vertriebene – samt deren Nachkommen – aus Deutschland könnte dann heute den polnischen Staat auf Schadensersatz für die Enteignungen im Rahmen der Vertreibungen verklagen. Und auch dass die deutsche Regierung plötzlich Ansprüche auf Schlesien, Pommern und Teile Ostpreußens erben würde, ist eine geradezu groteske Vorstellung. Beides wäre jedoch in der Tat der Fall, wenn man die polnische Argumentation wörtlich nimmt.
Eine weitere offene Frage ist, wie Polen überhaupt auf diese absonderliche Summe kommt. Es ist ja nicht so, dass Deutschland noch keine Reparationen oder Entschädigungen gezahlt hätte. Polnische NS-Opfer, Zwangsarbeiter und Opfer von pseudomedizinischen Versuchen der SS wurden individuell mit mehreren Milliarden entschädigt. Man kann und muss kritisieren, dass dies sicher zu spät und wohl auch in einem zu geringen Umfang geschah. Hinter Israel ist Polen jedoch das Land, das die höchsten individuellen Entschädigungen aufgrund der Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus bekommen hat. Aber individuelle Entschädigungen und Reparationszahlungen an einen Staat sind zwei grundverschiedene Dinge.
Meint es Polen tatsächlich ernst mit diesen Forderungen? Im Prinzip ja, müsste man darauf sybillinisch antworten. Umsetzbar sind die Forderungen freilich nicht, da es kein Gericht der Welt gibt, vor dem Polen diese Ansprüche prüfen lassen oder gar geltend machen könnte. Oder will Polen etwa einen eigenen, international anerkannten, Gerichtshof gründen, vor dem diese Forderungen verhandelt werden? Das ist eine abenteuerliche Idee. Neben innenpolitischen Gründen – die Nationalisten haben Polen nicht zuletzt durch ihre aggressive Militär- und Außenpolitik in eine schwere Krise geführt und wollen nun offenbar durch eine ebenso aggressive antideutsche Linie innenpolitisch punkten. Denkbar ist auch, dass man die maximale Drohkulisse aufbaut, um den ungeliebten Nachbarn bei anderen Fragen (Ukraine-Politik, EU-Verfahren gegen Polen, Energiepolitik) unter Druck zu setzen. Es ist auch gut möglich, dass Washington hierbei die Fäden zieht, um deutschen Widerstand gegen die amerikatreuen Polen zu untergraben.
Wie dem auch sei. Unverständlich ist die Larmoyanz, mit der die Bundesregierung auf die fortgesetzten Attacken Polens reagiert. Wenn ein Nachbar uns auf 1,3 Billionen Euro verklagt und dies in unverschämte Beleidigungen verpackt – so sagte Vizeaußenminister Mularczyk neulich, „Deutschland behandele Polen wie einen Vasallen“ – ist dies ein außenpolitischer Affront, den man sich nicht bieten lassen sollte. Polen zählt nicht zu unseren freundlichen Nachbarn und das sollte man auch offen ansprechen.
Es gibt wohl keinen anderen EU-Staat, der derart drastisch die Interessen der USA vertritt. Sicherheitspolitisch ist Polen unberechenbar und beweist das auch immer wieder. Polen ist mitverantwortlich für die Zerrüttung des deutsch-russischen Verhältnisses. In Fragen der Energiesicherheit ist es Polen, das Deutschlands Versorgungsproblem verstärkt hat. Über die Jamal-Pipeline kommt nicht etwa wegen russischer oder deutscher Boykottdrohungen, sondern wegen Polens unilateraler Sanktionen gegen den russischen Gazprom-Konzern kein Gas mehr nach Deutschland. Und auch in der Ukraine-Frage ist Polen mit seinen ständigen Eskalationen ein Risikofaktor.
Eine bessere Bundesregierung würde sich dies nicht gefallen lassen und einmal ein Machtwort mit seinem Nachbarn sprechen. Die absurden Reparationsforderungen wären ein guter Anlass dafür.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
05.01.2023
China-Afghanistan: großer Ölfördervertrag
aus e-mail von Doris Pumphrey, 5. Januar 2022, 14:39 Uhr
in den nördlichen Provinzen Faryab und Sar-e Pul. Damals wurden in Amu
Darya bis zu 87 Millionen Barrel Rohöl vermutet.
Der stellvertretende Ministerpräsident Mullah Baradar sagte auf der
Pressekonferenz, ein anderes chinesisches Unternehmen habe die Förderung
nach dem Sturz der vorherigen Regierung beendet, sodass nun der Deal mit
CAPEIC zustande gekommen sei. "Wir bitten das Unternehmen, das Verfahren
nach internationalen Standards fortzusetzen und auch die Interessen der
Bevölkerung von Sar-e Pul zu berücksichtigen."
Der afghanische Bergbauminister sagte, eine Bedingung des Abkommens sei,
dass das Öl in Afghanistan verarbeitet werde. Man schätzt, dass
Afghanistan über ungenutzte Ressourcen im Wert von mehr als 1 Billion
Dollar verfügt, was das Interesse einiger ausländischer Investoren
geweckt hat, obwohl jahrzehntelange Kriege eine nennenswerte Ausbeutung
verhindert haben.
Ein weiteres chinesisches Staatsunternehmen führt außerdem Gespräche mit
der von den Taliban geführten Regierung in Kabul über den Betrieb einer
Kupfermine in der östlichen Provinz Logar. Dabei geht es um eine weitere
Vereinbarung, die bereits unter der vorherigen Regierung unterzeichnet
wurde.
05.01.2023
Krieg in der Ukraine – Ist Russland am Ende?
nachdenkseiten.de, 05. Januar 2023 um 12:00
Ein Artikel von Jürgen Hübschen
Die Luftangriffe auf militärische Einrichtungen in Russland und der aktuelle ukrainische Angriff auf eine Einrichtung der russischen Streitkräfte – nach einer Meldung der New York Times durch das von den USA gelieferte Raketensystem „HIMAR“ – könnten als ein Hinweis oder sogar als ein Beweis dafür verstanden werden, dass sich die russische Armee im Ukraine-Krieg auf der „Verliererstraße“ befindet. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit der Frage, ob diese Einschätzung stimmt oder vielmehr das Gegenteil der Fall ist.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Für die meisten Beobachter ist die Einschätzung der russischen und ukrainischen Operationen auf dem Gefechtsfeld eigentlich gar nicht möglich, weil eigene Erkenntnisse nicht vorhanden sind und – wie in allen Kriegen – auch in der Ukraine die Wahrheit vom ersten Tag an durch Propaganda ersetzt wurde. Deshalb gibt es nur die Möglichkeit, auf die Beurteilung von glaubwürdigen Experten zu vertrauen, die – quasi auf der Zeitachse – durch ihre Aussagen bewiesen haben, dass sie zusätzlich zu ihrer ausgeprägten Analysefähigkeit und einem fundierten sicherheitspolitischen Sachverstand auch über ein belastbares Netzwerk von Quellen verfügen.
Aus meiner Sicht gehören zu diesem Personenkreis vor allem der pensionierte US-amerikanische Oberst Douglas Macgregor, der ehemalige indische Diplomat M.K. Bhadrakumar und der frühere US-amerikanische Außenminister Henry Kissinger. Diese drei Experten haben sich aktuell in Artikeln und Interviews zum Kriegsverlauf in der Ukraine geäußert.
Einschätzung der aktuellen Lage durch Col. ret. Douglas Macgregor
Der pensionierte Oberst Douglas Macgregor ist einer der bekanntesten Militär-Analytiker der USA. Er war 2020 als Nachfolger des damaligen US-Botschafters in Deutschland, Richard Grenell, vorgesehen, wurde aber vom Senat nicht bestätigt.
Macgregor ist der Überzeugung, dass Russland zu einem vom russischen Generalstab festgelegten Zeitpunkt mit aktuell ca. 540.000 Soldaten und allen dafür erforderlichen Waffensystemen in der Ukraine eine Offensive mit drei Zielen starten wird:
Unterbinden aller westlichen Waffenlieferungen über die polnisch-ukrainische Grenze
Zerschlagen der ukrainischen Streitkräfte, die, nach seiner Einschätzung, noch über ca. 195.000 eigene Soldaten + ausländische Söldner verfügen (Es soll nach seiner Aussage analog zur s.g. „Wagner-Gruppe“ auf der ukrainischen Seite eine „Gruppe Mozart“ geben, die von ehemaligen Soldaten westlicher Staaten gebildet wurde.)
Sturz der Regierung von Präsident Selensky, den er als „puppet der USA“ bezeichnet
Ein zahlenmäßiges Aufwachsen der aktuellen Antrittsstärke der ukrainischen Armee hält er für nicht machbar.
Die in den Medien als eine Art „Game Changer“ dargestellte Lieferung einer US-amerikanischen Flugabwehrraketenbatterie (FlaRakBttr) vom Typ „Patriot“ bewertet er als ein eher politisches Signal, das die Lage auf dem Gefechtsfeld nur unwesentlich verändert. Falls es sich um das Waffensystem „Patriot PAC 3“ handelt, das auch in der Bundeswehr zum Einsatz kommt, verfügt eine Kampfbatterie über 8 Startgeräte mit jeweils 16 Raketen, also insgesamt über 128 Flugkörper, von denen jeder deutlich mehr als 1 Million US-Dollar kostet. Mit einer Batterie kann man besonders wichtige militärische Objekte schützen, wie z.B. ein Hauptquartier, ein Depot oder einen Flugplatz, aber auf gar keinen Fall z.B. eine Großstadt wie Kiew.
Die Raketen haben eine Reichweite von bis zu 40 km und eine Höhe von bis zu 20 km. Die Flugkörper sind gut geeignet gegen feindliche Raketen und Kampfflugzeuge, aber nicht gegen tieffliegende Drohnen – einmal abgesehen von den Kosten, eine Drohne kostet ca. 30.000 US-Dollar – vor allen Dingen dann nicht, wenn diese in großer Zahl anfliegen. Die Ausbildung von Bedienern dieses Waffensystems dauert mindestens 6 Monate, die der zusätzlich notwendigen Techniker eher 10-12 Monate. Das erforderliche Führungspersonal kann eigentlich durch die Ukraine gar nicht gestellt werden. Solche Offiziere müssen verschiedene aufbauende Lehrgänge durchlaufen, bevor sie über die notwendigen taktischen Fähigkeiten verfügen, ein solches System effektiv einzusetzen. Als ausgebildeter Offizier der Flugabwehrraketentruppe kann ich die Aussagen zur „Patriot“ bestätigen.
Douglas Macgregor ist davon überzeugt, dass es nicht zu einem Stellungskrieg kommen wird, der noch Monate andauert, sondern Russland in naher Zukunft eine Entscheidung herbeiführen wird.
Einschätzung der aktuellen Lage durch M.K. Bhadrakumar
M.K. Bhadrakumar ist ein pensionierter indischer Diplomat, der u.a. an der indischen Botschaft in der früheren Sowjetunion, in Afghanistan, Iran, Pakistan, Türkei und auch in Deutschland eingesetzt war. Herr Bhadrakumar ist davon überzeugt, dass die westlichen Kommentatoren vergessen haben, dass das zentrale Thema auf der russischen Agenda nicht eine territoriale Eroberung ist, sondern die NATO-Erweiterung:
„Der springende Punkt ist, dass die westlichen Kommentatoren weitgehend vergessen, dass es Russland im Kern nicht um die Eroberung von Territorien geht – so wichtig die Ukraine für russische Interessen auch ist – sondern um die Erweiterung der NATO. Und das hat sich nicht geändert.“
Aus Bhadrakumars Sicht glaubt Präsident Wladimir Putin, dass es das vorrangige Ziel der USA ist, Russland zu schwächen und zu zerstückeln. Deshalb ist die russische Führung davon überzeugt, dass die Konfrontation mit den USA auch nach einem Ende des Ukraine-Krieges weitergehen wird. Bhadrakumar zitiert Präsident Putin aus dem Treffen des „Verteidigungsrates“ vom 28. Dezember 2022:
„Wir werden die nukleare Triade beibehalten und ihre Einsatzbereitschaft steigern. Das ist die entscheidende Garantie, unsere Souveränität und territoriale Integrität zu bewahren und das strategische Gleichgewicht und die grundsätzliche Balance von Streitkräften in der Welt sicherzustellen.“
Bhadrakumar verweist in diesem Zusammenhang auf die Ankündigung des russischen Verteidigungsministers Sergei Shoigu, die russischen Streitkräfte durch mehrere Divisionen der verschiedenen Waffengattungen zu verstärken und die Antrittsstärke der russischen Armee auf 1,5 Millionen Soldaten zu erhöhen. Wegen des De-facto-Krieges zwischen den USA und Russland und der damit verbundenen immensen Unterstützungsleistungen für die Ukraine läuft Washington laut dem indischen Analysten Gefahr, die viel entscheidendere globale Auseinandersetzung mit China zu verlieren. Die neokonservativen Kriegstreiber hätten den US-Präsidenten in eine Situation gebracht, in der eine Entscheidung unumgänglich ist.
Präsident Biden habe verstanden, dass Russland in der Ukraine nicht besiegt werden kann und dass es in der russischen Bevölkerung keinen Aufstand geben wird. („Biden has understood that Russia cannot be defeated in Ukraine; nor are Russian people in any mood for an insurrection.“)
Wenn die USA also die globale Auseinandersetzung mit China für sich entscheiden wollen, können sie ihr intensives und zeitlich unbegrenztes Engagement in der Ukraine nicht aufrechterhalten, geschweige denn noch intensivieren, wie es der ukrainische Präsident Selensky fordert. Falls Washington aber tatsächlich „aussteigen“ würde, wäre das nicht nur für die USA, sondern letztlich auch für die NATO das Eingestehen einer Niederlage, vielleicht sogar verbunden mit dem Versuch von europäischen Führungsmächten wie Deutschland, Frankreich und Italien, einen „modus vivendi“ mit Russland zu erreichen. Für Bhadrakumar stellt sich dann die Frage, ob die NATO eine solche Entwicklung überleben würde, wenn Washingtons transatlantische Führung verloren ginge.
Einschätzung der aktuellen Lage durch Henry Kissinger
Der ehemalige US-amerikanische Außenminister und sicherheitspolitische Analytiker Henry Kissinger erinnert in seinem Artikel vom 17. Dezember 2022 an den 1. Weltkrieg und daran, dass die Kriegsparteien im August 1916 die ersten Fühler ausgestreckt hätten, um den Krieg zu beenden. Leider kam es zu keiner Lösung und so dauerte der Krieg noch einmal 2 Jahre mit weiteren Millionen von Toten. Kissinger fragt sich vor diesem Hintergrund, ob man im Krieg in der Ukraine heute an einem vergleichbaren Punkt steht wie 1916, und sieht die konkrete Gefahr, die Chance für einen Waffenstillstand zu verpassen, bevor es möglicherweise zu einer größeren russischen Offensive kommt.
Dadurch, dass die Ukraine erstmalig in der jüngeren Geschichte ein größerer souveräner Staat in Zentraleuropa geworden ist, der mit Unterstützung „des Westens“ der russischen Aggression bislang entschlossen und erfolgreich entgegengetreten ist, hätten sich die strategischen Parameter bereits verschoben, und darauf könne man aufbauen. Das heißt aus seiner Sicht aber nicht, dass Russland durch diesen Krieg ohnmächtig geworden ist. Russland hat über Jahrzehnte einen entscheidenden Beitrag zum globalen Gleichgewicht der Kräfte geleistet, und diese historische Leistung sollte nicht geringschätzt werden. Die militärischen Rückschläge in der Ukraine haben Russlands globale nuklearen Möglichkeiten nicht beeinträchtigt und damit auch die Fähigkeit, in der Ukraine zu eskalieren, erhalten.
Unabhängig davon würde eine Zerschlagung Russlands oder die Vernichtung seiner strategischen Optionen ein Vakuum zur Folge haben:
„Russland hat mehr als ein halbes Jahrtausend lang entscheidende Beiträge zum globalen Gleichgewicht und zur Machtbalance geleistet. Seine historische Rolle sollte nicht herabgewürdigt werden. Die militärischen Rückschläge Russlands haben seine globale nukleare Reichweite nicht beseitigt, die es ihm ermöglicht, mit einer Eskalation in der Ukraine zu drohen. Selbst wenn diese Fähigkeit verringert wird, könnte die Auflösung Russlands oder die Zerstörung seiner Fähigkeit zu strategischer Politik sein Territorium, das 11 Zeitzonen umfasst, in ein umkämpftes Vakuum verwandeln.“
Kissingers klare Forderung ist: Der Krieg muss beendet werden.
Falls die Vorkriegsgrenzen durch Verhandlungen nicht wiederhergestellt werden können, muss es ggf. Referenden geben, um die Bevölkerung zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt darüber entscheiden zu lassen, ob sie zur Ukraine oder zu Russland gehören will. Das Ziel eines Friedensprozesses muss zweierlei sein: Sicherstellen des Friedens für die Ukraine und die Definition einer neuen internationalen Struktur, besonders für Zentral- und Osteuropa.
Zusammenfassende Bewertung
Aktuell kann die Ukraine den Krieg nicht gewinnen, sondern mit Hilfe weiterer massiver Unterstützung durch die USA und andere NATO-Staaten maximal ein Patt auf dem Gefechtsfeld erhalten, aber auch das nur zu einem hohen Preis. Ein hoher ehemaliger US-Offizier sagte vor kurzem in einem Interview, die USA hätten im Vietnamkrieg innerhalb jeder Woche durchschnittlich 500 Gefallene zu beklagen gehabt, die Ukraine verliere annähernd dieselbe Zahl an Gefallenen oder Schwerverwundeten pro Tag. Die Lebensbedingungen der ukrainischen Zivilbevölkerung werden sich weiter verschlechtern, die Zahl der Flüchtlinge wird steigen und die Zerstörung der Ukraine wird immer umfassender werden.
Außerdem ist es fraglich, ob die USA ihre Unterstützung im bisherigen Umfang – und der ist ja bei weitem noch nicht ausreichend – weiterhin gewährleisten können/wollen und werden, wenn die Gefahr besteht, dadurch den globalen Wettbewerb mit China zu verlieren. Die Arsenale der europäischen NATO-Staaten sind weitgehend erschöpft und es muss seitens der Regierungen bereits jetzt entschieden werden, ob es verantwortlich ist, die eigene Verteidigungsfähigkeit zu Gunsten der weiteren Unterstützung der Ukraine zu schwächen.
Russland wird den Krieg nicht verlieren, vielmehr besteht offensichtlich die konkrete Möglichkeit, dass es zu einer großen russischen Offensive kommt, wohl spätestens dann, wenn die Bodenverhältnisse es zulassen und die Ausbildung der eingezogenen Reservisten abgeschlossen ist. Sollte im Rahmen dieser Offensive, wie Col. Macgregor es vermutet, die militärische Nachschublinie von Polen in die Ukraine unterbrochen werden, ist der völlige Zusammenbruch der ukrainischen Streitkräfte vorprogrammiert.
Zusätzlich besteht die Gefahr, dass die NATO endgültig in diesen Krieg hineingezogen wird. Das würde vermutlich von den Neokonservativen in den USA, aber auch in Polen und vielleicht sogar in den baltischen Staaten billigend in Kauf genommen werden, weil man sich dort der Illusion hingibt, Russland könne in der Ukraine militärisch besiegt werden, ohne dass es zu einer atomaren Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland käme.
Es gibt zu Verhandlungen keine akzeptable und vor allem auch keine realistische Alternative, und deswegen hat Henry Kissinger recht mit seiner Aussage: Das Streben nach Frieden und Ordnung hat zwei Komponenten, die manchmal als gegensätzlich betrachtet werden, nämlich die Forderung nach Sicherheit und die Ansprüche auf Maßnahmen der Versöhnung. Wenn wir nicht Beides erreichen können, werden wir weder das Eine noch das Andere bekommen. Der Weg der Diplomatie mag kompliziert und auch frustrierend erscheinen, aber Fortschritt verlangt Beides, die Vision und den Mut, die Reise anzutreten.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
05.01.2023
Die Abspaltung des Donbass von der Ukraine war kein Verstoss gegen das Völkerrecht (I von II)
Im internationalen Völkerrecht – auch in der UNO-Charta festgehalten – gibt es ein Recht auf Sezession, wenn sich ein Volk von einer Regierung nicht mehr vertreten fühlt, die ihrerseits nicht mehr demokratisch legitimiert ist. Dieser Fall trat im Jahr 2014 ein, als auf dem Kiever Maidan die ordentlich gewählte Regierung weggeputscht wurde.
Redaktionelle Vorbemerkung:Journalisten haben die Aufgabe, Nachrichten und Meinungen kurz und verständlich zu formulieren und, wenn immer möglich, das wichtigste am Anfang zu sagen. Wissenschaftler pflegen einen anderen Stil: Sie präsentieren ihre Erkenntnisse ohne Druck auf Kürze, und wenn es zum Beispiel Politologen sind, dann erklären sie eine neue Situation nicht ohne Grund in der historischen Reihenfolge der Ereignisse. Das hat auch David C. Hendrickson gemacht, ein US-amerikanischer Experte im Bereich des Völkerrechts. Der wichtigste Abschnitt seiner ausführlichen Analyse ist dieser:
«Die Menschen in den westlichen und zentralen Regionen der Ukraine unterstützten die neue revolutionäre Regierung in Kiew, die nun fest bei den Westmächten verankert ist, während eine entschiedene Mehrheit der Menschen auf der Krim und im Donbass für Selbstbestimmung eintrat – d.h. nicht von Kiew regiert werden wollte – und dafür Schutz suchte bei Russland. Hatten sie das Recht, dies zu tun? Die Logik des Gesetzes diktiert, dass sie es hatten. Dieses Recht war durch die vorherige Aufhebung der Verfassung auf sie übergegangen.»
Wer sich dafür interessiert, wie der Experte David C. Hendrickson in dieser ausserordentlich wichtigen Frage zu diesem Schluss kommt, der lese in der hier folgenden Übersetzung seiner Analyse zumindest die von uns fett gesetzten Sätze, vielleicht auch noch die von uns kursiv gesetzten Stellen, oder eben – am besten natürlich – den ganzen Text. Siehe am Ende des Beitrags die Verlinkung auf den ganzen Text in Deutsch inklusive die 52 Fussnoten und die Verlinkung auf das Original in englischer Sprache, ebenfalls inklusive der Fussnoten. (cm)
Und hier also die Übersetzung der Analyse von David C. Hendrickson:
Die Art und Weise, wie Kommentatoren die rechtlichen Streitfragen angehen, die durch Russlands Krieg in der Ukraine aufgeworfen werden, ist dem Problem nicht angemessen. Westliche Führer haben dabei ausschließlich die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland im Blick, sowohl für die Geschehnisse von 2014 wie auch für jene von 2022. Mit territorialer Integrität ist das Prinzip gemeint, dass jeder Staat das Recht hat, sich in seinen eigenen Grenzen gegen Aggression von aussen zu verteidigen. Zweifellos ist das ein wichtiger Grundsatz des Völkerrechts. Er macht die Invasion oder Besetzung des Gebietes eines anderen Staates ausdrücklich zum unrechtmässigen Akt. Aber dieser Grundsatz allein durchdringt nicht entscheidend die genannten rechtlichen Fragen, weil seine Gewichtung neben anderen wichtigen Grundsätzen im Völkerrecht bewertet werden muss, insbesondere neben dem Recht auf Revolution und auf nationale Selbstbestimmung.
Wenn Politiker des Westens die Ukraine-Krise nur durch die Linse der territorialen Integrität betrachten, übersehen sie geflissentlich einen entscheidenden Aspekt der Souveränität. Das Territorialprinzip ist nur die nach aussen gerichtete Dimension der Souveränität als ganzheitliches Konzept. Das Völkerrecht betrifft keinesfalls nur die Aussengrenzen von Staaten. Souveränität hat auch eine nach innen gerichtete Dimension: das Recht eines Volkes, seine Vertreter zu wählen, einen Souverän, dessen Autorität sie dann zu respektieren gewillt sind. In konstitutionellen Demokratien wird diese Souveränität in Verfassungen garantiert. In einem berühmten Ausspruch hat George Sutherland (1862-1942), Richter am Obersten Gericht der USA, zwar festgestellt „Souveränität verfällt nie der Ungewissheit“ (“sovereignty is never held in suspense”) – aber genau das geschieht , wenn Verfassungen nach einem Umsturz hinfällig werden.
