07.10.2023

Der Westen nutzt seine Klima-Agenda, um die Entwicklung Afrikas zu behindern

freeassange.rtde.life, 7 Okt. 2023 17:04 Uhr, Von Wsewolod Swiridow

Afrika braucht eine eigene Klima-Agenda, die auf unabhängigen Datenerfassungssystemen und der Überwachung von Umwelt- und Wasserressourcen beruhen sollte. Afrikaweite Schritte müssen jedoch durch regionale und überregionale Initiativen ergänzt werden.


© AP Photo/Jerome Delay


Symbolbild


Als der Kontinent, der international als am stärksten vom Klimawandel bedroht gilt, leidet Afrika auch unmittelbar unter den westlichen Rettungsversuchen. Die Auferlegung einer externen Klima-Agenda für den Kontinent bewahrt nur die technologische Überlegenheit des Westens und hält Afrika in Abhängigkeit von diesem.

Vor diesem Hintergrund birgt das jüngste Bestreben, externe Kontrolle über strategische nationale Infrastrukturen in Afrika wie den Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) zu erlangen, erhebliche Risiken für die Bevölkerung des Kontinents.


Warum sich Russland nicht an der Kolonialisierung Afrikas beteiligte




Analyse

Warum sich Russland nicht an der Kolonialisierung Afrikas beteiligte






Wasser ist die Grundlage des Lebens

Die Bewirtschaftung der Wasserressourcen ist ein wichtiger Bestandteil jeder Klimaagenda, die den Interessen der Entwicklungsländer in Afrika dienen soll. Es geht nicht nur darum, den Zugang zu Trinkwasser zu sichern und Strom in Wasserkraftwerken zu erzeugen, sondern auch darum, Bewässerungsinfrastrukturen für die Landwirtschaft und die Aquakultur zu schaffen und regulatorische und technologische Rahmenbedingungen für die Bewirtschaftung industrieller Wasserressourcen zu schaffen (Entwässerung, Bergbau, Offshore-Ölförderung, Ausbeutung der Ressourcen ostafrikanischer Grabenseen usw.).

Unterdessen konzentriert sich die "Klima-Agenda" des Westens, die für seine eigenen Bedürfnisse und Interessen entwickelt wurde, auf die Verringerung der CO₂-Emissionen, vernachlässigt aber das Problem der Wasserversorgung. Wenn das "Wasserproblem" endgültig gelöst wäre, würde dies die Abhängigkeit Afrikas vom Westen verringern, westlichen Unternehmen den Zugang zu billigen Meeresfrüchten verwehren und die Entwicklung des afrikanischen Agrarsektors ankurbeln, wodurch sich die Lebensmittelimporte auf dem Kontinent verringern würden.

Die weltweiten Süßwasserreserven werden auf 43.000 Kubikkilometer pro Jahr geschätzt. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) entfallen etwa neun Prozent dieser Reserven auf Afrika. Im Durchschnitt sind das 5.000 Kubikmeter Süßwasser pro Person und Jahr. Zum Vergleich: In Europa liegt diese Zahl bei 9.000 und in Asien bei 3.400. Afrika verfügt über große Flusssysteme wie den Kongo (den drittgrößten Fluss der Welt nach Volumen), den Niger, den Sambesi, den Nil, den Cross River und den Sanaga. Außerdem gibt es hier einige der größten Süßwasserseen der Welt, z. B. den Tanganjikasee (zweitgrößter See gemessen am Volumen nach dem Baikalsee), den Malawisee, den Victoriasee, den Kiwusee, den Turkana-See, den Albertsee und andere, sowie bedeutende unterirdische Süßwasserreserven, z. B. den Nubischen-Sandstein-Aquifer.

Dennoch haben Probleme mit dem Zugang zu Wasser großen Einfluss auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung Afrikas und wirken sich auf die Sicherheit des Kontinents aus. Die Einzugsgebiete von mehr als 80 afrikanischen Flüssen und Seen werden von mehreren Ländern gemeinsam genutzt: Das Nilbecken wird von elf Ländern genutzt, der Niger fließt durch zehn Länder und der Kongo durch neun Länder. Fragen der Aufteilung der Wasserressourcen zwischen den Ländern, der Bau von Wasserkraftwerken, Stauseen und Bewässerungsanlagen sind zu wichtigen Aspekten der internationalen Beziehungen in Afrika geworden.

Auf demselben Kontinent gibt es Länder wie Gabun – das laut Weltbank 2019 über 73.000 Kubikmeter interne Süßwasserressourcen (d. h. Flüsse und Niederschläge) pro Kopf verfügte – und Ägypten, wo dieser Indikator nur neun Kubikmeter betrug. Die Probleme Afrikas liegen also nicht im Mangel an Süßwasser, sondern in der ungleichmäßigen Verteilung des Wassers und in der fehlenden Infrastruktur für dessen Aufbereitung, Transport und Lagerung. Experten verweisen auch auf die geringe Entwicklung der erneuerbaren Wasserressourcen (etwa vier Prozent).


Frankreichs Scheitern in Niger: Paris wird in der Sahel-Zone gezielt Unruhe schüren





Meinung

Frankreichs Scheitern in Niger: Paris wird in der Sahel-Zone gezielt Unruhe schüren





Besonders gravierend ist die Wasserknappheit in der Sahelzone, wo sie durch den Verlust der Wälder, die Ausbreitung der Sahara und die Bodendegradation durch die Viehzucht noch verschärft wird. Diese Faktoren führen zu zunehmenden sozialen Spannungen und Sicherheitsproblemen. Der Wettbewerb um den Zugang zu Wasser wird zu einem der Hauptgründe für die aktuellen Herausforderungen in Westafrika (einschließlich Terrorismus, Extremismus und der Zunahme interethnischer und interreligiöser Spannungen).

Der Zugang zu Süßwasser wird für Nordafrika, die Sahelzone, das Horn von Afrika und die überbevölkerten und trockenen Gebiete im südlichen Afrika (Südafrika, Namibia, Botswana) zu einer Schlüsselfrage. Die Lösung des Problems sollte vielschichtig sein, und die Hauptkosten sollten in die Suche nach Wasser (durch Bohrungen und andere Mittel), die Planung und den Bau von Bewässerungssystemen, Wasserleitungen, Abwasserkanälen und Kläranlagen, die Regulierung der Wassernutzung auf der Ebene internationaler Verbände und möglicherweise sogar in Projekte zur Einfuhr von Süßwasser fließen.

Laut UN-Prognosen werden bis 2030 über 200 Millionen Menschen in Afrika in Regionen leben, in denen der Zugang zu Wasser problematisch ist. Migration und Konflikte im Zusammenhang mit Wasser stellen ein Risiko dar, das von vielen afrikanischen Regierungen und zwischenstaatlichen Organisationen erkannt wird. Projekte zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels stoßen jedoch auf eine Reihe von Herausforderungen, darunter Sicherheitsrisiken (hohes Konfliktniveau in den Durchführungsgebieten), fehlende Finanzmittel sowie unzuverlässige und unvollständige Daten, die für die Konzeption solcher Projekte verwendet werden.


Dammbrüche in Afrika






Analyse

Dammbrüche in Afrika






Westliche Unternehmen und internationale Entwicklungshilfeorganisationen sind nicht bereit, in große Wasserprojekte zu investieren. Sie beschränken sich auf die Unterstützung lokaler Initiativen, die oft im Rahmen der sozialen Verantwortung jener Unternehmen umgesetzt werden, die in der Nähe Bergbauprojekte durchführen. Mit anderen Worten:
Während diese Unternehmen einerseits kleine Projekte zur Verbesserung des Zugangs zu Wasser durchführen, verschmutzen sie andererseits Wasserquellen mit Chemikalien und zerstören Ökosysteme.

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die größten Wasserkraftwerke in Afrika von afrikanischen Ländern in Zusammenarbeit mit chinesischen, brasilianischen und russischen Unternehmen gebaut wurden oder noch gebaut werden. Aber auch in solchen Fällen fallen afrikanische Regierungen oft den Interessen von Ausländern zum Opfer. So dienen die Projekte chinesischer Unternehmen in erster Linie der Stromerzeugung für die energieintensiven Projekte anderer chinesischer Unternehmen, die sich mit der Förderung von Rohstoffen beschäftigen.

Einigkeit für die Entwicklung

Bislang hat Afrika keine Überwachung der Umwelt und der Wasserressourcen durchgeführt. Die Länder des Kontinents verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen und den Zugang zu geologischen Erkundungskarten westlicher Unternehmen. Ferner verfügen die afrikanischen Regierungen nicht über ausreichende Informationen, wie z. B. Daten über die Dynamik von Flusspegeländerungen.

Auch die politische Krise um den GERD, der in Äthiopien gebaut wird, dauert an. Ägypten und der Sudan befürchten, dass der Wasserspiegel des Nils sinken und sie dann ohne Wasser dastehen werden, wenn der Damm in Betrieb genommen wird. Aus irgendeinem Grund wurde jedoch keine einzige Studie veröffentlicht, die diese Befürchtung entweder widerlegen oder beweisen würde.

In diesem Zusammenhang sind die Maßnahmen, die die afrikanischen Länder selbst ergreifen, besonders wichtig. In der "Agenda 2063" der Afrikanischen Union heißt es, dass bis 2030 das Problem des Zugangs zu Trinkwasser auf dem Kontinent durch den Einsatz neuer Technologien und Wasseraufbereitungsverfahren sowie durch die Erschließung neuer Wasserressourcen gelöst werden soll.

Unter der Schirmherrschaft der Afrikanischen Union wurde der Afrikanische Ministerrat für Wasser geschaffen, der sich mit der Lösung des Problems des Zugangs zu Wasserressourcen befasst. Die Wasserproblematik findet auch in den Erklärungen der Afrikanischen Union ihren Niederschlag, und die meisten Länder des Kontinents verabschieden Gesetze, um das Problem auf nationaler Ebene zu lösen.

Afrikaweite Schritte müssen jedoch durch regionale und überregionale Initiativen ergänzt werden. So wird die Republik Kongo vom 26. bis 28. Oktober Gastgeber des Gipfels der drei Flussbecken (Amazonas, Kongo und Borneo-Mekong) sein. Das unmittelbare Thema des Gipfels ist die Umwelt, denn in diesen Ländern befinden sich die "grünen Lungen" des Planeten – 80 Prozent der Tropenwälder der Welt. Eines der vorgeschlagenen Ziele des Gipfels ist es, die erste globale Koalition zur Wiederherstellung von 350 Millionen Hektar terrestrischer und aquatischer Ökosysteme zu bilden.

Das Programm des Gipfels umfasst drei Sitzungen: je eine technische und ministerielle, und eine die zweite Sitzung vertiefende. Die Diskussionen sollen die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit fördern, den Aufbau von Kapazitäten unterstützen und einen größeren Einfluss auf multilaterale Umweltschutzforen ausüben. Ziel der Veranstaltung ist auch die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Förderung von Investitionsprojekten zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt.


Pentagon-Chef auf Afrikareise:  Wird der Kontinent zum Spielball der Weltmächte?




Analyse

Pentagon-Chef auf Afrikareise: Wird der Kontinent zum Spielball der Weltmächte?






Wichtig ist, dass dieser Gipfel ebenfalls deutlich zeigt, wie die Länder des globalen Südens zusammenkommen und den multilateralen Ansatz in ihrer diplomatischen Politik stärken. Im letzten Jahr äußerte der Präsident der Republik Kongo Denis Sassou-Nguesso auf einem Gipfel in Brasilien den Wunsch, dass eine "multipolare Welt" nicht mehr nur eine Modeerscheinung ist, sondern zu einer politischen Realität wird, die "der Kraft und Fruchtbarkeit der beiden Flüsse Amazonas und Kongo entspricht".

In den nächsten zehn Jahren werden ökologische Herausforderungen einen erheblichen Einfluss auf die politische Agenda haben. Die Probleme, die durch den Klimawandel, die Zerstörung des traditionellen Lebensraums, die biologische Vielfalt und die Wasserknappheit verursacht werden, werden sich verschärfen. Diese Themen werden sowohl für die Bevölkerung als auch für die Politiker von zentraler Bedeutung sein.

Die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen der nachhaltigen Erhaltung der Umwelt und der Entwicklung wird ein wichtiger Bestandteil der Agenda der lokalen Behörden und Gemeinden sowie der internationalen Verbände werden. Auch die Frage der Wahrung der nationalen Souveränität in Fragen des Umweltmanagements wird von großer Bedeutung sein. Die afrikanischen Staaten werden sich konsequent gegen jede externe Kontrolle über natürliche Ressourcen und Ökosysteme, einschließlich der Flüsse, wehren.

Die Schaffung und Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen, einschließlich spezialisierter Programme wie der Umweltüberwachung, wird eine wichtige Voraussetzung für Fortschritte sein. Die Umweltüberwachung ist jedoch ohne Digitalisierung, einschließlich digitaler Bilder von Ökosystemen, die zeitnah aktualisiert werden, unmöglich. Solche Projekte können als "Internet der Umwelt" (IoE) bezeichnet werden, analog zum "Internet der Dinge" (IoT).

Übersetzt aus dem Englischen.


Wsewolod Swiridow ist Experte am Zentrum für Afrikastudien der HSE-Universität.

Mehr zum ThemaRusslands Auslandsgeheimdienst: USA planen Eliminierung "unbequemer" afrikanischer Staatschefs


RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Info: https://freeassange.rtde.life/afrika/182973-westen-nutzt-seine-klima-agenda-um-die-entwicklung-afrikas-zu-behindern


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.10.2023

Manova-Newsletter 41/2023

Manova ist das Magazin für neue Perspektiven und lebendige Debatten. Wir berichten über das, was in den Massenmedien nicht zu finden ist. Anbei übersenden wir Ihnen die Übersicht unserer Artikel der letzten 7 Tage.



Inhaltsverzeichnis


   1. Patrik Baab: Nach dem Angriff

   2. Michael Sailer: Parlamentarische Sprechblasen

   3. Roland Rottenfußer: Denunziatorische Wühlarbeit

   4. Tom-Oliver Regenauer: Gemeinsam Richtung Abgrund

   5. Sven Brajer, Aron Morhoff: Der tiefe Spalt

   6. Walter van Rossum: Den Frieden wiedererlernen

   7. Michael Meyen: Staat mit Milieumedien

   8. Hakon von Holst: Geschlossene Gesellschaft

   9. Kerstin Chavent: Zusammen leben

  10. Ralf Rosmiarek: In dürftigen Zeiten

  11. Walter van Rossum: Die Fälschung der Welt

  12. Aaron Richter: Auf Messers Schneide

  13. Günter Dedié: Ideologische Pseudowissenschaft

  14. Nicolas Riedl: Die „gefallenen Engel“ bauen Brücken

  15. Eric Angerer: Der Gefürchtete

  16. Roberto J. De Lapuente: Putins Lächeln

  17. Felix Feistel: Das alternative Katastrophenszenario

  18. Caitlin Johnstone: Die Phantom-Linke

  19. Kerstin Chavent: Stand by me

  20. Daniela Wolter: Optimismus, Coke und Rock ‘n‘ Roll

  21. Christian Kreiß: Folgenreiche Spannungen

  22. Flo Osrainik: Erfüllungsgehilfen unter Waffen

  23. Indra Shekhar Singh: Die angekündigte Hungerkatastrophe

  24. Elisa Gratias: Was Krieg bedeutet

  25. Dorothea Fischer: Grundwert im freien Fall



Nach dem Angriff


Wenn wir den russisch-ukrainischen Krieg richtig einschätzen wollen, müssen wir seine grausame Realität ins Auge fassen. Exklusivabdruck aus „Auf beiden Seiten der Front“.


am Samstag, 07. Oktober 2023, 15:59 Uhr von Patrik Baab


Zerstörte Gebäude, traumatisierte Bewohner, eine Todeszone, wo ein Menschenleben nicht mehr viel zählt — das ist Mariupol in der Ostukraine heute. Russland wendet diese Art des schmutzigen Kriegs leider an, aber Russen sind nicht seine Erfinder — die Blaupause hierfür haben die USA geliefert. Für Patrik Baab bedeutet Journalismus, mit den Menschen vor Ort zu reden, nicht nur über sie; dorthin zu reisen, wo man der bitteren Realität nicht mehr ausweichen kann, anstatt nur vom sicheren Schreibtisch aus eine von Auftraggebern präferierte Meinung auszuspucken. Patrik Baab verlor im November 2022 seinen Lehrauftrag als Universitätsdozent, weil er durch eine Reise in den Donbass der Wahrheit über den Krieg näherzukommen versuchte. Baabs Buch „Auf beiden Seiten der Front“ ist in hohem Grade aufklärend und zugleich ein Lehrbeispiel für mutigen Journalismus. Sein Stil wechselt zwischen der emotionalen Darstellung erschütternder Details, sachlicher Analyse und der Vermittlung historischen Hintergrundwissens. Dieser Buchauszug, eine Reportage aus einem verwüsteten Land, liefert ein umfassendes, realitätsnahes Bild von einem Geschehen, das die Weltöffentlichkeit derzeit aufwühlt wie kein zweites.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/nach-dem-angriff




Parlamentarische Sprechblasen


Heutigen politischen Debatten ist nicht vorzuwerfen, dass darin zu viel gestritten würde — vielmehr sagen alle Parteien annähernd das Gleiche in zunehmend hohlen Worten.


am Samstag, 07. Oktober 2023, 15:58 Uhr von Michael Sailer


Früher ging es hoch her im Hohen Haus, wenn prägnante Köpfe sich eben diese in oftmals aggressiven Wortgefechten heiß redeten. Man stritt, jedoch mit einiger Substanz. Heute herrscht eher das Bild einer De-facto-Einheitspartei, die durch inszenierte Scharmützel über Geschmacksnuancen demokratische Verhältnisse zu simulieren versucht. Über die ungefähre Marschrichtung sind sich ohnehin alle längst einig: weniger Freiheit für die Bürger, mehr Krieg und die Ausplünderung des Landes durch mächtige Eliten. Wenn in diesem domestizierten Debattierclub noch irgendwo wirkliche Feindseligkeit mitschwingt, dann richtet sie sich gegen die Bürger.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/parlamentarische-sprechblasen




Denunziatorische Wühlarbeit


Obwohl das gängige Corona-Narrativ längst widerlegt ist, arbeitet sich die taz noch immer mit dem Phrasenrepertoire von vorgestern an „Querdenkern“ ab.


am Samstag, 07. Oktober 2023, 15:57 Uhr von Roland Rottenfußer


Die linke Mitte hasst „Rechte“, aber sie braucht sie auch irgendwie. Denn deren Bösesein lässt das eigene Gutsein umso leuchtender hervortreten. Man braucht sie, um dem eigenen Weltbild Halt zu geben, um stets Argumente, oder besser: Beschimpfungsphrasen, zur Hand zu haben, mit denen all jene, die man nicht mag, abgekanzelt und aus dem öffentlichen Diskurs ausgegrenzt werden können. Grüne, Linke und Woke brauchen das Gefühl, überall von „Rechten“ umgeben zu sein, sogar so sehr, dass sie — wenn nicht genügend davon verfügbar sind — Menschen kurzerhand zu Rechten erklären. Nicht Hakenkreuz und deutscher Gruß, nicht Ausländer- und Judenfeindlichkeit kennzeichnen heute den Faschismus. Selbst wo diese Merkmale völlig fehlen, wo sogar Weltoffenheit und eine soziale, freiheitliche Weltanschauung blühen, kann jemand „Faschist“ sein, nämlich dann, wenn ihn „Antifaschisten“ zum Gegenstand ihrer so tapferen Widerstandshandlungen erklären. So geschieht es derzeit in jenen Teilen der Berliner Kulturszene, die von Richtigdenkern noch immer als „die Querdenkerszene“ markiert werden. In konzertierten Aktionen, bestehend aus denunzierenden Zeitungsartikeln und „besorgten“ Briefen an Kulturveranstalter, wird versucht, bei Künstlern, die nicht auf Linie sind, die berufliche Existenz zu zerstören. Auch Jens Fischer Rodrian, Liedermacher und Manova-Autor, geriet auf die Abschussliste. Immer vorn dabei: die ehemals als integer geltende taz.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/denunziatorische-wuhlarbeit




Gemeinsam Richtung Abgrund


Die in Scheingefechte verstrickten Lager „Rechts“ und „Links“ haben sich in Wahrheit längst auf den falschen Weg geeinigt: einen die Menschen versklavenden Kollektivismus.


am Samstag, 07. Oktober 2023, 15:00 Uhr von Tom-Oliver Regenauer


Obwohl unter Demokratie allgemein verstanden wird, Mehrheiten für Sachfragen zu generieren, wird der politische Diskurs von ideologisierten Grabenkämpfen dominiert. Gleichzeitig sind sich die Lager des politischen Spektrums inhaltlich näher als je zuvor. Denn den supranational verordneten Biosicherheitskollektivismus der „Neuen Normalität“ stellt keine etablierte Partei infrage. Die postmoderne Sozialdemokratie: ein Einheitsbrei. Auf welche Denkschulen, Rückkopplungsmechanismen und Netzwerke lässt sich dieser Zustand zurückführen? Eine Analyse von Historie, Wirken und Einfluss der Fabian Society liefert Anhaltspunkte.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/gemeinsam-richtung-abgrund




Der tiefe Spalt


Im Manova-Einheizpodcast diskutieren Sven Brajer und Aron Morhoff mit den Journalisten Roberto J. De Lapuente und Norbert Fleischer über die mentale Zerrissenheit eines Landes — 33 Jahre nach der sogenannten Wiedervereinigung.


am Samstag, 07. Oktober 2023, 14:00 Uhr von Sven Brajer, Aron Morhoff


Im neuen Manova-Einheizpodcast haben der Historiker Sven Brajer und der Medienethiker Aron Morhoff diesmal die Journalisten Roberto J. De Lapuente und Norbert Fleischer zu Gast. Die vier diskutieren darüber, wie sehr Ost- und Westdeutschland einander immer noch fremd sind und sich in den letzten Jahren mental, politisch und wirtschaftlich immer stärker voneinander entfernt haben, anstatt, wie es in Sonntagsreden gern gesagt wird, „zusammenzuwachsen“. Leider ist die Spaltung in Ost und West nicht die einzige, die das Land zu zerreißen droht.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/der-tiefe-spalt




Den Frieden wiedererlernen


Im Manova-Exklusivgespräch erklärt der Theologe und Friedensaktivist Eugen Drewermann, wie aus menschlicher Angst die Spirale der Gewalt entsteht und warum wir uns auf die Logik des Krieges niemals einlassen sollten.


am Samstag, 07. Oktober 2023, 13:00 Uhr von Walter van Rossum


Eugen Drewermann ist Theologe, Psychoanalytiker und Autor zahlreicher Bücher. Und vermutlich ist der Kirchenrebell einer der wenigen Theologen in unseren Tagen und unseren Breiten, der von Gott spricht und die Herzen selbst geschulter Atheisten erreicht. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Nur durch Frieden bewahren wir uns selber. Die Bergpredigt als Zeitenwende“. In diesem Buch gibt es einen theologischen und einen historisch-politischen Strang. Die Ereignisse und Untaten der letzten drei Jahre haben auch Eugen Drewermann zutiefst beunruhigt und bewegt. In diesem Gespräch spürt man den Zorn und die Verzweiflung über den Krieg in der Ukraine. Drewermann beschreibt, wie sich seit Jahrtausenden der zivilisatorische Fortschritt in immer perfiderer Bewaffnung und eisiger Bereitschaft zum Morden vollzieht. Er lässt keinen Zweifel über die wahren Hintergründe des gerade wütenden Krieges und darüber zu, warum nur das Erwähnen von Frieden heute schon als Verrat geahndet wird. Drastisch erinnert er daran, wie Kriege den Menschen und die Menschheit entmenschlichen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/den-frieden-wiedererlernen




Staat mit Milieumedien


Das journalistische Feld sortiert sich neu und lässt dabei Begriffe wie Mainstream oder Alternativmedien obsolet werden.


am Freitag, 06. Oktober 2023, 17:00 Uhr von Michael Meyen


Ein „Demokratiepass“ für das Publikum: Der Staat und seine Träger geben sich immer weniger Mühe, die Abhängigkeit von Funk und Presse zu verschleiern. Selbst wenn das eine Schnapsidee bleiben sollte, zeigt der Vorschlag von Björn Staschen, dass das Mediensystem im Umbruch ist. Für Portale wie Manova ist damit Klarheit verbunden. Sie bieten ihren Unterstützern eine Heimat und kommen nur dann über diesen Kreis hinaus, wenn sie mit anderen Milieumedien Pingpong spielen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/staat-mit-milieumedien




Geschlossene Gesellschaft


Zwei Fragen an die Innenministerin von einem kritischen Journalisten ohne Presseausweis erwiesen sich als der Anfang einer Odyssee.


am Freitag, 06. Oktober 2023, 16:00 Uhr von Hakon von Holst


Hakon von Holst bat das Ministerium von Nancy Faeser, seine Haltung zu Bargeldobergrenzen zu erklären. Doch die Bundesbehörde unterhält sich nur mit ausgewiesenen Journalisten. Der Weg zum Presseausweis stellte den Autor vor unerwartete Hürden: Anstatt Kritik an seinen Artikeln begegnete ihm Skepsis gegenüber der eigenen Person — wegen zwei Onlinemagazinen, denen er Texte zur Veröffentlichung überließ: Rubikon und Nachfolger Manova. Und so bleibt die Anfrage ans Innenministerium bis heute unbeantwortet. Die gesellschaftliche Diskussion verarmt, während der Druck auf Journalisten steigt, sich anzupassen und für Medien zu schreiben, die entweder keine Reichweite besitzen oder keinen schrankenlosen Meinungsdiskurs erlauben.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/geschlossene-gesellschaft




Zusammen leben


Menschen, Tiere, Pflanzen, Mineralien — wir alle sind Teile einer lebendigen Familie.


am Freitag, 06. Oktober 2023, 15:00 Uhr von Kerstin Chavent


Nach dem Weltverständnis der industrialisierten Nationen steht der Mensch ganz oben auf der Evolutionsleiter. Von hier aus dominieren wir alle anderen Lebewesen auf unserem Planeten. Wir haben die Sache im Griff. Unter unserer Herrschaft verschwinden täglich 150 Arten. Das größte Massensterben seit den Dinosauriern ist in vollem Gange. Anstatt das Lebendige zu achten und zu schützen, beuten wir es aus. Der Weg aus der Zerstörung heraus führt über einen Bewusstseinswandel.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/zusammen-leben-2




In dürftigen Zeiten


Der Roman „Minsky“ lebt vom Reiz des Unvorhersehbaren und kritisiert die Gegenwart über den Umweg einer Zukunftsvision.


am Freitag, 06. Oktober 2023, 14:00 Uhr von Ralf Rosmiarek


„Minsky“ führt in die Zukunft, genauer gesagt ins Jahr 2048. Superintelligenzen und Menschen ringen um das Leben, vor allem das richtige. Gott lebt immer noch, zumindest mischt seine Tochter kräftig mit. Wer immer auch der Autor „einzlkind“ sein mag, er unternahm eine philosophische, sozialkritische und schwarzhumorige Exkursion und legte neuerlich ein Stück erstaunlicher Literatur vor. Ralf Rosmiarek hat es gelesen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/in-durftigen-zeiten




Die Fälschung der Welt


Gegen die verhüllte Global Governance der letzten Jahre hat eine teilweise uneinige Gegenöffentlichkeit so gut wie keine Chance — wir sollten sie nutzen. Exklusivabdruck aus „The Great WeSet: Alternativen in Medien und Recht“.


am Donnerstag, 05. Oktober 2023, 17:00 Uhr von Walter van Rossum


Für Sven Böttcher heißen die beiden großen Antagonisten auf dem Globus „Bill“ (Gates) und „Wir“ — gemeint sind alle Menschen guten Willens, die an Wahrheit und Freiheit interessiert sind. Der ehemalige WDR-Journalist Walter van Rossum benannte für seine mittlerweile legendäre Talkrunde den „Great Reset“ kurzerhand in „WeSet“ um und positionierte sich so als Gegenspieler Klaus Schwabs. Nun ist das Buch zur Show erschienen, und das hat es in sich. Van Rossum widmet sich im ersten Teil seiner neuen Veröffentlichung der Gefahr, in der wir aufgrund der Unterwanderung der Medien und der Justiz durch eine freiheitsfeindliche, grundrechtsferne Regierungsagenda schweben; im zweiten Teil porträtiert er dann das „Rettende“, jene kleine, aber feine und weiter wachsende Gegenöffentlichkeit und die damit verbundene oppositionelle „Szene“, die sich in den letzten Jahren nicht ohne Erfolg angeschickt hat, dem Konzerngoliath den scheinbar sicheren Sieg zu entreißen. In diesem dritten von drei Textauszügen aus „The Great WeSet“ beschreibt Walter van Rossum die wie aus dem Nichts entstandene Szene der Alternativmedien, der auch er selbst sowie Manova angehören. Er lotet aus, welche Chancen diese Bewegung gegen einen übermächtigen Gegner unter der Voraussetzung hat, dass zwischen den Protagonisten der Opposition ein „belastbarer gegenseitiger Respekt“ erhalten bleibt.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/die-falschung-der-welt-2




Auf Messers Schneide


Die Zukunft steht und fällt mit guter Bildung. Ein Programmvergleich der bayerischen Parteien lässt Schlechtes ahnen.


am Donnerstag, 05. Oktober 2023, 16:00 Uhr von Aaron Richter


Die bayerische Landtagswahl steht an. Um die derzeitige Polykrise, wie Adam Tooze sie nannte, zu überwinden, ist diese Wahl selbstredend nicht geeignet. Sie zeigt aber, wie gut sich das Land für zukünftige Herausforderungen wappnet — oder wie schlecht. Denn in der Bildungspolitik der Parteien findet sich ein Irrweg neben dem nächsten. Mehrere Bildungstrends beherrschen den Diskurs so sehr, dass sich fast alle Parteien zu ihnen positionieren — und dennoch bleiben viele Probleme unberührt. Der Wahlkampf liefert die Blaupause für einen ganzheitlichen Blick auf das deutsche Bildungssystem, das sich seit einigen Jahrzehnten im Niedergang befindet.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/auf-messers-schneide




Ideologische Pseudowissenschaft


Die Wissenschaften können sehr unterschiedlich betrieben und genutzt werden: als Marionetten der Mächtigen oder als Helfer der Menschheit.


am Donnerstag, 05. Oktober 2023, 15:00 Uhr von Günter Dedié


In den letzten Jahren hat sich in den Medien und im Netz eine Welle der Wissenschaftsablehnung ausgebreitet. Ein Grund dafür dürfte sein, dass sich die wichtigsten Kennzahlen der Coronaepidemie und des Klimawandels, die uns vom politisch-medialen Komplex als wissenschaftliche Ergebnisse „verkauft“ wurden, als unzutreffend herausgestellt haben. Es kommt hinzu, dass sich auch andere vom politisch-medialen Komplex propagierte Ursache-Wirkung-Zusammenhänge immer mehr als einseitig und ideologisch orientiert erweisen, beispielsweise bei der massenhaften Wohlstandsmigration nach Europa und beim Ukrainekrieg. Große Bereiche der Erziehung, der Forschung, der Medien und der Politik sind seit 1968 von links-grünen Ideologien unterwandert worden. Ihre pseudowissenschaftliche ideologische Propaganda beeinflusst die Bürger inzwischen weitaus mehr als gültige empirische Erkenntnisse.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/ideologische-pseudowissenschaft




Die „gefallenen Engel“ bauen Brücken


Am Tag der Deutschen Einheit bewies die Friedensbewegung, dass sie keine Eintagsfliege ist — bei der „Mir reicht’s“-Demo füllte sie erneut die Münchner Straßen.


am Donnerstag, 05. Oktober 2023, 14:00 Uhr von Nicolas Riedl


Die „gefallenen Engel“ sind zurück. Gemeint sind nach den Worten von Kanzler Scholz, der eine 100-Milliarden-Neuverschuldungfür die Rüstung auf den Weg gebracht hat, all jene Menschen, die sich der Militarisierung der Gesellschaft entschieden entgegenstellen. Mittlerweile hat sich in der immer größer werdenden Friedensbewegung in Zeiten von Cancel Culture und Kontaktschuldkonstruktionen immer mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir vor der Atombombe alle gleich sind. So kamen an diesem 3. Oktober Menschen zusammen, die sich sonst politisch wohl eher spinnefeind sind. Die Friedensbewegung gewinnt an Zulauf, während die martialische Unterstützungseuphorie für die Ukraine allmählich am Abklingen ist. Ein Erfahrungsbericht.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/die-gefallenen-engel-bauen-brucken




Der Gefürchtete


Die Freiheitliche Partei Österreichs liegt in allen Umfragen weit vorn, aber gegen eine Kanzlerschaft von Herbert Kickl wird das Establishment noch alle Register ziehen.


am Donnerstag, 05. Oktober 2023, 13:00 Uhr von Eric Angerer


Der Vorsitzende der rechtspopulistischen FPÖ hat sich in allen zentralen Fragen gegen das globalistische Parteienkartell positioniert: Er ist ein scharfer Kritiker der Corona-Maßnahmen. Er lehnt die Sanktionen gegen Russland ab. Er bekämpft die neoliberale Massenmigration nach Europa. Und er stellt sich gegen die Klima-Ideologie der Herrschenden. Dass er damit alle Umfragen überlegen anführt, sorgt im politischen und medialen Mainstream für immer mehr Panik. Bis zur EU- und Nationalratswahl im nächsten Jahr werden die Herrschaften alle Hebel in Bewegung setzen, um einen Wahlsieg und vor allem eine Kanzlerschaft Kickls zu verhindern.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/der-gefurchtete




Putins Lächeln


Entschlossen, die Feinde ihrer Feinde gut zu finden, idealisieren Kritiker des Mainstreams Russland — dabei ist das Land nicht unbedingt besser als der Westen, nur anders.


am Mittwoch, 04. Oktober 2023, 17:00 Uhr von Roberto J. De Lapuente


Wäre die Welt eine bessere, wenn alle Länder einen so besonnenen und weitsichtigen Führer hätten wie Wladimir Putin? Liest man einige „alternative“ Meinungsbeiträge, so könnte man annehmen, Russland sei das ultimative Reich des Guten. Aber stimmt das so? Gibt es in Putins Russland etwa keine Propaganda, keine Ausbeutung, keine Unterdrückung der Opposition? Und ist der Krieg gegen die Ukraine nicht so grausam wie andere Kriege auch? Wer darauf hinweist, dem wird gern unterstellt, er sei „westlicher Propaganda“ aufgesessen. Dabei schließen sachliche Kritik am Westen und eine klare Sicht auf Russland einander nicht aus. Hinderlich bei der Wahrheitsfindung ist lediglich ein radikal dualistisches Denken, also die Annahme, wenn die eine Seite eine verbrecherische Politik betreibe, müsse die andere lupenrein demokratisch sein. Heutige Kritiker des westlichen Mainstreams wiederholen offensichtlich die Fehler linker 68er, die in ihrem (selbst)kritischen antiwestlichen Furor meinten, bei den Menschenrechtsverletzungen östlicher Despoten ein Auge zudrücken zu müssen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/putins-lacheln




Das alternative Katastrophenszenario


Im Diskurs über den menschengemachten Klimawandel spielt auch die Verschmutzung der Ozeane eine Rolle.


am Mittwoch, 04. Oktober 2023, 16:00 Uhr von Felix Feistel


Die Debatte um den Klimawandel ist nicht neu, sie wird nur immer hitziger geführt — und vermeintliche Lösungen werden zuweilen in totalitärer Manier präsentiert. Nun bringt Dr. Egon Cholakian eine neue Komponente in die Debatte ein: Ihm zufolge ist die Menschheit binnen 13 Jahren vom Aussterben bedroht, während er gleichzeitig die Erklärung, CO2 sei die Ursache des Klimawandels, zurückweist. Stattdessen sei es die Verschmutzung der Ozeane mit Kohlenwasserstoffen, die, in Kombination mit kosmischen Faktoren, zu einer Katastrophe führen würde. Der Lebenslauf von Dr. Cholakian wirft Fragen auf.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/das-alternative-katastrophenszenario




Die Phantom-Linke


Das größte Problem der westlichen Linken ist, dass es sie nicht gibt. Exklusivauszug aus „Das Erste-Hilfe-Büchlein gegen Propaganda“.


am Mittwoch, 04. Oktober 2023, 15:00 Uhr von Caitlin Johnstone


Wenn man sich den linken Diskurs anschaut, könnte man meinen, das größte Problem dieser politischen Richtung bestehe darin, dass einige ihrer Vertreter die falschen Überzeugungen zu diesem oder jenem Thema hätten. Manche meinen, die Linke schenke der Identitätspolitik zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit, sie lege zu viel oder zu wenig Wert auf die Wahlpolitik oder gehe mit den Feinden des US-Imperiums zu freundlich oder unfreundlich um. Andere erheben den Vorwurf, dass diese oder jene Fraktion alles falsch verstehe — aber das ist nicht der Fall. Das größte Problem ist, dass es nicht einmal annähernd genug Linke gibt, um im Westen heute etwas zu erreichen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/die-phantom-linke




Stand by me


In jedem von uns wartet eine Kraft darauf, aufzusteigen, die die Dinge zum Besseren wendet.


am Mittwoch, 04. Oktober 2023, 14:00 Uhr von Kerstin Chavent


Um etwas zu erreichen, so glauben wir gemeinhin, müssen wir uns besonders dafür anstrengen. Wir konzentrieren uns darauf, zu versuchen, die Dinge so zurechtzubiegen, wie wir sie uns vorstellen. Das Resultat befriedigt uns oft nicht. Und wenn, dann verwenden wir viel Energie darauf, es so zu erhalten. Doch was, wenn es andersherum wäre? Wenn wir eher etwas loslassen müssten, als nach den Dingen zu greifen? Wenn Hingabe und Vertrauen der Schlüssel wären? Wenn also unsere Aufgabe darin bestünde, einen Raum zu schaffen, in dem die Dinge sich so abspielen können, wie es gut für uns und andere ist?


