13. Aufschrei: Angriff ist keine Verteidigung! Rüstungsexporte nach Israel stoppen!
https://aufschrei-waffenhandel.de/service/pressemitteilungen/2025/19062025-angriff-ist-keine-verteidigung-ruestungsexporte-nach-israel-stoppen
19.6.2025
Angriff ist keine Verteidigung!
Rüstungsexporte nach Israel stoppen!
„Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ kritisiert die Haltung
der Bundesregierung gegenüber Israel angesichts des
völkerrechtswidrigen Angriffs auf Iran. Angriff ist keine
Verteidigung! Der israelische Angriffskrieg muss eindeutig als solcher
benannt und umgehend sanktioniert werden.
Die Bundesregierung muss alle Rüstungsexporte nach Israel sofort
stoppen, da sie sich sonst grundgesetzwidrig der Unterstützung eines
Angriffskrieges schuldig macht. Die aktuellen Genehmigungen für
Rüstungsexporte in Höhe von rund 4 Mio. Euro müssen widerrufen werden!
„Die Angriffe Israels auf Iran seit der Nacht vom 12. auf den 13. Juni
waren und sind völkerrechtswidrig. Wir verurteilen diesen eklatanten
Verstoß gegen das Gewaltverbot gemäß UN-Charta ausdrücklich. Laut
amerikanischen Geheimdiensten ging von Iran keine unmittelbare
Bedrohung durch Atomwaffen aus.
Israels Angriffe können daher nicht als Akt der präventiven
Selbstverteidigung gerechtfertigt werden. Außerdem fanden gerade
wieder Verhandlungen zwischen Iran und den USA über ein neues
Atomabkommen statt“, so Gerold König, Sprecher der „Aktion Aufschrei –
Stoppt den Waffenhandel!“ und Bundesvorsitzender von pax christi.
Er betont: „Die Gewalt ging und geht von der israelischen Regierung
und Armee aus. Das muss so gesagt werden. Es ist absolut inakzeptabel,
dass die Bundesregierung unter diesen Umständen Israels
völkerrechtswidrigen Angriff als Selbstverteidigung umdeutet und
Bundeskanzler Merz dem Land für die ´Drecksarbeit´ dankt.
Wenn die Bundesregierung eine Verpflichtung gegenüber Israel hat, dann
die, sich für einen dauerhaften und gerechten Frieden mit Palästina
und allen anderen Nachbarländern einzusetzen. Sie darf die israelische
Kriegsführung nicht unterstützen – weder mit Worten, noch mit Waffen.
Die gerade erteilten Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Israel
müssen umgehend widerrufen werden!“, so König weiter.
„Die Tatsache, dass Israel iranische Atomanlagen bombardiert, stellt
eine nukleare Bedrohung für die Bevölkerung Irans, aber auch der
Nachbarländer und Israels selbst dar. Man kann sich kaum vorstellen,
was eine atomare Verseuchung bedeuten würde.
Außerdem ermordet Israel gezielt Zivilpersonen, die am iranischen
Atomprogramm arbeiten“, empört sich Jürgen Grässlin, Bundessprecher
der DFG-VK und Sprecher der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“.
Er führt weiter aus: „Auch wenn Israel völkerrechtliche
Verpflichtungen mit Füßen tritt, sei darauf hingewiesen, dass diese
Angriffe gegen Artikel 56 des zweiten Zusatzprotokolls der Genfer
Konventionen verstoßen. Demnach dürfen u.a. „Kernkraftwerke […] auch
dann nicht angegriffen werden, wenn sie militärische Ziele darstellen,
sofern ein solcher Angriff gefährliche Kräfte freisetzen und dadurch
schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung verursachen kann. Artikel
56 erfasst auch Nuklearanlagen“, so Grässlin.
„Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Angriffe scharf zu
verurteilen und Israel seinerseits zu verpflichten, sein eigenes
Atomprogramm gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA)
offen zu legen und dem Atomwaffensperrvertrag (NVV) beizutreten.
