Die fabelhafte Welt des Dr. Sachs (II von III)
Jeffrey Sachs und China – eine Liebesgeschichte
China US Focus: Setting Priorities with Jeffrey Sachs
Seit
30 Jahren reist Sachs mehrfach im Jahr nach China. Er nennt das
Land „The
Game Changer“. Auf seiner Webseite finden sich China-freundliche
Artikel im zweistelligen Bereich, mit Titeln wie: „Die falschen
Narrative des Westens über Russia und China“ oder „China's
Lektionen für die Weltbank“. Spätestens
ab 2002, als er die chinesische Regierung zu „westlicher
Entwicklungspolitik“ beriet, verfügte
er über enge Kontakte zu chinesischen Eliten. Er wird regelmäßig
von chinesischen Staatsmedien zitiert, und seine
Artikel erscheinen in der South
China Morning Post. Sachs' Lebenslauf zufolge sitzt er im Beirat des Internationalen Zentrums für
Armutsbekämpfung in China. Darüber hinaus hat er weitere
Positionen in China inne, die nicht in seinem Lebenslauf auftauchen:
So berät
er ein Institut der Tsinghua-Universität in Peking, das gegründet wurde, um Chinas außenpolitische Ziele
innerhalb der Vereinten Nationen voranzutreiben und Chinas Silk
Belt &Road Project als Teil der UN-Nachhaltigkeitsziele zu
verkaufen. Diese Information taucht weder in seinem Curriculum, noch
seinem LinkedIn-Profil auf. The
Intercept schreibt dazu:
„SDSN hat ein Zentrum in Peking, das am Institut für Nachhaltige Entwicklungsziele der Tsinghua-Universität angesiedelt ist und 2017 am Rande einer großen chinesischen Konferenz zur Belt and Road Initiative gegründet wurde. Sachs ist Vorsitzender des internationalen akademischen Ausschusses des Instituts. Chinas UN-Delegation hat sich bemüht, die Silk Belt and Road Initiative, eine massive Anstrengung zur Finanzierung von Infrastruktur und zur Ausweitung des chinesischen Einflusses auf mehr als 130 Länder aller Einkommensstufen, mit den SDGs zu verknüpfen. Chinas breit angelegte Kampagne zur Gewinnung von Einfluss in der UNO hat bereits dreimal Geschäftsleute in den Vereinigten Staaten ins Gefängnis gebracht; alle drei wurden verurteilt, weil sie im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit stehende Unternehmen zur Bestechung ehemaliger Präsidenten der UN-Generalversammlung genutzt hatten. Ein ehemaliger UN-Beamter wurde ebenfalls angeklagt, er starb jedoch 2016, während er auf seinen Prozess wartete, nachdem ihm eine Hantel auf den Hals gefallen war. Laut seiner Website konzentriert sich das Pekinger Zentrum auf die Förderung ‘enger Partnerschaften’ mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen. Sachs sagte kürzlich in einer Videoansprache vor der UN-Mission in China, er sei ein ‘großer Fan der Belt and Road Initiative’.“
CGTN: How can China's anti-poverty experience inspire UN SDGs? 2020
Aus einer UN-Broschüre
von 2016 geht zudem hervor, dass Sachs 2015 auch im Beirat des
gemeinnützigen Zweiges des später angeklagten chinesischen
Energieunternehmens CEFC saß, welches über seine Charity-Sparte
Bestechungsgelder an afrikanische Regierungen verteilt hatte. Sachs
bestritt 2018, jemals Teil dieses Gremiums gewesen zu sein, obwohl
das UN-Dokument dies eindeutig belegt. Auch hierzu taucht in Sachs'
offiziellem Curriculum nichts auf.
Obwohl Sachs zu 100%
hinter Chinas Silk
Belt & Road Projekt
steht, schwebt ihm dabei kein „chinesisches
Jahrhundert“ vor, ebensowenig wie eine tripolare Welt - sondern ein
„Weltjahrhundert des Multilateralismus“, in dem keine Nation
allein mehr die Welt dominiere – was jedoch selbstverständlich
eine massive Stärkung globaler Organisationen wie der UN, UNICEF oder der WHO erforderlich macht. Wie er 2019 gegenüber
dem chinesischen Staatsmedium Xinhua aussagte,
stellten die UN-Charter und die Universal Declaration of
Human Rights (UDHR) die unumstößlichen Säulen des
Multilateralismus dar. Zukünftig solle nur
noch das UN
Council on Human Rights Sanktionen verhängen dürfen:
"Wenn es Sanktionen geben soll, dann sollten sie von den Vereinten Nationen gemäß der UN-Charta und nicht von einzelnen Nationen verhängt werden. (.) Auf diese Weise können wir eine Welt des Friedens, der Zusammenarbeit, des Wohlstands und der Menschenwürde schaffen."
Die wohlklingenden Worthülsen, die direkt dem
chinesischen Außenministerium entsprungen sein könnten, bedeuten
übersetzt, dass für Sachs Wirtschaftssanktionen - ergo, ein
knallharter Wirtschaftskrieg gegen die Bevölkerung eines Landes –
kein ethisches Problem darstellen, solange nur die Vereinten Nationen
diese verhängen.
In der Amtszeit Donald Trumps vertiefte Sachs seine Animosität
gegenüber der US-Regierung und seine Bindung an China. In Trumps „Make-America-Great-Again“-Protektionismus fand er die
perfekte Antifolie, das perfekte Feindbild: Dieser verharre in einem
Hobbes'schen Weltbild des „Menschen als des Menschen Wolf“ -
welches in Sachs' Augen angesichts der globalen Herausforderungen
obsolet ist.