Dieser Aufsatz hier ist eine Untersuchung der Vielschichtigkeit des Völkerrechts im Ukraine-Konflikt. Die Angelegenheit hat nämlich viele Dimensionen, die nicht leicht unter einen Hut zu bringen sind. Die Würdigung ihrer Bestimmungsfaktoren erfordert eine umfassendere Betrachtungsweise, bei der sowohl die innere als auch die äußere Souveränität im Fokus stehen. Wir beginnen mit einer historischen Skizze oder Genealogie bestimmter Schlüsselprinzipien staatlicher Souveränität und betrachten dann die Ukraine im Lichte dieser Präzedenzfälle. Obwohl der Aufsatz sich in erster Linie mit dem ‘Gesetz’ befasst, sind die rechtsrelevanten Fragen meines Erachtens auch massgeblich für den richtigen ethischen Ansatz. Mein Anspruch geht darüber hinaus: Das in einer Materie anzuwendende Gesetz zu verstehen ist unverzichtbar für die Formulierung einer klugen Antwort – also einer Antwort, die international Normen schützt und Interessen wahrt – dies in der Ukraine-Krise heute wie auch bei ähnlichen Vorfällen in der Zukunft. Der rechtliche Rahmen, um den es geht, ist das Naturrecht und das Völkerrecht, so wie sie das internationale Recht des zwanzigsten Jahrhunderts neu definiert und formuliert hat.
Eine angemessene Darstellung der Souveränität muss diese so verstehen, dass sie verträglich ist mit dem Recht auf Revolution, welches auch im Völkerrecht elementar ist. Alle Menschen haben ein Recht auf Revolution, wenn sie unerträglicher Unterjochung unterworfen sind. Das sagte Thomas Jefferson 1776. Das sagte Abraham Lincoln 1861. Es handelt sich nicht um ein verfassungsmäßiges oder positives Recht; vielmehr ist es ein natürliches Recht. Es wohnt dem Menschen inne wie andere natürlichen Rechte, dank denen er Leben und Freiheiten wahren kann.
Jefferson und Lincoln waren nicht gleicher Meinung in dieser Frage. Sie einigten sich zwar auf das Recht zur Revolution, waren sich aber uneinig, ob die US-Verfassung ein Sezessionsrecht gewährt. Jefferson hat mehr als einmal angedeutet, dass die US-Verfassung ein solches Recht vorsieht. Er vertrat nämlich die Auffassung, dass bei verfassungswidrigen Verstössen der nationalen Regierung die Bundesstaaten frei waren in der Beurteilung und die Sache selbst in die Hand nehmen durften. Aber Jeffersons Ansicht, wie sie in den Kentucky Resolutions von 1799 und in Briefen aus dem Ruhestand zum Ausdruck kommt, stiess damals weitherum auf Ablehnung.
Lincoln nahm die gegenteilige Haltung ein, und seine Ansicht hat sich schließlich durchgesetzt. Kein Bundesstaat hat ein Recht auf Sezession nach der Verfassung der Vereinigten Staaten; jeder muss friedlich Wiedergutmachung suchen für erlittene Beschwerden. Lincoln räumte ein, dass ein Staat ohne ein verfassungsmäßiges Sezessionsrecht weiterhin das Naturrecht auf Revolution hat und eine solche machen könnte, wenn er unter unerträglicher Unterdrückung litte. Aber er bestand auch darauf, dass kein solcher Zustand existierte in den Vereinigten Staaten in den Jahren um 1861.
Obwohl Verfassungen den selbständigen Provinzen ihres Geltungsbereichs selten ein Recht auf Sezession einräumen, gibt es doch solche Fälle. So die Verfassung der Sowjetunion, erstmals in Kraft getreten 1924, dann 1936 revidiert; sie enthielt dieses Recht. Somit stimmen seltsamerweise die sowjetische Verfassung von Wladimir Lenin und Joseph Stalin und die der Europäischen Union gerade in diesem Punkt überein. Die EU gewährt auch ein Recht auf Sezession sowie ein Verfahren zu deren Durchführung. Großbritannien, der EU als erstes Mitglied beigetreten, hat dieses Sezessionsrecht mit seinem Brexit-Votum von 2016 ausgeübt und 2020 schliesslich vollendet.
Während der gesamten Geschichte der Sowjetunion war dieses Recht ohne Bedeutung, weil die kommunistische Partei alles steuerte; dennoch hatte es eine gute Wirkung, als die Autorität des Regimes zusammengebrochen war. Es war einer der größten Witze der Geschichte, dass der am stärksten zentralisierte Staat in der europäischen Geschichte in seiner Verfassung ein Recht auf Sezession gewährte, dessen Ausübung aber unter der eisernen Herrschaft von Stalin und seiner Nachfolger undenkbar war. Diese große Kluft zwischen Theorie und Praxis war schon seltsam, aber die wahre Pointe kam am Ende: Als sich die Sowjetunion am 25. Dezember 1991 auflöste, wurde das bis dahin bedeutungslose Sezessionsrecht in der Verfassung zur Rechtsgrundlage für die sich als 15 unabhängige Republiken konstituierenden ehemaligen Teilstaaten.
Dass die sowjetische Verfassung ein Recht auf Sezession kannte, war etwas, das Putin in seinem Aufsatz zur Frage im Juli 2021 erwähnte. Damals räumte er ein, dass die Ukraine ein Recht hatte, die Union zu verlassen. Das heißt, er akzeptierte, wenn auch mit Bedauern, Kiews Entschlossenheit, unabhängig zu sein, bestand aber darauf, dass die Ukraine nicht mehr Territorium aus der Union mitnehmen konnte als sie bei der Aufnahme in die UdSSR eingebracht hatte. So gesehen gehörte die Krim eigentlich zu Russland, obwohl sie Sowjetpremier Nikita Chruschtschow 1954 der Ukraine schenkte. Bei der angeblichen Akzeptanz des Sezessionsrechts der Ukraine bedauerte Putin doch deren Existenz. In zivilisatorischer Hinsicht seien nämlich Kleinrussen (Malorussen) und Grossrussen (Velikorussen) Teil derselben Familie.
Ein Sezessionsrecht und ein Revolutionsrecht sind also nicht dasselbe. Aber gibt es sowas wie ein Recht auf Revolution, wie John Locke und die Gründer der Vereinigten Staaten behaupteten? In der Geschichte des Völkerrechts akzeptierten nicht alle Juristen, dass es dies gibt. Tatsächlich glaubte im siebzehnten Jahrhundert niemand daran. Bedeutete das, dass ein unterdrücktes Volk ganz ohne Rechtsanspruch war? Nein, der niederländische Jurist Hugo Grotius war der Meinung, dass Außenstehende ein solches Volk entlasten könnten von der heimtückischen Unterdrückung, unter der es litt. Aus dieser Sicht bestand kein Anspruch Revolution, aber es gab unter Umständen eine Recht auf Intervention von aussen.
Das achtzehnte Jahrhundert dachte lange Zeit über diese Sätze nach und kam dann zum Schluss, dass das siebzehnte Jahrhundert alles bekommen hatte und drehte das Rad zurück. Es gab tatsächlich ein Revolutionsrecht; es war das Recht auf externe Intervention, das abzulehnen war. Dies war die Ansicht von Emer de Vattel, dessen Law of Nations (1758) großen Einfluss hatte auf die Gründer der Vereinigten Staaten. Die Debatten dazu waren komplizierter als diese vereinfachte Darstellung denken lässt, da die Autoren des Law of Nations (die sogenannten ‘Publizisten’) gewisse Ausnahmen zuliessen zu den allgemeinen Regeln, die sie aufgestellt hatten. Wenige der Publizisten des 17. und 18. Jahrhunderts, wenn es überhaupt welche gab, traten jedoch sowohl für die innere Revolution als auch für das Eingreifen von außen ein. Sie alle hatten sich im Prinzip auf Zurückhaltung bei jeder Art Anwendung von Gewalt festgelegt.
Es ist bemerkenswert, dass die Vereinigten Staaten heute beide Arten von Recht bejahen, wenn sie eine Situation schaffen, in der sie eine Revolution ermutigen, indem sie Unterstützung von aussen versprechen, wie es 2011 sowohl in Libyen als auch in Syrien geschah. Dies war jedoch nicht die hergebrachte amerikanische Antwort auf die Frage, welche eben das Recht auf Revolution bejahte, aber das Recht des Eingreifens Aussenstehender ablehnte. Wie Lincoln es ausdrückte: «Unsere Regierung darf solche Revolutionen in anderen Regierungen weder schüren noch unterstützen.»
Durfte ein neuer Staat ein Recht auf Revolution geltend machen und in der Folge ein Recht auf die Suche von Hilfe von außen beanspruchen? Laut den Amerikanern war es so: die amerikanischen Revolutionäre hatten vollkommen das Recht darauf, ihre Vertreter ins Ausland zu entsenden, um sich um Anerkennung, Darlehen und Güter zu verschaffen. Das haben sie 1778 von Frankreich auch erhalten.
Das amerikanische Völkerrechtsverständnis ist von entscheidender Bedeutung, weil es mit Gesetzescharakter in die Charta der Vereinten Nationen aufgenommen wurde.Die Charta verbietet äußere Aggression, verweigert aber nicht ein Recht auf Revolution. Jede Regierung hat ein souveränes Recht, sich zu schützen, nötigenfalls mit Waffen, wenn sie mit bewaffneter Rebellion konfrontiert ist; aber jedes Volk hat auch das Recht, zu den Waffen zu greifen, wenn es glaubt, dass es unerträglicher Unterdrückung durch die bestehende Autorität ausgesetzt ist. Die Artikel der Charta verpflichten aussenstehende Staaten, sich aus solchen internen Kämpfen herauszuhalten, sie verbieten aber nicht die Hilfe an einen bestehenden Souverän. Außenstehende mögen die Aufständischen gar als Kriegführende betrachten, sobald die revolutionäre Partei sich als De-facto-Regierung etabliert hat. Es gilt aber die übergeordnete Bestimmung der Charta, diejenige Partei obsiegen zu lassen, welche die Unterstützung des Volkes am ehesten geniesst. Wer sich durchsetzt, hat Anspruch auf formelle Anerkennung, wenn er seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt. Dennoch: „Die Rechte und Attribute der Souveränität gehören zu ihm unabhängig von jeglicher Anerkennung … nur kann er sie erst ausüben, wenn sie ihm bestätigt worden sind.
Die Existenz eines Revolutionsrechts bedeutet nicht, dass eine Revolution anders als mit äußerster Vorsicht ausgeübt werden sollte. In der Tat, der Verlauf einer Revolution zeigt oft katastrophale Folgen. Wir können von der Revolution sagen, was Nehru über den Krieg bemerkte: «Er bringt nicht, was du wolltest, er bringt etwas viel Schlimmeres.»
Würden gewaltsame Aufstände nur gering sanktioniert, liefen Regierungen Gefahr, sich bald aufzulösen, und wir würden alle schnell in den Naturzustand zurückversetzt, wie ihn Thomas Hobbes schrill beschrieb; ein Zustand, in dem es keine anerkannte Autorität gibt, der die Menschen zu gehorchen haben. Unter diesen Umständen, die das Leben tendenziell «einsam, arm, hässlich, brutal und kurz» machen, sind sie gezwungen, den Eingebungen ihres nackten Eigeninteresses zu gehorchen, das in der Erhaltung ihres Lebens und ihrer Freiheit besteht. Da sie in Anarchie leben, brauchen sie Autorität. Unter diesen Umständen, sagt das Völkerrecht, können sie die Autorität wählen, unter der sie leben wollen.
Dieses Recht zu wählen ist im Völkerrecht als Recht auf nationale Selbstbestimmung bekannt. Wenn eine Autorität zusammenbricht, ist der einzige Weg, die Frage gerecht zu lösen, der Neuaufbau einer Staatsgewalt von Grund auf. Das bedeutet, dass der Wille des Volkes vorrangig zu berücksichtigen ist.
Während die territoriale Integrität, das Prinzip, das Aggression von außen verbietet, eine Anwendung der Souveränität «von oben nach unten» ist, handelt es sich bei der nationalen Selbstbestimmung um deren Anwendung «von unten nach oben» . Beides sind wichtige Grundsätze im Völkerrecht; sie sind in der Charta der Vereinten Nationen mit Nachdruck aufgeführt, stehen aber, wie angedeutet, manchmal in einem Spannungsverhältnis oder sogar in einem offenen Konflikt zueinander.
Die territoriale Integrität ist zwar seit langem ein Grundsatz des Völkerrechts, aber die Erfahrung des zwanzigsten Jahrhunderts lehrt, dass es Umstände gibt, unter denen sie dem Recht auf nationale Selbstbestimmung weichen muss. Eine andere Art, dasselbe Prinzip zu formulieren, lautet: Im Frieden sind Grenzen wichtiger als Menschen; in tobenden Konflikten zwischen verschiedenen Völkern, die früher demselben politischen Souverän unterstanden, haben die Menschen Vorrang vor den Grenzen, wenn die Autorität des Staates zusammengebrochen ist.
Woodrow Wilson hat mehr als jede andere Person das Recht auf nationale Selbstbestimmung im Völkerrecht des zwanzigsten Jahrhunderts geprägt. Vor dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg im Mai 1916 hatte er die Grundsätze dargelegt, die seiner Meinung nach für die Friedensstiftung gelten sollten. «Erstens, dass jedes Volk das Recht hat, die Souveränität zu wählen, unter der es leben will. Zweitens, dass die kleinen Staaten der Welt das Recht haben, sich der gleichen Souveränität und territorialen Integrität zu erfreuen, wie große und mächtige Nationen dies für sich erwarten und durchsetzen. Und drittens, dass die Welt das Recht hat, frei von jeder Störung ihres Friedens zu sein, die ihren Ursprung in Aggression und der Missachtung der Rechte von Völkern und Nationen hat.
Mit dem ersten Grundsatz – bekannt geworden als das Recht auf nationale Selbstbestimmung – fand Wilson Anklang. «Der Geist des Nationalismus» , so kommentierte ein US-Senator, «war nie durchsetzungsfähiger als jetzt.» Wilsons Ankündigung eines solchen Rechts «war wie der Ruf von Tiefe zu Tiefe.» Weltweit wurde die Ankündigung begrüsst.
Kritiker von Wilson hingegen waren der Meinung, dass er ein äußerst gefährliches Prinzip in das Völkerrecht eingeführt hatte. Sein Außenminister Robert Lansing zum Beispiel schrieb verbittert über Wilsons Entscheidung und sagte voraus, dass sie zu endlosen Konflikten führen würde. ‘Selbstbestimmung’ war ein inhärent zweideutiger Begriff, der für verschiedene Menschen unterschiedliche Bedeutungen annahm. Die zentrale Schwierigkeit war die Identifizierung des ‘Selbst’, das die Entscheidungen treffen sollte. War es die Nation, der Staat, das Volk, eine Gemeinschaft der Bürger? «Das Volk» , so bemerkte ein Kommentator, «kann nicht entscheiden, bis jemand entscheidet, wer genau mit ‘Volk’ gemeint ist» . Ein Wissenschaftler identifizierte drei verschiedene Bedeutungen: externe Selbstbestimmung oder Freiheit von fremder Herrschaft; innere Selbstbestimmung, das Recht eines Volkes, seine Regierungsform zu wählen; und Demokratie, die den Willen des Volkes oder der Nation ausdrückt, und dies in einem verfassungsmäßigen Rahmen.
Wilson war von allen drei Punkten überzeugt, aber man kann sagen, dass er die Selbstbestimmung gegen aussen als den wichtigsten ansah. Seiner Ansicht nach gab es scharfe Grenzen für das, was ausländische Nationen legitimerweise tun konnten, um Demokratie in anderen Ländern einführen zu dürfen: «Wenn sie keine Demokratie wollen» , sagte er über die neuen unabhängigen Völker, «dann geht mich das nichts an» . Zu Beginn seiner Präsidentschaft war ihm diese Einschränkung gewiss nicht besonders bewusst, und er sprach wie ein freundlicher Lehrer zu den lateinamerikanischen Nationen, deren politische Institutionen nicht denen Nordamerikas entsprachen. Entsetzt über die «Regierung von Schlächtern» , die Anfang 1913 den mexikanischen Präsidenten Francesco Madero abgesetzt hatte, wollte er den Nachfolger, Victoriano Huerta, absetzen. Doch dann wandte sich Wilson von den komplexen Verhältnissen in Mexiko ab. «Wenn die Mexikaner einen Höllenkrach machen wollen» , sagte er 1915, «dann sollen sie eben hart durchgreifen. Wir haben damit nichts zu tun. Es ist ihre Regierung, es ist ihre Hölle.» Er wandte diese Ideen auch auf die Russische Revolution an: «Meine Politik gegenüber Russland ist sehr ähnlich wie meine mexikanische Politik. Ich glaube, man sollte sie an ihrem eigenen Heil arbeiten lassen, auch wenn sie sich eine Zeitlang in Anarchie suhlen.»
Die amerikanische Regierung erwies sich als interventionistischer gegenüber Russland, als dieses Zitat vermuten lässt, aber es verweist auf ein wesentliches Merkmal von Wilsons internationaler Philosophie. Wilson zweifelte nicht daran, dass die Demokratie die beste Regierungsform war, aber er glaubte auch, dass das ureigene Recht, über das tatsächliche politische System zu entscheiden bei den Völkern selbst lag. Wenn sie einen Diktator zu ihrem Retter ernennen wollten, war es ihr Recht – auch wenn die Geschichte gezeigt hatte, dass Autoritarismus eine kurzsichtige und potenziell gefährliche Wahl ist.
In seiner Herangehensweise an diese Fragen – vor allem in seiner Definition des Begriffs ‘Nation’ – war Wilson zweifellos in gewisser Hinsicht blind. Zwar war er 1919 schockiert vom Spektakel Großbritanniens und Frankreichs, die sich an den Trümmern des Osmanischen Reiches gütlich taten. Sein Anti-Imperialismus hatte aber klare Grenzen. Wilson vertrat zwar das Prinzip der nationalen Selbstbestimmung der Völker, die im deutschen, russischen und österreichisch-ungarischen Kaiserreich lebten, welche 1918 untergingen. Aber sein Gefühl der Überlegenheit der Weißen verhinderte ein Mitgefühl für die Rechte nicht-weißer Völker. Koreaner, Ägypter, Haitianer, Chinesen, Vietnamesen, Syrer und die Inder des asiatischen Subkontinents hatten Wilsons Einstellung laut und deutlich vernommen. Er hingegen hat nicht auf sie gehört.
Dass Wilson verwerfliche Ansichten zum Begriff ‘Rasse’ vertrat, beeinträchtigt jedoch nicht die universelle Gültigkeit der von ihm vertretenen Grundsätze. Im Gegenteil, Wilson zeigt, dass diese Prinzipien von den westlichen Führern schon lange zuvor hätten bekräftigt werden müssen.
Wilson war völlig unvorbereitet auf das Durcheinander von Nationalitäten, mit dem er in Versailles konfrontiert war. Es gab einige, von denen er zugab, noch nie von ihnen gehört zu haben. Das warf Fragen und peinliche Dilemmas auf, weil der Anspruch einer Nation auf Selbstbestimmung unweigerlich mit anderen Ansprüchen an einem Dutzend verschiedener Grenzen kollidierte. Auch war er mit einer schwankenden Unterstützung in Amerika nicht in einer politischen Position, seinen Willen durchzusetzen gegenüber den mächtigen britischen und französischen Führern, deren Länder im Krieg weit mehr gelitten hatten. Kompromisse waren unweigerlich an der Tagesordnung.
Selbst in Europa war Wilson nicht ganz der revolutionäre Anhänger der Selbstbestimmung, als der er dargestellt wird. Er sah ebenso klar wie Lansing die möglichen Gefahren für die politische Stabilität, wenn jedes selbstbestimmte Volk die Unabhängigkeit anstrebte. Zu Beginn des Jahres 1918 wollte er die österreichisch-ungarische Monarchie erhalten oder noch lieber sie in einen multinationalen Bundesstaat umwandeln. Er strebte nicht die Auflösung dieses Staates an. Dennoch gewann die Logik des totalen Krieges letztlich die Oberhand, am stärksten vorangetrieben von Wilsons innenpolitischen Gegnern wie Theodore Roosevelt. Zum Zeitpunkt des Waffenstillstands im November 1918 hatten die «Polen, die Tschechen und die Jugoslawen» , wie Wilson es ausdrückte, Armeen aufgestellt, provisorische Regierungen gebildet und hatten die effektive Kontrolle über das Territorium. Sie waren Embryonen neuer Staaten, und auf der Grundlage des Prinzips des nationalen Selbstbestimmungsrechts verdienten sie Anerkennung. Es gab keine andere Grundlage, auf der Frieden zu schließen möglich war.
Der Friedensprozess von 1919 und danach brachte enorme Hindernisse für die Verwirklichung der Ideale des nationalen Selbstbestimmungsrechtes mit sich. In den alten Kaiserreichen hatten die Völker auf engem Raum und in einer Weise gelebt, welche die Anwendung des Prinzips schwierig und verzwickt machte. Eine Gruppe beherrschte die Stadt, eine andere das Hinterland. Es gab viele verschiedene Variationen dieses Themas, aber sie alle stellten die ethnische oder nationale Affinität gegen die Ansprüche der strategischen und ökonomischen Vernunft. Angesichts der Durchmischung der Völker war die Entstehung zahlreicher ‘Minderheitenprobleme’ unvermeidlich.
Der Völkerbund versuchte, diese düstere Situation mit einer Reihe von ‘Minderheitenverträgen’ zu bewältigen, die in den 1930er Jahren scheiterten. Die Generation nach 1945 hatte das Vertrauen in diese Verträge verloren und akzeptierte eher den Bevölkerungstransfer als ein Mittel zur Schaffung kohärenterer Nationalstaaten. Einen großen Vorteil dieses neuen Ansatzes sahen die Befürworter darin, dass sich so die Prinzipien der territorialen Integrität und des Selbstbestimmungsrechts einander annäherten.
Das nationale Selbstbestimmungsrecht erreichte seinen größten Triumph in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Ende der europäischen Imperien in Asien und Afrika. Es war zwar kein formelles Ziel der UN-Charta – Großbritannien blockierte 1944 und 1945 solche Überlegungen – aber es wurde bald zum Leitmotiv der Vereinten Nationen. Der wichtigste Verfechter des nationalen Selbstbestimmungsrechts war Jawaharlal Nehru, Premierminister Indiens seit dessen Unabhängigkeit von 1947 bis 1964. Bereits 1946 hatte Nehru die Auffassung verkündet, um die er die Welt zu versammeln suchte: «Das ganze System, das als Kolonialismus bekannt ist, muss verschwinden.»
Die UNO-Charta ist die Grundlage für das Völkerrecht der Zeit nach 1945 bis und einschließlich der Gegenwart. Sie legt die Grundnormen fest, die innere Architektur, die das Fundament der internationalen Rechtsordnung bildet. In ihrem Kern stehen ineinander greifende Bestimmungen über Souveränität, Unantastbarkeit der Grenzen, Nichteinmischung, Zurückhaltung in der Anwendung von Gewalt und gegenseitige Unterstützung.
Wilsons Verständnis des internationalen Rechts wurde in seinen Grundzügen in dieses Gesetz aufgenommen. Zusammenfassend können wir sagen: Der Zweck der internationalen Rechtsordnung ist die Wahrung des Rechts ihrer Mitglieder auf Souveränität und territoriale Integrität. Kein Staat darf Gewalt anwenden oder androhen, um diese Rechte in Frage zu stellen. Tun sie es doch, müssen sie auf den vereinten Widerstand der internationalen Gemeinschaft stossen. Aus demselben Grund hat jedes Volk sein natürliches Recht, repressive Regierungen abzusetzen. Es sollte dies niemals leichtfertig oder aus nur vorübergehend wichtigen Gründen tun, aber das Recht auf Revolution ist ein natürliches Recht des Volkes. Äußere Mächte sollten eine distanzierte Haltung gegenüber solchen internen Konflikten einnehmen. Es ist nicht ihre Sache, den Sieger zu salben.