Laut dem aktuellem Jahrbuch des Stockholmer
Friedensforschungsinstituts SIPRIverfügt Israel schätzungsweise über
90 Atomsprengköpfe, hat sich jedoch nie internationalen Verträgen oder
Kontrollen dazu unterworfen“, so Grässlin weiter und ergänzt:
„Deutschland liefert seit Jahrzehnten U-Boote an Israel auf denen laut
SIPRI mutmaßlich israelische Atomwaffen stationiert sind.“
„Während alle Augen nun auf Iran gerichtet sind, geht im Gaza-Streifen
die israelische Armee weiterhin mit unverminderter Härte gegen die
Zivilbevölkerung vor.
Die humanitäre Versorgung ist katastrophal und nahezu alle Menschen im
Gaza-Streifen sind von akuter Hungernot bedroht. Bei der absolut
unzureichenden Verteilung von Hilfsgütern durch die Gaza Humanitarian
Foundation (GHF) werden fast täglich Palästinenser:innen erschossen.
Und auch im Westjordanland hält die Gewalt der israelischen Armee
gegen die palästinensische Bevölkerung an.“, so Vincenzo Petracca,
Sprecher der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel und
Vorstandsmitglied der AGDF. „Verstöße gegen die Menschenrechte und das
Völkerrecht dürfen nicht unbeantwortet bleiben.
Die Bundesregierung muss zusammen mit ihren europäischen Partnern
alles in ihrer Macht Stehende tun, um auf die israelische Regierung
einzuwirken, die Kampfhandlungen im Gaza-Streifen und gegen Iran sowie
die militärische Gewalt im Westjordanland zu beenden.
Die Bundesregierung sollte den jüngsten Vorschlag Spaniens, ein
europäisches Waffenembargo gegen Israel zu verhängen, unterstützen und
sämtliche deutschen Rüstungsexporte sofort stoppen!“, fordert Petracca.
(…)
Trägerorganisationen der Kampagne: Aktionsgemeinschaft Dienst für den
Frieden e. V. (AGDF) • aktion hoffnung Rottenburg-Stuttgart e. V. •
Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR • Brot für die Welt – Evangelisches
Werk für Diakonie und Entwicklung • Bund der Deutschen Katholischen
Jugend (BDKJ) • Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) • Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges e. V. (IPPNW)
Deutschland • NaturFreunde Deutschlands • Netzwerk Friedenskooperative
• Internationale katholische Friedensbewegung pax christi – Deutsche
Sektion • JuristInnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen
(IALANA) Deutsche Sektion • Ohne Rüstung Leben (ORL) • Deutsche
Franziskanerprovinz • RüstungsInformationsBüro (RIB e. V.) • terre des
hommes – Hilfe für Kinder in Not • Werkstatt für Gewaltfreie Aktion,
Baden (WfGA)
Mehr als hundert weitere Organisationen und Friedensinitiativen
arbeiten lokal im Aktionsbündnis mit.
——
14. IPG: Gefährlicher Irrweg - Die Illusion vom Regimewechsel im Iran droht zum geopolitischen Albtraum zu werden
– mit unkalkulierbaren Folgen für die ganze Region.
https://www.ipg-journal.de/regionen/naher-osten/artikel/gefaehrlicher-irrweg-8361/?utm_campaign=de_40_20250619&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Naher Osten/Nordafrika 19.06.2025 |
Marcus Schneider <https://www.ipg-journal.de/ipg/autorinnen-und-autoren/autor/marcus-schneider/>
Gefährlicher Irrweg
Die Illusion vom Regimewechsel im Iran droht zum geopolitischen Albtraum zu werden
– mit unkalkulierbaren Folgen für die ganze Region.
Marcus Schneider leitet das FES-Regionalprojekt für Frieden und
Sicherheit im Mittleren Osten mit Sitz in Beirut, Libanon. Zuvor war
er für die FES unter anderem als Leiter der Büros in Botswana und
Madagaskar tätig.
Kaum 48 Stunden nach Beginn des israelischen Präventivkriegs gegen den
Iran wird deutlich, dass es dabei keineswegs ausschließlich um das
iranische Atomprogramm geht. Im Interview mit dem US-SenderFox News
sprach Premierminister Netanjahu erstmals von einem Regimewechsel im
Iran. Einen Tag später erklärte er, die Ermordung des Obersten
Revolutionsführers Ali Khamenei könne den Krieg beenden.