In 2019 verschärfte sich der Ton zwischen Peking und Washington
im Zuge der Huawei-Krise.
Die Trump-Regierung, mit Anti-China-Hardliner Mike Pompeo im
Außenministerium, warf dem chinesischen Technologiegiganten Huawei bereits seit längerer Zeit vor, im Rahmen einer
5G-Implementierung sogenannte Backdoors, „Hintertüren“
für Spionage-Aktivitäten, Diebstahl geistigen Eigentums, Angriffe
auf US-Kommunikationsnetze und kritische Infrastruktur einbauen zu
wollen. Die Huawei-Infrastruktur tauge dazu,
US-Militärkommunikation zu stören - inklusive des Nukleararsenals. Huawei sei der verlängerte Arm der KPCh. Die diplomatische
Krise gipfelte im US-Auslieferungsantrag an Kanada für die auf
US-Anordnung hin in Vancouver verhaftete Huawei-Finanzchefin Meng
Wanzhou, der vorgeworfen wurde, Sanktionen gegen den Iran verletzt zu
haben. Sachs setzte sich vehement für Wanzhou ein. In einem Artikel
mit dem Titel „The
War on Huawei“, der im Dezember 2018 in Project Syndicate erschien, warf er der Regierung in Washington Heuchelei vor, da sie
gegen US-CEOs, die ebenfalls Sanktionen verletzt hätten, keine
Haftbefehle erließe. Der Vorstoß gegen Wanzhou sei lediglich ein
Versuch der wirtschaftlichen Eindämmung Chinas. In
China wurden Sachs' Äußerungen mit Wohlwollen zur Kenntnis
genommen, auf Twitter lösten sie eine Kontroverse aus. Kritiker
warfen Sachs vor, sein Einsatz wäre glaubhafter erschienen, hätte
er nicht 2018 das Vorwort zu einem Huawei-Positionspapier verfasst. Isaac Stone Fish von der Asia Society fragte Sachs
auf Twitter, ob für den Beitrag Geld geflossen sei, was Sachs
verneinte. Die Kontroverse drehte sich auch um Sachs'
augenscheinliche Ignoranz gegenüber den Verbrechen der KPCh in
Hongkong und Xinjiang, worauf Sachs mit einem Tweet antwortete, der diesen Eindruck nicht unbedingt entschärfte:
"Ich versuche, die Situation zu verstehen. Gerne lese ich die vorgeschlagenen Bücher und Artikel. Ich hatte seit 15 Jahren keine Gelegenheit mehr, Xinjiang zu besuchen. Bei so viel oberflächlicher US-Propaganda und der Leugnung von US-Kriegen und Missetaten strebe ich nach Kooperation. Hardliner erzeugen Hardliner, mit großen Gefahren. Pls email."
Schon erstaunlich: Sachs reist eigenen Aussagen
zufolge zwar mehrfach im Jahr nach China, trotzdem verschlug es ihn
in den letzten 15 Jahren nicht ein einziges Mal nach Xinjiang. Am 01.
Januar 2019, eine Woche nach der aufgeheizten Kontroverse um ihn auf
Twitter, löschte
Sachs seinen Twitter-Account.
Während der Corona-Pandemie 2020 verdichteten sich Sachs' lobende Aussagen in Bezug auf China. Nach Trumps WHO-Austritt und dessen wiederholtem Poltern gegen das von ihm als China Virus bezeichnete Coronavirus, beklagte Jeffrey Sachs in Project Syndicate, die USA führten einen „unheiligen Kreuzzug gegen China“– dabei seien sie es doch, die sich in den letzten Jahren zunehmend aus globalen Institutionen wie der WHO zurückgezogen hätten, die eine Pandemie hätten verhindern können. China hingegen unterstütze weiterhin vorbildlich die UN. Trumps Austritt aus der WHO während einer Pandemie bezeichnete er gegenüber dem chinesischen Nachrichtenportal CGTN als „disgraceful“ und „disgusting“, als schändlich und widerwärtig. Gegenüber dem chinesischen Staatsmedium Xinhua sagte er, die USA sollten mit China zusammen arbeiten, „um die globale Krise zu stoppen und eine globale Erholung zu beschleunigen“. Gegenüber CNBC sagte er, mitten in der Corona-Krise sei wirtschaftlich der falsche Zeitpunkt, einen neuen 'Kalten Krieg' mit China anzufangen. Er beobachte, dass China-Kritik zunehmend parteiübergreifend ein beliebtes Mittel sei, um sich politischen Rückenwind zu verschaffen.
Im Februar 2021 wandten sich 18 Menschenrechtsorganisationen mit einer Bitte um Stellungnahme an den Präsidenten der Columbia University, Lee Bollinger. Sachs habe in einem Interview die Frage nach Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang mit dem Bibelspruch:
„Warum schaust du auf den Splitter im Auge des anderen, statt auf den Balken in deinem eigenen?“
beantwortet. Die Aktivisten warfen Sachs Whataboutism, sowie die Verharmlosung von Gräueltaten und gravierenden
Menschenrechtsverletzungen in China vor. Columbia-Präsident
Bollinger kommentierte die Vorwürfe nicht.