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/stand-by-me




Optimismus, Coke und Rock ‘n‘ Roll


Die US-amerikanische Kultur hat viele im Westen aufgewachsene Menschen entscheidend geprägt — viele Impulse waren durchaus positiv.


am Mittwoch, 04. Oktober 2023, 13:00 Uhr von Daniela Wolter


Der American Way of Life war im Nachkriegsdeutschland sicher auch für viele Deutsche eine Triebfeder, um das zerstörte Land wieder aufzubauen und optimistisch in die Zukunft blicken zu können. Denn in den USA war und ist der Grundsatz verbreitet, dass jedes Individuum mit ausreichend Willen jedes Ziel erreichen kann. Die Autorin dieses Essays wurde zwar erst Ende der 1970er-Jahre geboren, durch ihren Vater wurde aber auch sie in ihrer Kindheit von einer recht positiven Sicht auf Amerika und seine westlichen Errungenschaften geprägt. Ein Schauspieler war Präsident, Coca-Cola machte irgendwie glücklich, und die Plattensammlung ihres Vaters weckte früh ihr Interesse für amerikanische Musik der 1950er- bis 80er-Jahre und für Musik im Allgemeinen. Und sicher hat sie durch ihn auch ihre Freiheitsliebe mit in die Wiege gelegt bekommen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/optimismus-coke-und-rock-n-roll




Folgenreiche Spannungen


Unser Wohlstand gerät zunehmend zwischen die Mühlen der internationalen Krisen.


am Dienstag, 03. Oktober 2023, 17:00 Uhr von Christian Kreiß


Nach Russland ist jetzt China dran. In den letzten Monaten verging kaum ein Tag, an dem im Wall Street Journal nicht ein kritischer Bericht zu China veröffentlicht wurde. Dort findet geradezu ein „ökonomisches China-Bashing“ statt. Anfang August kam von der Regierung Biden die sogenannte Executive Order, die Hightech-Investitionen von US-Firmen in China verbieten soll — ein vorläufiger Höhepunkt in den sich vor allem seit 2018 verschlechternden politischen Beziehungen zwischen den beiden großen Ländern (1). Die Executive Order wurde von US-Medien als „Verschiebung des gesamten Risikoumfeldes“ bewertet (2). Seit dem Ukrainekrieg hat sich die negative Entwicklung weiter beschleunigt (3). Was bedeutet das für unsere Ökonomie, für unser Leben (4)?


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/folgenreiche-spannungen




Erfüllungsgehilfen unter Waffen


Die Münchner Polizei schützte eine illegale Klimaprotestaktion — politisch weniger genehme Proteste wurden in der Vergangenheit trotz legaler Ausführung mitunter gewaltsam unterbunden.


am Dienstag, 03. Oktober 2023, 16:00 Uhr von Flo Osrainik


Vor ein paar Tagen fand mal wieder eine dieser Klimaprotestaktionen — oder wie man die Nötigungen der Weltuntergangsfanatiker mit ihren doppelten Standards auch immer nennen möchte — statt. Dieses Mal in München. Genau genommen am 20. September 2023. Das Ergebnis: Zeitdiebstahl und eine Polizei, die sich spontan zum Helfer einer möglichen Straftat macht. Schon wieder. Muss das sein? Vermutlich ja. Warum? Vielleicht, weil es so gewollt ist? Von der Politik und ihren alten weißen Hintermännern. Und weil das Unrecht der Rechthaber herrscht, also jener mit den dickeren Knarren und Brieftaschen.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/erfullungsgehilfen-unter-waffen




Die angekündigte Hungerkatastrophe


Trockenheit und Umweltkatastrophen bedrohen in Indien die Herbsternte — die Folgen für die Ernährungssicherheit könnten verheerend sein.


am Dienstag, 03. Oktober 2023, 15:00 Uhr von Indra Shekhar Singh


Die indische Regierung hat den Export bestimmter wichtiger Nahrungsmittel wie Reis verboten oder behindert ihn durch hohe Zölle. Dies kann als Alarmsignal gelten, denn es bedeutet: Es ist nicht sicher, dass alle Menschen im eigenen Land in naher Zukunft ernährt werden können. Dies hat mit einer zurückliegenden Heuschreckenplage zu tun, mit dem Russland-Ukraine-Krieg, mit einigen anormalen Wetterereignissen, vor allem jedoch mit einer außergewöhnlich geringen Niederschlagsmenge. Der Grundwasserspiegel ist niedrig, viele Ernten in den letzten Jahre fielen eher mager aus. Indien gehört weltweit zu den Ländern, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Gleichzeitig sprechen wir vom derzeit bevölkerungsreichsten Land der Erde. Im Zusammenhang mit einer Hyperinflation auf Lebensmittel ist die Situation für die Bevölkerung mittlerweile bedrohlich.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/die-angekundigte-hungerkatastrophe




Was Krieg bedeutet


Im Manova-Exklusivgespräch erzählt der Journalist Patrik Baab von seinen Reisen auf beiden Seiten der Front in der Ukraine.


am Dienstag, 03. Oktober 2023, 14:00 Uhr von Elisa Gratias


„Alle Politiker sind Langweiler, Lügner und Betrüger. Ich spreche mit Menschen“, schrieb die legendäre amerikanische Kriegsreporterin Martha Gellhorn, deren Kriegsreportagen sich durch ihre große Humanität auszeichnen. Patrik Baab handhabt das genauso und setzte dieses Zitat von ihr an den Anfang seines neuen Buchs „Auf beiden Seiten der Front“, das am 9. Oktober 2023 erscheint. Im Gespräch mit Elisa Gratias teilt er seine erschütternden Beobachtungen und Berichte der Menschen im Ukrainekrieg mit.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/was-krieg-bedeutet




Grundwert im freien Fall


Es hilft nichts, wenn die Menschenwürde als unantastbar im Grundgesetz verankert ist, solange „Würdenträger“ sie ungestraft mit Füßen treten dürfen.


am Dienstag, 03. Oktober 2023, 13:00 Uhr von Dorothea Fischer


Jeder kennt den Satz von der „unantastbaren Würde“ aus unserem Grundgesetz. Warum aber fühlt es sich dann nicht so an, als sei Paragraf 1 in Deutschland in Kraft? Speziell in den Coronajahren hatten viele das Gefühl, der Staat könne so ziemlich alles mit ihm machen, was ihm beliebt. Schutz durch die Gerichte und das Bundesverfassungsgericht — Fehlanzeige. Ein Grund kann darin bestehen, dass über die Definition der Menschenwürde große Meinungsdifferenzen bestehen und dass bei Verletzungen der Würde durch Staatsorgane ausgerechnet die Täter-Seite darüber zu befinden hat, wo Würde beginnt und wo sie aufhört. Im Übrigen verhalten sich viele Menschen im Alltag — auch ganz ohne dass der Staat daran schuld wäre — so würdelos, dass es teilweise scheint, als bestünde an diesem Grundwert kein gesteigertes Interesse mehr.


Zum Artikel https://www.manova.news/artikel/grundwert-im-freien-fall


Haben Ihnen unsere Artikel der letzten Woche gefallen? Dann empfehlen Sie uns bitte weiter oder unterstützen https://www.manova.news/unterstuetzen unsere Arbeit auf andere Art und Weise.


Übrigens: Manova finden Sie auch auf Telegram, Odysee und Spotify – uns gibt es als Newsfeed und teilweise sogar als Buch.


Ihre Manova-Redaktion


Sie können sich jederzeit von unserem Newsletter abmelden. Hierzu einfach auf den folgenden Link klicken:

Vom Newsletter abmelden http://manova.news/subscription/unsubscribe/4f83df792cf86d003ffdcf27377ae05e0c1e5becf82e97fb1e2364576820d254


Impressum: Initiative zur Demokratisierung der Meinungsbildung gGmbH, Am Schleifweg 16, 55128 Mainz, vertreten durch die Geschäftsführerin Jana Pfligersdorffer; Kontakt: Telefon: +49-6131-2107982, E-Mail: geschaeftsfuehrung@manova.news; Registergericht: Amtsgericht Mainz; Registernummer: B47255


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.10.2023

Zeitgeschehen im Fokus
Forschen - Nachdenken - Sclüsse ziehen  (I von II)


^


Bundesrätin Amherd plant «Out-of-area»-Einsätze der Schweizer Armee Angriff auf fremdes Territorium als Selbstverteidigung?


von Thomas Kaiser

Seit dem Beginn des Ukrainekriegs herrscht in Europa Kriegshysterie, die auch vor der Schweiz nicht haltgemacht hat. Der amtierende Bundespräsident, Alain Berset, bestätigte das in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag», als er von «einem Kriegsrausch gewisser Kreise» sprach.¹

Die von Putin ausgelöste «militärische Sonderoperation» wird zum Menetekel, das der Schweiz die Berechtigung und politische Zustimmung zu geben scheint, Waffensysteme zu verbessern, neue Strategien zu entwickeln, und sich näher an die Nato anzulehnen, wie im neusten Militärpapier «Die Verteidigungsfähigkeit stärken» nachzulesen ist. Dazu später mehr.

Wie schon vor 50 Jahren kommt der Feind aus dem Osten, «entschlossen, den Westen zu erobern». Über Jahrzehnte wurde den Menschen dieses Narrativ ins Hirn gebrannt. Auch wenn die Umstände heute anders sind, die Stimmung, die von Medien und Politikern verbreitet wird, ist erschreckend ähnlich.

Unverständlich bleibt, warum sich die Schweiz offensichtlich der Nato-Sichtweise anschliesst – ohne eine eigene unabhängige Analyse, die die politischen und geografischen Bedingungen unseres Landes einbezieht. Anstatt blind aufzurüsten, müsste sie sich mit aller Kraft für ein Ende des Krieges durch Verhandlungen einsetzten.

Als Anfang des 21.Jahrhunderts der deutsche Verteidigungsminister (SPD), Peter Struck, davon sprach, Deutschland müsse «seine Sicherheit am Hindukusch verteidigen», entstand in Europa eine neue militärische Dimension, ein Konzept, gemäss dem die Verteidigung nicht mehr darin bestand, die eigenen Landesgrenzen zu schützen, sondern in anderen Ländern Kriege zu führen. So erklärte Struck: «Diese moderne Sicherheitspolitik lässt sich geographisch nicht eingrenzen.»² Es schien, als sei über Nacht eine Strategie geboren, die Sicherheit des eigenen Landes mit einem Kriegseinsatz weit ausserhalb der Staatsgrenzen zu erreichen. Erster Testfall war 1999 der Krieg gegen Serbien. Nach dem Krieg erklärte der Pressesprecher der Nato, Jamie Shea, dass es gelungen sei, die Bevölkerung in Deutschland und anderen Nato-Ländern zu überzeugen, dass zur Verteidigung der eigenen Sicherheit militärische Einsätze weit ausserhalb der Landesgrenzen geführt werden müssten.³ «Out-of-area»-Einsätze hiess die neue Strategie. Für Deutschland, das sich am Krieg gegen Serbien beteiligte, war das ein Tabubruch und eine eklatante Verletzung des Artikels 26 des Grundgesetzes, nämlich «dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen» werde und «Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen».⁴

Militärisch oder geheimdienstlich destabilisiert

Verteidigung bedeutete also seither nicht nur Schutz der eigenen Grenzen, sondern kriegerische Einsätze weit ausserhalb des eigenen Territoriums. Mit dem in der Uno-Charta verbrieften Selbstverteidigungsrecht hat das nichts zu tun, ist also ein Völkerrechtsbruch.⁵

Die Aussenpolitik der USA hielt sich selten an das Völkerrecht und wenn, dann nur zum eigenen Vorteil. Die USA nahmen und nehmen noch heute für sich das Recht in Anspruch, in allen Staaten dieser Erde militärisch oder geheimdienstlich zu intervenieren, wenn sie eine eigenständige, von den USA unabhängige Politik anstreben. Staaten wie Korea, Iran, Guatemala, Kongo, Kuba, Vietnam, Chile, El Salvador, Nicaragua, Panama, Libyen, Syrien und viele weitere können ein Lied davon singen.

Vom Kommunismus zum Terrorismus

Die Liste der Länder, die in den «Genuss» US-amerikanischer Intervention kamen, ist also lang. Nach dem Ende des Kommunismus war der islamische Terrorismus der neue Feind. Das Vorgehen war immer gleich, ob in Afghanistan oder im Irak, Libyen oder Syrien. Die USA erklärten die Staaten zu Unterstützern von Al Kaida, was alles rechtfertigte. Inzwischen stehen Russland und China auf der Liste feindlicher Staaten, die bis jetzt nur indirekt mit Sanktionen und Waffenlieferungen an «befreundete» Staaten bekämpft werden.

Bei allen Interventionen erfanden die USA Gründe, um ihren «Out-of-area»-Einsätzen einen legitimen Charakter zu geben. Dazu gehören unter anderem Geschichten wie Saddam Husseins Atomwaffen oder Gaddafis Bombardierung der Zivilbevölkerung. Eine Bedrohung der territorialen Integrität der USA lag niemals vor. Aber die USA hätten an Einfluss verloren, wenn sich diese Länder einen eigenen unabhängigen Weg gesucht hätten. Das Ganze ist ein krasser Verstoss gegen das Völkerrecht.

Dazu benutzt man also Einsätze ausserhalb der Landesgrenzen.

«Out-of-area»-Einsätze der Schweiz

Eine Landesverteidigung – wie der Name schon sagt – konzentriert sich darauf, die Grenzen des eigenen Landes zu verteidigen und zu schützen. Die Armee verhindert, dass der Feind ins Land eindringen kann. Alles andere hat mit Landesverteidigung und Schutz der Bevölkerung nichts zu tun. Das stört Bundesrätin Amherd nicht. Sie unterstützt «Out-of-area»-Einsätze – im Sinne militärischer Intervention im Ausland – und findet auch die «richtigen» Worte, um in der Öffentlichkeit Zustimmung für die neue Ausrichtung der Verteidigungsstrategie zu erhalten: «Wenn man wartet, bis die Rakete im Haus einschlägt, muss man nicht mehr verteidigen. Dann ist es zu spät. Man muss schauen, dass man sie bereits aufhalten kann, bevor sie ihr Ziel erreicht.»⁶ Die hier präsentierte Idee existiert nicht erst seit dem Ukrainekrieg. Im Zusammenhang mit der Armeereform «Armee XXI» wurden solche Szenarien angedacht. Dazu gehörte die Interoperabilität, die in Anlehnung an die Nato immer mehr umgesetzt wird, und mögliche Einsätze ausserhalb der Landesgrenzen. Die Schweiz verteidigt sich nicht mehr allein, sondern im Verbund mit der Nato, obwohl sie kein Nato-Mitglied ist und ein Beitritt mit der Neutralität nicht zu vereinbaren wäre. Zwar betont Armeechef Süssli, man müsse die Landesverteidigung stärken – was grundsätzlich zu befürworten ist –, um Land und Leute zu schützen, doch stellt sich die Frage, vor wem, mit welcher Strategie und mit welchen Mitteln?

Der Kauf des amerikanischen Kampfjets F-35 bedeutet doch einen weiteren Schritt in Richtung Nato, denn Nato-Länder führen diesen auch in ihrem Arsenal. Das passt bei einem gemeinsamen Einsatz gut zusammen. War die Auswahl des F-35 bereits dem Umstand der Interoperabilität und «Out-of-area»-Einsätzen geschuldet? Was diese im Verbund mit den USA bedeuten können, ist zu genüge bekannt.

Absurd und fern jeglicher Realität

Stellen wir uns einmal folgendes klischeehafte und hypothetische Szenario vor, denn von diesem scheinen unsere Verantwortlichen der Landesverteidigung als realistische Möglichkeit auszugehen: Die russische Armee greift die Schweiz an, weil sie die Kontrolle der Alpenpässe als wichtige Voraussetzung für ihren Feldzug gegen Südeuropa sieht, nachdem Ost- und Westeuropa in einem heftigen Krieg erobert worden sind. Auch ist es verlockend, den Bankenplatz Schweiz zu kontrollieren. Das heisst, die russische Armee ist bereits durch die Ukraine oder Polen – immerhin ein Nato-Land – marschiert, dann durch Deutschland, bis sie an der Grenze der Schweiz steht. Währenddessen versuchen Schweizer F-35 Kampfjets den Hafen von Sewastopol, die herannahenden russischen Truppen im Schwarzwald, das neue Hauptquartier-Süd der russischen Armee in Stuttgart und sensible Infrastruktur der Russen an der polnischen Grenze zu bombardieren. Ist das tatsächlich realistisch? Gleichzeitig wird uns von Experten weisgemacht, die russische Armee sei unfähig, die Ukraine zu besiegen, und nicht in der Lage, das gesamte Land einzunehmen; die Soldaten liefen aus Angst reihenweise davon, die Militärführung sei desorientiert und stümperhaft, die Armee in einem desolaten Zustand. Und diese unfähige Armee soll also durch mehrere Nato-Länder marschieren – die nach Artikel 5 des Nato-Vertrags von allen übrigen Nato-Ländern Unterstützung bekommen – und am Schluss unser Land erobern. Das ist doch absurd und fern jeglicher Realität.

Was stimmt denn jetzt? Ist die Armee Russlands in der Lage, Europa zu erobern und bis an die Schweizer Grenze vorzustossen, oder ist es eine Armee von Dilettanten, die schon gegen einen schwachen Staat wie die Ukraine scheitert? Russland hat keinen Grund, solch einen Feldzug auszulösen, auch wenn die Einschätzung der «Experten» über die russische Armee an den Haaren herbeigezogen ist.

Engere Zusammenarbeit mit der Nato

Dennoch argumentiert man weiterhin mit einer gefährlichen Bedrohung durch Russland.

Ein Blick in das neue Schweizer Armeepapier «Die Verteidigungsfähigkeit stärken» enthüllt, worum es wirklich geht. Erst wurde die politische Neutralität schwer beschädigt, jetzt folgt die militärische:

«Wird die Schweiz militärisch angegriffen, fallen die neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen weg. Der Schweiz steht es dann frei, sich gemeinsam mit ihren Nachbarn zu verteidigen oder mit einem Bündnis wie der Nato zusammenzuarbeiten.

Eine solche Kooperation ist allerdings nur möglich, wenn auch die Schweizer Armee substanzielle Leistungen erbringen kann. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass kein Partner mit der Schweiz eine Kooperation eingehen wird, wenn er die gesamte Last alleine zu tragen hat.»

Im Klartext: Die Schweiz gibt bereits in Friedenszeiten die Neutralität auf und dient sich schon präventiv der Nato an, um bei einem russischen Angriff auf ihre Unterstützung zu zählen. Unter dieser Prämisse wird auch klar, warum die Schweizer Armee Angriffe ausserhalb des eigenen Territoriums durchführen soll. Es gehört ins Konzept der USA und der Nato. Der F-35 als US-amerikanischer Kampfjet ist dafür prädestiniert, und der Verkauf der eingemotteten Kampfpanzer wird den Goodwill der Nato gegenüber der Schweiz steigern.

Doch damit nicht genug. Weiter heisst es: «Um Angriffe gegen die Schweiz erfolgreich zu verhindern und abzuwehren: – schwächt oder zerschlägt die Armee angreifende gegnerische Kräfte bereits ausserhalb der Landesgrenzen insbesondere durch offensive Aktionen gegen Bereitstellungen, Versorgungslinien, Führungseinrichtungen und Schlüsselsysteme in allen Wirkungsräumen.»

Das ist reiner Wahnsinn. Wir leben in einer Zeit völliger Verwirrung, die nicht vom Krieg gegen die Ukraine ausgelöst wurde, sondern schon lange zu beobachten ist, und nun ungeschminkt an die Oberfläche gespült wird.

Russland hat noch nie der Schweiz gedroht

Russland ist der «grosse Feind», und die USA im Verbund mit der Nato «der grosse Freund». Noch nie hat Russland in der jüngeren Geschichte die Schweiz bedroht noch in die inneren Angelegenheiten unseres Landes eingegriffen. Die USA, Deutschland, Frankreich und so weiter. haben der Schweiz in den letzten zwei Jahrzehnten immensen Schaden zugefügt und sich direkt in die inneren Angelegenheiten unseres Landes eingemischt: Man denke nur an die Forderung, die Schweizer Steuergesetze denjenigen der USA anzupassen oder an die Drohung gegenüber Schweizer Banken, wenn das Bankkundengeheimnis nicht falle, nicht mehr in den USA arbeiten zu können, an gestohlene Bank-CDs, um Druck auf die Schweiz auszuüben, bis hin zu Peer Steinbrücks Kavallerie, deren Existenz alleine den anderen gefügig machen soll, und vieles mehr. Das Spiel der Macht kennt keine Grenzen und keine Freunde.

Man kann sich vorstellen, welchen Preis die Schweiz zu zahlen hat, damit die Nato uns «schützt». Wenn die Särge unserer Töchter und Söhne in Kloten ankommen, ist es zu spät.

¹ magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/schweiz/ich-spuere-heute-in-gewissen-kreisen-einen-kriegsrausch-ld.1730007?reduced=true
² www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-des-bundesministers-der-verteidigung-dr-peter-struck--784328
³ www.dailymotion.com/video/x29w01f
www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/artikel-26-grundgesetz-und-seine-mangelhafte
unric.org/de/charta/#kapitel7
www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/schweizer-armee--verteidigen-kann-neu-heissen---offensive-luftschlaege-im-ausland/48841776
www.vtg.admin.ch/content/vtg-internet/de/die-schweizer-armee/grundlagen/zukunft/zielbild-und-strategie-fuer-den-aufwuchs/_jcr_content/contentPar/tabs/items/59_1692109071424/tabPar/downloadlist_copy/downloadItems/180_1691408900629.download/81_298_d_Zielbild-und-Strategie_2023.pdf

veröffentlicht 3.Oktober 2023


^


Zynismus der westlichen Länder gegenüber der Ukraine «Die USA waren sich im Klaren, dass die Offensive keinen Erfolg haben würde»


Interview mit Jacques Baud*


Jacques Baud (Bild thk)«Putin – Herr des Geschehens?» ist vor etwa zwei Monaten auf


Deutsch erschienen. Was hat es für Reaktionen ausgelöst?





Jacques Baud (Bild thk)


Zeitgeschehen im Fokus Ihr Buch

acques Baud In den Mainstream-Medien wurde es kaum erwähnt, aber ich weiss, dass sehr viele Journalisten aus den grossen Medienhäusern es gelesen haben. Es beruht auf Fakten, die mit Quellen belegt werden. Es enthält andere Aspekte und Einschätzungen, als die, die tagtäglich von den Mainstream-Medien verbreitet werden. Aufgrund der vielen Quellen, die die Beurteilung der Vorgänge belegen, ist es sehr schwierig, Kritik daran zu üben. Das ist sicherlich auch der Grund, warum ich keine negativen Kritiken erhalten habe, obwohl ich glaube, dass dieses Buch viele Menschen verstört. In den Rückmeldungen einiger Journalisten habe ich festgestellt, dass sie über den Konflikt sehr schlecht informiert sind. Viele fragten mich nach Informationen, die von den Ukrainern selbst gegeben worden waren! Sehr viele haben auf das Buch gewartet. Viele merken jetzt, dass alles, was über die Ukraine, die Russen und den Krieg berichtet wurde, nicht stimmt. Die Schwierigkeiten in der Ukraine sind massiv. Nicht nur auf der militärischen, sondern auch auf der gesellschaftlichen Ebene: mit Anpassung der Gesetze, die Verstärkung der Strafen gegen Deserteure, Verbot der Ausreise und so weiter. Das sind alles Indikatoren dafür, dass die ukrainische Verteidigung nicht so funktioniert, wie sie bei uns dargestellt worden ist. Diese Diskrepanz zwischen dem, was man heute sieht und hört, und dem, was man uns vor anderthalb Jahren erzählt hat, ist das Haupthindernis für die Lösung des Konflikts. Ganz konkret bedeutet das, unsere Medien sind die Architekten der Niederlage der Ukraine und die Ursache, dass keine Verhandlungslösung gefunden wird. 

Sie haben Schwierigkeiten der Ukraine auf militärischer und gesellschaftlicher Ebene erwähnt. Wie hat sich die militärische Lage seit der Sommeroffensive entwickelt? Haben wir immer noch den Status quo: Die Ukrainer greifen an, und die Russen lassen sie dabei ins Messer laufen?

Das ist genau so. Seit dem Oktober letzten Jahres haben die Russen, und das wurde von General Sorowikin deutlich kommuniziert, eine neue Strategie gefahren: Wir werden keine grossen Operationen mehr durchführen. Wir werden auf den Feind warten und ihn systematisch vernichten. Dadurch entstand der Ausdruck, der für Bachmut benutzt worden ist: «Der Fleischwolf». Die Russen planten diese Strategie genau, bereiteten sie vor und führten sie durch. Sie erstellen seit fast einem Jahr ein Verteidigungsdispositiv entlang der Frontlinie, das in der Tiefe gestaffelt ist. Die erste Zone ist eine Überwachungszone, als nächstes folgt eine zwei- bis dreistufige Verteidigungslinie, die sogenannte Surowikin-Linie. Die erste Zone bildet ein Landstreifen mit einer Breite von ungefähr 5 bis 10 Kilometern. In dieser Überwachungszone gibt es kein Verteidigungsdispositiv, aber Minenfelder. Auch operieren dort leichte dynamische Verbände, sogenannte Panzerjäger, die ausgebildet und ausgerüstet sind, Panzer zu jagen und diese zu bekämpfen. Unterstützt werden sie dabei durch Drohnen. In einigen Gebieten scheinen die Russen sogar Roboter getestet zu haben. Es gibt keine befestigten Verteidigungsanlagen wie Panzersperren, Schützengräben und so weiter. Diese Zone hat nicht das Ziel, den Feind zu stoppen, sondern ihn zu filtrieren und zu kanalisieren. Es geht darum, zu verhindern, dass sich die ukrainische Armee entfalten und einen Hauptstoss bilden kann und so weiter. Die dort vorhandenen Minenfelder können relativ einfach überquert werden, wenn man die richtigen Mittel dafür einsetzt. Hat der Feind eine Bresche in das Minenfeld geschlagen, wird der feindliche Panzer kanalisiert. Er wird dann genau dort durchkommen, wo man ihn erwartet und wo er unschädlich gemacht werden kann. 

Ein ähnliches Verteidigungskonzept gab es auch in der Schweizer Armee. Man hatte Minenfelder rund um die Schweiz und dahinter auch eine dynamische Verteidigung mit Panzern und Ähnlichem. Auch hier ging es darum, den Feind zu kanalisieren. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Russen ihre Aufklärungs- und Feuermittel in ein einziges Führungssystem integriert haben, das es ihnen ermöglicht, in Echtzeit zu reagieren. 

Obwohl laut ukrainischen Quellen die Offensive offiziell bereits im Mai begonnen hat, gehen wir von einem Beginn am 4. Juni aus, was bereits mehr als drei Monate her ist. In dieser Zeit erreichten die Ukrainer nicht einmal die Surowikin-Linie der Russen. Der Durchbruch, der erwartet worden war, erfolgte nicht. Was übrig bleibt, sind Kapazitäten, die nicht mehr ausreichen, um einen weiteren Vorstoss durchzuführen. Man kann sagen, militärisch ist die Gegenoffensive ein Misserfolg. 

Dann gehört der in unseren Medien aufgeblasene «Durchbruch von Rabotino» ins gleiche Kapitel?

Ja, so ist es. Die Ukrainer sind zwar in die Nähe der ersten Verteidigungslinie gekommen, waren im Raum Rabotino, aber ein Durchbruch ist nicht gelungen. Tarnavskij, General der ukrainischen Streitkräfte, berichtete, es hätte einen Durchbruch gegeben. Er betrachtete die Sicherheitszone als Verteidigungslinie. Man spielt hier mit Begriffen. 

Aber Fakten sind Fakten: Es gibt keinen Durchbruch. Man weiss, die USA waren sich im Klaren, dass die Offensive keinen Erfolg haben würde. Die Situation wurde mit einem Kriegsspiel durchgespielt. Es hat gezeigt, dass das keinen Erfolg bringen wird. Die USA haben die Ukraine in die Offensive gegen die Russen einsteigen lassen, wohlwissend, dass sie verlieren wird. Das zeigt den Zynismus der westlichen Länder gegenüber der Ukraine.

Muss man sich das Kriegsspiel wie ein Computerspiel vorstellen mit Simulation und Algorithmen, um zu einer möglichst realistischen Darstellung und Einschätzung zu kommen?

Es ist genau das. Es ist eine modellhafte Simulation eines Kampfes. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg bis in die 60er, 70er Jahre hatte man das im Sandkasten gemacht, bis die Computerisierung weit genug fortgeschritten war, um das am Bildschirm zu simulieren. So konnte man die Möglichkeiten des Feindes und die eigenen ausloten. Man versucht, die möglichst beste Entscheidung zu treffen. Die Schweiz arbeitet ebenfalls mit Simulationen.

Warum liessen die USA die Ukraine mit der Frühjahrsoffensive in dieses Desaster laufen, obwohl sie doch genau wussten, dass es nicht gelingen wird, die Russen zurückzudrängen?

Das Ziel der westlichen Länder war nicht der Sieg der Ukraine, sondern die Niederlage Russlands. Das scheint zunächst das Gleiche zu sein, aber es gibt einen Unterschied. Der Ukraine geht es darum, das Territorium zurückzuerobern. Das ist verständlich. Ihr Ziel ist die Wiederherstellung der territorialen Integrität und der Souveränität über die eroberten Gebiete. Im Westen ist die Zielsetzung etwas anders. Schon am Anfang – das weiss man aus Aussagen Arestovytschs sowie der Rand-Cooperation im Frühling 2019 – war es das Ziel der USA, einen Sturz der Regierung in Russland zu erreichen. Man wusste und weiss, dass die Ukraine nicht die Stärke und auch nicht die Fähigkeit hat, die Russen militärisch zu besiegen. Aber man war überzeugt, dass ein längerer Krieg die russische Bevölkerung beeinflusst. Man erwartete in diesem Krieg eine Ermüdung der Russen. Am Schluss sollte der verlängerte Krieg eine politische Krise auslösen, die zum Sturz der jetzigen Regierung führen sollte. Das Grundelement für diese Idee ist die Überzeugung des Westens, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung Putin hasst und jede Möglichkeit sucht, um gegen die Regierung vorgehen zu können. Das ist die Logik.

Ich möchte nochmals auf Rabotino zurückkommen. Wurden die Ukrainer wieder aus der Sicherheitszone herausgedrängt?

Das Problem ist, dass Rabotino an der Frontlinie liegt. Es ist sozusagen das, was man im Ersten Weltkrieg als «Niemandsland» bezeichnete. Das Dorf liegt in der Kampfzone, aber die Ukraine hat es nicht unter Kontrolle. Doch was heute gilt, ist morgen vielleicht nicht mehr wahr, da die Ukrainer vorrücken und sich wieder zurückziehen. Die Russen lassen die Ukrainer vorrücken, zerstören sie mit Artillerie und gewinnen dann wieder an Boden; das gleiche Szenario wiederholt sich unaufhörlich. Im Fall von Rabotino setzten die Ukrainer etwa 10 Brigaden in diesem Gebiet ein und erlitten enorme Verluste. Rabotino ist ein Dorf und hatte vor dem Krieg etwa 480 Einwohner. Die Menschen wurden natürlich evakuiert. Das ist im Grunde genommen ein unbedeutendes Dorf. Die 12 Brigaden, die für diese Gegenoffensive vorbereitet, ausgerüstet und ausgebildet wurden – 9 Brigaden im Westen, zum Beispiel in Deutschland und so weiter, und drei Brigaden in der Ukraine – waren an dem Vorstoss beteiligt. 

Vor einigen Tagen führten die Russen eine Rotation der im Sektor Rabotino eingesetzten Truppen durch. Offenbar wechselten sie nur 500 Mann aus. Die Zahl ist nicht bestätigt, aber sie könnte darauf hindeuten, dass den zehn Brigaden etwa 500 Männer gegenüberstanden. Wenn dies zutrifft, bedeutet dies, dass diese 500 Männer 30- bis 40 000 ukrainische Soldaten zurückgehalten hätten. Dies ist nicht unmöglich, wenn man das Gelände einbezieht. Vor allem aber könnte die bemerkenswerte Integration des Kampfs der verbundenen Waffen durch die  russische Führung diesen Erfolg erklären. 

War diese Taktik nicht auch an anderen Orten für die Russen erfolgreich?