Der Angriff auf den Iran, den Netanjahu als den „Kopf des Oktopus“
bezeichnet – dessen Tentakel in Form von Hamas, Hisbollah und Huthis
er nach eigenen Angaben bereits abgeschlagen habe –, entspricht seiner
Vision eines neuen Nahen Ostens: einer Region, in dem Israel als
hochgerüsteter Militärstaat nach Belieben agieren kann.
Diese Vorstellung findet auch im Westen Anhänger. Nicht nur unter
amerikanischen Falken, die bereits mit den Hufen scharren, um in den
Krieg einzutreten. Auch der deutsche Bundeskanzler dankt Israel dafür,
„die Drecksarbeit zu machen“, und wünscht sich ein Ende des
islamistischen Regimes.
Dies ist nicht nur völkerrechtlich problematisch, weil eine solche
Zielsetzung Tür und Tor öffnet für eine Welt, in der jeder Staat
seinen Nachbarn überfallen kann, sobald ihm dessen ideologische
Ausrichtung missfällt oder er sich auf eine vermeintliche Bedrohung
beruft. Es sind die demokratischen Staaten des Westens, die sich in
Form der G7 hinter Israel stellen und dabei das Völkerrecht faktisch
aushebeln.
Ein Krieg, dessen Vorwand ursprünglich das angeblich kurz vor der
militärischen Vollendung stehende Atomprogramm war, würde so
verschärft und verlängert. Wer ein solches Ziel ausruft, müsste
kämpfen, bis das Regime fällt. Erstaunlich ist, dass hier eine Idee
ihr Comeback feiert, die eigentlich kaum stärker diskreditiert sein könnte.
Irak, Afghanistan, Libyen – sie stehen exemplarisch für das Scheitern
von Regimewechseln, die von außen erzwungen werden sollten.
Irak, Afghanistan, Libyen – sie stehen exemplarisch für das Scheitern
von Regimewechseln, die von außen erzwungen werden sollten. Freiheit
und Frieden, so die hehren Ideale der neokonservativen Hasardeure,
lassen sich nicht herbeibomben. Nach dem Sturz eines Diktators drohen
Staatszerfall, Bürgerkrieg und Gewaltproliferation – Verhältnisse, die
für die Betroffenen oftmals um ein Vielfaches grausamer sind als die
zuvor. Hunderttausende haben die hochfliegenden Pläne wohlmeinender
Demokratiebringer mit dem Leben bezahlt.
„Diesmal ist alles anders“ – davon sind zumindest einige Kommentatoren
überzeugt. Der Iran sei schließlich kein kolonial zusammengestückeltes
Gebilde wie der Irak oder Libyen. Sondern ein national konsolidierter
Staat mit 2 500-jähriger Geschichte, mit einer gebildeten, säkularen
und weitgehend pro-westlichen Gesellschaft. Diese leide lediglich
unter den mittelalterlichen Mullahs und lechze förmlich nach Befreiung.
Die Vorstellung von einer iranischen Besonderheit ist im Westen
möglicherweise auch deshalb so verbreitet, weil sie von nicht
unerheblichen Teilen der Exilcommunity genauso erzählt wird. Doch ob
dieses Selbstbild mit der Realität im Nahen Osten tatsächlich
übereinstimmt, ist zumindest fraglich.
Zwar deuten viele Indikatoren auf eine große Unbeliebtheit des Regimes
hin. Anders als das Königreich Saudi-Arabien ist die Islamische
Republik längst keine Zustimmungsautokratie mehr. Ihr Überleben
verdankt sie auch der Repression – und diese war bislang stets sehr
erfolgreich. Protestwelle um Protestwelle wurde in der Vergangenheit
gewaltsam niedergeschlagen.
Es wäre naiv zu glauben, dass ausgerechnet dieses Regime durch einige
Tage Luftangriffe an den Rand des Zusammenbruchs gebracht werden könnte.