Im Februar 2021 legte Sachs noch einmal nach: In einem
Artikel mit dem Titel „Why
the US Should Pursue Cooperation with China“ bezeichnete er die
Wahl Joe Bidens als „Gottesgeschenk“, kritisierte jedoch die
Haltung der Biden-Administration, den Ausbau der transatlantischen
Beziehung zu Europa zum einzigen „Cornerstone“,
Eckpfeiler für das 21 Jahrhundert, zu erklären, da in Europa und
Nordamerika lediglich 10% der Weltbevölkerung lebten. Dass Xi
Jinping gute Absichten hege, hätte man aus dessen Eröffnungsbeitrag
auf dem World Economic Forum klar ersehen können. Sachs
warnte die Biden-Administration davor, mit einer Trump-Mentalität
fortzufahren und drängte auf eine Rückkehr zu transnationalen
Institutionen und Verträgen, denen Trump den Rücken gekehrt hatte.
Dieser Artikel wurde sogar veritablen Globalisten zuviel: So
äußerte sich das Magazin The
Globalist befremdet über Sachs' „Unterwürfigkeit gegenüber Xi-Sprech“:
"Wir zitieren: 'Xi erklärte, der Weg zu einer globalen Zusammenarbeit erfordere, dass man sich weiterhin 'der Offenheit und Inklusivität' sowie 'dem internationalen Recht und den internationalen Regeln' und 'der Konsultation und Zusammenarbeit' verpflichtet fühle.'
Diese Behauptung in einen Leitartikel einzufügen, ohne Hongkong, Xinjiang oder Taiwan, um nur einige zu nennen, zu erwähnen, ist erstaunlich."
Der nächste Skandal um Sachs ereignete sich im
Rahmen eines Video-Interviews
bei der BBC-Newsnight,
wo Sachs zusammen mit Teng Biao, einem chinesischen
Menschenrechtsanwalt im Exil, der vom Pekinger Regime gefoltert
worden war, geladen war. Nachdem Sachs kritischen Fragen zu China mit
seinem bewährten Whataboutism ausgewichen war, widersprach
ihm Biao:
"Was Professor Sachs gesagt hat, ist genau die narrative Strategie der Kommunistischen Partei Chinas. Wenn die USA Menschenrechtsverletzungen in China kritisieren, sagt die chinesische Regierung: 'Schaut euch EUREN Rassismus an.' "
Biao bezeichnete das Vorgehen der KPCh in Xinjiang, einschließlich
der Zwangssterilisation uigurischer Frauen, als "Völkermord".
Juristisch ist diese Formulierung zwar durchaus umstritten -
unumstritten hingegen ist, dass es sich beim Umgang der KPCh mit den
Uiguren um schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt.
Zudem sollte der Vorwurf eines Genozids in jedem Fall sehr ernst
genommen werden, wenn er von einem chinesischen Opfer der KPCh
stammt.
Doch wie reagierte Sachs? Eine Woche nach der
umstrittenen BBC-Sendung veröffentlichte er im April 2021 einen
Artikel mit dem Titel "The
Xinjiang genocide allegations are unjustified" („Die
Xinjiang-Völkermord-Behauptungen sind ungerechtfertigt“), in dem
er argumentierte, Chinas hartes Vorgehen in Xinjiang müsse man im
Kontext verstehen:
„Es gibt zwar glaubhafte Anschuldigungen der Verletzung von Menschenrechten, aber wir müssen den Kontext des chinesischen Vorgehens in Xinjiang verstehen, das im Wesentlichen die gleiche Motivation hat wie Amerikas Vorstoß in den Nahen Osten und Zentralasien nach den Anschlägen vom September 2001: den Terrorismus militanter islamischer Gruppen zu stoppen.“
Er plädiert vielmehr –
Überraschung - dafür, der UN die Deutungshoheit über die Vorgänge
in Xinjiang zu übergeben:
"UN-Experten fordern zu Recht, dass die Vereinten Nationen die Situation in Xinjiang untersuchen sollen. Chinas Regierung ihrerseits hat kürzlich erklärt, dass sie eine UN-Mission in Xinjiang auf der Grundlage von 'Austausch und Zusammenarbeit' begrüßen würde, nicht auf der Grundlage von 'schuldig, bevor es bewiesen ist'. (.) Solange das Außenministerium den Vorwurf des Völkermordes nicht belegen kann, sollte es die Anklage zurückziehen. Außerdem sollte es eine von den Vereinten Nationen geleitete Untersuchung der Lage in Xinjiang unterstützen. Die Arbeit der Vereinten Nationen und insbesondere der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte ist von wesentlicher Bedeutung, um den Inhalt und Geist der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu fördern."
