aus e-mail von Clemens Ronnefeldt, 24. April 2024, 21:59 Uhr
Liebe Friedensinteressierte,
nachfolgend einige Beiträge zu den Kriegen
in der Ukraine und in Westasien.
1. FAZ: Biden kündigt sofortiges neues Militärpaket für Ukraine an
2. n tv: Insider: USA lieferte Raketen mit längerer Reichweite bereits heimlich
3. Tagesschau: Aussage zu Atomwaffen: Tusk fordert von Duda Details
4. Foreign Affairs: Die Gespräche, die den Krieg in der Ukraine beendet haben könnten
5. IPG: Interview mit Günter Verheugen: „Vielleicht gäbe es dann heute keinen Krieg“
6. IPG: Vermittler gesucht - Kasachstan unterhält gute Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine.
7. The Guardian: UN-Rechtschef „entsetzt“ durch Berichte über Massengräber in zwei Gaza-Krankenhäusern
8. ZDF: Israel bekräftigt Terrorvorwürfe: Bericht entlastet UN-Palästinenserhilfswerk
9. SZ: Katajun Amirpur: Nahostkonflikt: Hasst Iran auch seine eigenen Juden?
10. BZ: Fabian Scheidler: Deutsche Israel-Politik: Die falschen Lehren aus der Vergangenheit
11. taz: Debattenkultur zum Nahostkonflikt: Die Glocke von Gaza
12. Euronews: Spanien, Irland, Slowenien, Malta sagen, dass sie bereit sind, den Staat Palästina anzuerkennen
13. wemove: Erkennen Sie die palästinensische Stimme und Zukunft an!
——
1. FAZ: Biden kündigt sofortiges neues Militärpaket für Ukraine an
https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine-liveticker-biden-kuendigt-sofortiges-neues-militaerpaket-fuer-ukraine-an-faz-19030454.html
Ukraine-Liveblog :
Biden kündigt sofortiges neues Militärpaket für Ukraine an
24.04.2024, 17:25
Nach der Freigabe neuer Ukraine-Hilfen durch den Kongress hat der
amerikanische Präsident Joe Biden ein sofortiges neues Militärpaket
für das von Russland angegriffene Land angekündigt.
„In den nächsten Stunden“ werde man damit beginnen, Ausrüstung für die
Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge in die
Ukraine zu schicken, sagte Biden am Mittwoch bei einer Rede im Weißen
Haus. (…)
Nach einer monatelangen Hängepartie hatte der US-Kongress am späten
Dienstagabend (Ortszeit) mit der Zustimmung des Senats
milliardenschwere Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine
gebilligt. (...)
———
2. n tv: Insider: USA lieferte Raketen mit längerer Reichweite bereits heimlich
https://www.n-tv.de/politik/20-23-Selenskyj-dankt-Biden-Bekommen-Unterstuetzung-die-wir-brauchen--article23143824.html
19:11 Insider: USA lieferte Raketen mit längerer Reichweite bereits heimlich
Die USA haben heimlich Raketen mit längerer Reichweite an die Ukraine
geliefert, sagt ein anonym bleiben wollender Mitarbeiter der
US-Regierung der Nachrichtenagentur Reuters.
Sie seien in der vergangene Woche erstmals eingesetzt worden. Am 17.
April sei ein Flugplatz auf der Krim beschossen worden. Die
Entscheidung, das Army Tactical Missile System (ATACMS) mit einer
Reichweite von bis zu 300 Kilometern zu liefern, war monatelang in der
US-Regierung umstritten.
ATACMS mit kürzerer Reichweite wurden bereits im September geliefert.
Zu dem Meinungswechsel sei es unter anderem gekommen, weil die
russische Armee Langstreckenraketen aus Nordkorea einsetze.
Zudem hätte Russland kritische Infrastruktur wie die Energieversorgung
angegriffen. "Wir haben Russland vor diesen Dingen gewarnt", sagt der
Regierungsmitarbeiter.