Zur Wahrheit gehört: Die Islamische Republik ist keine reine
neopatrimoniale Kleptokratie, die man durch die Beseitigung der
politischen Spitze analog zu den Mubaraks, Ben Alis oder Assads mal
eben so politisch schachmatt setzen könnte. Sie ist ein konsolidierter
Staat mit Institutionen, die seit 46 Jahren bestehen, weitgehend ohne
äußere Unterstützung und meist isoliert gegenüber dem Großteil der Welt.
Trotz wachsender Entfremdung von großen Teilen der eigenen Bevölkerung
verfügt das Regime weiterhin über aktive Trägerschichten, die tief in
die Gesellschaft hineinreichen und seine religiös begründete
Legitimität anerkennen.
Es ist stark anzunehmen, dass diese Gruppen, insbesondere die
Führungskader aus Politik, Staat und Militär, im Falle eines von außen
erzwungenen Umsturzes kämpfen würden. Schon deshalb, weil sie – anders
als die Vertreter des 1979 gestürzten Operettenregimes – über
keinerlei gesicherte Exiloption verfügen. Islamische Republik oder Tod
ist die Alternative, vor der viele stehen.
Das bedeutet nicht, dass der nonchalant geforderte Regime Change
gänzlich unmöglich wäre, es bedeutet aber, dass er mit hoher
Wahrscheinlichkeit sehr blutig abliefe.
Die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes ist keineswegs gebannt.
Nicht nur nach innen droht Gewalt, wie schon der
Konsolidierungsprozess der Revolution von 1979 gezeigt hat, der
Millionen ins Exil trieb und Hunderttausenden das Leben kostete – bis
heute ein Trauma der iranischen Gesellschaft. Auch nach außen ist
Eskalation möglich. Eine Kapitulation steht nicht in Aussicht.
Sollte sich das Regime existenziell bedroht fühlen, könnte es einsame
Entscheidungen treffen: eine Blockade der Straße von Hormuz, Angriffe
auf die Ölinfrastruktur und die glitzernden Städte am Golf. All das
wäre dann nicht mehr ausgeschlossen. Die Gefahr eines regionalen
Flächenbrandes ist keineswegs gebannt.
Die Frage ist ohnehin, was auf die Islamische Republik folgen würde.
Im Land selbst existiert aus nachvollziehbaren Gründen keine
organisierte Opposition – weder politisch noch bewaffnet. Und im Exil
stehen mit den Volksmudschaheddin und den Monarchisten zwei Kräfte
bereit, deren Schlagkraft zweifelhaft ist.
Erstere vollbringen das Kunststück, noch verhasster als das Regime zu
sein – nicht zuletzt, weil sie sich im Ersten Golfkrieg auf die Seite
des irakischen Aggressors Saddam Hussein gestellt haben. Fatalerweise
könnte dem Kronprinzen Reza Pahlavi jetzt ein ähnliches Schicksal
drohen, da er für viele seiner nun bombardierten Landsleute doch etwas
zu eng am Rockzipfel Bibi Netanjahus hängt.
Von israelischen Jets aus über dem Pfauenthron abgeworfen zu werden,
dürfte stolzen persischen Nationalisten eher missfallen. Und den
liberalen sowie progressiven Kräften ist es, so die bittere Wahrheit,
in einem halben Jahrhundert im Exil nicht gelungen, auch nur
ansatzweise organisierte Strukturen aufzubauen.
Erstaunlich vor allem deshalb, weil die Islamisten selbst ihre
Machtübernahme 1979 durch jahrelange Exilarbeit vorbereitet hatten.
Vom Ayatollah Khomeini zu lernen, war für seine Gegner offenbar keine Option.
Dass die israelischen Bombardements einen pro-westlichen Umsturz
herbeiführen werden, ist, wenn nicht ausgeschlossen, so doch höchst
unwahrscheinlich. Dies gilt selbst im Falle einer Ermordung des
Obersten Revolutionsführers, wie sie bereits von Netanjahu und
US-Präsident Donald Trump angedroht wurde.
Der Revolutionsführer ist tatsächlich ein neuralgischer Punkt:
Aufgrund seiner doppelten politischen und religiösen Autorität ist er
schwer zu ersetzen. Einen Nachfolger hat Khamenei bislang nicht
aufgebaut, was sich nun rächen könnte.