Ja, die Taktik der Russen wurde in Charkow im September 2022 und in Cherson im Oktober 2022 angewendet. Damals hatten unsere Medien das so interpretiert, dass die Ukraine eine viel bessere operationelle Führung habe und den Russen überlegen sei. Das ist eine falsche Beurteilung. Ich hatte das immer wieder erklärt: In Charkow und Cherson zogen sich die Russen zurück, weil sie die Gebiete nicht verteidigen, die Frontlinie verkürzen und in ihrem Dispositiv eine höhere Dichte in der Verteidigungslinie wollten. Sie verliessen diese Gebiete, erst dann «griffen» die Ukrainer an. Die USA entdeckten damals, dass die Russen diese Gebiete verlassen hatten und informierten die Ukrainer. Zu dem Zeitpunkt hatten die Ukrainer eine Offensive im Gebiet um Cherson. Die USA teilten ihnen dann mit, dass sie jetzt nach Charkow wechseln sollten. Die Ukraine warf ihre Pläne über den Haufen und verlegte Truppen nach Charkow. Dort kamen sie in ein leeres Gebiet. Sobald die Ukrainer weiter in Gebiete vorstiessen, wurden sie vom Artilleriefeuer der Russen empfangen und hatten grosse Verluste, obwohl es zu keiner Schlacht kam. In unseren Medien konnte man dann über den Erfolg der Ukrainer lesen. Tatsächlich wurden sie in eine Falle gelockt und von massiver russischer Artillerie empfangen. 

Das ist auch der Grund, warum Selenskij einen Monat später sehr vorsichtig war, Charkow anzugreifen. Er hat gesagt, sie würden erneut in eine Falle gelockt. Er hatte Recht! Bei der ukrainischen Gegenoffensive wandten die Russen die gleiche Taktik an.

Der Westen erwartete aber, sobald die Gegenoffensive beginne, würden die Russen sofort in Panik geraten und fliehen. Die Folge wäre eine politische Krise in Russ­land, indem die Bevölkerung gegen die Regierung auf die Strasse ginge. Diese Krise würde den Sturz Putins bewirken. Das war eine verrückte Idee …

Bei jeder militärischen Operation steckt immer die gleiche Idee dahinter, die russische Bevölkerung zu einem Aufstand zu bringen oder den Sturz Putins zu erreichen. Ist das nicht fern jeglicher Realität?

Ja, das ist eine falsche Einschätzung des Westens über die Stimmung in Russland. Man ignoriert die Realität seit dem Beginn der «Sonderoperation». Im Januar 2022 lag die Popularitätsquote Putins bei etwa 69 Prozent. Nach dem Beginn der Sonderoperation in der Ukraine stieg diese Quote auf 80 Prozent. Seit diesem Zeitpunkt erreichte sie über 80 Prozent. Sie schwankte zwischen 80 und 83 Prozent. Es gab eine Ausnahme im Oktober 2022. Nach dem Verlassen von Charkow sank die Quote auf 77 Prozent. Danach kletterte sie wieder auf die erwähnten 83 Prozent. Was können wir daraus schliessen? Die politische Unterstützung für Putin ist extrem stark. Die Befürwortung der Militäroperation ist bei der Bevölkerung sehr hoch und liegt seit Februar 2022 im Durchschnitt bei 75 Prozent. Im Klartext heisst das, 20 Prozent sind dagegen, 5 Prozent wissen es nicht, was sie dazu denken sollen, und 75 Prozent stehen hinter Putin. Also die Idee, dass man durch diese Strategie eine politische Krise auslösen und den Regierungswechsel erreichen könnte, ist illusorisch. Darum haben die ganzen Geschehnisse um Prigoschin im Westen einen so grossen Widerhall gefunden. In den westlichen Ländern behaupteten die Pseudoexperten und Journalisten unserer Medien, der Plan werde jetzt aufgehen. Die Gegenoffensive im Süden werde einen destabilisierenden Effekt haben und dieser werde Wirkung zeigen. Das war aber eine falsche Interpretation dessen, was Prigoschin gemacht hatte. Das ist genau der Mechanismus einer Verschwörungstheorie. Man nimmt Elemente, die einem passen, und erstellt damit eine Geschichte. Genauso sind die Medien seit Februar 2022 vorgegangen. Das ist der Grund, warum heute niemand begreift, dass durch diese Fehlinformationen die Ukraine den Preis bezahlt. Aufgrund dieser Falschinformationen und Fehlbeurteilung haben wir das Desaster in der Ukraine.

Wie realistisch ist die Behauptung, Selenskij habe 400 Millionen an US-amerikanischen Geldern für sich und seine engsten Mitarbeiter abgezweigt? 

Darüber kann ich nichts sagen. Das ist eine Aussage des berühmten US-Journalisten Seymour Hersh, der ein hohes Ansehen in den USA geniesst. Aber grundsätzlich ist Korruption ein eindeutiges Problem in der Ukraine, das nun mehr und mehr an die Oberfläche gelangt. Im Grunde genommen weiss man das schon lange. Als ich mit der Nato in der Ukraine war, gab es ein Programm, um diese Korruption zu bekämpfen. Sie hat sich trotz allem nicht gebessert. Es gibt eine Studie des «Kiew Institut of Sociology». Sie haben dazu eine Umfrage gemacht. 89 Prozent der Bevölkerung sehen in der Korruption das grösste Problem in der Ukraine. 81 Prozent denken, die politische Korruption sei am meisten verbreitet. 95 Prozent sind der Auffassung, dass Korruption in der ganzen Ukraine verbreitet sei. Interessant ist, dass 78,5 Prozent der ukrainischen Bevölkerung der Meinung sind, dass Selenskij für diese Korruption verantwortlich sei. Die ukrainische Bevölkerung hat kaum Vertrauen in die Regierung. Unsere Medien wie «NZZ», «Blick» und so weiter, die sagen, die Ukraine sei ein demokratischer Staat, lügen, denn nicht einmal die ukrainische Bevölkerung hat diese Sichtweise. Der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow wurde unter dem Vorwand der Korruption entlassen. Man weiss seit Monaten, dass er korrupt ist. Der Hauptgrund, dass er entlassen wurde, ist der Misserfolg der Gegenoffensive im Süden der Ukraine. Allen wurde jetzt klar, dass die Ukraine einen Misserfolg erlitten hatte. Es wäre undenkbar gewesen, dass Selenskij nicht darauf reagiert hätte. Er wollte seine Generäle, vor allem General Salushnij, den Kommandanten der ukrainischen Streitkräfte, und General Zirsky, Chef des Heeres, nicht entlassen. Das sind Generäle, die das Vertrauen von Selenskij geniessen. Er will diese nicht entlassen. Der Verteidigungsminister hat jetzt einen Posten als Botschafter in London. Hierbei handelt es sich um ein Signal an den Westen, dass Selenskij etwas gegen die Korruption tut. Es ist aber eine Reaktion auf den Misserfolg. 

Laut einer Umfrage will die Bevölkerung, dass man den Krieg weiterführt.

Ja, das ist logisch. Ob die Bevölkerung immer noch Vertrauen in Selenskij hat, ist für mich eine offene Frage. Es ist egal, wie die Einstellung am Anfang der Militäroperation war, jetzt wollen sie den Krieg. Sie wollen Rache und so weiter. Das sind alles Aspekte, die anfänglich noch keine Rolle gespielt haben. Das ist logisch. Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die Ukrainer nicht richtig über den Krieg informiert sind. Sie haben den Eindruck, ihr Land sei am Gewinnen. Denn die Desinformation, die wir in Europa erleben, widerspiegelt sich in der ukrainischen Bevölkerung. Viele Berichte in der ukrainischen Presse zeigen, dass die ukrainischen Soldaten von unseren Medien getäuscht wurden: Ihnen wird gesagt, dass die Russen geschwächt seien, keine Munition mehr hätten und schlecht kommandiert würden. Wenn sie jedoch an der Front sind, sehen sie, dass genau das Gegenteil der Fall ist. In Europa wird jede Information, die gegen das offizielle Narrativ geht, gestrichen. Die Bevölkerung ist überzeugt, dass die Ukraine den Krieg gewinnt. Die russische Armee verliert mehr Soldaten als die Ukraine und so weiter. Das Bild, das die Ukrainer haben, entspricht nicht der Realität. Wenn man im Krieg ist, dann gilt diese Logik. Es ist kaum zu erwarten, dass die Ukrainer irgendwelche Sympathien für die Russen haben. Anfang 2022 war das sicher noch nicht so stark. Aber seither ist viel passiert, und sie haben den Krieg jeden Tag. Das Problem ist, sie haben so viel investiert, persönlich, finanziell und menschliches Leben, sie können nicht einfach zurückgehen. Sondern die Stimmung ist, weiter vorwärts zu gehen, weil man den Krieg gewinnt. 

Es gab eine Umfrage, ebenfalls des «Kiew Institut for Sociology», die gezeigt hat, dass 63 Prozent der Bevölkerung mindestens drei Personen kennen, die in diesem Krieg gestorben sind.

Lassen Sie mich noch auf ein anderes Thema zu sprechen kommen. Vor ein paar Wochen wurde die Regierung in Niger gestürzt. Die Medien vermittelten das Bild, Russ­land könnte etwas damit zu tun haben. Auf Demonstrationen in der Hauptstadt wurden angeblich auch russische Fahnen geschwenkt. Stimmt das Bild, das hier vermittelt wird?

Nein, das ist falsch. Die Russen waren an diesem Putsch nicht beteiligt. Das war die Präsidialgarde. Das kommt in afrikanischen Ländern immer wieder vor, dass die Präsidialgarde den Präsidenten verhaftet und absetzt. Mehr ist es nicht. Er steht unter Hausarrest. Es braucht keine grosse Organisation, auch nicht die Unterstützung durch einen fremden Staat. Das Problem in Niger, in Mali, in Burkina Faso ist, dass die Franzosen einen Krieg führen, der nirgends hinführt. Alle wissen es. Ich war mehrmals in Mali und sprach mit vielen Menschen, auch mehrmals mit intellektuellen Journalisten, die das bestätigten. Es gab keine richtige Strategie. Die Regierung des Landes hatte keinen Einblick in diese Strategie und nicht einmal die Möglichkeit, ein Wort dazu zu sagen. Das ist der Grund, warum Mali und auch Niger die Franzosen dort nicht mehr wollen. Die malische Regierung hat die Franzosen aus dem Land geworfen. Danach verschoben sie ihre Truppen nach Niger und bauten dort eine ziemlich grosse Militärbasis. Die USA haben drei Basen im Niger. Der Westen betreibt einen Krieg, der die ganze Region destabilisiert. Das will er natürlich nicht akzeptieren, aber diese Länder sagen einfach «stopp». Wir haben heute die Situation, dass die Menschen in ihrem eigenen Land bestimmen wollen. Sie möchten die Europäer weghaben und haben mehr Vertrauen gegenüber den Russen. Der Grund ist, dass die Europäer die afrikanischen Länder falsch behandeln. Man sagt, die Russen hätten dieses und jenes gemacht. Das ist Unsinn, sie haben sich nicht eingemischt. Niger hat aktuell ein Abkommen mit Russ­land geschlossen, aber es wird sich nicht in die Lokalpolitik einmischen, auch die Chinesen tun das nicht. Bei den Franzosen ist es genau das Gegenteil. Sie mischen sich in die Lokalpolitik ein. Sie kommen wie die USA mit ihren gesellschaftlichen Vorstellungen und überfahren die Menschen. Sie wollen die Rolle der Frau ändern, die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen steuern. Dass man die Situation der Frau verbessert, ist an und für sich keine schlechte Idee, aber man muss sich an der lokalen Kultur orientieren. Man kann nicht kommen und sagen: «Vergessen Sie Ihre Kultur, wir wissen und bestimmen, was für Sie gut ist.» Das haben die Afrikaner endgültig satt. Es ist offensichtlich, dass die Russen und die Chinesen nicht so vorgehen. Sie wollen helfen, aber sie sagen nicht, was die anderen zu tun haben. Es gibt keine Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben und die Organisation des Staates.

Die westlichen Länder, wie Sie eben sagten, hätten die Länder destabilisiert, was offenkundig ist. Was ist das Ziel?

Hier muss man vorsichtig sein. Die westlichen Länder haben die Region destabilisiert, aber ich glaube nicht, dass dies beabsichtigt war. Das liegt vor allem daran, dass man, ohne Strategie und ohne die Auswirkungen zu bedenken, Politik betreibt. Das ist eher das Ergebnis des fehlenden Hirns unserer Politiker als machiavellistischer Pläne. Wenn man in den Ländern Mali oder Niger mit den Leuten spricht, sagen sie einem, das Problem habe begonnen, als 2011 Frankreich, Grossbritannien und die USA in Libyen Gaddafi gestürzt hätten. Dadurch wurde der ganze Norden in Afrika destabilisiert. Gaddafi hatte mit seiner Kenntnis über die Verhältnisse, die Gesellschaft und Kultur in diesem Gebiet eine zentrale Funktion, die Gesellschaft in dieser Zone im Gleichgewicht zu halten. Nachdem Gaddafi gefallen war, begannen alle diese Stämme, sich gegenseitig zu bekämpfen. Das ist das ganze Problem in der Sahel-Zone, vom Sudan bis nach Mauretanien. Heute hisst man die islamische Flagge dort, aber es geht nicht um Religion. Es ist ein Mittel, um die Menschen gegen den westlichen Einfluss zu mobilisieren. Aber die bestehenden Probleme haben nichts mit der Religion zu tun. Die Probleme entstanden vor allem aus der Stammeskultur heraus, und die Stämme können nicht zusammenleben. Sie kämpfen gegeneinander seit Jahrhunderten. So ist zum Beispiel die Situation in Mail. Wenn man die Probleme lösen will, geht das nicht auf europäische Art, sondern auf afrikanische Art. Bei uns ging es darum, einfach Leute zu töten, denn in unseren Augen sind das alles «Terroristen», und das löst das Problem nicht. Dieses Verhalten der Franzosen hat die Spannungen massiv erhöht, und zwar im ganzen Gebiet. Das ist der Grund, warum die Afrikaner die Europäer nicht mehr haben wollen. Die Europäer verstehen die Situation ganz und gar nicht. Die sogenannte französische Erfahrung in Afrika ist total verschwunden. Diejenigen, die heute in Afrika sind, haben keine Erfahrung. Vor 70 Jahren gab es Leute, die in Afrika gelebt hatten. Sie hatten eine sehr tiefe Kenntnis über die Stämme. Dadurch konnten sie das Gleichgewicht zwischen ihnen aufrechterhalten. Dieses Know-how ist verschwunden. So kann man das grundsätzliche Problem nicht lösen und dessen Ursache beheben.

Spielen Bodenschätze keine Rolle? Gibt es nicht viel Uran in Mali?

Ja, Uran gibt es, aber das ist nicht unbedingt das Problem. Mali hat diese Bodenschätze, und sie werden das an denjenigen verkaufen, der es haben möchte. Die Bodenschätze sind sicher ein Aspekt und der Preis, den Frankreich dafür bezahlen muss, sie sind aber nicht das Hauptelement. Das zentrale Problem ist der Eingriff in die Gesellschaft und der mangelnde Respekt des Westens gegenüber den afrikanischen Ländern und ihrer Kultur. Es wäre nicht richtig, wenn man die Entwicklung in Niger oder Mail nur auf das Uran reduzieren würde. Es sind mehrere Faktoren, die hier eine Rolle spielen.

Herr Baud, vielen Dank für das Gespräch.

Interview Thomas Kaiser

* Jacques Baud hat einen Master in Ökonometrie und ein Nachdiplomstudium in internationaler Sicherheit am Hochschul­institut für internationale Beziehungen in Genf absolviert und war Oberst der Schweizer Armee. Er arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst und war Berater für die Sicherheit der Flüchtlingslager in Ost-Zaire während des Ruanda-Krieges, arbeitete unter anderem für die Nato in der Ukraine und ist Autor mehrerer Bücher über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation.

veröffentlicht 3.Oktober 2023

^

Info: https://zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-14-vom-3-oktober-2023.html#article_1567


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.10.2023

Zeitgeschehen im Fokus
Forschen - Nachdenken - Sclüsse ziehen  (II von II)

2,2 Billionen Dollar für militärische Rüstung – wozu? Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko


Andrej Hunko, MdB, DIE LINKE (Bild thk)

Andrej Hunko, MdB, DIE LINKE (Bild thk)


Zeitgeschehen im Fokus Was für Erkenntnisse haben Sie aus dem G-20 Gipfel gewonnen?

Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko Am G-20 Gipfel wurde deutlich, dass der globale Süden nicht mehr bereit ist, die Vorgaben und Vorstellungen des Westens mitzutragen. Das zeigt sich bei der Abschlusserklärung sehr deutlich, in der aufgrund Indiens – trotz westlicher Druckversuche – mit Unterstützung vieler Staaten aus der südlichen Hemisphäre die explizite Verurteilung Russlands nicht mehr enthalten ist. Dafür wird aber auf die Uno-Resolution verwiesen, in die der wichtige Punkt «mit Verhandlungen den Krieg zu beenden» von den «Aufbruchsländern» eingebracht wurde. Länder wie Deutschland oder die USA mussten das schlucken. Vor einigen Jahren wäre das so nicht möglich gewesen. Das ist ein tiefgreifender Wandel, der sich ganz deutlich abzeichnet. Er setzt sich fort auch in den Debatten, die wir in der UN-Generalversammlung erleben. Bei den Reden der lateinamerikanischen Präsidenten wie Lula da Silva oder Gustavo ­Petro, die gewählten Vertreter Brasiliens und Kolumbiens, bei deren Wahlen ich anwesend war, haben sehr deutliche Worte zur dringenden Reform der internationalen Finanzarchitektur wie IWF, Weltbank und WTO gefunden. In den südlichen Ländern werden diese Institutionen als ungerecht empfunden. Auch wurde die Doppelmoral bezüglich des Kriegs angeprangert, wie man zum einen mit dem Ukraine-Krieg und zum andern mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt umgeht. Wir haben eine Situation, dass sich von den 193 Uno-Staaten 48 durch Wirtschaftssanktionen oder Waffenlieferungen am Krieg gegen Russland beteiligen. Die 48 Staaten sind EU-, Nato- und verbündete Staaten (Nato+). In der deutschen Aussenpolitik werden diese als Partnerländer bezeichnet. Jedoch wird in der letzten Zeit in den Staaten des kollektiven Westens (EU, Nato, Nato+) die Stimmung gegenüber der Ukraine zunehmend schlechter, weil man den Krieg immer weiter finanziert, er aber keine Erfolge bringt.

In welchen Ländern kann man das wahrnehmen?

Es ist in den USA im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen deutlich spürbar. Das ist auch der Hintergrund des Interviews der deutschen Aussenministerin Baerbock bei Fox-News in den USA, das am Rande des Uno-Gipfels geführt wurde. Fox-News ist ein Sender, der politisch den Republikanern nahesteht und von deren Wählern geschaut wird. Baerbock versuchte mit antichinesischer Rhetorik, die Notwendigkeit der weiteren Unterstützung der Ukraine «as long as it takes» zu betonen, um den Krieg fortzusetzen. Ihre Argumentation ist hierbei, wenn Russland diesen Krieg gewinnt, ist es ein Anreiz für andere Diktatoren wie Xi-Jinping, entsprechend vorzugehen. Natürlich ist schon das Motiv von Annalena Baerbock äussert fragwürdig, die Bezeichnung von Xi-Jinping als Diktator hat jedoch zwischen Deutschland und China eine diplomatische Krise ausgelöst. Der deutsche Botschafter wurde einbestellt. Es gibt eine sehr heftige Stellungnahme seitens der chinesischen Regierung, weil die Bezeichnung Xi-Jinpings als Diktator ein diplomatischer Affront ist. Das ist deshalb so abenteuerlich, da die deutsche Wirtschaft aufgrund der Wirtschaftssanktionen gegen Russ­land ohnehin schon schwächelt, insbesondere im energieintensiven Bereich. Wenn Deutschland auch noch einen Wirtschaftskrieg mit China beginnt, dann gehen in Deutschland die «Lichter aus». Es ist ungeheuerlich, und unter normalen Umständen müsste eine Aussenministerin zurücktreten. Hier wird das möglichst unter dem Teppich gehalten, und es geschieht nichts.

Die Argumentation von Baerbock erinnert mich an die Argumentation der USA im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg: «die Dominotheorie». Damals ging es gegen den Kommunismus. Das Engagement der USA wurde damit begründet, wenn sich in einem Land der Kommunismus durchsetzt, dann werden die übrigen Länder auch kommunistisch. Sehen Sie da Parallelen?

Hier kann man, was die Argumentation betrifft, sicher eine Paral­lele ziehen. Damit wird Angst geschürt. Manche werden inzwischen denken, was soll man einen Weltkrieg riskieren wegen «ein paar Provinzen» in der Ukraine. Das schadet der Kriegsstimmung. Damit man diesen Krieg weiterführen kann, braucht es eine Legitimation, und die vermeintliche Ausstrahlung auf andere vermeintliche Diktatoren ist so eine Legitimation. Die Welt wird ohnehin in «autoritäre» Regime und «demokratische» Staaten aufgeteilt. Bei so einer undifferenzierten Betrachtungsweise wird die Vorgeschichte des Krieges und die eigentlichen Hintergründe, warum es zu der Situation in der Ukraine gekommen ist, völlig ignoriert und ausgeblendet.

Aus dieser ahistorischen und eingeschränkten Sicht wird man schon das nächste Angriffsziel Putins ausmachen, nämlich Polen oder das Baltikum. Man nimmt nicht ernst, was Putin sagt, obwohl die Kriegsführung der Russen darauf hindeutet, die russischsprachigen Provinzen vor den Attacken der Ukraine zu schützen und das Minsker Abkommen durchzusetzen. So wird in der Lesart Baerbocks und der Mainstream-Medien Polen, das unglaublich aufrüstet, nächstes Opfer Russ­lands sein...

Ja, so wird argumentiert, aber es gibt einen heftigen Konflikt zwischen Polen und der Ukraine, was auf der Uno-Generalversammlung schon offensichtlich wurde. Dazu gehört auch die Ankündigung Polens, keine Waffen mehr an die Ukraine zu liefern. Der Hintergrund ist das billige Getreide, das über den Landweg nach Polen, Tschechien, die Slowakei oder nach Ungarn gelangt, dort die Märkte überschwemmt und die Bauern Polens auf die Barrikaden gehen lässt. Die Bauern sind die Basis der Regierungspartei, der PIS. In Polen herrscht Wahlkampf, und sie verliert wahrscheinlich ihre absolute Mehrheit. So sind die scharfen Töne aus Polen zu erklären. Dann gibt es auch noch historische Erfahrungen, denn die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine waren sehr problematisch. Letztlich auch wegen des Nazi-Kollaborateurs Stephan Bandera, der in der Ukraine als Nationalheld verehrt wird und im Konflikt zwischen der Ukraine und Polen eine entscheidende Rolle gespielt hat. Das ist zuletzt bei der skandalösen Ehrung des Waffen-SS-Mannes Jaroslaw Hunka im kanadischen Parlament deutlich geworden. Polen hat umgehend seine Auslieferung gefordert, weil seine SS-Einheit auch Massaker an polnischen Zivilisten zu verantworten hatte. Kanada hat eine langjährige Praxis als Schutzland von ukrainischen Nazi-Kollaborateuren.

Gibt es nicht auch immer wieder Spannungen zwischen Ungarn und der Ukraine wegen der dort lebenden Minderheit?

Ja. Der «monistische Nationalismus» (Richard Sakwa) in der Ukraine führt auch zu Sprachkonflikten mit der dortigen ungarischen Minderheit. Es spielen natürlich viele Faktoren eine Rolle. Es wird nach wie vor russisches Gas nach Ungarn, in die Slowakei und nach Österreich geliefert. Es ist so, dass diese Länder alle ihr Öl und Gas nach wie vor aus Russland beziehen. Deutschland hat die Verbindung zu Russland gegen seine Interessen gekappt.

In der Ukraine lebt doch eine Minderheit an Ungarn …

In Ungarn spielen besonders die Energielieferungen eine Rolle, aber auch ihre Minderheit in der Ukraine, die unter den Ukrainisierungstendenzen leidet, die es in diesem Land ganz offensichtlich gibt. Es besteht eine besondere Förderung der ukrainischen Sprache, während andere Sprachen diskriminiert werden. Das betrifft das Ungarische, aber insbesondere die russische Sprache. Was die ungarische Minderheit anbelangt, gab es immer wieder heftige Auseinandersetzungen auch im Rahmen des Europarats, das begann schon vor Jahren.

Ich würde gerne nochmals auf Ihre Darlegungen am Anfang des Interviews zurückkommen. Wo sehen Sie die Ursachen für den Aufbruch des globalen Südens? Warum geschieht das zum jetzigen Zeitpunkt?

Zum einen hat es mit der ungerechten Weltwirtschaftsstruktur zu tun, die vom Westen geprägt wurde. Zum anderen hat es sicher mit der aktuellen Auseinandersetzung um die Ukraine zu tun.  Wenn man die Bruttoinlandsprodukte der BRICS-Staaten und der G-7-Staaten übereinanderlegt, dann hat man eine ganz andere Ausgangslage als noch vor 20 bis 25 Jahren. Damals lagen die BRICS-Staaten ungefähr bei einem Drittel des BIPs der G-7. Heute haben die BRICS-Staaten die G-7 überholt. Es gibt Kurven, da kann man das sehr gut erkennen. Inzwischen treten andere Kooperationspartner auf den Plan. Nehmen wir Afrika. Für diese Länder gab es lange keine Alternative zum Westen, wenn man sich irgendwie entwickeln wollte. Heute haben sie Alternativen. Sie können sich an China, an Indien wenden oder mit Russland zusammenarbeiten. Dadurch gibt es für die Länder eine neue Perspektive ihre eigenen Volkswirtschaften aufzubauen und endlich aus der Abhängigkeit herauszutreten. Der Krieg beziehungsweise die westliche Reaktion auf den Krieg hat diesen Prozess nochmals beschleunigt, weil die Wirtschaftssanktionen zum Stopp der Getreideausfuhren geführt haben sowie zur Aussetzung des Getreideabkommens. Der Stopp, Düngemittel aus Weissrussland zu exportieren, betrifft die ganze Welt. 

Dazu versucht der Westen, den Süden mit allen Mitteln in den Krieg hineinzuziehen. Die Beschlagnahmung der russischen Auslandsreserven durch die USA hat zu einem tiefen Misstrauen und zu Entkoppelungstendenzen vom Dollarsystem geführt. Das hat den Prozess der Abkoppelung katalysiert und beschleunigt. Natürlich sind Staaten dabei, die nicht sonderlich fortschrittlich sind, dessen bin ich mir bewusst, aber beim letzten BRICS-Gipfel in Südafrika sind sechs neue Länder der Organisation beigetreten. Damit ist im Westen nicht gerechnet worden, dass es tatsächlich zu dieser Erweiterung kommt. Auch wenn das sehr heterogene Länder sind und vom Westen stark betont wird, dass sie gar nicht kollektiv agieren könnten, ist es eine starke Gegenmacht zu der unipolaren Dominanz, vor allem durch die USA.

Ist man sich eigentlich im Westen bewusst, was man da treibt und dass sich bei dieser Politik die übrigen Länder mehr Richtung China und Russland wenden werden? Gibt es darüber ein kritisches Bewusstsein?

Seit einigen Monaten nehme ich im Bundestag wahr, dass der globale Süden überhaupt einmal eine gewisse Präsenz in Gesprächen gehabt hat. Vor einem Jahr war das überhaupt nicht der Fall. Mainstream-Politiker hier im Kanzler- oder Auswärtigen Amt leben in ihrer Blase. Diese Überheblichkeit, die über Jahrzehnte aufgebaut worden ist, ist sehr dominant. Aber heute holt sich Deutschland aussenpolitisch eine blutige Nase nach der anderen. Dazu gehört zum Beispiel, wie die Aussenministerin in Indien aufgelaufen ist, genauso in Brasilien oder in anderen lateinamerikanischen, aber auch afrikanischen Staaten. Es gibt in Deutschland keine angemessene Debatte über den Entwicklungsprozess des Südens. Es wird nur sehr wenig wahrgenommen, was angesichts der strategischen Optionen Europas in diesem tektonischen ­Verschiebungsprozess der internationalen Kräfte geradezu selbstmörderisch ist. Indien taucht in den hiesigen Debatten zum ersten Mal als Akteur auf der Weltbühne auf, allerdings eher in dem Sinn, dass man in Washington wie in Berlin noch dem Glauben unterliegt, Indien wieder in den Einflussbereich des Westens ziehen zu können. Die Bundesregierung sollte sich dringend dem Prozess des Aufstiegs der BRICS öffnen, anstatt sich immer enger an die USA zu binden. Hier haben die transatlantischen Denkfabriken und Kaderschmieden, durch die viele unserer Politiker gegangen sind, einen grossen Einfluss. Es gibt ein riesiges Netzwerk. Deren sogenannte Softpower spielt in Deutschland eine so grosse Rolle, dass gegen die eigenen Interessen gehandelt wird.

Deutschland ist sowohl in der Nato als auch in der EU ein Schlüsselstaat. Wenn Deutschland am Krieg in der Ukraine nicht mehr mitmachen würde, hätte das auf die anderen Staaten eine Wirkung. Was geschieht in Bezug auf den Krieg in der Ukraine in Deutschland?

Leider ist festzustellen, dass sich keine rationale Debatte über das Fortschreiten beziehungsweise die Beendigung des Krieges von Seiten der Regierungsparteien abbildet. Wir sind im Bundestag zwischen der ersten und zweiten Lesung über den Bundeshaushalt. Ende November wird dann das Parlament über den Haushalt entscheiden. Wir sind jetzt gerade mittendrin. Da das Parlament das Haushaltsrecht hat, gibt es natürlich immer ein Gezerre, jeder möchte für seinen Bereich so viel wie möglich herausschlagen. Dieser Haushalt hat es in sich, denn es ist tatsächlich ein Kriegshaushalt.

Wie zeigt sich denn das?

Wir haben zum ersten Mal in diesem Haushalt abgebildet das Zwei- Prozent-Ziel der Nato. Das bedeutet, zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts sollen für die Rüstung ausgegeben werden. Das verteilt sich auf ein weiter wachsendes Budget von ungefähr 51 Milliarden Euro und auf einen zusätzlichen Schattenhaushalt von nahezu 30 Milliarden Euro aus dem sogenannten Sondervermögen. Das ist ein Etikettenschwindel, denn es sind Sonderschulden, die nicht im Verteidigungshaushalt abgebildet werden. Sie laufen extra. Dann gibt es weitere 4 Milliarden für die sogenannten Ertüchtigungshilfen für Partnerländer. Das ist Geld, im Haushalt einbezogen, für das ukrainische Militär. Damit kommt Deutschland zusammen auf die von der Nato geforderten 85 Milliarden, die zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts darstellen. Finanzminister Lindner hat den Haushalt eingereicht. Mit diesem starken Aufwuchs für das Militärische müssen alle anderen Ministerien ihre Ausgaben kürzen. Wie sie das machen, bleibt ihnen selbst überlassen. Das hat weitreichende Folgen und vollzieht sich vor allem im sozialen Bereich, zum Beispiel bei der Integration von Langzeitarbeitslosen oder bei der Jugendarbeitslosigkeit usw. Es gibt sehr viele Bereiche, die hier betroffen sind, Bildung, Gesundheit usw. Aber auch bei den zivilen Instrumenten der Aussenpolitik wird gekürzt. Es findet eine grosse Verschiebung hin zum Militärischen statt.

Wird das einfach so akzeptiert?

Nein es gibt schon bei verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen Protest gegen die Kürzungen, aber viele trauen sich nicht, das in Verbindung zu stellen mit dem Aufwuchs des Militärischen. Im Gegenteil ist man von Regierungsseite bemüht, die Militarisierung und die Kürzungen ausserhalb eines Zusammenhangs mit dem Krieg in der Ukraine und dessen Finanzierung zu stellen. Das hat auf dem Verdi-Kongress kürzlich nur leidlich geklappt. Man kann gespannt sein, wie die eine oder andere Debatte weiter verläuft. An manchen Stellen wird es eine Nachbesserung geben, aber wir bewegen uns in eine andere Form der Republik. Das alles aufgrund der Argumentation, das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen. Man tut so, als ob es eine internationale Verpflichtung wäre, ist es aber nicht. Es ist kein internationaler Vertrag, sondern eine Abmachung der Aussenminister beim Nato-Gipfel in Wales 2014. Stoltenbergs Aussage hat die Runde gemacht, in der er drei oder gar vier Prozent für die Rüstung verlangt, und dass man darüber nachdenken solle. Die Politik geht in eine verheerende Richtung, wenn nicht Gegensteuer gegeben wird.

Auch in der Schweiz können wir beobachten, dass die Vorsteherin des Verteidigungsdepartements eine Erhöhung des Militärhaushalts befürwortet, da die Schweiz wie sie sagt, mit 0,7 Prozent weit unter den 2 Prozent umliegender Staaten liegt. Es handelt sich offensichtlich um einen europäischen Trend?

Ja, das zieht sich durch. Wir können beobachten, dass weltweit die Rüstungsausgaben steigen. Laut dem schwedischen Forschungsinstitut SIPRI betragen die Militärausgaben 2,2 Billionen Dollar, wobei Europa die höchste Steigerung zu verzeichnen hat. Das ist natürlich ein Wahnsinn, und es fällt einem natürlich Dwight Eisenhower ein, der einst sagte, dass jede Waffe, die produziert werde, Diebstahl sei, an denjenigen, die einen Bedarf hätten an Gesundheitsversorgung, sozialer Unterstützung und so weiter. Die Zeit der 1990er und 2010er Jahre wird so dargestellt, dass die Waffenproduktion zurückgegangen sei. Das ist die sogenannte Friedensdividende, die heute als eine historisch aussergewöhnliche oder ungewöhnliche Situation dargestellt wird. Es wäre unrealistisch von heute auf morgen alles herunterzufahren. Es geht darum, ob man politisch endlich in eine andere Richtung geht, und versucht, die Konflikte friedlich zu regeln.  

Scholz hat doch 100 Milliarden für die Aufrüstung Anfang 2022 gesprochen …

Das war am 27. Februar, drei Tage nach dem Beginn des Einmarsches Russlands in die Ukraine. In der Sondersession im Bundestag hat er das angekündigt. Im Frühjahr 2022 wurde der Betrag mit einem Antrag der vier Parteien, der Ampelkoalition (FDP, Grüne, SPD) und der CDU noch einmal verankert. Wir, Die Linke, hatten damals als einzige geschlossen dagegen gestimmt. Im jetzigen Haushalt werden knapp 30 Milliarden von Scholz’ Ankündigung abgebildet. Die tauchen dann nicht mehr im Verteidigungsetat auf, sondern sind nochmals gesondert, deshalb habe ich von einem «Schattenhaushalt» gesprochen. Verschärfend kommt hinzu, dass die Regierung mit einem Pochen auf der unsinnigen Schuldenbremse die Haushaltslage verschlimmert.

Das heisst, jedes Jahr kommt dann zum regulären Haushalt eine Tranche dazu?

Ja, bis die 100 Milliarden erreicht sind. Das sind alles Schulden, im gewissen Sinne sind das Kriegskredite. Der Begriff Sondervermögen ist ein Euphemismus. Durch diese hohen Militärausgaben bleiben dringend notwendige Investitionen wie zum Beispiel in der Infrastruktur, im Bildungs- und Gesundheitsbereich oder auch dem klimagerechten Umbau aus.

