aus e-mail von Clemens Ronnefeldt, 8. Mai 2024, 16:04 Uhr
Liebe Friedensinteressierte,
beiliegend sende ich am heutigen Gedenktag
der Befreiung (8. Mai 1945) einige Beiträge zum
Ukraine-Krieg und zu Westasien.
1. F.A.Z.: China drängt auf Teilnahme Russland bei Friedensverhandlung in der Schweiz
2. Abendblatt: Experte: „Wird schlechte Nachrichten aus der Ukraine geben“
3. IPG: Eine Frage der Existenz: Die ukrainische Armee braucht neue Soldaten. Doch die Maßnahmen der Regierung sind wenig erfolgversprechend und drohen, die Gesellschaft zu spalten.
4. MSN: Israel startet Offensive auf Rafah
5. medico: Die Offensive auf Rafah beginnt, eine Million Menschen sind bedroht.
Wer kann das Töten noch aufhalten?
6. Zenith: Yair Hirschfeld: »Oslo war kein Friedensabkommen«
7. Aufschrei: 37 Organisationen und Netzwerke fordern:
Völkerrechtswidrige Rüstungsexporte an Israel stoppen
8. IPPNW: Der Gewalt im Nahen Osten mit einem Friedensansatz begegnen!
9. Zoom-Konferenz: Versöhnungsbund USA: Vortrag eines israelischen Kriegsdienstverweigerers
10. Object-war-campaign: Aktionswochen zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, 15. Mai
——
1. F.A.Z.: China drängt auf Teilnahme Russland bei Friedensverhandlung in der Schweiz
https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine-liveticker-russland-attackiert-ukrainische-stromversorgung-in-der-nacht-faz-19030454.html
7.5.2024. 05:21 Uhr
China drängt auf eine Friedenskonferenz, bei der die Ukraine und
Russland gleichberechtigt am Verhandlungstisch sitzen.
Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria zitierte den
chinesischen Botschafter in Russland, Zhang Hanhui:
„China unterstützt die rechtzeitige Einberufung einer internationalen
Friedenskonferenz, die von der russischen und der ukrainischen Seite
gebilligt wird, an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen und
an der alle Optionen für den Frieden fair diskutiert werden.“
Die Schweiz wird am 15. und 16. Juni Gastgeber einer zweitägigen
Friedenskonferenz sein, zu der Russland nicht eingeladen wurde.
——
2. Abendblatt: Experte: „Wird schlechte Nachrichten aus der Ukraine geben“
https://www.abendblatt.de/politik/article242214636/Experte-Wird-schlechte-Nachrichten-aus-der-Ukraine-geben.html?utm_source=pocket-newtab-de-de
Russische Offensive
Experte: „Wird schlechte Nachrichten aus der Ukraine geben“
02.05.2024, 09:05 Uhr
Von Christian Kerl
Brüssel/Berlin. Der ukrainischen Armee stehen harte Wochen bevor.
Ausgerechnet die neuen US-Waffenhilfen verschärfen die Lage – zum
Vorteil der Russen.
Die Lage für die ukrainische Armee wird zunehmend kritisch angesichts
knapper Munition und Lücken in der Luftverteidigung.
Russische Truppen rücken mit einem Übergewicht an Soldaten und
Material vor allem im Osten langsam weiter vor, zuletzt eroberten sie
mehrere Dörfer westlich der von der Ukraine geräumten Stadt Awdijika,
begleitet von Luftangriffen an vielen Frontabschnitten. Es dürfte erst
der Anfang sein.
Westliche Militärexperten warnen vor weiteren Rückschlägen, wenn
Russland jetzt den Druck erhöht. „In den nächsten Wochen wird es
schlechte Nachrichten aus der Ukraine geben, darauf müssen wir
vorbereitet sein“, sagt Andras Racz, Sicherheits- und Russlandexperte
der Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin, unserer
Redaktion:
„Es werden sehr, sehr harte Wochen.“ Der russische Präsident Wladimir
Putin werde wohl auf einen militärischen Erfolg bis zum 9. Mai
drängen, wenn Russland mit Paraden den „Tag des Sieges“ feiert. (…)
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3. IPG: Eine Frage der Existenz: Die ukrainische Armee braucht neue Soldaten. Doch die Maßnahmen der Regierung sind wenig erfolgversprechend und drohen, die Gesellschaft zu spalten.
https://www.ipg-journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artikel/eine-frage-der-existenz-7494/?utm_campaign=de_40_20240507&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Außen- und Sicherheitspolitik
07.05.2024
Anastasia Magazowa
Anastasia Magazowa ist eine ukrainische Journalistin und
Politikwissenschaftlerin, die seit 2013 als Korrespondentin für
verschiedene deutsche Medien über die Ukraine schreibt, darunter die
Deutsche Welle und die tageszeitung.