Sachs' Bewunderung für China und sein etwas
eigenwilliges Verhältnis zur Demokratie wurden vielleicht nirgendwo
so deutlich wie auf dem Athens
Democracy Forum 2022 in einem Panel zu China und Russland, wo Sachs eine Laudatio auf
China hielt und hohe Funktionäre der KPCh lobte, von denen einige
sogar seine Schüler gewesen seien:
"Wir in den Vereinigten Staaten - und ich sage "wir", womit ich wirklich unsere politischen Eliten meine - sprechen nicht mit den chinesischen politischen Eliten, außer um mit dem Finger auf sie zu zeigen oder sie anzuschreien (.) Wir schütteln sicherlich nicht einmal die Hand mit russischen Führern oder Diplomaten. Aber ich habe meine ganze Karriere, 42 Jahre im aktiven Dienst, damit verbracht, mir verschiedene Erzählungen anzuhören und diese Perspektiven von verschiedenen Seiten aus zu sehen. Und ich finde, dass die verschiedenen Positionen sehr viel wert sind - und ich sage, wenn Sie sich hinsetzen würden, um miteinander zu sprechen, würden wir tatsächlich etwas erreichen. Lassen Sie mich also konkret werden. China sieht heute nicht ganz anders aus als in der Han-Dynastie. Ein zentralisierter, administrativer Staat, mit konfuzianischer Kultur, mit einer Tradition der Exzellenz der Mandarin. Wenn ich mit hochrangigen chinesischen Beamten spreche, was ich oft tue, sind sie die bestinformierten Fachleute, die ich auf der Welt kenne. Wenn ich mit ihnen zu tun habe, kennen sie ihren Auftrag. Sie sind kultiviert, gut ausgebildet und waren gelegentlich meine Schüler. Und sie glauben an die professionelle Qualität eines zentralisierten Verwaltungsstaates. Und diese politische Kultur ist mehr als 2000 Jahre alt.“
Doch Sachs war noch nicht fertig: Auch Plato hätte
von Demokratie nicht viel gehalten – dieser hätte vielmehr einen
„Philosophenkönig“ in einer Republik bevorzugt. Die Pointe von
Sachs' Ausführungen führte, wie schon so oft, zum Eklat:
"SACHS: Und ein letzter Punkt, den ich gern ansprechen möchte, da wir uns hier in einem Demokratieforum befinden: Wir behandeln die Demokratie stets als das Gute. Das gewalttätigste Land der Welt im 19. Jahrhundert war jedoch das britische Empire - das demokratischste, oder zweitdemokratischste Land. Man konnte zu Hause demokratisch und im Ausland rücksichtslos imperial sein. Das gewalttätigste Land der Welt seit 1950 sind die Vereinigten Staaten. (redet weiter)
MODERATOR (unterbricht ihn): Jeff, Jeff, lass uns... Jeffrey, hör jetzt auf! Jeffrey! Jeffrey, ich bin dein Moderator und es reicht. (.) Würden Sie sagen, dass Demokratie die falsche Linse ist, um die beiden Länder zu betrachten, die auf dem Tisch liegen - China und Russland?
SACHS: Es ist der größte Irrtum von Präsident Biden, anzunehmen, dass zwischen Demokratien und Autokratien ein großer Unterschied bestünde. Der eigentliche Kampf der Welt ist das Zusammenleben und die Überwindung unserer gemeinsamen Umwelt- und Ungleichheitskrisen.
MODERATOR: Gut, ich danke Ihnen. Dann ist die Idee dieses Panels [Athener DEMOKRATIE-Forum] wohl falsch ausgerichtet, denke ich.“ Athens Democracy Forum
Auf eine kritische Nachfrage aus dem Publikum seitens eines
Hongkonger Studenten, wie Sachs' Ausführungen mit den
Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang oder Hongkong in Einklang zu
bringen seien, antwortete Sachs ausweichend, indem er darauf verwies,
er setze sich stets für die Einhaltung der UN-Charta und der Universellen Deklaration der Menschenrechte ein.
Sachs' Kritiker werfen ihm mass atrocity denialism vor: Die Leugnung von Massengräueln und Menschheitsverbrechen, sowohl in China, als auch in anderen autokratischer Staaten. Die beiden China-Experten Clive Hamilton und Mareike Ohlberg, Autoren des gut recherchierten Buches über die KPCh namens „The Hidden Hand“ („Die unsichtbare Weltmacht“, 2020) stellen sogar den Verdacht in den Raum, dass Sachs möglicherweise über Jahre hinweg gezielt als Propaganda-Sprachrohr der KPCh „aufgebaut“ wurde. Zu erwähnen ist, dass die beiden Autoren für den German Marshall Fund, ein in China-Fragen auch nicht 100% neutrales Medium, tätig sind. Was sie in ihrer Sachs-Kritik übersehen, ist die Tatsache, dass dieser sich vor allem als Sprachrohr der Vereinten Nationen betätigt - doch die ideologischen Standpunkte der Vereinten Nationen inzwischen kaum noch von denen Chinas zu unterscheiden sind. Ein wichtiger Grund dafür sei laut Kristian Coates Ulrichsen, einem Forscher der Rice University, dass die SDGs wenig bis keine Verpflichtungen zu bürgerlichen und politischen Freiheitsrechten beinhalten - was diese in der Folge für autokratische Regimes besonders attraktiv mache.
Jeffrey
Sachs und COVID-19:
Leiter der COVID-19-Kommission des Lancet
The Lancet COVID-19 Commission: Commissioners
Als wären die zahlreichen Stationen in Sachs'
Biografie noch nicht genug für zehn Leben, landete er während der
Coronavirus-Pandemie schon wieder „zufällig“ in einer
Schlüsselrolle: Im Frühjahr 2020 wurde er vom langjährigen
Herausgeber des renommierten Wissenschaftsjournals The Lancet mit
der Leitung der COVID-19-Kommission beauftragt, welche das
globale Pandemiemanagement, inklusive der Frage nach dem
Virusursprung, untersuchen sollte. Erwähnenswert ist, dass Richard
Horton, der Herausgeber des Lancet, ein großer China-Freund
ist: 2015 erhielt er von Peking
die „Freundschaftsmedaille“, die höchstmögliche
Auszeichnung für Ausländer in China, nachdem er im Lancet China-freundliche Meinungsbeiträge verfasst hatte. Die
Ernennung des ebenfalls China-freundlichen Sachs zum Leiter der
Kommission legt nahe, dass man nicht vorhatte, das chinesische
Pandemieregime, welches weltweit exportiert wurde, überhaupt einer
kritischen Evaluation zu unterziehen. Einer der wichtigsten Partner
der Lancet COVID-19-Kommission war die Rockefeller Foundation, zu
der Sachs durch seine Frau eine enge Bindung hat. Die Rockefeller
Foundation hatte bereits 2010 in ihrem Strategiepapier
„Scenarios
for the Future of Technology and Development“ in einem
sogenannten „Lockstep-Scenario“ beschrieben, dass sich
die Weltgemeinschaft in einer zukünftigen Pandemie an China
orientieren würde. Die Situation 2020 ähnelte diesem Szenario am
meisten.