Es stellt sich doch die Frage, nachdem sich alles in grosser Geschwindigkeit entwickelt hat, ob diese Pläne nicht schon vorher in der Schublade waren. 

Wenn man sich die Rede von Scholz, gerade einmal drei Tage nach Kriegsbeginn, anhört, dann muss man davon ausgehen, dass entsprechende Pläne schon vorbereitet waren.

Herr Bundestagsabgeordneter Hunko, vielen Dank für das Gespräch.

Interview Thomas Kaiser

veröffentlicht 3.Oktober 2023


^


Reden, nicht bellen von Dr. Stefan Nold


Mein Brief an Bundeskanzler Scholz (vgl. Zeitgeschehen im Fokus Nr.13 / 2022) hat einige Reaktionen hervorgerufen – positive und negative. Über beides habe ich mich gefreut, denn Demokratie lebt von fundierter Auseinandersetzung. Als Älterem sei mir erlaubt, Dinge in Erinnerung zu rufen, die etwas in Vergessenheit geraten sind, oder Jüngeren nicht bekannt sind. 

Die Nato wurde 1949 als Pakt zum gegenseitigen Beistand gegen einen bewaffneten Angriff gegründet, wobei die Unterzeichner sich verpflichteten, internationale Streitfälle friedlich so zu regeln, «dass der internationale Frieden, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden …» 1979 sagte George Blanchard, Oberkommandierender der US-Truppen in Europa, in einem Interview: «… wir hatten einen von unseren Panzern gegen zweieinhalb des Gegners. Vom Standpunkt der Verteidigung kann man eine Unterlegenheit von 1:3 handhaben. Wir waren also gut aufgestellt.»¹ Das war mit erheblichem Aufwand verbunden. Bei der fünfwöchigen Reforger-Übung «Certain Sentinel» im gleichen Jahr, an die ich mich als Teilnehmer gut erinnere, waren über 60 000 Soldaten, 8000 Rad- und 4300 Kettenfahrzeuge im Einsatz.² Die wehrhafte, aber stets respektvolle und von gegenseitigem Vertrauen geprägte Verhandlungsbereitschaft war die gemeinsame Formel, mit der Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglicht haben. 

Nun hätte die so erreichte Friedensdividende eingelöst werden können. Das Wahlkampfprogramm «Putting People First» (Menschen zuerst) von Bill Clinton und Al Gore von 1992 hatte in erster Linie Lösungen für innen- und umweltpolitische Probleme im Blick.³ In Russ­land kam im Dezember 1999 nach zehn katastrophalen und chaotischen Jahren Wladimir Putin an die Macht. 2010 schlug er in einem Gastbeitrag für die «Süddeutsche Zeitung» eine Wirtschaftsgemeinschaft von «Lissabon bis Wladiwostok» vor.⁴ Zwar waren die USA froh, in der nun stabileren Atommacht Russland einen zuverlässigen Partner im Kampf gegen den Terror zu haben, aber einen einheitlichen eurasischen Wirtschaftsraum sahen sie als Gefahr für die eigene Wirtschaft und nicht als Chance für eine friedliche Zusammenarbeit. Der Schock über die unerwartet starke Konkurrenz aus Japan sass noch tief. Zudem brauchte der gewaltige militärisch-industrielle Komplex ein neues Betätigungsfeld. Deshalb wurde Wladimir Putin, eigentlich jemand, mit dem man gut hätte zusammenarbeiten können, «dämonisiert», wie es Henry Kissinger ausdrückte.⁵ Putin wurde zum Inbegriff des Bösen wie die Romanfigur «Emmanuel Goldstein», dem Gegenspieler von «Ozeanien» aus George Orwells 1984.⁶ Wer das Buch liest, erschrickt über die Parallelen zur heutigen Zeit.

Mit dem Versprechen, Frieden mit Russland zu schliessen, wurde Wolodymyr Selenskij 2019 mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten gewählt. Bei uns stiess das nicht auf Gegenliebe. «Die Ukraine wird von einem Serienhelden regiert, der mehr von russischen Comedians versteht als vom eigenen Land. Ein intellektuelles Desaster» urteilte vor knapp 4 Jahren die «taz».⁷ An Frieden waren weder der Westen noch die rabiaten und einflussreichen extremistischen Kräfte in der Ukraine interessiert, die den antisemitischen Kriegsverbrecher Stepan Bandera verehren. Diese haben die völkerrechtlich bindende Vereinbarung von Minsk hintertrieben. Angela Merkel, Regierungschefin einer der Garantiemächte, hat sich nicht um die Einhaltung dieses Vertrags bemüht, sondern für sie war er Mittel, um «der Ukraine wertvolle Zeit zu geben».⁸ Konrad Adenauer hat gesagt: «Gegenseitiges Vertrauen ist die Grundlage zu fruchtbaren Verhandlungen.»⁹ Wir werden Jahrzehnte brauchen, das Vertrauen, die Grundlage erfolgreichen Handelns, wieder zu gewinnen.

In Rumänien und Polen stehen Abschussrampen der Nato, von denen nach einem Software-Update Atomraketen abgefeuert werden können. Würde die Ukraine Mitglied der Nato, könnten solche Rampen auch 500 km vor Moskau stehen. Die Kuba-Krise hätte uns lehren können, dass eine Grossmacht eine solche Bedrohung vor der eigenen Haustür niemals akzeptieren wird. Aber das war für die Nato nicht verhandelbar. In der Gewissheit eines sicheren Sieges hat die Nato ihre Selbstverpflichtung zur Suche nach einer friedlichen Lösung ignoriert. «Forse l’abbaiare della Nato alla porta della Russia ha indotto il capo del Cremlino a reagire male e a scatenare il conflitto.» (Vielleicht hat das Bellen der Nato vor der Türe Russlands den Kreml-Chef dazu veranlasst, schlecht zu reagieren und den Konflikt entfesseln zu lassen.)10 So hat es Papst Franziskus im Mai 2022 ausgedrückt. Wir sollten mit dem Bellen aufhören und anfangen zu reden. 

 

¹ Blanchard, George S. (26.02.1979). My Mission is to stop an attack. Interview mit Frederick Kempe, S. 60. Newsweek: New York.
² Karp Sven (2017) Reforger 79. Certain Sentinel. Militärhistorische Geschichte: Wendeburg. m136.de/portfolio-items/reforger-79-certain-sentinel/
³ Clinton, Bill und Al Gore (1992) Putting People First. How we can all Change America. Random House: New York.
⁴ Putin, Wladimir (25.11.2010). Von Lissabon bis Wladiwostok. Plädoyer für eine Wirtschaftsgemeinschaft. Süddeutsche Zeitung: München.www.sueddeutsche.de/wirtschaft/putin-plaedoyer-fuer-wirtschaftsgemeinschaft-von-lissabon-bis-wladiwostok-1.1027908
⁵ Kissinger, Henry (5.03.2014) How the Ukraine crisis ends. The Washington Post: www.washingtonpost.com/opinions/henry-kissinger-to-settle-the-ukraine-crisis-start-at-the-end/2014/03/05/46dad868-a496-11e3-8466-d34c451760b9_story.html
Übersetzung: Eine Dämonisierung Putins ist keine Politik. Vier Vorschläge für eine ausbalancierte Unzufriedenheit. Friedrich-Ebert-Stiftung: Bonn. www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/henry-a-kissinger-eine-daemonisierung-putins-ist-keine-politik-298/
⁶ Orwell, George (1949). 1984. Zuerst veröffentlicht bei Martin Secker & Warburg: London.
⁷ Kratochvil, Alexander und Larysa Denisenko (18.11.2019). Sprachlos in Kiew. Die Ukraine nach Selenskis Wahlsieg. taz: Berlin. https://taz.de/Die-Ukraine-nach-Selenskis-Wahlsieg/!5638760/
⁸ Merkel, Angela (07.12.1922). Interview mit Tina Hildebrandt und Giovanni di Lorenzo
www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2F2022%2F51%2Fangela-merkel-russland-fluechtlingskrise-bundeskanzler%2Fkomplettansicht (Bezahlschranke) zitiert nach: https://www.wsws.org/de/articles/2022/12/20/merk-d20.html
⁹ Adenauer, Konrad (4.1.1966). Günter Gaus im Gespräch mit Konrad Adenauer. ZDF: Mainz. Wortprotokoll: www.rbb-online.de/zurperson/interview_archiv/adenauer_konrad.html Video: www.youtube.com/watch?v=90EVIH4KZsc (Minute 11:40 – 12:50)
10 Fontana, Luciano (03./04.05.2022). Intervista a Papa Francesco: Putin no si ferma, voglic incontrarlo a Mosca.Ora non vado a Kiev. Corriere della Sera: Milano. www.corriere.it/cronache/22_maggio_03/intervista-papa-francesco-putin-694c35f0-ca57-11ec-829f-386f144a5eff.shtml

veröffentlicht 3.Oktober 2023

^

Wie ich den Glauben an die etablierten Medien verlor (Teil II) von Dr. phil. Helmut Scheben*

Im ersten Teil (vgl. Zeitgeschehen im Fokus Nr. 13) legte der Autor anhand verschiedener Beispiele von Kriegen, die er als Journalist beobachtet hatte, überzeugend dar, dass die grossen Medien krachend versagt haben: «Anstatt das Handeln der Regierungen in Frage zu stellen, haben sie sich in vielen Fällen als Lautsprecher der Regierungspropaganda und als Kriegstreiber in ungerechtfertigten und sinnlosen Kriegen erwiesen.»

Im zweiten Teil geht es um die Frage, wie diese Symbiose zwischen den grossen Medien und den westlichen Regierungen funktioniert und weshalb die Mainstream-Medien ihre Aufgabe als Vierte Gewalt nicht mehr wahrnehmen.

Im Juni 2011 sagte US-Aussenministerin Hillary Clinton, sie habe den Beweis, dass Gaddafi «systematische Vergewaltigungen» als Strategie einsetze.

In einem Büro von Amnesty International in Zürich fragte ich 2011, was an den Vorwürfen dran sei. Ich erhielt die Auskunft, Amnesty habe mehrere Monate lang in Libyen ermittelt und keine Bestätigung für den Vorwurf der Massenvergewaltigung gefunden. Auch der Sprecher der libyschen Organisation Human Rights Solidarity Libya, die den Aufständischen nahestand, sagte mir am Telefon: «Wir haben keine Beweise. Der einzige konkrete Fall ist der von Frau Obeidi.»

Der Mist war indessen gefahren, und die Story erfuhr eine geradezu rasende Proliferation in westlichen Medien. Meine Google-Suche am Sonntag, 20. Juli 2011 zeigte 21 Millionen Ergebnisse. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, Luis Moreno Ocampo, lieferte ein vorzügliches Schmiermittel für den Medien-Apparat mit der Bemerkung, er habe tatsächlich «Informationen» über Massenvergewaltigungen. Auf die Frage eines Journalisten, was er von Berichten halte, Gaddafi lasse Viagra importieren, damit seine Soldaten vergewaltigen könnten, entgegnete der Chefankläger nicht etwa: «Lassen Sie mich mit solchem Blödsinn in Ruhe.» Er sagte stattdessen den perfiden Satz, man sammle noch Beweise: «Yes, we are still collecting evidence.»

Das Phantasie-Gebilde wucherte wochenlang weiter. Die Schweizer Zeitung «Le Matin» trieb das kreative Story-Telling bis zu der Foto-Abbildung eines King Size Bettes samt Lampe und Nachttisch: angeblich ein Raum in einem unterirdischen Bunker, wo dem Blatt zufolge Gaddafi seine weiblichen Opfer missbrauchte. Ich habe in dieser Zeit keinen Journalisten getroffen, der sagte, er schäme sich dafür, dass er durch seine Berufswahl zu dieser Branche gehöre.

«Atrocity Management» ist so alt wie der Krieg selbst

Die Verteufelung des Feindes ist ein bewährtes Instrument, welches so alt ist wie der Krieg selbst.

Der Historiker Gerhard Paul hat in seinem Standardwerk «Bilder des Krieges, Krieg der Bilder» anhand von über 200 Abbildungen dargestellt, wie die modernen Bildmedien den Krieg als Ikonographie in der kollektiven Erinnerung einbrannten. Dabei geht laut Gerhard Paul die Wirklichkeit in gleichem Mass verloren wie die Bilder perfektioniert und standardisiert werden.

Medienwirksam sind stets Verbrechen an Kindern. Das geht von der kuwaitischen «Pflegerin Najirah», die vor einem Menschenrechtskomitee des US-Kongresses sagte, sie habe gesehen, wie irakische Soldaten Brutkasten-Babies die Schläuche herausrissen, was sich später als eine Erfindung der PR-Agentur Hill & Knowlton erwies, bis zur Menschenrechtsbeauftragten Denissowa in Kiew, die im Juni 2022 ihren Job verlor, weil klar geworden war, dass sie Lügen verbreitet hatte. Darunter die Behauptung, sie habe Beweise, dass russische Soldaten Kleinkinder vergewaltigten.

Die Darstellung des Feindes als bestialisches Ungeheuer scheint unvermeidbares Stereotyp der Kriegspropaganda. Im Ersten Weltkrieg war die Story, deutsche Soldaten hätten einer belgischen Frau ihr Baby entrissen, diesem die Hände abgehackt und selbige dann verspeist, ein Dauerbrenner in der französischen und britischen Presse.

Wenn der Feind ein Ungeheuer ist, welches das Böse an sich verkörpert, sind Kriege leichter zu rechtfertigen. Ich habe in mehr als vierzig Jahren journalistischer Arbeit feststellen müssen, dass die grossen Medien solche Propaganda-Erzählungen meist unkritisch verbreiten und erst sehr spät oder nie bereit sind, ihre Fehler einzugestehen. Die «New York Times», die bei ihren Leserinnen und Lesern für die Falschinformation rund um den Irak-Krieg um Vergebung bat, ist der einzige mir bekannte Fall. In 19 Arbeitsjahren beim Schweizer Fernsehen SRF ist mir kein Fall bekannt geworden, in dem eine Sendung sich für falsche Nachrichten entschuldigt hätte. Mit Ausnahme der Sendung Meteo, wenn die Wetterprognose falsch war.

2011 machte ich Amnesty International Schweiz darauf aufmerksam, dass es keine Fernsehbilder von den Zerstörungen der Nato-Luftangriffe in Libyen gab. Die Fernsehstudios der libyschen Regierung waren in der ersten ­Angriffswelle in Schutt und Asche gelegt worden. Die Nato-Kommandozentrale in Neapel konnte dadurch verhindern, dass emotionale Bilder von Opfern, die aus den Trümmern gezogen wurden, auf westlichen TV-Kanälen zu sehen waren. Das Problem war den grossen Medien nicht aufgefallen oder ignoriert worden.

Der Amnesty-Sprecher erwiderte mir damals, diese Einseitigkeit der Darstellung mache ihnen auch grosse Sorgen. Als ich abends mit dem Cutter am Schnittplatz den Beitrag für die Tagesschau fertiggestellt hatte, sagte der Tages-Chef bei der Abnahme, dieser Satz des Amnesty-Sprechers müsse raus aus dem Beitrag. Auf meine Frage nach der Begründung hiess es: «Sonst könnten die Zuschauer ja denken, Gaddafi sei gar nicht so bös und am Ende noch im Recht.»

Eine neue Epoche der Zensur ist angebrochen

Die Konzernmedien und die gebührenfinanzierten Anstalten dominieren den Nachrichtenmarkt. Sie behaupten alle von sich, sie seien die vierte Gewalt, die den Mächtigen auf die Finger schaue, und dadurch werde Demokratie erst ermöglicht. Meine Erfahrung ist: Sie sind viel mehr Gläubige in einer Art von Religionsgemeinschaft, die sich als Achse des Guten sieht. Wer ihre Weltsicht nicht teilen will, der wird totgeschwiegen, diffamiert oder schlicht verboten.

In diesem Sinne arbeiten die Regierungen und ihre zugewandten Medien effizient. Die 27 Länder der Europäischen Union haben die russischen Nachrichtensender RT und Sputnik verboten. Wer sie verbreitet oder empfängt, zahlt zum Beispiel in Österreich bis zu 50 000 Euro Strafe. So einfach glaubt man, die Meinungs-Einfalt durchsetzen zu können. Protest oder Kritik aus den grossen Redaktionen der Vierten Gewalt? Null.

Während in russischen Talkshows und in den russischen Social Media mit erstaunlicher Härte kontrovers über diesen Krieg diskutiert wird, versuchen westliche Medien uns mit obsessiver Emsigkeit einzutrichtern, dass in Russ­land jeder eingesperrt wird, der etwas gegen diesen Krieg sagt. «Zehn Jahre Gefängnis fürs Denken» titelt die «Neue Zürcher Zeitung» (6. Juni 2023).

In Kiew sind oppositionelle Medien schlicht verboten. Muss man darüber berichten? Offensichtlich nicht. Das wird dann beiläufig, quasi als abschweifender Schlenker, in acht Wörtern abgehandelt: «Seit Kriegsbeginn zeigen die ukrainischen Sender ein Gemeinschaftsprogramm» (Zürcher Tagesanzeiger, 28. Juli 2022). Gemeinschaftsprogramm? Das tönt schon fast wie gemeinnützige Arbeit.

Das Verschweigen hat System

Nirgends wird das so sichtbar wie in dem Stillschweigen, welches unsere führenden Medien über die um sich greifende Zensur der Social Media bewahren. Wenige Wochen nachdem die EU die russischen Sender verboten hatte, kündigte Google an, weltweit alle mit Russland verbundenen Medien zu blockieren. Wie so oft bei Big Tech kam der Druck angeblich von der eigenen Belegschaft: «Mitarbeiter von Google hatten YouTube gedrängt, zusätzliche Strafmassnahmen gegen russische Kanäle zu ergreifen.»

Millionen von Beiträgen verschwinden von der Plattform. Der Investigativjournalist Glenn Greenwald, der an den Enthüllungen von Edward Snowden beteiligt war, hat auf diese extreme Zensurkampagne und die Dollarmilliarden hingewiesen, die dabei eine Rolle spielen: «Es ist wenig überraschend, dass die Monopole des Silikon Valley ihre Zensurmacht in voller Übereinstimmung mit den aussenpolitischen Interessen der US-Regierung ausüben. Viele der wichtigsten Tech-Monopole – wie Google und Amazon – bemühen sich routinemässig um äusserst lukrative Verträge mit dem US-Sicherheitsapparat, einschliesslich der CIA und der NSA, und erhalten diese auch. Ihre Top-Manager unterhalten enge Beziehungen zu Spitzenvertretern der Demokratischen Partei. Und die Demokraten im Kongress haben wiederholt Führungskräfte aus der Tech-Branche vor ihre verschiedenen Ausschüsse zitiert, um ihnen mit rechtlichen und regulatorischen Repressalien zu drohen, falls sie die Zensur nicht stärker an die politischen Ziele und Interessen der Partei anpassen.»

Wer die Twitter Files liest, der weiss, wie das System funktioniert. Eine diskrete Intervention des FBI kann bewirken, dass führende Medien politisch heikle Themen solange auf Eis legen, bis die «Gefahr», in dem Fall eine Wahlniederlage des Kandidaten Joe Biden, gebannt ist.

Was mich damals schockierte und auch heute fassungslos macht, ist das Kesseltreiben, das von einer Medienmeute reflexartig in Gang gesetzt wird, wenn einige wenige es wagen, gegen den Strom zu schwimmen und die veröffentlichte Meinung in Frage zu stellen. Die Politologin Mira Beham sagte mir, sie habe in der «Süddeutschen Zeitung» Schreibverbot bekommen, weil sie zu argumentieren wagte, in den Balkankonflikten komme man nicht weiter mit dem Täter-Opfer-Schema, die Sache sei komplexer. Heutzutage verliert ein renommierter Journalist wie Patrick Baab seinen Lehrauftrag an der Universität Kiel, wenn er es wagt, aus dem Donbas «von der falschen Seite der Front» zu berichten.

Orwells dystopische Vision des «Newspeak» und der «Wahrheitsministerien» ist auf dem besten Weg, Realität zu werden. Wir erleben in dieser Hinsicht tatsächlich eine Zeitenwende, wenn auch der deutsche Kanzler etwas anderes meinte, als er den Begriff gebrauchte.

Das Wort Lügenpresse trifft die Sache nicht

Der Medien-Wissenschaftler Uwe Krüger hat dokumentiert, dass die meisten Alphatiere der etablierten Medien Mitglieder in Nato- und US-affinen Institutionen sind. Natürlich gibt es den Faktor Zwang und Anpassung, etwa die bekannte Tatsache, dass im Axel Springer Verlag («Bild», «Die Welt») jeder Mitarbeiter den Statuten zustimmen muss, die die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität mit den USA einfordern.

Gleichwohl sollte man vorsichtig sein mit dem Schmähwort «Lügenpresse». Die Sache ist unendlich komplizierter. Da ist zum einen, was die News-Gefässe angeht, ein System, das auf Verkürzung und überhöhten Drehzahlen beruht. Der Philosoph Paul Virilio sprach von einer «Industrie des Vergessens», die mit neuen Nachrichten unaufhörlich zuschüttet, was eben noch gemeldet wurde. Ein Nachrichten-Apparat, der stark zerkleinerte Bruchstücke von Ereignissen produziert, kann keine Zusammenhänge und Hintergründe liefern, selbst wenn wohlgesinnte Journalistinnen und Journalisten dies wollten.

Und sie wollen es. Ich habe in meinem ganzen Leben kaum Medienleute getroffen, die fälschen oder unredlich berichten wollten. Die Leute lügen nicht, sondern sie sind meist überzeugt von dem, was sie sagen und schreiben. Sie sind in ihrer ganzen Lebensgeschichte, in ihrer Ausbildung und in ihren sozialen Kontakten geprägt und eingebunden in der Weltsicht ihrer Umgebung. Da ist dieser «riesige Brocken Wahrheit», den der israelische Historiker Shlomo Sand «implantiertes Gedächtnis» genannt hat: «Wir alle werden in ein Universum von Diskursfeldern hineingeboren, das die ideologischen Machtkämpfe früherer Generationen geformt haben. Noch ehe sich der Geschichtswissenschaftler das Rüstzeug zu einer kritischen Hinterfragung aneignen kann, formen all die Geschichts-, Politik- und Bibelstunden in der Schule, die Nationalfeiertage, Gedenktage, öffentlichen Zeremonien, Strassennamen, Mahnmale, Fernsehserien und sonstige Erinnerungssphären seine Vorstellungswelt. In seinem Kopf liegt ein riesiger Brocken ‹Wahrheit›, den er nicht einfach umgehen kann.» (Shlomo Sand: Die Erfindung des jüdischen Volkes. S. 40)

Das Problem einer Branche, die unter dem Namen Journalismus der täglichen Wahrheitsfindung dienen soll, ist jedem Zauberkünstler und Taschenspieler geläufig: Wahrnehmung wird nicht von tatsächlichen Ereignissen bestimmt, sondern von Erwartungshaltungen. Von einem riesigen Brocken «Wahrheit». 

Wir danken dem Autor für die Abdruckgenehmigung.

Quelle: https://weltwoche.ch/daily/zauberkuenstler-und-taschenspieler-wie-ich-das-vertrauen-in-die-etablierten-medien-verlor/

veröffentlicht 3.Oktober 2023

^

Schockstrategie durch Erhöhung der Krankenkassenprämien von Reinhard Koradi

Wir vergessen viel zu schnell. Die Vergesslichkeit ist aber nicht nur, dass Erinnerungen verloren gehen, sondern auch die Folge einer bewussten Strategie. Wir werden laufend mit neuen Ereignissen, Krisen und aufgemotzten Horrormeldungen eingedeckt, dass Dinge, die vor einigen Monaten oder Jahren geschehen sind, aus unserem Erinnerungsvermögen ausgelöscht werden.

Diese Informationsflut dient vor allem denen, die Vergangenes vertuschen und den Menschen neue Lasten auferlegen wollen. 

Inflation dient der Schuldentilgung 

Notenbanken und Regierungschefs haben seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und auch schon früher eine desaströse Geldmengenpolitik verfolgt, um die Finanzwirtschaft vor dem Kollaps zu retten. Hochverschuldete Staaten wurden mit billigen Krediten versorgt, damit diese ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern nachkommen können. Selbst Negativzinsen sollten dazu beitragen, die Staatsverschuldungen «verkraftbar» zu machen. Ein immenser Schuldenberg hat sich über die Jahre hinweg aufgebaut, der mit normalen Mitteln nicht mehr abgebaut werden kann. Inflation (Geldentwertung) ist in dieser Hinsicht ein nützlicher Helfer. 

Im 1. Quartal 2023 betrug die Staatsverschuldung in der EU-27 13 467,86 Milliarden Euro.¹ Bei einer Inflation von 9,2 Prozent (2022) werden innerhalb eines Jahres die Schulden um 1239 Milliarden Euro kalt abgebaut (Kaufkraftverlust). Und wer begleicht diese horrende Summe? Selbstverständlich die EU-Bürger, indem sich die Kosten für den Lebensunterhalt um gut 9 Prozent erhöhen und ihr Vermögen (Geldwerte) um gut 9 Prozent sinkt. Die Inflationswelle ist eine bewusste Strategie, um Schulden zu tilgen, das müssen wir uns immer vor Augen halten. 

Krankenkassen­prämienerhöhung und Inflation

In den Gesundheitskosten widerspiegelt sich auch die Geldentwertung. Die Prämienerhöhung ist daher bestimmt auch auf die Inflation zurückzuführen. In der Schweiz betrug die Inflation im Jahr 2022 2,9 Prozent. Im Jahr 2021 betrugen die Kosten des Gesundheitswesens insgesamt 86,3 Miliarden Franken.² Die Krankenkassenprämien erhöhen sich im Jahr 2024 im Schnitt um 8,7 Prozent. Davon sind nach grober Schätzung ungefähr 2504 Millionen Franken teuerungsbedingt. Und gut 5008 Millionen Franken sind anderweitig zu begründen. Wieweit die Corona-Pandemie zur Kostensteigerung beigetragen hat, weiss vielleicht nur Bundesrat Berset. Tatsache ist jedoch, dass die Impf- und Testkampagne erhebliche Kosten verursacht hat, die wir Prämienzahler begleichen müssen. Was im ersten Schein als Gratis-Leistung in der Bevölkerung aufgenommen wurde, hat empfindliche Folgekosten, die wir nun jeden Monat bezahlen müssen.

Ob das Kalkül des Vergessens in diesem Fall nicht allzu arg strapaziert wird? 

¹ de.statista.com/statistik/daten/studie/198377/umfrage/staatsverschuldung-in-der-europaeischen-union/
² https://www.bfs.admin.ch/asset/de/24468750

veröffentlicht 3.Oktober 2023

^

Geschichtsunterricht in der Krise

von Dr. phil. Carl Bossard*

Als eigenes Fach erschien Geschichte den Schulreformern unwesentlich. Die Bildungspoli-tik schaffte es ab. Die Folgen sind spürbar: Der historische Wissensstand ist rudimentär. Gedanken zu einem staatspolitisch gefährlichen Irrweg – im Nachgang zum ersten August.

«Rütlischwur? Hä? Noch nie gehört.», so überschrieb die «SonntagsZeitung» einen Bericht zum Geschichtsunterricht an Zürcher Sekundarschulen. Der Befund erschüttert. Viele Jugendlichen hätten keine Ahnung von 1291 und wüssten kaum, warum es einen Nationalfeiertag gibt. «Wer glaubt, dass das Wissen über wichtige Ereignisse unserer Geschichte zum Allgemeingut der Volksschulabgängerinnen und -abgänger gehört, täuscht sich gewaltig», schreibt Christoph Ziegler, Sekundarlehrer und ehemaliger Präsident der Bildungskommission im Zürcher Kantonsrat.¹ Und er fügt bei: «Die Wissenslücken sind zum Teil riesig. Daran sind nicht die Jugendlichen schuld. Der Grund liegt woanders: Der Geschichtsunterricht wurde in vielen Schulen an den Rand gedrängt.»

Die Hauptfassade des Bundesbriefmuseums
mit Heinrich Danioths «Fundamentum» (Darstellung
des Bundes zu Brunnen) (Bild wikimedia)

Geschichtsunterricht wurde systematisch abgewertet

Zieglers Mahnruf überrascht nicht. Der Lehrplan 21 liess Geschichte als eigenständiges Fach vollständig fallen. In der Primarschule mäandriert Geschichte als nebulöser Schwarm im Fachbereich «Natur, Mensch, Gesellschaft» (NMG) – mit unzusammenhängenden Einzelteilen: ein bisschen Pfahlbauer, ein wenig Römer, eine Dosis Rittertum. Keine Übersicht, kein verbindendes Zusammenhangwissen, keine Strukturen, nicht einmal auf der temporalen Ebene, der Zeit-achse. Die Bildungspolitik hat Geschichte systematisch abgewertet.

Auf der Sekundarstufe wurde das Fach Geschichte Teil von «Räume, Zeiten, Gesellschaften» (RZG) – zusammen mit Geografie. Definiert sind Grundansprüche. Unter dem Bereich «Lebensraum Europa» stehen beispielsweise in der ersten Sekundarklasse eine Vielzahl von hochtrabenden Kompetenzen wie: «Ich kann eine thematische Karte zur Bevölkerungsbewegung in Frankreich auswerten.» Die Kompetenzen müssten abgearbeitet werden, doch sie lassen Geschichte nur noch zerstückelt in einzelne Fragmente erkennen. Ihr Stellenwert ist nicht vorgeschrieben. Sie liegen im persönlichen Ermessen der Lehrerin, sind dem beliebigen Gutdünken des Lehrers überlassen. Fürs Fach Geschichte generieren diese Konstrukte kaum neue Perspektiven. Viele Junglehrer fühlen sich im Kompetenzenwirrwarr völlig verloren. Es fehlt ein klares Unterrichtsprofil.

Wenn der Kohärenzkitt verloren geht

Das hat Folgen. Es erstaunt darum nicht, dass sich der gesamte Geschichtsunterricht einer dreijährigen Sekundarschule auf zwei Leuchtturmtage beschränkt: Napoleon und Holocaust. Seit Jahren verweisen Praktiker auf das Malaise im Fach Geschichte. Die Bildungsverantwortlichen müssten längst Gegensteuer gegeben – auch aus demokratiepolitischen Gründen. Geschehen ist nichts. Kaum jemand ist überrascht, wenn Peter Gautschi, Professor für Ge-schichte und Geschichtsdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Luzern, konstatiert: «Der Geschichtsunterricht ist in der Krise. Er wurde zurückgedrängt. […] Für die Schweiz als Willensnation ist das verheerend – denn die gemeinsame Geschichte ist der Kitt, der unser Land zusammenhält.»² 

Geschichte muss als Geschichte präsent sein

Die Geschichtskenntnisse schrumpfen. Das war absehbar. Sobald eine Disziplin als eigenständiger Bereich verschwindet, verschwindet auch der Inhalt. Bei Kindern und Jugendlichen sowieso: «Wenn Geschichte nicht als Geschichte in Erscheinung tritt, ist sie in ihren Köpfen nicht vorhanden», meint eine Geschichtsdidaktikerin. «Der Begriff ‹Geschichte› weist program-matisch auf das Kerngeschäft der Geschichtswissenschaft hin, auf ihren Umgang mit der Zeitlichkeit, auf ihre Art der Reflexion und Analyse des Vergangenen», kritisiert der Historiker Lucas Burkart. Mit dem Fachbereichsnamen «Räume, Zeiten, Gesellschaften» gehe das verloren, fügt er an. 

Vor solchen Sammelfächern, wie sie die Schweizer Volksschule nun kennt, warnte auch der renommierte Entwicklungspsychologe und Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Franz E. Weinert: «Fächer sind als Wissenssysteme unerlässlich für kognitives Lernen. Es gibt überhaupt keinen Grund für einen heterogenen Fächer-Mischmasch.» Pikanterweise berufen sich die Gestalter des Lehrplans 21 immer wieder auf Weinert. Als Ausnahme nannte der Lernpsychologe Weinert den Projektunterricht; reale Phänomene oder Probleme unserer Welt bilden hier den Ausgangspunkt.

Geschichte als Kompass in einer komplexen Welt

Die Zivilisationsdynamik ist ungebremst. Gerade darum brauchen wir den historischen Sinn – mehr denn je. Nur so können wir uns zur Fremdheit anderer, die uns nähergekommen sind, und zur Fremdheit eigener Vergangenheiten, von denen wir uns fortschrittsbedingt immer rascher entfernen, in eine Beziehung setzen. Historisches Denken ist die Basis.

Anders gesagt: Je schneller sich die Gesellschaft verändert, desto wichtiger wird das Wissen um die eigene Geschichte – und das Bewusstsein: «Da kommen wir her.» Wenn wir diese Dimension völlig verlieren, verlieren wir die Vertikale. Wenn wir uns ganz in die Horizontale begeben und uns nur noch auf die Gegenwart beziehen, dann verlieren wir das Verhältnis zur Geschichte und damit die Orientierung – und ohne Orientierung keine Grundwerte des Zusammenhaltes, keine Vorstellungen zur Raison d’Être der Schweiz. Schule vermittelt den Blick zurück; doch er zielt immer auch nach vorne. Zukunft braucht eben Herkunft, um Odo Marquards vielzitiertes Wort zu nennen.³ 

1848: Beginn der modernen Schweiz 

Darum ist Geschichte als Bildungselement so wichtig. Das Fach erzählt spannende Geschichten. Menschen brauchen gute Geschichten. Sie wecken Interesse und schärfen die Wahrnehmung für neue Zeitdimensionen, gerade bei Jugendlichen. Sie führen zu Phänomenen wie zum Beispiel zur Französischen und Helvetischen Revolution von 1789 bzw. 1798 oder zur Bildung des Bundesstaates von 1848 – vor 175 Jahren. Nicht als isolierte Ereignisse, nicht als zusammenhangloser Haufen, nicht als begriffsloses Nebeneinander. Weder einfach Jahreszahlen noch Fakten, auswendig gelernt und mechanisch reproduziert. Nein. Jedes Geschehen steht in einem grösseren Zusammenhang mit der Gegenwart. 

Das zeigt beispielsweise die Zeit zwischen 1798 und 1848 – eine der spannendsten Epochen der Schweizer Geschichte. Auch für junge Menschen. Es ist der Kampf um die Modernisierung der Schweiz und ihren Aufbruch in die Zukunft. Die Zeitspanne beinhaltet den kräftigen Konflikt zwischen zentralem Einheitsstaat und lockerem Staatenbund, den Streit zwischen dem französisch-napoleonischen Zentralismus – symbolisiert im Apfel – und dem alteidgenössischen Föderalismus – in Gestalt der Traube. Der fünfzigjährige Kampf zwischen Apfel und Traube, zwischen dem Einheitsstaat und der alten föderalen Struktur ist intensiv. Es kommt zu Sonderbün-den. Es gibt Krieg; es fliesst Blut. Fast bricht die Schweiz auseinander. Der Bundesstaat von 1848 bringt den Kompromiss – in Form der Orange: Die Haut symbolisiert den Bund, die Schnitze stehen für die Kantone. Konkret: Die Schweiz, ein vielfältiges Land mit möglichst autonomen Gliedstaaten oder eben Kantonen, dies dank einer föderativen Staatsstruktur. Aus dem alten Staatenbund wird über den helvetischen Zenralstaat von 1798 der heutige Bundesstaat von 1848. 175 Jahre sind es her.