Eine Frage der Existenz
Die ukrainische Armee braucht neue Soldaten. Doch die Maßnahmen der
Regierung sind wenig erfolgversprechend und drohen, die Gesellschaft
zu spalten.
(…)
Die jüngsten Schritte des Außenministeriums widersprechen allerdings
nicht nur den Absichtserklärungen der Regierung, sondern stießen bei
den Ukrainerinnen und Ukrainern, die sich vorübergehend oder dauerhaft
außerhalb der Ukraine aufhalten, auf heftige Kritik.
Am 23. April wurden auf einmal die Konsulardienste für ukrainische
Männer im wehrfähigen Alter eingestellt, wobei es keine Rolle spielt,
seit wann und mit welchem Status sie sich im Ausland aufhalten. Vor
allem geht es um die Ausstellung oder Verlängerung von
Personalausweisen und Reisepässen.
Später teilte das Außenministerium mit, diese Dokumente würden nicht
mehr ins Ausland übersendet und dort ausgehändigt, sondern nur noch
auf ukrainischem Staatsgebiet ausgestellt und ausgegeben.
Das Außenamt spricht von einer vorübergehenden Maßnahme; angeblich
werden die Abläufe für das Erbringen von Konsulardiensten vorerst
nicht mit dem neuen Mobilmachungsgesetz in Einklang gebracht, das am
18. Mai 2024 in Kraft treten soll.
Mit diesem Gesetz werden nicht nur die wesentlichen Aspekte der
Mobilmachung für die ukrainische Armee geregelt, sondern auch
Beschränkungen für Wehrpflichtige eingeführt, die sich im Ausland
aufhalten und ihre Daten nicht fristgerecht an die Wehrbehörden
gemeldet haben.
Nach dem neuen Gesetz dürfen Konsulardienste für Männer zwischen 18
und 60 Jahren nur noch erbracht werden, wenn sie ihre
personenbezogenen Daten auf den aktuellen Stand gebracht haben.
Diese Aktualisierung muss innerhalb von 60 Tagen nach Inkrafttreten
des Gesetzes erfolgen – also bis Mitte Juli. Doch die konsularischen
Dienstleistungen für Männer im wehrfähigen Alter wurden schon vor
Inkrafttreten des Gesetzes eingestellt.
Die offizielle Begründung: Das Außenministerium schaffe es nicht, die
eingegangenen Anträge zu bearbeiten, bevor das Gesetz in Kraft tritt.
Bürgerrechtler und Juristen kritisierten diesen Beschluss der
Regierung als diskriminierend und verfassungswidrig. Doch das
Außenministerium hält unbeirrt an seiner Position fest:
„Ein Mann, der im wehrfähigen Alter ins Ausland gegangen ist, hat
seinem Land damit signalisiert, dass es ihm egal ist, ob dieses Land
überlebt.
Und dann kommt er und will von diesem Staat Leistungen erhalten. So
geht das nicht. Unser Land befindet sich im Krieg“, kommentierte
Minister Kuleba seine Entscheidung.
Es gehe um die Wiederherstellung der Gerechtigkeit zwischen den
Wehrpflichtigen in der Ukraine und den Wehrpflichtigen im Ausland,
denn ein Auslandsaufenthalt entbinde die Staatsbürger nicht von ihren
Pflichten gegenüber ihrem Heimatland.
Einige europäische Länder haben sich bereiterklärt, der Ukraine bei
der Rückholung ukrainischer Männer in die Ukraine behilflich zu sein.
Ohne ins Detail zu gehen, erklärte Polens Verteidigungsminister
Władysław Kosiniak-Kamysz, sein Land sei bereit, der Ukraine in jeder
Weise in diesem Prozess zu helfen, und habe dies zuvor schon von sich
aus angeboten.