Sachs wurde durch die Ernennung zum Leiter der
COVID-19-Kommission des Lancet erneut zum strategisch platzierten Power Broker für die offizielle Deutungshoheit. Und auch
hier durchlief er einen Saulus zum Paulus-Prozess, an dessen Ende er
als der Gute dastand: Einer, der im Angesicht neuer Erkenntnisse
stets hinzulernt.
Doch der Reihe nach.
Im
April 2020 entschied Donald Trump, die Beiträge der USA an die
Weltgesundheitsorganisation einzustellen, was
Jeffrey Sachs scharf verurteilte. Bereits im April hatte er eine
klare Meinung zum Pandemiemanagement Donald Trumps:
"Donald Trump hat nicht einmal die geringen Erwartungen erfüllt, die Internationalisten an die Vereinigten Staaten haben.“
Eine vielsagende Formulierung: Internationalisten hätten also Erwartungen, wenngleich niedrige, an die Vereinigten Staaten. Aber selbst diese niedrigen Erwartungen hätte Trump noch enttäuscht. Sachs setzte auf Eindämmung statt Herdenimmunität nach dem Vorbild asiatischer Länder – das gleiche Narrativ, das in Deutschland durch die COVID-19 Task Force des Bundesinnenministeriums verbreitet wurde. Als Positivbeispiel nannte Sachs Vietnam – vermutlich, um nicht China nennen zu müssen, da ihm spätestens seit der Huawei-Affäre der Ruf anhing, bei jeder Gelegenheit China zu glorifizieren. Auch hier eine Analogie zur COVID-19 Task Force des deutschen Innenministeriums: Um nicht direkt China loben zu müssen, was angesichts der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang auf Ablehnung gestoßen wäre, nahm man sich offiziell die Pandemiemaßnahmen Südkoreas und Taiwans zum Vorbild, die jedoch im Wesentlichen eine Kopie von Chinas Pandemiemanagement darstellten. Sachs sagte dazu dem The New Norker im April 2020 in einem Interview:
"Die Frage ist, wie man die Epidemie wirksam bekämpfen und die Übertragung der Krankheit auf ein sehr niedriges Niveau senken kann. Das Virus einfach durch die Gesellschaft wandern zu lassen, wäre unannehmbar kostspielig, und deshalb tut das praktisch kein Land der Welt. Das eigentliche Problem besteht darin, wirksam zu reagieren, und leider haben die Vereinigten Staaten das bisher nicht getan. (.) Nehmen Sie ein Land wie Vietnam, ein einkommensschwaches Land in Ostasien und in der Nähe von China, das aber aus verschiedenen Gründen sehr schnell gehandelt hat, um die Übertragung des Virus zu stoppen, und zwar in einem viel größeren Ausmaß als wir. Außerdem verfügen sie nicht über die Mittel für Massentests usw. Zumindest bisher konnten sie die Epidemie mit Mitteln des öffentlichen Gesundheitswesens besser unter Kontrolle halten, d. h. sie haben potenziell kranke Menschen identifiziert, ihnen bei der Isolierung geholfen, ihre Kontaktpersonen ausfindig gemacht, diesen Menschen bei der Isolierung geholfen und so weiter."
Kontaktverfolgung und Isolation seien das Gebot der Stunde -
vielleicht auch ein „kleiner“ Lockdown? Sachs' Duktus zu
jener Zeit ist nicht zu unterscheiden von dem eines Otto Kölbl, dem
Maoisten aus der COVID-19 Task Force des deutschen
Innenministeriums. Außerdem sprach
sich Sachs für den massiven Einsatz von Beatmungsgeräten aus,
obwohl diese oft mehr schadeten als nutzten, da etwa 50%
der Patienten eine künstliche Beatmung wegen der starken Belastung
des Organismus nicht überleben, und der unselektive Einsatz von
Beatmungsgeräten zu Beginn der Pandemie vermutlich vielen älteren
Menschen unnötig das Leben gekostet hat.