Die Parallele zur Gegenwart ist evident – und damit das Postulat des scharfsinnigen Schweizer Historikers Herbert Lüthy: «Alle Geschichte ist Geschichte der Gegenwart, weil Vergangenes als Vergangenes gar nicht erfahren werden kann, sondern nur als aus der Vergangenheit Gegenwärtiges.»⁴ 

Der Zusammenhang als Türöffner

Erst wenn wir die Dinge im Kontext erkennen, gehen uns historische Welten auf. Das Verstehen von geschichtlichen Zusammenhängen bildet die Sensibilität für zeitliche Dimensionen und Entwicklungsprozesse, fürs Gewordene und Gegenwärtige. Zusammenhänge ermöglichen ein ausgreifendes Verständnis der Geschichte. Der Kontext wird zum Türöffner in die Zukunft. Nicht umsonst prägte der Philosoph Hans Blumenberg vor vielen Jahren den Ausdruck, Bildung sei kein «Arsenal», sondern ein «Horizont». Nicht Daten und Fakten, sondern Orientierung. Bildung als Orientierungsfähigkeit in geistigen und historischen Welten.⁵ 

Das kommt nicht von selbst. Jede Einsicht von Bedeutung – auch eine geschichtliche – will gedanklich erarbeitet sein. In der Vertikale. Das erspart uns keine Datenmaschine, dazu führen keine Algorithmen. Auch in Zukunft nicht. Und das Schulfach Geschichte ist eine Art Grundversicherung. 

Das progressive Land Hessen schaffte das Fach ab und führte es in der Zwischenzeit wieder ein – durch Aktualität eines Besseren belehrt. Auch an den Schweizer Schulen bräuchte das eminent wichtige Fach Geschichte eine Renaissance. Die Berichte aus den Klassenzimmern zeigen es. 

 

Wir danken dem Autor für die Abdruckgenehmigung.

Quelle: www.journal21.ch/artikel/geschichtsunterricht-der-krise

¹ Nadja Pastega, «Rütlischwur? Hä? Noch nie gehört», in: SonntagsZeitung, 23.07.2023, S. 4
² Dies., «Alle Schüler sollten mal vom Rütlischwur gehört haben», in: SonntagsZeitung, 30.07.2023, S. 3
³ Odo Marquard (2003), Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Betrachtungen über Modernität und Menschlichkeit, in: Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays. Stuttgart: Reclam Verlag, S. 234ff.
⁴ Herbert Lüthy (1969), Wozu Geschichte? Zürich: Verlags AG «Die Arche».
⁵ Zur «Bildung als historisches Bewusstsein» schrieb der kürzlich verstorbene Philosoph und Romancier Peter Bieri alias Pascal Mercier ein eigenes Kapitel, in: Wie wäre es, gebildet zu sein? München/Grünwald: Verlag Komplett-Media GmbH, S. 15–24.

* Carl Bossard, Dr. phil., dipl. Gymnasial­lehrer, war Rektor des Nidwaldner Gymnasiums in Stans, Direktor der Kantonsschule Alpenquai Luzern und Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule PH Zug. Heute leitet er Weiterbildungen und berät Schulen. Sein Hauptinteresse gilt bildungspolitischen und gesellschaftlich-historischen Fragen. Publikationen unter www.carlbossard.ch


Info: https://zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-14-vom-3-oktober-2023.html#article_1567


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.10.2023

Behinderung der CumEx Aufklärung – das dürfen wir nicht zulassen!

Von: Gerhard Schick | Finanzwende [ <mailto:newsletter@finanzwende.de> mailto:newsletter@finanzwende.de]

Gesendet: Mittwoch, 4. Oktober 2023 15:04

An:  <mailto:horst.niemeier@bitel.nethorst.niemeier@bitel.net

Betreff: Behinderung der CumEx Aufklärung – das dürfen wir nicht zulassen!



+++ Jetzt unterschreiben +++



 <https://mailcluster.wegewerk.com/mailing/166/6984137/15075701/58253/9e1ebd0e03/index.html> Wenn dieser Newsletter nicht richtig angezeigt wird, klicken Sie bitte hier.



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569144/d37270408d.html



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569171/1af91a6a4d.html



Liebe Freundinnen und Freunde von Finanzwende,



Die Staatsanwaltschaft in Köln mit Chefermittlerin Anne Brorhilker ist die Speerspitze der CumEx-Aufklärung in Deutschland. Ihrer Arbeit ist zu verdanken, dass die juristische Aufarbeitung des größten Steuerraubes der Bundesrepublik vorankommt. Doch jetzt droht ein großer Rückschlag: Denn NRW-Justizminister Benjamin Limbach plant, die Abteilung und damit Anne Brorhilker de facto zu entmachten. Das müssen wir gemeinsam verhindern! Bitte fordern Sie mit mir den Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst in einer Petition dazu auf, die verfehlten Pläne seines Justizministers zu stoppen.


Was es braucht, sind politische Rückendeckung und mehr Personal – keine Umstrukturierungen der CumEx-Abteilung mit absehbar negativen Konsequenzen. Unterschreiben Sie jetzt unseren Appell an den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst!



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569171/1af91a6a4d.html>  Umstrukturierung der CumEx-Strafverfolgung stoppen!  



Was genau plant das Justizministerium in NRW?


Die ermittelnde Hauptabteilung unter Anne Brorhilker soll einen Teil ihres Teams und Fälle an eine zweite, gleichberechtigte Hauptabteilung abgeben, die eigens dafür neu eingesetzt wird. Brorhilker selbst und die Generalstaatsanwaltschaft Köln haben sich intern explizit gegen diese Pläne ausgesprochen.


Dieser Schritt bedeutet eine faktische Entmachtung von Deutschlands wichtigster CumEx-Aufklärerin. Eine derartige Aufteilung der Ermittlungsleitung gefährdet die bisherige Linie, alle CumEx-Täter*innen vor Gericht zu bringen. Da die Mehrheit der Fälle miteinander verwoben sind, ist eine Aufteilung der Fälle weder realistisch noch sinnvoll. Interne Konflikte sind vorprogrammiert – zur Freude der Finanzkriminellen.


Mit einer Aufteilung der Ermittlungen ist zu befürchten, dass Verfahren gegen Geldbußen eingestellt werden, eine Strategie, die Kritiker von Anne Brorhilker seit zehn Jahren verfolgen. Denn von Anfang an gab es Personen im NRW-Justizapparat, die bevorzugt hätten, Deals mit CumEx-Täter*innen zu machen. Das ist eine bekannte Praxis im Umgang mit Kriminellen im Finanzsektor, gegen die sich Anne Brorhilker von Anfang an wehrte. Zurecht –  denn solche Deals haben zur Folge, dass CumEx-Täter*innen ohne Schuldspruch davonkommen würden. Das wäre ein politischer Skandal, insbesondere bei den Milliardensummen an Steuergeldern, die uns durch den CumEx-Skandal fehlen.



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569171/1af91a6a4d.html>  CumEx-Täter*innen nicht davonkommen lassen!  



Statt Aufspaltung bestehender Strukturen braucht es nach wie vor zusätzliche Unterstützung durch personelle und finanzielle Ressourcen. Wir fordern eine klare politische Rückendeckung für die vollumfängliche juristische Aufarbeitung der CumEx-Fälle und sagen: Keine Deals mit CumEx-Täter*innen!


Um das zu erreichen, brauchen wir Ihre Hilfe.



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569171/1af91a6a4d.html>  Hier Petition unterzeichnen  



Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung


Ihr Gerhard Schick

Vorstand Finanzwende



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569171/1af91a6a4d.html



PS: Um die Ermittlungen gegen die 1700 in Köln Beschuldigten effektiv führen zu können, wurde das Personal unter Anne Brorhilker in der Vergangenheit mehrfach aufgestockt. Ein Erfolg, den Finanzwende mit Ihrer Unterstützung erreichen konnte. Dieser Erfolg droht jetzt zu verwässern.  <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569171/1af91a6a4d.html> Unterschreiben Sie jetzt unsere Petition, um das zu verhindern. <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569147/2b63cd99a2.html



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569146/3f32060eea.html



Unterstützen Sie uns!



 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569146/3f32060eea.html>  Jetzt spenden  



Bürgerbewegung Finanzwende e. V.

Motzstraße 32 · 10777 Berlin  

Telefon 030 208 370 810

 <mailto:newsletter@finanzwende.de?subject=Antwort%20auf%20Newsletter> newsletter@finanzwende.de

 <https://mailcluster.wegewerk.com/c/166/6984137/1387/0/15075701/58253/569128/b65c9bcb2d.htmlwww.finanzwende.de

07.10.2023

Egon Krenz: Protestbewegung wollte keine deutsche Einheit

aus e-mail von Doris Pumphrey, 7. Oktober 2023, 9:12 Uhr


https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/egon-krenz-die-protestbewegung-in-der-ddr-von-1989-wollte-keine-deutsche-einheit-li.1405566


7. Oktober 2023


*Egon Krenz: Die Protestbewegung in der DDR von 1989 wollte keine

deutsche Einheit


*War die deutsche Einheit von den Widerstandskämpfern in der DDR

wirklich gewollt? Egon Krenz sagt „Nein“. Ein Gastbeitrag.


Zum Tag der Deutschen Einheit wurde in Reden und Interviews viel vom

Respekt vor DDR-Biografien gesprochen. Das ist lobenswert, und es ist zu

hoffen, dass dies endlich in der praktischen Politik verwirklicht wird.


Geschichtsfälschung ist es aber, wenn gleichzeitig behauptet wird, die

Leistungen der DDR-Bürger seien *trotz des DDR-Regimes* vollbracht

worden. Richtig ist vielmehr, dass vieles, worin die DDR der

Bundesrepublik überlegen war, wie beispielsweise die Gleichberechtigung

der Frau, die Förderung der Jugend, das Bildungswesen, die

Kinderbetreuung und manches mehr, überhaupt nur unter DDR-Bedingungen

möglich war.


Geschichtsfälschung ist es auch, wenn die Herbst-Demonstrationen in

Leipzig und anderen Städten der DDR mit der deutschen Einheit in

Verbindung gebracht werden. Der Herbst 1989 war kein Vorspiel für den

Anschluss der DDR an die Bundesrepublik.


Dazu einige Fakten, die offensichtlich unterschlagen werden:


·     Der Aufruf der „Leipziger Sechs“ wird als Appell zu einer

Freiheitsbewegung ausgelegt, die man am liebsten in der Tradition der

Revolutionen von 1848 und 1918 sieht. Das gibt der Text aber nicht her.


Am 9. Oktober 1989 wurden keinerlei Forderungen nach Abschaffung der DDR

oder der Vereinigung mit der Bundesrepublik erhoben. Nicht einmal der

Rücktritt der Regierung wurde verlangt. Der Dirigent Kurt Masur, der

Theologe Dr. Peter Zimmermann, der Kabarettist Bernd-Lutz Lange sowie

die Sekretäre der SED-Bezirksleitung Dr. Kurt Meier, Jochen Pommert und

Dr. Roland Wötzel hatten die Bevölkerung zur Besonnenheit aufgerufen. Es

ist nützlich, sich des Originaltextes zu erinnern:


„/Unsere gemeinsame Sorge und Verantwortung haben uns heute

zusammengeführt. Wir sind von der Entwicklung in unserer Stadt betroffen

und suchen nach einer Lösung. Wir alle brauchen freien

*Meinungsaustausch über die Weiterführung des Sozialismus in unserem

Land*. Deshalb versprechen die Genannten heute allen Bürgern, ihre ganze

Kraft und Autorität einzusetzen, dass dieser Dialog nicht nur im Bezirk

Leipzig, sondern auch mit unserer Regierung geführt wird. Wir bitten Sie

dringend um Besonnenheit, damit der friedliche Dialog möglich wird.“/


·     Wolfgang Ullmann von der Bürgerbewegung „Demokratie jetzt“ wurde

gefragt: „In der Frage der Souveränität zieht die Opposition mit der SED

an einem Strang?“ Der Kirchenhistoriker antwortete: „Ja, ich schäme mich

nicht, das zu sagen … Im Übrigen gehöre ich zu den Leuten, die gar kein

Hehl daraus machen, dass sie sich in Bezug auf die antifaschistische

Grundentscheidung immer an der Seite der Kommunisten auch in unserem

Land gewusst haben.“ (Quelle: Interview mit Wolfgang Ullmann, taz vom

18. November 1989.)


·     Am 24. Oktober 1989 schrieben die Pfarrer Schorlemmer und

Eppelmann einen Brief an mich, in dem es heißt: „Uns geht es um die

Entwicklung von Demokratie und Sozialismus in unserem Land.“


Auf der großen Kundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz forderte kein

einziger Redner die deutsche Einheit. Der 4. November sei der Versuch

gewesen, bemerkte Friedrich Schorlemmer, eine demokratisierte DDR zu

schaffen. Es ging an diesem Tag um Pressefreiheit, um Reisefreiheit, um

freie Wahlen – nur um eines ging es nicht an diesem 4. November: um die

deutsche Einheit. „Die stand überhaupt nicht auf der Agenda“, erinnert

sich Schorlemmer. „Wir wollten ein anderes Land aufbauen. Wir wollten

eine grundlegende Veränderung der DDR.“


·     Die deutsche Zweistaatlichkeit wollten selbst tonangebende

Vertreter der DDR-Opposition nicht verändern. Bärbel Bohley zum Beispiel

äußerte sich in einem Interview mit der französischen Zeitung Le Figaro

über Wiedervereinigungsgedanken: „Nein. Das ist ein Thema für

Wahlkampagnen in Westdeutschland. Nach vierzig Jahren gibt es zwei

verschiedene Gesellschaften. Die westdeutsche Lebensweise ist uns ganz

und gar fremd [...]. Was die BRD will, ist eine Vereinigung, bei der sie

ihr Modell durchsetzt. Die Ostdeutschen wollen sich aber nicht 40 Jahre

ihrer Geschichte entledigen.“


·     Die Vertrauensleute des Deutschen Theaters Berlin wandten sich in

einem Brief an Bundeskanzler Kohl, in dem es hieß: „Mit zunehmender

Verärgerung beobachten wir Ihren Einsatz für Demokratie in der DDR,

hören Ihren Ruf nach freien Wahlen in unserem Land, von denen Sie die

wirtschaftliche Zusammenarbeit abhängig machen wollen. Das Volk der DDR

hat seine Reformen selbst erkämpft und wird es auch künftig tun. In dem

hart geführten Dialog mit unserer Regierung und der SED benötigen wir

keine politische Schützenhilfe Ihrer Regierung und Ihrer Partei. [...]

Wir haben nichts dagegen, wenn Sie, Herr Bundeskanzler, für freie Wahlen

auf die Straße gehen, aber wir wollen Sie nicht unter den

Trittbrettfahrern unserer Reformbewegung sehen. [...] Was sollen das

außerdem für freie Wahlen sein, die mit dem Geld der Bundesrepublik

erkauft werden?“ (Quelle: Neues Deutschland vom 24. November 1989.)


Bundespräsident Steinmeier sagte vor einiger Zeit, die Geschichte wäre

anders verlaufen, hätte nicht Gorbatschow die SED-Führung zur

Zurückhaltung gemahnt. Eine solche Aussage unterstellt, dass die

DDR-Führung entschlossen gewesen wäre, Gewalt einzusetzen. Die Wahrheit

lautet: Gorbatschow hat weder explizit noch implizit die SED-Führung zur

Zurückhaltung ermahnt. Dies war auch nicht nötig. Die Entscheidung zur

Gewaltlosigkeit im Herbst 1989 wurde allein in Berlin, also von der

DDR-Führung, im vollen Bewusstsein ihrer Verantwortung getroffen. Es

geht hier nicht um Wortklauberei, sondern um geschichtliche Vorgänge und

deren Deutung. Im Weiteren natürlich auch um das Urteil, welches

nachfolgende Generationen über historische Prozesse in der DDR fällen

werden. Wir haben den Waffeneinsatz im Herbst 1989 verboten, weil

politische Differenzen mit Gewalt nicht gelöst werden können. Umso

bestürzter sehe ich, wie sich Deutschland Stück für Stück in eine akute

Kriegsgefahr hineinziehen lässt.


·     Die deutsche Einheit wäre ohne die Sowjetunion nie zustande

gekommen. Dass wir den 33. Jahrestag mit einem Verhältnis zu Russland

begehen, wie es schlechter nicht sein kann, empfinde ich als Tragödie.

Die deutsche Außenministerin hat verantwortungslos davon gesprochen,

dass der Westen Krieg gegen Russland führe und das Ziel darin bestünde,

„Russland zu ruinieren.“ Für Deutschland ist von Russland noch nie eine

Gefahr ausgegangen. Deutschland hat 1941 die Sowjetunion überfallen mit

der Absicht, den Staat zu zerschlagen und einen Teil der Bevölkerung

auszurotten. Die Mauer in Berlin ist weg. Sie wurde nach Osten

verschoben. Sie steht nicht mehr zwischen Nato und Warschauer Vertrag,

sondern zwischen der Nato und Russland. Sie ist dort, wo sie im Prinzip

an jenem 22. Juni 1941 verlief, als Deutschland die Sowjetunion

überfallen hat. Diese Grenzverschiebung ist das Gegenteil von dem, was

1989 auf den Straßen und Plätzen der DDR gefordert wurde.


·     Die Kraft, das Geld und die Ressourcen, die man einsetzt, um die

DDR zu denunzieren – eine ganze „Aufarbeitungsindustrie“ ist damit

beschäftigt –, wären sinnvoller angelegt für eine inhaltliche

Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und Fremdenhass. Nazis,

Neonazis und die geistigen Brandstifter in der AfD sind eine Gefahr für

Deutschland – nicht aber das Erbe der DDR.


Als ich Anfang der Neunzigerjahre Gorbatschow traf, um ihn zu

informieren, dass die bundesdeutsche Justiz über 100.000

Ermittlungsverfahren gegen DDR-Bürger eingeleitet hatte, erzählte er mir

von einem Gespräch mit Bundeskanzler Kohl. Der habe ihm gesagt,

wirtschaftlich werde man die deutsche Einheit schnell meistern, aber

„Michail Sergejewitsch, wir sind da drüben im Osten einem fremden Volk

begegnet. Die sind ganz anders als wir.“


Abgesehen von den unrealistischen wirtschaftspolitischen Vorstellungen

Kohls, offenbart seine späte „Erkenntnis“ über das Volk der DDR, dass

die politische Elite der alten Bundesrepublik nie wusste, was das

DDR-Volk im Innersten bewegt. Das ist bis heute so geblieben. Seit 1949

wurde der Bevölkerung versprochen: „Dieses Grundgesetz verliert seine

Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von

dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“

(Quelle: Artikel 146 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.)

Das blieb unerfüllt.

---------------------------


/Zum Autor

Egon Krenz wurde im März 1937 in Kolberg, Pommern, geboren. Krenz war

vom 18. Oktober bis zum 6. Dezember 1989 als Nachfolger Erich Honeckers

Generalsekretär des ZKs der SED sowie ab 24. Oktober bis zum selben

Enddatum Staatsratsvorsitzender und Vorsitzender des Nationalen

Verteidigungsrates der DDR.


/


unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

07.10.2023

Flüchtlingskrise überschattet EU-Gipfel

lostineu.eu, 6. Oktober 2023

Nach dem EPG-Gipfel in Granada kriselt es auch gewaltig beim informellen EU-Spitzentreffen am selben Ort. Ungarn und Polen blockieren eine Erklärung zur Flüchtlingskrise.

Beim Treffen der „Europäischen Politischen Gemeinschaft“ war es den EUropäern nicht gelungen, wie geplant zwischen Armenien und Aserbaidschan zu vermitteln und die Kosovo-Krise zu entschärfen.

Nun sorgt auch noch die Flüchtlingskrise für Ärger. Beim informellen EU-Gipfel, der am Freitag ebenfalls in Granada stattfand, gab es massiven Ärger mit Ungarn und Polen.

Beide Länder haben eine geplante Erklärung zur Migrationspolitik blockiert. Das sagten mehrere EU-Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur.

Unganrs Orban sagte, aus seiner Sicht gebe es keinerlei Chancen mehr auf Kompromisse und Vereinbarungen, nachdem Ungarn und Polen „rechtlich vergewaltigt“ worden seien.

Hintergrund ist der geplante Asyl- und Flüchtlingspakt. Nachdem die lange umstrittene Krisenverordnung verabschiedet wurde, wollten die EU-Chefs nun das ganze Paket durchboxen.

Doch Ungarn und Polen sind dagegen. Bei normalen Ratssitzungen können sie zwar mit qualifizierter Mehrheit überstimmt werden. Doch bei Gipfeln gilt das Einstimmigkeits-Prinzip.

Ungarn hatte sich schon geplanten Milliarden-Hilfen für die Ukraine widersetzt. Nun herrscht dicke Luft – manche fordern, auf Ungarn keine Rücksichten mehr zu nehmen…

Siehe auch „Flüchtlingskrise wichtiger als Ukraine-Krieg“

3 Comments

  1. KK
    6. Oktober 2023 @ 20:55

    Nachdem das Rechtsstaatsprinzip bereits geschleift wurde, ist jetzt die Demontage demokratisch zustandegekommener Regeln und damit die Demokratie als solche dran.
    Mal sehen, wann die Todesstrafe für Aufständische, die ja laut Lissabon-Vertrag aiusdrücklich zugelassen ist, wieder eingeführt wird – und wie dann „Aufstand“ definiert wird.

Reply

  • Katla
    6. Oktober 2023 @ 17:59

    Das wäre dann in der Tat eine interessante Situation, wenn bestimmte Länder bei missfälliger Haltung einfach übergangen werden würden. Welches wäre dann das nächste Mitgliedsland, auf das irgendwann „keine Rücksicht mehr“ genommen wird und bei welchem Thema? Und wie vermittelt man den demokratiegeschulten Bürgern, dass ein Einstimmigkeitsprinzip nur dann gilt, wenn das Ergebnis passt? Von der Geschichte überholte Einparteiensysteme lassen grüßen.

    Reply

    • Helmut Höft
      6. Oktober 2023 @ 20:45

      @Katla
      Man sollte die Dinge nmM nicht überschätzen: Es geht nur in einem Europa mit verschiedenen Geschwindigkeiten – in Pflichen und Rechten (aka Geld) oder in einer erst abzuwickelnden EU und dann einem neu aufgebauten Europa. Lets face it!


  • Info: https://lostineu.eu/nach-der-epg-scheitert-auch-der-eu-gipfel


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Update Budgetstreit: Orban will nicht für Ukraine zahlen


    lostin.eu, vom 6. Oktober 2023

    Im Streit über einen Nachschlag für das laufende, billionenschwere EU-Budget stellt sich Ungarn quer: Regierungschef Orban will nicht für die Ukraine zahlen.

    Man werde in keinem Fall einer unüberlegten Budgeterweiterung zustimmen, sagte Orban beim informellen EU-Gipfel in Granada. Ungarn wolle einen Waffenstillstand und Frieden. Zusätzliche Waffenlieferungen würden das Töten verlängern, argumentierte er.

    Ungarn könnte mit einem Veto die Finanzierung der Hilfen verhindern. Es geht um 20 Mrd. Euro für Waffen aus einem Sonderbudget sowie weitere 50 Mrd. Euro, die aus dem laufenden EU-Haushalt finanziert werden sollen. Dafür braucht es Einstimmigkeit.

    Allerdings ist es möglich, dass Orban den Hilfen am Ende doch zustimmt – wenn im Gegenzug EU-Gelder für Ungarn freigegeben würden, die derzeit wegen rechtsstaatlichen Defiziten in dem Land eingefroren sind. Die EU-Kommission ist angeblich dazu bereit.

    Allerdings hat das EU-Parlament bereits vor einem Kuhhandel gewarnt. Es will noch mehr Geld nachschießen und noch mehr Waffen in die Ukraine schicken. Die Gegner der Aufrüstung und des Krieges haben es schwer – auch wenn die Solidarität bröckelt…

    Siehe auch „Ukraine wird zum Budget-Risiko“

    5 Comments

    1. european
      6. Oktober 2023 @ 19:06

      Ich vermute, dass Orban auf keinen Deal eingehen wird. Man mag politisch nicht auf seiner Seite stehen, aber man darf davon ausgehen, dass er rechnen kann.

      Aktuell ist Ungarn Nettoempfänger von 4.4 Mrd Euro (2022) pro Jahr. Davon ist wohl ein Teil eingefroren, wie oben erwähnt. Wenn die Ukraine aufgenommen wird, wird Ungarn – wie auch andere Länder – entweder deutlich weniger erhalten oder aber sogar in den Zahlersessel gewuppt. Das wird nicht vorübergehend so sein, sondern das bleibt dann so.

      https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/europa/70580/nettozahler-und-nettoempfaenger-in-der-eu/

      Was immer auch der Deal bezüglich der eingefrorenen Zahlungen sein wird, man kann an einer Hand ausrechnen, wann der Breakeven erreicht ist. Bleibt es beim nein, bleibt es für Ungarn – und andere Nettoempfängerländer – so wie es ist. Man darf auf die neue Regierung der Slowakei gespannt sein.

    Reply

  • KK
    6. Oktober 2023 @ 15:47

    Die EU erinnert mich immer mehr an eine Szene aus „Life of Brian“:
    „Du musst feilschen!“
    Nur, dass es hier um mehr als nur einen falschen Bart geht… wo bitte gehts zur Steinigung?

    Reply

  • european
    6. Oktober 2023 @ 14:30

    „Allerdings ist es möglich, dass Orban den Hilfen am Ende doch zustimmt – wenn im Gegenzug EU-Gelder für Ungarn freigegeben würden, die derzeit wegen rechtsstaatlichen Defiziten in dem Land eingefroren sind. Die EU-Kommission ist angeblich dazu bereit.“

    Das muss man sich mal reinziehen. Einem existierenden EU-Mitglied werden Gelder „wegen rechtstaatlicher Defizite“ eingefroren, die ihm zustehen, waehrend einem durch alle Ebenen korrupten Nicht-EU-Mitglied das Geld ohne jede Rueckzahlungsverpflichtung nur so hinterhergeworfen wird. Ein Land, das es an Rechtsstaatlichkeit komplett fehlen laesst, wo Medien und Oppositionsparteien verboten werden, kritische Journalisten (Gonzalo Lira) in Arbeitslager gesteckt werden etc, in unregelmaessigen Abstaenden Todeslisten von Regimekritikern auf der Regierungsseite veroeffentlicht werden uvm.

    Jaja, die regelbasierte Weltordnung, ich weiss…..

    Reply

    • KK
      6. Oktober 2023 @ 16:21

      Die Ukraine kann ja gar keine rechtstaatlichen „Defizite“ haben, weil sie dem Lissabon-Vertrag nicht zugestimmt und sich ergo auch nicht zur Rechtsstaatlichkeit verpflichtet hat ????

      Aber genau deswegen sollte sie auch keinen Cent vom Steuergeld der EU-Bürger bekommen.

      Reply

    • Katla
      6. Oktober 2023 @ 16:46

      @european: dem kann man ausnahmsweise mal etwas Positives abgewinnen – die EU entlarvt sich damit doch selbst! Sind die Gelder wirklich wegen Rechtsstaatssdefiziten nicht geflossen? Dann dürften sie ja auch jetzt nicht freigegeben werden. Sollten sie dennoch freigegeben werden, bestätigt die EU nur, dass sie Finanzmittel als politisches Instrument gegen ihre eigenen Mitglieder verwendet. Politisch wäre das ein Eigentor sondergleichen.


  • Info:https://lostineu.eu/update-budgetstreit-orban-will-nicht-fuer-ukraine-zahlen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Neues vom Wirtschaftskrieg (230): Blinken will russische Assets kassieren – in EUropa


    lostineu.eu, vom 6. Oktober 2023

    Die USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen. Die Ukraine will ihre Klage gegen mehrere EU-Staaten wegen Einfuhrbeschränkungen für Getreide vorerst nicht weiterverfolgen. Und der Ölpreisdeckel der G-7 ist gescheitert

    • USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen. U.S. Secretary of State Antony Blinken said legal studies are under way on how Russia’s assets abroad can be seized to help rebuild Ukraine. (…) „It’s about $300 billion, and most of it actually in Europe, not in the United States,“ he continued. „So we’re looking at what legal authorities we may have, the Europeans may have, to actually use those assets for Ukraine … We have to make sure that there is a legal basis to do that. And as I said, since most of the assets are in Europe, Europeans also have to be convinced that there’s a basis to do it.“ (Politico) – Der Clou ist, dass das meiste russische Vermögen in Europa liegt. Ohne die EU geht also gar nichts. Biden versucht es nun mit einem Trick – indem er eine (bisher fehlende) Rechtsgrundlage aus dem Hut zaubern will, die dann auch für die EU passen soll.
    • Die Ukraine will ihre Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen mehrere EU-Staaten wegen Einfuhrbeschränkungen für Getreide vorerst nicht weiterverfolgen. „Während wir nach einer praktischen Lösung suchen, ist unsere Streitsache innerhalb der WTO momentan pausiert“, sagte der stellvertretende ukrainische Wirtschaftsminister Taras Katschka am Donnerstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Er gehe von einer Einigung in dem Streit innerhalb der kommenden „Wochen und Monaten“ aus. Die Klage richtet sich gegen drei Nachbarstaaten der Ukraine: Polen, die Slowakei und Ungarn. Sie haben entgegen einer EU-Entscheidung die Beschränkungen auf Getreideimporte aus der Ukraine nicht ausgesetzt, um nach eigenen Angaben ihre Landwirte vor zu niedrigen Preisen zu schützen. Kiew legte deshalb bei der WTO Beschwerde ein. Besonders in Polen ist das Thema mitten im Wahlkampf ein besonders heikel. (AFP) – Es handelt sich offenbar eine Wahl-Pause. Danach dürfte das Hauen und Stechen munter weiter gehen….
    • Der Ölpreisdeckel der G-7 scheitert. Der Preis für russisches Öl steigt immer weiter und beschert dem Kreml Milliarden an Mehreinnahmen. Forscher hatten schon im Frühjahr auf Probleme mit dem 60-Dollar-Preisdeckel hingewiesen. Passiert ist allerdings nichts. (…) Besonders brisant: Im September 2023 lag der Urals-Preis damit auch deutlich über den Werten von vor einem Jahr. Im September 2022 vor Einführung des Ölpreisdeckels kostete das Barrel Urals 68 Dollar. (Der Spiegel)

    Mehr zum Wirtschaftskrieg hier

    6 Comments

    1. Helmut Höft
      6. Oktober 2023 @ 20:35

      Wo sind denn eigentlich die afghanischen Vermögen abgeblieben?
      „Eingefrorenes afghanisches Vermögen soll teils an US-Terroropfer gehen“
      Die USA haben entschieden …
      n dann ist ja alles gut, unsere „besten Freunde“ (boaeji, ich kann’s selber bald nicht mehr hören/schreiben) passen gut auf, dass da nix wegkommt!
      bspw. hier: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/afghanistan-geld-zentralbank-joe-biden-9-11

    Reply

  • Robby
    6. Oktober 2023 @ 15:57

    Nicht dass das Schule macht.
    Man stelle sich vor jetzt kommen der Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, der Jemen, Serbien … und verlangen alle von den USA und deren Pudel Schadenersatz und Reparation. Die in den Fällen wohl ein paar Billionen Dollar ausmachen würde.

    Reply

  • european
    6. Oktober 2023 @ 11:41

    „USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen.“

    Ja natuerlich. Um dann auch noch dem letzten zu signalisieren, dass auslaendisches Geld / Investitionen in der EU nicht sicher sind. Aus Deutschland sind gerade 132 Mrd mehr an FDI abgeflossen als hereingekommen. Andere Laender wird man untersuchen muessen.

    Reply

  • KK
    6. Oktober 2023 @ 11:38

    „Die Klage richtet sich gegen drei Nachbarstaaten der Ukraine: Polen, die Slowakei und Ungarn.“

    Genau die drei Staaten, wo die Solidarität langsam bröckelt… da ist wohl einigen der Verantwortlichen in der Ukraine langsam mal in den Sinn gekommen, dass es kontraproduktiv sein könnte, in die Hand zu beissen, die einen füttert. Das Futter könnte dann recht schnell ausbleiben.

    Reply

  • Hans-Heiko Schlottke
    6. Oktober 2023 @ 11:02

    USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen? Das mittelalterliche Raubrittertum erlebt eine hässliche Neuauflage. Natürlich unter dem Label „westliche Werte“ und Völkerrecht.

    Reply

    • Katla
      6. Oktober 2023 @ 13:16

      Aber eine folgerichtige Entwicklung: nachdem sich die USA auch als Piraten betätigen
      – natürlich nur zur Umsetzung einer UN-Resolution, aber ein Mandat hatten sie dann doch nicht – und die Beute an die Ukraine schicken ( https://www.handelsblatt.com/dpa/usa-schicken-beschlagnahmte-munition-in-die-ukraine/29428178.html ) passt Raubrittertum doch perfekt ins Portfolio.

      Dass der Iran auch mal gern Schiffe samt Ladung beschlagnahmt, ist unbestritten. Der Iran behauptet allerdings auch nicht, „unsere“ Werte zu teilen.


  • Info:https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-230-ukraine-setzt-klage-gegen-polen-aus


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    07.10.2023

    Nachrichten von Pressenza: Gut für Mensch und Tier: Mikroplastik darf nicht mehr in der EU verkauft werden

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 7. Oktober 2023, 7:15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 07.10.2023


    Gut für Mensch und Tier: Mikroplastik darf nicht mehr in der EU verkauft werden


    Die EU-Kommission reagiert mit einem Verbot von Mikroplastik-Produkten auf die zunehmende Umwelt-Verschmutzung durch die Partikel. Vor allem in Kosmetik-Artikeln oder Granulaten im Sport kommt dieses Plastik vor. Es gelangt  in die Umwelt, in den menschlichen Körper oder wird von Tieren aufgenommen. Die&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/gut-fuer-mensch-und-tier-mikroplastik-darf-nicht-mehr-in-der-eu-verkauft-werden/


     -----------------------


    #Traffickinghub – Tatort: Pornhub


    Warnung: Kindesmissbrauch, Menschenhandel, sexueller Missbrauch, sexualisierte Gewalt Seit Februar 2020 wehren sich die Opfer von Pornhub gerichtlich gegen Aylo (ehem. MindGeek). Der Pornogigant steht in der Kritik, Videos von Kindesmissbrauch, Menschenhandel und sexualisierter Gewalt auf seiner Plattform bewusst zugelassen und&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/traffickinghub-tatort-pornhub/


     -----------------------


    Ver.di Bundeskongress beschließt JA zum Kriegskurs – aber die Widersprüche dazu sind unübersehbar!