Auch sein litauischer Amtskollege Laurynas Kasčiūnas meint, man müsse
darüber nachdenken, wie man der Ukraine bei der Rückholung der Männer
im wehrfähigen Alter helfen könne. (…)
In Berlin heißt es gar, die Entscheidung des ukrainischen
Außenministeriums, die Konsulardienste einzustellen, habe keinen
Einfluss auf den Flüchtlingsstatus ukrainischer Männer.
Das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten kann in
besonderen Fällen sogar einen Passersatz in Form eines Reiseausweises
ausstellen, wenn das ukrainische Konsulat einem Mann keinen Pass
ausstellt, weil er sich weigert, Militärdienst zu leisten. (…)
Zwei Jahre nach Beginn der russischen Großinvasion ist die Motivation
der Ukrainer, sich freiwillig für die militärische Verteidigung des
Landes mobilisieren zu lassen, erheblich gesunken. (…)
——
4. MSN: Israel startet Offensive auf Rafah
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/israel-startet-offensive-auf-rafah/ar-BB1lXYc7
Israel startet Offensive auf Rafah
Trotz internationaler Kritik hat die Bodenoffensive gegen Rafah
begonnen. Die Operation kann zu Konflikt mit Ägypten führen. Das ist
die Situation.
Wie die Deutsche Welle meldet, bombardierte die israelische Armee die
Stadt im Süden des Gaza-Streifens heftig. Laut Angaben des
kuwaitischen Krankenhauses in Rafah sind in der Nacht zum Dienstag elf
Menschen getötet und mehrere Dutzend verletzt worden.
Die meisten Zivilisten und Mitarbeiter von internationalen
Hilfsorganisationen sind nach Angaben des israelischen Militärs den
Evakuierungsaufrufen gefolgt und hätten das Gebiet verlassen.
Israel betrachtet Rafah als letzte Bastion der Hamas im Gaza-Streifen.
Die israelische Armee bereitet seit Monaten eine Bodenoffensive auf
die Stadt vor, wo rund eine Million Binnenflüchtlinge vor den Kämpfen
Schutz gesucht haben. Die israelische Regierung hält trotz massiver
internationaler Kritik an ihren Plänen für eine Bodenoffensive in
Rafah fest.
USA halten Munitionslieferung an
Nach Angaben von Axios hat die Biden-Administration bereits letzte
Woche eine Lieferung von in den USA hergestellter
Artillerie-Präzisionsmunition an Israel gestoppt. Das ist das erste
Mal seit Beginn des jüngsten Gaza-Krieges, dass die USA eine solche
Maßnahme ergreifen.
Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken den israelischen
Premierminister Benjamin Netanjahu während des Treffens gewarnt, dass
"eine größere Militäroperation" in Rafah die Beziehungen zwischen den
USA und Israel negativ beeinflussen würden.
Und John Kirby, der Sprecher des Weißen Hauses, erklärte, dass die
israelische Führung verstehe, dass Präsident Biden "es ernst meine",
wenn er über die Möglichkeit einer Änderung der US-Politik in Bezug
auf den Gaza-Krieg spreche.
Biden unter Druck
Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses,
bekräftigte die US-Position und betonte, die US-Regierung habe Israel
deutlich gemacht, dass die Art und Weise, wie es eine Operation in
Rafah durchführen werde, die US-Politik gegenüber dem Gaza-Krieg
beeinflussen werde.
US-Präsident Joe Biden sieht sich in den USA scharfer Kritik
ausgesetzt, weil viel Amerikaner die Unterstützung für Israel
ablehnen. Und im November sind Präsidentschaftswahlen in den USA, zu
denen Biden noch einmal antreten will.
Der Vorfall löste innerhalb der israelischen Regierung große Besorgnis
aus. Unklar ist, ob die USA die Munition später nachliefern werden,
wenn die PR-Wirkung dieses eher symbolischen Vorgangs verflogen ist.
Bereits im Februar hatte die Regierung Israel aufgefordert, zu
versichern, dass die von den USA hergestellten Waffen von den
israelischen Streitkräften im Gaza-Streifen im Einklang mit dem
Völkerrecht eingesetzt werden. Tel Aviv legte ein entsprechendes
Schreiben im März vor.
Wird Al-Sisi sich an seine Drohungen erinnern?