Auch unter einer Militärdiktatur würde sich die Nuklearfrage
keineswegs in Wohlgefallen auflösen.
Der Kreis potenzieller Nachfolger ist begrenzt, zumal ein Nachrücker
sowohl in der Kernanhängerschaft als auch in der breiten Bevölkerung
ein Mindestmaß an Legitimität ausstrahlen müsste. Doch selbst wenn
dies nicht gelänge, blieben andere Optionen.
Die Institutionen der Republik sind stabil, und während des Krieges
sind kaum Massenproteste zu erwarten. Dass der Staat den Weg in
Richtung Militärdiktatur einschlagen könnte, wurde von Experten
bereits vor Kriegsausbruch als mögliches Szenario diskutiert.
Auch unter einer Militärdiktatur würde sich die Nuklearfrage
keineswegs in Wohlgefallen auflösen – im Gegenteil. Ein nach Revanche
dürstendes Land dürfte erst recht nach der Bombe streben. Ein
90-Millionen-Staat von der Größe Irans ist unabhängig von der
politischen Couleur seiner Führung ein natürlicher Anwärter auf
regionale Hegemonie.
Gerade für die Golfstaaten ist die Islamische Republik „der Teufel,
den man kennt“ – was danach käme, ist ungewiss. Die Lektion, die
Teheran gelernt hat – und die möglicherweise auch in Riad, Ankara und
Kairo auf offene Ohren stößt – ist die von der Atombombe als
Überlebensversicherung.
Ein Iran mit Bombe wäre in dieser regellosen Welt nicht angegriffen
worden, der Iran ohne hingegen schon. Der Krieg könnte somit genau das
Gegenteil dessen bewirken, was seine Angreifer beabsichtigen: einen
nuklear bewaffneten Iran und eine Region im Proliferationswettlauf.
Nicht minder bedrohlich wäre das Szenario, in dem der Staat infolge
des Krieges – mit oder ohne regionalen Flächenbrand – tatsächlich zu
zerfallen droht, weil ein geordneter politischer Übergang scheitert.
Das Horrorszenario lautet Bürgerkrieg, ideologisch und möglicherweise
auch ethnisch befeuert.
Fast 40 Prozent der Iraner gehören ethnischen Minderheiten an,
konzentriert in den nördlichen, westlichen und südlichen Randregionen.
Jedes Regime stand bisher vor der Herausforderung, dieses
Vielvölkermosaik zusammenzuhalten. Eine Balkanisierung des Landes wäre
ein Rezept für endlose Gewalt, die auch auf die Nachbarstaaten
ausstrahlen könnte – Interventionen nicht ausgeschlossen.
Und das alles an der Nordseite der Straße von Hormuz, durch die 30
Prozent des weltweiten Seeölhandels fließen. Unter solchen Umständen
ließe sich die amerikanische Hinwendung nach Asien kaum
aufrechterhalten.
All das zeigt: Der süße Traum vom Regimewechsel im Iran könnte sich
nur allzu leicht in einen Albtraum verwandeln. Westliche Politiker
sollten ihrer eigenen Hybris widerstehen und diesen Krieg beenden,
statt ihn weiter anzuheizen. Ein geschwächter Iran ließe sich einhegen
und zähmen. Ein in die Enge getriebenes, schwer angeschlagenes Land im
Überlebenskampf hingegen ist unberechenbar.
————
15. SZ: Omri Boehm bei „München redet“
„Eine Welt, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlaubt, erlaubt sie auch gegen Juden“
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-omri-boehm-menschenrechte-holocaust-israel-li.3258161
Omri Boehm bei „München redet“
„Eine Welt, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlaubt, erlaubt sie auch gegen Juden“
17. Juni 2025, 15:22 Uhr|
Die deutsche Lehre aus dem Holocaust dürfe nicht die bedingungslose
Unterstützung israelischer Kampfhandlungen sein, sagt der Philosoph
Omri Boehm bei einer SZ-Veranstaltung im Residenztheater. Zugleich
verteidigt er sich gegen seine Kritiker.