(…)
17:03 Ukraine und Russland vereinbaren Austausch vertriebener Kinder
Russland und die Ukraine haben sich darauf geeinigt, 48 Kinder
auszutauschen, die infolge von Moskaus Invasion vertrieben wurden. Das
durch Katar vermittelte Abkommen sehe vor, dass 29 Kinder in die
Ukraine und 19 nach Russland gebracht werden sollten, kündigte
Russlands Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa in Doha an.
"Zum ersten Mal haben wir von Angesicht zu Angesicht mit der
ukrainischen Seite gesprochen", fügte Lwowa-Belowa hinzu.
(…)
12:12 Militärgerichte in Russland verurteilen monatlich Hunderte Soldaten wegen Desertion
Nach Angaben der unabhängigen russischen Mediengruppe Mediazona, auf
die sich der britische Geheimdienst bezieht, haben russische
Militärgerichte im März 2024 eine Rekordzahl von 684 Angehörigen der
Kreml-Truppen wegen Desertion verurteilt. Seit der "Teilmobilisierung"
im September 2022 soll es 7.400 Fälle gegeben haben.
"Viele der aufgespürten Soldaten, die vor einem Militärgericht
erscheinen, werden zu Bewährungsstrafen verurteilt und kehren zu ihren
Einheiten und an die Front zurück", heißt es aus London. Gleichzeitig
sollen die Asylanträge russischer Staatsangehöriger, die sich dem
Militärdienst entziehen, in westlichen Ländern einen Rekordstand
erreicht haben. (…)
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3. Tagesschau: Aussage zu Atomwaffen: Tusk fordert von Duda Details
https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-montag-360.html
22.04.2024 • 22:47 Uhr
Aussage zu Atomwaffen: Tusk fordert von Duda Details
Polens Regierungschef Donald Tusk hat von Präsident Andrzej Duda
weitere Details zu dessen Erklärung gefordert, Polen sei offen für die
Stationierung von Atomwaffen. "Diese Idee ist sehr massiv und sehr
ernst, würde ich sagen.
Ich müsste alle Umstände kennen, die den Präsidenten dazu veranlasst
haben, diese Erklärung abzugeben", sagte Tusk. Er wolle sich daher mit
Duda treffen, um seine Absichten zu verstehen.
"Ich möchte aber auch, dass eventuelle Initiativen von den
Verantwortlichen sehr gut vorbereitet werden - und dass wir alle die
Überzeugung haben, dass wir das wollen."
Duda hatte zuvor in einem Interview mit der Boulevardzeitung "Fakt"
bekräftigt, sein Land sei bereit für die Stationierung von
US-Atomwaffen, sollte die NATO dies für nötig halten.
——
22.04.2024 • 11:07 Uhr
Duda offen für Stationierung von Atomwaffen in Polen
Polen hat seine Bereitschaft zur Stationierung von Atomwaffen zur
Abschreckung Russlands erklärt.
"Wenn unsere Verbündeten beschließen, im Rahmen der nuklearen Teilhabe
Atomwaffen auf unserem Territorium zu stationieren, um die Ostflanke
der NATO zu stärken, sind wir dazu bereit", sagte der polnische
Präsident Andrzej Duda in einem Interview mit der Zeitung "Fakt".
Das NATO-Mitglied Polen zählt zu den wichtigsten Unterstützern der
Ukraine und grenzt sowohl an die russische Exklave Kaliningrad als
auch an Russlands Verbündeten Belarus.
Duda, der sich derzeit in Kanada aufhält, hatte bei einem Besuch in
den USA in der vergangenen Woche mit dem früheren US-Präsidenten
Donald Trump über den Ukraine-Krieg beraten.