Ich behaupte, dass das Prinzip der nationalen Selbstbestimmung – d.h. die Organisation der politischen Autorität von unten nach oben – relevant ist für Lösung der rechtlichen und ethischen Fragen, die der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine und innerhalb jedes der beiden Staaten aufwirft. Bei diesem Konflikt geht es nicht nur um die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine (äußere Souveränität) durch Russland; umstritten ist auch die Art und Weise, wie die innere Souveränität der Ukraine – also ihr Recht, über ihr Territorium und ihre Bevölkerung zu gebieten, konstituiert und danach von zwei politischen Flügeln angefochten wurde. Das Prinzip der Souveränität gibt einem Staat das Recht, sein Territorium unversehrt zu bewahren gegen Angriffe von innen. Dieses Recht ist jedoch in zweierlei Hinsicht eingeschränkt; einerseits durch das Recht auf Revolution, um unerträgliche Unterdrückung abzuschütteln, und andererseits durch die Pflicht, sich einer bestehenden verfassungsmäßigen Ordnung zu fügen, auch wenn diese den Schutz des eigenen Territoriums nicht postuliert. Das Recht auf Revolution ist mit einer wesentlichen Bestimmung verbunden: Jeder hat es. Wenn eine Gruppe es für sich ausübt in einem Staat, der eine Verfassung hat, gibt sie das Recht auf, sich auf die mit ihrer Hilfe umgestürzte Verfassung zu berufen, um ihr Recht auf Herrschaft geltend zu machen. Warum? Weil die revolutionäre Partei gerade die Verfassung auf den Schrotthaufen geworfen hat. Unter diesen Umständen kann sie nicht mehr auf die Autorität dieser Verfassung zurückgreifen. Die Entscheidung einer Gruppe, die Verfassung zu stürzen, hat die notwendige Konsequenz, dass andere dies ebenfalls tun können. Es liegt an ihnen, unter diesen Umständen zu entscheiden, wessen Autorität sie gehorchen. Unter solchen Umständen haben alle Personen in diesem Gebiet das Recht, die Souveränität zu wählen, unter der sie leben werden.
Die Relevanz dieses Grundsatzes für die Ukraine ist offensichtlich, da diese Nation eine revolutionäre oder außerkonstitutionelle Machtergreifung im Jahr 2014 erlebte. Es ist zweifelhaft, ob die ‘Revolution der Würde’ von 2014 durch Missstände ausgelöst wurde, die das Recht auf den Sturz der bestehenden Regierung verliehen. Victor Janukowitsch war in einer Wahl gewählt worden, die internationale Beobachter als einigermaßen fair beurteilten. Bis zu den nächsten Wahlen blieb etwas mehr als ein Jahr. Die Regel der konstitutionellen Demokratie schreibt vor, dass unzufriedene Menschen, die über die Regierung verärgert sind, bis zu der nächsten Wahl warten sollen, um dann ihren Protest kundzutun. Die Maidan-Protestler wollten jedoch nicht warten; sie wollten Janukowitsch sofort loswerden, um nicht in das Abkommen verwickelt zu werden, das der ukrainische Präsident Ende 2013 mit Russland unterzeichnet hatte. Aber hätte die Stimme des Volkes, die sich im öffentlichen Protest manifestierte, diese darauf folgenden Wahlen gewonnen, hätte nichts einen neuen Präsidenten daran gehindert, von der Vereinbarung von 2015 zurückzutreten. Janukowitsch war nicht in der Lage, seine Nachfolger zu etwas zu verpflichten.
Im Gegensatz zu diesen Ansichten wurde behauptet, die Ukraine sei ja eine ‘junge Demokratie’ , weshalb die normalen Regeln und Praktiken einer rechtsstaatlichen Demokratie nach Belieben außer Kraft gesetzt werden könnten. Der Einwand ist nicht stichhaltig. In der Tat ist die Einhaltung des Wahlrechts sowohl in jungen als auch in reifen Demokratien unverzichtbar. Eine Verletzung des Wahlrechts zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen 1790 und 1860 hätte in den Vereinigten Staaten zu einem Bürgerkrieg geführt. Die Verletzung des Wahlrechts im heutigen Amerika, um ein treffendes Beispiel zu nennen, würde eine klare und sehr wohl vorhandene Gefahr ernsthafter Unruhen auslösen, selbst wenn die darauf folgenden Feindseligkeiten nicht dem ersten Bürgerkrieg glichen. Sollte ein zukünftiger despotischer Anwärter den Sieg im Wahlmännerkollegium beanspruchen, obwohl er gegen dessen Verfahrensregeln verstoßen hat, würden sich dann alle Staaten in der Union ihrer Autorität unterwerfen? Das scheint von Natur aus unwahrscheinlich.
Denken Sie an den 6. Januar 2021 – den Tag, der in Clownauftritten fortleben wird. Die Ereignisse an diesem Tag waren widerwärtig, weil der Mob versuchte, wenn auch plump und ohne wirkliche Absicht, das Wahlrecht, die wichtigste Voraussetzung der verfassungsmäßigen Demokratie, zu verletzen. Die Februarrevolution 2014 in der Ukraine wurde dagegen viel geschickter durchgeführt als die Ereignisse vom 6. Januar in den USA, aber im Kern blieb sie dennoch eine dreiste – und weitaus folgenreichere – Missachtung des bestehenden Wahlrechts.
Das Washingtoner Establishment scheint unfähig zu sein, diese Tatsachen zu verarbeiten. Uns wird gesagt, dass, was am 6. Januar geschah, so erfolglos und gar lächerlich, wie es war, einem Aufstand gleichkam, einen Aufstand – dem schlimmsten aller Verbrechen – während doch der ukrainische Aufstand vom Februar 2014 einfach gezeigt habe, wie die Dinge in einer ‘jungen Demokratie’ gehandhabt werden. Nein, die Erzwingung eines Machtwechsels mit außerkonstitutionellen Mitteln ist eine offene Einladung zum Bürgerkrieg. Die friedliche Machtübergabe durch Wahlen ist der Eckpfeiler einer rechtsstaatlichen Demokratie. Die Machtübergabe auf andere Weise bedeutet, die konstitutionelle Demokratie grundsätzlich aufzugeben und durch die Herrschaft des Mobs zu ersetzen. In der Praxis erhöht ein solcher Verlauf die Gefahr eines langwierigen zivilen Konflikts.
Nach den Grundsätzen der konstitutionellen Demokratie stellen 500.000 Menschen auf den Straßen der Hauptstadt in einem Land mit 45 Millionen Einwohnern nicht ‘die Nation’ dar, weil damit von vornherein eine riesige Zahl von Wählern ausgeschlossen ist. Aber nehmen wir mal an, dass diese Wahl von dieser Gruppe von Menschen getroffen wurde, weil sie der festen Überzeugung war, die ukrainische Nation zu repräsentieren. Außenstehende sollten sich schließlich nicht anmaßen, besser zu wissen, was Unterdrückung ist als die Menschen, die unter ihr leben. Wenn dem so ist, folgt daraus aber immer noch, dass die Ukraine durch diesen Akt in eine revolutionäre Situation, einen Naturzustand, in dem jeder und jede die Souveränität wählen kann, unter der sie leben wollen. Die Menschen in den westlichen und zentralen Regionen der Ukraine unterstützten die neue revolutionäre Regierung in Kiew, die nun fest bei den Westmächten verankert ist, während eine entschiedene Mehrheit der Menschen auf der Krim und im Donbass für Selbstbestimmung eintrat – d.h. nicht von Kiew regiert werden wollte – und dafür Schutz suchte bei Russland. Hatten sie das Recht, dies zu tun? Die Logik des Gesetzes diktiert, dass sie es hatten. Dieses Recht war durch die vorherige Aufhebung der Verfassung auf sie übergegangen.
Das Problem wird erhellt durch eine einst berühmte Episode in der amerikanischen Verfassungsgeschichte, dem Streit um die Annullierungskontroverse in den frühen 1830er Jahren. John C. Calhoun aus South Carolina hatte vorgeschlagen, dass ein Bundesstaat als Partei des Verfassungspaktes für seinen Bereich das Recht behielt, die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu beurteilen, die von der Bundesregierung erlassen wurden. Wenn der Bundesstaat sie als verfassungswidrig beurteilt, können sie von seiner Behörde aufgehoben werden. Daniel Webster machte sich über Calhouns Behauptung lustig, ein Bundesstaat könne irgendwie in der Regierung und gleichzeitig außerhalb der Regierung sein, sodass er Gesetze erlassen könne, die andere zu befolgen hätten, er selbst aber die Autorität dieser Gesetze ablehnen könne, wenn sie für ihn gelten. Leider ist es genau das, was die ukrainischen Revolutionäre auf dem Maidan taten. Sie beschmutzten die Verfassung und beriefen sich dann auf deren Autorität. Nach dem von Webster dargelegten Prinzip hatten sie ihr Recht, dies zu tun, aufgegeben.
Gegen diese Behauptungen kann eingewendet werden, die Abspaltung der Krim und die Gründung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk (DPR und LPR) im Jahr 2014 sei keine Ausübung des Selbstbestimmungsrechts, d. h. dem Recht eines Volkes, zu wählen, unter wessen Souveränität es leben möchte, denn der Aufstand im Osten sei vollständig von einer externen Macht, nämlich Russland, orchestriert worden. Es handle sich nicht um einen Fall von Selbstbestimmung, so das Gegenargument, sondern sei ein Fall von externer Intervention oder Revanchismus. Die Entscheidung wurde für diese Menschen von Putin getroffen, nicht von diesen Menschen mit der Hilfe von Putin.
Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung der Krim wollte 2014 ein Teil Russlands und nicht der Ukraine sein.Dass sie dies mit russischer Unterstützung erreicht haben, ist wahr. Richtig ist auch, dass die Maidan-Revolutionäre mit Unterstützung des Westens die Macht übernommen haben. Zwei Wochen vor dem Sturz Janukowitschs hatte die stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland bereits das Kabinett ausgewählt, das dessen Nachfolge antreten sollte. Das Krim-Referendum war zwar nach der ukrainischen Verfassung verfassungswidrig, aber die daraus gezogene Schlussfolgerung – dass das Referendum daher unrechtmäßig war, ist nicht korrekt. Nach den oben genannten Grundsätzen war es die Entscheidung der Bewohner der Krim, wie sie den Weg der Abspaltung von der Ukraine und des Beitritts zu Russland gehen wollten. Die entscheidende Frage ist daher nicht, ob das Krim-Referendum in einer für Außenstehende zufriedenstellenden Weise durchgeführt wurde, sondern ob die Stimmberechtigten der Krim überhaupt ein Recht hatten, ein Referendum abzuhalten. Die revolutionären Umstände des Jahres 2014 liessen große Unsicherheit aufkommen darüber, ob das Referendum von 2014 den Willen der Krim-Bevölkerung widerspiegelte, aber ein Dutzend öffentlicher Meinungsumfragen in den folgenden acht Jahren zeigen, dass dies der Fall war. Diese zeigen jeweils eine Unterstützung von achtzig bis neunzig Prozent für die Abspaltung der Krim von der Ukraine und den Beitritt zu Russland. Es gibt allen Grund zur Annahme, dass die Umfragen dem Volkswillen in dieser Provinz entsprechen.
Der Fall des Donbass ist sicherlich komplizierter. Die Bevölkerung war in dieser Provinz noch stärker gespalten. Meinungsumfragen im Mai 2014 zeigten, dass die Mehrheit gegen eine Abspaltung von der Ukraine war, aber den Kiewer Behörden misstraute und eine Föderalisierung wollte. Die Aufständischen, welche die Macht ergriffen hatten, fragten in einem Referendum in beiden Provinzen: «Unterstützen Sie die Gründung der Volksrepublik Donezk?» , bzw. die gleiche Frage für Lugansk. Putin hatte um eine Verschiebung des Referendums gebeten, aber die Einheimischen hielten es trotzdem ab. Auch wenn die gemeldeten Ergebnisse, die eine überwältigende Unterstützung für das Referendum zeigten, nicht für bare Münze genommen werden können, stammte der Aufstand, der sich entwickelte, aus der lokalen Bevölkerung und wurde von der Arbeiterklasse angeführt. Den Anführern gelang es, eine Miliz aufzubauen; sie erhielten die meisten ihrer Waffen von sympathisierenden Einheiten der ukrainischen Armee, die sich ihnen anschlossen. Mehr als drei Viertel der Menschen, die bei der Verteidigung der Republiken starben, waren Menschen, die dort geboren waren. Russland gab grössere Unterstützung im Spätsommer 2014, als die Republiken kurz davor waren, von der ukrainischen Gegenoffensive zerschlagen zu werden. Damit verfügten die kleinen Staaten über weit weniger Territorium, als sie anfangs beansprucht hatten, etwa ein Drittel der Donbass-Provinz.
Als sich der Staub nach den Gefechten von 2014 und Anfang 2015 legte, wurde an der Front die Kontaktlinie gebildet. Ein Aspekt dieser Linie war besonders klar: Die Menschen auf beiden Seiten hassten sich gegenseitig. Jede Seite lehnte die proklamierte Identität und Zugehörigkeit der anderen Seite ab. Die Ukrainer wollten die Russophilen besiegen oder sie vertreiben, und die Russophilen wollten zunehmend den Anschluss an Russland. Putin wollte die abtrünnigen Republiken jedoch nicht Russland angliedern wie die Krim im Jahr 2014. Erst 2022, zeitgleich mit dem Ausbruch des Krieges, anerkannte er sie als unabhängige Staaten. Zuvor sah er Russland zur Einhaltung der Minsk-2-Formel verpflichtet, die deutsche und französische Diplomaten im Jahr 2015 als geeigneten Kompromiss vorgeschlagen hatten zwischen den Prinzipien der staatlichen Souveränität und des Selbstbestimmungsrechts. Die Bevölkerung der beiden Kleinstaaten sollte wieder in die Ukraine eingegliedert werden – unter Wahrung der territorialen Integrität des Landes, aber unter Zusicherung der ‘föderalen’ Selbstbestimmungsrechte, so etwa dem Recht, in ihren Schulen Russisch zu unterrichten oder dem Recht auf eine eigene örtliche Polizei.
Minsk 2 war eine staatsmännische Formel, die versuchte, diese unterschiedlichen Prinzipien in Einklang zu bringen, erwies sich jedoch in der Praxis als nutzlos. Im Gegensatz zu den Minderheitenverträgen des Völkerbundes, denen sie in wesentlichen Punkten ähnelte, wurde Minsk-2 nie umgesetzt. Die Formel wurde von beiden Seiten des lokalen Konflikts abgelehnt; keine von ihnen wollte ihre Meinung ändern, es sei denn, sie wären von ihren externen Beschützern dazu gezwungen worden. Russlands Bereitschaft, eine Einigung der DVR und der LPR mit Kiew zu erzwingen, wurde nie wirklich getestet, weil die erforderlichen Schritte zur ‘Föderalisierung’ von der Ukraine und auch von den Vereinigten Staaten abgelehnt wurden.Weder die Ukraine – Kiev – noch die Vereinigten Staaten anerkannten das Prinzip der Selbstbestimmung für die Russophilen in der Ukraine. Die Vereinigten Staaten stellten sich ebenso wie die Regierung in Kiew auf den Standpunkt, dass der offensichtliche Wunsch der Bevölkerung in den östlichen Regionen irrelevant war, weil ihre Abspaltung von der Ukraine verfassungswidrig und betrügerisch sei, d.h. dass die von der Krim oder dem Donbass geäußerten Ansichten völlig illegitim und in Wirklichkeit von der russischen Version von QAnon stammten.
Die erste Behauptung geht, wie ich gezeigt habe, am Thema vorbei, während die Vorgeschichte und offenkundige Beweise die zweite Behauptung widerlegen. «Die Vorgeschichte zeigt, dass die Ukraine ein ‘gespaltenes’ Land ist», wie Samuel Huntington es in den 1990er Jahren sagte. Anders ausgedrückt, es ist einer von vielen ‘Bruchlinienstaaten’ in den Grauzonen zwischen den großen Kulturkomplexen. Die Völker der Ost- und Westukraine sind in vielen Fragen gespalten. Sie sind geteilt durch die historische Erinnerung, dadurch, wen sie als Helden und wen sie als Schurken betrachten, und durch ein Dutzend andere Dinge. Umfragen in der gesamten Geschichte der Ukraine als unabhängige Nation zeigen, dass diese Spaltung real ist. Ein Beispiel: Im Jahr 2010 gewann Janukowitsch 90 Prozent der Stimmen der Krim und 10 Prozent in Galizien, der westlichsten Provinz der Ukraine. Sein Gegner hat das Gegenteil erreicht. Das ist eine viel größere Kluft als in Amerikas eigenem, akut gespaltenen Gemeinwesen. Diese Überlegungen zwingen zur Schlussfolgerung, dass der Westen falsch lag, die Fragen der Krim und des Donbass ausschließlich als eine Frage der territorialen Integrität zu sehen. Dabei ignorierte er das Recht der Leute, in einer revolutionären Situation demjenigen die Loyalität auszudrücken, der am glaubwürdigsten versprach, ihre Rechte und Interessen zu schützen. Diese Wünsche waren ziemlich klar – die Menschen auf der russischen Seite der Trennlinie wollten nicht von Kiew regiert werden.
Der Westen hat seinen größten Fehler begangen, als er die ukrainische Revolution von 2014 unterstützte. Es wäre viel besser gewesen, die ukrainischen Nationalisten und die Russophilen zu ermutigen, einen Modus vivendi zu finden. Der Westen hat dazu beigetragen, einen Bürgerkrieg auszulösen. Er hätte in der Folge eine Friedensregelung anstreben müssen auf der Grundlage des Prinzips uti possidetis. Dieser lateinische Leitspruch, der so viel bedeutet wie «wie du besitzest» , war einst ein friedensstiftender Grundsatz, der in diesem Fall dem Prinzip des nationalen Selbstbestimmungsrechts entsprochen hätte.
Das hier empfohlene Vorgehen wurde 2014 von der Ukraine und dem Westen vehement abgelehnt. Diese Ablehnung hatte folgenschwere und ironische Folgen. Was war das Ziel der Februarrevolution? Die Ukraine sollte sich dem Westen (Europa) anschließen und den Osten (Russland) ablehnen. Doch die praktische Folge der Revolution war, dass die Rückgewinnung der verlorenen Gebiete auf der Krim und im Donbass zur obersten Priorität der neuen Regierung der Ukraine wurden. Um Europa beizutreten, mit anderen Worten, musste sich die Ukraine mit dem Osten auseinandersetzen. Diese zentrale Entscheidung hatte drei Auswirkungen:
Sie bedeutete effektiv, die Ukraine für den Kampf mit den abtrünnigen Republiken aufzurüsten, statt sich auf die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Westen zu konzentrieren.
Sie zerstörte die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland, was beachtliche Kosten für die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine bedeutete. Die wertvollen Transitgebühren für russisches Gas, die eigentlich eine Wohltat für die gesamte Bevölkerung sein sollten, versickerten durch Korruption. Die Ukraine gab langjährige Handels Verflechtungen auf. Im Jahre 2021 sahen die Ergebnisse dieser Entscheidungen düster aus. Das Pro-Kopf-BIP war im Jahr 2021 immer noch niedriger als im Jahr 2014. Die Atlantic Council’s Eurasia Center, der beste Freund der Ukraine in den Vereinigten Staaten, zeichnete ein sehr pessimistisches Porträt des Stands der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der Ukraine im März 2021: «Die Ukraine ist zum ärmsten Land in Europa geworden» , so der Rat. Ausländische Investitionen stagnierten im Jahr 2020. Dies war teilweise der Pandemie, vor allem aber der Tatsache geschuldet, dass «Ausländer nicht in der Ukraine zu investieren wagen, weil sie befürchten, dass ihr Eigentum gestohlen wird.»
Das Center definierte die ukrainische Identität in exklusivistischen und und nationalistischen Begriffen und stellte das in Teilen russophile Erbe der Ukraine als Verkörperung der vergangenen und gegenwärtigen Unterdrückung dar. Der Gebrauch der russischen Sprache musste unterdrückt werden, weil sie eine Erinnerung an diese Tatsache war. Oppositionsmedien mussten geschlossen werden, weil sie drohten, die russische Kultur wiederzubeleben. Der Nationalismus der Ukraine nach 2014 erinnert an die Nationalismen der Zwischenkriegszeit, die sich endlos mit der unaussprechlichen Größe des jeweiligen Volkes rühmten. Während dieser Zeit rühmten alle neuen unabhängigen Staaten Europas das einzigartige Erbe und die Besonderheit ihrer Völker über alles und fügten hinzu, dass ihre eigenen beeindruckenden Beiträge zur Weltkultur von der Fremdherrschaft unterdrückt worden seien. Alle diese post-imperialen Nationen waren gegenüber den Nachbarvölkern recht feindselig eingestellt. Die Liebe zum eigenen Volk war eng mit dem Hass auf die anderen Völker verbunden.
Die Entscheidung, die Ukraine als ‘Anti-Russland’ zu bezeichnen, war eine verhängnisvolle Entscheidung. Sie erwies sich als das Schlüsselelement, das Putin am meisten missfiel, das für ihn einen casus belli darstellte. Diese tiefgreifende Erweckung nationalistischer Gefühle in der Ukraine widersprach auch grundlegend dem, was mit dem Beitritt zum Westen bisher gemeint war. Im Jahr 2002 hatte Robert Kagan die Europäische Union als ein kantianisches Paradies bezeichnet, das den selbstmörderischen Nationalismus ersticken sollte, während die Revolution von 2014 dessen Wiederbelebung nachdrücklich förderte. In der Tat, als der alte nationalistische Geist in den 2000er Jahren in Warschau, Budapest und Belgrad, eigentlich überall im Einflussbereich des alten Sowjetimperiums wieder auftauchte, – wurde er weitherum verurteilt als ‘undemokratisch’ und als tiefen Affront gegen die gemeinsamen EU-Werte. Im Falle der Ukraine war dies jedoch nicht der Fall. Als es um die Februarrevolution ging, sang die ganze westliche Welt unisono – Ruhm für die Ukraine.
Kiews grundlegende Entscheidung, sich Moskau entgegenzustellen und sich auf die Rückgewinnung der umstrittenen Gebiete im Osten zu konzentrieren, hatte düstere Folgen für die Aufnahme der Ukraine in den Westen. Die Menschen auf dem Maidan wollten vor allem eine engere soziale und wirtschaftliche Integration in Europa. Solche Pläne wurden jedoch in den folgenden Jahren durch eine Reihe von Hindernissen vereitelt, die durch das Beharren Kiews auf den Status quo im Osten unüberwindbar wurden. Eine der Hauptforderungen der Demonstranten im Februar 2014 war die Befreiung der Ukraine von der allgegenwärtigen Korruption und der Oligarchen-Herrschaft. Kiews tiefe Abneigung gegen Russland, seine Fixierung auf die Konfrontation mit Moskau und seine antirussische Denkweise bedeuteten, dass die Februarrevolution nichts zur Lösung dieser Probleme beitragen konnte.
Angesichts dieser verschiedenen Sackgassen stellte sich heraus, dass das Einzige, was die Vereinigten Staaten und die NATO tun konnten, um der Ukraine zu helfen, sich dem Westen anzuschließen, die Stärkung des Militärs der Ukraine war. Auch wenn die Obama-Regierung zur Auslösung der Revolution von 2014 beigetragen hatte und dann Prinzipien verabschiedet hatte, die einen Ausgleich mit Russland verboten, war der Präsident gegen ein Programm zur Stärkung der ukrainischen Streitkräfte unter amerikanischer Führung. Erst die Trump-Regierung hat auf Drängen des Kongresses diese Politik umgekehrt und mit ernsthaften Anstrengungen zur Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte begonnen. Dies geschah größtenteils unter dem Radar der Öffentlichkeit, aber die Ergebnisse dieser Bemühungen waren 2022 zu sehen in der entschlossenen Verteidigung der Ukraine gegen die russische Invasion.
Die beiden Grundprinzipien der territorialen Integrität und der nationalen Selbstbestimmung wurden durch den russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 ebenfalls verletzt. Wäre Putins Invasion auf den Donbass beschränkt gewesen, wäre sie vielleicht in einem gewissen Mass berechtigt gewesen, wenn man bedenkt, dass die Ukrainer den Donbass acht Jahre lang schweren Bombardierungen ausgesetzt haben. Hätte der Kreml seine militärischen Aktivitäten auf die Abwehr der ukrainischen Artillerie beschränkt hätte, wäre es vielleicht ein vernünftiger Fall von Selbstverteidigung gewesen. Aber Putin tat weit mehr. Er beanstandete die ukrainische Verfassung als ‘antirussisch’ und strebte faktisch einen Regimewechsel an. Die Ukraine solle ‘entnazifiziert’ und ‘entmilitarisiert’ werden, erklärte Moskau… Es gibt keine überzeugende Rechtsgrundlage, auf Grund der Russland ein Recht auf solche Maßnahmen beanspruchen könnte. Russlands Worte und Taten verletzten insbesondere das Recht aller Ukrainer auf nationale Selbstbestimmung. Diese beiden selbstdefinierten Gruppen – nationalistische Ukrainer und die Russophilen je auf ihrem Territorium – haben ein Recht darauf.