Die Besetzung des Grenzübergangs Rafah könnte ebenfalls unangenehme
Auswirkungen für Israel haben. Schon im Februar hatte Ägypten mit der
Aussetzung des Friedensvertrags mit Israel gedroht, falls Tel Aviv den
Bodenkrieg in Gaza auf Rafah ausweitet.
Die Kämpfe in der Grenzstadt könnten die Schließung der wichtigsten
Versorgungsroute für Hilfsgüter erzwingen, sagten ägyptische Beamte,
die anonym bleiben wollten.
Die Drohung, das Camp-David-Abkommen von 1978 auszusetzen, kam,
nachdem Premierminister Benjamin Netanjahu erklärt hatte, die
Entsendung von Truppen nach Rafah sei notwendig, um den seit Oktober
letzten Jahres andauernden Krieg gegen die palästinensische Bewegung
Hamas im Gazastreifen zu gewinnen.
Camp-David-Abkommen gefährdet?
Ägypten hat die israelische Seite dazu aufgerufen, den Friedensvertrag
zu respektieren und von Äußerungen Abstand zu nehmen, die die
bilateralen Beziehungen belasten würden. Denn der Camp-David-Vertrag
regelt unter anderem auch Grenzangelegenheiten zwischen Gaza und Ägypten.
Für diese nur 14 Kilometer kurzen Grenzabschnitt wurde der
Philadelphi-Korridor geschaffen, eine entmilitarisierte Zone, die von
Ägypten und der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrolliert wird.
Letztere wurde 2007 in Gaza von der Hamas abgelöst.
Eine Besetzung der Grenze durch israelische Truppen stelle eine
Verletzung des Camp-David-Abkommens dar, legt etwa Responsible
Statecraft nahe. Ob Ägypten seine Drohung wahr machen wird, ist
allerdings höchst ungewiss. Zu hoch sind die Schulden Kairos bei
westlichen Kreditgebern.
Mehr als die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens
haben in Rafah Zuflucht gesucht, um dem Konflikt in anderen Regionen
zu entkommen.
——
5. medico: Die Offensive auf Rafah beginnt, eine Million Menschen sind bedroht.
Wer kann das Töten noch aufhalten?
https://www.medico.de/blog/keine-zuflucht-nirgends-19493
Die Offensive auf Rafah beginnt, eine Million Menschen sind bedroht.
Wer kann das Töten noch aufhalten?
Von Riad Othman
Die beginnende Offensive gegen Rafah im äußersten Süden des
Gazastreifens stellt für mindestens eine Million Menschen eine weitere
lebensbedrohliche Eskalation dar.
Hier zeichnet sich in aller Deutlichkeit und mit wochenlanger Ansage
eine Verschärfung der bestehenden Katastrophe ab, die dem Muster
folgt, das wir in den letzten Monaten verfolgen mussten:
Die israelischen Streitkräfte ordnen per Befehl vor Ort oder – wie
bereits geschehen – durch den Abwurf von Flugblättern die
Zwangsevakuierung der Bevölkerung in „sichere Zonen“ an und warnen
davor, dass diejenigen, die dennoch bleiben, das eigene Leben in
Gefahr bringen.
Diese Art des Vorgehens mag in politischen Diskussionen für das
Argument taugen, Israel habe die Menschen gewarnt, immerhin sei das
human, und die Menschen hätten schließlich die Wahl gehabt, auf die
Warnungen zu hören.
Allerdings stellt dies die Rechtslage auf den Kopf, denn
Zivilpersonen, die Umsiedlungsbefehlen nicht Folge leisten – und zwar
ganz unabhängig davon, ob diese Befehle selbst rechtens sind oder
nicht – verlieren dadurch eben nicht ihren Schutzstatus.
Die israelische Armee kann die Verantwortung dafür, dass diesen
Menschen nichts geschieht, nicht durch ein Flugblatt oder einen Befehl
an die Betroffenen delegieren.
Keine sicheren Orte
Vor allen Dingen vernachlässigt diese Sichtweise den ganz zentralen
Umstand, dass die Armee seit Monaten die Bevölkerung in allen Teilen
Gazas bombardiert.
Sie tötet in Gaza nicht nur in den Teilen der abgeriegelten Enklave
Menschen, in denen sie sie zur Flucht genötigt hatte, sondern auch in
den von der Armee selbst als „sichere Zonen“ dargestellten Gebieten.
Mehr als zwei Drittel ihrer Opfer sind Frauen, Kinder und Jugendliche.