Im März hatte der polnische Staatschef US-Präsident Joe Biden
getroffen. Die Frage einer möglichen Stationierung von Atomwaffen in
Polen werde bereits "seit einiger Zeit" zwischen Polen und den USA
diskutiert, sagte Duda. (…)
——
4. Foreign Affairs: Die Gespräche, die den Krieg in der Ukraine beendet haben könnten
https://www.foreignaffairs.com/ukraine/talks-could-have-ended-war-ukraine
Die Gespräche, die den Krieg in der Ukraine beendet haben könnten
Eine versteckte Geschichte der Diplomatie, die kurz nach oben kam,
hält Lehren für zukünftige Verhandlungen
Von Samuel Charap und Sergey Radchenko
16. April 2024
(…)
Was auf dem Schlachtfeld passierte, ist relativ gut verstanden. Was
weniger verstanden wird, ist die gleichzeitig intensive Diplomatie, an
der Moskau, Kiew und eine Vielzahl anderer Akteure beteiligt sind, die
nur wenige Wochen nach Kriegsbeginn zu einer Einigung hätte führen
können. (…)
——
5. IPG: Interview mit Günter Verheugen: „Vielleicht gäbe es dann heute keinen Krieg"
https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/vielleicht-gaebe-es-dann-heute-keinen-krieg-7458/?utm_campaign=de_40_20240423&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Interviews 22.04.2024
„Vielleicht gäbe es dann heute keinen Krieg“
Der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen über die Osterweiterung,
Fehler der EU und einen möglichen Ukraine-Beitritt.
Günter Verheugen war von 2004 bis 2010 EU-Kommissar für Unternehmen
und Industrie und von 1999 bis 2004 EU-Kommissar für Erweiterung und
Europäische Nachbarschaftspolitik.
Die Fragen stellten Joscha Wendland und Nikolaos Gavalakis.
(…)
Hat die EU, was die Ukraine betrifft, Fehler gemacht?
Ohne Zweifel. Fast 25 Jahre lang war es die Brüsseler Politik, die
Ukraine auf Abstand zu halten. Noch im 2014 gebilligten
Assoziierungsabkommen wurde der Ukraine der Wunsch nicht erfüllt, eine
EU-Beitrittsperspektive zu bekommen.
Die EU hatte sich in den Verhandlungen 2011 schlicht geweigert, Bezug
auf den EU-Vertrag zu nehmen, worin steht, dass jeder sich um einen
Beitritt bemühen kann. Die europäische Position war bis 2014 ganz klar
von Distanz gekennzeichnet. Das hat sich dann, vor allem durch
amerikanischen und englischen Druck – und natürlich durch den Krieg –
geändert.
Aber hätte die EU eine gesamteuropäische Strategie gehabt, hätten wir
2014 schon sehr viel weiter sein können. Vielleicht gäbe es dann auch
heute keinen Krieg.
——
6. IPG: Vermittler gesucht - Kasachstan unterhält gute Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine.
https://www.ipg-journal.de/regionen/asien/artikel/vermittler-gesucht-7460/?utm_campaign=de_40_20240423&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Asien 22.04.2024
Alexandra Sitenko
Vermittler gesucht
Kasachstan unterhält gute Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine.
Das Land wäre bestens geeignet, Verhandlungen zu führen.
Dr. Alexandra Sitenko ist unabhängige Politikberaterin und
Wissenschaftlerin aus Kasachstan.
Der Krieg in der Ukraine hat die Länder, die politisch, ökonomisch und
historisch eng mit Russland verbunden sind, vor eine schwierige
Aufgabe gestellt: Einerseits können sie ihre Beziehungen zu Moskau
nicht abbrechen, andererseits wollen sie international nicht in
Ungnade fallen. Zu den Ländern, denen dieser Balanceakt bisher
weitgehend gelungen ist, gehört Kasachstan.
Seit 2022 haben Staatsoberhäupter aus aller Welt die Hauptstadt Astana
besucht – vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping über den türkischen
Präsidenten Recep Erdoğan bis zum französischen Staatschef Emmanuel Macron.
Im Westen gilt der kasachische Präsident Qassym-Schomart Toqajew als
Reformer, im Kreml als zuverlässiger Verbündeter. Erst Anfang März
2024 bekräftigten Moskau und Astana ihr Engagement für eine umfassende
Stärkung der strategischen Partnerschaft zwischen den beiden Ländern.