Nach dem Ausbruch des Krieges 2022 gestand Putin einen Fehler seinerseits ein. In seiner Kriegsrede räumte er ein, dass er im Jahr 2014 und danach mehr hätte tun müssen, um die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine zu schützen. Dies habe er nicht getan. Er akzeptierte den territorialen Status quo, der sich aus den ersten Kämpfen ergab. Als sich dieser zur Kontrolllinie in der Ostukraine verfestigt hatte, hatte er jedoch kein Recht, den territorialen Status quo in irgendeiner Weise zu verändern, es sei denn, dies geschähe im Zuge der Abwehr eines Angriffs. Unter der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine außerhalb der beiden Volksrepubliken war wenig davon zu merken, dass diese eine russische Invasion wünschte, um ihren damaligen Zustand der Unterdrückung zu beheben. Wir können aber ihre Ansichten nicht wirklich kennen, vor allem nicht unter Kriegsbedingungen, denn dann ist es für die Menschen von Natur aus gefährlich , ihre Meinung zu äußern, weil sie von Partisanen getötet werden könnten, wenn sie das Falsche sagen.
Die bisherigen Indizien lassen jedoch große Zweifel aufkommen an der Vermutung, dass die Russophilen in der Ukraine einen Krieg in ihrem Hinterhof wollten, der sie von der Unterdrückung durch die Kiewer Regierung befreien sollte. Dieses Gefühl ist verständlich. Die Amerikaner beschweren sich routinemäßig über ihre Regierung, aber niemand will, dass die mexikanische Armee in ihrem Namen militärisch eingreift, denn das Heilmittel wäre schlimmer als die Krankheit. Dass normale Menschen so denken könnten, hätte Putin eigentlich klar sein müssen. Offensichtlich war es das aber nicht.
Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass die russophile Meinung auf dem ukrainischen Territorium außerhalb der Volksrepubliken nicht einheitlich war und ist, so dass eine Mehrheit in Charkiw das ablehnen könnte, was die Russophilen in Mariupol begrüßen – nach acht Jahren harscher Behandlung und dem Asow-Regiment in der Stadt. Selbst wenn die russischsprachige Bevölkerung die Befreiung wollte, hatte Russland kein Recht, sie zu befreien. Die einzige Möglichkeit für Moskau, ein solches Recht zu erlangen, wäre zunächst ein Aufstand der russischsprachigen Bevölkerung selbst in diesen Regionen, ein Aufstand, mit dem sie sich als eine Kraft präsentierten, mit der man rechnen muss und welchen Kiew dann mit Hilfe seiner ausländischen Gönner zu besiegen versuchen würde. Die Vermutung im Völkerrecht wiegt schwer gegen diejenigen, die einen Krieg aus spekulativen Gründen anfangen.
Die Umstände des Jahres 2022 waren also völlig anders als 2014. Damals, 2014, war die Ukraine effektiv in einen Zustand mit Naturrecht versetzt worden. Nach acht Jahren Herrschaft hatte der ukrainische Staat erfolgreich die zentrale Autorität über die großen Teile des Territoriums, die noch unter seiner Domäne verblieben waren. Während eine begrenzte russische Intervention zum Schutz der Menschen im Donbass oder zur Verteidigung gegen eine ukrainische Invasion (wie sie gemäss russischer Behauptung im Februar 2022 drohte), einen gewissen Anspruch auf Legitimität gehabt hätte, Russlands ‘Sondereinsatz’ im Jahr 2022 hatte es nicht. Auch wenn die russische Regierung jetzt formell ‘Regimewechsel’ als Ziel ablehnt, kommen die Ziele der ‘Entnazifizierung und Entmilitarisierung’ dieser Forderung furchtbar nahe, ebenso wie ihre vagen, aber potenziell weitreichenden territorialen Ziele. In der Tat, Selbstbestimmung für die Russophilen in der Ukraine soll auf Kosten des Rechts der Ukraine auf Selbstbestimmung erreicht werden.
Einige russische Autoren haben Russlands ‘militärischen Sondereinsatz’ in der Ukraine mit den Bemühungen des Nordens um die Unterwerfung des Südens im amerikanischen Bürgerkrieg verglichen. Diese Analogie ist nicht ganz unberechtigt: In beiden Fällen gibt es einige Aspekte, in denen die beiden Volksteile eine einzige Nation bildeten, und wieder andere, in denen dies nicht der Fall war. Aber die Zeit für diese Idee eines Großrusslands, wie es Alexandr Solschenizyn 1990 in einem Werk verteidigte, war 1990 oder 1991. Russland hat damals nicht nur das Recht der Ukraine auf Souveränität und Eigensstaatlichkeit anerkannt. Auch die Ukraine selbst sammelte dreißig Jahre Erfahrungen mit dieser neuen Freiheit. Im ukrainischen Referendum vom 1. Dezember 1991 stimmten mehr als 90 Prozent der Teilnehmer für die Unabhängigkeit. Im Gegensatz dazu hat die Union im Falle der USA nie das Recht auf Sezession anerkannt. Auch diejenigen, welche die Anwendung von Gewalt im Jahr 1861 missbilligten, wie der scheidende Präsident James Buchanan, stützten ihre Position nicht auf das Recht zur Sezession, sondern auf die Unzulässigkeit, die Union mit Gewalt zusammenzuhalten. Die Republikaner sahen in Buchanans Position einen Widerspruch. William Seward bemerkte, der Präsident habe «schlüssig zwei Dinge bewiesen: Erstens, dass kein Staat das Recht hat, sich abzuspalten, es sei denn, er will es; und zweitens, dass der Präsident die Pflicht hat, die Gesetze durchzusetzen, es sei denn, jemand widersetze sich ihm».
Im Falle Russlands ist aufgrund des Zeitraums von dreißig Jahren jeder Vergleich mit dem amerikanischen Fall unangebracht. Außerdem enthielt die amerikanische Verfassung kein Recht auf Sezession wie die sowjetische Verfassung. Im amerikanischen Fall konnte ein solches Recht nur durch ‘Konstruktion’ , d.h. durch Ableitung aus einer anderen Bestimmung der Verfassung geschaffen werden. Mit dem gesetzlichen Recht, Rebellion zu unterdrücken, hatte der Norden im amerikanischen Bürgerkrieg ein starkes Argument gegen den Süden, ein weitaus überzeugenderes Beweismittel zur Rechtfertigung seiner militärischen Aktion gegen die Konföderation als Russland heute gegen die Ukraine. Ungeachtet der völkerrechtswidrigen Aspekte der russischen Invasion sind Russlands Handlungen in der Ukraine aber nicht von Natur aus verbrecherischer als der Irakkrieg 2003, die israelischen Kriege im Libanon von 1982 und 2006 oder die saudische Intervention im Jemen. Als Beispiel der einseitigen Ausübung der ‘Schutzverantwortung’ (R2P) stehen sie im Grunde auf einer Stufe mit den westlichen Interventionen in Libyen und Syrien. Jedes Argument für die Invasion Russlands schwächt jedoch die Kritik an diesen Interventionen des Westens.
Der russisch-ukrainische Krieg ist auch nicht so furchtbar abnormal in einem weiteren Sinn. Wie viele der rund 260 militärischen Konflikte, die es seit 1945 gab, ist dies ein Konflikt zwischen Völkern, Völkern, die seit langem in enger Nachbarschaft zueinander leben. Viele dieser Konflikte werden als Bürgerkriege bezeichnet, aber die Unterscheidung zwischen internen und externen Konflikten ist oft nicht ganz klar, da viele Bürgerkriege ‘internationalisiert’ werden. In der letzten Generation zum Beispiel ist jeder militärische Konflikt in der muslimischen Welt (z.B. Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Jemen) stark von externen Parteien beeinflusst worden, so dass sie im wesentlichen Stellvertreterkriege zwischen regionalen Rivalen waren.
Aus Gründen, die für Außenstehende nicht leicht zu verstehen sind, geraten benachbarte Völker oft in Konflikt. Nähe lässt in diesen Fällen nicht das Herz wachsen; im Gegenteil, die Völker entfremden sich, und jedes beschließt, das andere am besten umzubringen, da sie einander ja nicht leiden können. Solche Konflikte führen unweigerlich zu spektakulären Gräueltaten und Verfehlungen, welche die gegnerischen Parteien als typisch für die je andere sehen. Dennoch ist es selten so, dass eine Seite allein den Tadel verdient. Beide Parteien schieben dem gegnerischen Volk eine kollektive Verantwortung zu, während sie sich selbst oft als große Menschenfreunde darstellen.
Realistischerweise sind die Aussichten auf einen echten und nachhaltigen Friedensvertrag im Anschluss an den gegenwärtigen Krieg sehr vage. Ob Putin vorrückt oder sich zurückzieht, eine Grenze wird wahrscheinlich bestehen bleiben. Russland kann nicht die gesamte Ukraine übernehmen und konzentriert sich jetzt darauf, Territorium im Osten zu gewinnen. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass die russischen Streitkräfte vollständig besiegt und aus dem gesamten ukrainischen Hoheitsgebiet vertrieben werden. Auf dem Weg dorthin können die Parteien Waffenstillstände vereinbaren, aber eine echte politische Einigung scheint sehr unwahrscheinlich. Die Differenzen zwischen den beiden Seiten sind viel zu groß. Der Westen erwägt unterdessen eine Anklage wegen Kriegsverbrechen, die, wenn sie gegen Putin und seine Verbündeten erhoben werden, die gleiche Wirkung haben wie ein Aufruf zum ‘Regimewechsel ‘ in Russland – etwas, das die Regierung Biden offiziell dementiert hat. Selbst wenn man annimmt, dass solche Anschuldigungen nicht weiter verfolgt werden, würde der Westen dann sein Ziel der Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine auf der Grundlage der Grenzen von vor 2014 aufgeben? Ein Kompromiss in diesem Punkt ist fast sicher eine unabdingbare Voraussetzung für eine Friedensregelung, aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten bereit wären, ein solches Szenario zu akzeptieren, und zum jetzigen Zeitpunkt gibt es kaum Anzeichen dafür, dass Europa dazu bereit wäre.
Auch wenn die politischen Bedingungen ungünstig erscheinen, ist es wichtig, zu spezifizieren, wie gerechte Bedingungen für den Friedensschluss aussehen würden, wenn wir die Normen des internationalen Rechts und seine Vorstellungen von Gerechtigkeit als Grundlage einer fairen Regelung nehmen. Meines Erachtens hat damit der folgende Grundsatz das Primat: Es sollen möglichst keine Menschen der rechtlichen Hoheit derer überlassen werden, die sie selber hassen oder deren Hass sie ausgeliefert wären. Dies ist einfach eine andere Formulierung von Wilsons Prinzip der Selbstbestimmung, da sich die Menschen generell nicht dafür entscheiden würden, einem Gemeinwesen anzugehören, in dem sie eine verachtete Minderheit sind oder als Bürger zweiter Klasse behandelt werden.
Das Argument für eine territoriale Teilung auf der Grundlage des oben genannten Prinzips ist im Grunde genommen nicht anders als das Argument für eine Scheidung. Sie ist nie die beste Option, aber manchmal ist sie die einzige Option. Während der langen Zeit von der Gründung der Vereinigten Staaten bis zum Bürgerkrieg waren die amerikanischen Führer ziemlich besessen davon, diese Frage zu überdenken und griffen dabei oft auf familiäre Metaphern zurück. Die Union sei wie eine Ehe, sagten sie. Wenn sich die Parteien entfremdeten, war die logische Konsequenz, dass sie sich trennten und je eigene Wege gingen. Bemerkenswert ist, dass eine große Anzahl von Menschen, sogar Nationalisten, einräumten, dass die Union nicht mit Gewalt zusammengehalten werden sollte und nicht mit Gewalt zusammengehalten werden kann, genauso wenig wie ein Ehemann oder eine Ehefrau den Abschied des anderen verhindern sollte, wenn sie sich völlig entfremdet hatten.
In den Vereinigten Staaten der Vorkriegszeit galt jedoch, dass nie in die Praxis umgesetzt werden konnte, was in der Theorie oder intuitiv einleuchtend erschien. Bei der Abweisung der Aussicht auf eine ‘friedliche Sezession’ im Kongress im Jahr 1850 stellte Daniel Webster fest, dass «wir uns heute nicht hinsetzen und eine Grenze ziehen könnten, die auch nur fünf Männer in diesem Land zufriedenstellen würde». Das machte eine friedliche Scheidung zu einem Phantom: «Ihre Augen und meine sind dazu bestimmt, niemals dieses Wunder zu sehen» , sagte Webster. Lincoln gab in seiner ersten Amtseinführungrede den entscheidenden Fingerzeig: «Ein Ehemann und seine Frau können sich aus dem Weg gehen», sagte er, «aber wir können das nicht. Wir sind entweder in einer föderalen Union, in der das Gesetz regiert, oder in einer Anarchie, in der Gewalt herrscht. Das Letztere wäre unerträglich, also soll es das Erstere sein. Die Befürworter des Nordens beharrten immer darauf, dass der Zweck des Krieges darin bestand, die Grundlage für einen dauerhaften Frieden zu schaffen.
Der amerikanische Bürgerkrieg zeigt vielleicht, dass es keine vermittelnde Gewalt gibt zwischen dem Rechtsanspruch eines Staates, sich selbst zu erhalten, und dem Recht eines selbstbestimmten Volkes, sich zu lösen und in Selbstbestimmung von diesem Staat zu trennen. Der bleibende Ruhm im amerikanischen Bürgerkrieg für den Norden ist, dass er die Befreiung der Sklaven zum Kriegsziel machte, aber die anschließenden Entwicklungen warfen viele Afroamerikaner im Süden in einen Zustand zurück, der nicht weit von einer erneuten Sklaverei entfernt war. Das Beispiel zeigt, dass der Konflikt zwischen Staatserhalt und Selbstbestimmung an sich schon ‘eine harte Nuss’ ist, umso mehr, wenn die universellen Menschenrechte (das Recht, frei von Sklaverei zu sein) in die Waagschale geworfen werden. In solchen Fällen ist es nicht offensichtlich, welches Prinzip in einem bestimmten Fall Vorrang haben kann oder soll. Was die Fälle schwierig macht, ist, dass jede Lösung unvermeidlich den Verzicht auf einen wichtigen Grundsatz oder menschlichen Wert zu bedeuten scheint.
Das amerikanische Beispiel und andere mögen zeigen, dass der Wert des Rechts auf nationale Selbstbestimmung nicht absolut ist oder durch andere Werte übertroffen werden kann, aber das beeinträchtigt den eigentlichen Wert dieses Prinzips nicht. Was ‘das Volk’ denkt, zählt, auch wenn es manchen als falsches Denken erscheinen mag.Wenn ein Frieden erträglich sein soll, sollte möglichst kein Mensch der Hoheit von Leuten unterworfen werden, die er hasst oder die ihn hassen.
Sicherlich sollte man die praktischen Hindernisse auf dem Weg zur Verwirklichung dieses Prinzips in der Ostukraine nicht unterschätzen. Die Menschen sind sich nur selten einig in ihrer Sicht der Dinge. Die Mehrheit muss daher regieren. Die eigentliche Frage ist, wie man den Bereich definiert, in dem die Mehrheitsansicht vorherrschen soll. Ist die richtige Zuständigkeit die der Donezker Volksrepublik oder der Lugansker Volksrepublik im Gebiet, über das diese seit 2014 faktisch die Hoheit haben, oder die größere Provinz Donbass, von der die beiden Volksrepubliken Anfang 2022 nur rund ein Drittel ausmachten? Es gibt auch praktische Hürden im Hinblick auf die Durchführung eines Referendums: Wer würde angesichts der durch den Krieg verstreuten Menschen die Wählerlisten aufstellen? Wann sollte das Plebiszit stattfinden – vor oder nach einem Wechsel der dominierenden militärischen Kräfte im jeweiligen Gebiet? Wer würde oder könnte sicherstellen, dass das Referendum fair durchgeführt wird?
Diese Schwierigkeiten würden sich selbst dann ergeben, wenn es grundsätzlich eine Einigung der Parteien über den obgenannten Grundsatz gäbe, nämlich dass möglichst kein Mensch der Hoheit von Leuten unterstellt werden soll, die er hasst oder die ihn hassen. Aber es gibt keine solche Einigung. Wenn es sie gäbe, wäre es angesichts der oben genannten Hindernisse wahrscheinlich dennoch notwendig, die Angelegenheit durch diplomatische Verhandlungen und nicht durch Referenden zu klären. In einigen Fällen sollte ein begrenzter Bevölkerungstransfer sicher garantiert werden, aber es ist an sich wünschenswert, die Vertreibung von Leuten im großen Maßstab zu vermeiden. Interessierten Personen sollte sowieso immer die Möglichkeit gegeben sein, die Grenze zu überschreiten und in das Gebiet des anderen Staates zu gelangen und dort Bürger zu werden. Westlichen Beobachtern, welche die Vertreibung von Ukrainern durch den Krieg beklagen, sollte das Schicksal von 6 Millionen Menschen auf der Krim und im Donbass, die nicht von Kiew regiert werden wollen, nicht gleichgültig sein. Ein prominenter US-Kolumnist argumentiert, der Westen solle die Ukraine «mit den besten Waffen und der besten Ausbildung unterstützen, wenn diese die russische Armee von jedem Zentimeter ihres Territoriums vertreiben wolle.» Was passiert dann mit den Menschen, die dort leben?
Ein Grund, warum eine politische Einigung so weit entfernt ist, liegt darin, dass der Westen das Prinzip der Selbstbestimmung als Verhandlungsgrundlage ablehnt und damit auch einen echten Friedensvertrag, in dem die Sanktionen aufgehoben werden und ein neuer Status quo geschaffen wird, zu dem sich die Parteien verpflichten. Der Standpunkt des Westens ist, dass seine Gewaltanwendung Putin keinen Vorteil verschaffen darf, dass er vielmehr eine entscheidende Niederlage erleiden muss. Der Westen ist dieser Position auch im Jahr 2022 so stark verpflichtet wie in der gesamten Zeit von 2014 bis 2022. Er ist kein Jota von seiner Haltung abgerückt, mit der er die russische Annexion der Krim verurteilt. Er sieht den Konflikt ausschließlich unter dem Aspekt der russischen Aggression und anerkennt nicht, dass das Selbstbestimmungsrecht auch für die russischstämmigen Ukrainer und überhaupt für die russisch Sprechenden der Ukraine gilt.
Die bedingungslose Verteidigung der territorialen Integrität des Westens in der Ukraine muss auch vor dem Hintergrund seiner eigenen ungeheuerlichen Verletzung territorialer Integrität im Globalen Krieg gegen den Terror gesehen werden. Bei aller Bestürzung, welche die Vereinigten Staaten über die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland bekunden, ist daran zu denken, wie sie genau dieses Prinzip in Irak, Libyen und Syrien über zwei Jahrzehnte hinweg verletzt haben. Die Übertretung in Syrien ist besonders bemerkenswert, weil sie immer noch andauert. Dort haben die Vereinigten Staaten und der Westen die vielfältigen Verletzungen der territorialen Integrität Syriens im letzten Jahrzehnt als nebensächlich abgetan. Schon vor der syrischen Revolution von 2011 hatte Israel die Golanhöhen annektiert (was die Trump-Administration im Jahr 2019 gut hiess, aber praktisch kein anderer Staat). Nach dem Arabischen Frühling machten sich die Vereinigten Staaten, die Türkei und zahlreiche andere Mächte nichts daraus, die territoriale Integrität Syriens zu verletzen. Sie tun es noch immer.
Bemerkenswert ist auch die willkürliche Position, welche die Vereinigten Staaten in Bezug auf die territoriale Integrität in der Ukraine einnehmen im Gegensatz zu der Position, die sie gegenüber den Konflikten im Kosovo und im Südsudan einnahmen. Warum diese Provinzen ein Recht auf Sezession oder Revolution haben sollten, nicht aber die Krim, hat das US-Außenministerium nicht erklärt.
Im Fall der Ukraine ist es unvernünftig, die Selbstbestimmung als Prinzip der Friedensstiftung auszuschließen. Zweifelsohne können strategische und wirtschaftliche Faktoren dieses Prinzip in mancher Hinsicht relativieren, wie es auch in den Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg geschah, aber es sollte ein grundlegendes Kriterium bleiben für einen gerechten Frieden. Das Selbstbestimmungsrecht ist das übergeordnete Prinzip gegenüber der territorialen Integrität, weil es jedem Volk gleiche Rechte einräumt in der grundlegenden Frage, wer es regieren soll. Gleichzeitig scheint es jedoch so gut wie sicher, dass dieses Prinzip vom Westen abgelehnt wird. Wenn eine Einigung als ‘Belohnung für Putin’ angesehen wird oder als vorteilhaft für ihn angesehen werden kann, wird es zweifellos heftigen Widerstand seitens der außenpolitischen Establishments des Westens geben. Der Vorschlag, dass die beiden Völker der Ukraine gleiche Rechte haben sollen, wird von Washington und seinen Verbündeten abgelehnt. Es ist auch nicht klar, ob Russland dies heute noch akzeptiert, obwohl es das einst tat. Diese Haltungen stellen ein gewaltiges Hindernis für jede friedliche Lösung dar.
Die unüberbrückbaren Klüfte, die in Bezug auf die Prinzipien der Friedensstiftung existieren, lassen denken, dass eine diplomatische Lösung in weiter Ferne liegt. Dies hat wichtige Konsequenzen für die Angemessenheit und Rechtmäßigkeit der Reaktion des Westens auf Putins Krieg.
Der Westen hat bisher auf Russlands Übertretung des Völkerrechts auf zwei Arten reagiert. Die eine ist Militärhilfe für die ukrainischen Streitkräfte; die andere ist eine Reihe drakonischer Wirtschaftssanktionen, die auf einen totalen Wirtschaftskrieg gegen Russland (engl. Total Economic War Against Russia TEWAR) hinauslaufen.
Die hier dargelegten Grundsätze zeigen, dass die USA und ihre Verbündeten jedes Recht haben, Waffen an den ukrainischen Widerstand zu liefern, um ihr Land zu verteidigen. Die Ausübung dieses Rechts wirft jedoch eine andere Frage auf, da die Klugheit einer solchen Entscheidung – wenn sie immer weiter getrieben wird – aus zwei Gründen fragwürdig ist.
Erstens, insofern solche Lieferungen auf eine echte Absicht hinauslaufen, den Ausgang des Krieges entscheidend zu verändern, kommen sie einer tatsächlichen Intervention nahe. Wenn sie mit dem Ziel erfolgen, Russland aus dem Donbass und der Krim zu vertreiben, erhöhen solche Bemühungen das Risiko eines Krieges der USA mit Russland. Das ist gefährlich nicht nur für die beteiligten Parteien, sondern für die ganze Welt. Das zu tun gibt es weder das Recht noch die Pflicht; es ist auch unvereinbar mit Amerikas nationalem Interesse und mit dem Interesse der Welt. Ein Verlauf, der einen ausufernden Krieg mit sich bringt, würde vor allem die schwerwiegende Verantwortung verwischen, in der die Besitzer von Massenvernichtungswaffen stehen.
Ein zweiter potenzieller Nachteil dieser Strategie ist, dass sie die Ukraine in einen unregierbaren und unproduktiven Leichnam zu verwandeln. Wenn dies der einzige Weg ist, um Russland los zu werden, könnte man die Kosten als ‘der Mühe wert’ einschätzen, aber es ist nicht klar, ob der einzige Weg, Putin aus dem größten Teil der Ukraine zu verjagen, bedeutet, diese Orte dem Erdboden gleichzumachen. Wäre Putins Krieg von den Menschen im Osten der Ukraine als grobe Aggression empfunden worden, hätte Russland große Schwierigkeiten, dort zu bleiben und eine feindselige Bevölkerung zu regieren. Die hier befürwortete Grundlage eines Friedensschlusses würde sowohl die russischen wie die ukrainischen Ziele einschränken.
Während der Instinkt des nationalen Sicherheitsapparates und der öffentlichen Meinung in den Vereinigten Staaten Putin und dem russischen Volk hohe Kosten auferlegen will, ist es kein unvernünftiger Instinkt, angesichts der stattfindenden Zerstörung zu erschaudern und zu zweifeln an der langfristigen Bereitschaft Außenstehender, die Ukraine wieder aufzubauen. Je weniger Zerstörung und Verluste an Menschenleben, desto besser. Das ist die Schlussfolgerung der humanitären Bedenken auf Grund des internationalen Rechts bei zivilen Konflikten.