    Auf dem Bundeskongress der ver.di wurde heftig um den zukünftigen Weg der Gewerkschaften gestritten. Wir publizieren verschiedene kritische Beiträge zum Kurs der ver.di Führung und zum Verlauf des Kongresses. Nachbetrachtung und “wie weiter?” zum Antikriegskurs Der Ver.di Bundeskongress hat ein&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/ver-di-bundeskongress-beschliesst-ja-zum-kriegskurs-aber-die-widersprueche-dazu-sind-unuebersehbar/


     -----------------------


    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Ein Leserkommentar zu Doctorow: "Göttliches Eingreifen und das Ende des Krieges" , der eine breite Veröffentlichung verdient

    seniora.org, vom,  06. Oktober 202, Von Gilbert Doctorow 06.10.2023 - übernommen von gilbertdoctorow.com

    Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Freunde, als wir letztes Jahr in der Weltwoche diese Nachricht lasen, waren wir erleichtert: «Der Präsident des Roten Kreuzes Peter Maurer sagt: «Der Ukraine-Krieg markiert eine Trendwende. Das humanitäre Völkerrecht werde wieder stärker beachtet.»
    Mit andern Worten: Der Ukrainekrieg ist der Krieg mit den wenigsten zivilen Toten.
    Es sterben Soldaten, junge Männer, das ist schrecklich genug. Aber Frauen, Kinder und Alte, die in anderen Kriegen starben, werden hier geschont. Nun könnte diese Phase der Zurückhaltung auf russischer Seite möglicherweise zu Ende gehen, wenn man diesem Artikel von Gilbert Doctorow folgt. --- Der Krieg ist längst verloren und eine Kapitulation der Ukraine ist überfällig, um das als «Fleischwolf» (was für ein Wort!) bezeichnete grauenhafte Sterben auf ukrainischer Seite zu beenden. Aber die abenteuerliche Phantasterei des Westens, die Ukraine könne mit immer grösserer Waffenunterstützung Russland besiegen, verhindert das Ende des Sterbens und bewirkt den Einsatz hochmoderner Waffentechnik auf russischer Seite, wie im Beitrag von Gilbert Doctorow beschrieben. Ob wir Ihnen bald vom Ende dieses unglücklichen Krieges berichten können, wissen wir nicht, hoffen es allerdings sehr. Herzlich Margot und Willy Wahl

    Einer der erfreulichsten Aspekte des Publizierens auf einigen Internetplattformen ist das Feedback, das ich von Lesern erhalte, von denen einige eindeutig Experten auf Gebieten sind, die für die Themen, über die ich schreibe, relevant sind. Es gibt keine Universalgenies. Der Leserkommentar auf meiner Website substack.com, den ich im Folgenden ausführlich zitiere, stammt eindeutig von jemandem, der über fundierte Kenntnisse in den Bereichen Kriegsmaterial, Taktik und Strategie verfügt, die ich nicht besitze.

    Mein eigener Beitrag liegt in einem anderen Bereich: Ich berichte über das, was die Russen ihrer Nation im staatlichen Fernsehen und auf den großen Nachrichtentickern präsentieren, und setze es in den Kontext meines eigenen jahrzehntelangen Wissens über Russland, das ich sowohl aus Büchern als auch aus eigener Erfahrung als häufiger Besucher Russlands und aus meinem Arbeitsleben mit Wohnsitz in Russland gewonnen habe.

    Aufgrund dieser Kompetenz füge ich dem unten Zitierten die Bemerkung hinzu, dass der Einsatz schwerer Bomben, von dem ich sagte, dass er eine neue Phase der russischen Kriegsführung in der Ukraine einläutet, nun durch Bilder in den jüngsten Nachrichten sowohl im russischen als auch im westlichen Fernsehen belegt wird.

    Die Einführung schwerer Bomben wurde nicht als solche bezeichnet, aber die Videobilder von der jüngsten Zerstörung einer Stadt in der Provinz Charkow in der Nähe von Kupiansk und andere Szenen von der Front, die gestern aufgenommen wurden, zeigen, dass die 1,5-Tonnen-Bomben bereits im Einsatz sind, und zwar sowohl mit den positiven als auch den negativen Aspekten einer solchen Kriegsführung. Der negative Aspekt ist die größere Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung.

    Leserkommentar:

    Bei der von Ihnen erwähnten FAB-1500 handelt es sich um eine Standard-Mehrzweckbombe, die jetzt zu einer korrigierenden (wenn auch nicht präzisionsgelenkten, afaik) Gleitbombe, der FAB-1500M-54, umgebaut wurde. Dies war keine kleine technische Leistung. Ursprünglich war sie mit Flossen ausgestattet, die der Rotation entgegenwirken sollten, so dass sie auf einer möglichst senkrechten Bahn abgeworfen werden konnte. Modifikationen, um sie gleiten zu lassen und sie auch zu einem Ziel zu steuern, machen sie furchterregend. Dies macht aus einem relativ billig herzustellenden Gegenstand eine hochmoderne Waffe; eine Alternative zu den bestehenden russischen (und amerikanischen) speziell entwickelten Analogprodukten, die nicht billig sind.

    Das Problem bei Offensivaktionen besteht darin, dass Bewegungen heutzutage schnell entdeckt werden können, vor allem, wenn es sich um eine zusammengezogene Truppe handelt, und dass sie sehr schnell und in Echtzeit durch Präzisionsfeuer zerstört werden können. Innovationen wie Gleitbomben ermöglichen einen einigermaßen sicheren Abschuss von außerhalb des bekannten feindlichen Luftverteidigungsperimeters, wobei die Gleitbahn des Flugkörpers so gesteuert wird, dass er ein bestimmtes Ziel trifft. Diese sind einigermaßen präzise, aber nicht vollständig.

    Die kleineren 500er und 250er sind in dieser Hinsicht besser. Sie werden auch häufiger eingesetzt. Alle diese Bomben sind "Mehrzweckbomben". Sie kombinieren Zerstörungsradius, Durchschlagskraft und Splitterwirkung, daher die Bezeichnung Mehrzweckbombe. Sie werden zur Bekämpfung von Personen, Gebäuden und gepanzerter Ausrüstung eingesetzt. Da der effektive Zerstörungsradius bei etwa 200 Fuß liegt und sich das Verstümmelungspotenzial verdoppelt, ist die Bombe eine Schlachtfeldwaffe, es sei denn, sie wird speziell auf ein Gebäude in einem städtischen Gebiet gerichtet. Sie richtet ein Blutbad unter der Zivilbevölkerung an, wenn sie in der gleichen Zone in beliebiger Anzahl eingesetzt wird.

    Die von Ihnen erwähnten wirklich großen Bomben bis zu 9.000 kg (es gibt auch eine 5.000er) sind ebenfalls Gefechtsfeldwaffen und nicht zielgerichtet. Wenn sie in anderen Szenarien eingesetzt werden, ist das ein klarer Schritt weg von dem erklärten Ziel, die Zahl der zivilen Opfer zu begrenzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie eingesetzt werden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie seit dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden sind. Tatsache ist, dass Russland jedes beliebige Gebäude in Kiew, einschließlich Bankova, morgen zerstören könnte, wenn es wollte. Die Kriegsführung hat sich verändert, und da viele der neuen Innovationen bei Waffen und Trägersystemen neu sind, findet ein laufender Lernprozess statt.

    Was wir von der russischen Strategie sehen, spiegelt gut entwickelte militärstrategische Theorie wider, aber die Umsetzung der Theorie in effektive "operative Kunst" ist noch nicht abgeschlossen. Mit seinen Erfahrungen in Syrien und nun auch in der Ukraine, der russischen Theorie, der bekannten Fähigkeit zur Vorhersage künftiger Kriegsmotive und der praktischen Erfahrung mit modernen Systemen ist Russland jedoch das aktuellste und zunehmend effektive Instrument des politischen Willens. Das Gleichgewicht zwischen Zerstörungs- und Zermürbungsstrategie (die Vermischung von offensiven und defensiven Aktivitäten) ist das, was wir täglich erleben. Die Fähigkeit, jenseits der Kontaktlinie bis in die entferntesten Bereiche der Infrastruktur, der Industrie und der Kommandohauptquartiere des Gegners vorzudringen, ist kein Indiz für bloße Zermürbung, und die gut durchdachten defensiven Staffeln und Feuerzonen ermöglichen es, den Feind zu vernichten, während er sich in der Nähe der eigenen Linien bewegt.

    Insgesamt ist dies die wirtschaftlichste und sicherste Anwendung von Gewalt. Die Russen schonen ihr Personal und ihre Ausrüstung und warten ab, während sie gleichzeitig ihre Streitkräftestruktur, die Kapazität ihres militärisch-industriellen Komplexes und ihr bewaffnetes Personal erneuern. Ich würde sagen, das ist eine ziemlich interessante, wenn nicht gar erstaunliche Leistung. Das ganze westliche Geschwätz über ein schwaches, korruptes oder schlecht ausgerüstetes Militär ist Unsinn. Westliche Militäranalysten (und nicht die von den Medien gepachteten Generäle) wissen, was los ist, und das gibt Anlass zur Sorge, aber es gehört zum modernen Spiel, das Narrativ zu steuern, so dass wir immer noch in der Sun lesen können, dass Russland fast erschöpft ist. Der Hinweis auf eine bevorstehende russische Offensive übersieht die zahlreichen Offensiven, die unter dem Deckmantel der "aktiven Verteidigung" durchgeführt werden, sowie die unglaublichen offensiven Verwüstungen, die täglich in der Ukraine angerichtet werden. Ich frage mich, warum man sein Personal oder seine Ausrüstung in Gefahr bringen sollte, wenn das, was man tut, gut funktioniert. Ich würde sagen, erst dann, wenn die Kampfkraft, die die Ukraine noch hat, eindeutig erschöpft ist. Die Zeit ist auf Russlands Seite, und es zeigt keine Neigung, auf westliche Provokationen einzugehen, um eine Eskalation herbeizuführen.

    Zitat Ende

    Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
    Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
    Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus


    Info: https://seniora.org/politik-wirtschaft/ein-leserkommentar-zu-doctorow-goettliches-eingreifen-und-das-ende-des-krieges-der-eine-breite-veroeffentlichung-verdient


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Anschlag in Homs Brutaler Angriff

    jungewelt.de, Aus: 07.10.2023, Von Karin Leukefeld, Damaskus

    Anschlag in Homs: Damaskus verurteilt »Terrorverbrechen« mit über 80 Toten und antwortet mit Angriffen auf bewaffnete Gruppen


     

    Yamam al Shaar/REUTERS


    Schwer getroffen: Militärakademie in der syrischen Stadt Homs


    Das Ziel war die Abschlussfeier eines Offizierslehrgangs in der Militärakademie von Homs. Bei dem Drohnenangriff in der syrischen Stadt am Donnerstag sind 89 Personen getötet worden, darunter 31 Frauen und fünf Kinder. Das syrische Gesundheitsministerium in Damaskus teilte am Freitag morgen weiter mit, dass die Zahl der teilweise schwer Verletzten bei 277 liege. Hunderte Menschen hatten sich am Donnerstag morgen auf dem Gelände der Militärakademie versammelt, um den Abschluss des Offizierslehrgangs zu feiern. Neben den Abschlusskadetten, Soldaten und Offizieren waren vor allem die Familienangehörigen der jungen Absolventen anwesend. Gegen 12.30 Uhr, nach dem offiziellen Ende der Feier, war der Platz vor der Bühne mit Menschen gefüllt, die Erinnerungsfotos machten. Zu diesem Zeitpunkt schlug Augenzeugenberichten zufolge eine Drohne in die Bühne ein und tötete unmittelbar zahlreiche Anwesende.

    Der genaue Hergang wurde noch nicht offiziell bestätigt, doch Handyaufnahmen von Augenzeugen zeigen verbrannte Körper vor der Bühne und Dutzende Menschen, die tot oder mit schweren Verletzungen auf dem Boden liegen. Unverletzte versuchen zu helfen, im Hintergrund sind Explosionen, ähnlich einem Feuerwerk, zu hören. Berichten zufolge handelte es sich um eine sogenannte Loitering Weapon (»lauernde Waffe«), die u. a. von der deutschen Rüstungsfirma Rheinmetall hergestellt wird. Die leichtgewichtige Drohne kann mehrere Stunden und weite Strecken fliegen und über dem Ziel kreisen, ohne dass sie bemerkt wird. Das Gerät ist mit einer beweglichen Kamera ausgestattet, die Bilder des Ziels an die Steuerzentrale liefert. Auf Befehl stürzt die Drohne mit ihrer Munition – einfache Bomben oder Kanister mit vielen Geschossen – auf das Ziel und explodiert. Das Gerät wird auch als »Kamikazedrohne« bezeichnet.

    Das Außenministerium in Damaskus verurteilte das »hinterhältige Terrorverbrechen«. Der Drohnenanschlag sei »Teil der brutalen Angriffe von terroristischen Gruppen, die von der US-Besatzung unterstützt würden, um die Lage in Syrien zu destabilisieren«, hieß es. Die UNO und der UN-Sicherheitsrat seien aufgefordert, den Anschlag zu verurteilen. In der Nacht zum Freitag reagierte die syrische Armee mit harten Angriffen auf Stellungen verschiedener bewaffneter Gruppen im türkisch-syrischen Grenzgebiet bei Dschisr Al-Schughur im Norden der Provinz Idlib. Ziel waren Berichten zufolge die Hauptquartiere der Islamischen Turkistan-Partei, Haiat Tahrir Al-Scham und Answar Al-Tawid, die seit 2011 unter verschiedenen Namen gekämpft haben und einen harten dogmatisch-islamischen Kurs gegen Andersgläubige verfolgen.


    Der libanesische Nachrichtensender Al Mayadeen berichtete unter Berufung auf ungenannte »glaubwürdige Quellen«, die Drohnen hätten die Kämpfer vor etwa drei Monaten erhalten und Frankreich habe die Technologie dafür geliefert. Offizielle Bestätigungen gibt es nicht. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete am Freitag von fünf Zivilisten, die bei den Angriffen der syrischen Armee auf Dschisr Al-Schughur und Ariha (Nordwest-Idlib) getötet worden seien, 38 Personen seien verletzt worden. Laut Anadolu, das sich auf die »Weißhelme« bezieht, starben unter anderem ein Kind und eine Frau, verletzt wurden auch acht Kinder und acht Frauen, die in nahegelegene Krankenhäuser gebracht worden seien.

    Am Freitag morgen wurden Vergeltungsangriffe der bewaffneten Gruppen aus dem Nordwesten von Idlib auf den Ort Nubul, westlich von Aleppo gemeldet. Der Ort ist unter syrischer Regierungskontrolle. 28 getötete Militärkadetten wurden zur gleichen Zeit im Militärhospital von Homs ihren Angehörigen übergeben. Bei der Feierstunde wurde der syrische Verteidigungsminister Ali Abbas mit den Worten zitiert, Syrien bezahle »diesen Preis für die Würde unseres Landes. Möge Gott den Märtyrern gnädig sein.«

    Beileidsbotschaften erreichten Syrien aus dem Iran, von der libanesischen Hisbollah, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Russland, Belarus und Venezuela. Der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Geir O. Pedersen, äußerte sich »zutiefst besorgt« über die Zunahme der Gewalt in Syrien. Er appellierte an alle Seiten, sich zurückzuhalten. Wenn der von der UNO vorgezeichnete Weg entsprechend der Sicherheitsratsresolution 2254 nicht gegangen werde, drohe dem Land eine Verschlimmerung der Lage.


    Info: https://www.jungewelt.de/artikel/460563.anschlag-in-homs-brutaler-angriff.html


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Bundesregierung „ausdrücklich“ dagegen, die ukrainische OUN-B und Bandera als „antisemitisch“ zu bezeichnen

    nachdenkseiten.de, 06. Oktober 2023 um 10:00 Ein Artikel von: Florian Warweg

    In der Bundesregierung greift ein haarsträubender Geschichtsrevisionismus um sich. Diesen Eindruck erweckt jedenfalls die aktuelle Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion zum Thema „Rechtsextreme Ausprägungen der ukrainischen Geschichtspolitik“. Das Auswärtige Amt erklärt dort, man mache sich die Bewertung „bestimmter historischer Gruppierungen“ als rechtsextrem oder antisemitisch „ausdrücklich nicht zu eigen.“ Dies erfolgt in Reaktion auf Zitate aus dem Jahrbuch für Antisemitismusforschung sowie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur geschichtswissenschaftlichen Bewertung der mit dem NS-Regime kollaborierenden und für die Ermordung abertausender Juden, Polen und Roma verantwortlichen ukrainischen Gruppierungen wie OUN-B und UPA. Die NDS wollten auf der Bundespressekonferenz wissen, auf welchen neuen Erkenntnissen diese regierungsamtlichen Aussagen beruhen.

    „Die Bundesregierung macht sich die in der Vorbemerkung und den Fragestellungen enthaltenen rechtlichen Wertungen und Tatsachenbehauptungen, insbesondere hinsichtlich der pauschalen Einordnung bestimmter (historischer) Gruppierungen oder Personen als rechtsextrem, antisemitisch, antiziganistisch oder sonst rassistisch, ausdrücklich nicht zu eigen.“

    So lautet im gesamten Wortlaut die Darlegung der Bundesregierung bereits in ihrer Vorbemerkung zur Beantwortung der zitierten Kleinen Anfrage (Bundesdrucksache 20/8177), initiiert von der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen.


    Screenshot_2023_10_06_at_14_55_40_Bundesregierung_ausdr_cklich_dagegen_die_ukrainische_OUN_B_und_Bandera_als_antisemitisch_zu_bezeichnen


    Diese Antwort der Bundesregierung hinsichtlich der historischen Einschätzung von Organisationen wie der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B) unter der Führung des fanatischen Antisemiten Stepan Bandera muss man sich in seiner Gesamtimplikation wirklich bewusst machen. Die OUN-B-Milizen waren unter anderem maßgeblich an den anti-jüdischen Pogromen ab Juli 1941 beteiligt, mit Abertausenden von bestialisch Ermordeten, und pflegten ebenso nachweislich einen offen antisemitischen und faschistischen Diskurs. Und die Bundesregierung erklärt vor diesem Hintergrund, nun ja, die Bezeichnung als „antisemitisch“ oder „rassistisch“ für so ein Agieren will man sich „ausdrücklich nicht zu eigen“ machen.

    Um das mal konkret zu machen: In der Anfrage heißt es unter anderem mit Bezugnahme auf das Jahrbuch für Antisemitismusforschung:

    „Bei der OUN handelt es sich um eine autoritäre, faschistische Bewegung, die sich an deutschen, kroatischen und italienischen Faschisten orientierte. „Die Führer der OUN sahen ihre Organisation auf gleicher Ebene mit solchen europäischen faschistischen Bewegungen wie den Nationalsozialisten, den italienischen Faschisten oder der Ustaša (vgl. Jahrbuch für Antisemitismusforschung 2014).“

    Weiter heißt es dann in der Anfrage mit Verweis auf eine Zusammenstellung zum aktuellen Forschungsstand der Wissenschaftliche Dienste des Bundestages:

    „So fassen die Wissenschaftlichen Dienste zusammen, es sei im Allgemeinen unbestritten, „dass Angehörige der OUN und UPA mit den deutschen Besatzern zusammengearbeitet haben und einen Beitrag zur Vernichtung der Juden und der Ermordung von Polen und Roma geleistet haben.“

    Auf solche Vorbemerkungen und Quellenverweise (wohlgemerkt Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages und Jahrbuch für Antisemitismusforschung) reagiert dann das Auswärtige Amt, welches im Namen der Bundesregierung entsprechend in der „Vorbemerkung“ antwortet und auf diese dann bei ihren weiteren Antworten immer wieder Bezug nimmt. Exemplarisch zeigt sich das dann so:

    Frage:

    „Ist sich die Bundesregierung des Umstandes bewusst, dass die OUN unter Führung Banderas einen „Säuberungsauftrag“ an ihre militärischen Einheiten erteilte, in dem die „Liquidierung unerwünschter polnischer, moskowitischer und jüdischer Aktivisten“ erlaubt wurde und zudem vorgesehen war, Juden „beim kleinsten Verschulden“ zu liquidieren und wenn ja, inwiefern hält es die Bundesregierung für geboten, affirmative Darstellungen der OUN oder ihrer Protagonisten aktiv entgegenzutreten, weil antisemitische Bestrebungen als Lehre aus der deutschen Geschichte nirgends unwidersprochen hingenommen werden dürfen, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?“

    Und was antwortet die Bundesregierung darauf?

    „Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen.“

    Die gleiche Antwort gibt es auch auf die Frage:

    „Welche Position vertritt die Bundesregierung im Dialog mit der ukrainischen Regierung hinsichtlich des Umgangs mit OUN, UPA und der Waffen-SS-Division Galizien?“

    Screenshot_2023_10_06_at_15_01_37_Bundesregierung_ausdr_cklich_dagegen_die_ukrainische_OUN_B_und_Bandera_als_antisemitisch_zu_bezeichnen


    Angesichts dieses offen kommunizierten Geschichtsrevisionismus wollten die NachDenkSeiten auf der Bundespressekonferenz von der Vertreterin des Auswärtigen Amtes, Kathrin Deschauer, wissen, auf welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen sich das Ministerium in seiner Antwort „ausdrücklich“ gegen die Einschätzung des Jahrbuchs für Antisemitismusforschung, der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sowie auch zahlreiche Veröffentlichungen der Bundeszentrale für politische Bildung wendet, die die OUN-B unter Bandera und deren militärischen Flügel mit Verweis auf die historische Forschung als eindeutig antisemitisch und rassistisch bewerten:


    Mehr zum Thema: Ukraine: „Der Bandera-Kult verhindert die Demokratisierung und destabilisert das Land“

    Verflochtene Geschichten. Stepan Bandera, der ukrainische Nationalismus und der transnationale Faschismus

    Bundesverteidigungsministerium gibt Auskunft zu Leopard-Panzer in der Ukraine mit Flagge der faschistischen OUN-B

    Stimmen aus der Ukraine: EU und USA finanzieren Umbenennungen „zu Ehren“ von Nazi-Kollaborateuren und Antisemiten

    Ein Botschafter, der einen Faschisten als Vorbild hat – Andrij Melnyk, Stepan Bandera und deutsche Kriegstreiber

    Ein Land, das solche „Helden“ braucht …

    Rubriken:

    Antisemitismus Bundesregierung

    Schlagwörter:


    Info: https://www.nachdenkseiten.de/?p=104774


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Schließung des Russischen Hauses abgewendet – Deutscher Politiker: "Ort der Schande"

    freeassange.rtde.life, 5 Okt. 2023 20:04 Uhr

    Mit einer Klage wollte der ehemalige grüne Abgeordnete Volker Beck die Schließung des Russischen Hauses in Berlin erreichen. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt. Beck hält an der Forderung fest. Der SPD-Abgeordnete Roth bezeichnet das Kulturzentrum derweil als "Ort der Schande".


    Quelle: www.globallookpress.com © Jörg Carstensen


    Sowjetische Architektur in Berlin: das Foyer des Russischen Hauses in der Friedrichstraße


    Mit einer Anzeige wollte der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen Volker Beck die Schließung des Russischen Hauses in Berlin erreichen. Er stellte im September 2022 Strafanzeige gegen das Berliner Bezirksamt Mitte. Nach Auffassung Becks unterliegt das Russische Haus Sanktionen und das Berliner Bezirksamt sei verpflichtet, die Sanktionen umzusetzen und die Kultureinrichtung zu schließen. 

    Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt, berichtet die BILD-Zeitung. Grund dafür sei, dass die Verantwortlichen diplomatischen Status genießen und rechtlich nicht belangt werden könnten. 

    Volker Beck will seine Niederlage nicht hinnehmen und reichte Beschwerde ein. Die BILD-Zeitung behauptet zudem, das Russische Haus sei der "lange Armt des Kreml in Berlin".

    "Das Haus nutzt seine Räumlichkeiten in Berlin, um Kriegspropaganda zu verbreiten. Im hauseigenen Kino zeigten die Betreiber 2022 den Film 'Der Holocaust: Fäden des Gedenkens' – in den Aufnahmen werden Ukrainer als Nazis verunglimpft", schreibt die BILD.


    Ukrainische Organisation plant Annexion des Russischen Hauses in Berlin





    Ukrainische Organisation plant Annexion des Russischen Hauses in Berlin



    Nun ist es eine belegte Tatsache, dass ukrainische Bewegungen wie die Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) mit den Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg kollaborierten. Die 14. Division der Waffen-SS "Galizien" bestand zum großen Teil aus ukrainischen Freiwilligen. Es handelt sich um historische Fakten, die man in Deutschland aktuell aber wohl nicht benennen darf. 

    Neben Beck fordert auch der Bundestagsabgeordnete Michael Roth (SPD) die Schließung des Russischen Hauses. Es sei ein "Ort der Schande in Berlin", schreibt er auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter).

    Roth kritisiert, dass diejenigen, die er für kritische russische Geister hält, dort keinen Raum für Austausch geboten bekämen. 

    Das Russische Haus in Berlin sieht sich immer wieder Attacken ausgesetzt. Forderungen nach seiner Schließung kommen nicht nur aus der deutschen Politik. Auch der Ukraine ist die Existenz des Hauses im Zentrum Berlins ein Dorn im Auge. Die ukrainische Diaspora beansprucht das Haus für sich. 

    Das Russische Haus ist eine Kultureinrichtung. Es organisiert Ausstellungen, Vorträge, Theater- und Ballettaufführungen sowie Konzerte. Ein eigenes Sprachzentrum vermittelt die russische Sprache. Darüber hinaus hält das Russische Haus ein breites Angebot an Bildungs- und Freizeitveranstaltungen bereit, dazu zählen unter anderem Programmierkurse, ein Schachclub, Malkurse und Angebote für Kinder. 


    Mehr zum Thema – Kiews Handlanger bringen den Hass nach Berlin: Aktivisten pöbeln Opernbesucher an


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freeassange.rtde.life/inland/182800-schliessung-russischen-hauses-abgewendet-ermittlungen


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    „Ein anderes Land“ im Jüdischen Museum Berlin: Eine Ausstellung ohne Realitätsbezug?

    berliner-zeitung.de, vom 30.09.2023 | 21:26 Uhr, Ellen HändlerUnsere Autorin hat die Ausstellung „Ein anderes Land – jüdisch in der DDR“ besucht – und hatte danach mehr Fragen als zuvor.


    Blick in die Ausstellung „Ein anderes Land“ im Jüdischen Museum


    Blick in die Ausstellung „Ein anderes Land“ im Jüdischen MuseumEmmanuele Contini/imago

    Die Ausstellung „Ein anderes Land – jüdisch in der DDR“ habe ich mit Sehnsucht erwartet und war gleichzeitig in großer Sorge, wie man dieses schwierige Thema unserer Geschichte – die bewusste Entscheidung der überlebenden Juden und Jüdinnen, ein anderes antifaschistisches Deutschland aufzubauen – bewältigt.

    Meine Sorge war nicht unberechtigt. Trotz allem bedanke ich mich bei den Kurator:innen, dass sie sich dieser schwierigen Aufgabe gestellt haben. Allerdings sehe ich essenzielle Defizite in der Ausstellung.

    Davon ausnehmen möchte ich den Beginn mit dem Transparent und dem Zitat zum Titel der Ausstellung sowie die Kinderhymne von Brecht/Eisler. Der Start ist gelungen. Was die Ausstellung nicht leistet, findet man etwas differenzierter im Katalog. Dafür danke ich besonders. Aber eine Ausstellung lebt eben zunächst von der visuellen und gehörten Wahrnehmung. Viele Lücken bleiben auch trotz des Katalogs offen.


    Das „andere Jüdische“ wird nicht gezeigt

    Die Chance, die Vielfalt und Widersprüchlichkeit, eben das „andere Jüdische“ zu zeigen, wurde vertan.

    Meine Grundkritik: Die Ausstellung ist unter dem Blick des Scheiterns der DDR, des Widerstandes oder der Schwierigkeiten des jüdischen Lebens in der DDR gestaltet. Das, was das „andere“ war, was die Überlebenden, die Remigranten gerade in die DDR zog und sie am Aufbau dieses anderen Deutschlands fesselte, abstieß oder anspornte, es anders zu machen, und sie nicht vor den Widersprüchen wegliefen, wird einfach nicht deutlich.


    Besucher während der Vorbesichtigung der AusstellungEmmanuele Contini/imago


    Die Ausstellung ist aus der Sicht Westdeutscher, nicht der Ostdeutschen kuratiert. Die weitaus größte Mehrzahl der Porträtierten hatte die DDR verlassen. Chancen von Porträts jüdischer DDR-Persönlichkeiten und Familien, die beides in sich vereinten, Jüdisches und Engagement in der DDR-Politik, wurden vertan.

    Es gibt einige Beispiele für fehlende Informationen in der Ausstellung, die meines Erachtens für Menschen, die nie etwas damit zu tun hatten, wichtig wären. Zum einen stellt sich die Frage, warum die Überlebenden der Zuchthäuser, Konzentrationslager, der Verstecke, die Remigranten in die DDR kamen und nicht in die Bundesrepublik oder ins Ausland gingen.

    Meine Eltern heirateten am 17. März 1945 in London. Sie hatten sich in der dortigen FDJ kennengelernt. Mein Vater war im Internierungslager in Kanada politisiert worden und kam zu der Überzeugung: „Die Nazis dürfen es nicht geschafft haben, Deutschland judenfrei zu machen.“ Deshalb war das Jawort meiner Mutter mit der Zustimmung verbunden, sich von ihrer einzigen überlebenden Verwandten, ihrer Schwester in England, zu trennen und nach Deutschland zu gehen.

    Sie landeten 1946 in Hamburg. Beim NWDR begann mein Vater seine Rundfunkkarriere und wurde gekündigt, weil er in Reportagen fragte: „Was haben Sie oder Ihre Eltern in der Nazizeit gemacht?“ Das durfte man in der Bundesrepublik nicht fragen, aber in der DDR, in die er dann zog.


    Die DDR, die Ostdeutschen und das Märchen von den Seelenschäden


    Die DDR, die Ostdeutschen und das Märchen von den Seelenschäden

    Berlin 13.07.2023


    Viele Fragen bleiben ungeklärt

    Welche Vorstellungen hatten die Remigranten und Überlebenden vom anderen Deutschland? Antifaschismus, Suche nach den Mördern, Aufklärung über die Verbrechen der Nazis, Leben ohne Antisemitismus und Rassismus, Aufbau eines neuen sozialistischen Deutschlands. Keineswegs alle Verfolgten waren kommunistisch. Das wird geradezu unterstellt, wenn man vom Engagement für die DDR spricht.

    Außerdem bleibt völlig unklar, wie viele es in die DDR zog – obwohl es dazu Publikationen und Archive, beispielsweise der VVN oder des Komitees der Widerstandskämpfer, gibt.

    Eine wichtige Frage, die die Ausstellung auch nicht klären konnte, war, warum sich so wenige in der Jüdischen Gemeinde engagierten. Den Holocaust, die Verfolgung und Vernichtung könne ein jüdischer Gott, wenn es ihn geben sollte, nicht gewollt haben, meinte meine Mutter. Die Jüdische Gemeinde hätte ihr nie geholfen, lediglich englische Quäker retteten sie und ihre Schwester durch Kindertransport. Trotzdem stiftete meine Mutter ihre Erinnerungsstücke dem JMB.

    Zu einseitig?

    Warum wurden für die Ausstellung noch hier lebende jüdische Aktivisten in der Gemeindearbeit nicht befragt? Es leben noch Erzieher und Mitglieder aus den Kinder- und Jugendgruppen oder Juden, die die DDR nicht verließen und die als Zeitzeugen berichten könnten. Gerade die 80er-Jahre waren für die Entwicklung des Umfelds der Jüdischen Gemeinde sehr wichtig. Denn durch den beginnenden Verfall der DDR wurden gerade bei den Kindern und Enkeln der Familien nach Alternativen, nach Identitäten und nach Nischen gesucht. Dazu findet sich nichts in der Ausstellung.

    Was außerdem unbeantwortet bleibt: Was leisteten diese jüdischen DDR-Bürger für die Suche und Aburteilung der Naziverbrecher, für den Antifaschismus, für die Arbeit in den Lagerkomitees, besonders im Auschwitz-, Buchenwald-, Sachsenhausen- und Ravensbrück-Komitee, in der internationalen Organisation der Widerstandskämpfer, in der Gedenkstättenarbeit, für das internationale Ansehen Deutschlands?


    Medienwissenschaftler: „Ostdeutsche müssen ihre Interessen viel klarer vertreten“

    Medienwissenschaftler: „Ostdeutsche müssen ihre Interessen viel klarer vertreten“

    TV & Medien  03.06.2023


    Nur einige Beispiele: Kurt Julius Goldstein, Überlebender der KZ Auschwitz und Buchenwald und Vizepräsident sowie Ehrenvorsitzender des Internationalen Auschwitz-Komitees, hätte porträtiert werden müssen.

    Das betrifft auch Klaus Gysi als Minister für Kultur und späterer Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR, der gerade für die Zusammenarbeit von Staat und Gemeinde zuständig war. Auch Friedrich-Karl Kaul mit seinen Prozessen gegen Nazis und seinen Filmen. Mein Vater hatte Kaul als einen der Nebenkläger im Auschwitzprozess beauftragt.

    In der Ausstellung gibt es nur ein Foto von Peter Kirchner, der von 1971 bis 1990 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde von Berlin war. Auch er hätte mit seiner Arbeit porträtiert werden müssen.

    Oder Albert Norden: Hier wurde lediglich dargestellt, dass er Rabbinersohn war und die nach ihm benannte Straße umbenannt wurde. Warum? Was er für die Suche, Auffindung, Entlassung und Verurteilung von SS- und Naziverbrechern leistete, fehlt völlig.


    Fotos von durch die Deutschen und im Krieg zerstörten Synagogen in der Ausstellungepd/imago

    Fehlende Darstellung der sozialen Absicherung

    Ein wirkliches Versäumnis ist die fehlende Darstellung der sozialen Absicherung des Lebens der Verfolgten in der DDR. Ja, die DDR gab das Vermögen, weil es verfassungsbedingt Volkseigentum war, leider nicht zurück. Aber sie zahlte monatliche Entschädigungsrenten. Leider – und das muss man hier auch sehr kritisch anmerken – unterteilte sie ideologisch in Verfolgte des Naziregimes und Kämpfer gegen den Faschismus.

    So betrug die Rente für Verfolgte des Naziregimes 1966 600 Mark und stieg bis 1988 auf 1400 Mark. Die Ehrenpension für Kämpfer gegen den Faschismus war höher: Sie lag 1966 bei 800 Mark und 1988 bei 1700 Mark. Im Vergleich dazu betrug das Bruttogehalt in der DDR 1949 290 Mark und stieg bis 1989 auf 1300 Mark.


    Dazu kamen jährlich medizinische Untersuchungen und Kuraufenthalte in eigenen Kurheimen. Die Verfolgten bekamen Wohnungen, Autos und Telefone – Luxusgüter, auf die ansonsten mindestens zehn Jahre gewartet wurde. Deren Kinder erhielten Stipendien und Wohnungen.

    In Berlin wurde außerdem ein Spezialgeschäft mit koscherem Fleisch eröffnet. Nur das wurde erwähnt, aber dazu flog sie monatlich einen Schächter aus Ungarn ein und ließ eine eigene koschere Schächterei auf dem Berliner Schlachthof errichten. Die Westler kauften den Laden mit umgetauschtem Geld schnell leer, sodass die Gemeinde zur Sicherung der Versorgung für ihre Mitglieder Bezugsscheine ausgab.

    Die Ausstellung gibt außerdem keine Auskunft darüber, wie die jüdischen DDR-Bürger in den Verfolgtenorganisationen, in der VVN, dem Komitee der Widerstandskämpfer, in den VdN-Referaten der Stadtbezirke, im Rundfunk, im Fernsehen oder in der Presse arbeiteten. Lediglich die Darstellung des Bereiches Film ist gut vertreten. Doch gibt es auch zu den anderen Bereichen gute Veröffentlichungen, beispielsweise Wolfgang Herzbergs „Jüdisch & links“. Diese hätte gut verwendet werden können.