Könnte Astanas Fähigkeit, inmitten enormer geopolitischer Spannungen
geschickt zu balancieren, eventuell in eine Vermittlerrolle münden?
(…)
Von Anfang an hat Astana wiederholt auf die Notwendigkeit einer
diplomatischen Lösung des Konflikts hingewiesen und bekräftigt, dass
die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt werden müsse. Seit
Februar 2022 hat der kasachische Präsident dreimal mit seinem
ukrainischen Amtskollegen Volodymyr Selenskyj telefoniert.
Auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Juni
2022 bezeichnete er – in Anwesenheit von Wladimir Putin – die
sogenannten „Volksrepubliken“ Luhansk (LNR) und Donezk (DNR) als
„quasi-staatliche Gebiete“ und betonte, dass Kasachstan solche Gebilde
nie anerkannt hat und auch nie anerkennen werde.
Während seines offiziellen Besuchs in Deutschland im September 2023
äußerte Toqajew die Absicht Kasachstans, die gegen Russland verhängten
westlichen Sanktionen einzuhalten, wobei er später klarstellen musste,
dass sein Land schlicht und einfach keine Waren habe, die von
Sanktionen betroffen wären.
Diese Haltung Astanas ist nicht nur das Ergebnis der seit 30 Jahren
praktizierten Multivektor-Außenpolitik, die auf Pragmatismus beruht
und darauf abzielt, „Freunde zu gewinnen, statt Feinde zu finden“.
(…)
Im Oktober 2022 forderte Astana Kiew auf, den ukrainischen Botschafter
in Kasachstan, Petro Wrublewski, zu ersetzen, der zuvor in einem
Interview gesagt hatte, dass die nächste Generation von Ukrainern umso
weniger Russen töten müsse, je mehr von ihnen jetzt getötet würden.
Und im Januar 2023 wurde der Abgeordnete Azamat Abildayev aus der
kasachischen Partei Ak Zhol ausgeschlossen, nachdem er in einem
lokalen Radiointerview seine Unterstützung für Russland geäußert hatte.
(…)
Zweitens sorgen die Aussagen einiger russischer Politiker seit Jahren
für Irritationen in Kasachstan. Eine Welle der Empörung löste
beispielsweise 2020 die Anmerkung des Duma-Abgeordneten Wjatscheslaw
Nikonow aus, Kasachstans heutiges Territorium sei „ein großes Geschenk
Russlands und der Sowjetunion“.
Das kasachische Außenministerium wies darauf hin, dass solche
provokanten Angriffe russischer Politiker die bilateralen Beziehungen
beeinträchtigten.
Wie befremdlich die Äußerungen mancher russischen Politiker auch sein
mögen, aufgrund der geografischen Nähe, der historischen und
wirtschaftlichen Verflechtungen sowie der Sicherheitserwägungen
beteuert Kasachstans Führung die besondere außenpolitische Stellung
Russlands: etwa mit der Initiative, eine internationale Organisation
für die russische Sprache zu gründen, oder der Betonung der
Freundschaft mit Russland, die „absolut dauerhaft und ewig sein sollte“.
Und obwohl Kasachstan eine vergleichsweise eigenständige Position
vertritt, hebt es die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung
hervor. Laut dem stellvertretenden Außenminister Roman Vasilenko ist
der Krieg in der Ukraine für Kasachstan ein sehr naher und tragischer
Konflikt, denn unter den 20 Millionen Kasachen sind 3,5 Millionen
Russen und 250 000 ethnische Ukrainer.
Daher tut Kasachstan sein Möglichstes, um das Blutvergießen zu beenden
und zur Lösung des Konflikts beizutragen. Bereits der ehemalige
kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew, der in der Ukraine
studiert und gelebt hat, wollte zur Normalisierung der
russisch-ukrainischen Beziehungen beitragen.