Sachs war fest davon überzeugt, Corona würde in den Ländern des globalen Südens lediglich etwas später eintreffen, da diese weniger stark in den internationalen Flugverkehr eingebunden seien. Wie wir heute wissen, war dies eine substanzlose Annahme, da etwa afrikanische Länder nie besonders stark von Corona betroffen waren. Vielleicht hätte Sachs sich mehr mit Vitamin-D-Spiegeln statt mit dem internationalen Flugverkehr auseinandersetzen sollen. Auf Grundlage der bloßen Annahme, in diesen Ländern würde die Pandemie später, aber genauso heftig eintreffen, setzte Sachs sich frühzeitig für „bedingungslose“ IWF-Kredite ein, damit arme Länder sich die angeblich dringend benötigten Masken, Tests, Beatmungsgeräte, Medikamente und Impfungen leisten konnten. Die WHO wiederum sollte eine Mittlerrolle zwischen den Ländern des globalen Südens und Produzenten wie China, Japan oder Südkorea einnehmen, damit diese das nötige Pandemie-Equipment lieferten:
„In diesen Ländern [in Afrika, Südasien, Lateinamerika, Anmerkung AV] gibt es keine Prüfgeräte. Sie haben keine persönliche Schutzausrüstung. Sie haben keine Beatmungsgeräte, und so weiter. Ich empfehle, dass der Internationale Währungsfonds eine Notfinanzierung zur Verfügung stellt, die im Wesentlichen an keinerlei Bedingungen geknüpft ist, außer dass sie verantwortungsvoll verwendet wird. Und dass die Weltgesundheitsorganisation mit Regierungen zusammenarbeitet, die das Potenzial haben, zusätzliche Ausrüstung zu liefern - das sind China, Korea, Japan und einige andere - und die Notfinanzierung und die Verfügbarkeit dieser dringend benötigten Ausrüstung nutzt, um sie in diese bedürftigen Länder zu bringen.“
The New Yorker, April 2020
Sachs betätigte sich demnach wie in alten Zeiten als Economic Hit Man, indem er sich für IWF-Kredite an arme
Länder aussprach, die diese oft, wie im Falle Afrika, gar nicht
brauchten. Sachs wollte die Länder des globalen Südens um jeden
Preis in das globale Pandemiemanagement einbinden – und das, obwohl
diese nun wahrlich genug echte Probleme zu lösen haben.
Am 01. Mai 2020 beendete
die Trump-Administration vorzeitig den NIH-Zuschuss für die NGO
EcoHealth Alliance, welche Viren mittels hochriskanter Gain-of-Function-Forschung für „Pandemic
Preparedness“-Zwecke erforschte. Seit dem GoF-Moratorium der
USA in 2018 hatte EcoHealth Alliance die Forschung unter
anderem an das Wuhan-Institut of Virology ausgelagert und
NIH-Gelder dorthin vermittelt. Leiter der EcoHealth Alliance war der britisch-amerikanische Krankheitsökologe Peter Daszak, ein
führender Fledermaus-Coronavirenforscher und langjähriger Kollege
von Jeffrey Sachs an der Columbia-Universität.
Sachs war damals noch fest von einem zoonotischen Virusursprung
überzeugt und diffamierte
die Lab
Leak-Theorie
als rassistisch motivierten Versuch von Trumpisten, China und dem
Wuhan Labor die Schuld für die Pandemie zuzuschieben, was die
Welt in einen diplomatischen Konflikt ziehen könne. In einer
Meinungskolumne für CNN mit dem Titel "Trump's
Anti-China Theory Implodes" („Trumps Anti-China-Theorie
bricht zusammen“), bezeichnete Sachs die Lab Leak Theorie
als „reckless and dangerous“, rücksichtslos und gefährlich. Sie
sei weder von der Biologie, noch der Chronologie der Ereignisse
gedeckt. Er
sprach sich dagegen aus, sie überhaupt näher wissenschaftlich
zu untersuchen.
Im Juli 2020 übernahm Sachs die Leitung
der Lancet COVID-19-Kommission.
Diese bestand aus 12 Task Forces, die sich mit
Einzelaspekten der Coronavirus-Pandemie beschäftigen sollten. In die
Origins-Task Force berief Sachs damals ausgerechnet Peter
Daszak, den Präsidenten von EcoHealth Alliance - besagter
NGO, für die Trump kurz zuvor das NIH-Funding beendet hatte. Sachs
rechtfertigte seine Wahl Peter Daszaks wie folgt:
"Mir gefiel die Tatsache, dass er sich sehr für China interessierte, viel über natürliche Spillover-Effekte wusste und derjenige war, der diese Arbeit machte. Also dachte ich: Mensch, es wäre toll, wenn er die Task Force leiten würde"
Am 14. September 2020 brachte die COVID-19 Commission des Lancet, der Jeffrey Sachs als Leiter vorsaß, einen ersten
Bericht an die 75. UN Generalversammlung heraus, in dem ein
zoonotischer Ursprung des Coronavirus als gegeben dargestellt wurde.
Die Lösung liege in One Health - einer Ideologie, die
menschliche, tierische und Pflanzengesundheit als „eins“ ansieht,
und aufgrund des Klimawandels von zukünftig häufigeren Virus
Spillovers ausgeht. Aus diesem Grund sei Gain-of-Function-Forschung wichtig für die Verhinderung
zukünftiger Pandemien. Sachs verbreitete somit in seinem ersten
Bericht an die Vereinten Nationen nachweislich ebenjene One
Health-Ideologie, die im Verdacht steht, die Pandemie durch ein
aus dem Labor entwichenes Codon-optimiertes Virus überhaupt erst
möglich gemacht zu haben.
Im Laufe des Jahres kamen mehr Details zu Daszaks Verstrickungen
mit dem Wuhan-Labor und den dort durchgeführten Experimenten ans
Tageslicht. In Sachs wuchs eigenen Angaben zufolge der Verdacht,
Daszak hätte ihn über die Art der von ihm im Wuhan-Labor
angeleiteten Forschung getäuscht, nachdem ein Forschungsantrag
Daszaks an die DARPA aus 2018 an die Öffentlichkeit gelangt war, bei dem es um Gain-of-Function-Forschung an Coronaviren, insbesondere den
Einbau einer Furin-Spaltstelle ging – ebenjener Anomalie, die auch
beim Coronavirus vorlag. Zwar kam besagter Antrag nicht durch, doch
es stand der begründete Verdacht im Raum, dass Daszak
indirekt in die riskante Forschung in Wuhan verwickelt gewesen sein
könnte. Die Wahrheit über den Virusursprung entschied über
Daszaks Lebenswerk, was einen massiven Interessenkonflikt und
Befangenheit nahelegte: Eine Zoonose würde Daszaks Gain-of-Function-Forschung legitimieren, ein Lab Leak hingegen sein Lebenswerk vernichten.