Dies ist jedoch nicht der Instinkt der ukrainischen Regierung. Die Ukrainer wollen für ihre politische Unabhängigkeit und territoriale Integrität kämpfen, und sie wollen dabei die Hilfe des Westens. Rechtlich kann man gegen diesen Anspruch nichts einwenden, aber das immense Ausmaß dieser Hilfe bringt eine Reihe von ernsten Gefahren mit sich. Die mangelnde Bereitschaft der USA, den ukrainischen Zielen Grenzen zu setzen, lässt einen weiteren Verlauf vermuten, der die Gefahr einer von Russland ausgehenden Eskalation erhöht.Das US-Militär behauptet, nicht zu wissen, was mit den Waffen passiert, sobald sie die Grenze der Ukraine mit dem Westen passiert haben. Im Nebel des Krieges ist es unklar, ob diese Lieferungen einen ukrainischen Versuch unterstützen werden, Russland aus dem Donbass und der Krim zu vertreiben, zur Abwehr weiterer russischer Aggressionen verwendet werden (z.B. gegen Odessa), oder ob sie in die Hände von Räubern oder die des Gegners gelangen. Die Mittel scheinen den Zweck zu bestimmen und nicht der Zweck die einzusetzenden Mittel. Das ist in mehrfacher Hinsicht wahr. Erstens, Lieferungen militärischer Güter statt einer klaren Artikulation von Kriegszielen. Zweitens gibt die Politik die Absicht vor, die Ukrainer als Werkzeug zu benutzen, um die Russen zu schlagen, während unsere eigentliche Verpflichtung als Außenstehende ist, die Ukraine als Selbstzweck und nicht als Mittel zum Zweck zu sehen. Es ist schwierig zu sehen, wie den langfristigen Interessen der Ukraine gedient ist, wenn man das Land zu Afghanistan macht, aber vielleicht wissen es die Verfechter dieser Politik besser.
Viel fragwürdiger auf dem Boden des Rechts sind die Wirtschaftssanktionen, welche die Vereinigten Staaten und der Westen verhängt haben. Die westlichen Staaten, in diesem Fall wirklich ein Zusammenschluss westlicher Staaten, haben zwar das Recht, sich selbst Belastungen zu auferlegen, um den Russen zu schaden. In Wirklichkeit sind sie jedoch weit darüber hinausgegangen. Sie haben der ganzen Welt eine Abgabe auferlegt. Das Ausmaß dieser Kosten ist eine Frage, die intensiv geprüft werden wird. Vermutlich werden die Kosten ziemlich hoch ausfallen in Anbetracht der explodierenden und bald unerschwinglichen Preise für Lebensmittel, Energie und Industriemetalle. Damit erhöht sich auch das Potenzial für Arbeitslosigkeit infolge der Unterbrechung von Versorgungsketten. Anders als bei normalen Abgaben nimmt der Westen kein Geld von seinen Steuersubjekten ein, sondern auferlegt ihnen intransparente Kosten, die sie zu tragen haben. Anders als die Steuern im Westen sind diese nicht progressiv, sondern regressiv. Diejenigen, die am Rande stehen – ein bis zwei Milliarden Menschen, vor allem im globalen Süden – werden am stärksten betroffen sein.
Die neue Devise in der Schuldzuweisung lautet, dies seien eben die düsteren Folgen von Russlands Einmarsch in die Ukraine. Das stimmt teilweise, ist aber auch irreführend. Der Krieg hat zwar zu erheblichen Lieferunterbrechungen geführt für Importeure, die von Lebensmitteln und Düngemitteln aus Russland und der Ukraine abhängen. Der Wirtschaftskrieg verlängert aber die ansonsten vorübergehenden Schocks, die der Krieg verursacht hat, und verspricht, sie dauerhaft zu machen. Dies gilt besonders insofern, als die ganze Welt in den Dienst der Vorgabe gestellt wird, die russische Wirtschaft mit Sanktionen zu ruinieren und dabei selber erlittenen Schaden in Kauf zu nehmen.
Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Biden-Regierung ernsthaft über die Folgen ihres Wirtschaftskriegs nachgedacht hat, bevor sie ihn begann. Die Regierung, die nahezu einstimmig vom Kongress und dem Blob unterstützt wurde, ging einfach davon aus, dass der Westen stark genug sein würde, um die Kosten zu tragen und zu siegen. Ob diese Annahme richtig ist, ist eine wichtige Frage, aber sie ist nicht die einzige wichtige Frage. Die andere Frage ist, ob der Westen das Recht hat, beim Rest der Welt diese Stagflationssteuer zu erheben. Es gibt keine Grundlage für die Annahme, dass dies der Fall ist. Seit dreißig Jahren lehnt die nicht-westliche Welt die Legitimität von einseitigen oder sekundären Sanktionen ab.
Der Westen gibt vor, eine kämpfende Menschheit in die Freiheit zu führen, aber er hat die Fähigkeit verloren, den Menschen zuzuhören.Er sieht sich selbst als treuer Befolger multilateraler Normen, hat aber kein Problem damit, Gesetze für sieben Achtel der Menschheit zu erlassen, ohne sie auch nur im Geringsten zu konsultieren. Das Schlimmste daran ist, dass die Missachtung fremder Vorstellungen sich wahrscheinlich fortsetzen und die Welt hin zu einer den Wohlstand zerstörenden De-Globalisierung mit allen negativen Folgen bringen wird. Das Einzige, was diese düstere Perspektive aufheben könnte, ist ein Friedensvertrag über die Ukraine. Aus den oben angeführten Gründen scheint dies eine unwahrscheinliche Möglichkeit zu sein. Es ist eine tragische Sackgasse – eine Situation, die garantiert wütende Ressentiments im gesamten Globalen Süden hervorrufen wird, aus der sich der Westen aber anscheinend nicht zurückziehen kann.
Der TEWAR ist das vierte Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass die Vereinigten Staaten versucht haben, die Kräfte der Welt gegen eine Aggression zu bündeln. Korea im Jahr 1950, Vietnam im Jahr 1965 und Irak im Jahr 1991 sind die drei großen vorangegangenen Fälle. In keinem der Fälle verhängten die Vereinigten Staaten etwas Ähnliches wie die Sanktionen gegen Russland. Sie versuchten nicht, den Handel neutraler Staaten in der Dritten Welt einzuschränken. In der Tat war die Gesamtwirkung der US-Aktionen, insbesondere in Korea und Vietnam, ein klassischer keynesianischer Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung in der unmittelbaren Umgebung, da die Amerikaner verschwenderisch Geld ausgaben. Diese Ausgaben im Jahr 1950 belebten Japans ‘Rückwärtsgang’ von 1948 und gaben den Anstoß für den japanischen ‘Aufschwung’ in der Nachkriegszeit. Die ‘Vier Tiger’ profitierten von Vietnam. In der Ukraine bedeutet aber der Nullsummen-Ansatz des Westens keinen materiellen Nutzen und viel materiellen Schaden für andere. Die gesamte Anstrengung der USA läuft auf die Drohung heraus, anderen Schmerzen zuzufügen, wenn sie nicht spuren – nur Peitsche und kein Zuckerbrot. Dies steht in direktem Gegensatz zu Chinas Ansatz gegenüber dem globalen Süden.
Die Annäherung an den Globalen Süden auf dieser Grundlage ist der Gipfel der Torheit, das Vorspiel zum Verlust des Einflusses in diesen Regionen. In seinem Buch Clash of Civilizations schrieb Samuel Huntington, wie das späte zwanzigste Jahrhundert «in der weitverbreiteten und engstirnigen Einbildung aufblühte, dass die europäische Zivilisation des Westens nun die universelle Zivilisation der Welt sei». Diese Einbildung steht heute in voller Blüte, aber die Zukunft wird wahrscheinlich eine andere moralische Abrechnung bringen.
In diesem Aufsatz wurde argumentiert, dass die im klassischen Völkerrecht verankerte Argumentationsstruktur uns hilft, den großen Konflikt um die Ukraine zu bewältigen, der nun die ganze Welt zu verschlingen droht. Souveränität hat zwei Seiten im Recht, nicht nur eine. Während der Westen sich ausschließlich auf die territoriale Integrität konzentriert, kann der Konflikt in der Ukraine weder richtig verstanden noch friedlich gelöst werden ohne sorgfältige Beachtung der Selbstbestimmung.
In der anhaltenden Krise kommen weder die Vereinigten Staaten noch Russland unverletzt aus ihrer Begegnung mit dem Völkerrecht. Beide Staaten haben in der Ukraine eine Politik verfolgt, die gegen das Recht verstößt. Die Vereinigten Staaten haben sich in erster Linie schuldig gemacht – insbesondere durch die skandalöse Unterstützung einer verfassungswidrigen Revolution in der Ukraine im Jahr 2014 und dann dadurch, dass sie als Basis für Friedensverhandlungen nicht akzeptierten, dass sowohl die Krim als auch der Donbass ein Mitspracherecht zu ihrem eigenen Schicksal haben sollten. Russlands Invasion im Jahr 2022 schneidet unter dem Blickwinkel des Rechts nicht besser ab. Sie verstößt gegen das Recht der Ukraine auf nationale Selbstbestimmung.
In Anbetracht dieser beiden Ungerechtigkeiten habe ich als Grundvoraussetzung für die Friedensstiftung eine Version des Selbstbestimmungsprinzips dargelegt – dass möglichst niemand der Hoheit von Menschen unterstellt werden soll, die ihn hassen oder die er hasst. Dieser Grundsatz sollte auch eine Grenze für die militärischen Ziele darstellen, welche die Vereinigten Staaten und der Westen in der Ukraine anstreben. Es ist sowohl gefährlich als auch ungerecht, die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine – die Rückeroberung der Krim und des Donbass – zum wichtigsten Kriegsziel der Vereinigten Staaten zu machen, und es ist völlig töricht, diese Entscheidung ganz den Ukrainern zu überlassen, wie Außenminister Antony Blinken geschworen hat. Wenn es überhaupt eine Regelung geben soll, dann müssen die jeweiligen Rechte der beiden Völker, welche dieses Gebiet bewohnen und die sich mehr und mehr fremd werden, die Grundlage für diese Einigung sein. «Eine Seite nimmt alles» kann nicht die Grundlage eines Friedensvertrags sein. Es ist vielmehr das Rezept für einen Krieg zwischen Nuklearmächten.
Wenn ich an das Völkerrecht appelliere, könnte man mir vorwerfen, an ein Phantom zu appellieren, denn es gibt in der der Öffentlichkeit keine feste Vorstellung davon, was das Völkerrecht bedeutet oder fordert. Es hat sich in der unipolaren Ära in dramatischer Weise verändert. Ich meine mit Völkerrecht das Recht der Charta der Vereinten Nationen, oder das, was Pluralismus oder Charta-Liberalismus genannt wird. In den dreißig Jahren nach dem Ende des Kalten Krieges wurde diese ältere Sichtweise durch eine Reihe neuer, angeblich rechtlicher Normen verdrängt, die zur Rechtfertigung einer Vielzahl von Interventionen der USA (die immer eine Verletzung der territorialen Integrität anderer Staaten erforderten). Die Vereinigten Staaten beriefen sich auf das Völkerrecht, und in der Tat wurde das Völkerrecht in vielen Kreisen als Rechtfertigung für Interventionen angesehen. Dieser große Paradigmenwechsel bedeutete jedoch auch eine große Umkehrung, denn das ältere Recht war in seinem Kern ein Hindernis für Interventionen. Nach diesem Recht sollten sich die Staaten «in ihren internationalen Beziehungen der Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit irgendeines Staates enthalten.»
Diese neuen interventionistischen Doktrinen, die sich auf Regeln beriefen, die im Westen entwickelt wurden, verdrängten nie die Charta der Vereinten Nationen als ein Gesetz für den Planet Erde; sie waren mehr Scheinrecht als wirkliches Recht, aber wer kann das schon sagen? Die Öffentlichkeit und das außenpolitische Establishment des Westens, welche die Materie nicht studiert hatten, konnten nicht feststellen, was echt und was unecht war, wenn sie sich auf das Völkerrecht beriefen. Das ältere Recht, dasjenige, das ein Hindernis für Interventionen darstellt, ist das Recht, auf das wir uns konzentrieren müssen. Es ist das Recht der UN-Charta, der entfernte Erbe des Natur- und Völkerrechts. Es ist das Recht, das allen Völkern der Erde gleiche Rechte zugesteht. Dieses Gesetz bietet einen Weg zur praktischen Weisheit, d. h. einen Weg, um sowohl Interessen zu schützen als auch Normen zu respektieren. Politische Führer, die das Gesetz missachten, tun dies immer im Glauben, dass sie ungeschoren davonkommen, obwohl sie in der Regel sich selbst in weitaus größere Schwierigkeiten bringen, weil sie sich irren betreffend die wahren Interessen ihres Staates.
Es gibt viele Beispiele für solche Praktiken in der der Geschichte, die wir betrachtet haben. Anerkennung der Vorteile der Neutralität als Schutz der Ukraine vor Gefahr ist eine solche Idee. Respekt vor dem Konstitutionalismus als Verbot der Unterstützung einer internen Revolution ist eine andere und Respekt vor dem Prinzip der Selbstbestimmung, wenn ein Volk in eine Anarchie oder in einen Krieg gerät, ist eine dritte. Die Anerkennung des Grundsatzes, dass in einer Welt mit vielen Nationen eine Nation nicht so tun kann, als sei sie der oberste Schiedsrichter, vervollständigt diese rechtlichen und ethischen Wahrheiten. Manche mögen sie als Träumereien abtun; in Wirklichkeit sind sie zutiefst praktisch.
Die Vereinigten Staaten mochten die Lehren des alten Rechts nicht. Sie schlugen einen anderen Weg ein und verletzten sie. Der klügere Weg wäre gewesen, sich ihrer grundlegenden Weisheit zu beugen. Diese hätte der Welt eine Menge Ärger erspart.
Zum Autor dieser Analyse: David C. Hendrickson ist Senior Fellow am «Institute for Peace & Diplomacy», emeritierter Professor der Politikwissenschaft am «Colorado College» und Präsident der «John Quincy Adams Society». Er ist der Autor von acht Büchern, darunter Republic in Peril: American Empire and the Liberal Tradition, (Oxford, 2018). Seine Website lautet www.davidhendrickson.org.
Zur Organisation, die diese Analyse veröffentlicht hat: Das «Institute for Peace & Diplomacy» (IPD) ist eine gemeinnützige und parteiübergreifende nordamerikanische Denkfabrik für internationale Angelegenheiten, die in den Vereinigten Staaten und Kanada tätig ist und sich der Förderung des Dialogs, der Diplomatie, des umsichtigen Realismus und den Prinzipien militärischer Zurückhaltung widmet, die unserer Meinung nach die vier Eckpfeiler eines nachhaltigen Friedens in einem zunehmend komplexen und dynamischen internationalen System sind. Die Website dieser Organisation lautet www. peacediplomacy.org.
.
Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Berchtold Moser. Zur deutschen Übersetzung inklusive Fussnoten hier anklicken. Zum Originaltext im Internet inklusive Fussnoten hier anklicken, zum Original als PDF hier anklicken.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
05.01.2023
Einladung zur Veranstaltung: Muss Deutschland an Griechenland Reparationen zahlen? Alles erledigt oder Neustart für eine faire Regelung?
ialana.de, vom/Zuletzt aktualisiert: 04. Januar 2023
Aris Radiopoulos Autor einer aktuellen Forschungsarbeit in den Dokumenten des griechischen Außenministeriums, Diplomat
Gregor Gysi MdB Die Linke, Außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke
Grußwort:
Johanna Bussemer, Referatsleiterin Europa der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Moderation:
Georgios Pappas, Vorsitzender des Vereins der ausländischen Presse in Deutschland
Otto Jäckel, Vorstand IALANA Deutschland
Eine Veranstaltung der IALANA Deutschland – Vereinigung für Friedensrecht e.V. Deutsche Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Armsin Zusammenarbeit mit dem Länderbüro Athen der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Weitere Informationen und Kontakt: Lucas Wirl,info@ialana.de/ 0176 64103500
Neujahrsvorsätze? Auswärtiges Amt will 2023 mal kein Völkerrecht brechen: „Wir erkennen keine Regierungen, sondern nur Staaten an“
nachdenkseiten.de, 05. Januar 2023 um 8:56
Ein Artikel von: Florian Warweg
Am 23. Januar 2019 ernannte sich der venezolanische Oppositionspolitiker Juan Guaidó selbst zum „Präsidenten“ Venezuelas und formte eine „Interimsregierung“. Die Bundesregierung brach mit jahrzehntelanger deutscher Staatspraxis und erklärte umgehend ihre Unterstützung und Anerkennung für den selbstausgerufenen „Staatschef“. An dieser Anerkennung hielt man, trotz massiver völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken von Fachjuristen und des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, über Jahre fest. Doch seit Guaidó am 30. Dezember 2022 von seinen eigenen Leuten abgesetzt wurde, tut das Auswärtige Amt so, als hätte es die letzten vier Jahre deutscher Venezuela-Politik nicht gegeben. Plötzlich heißt es aus den Mündern der AA-Sprecher auch wieder „Präsident Maduro“ und nicht mehr wie jahrelang üblich „…das Maduro-Regime…“. Ein Zyklus vergeblicher Regime-Change-Versuche ist wohl an sein Ende gekommen.
Zitat: Am 30. Dezember 2022 stimmten die drei größten venezolanischen Oppositionsparteien (Acción Democrática (AD), Primero Justicia (PJ) und Un Nuevo Tiempo (UNT)) dafür, die „Übergangsregierung“ von Juan Guaidó und ihn selbst abzusetzen. Sie setzten damit ein schon länger geplantes, aber öfter verschobenes Vorhaben endgültig um. Hintergrund des Schrittes, Guaidó endgültig ins Abseits zu stellen, ist die seit vier Jahren gescheiterte reale Machtübernahme via Selbstausrufung und Putschversuchen sowie die Tatsache, dass selbst die ultra-rechten Oppositionskräfte, im Gegensatz zu Guaidó, sich wieder an Wahlen beteiligen wollen.
Diese Entwicklung führte am Montag zu unterhaltsamen Szenen und Aussagen in der Bundespressekonferenz (BPK). Der ehemalige Lateinamerika-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Boris Herrmann, stellte angesichts der Absetzung von Guaidó dem Auswärtigen Amt die Frage, wer mit jetzigem Stand aus Sicht der Bundesregierung Präsident von Venezuela sei. Aus Dokumentations- und Unterhaltungszwecken geben wir den gesamten Austausch im protokollierten Wortlaut wieder:
Herrmann:
„Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es ist, glaube ich, fast genau vier Jahre her, dass einige Länder, darunter auch Deutschland, Juan Guaidó als Interimspräsidenten von Venezuela anerkannt haben. Jetzt hat ihm selbst die venezolanische Opposition die Unterstützung entzogen. Wer ist mit jetzigem Stand aus Sicht der Bundesregierung Präsident von Venezuela?“
Wagner (Sprecher des Auswärtigen Amts):
„Wir haben die Entscheidung der Nationalversammlung zur Kenntnis genommen. Ich kann dazu allgemein sagen, dass für eine politische Lösung der Krise in Venezuela aus unserer Sicht eine geeinte Opposition ganz entscheidend ist. Wir unterstützen natürlich die demokratischen Kräfte in Venezuela mit dem Ziel, einen Ausweg aus der Krise durch freie, faire und glaubwürdige Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu befördern. Der demokratischen Opposition kommt hierfür eine zentrale Bedeutung zu. In dem Zusammenhang begrüßen wir aber auch, dass es eine Wiederaufnahme der Gespräche zwischen Präsident Maduro und der in der einheitlichen Plattform organisierten Opposition gibt. Das ist das, was ich zu diesem Zeitpunkt dazu sagen kann.“
Nachfrage von Herrmann:
„Wir müssen ja irgendjemanden anerkennen. Mit wem redet die Bundesregierung auf Ebene der Regierungschefs?“
Wagner:
„Wir erkennen keine Regierungen, sondern nur Staaten an. Insofern stellt sich die Frage in der Form nicht. Wir als Bundesregierung erkennen keine anderen Regierungen an, sondern andere Staaten.“
Die Aussagen des Auswärtigen Amtes sind auf mehreren Ebenen aufschlussreich und daher wert, einer kurzen Analyse unterzogen zu werden:
Zunächst fällt auf, dass der Sprecher des Auswärtigen Amtes davon spricht, man hätte „die Entscheidung der Nationalversammlung zur Kenntnis genommen“. Diese Darstellung ist mindestens als bizarr zu bezeichnen. Denn tatsächlich handelt es sich dabei mitnichten um die Sitzung der im Januar 2021 neugewählten Nationalversammlung, sondern lediglich um eine virtuelle Sitzung einiger ehemaliger Oppositionsabgeordneter, die, obwohl ihr Mandat offiziell im Januar 2021 ausgelaufen war, dieses einseitig ohne jede Wahl jährlich selbst verlängerten und ein rein virtuelles „Alternativparlament“ in Konkurrenz zur neugewählten Nationalversammlung einberiefen. Man stelle sich die Reaktion in Deutschland vor, wenn oppositionelle Abgeordnete der 19. Legislaturperiode, sagen wir von der AfD, sich weigern würden, die Wahlen vom 26. September 2021 anzuerkennen und in Reaktion darauf virtuell einfach weitertagen, und so tun, als hätte es die Wahlen zum 20. Bundestag gar nicht gegeben. In Deutschland würde so ein Verhalten komplett absurd und als ein handfester Skandal eingestuft. Wenn dies aber genauso von durch Deutschland massiv unterstützte, radikale Oppositionskräfte in Venezuela gehandhabt wird, gilt dies scheinbar für das Auswärtige Amt als „demokratischer Akt“.
Als Zweites ist auffällig, dass der Sprecher des Auswärtigen Amtes von der wichtigen Rolle der „demokratischen Opposition“ spricht. Da stellt sich natürlich die Frage, wieso er das Attribut demokratisch so betont. Das macht ja eigentlich nur Sinn, wenn es nach Ansicht des AA auch nicht-demokratische Oppositionskräfte in Venezuela gibt. Welche, die wie etwa Guaidó, regelmäßig zum Wahlboykott aufrufen statt sich an Wahlen zu beteiligen, die einen (schlussendlich gescheiterten) Militärputsch organisieren, wie Guaidó am 30. April 2019, oder die danach einen Vertrag mit einem US-amerikanischen Söldnerunternehmen unterzeichnen, um die amtierende Regierung mit einer (ebenfalls gescheiterten) Söldnerinvasion unter Führung von ehemaligen Mitgliedern der US-Spezialeinheit „Green Berets“ zu stürzen, wie Guaidó es nachweislich getan hat. Die beteiligten US-Söldner unterhielten zudem auffallend enge Verbindungen nach Deutschland.
Drittens sticht ins Auge, dass das Auswärtige Amt plötzlich wieder von „Präsident Maduro“ spricht. Zuvor hatte das AA, der Verfasser hat das jahrelang in der BPK studieren dürfen, ausnahmslos von dem „Maduro-Regime“ gesprochen. Das Wort „Präsident“ wurde von Sprechern des AA, wenn überhaupt, nur in Bezug auf Juan Guaidó verwendet.
Abschließend kommen wir zum wohl größten Knaller bei den Aussagen des Auswärtigen Amtes zum Umgang mit Venezuela: „Wir erkennen keine Regierungen, sondern nur Staaten an“. Äh, doch, das war ja gerade der Skandal und in gewisser Weise die diplomatische „Zeitenwende“, die auf massive Kritik, z.B. von den Juristen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, stieß. In einem Gutachten unter dem Titel „Rechtsfragen zur Anerkennung des Interimspräsidenten in Venezuela“ vom Februar 2019 stellen die Bundestagsjuristen gleich zu Beginn fest:
„Die Anerkennung des Oppositionspolitikers Guaidó als venezolanischen Interimspräsidenten stellt (…) eine Abkehr von der bisherigen Anerkennungspraxis der Bundesrepublik Deutschland dar. Bislang war es jahrelange deutsche Staatspraxis, lediglich Staaten anzuerkennen und keine Regierungen oder Präsidenten.“
Und weiter heißt es dort:
„Die Anerkennung des Interimspräsidenten Guaidó durch die Bundesrepublik Deutschland am 4. Februar 2019 stützt sich u.a. auch auf Art. 233 der venezolanischen Verfassung. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Präsident Maduro aus deutscher Sicht über keine verfassungsrechtliche Legitimation (mehr) verfügt.