Im Jahr 2019 schlug er vor, ein Treffen zwischen dem russischen und
dem ukrainischen Präsidenten in Kasachstan zu organisieren. Moskau
entgegnete damals, es bevorzuge Gespräche im Normandie-Format. Da
dieses Format heute nicht mehr existiert, wäre es doch eine Überlegung
wert, Kasachstans Kompetenzen bei der Vermittlung in internationalen
Konfliktsituationen stärker einzubeziehen. (…)
Eine friedenstiftende Rolle im Ukraine-Krieg würde auch ein Großteil
der Bevölkerung Kasachstans unterstützen – bei der bisher letzten
Umfrage im Mai 2023 bezeichneten 60 Prozent der Befragten ihre
Position in diesem Konflikt als „neutral“. Seit Beginn des Krieges
sprachen sich zudem die meisten befragten Personen dafür aus, dass
Kasachstan sich an die Neutralität halten oder als Vermittler
auftreten sollte.
Schließlich besteht das Hauptinteresse Astanas, der politischen und
wirtschaftlichen Eliten Kasachstans sowie seiner Bevölkerung darin,
die politische und soziale Stabilität zu erhalten und die nationale
Sicherheit zu gewährleisten. Damit dies gelingt, muss eine weitere
Eskalation verhindert und der Krieg in der Ukraine so schnell wie
möglich beendet werden.
Kasachstans historische, politische und kulturelle Nähe sowohl zu
Russland als auch zur Ukraine, sein genuines Interesse an nationaler
und regionaler Stabilität sowie seine bereits vorhandene Erfahrung bei
der Lösung internationaler Konflikte machen das Land zu einem
potenziellen Akteur bei möglichen Verhandlungen zwischen Russland und
der Ukraine. Seine Bereitschaft dazu hat Kasachstan bereits mehrmals
bekundet.
——
7. The Guardian: UN-Rechtschef „entsetzt“ durch Berichte über Massengräber in zwei Gaza-Krankenhäusern
https://www.theguardian.com/world/2024/apr/23/un-rights-chief-horrified-by-reports-of-mass-graves-at-two-gaza-hospitals?CMP=Share_iOSApp_Other
UN-Rechtschef „entsetzt“ durch Berichte über Massengräber in zwei Gaza-Krankenhäusern
Sprecher sagt, dass einige Leichen angeblich ihre Hände gebunden
hatten, während andere gebunden und ausgezogen wurden.
Der UN-Menschenrechtschef Volker Türk sagte, er sei „entsetzt“ über
Berichte über Massengräber, die Hunderte von Leichen in zwei der
größten Krankenhäuser des Gazastreifens enthielten.
Palästinensische Zivilschutzteams begannen letzte Woche, Leichen aus
einem Massengrab vor dem Nasser-Krankenhauskomplex in Khan Younis zu
exhumieren, nachdem israelische Truppen sich zurückgezogen hatten. (…)
—
8. ZDF: Israel bekräftigt Terrorvorwürfe: Bericht entlastet UN-Palästinenserhilfswerk
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/israel-unrwa-vereinte-nationen-bericht-kritik-100.html
Israel bekräftigt Terrorvorwürfe:
Bericht entlastet UN-Palästinenserhilfswerk
23.04.2024 | 07:31
Eine Untersuchung sieht keine Belege für eine Beteiligung von
Mitarbeitern des UN-Palästinenserhilfswerks an terroristischen
Aktionen. Israel reagiert mit scharfer Kritik.
Israel hat mit scharfer Kritik auf einen Untersuchungsbericht in Bezug
auf das Palästinenserhilfswerk UNRWA reagiert. (…)
Bericht: Palästinenserhilfswerk soll Neutralität stärken
Der zuvor in New York vorgelegte Untersuchungsbericht unabhängiger
Experten kam zum Schluss, UNRWA habe eine Reihe "robuster" Mechanismen
etabliert, um die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes zu
gewährleisten.