Es gibt also schlicht keine sicheren Gebiete in Gaza, unabhängig
davon, was die israelische Armee den Leuten anrät, befiehlt oder auf
Flugblättern als Botschaft vom Himmel wirft.
Was es jedoch noch in Gaza gibt, das ist Rafah als einzige kleinere
Stadt im gesamten Gazastreifen, die zwar stark in Mitleidenschaft
gezogen worden ist durch Artilleriebeschuss und Bombardements, die
aber anders als Gaza-Stadt, Jabalia, Beit Hanoun und all die anderen
Orte in der Enklave noch nicht einer einzigen großen Trümmerwüste
gleicht.
Was nun kommt, wenn niemand der israelischen Regierung in letzter
Sekunde in den Arm fällt, dürfte klar sein: Die Stadt wird dasselbe
Schicksal ereilen wie Khan Younis oder Deir al-Balah.
Sie wird ähnlich pulverisiert werden wie ihre etwas weiter nördlich
gelegenen Nachbarorte, unabhängig davon, wie viele der nun dazu
gezwungenen Menschen den Befehlen zur Zwangsumsiedlung Folge geleistet
haben werden.
Was tun wir?
Das weiß man in Washington ebenso wie in Berlin. Die Bilder aus Gaza
sind dort bekannt. Die Opferzahlen sind bekannt. Die Zustände in den
Dünen von Al-Mawasi sind bekannt, wo es keine Infrastruktur gibt und
wohin nun Hunderttausende fliehen sollen. Die unzureichende Hilfe ist
bekannt.
Sicher, auch in Berlin würde man das sich abzeichnende Grauen in Rafah
und die Bilder, die es hervorbringt, lieber vermeiden. Aber wie?
Sicher nicht mit Vertrauen auf die Zusicherungen des israelischen
Militärs, ziviles Leben schonen zu wollen. Dafür haben wir alle zu
viel gesehen.
Und so lautet auch die Frage an Washington, Berlin, Paris, Kairo und
all die anderen Regierungen, längst nicht mehr, was sie sagen oder
zusichern, sondern was sie tun. Was tun sie, um das Töten in Rafah zu
verhindern, um das Sterben in Gaza zu beenden? Und was tun wir, wir
alle, um sie dazu zu bringen, ihren Einfluss auf Israel geltend zu machen?
———
6. Zenith: Yair Hirschfeld: »Oslo war kein Friedensabkommen«
https://magazin.zenith.me/de/politik/interview-mit-israelischem-unterhaendler-yair-hirschfeld
Interview mit israelischem Unterhändler Yair Hirschfeld
»Oslo war kein Friedensabkommen«
Interview
von Wenzel Widenka
22.03.2024
Yair Hirschfeld, 79, ist studierter Historiker und hat an der
Universität Haifa Geschichte gelehrt. Seit Anfang der 1980er-Jahre
beriet er die israelische Regierung zum Friedensprozess und gilt als
einer der Architekten des Abkommens von Oslo.
(…)
Sowohl Arafat als auch Rabin mussten während dieses Prozesses eine Art
Rollentausch vollziehen. Wie konnten sie diesen Schritt öffentlich
vermitteln?
Rabin hat den Fehler gemacht, zu viel zu versprechen. Er sprach von
einem Friedensabkommen. Alle Journalisten und alle Clintons dieser
Welt behaupteten, wir hätten jetzt Frieden.
Aber es handelte sich ja eben nicht um ein Friedensabkommen, sondern
um eine Vereinbarung darüber, wie weiterverhandelt werden sollte. Alle
offenen Fragen blieben weiter unbeantwortet. Wir haben zu hohe
Erwartungen geweckt.
Und die palästinensische Seite?
Das Problem bei den Verhandlungen bestand darin, dass wir den
Palästinensern alles bieten konnten, aber die Palästinenser uns
nichts. Wir brauchen Sicherheit in der Region. Die Palästinenser haben
nicht die Macht, sie zu gewähren.
Sie haben keine Kontrolle über die arabischen Staaten, Iran, die Hamas
und all die anderen Terrorgruppen. Deshalb schrieb ich 1992, dass wir
nach der Selbstverwaltung eine Sicherheitsorganisation für den Nahen
Osten brauchen, sowie eine Nahost-Gemeinschaft für Wasser, Energie,
Handel und Tourismus.