Mit dem Verweis auf Art. 233 der venezolanischen Verfassung positioniert sich Deutschland gleichzeitig in einer strittigen Frage des venezolanischen Verfassungsrechts. Dies erscheint unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der „Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates“ völkerrechtlich ebenso fragwürdig wie die (vorzeitige) Anerkennung eines Oppositionspolitikers als Interimspräsidenten, der sich im Machtgefüge eines Staates noch nicht effektiv durchgesetzt hat.“
Das Fachgutachten kommt einer (bisher folgenlosen) Generalabrechnung mit dem Agieren des Auswärtigen Amts gleich. Doch das ist noch nicht alles. Abgesehen von der massiven Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas durch das AA, entbehrte deren Verweis auf den schon erwähnten Artikel 233 zur Legitimierung der Anerkennung von Guaidó von Beginn an jeder verfassungsrechtlichen Grundlage.
Denn in der venezolanischen Verfassung ist die Frage der Interimspräsidentschaft sehr klar und unmissverständlich geregelt. In besagtem Artikel 233 heißt es völlig eindeutig, dass „als zwingende Hinderungsgründe bezüglich der Amtsausübung des Präsidenten oder der Präsidentin der Republik“ ausschließlich die folgenden Punkte gelten:
sein oder ihr Tod;
sein oder ihr Rücktritt;
seine oder ihre durch Urteil des Obersten Gerichtshofes verfügte Absetzung;
seine oder ihre durch Attest einer vom Obersten Gerichtshof eingesetzten und von der Nationalversammlung bestätigten medizinischen Kommission bescheinigte dauernde körperliche oder geistige Handlungsunfähigkeit;
die Nichtwahrnehmung des Amtes, die von der Nationalversammlung als solche festgestellt wird;
sowie die Amtsenthebung durch Volksabstimmung.
Nichts von diesen sechs Punkten traf und trifft auf den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro zu. Doch selbst wenn dies der Fall wäre, käme dann der entscheidende Teil im Artikel 233 zum Tragen, den das Auswärtige Amt bis heute – wohl wissentlich – ignoriert:
„Bis der neue Präsident oder die neue Präsidentin gewählt ist und das Amt antritt, nimmt der Vizepräsident oder die Vizepräsidentin die Präsidentschaft der Republik wahr.“
Die damalige und auch nach wie vor amtierende Vizepräsidentin Venezuelas ist Teil der Maduro-Regierung und heißt Delcy Rodríguez, nicht Juan Guaidó. Zudem begrenzt die venezolanische Verfassung eine „Interimspräsidentschaft“ unmissverständlich auf 90 Tage und auf einen einzigen Zweck: die Organisation von Neuwahlen. Guaidó rief sich wie erwähnt am 23. Januar 2019 zum „Interimspräsidenten“ aus. Nicht nur, dass er die verfassungsrechtlich begrenzte Amtszeit um über 1.000 Tage überschritt, nein, er hat auch in dieser Zeit keinerlei Anstrengung unternommen, Wahlen zu organisieren. Im Gegenteil, er rief jahrelang explizit zum Boykott derselben auf.
Diese totale Verweigerungshaltung war, wie es sich am 30. Dezember 2022 zeigte, zwar selbst irgendwann den radikalsten Oppositionsparteien zu viel, nie aber dem Auswärtigen Amt, welches sich nicht ein einziges Mal diesbezüglich kritisch äußerte. Man spricht am Werderschen Markt 1 gerne von Demokratie und „regelbasierter Ordnung“, optiert im Zweifel aber, wie der Fall Venezuela bezeugt, für Regime-Change um jeden Preis, wenn es der eigenen Agenda förderlich erscheint. Vertreter des Auswärtigen Amtes waren, dies belegen die entsprechenden Protokolle, die die NachDenkSeiten einsehen konnten, auch auf EU-Ebene diejenigen, die sich am vehementesten für die wie dargelegt mehr als fragwürdige Anerkennung von Guaidó bei gleichzeitiger massiver Sanktionierung der venezolanischen Bevölkerung einsetzten.
Von den vielen Fehlentscheidungen und diplomatischen Tiefpunkten in der Historie des Auswärtigen Amtes konzentriert sich ein signifikanter Teil auf Südamerika. Verwiesen sei beispielhaft auf Chile und den Umgang mit dem Putsch gegen Salvador Allende sowie mit den Opfern der Colonia Dignidad oder Argentinien und die komplette Untätigkeit und Indifferenz des Auswärtigen Amtes angesichts der schweren Folter und Ermordung linksgerichteter deutscher Staatsbürger durch die argentinische Militärjunta, siehe den exemplarischen Fall von Elisabeth Käsemann. Erwähnen könnte man auch, wie das AA in jüngster Zeit den Putsch gegen den ersten indigenen Präsidenten Boliviens, Evo Morales, im November 2019 rechtfertigte und legitimierte. Bis heute gab es kein Wort der Entschuldigung.
Doch die Art und Weise, wie die Bundesregierung und vorneweg das Auswärtige Amt, wohl trotz besseren Wissens, eine Type wie Guaidó und dessen hochkorrupte Entourage jahrelang gegen alle völkerrechtlichen Gepflogenheiten als „Präsident“ und „Regierung“ anerkannten und hofierten, um einen, im Zweifel gewalttätigen, Regime-Change in Venezuela mit allen erdenklichen (und wie dargelegt zumeist gewalttätigen und illegalen) Methoden durchzusetzen, steht wohl für den bisher schwärzesten Moment bundesdeutscher Außenpolitik auf dem südamerikanischen Kontinent.
Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke), welcher seit Jahren die außenpolitischen Aktivitäten der Bundesregierung in Bezug auf Venezuela kritisch begleitet und in diesem Zusammenhang zum Beispiel das erwähnte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages initiiert hatte, erklärte gegenüber den NachDenkSeiten:
„Der fortgesetzte Eiertanz der Bundesregierung in Sachen Venezuela ist nur noch peinlich. Während viele Länder weltweit ihre Beziehungen zum Land nach dem erfolglosen Guaidó-Putschversuch normalisieren, rudert die Bundesregierung zwar teilweise zurück, ohne jedoch ihre abenteuerliche Anerkennungs-Konstruktion aufzugeben. Es ist höchste Zeit, diese Peinlichkeit deutscher Außenpolitik aufzugeben und die Beziehungen vollständig zu normalisieren.“
Financial Times: China legt neue globale Ordnung im Energiemarkt fest
Die Zusammenarbeit Pekings mit den Golfstaaten markiert laut einem Analysten von Credit Suisse die Entstehung des Petroyuan. Wie die Financial Times unter Verweis auf diese Einschätzung berichtet, sei China derweil dabei, eine neue globale Ordnung im Energiemarkt festzulegen.
Zitat: Die globale Ordnung im Energiemarkt werde neu gestaltet, da die Vertiefung der Beziehungen zwischen China und dem Nahen Osten im Energiebereich den Aufstieg des Petroyuan bedeute, der den Petrodollar herausfordern könnte. Dies berichtet die britische Wirtschaftszeitung Financial Times am Mittwoch unter Verweis auf Einschätzungen des Analysten Zoltan Pozsar von der Schweizer Großbank Credit Suisse.
Pozsar zufolge habe China den Kauf von Rohöl und Flüssigerdgas (LNG) aus dem Iran, Venezuela, Russland und einigen afrikanischen Ländern in seiner Landeswährung erhöht. Doch das Treffen von Präsident Xi Jinping mit den Mitgliedsländern des Kooperationsrates der Arabischen Staaten des Golfes (GCC) im Dezember 2022 markiere "die Geburtsstunde des Petroyuan", so Pozsar in einer Mitteilung an seine Kunden.
Auf dem Gipfeltreffen bestätigte der chinesische Staatschef, dass Peking bereit ist, mit den GCC-Mitgliedsstaaten Energiekäufe in Yuan statt in US-Dollar zu tätigen. Zum Golfrat gehören sechs Länder der Arabischen Halbinsel: Kuwait, Bahrain, Saudi-Arabien, Katar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate. Pozsar erklärte nun in seiner Analyse:
"China will die Regeln des globalen Energiemarktes neu definieren."
Auch die Mitglieder der BRICS-Allianz (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) stünden ebenfalls hinter dem Vorhaben, den Öl- und Gashandel zu entdollarisieren.
Nach Ansicht des Analysten der Credit Suisse seien die Schritte zur Abkehr vom US-Dollar im Energiehandel im Zuge der weitreichenden Sanktionen, die die westlichen Länder als Reaktion auf die Militäroperation in der Ukraine gegen Russland, einen der weltweit wichtigsten Energieproduzenten und -exporteure, verhängt haben, noch intensiver geworden. Pozsar fügte hinzu, dass die Dollar-Devisenreserven durch den Sanktionskrieg militarisiert wurden, was die Verwendung der Währung für wichtige Ex- und Importeure von Öl, Gas und anderen Rohstoffen unsicher mache.
Die Zusammenarbeit zwischen China und dem Golf-Kooperationsrat könnte eine gemeinsame Erkundung und Förderung in Gebieten wie dem Südchinesischen Meer sowie Investitionen in Raffinerien, die Chemie- sowie die Kunststoffindustrie umfassen.
Pozsar zufolge würde die Umsetzung all dieser Projekte in Yuan eine massive Veränderung im globalen Energiehandel bedeuten. Er fügte hinzu, dass der Handel mit dem Petroyuan, auch wenn er den US-Dollar nicht als Reservewährung ablöst, dennoch erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Auswirkungen für politische Entscheidungsträger und Investoren haben werde.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
05.01.2023
Itamar Ben-Gvir: Provokation auf dem Tempelberg
berliner-zeitung.de, vom 04.01.2023 | 16:28 Uhr, Michael Maier
Ein umstrittener Minister der neuen Regierung in Israel liefert einen verstörenden Start.
Zitat: Itamar Ben-Gvir am 3. Januar auf dem Tempelberg.Minhelet Har-Habait (Temple Moun
Israels neuer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ist ein Mann der Provokation. Am Dienstag zeigte er dies mit einem Besuch des Tempelbergs in Jerusalem. Ben-Gvir will den formellen Status des Tempelbergs ändern: Muslime dürfen dort aktuell mit wenigen Einschränkungen beten und die heilige Stätte betreten. Juden dürfen den Tempelberg dagegen nur zu bestimmten Zeiten durch ein einziges Tor besuchen, und dürfen auf dem Gelände nicht beten. Die Hamas hatte für den Fall des Besuchs von Ben-Gvir mit Eskalation gedroht, radikale Palästinensergruppen sprachen von einem „Religionskrieg“. Die Opposition kritisierte Ben-Gvir, weil er die Aktion ausgerechnet am Gedenktag an die Zerstörung des Tempels startete. Gilad Kariv von der Arbeitspartei sagte, dass politischer Extremismus und Korruption in der Regierung zur Zerstörung des Tempels geführt hätten. Ben-Gvir schrieb nach dem Besuch, der Tempelberg steht allen offen und „wenn die Hamas glaubt, ihre Drohungen könnten mich abschrecken, dann müssen sie verstehen, dass sich die Zeiten geändert haben“.
Itamar Ben-Gvirs Vorfahren kommen aus dem Irak. Er selbst wurde schon als Teenager radikalisiert, arbeitete schließlich für die extremistische Partei des radikalen Rabbis Meir Kahane. Als Chef der Partei „Jüdische Kraft“ wird er in der Tradition von Kahane gesehen. Er stand mehrfach wegen rassistischer und hetzerischer Sprüche und Aktionen vor Gericht, wurde unter anderem 2007 verurteilt, weil er die Vertreibung der Araber aus Israel gefordert hatte. In den 1990er-Jahren war er aktiv an Protesten gegen das Osloer Friedensabkommen beteiligt. Wenige Wochen vor der Ermordung von Ministerpräsident Yitzhak Rabin im Jahr 1995 trat Ben-Gvir erstmals öffentlich in Erscheinung, als er im Fernsehen auftauchte und eine Cadillac-Kühlerfigur schwenkte, die von Rabins Auto gestohlen worden war, und erklärte: „Wir sind bis zu seinem Auto gekommen, und wir werden auch ihn kriegen.“ Wegen seiner Aktivitäten bekam der 46-Jährige seine Anwaltszulassung nur mit Mühe.
Ben-Gvir ist in der Regierung von Benjamin Netanjahu auch für die im besetzten Westjordanland tätige Polizei zuständig. Israelische Streitkräfte sollen palästinensischen Angaben zufolge am Dienstag einen 15 Jahre alten Palästinenser durch einen Schuss in die Brust getötet haben. Die israelische Armee sprach von mehreren Einsätzen im Westjordanland, machte aber zunächst keine Angaben zu dem Vorfall. Der Besuch von Ben-Gvir am Tempelberg verlief ohne Zwischenfälle.
Wie das Jahr 2022 das Ende der unipolaren amerikanischen Vormacht markierte
meinungsfreiheit.rtde.life, 4 Jan. 2023 21:13 Uhr, Von Timur Fomenko
Die unipolare Welt hat schon lange zu bröckeln begonnen, aber im vergangenen Jahr ist sie endgültig zusammengebrochen. Das Jahr 2022 wird als endgültiger Beginn des Wandels gelten – und der Beginn eines neuen, großartigen Spiels.
Der russische Präsident Wladimir Putin nimmt am 14. BRICS-Gipfel teil. Monitor mit einem Live-Stream des BRICS-Plus-Treffens mit den Staats- und Regierungschefs einer Reihe von eingeladenen Staaten, 24. Juni 2022.
Das Jahr 2022 liegt hinter uns. Es war ein Jahr, das bedeutende Weichen für die Zukunft der globalen Geopolitik stellte und als solches wird dieses Jahr in die Geschichtsbücher eingehen. Insbesondere markierte 2022 das Ende von drei Jahrzehnten amerikanischer Unipolarität, die 1991 mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion begonnen hatte, worauf eine neue multipolare Welt erzwungen wurde, die sich aus zahlreichen konkurrierenden Mächten zusammensetzt.
Als die UdSSR 1991 zerfiel, traten die USA in eine Periode beispielloser Dominanz ein, in der sie ihre Position als globaler Hegemon endgültig festigten. Ihre politische, wirtschaftliche und militärische Macht war beispiellos und hatten damit freie Hand, die globale Ordnung nach den eigenen Wünschen zu gestalten. Es ist also keine Überraschung, dass die USA in dieser Zeit in keinen "Wettbewerb der Großmächte" eintraten, sondern sich auf allen Kontinenten aktiv an Dutzenden von Regimewechseln beteiligten, um das umzusetzen, was George H.W. Bush als "die neue Weltordnung" bezeichnete.
Dazu gehörten Kriege im Irak, im ehemaligen Jugoslawien, in Libyen, Afghanistan und Syrien, um nur einige zu nennen. Ebenso konnten die USA ihre unbestrittene Macht über Institutionen wie die Vereinten Nationen nutzen, um Sanktionen gegen kleinere Länder zu verhängen, die sich dem Willen Washingtons widersetzten, wie zum Beispiel Iran und Nordkorea. Aufgrund der Überheblichkeit durch ihren "Sieg" im Kalten Krieg und im Glauben an die Unausweichlichkeit ihrer Ideologie – dem "Ende der Geschichte" –, versuchten die USA in dieser Zeit nicht, Staaten wie Russland oder China entgegenzutreten, weil sie zumindest zunächst glaubten, dass sich diese Staaten auf einem vorgezeichneten Weg der Verwestlichung und der Liberalisierung befänden. Die USA förderten aktiv die Globalisierung durch Freihandel und Investitionen und betrachteten sie als Vehikel für ihre eigenen Werte.
Schneller Vorlauf ins Jahr 2022, in dem die letzten Überreste dieser Weltordnung hinweggefegt wurden. Obwohl schon lange in Vorbereitung, markierten die letzten 12 Monate die endgültige Konsolidierung einer neuen geopolitischen Ära. Russlands Militäroperation in der Ukraine erwies sich als entscheidender Wendepunkt, der den endgültigen Bruch mit jener Welt vollzog, die durch den Zusammenbruch der UdSSR entstanden ist. Der Hauptkatalysator dieser tektonischen Verschiebung waren die USA selbst, denen nicht mehr gefiel, was ihnen die Globalisierung, für die sie einst so sehr gekämpft hatten, nun bot: Die Erschöpfung ihrer Hegemonie durch das Wiederaufleben rivalisierender Staaten, die sich nicht nach dem Geschmack der USA reformieren wollten.
Als man den Aufstieg dieser Länder bemerkte, die sich mit Zustimmung der USA zwar in die Weltwirtschaft integriert hatten und prosperierten, aber die amerikanischen Werte nicht wie erwartet übernahmen, wandten sich die USA wieder dem "Wettbewerb der Großmächte" zu und begannen, geopolitische Konflikte zu provozieren, um die Kontrolle über ihre unberechenbaren Verbündeten zu behaupten. Dies wurde besonders deutlich in der Außenpolitik der Administration von Joe Biden, die eine kompromisslose Herangehensweise bei der Erweiterung der NATO verfolgte – Ursache für den Konflikt in der Ukraine –, während man gleichzeitig aggressiv die Versuche intensivierte, China durch die Schaffung neuer Bündnissysteme oder durch eskalierende Spannungen in der Strasse von Taiwan einzudämmen.
Diese Handlungen der USA haben die Welt verändert. Während die durchschnittlichen Menschen im Westen, getäuscht durch die Mainstream-Medien, Putin die Schuld an allem geben, sind die USA in Wirklichkeit diejenigen, die die internationale Ordnung, die seit 1991 herrschte, aktiv demontiert haben – gerade weil sie glaubten, dass diese sich auf Kosten der eigenen Macht entwickelt hat. Dazu gehören auch Bemühungen, die Globalisierung "einzudämmen". Durch die Schaffung geopolitischer Konflikte streben die USA danach, ihren militärischen Einfluss zu behaupten und gleichzeitig ihre Verbündeten zu zwingen, sich vom angegriffenen "feindlichen Land" abzukoppeln, selbst wenn dies zu hohen Kosten für die Volkswirtschaft dieses Verbündeten führt. Die USA haben die Energieallianzen zwischen der EU und Russland zerstört, sodass die europäischen Länder jetzt gezwungen sind, stattdessen teueres amerikanisches Gas zu kaufen. Ebenso wurde die gesamte Halbleiter-Lieferkette planiert und es wird versucht, sie gewaltsam um sich selbst herum wieder aufzubauen, um damit China zu isolieren. Gleichzeitig zielten die USA darauf ab, die Interaktion und Integration bestimmter Weltregionen zu stören, etwa Russland mit Europa, China mit dem restlichen Asien.
Die Auswirkungen dieser Handlungen sind enorm. Während die USA versuchen, ihre Hegemonie zurückzugewinnen, sind andere Länder in der Folge gezwungen, ihre nationalen Ressourcen und ihre strategische Autonomie zu fördern, um zu verhindern, dass sie dominiert werden. Dies hat ein neues Wettrüsten, ein neues technologisches Wettrennen und die Expansion alternativer Allianzen gefördert, wie BRICS oder die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Ob es den USA gefällt oder nicht, dies ist die Realität einer Multipolarität, die sie ursprünglich verhindern wollten.
Die Welt heute ähnelt jetzt zunehmend jener von vor 1914 – oder schlimmer noch – von vor 1939, in der es nicht nur zwei rivalisierende Großmächte gibt, sondern eine Anzahl von Nationen, die um Einfluss ringen. Während die USA bestrebt sind, ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten, stehen sie den Herausforderern China und Russland gegenüber, aber es gibt auch andere aufstrebende Mächte, darunter Indien und Indonesien.
Das Jahr 2022 wird als endgültiger Beginn des Wandels gelten. Die Welt nach 1991, obwohl schon lange bröckelnd, ist nun endgültig Geschichte. Die neue Welt ist zu einem zunehmend unsicheren Schauplatz geopolitischer Konflikte geworden, was sie weniger stabil, unsicherer und gespaltener macht als je zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Dies ist kein neuer Kalter Krieg als solcher – es ist ein neues, großartiges Spiel.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
05.01.2023
Tatort Ostsee Nord Stream-Anschläge: Druck auf die Bundesregierung, Ermittlungsresultate vorzulegen, steigt. US-Medien und Regierungsbeamte aus Europa bezweifeln russische Täterschaft.
german-foreign-policy.com, 5. Januar 2023
BERLIN/MOSKAU (Eigener Bericht) – Der Druck auf die Bundesregierung steigt, erste Ergebnisse der Ermittlungen zu den Nord Stream-Anschlägen bekanntzugeben. Hintergrund ist, dass die angebliche russische Täterschaft, die Politik und Medien im Westen allgemein suggeriert hatten, inzwischen von US-Leitmedien in Frage gestellt wird. Diese stützen sich dabei auf Einschätzungen auch europäischer Regierungsmitarbeiter, laut denen kein einziger Hinweis auf etwaige russische Täter vorliegt, während Moskau Interesse am Fortbestand der Pipelines haben müsse. In deutschen Medien wurden unlängst nicht näher gekennzeichnete „Leute im Berliner Regierungsbetrieb“ mit Äußerungen zitiert, die eine ukrainische oder polnische Täterschaft zumindest in Betracht ziehen. Als mögliche Ursache für eine etwaige westliche Täterschaft benennen US-Medien russische Spekulationen, im Fall eines schweren Mangels an Erdgas, wie er im nächsten Winter als nicht unwahrscheinlich gilt, könnten die Staaten Europas sich zum erneuten Bezug von russischem Pipelinegas gezwungen sehen. Nach wie vor ist nicht geklärt, wieso sich schwedische Kriegsschiffe kurz vor den Anschlägen in der Nähe der Tatorte aufhielten.
Zitat: Keine Hinweise auf Russland
Drei Monate nach den Anschlägen auf die Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 weisen zum ersten Mal Mitarbeiter westlicher Regierungen die Behauptung, Russland könne für den Sabotageakt verantwortlich sein, öffentlich zurück. Schon kurz vor den Weihachtsfeiertagen hatte die Washington Post berichtet, „zahlreiche“ Regierungsmitarbeiter vermuteten „privat“, Moskau habe mit den Anschlägen nichts zu tun. Die Zeitung zitierte einen Beamten aus Europa mit der Einschätzung, es gebe „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ keinerlei Hinweis auf eine russische Täterschaft. Diese Einschätzung gründe sich, hieß es, auf Gespräche mit 23 Quellen aus Diplomatie und Geheimdiensten.[1] Ein Beamter aus Westeuropa wird sogar mit der Aussage zitiert: „Die Überlegung, dass Russland es war, hat für mich nie Sinn ergeben.“ Wie die Washington Post berichtet, beruht die jetzt bekannt werdende Skepsis nicht bloß darauf, dass an den Tatorten keinerlei Hinweise auf russische Täter gefunden worden seien, sondern auch darauf, dass die gewöhnlich umfassende US-Spionage beim Abhören russischer Stellen bis heute keinerlei Hinweise auf eine Mitwisserschaft aufgespürt habe. Das sei recht ungewöhnlich.
Hohe Reparaturkosten
Wenige Tage später legte die New York Times nach. Die Zeitung schrieb, die Nord Stream AG, die die Pipeline Nord Stream 1 betreibe, habe begonnen, die Reparatur der Leitungen in den Blick zu nehmen. Dies habe eine Person mit detaillierter Kenntnis über die Vorgänge berichtet.[2] Zuvor hatte Moskau entsprechende Pläne zwar nicht bestätigt, sie jedoch auch nicht dementiert. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Nowak hatte im Interview mit der Nachrichtenagentur Tass mitgeteilt, Spezialisten stuften die Reparatur als „technisch machbar“ ein; unklar sei aber, wie viel sie kosten würde.[3] Der New York Times zufolge beläuft sich eine Schätzung auf rund eine halbe Milliarde US-Dollar. Die Zeitung weist darauf hin, es leuchte nicht wirklich ein, dass Russland eine Erdgasleitung zerstöre, nur um sie anschließend für hohe Summen wieder instand zu setzen. Dies gelte umso mehr, als Moskau weiterhin Transitgebühren für die noch getätigten Erdgaslieferungen durch Pipelines an Land zahlen müsse – und zwar an den Kriegsgegner, die Ukraine.[4] Hinzu komme, dass Moskau mögliche Gaslieferungen durch die Nord Stream-Pipelines nun nicht mehr als Lockmittel nutzen könne.