    Zu guter Letzt fragt sich doch, warum sich so viele jüdische DDR-Bürger vor und nach der Wende im Jüdischen Kulturverein engagierten? Die Ausstellung bezog die Protagonisten leider gar nicht ein.

    Vieles sollen natürlich Interviews, aber vor allem die Begleitprogramme zur Ausstellung leisten. Das ist lobenswert, aber für den Ausstellungsbesucher selbst unbefriedigend, denn auch die Auswahl der Interviewten ist einseitig.


    Letztlich ist mir außerdem völlig unverständlich, warum heutige Bilder und Filmsequenzen in der Ausstellung das andere jüdische Leben von damals in der DDR bezeugen sollen – und was war an dem Film „Coming out“ eigentlich jüdisch?

    Viele meiner Freunde wollen mit mir in die Ausstellung gehen, weil sie hoffen, dort Neues über das „andere Land“ zu erfahren. Da muss ich sie leider etwas enttäuschen.


    Jüdisch in der DDR: Eine Reise zu den „kaputtgegangenen Träumen“ der Eltern

    Debatte 06.09.2023

    DDR-Kunst: Von wegen „minderwertig“! Ost-Werke erzielen heute Höchstpreise

    Kultur 30.09.2023

    Tino Chrupalla auf Intensivstation: Wohl keine Auftritte mehr im Wahlkampf

    News gestern

    Warum die ARD bei der Suche nach dem Wir-Gefühl der Ostdeutschen erfolglos bleibt

    TV & Medien 22.09.2023

    Wenn aus Dirk Oschmann „Herr Hoyer“ wird: Lesen die Ostdeutschen jetzt auch noch falsch?

    Debatte 12.09.2023

    Abriss Ost: „Im Osten gibt es keine Architekten“ – oder doch?

    Kultur 24.09.2023

    Diese Ausstellung zeigt Fotos aus den Mauerjahren in Berlin, DDR: „Das andere Leben“

    Kultur 26.09.2023

    Westdeutsch, ostdeutsch, nichtdeutsch: Was bedeutet Identitätspolitik für uns?

    Open Source  29.09.2023


    Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde. Mit Open Source gibt der Berliner Verlag freien Autorinnen und Autoren sowie jedem Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten. Ausgewählte Beiträge werden veröffentlicht und honoriert.


    Info: https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berlin-ddr-osten-ein-anderes-land-im-juedischen-museum-eine-ausstellung-ohne-realitaetsbezug-li.435587


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Transformation
    Keine Industriepolitik ist auch keine Lösung

    makronom.de, vom 5. Oktober 2023, ein Beitrag von Henning Vöpel.

    Weshalb eine transformative Ordnungspolitik besser ist als dirigistische Industriepolitik.


    Bild: Pixabay


    Das Pendel schwingt wieder zurück. Die vielen Krisen und Transformationsprozesse der Gegenwart haben den Ruf nach dem Staat lauter werden lassen. Die Pandemie und der Krieg haben die Bedeutung und potenzielle Effektivität des Staates im Ausnahmezustand aufgezeigt.

    Mittlerweile ist der Ausnahmezustand die neue Normalität und staatliche Interventionen sind gang und gäbe. Den Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik, der bereits mit den großen „Rettungspaketen“ der Finanzkrise von 2007-2009 und der Euro-Krise eingeleitet wurde und oft auch als „Ende des Neoliberalismus“ proklamiert wird, flankieren zunehmend Stimmen aus dem Umfeld von Wissenschaft, Politik und politischem Aktivismus, darunter zum Beispiel Mariana Mazzucato („The Entrepreneurial State“, 2004, „The Mission Economy“, 2021), die eine deutlich aktivere Rolle des Staates gegenüber dem Markt in der Durchsetzung von Wandel fordern.

    Und tatsächlich hat sich das geopolitische und technologische Umfeld für die Politik massiv verändert. Mit dem sogenannten Inflation Reduction Act von US-Präsident Joe Biden haben sich die Spielregeln der Weltwirtschaft inmitten einer historischen Transformation der Industrie zu Klimaneutralität und dem Aufstieg marktmächtiger Daten-Plattformen und Tech-Unternehmen verändert. Industriepolitik wird zu einem geostrategischen und sicherheitspolitischen Instrument sowie zu einer Frage von nationaler Souveränität und Resilienz. Auch die jahrzehntelangen Wachstumserfolge der chinesischen Industriepolitik mögen den Glauben an Staatseingriffe gestärkt haben.

    So überrascht die Forderung nach aktiver Industriepolitik für Deutschland und Europa nicht, wie etwa zur Ansiedlung der Chipindustrie oder zur Sicherung der Energieversorgung. Dabei haben die Märkte bei der Überwindung von Angebotsschocks gut funktioniert. Es gilt also, die Industriepolitik vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen auf den Prüfstand zu stellen. Dieser Artikel argumentiert, dass eine transformative Ordnungspolitik einer dirigistischen Industriepolitik überlegen ist. Die Trennlinie zwischen Ordnungspolitik und Industriepolitik verläuft dabei entlang der Frage, was wir über eine prinzipiell unsichere Zukunft wissen (können) und wer das Risiko potenziell falscher Entscheidung trägt.

     Industriepolitik: eine Warnung vorab  

    Wie immer man Industriepolitik letztlich definiert, so sind der staatliche Markteingriff und die politische Intervention kennzeichnend gegenüber rein marktliberalen Laissez-faire-Ansätzen. Auch wenn dogmenhistorisch tiefe Gräben zwischen diesen beiden Ansätzen liegen, sind die Unterschiede in der politischen Praxis doch eher graduell. Keine Industriepolitik ist oft eben auch keine Lösung. Doch Industriepolitik unterliegt systematisch und inhärent einem hohen Risiko – aus mindestens drei Gründen:

    1.

    Die Selbstüberschätzung der Politik und der Mythos vom „wohlmeinenden“ Staat: Hinter der Idee der Industriepolitik steht die verführerische Vorstellung, dass ein sozialer Planer die Allokation der knappen Ressourcen bei Kenntnis der „Wohlfahrtsfunktion“ doch viel besser im Sinne der Gemeinnützigkeit vornehmen könne als eine undurchschaubare, dezentrale und ergebnisoffene Marktwirtschaft. Aus dem sozialen Planer kann jedoch schnell ein „wohlmeinender Diktator“ werden und aus diesem wiederum ein nicht mehr so wohlmeinender, sondern ein paternalistisch und ideologisch agierender. Hilfsweise wird der Marktprozess bei Adam Smith mit der „unsichtbaren Hand“ und bei Léon Walras sowie später bei Kenneth Arrow und Gérard Debreu mit einem „Auktionator“ inkarniert. Denn auch ein funktionierender Markt unterliegt Annahmen, die in der Realität sehr selten perfekt erfüllt sind.

    Zudem hat eben jener Arrow gezeigt, dass zwar eine soziale Wohlfahrtsfunktion existieren könne, aber kein Abstimmungsverfahren, das eindeutig zu den „richtigen“ kollektiven Entscheidungen im Sinne der aggregierten Präferenzen komme. Politik unterliegt zudem oft einer Selbstüberschätzung (overconfidence). Häufig wird behauptet, man könne heute die technologischen Entwicklungen der Zukunft hinreichend sicher abschätzen und entsprechende Infrastrukturinvestitionen tätigen, etwa bei der Elektromobilität oder der Wasserstoffwirtschaft. Technologieoffenheit ist umgekehrt ein zweischneidiges Schwert. An einem bestimmten Punkt wird immer mindestens implizit eine Entscheidung über den generellen Technologiepfad getroffen, damit sich private Akteure auf einen gemeinsamen Pfad koordinieren, um durch ein Crowding-in privater Investitionen Technologien skalieren und Economies of Scale realisieren zu können.

    2.

    Das Eigeninteresse der Politik und das Zeitkonsistenzproblem: Politik handelt gemäß dem Wiederwahlmotiv kurzfristig, woraus sich ein Moral-Hazard-Problem ableitet. Naturgemäß gibt es für die Politik keinen besseren Zeitpunkt als heute, um viel zu investieren, und zwar in jene Bereiche, in denen sich die Früchte der Investitionen schnell zeigen. Die Forderung nach Industriepolitik geht daher einher mit der Forderung nach größeren fiskalischen Verschuldungsspielräumen in der Gegenwart. Hinzu kommt, dass – entgegen der eigentlichen ökonomischen Logik – für die Politik „sunk costs“ entscheidungs-relevanter sind als Opportunitätskosten: Schlechtem Geld wird oft gutes hinterhergeworfen.

    Die Politik unterliegt generell dem „Zeitkonsistenzproblem“: Heutige Ankündigungen und Versprechungen sind in der Zukunft im Zweifel nichts mehr Wert, denn niemand kann dann noch zur Verantwortung gezogen werden. Viele Zukunftsprojekte der Politik enden daher als industriepolitische Ruinen und als Zeugnis von Fehleinschätzung und Selbstüberschätzung. Die Politik bildet zudem oft mit den potenziellen Verlierern des Wandels ein „Gegenwartskartell“, das rent-seeking betreibt und etablierte Strukturen verteidigt. Diese Form von Industriepolitik verhindert den Wandel, weil sie zu spät kommt und Altes konservieren will, während „gute“ Industriepolitik Wandel begünstigt, indem sie (Leit-)Märkte für Neues schafft.

    3.

    Das Informationsproblem und der Mythos vom „allwissenden“ Staat: Industriepolitik wird durch das jeweils übermäßige Vertrauen bzw. Misstrauen in den Markt bzw. den Staat entweder kategorisch abgelehnt oder unkritisch befürwortet. Dabei gibt es Marktversagen ebenso wie Staats- oder Politikversagen. Es kommt immer auf die Balance – sprich: die Governance – an. Der Markt kann besser mit Komplexität umgehen, versagt aber bei Koordinationsaufgaben, der Staat kann nicht effizient mit Ressourcen umgehen, aber dafür Investitionssicherheit geben und mit öffentlichen Gütern das Henne-Ei-Problem lösen.

    Das Beispiel des Gebäudeenergiegesetzes hat gezeigt, dass der Staat unmöglich für 40 Millionen Haushalte ordnungsrechtlich eine pauschal optimale Investitionsentscheidung treffen kann, indem er ordnungsrechtlich (nicht ordnungspolitisch!) dort eingreift, wo ihm die erforderlichen Informationen fehlen. Schon F.A. Hayek (1945) warnte vor der „Anmaßung von Wissen“, das der Staat nicht haben, sondern nur über Marktbeziehungen einer an sich komplexen Gesellschaft geschöpft werden könne. Der Staat aber trifft derzeit Investitionsentscheidungen, für die ihm das Wissen fehlt, und bürdet der Wirtschaft Lasten auf, die sie überfordert.

    Ökonomische Möglichkeiten und rechtliche Grenzen der Industriepolitik

    Die Frage, ob Deutschland eine neue Industriepolitik braucht, hat erwartungsgemäß eine kontroverse Debatte ausgelöst. Das „deutsche Wirtschaftsmodell“ ist von den disruptiven Veränderungen der Gegenwart stark betroffen. Die Energiesicherheit ist akut gefährdet, es bestehen kritische Abhängigkeiten und der Automobilindustrie droht der Niedergang. Von Deindustrialisierung ist allerorten die Rede. Eine Art „neo-schumpeterianische“ Industriepolitik, die einen produktiven Umbau der Wirtschaft zum Ziel hat, wird trotz großer Pfad- und Technologierisiken favorisiert. Doch Industriepolitik muss nicht nur sehr sorgsam begründet und in der Implementierung klug designt werden, sie ist in der EU vor allem beihilferechtlich genehmigungspflichtig.

    Jenseits aller Grundsatzdebatten kann Industriepolitik begründet sein, wenn Märkte sich nicht automatisch an größere Veränderungen anpassen, weil etwa Pfadabhängigkeiten, Netzwerkeffekte oder Koordinationsversagen bestehen. Durch einfache Regulatorik, die Externalitäten internalisiert und Informationsasymmetrien reduziert, können diese nicht immer beseitigt werden, da oftmals Infrastrukturen und öffentliche Güter erforderlich sind, die auf privaten Märkten nicht bereitgestellt werden. Industriepolitik soll dafür sorgen, dass im – und manchmal auch gegen den – Wettbewerb bestimmte Geschäftsmodelle rentabel werden oder bleiben, Industrien sich transformieren und Märkte überhaupt entstehen. Auch kann es vorkommen, dass Marktergebnisse Eigenschaften hervorbringen, die kollektiv als nicht wohlfahrtsoptimal betrachtet werden, etwa dann, wenn Märkte zwar effizient, aber beispielsweise nicht resilient genug gegenüber Krisen sind, weil volkswirtschaftliche Versorgungsrisiken in der privaten Vorsorge unterschätzt werden.

    Eine wesentliche, oft übersehene Anforderung an Industriepolitik ist die Konformität zum EU-Beihilferecht, aber auch zum WTO-Recht. Der Industriestrompreis etwa wäre von Brüssel genehmigungspflichtig und wahrscheinlich in der diskutierten Variante aus guten Gründen nicht genehmigungsfähig. Würde man die Büchse der Pandora öffnen, gäbe es wohl kein Halten mehr und der Europäische Binnenmarkt wäre innerhalb weniger Jahre zerstört.

    Vor diesem Hintergrund sollen zwei aktuelle Debatten um Industriepolitik in Deutschland und Europa aufgegriffen werden: der Inflation Reduction Act und der Industriestrompreis. Es soll gezeigt werden, dass der Ansatz einer „transformativen Ordnungspolitik“ die bessere Antwort auf die Herausforderungen ist als eine dirigistische Industriepolitik.

    Fall I: Geoökonomische Rivalität und der Inflation Reduction Act

    Die geopolitischen Verschiebungen haben die Industriepolitik wieder auf die internationale Agenda gesetzt. Die Neue Ökonomische Geographie hat gezeigt, dass gerade zu Beginn von industriellen Investitions- und Innovationszyklen positive Netzwerk- und Agglomerationseffekte entstehen. Aus diesem Grund haben die USA den Inflation Reduction Act beschlossen, der mit Steuervergünstigungen Investitionen anlocken soll.

    Abbildung 1 zeigt schematisch, wie sich dadurch spieltheoretisch für die Europäische Union die Spielregeln verändert haben. In dem Spiel in Abbildung 1 existieren zwei Nash-Gleichgewichte (mit *gekennzeichnet). Welches erreicht wird, hängt vom Verhalten und den Erwartungen der „Spieler“ ab. Betreiben die USA aktive Industriepolitik, so ist die „beste Antwort“ der EU, sich ebenfalls für Industriepolitik zu entscheiden, wie es die EU mit dem Net-zero Industry Act auch getan hat. Das wohlfahrtsoptimale Gleichgewicht ergibt sich jedoch, wenn nationale Maßnahmen ordnungspolitisch motiviert und allein auf Transformation, nicht aber auf Protektion ausgerichtet sind, also nicht in das langfristige Wettbewerbsgleichgewicht und die Verteilung komparativer Vorteile eingreifen. Der Versuch, gerade zu Beginn eines neuen industriellen Investitions- und Innovationszyklus über aktive Industriepolitik einen relativen Wettbewerbsvorteil zu erzielen, führt durch den dadurch induzierten Subventionswettlauf im Ergebnis zu einem absoluten Wohlfahrtsverlust für beide.

    Abbildung 1: Spieltheoretische Darstellung der geoökonomischen Rivalität


    Quelle: eigene Darstellung

    Fall II: Die Transformation zur Klimaneutralität und der Industriestrompreis

    Industriepolitik wird aktuell vor allem im Hinblick auf die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität diskutiert (vgl. Reichert et al., 2023). In diesem Zusammenhang wird von vielen Seiten ein Industriestrompreis gefordert. Die Befürchtung der Gegner ist, dass ein einmal eingeführter Industriestrompreis zu einer Dauersubvention werden könnte. Entscheidendes Argument für einen Industriestrompreis aber ist die Stabilität des Transformationspfades zu einem neuen klimaneutralen Wettbewerbsgleichgewicht (vgl. Abbildung 2).

    Wenn das klimaneutrale Wettbewerbsgleichgewicht dem fossilen Gleichgewicht tatsächlich überlegen ist, wäre ein Eingriff in den Markt eigentlich nicht nötig. Ist der Pfad jedoch instabil, kann es sein, dass das „bessere“ Gleichgewicht nie erreicht wird, weil entweder das Klimaziel verfehlt wird oder die Wettbewerbsfähigkeit verloren geht. Aufgrund von Hysterese-Effekten kann eine transformationsbedingte Deindustrialisierung zu dauerhaften Wohlfahrtsverlusten im langfristigen Gleichgewicht führen. Ein industriepolitischer Eingriff wäre dann ordnungspolitisch begründet: Eine nationale Industrie, die globale externe Effekte internalisiert und dadurch temporär höhere Kosten trägt, darf dadurch keine internationalen Wettbewerbsnachteile erleiden, weil sonst Deindustrialisierung und mit ihr Carbon Leakage einsetzen.

    Abbildung 2: Industriepolitische Eingriffe für eine höhere Pfadstabilität


    Quelle: eigene Darstellung

    Entscheidend bei dieser Argumentation sind zwei Hypothesen: Die Deindustrialisierungshypothese besagt, dass temporär höhere Strompreise zu einer dauerhaften Abwanderung ganzer industrieller Agglomerationen führen können, also eine Art Kipppunkt existiert. Die Green-Growth-Hypothese besagt, dass erneuerbare Energien langfristig günstiger als fossile sind, so dass Klimaneutralität als ein neues Wettbewerbsgleichgewicht tatsächlich implementierbar ist, Subventionen als Kompensation für transformationsbedingte Kostendifferenzen also temporär bleiben.

    Grundsätze einer transformativen Ordnungspolitik

    In den beiden dargestellten Fällen ist ein staatlicher Eingriff wirtschaftspolitisch unter bestimmten Bedingungen begründbar. Konzeptionell sollte dieser Eingriff aber besser als „transformative Ordnungspolitik“ und nicht als „dirigistische Industriepolitik“ umgesetzt werden. Staatliche Eingriffe können letztlich nur wohlfahrtsökonomisch begründet sein. Der Zweite Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik besagt, dass sich jedes pareto-optimale Gleichgewicht als ein Wettbewerbsgleichgewicht implementieren lässt. Eingriffe in die Allokation sollten dabei möglichst am Anfang, Eingriffe in die Verteilung dagegen möglichst am Ende von Produktionsprozessen erfolgen, um Verzerrungen zu minimieren. Für staatliche Eingriffe gelten dabei drei kumulative Voraussetzungen:

    • Ein anderes Ergebnis als das bestehende Marktergebnis ist eindeutig pareto-besser und hat somit eine höhere Wohlfahrt. Klimaneutralität etwa stellt langfristig alle besser.
    • Der Pfad zum neuen Marktergebnis ist instabil. Beispiel: Aufgrund von technologischen Pfadabhängigkeiten wird die Transformation zur Klimaneutralität nicht vom Markt vollzogen.
    • Das pareto-bessere Marktergebnis ist als ein langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht implementierbar und dynamisch effizient, d.h. der Eingriff ist temporärer Natur (Effizienzpostulat) und verändert das Gleichgewicht selbst nicht (Neutralitätspostulat).

    Transformative Ordnungspolitik bedeutet in diesem Sinne, kompatible Anreize im Markt sowie stabile Erwartungen und verlässliche Informationen im Wettbewerb zu schaffen, um ein gewünschtes Wettbewerbsgleichgewicht zu implementieren. Hier lösen sich die harten dogmatischen Grenzen zwischen Industrie- und Ordnungspolitik auf.

    Daron Acemoglu (2023) hat diesbezüglich die Bedeutung von Institutionen für grundlegende Transformationsprozesse erforscht. Dani Rodrik (2004) und Rodrik et al. (2023) haben als Begründung für industriepolitische Eingriffe mögliche Informations-Externalitäten und Anreizprobleme angeführt, zugleich aber ordnungspolitische Grenzen angemahnt: Industriepolitik darf niemals einzelne Akteure bevorzugen („winners picking“) oder Partikularinteressen schützen, sondern muss über alle Aktivitäten hinweg wirken und die Gesamtwohlfahrt in einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht erhöhen. Eine solche Politik ist indes mit transformativer Ordnungspolitik besser beschrieben. Dirigistische Industriepolitik ist dagegen oft teuer und wirkungslos – und selten transformativ.

     

    Zum Autor:

    Henning Vöpel war Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) und ist Vorstand des Centrums für Europäische Politik (cep). Auf Twitter: @HenningVoepel.


    Info: https://makronom.de/keine-industriepolitik-ist-auch-keine-loesung-45068?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=keine-industriepolitik-ist-auch-keine-loesung


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Neues vom Wirtschaftskrieg (230): Blinken will russische Assets kassieren – in EUropa

    lostineu.eu, 6. Oktober 2023

    Die USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen. Die Ukraine will ihre Klage gegen mehrere EU-Staaten wegen Einfuhrbeschränkungen für Getreide vorerst nicht weiterverfolgen. Und der Ölpreisdeckel der G-7 ist gescheitert

    • USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen. U.S. Secretary of State Antony Blinken said legal studies are under way on how Russia’s assets abroad can be seized to help rebuild Ukraine. (…) „It’s about $300 billion, and most of it actually in Europe, not in the United States,“ he continued. „So we’re looking at what legal authorities we may have, the Europeans may have, to actually use those assets for Ukraine … We have to make sure that there is a legal basis to do that. And as I said, since most of the assets are in Europe, Europeans also have to be convinced that there’s a basis to do it.“ (Politico) – Der Clou ist, dass das meiste russische Vermögen in Europa liegt. Ohne die EU geht also gar nichts. Biden versucht es nun mit einem Trick – indem er eine (bisher fehlende) Rechtsgrundlage aus dem Hut zaubern will, die dann auch für die EU passen soll.
    • Die Ukraine will ihre Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen mehrere EU-Staaten wegen Einfuhrbeschränkungen für Getreide vorerst nicht weiterverfolgen. „Während wir nach einer praktischen Lösung suchen, ist unsere Streitsache innerhalb der WTO momentan pausiert“, sagte der stellvertretende ukrainische Wirtschaftsminister Taras Katschka am Donnerstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Er gehe von einer Einigung in dem Streit innerhalb der kommenden „Wochen und Monaten“ aus. Die Klage richtet sich gegen drei Nachbarstaaten der Ukraine: Polen, die Slowakei und Ungarn. Sie haben entgegen einer EU-Entscheidung die Beschränkungen auf Getreideimporte aus der Ukraine nicht ausgesetzt, um nach eigenen Angaben ihre Landwirte vor zu niedrigen Preisen zu schützen. Kiew legte deshalb bei der WTO Beschwerde ein. Besonders in Polen ist das Thema mitten im Wahlkampf ein besonders heikel. (AFP) – Es handelt sich offenbar eine Wahl-Pause. Danach dürfte das Hauen und Stechen munter weiter gehen….
    • Der Ölpreisdeckel der G-7 scheitert. Der Preis für russisches Öl steigt immer weiter und beschert dem Kreml Milliarden an Mehreinnahmen. Forscher hatten schon im Frühjahr auf Probleme mit dem 60-Dollar-Preisdeckel hingewiesen. Passiert ist allerdings nichts. (…) Besonders brisant: Im September 2023 lag der Urals-Preis damit auch deutlich über den Werten von vor einem Jahr. Im September 2022 vor Einführung des Ölpreisdeckels kostete das Barrel Urals 68 Dollar. (Der Spiegel)

    Mehr zum Wirtschaftskrieg hier

    4 Comments

    1. european
      6. Oktober 2023 @ 11:41

      „USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen.“

      Ja natuerlich. Um dann auch noch dem letzten zu signalisieren, dass auslaendisches Geld / Investitionen in der EU nicht sicher sind. Aus Deutschland sind gerade 132 Mrd mehr an FDI abgeflossen als hereingekommen. Andere Laender wird man untersuchen muessen.

    Reply

  • KK
    6. Oktober 2023 @ 11:38

    „Die Klage richtet sich gegen drei Nachbarstaaten der Ukraine: Polen, die Slowakei und Ungarn.“

    Genau die drei Staaten, wo die Solidarität langsam bröckelt… da ist wohl einigen der Verantwortlichen in der Ukraine langsam mal in den Sinn gekommen, dass es kontraproduktiv sein könnte, in die Hand zu beissen, die einen füttert. Das Futter könnte dann recht schnell ausbleiben.

    Reply

  • Hans-Heiko Schlottke
    6. Oktober 2023 @ 11:02

    USA wollen gemeinsam mit der EU russisches Vermögen beschlagnahmen? Das mittelalterliche Raubrittertum erlebt eine hässliche Neuauflage. Natürlich unter dem Label „westliche Werte“ und Völkerrecht.

    Reply

    • Katla
      6. Oktober 2023 @ 13:16

      Aber eine folgerichtige Entwicklung: nachdem sich die USA auch als Piraten betätigen
      – natürlich nur zur Umsetzung einer UN-Resolution, aber ein Mandat hatten sie dann doch nicht – und die Beute an die Ukraine schicken ( https://www.handelsblatt.com/dpa/usa-schicken-beschlagnahmte-munition-in-die-ukraine/29428178.html ) passt Raubrittertum doch perfekt ins Portfolio.

      Dass der Iran auch mal gern Schiffe samt Ladung beschlagnahmt, ist unbestritten. Der Iran behauptet allerdings auch nicht, „unsere“ Werte zu teilen.


  • Info: https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-230-ukraine-setzt-klage-gegen-polen-aus


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Die Ohnmacht der „geopolitischen“ EU


    lostin.eu, vom 5. Oktober 2023

    Die „Europäische Politische Gemeinschaft“ tagt in Granada – begleitet von Spott und Häme. „Hirntot“ sei die EPG, meint „Politico“. „Eine leere Hülle“, heißt es im „Guardian“. Tatsächlich zeigt der Gipfel die Ohnmacht der EU.

    Schon im Vorfeld platzte das wichtigste Vorhaben, die Führer aus Armenien und Aserbaidschan zusammen zu bringen. Aserbaidschans Alleinherrscher Alijew sagte ab – das Treffen sei einseitig gegen sein Land ausgerichtet.

    Auch der türkische Sultan Erdogan fehlte, wie schon beim letzten Mal in Moldau. Ihm passt wohl das ganze Format nicht. Umso lieber kam EU-Wannabe Selenskyj – wie immer mit neuen Forderungen nach neuen Waffen im Gepäck.

    Auch keine Freude für die EU, die schon bisher Mühe hat, den Forderungen Folge zu leisten. Neuerdings schwingt sich Selenskyj auch noch zum Oberlehrer auf. Ohne Einheit drohe Europa der „Ruin“, sagte er in Granada. Peinlich.

    Schließlich gab es auch noch Ärger mit dem Kosovo. Eigentlich dürfte es dieses Land gar nicht geben – wenn die EU konsequent wäre und ihre Maxime von der „territorialen Integrität“ auch auf den Westbalkan anwenden würde.

    Stattdessen will sie die abtrünnige Region zum Mitglied machen – genau wie Serbien. Doch beide Länder sind verfeindeter denn je. Nun knüpft Kosovo weitere Gespräche mit Serbien an westliche Strafmaßnahmen.

    Es gebe keinen Grund, sich zu treffen, bevor Sanktionen gegen Präsident Aleksander Vucic verhängt worden seien, sagte Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani in Granada. Die EU wird so zur Geisel des Dauer-Konflikts.

    Die ungelöste „Kosovo-Frage“

    Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic sagte, er erwarte schwierige Gespräche. Zudem bedankte er sich nach Angaben serbischer Medien bei Spanien für die Unterstützung in der „Kosovo-Frage“.

    Spanien gehört neben Rumänien, Griechenland, Zypern und der Slowakei zu den EU-Staaten, die das Kosovo immer noch nicht als Staat anerkennen. So viel zum Thema europäische Einheit und „geopolitische Union“.

    Man ist sich nicht mal einig, wen man anerkennt und wer sich abspalten darf. War da nicht auch noch was mit Nordzypern?

    P.S. Zeitgleich mit dem EPG-Gipfel verabschiedete das Europaparlament eine Resolution, in der es die Untätigkeit der EU bei der Vertreibung der Armenier aus Bergkarabach brandmarkt und Sanktionen gegen Aserbaidschan fordert. Die EU-Kommission und der Rat werden darin ausdrücklich verurteilt – doch wer hört schon auf das Parlament?

    3 Comments

    1. Armin Christ
      6. Oktober 2023 @ 08:41

      Die EPG ist doch auch nur so ein „wertewestlicher“ Debatierklub bei dem es darum geht sich in Gorillamanier auf die Brust zu trommeln. Große Töne spucken …. mehr ist da nicht.
      Oder um mit Heino zu sprechen: denen haben sie ins Gehirn …………. und jetzr wird umgerührt

    Reply

  • KK
    6. Oktober 2023 @ 00:24

    „Ohne Einheit drohe Europa der „Ruin““

    EUropa droht höchstens der Ruin wegen des ganzen Geldes und geldwerten Materials, das in das bodenlose Fass Ukraine gepumpt wird!

    Reply

  • Katla
    5. Oktober 2023 @ 20:02

    „Schon im Vorfeld platzte das wichtigste Vorhaben, die Führer aus Armenien und Aserbaidschan zusammen zu bringen.“

    Ach.. diesmal verfolgt die EU einen diplomatischen Ansatz? Da würde es also niemanden stören, wenn ggf. ein „ungerechtes“ Abkommen, ein „ungerechter“ Frieden zustande kämen? Und ich dachte schon, der neue Konfliktlösungsansatz der EU wäre immer mehr Waffen rein und bis zum letzten Mann kämpfen lassen.. man sagte mir in den letzten anderthalb Jahren, Diplomatie wäre Teufelszeug, Feigheit, Putinfreundschaft, Verrat an den Werten, unsolidarisch.. ist das doch nicht der Fall? Wir unterstützen und befeuern hier genüsslich einen Krieg an unserer unmittelbaren Grenze, aber die anderen sollen gefälligst Ruhe geben und einen „Diktatfrieden“ akzeptieren? Geht es noch heuchlerischer? Gut für die Glaubwürdigkeit der EU! (sorry, ich kann nur noch zynisch..)


  • Info: https://lostineu.eu/epg-gipfel-zeigt-ohnmacht-der-eu


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.




    Weiteres:




    Juncker: Ukraine darf nicht Vollmitglied werden

    5. Oktober 2023

    Der frühere EU-Kommissionspräsident Juncker hat sich gegen einen EU-Beitritt der Ukraine ausgesprochen. Das Land sei korrupt und nicht beitrittsfähig. Die EU müsse für Kiew eine zweite Liga schaffen.

    „Wer mit der Ukraine zu tun gehabt hat, der weiß, dass das ein Land ist, das auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt ist“, sagte Juncker in einem Interview der „Augsburger Allgemeinen“.

    „Trotz der Anstrengungen ist es nicht beitrittsfähig, es braucht massive interne Reformprozesse“, sagte Juncker weiter. Die EU habe mit einigen „sogenannten neuen Mitgliedern“ schlechte Erfahrungen mit Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit gemacht.

    Gemeint sind offenbar Ungarn, Bulgarien und Rumänien. Ungarn wird wegen Rechtsstaats-Verstößen die EU-Hilfe gekürzt, Bulgarien und Rumänien stehen immer noch unter Aufsicht der EU-Kommisison. Auch Polen ist zum Problem geworden.

    Trotz aller Probleme müsse es möglich sein, dass die Ukraine und Moldau „an Teilen der europäischen Integration teilnehmen können“, meint Juncker. „Wir sollten darauf hinwirken, dass so etwas wie ein teilweiser Beitritt möglich wird, eine intelligente Form der Fast-Erweiterung.“

    Zu gut deutsch: Juncker plädiert für eine zweite Liga, einen Beitritt unterhalb der Vollmitgliedschaft. Zu dumm, dass die Ukraine genau das kategorisch ausschließt. Präsident Selenskyj führt sich heute schon so auf, als sei sein Land bereits EU-Mitglied.

    In dieser Illusion wurde er gerade noch bestärkt: Von den EU-Außenministern, die sich in Kiew getroffen haben – unter Bruch aller Regeln und Gepflogenheiten…

    Siehe auch „Das falsche Signal aus Kiew“

    6 Comments

    1. european
      5. Oktober 2023 @ 20:11

      Die Financial Times hat dazu mal den Taschenrechner herausgeholt. Ich habe eine subscription von der FT und weiß nicht, ob jeder den Artikel öffnen kann, deshalb zitiere ich einige Passagen daraus.

      https://www.ft.com/content/a8834254-b8f9-4385-b043-04c2a7cd54c8

      „Ukraine’s accession to the EU would entitle Kyiv to about €186bn over seven years, according to internal estimates of the union’s common budget, turning “many” existing member states into net payers for the first time.“

      und weiter

      „EU officials this summer estimated the potential financial ramifications in a study seen by the Financial Times, which used existing rules for the union’s 2021-27 budget. These were applied to an enlarged union including Ukraine, Moldova, Georgia and six western Balkan states. The financial tally of adding all nine members to the existing budget, known as the multiannual financial framework, would be €256.8bn, the paper estimates. The knock-on effects for existing member states would include a cut in farm subsidies of about a fifth.“

      und weiter

      „Applying current rules to an expanded union, Ukraine would be eligible for €96.5bn from the EU’s Common Agricultural Policy over seven years. That financial shift would force cuts in farm subsidies to existing member states of about 20 per cent, according to the study“

      „Ukraine would also qualify for €61bn in payments from the EU’s cohesion funds, which aim to improve infrastructure in poorer member states. With nine additional member states, the Czech Republic, Estonia, Lithuania, Slovenia, Cyprus and Malta would no longer be eligible for cohesion funding, the study estimates.“

      und last, but not least

      „A spokesperson for the EU council said: “We do not comment on leaks.”“

    Reply

    • WBD
      6. Oktober 2023 @ 10:14

      Langsam ahne ich, daß der EU-Austritt von Grossbritannien auch Vorteile für die Briten gehabt haben könnte – wer rechtzeitig von Bord springt, geht halt nicht mit unter ????

      Reply

  • european
    5. Oktober 2023 @ 14:35

    Erinnert doch sehr an Macron’s Vorschlag eines erweiterten Gremiums, das die Beitrittskandidaten einschliesst. Die Deutschen waren ziemlich verschnupft ueber solch perfides Anliegen.

    Ansonsten hat er Recht. Aber immer wenn man bisher auf das Korruptionsranking der Ukraine hingewiesen hat, wurde man in den Rechts-Rechts-Nazi-Topf geworfen und als Putin-Versteher oder Russland-Bot abgewatscht. Und weil wir noch nicht genug Probleme haben, nehmen wir noch weitere Laender mit diesen Problemen und diesen Rankings auf. „Das aergert Putin“. Aber bestimmt.

    Was Rumaenien und Bulgarien betrifft, so kann man nur schaetzen, ob der Block mehr unter deren Beitritt gelitten hat, als die Laender selbst. Es ist ein einziges Ausbluten zu beobachten.

    Reply

  • KK
    5. Oktober 2023 @ 13:46

    Es ist nicht das erste Mal, dass Juncker eine entlarvende Wahrheit offen ausspricht.