Wie groß war die Hoffnung, dass die Gewalt von palästinensischer Seite
ein Ende finden würde?
Die vermeintliche Logik von Oslo hat sich nicht bewahrheitet. Sie
lautete: Wenn Arafat die Terrorgruppen nicht in den Griff bekommt,
wird Israel eingreifen. Dann wird Arafat politisch an Ansehen
verlieren. Entweder kümmert er sich darum, oder er wird gestürzt.
Ich bin zweimal zu Arafat gegangen und habe ihn gebeten, doch um
Himmels willen gegen die Hamas vorzugehen. Einmal schrie er mich an
und sagte: »Du kümmerst dich um deine Angelegenheiten und ich mich um
meine!« Nach zwei Terroranschlägen im März 1996 rief Arafat mich an
und sagte: »Bitte sagen Sie Peres, dass ich jetzt alles tun werde, um
die Terroristen zu bekämpfen.«
Ab März 1996 begann dann eine sehr enge Zusammenarbeit in Fragen der
Sicherheit. (…)
Was bleibt von Oslo nach 30 Jahren?
Der Oslo-Prozess hat zu einer Spaltung der israelischen Gesellschaft
geführt. Die Religiösen waren nicht an den Verhandlungen beteiligt.
Einige Gruppen sind überzeugt, dass wir das gesamte Westjordanland
kontrollieren müssen.
Aber Oslo bereitete den Weg für den Frieden mit Jordanien und ebnete
den Weg für eine Verständigung mit den Palästinensern. Es schuf die
Palästinensische Autonomiebehörde, die grundlegend für die
Verständigung darüber ist, wie wir hier leben wollen. Nachdem wir die
Verhandlungen in Norwegen abgeschlossen hatten, haben wir an einem
umfassenden Konzept gearbeitet, um den Konflikt zu beenden.
Arafat sagte uns, wir sollten das bleiben lassen. Er meinte, die Kluft
sei zu groß: Anstatt eines End-Abkommens sollte ein gradueller
friedensbildender Prozess eingeleitet werden. Leider sind wir ihm
nicht gefolgt.
Wie sehen Sie die Situation heute?
Oslo ist tot, aber das Abraham-Abkommen lebt. Was ich 1992 forderte,
wird heute Wirklichkeit. Das Interesse Saudi-Arabiens, Israels, der
Palästinenser, Ägyptens, Jordaniens, der Vereinigten Staaten und
Europas besteht darin, einen stabilen Nahen Osten zu schaffen und die
Handelswege vom Indischen Ozean und dem Arabischen Golf aus
aufzubauen.
Das eröffnet die Möglichkeit, eine starke staatliche
Wirtschaftsstruktur in den palästinensischen Gebieten aufzubauen und
hierbei Vorbedingungen zur Erneuerung von Friedensverhandlungen zu
schaffen.
——
7. Aufschrei: 37 Organisationen und Netzwerke fordern:
Völkerrechtswidrige Rüstungsexporte an Israel stoppen
https://aufschrei-waffenhandel.de/fileadmin/user_upload/Offener_Brief-Ruestungsexporte_und_humanitaere_Hilfe_Israel_2.5.2024.pdf
37 Organisationen und Netzwerke fordern: Völkerrechtswidrige Rüstungsexporte an Israel stoppen
Völkerrecht achten, humanitäre Hilfe ermöglichen/ über 100.000 Tote
und Verletzte in Gaza seit Kriegsbeginn
Berlin, 2.Mai 2024
Auf Initiative von „Aktion Aufschrei – Stopp den Waffenhandel!“
fordern 37 zivilgesellschaftliche Organisationen und Netzwerke Kanzler
Scholz und weitere Mitglieder der Bundesregierung in einem Offenen
Brief eindringlich dazu auf, Rüstungsexporte nach Israel zu stoppen,
die völkerrechtswidrig eingesetzt werden könnten. Die Organisationen
fordern außerdem einen sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung
der Geiseln und eine massive Ausweitung der humanitären Hilfe in Gaza.
In dem Brief wird der brutale Terroranschlag der Hamas und
islamistischer Gruppen am 7. Oktober gegen Israel uneingeschränkt
verurteilt. Das Recht Israels, sich zu verteidigen, wird anerkannt.