Europas Erdgaslücke
Tatsächlich läge eine solche Nutzung im russischen Interesse. Laut jüngsten Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) stehen die Staaten Europas im nächsten Jahr bzw. im nächsten Winter vor einer Versorgungslücke von rund 30 bis 60 Milliarden Kubikmetern Erdgas; wo diese herkommen sollen, ist völlig unklar.[5] Gedeckt werden könnten sie durch die Pipeline Nord Stream 1, deren Durchleitungsvolumen rund 55 Milliarden Kubikmeter jährlich erreicht. Die New York Times zitiert nun einen leitenden Mitarbeiter von Gazprom mit der Äußerung: „Warte bloß einen einzigen kalten Winter ab, und sie werden um unser Gas betteln.“[6] Die Möglichkeit, in einer akuten Notlage doch noch auf die Nord Stream-Pipelines zurückzugreifen, ist durch die Anschläge zunichte gemacht worden. Hinzu kommt, dass Branchenexperten es durchaus für möglich halten, dass die Staaten Europas in Zukunft wieder russisches Pipelinegas in größerem Umfang importieren. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, gingen bei einem Fachtreffen, das das Oxford Institute for Energy Studies Anfang Dezember organisiert hatte, nur 40 Prozent aller Anwesenden davon aus, der Ausstieg Europas aus russischem Erdgas werde auf Dauer Bestand haben. 40 Prozent waren vom Gegenteil überzeugt.[7] Der Grund: Ohne kostengünstiges Erdgas könnten zentrale Branchen der europäischen Industrie nicht überleben.
Sanktionen aktiviert
Würde eine Reparatur der Pipeline Nord Stream 1 die Wiederaufnahme der Lieferungen zumindest theoretisch ermöglichen, so hat Kanada entsprechenden Überlegungen Ende 2022 einen weiteren Schlag versetzt: Es hat Sanktionen wieder aktiviert, die es speziell verhindern, eine im kanadischen Montréal überholte Siemens-Turbine, die für den Betrieb von Nord Stream 1 benötigt wird, nach Russland zurückzubringen.[8] Das erhöht den Aufwand für eine Instandsetzung der Erdgasleitung ein weiteres Stück. Hätte Ottawa eine etwaige Reparatur der Pipeline nicht im Blick, ergäbe die Aktivierung der Sanktionen zum Nachteil einer zerstörten Erdgasleitung wenig Sinn.
„Eine plausible Erzählung vorlegen“
Nicht nur in führenden US-Medien wird eine russische Täterschaft mittlerweile als recht unwahrscheinlich eingestuft. Auch „Leute im Berliner Regierungsbetrieb“, so wird berichtet, stellten „unter der Hand Fragen ..., die für Unruhe in der Nato sorgen könnten“: Hätten nicht „die Ukraine und Polen mit größtem Nachdruck von Deutschland den Verzicht auf die Nord-Stream-Leitungen gefordert?“[9] Ein nicht namentlich genannter hochrangiger Militärexperte wiederum wird mit der Aussage zitiert, man möge „sich gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn irgendwann mitten im Krieg herauskäme, dass ein Nato-Staat bei der Bombardierung der umstrittenen Pipeline geholfen oder von entsprechenden Plänen gewusst habe, ohne sie zu verhindern“.[10] Mit Blick darauf dringt nun der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, darauf, Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen zu präsentieren, „weil die wilden Spekulationen in dieser unklaren Situation nicht ungefährlich sind“.[11] Auch der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen), verlangt, die Bundesregierung müsse „Transparenz schaffen oder wenigstens eine plausible Erzählung der Ereignisse vom 26. September vorlegen“.
Mit ausgeschaltetem Transponder
Erschwert wird die Angelegenheit durch die exzessive Geheimhaltungspraxis Schwedens, dessen Behörden laut Berichten nicht einmal die verbündeten NATO-Staaten über Resultate ihrer Ermittlungen informieren. Zu den Rätseln um die Anschläge auf die Pipelines gehört nicht zuletzt, woher die beiden großen Schiffe kamen, die laut Recherchen des Magazins Wired in den Tagen unmittelbar vor den Anschlägen nicht weit von den Tatorten kreuzten und dabei ihre Transponder ausgeschaltet hatten.[12] Bemerkenswert ist, dass noch niemand Belege für die Behauptung präsentiert hat, es seien russische Schiffe gewesen; die Größe der Schiffe und die Dichte der NATO-Aufklärung in der Ostsee lässt Unkenntnis über das maritime Geschehen unweit der strategisch wichtigen Insel Bornholm als nicht besonders wahrscheinlich erscheinen. Bekannt ist freilich, dass sich Kriegsschiffe der schwedischen Marine kurz vor dem Tatzeitpunkt gleichfalls in der Nähe der Tatorte aufgehalten hatten; die schwedische Marine hat dies sogar eingeräumt und als Ursache nicht näher bestimmte Maßnahmen der Seeraumüberwachung angegeben.[13] Ob dabei gewöhnlich die Transponder ausgeschaltet werden, ist nicht bekannt.
[1] Shane Harris, John Hudson, Missy Ryan, Michael Birnbaum: No conclusive evidence Russia is behind Nord Stream attack. washingtonpost.com 21.12.2022.
[2] Rebecca R. Ruiz, Justin Scheck: In Nord Stream Mystery, Baltic Seabed Provides a Nearly Ideal Crime Scene. nytimes.com 26.12.2022.
[3] Michael Maier: Nord Stream: Repariert Russland heimlich die Pipeline? berliner-zeitung.de 02.01.2023.
[4] Rebecca R. Ruiz, Justin Scheck: In Nord Stream Mystery, Baltic Seabed Provides a Nearly Ideal Crime Scene. nytimes.com 26.12.2022.
Deutschland Forsa-Umfrage Vertrauen in alle politischen Institutionen sinkt drastisch
welt.de, vcom 03.01.2023
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat deutlich an Vertrauen aus der Bevölkerung eingebüßt Quelle: Nicolas Landemard/Le Pictorium Agency via ZUMA/dpa/Archiv (Bild)
Besonders der Bundeskanzler und die Bundesregierung verlieren immens an Vertrauen aus der Bevölkerung. Wie aus einer aktuellen Forsa-Umfrage hervorgeht, vertrauen nur noch rund 30 Prozent in die beiden Institutionen. Bundespräsident Steinmeier kommt bei den Befragten besser an.
Das Vertrauen in alle politischen Institutionen ist einer Umfrage zufolge im Vergleich zum Vorjahr drastisch gesunken. Einen Vertrauensverlust gebe es bei allen zehn abgefragten Institutionen, wie das am Dienstag veröffentlichte „RTL/ntv Trendbarometer“ ergab. Der größte Vertrauensrückgang ist demnach bei den beiden Institutionen der Exekutive auf Bundesebene zu beobachten: Der Bundeskanzler erzielte nur noch 33 Prozent, die Bundesregierung 34 Prozent – ein Minus von 24 beziehungsweise 22 Punkten.
Einen Rückgang von 13 Prozentpunkten verzeichnete demnach der Bundestag, zu dem zur Jahreswende 37 Prozent der Befragten Vertrauen hatten. Beim Bundespräsidenten sank das Vertrauen um zwölf Punkte auf 63 Prozent – er besaß damit aber wie in den Vorjahren das größte Vertrauen unter den politischen Institutionen.
Bei Oberbürgermeistern beziehungsweise Bürgermeistern ging das Vertrauen um elf Punkte auf 44 Prozent zurück, wie das seit 15 Jahren vorgenommene Institutionen-Vertrauens-Ranking des Forsa-Instituts weiter ergab.
Ein um jeweils neun Prozentpunkte geringeres Vertrauen wiesen zur Jahreswende die Landesregierungen (46 Prozent), die Gemeindevertretungen (43 Prozent) und die Stadt- oder Gemeindeverwaltungen (43 Prozent) auf. Etwas geringer war demnach mit jeweils sieben Prozentpunkten der Vertrauensrückgang bei der Europäischen Union (31 Prozent) und den politischen Parteien (17 Prozent).
Deutliche Ost-West-Unterschiede
Wie drastisch das Vertrauen zur Institution „Bundeskanzler“ gesunken ist, zeigt den Angaben zufolge der Vergleich mit dem Vertrauenswert, den Angela Merkel (CDU) noch zur Jahreswende 2020/21 auf dem Höhepunkt der damaligen Corona-Welle erhalten hatte: Damals hatten 75 Prozent zur Bundeskanzlerin großes Vertrauen. Zu ihrem Nachfolger Olaf Scholz (SPD) hatten zur Jahreswende 2021/22 noch 57 Prozent großes Vertrauen, wie RTL/ntv weiter mitteilte.
Die Forsa-Umfrage ergab zudem deutliche Ost-West-Unterschiede. Demnach ist mit Ausnahme der Institutionen auf der lokalen Ebene (Gemeindevertretung: 44 Prozent) das Vertrauen der Ostdeutschen in politische Institutionen geringer als das der Westdeutschen. Besonders groß fiel der Unterschied beim Vertrauen in den Bundespräsidenten (Ost 53 Prozent, West 65 Prozent) und zur Europäischen Union (Ost 20 Prozent, West 33 Prozent) aus.
TL/ntv-Trendbarometer Bundespolitik verliert stark an Vertrauen
n-tv.de, vom 03.01.2023, 14:29 Uhr
Bundeskanzler und Bundesregierung verlieren als Institutionen viel Vertrauen bei den Deutschen. Um 24 und 22 Prozentpunkte geht es im Vertrauens-Ranking im Laufe des Jahres für sie abwärts, für das Amt des Kanzlers eine Halbierung im Vergleich mit dem Wert vor zwei Jahren.
Zitat: Das Vertrauen zu zehn wichtigen politischen Institutionen ist im Laufe des Jahres 2022 im Vergleich zum Vorjahr teils stark zurückgegangen. Das zeigt das RTL/ntv-Trendbarometer in seiner Umfrage zur Jahreswende. Am meisten Vertrauen verloren die beiden Institutionen Bundeskanzler und Bundesregierung mit einem dramatischen Minus von 24 und 22 Prozentpunkten. Seit mehr als 15 Jahren erfragen die Meinungsforscher von Forsa die Vertrauensbasis gegenüber denselben zehn Institutionen.
Einen Rückgang von über zehn Prozentpunkten gab es auch bei den Institutionen Bundestag, Bundespräsident sowie Oberbürgermeister beziehungsweise Bürgermeister. Ein um jeweils 9 Prozentpunkte geringeres Vertrauen haben zur Jahreswende 2022/23 die Landesregierungen, die Gemeindevertretungen und die Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen zu verzeichnen. Etwas geringer ist der Vertrauensrückgang mit jeweils 7 Prozentpunkten bei der Europäischen Union und den politischen Parteien.
Das größte Vertrauen unter den politischen Institutionen besitzt auch zur Jahreswende 2022/23 - wie schon in allen Vorjahren - der Bundespräsident. Zu ihm haben 63 Prozent der Bundesbürger großes Vertrauen. Mit deutlichem Abstand folgen Ende 2022 die Institutionen von Land und Kommunen: Landesregierungen mit 46, Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister mit 44, Gemeindevertretungen sowie Stadt- beziehungsweise Gemeindeverwaltungen mit jeweils 43 Prozent.
Anders als während der Corona-Krise folgen die Institutionen der Bundesebene erst danach: Zum Bundestag haben nur noch 37, zur Bundesregierung nur noch 34 und zum Bundeskanzler nur noch 33 Prozent der Bundesbürger großes Vertrauen. Wie drastisch das Vertrauen zur Institution "Kanzler" gesunken ist, zeigt der Vergleich mit dem Vertrauenswert, den Angela Merkel noch zur Jahreswende 2020/21 auf dem Höhepunkt der damaligen Corona-Welle erhalten hatte: Damals hatten 75 Prozent zur Institution "Bundeskanzler" großes Vertrauen.
Viele AfD-Anhänger verachten demokratische Institutionen
31 Prozent haben noch zur Europäischen Union und 17 Prozent zu politischen Parteien großes Vertrauen. Auch zur Jahreswende 2022/23 unterscheidet sich das Vertrauen zu den politischen Institutionen in den neuen und alten Bundesländern. Mit Ausnahme der Institutionen auf lokaler Ebene ist das Vertrauen der Ostdeutschen zu den anderen politischen Institutionen geringer als das der Westdeutschen. Der geringere Vertrauenswert bei den Ostdeutschen ist zu einem großen Teil dadurch bedingt, dass in den neuen Ländern die Zahl der Anhänger der AfD deutlich höher ist als im Gebiet der alten Bundesländer. Die AfD-Anhänger verachten fast alle Institutionen des demokratischen politischen Systems der Bundesrepublik eher als sie zu achten.
Deutliche Unterschiede im Grad des Vertrauens zu den politischen Institutionen zeigen sich aber auch zwischen den Anhängern der einzelnen Parteien. So haben die Anhänger der SPD zu den meisten politischen Institutionen ein zum Teil deutlich größeres Vertrauen als die Anhänger der CDU und der CSU. Besonders groß ist dieser Vertrauensunterschied bei den politischen Institutionen auf Bundesebene (Kanzler, Bundesregierung, aber auch Bundestag). Nur in Bayern ist das anders. Dort haben die CSU-Anhänger deutlich größeres Vertrauen in die Landes- und Kommunalpolitik als SPD- oder CDU-Anhänger anderswo.
Das mit Abstand geringste Vertrauen in alle politischen Institutionen haben wie schon in den vergangenen Jahren die Anhänger der rechtsradikalen AfD. Zum Kanzler, zur Bundesregierung, zum Bundestag oder zur Europäischen Union haben jeweils nur 2 oder 3 von 100 AfD-Anhängern Vertrauen. Unterschiede im Grad des Vertrauens zeigen sich aber auch zwischen den Anhängern der drei Parteien, die zurzeit die Bundesregierung bilden. Vor allem zum Kanzler, zur von "ihren" Parteien getragenen Bundesregierung und auch zum Bundestag haben die Anhänger der Grünen und der FDP ein geringeres Vertrauen als die Anhänger der dritten "Ampel"-Partei, der SPD.
Die Daten wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von RTL Deutschland vom 15. bis 22. Dezember 2022 erhoben. Datenbasis: 4003 Befragte.
*Pro-Putin-Netzwerk versucht nach Reuters-Informationen, Politik der
Bundesregierung zu verändern
*In Deutschland operiert nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters
ein Russland-freundliches Netzwerk mit dem Ziel, die Politik der
Bundesregierung gegenüber Moskau zu verändern.
Um die deutsche Unterstützung für die Ukraine zu verringern, wollten die
Aktivisten unter anderem eine traditionelle Russlandfreundlichkeit und
einen gewissen Antiamerikanismus in Teilen der Gesellschaft nutzen,
heißt es in dem Reuters-Bericht. Außerdem werde versucht, Spätaussiedler
und andere russischsprechende Menschen in der Bundesrepublik zu
mobilisieren.
Das Rechercheteam hat Social-Media-Kanäle ausgewertet und mit Aktivisten
gesprochen, die prorussische Demonstrationen in Köln und anderen Städten
organisiert haben. Dabei sind nach Angaben der Autoren auch Verbindungen
zu rechtsextremistischen Gruppen erkennbar geworden. Reuters schreibt,
die Bundesregierung habe sich zu detaillierten Fragen nicht äußern wollen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
Bericht über "Pro-Putin-Agenten" in Deutschland treibt russophobe Verschwörungstheorien voran
meinungsfreiheit.rtde.life, 4 Jan. 2023 19:11 Uhr,Von Andrew Korybko
Die Autoren eines "Reuters"-Berichts tun so, als wäre es die Enthüllung des Jahrhunderts, dass ein Teil der russischen Diaspora in Deutschland immer noch Verbindungen zur alten Heimat unterhält und den Stellvertreterkrieg der NATO in der Ukraine gegen Russland ablehnt.
Demonstration in der Kölner Innenstadt, 4. September 2022
Reuters, die führende US-amerikanische Nachrichtenagentur des westlichen Mainstreams, veröffentlichte am Dienstag einen ausführlichen Bericht darüber, wie "Pro-Putin-Aktivisten in Deutschland daran arbeiten, Berlin gegen die Ukraine aufzuhetzen." Die dramatische Überschrift impliziert, dass die Personen, die in diesem Bericht identifiziert werden, ausländische Agenten seien. Beim Lesen des Berichts wird jedoch sehr schnell klar, dass es sich hierbei um pure Russophobie handelt.
Die Autoren Polina Nikolskaja, Mari Saito, Maria Zwetkowa und Anton Swerew tun so, als wäre es die Enthüllung des Jahrhunderts, dass ein Teil der russischen Diaspora in Deutschland immer noch Verbindungen zur alten Heimat unterhält und den Stellvertreterkrieg der NATO in der Ukraine gegen Russland ablehnt. Das aber ist im Prinzip nicht anderes als jene Millionen muslimischer Einwanderer in Europa, die sich immer noch mit ihren Heimatländern verbunden fühlen und gegen die Angriffskriege des Westens gegen diese Länder sind.
Der einzige Grund, warum die russische Diaspora von Reuters herausgegriffen wurde, liegt darin, dass die Rolle einiger ihrer Mitglieder, bei der Organisation friedlicher Kundgebungen in Deutschland und dem Austausch von Informationen über den Ukraine-Konflikt unter ihren Mitbürgern, erfolgreich die Wahrnehmung verändern. Wenn ihre legalen Aktivitäten nicht eine wachsende Zahl von Deutschen dazu veranlassen würden, die Unterstützung ihrer Regierung für diesen Stellvertreterkrieg der NATO zu hinterfragen, wäre es Reuters egal gewesen, was diese Leute in ihrer Freizeit sagen oder tun.
Die Doppelmoral, die hier im Spiel ist und mit der die verfassungsmäßig verankerten Freiheiten der russischen Diaspora missachtet werden, bestätigt die russophobe Motivation hinter diesem jüngsten Bericht der westlichen Nachrichtenagentur. Der Grad der Verbindungen zwischen einigen der identifizierten Aktivisten und dem russischen Staat wird so weit wie möglich ausgereizt, um damit die verschwörerische Anspielung zu verbreiten, dass diese Personen keine unabhängige Meinung haben und daher als "Agenten" operieren.
Darüber hinaus ist es äußerst herablassend von den Autoren anzunehmen, dass der durchschnittliche Deutsche überrascht wäre, dass einige Mitglieder der Diaspora eines Landes immer noch Verbindungen zu ihrer alten Heimat unterhalten und daher empfindlich auf Berlins Akte der hybriden Kriegsaggression reagieren. Und es ist ebenso herablassend anzudeuten, dass die Ansichten der Deutschen zum Ukraine-Konflikt vom russischen Staat beeinflusst würden – und zwar durch jene Personen, die in diesem Bericht als "Moskaus Agenten" verleumdet werden.
Die Deutschen gelten allgemein als gebildete und gut informierte Menschen. Daher gibt es keine sachliche Grundlage dafür anzunehmen, dass sie angeblich von Mitgliedern der russischen Diaspora in ihrem eigenen Land hinters Licht geführt werden, nur weil diese offensichtlich Kontakte in ihre alte Heimat pflegen. Diese künstlich hergestellte Verschwörungstheorie, die Reuters in seinem neuesten Bericht ausgeheckt hat, soll den wachsenden Dissens gegen Berlins Politik im Ukraine-Konflikt delegitimieren.
"Die deutsche Außenministerin diskreditierte das gesamte Konzept der westlichen Demokratie", als sie im vergangenen August dreist erklärte, dass sie ihre Haltung gegenüber diesem Stellvertreterkrieg nicht ändern werde, "egal was meine deutschen Wähler denken" und "auch wenn es für die Politiker wirklich hart wird." Diese von RT DE dokumentierte buchstäblich antidemokratische Haltung von Annalena Baerbock, die völlig im Widerspruch zu den elementarsten Grundlagen des Regierungsmodells ihres Landes steht, musste zwangsläufig Widerstand an der Basis hervorrufen.
Sogar Reuters musste einräumen, dass "nach einem steilen Anstieg der Energiekosten die Umfragen zeigen, dass weniger Deutsche daran interessiert sind, die militärische Unterstützung für die Ukraine auszuweiten." Und genau diesen Trend wollte die Nachrichtenagentur mit ihrem russophoben Bericht delegitimieren. Daher rührt also die Verleumdung, jene pro-russischen Aktivisten seien "Agenten". Diese Desinformation soll die Wahrnehmung des durchschnittlichen Deutschen über die sich verändernde Haltung seiner Mitbürger gegenüber dem Konflikt manipulieren, indem dies als Ergebnis einer ausländischen Einflussoperation dargestellt wird. Zumal im Verbund mit der herablassenden Andeutung, dass die Deutschen dumm genug seien, sich von dieser offensichtlichen Einflussoperation manipulieren zu lassen. In Wahrheit aber ist die einzige Beeinflussungsoperation, die gegen das deutsche Volk gerichtet ist, jene der in London ansässigen Reuters und ihrer vier Korrespondenten.
Darüber hinaus zeugt es von Heuchelei, dass die Autoren alle möglichen Verleumdungen über diese Diaspora-Aktivisten angedeutet haben, ohne dabei etwas über sich selbst und den möglichen Grad an Verbindungen zwischen ihnen und ausländischen Akteuren preiszugeben. Nikolskaja ist die einzige Autorin, deren offizieller Lebenslauf auf der Webseite von Reuters die grundlegendsten biografischen Informationen enthält. Während die von Saito, Zwetkowa und Swerew überhaupt nichts preisgeben; auch ihre Twitter-Profile (hier, hier und hier) enthalten keine wesentlichen Informationen.
Diese objektiv vorliegenden und leicht überprüfbaren Beobachtungen lassen den naheliegenden Schluss zu, dass drei praktisch anonyme Autoren wollen, dass die Deutschen ihre skandalösen Anspielungen auf diese Diaspora-Aktivisten als selbstverständlich hinnehmen, ohne auch nur persönliche Fakten über sich selbst preiszugeben, um Vertrauen aufzubauen. Bedenkt man, wie gebildet und gut informiert der durchschnittliche Deutsche ist, verstärkt dieser Ansatz die Schlussfolgerung, dass Reuters auf sein Zielpublikum mit Arroganz herabschaut und es zu manipulieren sucht.
Sobald die Deutschen dies erkennen, werden sie tatsächlich weniger geneigt sein, den Behauptungen zu vertrauen, die in diesem Bericht impliziert werden. Und sie könnten sogar anfangen, der Arbeit von Reuters als Ganzes in Zukunft zu misstrauen. Es ist definitiv etwas Verdächtiges daran, wenn die Nachrichtenagentur sich bei dieser Veröffentlichungen auf drei praktisch anonyme Autoren verlässt. Ganz zu schweigen von jenen bekannt gewordenen, die buchstäblich Teil einer aus Großbritannien gesteuerten Einflussoperation gegen das deutsche Volk sind – was ein weiterer Grund ist, warum diesem jüngsten russophoben Bericht mit Misstrauen begegnet werden sollte.
Andrew Korybkoist ein in Moskau ansässiger US-amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien spezialisiert hat, auf Chinas Belt & Road-Initiative sowie Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus. Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland. Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
04.01.2023
Bundesregierung zu ausgereisten deutschen Extremisten: „Der überwiegende Teil dieser Personen sympathisiert mit der ukrainischen Seite“
nachdenkseiten.de, 04. Januar 2023 um 8:54
Ein Artikel von: Florian Warweg
Laut Angaben der Bundesregierung sind Dutzende Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die dem Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität“ (PMK) zuzuordnen sind, in die Ukraine ausgereist. Ein Großteil soll dabei nach Einschätzung des Innenministeriums „mit der ukrainischen Seite“ sympathisieren. Für rund die Hälfte der erfassten Personen sollen „Anhaltspunkte“ vorliegen, dass diese mit der Absicht zur Teilnahme an Kampfhandlungen ausgereist sind. Zu der Frage, was mit diesen dann militärisch geschulten Personen mit extremistischem Hintergrund nach Wiedereinreise in die Bundesrepublik geschieht, macht die Bundesregierung bisher keine Angaben.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
„Wie viele deutsche Freiwillige bzw. Söldner kämpfen nach Kenntnis der Bundesregierung aufseiten welcher Konfliktpartei in der Ukraine?“
Diese Frage stellte im Dezember der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, außenpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion.
In ihrer Antwort verweist die Bundesregierung zunächst darauf, dass die Bundessicherheitsbehörden solche Daten nur zu Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit beziehungsweise Wohnsitz in Deutschland erfassen, wenn ein „Extremismusbezug bzw. Bezug zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)“ vorliegt.