Trotzdem gebe es nach wie vor Probleme damit, sagte die mit der
Untersuchung beauftragte Colonna. Darunter seien etwa Fälle, in denen
Mitarbeiter parteiische politische Beiträge in Online-Netzwerken
veröffentlichen, sowie die Verwendung von Schulbüchern mit
"problematischem Inhalt" in einigen UNRWA-Schulen.
Zugleich hieß es in dem Bericht, Israel habe noch keine Beweise für
seine Vorwürfe vorgelegt, wonach eine beträchtliche Anzahl von
Mitarbeitern der UN-Organisation Mitglieder von terroristischen
Organisationen seien. Colonna wirbt für internationale Unterstützung
von UNRWA
"Die internationale Gemeinschaft muss UNRWA bei der Bewältigung seiner
Herausforderungen zum Erreichen von Neutralität unterstützen. Es ist
eine gemeinsame Verantwortung", sagte Colonna der Deutschen
Presse-Agentur.
"Was ich gesehen habe ist, dass die überwiegende Mehrheit der
Geberstaaten die unverzichtbare und unersetzliche Rolle von UNRWA
anerkennt, bestrebt ist Lösungen zu finden und bei Bedarf
Verbesserungen zu unterstützen."
Catherine Colonna, ehemalige französische Außenministerin
———
9. SZ: Katajun Amirpur: Nahostkonflikt: Hasst Iran auch seine eigenen Juden?
https://www.sueddeutsche.de/kultur/iran-juden-israel-hass-gastbeitrag-1.6563300?reduced=true
Nahostkonflikt: Hasst Iran auch seine eigenen Juden?
18. April 2024, 14:05 Uhr
Über eine spannungsreiche Beziehung mit überraschend glücklichen Momenten.
Gastbeitrag von Katajun Amirpur
(…)
In der SZ-Printausgabe vom 22. April 2024 steht dieser Gastbeitrag
unter der gleichen Überschrift auf Seite 9.
Nach den iranischen Luftangriffen auf Israel lobte die Jüdische
Gemeinde Teheran „die heldenhaften Streitkräfte" umgehend via Telegram.
Beni Sabti vom israelischen Institute for National Security Studies,
der selbst in Iran aufgewachsen ist, nannte die iranischen Juden in
der Jerusalem Post „beispiellos in ihrer Unterordnung unter den
Hurrapatriotismus der Islamischen Republik“.
Die etwa 9000 verbliebenen Juden Irans leben in einer heiklen
Situation, denn das Regime hat sich der Feindschaft zu Israel
verschrieben. Immer wieder werden sie dazu genötigt, sich gegen Israel
auszusprechen.
Dabei haben die iranisch-jüdischen Beziehungen vielversprechend
begonnen: Perserkönig Kyros erobert Babylonien im Jahr 539 v.
Christus. Er kommt für die dort lebenden Juden als Retter: „Ich
erkläre, dass ich die Traditionen, Bräuche und Religionen aller Völker
meines Reiches achten werde.“
Im Buch Daniel werden die Lebensumstände der Juden in Kyros' Reich
beschrieben: „Daniel aber ging es gut unter dem König Darius und unter
dem König Kyros." Mit der Eroberung Irans durch die Muslime im Jahre
642 sollte sich dies ändern.
Die Islamisierung, bedeutet das Ende der ersten Goldenen Ara der
Juden. Zwar gelten Juden den Muslimen als ahl al-kitab, als Leute des
Buches und somit als Schutzbefohlene, aber sie sind nicht
gleichberechtigt.
Das spiegelt schon die klassische persische Literatur wider, die
abwertende Stereotype kennt. Aber mit der Machtübernahme der
schiitischen Safawiden 1501 brechen wirklich harte Zeiten an. Juden
sowie Christen werden für najes, unrein, erklärt.
Beispielsweise dürfen sie bei Regen nicht das Haus verlassen, da sie
das Grundwasser verunreinigen würden. Anfang des vergangenen
Jahrhunderts führte die konstitutionelle Revolution dazu, dass sich
die Situation der Juden ein wenig verbesserte.