Von David Kulessa
Ganz zum Schluss erfahren die Zuhörerinnen und Zuhörer im Münchner
Residenztheater, dass der Philosoph Omri Boehm am allerliebsten über
etwas ganz anderes zu ganz anderen Personen gesprochen hätte:
„Manchmal“, sagt Boehm, „denke ich, dass ich einfach nur meine
Studenten über Spinoza unterrichten sollte.“
Die Auseinandersetzung mit dem niederländischen Philosophen aus dem
17. Jahrhundert bringe sehr viel Spaß und gehe häufig tiefer als die
Themen Nahost, Krieg und universelle Menschenrechte, die er regelmäßig
in Zeitungen und auf Bühnen bespricht.
„Aber ich spüre auch eine Verantwortung, über gewisse Dinge zu
schreiben und zu reden, weil es eine Lücke im Diskurs gibt, die ich
füllen möchte.“
Omri Boehm, Enkel von Überlebenden des Holocausts und 1979 in Haifa
geboren, ist einer der schärfsten Kritiker der amtierenden
israelischen Regierung von Benjamin Netanjahu.
Dies führte zuletzt sogar dazu, dass die israelische Botschaft in
Berlin eine Rede Boehms bei der offiziellen Gedenkveranstaltung zum
80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald verhinderte. Unter Druck
lud ihn die Leitung der Gedenkstätte wieder aus.
Und damit ist man eigentlich auch schon mittendrin im Thema dieses
Abends: Eine „undurchdringliche Diskurslage“ nähmen inzwischen viele
Menschen beim Gespräch über „Deutsche, Juden und damit eben auch
Israel“ wahr, sagt Sonja Zekri, Redakteurin im Feuilleton der
Süddeutschen Zeitung, zu Beginn der zwölften Ausgabe der
SZ-Diskussionsreihe „München redet“.
Doch Boehm, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, bemüht
sich im Residenztheater, dieser komplizierten Diskurslage mit einer
bemerkenswerten Klarheit und Stringenz zu begegnen. Er sagt zum
Beispiel den Satz: „Dass wir in einer Welt leben, in der
Kriegsverbrechen akzeptiert werden, zeigt, dass wir in einer Welt
leben, die Nie wieder nicht verstanden hat.“
Die angebliche Schwierigkeit, dass Deutschland beim Umgang mit dem
israelischen Vorgehen im Gazastreifen auch stets seine eigene Schuld
für die Shoah zu beachten habe, ist für Boehm offenkundig gar keine Schwierigkeit.
Denn: „Ein Staat ist bloß ein Staat.“ Wenn die Bundesregierung also
heute wegen einer angeblichen Staatsräson israelische Verbrechen gegen
die Menschlichkeit nicht verurteile und Benjamin Netanjahu trotz eines
Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs auf deutschem Boden
nicht festnähme, dann übernehme sie aus Boehms Sicht keine
Verantwortung für die eigene Geschichte.
Verantwortung gegenüber dem Völkerrecht statt bedingungsloser Unterstützung
Die wahre Lehre aus dem Holocaust, findet Boehm, muss für Deutschland
wie den Rest der Welt die „Verantwortung gegenüber dem Völkerrecht“
sein – nicht die bedingungslose Unterstützung israelischer
Kampfhandlungen.
Das Fundament für Boehms Thesen ist ein Konzept, nach dem er sein
letztes Buch benannt hat: „Radikaler Universalimus“. Dieses Werk,
ausgezeichnet mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen
Verständigung, ist eine Art Generalabrechnung mit dem westlichen
Konzept der Identitätspolitik, entfaltet aber besonders im Kontext des
Nahostkonflikts seine ganze Stärke. Boehm argumentiert, dass Frieden
nur dann möglich sei, wenn die Menschenrechte für alle, wirklich alle,
gleichermaßen gelten.