Im Juni 2021 forderte Sachs den Rücktritt von Daszak aus der Origins Task Force, und Daszak trat wie geheißen zurück.
Als Anfang September 2021 das Investigativmedium The Intercept den umstrittenen Forschungsantrag der EcoHealth Alliance an
das NIH veröffentlichte, in dem vier weitere Task
Force-Mitglieder als Forschungspartner gelistet waren, löste
Sachs am 15. September 2021 die komplette Origins-Task
Force auf.
Kein Task Force-Mitglied sollte mehr am finalen
Kommissionsbericht beteiligt sein - stattdessen sollte das Lancet-Sekretariat für den Abschnitt über den
Virusursprung „führende Experten“ anfragen. Peter Daszak
kommentierte Sachs' Vorgehen wie folgt:
"Dr. Sachs suchte nach einer öffentlichen Begründung für die Schließung der Arbeitsgruppe. Er führte die Tatsache, dass einige Mitglieder mit chinesischen Wissenschaftlern oder Wissenschaftlern der EcoHealth Alliance zusammengearbeitet hatten, als Grund für die Beendigung dieser Arbeit an, obwohl sie genau deshalb in die Gruppe eingeladen worden waren. Fragen Sie sich selbst - wenn Sie wissen wollen, was in einem Land passiert, in dem eine Krankheit aufgetreten ist, sollten Sie dann nicht am besten Leute fragen, die dort gearbeitet haben?"
Mit der gleichen Logik könnte man natürlich auch einen Verbrecher sein eigenes Verbrechen aufklären lassen, da er sich am Tatort schon so gut auskennt. Doch einen validen Punkt hatte Peter Daszak: Das Resultat von Sachs' Auflösung der Origins-Task Force war, dass die Frage des Virusursprungs in der Lancet-Kommission nicht weiter verfolgt wurde, obwohl bis zum Abschlussbericht noch ein Jahr Zeit war. Der Verdacht, Sachs habe möglicherweise nur einen Vorwand gesucht, um die Task Force aufzulösen, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Whistleblower der Organisation DRASTIC, die den Skandal um Daszak maßgeblich aufgedeckt hatten, zeigten sich zwar zufrieden mit Sachs' Entscheidung - doch was hinderte Sachs im Herbst 2021 daran, die Origins Task Force noch einmal mit neuem Personal ohne Interessenkonflikte zu bestücken? In der Summe bleibt der Eindruck eines eleganten Rückzugsmaneuvers, um den Virusursprung im Rahmen der Kommission nicht klären zu müssen. Schaut man sich das Personal der verbliebenen elf Task Forces an, stellt man fest, dass dort auffallend wenige Experten mit medizinischem, dafür aber mit Weltbank-, IWF, UNICEF-, UN- oder UNESCO-Hintergrund saßen, sowie der umstrittene Impf-Hardliner Peter Hotez.
The Lancet COVID-19 Kommission Task Forces
Sachs hob die Forderung nach einer Untersuchung des Virusursprungs
lieber auf ein abstraktes Level der Zwischenstaatlichkeit, außerhalb
des eigenen Verantwortungsbereiches: Die USA und China sollten den
Ursprung von COVID-19 gemeinsam untersuchen, und für die
Zukunft gemeinsam internationale Sicherheitsstandards für
nochriskante Biotechnologie-Forschung vereinbaren. Am 19.
Mai 2022 veröffentlichte Sachs einen Appell
für eine unabhängige Untersuchung zum Ursprung des Coronavirus.
Zum gleichen Zeitpunkt, als Sachs im Juli 2021 Daszak entließ und
sich damit bei Kritikern des globalen Pandemieregimes beliebt machte, hielt
er Impfhersteller dazu an, unter der UN-Führung die Produktion der
COVID-19-Impfstoffe zu beschleunigen, damit auch die ärmsten
Länder der Welt diese beziehen könnten. Sachs erhob Impfungen für
alle zur Gleichheits- und Gerechtigkeitsfrage - was nur rein zufällig
Pharma-Unternehmen reich machte.
Im Juni
2022 ließ Sachs eine mediale Bombe platzen: Auf einem Podium des GATE Center, einer spanischen, UN-nahen NGO verkündete er - ohne Vorlage von
Beweisen - er sei überzeugt, dass es sich bei COVID-19 um einen Lab Leak handele, für den mit großer Wahrscheinlichkeit die
US-Biotech-Industrie verantwortlich sei. Eine 180°-Wende: Nun war
also ein Lab Leak, den er vorher noch als trumpeske
Verschwörungstheorie abgetan hatte, plötzlich eine plausible
Erklärung – aber natürlich war auf keinen Fall China
verantwortlich. Sachs' Statement, das in den nächsten Tagen viral
ging, lautete wie folgt:
"Ich füge eine provokante Aussage hinzu (.) Ich war zwei Jahre lang Vorsitzender der COVID-Kommission für das Lancet. Ich bin ziemlich überzeugt, dass es aus der US-Labor-Biotechnologie stammt, nicht aus der Natur, nur um das zu erwähnen. Nach zwei Jahren intensiver Arbeit an diesem Thema. Meiner Meinung nach ist es also ein Fehler der Biotechnologie und kein Unfall eines natürlichen Spillovers. Wir wissen es nicht mit Sicherheit, das sollte ich ganz klar sagen. Aber es gibt genügend Beweise dafür, dass man dem nachgehen sollte. Und es wird nicht untersucht, nicht in den Vereinigten Staaten, nirgendwo. Und ich denke, dass sie aus guten Gründen nicht zu sehr unter den Teppich schauen wollen."