Verurteilt werden hingegen die militärischen Maßnahmen der
israelischen Regierung in Gaza, die gegen die Menschenrechte und das
humanitäre Völkerrecht verstoßen, wie die gezielte Bombardierung
ziviler Ziele.
Seit Beginn des Krieges sind über 100.000 Menschen getötet oder
verletzt worden. Mindestens der Hälfte der 2,3 Millionen Menschen in
Gaza droht mittlerweile eine Hungersnot. Der Internationale Gerichtshof (IGH)
ordnete am 26. Januar 2024 "sofortige und wirksame Maßnahmen" an,
um die Palästinenser:innen im besetzten Gazastreifen vor der Gefahr
eines Völkermords zu schützen.
(…)
Im Detail werden der Kanzler und die adressierten Minister:innen daher aufgefordert:
- Stoppen Sie den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern
nach Israel, die in Gaza oder im besetzten Westjordanland eingesetzt
werden könnten und bei denen das Risiko besteht, dass mit diesen
Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären
Völkerrechts begangen oder erleichtert werden könnten. Dies schließt
potenzielle Abgaben von Bundeswehrmaterial ein.
- Setzen Sie sich gemäß der Resolution 2728 des UN-Sicherheitsrates für
einen sofortigen Waffenstillstand ein.
- Setzen Sie sich gemäß der Resolution 2728 des UN-Sicherheitsrates für
die Freilassung der Geiseln ein.
- Unternehmen Sie alles in Ihrer Macht stehende, um die Achtung des
humanitären Völkerrechts in Gaza durch alle beteiligten
Konfliktparteien zu gewährleisten.
- Setzen Sie sich dafür ein, dass Israel die völkerrechtswidrige
Blockade des Landwegs für substanzielle humanitäre Hilfe für die
Zivilbevölkerung in Gaza beendet.
Folgende Organisationen haben den Brief unterzeichnet:
ADRA Deutschland e.V.
Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
Amnesty International Deutschland
Ärzte der Welt e.V.
Bremer Friedensforum
Bund für Soziale Verteidigung e. V.
Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V. (BIP)
CARE Deutschland e.V.
Church and Peace - Europäisches friedenskirchliches Netzwerk
Deutscher Friedensrat e.V.
Essener Friedensforum
Forum Ziviler Friedensdienst e.V. (forumZFD)
Friedensglockengesellschaft Berlin e.V.
Hamburger Initiative gegen Rüstungsexporte
Handicap International e.V.
Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg
Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges e.V. (IPPNW)
Internationaler Versöhnungsbund - Deutscher Zweig e.V.
Islamic Relief Deutschland e.V.
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München
Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.
medico international e.V.
México vía Berlín e.V.
Netzwerk Friedenskooperative
Netzwerk Friedenssteuer
NRC Deutschland gGmbH
Ohne Rüstung Leben e.V.
Oxfam Deutschland e.V.
Pacta Servanda e.V.
Partnerschaftsverein Bonn-Ramallah e.V.
pax christi - Deutsche Sektion e.V.
Referat für Internationale Studierende im AStA der Uni Hamburg
RüstungsInformationsBüro e.V.
terre des hommes Deutschland e.V.
Weltfriedensdienst e.V.
Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden e.V.
Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:
Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!, Susanne Weipert, Koordinatorin der Kampagne, s.weipert@paxchristi.de <mailto:s.weipert@paxchristi.de>, 0176-45827610
Pressemitteilung auf Website: https://aufschrei-waffenhandel.de/service/2024/14032024-ruestungsexport-studie-missachtung-des-voelkerrechts-und-unzureichende-kontrolle
Link zum Brief: https://aufschrei-waffenhandel.de/fileadmin/user_upload/Offener_Brief-Ruestungsexporte_und_humanitaere_Hilfe_Israel_2.5.2024.pdf
Twitter: https://twitter.com/AktionAufschrei/status/1785970269959467240
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8. IPPNW: Der Gewalt im Nahen Osten mit einem Friedensansatz begegnen!
https://www.ippnw.de/aktiv-werden/termine/ippnw-jahrestreffen/artikel/de/der-gewalt-im-nahen-osten-mit-einem.html
Beschluss der Mitgliederversammlung vom 27.04.2024
Der Gewalt im Nahen Osten mit einem Friedensansatz begegnen!