Warum diese Maßgabe auch und gerade für einen jüdischen Staat sowie
seine Verteidiger leitend sein sollte, erklärt Boehm am Montagabend
so: „Eine Welt, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlaubt,
erlaubt sie auch gegen Juden.“
Jüdische Menschen müssten sich selbstverständlich schützen und
geschützt werden, sagt er, ihm sei die lange Geschichte der Verfolgung
von Jüdinnen und Juden wahrlich bewusst. „Aber sie müssen sich mit
Menschenrechten schützen – nicht ohne sie.“ In der Rede, die er in
Buchenwald nicht halten durfte, hätte er gesagt: „Nie wieder ist nur
in seiner universellen Form gültig.“
Der israelische Botschafter hat Boehm zuletzt „Antisemitismus von
links“ vorgeworfen
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat Omri Boehm
zuletzt „Antisemitismus von links“ vorgeworfen. Auf der Bühne sagt
Boehm zwar, dass man diese Kritik eines Mannes, der die Linie der in
Teilen rechtsextremen israelischen Regierung vertrete, getrost
ignorieren könne.
Auf eine der Aussagen, die Prosor in einem Gastbeitrag in der FAZ so
scharf kritisiert hatte, geht er dann aber doch ein: Boehm hatte die
israelische Gedenkstätte Yad Vashem einst als „Waschmaschine“
bezeichnet. Und das zurecht, wie er selbst noch immer findet,
angesichts der Besuche von etwa Geert Wilders oder Viktor Orbán:
„Antisemiten werden in Yad Vashem reingewaschen“, sagt er und wagt
eine Prognose: „Bald wird die AfD durch Yad Vashem marschieren.“
Zugegeben, besonders zuversichtlich macht dieser Abend im
Residenztheater nicht. Denn so klug viele der Ausführungen Boehms
daherkommen, derzeit scheinen seine Ideen für ein friedliches
Miteinander leider tatsächlich das zu sein, wofür seine Kritiker sie
seit jeher halten: Utopien. Wenige Tage nach dem Beginn eines Krieges
zwischen Israel und Iran, von dem noch keiner weiß, wie lange er
dauern wird und was seine Folgen sein werden, gilt das umso mehr.
Aber, immerhin, auch hierzu weiß Omri Boehm einen klugen Satz zu
sagen: „Die Befreiung der iranischen Menschen sollte von den
iranischen Menschen kommen.“
————
16. Freie-Radios: Die Feigheit des scheinbaren Freundes: Israel, Iran und der Westen, Interview mit Andreas Zumach
https://www.freie-radios.net/135981
Die Feigheit des scheinbaren Freundes:
Israel, Iran und der Westen, Interview mit Andreas Zumach
Wir kommen nun zum ersten von zwei ausführlichen Interviews zu den
Hintergründen und möglichen Folgen der kriegerischen israelischen
Angriffe auf den Iran, die möglicherweise nur der Beginn einer
weiteren Serie von Eskalationsstufen im Nahen Osten sind.
Wir sprechen nun zunächst mit dem langjährigen Korrespondenten der TAZ
in der Schweiz und vor allem bei den Vereinten Nationen, den Träger
des Goldpreises Excellence in Journalism des Verbandes der
UN-Correspondents in New York, einst überreicht durch
UN-Generalsekretär Kofi Annan, wir sprechen mit Andreas Zumach. Wie
sehr haben ihn die nächtlichen Angriffe Israels auf den Iran
überrascht? (…)
——
17. IPPNW: Frankfurter Erklärung (1982)
https://www.ippnw.de/der-verein/geschichte-der-ippnw/erklaerungen/artikel/de/frankfurter-erklaerung-1982-1.html
Frankfurter Erklärung (1982)
Verabschiedet am 8. Mai 1982 bei der 1. Vollversammlung der deutschen
IPPNW, Frankfurt am Main.
„Ich halte alle Maßnahmen und Vorkehrungen für gefährlich, die auf das
Verhalten im Kriegsfall vorbereiten sollen. Ich lehne deshalb als Arzt
jede Schulung oder Fortbildung in Kriegsmedizin ab und werde mich
daran nicht beteiligen.
Das ändert nichts an meiner Verpflichtung und Bereitschaft, in allen
Notfällen medizinischer Art meine Hilfe zur Verfügung zu stellen und
auch weiterhin meine Hilfe zur Verfügung zu stellen und auch weiterhin
meine Kenntnisse in der Notfallmedizin zu verbessern.