Die britische Presse kommentierte spitzfindig, die Behauptung, das
Virus käme aus einem US-Labor, sei bislang auf chinesische
Desinformationskampagnen beschränkt gewesen. Die
politische Führung Chinas zeigte sich begeistert (2, 3).
Die stellvertretende Außenministerin Hua Chunying twitterte:
"Sind wir es angesichts der schweren menschlichen und wirtschaftlichen Verluste durch das Virus nicht den Millionen von Toten schuldig, eine gründliche Untersuchung der US-Labore durchzuführen?“
Im August
2022 legte Sachs gegenüber Current
Affairs noch
einmal nach und bekräftigte sein Raunen gegenüber den dubiosen
Machenschaften des medizinisch-industriellen Komplexes der
Vereinigten Staaten, und dass es eine „globale Kontrolle“ über
diese hochgefährlichen Technologien bräuchte:
"Ich habe in den letzten Jahren mit vielen Wissenschaftlern gesprochen und kann Ihnen eines sagen: Die technologischen Möglichkeiten, mit dieser Biotechnologie gefährliche Dinge zu tun, sind derzeit außergewöhnlich. Ich möchte also wissen, was getan wird. Ich möchte auch wissen, was andere Regierungen tun, nicht nur unsere. Ich will eine globale Kontrolle über dieses Zeug." In: Current Affairs
Spätestens ab diesem Moment wurde Sachs weltweit in der Welt der
alternativen Medien als eine der wenigen Stimmen der Vernunft aus dem
Establishment wahrgenommen. Jemand, der Fauci und das NIH angreift
und vom Lab Leak überzeugt ist, kann nur ein Guter sein – was
dabei jedoch übersehen wird, ist das Sachs lediglich die
supranationale Weltgesundheitsorganisation gegen das nationale
Gesundheitsministerium in einen Stellungskrieg bringt. Sachs
erwiderte die Zuneigung der alternativen Medien und war sich
seinerseits nicht zu schade, im
August 2022 Robert F. Kennedy Junior, der Speerspitze der
US-amerikanischen Anti-Vacc-Bewegung,
ein einstündiges Interview zu geben, indem er genüsslich die Lab Leak-Theorie, sowie die dubiosen Verbindungen zwischen Peter
Daszak, Anthony Fauci und dem NIH ausbreitete.
Sachs' Kollegen aus der Lancet-Kommission, Angela
Rasmussen und der Impf-Hardliner Peter Hotez – letzteren hatte
Kennedy einmal als „Staatsfeind Nr. 1“ bezeichnet - zeigten sich
befremdet über Sachs' Auftritt im „Schwurbelkanal“ RFK Juniors.
Rasmussen warf Sachs ein Abdriften in Verschwörungstheorien vor,
Hotez zeigte sich ratlos, was in Sachs, seinem Freund und Mentor seit
30 Jahren, neuerdings vorgehe. Danielle Anderson, eine australische
Virologin aus dem Wuhan-Labor meinte sogar, sie ordne Sachs der
gleichen Kategorie wie Alex Jones zu: Nicht diskussionswürdig. Auch
Anhänger der Labortheorie kritisierten Sachs dafür, zum Verbreiten
einer solch ernsthaften, wissenschaftlichen Theorie möglicherweise
den falschen Ort gewählt zu haben. Sachs rechtfertigte seinen
Auftritt bei RFK Junior mit der Erklärung, er sei seit Jahren mit
der Familie Kennedy gut befreundet und habe vor dieser größten
Respekt. RFK's berühmter Onkel John F. Kennedy sei Sachs' erster
politischer Held gewesen. Man habe vereinbart, in der Sendung das
Thema Impfstoffe auszusparen – und wenn irgendjemand
Verschwörungstheorien anhängen dürfe, dann die Familie Kennedy.
Mit dem Auftritt Sachs' bei RFK Junior war es jedoch noch nicht
genug: Im
Oktober 2022 gab Sachs dem Alternativmedium The
Grayzone ein Interview. Die Metamorphose Jeffrey Sachs' vom
Corona-Hardliner zum schwurbelnden Testimonial der
alternativen Medienszene war perfekt.
Doch von der geläuterten Oberfläche sollte man sich nicht
blenden lassen: Sachs blieb dem offiziellen Narrativ der
Pandemiebekämpfung treu, machte aber medial zumindest im Westen
weniger Wirbel darum. So
sagte er gegenüber der Tehran
Times im Juli 2022, dass die USA so schlecht durch die Pandemie
gekommen seien, läge unter anderem daran, dass Teile der Bevölkerung
sich „schlecht verhalten“ hätten, indem sie Gesichtsmasken
abgelehnt hätten:
"Die USA haben einen schlechten Job gemacht, mit mehr als 1 Million Toten. Die Öffentlichkeit verhält sich schlecht und lehnt zum Beispiel Gesichtsmasken ab."
Es sei zudem wahrscheinlich, dass uns COVID-19 noch lange Zeit, „vielleicht mit neuen schweren Wellen“ begleiten würde.
Jeffrey Sachs’ Center for Sustainable Development
Info: https://ayavela.substack.com/p/die-fabelhafte-welt-des-dr-sachs
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.