Appell an die Bundesregierung
1. Stoppen Sie sofort die Waffenlieferungen an Israel, durch die
Deutschland sich am Massenmord an der Bevölkerung in Gaza beteiligt!
2. Die Blockade der deutschen Zahlungen an die UNRWA im besetzten
Palästina darf nicht zur Verschärfung der Hungerblockade von Gaza
eingesetzt werden – deren Aufhebung vom Internationalen Gerichtshof in
seiner ersten Entscheidung in der Völkermordanklage Südafrikas
verbindlich angeordnet wurde.
3. Setzen Sie ein Signal, dass auch in diesem Konflikt nur ernsthafte
Verhandlungen die Logik der Gewalt durchbrechen können, und erkennen
Sie, wie schon 138 andere Staaten der Vereinten Nationen, Palästina
diplomatisch an! Und unterstützen Sie die Gründung einer KSZMNO
(Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit für den Mittleren und
Nahen Osten).
4. Verlangen Sie von Israel, keine weitere Eskalationsschritte wie die
völkerrechtswidrige Bombar-dierung des iranischen Konsulatsgebäudes in
Damaskus mehr zu unternehmen, auf die der Iran vorhersehbar mit
Vergeltungsangriffen reagiert hat. Sie drohen einen Flächenbrand
auszulösen und Israel würde dabei als Atommacht agieren.
Mäßigungsappelle müssen Sie an beide Seiten richten – einseitige
Appelle sind parteiisch und wirken hier nicht mäßigend, sondern
eskalierend!
5. Ziehen Sie dann die deutschen Kriegsschiffe aus dem Roten Meer ab –
ein valider Friedensprozess in Palästina wird die Gewalt auch dort
beenden!
——
9. Zoom-Konferenz: Versöhnungsbund USA: Vortrag eines israelischen Kriegsdienstverweigerers
https://us02web.zoom.us/meeting/register/tZ0tdemtqD4jEtVLKTQwu7XpmUG-MxDz0e8I
23.5.2024 19 Uhr MEZ - Online-Zoom-Veranstaltung
Versöhnungsbund USA: Vortrag eines israelischen Kriegsdienstverweigerers
Am 20. März 2023 lehnte Yuval Dag seine Wehrpflicht ab und wurde von
einem israelischen Militärgericht ins Gefängnis geschickt.
Nachdem er mit einer nationalistischen Identität aufgewachsen war,
begann Yuval, sein Privileg in Frage zu stellen und wie es trotz der
Unterdrückung der Palästinenser*innen aufrechterhalten werden konnte.
Yuval entschied, dass er seine Wehrpflicht nicht guten Gewissens
annehmen könne. Wegen seiner Dienstverweigerung verbrachte er zwei
Monate im Gefängnis und arbeitet heute mit dem Israeli Refusers
Solidarity Network zusammen, um andere israelisch-jüdische Refusniks
zu unterstützen.
Hier Link zur Veranstaltung:
https://us02web.zoom.us/meeting/register/tZ0tdemtqD4jEtVLKTQwu7XpmUG-MxDz0e8I
-----
10. Object-war-campaign: Aktionswochen zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, 15. Mai
http://www.objectwarcampaign.org/
Termine 7. Mai bis 1. Juni
(06.05.2024) Rund um den Internationalen Tag der
Kriegsdienstverweigerung, dem 15. Mai, wird es Veranstaltungen und
Aktionen in mehreren Ländern weltweit geben.
Mit den Veranstaltungen fordern wir echten Schutz für alle, die sich
dem Krieg verweigern. Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht,
gerade auch im Krieg. Verfolgte Kriegsdienstverweiger*innen und
Deserteur*innen brauchen Asyl!
#ObjectWarCampaign: Ein Bündnis von mehr als 120 Organisationen
#europaweit setzt sich insbesondere für den Schutz all derjenigen ein,
#die in Russland, Belarus und der Ukraine den Kriegsdienst verweigern.
Mehr dazu unter www.objectwarcampaign.org <http://www.objectwarcampaign.org/>.
—
Zum Schluss noch ein Hoffnungszeichen:
https://thepeacefactory.org/?doing_wp_cron=1714714543.3477480411529541015625
—
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Ronnefeldt
Referent für Friedensfragen beim deutschen
Zweig des internationalen Versöhnungsbundes
C.Ronnefeldt@t-online.de
www.versoehnungsbund.de
________________
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.