Sie habe ihnen erlaubt, „die unsichtbaren Ketten zu durchbrechen, die
ihnen Hände und Füße gebunden hatten", schrieb der iranisch-jüdische
Historiker Habib Levy in seinem monumentalen Geschichtswerk: "Aber sie
radierte nicht plötzlich das Gift des Antisemitismus aus den Köpfen
der Menschen.“
Reza Pahlavi, erster Schah der 1925 begründeten Dynastie, zollte den
Juden Respekt und verbeugte sich bei einem Besuch der Isfahaner
Synagoge vor der Thora. Die von ihm forcierte Modernisierung sollte
eine Nation hervorbringen, in der religiöse Unterschiede keine Rolle spielen.
Doch bereits in den Dreißigerjahren schlug dieser gegen den Islam und
damit die Araber gerichtete Nationalismus in Rassismus um. Reza Schah
sympathisierte mit Hitler, weil dieser gegen Briten und Rus-sen, Irans
Feinde, kämpfte - und weil er die Arier für „Herrenmenschen" hält:
Iran bedeutet wörtlich Land der Arier.
Reza Schah fühlte sich mitgemeint. Deshalb werden die iranischen Juden
seither kalimi genannt, nicht jahud - wie andere Juden. Sie sollen
einer anderen Rasse angehören als die, denen der Hass Hitlers gilt, so
die Logik Reza Schahs.
Die Unterscheidung funktionierte nur bedingt: Der Antisemitismus von
Irans bis heute bedeutendstem Schriftsteller Sadeq Hedayat
beispielsweise zielte zwar auf die Araber, wenn er in seinem
chauvinistischen Diskurs das für Iran recht typische
Überlegenheitsdenken gegenüber den semitischen Arabern formulierte.
Aber er traf auch die Juden, wenn Hedayat behauptete, dass sich alle
Semiten ständig gegen die Arier verschwören. Er machte die Juden sogar
für die Islamisierung Irans ver-antwortlich: Dem Islamfeind Hedayat
galt die Entstehung des Islams als eine Verschwörung, die jüdische
Agenten angezettelt haben, um das persische Imperium zu Fall zu
bringen. In den Sechzigerjahren erlebten Irans Juden dennoch eine
zweite Goldene Ära.
Der Staat Israel und Mohammad Reza Pahlavi hatten in den Arabern den
gemeinsamen Feind ausgemacht. Während Juden in den arabischen Ländern
als Folge der arabisch-israelischen Kriege ausgewiesen wurden, stiegen
sie im persischen Kaiserreich in die wirtschaftlich-gesellschaftliche Elite auf.
Genau damit aber begann die Geschichte der heutigen
Israel-Feindschaft. Der Schah hatte Israel 1960 zwar nicht de jure,
aber de facto anerkannt und suchte Koope-rationen: Iran kaufte Waffen,
israelisches Kapital floss in die Wirtschaft. Aus Israel kamen
Militärberater und vor allem Ausbilder für den Savak, den gefürchteten
Geheimdienst des iranischen Potentaten.
Diese israelisch-iranische Kooperation war einer der
Hauptangriffspunkte des späteren Revolutionsführers. In seiner 1963
einsetzenden Rhetorik gegen den Schah nannte Chomeini diesen einen
verkappten Juden und Befehlsempfänger Israels und der USA: Der Schah
kaufe Flugzeuge und lebe im Prunk, während das Volk hungere.
Und er lasse die Juden ins Land, die den Islam zerstören und die
Weltherrschaft wollten. „Israel will nicht, dass der Koran in diesem
Land überlebt. Es vernichtet uns." Diese Art Polemik traf unter
Regimegegnern aller Couleur auf hohe Resonanz.
Der Kampf gegen den Schah war auch ein Kampf gegen Israel und die USA
seine Verbündeten: Hierin gründet das antiamerikanische und
antiisraelische Ressentiment des heutigen Regimes.
Nach der Revolution wurde den iranischen Juden die Koalition des
Schahs mit Israel ebenso pauschal vorgeworfen wie die guten Geschäfte,
die einige gemacht hatten. 1980 wurden sieben Iraner jüdischen
Glaubens dafür zum Tode verurteilt.