Mit Verweis auf Stand 30. November 2022 spricht das Innenministerium in seiner Antwort von 38 bekannten Personen, die einen Extremismusbezug aufweisen und „im Kontext des Krieges in der Ukraine“ ausgereist seien. Für 17 dieser Personen lägen „tatsächliche Anhaltspunkte“ vor, dass die Ausreise „mit der Absicht zur Teilnahme an Kampfhandlungen“ in der Ukraine erfolgte. Zu drei dieser Personen sollen dem Innenministerium zufolge „konkrete Anhaltspunkte für eine tatsächliche Beteiligung an Kampfhandlungen auf Seiten einer Konfliktpartei“ vorliegen. Die Antwort der Bundesregierung schließt interessanter Weise mit einer Aussage, die in der Schriftlichen Frage gar nicht thematisiert wurde:
„Der überwiegende Teil dieser Personen sympathisiert mit der ukrainischen Seite.“
Die Bundesregierung macht keinerlei Angaben darüber, welchem politischen Spektrum die erfassten ausgereisten deutschen Staatsbürger mit „Bezug zur Politisch motivierten Kriminalität“ zugeordnet werden. Es ist aber angesichts der bisher bekannt gewordenen Fälle und Aussagen (bereits Anfang Mai 2022 bestätigte die Bundesregierung auf Anfrage die Ausreise von 20 deutschen Rechtsextremen ins ukrainische Kriegsgebiet) davon auszugehen, dass ein Großteil der erwähnten Söldner und Freiwilligen dem Umfeld der maßgeblich von ehemaligen NPD-Funktionären gegründeten rechtsextremen Kleinpartei „Der III. Weg“ entstammen. Deren Chef Matthias Fischer zieht auf Reden regelmäßig über „Putins Neobolschewiken“ her und bittet um Spenden, „damit unsere Truppen da drüben besser dastehen“. Das Asow-Regiment wird als „bewaffneter Arm der nationalen Bewegung, der sich in einem heldenhaften Kampf um die Freiheit“ befinde, gepriesen. Russland dagegen wird in Publikationen und Reden des III. Wegs als „Vielvölkerstaat“, in dem Asiaten, Juden und Muslime ihren Platz hätten, gegeißelt. Die Nationalisten in der Ukraine hätten mittelfristig das größte Potenzial in Europa, so eine weitere Begründung der rechtsextremen Partei für die materielle und wohl auch personelle Unterstützung.
800 Kälteschutzanzüge der Bundeswehr will der III. Weg allein im März und April, wie unter anderem die tazberichtete, an „nationalistische Einheiten“ geliefert haben, „direkt an die Front“. Dazu 200 Kampfwesten, Dutzende Splitterschutzwesten und Funkgeräte sowie schusssichere Platten und drei Wärmebildkameras. Die Bundesregierung bestätigte auf Anfrage, dass diese Fahrten stattgefunden haben.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte bereits im März 2022 mit einer vielsagenden Einschränkung angekündigt, dass man „weitere Ausreisen“ verhindern wolle:
„Bei Extremisten wollen wir verhindern, dass sie sich an kriegerischen Aktionen beteiligen.“
Wie das konkret geschehen soll, ließ sie aber bis heute offen. Das Bundesjustizministerium hatte schon kurz nach dem 24. Februar öffentlich erklärt:
„Die Einreise in die Ukraine mit dem Ziel, sich dort an Kampfhandlungen zu beteiligen oder dafür ausbilden zu lassen, ist als solche nach dem deutschen Strafrecht nicht strafbar.“
Brandenburgs Verfassungsschutzchef Jörg Müller verweist in dem Zusammenhang darauf, dass deutsche Rechtsextremisten schon in der Vergangenheit in der Ukraine regelmäßig Kampftrainings absolvierten. Die direkte Beteiligung an Kriegshandlungen und entsprechende Möglichkeiten zum Waffenerwerb hätten aber eine neue Qualität:
„Wenn wir eins nicht gebrauchen können, dann sind es Neonazis, die nun an Waffen kommen und weiter verrohen.“
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.
04.01.2023
PfizerGate: Tragic Truth behind COVID Vaccines: 50k Brits have Died Suddenly in 8 Months due to Vaccination causing a 5-Month Countdown to Death PfizerGate: Tragische Wahrheit hinter COVID-Impfstoffen: 50 Tausend Briten sind in 8 Monaten plötzlich gestorben, weil die Impfung einen 5-monatigen Countdown bis zum Tod verursacht hat
As the death toll rises, a dark shadow has been cast over Britain.
Official data reveals that since April 2022, 407,910 deaths have occurred, with 47,379 excess deaths against the 2015-2019 five-year average.
Die steigende Zahl der Todesfälle wirft einen dunklen Schatten auf Großbritannien. Offizielle Daten zeigen, dass seit April 2022 407.910 Todesfälle aufgetreten sind, mit 47.379 Todesfällen mehr als im Fünfjahresdurchschnitt 2015-2019.
As the investigation deepens, it has become increasingly clear that the Covid-19 vaccines are the most likely cause of the unprecedented loss of life in Britain. The evidence is damning, with a startling correlation between the rollout of the vaccines and the spike in deaths.
Mit der Vertiefung der Ermittlungen wird immer deutlicher, dass die Covid-19-Impfstoffe die wahrscheinlichste Ursache für die beispiellosen Todesfälle in Großbritannien sind. Die Beweise sind erdrückend, und es besteht ein verblüffender Zusammenhang zwischen der Einführung der Impfstoffe und dem sprunghaften Anstieg der Todesfälle.
We were told the vaccines would bring hope and healing in the midst of an alleged global pandemic. But now, it seems that they have instead brought even more devastation and pain.
Let’s not lose touch…Your Government and Big Tech are actively trying to censor the information reported by The Exposé to serve their own needs. Subscribe now to make sure you receive the latest uncensored news in your inbox… Man sagte uns, die Impfstoffe würden inmitten einer angeblichen globalen Pandemie Hoffnung und Heilung bringen. Aber jetzt scheint es, dass sie stattdessen noch mehr Verwüstung und Schmerz gebracht haben. Lassen Sie uns nicht den Anschluss verlieren... Ihre Regierung und Big Tech versuchen aktiv, die von The Exposé berichteten Informationen zu zensieren, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Abonnieren Sie jetzt, um sicherzustellen, dass Sie die neuesten unzensierten Nachrichten in Ihrem Posteingang erhalten...
The Office for National Statistics has released weekly figures on deaths registered in England and Wales, and the most recent data reveals a troubling increase.
In the week ending on December 11th, there were 11,694 deaths, with 687 excess deaths against the 2016-2019 + 2021 five-year average and 999 excess deaths against the 2015-2019 five-year average.
Das Office for National Statistics hat wöchentliche Zahlen zu den in England und Wales registrierten Todesfällen veröffentlicht, und die jüngsten Daten zeigen einen beunruhigenden Anstieg.
In der Woche, die am 11. Dezember endete, gab es 11.694 Todesfälle, mit 687 Todesfällen mehr als im Fünfjahresdurchschnitt 2016-2019 + 2021 und 999 Todesfällen mehr als im Fünfjahresdurchschnitt 2015-2019.
While Covid-19 is often blamed for such increases, this time the numbers tell a different story. Out of all the deaths, only 326 were attributed to the alleged disease – a mere 2.8%.
So what is causing this surge in fatalities?
Während Covid-19 häufig für solche Anstiege verantwortlich gemacht wird, sprechen die Zahlen dieses Mal eine andere Sprache. Von allen Todesfällen wurden nur 326 auf die angebliche Krankheit zurückgeführt - das sind nur 2,8 %.
Was also ist die Ursache für diesen Anstieg der Todesfälle?
According to the Office for National Statistics, excess deaths have been occurring in England and Wales on a weekly basis since April 2022. To uncover the full extent of this tragedy, we dug into the data, analyzing the weekly number of deaths over the past six months and comparing them to the five-year average. What we discovered was a disturbing trend, as the chart below reveals.
As we delve deeper into the mystery of the excess deaths occurring in England and Wales, a disturbing possibility comes to light: the Covid-19 vaccines may be to blame.
According to the Office for National Statistics, excess deaths have been occurring on a weekly basis since April 2022, and while the data initially seemed to point to other causes, closer examination reveals a startling correlation between the rollout of the 2021 winter “Booster” shot and the spike in fatalities.
Nach Angaben von Public Health Scotland (PHS) gab es in der Woche bis zum 27. November in Schottland 1.257 Todesfälle, was zu 127 überzähligen Todesfällen führte.
Nach Angaben des Office for National Statistics gibt es in England und Wales seit April 2022 wöchentlich überzählige Todesfälle. Um das ganze Ausmaß dieser Tragödie aufzudecken, haben wir uns mit den Daten beschäftigt, die wöchentliche Zahl der Todesfälle in den letzten sechs Monaten analysiert und mit dem Fünfjahresdurchschnitt verglichen. Dabei entdeckten wir einen beunruhigenden Trend, wie das nachstehende Diagramm zeigt.
Wenn wir dem Geheimnis der übermäßigen Todesfälle in England und Wales auf den Grund gehen, kommt eine beunruhigende Möglichkeit ans Licht: Die Covid-19-Impfstoffe könnten daran schuld sein.
Nach Angaben des Office for National Statistics treten seit April 2022 wöchentlich mehr Todesfälle auf, und während die Daten zunächst auf andere Ursachen hinzudeuten schienen, zeigt sich bei näherer Betrachtung ein verblüffender Zusammenhang zwischen der Einführung der Winterimpfung "Booster" im Jahr 2021 und dem sprunghaften Anstieg der Todesfälle.
To uncover the full extent of this tragedy, we dug into the data, analysing the weekly number of deaths over the past eight months and comparing them to the 2015-2019 five-year average.
The chart reveals a disturbing trend, with excess deaths occurring in all but two weeks since April 2022. These two exceptions, it turns out, coincide with the late Queen’s Platinum Jubilee and funeral, which would have caused delays in death registrations due to the bank holidays.
But even taking these weeks into account, the data shows an average of 1,268 excess deaths every single week.
Because the chart doesn’t reveal the true picture, we downloaded the death data from the Public Health Scotland Covid-19 Dashboard, which you can also do so here, and calculated the total number of deaths between week 16 and week 47 of 2022.
According to the data, there were 34,316 deaths during this period in the 2015-2019 five-year average and 38,611 deaths during this period in 2022.
This means Scotland has suffered 4,264 excess deaths against the five-year average over the past 34 weeks.
Um das ganze Ausmaß dieser Tragödie aufzudecken, haben wir uns mit den Daten befasst, die wöchentliche Zahl der Todesfälle in den letzten acht Monaten analysiert und mit dem Fünfjahresdurchschnitt 2015-2019 verglichen.
Das Diagramm zeigt einen beunruhigenden Trend: Seit April 2022 gab es in allen Wochen mit Ausnahme von zwei Wochen mehr Todesfälle. Diese beiden Ausnahmen fielen mit dem Platinjubiläum und der Beerdigung der verstorbenen Königin zusammen, was aufgrund der Feiertage zu Verzögerungen bei der Registrierung von Todesfällen geführt hätte.
Aber selbst wenn man diese Wochen berücksichtigt, zeigen die Daten einen Durchschnitt von 1.268 überzähligen Todesfällen pro Woche.
Das folgende Diagramm stammt aus dem Covid-19 Dashboard von Public Health Scotland und zeigt die wöchentliche Zahl der Todesfälle im Vergleich zum Fünfjahresdurchschnitt 2015-2019.
Da das Diagramm nicht das wahre Bild zeigt, haben wir die Todesdaten aus dem Covid-19-Dashboard von Public Health Scotland heruntergeladen, was Sie auch hier tun können, und die Gesamtzahl der Todesfälle zwischen Woche 16 und Woche 47 des Jahres 2022 berechnet.
Den Daten zufolge gab es in diesem Zeitraum 34.316 Todesfälle im Fünfjahresdurchschnitt 2015-2019 und 38.611 Todesfälle in diesem Zeitraum im Jahr 2022.
Das bedeutet, dass Schottland in den letzten 34 Wochen 4.264 Todesfälle mehr zu verzeichnen hatte als im Fünfjahresdurchschnitt.
Das folgende Diagramm zeigt die Gesamtzahl der Todesfälle und der überzähligen Todesfälle in England, Wales und Schottland.
The following chart shows the overall number of deaths and excess deaths in England, Wales & Scotland –
The five-year average number of deaths in Britain over these 8 months equates to 360,531. Meanwhile, the total number of deaths in 2022 in Britain over these 8 months equates to 407,910. Therefore, Britain has suffered 47,379 excess deaths since the middle of April 2022.
Could it be that the Covid-19 vaccines, which we were told would bring hope and healing, are instead causing unimaginable tragedy?
Well, as our investigation into the excess deaths in the UK deepened, a disturbing pattern emerged.
An analysis of official ONS data reveals that approximately five months after each dose of the Covid-19 vaccine is administered, the mortality rates among the vaccinated rise significantly compared to the unvaccinated in each age group.
The following charts were created using data extracted from table 1 of the Office for National Statistics dataset on ‘Deaths by vaccination status (Jan 21 to March 22)’ which can be accessed on the ONS website here, and downloaded here.
The first chart shows the age-standardised mortality rates per 100,000 person-years by vaccination status between the 1st January 2021 and the 30th April 2021 –
As you can see, mortality rates were highest among the unvaccinated each month. However, by the end of April 2021, five months after the first Covid-19 injection was administered in the UK, things started to even out among each vaccination group and the unvaccinated.
But look what happened in the following four months.
The first chart shows the age-standardised mortality rates per 100,000 person-years by vaccination status between the 1st May 2021 and the 30th August 2021 –
Das folgende Schaubild zeigt die Gesamtzahl der Todesfälle und der überzähligen Todesfälle in England, Wales und Schottland.
Der Fünf-Jahres-Durchschnitt der Todesfälle in Großbritannien in diesen 8 Monaten beträgt 360.531. Die Gesamtzahl der Todesfälle im Jahr 2022 in Großbritannien in diesen 8 Monaten beläuft sich auf 407.910. Somit hat Großbritannien seit Mitte April 2022 47.379 zusätzliche Todesfälle zu beklagen.
Könnte es sein, dass die Covid-19-Impfstoffe, von denen man uns sagte, sie würden Hoffnung und Heilung bringen, stattdessen unvorstellbare Tragödien verursachen?
Nun, als wir unsere Untersuchung der überzähligen Todesfälle im Vereinigten Königreich vertieften, zeigte sich ein beunruhigendes Muster.
Eine Analyse der offiziellen ONS-Daten zeigt, dass etwa fünf Monate nach jeder Verabreichung des Covid-19-Impfstoffs die Sterblichkeitsrate unter den Geimpften im Vergleich zu den Ungeimpften in jeder Altersgruppe deutlich ansteigt.
Die folgenden Diagramme wurden anhand von Daten aus Tabelle 1 des Datensatzes "Deaths by vaccination status (Jan 21 to March 22)" des Office for National Statistics erstellt, der auf der ONS-Website hier abgerufen und hier heruntergeladen werden kann.
Das erste Diagramm zeigt die altersstandardisierten Sterblichkeitsraten pro 100.000 Personenjahre nach Impfstatus zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 30. April 2021.
Wie Sie sehen können, waren die Sterblichkeitsraten bei den Ungeimpften in jedem Monat am höchsten. Ende April 2021, fünf Monate nach Verabreichung der ersten Covid-19-Injektion im Vereinigten Königreich, gleicht sich die Situation zwischen den einzelnen Impfgruppen und den Ungeimpften an.
Aber sehen Sie sich an, was in den folgenden vier Monaten geschah.
Das erste Diagramm zeigt die altersstandardisierten Sterblichkeitsraten pro 100.000 Personenjahre nach Impfstatus zwischen dem 1. Mai 2021 und dem 30. August 2021.
The mortality rate among the vaccinated began to surpass the mortality rate among the unvaccinated significantly. By the end of August 2022, the mortality rate per 100,000 among the unvaccinated was the second lowest among each vaccination group.
Unfortunately, a follow-up report published by the ONS on 6th July 2022, proves that things did not improve for the vaccinated population.
In fact, things got so bad that by the end of May 2022, mortality rates were lowest among the unvaccinated in every age group in England, and highest among those who received one, two, or three doses of the vaccine.
A more detailed analysis of the data contained in the above charts can be read here,
But the pattern doesn’t stop there. The data shows that not only does this pattern persist in all-cause deaths, but each dose of the vaccine also causes a significant increase in Covid-19 deaths.
Between March and July 2021, the vaccinated accounted for the majority of Covid-19 deaths in England, with the one-dose vaccinated accounting for 66% of those deaths.
The pattern repeated itself over the next five months, with deaths nearly tripling, and the two-dose vaccinated accounting for the majority of deaths at 83%.
And in the five months between January and May 2022, deaths again increased, with the triple vaccinated accounting for the majority at 82%.
The evidence is clear and undeniable: the vaccines have been and are still killing people, with the deadly consequences being fully realised approximately five months after each vaccination.
This is a tragedy of epic proportions,
Die Sterblichkeitsrate unter den Geimpften begann, die Sterblichkeitsrate unter den Ungeimpften deutlich zu übertreffen. Ende August 2022 war die Sterblichkeitsrate pro 100.000 bei den Ungeimpften die zweitniedrigste in jeder Impfgruppe.
Leider beweist ein vom ONS am 6. Juli 2022 veröffentlichter Folgebericht, dass sich die Situation für die geimpfte Bevölkerung nicht verbessert hat.
Die Situation hat sich sogar so verschlechtert, dass Ende Mai 2022 die Sterblichkeitsrate in jeder Altersgruppe in England bei den Ungeimpften am niedrigsten und bei den Geimpften, die eine, zwei oder drei Dosen des Impfstoffs erhalten hatten, am höchsten war.
Eine detailliertere Analyse der in den obigen Diagrammen enthaltenen Daten kann hier nachgelesen werden,
Aber das Muster hört hier nicht auf. Die Daten zeigen, dass dieses Muster nicht nur bei den Todesfällen insgesamt fortbesteht, sondern dass jede Dosis des Impfstoffs auch einen erheblichen Anstieg der Covid-19-Todesfälle verursacht.
Zwischen März und Juli 2021 waren die Geimpften für die Mehrzahl der Covid-19-Todesfälle in England verantwortlich, wobei 66 % dieser Todesfälle auf die mit einer Dosis Geimpften entfielen.
Dieses Muster wiederholte sich in den nächsten fünf Monaten, wobei sich die Zahl der Todesfälle fast verdreifachte und die mit zwei Dosen Geimpften mit 83 % die Mehrheit der Todesfälle ausmachten.
Und in den fünf Monaten zwischen Januar und Mai 2022 nahmen die Todesfälle erneut zu, wobei die Dreifachimpfung mit 82 % die Mehrheit der Todesfälle ausmachte.
Die Beweise sind eindeutig und unbestreitbar: Die Impfstoffe haben Menschen getötet und tun es immer noch, wobei die tödlichen Folgen etwa fünf Monate nach jeder Impfung voll zum Tragen kommen.
Betreff: [Buendnis-gegen-Braunkohle] Offener Brief an die Verantwortlichen für die bevorstehende Räumung von Lützerath - Appell zum Innehalten
Guten Tag zusammen,
dieser Brief ging soeben an diverse Verantwortliche für die bevorstehende Räumung von Lützerath:
Offener Brief an Innenminister H. Reul, Wirtschaftsministerin M. Neubaur, Ministerpräsident H. Wüst, Landrat S. Pusch, Polizeipräsident D. Weinspach, Bischof H. Dieser, Bürgermeister S. Muckel, an alle rund um Lützerath eingeplanten Polizistinnen und Polizisten...
Guten Tag zusammen,
Ende 2022, in wenigen Tagen beginnt das neue Jahr. Gute Wünsche? Das wird besonders zum Start 2023 schwierig. Beginnen wir tatsächlich mit der Räumung und endgültigen Zerstörung von Lützerath? Haben wir nichts gelernt, begehen wir die gleichen Fehler immer wieder?
Die Maschinerie scheint zu rollen, unaufhörlich.
Stimmen überhaupt die veröffentlichten Gründe, die die kommende Räumung legitimieren sollen? Es ist alles unausweichlich? Lützerath muss in wenigen Tagen geräumt und zerstört werden, um die Energieversorgung unseres Landes in diesem Winter zu sichern?
So ist es angekündigt, alle Verantwortlichen haben sich auf diese Erzählung geeinigt.
Ich sage, alle vermeintlichen Fakten beruhen auf vorgeschobenen Gründen, auf Vorwänden, genau wie 2018, als der Hambacher Wald geräumt wurde. Damals war es der angeblich fehlende Brandschutz (inzwischen vom Gericht als Vorwand geoutet), jetzt sind es die Energiekrise, der Krieg und die Versorgungssicherheit.
Obwohl diverse Studien, auch im Namen der Bundesregierung, das Gegenteil beweisen, auch in Zeiten des Krieges und des zusätzlichen Kohlebedarfs wird die Kohle unter Lützerath eben nicht gebraucht. Alle jetzt herangezogenen Gutachten zur angeblich unvermeidbaren Inanspruchnahme von Lützerath beruhen ausschließlich auf Zahlen und Berechnungen von RWE. Erinnert sich noch wer? In 2018 hieß es, ohne die sofortige Rodung des Hambacher Waldes wäre die Stromversorgung NRWs gefährdet... sind bei Ihnen die Lampen ausgegangen?
Stattdessen ist die Räumungsmaschinerie in vollem Gang, unter anderem
- um die besten landwirtschaftlichen Böden NRWs zu vernichten
- um dutzende von geschützten Tieren aus den Winterquartieren zu vertreiben
- um viele jahrhundertealte Bäume zu fällen
- um denkmalgeschützte Gebäude und Höfe und Kulturdenkmale abzureissen (erinnert sich wer an den Aufschrei bei Kartoffelpürree auf Glascheiben vor Gemälden...?)
- um unüberschaubare Kosten zu generieren, die Räumung im Hambacher Wald hat zwischen 30 und 50 Millionen Euro gekostet...
- um schwerste Verletzungen und Traumatisierungen von Menschen auf beiden Seiten zu riskieren, wieso sind eigentlich die Politiker*innen noch im Amt, die die rechtswidrige Räumung 2018 zu verantworten haben, in deren Verlauf der junge Blogger Steffen Meyn starb?
- um einzig und allein die wirtschaftlichen Interessen eines Konzerns (RWE) zu sichern, der selber sagt "Ein Umplanen oder gar Verkleinern des Tagebaus, um Lützerath zu schonen, ist nur unter betriebswirtschaftlichen Einbußen möglich.“
- um die völkerrechtlich verbindliche Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles vollkommen unmöglich zu machen
- um Fakten zu schaffen, obwohl entgegen aller Behauptungen eben nicht alles rechtlich geklärt ist, die Eibenkapelle in Lützerath ist im Besitz der katholischen Kirche, eine Wiese gehört nicht RWE, weitere Prozesse sind anhängig
- um ein zweifelhaftes Rechtsverständnis zu zementieren, ist es ein Zufall, dass Landrat Pusche in seiner Neujahrsansprache die Aktivisten in Lützerath und die Reichsbürger in einem Atemzug nennt?
- um das Vertrauen vieler vor Allem junger Menschen in die Glaubwürdigkeit von Politik vollends zu erschüttern. Es ist noch nicht lange her, da haben viele der jetzt handelnden Politiker*innen Wahlkampf mit dem Erhalt von Lützerath gemacht. Frei nach dem Motto: Was schert mich das Geschwätz von gestern...
Werte Politiker*innen, werte Entscheidungsträger*innen, werte Polizist*innen, ich und viele andere Menschen appellieren an Sie:
Stoppen Sie die Räumungsvorbereitungen in und um Lützerath!
Sorgen Sie für eine dauerhafte Befriedung im Rheinischen Revier.
Damit die 1,5 Grad-Grenze eingehalten wird, muss die Kohle unter Lützerath im Boden bleiben! Die Landesregierung muss mit RWE ein Räumungsmoratorium für Lützerath vereinbaren. Statt auf eine unnötige Eskalation der Situation unter Gefährdung von Menschenleben zu setzen, sollten Gespräche für eine friedliche Lösung vereinbart werden.
Die Braunkohle unter Lützerath wird auch in der aktuellen Krisensituation nicht benötigt. Versorgungssicherheit braucht Investitionen in erneuerbare Energien. Für 100 Prozent Sonne und Wind! Die Zukunft ist Erneuerbar.
RWE versucht am Tagebau Garzweiler Fakten zu schaffen. Doch Deutschland und die Welt können sich die Klimaschäden durch die rheinische Braunkohle nicht länger leisten.
Aus allen diesen Gründen appellieren wir an Sie: Sorgen Sie bitte dafür, dass die Vorbereitungen zur Räumung von Lütezrath umgehend eingestellt werden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns einen gesegneten Jahreswechsel und ein