    Ein paar Beispiele:
    „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

    „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“

    Eines wurde allerdings von der Realität überholt:
    „Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!“

    [Quelle aller o.g. Zitate: https://de.wikiquote.org/wiki/Jean-Claude_Juncker%5D

    Reply

    • ebo
      5. Oktober 2023 @ 13:49

      Immerhin: Der Mann kann reden – und er weiß, wovon er spricht!

      Reply

      • KK
        5. Oktober 2023 @ 14:16

        Einer der ganz wenigen Konservativen, dem ich idR gern zugehört habe (besonders noch während seiner Zeit als Luxemburger Regierungschef) – reflektiert, offen und ohne ideologische Scheuklappen.


  • Info: https://lostineu.eu/juncker-ukraine-darf-nicht-in-die-eu


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Nachrichten von Pressenza: Festnahmeliste in Arzach (Bergkarabach): 300 Personen brauchen freies Geleit

    aus e-mail von  <newsletter@pressenza.com>, 6. Oktober 2023, 7:15 Uhr


    Nachrichten von Pressenza - 06.10.2023


    Festnahmeliste in Arzach (Bergkarabach): 300 Personen brauchen freies Geleit


    Armenischen und aserbaidschanischen Medienberichten zufolge hat Aserbaidschan eine Festnahmeliste von 300 Arzach-Armeniern erstellt, die der Regierung, den Streitkräften oder dem Parlament angehörten. Es gab bereits Verhaftungen, einige Betroffene sind noch in Stepanakert und werden dort mehr oder weniger als Geiseln&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/festnahmeliste-in-arzach-bergkarabach-300-personen-brauchen-freies-geleit/


     -----------------------


    Rassismus in der Kirche überwinden


    Church and Peace: Der Rassismus wächst in unseren europäischen Gesellschaften. Auch die Kirchen müssen sich fragen, was sie zu Rassismus, Diskriminierung und Sklaverei beigetragen haben.  „Rassismus in der Kirche überwinden“ war das Thema der diesjährigen Konferenz von Church and Peace&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/rassismus-in-der-kirche-ueberwinden/


     -----------------------


    Offener Brief zum Welttierschutztag &#8211; Forderung nach starken EU-Gesetzen zum Schutz der Tiere


    Anlässlich des Welttierschutztages am 4. Oktober hat die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN Österreich einen Offenen Brief an Bundeskanzler Nehammer und seine Minister Rauch (Gesundheit und Konsumentenschutz) und Totschnig (Landwirtschaft) veröffentlicht, um aktive Unterstützung und Umsetzung der versprochenen und längst überfälligen Reform&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/offener-brief-zum-welttierschutztag-forderung-nach-starken-eu-gesetzen-zum-schutz-der-tiere/


     -----------------------


    10 Jahre Lampedusa-Bootskatastrophe. Südwind kritisiert falschen Populismus in der Migrationspolitik


    Grenzgemeinden und NGOs gedenken den Opfern des Schiffunglücks 2013 auf Lampedusa – Scharfe Kritik an Österreich und der EU für populistische Scheinlösungen – Südwind fordert menschenrechtskonforme, solidarische Migrationspolitik. Jedes Jahr seit dem tragischen Bootsunglück 2013, als vor der Küste Lampedusas&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/10-jahre-lampedusa-bootskatastrophe-suedwind-kritisiert-falschen-populismus-in-der-migrationspolitik/


     -----------------------


    Lauterbach gibt Anspruch an gute Arzneimittelversorgung auf


    „Nach der Krankenhauslandschaft will Lauterbach nun auch die Apothekenlandschaft zerstören. Statt den heilberuflichen Charakter des Apothekerberufs gegenüber dem kaufmännischen zu stärken, will der Gesundheitsminister Apothekenketten installieren und den wichtigen Notdienst schleifen. Der Konkurrenzkampf wird zunehmen, die Apothekendichte wird abnehmen und&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/lauterbach-gibt-anspruch-an-gute-arzneimittelversorgung-auf/


     -----------------------


    Michael Kopatz: Schluss mit der Ökomoral! &#8211; Die Verhältnisse ändern


    Mit seinem Buch „Schluss mit der Ökomoral! Wie wir die Welt retten, ohne ständig daran zu denken“ knüpft Michael Kopatz an seine 2018 veröffentlichte „Ökoroutine“ an. Mit fast unerschütterlichem Optimismus schildert der Wissenschaftler des „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“&hellip;

    http://www.pressenza.net/?l=de&track=2023/10/michael-kopatz-schluss-mit-der-oekomoral-die-verhaeltnisse-aendern/


     -----------------------


    Pressenza - ist eine internationale Presseagentur, die sich auf Nachrichten zu den Themen Frieden und Gewaltfreiheit spezialisiert hat, mit Vertretungen in Athen, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Budapest, Buenos Aires, Florenz, Lima, London, Madrid, Mailand, Manila, Mar del Plata, Montreal, München, New York, Paris, Porto, Quito, Rom, Santiago, Sao Paulo, Turin, Valencia und Wien.


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Ein „nationaler Champion” im Kriegsschiffbau (II)Bundesregierung bereitet den Erwerb von Anteilen am größten deutschen Kriegsschiffbauer, TKMS, vor. TKMS hofft auf den Auftrag zum Bau der Fregatte F127. Stückpreis: sieben bis zehn Milliarden Euro.

    german-foreign-policy.com, 6. Oktober 2023

    BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung bereitet den Erwerb von Staatsanteilen an der Kriegsschiffwerft ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) vor und zieht die Vergabe des Auftrags für das teuerste Kriegsschiff der Deutschen Marine an TKMS in Betracht. Die Fregatte F127, die ab Mitte der 2030er Jahre einsatzbereit sein soll, wird laut aktuellem Planungsstand sieben bis zehn Milliarden Euro kosten – pro Stück. Die Deutsche Marine will sechs Exemplare davon beschaffen. TKMS gehört noch zum ThyssenKrupp-Konzern, der seine Marinesparte allerdings verkaufen will. Berlin plant einen Einstieg, um seine Kontrolle über den Kriegsschiffbau zu stärken. Zugleich werden erneut Pläne laut, zwei oder sogar alle drei großen deutschen Marinewerften zusammenzuschließen, um so in der Branche einen „nationalen Champion“ zu schaffen. In einem ersten Schritt wird eine Fusion von TKMS und der Marinesparte der Lürssen-Werft aus Bremen diskutiert; German Naval Yards Kiel könnte folgen. Auf lange Sicht haben die deutschen Werften zudem eine Fusion auf europäischer Ebene im Visier – die Schaffung eines „europäischen Champions“ unter deutscher Führung.


    Zitat: Fusionsdebatte

    Eine Fusion zweier oder gar aller drei großen deutschen Kriegsschiffwerften zu einem „nationalen Champion“ ist seit vielen Jahren immer wieder im Gespräch. Bei den Werften handelt es sich um ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) mit Hauptsitz in Kiel, um Naval Vessels Lürssen (NVL), die im Jahr 2021 formal ausgegliederte Marinesparte der Bremer Lürssen-Werft [1], und um German Naval Yards Kiel, die zum Werftenverbund CMN Naval des französisch-libanesischen Milliardärs Iskandar Safa gehört. Zuletzt hatten Lürssen und German Naval Yards Kiel im Mai 2020 mitgeteilt, sie arbeiteten an einem Zusammenschluss ihrer jeweiligen Kriegsschiffsparten. Daraus wurde letzten Endes jedoch nichts. Zuweilen wurde auch über Pläne berichtet, TKMS und die Lürssen-Marinesparte zu fusionieren; das könne geschehen, indem man den U-Boot-Bau bei TKMS, den Überwasserschiffbau bei Lürssen konzentriere, hieß es.[2] Auch dieser Vorstoß hat bislang zu keinem Resultat geführt. Dabei läge ein Zusammenschluss auch deshalb nahe, weil die drei Werften schon lange bei einzelnen Vorhaben kooperieren. So werden beispielsweise die neuen Korvetten K130 für die Deutsche Marine von Lürssen, German Naval Yards und TKMS gemeinsam gebaut.[3]


    Kriegsschiffmonopol

    Im August hat Peter Lürßen, Miteigentümer der Lürssen-Werft, einen Zusammenschluss erneut ins Gespräch gebracht. „Eine Konsolidierung“ im Kriegsschiffbau ergebe, sofern sie „unter den richtigen Vorzeichen und mit der Zustimmung der Regierung“ geschehe, „in Deutschland auf jeden Fall Sinn“, urteilte Lürßen in einem weithin beachteten Interview.[4] Konkret schlug er die Zusammenführung von TKMS mit der Lürssen-Marinesparte vor. Könne man sich auf eine vorteilhafte Verteilung der „Kompetenzen“ sowie auf „die richtige Führungsstruktur“ einigen, dann sei perspektivisch „auch ein Börsengang ein durchaus sinnvoller und gangbarer Weg“, ließ sich Lürßen zitieren. Später, vielleicht „in fünf Jahren“, könne man schließlich German Naval Yards Kiel in den fusionierten Kriegsschiffbauer integrieren. Allerdings dürfe die Bundesregierung dann ihre Aufträge nicht mehr europaweit ausschreiben; sie könne „in Zukunft nur mit dieser konsolidierten Firma über Aufträge“ verhandeln. Beim Bau besonders komplexer Schiffe werde man mit Blick auf die Aufträge womöglich „etwas an die Industrie abgeben“. Doch müsse „die Führerschaft“ beim Bau deutscher Kriegsschiffe „an diese zusammengeführte Werft vergeben werden“.[5]


    Staatsanteile

    Mittlerweile zeichnet sich weitere Bewegung in der Sache ab. So hat ThyssenKrupp laut einem Bericht des Handelsblatts eine realisierbare Lösung für sein Vorhaben gefunden, seine Kriegsschiffsparte TKMS abzustoßen. Demnach soll im ersten Schritt ein Finanzinvestor die Mehrheit der Anteile an TKMS übernehmen. ThyssenKrupp will eine Aktienminderheit für sich behalten; als weiterer Investor ist die Bundesregierung vorgesehen, die damit direkte Kontrolle über das Geschehen bei dem Kriegsschiffbauer erhält.[6] Als in Frage kommender Finanzinvestor wird aktuell der US-Private-Equity-Fonds Carlyle genannt. Dieser soll die Anteilsmehrheit für eine gewisse Zeit übernehmen, bis TKMS so weit restrukturiert ist, dass ein erfolgreicher Börsengang möglich scheint; dann könne Carlyle, so heißt es, seine Anteile an TKMS mit ansehnlichem Gewinn wieder verkaufen. Die Bundesregierung könne ihren Einstieg – 20 Prozent oder mehr – über die bundeseigene KfW-Bankengruppe abwickeln, ist zu hören. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat das Berliner Interesse an einem solchen Deal am 12. September bei einem Besuch in Kiel explizit bestätigt.[7] Berichten zufolge hat TKMS darüber hinaus bereits mit Lürssen über eine Firmenverschmelzung diskutiert.[8]


    Bis zu zehn Milliarden Euro

    Die Pläne sind auch deshalb interessant, weil TKMS den Auftrag zum Bau des nächsten bedeutenden Kriegsschiffs für die Deutsche Marine erhalten will. Dabei handelt es sich um die Fregatte F127, die auch als „Next Generation Frigate“ bezeichnet und bereits seit einigen Jahren diskutiert wird.[9] Das Schiff soll den modernsten High-Tech-Standards entsprechen und unter anderem ballistische Raketen abwehren können. Interesse an dem Auftrag hat neben TKMS auch Damen Shipyards aus den Niederlanden zu erkennen gegeben. Wie es in einem Bericht über den Marineworkshop in Linstow am Dienstag vergangener Woche heißt, habe dort der Beschaffungschef im Verteidigungsministerium, Vizeadmiral Carsten Stawitzki, erklärt, der Auftrag müsse an deutsche Unternehmen vergeben werden. Zudem habe der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, angekündigt, die Entscheidung solle „ganz schnell“ gefällt werden.[10] TKMS gibt an, einen marktreifen Entwurf mittlerweile fertig vorliegen zu haben und 2025 mit dem Bau beginnen zu können. Die Kosten werden auf sieben bis zehn Milliarden Euro geschätzt – pro Schiff. Die Fregatte F127 wäre damit das teuerste Schiff der Deutschen Marine. Diese wünscht sechs Exemplare davon.


    „Airbus der Meere“

    Auf längere Sicht nehmen die deutschen Kriegsschiffbauer auch die europäische Perspektive in den Blick. Bereits 2019 hatten die Werften Naval Group aus Frankreich und Fincantieri aus Italien sich zu einem Joint Venture mit dem Namen Naviris zusammengetan, das zuweilen als „europäischer Champion“ bzw. „Airbus der Meere“ gehandelt wurde.[11] Das Joint Venture besteht weiterhin, macht allerdings nicht so schnelle Fortschritte wie erhofft. ThyssenKrupp hatte eine Zeitlang erwogen, TKMS an Fincantieri zu verkaufen. Das hatte jedoch Anfang 2022 die Bundesregierung untersagt.[12] Im August erklärte Lürssen-Koeigentümer Peter Lürßen, gelinge der geplante Zusammenschluss von TKMS mit der Kriegsschiffsparte seines Unternehmens, stehe „zu vermuten“, dass man sich anschließend auch „in Europa umschaut, um gewisse Kapazitäten dort zu konsolidieren“.[13] Damit entstünde – wohl unter deutscher Führung – ein neues Marinekonglomerat, das Naviris die Rolle als „europäischer Champion“ streitig machen könnte. Lürßen hält ein Zusammengehen mit der französischen Naval Group für „schwierig“. Zu Fincantieri äußert er zurückhaltend, der Konzern sei „börsennotiert“, allerdings „eindeutig vom Staat bestimmt“. Als dritte Option bringt Lürßen Damen Shipyards aus den Niederlanden ins Gespräch. Die Werft ist Generalauftragnehmer für die Fregatte F126, die ab Ende dieses Jahrzehnts ausgeliefert werden soll, und kooperiert dabei schon eng mit deutschen Werften.[14] Mit einem deutsch-niederländischen Zusammenschluss entstünde zumindest ein nördlicher Rivale für Naviris.

     

    [1] Lürssen bündelt militärischen Schiffbau in neuer Gesellschaft. esut.de 01.10.2021.

    [2] Stehen Lürssen und tkMS vor der Fusion? hansa-online.de 27.05.2021. S. auch Ein „nationaler Champion“ im Kriegsschiffbau.

    [3] Stella Peters, Nils Naber: Teure Schiffe: Wie die Politik Marineaufträge verteilt. ndr.de 27.06.2023.

    [4], [5] Christoph Hein: „Aufgrund der Bedrohungslage haben wir ein Zeitproblem“. faz.net 11.08.2023.

    [6] Martin Murphy, Arno Schütze, Martin Greive: Bund will bei U-Boot-Tochter von Thyssen-Krupp einsteigen. handelsblatt.com 12.09.2023.

    [7] Detlev Landmesser: Entsteht ein deutscher Marine-Champion? tagesschau.de 12.09.2023.

    [8] Martin Murphy, Arno Schütze, Martin Greive: Bund will bei U-Boot-Tochter von Thyssen-Krupp einsteigen. handelsblatt.com 12.09.2023.

    [9] Andreas Uhl: Die nächste Generation der Luftverteidigung – Erste Überlegungen zur Fregatte F127. esut.de 13.01.2020.

    [10] Juliane Schultz: Marine-Werft in Wismar will Milliardenprojekt an Land ziehen. ndr.de 28.09.2023.

    [11] Edoardo Secchi: Secteur Naval : La France Et L'Italie Futurs Leaders Occidentaux. forbes.fr 28.11.2019.

    [12] Martin Murphy, Arno Schütze, Martin Greive: Bund will bei U-Boot-Tochter von Thyssen-Krupp einsteigen. handelsblatt.com 12.09.2023.

    [13] Christoph Hein: „Aufgrund der Bedrohungslage haben wir ein Zeitproblem“. faz.net 11.08.2023.

    [14] S. dazu Ein „nationaler Champion“ im Kriegsschiffbau.


    Info: ttps://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9366


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Putin kontert "Junge-Welt"-Chefredakteur ‒ "Würden Sie sich um die Causa Chrupalla kümmern?"

    freeassange.rtde.life, vom 5 Okt. 2023 22:27 Uhr

    Der Chefredakteur der "Jungen Welt", Stefan Huth, stellte Wladimir Putin eine ‒ wie er sicherlich dachte ‒ unbequeme Frage über russische Kontakte zur AfD. Die Antwort des russischen Präsidenten fiel für den Fragesteller jedoch etwas schlagfertiger aus als erwartet.


    Putin kontert "Junge-Welt"-Chefredakteur ‒ "Würden Sie sich um die Causa Chrupalla kümmern?"Quelle: RT


    Der Chefredakteur der "Jungen Welt" Stefan Huth und der russische Präsident Wladimir Putin, Videoscreenshot


    Bei der abschließenden Diskussion des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem diesjährigen Waldai-Forum kam es zu einem bemerkenswerten Gespräch zwischen ihm und einem deutschen Journalisten. "Ich komme aus Deutschland und ich heiße Stefan Huth", stellte sich der Chefredakteur der linken Zeitung Junge Welt vor. Seine Frage an Putin ähnelte einem kleinen Referat, in dem er den russischen Präsidenten auf einen angeblichen Widerspruch hinwies: das erklärte Ziel Russlands in der Ukraine, den Nazismus militärisch zu bekämpfen, und die Kontakte der russischen Regierung zur AfD.


    "Wer zu Waffen nötigt, ist der Anstifter des Unheils" – Deutscher Friedensrat erörtert Ukraine-Krise




    Analyse

    "Wer zu Waffen nötigt, ist der Anstifter des Unheils" – Deutscher Friedensrat erörtert Ukraine-Krise





    Die Partei sei im Grunde genommen rassistisch und habe kein Mitgefühl gegenüber dem russischen Volk, das in einem multinationalen Staat lebt. "Ich will verstehen, worauf hoffen Sie, worauf hofft Ihre Regierung bei den Kontakten zu anderen Parteien dieser Art?", fragte Huth. "Sind Sie sich dessen bewusst, dass europäische antifaschistische Kräfte die russische Politik (in der Ukraine) und die russischen Handlungen nicht unterstützen?" 

    Doch bevor Putin darauf eine Antwort geben konnte, fragte er zweimal beim Journalisten nach und bat um Belege für die profaschistische Haltung der AfD. Huth erinnerte an ein Treffen des AfD-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla mit Sergei Lawrow im Jahre 2020 und als Beleg für die Nähe zum Nazismus wies er auf Björn Höcke hin. Dieser sei im profaschistischen Milieu verwurzelt und besuchte zusammen mit Rechtsradikalen Gedenkveranstaltungen am 13. Februar, dem Jahrestag des britischen Bombardements Dresdens.

    Putin hob zunächst positiv hervor, dass der Journalist selbst Russlands Ziele in der Ukraine erwähnt hätte, nämlich die Entnazifizierung des ukrainischen politischen Systems. Dann griff er argumentativ den bereits allseits bekannten Skandal im kanadischen Parlament auf: 

    "Der ukrainische Präsident stand da und klatschte einem Nazi Beifall, der Juden, Polen und Russen ermordet hatte. Ist dies kein Merkmal davon, dass sich in der Ukraine ein System herausgebildet hat, das wir mit allem Recht als pronazistisch bezeichnen können?"

    Wenn selbst die Nazis keine Nazis mehr sind: Notizen vom Rand der Matrix





    Meinung

    Wenn selbst die Nazis keine Nazis mehr sind: Notizen vom Rand der Matrix





    Er betonte, dass Jaroslaw Hunka, dem Beifall gewidmet wurde, nicht irgendein Anhänger des Nazismus, sondern ein realer Nazi gewesen sei, ein ehemaliger SS-Soldat. "Und gibt uns das nicht etwa das Recht, von Entnazifizierung zu sprechen?", erwiderte er dann und gab darauf eine mögliche Antwort des Journalisten, dass dies nur ein Staatsoberhaupt sei, aber nicht das ganze Land. "Dazu sage ich, Sie haben diejenigen erwähnt, die mit profaschistischen Elementen demonstriert haben. Ist es etwa die gesamte Partei, die an solchen Demos teilnimmt? Bestimmt nicht", polemisierte Putin und gab anschließend zu verstehen, dass Russland "alles, was pronazistisch und profaschistisch" sei, entschlossen verurteile. Dann zeigte er sich diplomatisch: 

    "Alles, was diese Merkmale nicht enthält, und im Gegenteil, was darauf ausgerichtet ist, Kontakte mit uns zu pflegen, wird von uns unterstützt." 

    Zum Schluss seiner ausführlichen Antwort ging Putin auf den mutmaßlichen Anschlag auf Tino Chrupalla ein. Er wurde wieder polemisch:

    "So weit ich weiß, gab es einen Anschlag auf einen Spitzenpolitiker der AfD in Deutschland. Gerade jetzt, während des Wahlkampfes. Bedeutet das, dass Vertreter dieser Partei zu nazistischen Methoden greifen? Oder dass diese gegen die AfD angewendet werden? Das ist die große Frage, die auf ihren Forscher wartet."

    Nach Anschlag auf AfD-Chef: Partei nimmt zu Zustand von Chrupalla Stellung





    Nach Anschlag auf AfD-Chef: Partei nimmt zu Zustand von Chrupalla Stellung






    In diesem Moment wandte sich Putin beiläufig wieder an den Fragesteller: "Vielleicht können Sie sich darum kümmern oder die breite Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland." Das sagte er ganz sichtbar mit Nachdruck. Zum Schluss betonte das russische Staatsoberhaupt noch einmal, wie wichtig Russland Kontakte zu denjenigen Kräften in Deutschland seien, die am Wiederaufbau der Beziehungen interessiert sind: 

    "Alles, was an Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Kontakte zu uns gerichtet ist, wird von uns unterstützt. Und das kann das Licht am Ende des Tunnels unserer heutigen Beziehungen bringen."

    Später kehrte die Frage des Junge-Welt-Chefredakteurs indirekt aufs Podium zurück, als der Moderator Putin über seine Meinung zur Ausgrenzung Gerhard Schröders bei den Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit befragte. Putin sagte, dass die Zahl seiner Freunde in Deutschland immer mehr wächst. "Wächst sie nicht durch solche, über die Stefan (Huth) sprach?", fragte der Moderator Fjodor Lukjanow nach. 

    "Es spielt keine Rolle. Sie wächst durch solche Menschen, die die Interessen ihres eigenen Volkes verfolgen und nicht fremde Interessen bedienen wollen",

    sagte Putin.


    Mehr zum Thema - Putin hält die globale Situation für gefährlich und erteilt Atomwaffeneinsatz eine Absage


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freeassange.rtde.life/russland/182813-putin-kontert-junge-welt-chefredakteur


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    06.10.2023

    Putin hält die globale Situation für gefährlich und erteilt Atomwaffeneinsatz eine Absage

    freeassange.rtde.life, vom 5 Okt. 2023 21:36 Uhr

    Traditionell hat Wladimir Putin in seiner Rede auf dem jährlichen Waldai-Forum und den Antworten im anschließenden Fragen- und Diskussionsblock eine große Anzahl von Themen angesprochen und wichtige Einblicke in das Denken der russischen Staatsführung gegeben. Wir präsentieren eine kleine Auswahl der aus unserer Sicht wichtigsten Aussagen. 


    Quelle: Sputnik © Wladimir Smirnow


    Wladimir Putin auf dem Waldai-Forum 2023 (5. Oktober 2023)


    Der Präsident Russlands Wladimir Putin hat am Donnerstag vor dem Waldai-Forum eine Grundsatzrede zu seiner Vision der Zukunft Russlands und der Welt gehalten. Anschließend beantwortete Putin Fragen von Journalisten und Forumsteilnehmern zu einer breit gefächerten Themenauswahl.

    Den ersten Teil seiner Rede widmete der Präsident einer Analyse der aktuellen Weltlage. Die moderne Welt sei gefährlich und habe die Orientierung verloren, sagte er.


    Ex-CIA-Berater über Russland-NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine und US-Außenpolitik


    Ex-CIA-Berater über Russland-NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine und US-Außenpolitik






    Zu Beginn des 21. Jahrhunderts hätten alle gehofft, dass die Staaten und Völker die nötigen Lehren aus der kostspieligen ideologischen Konfrontation im 20. Jahrhundert gezogen hätten. Die Lehre aus dem letzten Jahrhundert hätte nach Auffassung Putins sein müssen, dass Egoismus in den internationalen Beziehungen und Versuche, anderen die eigenen Vorstellungen und Interessen aufzuzwingen, unweigerlich in eine Sackgasse führen. Dies, so Putin, hätte allen offensichtlich werden müssen, ist es aber nicht.

    Russland habe die nach dem Zusammenbruch der UdSSR entstandene Krise überwunden und hoffe, sich einer gerechten Weltordnung anzuschließen, aber seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit werde von einigen als Schwäche missverstanden – "als ein Eingeständnis, dass Russland bereit ist, im Fahrwasser eines anderen zu agieren".

    Die Welt sei zu komplex und vielfältig für ein Monopol, auch wenn es durch die über Jahrhunderte angesammelte Macht der Kolonialpolitik gestützt wird. Ein großer Teil dieser Anhäufung wurde durch die Ausplünderung von Kolonien, wenn nicht sogar des gesamten Planeten, aufgebaut.

    "Die Geschichte des Westens ist im Wesentlichen eine Chronik der endlosen Expansion", sagte Putin.

    Für ihn liegt auf der Hand, dass der Wunsch, die Welt in eine "Wir/Sie"-Dichotomie zu treiben, ein "perverses Erbe der westlichen politischen Kultur des 20. Jahrhunderts" ist. Die westlichen Eliten brauchen einen Feind, mit dessen Existenz sie ihr Expansionsstreben rechtfertigen und die Kontrolle im Inneren aufrechterhalten können. Als Beispiel führte der Präsident an, wie die USA die Russophobie für die Aufrechterhaltung ihrer Dominanz im NATO-Block nutzen:

    "Es gibt einen Feind – alle müssen sich um den Chef scharen", sagte der Präsident.

    Gleichzeitig werden verschiedene Gründe für Zwang erfunden und nicht existierende Bedrohungen aufgebauscht. Russland, so Putin, sei ein Lieblingsthema der Politiker, aber auch andere Länder würden gemacht zum Feindbild: China und in bestimmten Situationen auch Indien.

    Nach dem Analyseteil schilderte Putin seine Zukunftsvision:

    "Erstens will Russland in einer offenen Welt leben, in einem Umfeld ohne Barrieren. Zweitens: Die Vielfalt der Welt muss erhalten bleiben. Der dritte Punkt ist die maximale Repräsentation (aller Länder). Niemand kann stellvertretend für andere regieren, die Welt der Zukunft ist eine Welt der kollektiven Entscheidungen. Der vierte Punkt ist die universelle Sicherheit, die vor allem darin besteht, die internationalen Beziehungen vom Blockdenken zu befreien und sich zu weigern, die internationalen Beziehungen als Nullsummenspiel zu verstehen."

    Russland werde sich künftig als eine eigene Zivilisation mit eigener Wertigkeit und hohem Selbstwertgefühl verstehen. Es werde sich jedoch von der Welt nicht abgrenzen und auch ihre Probleme nicht mit Gleichgültigkeit von der Seitenlinie betrachten:

    "Russland war, ist und wird die Basis des Weltsystems sein, bereit zum harten Widerstand gegen diejenigen, die sich zu den Prinzipien von Diktat und Gewalt bekennen", so Putin.

    Abschließend verkündete Russlands Präsident:

    "Die multipolare Welt hat gesiegt."

    Ein großer Block der Rede war wie zu erwarten der Lage in der Ukraine und den Ursachen des Konflikts gewidmet. Der Krieg dort habe nicht 2022 begonnen, sondern 2014, und begonnen habe er mit dem verfassungswidrigen Umsturz in Kiew. Diesen habe der Westen, federführend die USA, mit dem ausdrücklichen Ziel organisiert, die Region zu destabilisieren und Russland Probleme an seinen Grenzen zu bereiten:

    "Wir haben den sogenannten Krieg in der Ukraine nicht begonnen. Im Gegenteil, wir versuchen, ihn zu beenden. Wir haben den Staatsstreich in Kiew nicht organisiert", unterstrich der Präsident.

    "Ein solches Dokument gab es gar nicht": Fälschung bei Übergabe der Krim an Ukraine aufgedeckt




    "Ein solches Dokument gab es gar nicht": Fälschung bei Übergabe der Krim an Ukraine aufgedeckt






    In der Zwischenzeit habe der russische Staat die Krimbewohner und die Bewohner von Sewastopol unterstützt, niemanden im Sinne der Nazis eingeschüchtert und nicht mit Massakern an denen gedroht, die ihre Sprache sprechen wollten, fügte Putin hinzu.

    Der Westen habe die jahrelangen Leiden der Bevölkerung im Donbass ignoriert und Kiew nicht zur Einstellung seiner Übergriffe dort angehalten:

    "Und niemand hat die toten Kinder im Donbass gezählt, und niemand hat um die Toten geweint", betonte er.

    Russland verfolge in der Ukraine keine imperialistischen Ziele. In einer späteren Antwort auf eine Frage im Diskussionsblock betonte Putin, dass Russland sogar einen Beitritt der Ukraine zur EU hinnehmen wolle, es könne aber einen Beitritt des Nachbarlandes zur NATO nicht akzeptieren:

    "Wir waren nie gegen einen Beitritt der Ukraine zur EU, und was die NATO betrifft, so waren wir immer dagegen, weil es unsere Sicherheit bedroht."

    An späterer Stelle sagte der Präsident, es sei Sache der Europäer, wenn sie sich diese Last mit jährlichen Milliardenzahlungen aufbürden wollen, die erforderlich sind, um die zerstörte ukrainische Wirtschaft zu stützen.


    Bergkarabach hört auf zu existieren





    Meinung

    Bergkarabach hört auf zu existieren






    Ein weiterer Fragenblock galt dem Ende des von Aserbaidschan abtrünnigen Bergkarabach. Ein Journalist wies darauf hin, dass der EU-Ratsvorsitzende Charles Michel Russland des "Verrats am armenischen Volk" beschuldigt habe. Darauf antwortete Putin sinngemäß, dass Michel sich an die eigene Nase fassen sollte.

    Russland habe seinen armenischen Freunden mehrfach vorgeschlagen, Kompromisse zu schließen – die fünf Bezirke um Karabach an Baku zurückzugeben und die Verbindung zwischen Armenien und Karabach zu erhalten. Jerewan habe dies jedes Mal mit der Begründung abgelehnt, das würde für Armenien eine Bedrohung darstellen. Russland sei bereit gewesen, die Sicherheit des Latschin-Korridors und der in diesem Gebiet lebenden Armenier mithilfe von UN-Mechanismen zu garantieren, habe aber zu hören bekommen: "Wir werden kämpfen."

    In dieser Position sei Jerewan trotz aller Mahnungen unnachgiebig gewesen, unterstrich Putin und gab einen Teil dieser Gespräche zwischen Moskau und Jerewan wieder:

    "'Hört zu: Sie (das aserbaidschanische Militär) werden in einigen Tagen von hinten kommen und eure Befestigungen im Gebiet von Agdam durchbrechen. Was werden Sie tun?' Die Antwort war dieselbe: 'Wir werden kämpfen'."

    Gleichzeitig hatten die russischen Friedenstruppen keinen schriftlich festgelegten Status, alles basierte auf der einen Erklärung vom November 2020:

    "Die Rechte der Friedenstruppen bestanden nur aus einem Punkt – Beobachtung der Einhaltung des Waffenstillstands. Sie hatten keine anderen Rechte."

    Armenien hingegen hatte Karabach bei einem Treffen in Prag im Jahr 2020 als Teil der Republik Aserbaidschan anerkannt und betont, dass es die Souveränität Bakus im Rahmen der Aserbaidschanischen SSR anerkenne, zu der Karabach gehört hatte. Die Rechte der Einwohner von Bergkarabach habe Jerewan in diesem Zusammenhang nicht gesichert, obwohl die Möglichkeit zu einer umfassenden Vereinbarung bestanden habe, unterstrich der russische Präsident.

    "Es war nur eine Frage der Zeit, wann Aserbaidschan die verfassungsmäßige Ordnung auf seinem Territorium wiederherstellen würde", fügte er hinzu.

    Hervorzuheben ist noch Putins Antwort auf die Frage, die der Politikwissenschaftler Sergei Karaganow an den Präsidenten richtete. Karaganow, der vor einiger Zeit in einer Artikelserie begrenzte Nuklearschläge gegen einzelne europäische Länder gefordert hatte, fragte, ob es angesichts der vom Westen betriebenen Eskalation in der Ukraine nicht an der Zeit sei, die russische Doktrin zum Kernwaffeneinsatz zu ändern.


    Putins Waldai-Rede 2022: "Das Spiel des Westens ist gefährlich, blutig und schmutzig"



    Putins Waldai-Rede 2022: "Das Spiel des Westens ist gefährlich, blutig und schmutzig"






    Putin verneinte dies. Die russische Doktrin sehe den Einsatz von Atomwaffen in zwei Fällen vor: zum einen als Antwort auf einen Atomschlag gegen Russland, zum anderen dann, wenn die Existenz der Russischen Föderation durch eine konventionelle Aggression gefährdet sei. Nichts davon zeichne sich aktuell ab. An der Front in der Ukraine sehe man, was man zu tun habe. Dort werde Russland die passenden Antworten finden.

    Auf die Frage, ob es nicht an der Zeit sei, das Testen von Atomwaffen wiederaufzunehmen, zumal die USA den Vertrag über das Verbot nuklearer Tests nicht ratifiziert haben, entgegnete der Präsident, dies könne er sich vorstellen. Es sei Angelegenheit der Duma, des russischen Parlaments, ob es die erfolgte Ratifizierung des Vertrages aufhebe.

    Eine kuriose Frage stellte ein Forumsteilnehmer aus Sri Lanka. Er fragte, ob es angesichts der Tatsache, dass Russland vom westlichen Imperialismus angegriffen werde, historisch betrachtet nur Kommunisten – er nannte China, Vietnam und Nordkorea als Beispiele – gelungen sei, imperialistische Aggression zu besiegen. Er fragte weiter, ob es auch angesichts der Tatsache, dass Lenin das wichtigste Werk zum Imperialismus geschrieben habe, nicht an der Zeit sei, die Oktoberrevolution und Lenin selbst positiver zu sehen. Putin stimmte nach einigem Zögern und Rückfragen dem Fragesteller zu:

    "Ja, Sie haben Recht."

    Mehr zum ThemaPutin: Russland könnte Gaslieferungen nach Deutschland jederzeit wiederaufnehmen, Berlin will nicht


    Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

    Info: https://freeassange.rtde.life/russland/182811-putin-haelt-die-globale-situation-fuer-bedroht-und-erteilt-atomwaffeneinsatz-eine-absage


    unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.

    Seite 138 von 510

    < 1 2 3 4 .. 10 .. 20 .. 30 .. 100 .. 110 .. 120 .. 130 .. 135 136 137 138 139 140 141 .. 150 .. 160 .. 170 .. 200 .. 300 .. 400 .. 480 .. 490 .. 500 .. 507 508 509 510 >
    Diese Webseite verwendet Cookies. Hier erfahren Sie alles zum Datenschutz ok