Die Vorwürfe waren gleichlautend: Spionage für Israel, Sympathie für
den Zionismus, Korruption, Verrat. „Wir sehen unsere Juden als
verschieden an von diesen gottlosen Zionisten.“
Die iranisch-amerikanische Autorin Roya Hakakian beschreibt in ihrem
Buch „Journey from the Land of No", wie sie an der Mauer ihres Hauses
ein verunglücktes Pluszeichen, ein dunkles Reptil mit vier hungrigen
Klauen entdeckt und darunter die Aufforderung „Juden raus“.
Die Familie beschließt, Teheran zu verlassen. Der größte Teil der
100000 Juden flieht, die meisten in die USA.
Allerdings begann das neue Regime bald zwischen der Staatsideologie
einer immanenten Israelfeindschaft und den in Iran liebenden Juden zu
unterscheiden. David Menashri, Professor für Iranian Studies der
Univeraitht Tel Aviv, erklärt:
„Sofort nach Chomeinis Rückkehr gingen Führer der jüdischen Community
zu ihm und bezeugten ihre Loyalität. Sie betonten, dass das Judentum
und der Zionismus zwei gänzlich unterschiedliche Dinge seien.
Chomeini akzeptierte die Formel, Diese offizielle Unterscheidung ist
weiterhin allgemeingültig, wenn es um die Formulierung der
Grundhaltung gegenüber den Juden geht“.
Chomeinis Worte: „Wir sehen unsere Juden als verschieden an von diesen
gottlosen Zionsaten", waren für die Sicherhelt der Juden so wichtig,
dass sie sie an die Mauer jeder Synagoge schrieben.
Dies verhinderte nicht, dass Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse
wurden, aber sie anerkannten die Legitimität jüdischer Existenz in
Iran und erlaubten der Gemeinde fortzubestehen.
Das bedeutet konkret: Die Islamische Republik gewährt ihr eine
begrenzte Autonomie, es gibt jüdische Krankenhäuser und Schulen. Ein
ansehnlicher Teil des Geldes zum Betrieb des jüdischen Altersheims
kommt vom Staat, ein Vertreter im Parlament vertritt die Belange der
Gemeinde.
Anders als die Muslime Irans dürfen Juden sogar Wein herstellen, weil
ihre Religion es erlaubt. Sie sind also frei in der Ausübung ihrer
Religion, eine gleichberechtigte Teilhabe in der Politik aber ist
ihnen verwehrt, und juristisch werden sie benachteiligt.
Diese Diskriminierung gilt, in unterschiedlicher Maße zwar, aber
grundsätzlich durchaus für alle Menschen in Iran, die keine
heterosexuellen, schiitischen, männlichen Perser sind, also für
Frauen, Sunniten, andere religiöse Minderheiten, für Araber, Kurden
und vor allem für die Bahais.
Die jüdischen Iraner werden von ihren Mitbürgern als integraler Teil
der iranischen Gesellschaft angesehen. Wann immer ich mit deutschen
Studierendengruppen in den vergangenen drei Jahrzehnten Synagogen oder
jüdische Restaurants oder Grabstätten wie das von Esther und Mordechai
in Hamadan besucht habe, erklärte man uns: Wir gehören hier dazu.
Für unsere muslimischen Nachbarn sind wir genauso Iraner wie sie
selbst auch. Es ist unser Land, genauso wie ihres: nämlich das Land
der Königin Esther, die gemeinsam mit ihrem Mann, der Perserkönig, die
Eiferer bezwang und die Verfolgung der Juden im Persischen Reich
verhinderte. In Erinnerung daran feiern Juden weltweit, auch in Iran,
das Purim-Fest.
Katajun Amirpur ist Professorin für Islamwissenschaft an der
Universität zu Köln. Zuletzt erschien von ihr Iran ohne Islam. Der
Aufstand gegen den Gottesstaat* (Beck).
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