Da ein Krieg in Europa nach überwiegender Experten-Meinung unter
Benutzung der modernen Massenvernichtungswaffen geführt werden würde,
muss er absolut unmöglich gemacht werden. Jede Vorbereitungsmaßnahme
indessen, die von seiner Möglichkeit ausgeht, fördert indirekt die
Bereitschaft, sich auf etwas einzustellen, was um jeden Preis
verhindert werden muss.
Deshalb erkenne ich als Arzt nur eine einzige auf den Kriegsfall
bezogene Form der Prävention an, nämlich die Verhütung des Krieges
selbst mit allen Anstrengungen, zu denen ich mein Teil beizusteuern
entschlossen bin.“
---
siehe auch:
https://www.pressenza.com/de/2025/06/sind-wir-unfaehig-zum-frieden-oder-die-fatale-aktualitaet-eines-45-jahre-alten-essays/
„Sind wir unfähig zum Frieden?“ – oder: Die fatale Aktualität eines 45 Jahre alten Essays
13.06.25
von Horst-Eberhard Richter (1923-2011)
——
18. Berl. Z.: Nato-Gipfel 2025: August Pradetto: Europas gefährlicher Marsch in den Rüstungsrausch
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/nato-gipfel-2025-europas-gefaehrlicher-marsch-in-den-ruestungsrausch-li.2334023
Gastbeitrag
Nato-Gipfel 2025: Europas gefährlicher Marsch in den Rüstungsrausch
Wenige Wochen vor dem Nato-Gipfel taumelt Europa sicherheitspolitisch in die falsche Richtung:
Statt klare Prioritäten zu setzen, dominiert blinder Aufrüstungsaktionismus – mit potenziell fatalen Folgen.
Ein Gastbeitrag.
August Pradetto
18.06.2025

——
19. Berühmte Zitate von Martin Luther King Jr. über mehr Mut
https://motivierende.com/80-zitate-von-martin-luther-king-jr-die-mut-machen.html
(…)
Berühmte Zitate von Martin Luther King Jr. über mehr Mut
1. „Unser Leben beginnt an dem Tag zu enden, an dem wir über wichtige Dinge schweigen.“ – Martin Luther King jr.
2. „Wenn Menschen keine Stimme haben, bekommen sie Wutausbrüche wie ein Kind, dem man keine Aufmerksamkeit schenkt.
Und Unruhen sind massive Wutausbrüche eines vernachlässigten und sprachlosen Volkes.“ – Die Autobiographie von Martin Luther King Jr.
3. „Wir müssen die Zeit kreativ nutzen, in dem Wissen, dass die Zeit immer reif ist, das Richtige zu tun.“ – Martin Luther King jr.
4. „Bildung hat die Aufgabe, intensives Denken und kritisches Denken zu lehren. Intelligenz plus Charakter – das ist das Ziel wahrer Bildung“ – Martin Luther King Jr.
5. „Ein Individuum hat nicht angefangen zu leben, bis es sich über die engen Grenzen seiner individualistischen Anliegen zu den
umfassenderen Anliegen der gesamten Menschheit erheben kann.“ – Martin Luther King jr.
6. „Die Qualität des Lebens ist wichtig, nicht die Langlebigkeit“ – Martin Luther King Jr.
7. „Die Vergangenheit ist insofern prophetisch, als sie lautstark behauptet, dass Kriege schlechte Meißel sind, um friedliche Morgen zu gestalten“ – Martin Luther King Jr.
8. „Liebe ist die einzige Kraft, die einen Feind in einen Freund verwandeln kann“ – Martin Luther King Jr.
(…)
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Mit freundlichen Grüßen
Clemens Ronnefeldt
Referent für Friedensfragen beim deutschen
Zweig des internationalen Versöhnungsbundes
unser Kommentar: Als Information zur Kenntnisnahme, wobei für uns das kriegerische Geschehen, wie z. B. in der Ukraine sowie in Israel, Palästina und sonstwo, keinerlei Zustimmung bzw. Rechtfertigung erhält.